Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 25. Mai 2016 - I-18 U 68/15
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 30.03.2015 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal (3 O 462/13) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen
1
I.
2Der Kläger begehrt von den Beklagten, einer Anwaltssozietät und ihren Mitgliedern, Schadensersatz und Schmerzensgeld für angebliche anwaltliche Pflichtverletzungen im Rahmen eines kurzzeitigen Mandatsverhältnisses im Zusammenhang mit seiner Zurruhesetzung als Feuerwehrmann.
3Der 1963 geborene Kläger war seit 1990 als Feuerwehrmann bei der Stadt L... beschäftigt, zuletzt als Brandmeister (Besoldungsgruppe A7). In dieser Funktion war ihm ein uneingeschränkter Einsatz zuletzt nicht mehr möglich. Einen ihm ersatzweise angebotenen Einsatz in der Pulverwerkstatt für Feuerlöscher und Fahrzeugpflege lehnte der Kläger als unzumutbar ab. Seit dem 22.12.2008 ist der Kläger als Schwerbehinderter mit einem Behinderungsgrad von 60 % anerkannt.
4Mit Bescheid vom 17.12.2009 versetzte die Stadt L... den Kläger wegen Dienstunfähigkeit zum 01.01.2010 in den Ruhestand. Wegen der Einzelheiten der Begründung, die sich unter anderem auf die erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers sowie auf deutliche Anhaltspunkte für das Vorliegen von psychischen Störungen und Defiziten der Persönlichkeitsstruktur stützt, wird auf die bei der Akte befindliche Ablichtung des Bescheids (Anlage B1) Bezug genommen. Seit seiner Zurruhesetzung bezieht der Kläger ein verringertes Ruhestandsgehalt.
5Mit Schreiben vom 21.01.2010 entpflichtete der Kläger seinen damaligen Verfahrensbevollmächtigten, Rechtsanwalt D..., von der Wahrnehmung seiner Interessen. Wenige Tage später, mit einem Schreiben vom 26.01.2010 (Anlage B13), lud die Fürsorgestelle für Schwerbehinderte der Stadt L... den Kläger persönlich, Rechtsanwalt D..., den Arbeitgeber des Klägers, den Personalrat und die Schwerbehindertenvertretung für den 06.02.2010 zum Präventionsgespräch nach § 84 SGB IX ein. Wegen des Anwaltswechsels – Rechtsanwalt D... bestätigte dem Kläger die Mandatsbeendigung mit Schreiben vom 26.01.2010 (Anlage B14) – wurde der Termin zunächst verschoben. Nach einer Besprechung mit dem Beklagten zu 2. mandatierte der Kläger diesen mit einem Schreiben vom 30.03.2010 mit der Vertretung in einem gerichtlichen Verfahren. Wegen der Einzelheiten des Mandatierungsschreibens wird auf die bei der Akte befindliche Ablichtung (Anlage B14a) Bezug genommen.
6Das Gespräch nach § 84 SGB IX, zu dem der Kläger eingeladen worden war, fand am 03.03.2010 statt. Der Beklagte zu 2. nahm daran nicht teil, wobei die Gründe hierfür zwischen den Parteien streitig sind. Die Stadt L... änderte ihre Entscheidung, den Kläger in den Ruhestand zu versetzen, auch nach dem Gespräch vom 03.03.2010 nicht.
7Mit einem Schriftsatz vom 15.04.2010 nahm der Beklagte zu 2. im Anfechtungsverfahren vor dem Verwaltungsgericht Köln Stellung und wies unter anderem auf die fehlerhafte Nichtdurchführung des betrieblichen Wiedereingliederungsmanagements (BEM) hin. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schriftsatzes wird auf die bei der Akte befindliche Ablichtung (Anlage B15) verwiesen.
8Das Verwaltungsgericht Köln ordnete mit Beschluss vom 15.04.2011 (Anlage B18) eine Beweisaufnahme über die Frage der Dienstunfähigkeit des Klägers zum Zeitpunkt der Zurruhesetzungsentscheidung an. Mit einem Schreiben vom 01.12.2011 (Anlage B16) ließ der Kläger dem Verwaltungsgericht durch den Beklagten zu 2. mitteilen, dass er seine behandelnden Ärzte vorerst nicht von der ärztlichen Schweigepflicht entbinden werde. Vor Eingang des Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen Dr. M... beim Verwaltungsgericht endete das Mandatsverhältnis zwischen dem Kläger und den Beklagten.
9Das Verfahren des Klägers vor dem Verwaltungsgericht Köln endete am 19.04.2013 mit einem klageabweisenden Urteil, ohne dass hiergegen die Berufung zugelassen wurde. Wegen der Einzelheiten der Entscheidung wird auf die beigezogene verwaltungsgerichtliche Akte VG Köln, 19 K 373/10, verwiesen. Den Antrag des Klägers, gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil die Berufung zuzulassen, hat das Oberverwaltungsgericht Münster mit Beschluss vom 28.07.2014 – 6 A 1311/13 – abgelehnt. Für die Einzelheiten dieser Entscheidung wird auf die beigezogene verwaltungsgerichtliche Verfahrensakte verwiesen.
10Der Kläger möchte von den Beklagten als Gesamtschuldnern in bezifferter Form für den Zeitraum Januar 2010 bis Dezember 2013 Schadensersatz für die Einkommensdifferenz zwischen seinem früheren regulären Gehalt und den Ruhestandsbezügen. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die Seiten 7 und 8 der Klageschrift (Bl. 27-28 GA) Bezug genommen. Der Kläger begehrt ferner ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 5.000,- € sowie die Feststellung zukünftiger Ersatzpflicht.
11Der Kläger hat behauptet, der Beklagte zu 2. habe im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht weder die fehlende Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten noch das nicht rechtzeitig eingeleitete BEM-Verfahren in dem gebotenen Maße gerügt. Auch sei der medizinische Sachverhalt vom Beklagten zu 2. nicht sorgfältig aufbereitet worden. Wären die formellen Mängel des Zurruhesetzungsbescheids im gebotenen Maße gerügt worden, so wäre der Bescheid aufgehoben worden und er, der Kläger, würde im Dienst der Stadt L... weiterhin sein volles Gehalt beziehen. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der Beklagte zu 2. habe seine Pflichten auch in dem Präventionsverfahren verletzt. Er habe es pflichtwidrig unterlassen, ihn, den Kläger, zu dem Termin am 03.03.2010 zu begleiten und ein Attest des Unfallchirurgen Dr. K... (Anlage K1, Bl. 30 GA) vorzulegen. Der Kläger hat behauptet, er leide wegen der unterbliebenen Gesprächsbegleitung seit dem 03.03.2010 unter nachhaltigen Gesundheitsstörungen.
12Der Kläger hat beantragt,
131. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 61.368,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
142. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit,
153. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm sämtliche weitere zukünftige materielle und im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht vorhersehbare immaterielle Schäden zu ersetzen, welche ihm aufgrund der nicht sachgemäßen anwaltlichen Vertretung durch die Beklagten im Rahmen der Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht Köln (Az.: 19 K 373/10 entstanden sind und noch entstehen werden,
164. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm sämtliche weitere zukünftige materielle und im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht vorhersehbare immaterielle Schäden zu ersetzen, welche ihm aufgrund der nicht sachgemäßen anwaltlichen Vertretung durch die Beklagten im Präventionsverfahren nach § 84 SGB IX, insbesondere der Nichtbegleitung durch den Beklagten zu 2. im Termin vom 03.03.2010 in die Fürsorgestelle der Stadt L..., entstanden sind und noch entstehen werden.
17Die Beklagten haben beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Die Beklagten haben behauptet, es sei mit dem Kläger abgesprochen gewesen, dass er den Termin am 03.03.2010 alleine wahrnimmt, weil sich der Beklagte zu 2. nicht mehr so kurzfristig in die Vorgeschichte habe einarbeiten können. Zudem seien sich der Kläger und der Beklagte zu 2. einig gewesen, dass die formale Durchführung des Präventionsverfahrens an der Entscheidung der Stadt L... nichts mehr ändern würde. Sie seien sich auch einig gewesen, dass die Vertreter aus dem Bereich Schwerbehinderung und Personalrat die wesentliche Stütze des Klägers sein mussten, die Begleitung des Klägers durch einen neuen Anwalt das Gespräch hingegen nur würde belasten können.
20Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 30.03.2015, auf das wegen der weiteren Sachdarstellung gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger nicht dargelegt habe, dass bei Teilnahme des Beklagten zu 2. an dem Gespräch vom 03.03.2010 eine Wiedereingliederung des Klägers mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit versucht worden wäre. Auch habe der Kläger nicht ausreichend substantiiert vorgetragen, welcher körperliche oder seelische Schaden ihm durch die Nichtbegleitung im Termin entstanden sei. Im Hinblick auf den weiteren Vorwurf des Klägers, im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Köln unsachgemäß vertreten worden zu sein, fehle es teils an einer Pflichtverletzung, teils an der notwendigen Kausalität für einen etwaigen Schadenseintritt. Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 114-123 GA) Bezug genommen.
21Gegen das ihm am 31.03.2015 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit der am 24.04.2015 bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf eingegangenen Berufung, die er nach wiederholter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist, zuletzt bis zum 08.07.2015, mit einem am 08.07.2015 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
22Der Kläger rügt das landgerichtliche Urteil als fehlerhaft. Der Termin vom 03.03.2010 sei für ihn entgegen der Annahme des Landgerichts entscheidend gewesen. Bei anwaltlicher Vertretung hätte mit der Stadt L... mit Sicherheit eine Vereinbarung über die Durchführung von Rückkehr- und Fehlzeitengesprächen bestimmt werden können. Die Vorlage der Bescheinigung von Dr. K... hätte mit Sicherheit dazu geführt, dass die Wiedereingliederung versucht worden wäre. Die Zwangspensionierung hätte vermieden bzw. rückgängig gemacht werden können. Im gerichtlichen Verfahren hätte der Beklagte zu 2. darauf hinwirken müssen, dass nicht Dr. M... mit der Begutachtung beauftragt wird. Dessen Gutachten sei grob fehlerhaft und als Entscheidungsgrundlage nicht geeignet gewesen. Es hätte vom Beklagten zu 2. beizeiten und richtig angegriffen werden müssen. Das Verwaltungsgericht hätte einen anderen Gutachter beauftragen müssen, mit dem er, der Kläger, zusammenzuarbeiten bereit gewesen wäre. Bei ordnungsgemäßer Aufarbeitung des medizinischen Sachverhalts durch den Beklagten zu 2. wäre der Nachweis gelungen, dass er, der Kläger, im Innendienst vollschichtig dienstfähig war. Erstmals behauptet der Kläger, dass die Stadt L... damit gerechnet habe, dass er einen Einsatz in der Pulverwerkstatt ablehnen würde. Die Stadt habe ihn schon länger loswerden wollen.
23Der Kläger beantragt,
24das Urteil des Landgerichts Wuppertal – 3 O 462/13 – vom 30.03.2015 abzuändern und die Klage nach den erstinstanzlich gestellten Anträgen zuzusprechen.
25Die Beklagten beantragen,
26die Berufung zurückzuweisen.
27Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil als zutreffend. Pflichtverletzungen der Beklagten seien vom Kläger weder substantiiert dargelegt worden, noch sonst ersichtlich. Etwaige Pflichtverletzungen seien für die Zurruhesetzung des Klägers jedenfalls nicht ursächlich geworden. Soweit der Kläger mit der Berufung erstmals geltend mache, der Beklagte zu 2. habe sich gegen eine Beauftragung des Gutachters Dr. M... wenden müssen, verkenne der Kläger angesichts der beschränkten Dauer des Mandatsverhältnisses die zeitlichen Zusammenhänge. Während der Dauer des Mandatsverhältnisses habe der Kläger keine relevanten Bedenken gegen Dr. M... geäußert.
28Mit einem Schriftsatz vom 19.04.2016, von dem die Beklagtenvertreterin im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 27.04.2016 eine Kopie erhalten hat, behauptet der Kläger erstmals, dass der Beklagte zu 2. darüber informiert gewesen sei, dass er sich zum Zeitpunkt der Zurruhesetzung in ambulanter Psychotherapie befunden habe.
29Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger für seine Behauptungen zur Kenntnis des Beklagten zu 2. von der ambulanten Psychotherapie sowie zur Begleitung im Termin vom 03.03.2010 Beweis durch Parteivernehmung des Beklagten zu 2. angetreten.
30Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf das Sitzungsprotokoll vom 27.04.2016, die Berufungsbegründung des Klägers vom 06.07.2015 (Bl. 172-178 GA) und seinen Schriftsatz vom 19.04.2016 (Bl. 287-290 GA) sowie die Berufungserwiderung der Beklagten vom 22.12.2015 (Bl. 218-222 GA) und ihren nachgelassenen Schriftsatz vom 03.05.2016 (Bl. 301-302 GA) Bezug genommen.
31Der Senat hat die Akte des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens VG Köln, 19 K 373/10, mit ihren Beiakten, Az. 19 K 1176/07 und 19 K 4848/09 des VG Köln, beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
32II.
33Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung, noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Wie das Landgericht zutreffend entschieden hat, ist die Klage unbegründet. Dem Kläger stehen gegen die Beklagten keine Ansprüche zu. Schadensursächliche Pflichtverletzungen der Beklagten hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt.
341.
35Die erstinstanzlich vom Kläger noch gerügten angeblichen Pflichtverletzungen, dass es die Beklagten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren pflichtwidrig unterlassen hätten, in der gebotenen Weise die fehlende Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten sowie das nicht rechtzeitig eingeleitete BEM-Verfahren zu rügen, hat er in der Berufungsinstanz nicht mehr weiterverfolgt. Insoweit hatte das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass in Übereinstimmung mit der Argumentation des VG Köln, die durch das Oberverwaltungsgericht bestätigt worden ist, eine Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten nicht zu einer für den Kläger günstigen Entscheidung im Verwaltungsverfahren geführt hätte. Dass und warum es sich anders verhalten hätte, hat der Kläger erstinstanzlich nicht aufgezeigt. Auch hinsichtlich des nicht rechtzeitig eingeleiteten BEM-Verfahrens war der Vorwurf des Klägers unberechtigt, da der Beklagte zu 2. hierzu im Schriftsatz vom 14.05.2010 an das VG Köln (Anlage B15) umfangreiche Ausführungen gemacht hatte.
362.
37Soweit der Kläger in der Berufungsinstanz weiterhin die Nichtteilnahme des Beklagten zu 2. am Termin vom 03.03.2010 als pflichtwidrig rügt, fehlt es an der schlüssigen Darlegung einer den Beklagten vorwerfbaren Pflichtverletzung. Der Kläger ist schon seiner Darlegungslast nicht nachgekommen, dass der Beklagte zu 2. ihn zu diesem Termin begleiten musste. Die Beklagten haben detailliert dazu vorgetragen, welchen Inhalt das mit dem Kläger vor dem 03.03.2010 geführte Gespräch hatte. Danach sollte der Kläger aufgrund bestimmter Erwägungen nicht begleitet werden. Dafür, dass es sich so verhalten hat, wie die Beklagten vortragen, spricht das spätere Mandatierungsschreiben des Klägers vom 30.03.2010 (Anlage B14a). In diesem macht der Kläger dem Beklagten zu 2. wegen des Termins vom 03.03.2010 keinerlei Vorwürfe. Der Kläger hat auf das detaillierte Vorbringen der Beklagten nicht mehr erwidert. Dabei wäre er es – entgegen seiner Ansicht im Schriftsatz vom 19.04.2016 –, der eine Beauftragung des Beklagten zu 2. mit der Terminswahrnehmung darlegen und sogar beweisen müsste. Da er nicht näher zum Gesprächsinhalt mit dem Beklagten zu 2. vorgetragen hat, ist sein Vorbringen zu einer Beauftragung des Beklagten zu 2., den Termin vom 03.03.2010 wahrzunehmen, bereits unsubstantiiert. Einer Beweisaufnahme über den Vortrag des Klägers bedurfte es nicht. Abgesehen davon, war der erstmalige Beweisantritt des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27.04.2016 auch gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO verspätet und nicht mehr zu berücksichtigen.
38Selbst wenn zugunsten des Klägers unterstellt würde, dass der Beklagte zu 2. den Termin vom 03.03.2010 pflichtwidrig versäumt hat, ist ausgeschlossen, dass eine Teilnahme des Beklagten zu 2. an diesem Termin zu einem für den Kläger positiven Ergebnis geführt hätte. Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements, welches sich der Kläger mit dem Ziel eines Verbleibs im Dienst seinerzeit erhoffte, konnte nicht zu dem von ihm erhofften Ergebnis führen. Ist ein Beamter – wie hier im verwaltungsgerichtlichen Verfahren des Klägers vor dem VG Köln festgestellt – wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung des ihm zuletzt übertragenen Amtes im abstrakt-funktionellen Sinn als dauernd unfähig anzusehen und kommt auch eine anderweitige oder zeitlich begrenzte Verwendung des Beamten nicht in Betracht, so ist er in den Ruhestand zu versetzen (BVerwG, Urt. v. 05.06.2014 – 2 C 22/13, zitiert nach juris). Die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements ist dann nicht nur keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Versetzung des Beamten in den Ruhestand. Für die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements ist dann vielmehr überhaupt kein Raum mehr. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Zurruhesetzung vor, sind abweichende Entscheidungen auch dann nicht mehr denkbar, wenn die Möglichkeiten der präventiven Wiedereingliederung nach § 84 Abs. 2 SGB IX versäumt worden sind (BVerwG, Urt. v. 05.06.2014 – 2 C 22/13, zitiert nach juris).
39Soweit sich der Kläger für einen für ihn günstigen Ausgang des Gesprächs auf die Bescheinigung von Dr. K... (Bl. 30 GA) beruft, so kann nicht angenommen werden, dass eine Vorlage dieser Bescheinigung dazu geführt hätte, dass ein Wiedereingliederungsversuch unternommen worden wäre. Die Bescheinigung bezieht sich auf eine diagnostizierte posttraumatische Fußfehlstellung, die einer vollschichtigen Arbeitsfähigkeit im Innendienst bei einem leidensgerechten Arbeitsplatz nicht im Wege stehen soll. Die Fußfehlstellung spielte bei der Feststellung der Dienstunfähigkeit des Klägers aber nicht die tragende Rolle. Nach dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten war der Kläger schon aufgrund der psychiatrischen Befunde dienstunfähig. Auf solche Dienstunfähigkeitsgründe hat sich bereits der Ausgangsbescheid der Stadt L... vom 17.12.2009 gestützt.
403.
41Soweit der Kläger mit der Berufung geltend macht, der Beklagte zu 2. habe sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gegen die Beauftragung des Gutachters Dr. M... wenden müssen, fehlt es ebenfalls an der schlüssigen Darlegung einer anwaltlichen Pflichtverletzung. Zum einen trägt der Kläger keine überzeugenden Einwände gegen das Gutachten vor. Die schlichte Behauptung, dieses Gutachten sei grob fehlerhaft und als Entscheidungsgrundlage nicht zu gebrauchen, reicht – insoweit kann auch auf die zutreffenden Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts in Münster im verwaltungsgerichtlichen Verfahren verwiesen werden – nicht aus. Zum anderen ist nicht ersichtlich, was der Beklagte zu 2. eigentlich hätte unternehmen sollen, der das Gutachten wegen der vorausgehenden Mandatsbeendigung nicht mehr erhalten hat. Der Kläger trägt schon nicht vor, warum der Beklagte zu 2. vor der Vorlage des Gutachtens von einem für den Kläger nachteiligen Ausgang der Beweisaufnahme zwingend sollte ausgehen müssen. Aus dem Umstand, dass der Gutachter den Kläger nicht persönlich untersucht hat, war dies nicht zwangsläufig zu folgern. Dass der Gutachter Dr. M... den Kläger nicht persönlich untersucht hat, hat sich der Kläger, der eine solche Untersuchung nicht wollte, im Übrigen selbst zuzuschreiben. Dass er sich insoweit vom Beklagten zu 2. noch hätte beeinflussen lassen, trägt der Kläger nicht vor. Einen Anspruch auf einen anderen Gerichtsgutachter oder auf eine sich allein nach seinen Vorstellungen richtende Begutachtung hatte er nicht.
42Da der Beklagte zu 2. das Gutachten von Dr. M... während der Dauer seines Mandatsverhältnisses nicht mehr zur Kenntnis bekommen hat, kommt es auf den Inhalt dieses Gutachtens als Anknüpfungspunkt für etwaige anwaltliche Pflichtverletzungen nicht an. Soweit der Kläger im Kontext seiner Angriffe gegen die Begutachtung durch Dr. M... erstmals in der Berufungsinstanz Beweis durch Einholung eines das Gutachten von Dr. M... überprüfenden Sachverständigengutachtens anbietet, ist dieser Beweisantritt überdies nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO verspätet und nicht mehr zu berücksichtigen.
434.
44Substanzlos und zur schlüssigen Darlegung einer anwaltlichen Pflichtverletzung nicht geeignet ist der Vortrag des Klägers, bei ordnungsgemäßer Aufbereitung des medizinischen Sachverhalts durch den Beklagten zu 2. wäre der Nachweis gelungen, dass der Kläger im Innendienst vollschichtig dienstfähig war. Soweit der Kläger hiermit auf eine unterbliebene Vorlage der Bescheinigung von Dr. K... im verwaltungsgerichtlichen Verfahren abzielen möchte – anderes wird aus seinem Vortrag nicht deutlich –, gilt das oben bereits Ausgeführte.
455.
46Der vom Kläger erstmals in der Berufungsinstanz gehaltene Vortrag zu der ihm von der Stadt angebotenen Beschäftigung in der Pulverwerkstatt gibt für die von ihm geltend gemachten Ansprüche nichts her. Davon abgesehen, ist das von den Beklagten bestrittene Vorbringen des Klägers auch nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO verspätet und nicht mehr zu berücksichtigen.
476.
48In der Berufungsinstanz nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO und nach § 530 ZPO verspätet und nicht mehr zu berücksichtigen ist die Behauptung des Klägers aus dem Schriftsatz vom 19.04.2016, der Beklagte zu 2. habe vor dem 03.03.2010 von der von ihm, dem Kläger, durchgeführten ambulanten Psychotherapie gewusst. Selbst wenn die Behauptung des Klägers zuträfe, so würde sich daraus nach dem oben Ausgeführten nichts zu seinen, des Klägers, Gunsten ergeben. Zum einen hat der Kläger schon nicht ausreichend dargelegt, dass der Beklagte zu 2. den Termin vom 03.03.2010 wahrnehmen sollte. Zum anderen war der Kläger nach den Feststellungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren aus Gründen dienstunfähig, an denen sich durch die Teilnahme an einer ambulanten Psychotherapie nichts geändert hätte. So heißt es im Gutachten des Sachverständigen Dr. M..., dass keine begründete Aussicht bestand, dass der Kläger seine volle Verwendungsfähigkeit durch Heilbehandlungsmaßnahmen wiedererlangen würde (vgl. VG Köln, 19 K 373/10, Bl. 597).
49III.
50Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
51Ein Grund zur Zulassung der Revision besteht nicht. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
52Der Streitwert wird in teilweiser Abänderung der landgerichtlichen Festsetzung nach Anhörung der Parteien für beide Instanzen auf jeweils 166.368,24 € (Klageantrag zu 1.: 61.368,24 €; Klageantrag zu 2.: 5.000,- €; Klageanträge zu 3. und 4.: je 50.000,- €) festgesetzt.
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Urteil einreichenOberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 25. Mai 2016 - I-18 U 68/15 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu
vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand
2Der Kläger macht gegenüber den Beklagten Schadensersatzansprüche wegen einer anwaltlichen Beratung im Zusammenhang mit einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltend.
3Der 1963 geborene Kläger war seit 1990 im feuertechnischen Dienst der Stadt K als Brandmeister (Besoldungsgruppe A7) beschäftigt, bis ein Einsatz als Brandmeister im Jahr 2008 aufgrund verschiedener Schwierigkeiten nicht mehr möglich war. Einen Einsatz in der Pulverwerkstatt für Feuerlöscher und Fahrzeugpflege lehnte der Kläger als unzumutbar ab (vgl. Anlage B1 Bescheid der Stadt K vom 17.12.2009 und Anlage B3, Urteil des VG Köln vom 21.07.2008, S. 7). Seit dem 22.12.2008 ist der Kläger anerkannt schwerbehindert (mit einem Grad von 60%). Nachdem er längere Zeit vom Dienst fern geblieben war, stellte das VG Köln mit Urteil vom 21.07.2008 fest, dass der Kläger keinen Anspruch mehr auf Verwendung im Einsatz-und Rettungsdienst hatte und ihm die Feuerwehrzulage mit Bescheid vom 25.06.2008 mit sofortiger Wirkung rechtmäßig entzogen worden war (Bl. 65a d.GA.; Anlage B19). Rechtsmittel des Klägers hiergegen blieben erfolglos.
4Mit Bescheid vom 17.12.2009 wurde der Kläger wegen Dienstunfähigkeit zum 01.01.2010 in den Ruhestand versetzt (Anlage B1). Seit dem bezieht der Kläger ein verringertes Ruhestandsgehalt (Anlagen K2, K4, K5).
5Mit Schreiben vom 21.01.2010 entpflichtete der Kläger seinen seinerzeitigen Bevollmächtigten, Rechtsanwalt E, von der Wahrnehmung seiner Interessen (Anlage B14). Wenige Tage später, mit Schreiben vom 26.01.2010, lud die Stadt K den Kläger, Rechtsanwalt E, sowie den Arbeitgeber des Klägers, den Personalrat und die Schwerbehindertenvertretung für den 08.02.2010 zum Gespräch nach § 84 SGB IX (Anlage B13). Der Termin wurde aufgrund des Anwaltswechsels zunächst verschoben. Nach einer Besprechung mit dem Beklagten zu 2) mandatierte der Kläger schließlich den Beklagten zu 2) mit der weiteren Vertretung im Anfechtungsverfahren gegen den Zurruhesetzungsbescheid (Anlage B14a). Das Gespräch nach § 84 SGB IX fand schließlich am 03.03.2010 statt. Der Kläger nahm an dem Gespräch ohne den Beklagten zu 2) teil. Die Stadt K änderte ihre Entscheidung, den Kläger in den Ruhestand zu versetzen, auch nach diesem Gespräch nicht.
6Mit Schriftsatz vom 15.04.2010 nahm der Beklagte zu 2) im Anfechtungsverfahren vor dem VG Köln (Az.: 19 K 373/10) Stellung und wies sowohl auf die fehlerhafte Nichtanwendung des § 84 Abs. 2 SGB IX als auch auf die unzureichende Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten hin (Anlage B15, S. 3 und 5). Mit Schreiben vom 01.12.2011 ließ der Kläger über den Beklagte zu 2) dem VG Köln mitteilen, dass er seine behandelnden Ärzte vorerst nicht von der ärztlichen Schweigepflicht entbinden würde (Anlage B16). Das Verfahren VG Köln (Az.: 19 K 373/10) endete schließlich mit klageabweisendem Urteil vom 19.04.2013.
7Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger Schadenersatz gegen die Beklagten geltend. Er begeht Zahlung der Differenz zwischen dem Ruhestandsgehalt und seinem vorherigen Einkommen für den Zeitraum Januar 2010 bis Dezember 2013 in Höhe von insgesamt 56.960,64 EUR zzgl. einer jährlichen Sonderzahlung in Höhe von insgesamt 4.407,60 EUR. Er begehrt weiter ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 5.000,00 EUR (Bl. 28 d.GA.) sowie Feststellung, dass die Beklagten sämtliche zukünftigen Schäden wegen der nicht sachgemäßen Beratung zu ersetzen haben.
8Der Kläger behauptet, der Beklagte zu 2) habe im Verfahren vor dem VG Köln weder die fehlende Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten, noch das nicht rechtzeitig eingeleitete BEM-Verfahren in dem gebotenen Maße gerügt (Bl. 23 d.GA.). Es sei nicht hinreichend dargelegt worden, dass die Stadt K sich mit der Frage, ob der psychische Zustand des Klägers rein faktisch den Schluss auf eine Dienstunfähigkeit zuließ, gar nicht beschäftigt habe und Erwägungen zu einer amtsadäquaten Restverwendung des Klägers überhaupt nicht angestellt wurden (Bl. 24 d.GA.). Eine ausreichende Aufklärung des medizinischen Sachverhalts sei nicht erfolgt. Aufgrund der unsachgemäßen anwaltlichen Vertretung durch den Beklagten zu 2) habe das Gericht es unterlassen, den Sachverhalt gem. § 86 Abs. 1 VwGO aufzuklären.
9Der Kläger behauptet weiter, er leide seit dem Termin am 03.03.2010 unter nachhaltigen Gesundheitsstörungen, die dadurch ausgelöst worden seien, dass der Beklagte zu 2) ihn nicht begleitet habe (Bl. 26 d.GA.).
10Der Kläger ist der Ansicht, dass er noch heute im Dienst bei der Stadt K wäre, wenn der Beklagte zu 2) die formellen Mängel des Bescheides (nicht rechtzeitige Einleitung des BEM-Verfahrens und Nichtbeteiligung der Gleichstellungsbeauftragten (Bl. 23 d.GA.)), in dem gebotenen Maß gerügt hätte.
11Der Kläger beantragt,
121.
13die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 61.368,24 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
142.
15die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit,
163.
17festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm sämtliche weitere zukünftige materielle und im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht vorhersehbare immaterielle Schäden zu ersetzen, welche ihm aufgrund der nicht sachgemäß anwaltlichen Vertretung durch die Beklagten im Rahmen der Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht Köln (Az.: 19 K 373/10) entstanden sind und noch entstehen werden,
184.
19festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm sämtliche weitere zukünftige materielle und im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht vorhersehbare immaterielle Schäden zu ersetzen, welche ihm aufgrund der nicht sachgemäß anwaltlichen Vertretung durch die Beklagten im Präventionsverfahren nach § 84 SGB IX, insbesondere der Nichtbegleitung durch den Beklagten zu 2) zum Termin am 03.03.2010 in die Fürsorgestelle der Stadt K, entstanden sind und noch entstehen werden.
20Die Beklagten beantragen,
21die Klage abzuweisen.
22Die Beklagten behaupten, das BEM-Verfahrens sei letztlich formal im Termin am 03.03.2010 durchgeführt wurden (Bl. 63 d.GA., Anlage B13). Es sei mit dem Kläger abgesprochen gewesen, dass er diesen Termin alleine wahrnimmt, da die Mandatierung des Beklagten zu 2) erst kurz vor dem Termin erfolgt sei (Bl. 63 d.GA.). Zudem seien sich der Kläger und der Beklagte zu 2) einig gewesen, dass aufgrund der Vorgeschichte die formale Durchführung des Verfahrens nichts ändern würde. Dementsprechend habe die Stadt K keine Ansatzpunkte gesehen, wie die Dienstfähigkeit des Klägers wieder hergestellt werden sollte (Bl. 64 d.GA.). Darüber hinaus sei jedoch sowohl das nicht rechtzeitig eingeleitete BEM Verfahren als auch die fehlende Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten schriftsätzlich gerügt worden (Bl. 64 d.GA., Anlage B15).
23Sie bestreiten den medizinischen Zustand des Klägers, aufgrund dessen er Schmerzensgeldansprüche geltend macht (Bl. 66 d.GA.). Der Kläger habe bereits 2003 eine Schmerzensgeldklage gegen die Stadt K wegen psychischer Zerrüttung angestrebt. Selbst wenn er heute noch Beschwerden habe, fehle es jedenfalls an der Kausalität zum Ereignis im Termin am 03.03.2010. Die Beklagten bestreiten den geltend gemachten Schaden auch der Höhe nach, der Kläger habe jedenfalls keinen Anspruch auf die Feuerwehrzulage (Bl. 65a d.GA.).
24Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Die Akten VG Köln, Az.: 19 K 373/10 waren beigezogen.
25Entscheidungsgründe
26Die zulässige Klage ist nicht begründet.
27Dem Kläger steht aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt Schadensersatz gegen die Beklagten zu, insbesondere nicht aus §§ 280 Abs. 1, 611, 675 BGB.
28Im Rahmen des Regressprozesses ist zu untersuchen, wie sich der Prozess vor dem Verwaltungsgericht entwickelt hätte, wenn die von dem Kläger behaupteten Pflichtverletzungen nicht stattgefunden hätten. Hierfür ist zunächst zu ermitteln, ob eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder den besonderen Umständen des Streitfalls mit einem für den Kläger günstigeren Ausgang des Anfechtungsprozesses gegen den Bescheid vom 17.12.2009 zu rechnen gewesen wäre. Dem Schadenersatz begehrenden Kläger obliegt es dabei, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass der Ausgangsprozess bei richtigem Verhalten des Beklagten einen positiven Ausgang genommen hätte (BGH, Urt. v. 28.09.2000, IX ZR 6/99, juris Rn. 30 f.). Dabei ist in tatsächlicher Hinsicht der Sachverhalt, der entscheidungserheblich gewesen wäre, aufzuklären, während das Regressgericht in rechtlicher Hinsicht eine eigene rechtliche Beurteilung vornimmt (OLG Düsseldorf Beschl. v. 04.04.2011, 24 U 147/10, juris Rn. 14; Urt. v. 03.11.2009, 24 u 207/08, juris Rn. 35). In Bezug auf den hypothetischen Ausgang des Vorprozesses reicht es für die richterliche Überzeugungsbildung aus, wenn eine überwiegende, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit für einen Prozesserfolg nachgewiesen werden kann (BGH, Urt. v. 23.11.2006, IX ZR 21/03, juris Rn. 21).
29Der Kläger wirft dem Beklagten zu 2) vor, ihn schon im Rahmen des vorgeschalteten BEM-Verfahrens nicht ordnungsgemäß vertreten zu haben.
30Ob dem Beklagten zu 2) eine nicht ordnungsgemäße Vertretung im Rahmen des BEM-Verfahrens vorgeworfen werden kann und ob er den Kläger in Absprache mit ihm nicht zum Termin am 03.03.2010 begleitete, kann dahinstehen. Dem Kläger ist es jedenfalls nicht gelungen, zur Überzeugung des Gerichts darzulegen, dass, sofern der Beklagte zu 2) an dem Gespräch am 03.03.2010 teilgenommen hätte, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Wiedereingliederung versucht worden wäre. Dies schon deshalb nicht, weil eine Wiederherstellung der Dienstfähigkeit nicht zu erwarten war, aber auch vor dem Hintergrund der Umstände in Bezug auf die fehlende Bereitschaft des Klägers, anderweitige Aufgaben als die eines Brandmeisters, wahrzunehmen.
31Zwar beruft sich der Kläger auf ein am 07.01.2010 ausgestelltes Attest des Arztes Dr. L, das zu dem Ergebnis kommt, dass der Kläger auf einem leidensgerechten Arbeitsplatz im Innendienst vollschichtig dienstfähig sei. Jedoch ergibt sich aus dem vom VG Köln im Verfahren 19 K 373/10 eingeholten gerichtlichen Gutachten des Sachverständigen Dr. N, welches sich die Kammer aufgrund eigener Nachvollziehung zu eigen macht, dass der Kläger aufgrund einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit vorwiegend paranoiden, emotional instabilen und narzisstischen Strukturmerkmalen, zum Zeitpunkt der Zurruhesetzung am 17.12.2009 dauerhaft dienstunfähig war und keine Aussicht bestand, dass die Dienstfähigkeit innerhalb einer Frist von 6 Monaten wiederhergestellt würde (vgl. Bl. 596 d. GA. 19 K 373/10, S. 12 des Urteils). Die hiergegen mit Schriftsatz vom 04.03.2015 vorgebrachten Einwände des Klägers, der Beklagte zu 2) hätte darauf bestehen müssen, dass das Gericht einen Gutachter bestellt, der den Kläger persönlich untersucht, greifen nicht. Der Kläger selbst hat sich der persönlichen Untersuchung durch den Sachverständigen Dr. N widersetzt (Aktenvermerk vom 05.10.2011, Bl. 55 d.GA. VG Köln 19 K 373/10; VG Köln Urt. v. 19.04.2013, 19 K 373/10, S. 12).
32Der vom Kläger im hiesigen Rechtsstreit angebotene Beweis durch Vernehmung ehemaliger Kollegen, die erfolgreich an einem BEM-Verfahren teilgenommen hatten, musste nicht erhoben werden (Bl. 25 d.GA.). Es ist nicht ersichtlich, wie die Kollegen, die zwar selber ein BEM-Verfahren durchlaufen haben, diese jedoch keine vergleichbare Sachverhalte betrafen, zu den Aussichten des BEM-Verfahrens betreffend des Klägers sollten Stellung nehmen können.
33Darüber hinaus hat der Kläger nicht substantiiert dazu vorgetragen, welcher Schaden ihm durch die Nichtbegleitung durch den Beklagten zu 2) zum Termin am 03.03.2010 entstanden ist. Der Vortrag hierzu blieb, trotz gerichtlichem Hinweis, unsubstantiiert. Der Kläger hat nicht ausgeführt, welche körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen er aufgrund des Fernbleibens des Beklagten zu 2) im Termin am 03.03.2010 erlitten haben will.
34Aber auch bei Außerachtlassung des fehlenden substantiierten Vortrages ist nicht ersichtlich, dass dem Kläger ein kausal auf dem Ereignis am 03.03.2010 beruhender Schmerzensgeldanspruch gegen den Beklagten zu 2) zustehen könnte. Das Schreiben des Klägers vom 30.03.2010, mit dem er den Beklagten zu 2) mit der Fertigung der Klageschrift im Verfahren 19 K 373/10 beauftragt, lässt nicht ansatzweise erkenne, dass der Kläger aufgrund des Gesprächs am 03.03.2010 psychisch nachteilige Folgen erlitten haben könnte. Der Kläger nimmt sowohl Bezug auf den Gesprächstermin beim Beklagten zu 2) am 25.03.2010 als auch auf den Termin am 03.03.2010. Er schreibt hierzu: „Selbst der Termin bei der Fürsorgestelle der Stadt K am 03.03.2010 (durch Beantragung meines ehemaligen Rechtsanwalts im Dez. 2009) ist für mich ebenfalls ergebnislos geblieben.“ In dem Schreiben finden sich keinerlei Vorwürfe im Hinblick darauf, dass der Beklagte zu 2) den Kläger nicht zu dem Termin begleitet hat und seine Psyche tatsächlich dadurch beeinträchtigt worden wäre. Dies wird ferner gestützt durch den Inhalt des Gedächtnisprotokolls des Klägers zum Termin am 03.03.2010 (Anlage B14b), in dem sich ebenfalls keinerlei Hinweis auf die gerügte Nichtteilnahme des Beklagten zu 2) findet.
35Der Kläger wirft dem Beklagten zu 2) weiter eine unsachgemäße Vertretung im Verfahren vor dem VG Köln vor. Der Beklagte zu 2) habe weder die fehlende Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten, noch das nicht rechtzeitig eingeleitete BEM-Verfahren in dem gebotenen Maße gerügt. Durch eine sorgfältige Aufarbeitung des medizinischen Sachverhalts hätte nachgewiesen werden können, dass die Entscheidung über die Zurruhesetzung anders ausgefallen wäre.
36Die im Hinblick auf die Nichtdurchführung des BEM-Verfahrens vorgeworfene Pflichtverletzung liegt schon nicht vor.
37Wie sich aus dem Schriftsatz des Beklagten zu 2) vom 14.05.2010 ergibt, hat der Beklagte zu 2) ausführlich dargelegt und gerügt, dass, obwohl § 84 Abs. 2 SGB IX nicht direkt anwendbar sein dürfte, ein BEM-Verfahren hätte durchgeführt werden müssen, dieses jedoch trotz Anregungen durch den Kläger nicht erfolgt sei (S. 5 des Schriftsatzes, Anlage B15).
38Unabhängig davon, dass die Pflichtverletzung bereits nicht gegeben ist, hätte aber auch ein weiterführender, über den erfolgten Vortrag hinausgehender Vortrag des Beklagten zu 2) zu keinem anderen Ausgang geführt.
39Aus den zur Akte gereichten Unterlagen ergibt sich, dass der Kläger nicht ernsthaft an der Versetzung auf eine andere Position interessiert war, sich vielmehr gegen Lösungsvorschläge von Seiten seines Dienstherrn sträubte und einer erforderlichen Mitwirkung nicht nachkam. Dem ist der Kläger auch nicht substantiiert entgegen getreten. So führt die Stadt K aus, dass „das BEM-Verfahren in materieller Hinsicht bereits durchgeführt wurde. So gab es zahlreiche Versuche seitens des Dienstherrn eine, den gesundheitlichen Möglichkeiten des Herrn C Rechnung tragende Beschäftigungsmöglichkeit zu finden.“ (Schreiben der Stadt K vom 18.03.2010, Anlage B12). Auch aus den beigezogenen Akten zum Verfahren 19 K 373/10 vor dem Verwaltungsgericht Köln ergibt sich, dass eine Wiedereingliederung des Klägers mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch bei frühzeitiger Einleitung des BEM-Verfahrens nicht erfolgt wäre. Das VG Köln führt in diesem Zusammenhang aus: „Die Möglichkeit einer anderweitigen Verwendung i.S.d. § 26 Abs. 1 S. 3 BeamtStG bestand schon deshalb nicht, weil der Kläger sich einer anderweitigen Verwendung verweigert hat – das Angebot eines Einsatzes in der Pulverwerkstatt für Feuerlöscher und Fahrzeugpflege auf der Feuerwache Nord wurde vom Kläger abgelehnt.“ (vgl. VG Köln Urt. v. 19.04.2013, 19 K 373/10, S. 14).
40Das Verwaltungsgericht Köln hat die Umstände, auf die es seine Entscheidung gestützt hat, umfassend dargelegt, es hat neben dem tatsächlichen Geschehen insbesondere die Bewertungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. N, sowie die Feststellungen des Privatgutachters Dr. T. in sein Urteil mit einbezogen und ist nach umfangreicher Würdigung aller Umstände zu dem Schluss gekommen, dass „die Verwendbarkeit in einer anderen Laufbahn oder einem anderen Amt nicht vorstellbar“ sei (VG Köln aaO.).
41Es ist daher nicht ersichtlich, wie vor dem Hintergrund des tatsächlichen Geschehens und des Gesundheitszustandes des Klägers das BEM-Verfahren erfolgreich hätte durchgeführt werden können.
42Dem Kläger ist es ebenfalls nicht gelungen, zur Überzeugung des Gerichts darzulegen, dass bei Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten die Entscheidung zur Zurruhesetzung zu Gunsten des Klägers derart beeinflusst worden wäre, dass er noch heute im Dienst der Stadt K wäre und sein volles Entgelt beziehen würde.
43Unabhängig davon, ob der Vortrag des Beklagten zu 2) im Verfahren vor dem VG Köln im Hinblick auf die fehlende Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten ausreichend war, steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die vermeintliche Pflichtverletzung jedenfalls nicht kausal gewesen wäre.
44Das VG Köln hat zur fehlenden Beteiligung des Gleichstellungsbeauftragten festgestellt: „Schwerbehindertenvertretung und Personalrat wurden beteiligt. Ob auch die Gleichstellungsbeauftragte den Anforderungen von § 18 Landesgleichstellungsgesetz entsprechend beteiligt wurde, kann dahinstehen, denn nach dem Rechtsgedanken des § 46 VwVfG führt die fehlende Anhörung der Gleichstellungsbeauftragten nicht zur Rechtswidrigkeit der Zurruhesetzung, wenn – wie hier – in der Sache eine andere Entscheidung als die Zurruhesetzung nicht in Betracht kommt“ (vgl. VG Köln Urt. v. 19.04.2013, 19 K 373/10, S. 10).
45Unter Berücksichtigung der Aktenlage sowie der beigezogenen Akten ist nicht ersichtlich, dass die Entscheidung über die Zurruhesetzung bei Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten für den Kläger anders ausgefallen wäre. Wie bereits vom VG Köln festgestellt, wurden sowohl der Personalrat als auch die Schwerbehindertenvertretung beteiligt. Das VG Köln führt weiter zutreffend aus, dass eine andere Entscheidung, als die Zurruhesetzung nicht in Betracht kam.
46Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.
47Streitwert: 80.000,00 EUR
(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.
(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.
(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 35.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
3Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO fristgerecht dargelegt ist und vorliegt. Das ist hier nicht der Fall.
41. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zuzulassen.
5Stützt der Rechtsmittelführer seinen Zulassungsantrag auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen. Dabei muss er den tragenden Rechtssatz oder die Feststellungen tatsächlicher Art bezeichnen, die er mit seinem Antrag angreifen will, und mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellen. Es genügt hingegen nicht, wenn er pauschal die Unrichtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts behauptet oder wenn er lediglich sein Vorbringen erster Instanz wiederholt, ohne im Einzelnen auf die Gründe des angefochtenen Urteils einzugehen. Diesen Anforderungen entspricht das Zulassungsvorbringen nicht.
6Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 17. Dezember 2009, mit dem diese den Kläger wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt hat, abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger könne die Aufhebung der Zurruhesetzungsverfügung nicht beanspruchen. Ob die Gleichstellungsbeauftragte ordnungsgemäß beteiligt worden sei, könne aufgrund des Rechtsgedankens des § 46 VwVfG NRW dahinstehen, denn eine andere Entscheidung als die Zurruhesetzung des Klägers sei hier nicht in Betracht gekommen. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen
7Bescheides hätten die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG vorgelegen. Der Kläger sei zuvor seit dem 25. September 2008 durchgehend dienstunfähig erkrankt gewesen; es habe keine Aussicht bestanden, dass seine Dienstfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate wieder voll hergestellt sein werde. Im Einzelnen hat das Verwaltungsgericht sich hierfür auf das von ihm eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dr. N. vom 23. November 2012 bezogen.
8a) Das Zulassungsvorbringen vermag die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG hätten im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses vorgelegen, nicht zu erschüttern.
9Erste Voraussetzung der Vorschrift ist, dass der Beamte infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst geleistet hat. Das Zulassungsvorbringen zieht die Annahme des Verwaltungsgerichts, dies sei hier der Fall, nicht durchgreifend in Zweifel. Der Hinweis im Zulassungsvorbringen, die Dienstunfähigkeit habe ausschließlich auf dem länger zurückliegenden Dienstunfall beruht, ändert nichts an der allein maßgeblichen Tatsache der Dienstunfähigkeit und ihrer Dauer.
10Des Weiteren darf nach der genannten Vorschrift keine Aussicht bestehen, dass innerhalb einer Frist von sechs Monaten (vgl. § 33 Abs. 1 Satz 3 LBG NRW) die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, ausgehend von dem Gutachten des Sachverständigen Dr. N. sei auch diese Voraussetzung gegeben, stellt das Zulassungsvorbringen ebenfalls nicht durchgreifend in Frage.
11Der Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts, das Gutachten des Dr. N. sowie seine ergänzenden Ausführungen in der mündlichen Verhandlung seien schlüssig und plausibel, setzt das Zulassungsvorbringen nichts Substantielles entgegen. Der Vorwurf, der Sachverständige habe „kritiklos und ohne Reflexion einzelne Mitteilungen oder Beobachtungen anderer Personen zugrunde gelegt“, entbehrt jedweder Grundlage. Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass der Sachverständige der „Subjektivität dieser Schilderungen“ nicht in der gebotenen Weise Rechnung getragen hat, sind dem Zulassungsvorbringen nicht zu entnehmen. Im Übrigen lässt es außer Acht, dass der Sachverständige Aktenmaterial ausgewertet hat, das mehr als 3000 Seiten umfasst und nicht nur „einzelne Mitteilungen oder Beobachtungen anderer Personen“ enthält, sondern zahlreiche Verhaltensbeschreibungen, Beurteilungen von Vorgesetzten, dokumentierte Krisen und Notfallsituationen und - nicht zuletzt - viele Schreiben des Klägers.
12Ohne Erfolg macht der Zulassungsantrag in diesem Zusammenhang weiter geltend, das Verwaltungsgericht habe nicht auf die „aktenkundigen Gesamtumstände“ verweisen dürfen, sondern hätte die einzelnen Aspekte, auf welche die Entscheidung gestützt werden solle, nachvollziehbar darlegen und im Einzelnen begründen müssen. Die „aktenkundigen Gesamtumstände“ stellen keine pauschale Verweisung auf den gesamten Akteninhalt dar, sondern beziehen sich auf die zuvor getroffene Feststellung, dass der Gutachter mehr als 3000 Seiten Aktenmaterial ausgewertet und ausgehend hiervon sein schlüssiges und plausibles Gutachten erstattet habe.
13Schließlich weckt das Zulassungsvorbringen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung, soweit es sinngemäß auf die Vorschrift des § 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG eingeht, wonach von der Zurruhesetzung abgesehen werden soll, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist. Das Verwaltungsgericht hat diese Möglichkeit aus zwei Gründen für ausgeschlossen gehalten. Zum einen habe sich der Kläger einer anderweitigen Verwendung verweigert; zum anderen sei auch ausgehend von den Gutachten eine anderweitige Verwendung nicht möglich. Insoweit kann das Zulassungsvorbringen schon deshalb keinen Erfolg haben, weil es nur den ersten dieser beiden selbstständig tragenden Gründe angreift, indem es anführt, der Kläger habe seine Arbeitskraft angeboten; die ihm vorgeschlagene Verwendung in der Pulverwerkstatt sei keine Dauertätigkeit gewesen. Mit der von dem Verwaltungsgericht unter Bezugnahme sowohl auf das Gutachten des Dr. N. als auch auf die Ausführungen in dem von dem Kläger beigebrachten Privatgutachten getroffenen Feststellung dazu, dass seine Persönlichkeitsstruktur der Verwendung in einer anderen Laufbahn oder in einem anderen Amt entgegenstehe, setzt sich das Zulassungsvorbringen nicht auseinander.
14Die Richtigkeit des dem Kläger bescheinigten Persönlichkeitsbildes wird im Übrigen durch sein Verhalten im Zulassungsverfahren eindrucksvoll bekräftigt. In diesem Verfahren hat er ungeachtet des Postulationserfordernisses nach § 67 Abs. 4 VwGO, auf das das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat, mehrfach persönlich umfangreiche Eingaben per Fax sowie mit gewöhnlicher Post an den Senat gerichtet, die seine ausgeprägt querulatorischen Neigungen deutlich hervortreten lassen.
15b) Vor diesem Hintergrund ergeben sich aus dem Zulassungsvorbringen auch keine ernstlichen Zweifel an der (Ergebnis-) Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, eine andere Entscheidung als die Zurruhesetzung des Klägers sei nicht in Betracht gekommen. Entgegen der Auffassung des Klägers räumt § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG trotz Verwendung des Wortes „kann“ kein (Handlungs-) Ermessen in dem Sinne ein, dass bei bejahter Dienstunfähigkeit noch von einer Zurruhesetzung abgesehen werden könnte. Die Vorschrift ergänzt den Grundtatbestand des Satzes 1
16vielmehr um eine Beweiserleichterung.
17Vgl. zum früheren Recht schon OVG NRW, Urteil vom 18. April 1991 - 12 A 1861/89 -, ZBR 1992, 216.
18Mangels Einräumung eines Ermessens im vorstehenden Sinne geht der sinngemäße Einwand des Klägers ins Leere, die Beklagte habe die von ihm angeführten Erwägungen - etwa die „amtsadäquate Restverwendungsfähigkeit“ oder den Umstand, dass er sich im Zeitpunkt des Bescheiderlasses in einer ambulanten Psychotherapie befunden hat - im Rahmen der Ausübung des (Handlungs-) Ermessens berücksichtigen müssen.
19c) Unter diesen Umständen bleibt das Zulassungsvorbringen auch ohne Erfolg, soweit es im Hinblick auf die formelle Rechtmäßigkeit des Bescheides geltend macht, dass aus einer möglicherweise fehlenden Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten ein beachtlicher Verfahrensfehler folgen würde. Gemäß § 46 VwVfG NRW kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes nicht allein wegen eines Formfehlers beansprucht werden, wenn offensichtlich ist, dass der Fehler die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Einen solchen Fall hat das Verwaltungsgericht angenommen, wobei es unter anderem auf die Rechtsprechung des Senats hingewiesen hat.
20Senatsurteil vom 24. Februar 2010 - 6 A 1978/07 -, juris. Vgl. nunmehr auch BVerwG, Beschluss vom 5. November 2013 - 2 B 60.13 -, NVwZ 2014, 530, Rn. 18.
21Im Einzelfall denkbare Zweifel an der Berechtigung dieser Annahme zeigt das Zulassungsvorbringen nicht auf.
222. Es liegt auch kein Verfahrensmangel vor, der der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegt (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
23Der Zulassungsantrag führt insoweit an, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt nicht ausreichend im Sinne von § 86 Abs. 1 VwGO aufgeklärt. Der Sachverständige habe sein Gutachten - was zutrifft - ausschließlich nach Aktenlage, also ohne jegliche persönliche Exploration des Klägers, erstellt. Der Kläger sei zu einer solchen Exploration bereit gewesen, aber nur bei Teilnahme seiner damaligen Prozessbevollmächtigten an dem Explorationsgespräch. Das Verwaltungsgericht habe es versäumt, den Sachverständigen anzuweisen, die Exploration in Anwesenheit der gewünschten Vertrauensperson durchzuführen. Wie der Sachverständige selbst bei seiner persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung ausgeführt habe, habe das Explorationsgespräch einen hohen Stellenwert. Es sei daher unverständlich, dass es ihm möglich gewesen sein solle, seine Schlussfolgerungen allein auf aktenkundige Schilderungen dritter Personen zu stützen, zumal es sich bei den Aktenzitaten zum Teil um anonyme Stellungnahmen gehandelt habe.
24Mit diesen Ausführungen ist ein Verfahrensmangel nicht dargetan. Die Erforschung des Sachverhalts hat gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO von Amts wegen zu erfolgen, wobei das Gericht nach seinem pflichtgemäßen Ermessen vorgeht. Für die Beweisaufnahme gelten nach § 98 VwGO die Vorschriften der ZPO entsprechend; soweit es den Beweis durch Sachverständige betrifft, also die §§ 402 ff. ZPO. Danach hat das Gericht die Tätigkeit des Sachverständigen zu leiten und kann ihm für Art und Umfang seiner Tätigkeit Weisungen erteilen (§ 404a Abs. 1 ZPO). Die Erteilung solcher Weisungen steht wiederum im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Über den Umfang der allgemeinen Pflicht des Gerichts zur Leitung der Tätigkeit des Sachverständigen entscheiden die Umstände des Einzelfalles.
25Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. November 2013 - 1 A 802/12 -, juris, Rn. 6.
26Dass das Verwaltungsgericht in Ausübung dieses Ermessens davon abgesehen hat, den Sachverständigen anzuweisen, ein Explorationsgespräch in Anwesenheit der vom Kläger benannten Vertrauensperson durchzuführen, ist nicht zu beanstanden. Ist eine dritte Person bei einem psychiatrischen Explorationsgespräch anwesend,
27ist zu befürchten, dass keine authentische Kommunikation zwischen dem Sachverständigen und dem Probanden stattfindet. Denn eine verlässliche ärztliche Einschätzung und Begutachtung erfordert bei einer psychiatrischen Exploration ein unmittelbares und unbeeinflusstes ärztliches Gespräch entsprechend dem Untersuchungsgegenstand und dem Ablauf folgend, den der Gutachter auch in Ansehung seiner Rolle als forensischer Sachverständiger für richtig erachtet.
28Vgl. hierzu auch OVG Hamburg, Beschluss vom 27. April 2011 - 1 So 15/11 -, IÖD 2011, 177.
29Bei einer psychiatrischen Untersuchung eines Beamten zur Frage seiner Dienstfähigkeit besteht daher grundsätzlich kein Anwesenheitsrecht dritter Personen.
30Vgl. OVG Koblenz, Beschluss vom 11. Juni 2013- 2 A 11071/12 -, DÖD 2013, 276; OVG Hamburg, Beschluss vom 15. Juni 2006 - 1 Bs 102/06 -, IÖD 2006, 208; vgl. auch LAG Hamm, Urteil vom 2. November 2006 - 8 Sa 1332/05 -, juris, Rn. 27.
31Die Haltung des Sachverständigen, der vorliegend ein Explorationsgespräch in Anwesenheit einer dritten Person nicht für zielführend erachtete, ist nachvollziehbar; es begründet keinen Verfahrensfehler, dass das Verwaltungsgericht diese Haltung respektierte und von der von dem Zulassungsvorbringen für erforderlich gehaltenen Weisung absah. Im Gegenteil spricht alles dafür, dass das Verwaltungsgericht den gebotenen Weg einschlug, als es den Sachverständigen angesichts seiner Bedenken mit der Erstattung eines Gutachtens nach Aktenlage, also unter Verzicht auf eine persönliche Exploration, beauftragte. Ein Widerspruch zu der Ansicht des Sachverständigen zum generellen Stellenwert einer persönlichen Exploration liegt darin nicht. Bezogen auf den Kläger hat er bei verständiger Würdigung seiner Ausführungen die Ansicht vertreten, dass eine persönliche Exploration zwar die bessere Grundlage für die Erstattung des psychiatrischen Gutachtens geboten hätte, aber die nach dem Gutachtenauftrag relevanten Fragen auch allein auf der Grundlage des umfangreichen Aktenmaterials hinreichend verlässlich beantwortet werden konnten.
32Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
33Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung.
34Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.
(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.
(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu
vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand
2Der Kläger macht gegenüber den Beklagten Schadensersatzansprüche wegen einer anwaltlichen Beratung im Zusammenhang mit einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltend.
3Der 1963 geborene Kläger war seit 1990 im feuertechnischen Dienst der Stadt K als Brandmeister (Besoldungsgruppe A7) beschäftigt, bis ein Einsatz als Brandmeister im Jahr 2008 aufgrund verschiedener Schwierigkeiten nicht mehr möglich war. Einen Einsatz in der Pulverwerkstatt für Feuerlöscher und Fahrzeugpflege lehnte der Kläger als unzumutbar ab (vgl. Anlage B1 Bescheid der Stadt K vom 17.12.2009 und Anlage B3, Urteil des VG Köln vom 21.07.2008, S. 7). Seit dem 22.12.2008 ist der Kläger anerkannt schwerbehindert (mit einem Grad von 60%). Nachdem er längere Zeit vom Dienst fern geblieben war, stellte das VG Köln mit Urteil vom 21.07.2008 fest, dass der Kläger keinen Anspruch mehr auf Verwendung im Einsatz-und Rettungsdienst hatte und ihm die Feuerwehrzulage mit Bescheid vom 25.06.2008 mit sofortiger Wirkung rechtmäßig entzogen worden war (Bl. 65a d.GA.; Anlage B19). Rechtsmittel des Klägers hiergegen blieben erfolglos.
4Mit Bescheid vom 17.12.2009 wurde der Kläger wegen Dienstunfähigkeit zum 01.01.2010 in den Ruhestand versetzt (Anlage B1). Seit dem bezieht der Kläger ein verringertes Ruhestandsgehalt (Anlagen K2, K4, K5).
5Mit Schreiben vom 21.01.2010 entpflichtete der Kläger seinen seinerzeitigen Bevollmächtigten, Rechtsanwalt E, von der Wahrnehmung seiner Interessen (Anlage B14). Wenige Tage später, mit Schreiben vom 26.01.2010, lud die Stadt K den Kläger, Rechtsanwalt E, sowie den Arbeitgeber des Klägers, den Personalrat und die Schwerbehindertenvertretung für den 08.02.2010 zum Gespräch nach § 84 SGB IX (Anlage B13). Der Termin wurde aufgrund des Anwaltswechsels zunächst verschoben. Nach einer Besprechung mit dem Beklagten zu 2) mandatierte der Kläger schließlich den Beklagten zu 2) mit der weiteren Vertretung im Anfechtungsverfahren gegen den Zurruhesetzungsbescheid (Anlage B14a). Das Gespräch nach § 84 SGB IX fand schließlich am 03.03.2010 statt. Der Kläger nahm an dem Gespräch ohne den Beklagten zu 2) teil. Die Stadt K änderte ihre Entscheidung, den Kläger in den Ruhestand zu versetzen, auch nach diesem Gespräch nicht.
6Mit Schriftsatz vom 15.04.2010 nahm der Beklagte zu 2) im Anfechtungsverfahren vor dem VG Köln (Az.: 19 K 373/10) Stellung und wies sowohl auf die fehlerhafte Nichtanwendung des § 84 Abs. 2 SGB IX als auch auf die unzureichende Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten hin (Anlage B15, S. 3 und 5). Mit Schreiben vom 01.12.2011 ließ der Kläger über den Beklagte zu 2) dem VG Köln mitteilen, dass er seine behandelnden Ärzte vorerst nicht von der ärztlichen Schweigepflicht entbinden würde (Anlage B16). Das Verfahren VG Köln (Az.: 19 K 373/10) endete schließlich mit klageabweisendem Urteil vom 19.04.2013.
7Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger Schadenersatz gegen die Beklagten geltend. Er begeht Zahlung der Differenz zwischen dem Ruhestandsgehalt und seinem vorherigen Einkommen für den Zeitraum Januar 2010 bis Dezember 2013 in Höhe von insgesamt 56.960,64 EUR zzgl. einer jährlichen Sonderzahlung in Höhe von insgesamt 4.407,60 EUR. Er begehrt weiter ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 5.000,00 EUR (Bl. 28 d.GA.) sowie Feststellung, dass die Beklagten sämtliche zukünftigen Schäden wegen der nicht sachgemäßen Beratung zu ersetzen haben.
8Der Kläger behauptet, der Beklagte zu 2) habe im Verfahren vor dem VG Köln weder die fehlende Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten, noch das nicht rechtzeitig eingeleitete BEM-Verfahren in dem gebotenen Maße gerügt (Bl. 23 d.GA.). Es sei nicht hinreichend dargelegt worden, dass die Stadt K sich mit der Frage, ob der psychische Zustand des Klägers rein faktisch den Schluss auf eine Dienstunfähigkeit zuließ, gar nicht beschäftigt habe und Erwägungen zu einer amtsadäquaten Restverwendung des Klägers überhaupt nicht angestellt wurden (Bl. 24 d.GA.). Eine ausreichende Aufklärung des medizinischen Sachverhalts sei nicht erfolgt. Aufgrund der unsachgemäßen anwaltlichen Vertretung durch den Beklagten zu 2) habe das Gericht es unterlassen, den Sachverhalt gem. § 86 Abs. 1 VwGO aufzuklären.
9Der Kläger behauptet weiter, er leide seit dem Termin am 03.03.2010 unter nachhaltigen Gesundheitsstörungen, die dadurch ausgelöst worden seien, dass der Beklagte zu 2) ihn nicht begleitet habe (Bl. 26 d.GA.).
10Der Kläger ist der Ansicht, dass er noch heute im Dienst bei der Stadt K wäre, wenn der Beklagte zu 2) die formellen Mängel des Bescheides (nicht rechtzeitige Einleitung des BEM-Verfahrens und Nichtbeteiligung der Gleichstellungsbeauftragten (Bl. 23 d.GA.)), in dem gebotenen Maß gerügt hätte.
11Der Kläger beantragt,
121.
13die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 61.368,24 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
142.
15die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit,
163.
17festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm sämtliche weitere zukünftige materielle und im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht vorhersehbare immaterielle Schäden zu ersetzen, welche ihm aufgrund der nicht sachgemäß anwaltlichen Vertretung durch die Beklagten im Rahmen der Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht Köln (Az.: 19 K 373/10) entstanden sind und noch entstehen werden,
184.
19festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm sämtliche weitere zukünftige materielle und im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht vorhersehbare immaterielle Schäden zu ersetzen, welche ihm aufgrund der nicht sachgemäß anwaltlichen Vertretung durch die Beklagten im Präventionsverfahren nach § 84 SGB IX, insbesondere der Nichtbegleitung durch den Beklagten zu 2) zum Termin am 03.03.2010 in die Fürsorgestelle der Stadt K, entstanden sind und noch entstehen werden.
20Die Beklagten beantragen,
21die Klage abzuweisen.
22Die Beklagten behaupten, das BEM-Verfahrens sei letztlich formal im Termin am 03.03.2010 durchgeführt wurden (Bl. 63 d.GA., Anlage B13). Es sei mit dem Kläger abgesprochen gewesen, dass er diesen Termin alleine wahrnimmt, da die Mandatierung des Beklagten zu 2) erst kurz vor dem Termin erfolgt sei (Bl. 63 d.GA.). Zudem seien sich der Kläger und der Beklagte zu 2) einig gewesen, dass aufgrund der Vorgeschichte die formale Durchführung des Verfahrens nichts ändern würde. Dementsprechend habe die Stadt K keine Ansatzpunkte gesehen, wie die Dienstfähigkeit des Klägers wieder hergestellt werden sollte (Bl. 64 d.GA.). Darüber hinaus sei jedoch sowohl das nicht rechtzeitig eingeleitete BEM Verfahren als auch die fehlende Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten schriftsätzlich gerügt worden (Bl. 64 d.GA., Anlage B15).
23Sie bestreiten den medizinischen Zustand des Klägers, aufgrund dessen er Schmerzensgeldansprüche geltend macht (Bl. 66 d.GA.). Der Kläger habe bereits 2003 eine Schmerzensgeldklage gegen die Stadt K wegen psychischer Zerrüttung angestrebt. Selbst wenn er heute noch Beschwerden habe, fehle es jedenfalls an der Kausalität zum Ereignis im Termin am 03.03.2010. Die Beklagten bestreiten den geltend gemachten Schaden auch der Höhe nach, der Kläger habe jedenfalls keinen Anspruch auf die Feuerwehrzulage (Bl. 65a d.GA.).
24Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Die Akten VG Köln, Az.: 19 K 373/10 waren beigezogen.
25Entscheidungsgründe
26Die zulässige Klage ist nicht begründet.
27Dem Kläger steht aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt Schadensersatz gegen die Beklagten zu, insbesondere nicht aus §§ 280 Abs. 1, 611, 675 BGB.
28Im Rahmen des Regressprozesses ist zu untersuchen, wie sich der Prozess vor dem Verwaltungsgericht entwickelt hätte, wenn die von dem Kläger behaupteten Pflichtverletzungen nicht stattgefunden hätten. Hierfür ist zunächst zu ermitteln, ob eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder den besonderen Umständen des Streitfalls mit einem für den Kläger günstigeren Ausgang des Anfechtungsprozesses gegen den Bescheid vom 17.12.2009 zu rechnen gewesen wäre. Dem Schadenersatz begehrenden Kläger obliegt es dabei, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass der Ausgangsprozess bei richtigem Verhalten des Beklagten einen positiven Ausgang genommen hätte (BGH, Urt. v. 28.09.2000, IX ZR 6/99, juris Rn. 30 f.). Dabei ist in tatsächlicher Hinsicht der Sachverhalt, der entscheidungserheblich gewesen wäre, aufzuklären, während das Regressgericht in rechtlicher Hinsicht eine eigene rechtliche Beurteilung vornimmt (OLG Düsseldorf Beschl. v. 04.04.2011, 24 U 147/10, juris Rn. 14; Urt. v. 03.11.2009, 24 u 207/08, juris Rn. 35). In Bezug auf den hypothetischen Ausgang des Vorprozesses reicht es für die richterliche Überzeugungsbildung aus, wenn eine überwiegende, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit für einen Prozesserfolg nachgewiesen werden kann (BGH, Urt. v. 23.11.2006, IX ZR 21/03, juris Rn. 21).
29Der Kläger wirft dem Beklagten zu 2) vor, ihn schon im Rahmen des vorgeschalteten BEM-Verfahrens nicht ordnungsgemäß vertreten zu haben.
30Ob dem Beklagten zu 2) eine nicht ordnungsgemäße Vertretung im Rahmen des BEM-Verfahrens vorgeworfen werden kann und ob er den Kläger in Absprache mit ihm nicht zum Termin am 03.03.2010 begleitete, kann dahinstehen. Dem Kläger ist es jedenfalls nicht gelungen, zur Überzeugung des Gerichts darzulegen, dass, sofern der Beklagte zu 2) an dem Gespräch am 03.03.2010 teilgenommen hätte, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Wiedereingliederung versucht worden wäre. Dies schon deshalb nicht, weil eine Wiederherstellung der Dienstfähigkeit nicht zu erwarten war, aber auch vor dem Hintergrund der Umstände in Bezug auf die fehlende Bereitschaft des Klägers, anderweitige Aufgaben als die eines Brandmeisters, wahrzunehmen.
31Zwar beruft sich der Kläger auf ein am 07.01.2010 ausgestelltes Attest des Arztes Dr. L, das zu dem Ergebnis kommt, dass der Kläger auf einem leidensgerechten Arbeitsplatz im Innendienst vollschichtig dienstfähig sei. Jedoch ergibt sich aus dem vom VG Köln im Verfahren 19 K 373/10 eingeholten gerichtlichen Gutachten des Sachverständigen Dr. N, welches sich die Kammer aufgrund eigener Nachvollziehung zu eigen macht, dass der Kläger aufgrund einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit vorwiegend paranoiden, emotional instabilen und narzisstischen Strukturmerkmalen, zum Zeitpunkt der Zurruhesetzung am 17.12.2009 dauerhaft dienstunfähig war und keine Aussicht bestand, dass die Dienstfähigkeit innerhalb einer Frist von 6 Monaten wiederhergestellt würde (vgl. Bl. 596 d. GA. 19 K 373/10, S. 12 des Urteils). Die hiergegen mit Schriftsatz vom 04.03.2015 vorgebrachten Einwände des Klägers, der Beklagte zu 2) hätte darauf bestehen müssen, dass das Gericht einen Gutachter bestellt, der den Kläger persönlich untersucht, greifen nicht. Der Kläger selbst hat sich der persönlichen Untersuchung durch den Sachverständigen Dr. N widersetzt (Aktenvermerk vom 05.10.2011, Bl. 55 d.GA. VG Köln 19 K 373/10; VG Köln Urt. v. 19.04.2013, 19 K 373/10, S. 12).
32Der vom Kläger im hiesigen Rechtsstreit angebotene Beweis durch Vernehmung ehemaliger Kollegen, die erfolgreich an einem BEM-Verfahren teilgenommen hatten, musste nicht erhoben werden (Bl. 25 d.GA.). Es ist nicht ersichtlich, wie die Kollegen, die zwar selber ein BEM-Verfahren durchlaufen haben, diese jedoch keine vergleichbare Sachverhalte betrafen, zu den Aussichten des BEM-Verfahrens betreffend des Klägers sollten Stellung nehmen können.
33Darüber hinaus hat der Kläger nicht substantiiert dazu vorgetragen, welcher Schaden ihm durch die Nichtbegleitung durch den Beklagten zu 2) zum Termin am 03.03.2010 entstanden ist. Der Vortrag hierzu blieb, trotz gerichtlichem Hinweis, unsubstantiiert. Der Kläger hat nicht ausgeführt, welche körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen er aufgrund des Fernbleibens des Beklagten zu 2) im Termin am 03.03.2010 erlitten haben will.
34Aber auch bei Außerachtlassung des fehlenden substantiierten Vortrages ist nicht ersichtlich, dass dem Kläger ein kausal auf dem Ereignis am 03.03.2010 beruhender Schmerzensgeldanspruch gegen den Beklagten zu 2) zustehen könnte. Das Schreiben des Klägers vom 30.03.2010, mit dem er den Beklagten zu 2) mit der Fertigung der Klageschrift im Verfahren 19 K 373/10 beauftragt, lässt nicht ansatzweise erkenne, dass der Kläger aufgrund des Gesprächs am 03.03.2010 psychisch nachteilige Folgen erlitten haben könnte. Der Kläger nimmt sowohl Bezug auf den Gesprächstermin beim Beklagten zu 2) am 25.03.2010 als auch auf den Termin am 03.03.2010. Er schreibt hierzu: „Selbst der Termin bei der Fürsorgestelle der Stadt K am 03.03.2010 (durch Beantragung meines ehemaligen Rechtsanwalts im Dez. 2009) ist für mich ebenfalls ergebnislos geblieben.“ In dem Schreiben finden sich keinerlei Vorwürfe im Hinblick darauf, dass der Beklagte zu 2) den Kläger nicht zu dem Termin begleitet hat und seine Psyche tatsächlich dadurch beeinträchtigt worden wäre. Dies wird ferner gestützt durch den Inhalt des Gedächtnisprotokolls des Klägers zum Termin am 03.03.2010 (Anlage B14b), in dem sich ebenfalls keinerlei Hinweis auf die gerügte Nichtteilnahme des Beklagten zu 2) findet.
35Der Kläger wirft dem Beklagten zu 2) weiter eine unsachgemäße Vertretung im Verfahren vor dem VG Köln vor. Der Beklagte zu 2) habe weder die fehlende Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten, noch das nicht rechtzeitig eingeleitete BEM-Verfahren in dem gebotenen Maße gerügt. Durch eine sorgfältige Aufarbeitung des medizinischen Sachverhalts hätte nachgewiesen werden können, dass die Entscheidung über die Zurruhesetzung anders ausgefallen wäre.
36Die im Hinblick auf die Nichtdurchführung des BEM-Verfahrens vorgeworfene Pflichtverletzung liegt schon nicht vor.
37Wie sich aus dem Schriftsatz des Beklagten zu 2) vom 14.05.2010 ergibt, hat der Beklagte zu 2) ausführlich dargelegt und gerügt, dass, obwohl § 84 Abs. 2 SGB IX nicht direkt anwendbar sein dürfte, ein BEM-Verfahren hätte durchgeführt werden müssen, dieses jedoch trotz Anregungen durch den Kläger nicht erfolgt sei (S. 5 des Schriftsatzes, Anlage B15).
38Unabhängig davon, dass die Pflichtverletzung bereits nicht gegeben ist, hätte aber auch ein weiterführender, über den erfolgten Vortrag hinausgehender Vortrag des Beklagten zu 2) zu keinem anderen Ausgang geführt.
39Aus den zur Akte gereichten Unterlagen ergibt sich, dass der Kläger nicht ernsthaft an der Versetzung auf eine andere Position interessiert war, sich vielmehr gegen Lösungsvorschläge von Seiten seines Dienstherrn sträubte und einer erforderlichen Mitwirkung nicht nachkam. Dem ist der Kläger auch nicht substantiiert entgegen getreten. So führt die Stadt K aus, dass „das BEM-Verfahren in materieller Hinsicht bereits durchgeführt wurde. So gab es zahlreiche Versuche seitens des Dienstherrn eine, den gesundheitlichen Möglichkeiten des Herrn C Rechnung tragende Beschäftigungsmöglichkeit zu finden.“ (Schreiben der Stadt K vom 18.03.2010, Anlage B12). Auch aus den beigezogenen Akten zum Verfahren 19 K 373/10 vor dem Verwaltungsgericht Köln ergibt sich, dass eine Wiedereingliederung des Klägers mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch bei frühzeitiger Einleitung des BEM-Verfahrens nicht erfolgt wäre. Das VG Köln führt in diesem Zusammenhang aus: „Die Möglichkeit einer anderweitigen Verwendung i.S.d. § 26 Abs. 1 S. 3 BeamtStG bestand schon deshalb nicht, weil der Kläger sich einer anderweitigen Verwendung verweigert hat – das Angebot eines Einsatzes in der Pulverwerkstatt für Feuerlöscher und Fahrzeugpflege auf der Feuerwache Nord wurde vom Kläger abgelehnt.“ (vgl. VG Köln Urt. v. 19.04.2013, 19 K 373/10, S. 14).
40Das Verwaltungsgericht Köln hat die Umstände, auf die es seine Entscheidung gestützt hat, umfassend dargelegt, es hat neben dem tatsächlichen Geschehen insbesondere die Bewertungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. N, sowie die Feststellungen des Privatgutachters Dr. T. in sein Urteil mit einbezogen und ist nach umfangreicher Würdigung aller Umstände zu dem Schluss gekommen, dass „die Verwendbarkeit in einer anderen Laufbahn oder einem anderen Amt nicht vorstellbar“ sei (VG Köln aaO.).
41Es ist daher nicht ersichtlich, wie vor dem Hintergrund des tatsächlichen Geschehens und des Gesundheitszustandes des Klägers das BEM-Verfahren erfolgreich hätte durchgeführt werden können.
42Dem Kläger ist es ebenfalls nicht gelungen, zur Überzeugung des Gerichts darzulegen, dass bei Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten die Entscheidung zur Zurruhesetzung zu Gunsten des Klägers derart beeinflusst worden wäre, dass er noch heute im Dienst der Stadt K wäre und sein volles Entgelt beziehen würde.
43Unabhängig davon, ob der Vortrag des Beklagten zu 2) im Verfahren vor dem VG Köln im Hinblick auf die fehlende Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten ausreichend war, steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die vermeintliche Pflichtverletzung jedenfalls nicht kausal gewesen wäre.
44Das VG Köln hat zur fehlenden Beteiligung des Gleichstellungsbeauftragten festgestellt: „Schwerbehindertenvertretung und Personalrat wurden beteiligt. Ob auch die Gleichstellungsbeauftragte den Anforderungen von § 18 Landesgleichstellungsgesetz entsprechend beteiligt wurde, kann dahinstehen, denn nach dem Rechtsgedanken des § 46 VwVfG führt die fehlende Anhörung der Gleichstellungsbeauftragten nicht zur Rechtswidrigkeit der Zurruhesetzung, wenn – wie hier – in der Sache eine andere Entscheidung als die Zurruhesetzung nicht in Betracht kommt“ (vgl. VG Köln Urt. v. 19.04.2013, 19 K 373/10, S. 10).
45Unter Berücksichtigung der Aktenlage sowie der beigezogenen Akten ist nicht ersichtlich, dass die Entscheidung über die Zurruhesetzung bei Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten für den Kläger anders ausgefallen wäre. Wie bereits vom VG Köln festgestellt, wurden sowohl der Personalrat als auch die Schwerbehindertenvertretung beteiligt. Das VG Köln führt weiter zutreffend aus, dass eine andere Entscheidung, als die Zurruhesetzung nicht in Betracht kam.
46Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.
47Streitwert: 80.000,00 EUR
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Tatbestand
- 1
-
Der Kläger wendet sich gegen seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand, er rügt insbesondere die unterlassene Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements.
- 2
-
Der 1956 geborene Kläger stand als Fernmeldebetriebsinspektor (Besoldungsgruppe A 9) im Dienst der Beklagten und ist durch gesetzliche Überleitung der Deutschen Telekom AG zur Dienstleistung zugewiesen. 2003 wies ihn diese der Personalserviceagentur Vivento zu. Der Kläger war ab 2005 wiederholt längerfristig und ist seit Mai 2007 ununterbrochen dienstunfähig erkrankt.
- 3
-
Eine von der Beklagten daraufhin veranlasste ärztliche Begutachtung diagnostizierte eine Erschöpfungsdepression. Ein Leistungsvermögen bestehe aktuell nicht, prognostisch könne aber nach einer stufenweisen Wiedereingliederung mit der Wiederaufnahme vollschichtiger Arbeit gerechnet werden. Die Aufforderung, einen mit seinem Hausarzt abgestimmten Wiedereingliederungsplan vorzulegen, lehnte der Kläger unter Bezugnahme auf ein von diesem ausgestelltes Attest ab. Nach diesem war der Kläger weiterhin arbeitsunfähig und eine stufenweise Eingliederung in den Arbeitsprozess nicht möglich. Nach wiederholten Untersuchungen und erfolglosen Aufforderungen zur Vorlage eines Wiedereingliederungsplans kam der von der Beklagten beauftragte Gutachter im Oktober 2008 zu dem Ergebnis, dass die Leistungseinschränkung dauerhaft sei und auch unterhalbschichtige Tätigkeiten ausschließe. Angesichts der Tatsache, dass trotz regelmäßiger fachärztlicher Behandlung eine Verbesserung nicht habe erzielt werden können, sei eine positive Prognose nicht mehr möglich. Die Beklagte versetzte den Kläger daraufhin wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand.
- 4
-
Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch hat der Kläger insbesondere vorgetragen, bevor ein Beamter wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden könne, müsse der Dienstherr betriebliche Eingliederungsmaßnahmen durchführen und die Möglichkeit einer anderweitigen Verwendung umfassend prüfen. Beides habe nicht stattgefunden, vielmehr sei ihm ausschließlich eine seinem Gesundheitszustand nicht angemessene und unterwertige Tätigkeit als Wiedereingliederungsmaßnahme angeboten worden. Die Beklagte wies den Widerspruch als unbegründet zurück.
- 5
-
Klage und Berufung hiergegen sind erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung insbesondere darauf verwiesen, dass die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements keine Voraussetzung für die Zurruhesetzung eines Beamten sei. Die Beklagte habe angesichts der fehlenden Restleistungsfähigkeit auch keine weitergehende Prüfung einer anderweitigen Verwendung des Klägers anstellen müssen. Bedenken gegen die ärztlichen Stellungnahmen bestünden nicht.
- 6
-
Mit der Revision beantragt der Kläger,
-
die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 30. März 2012 und des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 3. Juni 2010 sowie den Bescheid der Deutschen Telekom AG vom 13. Januar 2009 in Gestalt deren Widerspruchsbescheids vom 20. April 2009 aufzuheben.
- 7
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Die Beklagte beantragt,
-
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
- 8
-
Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt zwar Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), weil es die Maßstäbe für die Dienstunfähigkeit eines Beamten (1.) unzutreffend auf den Tätigkeitsbereich bei einem Postnachfolgeunternehmen angewendet hat (2.). Die Entscheidung erweist sich im Ergebnis gleichwohl als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO), weil diesem Fehler angesichts des körperlichen und gesundheitlichen Zustands des Klägers, der zum Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchsbescheids jegliche Dienstleistung ausschloss, keine Entscheidungserheblichkeit zukommt (3.). Die angefochtene Versetzung des Klägers in den vorzeitigen Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit erweist sich auch nicht deshalb als rechtswidrig, weil ein betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 SGB IX unterblieben ist (4.).
- 9
-
1. Die Versetzung eines Beamten in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit setzt die Feststellung der Dienstunfähigkeit voraus.
- 10
-
a) Rechtsgrundlage der angegriffenen Verfügung ist § 44 BBG in der Fassung des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160 <170>), weil die Vorschriften des neuen Bundesbeamtengesetzes noch vor Erlass des Widerspruchsbescheids in Kraft getreten sind. Für die Rechtmäßigkeit einer Versetzung in den Ruhestand kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an (stRspr; vgl. zuletzt Urteil vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 11 m.w.N.).
- 11
-
Der Anwendung des Bundesbeamtengesetzes steht nicht entgegen, dass der Kläger während seiner letzten Dienstjahre bei der Deutschen Telekom AG und nicht in der Bundesverwaltung tätig war. Gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 des Gesetzes zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost - PostPersRG - vom 14. September 1994 (BGBl I S. 2325 <2353>) in der hier maßgeblichen Fassung vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160 <272>) finden auf die bei den Aktiengesellschaften tätigen Bundesbeamten die für Bundesbeamte allgemein geltenden Vorschriften Anwendung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist (vgl. Urteil vom 25. Juni 2009 - BVerwG 2 C 68.08 - Buchholz 232.0 § 46 BBG 2009 Nr. 1 = NVwZ-RR 2009, 893, jeweils Rn. 10 ff.).
- 12
-
Nach § 44 Abs. 1 BBG ist ein Beamter auf Lebenszeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dienstunfähig und nicht anderweitig verwendbar ist. Die Dienstunfähigkeit des Beamten ist damit zwar eine notwendige, nicht aber eine hinreichende Voraussetzung für die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Nach dem Grundsatz "Weiterverwendung vor Versorgung" scheidet ein Beamter nur dann aus dem aktiven Dienst aus, wenn er dort nicht mehr eingesetzt werden kann (§ 44 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 bis 5 BBG). Für noch mögliche Verwendungen besteht eine gesetzliche Suchpflicht des Dienstherrn (Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25, jeweils Rn. 25 ff.; hierzu auch Beschluss vom 6. März 2012 - BVerwG 2 A 5.10 - juris Rn. 4). Kann der Beamte den Anforderungen seines Amtes und denjenigen einer anderweitigen Verwendung nicht mehr voll entsprechen, unter Beibehaltung des übertragenen Amtes aber seine Dienstpflichten noch während mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen, ist er für begrenzt dienstfähig zu erklären (§ 45 Abs. 1 BBG; hierzu auch Urteil vom 30. August 2012 - BVerwG 2 C 82.10 - Buchholz 237.6 § 54 NdsLBG Nr. 3 = NVwZ-RR 2012, 928, jeweils Rn. 11).
- 13
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b) Dienstunfähig ist ein Beamter gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG, wenn er wegen des körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist.
- 14
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Der Dienstunfähigkeitsbegriff des § 44 BBG ist amtsbezogen (vgl. § 44 Abs. 2 Satz 1 BBG: "anderes Amt"). Er knüpft an den Aufgabenkreis an, der dem Inhaber des jeweiligen Statusamts bei einer bestimmten Behörde auf Dauer zugewiesen ist (Amt im abstrakt-funktionellen Sinn: Urteil vom 22. Juni 2006 - BVerwG 2 C 26.05 - BVerwGE 126, 182 = Buchholz 11 Art. 143b GG Nr. 3, jeweils Rn. 11). Beschäftigungen in diesem Funktionsbereich sind amtsangemessen (BVerfG, Beschluss vom 3. Juli 1985 - 2 BvL 16/82 - BVerfGE 70, 251 <266 f.>) und können dem Beamten jederzeit übertragen werden (Urteil vom 23. September 2004 - BVerwG 2 C 27.03 - BVerwGE 122, 53 <56 f.>). Nicht maßgebend ist dagegen, ob der Beamte auch die Aufgaben des von ihm zuletzt wahrgenommenen Dienstpostens (Amt im konkret-funktionellen Sinn) erfüllen kann (Urteil vom 26. März 2009 a.a.O. Rn. 14). Dienstunfähigkeit setzt damit voraus, dass bei der Beschäftigungsbehörde kein Dienstposten zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und gesundheitlich für ihn geeignet ist (stRspr; vgl. Urteile vom 23. September 2004 a.a.O. S. 55, vom 30. August 2012 a.a.O. Rn. 11 und vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 19).
- 15
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Bei den privatrechtlich organisierten Unternehmen der Deutschen Telekom AG gibt es keine Ämterstruktur, wie sie § 18 BBesG für Behörden vorsieht. Die Bewertung der Funktionen und die Zuordnung der Aufgabenkreise zu einem bestimmten Statusamt, die Grundlage für die Bestimmung des amtsangemessenen und damit maßgeblichen Aufgabenkreises ist (Urteil vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 49, jeweils Rn. 27; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. März 2013 - 2 BvR 2582/12 - NVwZ 2013, 1603 Rn. 19), liegt hier nicht vor. Daher müssen die in § 18 BBesG verwendeten Begriffe der Ämter und ihrer Wertigkeit an die organisatorischen Gegebenheiten der Postnachfolgeunternehmen angepasst werden. Diese Aufgabe erfüllt § 8 PostPersRG, der anordnet, dass gleichwertige Tätigkeiten bei den Aktiengesellschaften als amtsgemäße Funktionen gelten. Die Gleichwertigkeit der einem Beamten übertragenen Tätigkeit ist aufgrund eines Funktionsvergleichs mit den Tätigkeiten bei der früheren Bundespost zu beurteilen. Eine nach diesem Maßstab gleichwertige Tätigkeit gilt als amtsangemessene Beschäftigung (vgl. Urteil vom 3. März 2005 - BVerwG 2 C 11.04 - BVerwGE 123, 107 <113> = Buchholz 240 § 18 BBesG Nr. 28 S. 8).
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Welche Anforderungen an die Erfüllung der jeweiligen Dienstpflichten zu stellen sind, legt der Dienstherr in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die Leistungsfähigkeit zu messen ist (Urteile vom 25. Juli 2013 - BVerwG 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244 Rn. 12 und vom 30. Oktober 2013 - BVerwG 2 C 16.12 - BVerwGE 148, 204 Rn. 18). Er muss deshalb auch den ärztlichen Begutachtungen zugrunde gelegt werden.
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c) Bei der Dienstunfähigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der uneingeschränkten Nachprüfung der Verwaltungsgerichte unterliegt (Urteil vom 27. Juni 2013 - BVerwG 2 C 67.11 - NVwZ-RR 2013, 1007 Rn. 11). Für die Feststellung der gesundheitsbedingten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit eines Beamten kommt dem Dienstherrn kein der Kontrollbefugnis der Gerichte entzogener Beurteilungsspielraum zu (vgl. Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 24 ff. hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung; zum Erfordernis eines durch Gesetz eröffneten Beurteilungsspielraums auch BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1 <22>).
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Zur Beurteilung der Dienstfähigkeit müssen die gesundheitsbedingten Leistungsbeeinträchtigungen festgestellt und deren prognostische Entwicklung bewertet werden. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt. Dementsprechend sieht § 47 Abs. 1 Satz 1 BBG vor, dass die Einschätzung des Dienstherrn auf ein ärztliches Gutachten gestützt sein muss. Die Notwendigkeit, einen Arzt hinzuzuziehen, bedeutet aber nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für die Beurteilung der Dienstfähigkeit übertragen werden darf. Vielmehr wird der Arzt als Sachverständiger tätig, auf dessen Hilfe der Dienstherr angewiesen ist, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Der Dienstherr muss die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden (Urteile vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 11 und vom 30. Oktober 2013 a.a.O. Rn. 31 ff.). Dies gilt insbesondere für die Feststellung, welche Folgen sich aus den ärztlich festgestellten Leistungseinschränkungen für die amtsbezogenen Dienstpflichten ergeben.
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Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 BBG kann die ärztliche Untersuchung nur einem Amtsarzt oder einem Arzt, der als Gutachter zugelassen ist, übertragen werden. Welcher Arzt mit der Fertigung von Gutachten beauftragt werden kann, wird durch die oberste Dienstbehörde (oder durch eine von dieser ermächtigte nachgeordnete Behörde) bestimmt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 und 3 BBG). Durch diese generalisierende Regelung wurden die vorangegangenen Sonderregelungen zu Betriebs- und Vertrauensärzten - wie für den Bereich der Telekom in § 4 Abs. 4 PostPersRG in der Fassung des Gesetzes vom 14. September 1994 (BGBl I S. 2325 <2353>) - überflüssig (vgl. BTDrucks 14/7064, S. 49 und 54).
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Allerdings kann das Gutachten eines vom Dienstherrn ausgewählten und beauftragten Arztes der Stellungnahme eines Amtsarztes nicht gleichgestellt werden. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist wiederholt klargestellt worden, dass der medizinischen Beurteilung eines Amtsarztes unter bestimmten Voraussetzungen ein Vorrang gegenüber privatärztlichen Stellungnahmen eingeräumt werden kann (Urteile vom 9. Oktober 2002 - BVerwG 1 D 3.02 - juris Rn. 22, vom 11. Oktober 2006 - BVerwG 1 D 10.05 - Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 30 Rn. 37 und vom 12. Oktober 2006 - BVerwG 1 D 2.05 - juris Rn. 35; Beschlüsse vom 15. Februar 2010 - BVerwG 2 B 126.09 - Buchholz 232.0 § 96 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 18 und vom 26. September 2012 - BVerwG 2 B 97.11 - juris Rn. 5). Dieser eingeschränkte Vorrang im Konfliktfall findet seine Rechtfertigung in der Neutralität und Unabhängigkeit des Amtsarztes, der Beamten und Dienststelle gleichermaßen fernsteht. Entsprechendes kann für die Gutachten eines von der Beklagten ausgewählten und bezahlten Gutachters nicht angenommen werden, auch wenn dieser Arzt als Gutachter zugelassen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 1 BBG). Insoweit fehlt es sowohl an Rechtsnormen, die die Neutralität und Unabhängigkeit dieser Ärzte begründen und gewährleisten (vgl. Beschluss vom 15. Februar 2010 a.a.O. Rn. 18), als auch an der für die Annahme einer unabhängigen Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Distanz zu den Beteiligten.
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2. Von diesen Grundsätzen ist auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen. Es hat jedoch versäumt, den Maßstab für die Beurteilung der dem Kläger verbliebenen Leistungsfähigkeit, sein abstrakt-funktionelles Amt, zu bestimmen.
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Aus der Amtsbezogenheit des Begriffs der Dienstunfähigkeit folgt, dass der Gesundheitszustand des Beamten und die sich hieraus ergebenen Einschränkungen seines Leistungsvermögens in Bezug zu den Anforderungen seines Amtes gesetzt werden müssen. Dienstunfähigkeit liegt vor, wenn der Beamte voraussichtlich dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, seine dienstlichen Aufgaben zu erfüllen. Bezugspunkt dieses Aufgabenkreises ist das Amt im abstrakt-funktionellen Sinne, sodass alle Dienstposten in den Blick zu nehmen sind, die bei der Beschäftigungsbehörde in der Wertigkeit des dem Beamten übertragenen Statusamtes eingerichtet sind (Urteil vom 30. Oktober 2013 a.a.O. Rn. 30). Dienstunfähig ist der Beamte, wenn seine amtsangemessene Beschäftigung - auf irgendeinem dieser Dienstposten - aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich ist.
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Die Beurteilung der Dienstfähigkeit eines Beamten nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG setzt damit die Bestimmung der amtsangemessenen Beschäftigungsmöglichkeiten voraus. Nur so kann geprüft und festgestellt werden, ob ein Dienstposten - oder im Falle eines Postnachfolgeunternehmens eine Tätigkeit - zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und auch gesundheitlich für ihn geeignet ist. Welche Tätigkeiten bei dem Unternehmen, dem der Kläger nach § 4 Abs. 4 PostPersRG zugewiesen ist, als gleichwertig mit dem Funktionsbereich eines Fernmeldebetriebsinspektors der früheren Bundespost erachtet werden können (vgl. § 8 PostPersRG), hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt.
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Hierzu hätte zunächst ermittelt werden müssen, welcher mögliche Aufgabenkreis für den Kläger in der ihn betreffenden Zuweisungsverfügung festgelegt worden ist. Dieser umschreibt - wie bei einem abstrakt-funktionellen Amt - den Kreis der bei dem Tochterunternehmen möglichen amtsangemessenen Tätigkeiten. Bei einer dauerhaften Zuweisung nach § 4 Abs. 4 Satz 2 PostPersRG müssen sowohl der mögliche als auch der konkret zu erfüllende Aufgabenbereich in der Zuweisungsverfügung festgelegt werden (Beschluss vom 3. April 2014 - BVerwG 2 B 70.12 - IÖD 2014, 124 <127>). Nur so kann der hergebrachte Grundsatz amtsangemessener Beschäftigung auch nach Überleitung zu einem Postnachfolgeunternehmen gewährleistet werden (Urteil vom 22. Juni 2006 - BVerwG 2 C 26.05 - BVerwGE 126, 182 = Buchholz 11 Art. 143b GG Nr. 3, jeweils Rn. 13 ff.).
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Bei einer Zuweisung zu der Personalserviceagentur Vivento ist den Betroffenen nach den Erkenntnissen des erkennenden Senats jedenfalls in der Vergangenheit ein Aufgabenbereich nicht zugewiesen worden (vgl. Urteile vom 22. Juni 2006 a.a.O. Rn. 23 ff., vom 18. September 2008 - BVerwG 2 C 126.07 - BVerwGE 132, 40 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 99, jeweils Rn. 11 ff. und vom 25. Juni 2009 - BVerwG 2 C 68.08 - Buchholz 232.0 § 46 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 20). Aufgrund dieses, mit Art. 33 Abs. 5 GG und den Vorgaben des Postpersonalrechtsgesetzes nicht in Einklang stehenden Fehlens einer amtsangemessenen Beschäftigung hat der erkennende Senat deshalb auch die Verpflichtung der Deutschen Telekom AG ausgesprochen, Beamte auf entsprechenden Antrag von Vivento "wegzuversetzen" (Urteil vom 18. September 2008 a.a.O. Rn. 13). Die Bestimmung der amtsangemessenen Beschäftigungsmöglichkeiten im Falle der Zuweisung eines Beamten zur Personalserviceagentur Vivento im maßgeblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung bereitet daher Schwierigkeiten.
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3. Dass das Oberverwaltungsgericht es versäumt hat, den maßgeblichen rechtlichen Maßstab in der gebotenen Weise näher zu bestimmen, also den Gesundheitszustand des Klägers in Bezug zu den Anforderungen eines ihm bei Vivento zugewiesenen Aufgabenbereichs zu setzen, ist jedoch im konkreten Fall unschädlich. Denn der Kläger war zum Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchs aus gesundheitlichen Gründen generell nicht in der Lage, Dienst zu leisten.
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a) Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts - und den gemäß § 130b Satz 1 VwGO in Bezug genommenen Ausführungen des Verwaltungsgerichts - verfügte der Kläger über keinerlei Restleistungsvermögen und konnte daher überhaupt keine berufliche Tätigkeit mehr ausüben. In sämtlichen zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids vorliegenden ärztlichen Gutachten und Stellungnahmen hatte es selbst an Ansatzpunkten für eine wenigstens teilweise vorhandene Leistungsfähigkeit des Klägers im Bereich seines abstrakt-funktionellen Amtes sowie für anderweitige Verwendungen gefehlt.
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Diese Feststellungen sind vom Kläger nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen worden und daher auch für die Beurteilung des Revisionsgerichts bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO).
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Zwar hat der Kläger geltend gemacht, das Oberverwaltungsgericht habe dadurch gegen seine Aufklärungspflicht verstoßen, dass es weitere Maßnahmen zur Erforschung der Ursache des ermittelten Krankheitsbildes unterlassen habe. Bei zutreffender Beweiserhebung hätte sich ein direkter Zusammenhang zwischen "der vom Kläger durchlebten und für ihn frustrierenden beruflichen Phase" und seinem Gesundheitszustand ergeben. Diese Rüge ist indes nicht begründet.
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Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat das Gericht den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Fehlt dem Gericht die hierfür erforderliche Sachkunde, muss es sachverständige Hilfe in Anspruch nehmen. Kommt es maßgeblich auf den Gesundheitszustand eines Menschen an, ist daher regelmäßig die Inanspruchnahme ärztlicher Fachkunde erforderlich. Für die hier entscheidungserheblichen medizinischen Fachfragen gibt es keine eigene, nicht durch entsprechende medizinische Sachverständigengutachten vermittelte Sachkunde des Richters (Beschluss vom 26. September 2012 - BVerwG 2 B 97.11 - juris Rn 4 m.w.N.). Das Gericht kann hierfür ein im Verwaltungsverfahren erstelltes ärztliches Gutachten heranziehen. Demgemäß hat das Oberverwaltungsgericht seine Feststellungen zum gesundheitlichen Zustand des Klägers und der hieraus folgenden Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit auf die Stellungnahme des von der Beklagten nach § 48 Abs. 1 BBG beauftragten Gutachters sowie die Atteste des Hausarztes des Klägers gestützt.
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Über die Einholung eines weiteren Gutachtens entscheidet das Gericht nach seinem Ermessen (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO). Die unterlassene Einholung zusätzlicher Gutachten kann deshalb nur dann verfahrensfehlerhaft sein, wenn die vorliegenden Gutachten ihren Zweck nicht zu erfüllen vermögen, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die Bildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. Liegen dem Gericht bereits sachverständige Äußerungen zu einem Beweisthema vor, muss es ein zusätzliches Gutachten nur einholen, wenn die vorhandene Stellungnahme von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, inhaltliche Widersprüche oder fachliche Mängel aufweist oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters besteht (Beschlüsse vom 29. Mai 2009 - BVerwG 2 B 3.09 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 5 Rn. 7 und vom 25. Feb-ruar 2013 - BVerwG 2 B 57.12 - juris Rn. 5).
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Das Vorliegen eines solchen Mangels zeigt die Rüge nicht auf. Der Kläger hat die nunmehr vermisste Sachverhaltsaufklärung ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht (§ 105 VwGO i.V.m. § 160 Abs. 2 und § 165 ZPO) weder im Verfahren vor dem Tatsachengericht beantragt noch ist dargelegt, dass sich dem Oberverwaltungsgericht weitere Ermittlungen zu der bezeichneten Frage auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. zum Darlegungserfordernis Beschlüsse vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 26 S. 14 f. sowie zuletzt vom 31. Januar 2014 - BVerwG 2 B 88.13 - juris Rn. 5).
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Die ärztlichen Befundberichte des Facharztes Dr. T., auf die in der Rüge Bezug genommen wird, sind vielmehr weder der Beklagten im Verwaltungsverfahren noch den Tatsachengerichten vorgelegt worden. Der Kläger hat im Klageverfahren zwar umfangreich zu seiner Erkrankung vorgetragen und auch nachträglich erstellte Gutachten vorgelegt, wie etwa das Attest seines Hausarztes Dr. S. vom 31. März 2010; eine Behandlung oder Begutachtung durch den Facharzt Dr. T. hat er jedoch nicht erwähnt. Die Existenz der fachärztlichen Bescheinigungen aus den Jahren 2007 und 2008 ist vielmehr erstmals im Rahmen der Begründung des Antrags auf Zulassung der Revision offenbart worden. Die Erkenntnisse aus den Gutachten konnten folglich weder von der Beklagten bei ihrer Entscheidung berücksichtigt werden noch konnten sie dem Oberverwaltungsgericht Anlass für weitere Aufklärungsmaßnahmen geben. Auf die weitere Frage, ob die Ermittlung der Krankheitsursache entscheidungserheblich gewesen wäre, kommt es daher nicht an.
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b) Die Feststellung der amtsbezogenen Anforderungen ist indes entbehrlich, wenn der Beamte auf absehbare Zeit keinerlei Dienst leisten kann (Summer, in: GKÖD, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Teil 2c, Stand: Mai 2014, L § 44 Rn. 6 und 16; zur Unfähigkeit "jedweder Beschäftigung" auch BAG, Urteil vom 23. April 2008 - 2 AZR 1012/06 - NZA-RR 2008, 515 Rn. 32). Kann der Beamte gar nicht auf der Dienststelle erscheinen, weil er generell arbeits- und dienstunfähig ist, kommt es auf die konkreten Anforderungen der in Betracht kommenden Tätigkeitsfelder nicht mehr an.
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Entsprechendes gilt für die aus § 44 Abs. 3 BBG folgende Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung. Auch diese besteht im Einzelfall nicht, wenn ihr Zweck von vornherein nicht erreicht werden kann. Dies ist anzunehmen, wenn die Erkrankung des Beamten von solcher Art oder Schwere ist, dass dieser für sämtliche Dienstposten der betreffenden oder einer anderen Laufbahn, in die der Beamte wechseln könnte, ersichtlich gesundheitlich ungeeignet ist (Urteil vom 30. Oktober 2013 - BVerwG 2 C 16.12 - BVerwGE 148, 204 Rn. 40).
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4. Die angefochtene Verfügung ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil kein betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX durchgeführt wurde.
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Nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX klärt der Arbeitgeber, wenn Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind, mit der zuständigen Interessenvertretung, ggf. der Schwerbehindertenvertretung und der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement).
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a) Die Vorschrift findet auch auf Beamte Anwendung (ebenso Beschluss vom 4. September 2012 - BVerwG 6 P 5.11 - BVerwGE 144, 156 = Buchholz 251.7 § 65 NWPersVG Nr. 3, jeweils Rn. 12).
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Nach § 68 Abs. 1 SGB IX gelten die Regelungen aus Teil 2 des SGB IX für schwerbehinderte und diesen gleichgestellte behinderte Menschen; eine Ausnahme für Beamte ist nicht vorgesehen. Grundsätzlich richten sich die besonderen Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen aber auch an öffentliche Arbeitgeber (§ 71 Abs. 1 Satz 1 SGB IX), bei denen Beamte beschäftigt werden (§ 73 Abs. 1 SGB IX). Anderes folgt auch nicht aus dem Regelungsgehalt des § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX selbst. Die Norm gilt zwar trotz ihrer systematischen Stellung in Teil 2 des SGB IX auch für nicht behinderte Beschäftigte (BAG, Urteil vom 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - BAGE 123, 234 Rn. 35), sie enthält indes keine Einschränkungen für Beamte. Dementsprechend nimmt § 93 Satz 2 SGB IX auch auf Personal-, Richter-, Staatsanwalts- und Präsidialräte Bezug.
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§ 84 Abs. 2 SGB IX kann auch systematisch in Einklang mit den bestehenden Vorschriften zur Dienstunfähigkeit von Beamten gebracht werden. Die Verfahren stehen in den Fällen krankheitsbedingter Fehlzeiten in einem zeitlich gestaffelten Stufenverhältnis zueinander. Während das betriebliche Eingliederungsmanagement als frühzeitiges Instrumentarium auf die Wiederherstellung und dauerhafte Sicherung der Beschäftigungsmöglichkeit und damit auf die Vermeidung einer Dienstunfähigkeit zielt, knüpft das dienstrechtliche Instrumentarium an eine gesundheitsbedingte Dienstunfähigkeit an.
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Voraussetzung für die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX sind krankheitsbedingte Fehlzeiten von mehr als sechs Wochen innerhalb eines Jahres. Der Mechanismus greift daher oftmals früher als das dienstrechtliche Instrumentarium (vgl. z.B. § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG) und unabhängig davon, ob aus den Fehlzeiten auf eine mögliche Dienstunfähigkeit geschlossen werden kann (vgl. zu diesem Erfordernis Urteil vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 27). Auch die sich aus dem betrieblichen Eingliederungsmanagement ergebenen Reaktionsmöglichkeiten sind nicht auf den amtsbezogenen Dienstfähigkeitsbegriff ausgerichtet und umfassen damit auch "niederschwelligere" Vorfeldmaßnahmen, wie etwa den Einsatz von technischen Hilfsmitteln, die Anpassung des Arbeitsgeräts, die Umgestaltung des Arbeitsplatzes, die Verteilung von Arbeitszeiten oder Umsetzungen. Der Sache nach erfordert das betriebliche Eingliederungsmanagement eine Analyse der bestehenden Arbeitsbedingungen im Hinblick auf die gesundheitlichen Einschränkungen des Beschäftigten, um Möglichkeiten einer leidensgerechten Anpassung des konkreten Arbeitsplatzes auszuloten. Bezugspunkt der Dienstfähigkeit einer Beamtin oder eines Beamten dagegen ist das jeweilige abstrakt-funktionelle Amt.
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Können auch mit Hilfe des durch § 84 Abs. 2 SGB IX vorgegebenen Suchprozesses alternative Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten nicht aufgezeigt werden, liegen ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die ernsthafte Besorgnis einer Dienstunfähigkeit vor (vgl. zum arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzverfahren auch BAG, Urteil vom 10. Dezember 2009 - 2 AZR 400/08 - NZA 2010, 398 Rn. 24, dort sogar zur Präklusionswirkung des erfolglos durchgeführten betrieblichen Eingliederungsmanagements). Dem präventiv ausgerichteten betrieblichen Eingliederungsmanagement schließt sich ein dienstrechtliches Verfahren an, das die Prüfung der Dienstunfähigkeit in den Blick nimmt und - als ultima ratio - zur Versetzung in den Ruhestand führen kann.
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Diese zeitliche Staffelung entspricht auch dem Übergang des vom Freiwilligkeitsprinzip gekennzeichneten betrieblichen Eingliederungsmanagements auf das dienstrechtliche Verfahren, mit der dort bestehenden Möglichkeit, den Beamten zur Durchführung einer ärztlichen Untersuchung anzuweisen. Der Gesetzgeber hat die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements in § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX an die Zustimmung des Betroffenen geknüpft. Dem liegt die Überzeugung zugrunde, dass Wiedereingliederungsbemühungen ohne oder gar gegen den Willen des Betroffenen von vornherein zum Scheitern verurteilt sind (Beschluss vom 23. Juni 2010 - BVerwG 6 P 8.09 - BVerwGE 137, 148 = Buchholz 251.2 § 73 BlnPersVG Nr. 1, jeweils Rn. 40). In praktischer Hinsicht ergibt sich dies schon daraus, dass ohne Kenntnis der Krankheitsursachen und der einzelnen Krankheitswirkungen die vorgesehene Klärung alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten nicht erfolgen kann.
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Das dienstrechtliche Verfahren dagegen setzt eine Einwilligung des Betroffenen nicht voraus. Bestehen Zweifel an der Dienstfähigkeit eines Beamten, sind diese von der Behörde - schon im Interesse der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung - aufzuklären. Hierzu hat sich der Beamte gemäß § 44 Abs. 6 BBG nach Weisung auch ärztlich untersuchen zu lassen. Weigert sich der Beamte einer ordnungsgemäßen Untersuchungsanordnung (vgl. zu den hierfür bestehenden Anforderungen Urteil vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 18 ff.) Folge zu leisten, kann die Verweigerung nach dem aus § 444 ZPO abgeleiteten allgemeinen Rechtsgrundsatz zum Nachteil des betroffenen Beamten gewertet werden. Danach kann im Rahmen freier Beweiswürdigung auf die Dienstunfähigkeit geschlossen werden, wenn der Beamte durch sein Verhalten die Feststellung seines Gesundheitszustandes bewusst verhindert (Urteil vom 26. April 2012 - BVerwG 2 C 17.10 - Buchholz 237.6 § 226 NdsLBG Nr. 1 Rn. 12).
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Das betriebliche Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 SGB IX kann daher als Ausdruck und Konkretisierung der Fürsorgepflicht verstanden werden, mit dem ein "gesetzlich verankertes Frühwarnsystem" (Ritz/Schian, in: Cramer/Fuchs/Hirsch/Ritz, SGB IX, 6. Aufl. 2011, § 84 Rn. 24) etabliert wird. Der Dienstherr muss bereits zu einem frühen Zeitpunkt, überwacht und unterstützt durch den Personalrat und ggf. die Schwerbehindertenvertretung, die Initiative ergreifen und ein gesetzlich vorgegebenes Suchverfahren zur Überwindung der bestehenden Probleme anbieten. Kann damit keine Verbesserung erzielt werden, schließt sich ein dienstrechtliches Verfahren mit dem dort vorgesehenen Instrumentarium an. Der Beamte hat sich dann ggf. auch einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen.
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b) Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements ist aber keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für den Erlass einer Verfügung, mit der ein Beamter wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt wird.
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§ 84 Abs. 2 SGB IX regelt die Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die Verpflichtung zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nicht. Insbesondere ist das Verfahren nach § 84 Abs. 2 SGB IX - anders als die Zustimmung des Integrationsamts in § 85 SGB IX - nicht als Wirksamkeitsvoraussetzung einer arbeitsrechtlichen Kündigung ausgestaltet (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - BAGE 123, 234 Rn. 36). Ein Unterlassen führt daher auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes nicht zur Rechtswidrigkeit einer Kündigung, sondern lediglich zur Verschiebung der Darlegungs- und Beweislastverteilung in einem hierauf bezogenen Gerichtsverfahren (vgl. BAG, Urteile vom 23. April 2008 - 2 AZR 1012/06 - NZA-RR 2008, 515 Rn. 27, vom 10. Dezember 2009 a.a.O. Rn. 17 ff., vom 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - BAGE 135, 361 Rn. 14 und vom 24. März 2011 - 2 AZR 170/10 - NZA 2011, 993 Rn. 25).
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Diese Einschätzung gilt für das öffentliche Dienstrecht erst recht. Die Annahme einer zwingenden Rechtswidrigkeitsfolge der Ruhestandsversetzung im Falle eines unterbliebenen betrieblichen Eingliederungsmanagements ist mit dem Regelungssystem des Bundesbeamtengesetzes nicht in Einklang zu bringen. Ist ein Beamter wegen seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung der Dienstpflichten des ihm zuletzt übertragenen Amtes im abstrakt-funktionellen Sinn als dauernd unfähig anzusehen und kommt auch eine anderweitige oder zeitlich begrenzte Verwendung des Beamten nicht in Betracht, so ist er in den Ruhestand zu versetzen (§ 44 Abs. 1 Satz 1 BBG). Diese gesetzliche Anordnung steht nicht unter dem Vorbehalt, dass zuvor ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt worden ist; vielmehr ist im Falle der genannten Voraussetzungen für die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements kein Raum mehr. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt vor, sind abweichende Entscheidungen auch dann nicht mehr denkbar, wenn die Möglichkeiten der präventiven Wiedereingliederung nach § 84 Abs. 2 SGB IX versäumt worden sind.
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Die in § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX enthaltene Verpflichtung ist auch kein Bestandteil des auf den Erlass einer Ruhestandsversetzung gerichteten Verwaltungsverfahrens (vgl. § 9 VwVfG). Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements ist bereits förmlich nicht als Verfahrensschritt eines Verfahrens nach § 44 ff. BBG ausgestaltet, das gesetzliche Regelungsgefüge sieht eine Verzahnung der jeweiligen Verfahren nicht vor. Das betriebliche Eingliederungsmanagement ist auch nicht auf den Abschluss eines Zurruhesetzungsverfahrens gerichtet; es dient vielmehr dazu, bereits den Eintritt einer Dienstunfähigkeit und damit den materiellen Anknüpfungspunkt entsprechender Verfahren zu vermeiden. Schließlich knüpft das betriebliche Eingliederungsmanagement materiell an andere Voraussetzungen an als § 44 Abs. 1 BBG. Die Anordnung in § 84 Abs. 2 SGB IX und das Dienstunfähigkeitsverfahren sind jeweils eigenständige Verfahren, die in rechtlicher Hinsicht nicht verknüpft sind.
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Der Verstoß gegen die aus § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX folgende Verpflichtung des Dienstherrn, ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen oder jedenfalls anzubieten, kann daher nur mittelbare Folgen für das Zurruhesetzungsverfahren eines Beamten wegen dauernder Dienstunfähigkeit entfalten (ähnlich auch BGH, Urteil des Dienstgerichts des Bundes vom 20. Dezember 2006 - RiZ (R) 2/06 - NVwZ-RR 2007, 328 zu § 84 Abs. 1 SGB IX).
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Dies gilt insbesondere für die Einleitung des Verfahrens. Bereits die Anordnung, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, setzt substanzielle Zweifel an der dauernden Dienstfähigkeit des Beamten voraus. Der Dienstherr ist nur dann zu einer Untersuchungsaufforderung berechtigt, wenn tatsächliche Umstände gegeben sind, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der betroffene Beamte sei dienstunfähig (Urteile vom 26. April 2012 - BVerwG 2 C 17.10 - Buchholz 237.6 § 226 NdsLBG Nr. 1 Rn. 19 und vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 19). Diese liegen nach ordnungsgemäßer, aber erfolgloser Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements regelmäßig vor. Unterlässt der Dienstherr dagegen die ihm gemäß § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX obliegende Verpflichtung, muss er die Begründung einer Untersuchungsanordnung auf anderweitige, ausreichende Tatsachenfeststellungen stützen.
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Entsprechendes gilt im Hinblick auf den Ausschluss einer anderweitigen Verwendbarkeit (§ 44 Abs. 1 Satz 3 BBG). Auch diese Voraussetzung einer Versetzung in den Ruhestand prüft das Verwaltungsgericht im Streitfall gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO von Amts wegen; kann sie nicht festgestellt werden, hat die Verfügung keinen Bestand. Dabei ist es Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten die Vorgaben des § 44 Abs. 3 BBG beachtet hat. Denn es geht um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind. Daher geht es zulasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat (Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25, jeweils Rn. 30). Auch insoweit entlastet es den Dienstherrn hinsichtlich des Bereichs der betroffenen Dienststelle, wenn auch die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements keine alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten aufzuzeigen vermocht hat.
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c) Der angefochtenen Verfügung haften auch keine sonstigen Verfahrensfehler an.
- 54
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Der Kläger ist ordnungsgemäß angehört und auf die beabsichtige Versetzung in den Ruhestand hingewiesen worden. § 47 Abs. 1 BBG enthält insoweit keine Einschränkung auf den unmittelbaren Dienstvorgesetzten; Dienstvorgesetzter ist auch der Vorstand der Telekom AG (§ 1 Abs. 2 PostPersRG).
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Eine Beteiligung des Betriebsrats war nicht erforderlich. Nach § 24 Abs. 1, § 28 Abs. 1 Satz 1, § 29 Abs. 5 Satz 1 PostPersRG i.V.m. § 78 Abs. 1 Nr. 5 BPersVG wirkt der Personalrat bei einer Versetzung in den Ruhestand zwar mit; er wird aber nur auf Antrag des Beschäftigten beteiligt (§ 29 Abs. 5 Satz 2 PostPersRG i.V.m. § 78 Abs. 2 Satz 2 BPersVG). Einen entsprechenden Antrag hat der Kläger nicht gestellt, obwohl er von der Beklagten auf diese Möglichkeit ausdrücklich hingewiesen worden ist (vgl. hierzu Urteil vom 9. Dezember 1999 - BVerwG 2 C 4.99 - BVerwGE 110, 173 <177> = Buchholz 232 § 35 BBG Nr. 4 S. 3).
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Die Beklagte hat auch ordnungsgemäß über die vom Kläger erhobenen Einwendungen befunden. Nach § 47 Abs. 2 Satz 2 BBG entscheidet die für die Ernennung zuständige Behörde im Einvernehmen mit der obersten Dienstbehörde über die Einwendungen, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 PostPersRG ernennt und entlässt das Bundesministerium der Finanzen die bei den Aktiengesellschaften beschäftigten Beamten der Bundesbesoldungsordnung A; es kann diese Befugnis nach Satz 3 auf den Vorstand (und andere) übertragen. Von dieser Übertragungsmöglichkeit ist durch Abschnitt II der Anordnung zur Übertragung dienstrechtlicher Zuständigkeiten für den Bereich der Deutschen Telekom AG vom 17. Dezember 2003 (BGBl I S. 2919; geändert durch Anordnung vom 21. Dezember 2005, BGBl I S. 3727) Gebrauch gemacht worden. Der Vorstand der Deutschen Telekom AG war daher im maßgeblichen Zeitpunkt zur Entscheidung berufen.
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Anstelle des Einvernehmens der obersten Dienstbehörde, deren Befugnisse der Vorstand der Deutschen Telekom AG selbst wahrnimmt (§ 1 Abs. 2 PostPersRG), sehen § 1 Abs. 6 Satz 1 PostPersRG, § 3 Abs. 1 Nr. 5 und § 16 BAPostG eine Rechtmäßigkeitsprüfung durch die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost vor. Diese hat stattgefunden, dabei sind keine Einwände erhoben worden.
(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.
(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.
(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand, er rügt insbesondere die unterlassene Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements.
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Der 1956 geborene Kläger stand als Fernmeldebetriebsinspektor (Besoldungsgruppe A 9) im Dienst der Beklagten und ist durch gesetzliche Überleitung der Deutschen Telekom AG zur Dienstleistung zugewiesen. 2003 wies ihn diese der Personalserviceagentur Vivento zu. Der Kläger war ab 2005 wiederholt längerfristig und ist seit Mai 2007 ununterbrochen dienstunfähig erkrankt.
- 3
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Eine von der Beklagten daraufhin veranlasste ärztliche Begutachtung diagnostizierte eine Erschöpfungsdepression. Ein Leistungsvermögen bestehe aktuell nicht, prognostisch könne aber nach einer stufenweisen Wiedereingliederung mit der Wiederaufnahme vollschichtiger Arbeit gerechnet werden. Die Aufforderung, einen mit seinem Hausarzt abgestimmten Wiedereingliederungsplan vorzulegen, lehnte der Kläger unter Bezugnahme auf ein von diesem ausgestelltes Attest ab. Nach diesem war der Kläger weiterhin arbeitsunfähig und eine stufenweise Eingliederung in den Arbeitsprozess nicht möglich. Nach wiederholten Untersuchungen und erfolglosen Aufforderungen zur Vorlage eines Wiedereingliederungsplans kam der von der Beklagten beauftragte Gutachter im Oktober 2008 zu dem Ergebnis, dass die Leistungseinschränkung dauerhaft sei und auch unterhalbschichtige Tätigkeiten ausschließe. Angesichts der Tatsache, dass trotz regelmäßiger fachärztlicher Behandlung eine Verbesserung nicht habe erzielt werden können, sei eine positive Prognose nicht mehr möglich. Die Beklagte versetzte den Kläger daraufhin wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand.
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Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch hat der Kläger insbesondere vorgetragen, bevor ein Beamter wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden könne, müsse der Dienstherr betriebliche Eingliederungsmaßnahmen durchführen und die Möglichkeit einer anderweitigen Verwendung umfassend prüfen. Beides habe nicht stattgefunden, vielmehr sei ihm ausschließlich eine seinem Gesundheitszustand nicht angemessene und unterwertige Tätigkeit als Wiedereingliederungsmaßnahme angeboten worden. Die Beklagte wies den Widerspruch als unbegründet zurück.
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Klage und Berufung hiergegen sind erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung insbesondere darauf verwiesen, dass die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements keine Voraussetzung für die Zurruhesetzung eines Beamten sei. Die Beklagte habe angesichts der fehlenden Restleistungsfähigkeit auch keine weitergehende Prüfung einer anderweitigen Verwendung des Klägers anstellen müssen. Bedenken gegen die ärztlichen Stellungnahmen bestünden nicht.
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Mit der Revision beantragt der Kläger,
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die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 30. März 2012 und des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 3. Juni 2010 sowie den Bescheid der Deutschen Telekom AG vom 13. Januar 2009 in Gestalt deren Widerspruchsbescheids vom 20. April 2009 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt zwar Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), weil es die Maßstäbe für die Dienstunfähigkeit eines Beamten (1.) unzutreffend auf den Tätigkeitsbereich bei einem Postnachfolgeunternehmen angewendet hat (2.). Die Entscheidung erweist sich im Ergebnis gleichwohl als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO), weil diesem Fehler angesichts des körperlichen und gesundheitlichen Zustands des Klägers, der zum Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchsbescheids jegliche Dienstleistung ausschloss, keine Entscheidungserheblichkeit zukommt (3.). Die angefochtene Versetzung des Klägers in den vorzeitigen Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit erweist sich auch nicht deshalb als rechtswidrig, weil ein betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 SGB IX unterblieben ist (4.).
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1. Die Versetzung eines Beamten in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit setzt die Feststellung der Dienstunfähigkeit voraus.
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a) Rechtsgrundlage der angegriffenen Verfügung ist § 44 BBG in der Fassung des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160 <170>), weil die Vorschriften des neuen Bundesbeamtengesetzes noch vor Erlass des Widerspruchsbescheids in Kraft getreten sind. Für die Rechtmäßigkeit einer Versetzung in den Ruhestand kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an (stRspr; vgl. zuletzt Urteil vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 11 m.w.N.).
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Der Anwendung des Bundesbeamtengesetzes steht nicht entgegen, dass der Kläger während seiner letzten Dienstjahre bei der Deutschen Telekom AG und nicht in der Bundesverwaltung tätig war. Gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 des Gesetzes zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost - PostPersRG - vom 14. September 1994 (BGBl I S. 2325 <2353>) in der hier maßgeblichen Fassung vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160 <272>) finden auf die bei den Aktiengesellschaften tätigen Bundesbeamten die für Bundesbeamte allgemein geltenden Vorschriften Anwendung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist (vgl. Urteil vom 25. Juni 2009 - BVerwG 2 C 68.08 - Buchholz 232.0 § 46 BBG 2009 Nr. 1 = NVwZ-RR 2009, 893, jeweils Rn. 10 ff.).
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Nach § 44 Abs. 1 BBG ist ein Beamter auf Lebenszeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dienstunfähig und nicht anderweitig verwendbar ist. Die Dienstunfähigkeit des Beamten ist damit zwar eine notwendige, nicht aber eine hinreichende Voraussetzung für die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Nach dem Grundsatz "Weiterverwendung vor Versorgung" scheidet ein Beamter nur dann aus dem aktiven Dienst aus, wenn er dort nicht mehr eingesetzt werden kann (§ 44 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 bis 5 BBG). Für noch mögliche Verwendungen besteht eine gesetzliche Suchpflicht des Dienstherrn (Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25, jeweils Rn. 25 ff.; hierzu auch Beschluss vom 6. März 2012 - BVerwG 2 A 5.10 - juris Rn. 4). Kann der Beamte den Anforderungen seines Amtes und denjenigen einer anderweitigen Verwendung nicht mehr voll entsprechen, unter Beibehaltung des übertragenen Amtes aber seine Dienstpflichten noch während mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen, ist er für begrenzt dienstfähig zu erklären (§ 45 Abs. 1 BBG; hierzu auch Urteil vom 30. August 2012 - BVerwG 2 C 82.10 - Buchholz 237.6 § 54 NdsLBG Nr. 3 = NVwZ-RR 2012, 928, jeweils Rn. 11).
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b) Dienstunfähig ist ein Beamter gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG, wenn er wegen des körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist.
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Der Dienstunfähigkeitsbegriff des § 44 BBG ist amtsbezogen (vgl. § 44 Abs. 2 Satz 1 BBG: "anderes Amt"). Er knüpft an den Aufgabenkreis an, der dem Inhaber des jeweiligen Statusamts bei einer bestimmten Behörde auf Dauer zugewiesen ist (Amt im abstrakt-funktionellen Sinn: Urteil vom 22. Juni 2006 - BVerwG 2 C 26.05 - BVerwGE 126, 182 = Buchholz 11 Art. 143b GG Nr. 3, jeweils Rn. 11). Beschäftigungen in diesem Funktionsbereich sind amtsangemessen (BVerfG, Beschluss vom 3. Juli 1985 - 2 BvL 16/82 - BVerfGE 70, 251 <266 f.>) und können dem Beamten jederzeit übertragen werden (Urteil vom 23. September 2004 - BVerwG 2 C 27.03 - BVerwGE 122, 53 <56 f.>). Nicht maßgebend ist dagegen, ob der Beamte auch die Aufgaben des von ihm zuletzt wahrgenommenen Dienstpostens (Amt im konkret-funktionellen Sinn) erfüllen kann (Urteil vom 26. März 2009 a.a.O. Rn. 14). Dienstunfähigkeit setzt damit voraus, dass bei der Beschäftigungsbehörde kein Dienstposten zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und gesundheitlich für ihn geeignet ist (stRspr; vgl. Urteile vom 23. September 2004 a.a.O. S. 55, vom 30. August 2012 a.a.O. Rn. 11 und vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 19).
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Bei den privatrechtlich organisierten Unternehmen der Deutschen Telekom AG gibt es keine Ämterstruktur, wie sie § 18 BBesG für Behörden vorsieht. Die Bewertung der Funktionen und die Zuordnung der Aufgabenkreise zu einem bestimmten Statusamt, die Grundlage für die Bestimmung des amtsangemessenen und damit maßgeblichen Aufgabenkreises ist (Urteil vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 49, jeweils Rn. 27; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. März 2013 - 2 BvR 2582/12 - NVwZ 2013, 1603 Rn. 19), liegt hier nicht vor. Daher müssen die in § 18 BBesG verwendeten Begriffe der Ämter und ihrer Wertigkeit an die organisatorischen Gegebenheiten der Postnachfolgeunternehmen angepasst werden. Diese Aufgabe erfüllt § 8 PostPersRG, der anordnet, dass gleichwertige Tätigkeiten bei den Aktiengesellschaften als amtsgemäße Funktionen gelten. Die Gleichwertigkeit der einem Beamten übertragenen Tätigkeit ist aufgrund eines Funktionsvergleichs mit den Tätigkeiten bei der früheren Bundespost zu beurteilen. Eine nach diesem Maßstab gleichwertige Tätigkeit gilt als amtsangemessene Beschäftigung (vgl. Urteil vom 3. März 2005 - BVerwG 2 C 11.04 - BVerwGE 123, 107 <113> = Buchholz 240 § 18 BBesG Nr. 28 S. 8).
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Welche Anforderungen an die Erfüllung der jeweiligen Dienstpflichten zu stellen sind, legt der Dienstherr in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die Leistungsfähigkeit zu messen ist (Urteile vom 25. Juli 2013 - BVerwG 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244 Rn. 12 und vom 30. Oktober 2013 - BVerwG 2 C 16.12 - BVerwGE 148, 204 Rn. 18). Er muss deshalb auch den ärztlichen Begutachtungen zugrunde gelegt werden.
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c) Bei der Dienstunfähigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der uneingeschränkten Nachprüfung der Verwaltungsgerichte unterliegt (Urteil vom 27. Juni 2013 - BVerwG 2 C 67.11 - NVwZ-RR 2013, 1007 Rn. 11). Für die Feststellung der gesundheitsbedingten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit eines Beamten kommt dem Dienstherrn kein der Kontrollbefugnis der Gerichte entzogener Beurteilungsspielraum zu (vgl. Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 24 ff. hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung; zum Erfordernis eines durch Gesetz eröffneten Beurteilungsspielraums auch BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1 <22>).
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Zur Beurteilung der Dienstfähigkeit müssen die gesundheitsbedingten Leistungsbeeinträchtigungen festgestellt und deren prognostische Entwicklung bewertet werden. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt. Dementsprechend sieht § 47 Abs. 1 Satz 1 BBG vor, dass die Einschätzung des Dienstherrn auf ein ärztliches Gutachten gestützt sein muss. Die Notwendigkeit, einen Arzt hinzuzuziehen, bedeutet aber nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für die Beurteilung der Dienstfähigkeit übertragen werden darf. Vielmehr wird der Arzt als Sachverständiger tätig, auf dessen Hilfe der Dienstherr angewiesen ist, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Der Dienstherr muss die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden (Urteile vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 11 und vom 30. Oktober 2013 a.a.O. Rn. 31 ff.). Dies gilt insbesondere für die Feststellung, welche Folgen sich aus den ärztlich festgestellten Leistungseinschränkungen für die amtsbezogenen Dienstpflichten ergeben.
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Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 BBG kann die ärztliche Untersuchung nur einem Amtsarzt oder einem Arzt, der als Gutachter zugelassen ist, übertragen werden. Welcher Arzt mit der Fertigung von Gutachten beauftragt werden kann, wird durch die oberste Dienstbehörde (oder durch eine von dieser ermächtigte nachgeordnete Behörde) bestimmt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 und 3 BBG). Durch diese generalisierende Regelung wurden die vorangegangenen Sonderregelungen zu Betriebs- und Vertrauensärzten - wie für den Bereich der Telekom in § 4 Abs. 4 PostPersRG in der Fassung des Gesetzes vom 14. September 1994 (BGBl I S. 2325 <2353>) - überflüssig (vgl. BTDrucks 14/7064, S. 49 und 54).
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Allerdings kann das Gutachten eines vom Dienstherrn ausgewählten und beauftragten Arztes der Stellungnahme eines Amtsarztes nicht gleichgestellt werden. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist wiederholt klargestellt worden, dass der medizinischen Beurteilung eines Amtsarztes unter bestimmten Voraussetzungen ein Vorrang gegenüber privatärztlichen Stellungnahmen eingeräumt werden kann (Urteile vom 9. Oktober 2002 - BVerwG 1 D 3.02 - juris Rn. 22, vom 11. Oktober 2006 - BVerwG 1 D 10.05 - Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 30 Rn. 37 und vom 12. Oktober 2006 - BVerwG 1 D 2.05 - juris Rn. 35; Beschlüsse vom 15. Februar 2010 - BVerwG 2 B 126.09 - Buchholz 232.0 § 96 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 18 und vom 26. September 2012 - BVerwG 2 B 97.11 - juris Rn. 5). Dieser eingeschränkte Vorrang im Konfliktfall findet seine Rechtfertigung in der Neutralität und Unabhängigkeit des Amtsarztes, der Beamten und Dienststelle gleichermaßen fernsteht. Entsprechendes kann für die Gutachten eines von der Beklagten ausgewählten und bezahlten Gutachters nicht angenommen werden, auch wenn dieser Arzt als Gutachter zugelassen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 1 BBG). Insoweit fehlt es sowohl an Rechtsnormen, die die Neutralität und Unabhängigkeit dieser Ärzte begründen und gewährleisten (vgl. Beschluss vom 15. Februar 2010 a.a.O. Rn. 18), als auch an der für die Annahme einer unabhängigen Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Distanz zu den Beteiligten.
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2. Von diesen Grundsätzen ist auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen. Es hat jedoch versäumt, den Maßstab für die Beurteilung der dem Kläger verbliebenen Leistungsfähigkeit, sein abstrakt-funktionelles Amt, zu bestimmen.
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Aus der Amtsbezogenheit des Begriffs der Dienstunfähigkeit folgt, dass der Gesundheitszustand des Beamten und die sich hieraus ergebenen Einschränkungen seines Leistungsvermögens in Bezug zu den Anforderungen seines Amtes gesetzt werden müssen. Dienstunfähigkeit liegt vor, wenn der Beamte voraussichtlich dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, seine dienstlichen Aufgaben zu erfüllen. Bezugspunkt dieses Aufgabenkreises ist das Amt im abstrakt-funktionellen Sinne, sodass alle Dienstposten in den Blick zu nehmen sind, die bei der Beschäftigungsbehörde in der Wertigkeit des dem Beamten übertragenen Statusamtes eingerichtet sind (Urteil vom 30. Oktober 2013 a.a.O. Rn. 30). Dienstunfähig ist der Beamte, wenn seine amtsangemessene Beschäftigung - auf irgendeinem dieser Dienstposten - aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich ist.
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Die Beurteilung der Dienstfähigkeit eines Beamten nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG setzt damit die Bestimmung der amtsangemessenen Beschäftigungsmöglichkeiten voraus. Nur so kann geprüft und festgestellt werden, ob ein Dienstposten - oder im Falle eines Postnachfolgeunternehmens eine Tätigkeit - zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und auch gesundheitlich für ihn geeignet ist. Welche Tätigkeiten bei dem Unternehmen, dem der Kläger nach § 4 Abs. 4 PostPersRG zugewiesen ist, als gleichwertig mit dem Funktionsbereich eines Fernmeldebetriebsinspektors der früheren Bundespost erachtet werden können (vgl. § 8 PostPersRG), hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt.
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Hierzu hätte zunächst ermittelt werden müssen, welcher mögliche Aufgabenkreis für den Kläger in der ihn betreffenden Zuweisungsverfügung festgelegt worden ist. Dieser umschreibt - wie bei einem abstrakt-funktionellen Amt - den Kreis der bei dem Tochterunternehmen möglichen amtsangemessenen Tätigkeiten. Bei einer dauerhaften Zuweisung nach § 4 Abs. 4 Satz 2 PostPersRG müssen sowohl der mögliche als auch der konkret zu erfüllende Aufgabenbereich in der Zuweisungsverfügung festgelegt werden (Beschluss vom 3. April 2014 - BVerwG 2 B 70.12 - IÖD 2014, 124 <127>). Nur so kann der hergebrachte Grundsatz amtsangemessener Beschäftigung auch nach Überleitung zu einem Postnachfolgeunternehmen gewährleistet werden (Urteil vom 22. Juni 2006 - BVerwG 2 C 26.05 - BVerwGE 126, 182 = Buchholz 11 Art. 143b GG Nr. 3, jeweils Rn. 13 ff.).
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Bei einer Zuweisung zu der Personalserviceagentur Vivento ist den Betroffenen nach den Erkenntnissen des erkennenden Senats jedenfalls in der Vergangenheit ein Aufgabenbereich nicht zugewiesen worden (vgl. Urteile vom 22. Juni 2006 a.a.O. Rn. 23 ff., vom 18. September 2008 - BVerwG 2 C 126.07 - BVerwGE 132, 40 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 99, jeweils Rn. 11 ff. und vom 25. Juni 2009 - BVerwG 2 C 68.08 - Buchholz 232.0 § 46 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 20). Aufgrund dieses, mit Art. 33 Abs. 5 GG und den Vorgaben des Postpersonalrechtsgesetzes nicht in Einklang stehenden Fehlens einer amtsangemessenen Beschäftigung hat der erkennende Senat deshalb auch die Verpflichtung der Deutschen Telekom AG ausgesprochen, Beamte auf entsprechenden Antrag von Vivento "wegzuversetzen" (Urteil vom 18. September 2008 a.a.O. Rn. 13). Die Bestimmung der amtsangemessenen Beschäftigungsmöglichkeiten im Falle der Zuweisung eines Beamten zur Personalserviceagentur Vivento im maßgeblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung bereitet daher Schwierigkeiten.
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3. Dass das Oberverwaltungsgericht es versäumt hat, den maßgeblichen rechtlichen Maßstab in der gebotenen Weise näher zu bestimmen, also den Gesundheitszustand des Klägers in Bezug zu den Anforderungen eines ihm bei Vivento zugewiesenen Aufgabenbereichs zu setzen, ist jedoch im konkreten Fall unschädlich. Denn der Kläger war zum Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchs aus gesundheitlichen Gründen generell nicht in der Lage, Dienst zu leisten.
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a) Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts - und den gemäß § 130b Satz 1 VwGO in Bezug genommenen Ausführungen des Verwaltungsgerichts - verfügte der Kläger über keinerlei Restleistungsvermögen und konnte daher überhaupt keine berufliche Tätigkeit mehr ausüben. In sämtlichen zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids vorliegenden ärztlichen Gutachten und Stellungnahmen hatte es selbst an Ansatzpunkten für eine wenigstens teilweise vorhandene Leistungsfähigkeit des Klägers im Bereich seines abstrakt-funktionellen Amtes sowie für anderweitige Verwendungen gefehlt.
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Diese Feststellungen sind vom Kläger nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen worden und daher auch für die Beurteilung des Revisionsgerichts bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO).
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Zwar hat der Kläger geltend gemacht, das Oberverwaltungsgericht habe dadurch gegen seine Aufklärungspflicht verstoßen, dass es weitere Maßnahmen zur Erforschung der Ursache des ermittelten Krankheitsbildes unterlassen habe. Bei zutreffender Beweiserhebung hätte sich ein direkter Zusammenhang zwischen "der vom Kläger durchlebten und für ihn frustrierenden beruflichen Phase" und seinem Gesundheitszustand ergeben. Diese Rüge ist indes nicht begründet.
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Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat das Gericht den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Fehlt dem Gericht die hierfür erforderliche Sachkunde, muss es sachverständige Hilfe in Anspruch nehmen. Kommt es maßgeblich auf den Gesundheitszustand eines Menschen an, ist daher regelmäßig die Inanspruchnahme ärztlicher Fachkunde erforderlich. Für die hier entscheidungserheblichen medizinischen Fachfragen gibt es keine eigene, nicht durch entsprechende medizinische Sachverständigengutachten vermittelte Sachkunde des Richters (Beschluss vom 26. September 2012 - BVerwG 2 B 97.11 - juris Rn 4 m.w.N.). Das Gericht kann hierfür ein im Verwaltungsverfahren erstelltes ärztliches Gutachten heranziehen. Demgemäß hat das Oberverwaltungsgericht seine Feststellungen zum gesundheitlichen Zustand des Klägers und der hieraus folgenden Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit auf die Stellungnahme des von der Beklagten nach § 48 Abs. 1 BBG beauftragten Gutachters sowie die Atteste des Hausarztes des Klägers gestützt.
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Über die Einholung eines weiteren Gutachtens entscheidet das Gericht nach seinem Ermessen (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO). Die unterlassene Einholung zusätzlicher Gutachten kann deshalb nur dann verfahrensfehlerhaft sein, wenn die vorliegenden Gutachten ihren Zweck nicht zu erfüllen vermögen, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die Bildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. Liegen dem Gericht bereits sachverständige Äußerungen zu einem Beweisthema vor, muss es ein zusätzliches Gutachten nur einholen, wenn die vorhandene Stellungnahme von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, inhaltliche Widersprüche oder fachliche Mängel aufweist oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters besteht (Beschlüsse vom 29. Mai 2009 - BVerwG 2 B 3.09 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 5 Rn. 7 und vom 25. Feb-ruar 2013 - BVerwG 2 B 57.12 - juris Rn. 5).
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Das Vorliegen eines solchen Mangels zeigt die Rüge nicht auf. Der Kläger hat die nunmehr vermisste Sachverhaltsaufklärung ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht (§ 105 VwGO i.V.m. § 160 Abs. 2 und § 165 ZPO) weder im Verfahren vor dem Tatsachengericht beantragt noch ist dargelegt, dass sich dem Oberverwaltungsgericht weitere Ermittlungen zu der bezeichneten Frage auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. zum Darlegungserfordernis Beschlüsse vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 26 S. 14 f. sowie zuletzt vom 31. Januar 2014 - BVerwG 2 B 88.13 - juris Rn. 5).
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Die ärztlichen Befundberichte des Facharztes Dr. T., auf die in der Rüge Bezug genommen wird, sind vielmehr weder der Beklagten im Verwaltungsverfahren noch den Tatsachengerichten vorgelegt worden. Der Kläger hat im Klageverfahren zwar umfangreich zu seiner Erkrankung vorgetragen und auch nachträglich erstellte Gutachten vorgelegt, wie etwa das Attest seines Hausarztes Dr. S. vom 31. März 2010; eine Behandlung oder Begutachtung durch den Facharzt Dr. T. hat er jedoch nicht erwähnt. Die Existenz der fachärztlichen Bescheinigungen aus den Jahren 2007 und 2008 ist vielmehr erstmals im Rahmen der Begründung des Antrags auf Zulassung der Revision offenbart worden. Die Erkenntnisse aus den Gutachten konnten folglich weder von der Beklagten bei ihrer Entscheidung berücksichtigt werden noch konnten sie dem Oberverwaltungsgericht Anlass für weitere Aufklärungsmaßnahmen geben. Auf die weitere Frage, ob die Ermittlung der Krankheitsursache entscheidungserheblich gewesen wäre, kommt es daher nicht an.
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b) Die Feststellung der amtsbezogenen Anforderungen ist indes entbehrlich, wenn der Beamte auf absehbare Zeit keinerlei Dienst leisten kann (Summer, in: GKÖD, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Teil 2c, Stand: Mai 2014, L § 44 Rn. 6 und 16; zur Unfähigkeit "jedweder Beschäftigung" auch BAG, Urteil vom 23. April 2008 - 2 AZR 1012/06 - NZA-RR 2008, 515 Rn. 32). Kann der Beamte gar nicht auf der Dienststelle erscheinen, weil er generell arbeits- und dienstunfähig ist, kommt es auf die konkreten Anforderungen der in Betracht kommenden Tätigkeitsfelder nicht mehr an.
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Entsprechendes gilt für die aus § 44 Abs. 3 BBG folgende Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung. Auch diese besteht im Einzelfall nicht, wenn ihr Zweck von vornherein nicht erreicht werden kann. Dies ist anzunehmen, wenn die Erkrankung des Beamten von solcher Art oder Schwere ist, dass dieser für sämtliche Dienstposten der betreffenden oder einer anderen Laufbahn, in die der Beamte wechseln könnte, ersichtlich gesundheitlich ungeeignet ist (Urteil vom 30. Oktober 2013 - BVerwG 2 C 16.12 - BVerwGE 148, 204 Rn. 40).
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4. Die angefochtene Verfügung ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil kein betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX durchgeführt wurde.
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Nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX klärt der Arbeitgeber, wenn Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind, mit der zuständigen Interessenvertretung, ggf. der Schwerbehindertenvertretung und der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement).
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a) Die Vorschrift findet auch auf Beamte Anwendung (ebenso Beschluss vom 4. September 2012 - BVerwG 6 P 5.11 - BVerwGE 144, 156 = Buchholz 251.7 § 65 NWPersVG Nr. 3, jeweils Rn. 12).
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Nach § 68 Abs. 1 SGB IX gelten die Regelungen aus Teil 2 des SGB IX für schwerbehinderte und diesen gleichgestellte behinderte Menschen; eine Ausnahme für Beamte ist nicht vorgesehen. Grundsätzlich richten sich die besonderen Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen aber auch an öffentliche Arbeitgeber (§ 71 Abs. 1 Satz 1 SGB IX), bei denen Beamte beschäftigt werden (§ 73 Abs. 1 SGB IX). Anderes folgt auch nicht aus dem Regelungsgehalt des § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX selbst. Die Norm gilt zwar trotz ihrer systematischen Stellung in Teil 2 des SGB IX auch für nicht behinderte Beschäftigte (BAG, Urteil vom 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - BAGE 123, 234 Rn. 35), sie enthält indes keine Einschränkungen für Beamte. Dementsprechend nimmt § 93 Satz 2 SGB IX auch auf Personal-, Richter-, Staatsanwalts- und Präsidialräte Bezug.
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§ 84 Abs. 2 SGB IX kann auch systematisch in Einklang mit den bestehenden Vorschriften zur Dienstunfähigkeit von Beamten gebracht werden. Die Verfahren stehen in den Fällen krankheitsbedingter Fehlzeiten in einem zeitlich gestaffelten Stufenverhältnis zueinander. Während das betriebliche Eingliederungsmanagement als frühzeitiges Instrumentarium auf die Wiederherstellung und dauerhafte Sicherung der Beschäftigungsmöglichkeit und damit auf die Vermeidung einer Dienstunfähigkeit zielt, knüpft das dienstrechtliche Instrumentarium an eine gesundheitsbedingte Dienstunfähigkeit an.
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Voraussetzung für die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX sind krankheitsbedingte Fehlzeiten von mehr als sechs Wochen innerhalb eines Jahres. Der Mechanismus greift daher oftmals früher als das dienstrechtliche Instrumentarium (vgl. z.B. § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG) und unabhängig davon, ob aus den Fehlzeiten auf eine mögliche Dienstunfähigkeit geschlossen werden kann (vgl. zu diesem Erfordernis Urteil vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 27). Auch die sich aus dem betrieblichen Eingliederungsmanagement ergebenen Reaktionsmöglichkeiten sind nicht auf den amtsbezogenen Dienstfähigkeitsbegriff ausgerichtet und umfassen damit auch "niederschwelligere" Vorfeldmaßnahmen, wie etwa den Einsatz von technischen Hilfsmitteln, die Anpassung des Arbeitsgeräts, die Umgestaltung des Arbeitsplatzes, die Verteilung von Arbeitszeiten oder Umsetzungen. Der Sache nach erfordert das betriebliche Eingliederungsmanagement eine Analyse der bestehenden Arbeitsbedingungen im Hinblick auf die gesundheitlichen Einschränkungen des Beschäftigten, um Möglichkeiten einer leidensgerechten Anpassung des konkreten Arbeitsplatzes auszuloten. Bezugspunkt der Dienstfähigkeit einer Beamtin oder eines Beamten dagegen ist das jeweilige abstrakt-funktionelle Amt.
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Können auch mit Hilfe des durch § 84 Abs. 2 SGB IX vorgegebenen Suchprozesses alternative Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten nicht aufgezeigt werden, liegen ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die ernsthafte Besorgnis einer Dienstunfähigkeit vor (vgl. zum arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzverfahren auch BAG, Urteil vom 10. Dezember 2009 - 2 AZR 400/08 - NZA 2010, 398 Rn. 24, dort sogar zur Präklusionswirkung des erfolglos durchgeführten betrieblichen Eingliederungsmanagements). Dem präventiv ausgerichteten betrieblichen Eingliederungsmanagement schließt sich ein dienstrechtliches Verfahren an, das die Prüfung der Dienstunfähigkeit in den Blick nimmt und - als ultima ratio - zur Versetzung in den Ruhestand führen kann.
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Diese zeitliche Staffelung entspricht auch dem Übergang des vom Freiwilligkeitsprinzip gekennzeichneten betrieblichen Eingliederungsmanagements auf das dienstrechtliche Verfahren, mit der dort bestehenden Möglichkeit, den Beamten zur Durchführung einer ärztlichen Untersuchung anzuweisen. Der Gesetzgeber hat die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements in § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX an die Zustimmung des Betroffenen geknüpft. Dem liegt die Überzeugung zugrunde, dass Wiedereingliederungsbemühungen ohne oder gar gegen den Willen des Betroffenen von vornherein zum Scheitern verurteilt sind (Beschluss vom 23. Juni 2010 - BVerwG 6 P 8.09 - BVerwGE 137, 148 = Buchholz 251.2 § 73 BlnPersVG Nr. 1, jeweils Rn. 40). In praktischer Hinsicht ergibt sich dies schon daraus, dass ohne Kenntnis der Krankheitsursachen und der einzelnen Krankheitswirkungen die vorgesehene Klärung alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten nicht erfolgen kann.
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Das dienstrechtliche Verfahren dagegen setzt eine Einwilligung des Betroffenen nicht voraus. Bestehen Zweifel an der Dienstfähigkeit eines Beamten, sind diese von der Behörde - schon im Interesse der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung - aufzuklären. Hierzu hat sich der Beamte gemäß § 44 Abs. 6 BBG nach Weisung auch ärztlich untersuchen zu lassen. Weigert sich der Beamte einer ordnungsgemäßen Untersuchungsanordnung (vgl. zu den hierfür bestehenden Anforderungen Urteil vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 18 ff.) Folge zu leisten, kann die Verweigerung nach dem aus § 444 ZPO abgeleiteten allgemeinen Rechtsgrundsatz zum Nachteil des betroffenen Beamten gewertet werden. Danach kann im Rahmen freier Beweiswürdigung auf die Dienstunfähigkeit geschlossen werden, wenn der Beamte durch sein Verhalten die Feststellung seines Gesundheitszustandes bewusst verhindert (Urteil vom 26. April 2012 - BVerwG 2 C 17.10 - Buchholz 237.6 § 226 NdsLBG Nr. 1 Rn. 12).
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Das betriebliche Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 SGB IX kann daher als Ausdruck und Konkretisierung der Fürsorgepflicht verstanden werden, mit dem ein "gesetzlich verankertes Frühwarnsystem" (Ritz/Schian, in: Cramer/Fuchs/Hirsch/Ritz, SGB IX, 6. Aufl. 2011, § 84 Rn. 24) etabliert wird. Der Dienstherr muss bereits zu einem frühen Zeitpunkt, überwacht und unterstützt durch den Personalrat und ggf. die Schwerbehindertenvertretung, die Initiative ergreifen und ein gesetzlich vorgegebenes Suchverfahren zur Überwindung der bestehenden Probleme anbieten. Kann damit keine Verbesserung erzielt werden, schließt sich ein dienstrechtliches Verfahren mit dem dort vorgesehenen Instrumentarium an. Der Beamte hat sich dann ggf. auch einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen.
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b) Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements ist aber keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für den Erlass einer Verfügung, mit der ein Beamter wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt wird.
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§ 84 Abs. 2 SGB IX regelt die Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die Verpflichtung zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nicht. Insbesondere ist das Verfahren nach § 84 Abs. 2 SGB IX - anders als die Zustimmung des Integrationsamts in § 85 SGB IX - nicht als Wirksamkeitsvoraussetzung einer arbeitsrechtlichen Kündigung ausgestaltet (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - BAGE 123, 234 Rn. 36). Ein Unterlassen führt daher auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes nicht zur Rechtswidrigkeit einer Kündigung, sondern lediglich zur Verschiebung der Darlegungs- und Beweislastverteilung in einem hierauf bezogenen Gerichtsverfahren (vgl. BAG, Urteile vom 23. April 2008 - 2 AZR 1012/06 - NZA-RR 2008, 515 Rn. 27, vom 10. Dezember 2009 a.a.O. Rn. 17 ff., vom 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - BAGE 135, 361 Rn. 14 und vom 24. März 2011 - 2 AZR 170/10 - NZA 2011, 993 Rn. 25).
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Diese Einschätzung gilt für das öffentliche Dienstrecht erst recht. Die Annahme einer zwingenden Rechtswidrigkeitsfolge der Ruhestandsversetzung im Falle eines unterbliebenen betrieblichen Eingliederungsmanagements ist mit dem Regelungssystem des Bundesbeamtengesetzes nicht in Einklang zu bringen. Ist ein Beamter wegen seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung der Dienstpflichten des ihm zuletzt übertragenen Amtes im abstrakt-funktionellen Sinn als dauernd unfähig anzusehen und kommt auch eine anderweitige oder zeitlich begrenzte Verwendung des Beamten nicht in Betracht, so ist er in den Ruhestand zu versetzen (§ 44 Abs. 1 Satz 1 BBG). Diese gesetzliche Anordnung steht nicht unter dem Vorbehalt, dass zuvor ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt worden ist; vielmehr ist im Falle der genannten Voraussetzungen für die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements kein Raum mehr. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt vor, sind abweichende Entscheidungen auch dann nicht mehr denkbar, wenn die Möglichkeiten der präventiven Wiedereingliederung nach § 84 Abs. 2 SGB IX versäumt worden sind.
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Die in § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX enthaltene Verpflichtung ist auch kein Bestandteil des auf den Erlass einer Ruhestandsversetzung gerichteten Verwaltungsverfahrens (vgl. § 9 VwVfG). Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements ist bereits förmlich nicht als Verfahrensschritt eines Verfahrens nach § 44 ff. BBG ausgestaltet, das gesetzliche Regelungsgefüge sieht eine Verzahnung der jeweiligen Verfahren nicht vor. Das betriebliche Eingliederungsmanagement ist auch nicht auf den Abschluss eines Zurruhesetzungsverfahrens gerichtet; es dient vielmehr dazu, bereits den Eintritt einer Dienstunfähigkeit und damit den materiellen Anknüpfungspunkt entsprechender Verfahren zu vermeiden. Schließlich knüpft das betriebliche Eingliederungsmanagement materiell an andere Voraussetzungen an als § 44 Abs. 1 BBG. Die Anordnung in § 84 Abs. 2 SGB IX und das Dienstunfähigkeitsverfahren sind jeweils eigenständige Verfahren, die in rechtlicher Hinsicht nicht verknüpft sind.
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Der Verstoß gegen die aus § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX folgende Verpflichtung des Dienstherrn, ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen oder jedenfalls anzubieten, kann daher nur mittelbare Folgen für das Zurruhesetzungsverfahren eines Beamten wegen dauernder Dienstunfähigkeit entfalten (ähnlich auch BGH, Urteil des Dienstgerichts des Bundes vom 20. Dezember 2006 - RiZ (R) 2/06 - NVwZ-RR 2007, 328 zu § 84 Abs. 1 SGB IX).
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Dies gilt insbesondere für die Einleitung des Verfahrens. Bereits die Anordnung, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, setzt substanzielle Zweifel an der dauernden Dienstfähigkeit des Beamten voraus. Der Dienstherr ist nur dann zu einer Untersuchungsaufforderung berechtigt, wenn tatsächliche Umstände gegeben sind, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der betroffene Beamte sei dienstunfähig (Urteile vom 26. April 2012 - BVerwG 2 C 17.10 - Buchholz 237.6 § 226 NdsLBG Nr. 1 Rn. 19 und vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 19). Diese liegen nach ordnungsgemäßer, aber erfolgloser Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements regelmäßig vor. Unterlässt der Dienstherr dagegen die ihm gemäß § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX obliegende Verpflichtung, muss er die Begründung einer Untersuchungsanordnung auf anderweitige, ausreichende Tatsachenfeststellungen stützen.
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Entsprechendes gilt im Hinblick auf den Ausschluss einer anderweitigen Verwendbarkeit (§ 44 Abs. 1 Satz 3 BBG). Auch diese Voraussetzung einer Versetzung in den Ruhestand prüft das Verwaltungsgericht im Streitfall gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO von Amts wegen; kann sie nicht festgestellt werden, hat die Verfügung keinen Bestand. Dabei ist es Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten die Vorgaben des § 44 Abs. 3 BBG beachtet hat. Denn es geht um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind. Daher geht es zulasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat (Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25, jeweils Rn. 30). Auch insoweit entlastet es den Dienstherrn hinsichtlich des Bereichs der betroffenen Dienststelle, wenn auch die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements keine alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten aufzuzeigen vermocht hat.
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c) Der angefochtenen Verfügung haften auch keine sonstigen Verfahrensfehler an.
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Der Kläger ist ordnungsgemäß angehört und auf die beabsichtige Versetzung in den Ruhestand hingewiesen worden. § 47 Abs. 1 BBG enthält insoweit keine Einschränkung auf den unmittelbaren Dienstvorgesetzten; Dienstvorgesetzter ist auch der Vorstand der Telekom AG (§ 1 Abs. 2 PostPersRG).
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Eine Beteiligung des Betriebsrats war nicht erforderlich. Nach § 24 Abs. 1, § 28 Abs. 1 Satz 1, § 29 Abs. 5 Satz 1 PostPersRG i.V.m. § 78 Abs. 1 Nr. 5 BPersVG wirkt der Personalrat bei einer Versetzung in den Ruhestand zwar mit; er wird aber nur auf Antrag des Beschäftigten beteiligt (§ 29 Abs. 5 Satz 2 PostPersRG i.V.m. § 78 Abs. 2 Satz 2 BPersVG). Einen entsprechenden Antrag hat der Kläger nicht gestellt, obwohl er von der Beklagten auf diese Möglichkeit ausdrücklich hingewiesen worden ist (vgl. hierzu Urteil vom 9. Dezember 1999 - BVerwG 2 C 4.99 - BVerwGE 110, 173 <177> = Buchholz 232 § 35 BBG Nr. 4 S. 3).
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Die Beklagte hat auch ordnungsgemäß über die vom Kläger erhobenen Einwendungen befunden. Nach § 47 Abs. 2 Satz 2 BBG entscheidet die für die Ernennung zuständige Behörde im Einvernehmen mit der obersten Dienstbehörde über die Einwendungen, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 PostPersRG ernennt und entlässt das Bundesministerium der Finanzen die bei den Aktiengesellschaften beschäftigten Beamten der Bundesbesoldungsordnung A; es kann diese Befugnis nach Satz 3 auf den Vorstand (und andere) übertragen. Von dieser Übertragungsmöglichkeit ist durch Abschnitt II der Anordnung zur Übertragung dienstrechtlicher Zuständigkeiten für den Bereich der Deutschen Telekom AG vom 17. Dezember 2003 (BGBl I S. 2919; geändert durch Anordnung vom 21. Dezember 2005, BGBl I S. 3727) Gebrauch gemacht worden. Der Vorstand der Deutschen Telekom AG war daher im maßgeblichen Zeitpunkt zur Entscheidung berufen.
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Anstelle des Einvernehmens der obersten Dienstbehörde, deren Befugnisse der Vorstand der Deutschen Telekom AG selbst wahrnimmt (§ 1 Abs. 2 PostPersRG), sehen § 1 Abs. 6 Satz 1 PostPersRG, § 3 Abs. 1 Nr. 5 und § 16 BAPostG eine Rechtmäßigkeitsprüfung durch die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost vor. Diese hat stattgefunden, dabei sind keine Einwände erhoben worden.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
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einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel entgegen den §§ 520 und 521 Abs. 2 nicht rechtzeitig vorgebracht, so gilt § 296 Abs. 1 und 4 entsprechend.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)