Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 25. Mai 2016 - I-18 U 68/15
Gericht
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 30.03.2015 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal (3 O 462/13) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen
1
I.
2Der Kläger begehrt von den Beklagten, einer Anwaltssozietät und ihren Mitgliedern, Schadensersatz und Schmerzensgeld für angebliche anwaltliche Pflichtverletzungen im Rahmen eines kurzzeitigen Mandatsverhältnisses im Zusammenhang mit seiner Zurruhesetzung als Feuerwehrmann.
3Der 1963 geborene Kläger war seit 1990 als Feuerwehrmann bei der Stadt L... beschäftigt, zuletzt als Brandmeister (Besoldungsgruppe A7). In dieser Funktion war ihm ein uneingeschränkter Einsatz zuletzt nicht mehr möglich. Einen ihm ersatzweise angebotenen Einsatz in der Pulverwerkstatt für Feuerlöscher und Fahrzeugpflege lehnte der Kläger als unzumutbar ab. Seit dem 22.12.2008 ist der Kläger als Schwerbehinderter mit einem Behinderungsgrad von 60 % anerkannt.
4Mit Bescheid vom 17.12.2009 versetzte die Stadt L... den Kläger wegen Dienstunfähigkeit zum 01.01.2010 in den Ruhestand. Wegen der Einzelheiten der Begründung, die sich unter anderem auf die erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers sowie auf deutliche Anhaltspunkte für das Vorliegen von psychischen Störungen und Defiziten der Persönlichkeitsstruktur stützt, wird auf die bei der Akte befindliche Ablichtung des Bescheids (Anlage B1) Bezug genommen. Seit seiner Zurruhesetzung bezieht der Kläger ein verringertes Ruhestandsgehalt.
5Mit Schreiben vom 21.01.2010 entpflichtete der Kläger seinen damaligen Verfahrensbevollmächtigten, Rechtsanwalt D..., von der Wahrnehmung seiner Interessen. Wenige Tage später, mit einem Schreiben vom 26.01.2010 (Anlage B13), lud die Fürsorgestelle für Schwerbehinderte der Stadt L... den Kläger persönlich, Rechtsanwalt D..., den Arbeitgeber des Klägers, den Personalrat und die Schwerbehindertenvertretung für den 06.02.2010 zum Präventionsgespräch nach § 84 SGB IX ein. Wegen des Anwaltswechsels – Rechtsanwalt D... bestätigte dem Kläger die Mandatsbeendigung mit Schreiben vom 26.01.2010 (Anlage B14) – wurde der Termin zunächst verschoben. Nach einer Besprechung mit dem Beklagten zu 2. mandatierte der Kläger diesen mit einem Schreiben vom 30.03.2010 mit der Vertretung in einem gerichtlichen Verfahren. Wegen der Einzelheiten des Mandatierungsschreibens wird auf die bei der Akte befindliche Ablichtung (Anlage B14a) Bezug genommen.
6Das Gespräch nach § 84 SGB IX, zu dem der Kläger eingeladen worden war, fand am 03.03.2010 statt. Der Beklagte zu 2. nahm daran nicht teil, wobei die Gründe hierfür zwischen den Parteien streitig sind. Die Stadt L... änderte ihre Entscheidung, den Kläger in den Ruhestand zu versetzen, auch nach dem Gespräch vom 03.03.2010 nicht.
7Mit einem Schriftsatz vom 15.04.2010 nahm der Beklagte zu 2. im Anfechtungsverfahren vor dem Verwaltungsgericht Köln Stellung und wies unter anderem auf die fehlerhafte Nichtdurchführung des betrieblichen Wiedereingliederungsmanagements (BEM) hin. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schriftsatzes wird auf die bei der Akte befindliche Ablichtung (Anlage B15) verwiesen.
8Das Verwaltungsgericht Köln ordnete mit Beschluss vom 15.04.2011 (Anlage B18) eine Beweisaufnahme über die Frage der Dienstunfähigkeit des Klägers zum Zeitpunkt der Zurruhesetzungsentscheidung an. Mit einem Schreiben vom 01.12.2011 (Anlage B16) ließ der Kläger dem Verwaltungsgericht durch den Beklagten zu 2. mitteilen, dass er seine behandelnden Ärzte vorerst nicht von der ärztlichen Schweigepflicht entbinden werde. Vor Eingang des Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen Dr. M... beim Verwaltungsgericht endete das Mandatsverhältnis zwischen dem Kläger und den Beklagten.
9Das Verfahren des Klägers vor dem Verwaltungsgericht Köln endete am 19.04.2013 mit einem klageabweisenden Urteil, ohne dass hiergegen die Berufung zugelassen wurde. Wegen der Einzelheiten der Entscheidung wird auf die beigezogene verwaltungsgerichtliche Akte VG Köln, 19 K 373/10, verwiesen. Den Antrag des Klägers, gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil die Berufung zuzulassen, hat das Oberverwaltungsgericht Münster mit Beschluss vom 28.07.2014 – 6 A 1311/13 – abgelehnt. Für die Einzelheiten dieser Entscheidung wird auf die beigezogene verwaltungsgerichtliche Verfahrensakte verwiesen.
10Der Kläger möchte von den Beklagten als Gesamtschuldnern in bezifferter Form für den Zeitraum Januar 2010 bis Dezember 2013 Schadensersatz für die Einkommensdifferenz zwischen seinem früheren regulären Gehalt und den Ruhestandsbezügen. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die Seiten 7 und 8 der Klageschrift (Bl. 27-28 GA) Bezug genommen. Der Kläger begehrt ferner ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 5.000,- € sowie die Feststellung zukünftiger Ersatzpflicht.
11Der Kläger hat behauptet, der Beklagte zu 2. habe im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht weder die fehlende Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten noch das nicht rechtzeitig eingeleitete BEM-Verfahren in dem gebotenen Maße gerügt. Auch sei der medizinische Sachverhalt vom Beklagten zu 2. nicht sorgfältig aufbereitet worden. Wären die formellen Mängel des Zurruhesetzungsbescheids im gebotenen Maße gerügt worden, so wäre der Bescheid aufgehoben worden und er, der Kläger, würde im Dienst der Stadt L... weiterhin sein volles Gehalt beziehen. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der Beklagte zu 2. habe seine Pflichten auch in dem Präventionsverfahren verletzt. Er habe es pflichtwidrig unterlassen, ihn, den Kläger, zu dem Termin am 03.03.2010 zu begleiten und ein Attest des Unfallchirurgen Dr. K... (Anlage K1, Bl. 30 GA) vorzulegen. Der Kläger hat behauptet, er leide wegen der unterbliebenen Gesprächsbegleitung seit dem 03.03.2010 unter nachhaltigen Gesundheitsstörungen.
12Der Kläger hat beantragt,
131. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 61.368,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
142. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit,
153. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm sämtliche weitere zukünftige materielle und im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht vorhersehbare immaterielle Schäden zu ersetzen, welche ihm aufgrund der nicht sachgemäßen anwaltlichen Vertretung durch die Beklagten im Rahmen der Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht Köln (Az.: 19 K 373/10 entstanden sind und noch entstehen werden,
164. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm sämtliche weitere zukünftige materielle und im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht vorhersehbare immaterielle Schäden zu ersetzen, welche ihm aufgrund der nicht sachgemäßen anwaltlichen Vertretung durch die Beklagten im Präventionsverfahren nach § 84 SGB IX, insbesondere der Nichtbegleitung durch den Beklagten zu 2. im Termin vom 03.03.2010 in die Fürsorgestelle der Stadt L..., entstanden sind und noch entstehen werden.
17Die Beklagten haben beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Die Beklagten haben behauptet, es sei mit dem Kläger abgesprochen gewesen, dass er den Termin am 03.03.2010 alleine wahrnimmt, weil sich der Beklagte zu 2. nicht mehr so kurzfristig in die Vorgeschichte habe einarbeiten können. Zudem seien sich der Kläger und der Beklagte zu 2. einig gewesen, dass die formale Durchführung des Präventionsverfahrens an der Entscheidung der Stadt L... nichts mehr ändern würde. Sie seien sich auch einig gewesen, dass die Vertreter aus dem Bereich Schwerbehinderung und Personalrat die wesentliche Stütze des Klägers sein mussten, die Begleitung des Klägers durch einen neuen Anwalt das Gespräch hingegen nur würde belasten können.
20Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 30.03.2015, auf das wegen der weiteren Sachdarstellung gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger nicht dargelegt habe, dass bei Teilnahme des Beklagten zu 2. an dem Gespräch vom 03.03.2010 eine Wiedereingliederung des Klägers mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit versucht worden wäre. Auch habe der Kläger nicht ausreichend substantiiert vorgetragen, welcher körperliche oder seelische Schaden ihm durch die Nichtbegleitung im Termin entstanden sei. Im Hinblick auf den weiteren Vorwurf des Klägers, im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Köln unsachgemäß vertreten worden zu sein, fehle es teils an einer Pflichtverletzung, teils an der notwendigen Kausalität für einen etwaigen Schadenseintritt. Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 114-123 GA) Bezug genommen.
21Gegen das ihm am 31.03.2015 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit der am 24.04.2015 bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf eingegangenen Berufung, die er nach wiederholter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist, zuletzt bis zum 08.07.2015, mit einem am 08.07.2015 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
22Der Kläger rügt das landgerichtliche Urteil als fehlerhaft. Der Termin vom 03.03.2010 sei für ihn entgegen der Annahme des Landgerichts entscheidend gewesen. Bei anwaltlicher Vertretung hätte mit der Stadt L... mit Sicherheit eine Vereinbarung über die Durchführung von Rückkehr- und Fehlzeitengesprächen bestimmt werden können. Die Vorlage der Bescheinigung von Dr. K... hätte mit Sicherheit dazu geführt, dass die Wiedereingliederung versucht worden wäre. Die Zwangspensionierung hätte vermieden bzw. rückgängig gemacht werden können. Im gerichtlichen Verfahren hätte der Beklagte zu 2. darauf hinwirken müssen, dass nicht Dr. M... mit der Begutachtung beauftragt wird. Dessen Gutachten sei grob fehlerhaft und als Entscheidungsgrundlage nicht geeignet gewesen. Es hätte vom Beklagten zu 2. beizeiten und richtig angegriffen werden müssen. Das Verwaltungsgericht hätte einen anderen Gutachter beauftragen müssen, mit dem er, der Kläger, zusammenzuarbeiten bereit gewesen wäre. Bei ordnungsgemäßer Aufarbeitung des medizinischen Sachverhalts durch den Beklagten zu 2. wäre der Nachweis gelungen, dass er, der Kläger, im Innendienst vollschichtig dienstfähig war. Erstmals behauptet der Kläger, dass die Stadt L... damit gerechnet habe, dass er einen Einsatz in der Pulverwerkstatt ablehnen würde. Die Stadt habe ihn schon länger loswerden wollen.
23Der Kläger beantragt,
24das Urteil des Landgerichts Wuppertal – 3 O 462/13 – vom 30.03.2015 abzuändern und die Klage nach den erstinstanzlich gestellten Anträgen zuzusprechen.
25Die Beklagten beantragen,
26die Berufung zurückzuweisen.
27Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil als zutreffend. Pflichtverletzungen der Beklagten seien vom Kläger weder substantiiert dargelegt worden, noch sonst ersichtlich. Etwaige Pflichtverletzungen seien für die Zurruhesetzung des Klägers jedenfalls nicht ursächlich geworden. Soweit der Kläger mit der Berufung erstmals geltend mache, der Beklagte zu 2. habe sich gegen eine Beauftragung des Gutachters Dr. M... wenden müssen, verkenne der Kläger angesichts der beschränkten Dauer des Mandatsverhältnisses die zeitlichen Zusammenhänge. Während der Dauer des Mandatsverhältnisses habe der Kläger keine relevanten Bedenken gegen Dr. M... geäußert.
28Mit einem Schriftsatz vom 19.04.2016, von dem die Beklagtenvertreterin im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 27.04.2016 eine Kopie erhalten hat, behauptet der Kläger erstmals, dass der Beklagte zu 2. darüber informiert gewesen sei, dass er sich zum Zeitpunkt der Zurruhesetzung in ambulanter Psychotherapie befunden habe.
29Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger für seine Behauptungen zur Kenntnis des Beklagten zu 2. von der ambulanten Psychotherapie sowie zur Begleitung im Termin vom 03.03.2010 Beweis durch Parteivernehmung des Beklagten zu 2. angetreten.
30Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf das Sitzungsprotokoll vom 27.04.2016, die Berufungsbegründung des Klägers vom 06.07.2015 (Bl. 172-178 GA) und seinen Schriftsatz vom 19.04.2016 (Bl. 287-290 GA) sowie die Berufungserwiderung der Beklagten vom 22.12.2015 (Bl. 218-222 GA) und ihren nachgelassenen Schriftsatz vom 03.05.2016 (Bl. 301-302 GA) Bezug genommen.
31Der Senat hat die Akte des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens VG Köln, 19 K 373/10, mit ihren Beiakten, Az. 19 K 1176/07 und 19 K 4848/09 des VG Köln, beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
32II.
33Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung, noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Wie das Landgericht zutreffend entschieden hat, ist die Klage unbegründet. Dem Kläger stehen gegen die Beklagten keine Ansprüche zu. Schadensursächliche Pflichtverletzungen der Beklagten hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt.
341.
35Die erstinstanzlich vom Kläger noch gerügten angeblichen Pflichtverletzungen, dass es die Beklagten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren pflichtwidrig unterlassen hätten, in der gebotenen Weise die fehlende Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten sowie das nicht rechtzeitig eingeleitete BEM-Verfahren zu rügen, hat er in der Berufungsinstanz nicht mehr weiterverfolgt. Insoweit hatte das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass in Übereinstimmung mit der Argumentation des VG Köln, die durch das Oberverwaltungsgericht bestätigt worden ist, eine Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten nicht zu einer für den Kläger günstigen Entscheidung im Verwaltungsverfahren geführt hätte. Dass und warum es sich anders verhalten hätte, hat der Kläger erstinstanzlich nicht aufgezeigt. Auch hinsichtlich des nicht rechtzeitig eingeleiteten BEM-Verfahrens war der Vorwurf des Klägers unberechtigt, da der Beklagte zu 2. hierzu im Schriftsatz vom 14.05.2010 an das VG Köln (Anlage B15) umfangreiche Ausführungen gemacht hatte.
362.
37Soweit der Kläger in der Berufungsinstanz weiterhin die Nichtteilnahme des Beklagten zu 2. am Termin vom 03.03.2010 als pflichtwidrig rügt, fehlt es an der schlüssigen Darlegung einer den Beklagten vorwerfbaren Pflichtverletzung. Der Kläger ist schon seiner Darlegungslast nicht nachgekommen, dass der Beklagte zu 2. ihn zu diesem Termin begleiten musste. Die Beklagten haben detailliert dazu vorgetragen, welchen Inhalt das mit dem Kläger vor dem 03.03.2010 geführte Gespräch hatte. Danach sollte der Kläger aufgrund bestimmter Erwägungen nicht begleitet werden. Dafür, dass es sich so verhalten hat, wie die Beklagten vortragen, spricht das spätere Mandatierungsschreiben des Klägers vom 30.03.2010 (Anlage B14a). In diesem macht der Kläger dem Beklagten zu 2. wegen des Termins vom 03.03.2010 keinerlei Vorwürfe. Der Kläger hat auf das detaillierte Vorbringen der Beklagten nicht mehr erwidert. Dabei wäre er es – entgegen seiner Ansicht im Schriftsatz vom 19.04.2016 –, der eine Beauftragung des Beklagten zu 2. mit der Terminswahrnehmung darlegen und sogar beweisen müsste. Da er nicht näher zum Gesprächsinhalt mit dem Beklagten zu 2. vorgetragen hat, ist sein Vorbringen zu einer Beauftragung des Beklagten zu 2., den Termin vom 03.03.2010 wahrzunehmen, bereits unsubstantiiert. Einer Beweisaufnahme über den Vortrag des Klägers bedurfte es nicht. Abgesehen davon, war der erstmalige Beweisantritt des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27.04.2016 auch gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO verspätet und nicht mehr zu berücksichtigen.
38Selbst wenn zugunsten des Klägers unterstellt würde, dass der Beklagte zu 2. den Termin vom 03.03.2010 pflichtwidrig versäumt hat, ist ausgeschlossen, dass eine Teilnahme des Beklagten zu 2. an diesem Termin zu einem für den Kläger positiven Ergebnis geführt hätte. Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements, welches sich der Kläger mit dem Ziel eines Verbleibs im Dienst seinerzeit erhoffte, konnte nicht zu dem von ihm erhofften Ergebnis führen. Ist ein Beamter – wie hier im verwaltungsgerichtlichen Verfahren des Klägers vor dem VG Köln festgestellt – wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung des ihm zuletzt übertragenen Amtes im abstrakt-funktionellen Sinn als dauernd unfähig anzusehen und kommt auch eine anderweitige oder zeitlich begrenzte Verwendung des Beamten nicht in Betracht, so ist er in den Ruhestand zu versetzen (BVerwG, Urt. v. 05.06.2014 – 2 C 22/13, zitiert nach juris). Die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements ist dann nicht nur keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Versetzung des Beamten in den Ruhestand. Für die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements ist dann vielmehr überhaupt kein Raum mehr. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Zurruhesetzung vor, sind abweichende Entscheidungen auch dann nicht mehr denkbar, wenn die Möglichkeiten der präventiven Wiedereingliederung nach § 84 Abs. 2 SGB IX versäumt worden sind (BVerwG, Urt. v. 05.06.2014 – 2 C 22/13, zitiert nach juris).
39Soweit sich der Kläger für einen für ihn günstigen Ausgang des Gesprächs auf die Bescheinigung von Dr. K... (Bl. 30 GA) beruft, so kann nicht angenommen werden, dass eine Vorlage dieser Bescheinigung dazu geführt hätte, dass ein Wiedereingliederungsversuch unternommen worden wäre. Die Bescheinigung bezieht sich auf eine diagnostizierte posttraumatische Fußfehlstellung, die einer vollschichtigen Arbeitsfähigkeit im Innendienst bei einem leidensgerechten Arbeitsplatz nicht im Wege stehen soll. Die Fußfehlstellung spielte bei der Feststellung der Dienstunfähigkeit des Klägers aber nicht die tragende Rolle. Nach dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten war der Kläger schon aufgrund der psychiatrischen Befunde dienstunfähig. Auf solche Dienstunfähigkeitsgründe hat sich bereits der Ausgangsbescheid der Stadt L... vom 17.12.2009 gestützt.
403.
41Soweit der Kläger mit der Berufung geltend macht, der Beklagte zu 2. habe sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gegen die Beauftragung des Gutachters Dr. M... wenden müssen, fehlt es ebenfalls an der schlüssigen Darlegung einer anwaltlichen Pflichtverletzung. Zum einen trägt der Kläger keine überzeugenden Einwände gegen das Gutachten vor. Die schlichte Behauptung, dieses Gutachten sei grob fehlerhaft und als Entscheidungsgrundlage nicht zu gebrauchen, reicht – insoweit kann auch auf die zutreffenden Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts in Münster im verwaltungsgerichtlichen Verfahren verwiesen werden – nicht aus. Zum anderen ist nicht ersichtlich, was der Beklagte zu 2. eigentlich hätte unternehmen sollen, der das Gutachten wegen der vorausgehenden Mandatsbeendigung nicht mehr erhalten hat. Der Kläger trägt schon nicht vor, warum der Beklagte zu 2. vor der Vorlage des Gutachtens von einem für den Kläger nachteiligen Ausgang der Beweisaufnahme zwingend sollte ausgehen müssen. Aus dem Umstand, dass der Gutachter den Kläger nicht persönlich untersucht hat, war dies nicht zwangsläufig zu folgern. Dass der Gutachter Dr. M... den Kläger nicht persönlich untersucht hat, hat sich der Kläger, der eine solche Untersuchung nicht wollte, im Übrigen selbst zuzuschreiben. Dass er sich insoweit vom Beklagten zu 2. noch hätte beeinflussen lassen, trägt der Kläger nicht vor. Einen Anspruch auf einen anderen Gerichtsgutachter oder auf eine sich allein nach seinen Vorstellungen richtende Begutachtung hatte er nicht.
42Da der Beklagte zu 2. das Gutachten von Dr. M... während der Dauer seines Mandatsverhältnisses nicht mehr zur Kenntnis bekommen hat, kommt es auf den Inhalt dieses Gutachtens als Anknüpfungspunkt für etwaige anwaltliche Pflichtverletzungen nicht an. Soweit der Kläger im Kontext seiner Angriffe gegen die Begutachtung durch Dr. M... erstmals in der Berufungsinstanz Beweis durch Einholung eines das Gutachten von Dr. M... überprüfenden Sachverständigengutachtens anbietet, ist dieser Beweisantritt überdies nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO verspätet und nicht mehr zu berücksichtigen.
434.
44Substanzlos und zur schlüssigen Darlegung einer anwaltlichen Pflichtverletzung nicht geeignet ist der Vortrag des Klägers, bei ordnungsgemäßer Aufbereitung des medizinischen Sachverhalts durch den Beklagten zu 2. wäre der Nachweis gelungen, dass der Kläger im Innendienst vollschichtig dienstfähig war. Soweit der Kläger hiermit auf eine unterbliebene Vorlage der Bescheinigung von Dr. K... im verwaltungsgerichtlichen Verfahren abzielen möchte – anderes wird aus seinem Vortrag nicht deutlich –, gilt das oben bereits Ausgeführte.
455.
46Der vom Kläger erstmals in der Berufungsinstanz gehaltene Vortrag zu der ihm von der Stadt angebotenen Beschäftigung in der Pulverwerkstatt gibt für die von ihm geltend gemachten Ansprüche nichts her. Davon abgesehen, ist das von den Beklagten bestrittene Vorbringen des Klägers auch nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO verspätet und nicht mehr zu berücksichtigen.
476.
48In der Berufungsinstanz nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO und nach § 530 ZPO verspätet und nicht mehr zu berücksichtigen ist die Behauptung des Klägers aus dem Schriftsatz vom 19.04.2016, der Beklagte zu 2. habe vor dem 03.03.2010 von der von ihm, dem Kläger, durchgeführten ambulanten Psychotherapie gewusst. Selbst wenn die Behauptung des Klägers zuträfe, so würde sich daraus nach dem oben Ausgeführten nichts zu seinen, des Klägers, Gunsten ergeben. Zum einen hat der Kläger schon nicht ausreichend dargelegt, dass der Beklagte zu 2. den Termin vom 03.03.2010 wahrnehmen sollte. Zum anderen war der Kläger nach den Feststellungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren aus Gründen dienstunfähig, an denen sich durch die Teilnahme an einer ambulanten Psychotherapie nichts geändert hätte. So heißt es im Gutachten des Sachverständigen Dr. M..., dass keine begründete Aussicht bestand, dass der Kläger seine volle Verwendungsfähigkeit durch Heilbehandlungsmaßnahmen wiedererlangen würde (vgl. VG Köln, 19 K 373/10, Bl. 597).
49III.
50Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
51Ein Grund zur Zulassung der Revision besteht nicht. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
52Der Streitwert wird in teilweiser Abänderung der landgerichtlichen Festsetzung nach Anhörung der Parteien für beide Instanzen auf jeweils 166.368,24 € (Klageantrag zu 1.: 61.368,24 €; Klageantrag zu 2.: 5.000,- €; Klageanträge zu 3. und 4.: je 50.000,- €) festgesetzt.
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(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.
(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.
(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.
(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.
(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel entgegen den §§ 520 und 521 Abs. 2 nicht rechtzeitig vorgebracht, so gilt § 296 Abs. 1 und 4 entsprechend.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)