Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 21. Okt. 2011 - L 12 AS 2597/11
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 8. Juni 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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(1) Kann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt der oder dem Leistungsberechtigten ein entsprechendes Darlehen. Bei Sachleistungen wird das Darlehen in Höhe des für die Agentur für Arbeit entstandenen Anschaffungswertes gewährt. Weiter gehende Leistungen sind ausgeschlossen.
(2) Solange sich Leistungsberechtigte, insbesondere bei Drogen- oder Alkoholabhängigkeit sowie im Falle unwirtschaftlichen Verhaltens, als ungeeignet erweisen, mit den Leistungen für den Regelbedarf nach § 20 ihren Bedarf zu decken, kann das Bürgergeld bis zur Höhe des Regelbedarfs für den Lebensunterhalt in voller Höhe oder anteilig in Form von Sachleistungen erbracht werden.
(3) Nicht vom Regelbedarf nach § 20 umfasst sind Bedarfe für
- 1.
Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten, - 2.
Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt sowie - 3.
Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete von therapeutischen Geräten.
(4) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts können als Darlehen erbracht werden, soweit in dem Monat, für den die Leistungen erbracht werden, voraussichtlich Einnahmen anfallen. Satz 1 gilt auch, soweit Leistungsberechtigte einmalige Einnahmen nach § 11 Absatz 3 Satz 4 vorzeitig verbraucht haben.
(5) Soweit Leistungsberechtigten der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde, sind Leistungen als Darlehen zu erbringen. Die Leistungen können davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird.
(6) In Fällen des § 22 Absatz 5 werden Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung nur erbracht, wenn der kommunale Träger die Übernahme der Leistungen für Unterkunft und Heizung zugesichert hat oder vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden konnte.
(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.
(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.
(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen
- 1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder - 2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.
(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.
(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.
(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.
(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.
(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils
- 1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4, - 2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr, - 3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder - 4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.
(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen.
(1a) Der Regelbedarf wird in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches in Verbindung mit der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung anerkannt. Soweit in diesem Buch auf einen Regelbedarf oder eine Regelbedarfsstufe verwiesen wird, ist auf den Betrag der für den jeweiligen Zeitraum geltenden Neuermittlung entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz abzustellen. In Jahren, in denen keine Neuermittlung nach § 28 des Zwölften Buches erfolgt, ist auf den Betrag abzustellen, der sich für den jeweiligen Zeitraum entsprechend der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches ergibt.
(2) Als Regelbedarf wird bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt. Für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft wird als Regelbedarf anerkannt:
- 1.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 4, sofern sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, - 2.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 in den übrigen Fällen.
(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Absatz 5 umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der in Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannte Betrag als Regelbedarf anzuerkennen.
(4) Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, ist als Regelbedarf für jede dieser Personen monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anzuerkennen.
(5) (weggefallen)
(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.
(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.
(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
- 1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder - 2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.
(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.
(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden. Wird sowohl ein Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet mündliche Verhandlung statt.
(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.
(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(1) Das Landessozialgericht kann durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn
- 1.
dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, - 2.
das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist.
(2) Das Sozialgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
Tenor
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Die Revisionen der Kläger gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 3. Dezember 2009 werden zurückgewiesen.
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Die Beteiligten haben einander für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
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Streitig ist die Übernahme der Kosten für Schulbedarf der drei Kläger im Schuljahr 2006/2007 als Leistung nach dem SGB II oder SGB XII.
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Die Kläger zu 1 und 2 besuchten im benannten Schuljahr die Grund- bzw Sekundarschule. Der Kläger zu 3 wurde im Schuljahr 2006/2007 eingeschult. Der Beklagte bewilligte ihnen und der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Mutter sowie weiteren Geschwistern durch Bescheid vom 27.6.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.7. bis 31.12.2006. Auf den Antrag der Kläger vom 30.6.2006 lehnte der Beklagte die Übernahme von Aufwendungen für Schulbedarf (ua Arbeitsmittel, Arbeitsmaterialien, Schulbücher, Turnzeug, Schultüte und Einschulungsfeier) der drei Kläger durch Bescheid vom 5.7.2006 ab. Den Widerspruch hiergegen wies er durch Widerspruchsbescheid vom 9.8.2006 zurück.
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Im vorläufigen Rechtsschutz verpflichtete das SG Magdeburg den Beklagten, den Klägern 198,65 Euro darlehensweise zur Bestreitung des geltend gemachten Bedarfs zu gewähren. Der Beklagte führte diese Anordnung durch Bescheid vom 15.9.2006 aus und bestimmte eine Tilgungsverpflichtung aufgeteilt in zwei Monatsraten ab Oktober 2006.
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Im Klageverfahren verurteilte das SG den Beklagten, die darlehensweise gewährten Leistungen als Beihilfe zu zahlen. Einer Rückzahlungsverpflichtung stehe entgegen, dass es sich um Bildungsbedarf handele, was Verfassungsrang habe und daher das Ermessen des Grundsicherungsträgers im Hinblick auf die Rückzahlungsverpflichtung auf Null reduziert sei. Allerdings sei die Klage unbegründet, soweit Bedarfe für die Einschulungsfeier, die Schultüte und das Turnzeug geltend gemacht würden (Urteil vom 22.5.2007).
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Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG Sachsen-Anhalt das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass den Klägern kein rückzahlungsfreies Darlehen nach § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II zustehe. Die Tilgung sei dort zwingend vorgeschrieben und Gründe für einen Erlass der Rückzahlungsverpflichtung seien nicht gegeben. Ebenso wenig folge ein Anspruch auf die Übernahme der geltend gemachten Aufwendungen aus § 23 Abs 3 SGB II. Bei den dort benannten "Sonderbedarfen" handele es sich nicht um schulisch bedingte Aufwendungen. Dieses gelte auch für Leistungen für Mehrbedarfe nach § 21 SGB II. Ein Anspruch gegen den - vom LSG beigeladenen - Sozialhilfeträger aus § 73 SGB XII scheitere bereits daran, dass es sich hier weder um eine atypische Bedarfslage handele, noch es an einer Anspruchsgrundlage im SGB II mangele, denn die darlehensweise Gewährung von Leistungen zur Deckung der Schulbedarfe sei möglich und hier auch erfolgt(§ 23 Abs 1 Satz 1 SGB II). Hinweise auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 54 SGB XII, also einer Behinderung oder drohenden Behinderung seien nicht vorhanden. Aus der UN-Kinderrechtskonvention könne kein Individualleistungsanspruch abgeleitet werden (Urteil vom 3.12.2009).
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Die Kläger haben die vom LSG zugelassene Revision zum BSG eingelegt. Sie rügen eine Verletzung von §§ 11, 20 SGB II und 73 SGB XII. Durch die Regelleistung seien keine "Schulbedarfe" von Kindern und Jugendlichen gedeckt. Die Abteilung 10 (Bildung) der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe sei bei der Bemessung des Regelsatzes außer Betracht geblieben. Dennoch seien Lernmittel ein unabweisbarer Bedarf - sie seien Grundvoraussetzung für die Wahrnehmung des Rechts auf Bildung und Teilnahme am Schulunterricht. In der Abteilung 9 (Freizeit, Unterhaltung, Kultur) seien zwar Bestandteile für Bücher, Broschüren und Schreibwaren sowie Sportartikel enthalten. Der hierfür angesetzte Betrag reiche jedoch nicht aus, um den "Schulbedarf" zu decken und müsse zudem auch für den Freizeitbedarf eines Kindes insoweit genutzt werden. Ein Ansparen sei den Klägern nicht möglich gewesen. Schulbedarf stelle zudem auch einen atypischen Bedarf dar, denn nur 11,2 % der Bevölkerung besuchten eine Schule, sodass im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung insoweit nicht von einem Regelbedarf ausgegangen werden könne. Dieser atypische Bedarf rechtfertige auch den Einsatz öffentlicher Mittel, sodass zumindest § 73 SGB XII eine Anspruchsgrundlage für die Deckung des geltend gemachten Bedarfs sei. Folge man dem nicht, so müsse wenigstens die Berücksichtigung des Kindergeldes als Einkommen der Kinder in Höhe des Schulbedarfs außer Betracht bleiben.
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Die Kläger beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 3. Dezember 2009 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 22. Mai 2007 zurückzuweisen.
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Der Beklagte beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.
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Er hält die Ausführungen des LSG für zutreffend. Ergänzend weist er darauf hin, dass das Kindergeld den individuellen Bedarf eines jeden Kindes decke und keine Anrechnung von Einkommen bei minderjährigen Kindern erfolge.
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Der Beigeladene schließt sich dem Antrag des Beklagten an.
Entscheidungsgründe
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Die zulässigen Revisionen sind unbegründet.
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Zu Recht hat das LSG einen Anspruch der Kläger auf Übernahme der Aufwendungen für Schulbedarfe für das Schuljahr 2006/2007 als Zuschussleistung nach dem SGB II verneint. Der Senat schließt sich der Entscheidung des 14. Senats des BSG vom 19.8.2010 (B 14 AS 47/09 R - SozR 4-3500 § 73 Nr 2) an und nimmt, um Wiederholungen zu vermeiden, auf deren Begründung ausdrücklich und vollständig Bezug (3.). Auch über die in dieser Entscheidung abgehandelten Anspruchsgrundlagen der §§ 21, 23 Abs 3 und 24a SGB II, § 73 SGB XII und einem Anspruch direkt aus der Verfassung auf Grundlage der Entscheidung des BVerfG vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09, 3/09, 4/09 - BVerfGE 125, 175 ff) hinaus ist keine Rechtsgrundlage für die von den Klägern begehrte Leistung vorhanden. Die Kläger haben keinen Anspruch auf die begehrte Leistung als rückzahlungsfreies Darlehen nach § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II(4.). Der Schulbedarf ist auch nicht vom Kindergeld als zur Bedarfsdeckung bei den Klägern dienendes Einkommen vorab in Abzug zu bringen (5.).
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1. Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig(vgl Urteile des Senats vom 18.1.2011, ua - B 4 AS 99/10 R). Nach § 76 Abs 3 Satz 1 SGB II ist die gemeinsame Einrichtung als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen beklagten Arbeitsgemeinschaft getreten. Dieser kraft Gesetzes eintretende Beteiligtenwechsel wegen der Weiterentwicklung der Organisation des SGB II stellt keine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung dar. Das Passivrubrum war entsprechend von Amts wegen zu berichtigen.
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Der Senat hat ebenfalls bereits entschieden, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Vorschrift des § 44b SGB II bestehen, weil der Gesetzgeber sich bei der einfachgesetzlichen Ausgestaltung innerhalb des von Art 91e Abs 1 und 3 GG eröffneten Gestaltungsspielraums bewegt(BSG Urteile vom 18.1.2011, ua - B 4 AS 99/10 R).
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2. Streitgegenstände sind die Ansprüche der Kläger auf Übernahme des geltend gemachten Schulbedarfs über die der Beklagte mit dem Bescheid vom 5.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.8.2006 allein entschieden hat. Dabei handelt es sich um eigenständige abtrennbare Streitgegenstände, die isoliert und unabhängig von den übrigen Grundsicherungsleistungen geltend gemacht werden können (vgl BSG Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1, jeweils RdNr 13; s auch BSG Urteil vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2 ). Die Ansprüche stünden allein den Klägern zu. Zwar bilden die Kläger mit ihren Geschwistern und ihrer Mutter eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II, Leistungen für Schulbedarfe sind jedoch individuell nur ihnen zuzuordnen, vergleichbar denen für Klassenfahrt(vgl BSG Urteil vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2; s jedoch zur mangelnden Abtrennbarkeit bei Mehrbedarfsleistungen nach § 21 SGB II, die hier jedoch nicht in Betracht kommen: BSG Urteil vom 15.12.2010 - B 14 AS 44/09 R; BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 59/09 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 9).
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3. Unter Bezugnahme auf die Einzelheiten der Begründung der Entscheidung des 14. Senats vom 19.8.2010 (B 14 AS 47/09 R - SozR 4-3500 § 73 Nr 2) weist der erkennende Senat darauf hin, dass er mit dem 7b. Senat (Urteil vom 7.11.2006 - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1) und dem 14. Senat des BSG (Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 44/08 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 15) davon ausgeht, dass eine abweichende Festsetzung der pauschalierten Regelleistung nach § 20 SGB II durch die Gerichte - etwa in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens des § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII - grundsätzlich nicht möglich ist. Für die von den Klägern begehrten Kosten für Schulbedarf fehlte es im streitigen Zeitraum im System der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II auch sonst an einer Anspruchsgrundlage. Schulbücher waren weder als Mehrbedarfe in § 21 SGB II gesondert normiert, noch als Sonderbedarfe nach § 23 Abs 3 SGB II vorgesehen. § 23 Abs 3 Nr 3 SGB II enthält lediglich eine ausdrückliche Regelung für eine Kostenpflicht bei mehrtägigen Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen. Diese Abgeschlossenheit des Systems des SGB II hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) nochmals betont. In das Gesetz wurde § 3 Abs 3 Satz 1 Halbs 2 und Satz 2 SGB II eingefügt. Hiernach decken die nach dem SGB II vorgesehenen Leistungen den Bedarf der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen. Eine davon abweichende Festlegung der Bedarfe ist ausgeschlossen (vgl hierzu auch BSG Urteil vom 28.10.2009 - SozR 4-4200 § 7 Nr 15 RdNr 17).
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Zutreffend ist auch eine Verurteilung des Beigeladenen auf Grundlage von § 73 SGB XII unterblieben. Der hier geltend gemachte Schulbedarf war Teil des existenziellen Bedarfs der Kläger, der auch im Jahre 2006 durch das SGB II und ggf die Regelleistung in § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 1 SGB II hätte gedeckt werden müssen. Zwar normiert das SGB II keine ausreichende Leistung bzw keinen gesetzlichen Anspruch für den Schulbedarf. Gleichwohl ist ein Anspruch auf Leistungen für Schulbedarf jedoch auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht gegeben. Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 9.2.2010 (aaO), in dem es die Regelungen über die Regelleistung nach dem SGB II für unvereinbar mit Art 1 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG erklärt hat, zugleich klargestellt, dass eine rückwirkende Leistungsgewährung nicht notwendig ist (vgl insbesondere RdNr 217). Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 9.2.2010 (aaO) lediglich gefordert, dass für unabweisbare, laufende, nicht nur einmalige, besondere Bedarfe ein zusätzlicher verfassungsrechtlicher Anspruch auf Leistungsgewährung besteht. Der erkennende Senat hat diesen oder einen derartigen Anspruch auch für bereits abgelaufene Zeiträume während eines noch laufenden Rechtsstreits bejaht (BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 29/09 R - BSGE 105, 279 = SozR 4-1100 Art 1 Nr 7; vgl auch BVerfG Beschluss vom 24.3.2010 - 1 BvR 395/09). Dieser verfassungsrechtliche Anspruch greift hier jedoch schon deshalb nicht ein, weil es sich bei dem von den Klägern geltend gemachten Erstattungsansprüchen wegen Schulbedarfs nicht um einen solchen besonderen Bedarf handelt. Vielmehr geht es um einen Anspruch, der vom BVerfG (aaO, RdNr 192, siehe oben unter 3.) dem grundgesetzlich geschützten Existenzminimum zugerechnet wurde. Für solche "typischen" Bedarfe ist der neue verfassungsrechtliche Anspruch ersichtlich nicht gedacht. Eine rückwirkende Anwendung des § 24a SGB II kommt ebenfalls nicht in Betracht.
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4. Zutreffend hat das LSG auch einen Anspruch der Kläger auf ein rückzahlungsfreies Darlehen zur Deckung des geltend gemachten Schulbedarfs verneint. Nach § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II kann die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis, soweit im Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts weder durch das Vermögen nach § 12 Abs 2 Nr 4 SGB II noch auf andere Weise gedeckt werden kann, den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung erbringen und gewährt dem Hilfebedürftigen ein entsprechendes Darlehen. Das Darlehen wird durch monatliche Aufrechnung in Höhe von bis zu 10 vom Hundert der an den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen jeweils zu zahlenden Regelleistung getilgt (§ 23 Abs 1 Satz 3 SGB II). Weitergehende Leistungen sind ausgeschlossen (§ 23 Abs 1 Satz 4 SGB II). Die Regelung des § 23 Abs 1 SGB II sieht mithin eine Tilgung des Darlehens zwingend vor. Der Gewährung einer von vornherein rückzahlungsfreien Darlehensleistung fehlt es im SGB II an einer Rechtsgrundlage.
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Soweit das LSG an dieser Stelle den Erlass der Darlehenstilgung iS des § 44 SGB II prüft, ist ein derartiger Erlassanspruch nicht Gegenstand des Rechtsstreits geworden. Zwar kann ggf durch einen Erlass nach § 44 SGB II - möglichen, wie oben dargelegten verfassungswidrigen - Bedarfsunterdeckungen durch die Darlehenstilgung entgegengewirkt werden(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1). Der Erlass kann jedoch regelmäßig erst nachträglich erfolgen, denn würde er mit der Darlehensgewährung verbunden, würde er diese damit ad absurdum führen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1). Der Erlass iS des § 44 SGB II, der im Ermessen des Trägers von Leistungen nach dem SGB II steht, wenn die Einziehung der Ansprüche unbillig wäre, setzt zudem eine Verwaltungsentscheidung des Trägers hierüber voraus, woran es vorliegend bisher mangelt. Der Bescheid vom 15.9.2006, mit dem der Beklagte nicht nur den Beschluss des SG Magdeburg ausgeführt, sondern auch eine selbstständige Verfügung im Hinblick auf die Tilgung des Darlehens getroffen hat, ist bindend geworden.
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Die Rückzahlungsfreiheit des Darlehens kann auch nicht auf einen aus § 44 SGB II zu ziehenden Schutzgedanken gegründet werden(vgl hierzu BSG Urteil vom 31.10.1991 - 7 RAr 60/89 - SozR 1300 § 45 Nr 10). Eine solche Anknüpfung wäre im Ergebnis eine Umgehung der vom Gesetzgeber ausgeschlossenen Erhöhung der Regelsätze [Es wird auf die Ausführungen unter Nr 3. verwiesen.] sowie der zwingend vorgesehen Tilgung des Darlehens. Im Hinblick auf die auch vom BVerfG anerkannten Spielräume, die die pauschalierte Regelleistung belässt, und die von ihm befundenen Einspar- und Ansparmöglichkeiten gefährdet eine Tilgung aus der Grundsicherungsleistung auch nicht per se die Existenz. Daher sind in erster Linie die sich aus § 23 Abs 1 Satz 3 SGB II folgenden Spielräume bei der Entscheidung über die Tilgungsmodalitäten vom Grundsicherungsträger zu nutzen und ist bei der Bestimmung der Höhe der Tilgungsraten darauf abzustellen, dass durch die Tilgung des Darlehens der Zweck der SGB II-Leistungen die Existenzsicherung nicht gefährdet wird. Der Heranziehung eines Schutzgedankens aus § 44 SGB II, wie er etwa von der Rechtsprechung § 76 SGB IV im Hinblick auf die Durchsetzung von Forderungen der Sozialversicherungsträger gegen Versicherte(vgl BSG Urteil 10.6.1980 - 4 RJ 115/79 - BSGE 50, 144 = SozR 2200 § 1301 Nr 13)entnommen worden ist, bedarf es im SGB II mithin nicht. Insoweit trägt das Gesetz selbst - mit der Möglichkeit, die Höhe der Tilgungsraten individuell zu bestimmen sowie den gesetzlichen Vorgaben des Erlasses nach § 44 SGB II - dem Schutz des Leistungsempfängers vor existenzgefährdenden Belastungen bereits Rechnung.
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5. Eine Berücksichtigung des Schulbedarfs bei der Höhe des Betrags des Kindergeldes, das zur Bedarfsdeckung der leistungsberechtigten Kinder nach § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II einzusetzen ist, führt hier ebenfalls nicht zum Erfolg der Revisionen.
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Ein derartiges Begehren hat eine Minderung des Einkommens bei der Berechnung der Regelleistung - hier Sozialgeld der Kläger - und damit die Gewährung einer höheren Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts zum Ziel. Der Anspruch auf höheres Sozialgeld ist jedoch nicht Streitgegenstand des Verfahrens. Die Kläger haben mit der Klage, die diesem Revisionsverfahren zu Grunde liegt, nur den auf eine Leistung für Schulbedarfe begrenzten Bescheid vom 5.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.8.2006 angefochten. Es wird insoweit auf die Ausführungen zu 2. verwiesen. Über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts durch den Bescheid vom 27.6.2006 ist hier nicht zu befinden.
- 23
-
Die Kläger könnten mit ihrem Begehren jedoch auch materiell-rechtlich nicht durchdringen. Nach § 11 Abs 1 SGB II ist das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wird. Kindergeld soll gemäß § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II vorrangig zur Sicherung des Lebensunterhalts des Kindes verwendet werden. Daher nimmt das Kindergeld ebenso wie das sonstige Einkommen und Vermögen des minderjährigen Kindes nicht an der Einkommensverteilung innerhalb der Bedarfsgemeinschaft nach § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II teil (vgl BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14 AS 55/07 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 4; Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 39/08 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 23). Das Kindergeld soll dem jeweiligen Kind in der Bedarfsgemeinschaft umfassend zur Verfügung stehen, soweit sein Bedarf nicht anderweitig gedeckt ist und solange das Kind in der Bedarfsgemeinschaft lebt. Das Kindergeld dient dort der Existenzsicherung des Kindes, wie die Kläger selbst zutreffend ausführen, also auch zur Deckung des Schulbedarfs. Soll es diesen Zweck nicht verfehlen, darf nicht zugleich, bevor es zur Bedarfsdeckung eingesetzt wird, ein Teil herausgerechnet werden.
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-
Auch mit der Auffassung, das Kindergeld sei in Höhe des Schulbedarfs als zweckbestimmte Einnahme anzusehen und daher nicht als Einkommen bei der Berechnung des Sozialgeldes zu berücksichtigen, vermögen die Kläger nicht durchzudringen. Das Kindergeld ist aufgrund seiner Bindung zur Bedarfsdeckung beim Kind zwar eine an die Person gebundene Leistung, die allerdings dem selben Zweck wie die SGB II-Leistung dient, nämlich der Sicherung des Lebensunterhalts (s zur Zweckidentität BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 67/09 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 28). Deshalb ist das Kindergeld auch nicht ganz oder teilweise von der Einkommensberücksichtigung als zweckbestimmte Einnahme iS des § 11 Abs 3 SGB II auszunehmen.
(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen.
(1a) Der Regelbedarf wird in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches in Verbindung mit der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung anerkannt. Soweit in diesem Buch auf einen Regelbedarf oder eine Regelbedarfsstufe verwiesen wird, ist auf den Betrag der für den jeweiligen Zeitraum geltenden Neuermittlung entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz abzustellen. In Jahren, in denen keine Neuermittlung nach § 28 des Zwölften Buches erfolgt, ist auf den Betrag abzustellen, der sich für den jeweiligen Zeitraum entsprechend der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches ergibt.
(2) Als Regelbedarf wird bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt. Für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft wird als Regelbedarf anerkannt:
- 1.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 4, sofern sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, - 2.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 in den übrigen Fällen.
(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Absatz 5 umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der in Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannte Betrag als Regelbedarf anzuerkennen.
(4) Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, ist als Regelbedarf für jede dieser Personen monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anzuerkennen.
(5) (weggefallen)
Tenor
-
Die Revisionen der Kläger gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 3. Dezember 2009 werden zurückgewiesen.
-
Die Beteiligten haben einander für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
- 1
-
Streitig ist die Übernahme der Kosten für Schulbedarf der drei Kläger im Schuljahr 2006/2007 als Leistung nach dem SGB II oder SGB XII.
- 2
-
Die Kläger zu 1 und 2 besuchten im benannten Schuljahr die Grund- bzw Sekundarschule. Der Kläger zu 3 wurde im Schuljahr 2006/2007 eingeschult. Der Beklagte bewilligte ihnen und der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Mutter sowie weiteren Geschwistern durch Bescheid vom 27.6.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.7. bis 31.12.2006. Auf den Antrag der Kläger vom 30.6.2006 lehnte der Beklagte die Übernahme von Aufwendungen für Schulbedarf (ua Arbeitsmittel, Arbeitsmaterialien, Schulbücher, Turnzeug, Schultüte und Einschulungsfeier) der drei Kläger durch Bescheid vom 5.7.2006 ab. Den Widerspruch hiergegen wies er durch Widerspruchsbescheid vom 9.8.2006 zurück.
- 3
-
Im vorläufigen Rechtsschutz verpflichtete das SG Magdeburg den Beklagten, den Klägern 198,65 Euro darlehensweise zur Bestreitung des geltend gemachten Bedarfs zu gewähren. Der Beklagte führte diese Anordnung durch Bescheid vom 15.9.2006 aus und bestimmte eine Tilgungsverpflichtung aufgeteilt in zwei Monatsraten ab Oktober 2006.
- 4
-
Im Klageverfahren verurteilte das SG den Beklagten, die darlehensweise gewährten Leistungen als Beihilfe zu zahlen. Einer Rückzahlungsverpflichtung stehe entgegen, dass es sich um Bildungsbedarf handele, was Verfassungsrang habe und daher das Ermessen des Grundsicherungsträgers im Hinblick auf die Rückzahlungsverpflichtung auf Null reduziert sei. Allerdings sei die Klage unbegründet, soweit Bedarfe für die Einschulungsfeier, die Schultüte und das Turnzeug geltend gemacht würden (Urteil vom 22.5.2007).
- 5
-
Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG Sachsen-Anhalt das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass den Klägern kein rückzahlungsfreies Darlehen nach § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II zustehe. Die Tilgung sei dort zwingend vorgeschrieben und Gründe für einen Erlass der Rückzahlungsverpflichtung seien nicht gegeben. Ebenso wenig folge ein Anspruch auf die Übernahme der geltend gemachten Aufwendungen aus § 23 Abs 3 SGB II. Bei den dort benannten "Sonderbedarfen" handele es sich nicht um schulisch bedingte Aufwendungen. Dieses gelte auch für Leistungen für Mehrbedarfe nach § 21 SGB II. Ein Anspruch gegen den - vom LSG beigeladenen - Sozialhilfeträger aus § 73 SGB XII scheitere bereits daran, dass es sich hier weder um eine atypische Bedarfslage handele, noch es an einer Anspruchsgrundlage im SGB II mangele, denn die darlehensweise Gewährung von Leistungen zur Deckung der Schulbedarfe sei möglich und hier auch erfolgt(§ 23 Abs 1 Satz 1 SGB II). Hinweise auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 54 SGB XII, also einer Behinderung oder drohenden Behinderung seien nicht vorhanden. Aus der UN-Kinderrechtskonvention könne kein Individualleistungsanspruch abgeleitet werden (Urteil vom 3.12.2009).
- 6
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Die Kläger haben die vom LSG zugelassene Revision zum BSG eingelegt. Sie rügen eine Verletzung von §§ 11, 20 SGB II und 73 SGB XII. Durch die Regelleistung seien keine "Schulbedarfe" von Kindern und Jugendlichen gedeckt. Die Abteilung 10 (Bildung) der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe sei bei der Bemessung des Regelsatzes außer Betracht geblieben. Dennoch seien Lernmittel ein unabweisbarer Bedarf - sie seien Grundvoraussetzung für die Wahrnehmung des Rechts auf Bildung und Teilnahme am Schulunterricht. In der Abteilung 9 (Freizeit, Unterhaltung, Kultur) seien zwar Bestandteile für Bücher, Broschüren und Schreibwaren sowie Sportartikel enthalten. Der hierfür angesetzte Betrag reiche jedoch nicht aus, um den "Schulbedarf" zu decken und müsse zudem auch für den Freizeitbedarf eines Kindes insoweit genutzt werden. Ein Ansparen sei den Klägern nicht möglich gewesen. Schulbedarf stelle zudem auch einen atypischen Bedarf dar, denn nur 11,2 % der Bevölkerung besuchten eine Schule, sodass im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung insoweit nicht von einem Regelbedarf ausgegangen werden könne. Dieser atypische Bedarf rechtfertige auch den Einsatz öffentlicher Mittel, sodass zumindest § 73 SGB XII eine Anspruchsgrundlage für die Deckung des geltend gemachten Bedarfs sei. Folge man dem nicht, so müsse wenigstens die Berücksichtigung des Kindergeldes als Einkommen der Kinder in Höhe des Schulbedarfs außer Betracht bleiben.
- 7
-
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 3. Dezember 2009 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 22. Mai 2007 zurückzuweisen.
- 8
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Der Beklagte beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.
- 9
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Er hält die Ausführungen des LSG für zutreffend. Ergänzend weist er darauf hin, dass das Kindergeld den individuellen Bedarf eines jeden Kindes decke und keine Anrechnung von Einkommen bei minderjährigen Kindern erfolge.
- 10
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Der Beigeladene schließt sich dem Antrag des Beklagten an.
Entscheidungsgründe
- 11
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Die zulässigen Revisionen sind unbegründet.
- 12
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Zu Recht hat das LSG einen Anspruch der Kläger auf Übernahme der Aufwendungen für Schulbedarfe für das Schuljahr 2006/2007 als Zuschussleistung nach dem SGB II verneint. Der Senat schließt sich der Entscheidung des 14. Senats des BSG vom 19.8.2010 (B 14 AS 47/09 R - SozR 4-3500 § 73 Nr 2) an und nimmt, um Wiederholungen zu vermeiden, auf deren Begründung ausdrücklich und vollständig Bezug (3.). Auch über die in dieser Entscheidung abgehandelten Anspruchsgrundlagen der §§ 21, 23 Abs 3 und 24a SGB II, § 73 SGB XII und einem Anspruch direkt aus der Verfassung auf Grundlage der Entscheidung des BVerfG vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09, 3/09, 4/09 - BVerfGE 125, 175 ff) hinaus ist keine Rechtsgrundlage für die von den Klägern begehrte Leistung vorhanden. Die Kläger haben keinen Anspruch auf die begehrte Leistung als rückzahlungsfreies Darlehen nach § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II(4.). Der Schulbedarf ist auch nicht vom Kindergeld als zur Bedarfsdeckung bei den Klägern dienendes Einkommen vorab in Abzug zu bringen (5.).
- 13
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1. Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig(vgl Urteile des Senats vom 18.1.2011, ua - B 4 AS 99/10 R). Nach § 76 Abs 3 Satz 1 SGB II ist die gemeinsame Einrichtung als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen beklagten Arbeitsgemeinschaft getreten. Dieser kraft Gesetzes eintretende Beteiligtenwechsel wegen der Weiterentwicklung der Organisation des SGB II stellt keine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung dar. Das Passivrubrum war entsprechend von Amts wegen zu berichtigen.
- 14
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Der Senat hat ebenfalls bereits entschieden, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Vorschrift des § 44b SGB II bestehen, weil der Gesetzgeber sich bei der einfachgesetzlichen Ausgestaltung innerhalb des von Art 91e Abs 1 und 3 GG eröffneten Gestaltungsspielraums bewegt(BSG Urteile vom 18.1.2011, ua - B 4 AS 99/10 R).
- 15
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2. Streitgegenstände sind die Ansprüche der Kläger auf Übernahme des geltend gemachten Schulbedarfs über die der Beklagte mit dem Bescheid vom 5.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.8.2006 allein entschieden hat. Dabei handelt es sich um eigenständige abtrennbare Streitgegenstände, die isoliert und unabhängig von den übrigen Grundsicherungsleistungen geltend gemacht werden können (vgl BSG Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1, jeweils RdNr 13; s auch BSG Urteil vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2 ). Die Ansprüche stünden allein den Klägern zu. Zwar bilden die Kläger mit ihren Geschwistern und ihrer Mutter eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II, Leistungen für Schulbedarfe sind jedoch individuell nur ihnen zuzuordnen, vergleichbar denen für Klassenfahrt(vgl BSG Urteil vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2; s jedoch zur mangelnden Abtrennbarkeit bei Mehrbedarfsleistungen nach § 21 SGB II, die hier jedoch nicht in Betracht kommen: BSG Urteil vom 15.12.2010 - B 14 AS 44/09 R; BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 59/09 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 9).
- 16
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3. Unter Bezugnahme auf die Einzelheiten der Begründung der Entscheidung des 14. Senats vom 19.8.2010 (B 14 AS 47/09 R - SozR 4-3500 § 73 Nr 2) weist der erkennende Senat darauf hin, dass er mit dem 7b. Senat (Urteil vom 7.11.2006 - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1) und dem 14. Senat des BSG (Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 44/08 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 15) davon ausgeht, dass eine abweichende Festsetzung der pauschalierten Regelleistung nach § 20 SGB II durch die Gerichte - etwa in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens des § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII - grundsätzlich nicht möglich ist. Für die von den Klägern begehrten Kosten für Schulbedarf fehlte es im streitigen Zeitraum im System der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II auch sonst an einer Anspruchsgrundlage. Schulbücher waren weder als Mehrbedarfe in § 21 SGB II gesondert normiert, noch als Sonderbedarfe nach § 23 Abs 3 SGB II vorgesehen. § 23 Abs 3 Nr 3 SGB II enthält lediglich eine ausdrückliche Regelung für eine Kostenpflicht bei mehrtägigen Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen. Diese Abgeschlossenheit des Systems des SGB II hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) nochmals betont. In das Gesetz wurde § 3 Abs 3 Satz 1 Halbs 2 und Satz 2 SGB II eingefügt. Hiernach decken die nach dem SGB II vorgesehenen Leistungen den Bedarf der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen. Eine davon abweichende Festlegung der Bedarfe ist ausgeschlossen (vgl hierzu auch BSG Urteil vom 28.10.2009 - SozR 4-4200 § 7 Nr 15 RdNr 17).
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Zutreffend ist auch eine Verurteilung des Beigeladenen auf Grundlage von § 73 SGB XII unterblieben. Der hier geltend gemachte Schulbedarf war Teil des existenziellen Bedarfs der Kläger, der auch im Jahre 2006 durch das SGB II und ggf die Regelleistung in § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 1 SGB II hätte gedeckt werden müssen. Zwar normiert das SGB II keine ausreichende Leistung bzw keinen gesetzlichen Anspruch für den Schulbedarf. Gleichwohl ist ein Anspruch auf Leistungen für Schulbedarf jedoch auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht gegeben. Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 9.2.2010 (aaO), in dem es die Regelungen über die Regelleistung nach dem SGB II für unvereinbar mit Art 1 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG erklärt hat, zugleich klargestellt, dass eine rückwirkende Leistungsgewährung nicht notwendig ist (vgl insbesondere RdNr 217). Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 9.2.2010 (aaO) lediglich gefordert, dass für unabweisbare, laufende, nicht nur einmalige, besondere Bedarfe ein zusätzlicher verfassungsrechtlicher Anspruch auf Leistungsgewährung besteht. Der erkennende Senat hat diesen oder einen derartigen Anspruch auch für bereits abgelaufene Zeiträume während eines noch laufenden Rechtsstreits bejaht (BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 29/09 R - BSGE 105, 279 = SozR 4-1100 Art 1 Nr 7; vgl auch BVerfG Beschluss vom 24.3.2010 - 1 BvR 395/09). Dieser verfassungsrechtliche Anspruch greift hier jedoch schon deshalb nicht ein, weil es sich bei dem von den Klägern geltend gemachten Erstattungsansprüchen wegen Schulbedarfs nicht um einen solchen besonderen Bedarf handelt. Vielmehr geht es um einen Anspruch, der vom BVerfG (aaO, RdNr 192, siehe oben unter 3.) dem grundgesetzlich geschützten Existenzminimum zugerechnet wurde. Für solche "typischen" Bedarfe ist der neue verfassungsrechtliche Anspruch ersichtlich nicht gedacht. Eine rückwirkende Anwendung des § 24a SGB II kommt ebenfalls nicht in Betracht.
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4. Zutreffend hat das LSG auch einen Anspruch der Kläger auf ein rückzahlungsfreies Darlehen zur Deckung des geltend gemachten Schulbedarfs verneint. Nach § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II kann die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis, soweit im Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts weder durch das Vermögen nach § 12 Abs 2 Nr 4 SGB II noch auf andere Weise gedeckt werden kann, den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung erbringen und gewährt dem Hilfebedürftigen ein entsprechendes Darlehen. Das Darlehen wird durch monatliche Aufrechnung in Höhe von bis zu 10 vom Hundert der an den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen jeweils zu zahlenden Regelleistung getilgt (§ 23 Abs 1 Satz 3 SGB II). Weitergehende Leistungen sind ausgeschlossen (§ 23 Abs 1 Satz 4 SGB II). Die Regelung des § 23 Abs 1 SGB II sieht mithin eine Tilgung des Darlehens zwingend vor. Der Gewährung einer von vornherein rückzahlungsfreien Darlehensleistung fehlt es im SGB II an einer Rechtsgrundlage.
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Soweit das LSG an dieser Stelle den Erlass der Darlehenstilgung iS des § 44 SGB II prüft, ist ein derartiger Erlassanspruch nicht Gegenstand des Rechtsstreits geworden. Zwar kann ggf durch einen Erlass nach § 44 SGB II - möglichen, wie oben dargelegten verfassungswidrigen - Bedarfsunterdeckungen durch die Darlehenstilgung entgegengewirkt werden(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1). Der Erlass kann jedoch regelmäßig erst nachträglich erfolgen, denn würde er mit der Darlehensgewährung verbunden, würde er diese damit ad absurdum führen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1). Der Erlass iS des § 44 SGB II, der im Ermessen des Trägers von Leistungen nach dem SGB II steht, wenn die Einziehung der Ansprüche unbillig wäre, setzt zudem eine Verwaltungsentscheidung des Trägers hierüber voraus, woran es vorliegend bisher mangelt. Der Bescheid vom 15.9.2006, mit dem der Beklagte nicht nur den Beschluss des SG Magdeburg ausgeführt, sondern auch eine selbstständige Verfügung im Hinblick auf die Tilgung des Darlehens getroffen hat, ist bindend geworden.
- 20
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Die Rückzahlungsfreiheit des Darlehens kann auch nicht auf einen aus § 44 SGB II zu ziehenden Schutzgedanken gegründet werden(vgl hierzu BSG Urteil vom 31.10.1991 - 7 RAr 60/89 - SozR 1300 § 45 Nr 10). Eine solche Anknüpfung wäre im Ergebnis eine Umgehung der vom Gesetzgeber ausgeschlossenen Erhöhung der Regelsätze [Es wird auf die Ausführungen unter Nr 3. verwiesen.] sowie der zwingend vorgesehen Tilgung des Darlehens. Im Hinblick auf die auch vom BVerfG anerkannten Spielräume, die die pauschalierte Regelleistung belässt, und die von ihm befundenen Einspar- und Ansparmöglichkeiten gefährdet eine Tilgung aus der Grundsicherungsleistung auch nicht per se die Existenz. Daher sind in erster Linie die sich aus § 23 Abs 1 Satz 3 SGB II folgenden Spielräume bei der Entscheidung über die Tilgungsmodalitäten vom Grundsicherungsträger zu nutzen und ist bei der Bestimmung der Höhe der Tilgungsraten darauf abzustellen, dass durch die Tilgung des Darlehens der Zweck der SGB II-Leistungen die Existenzsicherung nicht gefährdet wird. Der Heranziehung eines Schutzgedankens aus § 44 SGB II, wie er etwa von der Rechtsprechung § 76 SGB IV im Hinblick auf die Durchsetzung von Forderungen der Sozialversicherungsträger gegen Versicherte(vgl BSG Urteil 10.6.1980 - 4 RJ 115/79 - BSGE 50, 144 = SozR 2200 § 1301 Nr 13)entnommen worden ist, bedarf es im SGB II mithin nicht. Insoweit trägt das Gesetz selbst - mit der Möglichkeit, die Höhe der Tilgungsraten individuell zu bestimmen sowie den gesetzlichen Vorgaben des Erlasses nach § 44 SGB II - dem Schutz des Leistungsempfängers vor existenzgefährdenden Belastungen bereits Rechnung.
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5. Eine Berücksichtigung des Schulbedarfs bei der Höhe des Betrags des Kindergeldes, das zur Bedarfsdeckung der leistungsberechtigten Kinder nach § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II einzusetzen ist, führt hier ebenfalls nicht zum Erfolg der Revisionen.
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Ein derartiges Begehren hat eine Minderung des Einkommens bei der Berechnung der Regelleistung - hier Sozialgeld der Kläger - und damit die Gewährung einer höheren Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts zum Ziel. Der Anspruch auf höheres Sozialgeld ist jedoch nicht Streitgegenstand des Verfahrens. Die Kläger haben mit der Klage, die diesem Revisionsverfahren zu Grunde liegt, nur den auf eine Leistung für Schulbedarfe begrenzten Bescheid vom 5.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.8.2006 angefochten. Es wird insoweit auf die Ausführungen zu 2. verwiesen. Über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts durch den Bescheid vom 27.6.2006 ist hier nicht zu befinden.
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Die Kläger könnten mit ihrem Begehren jedoch auch materiell-rechtlich nicht durchdringen. Nach § 11 Abs 1 SGB II ist das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wird. Kindergeld soll gemäß § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II vorrangig zur Sicherung des Lebensunterhalts des Kindes verwendet werden. Daher nimmt das Kindergeld ebenso wie das sonstige Einkommen und Vermögen des minderjährigen Kindes nicht an der Einkommensverteilung innerhalb der Bedarfsgemeinschaft nach § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II teil (vgl BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14 AS 55/07 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 4; Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 39/08 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 23). Das Kindergeld soll dem jeweiligen Kind in der Bedarfsgemeinschaft umfassend zur Verfügung stehen, soweit sein Bedarf nicht anderweitig gedeckt ist und solange das Kind in der Bedarfsgemeinschaft lebt. Das Kindergeld dient dort der Existenzsicherung des Kindes, wie die Kläger selbst zutreffend ausführen, also auch zur Deckung des Schulbedarfs. Soll es diesen Zweck nicht verfehlen, darf nicht zugleich, bevor es zur Bedarfsdeckung eingesetzt wird, ein Teil herausgerechnet werden.
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Auch mit der Auffassung, das Kindergeld sei in Höhe des Schulbedarfs als zweckbestimmte Einnahme anzusehen und daher nicht als Einkommen bei der Berechnung des Sozialgeldes zu berücksichtigen, vermögen die Kläger nicht durchzudringen. Das Kindergeld ist aufgrund seiner Bindung zur Bedarfsdeckung beim Kind zwar eine an die Person gebundene Leistung, die allerdings dem selben Zweck wie die SGB II-Leistung dient, nämlich der Sicherung des Lebensunterhalts (s zur Zweckidentität BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 67/09 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 28). Deshalb ist das Kindergeld auch nicht ganz oder teilweise von der Einkommensberücksichtigung als zweckbestimmte Einnahme iS des § 11 Abs 3 SGB II auszunehmen.
Tenor
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Auf die Revision des Beigeladenen werden das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. November 2008 aufgehoben und die Berufungen des Klägers gegen die Urteile des Sozialgerichts Speyer vom 11. Januar 2007 zurückgewiesen.
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Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten für Schulbücher für das Schuljahr 2005/2006.
- 2
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Der im Jahre 1990 geborene Kläger bezieht seit dem 1.1.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) von der Beklagten. Seine Mutter ist alleinerziehende Studentin, die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz sowie einen Mehrbedarf bei Alleinerziehung nach § 21 Abs 3 SGB II von der Beklagten erhält.
- 3
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Der Kläger besuchte im Schuljahr 2005/2006 die 9. Klasse des T-Gymnasiums in L Zu Beginn des Schuljahres wurde den Schülern seiner Klassenstufe eine Liste mit den für die 9. Klasse erforderlichen Schulbüchern ausgehändigt. Die Kosten für die im Einzelnen genannten Schulbücher betrugen 148,70 Euro. Der Kläger erhielt auf Grund der landesrechtlichen Vorschriften (Landesverordnung über die Lernmittelfreiheit - Lernmittelfreiheitsverordnung vom 14.3.1994, GVBl Rheinland-Pfalz 1994, 225) einen Zuschuss pro Schuljahr zu Schulbüchern in Höhe von 59 Euro. Deshalb machte er bei der Beklagten die Kostenübernahme für Schulbücher in Höhe von 89,70 Euro geltend, was diese ablehnte (Bescheid vom 8.9.2005, Widerspruchsbescheid vom 23.9.2005). Hiergegen hat der Kläger am 26.10.2005 Klage zum Sozialgericht (SG) Speyer erhoben, die unter dem Az S 10 AS 439/05 geführt wurde. Während des Klageverfahrens hat der Kläger am 28.3.2006 die Kostenübernahme für weitere Schulbücher für das Schuljahr 2005/2006 in Höhe von insgesamt 49,50 Euro gefordert. Auch dieses Begehren blieb ohne Erfolg (Bescheid der Beklagten vom 4.4.2006, Widerspruchsbescheid vom 9.6.2006). Hiergegen hat der Kläger eine weitere Klage zum SG Speyer erhoben, die unter dem Az S 10 AS 704/06 geführt wurde. Das SG hat durch Urteile vom 11.1.2007 beide Klagen abgewiesen.
- 4
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Das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz hat auf die Berufungen des Klägers beide Verfahren verbunden und durch Urteil vom 25.11.2008 unter Änderung der Urteile des SG den beigeladenen Sozialhilfeträger verurteilt, dem Kläger für das Schuljahr 2005/2006 die Kosten der Schulbücher in Höhe von insgesamt 139,20 Euro zu zahlen. Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, innerhalb des SGB II sei keine Rechtsnorm ersichtlich, nach der der Kläger einen Anspruch auf die Schulbücher geltend machen könne. Es ergebe sich jedoch ein Anspruch des Klägers aus § 73 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) gegen den Beigeladenen als Sozialhilfeträger. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei eine Anwendung des § 73 SGB XII in Fällen einer atypischen Bedarfslage gerechtfertigt. Allerdings dürfte die Norm nicht zu einer allgemeinen Auffangregelung für Leistungsempfänger des SGB II werden. Es sei vielmehr erforderlich, dass die besondere Bedarfslage eine gewisse Nähe zu den speziellen in §§ 47 bis 74 SGB XII geregelten Bedarfslagen aufweise. Die atypische Bedarfslage bestehe hier darin, dass es sich bei den Schulbüchern einerseits um einen Bedarf handele, der bei Erwachsenen in der Regel nicht entstehe und daher auch in die Berechnung der Regelleistungen nicht habe einfließen können, andererseits aber die Kosten für Lernmittel zwingend anfielen. Nach § 70 Abs 1 und 4 des Rheinland-Pfälzischen Schulgesetzes iVm der Landesverordnung über die Lernmittelfreiheit stünden dem Kläger im Schuljahr 2005/2006 lediglich 59 Euro aus Landesmitteln für Schulbücher zu. Der Lernmittelgutschein habe also zum damaligen Zeitpunkt nur einen Bruchteil (weniger als ein Drittel) der notwendigen Aufwendungen für die Anschaffung von Schulbüchern abgedeckt. Der Kläger wäre hier im Umfang des Restbetrags in Höhe von insgesamt 139,20 Euro gezwungen gewesen, monatlich in Höhe von 11,60 Euro auf andere Ausgaben, insbesondere im Bereich der Teilnahme am kulturellen Leben, zu verzichten. Dies sei angesichts der Höhe der Regelleistungen im SGB II nicht hinnehmbar. Dass die besondere atypische Situation des Klägers eine Hilfe in besonderen Lebenslagen nach dem 9. Kapitel des SGB XII rechtfertigen könne, zeige im Übrigen ein Blick auf die Altenhilfe nach § 71 SGB XII. Ältere Menschen könnten wegen ihrer besonderen Situation Leistungen erhalten, um ihnen den Besuch von kulturellen oder der Bildung dienenden Veranstaltungen zu ermöglichen (vgl § 71 Abs 2 Nr 5 SGB XII).
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Hiergegen wendet sich der Beigeladene mit seiner - vom Senat zugelassenen - Revision. Er rügt sinngemäß eine Verletzung des § 73 SGB XII. Der Beigeladene geht davon aus, dass keine atypische Bedarfslage vorliege. Schulische Bedarfe wie zB für Schulmaterialien oder Schülermonatskarten seien nicht über § 73 SGB XII von der Sozialhilfe zu decken. Vielmehr sei eine Lösung im Rahmen des SGB II zu finden. Dort seien die Leistungen allerdings pauschaliert und der Bedarf aus den pauschalierten Regelleistungen abzudecken.
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Der Beigeladene beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. November 2008 aufzuheben und die Berufungen des Klägers gegen die Urteile des Sozialgerichts Speyer vom 11. Januar 2007 zurückzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Insbesondere aus der späteren gesetzlichen Regelung des § 24a SGB II folge, dass der besondere Bedarf für Schulbücher etc nicht innerhalb der Regelleistung gedeckt gewesen sei. Dem LSG sei deshalb zuzustimmen, weil ein ergänzender Anspruch aus § 73 SGB XII immer dann in Frage komme, soweit Kosten anfielen, die gerade nicht aus der Regelleistung gedeckt werden könnten.
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Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Beigeladenen ist begründet. Für das hier streitige Schuljahr 2005/2006 fehlte es in der Sozialrechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland an einer Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch. Gegen den beklagten Träger der Grundsicherung für Arbeit nach dem SGB II wurden die Klagen zu Recht zurückgewiesen, denn das SGB II selbst sah im Jahre 2005 keine Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers vor (vgl hierzu unter 1.). Ebenso wenig kommt eine Verurteilung des beigeladenen Sozialhilfeträgers gemäß § 73 SGB XII in Betracht(vgl hierzu 2.), weil es sich, wie vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seiner Entscheidung vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09 - SGb 2010, 227) klargestellt, bei dem Bedarf für die Schule um einen typischen Bedarf handelt, der bei jedem Schüler regelmäßig anfällt und der deshalb auch im SGB II hätte gedeckt werden müssen. Aus der Verfassungswidrigkeit der Bedarfsunterdeckung folgt dennoch kein Anspruch des Klägers auf Erstattung der Kosten für Schulbücher für vergangene Zeiträume. Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 9.2.2010 (aaO) auch klargestellt, dass die Rechtsverstöße durch eine verfassungswidrige Bedarfsunterdeckung für den Zeitraum ab Inkrafttreten des SGB II ab 1.1.2005 vom Gesetzgeber nicht mit Wirkung für die Vergangenheit zu korrigieren sind (hierzu im Einzelnen unter 3.). Schließlich ist auch der vom BVerfG in seiner Entscheidung vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09) geschaffene verfassungsrechtliche Anspruch für die Deckung unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarfe nicht einschlägig, weil es sich bei dem Bedarf für die Schule nicht um einen besonderen, atypischen Bedarf handelt. Ebenso wenig ist es möglich, den Rechtsgedanken des § 24a SGB II, mit dem mit Wirkung zum 1.8.2009 eine zusätzliche Leistung für die Schule in das SGB II eingefügt wurde, rückwirkend auf den streitigen Zeitraum anzuwenden (hierzu unter 4.).
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1. Zu Recht haben die Vorinstanzen zunächst die Klage auf Erstattung der Kosten für Schulbücher gegen den Grundsicherungsträger nach dem SGB II abgewiesen. Dem Kläger stand im streitigen Zeitraum (Schuljahr 2005/2006) kein gesetzlicher Anspruch im SGB II zur Seite. Der 7b. Senat des BSG (Urteil vom 7.11.2006 - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1) und der erkennende Senat (Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 44/08 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 15) haben klargestellt, dass eine abweichende Festsetzung der pauschalierten Regelleistung nach § 20 SGB II durch die Gerichte - etwa in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens des § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII - grundsätzlich nicht möglich ist. Für die vom Kläger begehrten Kosten der Schulbücher fehlte es im System der Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB II auch sonst an einer Anspruchsgrundlage. Schulbücher waren weder als Mehrbedarfe in § 21 SGB II gesondert normiert, noch als Sonderbedarfe nach § 23 Abs 3 SGB II vorgesehen. § 23 Abs 3 Nr 3 enthält lediglich eine ausdrückliche Regelung für eine Kostenpflicht bei mehrtägigen Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen. Diese Abgeschlossenheit des Systems des SGB II hat der Gesetzgeber des sog Fortentwicklungsgesetzes vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) nochmals betont. In das Gesetz wurde § 3 Abs 3 Satz 1 Halbs 2 und Satz 2 SGB II eingefügt. Hiernach decken die nach dem SGB II vorgesehenen Leistungen den Bedarf der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen. Eine davon abweichende Festlegung der Bedarfe ist ausgeschlossen (vgl hierzu auch BSG Urteil vom 28.10.2009 - SozR 4-4200 § 7 Nr 15 RdNr 17). Schließlich kam auch eine darlehensweise Übernahme der Kosten für Schulbücher gemäß § 23 Abs 1 SGB II bereits deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger eine solche darlehensweise Übernahme der Kosten nicht beantragt hat.
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2. Entgegen der Rechtsauffassung des LSG war aber auch eine Verurteilung des Sozialhilfeträgers gemäß § 73 SGB XII rechtsfehlerhaft, weil es sich bei den Schulbüchern um keinen atypischen Bedarf des Klägers handelte. Der erkennende Senat hat mit Urteil vom heutigen Tag (B 14 AS 13/10 R) nochmals in Fortsetzung der Rechtsprechung des früheren 7b. Senats des BSG (BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1)klargestellt, wann eine ergänzende Heranziehung des § 73 SGB XII für an sich von den Leistungen des SGB XII ausgeschlossene Empfänger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II in Betracht kam. Erforderlich ist hierfür insbesondere eine sogenannte atypische, besondere Bedarfslage, die einen Bezug zu Grundrechten aufweist (vgl BSG Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 13/10 R -; BSGE 97, 242, 249 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1 RdNr 22). Im Gegensatz zu dem von den Folgen einer HIV-Erkrankung betroffenen Empfänger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, dessen Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit iS des Art 2 Abs 2 Grundgesetz (GG) berührt ist, hat der erkennende Senat bereits klargestellt, dass weder der Schulbesuch noch die dadurch entstehenden Fahrkosten eine atypische Lebenssituation begründen (Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 44/08 R - aaO RdNr 21- Schülermonatskarte).
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Der Senat sieht sich in dieser Einschätzung bestätigt durch das Urteil des BVerfG vom 9.2.2010 (aaO). Dort hat das BVerfG die Berechnung der Regelleistung für Kinder und Jugendliche gemäß § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 1 SGB II für verfassungswidrig erachtet und dabei darauf abgestellt, dass der kinder- und altersspezifische Bedarf vom Gesetzgeber nicht richtig ermittelt wurde, der Kinder lediglich als "kleine Erwachsene" behandelt habe(aaO, RdNr 191). Weiter hat das BVerfG ausgeführt: "Ein zusätzlicher Bedarf ist vor allem bei schulpflichtigen Kindern zu erwarten. Notwendige Aufwendungen zur Erfüllung schulischer Pflichten gehören zu ihrem existentiellen Bedarf. Ohne Deckung dieser Kosten droht hilfebedürftigen Kindern der Ausschluss von Lebenschancen, weil sie ohne den Erwerb der notwendigen Schulmaterialien, wie Schulbücher, Schulhefte oder Taschenrechner, die Schule nicht erfolgreich besuchen können. Bei schulpflichtigen Kindern, deren Eltern Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch beziehen, besteht die Gefahr, dass ohne hinreichende staatliche Leistungen ihre Möglichkeiten eingeschränkt werden, später ihren Lebensunterhalt aus eigenen Kräften bestreiten zu können. Dies ist mit Art 1 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG nicht vereinbar." (aaO, RdNr 192).
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Mithin waren die Schulbücher Teil des existentiellen Bedarfs des Klägers, der bereits im Jahre 2005 durch das SGB II und ggf die Regelleistung in § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 1 SGB II hätte gedeckt werden müssen. Der 7b. Senat des BSG hatte bereits in seiner grundlegenden Entscheidung vom 7.11.2006 hierzu klargestellt, dass § 73 SGB XII nicht zu einer allgemeinen Auffangregelung für Leistungsempfänger des SGB II mutieren dürfe (vgl BSG Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 13/10 R -; BSGE 97, 242, 249 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1 RdNr 22). Dies wäre der Fall, wenn das vom BVerfG gerügte Versäumnis des SGB II, die schulischen Bedarfe von Kindern und Jugendlichen zu berücksichtigen, über § 73 SGB XII auf den jeweiligen Sozialhilfeträger abgewälzt würde. Der typische Schulbedarf des Klägers war mithin innerhalb des SGB II zu decken, das aber in verfassungswidriger Weise keine ausreichende Leistung bzw keinen gesetzlichen Anspruch für den Schulbedarf normierte.
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3. Ein Anspruch gegen den Beklagten auf eine Kostenübernahme für Schulbücher im Schuljahr 2005/2006 ist aber - trotz der Verfassungswidrigkeit des SGB II - insoweit auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht gegeben. Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 9.2.2010 (aaO), in dem es das Regelleistungssystem des SGB II insgesamt für den Zeitraum ab 1.1.2005 als Verstoß gegen die Menschenwürde des Art 1 GG iVm dem Sozialstaatsgebot des Art 20 Abs 1 GG betrachtet hat, zugleich klargestellt, dass eine rückwirkende Leistungsgewährung nicht notwendig ist (vgl insbesondere RdNr 217). Das BVerfG hat vielmehr klargestellt, dass Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 den Gesetzgeber nicht dazu verpflichten, die Leistungen rückwirkend für die Zeit ab Inkrafttreten des SGB II am 1.1.2005 neu festzusetzen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG muss der Gesetzgeber einen mit dem GG unvereinbaren Rechtszustand nicht rückwirkend beseitigen, wenn dies einer geordneten Finanz- und Haushaltsplanung zuwider läuft oder die Verfassungsrechtslage bisher nicht hinreichend geklärt war und dem Gesetzgeber aus diesem Grund eine angemessene Frist zur Schaffung einer Neuregelung zu gewähren ist. Diese Grundsätze des BVerfG über die nicht notwendige rückwirkende Korrektur der Verfassungswidrigkeit durch den Gesetzgeber (aaO) gelten auch für die hier im Streit stehende Leistung zur Sicherung des Bedarfs an Schulbüchern, unabhängig davon, ob der Bedarf durch eine Erhöhung der Regelleistung oder durch einen gesonderten Anspruch auf Leistungen für die Schule zu decken wäre. Aus diesem Grund hat der Senat auch von einer Vorlage an das BVerfG nach Art 100 GG abgesehen. Aus der Entscheidung des BVerfG vom 9.2.2010 folgt zwar, dass die Rechtslage im SGB II im Jahr 2005 - gerade auch was den Anspruch des Klägers auf Erstattung von Schulbüchern angeht - einen Verstoß gegen Art 1 iVm Art 20 GG darstellt. Insofern ist diese Rechtsfrage also verfassungsrechtlich bereits geklärt. Zugleich ist vom BVerfG (aaO) aber auch entschieden worden, dass aus einem Verfassungsverstoß insoweit keine Rechtsfolgen für die Vergangenheit folgen. Der Kläger hat daher den Rechtszustand im SGB II im Jahr 2005 hinzunehmen, selbst wenn hierin ein Verfassungsverstoß liegt. Schon aus diesem Grund spielt es im Übrigen auch keine Rolle, dass der landesrechtliche Schulgesetzgeber - anders als in anderen Bundesländern (Art 3 Abs 1 GG) - nur eine teilweise Kostenübernahme vorsah. Die Rechtmäßigkeit der Landesverordnung über die Lernmittelfreiheit wäre ohnehin vor den Verwaltungsgerichten geltend zu machen. Das BVerfG hat zudem klargestellt, dass die Bedarfsermittlung für Schüler nicht von den jeweiligen landesrechtlichen Regelungen in den Schulgesetzen abhängig gemacht werden darf (aaO, RdNr 197).
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4. Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 9.2.2010 (aaO) auch gefordert, dass für unabweisbare, laufende, nicht nur einmalige, besondere Bedarfe ein zusätzlicher verfassungsrechtlicher Anspruch auf Leistungsgewährung besteht. Dieser verfassungsrechtliche Anspruch greift hier schon deshalb nicht ein, weil es sich bei dem vom Kläger geltend gemachten Erstattungsanspruch auf Schulbücher nicht um einen solchen besonderen Bedarf handelt. Vielmehr geht es um einen Anspruch, der vom BVerfG (aaO, RdNr 192, siehe oben unter 3.) dem grundgesetzlich geschützten Existenzminimum zugerechnet wurde. Für solche "typischen" Bedarfe ist der neue verfassungsrechtliche Anspruch ersichtlich nicht gedacht. Im Übrigen handelt es sich, anders als bei dem vom Senat am heutigen Tag (Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 13/10 R) zugesprochenen Anspruch des HIV-kranken SGB II-Empfängers auf Hygienebedarf über § 73 SGB XII, bei dem Anspruch auf Schulbücher darüber hinaus nicht um einen fortlaufend wiederkehrenden, regelmäßigen Anspruch. Vielmehr erschöpft sich die Gewährung in dem einmaligen Rechtsakt, die Schulbücher für das jeweilige Schuljahr anzuschaffen.
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Der Bedarf des Klägers kann schließlich auch nicht über eine aus verfassungsrechtlichen Gründen notwendige rückwirkende Anwendung des Rechtsgedanken des § 24a SGB II gedeckt werden. Der Gesetzgeber hat die vom BVerfG für verfassungswidrig erkannte Rechtslage der Jahre nach 2005 im Bereich der schulischen Leistungen durchaus erkannt und durch das Gesetz zur Förderung von Familien und haushaltsnahen Dienstleistungen vom 22.12.2008 (BGBl I 2955) mit Wirkung zum 1.8.2009 § 24a SGB II in das SGB II eingefügt. Hiernach können Schülerinnen und Schüler, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine zusätzliche Leistung für die Schule in Höhe von pauschal 100 Euro pro Schuljahr erhalten. Die Norm ist zunächst ohne Übergangsregelung und insbesondere ohne sich selbst Rückwirkung beizulegen zum 1.8.2009 in Kraft getreten. Es ist auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich, dem § 24a SGB II - entgegen dem Willen des einfachrechtlichen Gesetzgebers - rückwirkende Bedeutung beizulegen, weil - worauf soeben ausführlich eingegangen wurde - das BVerfG in seinem Urteil vom 9.2.2010 (aaO) zugleich klargestellt hat, dass eine rückwirkende Leistungsgewährung verfassungsrechtlich nicht geboten ist (vgl insbesondere RdNr 217).
(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.
(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.
(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen
- 1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder - 2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.
(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.
(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.
(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.
(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.
(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils
- 1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4, - 2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr, - 3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder - 4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.
(1) Kann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt der oder dem Leistungsberechtigten ein entsprechendes Darlehen. Bei Sachleistungen wird das Darlehen in Höhe des für die Agentur für Arbeit entstandenen Anschaffungswertes gewährt. Weiter gehende Leistungen sind ausgeschlossen.
(2) Solange sich Leistungsberechtigte, insbesondere bei Drogen- oder Alkoholabhängigkeit sowie im Falle unwirtschaftlichen Verhaltens, als ungeeignet erweisen, mit den Leistungen für den Regelbedarf nach § 20 ihren Bedarf zu decken, kann das Bürgergeld bis zur Höhe des Regelbedarfs für den Lebensunterhalt in voller Höhe oder anteilig in Form von Sachleistungen erbracht werden.
(3) Nicht vom Regelbedarf nach § 20 umfasst sind Bedarfe für
- 1.
Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten, - 2.
Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt sowie - 3.
Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete von therapeutischen Geräten.
(4) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts können als Darlehen erbracht werden, soweit in dem Monat, für den die Leistungen erbracht werden, voraussichtlich Einnahmen anfallen. Satz 1 gilt auch, soweit Leistungsberechtigte einmalige Einnahmen nach § 11 Absatz 3 Satz 4 vorzeitig verbraucht haben.
(5) Soweit Leistungsberechtigten der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde, sind Leistungen als Darlehen zu erbringen. Die Leistungen können davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird.
(6) In Fällen des § 22 Absatz 5 werden Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung nur erbracht, wenn der kommunale Träger die Übernahme der Leistungen für Unterkunft und Heizung zugesichert hat oder vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden konnte.
(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.
(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.
(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen
- 1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder - 2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.
(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.
(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.
(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.
(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.
(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils
- 1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4, - 2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr, - 3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder - 4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.
(1) Kann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt der oder dem Leistungsberechtigten ein entsprechendes Darlehen. Bei Sachleistungen wird das Darlehen in Höhe des für die Agentur für Arbeit entstandenen Anschaffungswertes gewährt. Weiter gehende Leistungen sind ausgeschlossen.
(2) Solange sich Leistungsberechtigte, insbesondere bei Drogen- oder Alkoholabhängigkeit sowie im Falle unwirtschaftlichen Verhaltens, als ungeeignet erweisen, mit den Leistungen für den Regelbedarf nach § 20 ihren Bedarf zu decken, kann das Bürgergeld bis zur Höhe des Regelbedarfs für den Lebensunterhalt in voller Höhe oder anteilig in Form von Sachleistungen erbracht werden.
(3) Nicht vom Regelbedarf nach § 20 umfasst sind Bedarfe für
- 1.
Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten, - 2.
Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt sowie - 3.
Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete von therapeutischen Geräten.
(4) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts können als Darlehen erbracht werden, soweit in dem Monat, für den die Leistungen erbracht werden, voraussichtlich Einnahmen anfallen. Satz 1 gilt auch, soweit Leistungsberechtigte einmalige Einnahmen nach § 11 Absatz 3 Satz 4 vorzeitig verbraucht haben.
(5) Soweit Leistungsberechtigten der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde, sind Leistungen als Darlehen zu erbringen. Die Leistungen können davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird.
(6) In Fällen des § 22 Absatz 5 werden Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung nur erbracht, wenn der kommunale Träger die Übernahme der Leistungen für Unterkunft und Heizung zugesichert hat oder vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden konnte.
(1) Darlehen werden nur erbracht, wenn ein Bedarf weder durch Vermögen nach § 12 Absatz 2 und 4 Satz 1 noch auf andere Weise gedeckt werden kann. Darlehen können an einzelne Mitglieder von Bedarfsgemeinschaften oder an mehrere gemeinsam vergeben werden. Die Rückzahlungsverpflichtung trifft die Darlehensnehmer.
(2) Solange Darlehensnehmer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehen, werden Rückzahlungsansprüche aus Darlehen ab dem Monat, der auf die Auszahlung folgt, durch monatliche Aufrechnung in Höhe von 5 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs getilgt. § 43 Absatz 3 gilt entsprechend. Die Aufrechnung ist gegenüber den Darlehensnehmern schriftlich durch Verwaltungsakt zu erklären. Satz 1 gilt nicht, soweit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen erbracht werden oder soweit bereits gemäß § 43 in Höhe von mehr als 20 Prozent des für die Darlehensnehmer maßgebenden Regelbedarfs gegen deren Ansprüche auf Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aufgerechnet wird.
(3) Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 24 Absatz 5 sind nach erfolgter Verwertung sofort in voller Höhe und Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 22 Absatz 6 bei Rückzahlung durch den Vermieter sofort in Höhe des noch nicht getilgten Darlehensbetrages fällig. Deckt der erlangte Betrag den noch nicht getilgten Darlehensbetrag nicht, soll eine Vereinbarung über die Rückzahlung des ausstehenden Betrags unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Darlehensnehmer getroffen werden.
(4) Nach Beendigung des Leistungsbezuges ist der noch nicht getilgte Darlehensbetrag sofort fällig. Über die Rückzahlung des ausstehenden Betrags soll eine Vereinbarung unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Darlehensnehmer getroffen werden.
(5) Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 27 Absatz 3 sind abweichend von Absatz 4 Satz 1 erst nach Abschluss der Ausbildung fällig. Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.
(6) Sofern keine abweichende Tilgungsbestimmung getroffen wird, werden Zahlungen, die zur Tilgung der gesamten fälligen Schuld nicht ausreichen, zunächst auf das zuerst erbrachte Darlehen angerechnet.
(1) Kann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt der oder dem Leistungsberechtigten ein entsprechendes Darlehen. Bei Sachleistungen wird das Darlehen in Höhe des für die Agentur für Arbeit entstandenen Anschaffungswertes gewährt. Weiter gehende Leistungen sind ausgeschlossen.
(2) Solange sich Leistungsberechtigte, insbesondere bei Drogen- oder Alkoholabhängigkeit sowie im Falle unwirtschaftlichen Verhaltens, als ungeeignet erweisen, mit den Leistungen für den Regelbedarf nach § 20 ihren Bedarf zu decken, kann das Bürgergeld bis zur Höhe des Regelbedarfs für den Lebensunterhalt in voller Höhe oder anteilig in Form von Sachleistungen erbracht werden.
(3) Nicht vom Regelbedarf nach § 20 umfasst sind Bedarfe für
- 1.
Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten, - 2.
Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt sowie - 3.
Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete von therapeutischen Geräten.
(4) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts können als Darlehen erbracht werden, soweit in dem Monat, für den die Leistungen erbracht werden, voraussichtlich Einnahmen anfallen. Satz 1 gilt auch, soweit Leistungsberechtigte einmalige Einnahmen nach § 11 Absatz 3 Satz 4 vorzeitig verbraucht haben.
(5) Soweit Leistungsberechtigten der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde, sind Leistungen als Darlehen zu erbringen. Die Leistungen können davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird.
(6) In Fällen des § 22 Absatz 5 werden Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung nur erbracht, wenn der kommunale Träger die Übernahme der Leistungen für Unterkunft und Heizung zugesichert hat oder vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden konnte.
Tenor
-
Die Revisionen der Kläger gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 3. Dezember 2009 werden zurückgewiesen.
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Die Beteiligten haben einander für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
- 1
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Streitig ist die Übernahme der Kosten für Schulbedarf der drei Kläger im Schuljahr 2006/2007 als Leistung nach dem SGB II oder SGB XII.
- 2
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Die Kläger zu 1 und 2 besuchten im benannten Schuljahr die Grund- bzw Sekundarschule. Der Kläger zu 3 wurde im Schuljahr 2006/2007 eingeschult. Der Beklagte bewilligte ihnen und der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Mutter sowie weiteren Geschwistern durch Bescheid vom 27.6.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.7. bis 31.12.2006. Auf den Antrag der Kläger vom 30.6.2006 lehnte der Beklagte die Übernahme von Aufwendungen für Schulbedarf (ua Arbeitsmittel, Arbeitsmaterialien, Schulbücher, Turnzeug, Schultüte und Einschulungsfeier) der drei Kläger durch Bescheid vom 5.7.2006 ab. Den Widerspruch hiergegen wies er durch Widerspruchsbescheid vom 9.8.2006 zurück.
- 3
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Im vorläufigen Rechtsschutz verpflichtete das SG Magdeburg den Beklagten, den Klägern 198,65 Euro darlehensweise zur Bestreitung des geltend gemachten Bedarfs zu gewähren. Der Beklagte führte diese Anordnung durch Bescheid vom 15.9.2006 aus und bestimmte eine Tilgungsverpflichtung aufgeteilt in zwei Monatsraten ab Oktober 2006.
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Im Klageverfahren verurteilte das SG den Beklagten, die darlehensweise gewährten Leistungen als Beihilfe zu zahlen. Einer Rückzahlungsverpflichtung stehe entgegen, dass es sich um Bildungsbedarf handele, was Verfassungsrang habe und daher das Ermessen des Grundsicherungsträgers im Hinblick auf die Rückzahlungsverpflichtung auf Null reduziert sei. Allerdings sei die Klage unbegründet, soweit Bedarfe für die Einschulungsfeier, die Schultüte und das Turnzeug geltend gemacht würden (Urteil vom 22.5.2007).
- 5
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Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG Sachsen-Anhalt das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass den Klägern kein rückzahlungsfreies Darlehen nach § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II zustehe. Die Tilgung sei dort zwingend vorgeschrieben und Gründe für einen Erlass der Rückzahlungsverpflichtung seien nicht gegeben. Ebenso wenig folge ein Anspruch auf die Übernahme der geltend gemachten Aufwendungen aus § 23 Abs 3 SGB II. Bei den dort benannten "Sonderbedarfen" handele es sich nicht um schulisch bedingte Aufwendungen. Dieses gelte auch für Leistungen für Mehrbedarfe nach § 21 SGB II. Ein Anspruch gegen den - vom LSG beigeladenen - Sozialhilfeträger aus § 73 SGB XII scheitere bereits daran, dass es sich hier weder um eine atypische Bedarfslage handele, noch es an einer Anspruchsgrundlage im SGB II mangele, denn die darlehensweise Gewährung von Leistungen zur Deckung der Schulbedarfe sei möglich und hier auch erfolgt(§ 23 Abs 1 Satz 1 SGB II). Hinweise auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 54 SGB XII, also einer Behinderung oder drohenden Behinderung seien nicht vorhanden. Aus der UN-Kinderrechtskonvention könne kein Individualleistungsanspruch abgeleitet werden (Urteil vom 3.12.2009).
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Die Kläger haben die vom LSG zugelassene Revision zum BSG eingelegt. Sie rügen eine Verletzung von §§ 11, 20 SGB II und 73 SGB XII. Durch die Regelleistung seien keine "Schulbedarfe" von Kindern und Jugendlichen gedeckt. Die Abteilung 10 (Bildung) der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe sei bei der Bemessung des Regelsatzes außer Betracht geblieben. Dennoch seien Lernmittel ein unabweisbarer Bedarf - sie seien Grundvoraussetzung für die Wahrnehmung des Rechts auf Bildung und Teilnahme am Schulunterricht. In der Abteilung 9 (Freizeit, Unterhaltung, Kultur) seien zwar Bestandteile für Bücher, Broschüren und Schreibwaren sowie Sportartikel enthalten. Der hierfür angesetzte Betrag reiche jedoch nicht aus, um den "Schulbedarf" zu decken und müsse zudem auch für den Freizeitbedarf eines Kindes insoweit genutzt werden. Ein Ansparen sei den Klägern nicht möglich gewesen. Schulbedarf stelle zudem auch einen atypischen Bedarf dar, denn nur 11,2 % der Bevölkerung besuchten eine Schule, sodass im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung insoweit nicht von einem Regelbedarf ausgegangen werden könne. Dieser atypische Bedarf rechtfertige auch den Einsatz öffentlicher Mittel, sodass zumindest § 73 SGB XII eine Anspruchsgrundlage für die Deckung des geltend gemachten Bedarfs sei. Folge man dem nicht, so müsse wenigstens die Berücksichtigung des Kindergeldes als Einkommen der Kinder in Höhe des Schulbedarfs außer Betracht bleiben.
- 7
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Die Kläger beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 3. Dezember 2009 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 22. Mai 2007 zurückzuweisen.
- 8
-
Der Beklagte beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.
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Er hält die Ausführungen des LSG für zutreffend. Ergänzend weist er darauf hin, dass das Kindergeld den individuellen Bedarf eines jeden Kindes decke und keine Anrechnung von Einkommen bei minderjährigen Kindern erfolge.
- 10
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Der Beigeladene schließt sich dem Antrag des Beklagten an.
Entscheidungsgründe
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Die zulässigen Revisionen sind unbegründet.
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Zu Recht hat das LSG einen Anspruch der Kläger auf Übernahme der Aufwendungen für Schulbedarfe für das Schuljahr 2006/2007 als Zuschussleistung nach dem SGB II verneint. Der Senat schließt sich der Entscheidung des 14. Senats des BSG vom 19.8.2010 (B 14 AS 47/09 R - SozR 4-3500 § 73 Nr 2) an und nimmt, um Wiederholungen zu vermeiden, auf deren Begründung ausdrücklich und vollständig Bezug (3.). Auch über die in dieser Entscheidung abgehandelten Anspruchsgrundlagen der §§ 21, 23 Abs 3 und 24a SGB II, § 73 SGB XII und einem Anspruch direkt aus der Verfassung auf Grundlage der Entscheidung des BVerfG vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09, 3/09, 4/09 - BVerfGE 125, 175 ff) hinaus ist keine Rechtsgrundlage für die von den Klägern begehrte Leistung vorhanden. Die Kläger haben keinen Anspruch auf die begehrte Leistung als rückzahlungsfreies Darlehen nach § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II(4.). Der Schulbedarf ist auch nicht vom Kindergeld als zur Bedarfsdeckung bei den Klägern dienendes Einkommen vorab in Abzug zu bringen (5.).
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1. Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig(vgl Urteile des Senats vom 18.1.2011, ua - B 4 AS 99/10 R). Nach § 76 Abs 3 Satz 1 SGB II ist die gemeinsame Einrichtung als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen beklagten Arbeitsgemeinschaft getreten. Dieser kraft Gesetzes eintretende Beteiligtenwechsel wegen der Weiterentwicklung der Organisation des SGB II stellt keine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung dar. Das Passivrubrum war entsprechend von Amts wegen zu berichtigen.
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Der Senat hat ebenfalls bereits entschieden, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Vorschrift des § 44b SGB II bestehen, weil der Gesetzgeber sich bei der einfachgesetzlichen Ausgestaltung innerhalb des von Art 91e Abs 1 und 3 GG eröffneten Gestaltungsspielraums bewegt(BSG Urteile vom 18.1.2011, ua - B 4 AS 99/10 R).
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2. Streitgegenstände sind die Ansprüche der Kläger auf Übernahme des geltend gemachten Schulbedarfs über die der Beklagte mit dem Bescheid vom 5.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.8.2006 allein entschieden hat. Dabei handelt es sich um eigenständige abtrennbare Streitgegenstände, die isoliert und unabhängig von den übrigen Grundsicherungsleistungen geltend gemacht werden können (vgl BSG Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1, jeweils RdNr 13; s auch BSG Urteil vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2 ). Die Ansprüche stünden allein den Klägern zu. Zwar bilden die Kläger mit ihren Geschwistern und ihrer Mutter eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II, Leistungen für Schulbedarfe sind jedoch individuell nur ihnen zuzuordnen, vergleichbar denen für Klassenfahrt(vgl BSG Urteil vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2; s jedoch zur mangelnden Abtrennbarkeit bei Mehrbedarfsleistungen nach § 21 SGB II, die hier jedoch nicht in Betracht kommen: BSG Urteil vom 15.12.2010 - B 14 AS 44/09 R; BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 59/09 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 9).
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3. Unter Bezugnahme auf die Einzelheiten der Begründung der Entscheidung des 14. Senats vom 19.8.2010 (B 14 AS 47/09 R - SozR 4-3500 § 73 Nr 2) weist der erkennende Senat darauf hin, dass er mit dem 7b. Senat (Urteil vom 7.11.2006 - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1) und dem 14. Senat des BSG (Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 44/08 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 15) davon ausgeht, dass eine abweichende Festsetzung der pauschalierten Regelleistung nach § 20 SGB II durch die Gerichte - etwa in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens des § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII - grundsätzlich nicht möglich ist. Für die von den Klägern begehrten Kosten für Schulbedarf fehlte es im streitigen Zeitraum im System der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II auch sonst an einer Anspruchsgrundlage. Schulbücher waren weder als Mehrbedarfe in § 21 SGB II gesondert normiert, noch als Sonderbedarfe nach § 23 Abs 3 SGB II vorgesehen. § 23 Abs 3 Nr 3 SGB II enthält lediglich eine ausdrückliche Regelung für eine Kostenpflicht bei mehrtägigen Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen. Diese Abgeschlossenheit des Systems des SGB II hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) nochmals betont. In das Gesetz wurde § 3 Abs 3 Satz 1 Halbs 2 und Satz 2 SGB II eingefügt. Hiernach decken die nach dem SGB II vorgesehenen Leistungen den Bedarf der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen. Eine davon abweichende Festlegung der Bedarfe ist ausgeschlossen (vgl hierzu auch BSG Urteil vom 28.10.2009 - SozR 4-4200 § 7 Nr 15 RdNr 17).
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Zutreffend ist auch eine Verurteilung des Beigeladenen auf Grundlage von § 73 SGB XII unterblieben. Der hier geltend gemachte Schulbedarf war Teil des existenziellen Bedarfs der Kläger, der auch im Jahre 2006 durch das SGB II und ggf die Regelleistung in § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 1 SGB II hätte gedeckt werden müssen. Zwar normiert das SGB II keine ausreichende Leistung bzw keinen gesetzlichen Anspruch für den Schulbedarf. Gleichwohl ist ein Anspruch auf Leistungen für Schulbedarf jedoch auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht gegeben. Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 9.2.2010 (aaO), in dem es die Regelungen über die Regelleistung nach dem SGB II für unvereinbar mit Art 1 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG erklärt hat, zugleich klargestellt, dass eine rückwirkende Leistungsgewährung nicht notwendig ist (vgl insbesondere RdNr 217). Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 9.2.2010 (aaO) lediglich gefordert, dass für unabweisbare, laufende, nicht nur einmalige, besondere Bedarfe ein zusätzlicher verfassungsrechtlicher Anspruch auf Leistungsgewährung besteht. Der erkennende Senat hat diesen oder einen derartigen Anspruch auch für bereits abgelaufene Zeiträume während eines noch laufenden Rechtsstreits bejaht (BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 29/09 R - BSGE 105, 279 = SozR 4-1100 Art 1 Nr 7; vgl auch BVerfG Beschluss vom 24.3.2010 - 1 BvR 395/09). Dieser verfassungsrechtliche Anspruch greift hier jedoch schon deshalb nicht ein, weil es sich bei dem von den Klägern geltend gemachten Erstattungsansprüchen wegen Schulbedarfs nicht um einen solchen besonderen Bedarf handelt. Vielmehr geht es um einen Anspruch, der vom BVerfG (aaO, RdNr 192, siehe oben unter 3.) dem grundgesetzlich geschützten Existenzminimum zugerechnet wurde. Für solche "typischen" Bedarfe ist der neue verfassungsrechtliche Anspruch ersichtlich nicht gedacht. Eine rückwirkende Anwendung des § 24a SGB II kommt ebenfalls nicht in Betracht.
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4. Zutreffend hat das LSG auch einen Anspruch der Kläger auf ein rückzahlungsfreies Darlehen zur Deckung des geltend gemachten Schulbedarfs verneint. Nach § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II kann die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis, soweit im Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts weder durch das Vermögen nach § 12 Abs 2 Nr 4 SGB II noch auf andere Weise gedeckt werden kann, den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung erbringen und gewährt dem Hilfebedürftigen ein entsprechendes Darlehen. Das Darlehen wird durch monatliche Aufrechnung in Höhe von bis zu 10 vom Hundert der an den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen jeweils zu zahlenden Regelleistung getilgt (§ 23 Abs 1 Satz 3 SGB II). Weitergehende Leistungen sind ausgeschlossen (§ 23 Abs 1 Satz 4 SGB II). Die Regelung des § 23 Abs 1 SGB II sieht mithin eine Tilgung des Darlehens zwingend vor. Der Gewährung einer von vornherein rückzahlungsfreien Darlehensleistung fehlt es im SGB II an einer Rechtsgrundlage.
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Soweit das LSG an dieser Stelle den Erlass der Darlehenstilgung iS des § 44 SGB II prüft, ist ein derartiger Erlassanspruch nicht Gegenstand des Rechtsstreits geworden. Zwar kann ggf durch einen Erlass nach § 44 SGB II - möglichen, wie oben dargelegten verfassungswidrigen - Bedarfsunterdeckungen durch die Darlehenstilgung entgegengewirkt werden(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1). Der Erlass kann jedoch regelmäßig erst nachträglich erfolgen, denn würde er mit der Darlehensgewährung verbunden, würde er diese damit ad absurdum führen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1). Der Erlass iS des § 44 SGB II, der im Ermessen des Trägers von Leistungen nach dem SGB II steht, wenn die Einziehung der Ansprüche unbillig wäre, setzt zudem eine Verwaltungsentscheidung des Trägers hierüber voraus, woran es vorliegend bisher mangelt. Der Bescheid vom 15.9.2006, mit dem der Beklagte nicht nur den Beschluss des SG Magdeburg ausgeführt, sondern auch eine selbstständige Verfügung im Hinblick auf die Tilgung des Darlehens getroffen hat, ist bindend geworden.
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Die Rückzahlungsfreiheit des Darlehens kann auch nicht auf einen aus § 44 SGB II zu ziehenden Schutzgedanken gegründet werden(vgl hierzu BSG Urteil vom 31.10.1991 - 7 RAr 60/89 - SozR 1300 § 45 Nr 10). Eine solche Anknüpfung wäre im Ergebnis eine Umgehung der vom Gesetzgeber ausgeschlossenen Erhöhung der Regelsätze [Es wird auf die Ausführungen unter Nr 3. verwiesen.] sowie der zwingend vorgesehen Tilgung des Darlehens. Im Hinblick auf die auch vom BVerfG anerkannten Spielräume, die die pauschalierte Regelleistung belässt, und die von ihm befundenen Einspar- und Ansparmöglichkeiten gefährdet eine Tilgung aus der Grundsicherungsleistung auch nicht per se die Existenz. Daher sind in erster Linie die sich aus § 23 Abs 1 Satz 3 SGB II folgenden Spielräume bei der Entscheidung über die Tilgungsmodalitäten vom Grundsicherungsträger zu nutzen und ist bei der Bestimmung der Höhe der Tilgungsraten darauf abzustellen, dass durch die Tilgung des Darlehens der Zweck der SGB II-Leistungen die Existenzsicherung nicht gefährdet wird. Der Heranziehung eines Schutzgedankens aus § 44 SGB II, wie er etwa von der Rechtsprechung § 76 SGB IV im Hinblick auf die Durchsetzung von Forderungen der Sozialversicherungsträger gegen Versicherte(vgl BSG Urteil 10.6.1980 - 4 RJ 115/79 - BSGE 50, 144 = SozR 2200 § 1301 Nr 13)entnommen worden ist, bedarf es im SGB II mithin nicht. Insoweit trägt das Gesetz selbst - mit der Möglichkeit, die Höhe der Tilgungsraten individuell zu bestimmen sowie den gesetzlichen Vorgaben des Erlasses nach § 44 SGB II - dem Schutz des Leistungsempfängers vor existenzgefährdenden Belastungen bereits Rechnung.
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5. Eine Berücksichtigung des Schulbedarfs bei der Höhe des Betrags des Kindergeldes, das zur Bedarfsdeckung der leistungsberechtigten Kinder nach § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II einzusetzen ist, führt hier ebenfalls nicht zum Erfolg der Revisionen.
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Ein derartiges Begehren hat eine Minderung des Einkommens bei der Berechnung der Regelleistung - hier Sozialgeld der Kläger - und damit die Gewährung einer höheren Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts zum Ziel. Der Anspruch auf höheres Sozialgeld ist jedoch nicht Streitgegenstand des Verfahrens. Die Kläger haben mit der Klage, die diesem Revisionsverfahren zu Grunde liegt, nur den auf eine Leistung für Schulbedarfe begrenzten Bescheid vom 5.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.8.2006 angefochten. Es wird insoweit auf die Ausführungen zu 2. verwiesen. Über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts durch den Bescheid vom 27.6.2006 ist hier nicht zu befinden.
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Die Kläger könnten mit ihrem Begehren jedoch auch materiell-rechtlich nicht durchdringen. Nach § 11 Abs 1 SGB II ist das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wird. Kindergeld soll gemäß § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II vorrangig zur Sicherung des Lebensunterhalts des Kindes verwendet werden. Daher nimmt das Kindergeld ebenso wie das sonstige Einkommen und Vermögen des minderjährigen Kindes nicht an der Einkommensverteilung innerhalb der Bedarfsgemeinschaft nach § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II teil (vgl BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14 AS 55/07 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 4; Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 39/08 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 23). Das Kindergeld soll dem jeweiligen Kind in der Bedarfsgemeinschaft umfassend zur Verfügung stehen, soweit sein Bedarf nicht anderweitig gedeckt ist und solange das Kind in der Bedarfsgemeinschaft lebt. Das Kindergeld dient dort der Existenzsicherung des Kindes, wie die Kläger selbst zutreffend ausführen, also auch zur Deckung des Schulbedarfs. Soll es diesen Zweck nicht verfehlen, darf nicht zugleich, bevor es zur Bedarfsdeckung eingesetzt wird, ein Teil herausgerechnet werden.
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Auch mit der Auffassung, das Kindergeld sei in Höhe des Schulbedarfs als zweckbestimmte Einnahme anzusehen und daher nicht als Einkommen bei der Berechnung des Sozialgeldes zu berücksichtigen, vermögen die Kläger nicht durchzudringen. Das Kindergeld ist aufgrund seiner Bindung zur Bedarfsdeckung beim Kind zwar eine an die Person gebundene Leistung, die allerdings dem selben Zweck wie die SGB II-Leistung dient, nämlich der Sicherung des Lebensunterhalts (s zur Zweckidentität BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 67/09 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 28). Deshalb ist das Kindergeld auch nicht ganz oder teilweise von der Einkommensberücksichtigung als zweckbestimmte Einnahme iS des § 11 Abs 3 SGB II auszunehmen.
Die Gebühr kann ermäßigt oder von ihrer Erhebung kann abgesehen werden, wenn die Person, die die Gebühren schuldet, bedürftig ist.
Tenor
Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht bewilligt.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 22,80 EUR festgesetzt.
Gründe
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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.
(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.
(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
- 1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder - 2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.
(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.
(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden. Wird sowohl ein Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet mündliche Verhandlung statt.
(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.
(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(1) Das Landessozialgericht kann durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn
- 1.
dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, - 2.
das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist.
(2) Das Sozialgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
Tenor
-
Die Revisionen der Kläger gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 3. Dezember 2009 werden zurückgewiesen.
-
Die Beteiligten haben einander für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
- 1
-
Streitig ist die Übernahme der Kosten für Schulbedarf der drei Kläger im Schuljahr 2006/2007 als Leistung nach dem SGB II oder SGB XII.
- 2
-
Die Kläger zu 1 und 2 besuchten im benannten Schuljahr die Grund- bzw Sekundarschule. Der Kläger zu 3 wurde im Schuljahr 2006/2007 eingeschult. Der Beklagte bewilligte ihnen und der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Mutter sowie weiteren Geschwistern durch Bescheid vom 27.6.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.7. bis 31.12.2006. Auf den Antrag der Kläger vom 30.6.2006 lehnte der Beklagte die Übernahme von Aufwendungen für Schulbedarf (ua Arbeitsmittel, Arbeitsmaterialien, Schulbücher, Turnzeug, Schultüte und Einschulungsfeier) der drei Kläger durch Bescheid vom 5.7.2006 ab. Den Widerspruch hiergegen wies er durch Widerspruchsbescheid vom 9.8.2006 zurück.
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Im vorläufigen Rechtsschutz verpflichtete das SG Magdeburg den Beklagten, den Klägern 198,65 Euro darlehensweise zur Bestreitung des geltend gemachten Bedarfs zu gewähren. Der Beklagte führte diese Anordnung durch Bescheid vom 15.9.2006 aus und bestimmte eine Tilgungsverpflichtung aufgeteilt in zwei Monatsraten ab Oktober 2006.
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Im Klageverfahren verurteilte das SG den Beklagten, die darlehensweise gewährten Leistungen als Beihilfe zu zahlen. Einer Rückzahlungsverpflichtung stehe entgegen, dass es sich um Bildungsbedarf handele, was Verfassungsrang habe und daher das Ermessen des Grundsicherungsträgers im Hinblick auf die Rückzahlungsverpflichtung auf Null reduziert sei. Allerdings sei die Klage unbegründet, soweit Bedarfe für die Einschulungsfeier, die Schultüte und das Turnzeug geltend gemacht würden (Urteil vom 22.5.2007).
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Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG Sachsen-Anhalt das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass den Klägern kein rückzahlungsfreies Darlehen nach § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II zustehe. Die Tilgung sei dort zwingend vorgeschrieben und Gründe für einen Erlass der Rückzahlungsverpflichtung seien nicht gegeben. Ebenso wenig folge ein Anspruch auf die Übernahme der geltend gemachten Aufwendungen aus § 23 Abs 3 SGB II. Bei den dort benannten "Sonderbedarfen" handele es sich nicht um schulisch bedingte Aufwendungen. Dieses gelte auch für Leistungen für Mehrbedarfe nach § 21 SGB II. Ein Anspruch gegen den - vom LSG beigeladenen - Sozialhilfeträger aus § 73 SGB XII scheitere bereits daran, dass es sich hier weder um eine atypische Bedarfslage handele, noch es an einer Anspruchsgrundlage im SGB II mangele, denn die darlehensweise Gewährung von Leistungen zur Deckung der Schulbedarfe sei möglich und hier auch erfolgt(§ 23 Abs 1 Satz 1 SGB II). Hinweise auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 54 SGB XII, also einer Behinderung oder drohenden Behinderung seien nicht vorhanden. Aus der UN-Kinderrechtskonvention könne kein Individualleistungsanspruch abgeleitet werden (Urteil vom 3.12.2009).
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Die Kläger haben die vom LSG zugelassene Revision zum BSG eingelegt. Sie rügen eine Verletzung von §§ 11, 20 SGB II und 73 SGB XII. Durch die Regelleistung seien keine "Schulbedarfe" von Kindern und Jugendlichen gedeckt. Die Abteilung 10 (Bildung) der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe sei bei der Bemessung des Regelsatzes außer Betracht geblieben. Dennoch seien Lernmittel ein unabweisbarer Bedarf - sie seien Grundvoraussetzung für die Wahrnehmung des Rechts auf Bildung und Teilnahme am Schulunterricht. In der Abteilung 9 (Freizeit, Unterhaltung, Kultur) seien zwar Bestandteile für Bücher, Broschüren und Schreibwaren sowie Sportartikel enthalten. Der hierfür angesetzte Betrag reiche jedoch nicht aus, um den "Schulbedarf" zu decken und müsse zudem auch für den Freizeitbedarf eines Kindes insoweit genutzt werden. Ein Ansparen sei den Klägern nicht möglich gewesen. Schulbedarf stelle zudem auch einen atypischen Bedarf dar, denn nur 11,2 % der Bevölkerung besuchten eine Schule, sodass im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung insoweit nicht von einem Regelbedarf ausgegangen werden könne. Dieser atypische Bedarf rechtfertige auch den Einsatz öffentlicher Mittel, sodass zumindest § 73 SGB XII eine Anspruchsgrundlage für die Deckung des geltend gemachten Bedarfs sei. Folge man dem nicht, so müsse wenigstens die Berücksichtigung des Kindergeldes als Einkommen der Kinder in Höhe des Schulbedarfs außer Betracht bleiben.
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Die Kläger beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 3. Dezember 2009 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 22. Mai 2007 zurückzuweisen.
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Der Beklagte beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.
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Er hält die Ausführungen des LSG für zutreffend. Ergänzend weist er darauf hin, dass das Kindergeld den individuellen Bedarf eines jeden Kindes decke und keine Anrechnung von Einkommen bei minderjährigen Kindern erfolge.
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Der Beigeladene schließt sich dem Antrag des Beklagten an.
Entscheidungsgründe
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Die zulässigen Revisionen sind unbegründet.
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Zu Recht hat das LSG einen Anspruch der Kläger auf Übernahme der Aufwendungen für Schulbedarfe für das Schuljahr 2006/2007 als Zuschussleistung nach dem SGB II verneint. Der Senat schließt sich der Entscheidung des 14. Senats des BSG vom 19.8.2010 (B 14 AS 47/09 R - SozR 4-3500 § 73 Nr 2) an und nimmt, um Wiederholungen zu vermeiden, auf deren Begründung ausdrücklich und vollständig Bezug (3.). Auch über die in dieser Entscheidung abgehandelten Anspruchsgrundlagen der §§ 21, 23 Abs 3 und 24a SGB II, § 73 SGB XII und einem Anspruch direkt aus der Verfassung auf Grundlage der Entscheidung des BVerfG vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09, 3/09, 4/09 - BVerfGE 125, 175 ff) hinaus ist keine Rechtsgrundlage für die von den Klägern begehrte Leistung vorhanden. Die Kläger haben keinen Anspruch auf die begehrte Leistung als rückzahlungsfreies Darlehen nach § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II(4.). Der Schulbedarf ist auch nicht vom Kindergeld als zur Bedarfsdeckung bei den Klägern dienendes Einkommen vorab in Abzug zu bringen (5.).
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1. Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig(vgl Urteile des Senats vom 18.1.2011, ua - B 4 AS 99/10 R). Nach § 76 Abs 3 Satz 1 SGB II ist die gemeinsame Einrichtung als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen beklagten Arbeitsgemeinschaft getreten. Dieser kraft Gesetzes eintretende Beteiligtenwechsel wegen der Weiterentwicklung der Organisation des SGB II stellt keine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung dar. Das Passivrubrum war entsprechend von Amts wegen zu berichtigen.
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Der Senat hat ebenfalls bereits entschieden, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Vorschrift des § 44b SGB II bestehen, weil der Gesetzgeber sich bei der einfachgesetzlichen Ausgestaltung innerhalb des von Art 91e Abs 1 und 3 GG eröffneten Gestaltungsspielraums bewegt(BSG Urteile vom 18.1.2011, ua - B 4 AS 99/10 R).
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2. Streitgegenstände sind die Ansprüche der Kläger auf Übernahme des geltend gemachten Schulbedarfs über die der Beklagte mit dem Bescheid vom 5.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.8.2006 allein entschieden hat. Dabei handelt es sich um eigenständige abtrennbare Streitgegenstände, die isoliert und unabhängig von den übrigen Grundsicherungsleistungen geltend gemacht werden können (vgl BSG Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1, jeweils RdNr 13; s auch BSG Urteil vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2 ). Die Ansprüche stünden allein den Klägern zu. Zwar bilden die Kläger mit ihren Geschwistern und ihrer Mutter eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II, Leistungen für Schulbedarfe sind jedoch individuell nur ihnen zuzuordnen, vergleichbar denen für Klassenfahrt(vgl BSG Urteil vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2; s jedoch zur mangelnden Abtrennbarkeit bei Mehrbedarfsleistungen nach § 21 SGB II, die hier jedoch nicht in Betracht kommen: BSG Urteil vom 15.12.2010 - B 14 AS 44/09 R; BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 59/09 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 9).
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3. Unter Bezugnahme auf die Einzelheiten der Begründung der Entscheidung des 14. Senats vom 19.8.2010 (B 14 AS 47/09 R - SozR 4-3500 § 73 Nr 2) weist der erkennende Senat darauf hin, dass er mit dem 7b. Senat (Urteil vom 7.11.2006 - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1) und dem 14. Senat des BSG (Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 44/08 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 15) davon ausgeht, dass eine abweichende Festsetzung der pauschalierten Regelleistung nach § 20 SGB II durch die Gerichte - etwa in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens des § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII - grundsätzlich nicht möglich ist. Für die von den Klägern begehrten Kosten für Schulbedarf fehlte es im streitigen Zeitraum im System der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II auch sonst an einer Anspruchsgrundlage. Schulbücher waren weder als Mehrbedarfe in § 21 SGB II gesondert normiert, noch als Sonderbedarfe nach § 23 Abs 3 SGB II vorgesehen. § 23 Abs 3 Nr 3 SGB II enthält lediglich eine ausdrückliche Regelung für eine Kostenpflicht bei mehrtägigen Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen. Diese Abgeschlossenheit des Systems des SGB II hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) nochmals betont. In das Gesetz wurde § 3 Abs 3 Satz 1 Halbs 2 und Satz 2 SGB II eingefügt. Hiernach decken die nach dem SGB II vorgesehenen Leistungen den Bedarf der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen. Eine davon abweichende Festlegung der Bedarfe ist ausgeschlossen (vgl hierzu auch BSG Urteil vom 28.10.2009 - SozR 4-4200 § 7 Nr 15 RdNr 17).
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Zutreffend ist auch eine Verurteilung des Beigeladenen auf Grundlage von § 73 SGB XII unterblieben. Der hier geltend gemachte Schulbedarf war Teil des existenziellen Bedarfs der Kläger, der auch im Jahre 2006 durch das SGB II und ggf die Regelleistung in § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 1 SGB II hätte gedeckt werden müssen. Zwar normiert das SGB II keine ausreichende Leistung bzw keinen gesetzlichen Anspruch für den Schulbedarf. Gleichwohl ist ein Anspruch auf Leistungen für Schulbedarf jedoch auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht gegeben. Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 9.2.2010 (aaO), in dem es die Regelungen über die Regelleistung nach dem SGB II für unvereinbar mit Art 1 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG erklärt hat, zugleich klargestellt, dass eine rückwirkende Leistungsgewährung nicht notwendig ist (vgl insbesondere RdNr 217). Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 9.2.2010 (aaO) lediglich gefordert, dass für unabweisbare, laufende, nicht nur einmalige, besondere Bedarfe ein zusätzlicher verfassungsrechtlicher Anspruch auf Leistungsgewährung besteht. Der erkennende Senat hat diesen oder einen derartigen Anspruch auch für bereits abgelaufene Zeiträume während eines noch laufenden Rechtsstreits bejaht (BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 29/09 R - BSGE 105, 279 = SozR 4-1100 Art 1 Nr 7; vgl auch BVerfG Beschluss vom 24.3.2010 - 1 BvR 395/09). Dieser verfassungsrechtliche Anspruch greift hier jedoch schon deshalb nicht ein, weil es sich bei dem von den Klägern geltend gemachten Erstattungsansprüchen wegen Schulbedarfs nicht um einen solchen besonderen Bedarf handelt. Vielmehr geht es um einen Anspruch, der vom BVerfG (aaO, RdNr 192, siehe oben unter 3.) dem grundgesetzlich geschützten Existenzminimum zugerechnet wurde. Für solche "typischen" Bedarfe ist der neue verfassungsrechtliche Anspruch ersichtlich nicht gedacht. Eine rückwirkende Anwendung des § 24a SGB II kommt ebenfalls nicht in Betracht.
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4. Zutreffend hat das LSG auch einen Anspruch der Kläger auf ein rückzahlungsfreies Darlehen zur Deckung des geltend gemachten Schulbedarfs verneint. Nach § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II kann die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis, soweit im Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts weder durch das Vermögen nach § 12 Abs 2 Nr 4 SGB II noch auf andere Weise gedeckt werden kann, den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung erbringen und gewährt dem Hilfebedürftigen ein entsprechendes Darlehen. Das Darlehen wird durch monatliche Aufrechnung in Höhe von bis zu 10 vom Hundert der an den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen jeweils zu zahlenden Regelleistung getilgt (§ 23 Abs 1 Satz 3 SGB II). Weitergehende Leistungen sind ausgeschlossen (§ 23 Abs 1 Satz 4 SGB II). Die Regelung des § 23 Abs 1 SGB II sieht mithin eine Tilgung des Darlehens zwingend vor. Der Gewährung einer von vornherein rückzahlungsfreien Darlehensleistung fehlt es im SGB II an einer Rechtsgrundlage.
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Soweit das LSG an dieser Stelle den Erlass der Darlehenstilgung iS des § 44 SGB II prüft, ist ein derartiger Erlassanspruch nicht Gegenstand des Rechtsstreits geworden. Zwar kann ggf durch einen Erlass nach § 44 SGB II - möglichen, wie oben dargelegten verfassungswidrigen - Bedarfsunterdeckungen durch die Darlehenstilgung entgegengewirkt werden(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1). Der Erlass kann jedoch regelmäßig erst nachträglich erfolgen, denn würde er mit der Darlehensgewährung verbunden, würde er diese damit ad absurdum führen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1). Der Erlass iS des § 44 SGB II, der im Ermessen des Trägers von Leistungen nach dem SGB II steht, wenn die Einziehung der Ansprüche unbillig wäre, setzt zudem eine Verwaltungsentscheidung des Trägers hierüber voraus, woran es vorliegend bisher mangelt. Der Bescheid vom 15.9.2006, mit dem der Beklagte nicht nur den Beschluss des SG Magdeburg ausgeführt, sondern auch eine selbstständige Verfügung im Hinblick auf die Tilgung des Darlehens getroffen hat, ist bindend geworden.
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Die Rückzahlungsfreiheit des Darlehens kann auch nicht auf einen aus § 44 SGB II zu ziehenden Schutzgedanken gegründet werden(vgl hierzu BSG Urteil vom 31.10.1991 - 7 RAr 60/89 - SozR 1300 § 45 Nr 10). Eine solche Anknüpfung wäre im Ergebnis eine Umgehung der vom Gesetzgeber ausgeschlossenen Erhöhung der Regelsätze [Es wird auf die Ausführungen unter Nr 3. verwiesen.] sowie der zwingend vorgesehen Tilgung des Darlehens. Im Hinblick auf die auch vom BVerfG anerkannten Spielräume, die die pauschalierte Regelleistung belässt, und die von ihm befundenen Einspar- und Ansparmöglichkeiten gefährdet eine Tilgung aus der Grundsicherungsleistung auch nicht per se die Existenz. Daher sind in erster Linie die sich aus § 23 Abs 1 Satz 3 SGB II folgenden Spielräume bei der Entscheidung über die Tilgungsmodalitäten vom Grundsicherungsträger zu nutzen und ist bei der Bestimmung der Höhe der Tilgungsraten darauf abzustellen, dass durch die Tilgung des Darlehens der Zweck der SGB II-Leistungen die Existenzsicherung nicht gefährdet wird. Der Heranziehung eines Schutzgedankens aus § 44 SGB II, wie er etwa von der Rechtsprechung § 76 SGB IV im Hinblick auf die Durchsetzung von Forderungen der Sozialversicherungsträger gegen Versicherte(vgl BSG Urteil 10.6.1980 - 4 RJ 115/79 - BSGE 50, 144 = SozR 2200 § 1301 Nr 13)entnommen worden ist, bedarf es im SGB II mithin nicht. Insoweit trägt das Gesetz selbst - mit der Möglichkeit, die Höhe der Tilgungsraten individuell zu bestimmen sowie den gesetzlichen Vorgaben des Erlasses nach § 44 SGB II - dem Schutz des Leistungsempfängers vor existenzgefährdenden Belastungen bereits Rechnung.
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5. Eine Berücksichtigung des Schulbedarfs bei der Höhe des Betrags des Kindergeldes, das zur Bedarfsdeckung der leistungsberechtigten Kinder nach § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II einzusetzen ist, führt hier ebenfalls nicht zum Erfolg der Revisionen.
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Ein derartiges Begehren hat eine Minderung des Einkommens bei der Berechnung der Regelleistung - hier Sozialgeld der Kläger - und damit die Gewährung einer höheren Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts zum Ziel. Der Anspruch auf höheres Sozialgeld ist jedoch nicht Streitgegenstand des Verfahrens. Die Kläger haben mit der Klage, die diesem Revisionsverfahren zu Grunde liegt, nur den auf eine Leistung für Schulbedarfe begrenzten Bescheid vom 5.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.8.2006 angefochten. Es wird insoweit auf die Ausführungen zu 2. verwiesen. Über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts durch den Bescheid vom 27.6.2006 ist hier nicht zu befinden.
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Die Kläger könnten mit ihrem Begehren jedoch auch materiell-rechtlich nicht durchdringen. Nach § 11 Abs 1 SGB II ist das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wird. Kindergeld soll gemäß § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II vorrangig zur Sicherung des Lebensunterhalts des Kindes verwendet werden. Daher nimmt das Kindergeld ebenso wie das sonstige Einkommen und Vermögen des minderjährigen Kindes nicht an der Einkommensverteilung innerhalb der Bedarfsgemeinschaft nach § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II teil (vgl BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14 AS 55/07 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 4; Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 39/08 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 23). Das Kindergeld soll dem jeweiligen Kind in der Bedarfsgemeinschaft umfassend zur Verfügung stehen, soweit sein Bedarf nicht anderweitig gedeckt ist und solange das Kind in der Bedarfsgemeinschaft lebt. Das Kindergeld dient dort der Existenzsicherung des Kindes, wie die Kläger selbst zutreffend ausführen, also auch zur Deckung des Schulbedarfs. Soll es diesen Zweck nicht verfehlen, darf nicht zugleich, bevor es zur Bedarfsdeckung eingesetzt wird, ein Teil herausgerechnet werden.
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Auch mit der Auffassung, das Kindergeld sei in Höhe des Schulbedarfs als zweckbestimmte Einnahme anzusehen und daher nicht als Einkommen bei der Berechnung des Sozialgeldes zu berücksichtigen, vermögen die Kläger nicht durchzudringen. Das Kindergeld ist aufgrund seiner Bindung zur Bedarfsdeckung beim Kind zwar eine an die Person gebundene Leistung, die allerdings dem selben Zweck wie die SGB II-Leistung dient, nämlich der Sicherung des Lebensunterhalts (s zur Zweckidentität BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 67/09 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 28). Deshalb ist das Kindergeld auch nicht ganz oder teilweise von der Einkommensberücksichtigung als zweckbestimmte Einnahme iS des § 11 Abs 3 SGB II auszunehmen.
(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen.
(1a) Der Regelbedarf wird in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches in Verbindung mit der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung anerkannt. Soweit in diesem Buch auf einen Regelbedarf oder eine Regelbedarfsstufe verwiesen wird, ist auf den Betrag der für den jeweiligen Zeitraum geltenden Neuermittlung entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz abzustellen. In Jahren, in denen keine Neuermittlung nach § 28 des Zwölften Buches erfolgt, ist auf den Betrag abzustellen, der sich für den jeweiligen Zeitraum entsprechend der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches ergibt.
(2) Als Regelbedarf wird bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt. Für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft wird als Regelbedarf anerkannt:
- 1.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 4, sofern sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, - 2.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 in den übrigen Fällen.
(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Absatz 5 umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der in Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannte Betrag als Regelbedarf anzuerkennen.
(4) Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, ist als Regelbedarf für jede dieser Personen monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anzuerkennen.
(5) (weggefallen)
Tenor
-
Die Revisionen der Kläger gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 3. Dezember 2009 werden zurückgewiesen.
-
Die Beteiligten haben einander für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
- 1
-
Streitig ist die Übernahme der Kosten für Schulbedarf der drei Kläger im Schuljahr 2006/2007 als Leistung nach dem SGB II oder SGB XII.
- 2
-
Die Kläger zu 1 und 2 besuchten im benannten Schuljahr die Grund- bzw Sekundarschule. Der Kläger zu 3 wurde im Schuljahr 2006/2007 eingeschult. Der Beklagte bewilligte ihnen und der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Mutter sowie weiteren Geschwistern durch Bescheid vom 27.6.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.7. bis 31.12.2006. Auf den Antrag der Kläger vom 30.6.2006 lehnte der Beklagte die Übernahme von Aufwendungen für Schulbedarf (ua Arbeitsmittel, Arbeitsmaterialien, Schulbücher, Turnzeug, Schultüte und Einschulungsfeier) der drei Kläger durch Bescheid vom 5.7.2006 ab. Den Widerspruch hiergegen wies er durch Widerspruchsbescheid vom 9.8.2006 zurück.
- 3
-
Im vorläufigen Rechtsschutz verpflichtete das SG Magdeburg den Beklagten, den Klägern 198,65 Euro darlehensweise zur Bestreitung des geltend gemachten Bedarfs zu gewähren. Der Beklagte führte diese Anordnung durch Bescheid vom 15.9.2006 aus und bestimmte eine Tilgungsverpflichtung aufgeteilt in zwei Monatsraten ab Oktober 2006.
- 4
-
Im Klageverfahren verurteilte das SG den Beklagten, die darlehensweise gewährten Leistungen als Beihilfe zu zahlen. Einer Rückzahlungsverpflichtung stehe entgegen, dass es sich um Bildungsbedarf handele, was Verfassungsrang habe und daher das Ermessen des Grundsicherungsträgers im Hinblick auf die Rückzahlungsverpflichtung auf Null reduziert sei. Allerdings sei die Klage unbegründet, soweit Bedarfe für die Einschulungsfeier, die Schultüte und das Turnzeug geltend gemacht würden (Urteil vom 22.5.2007).
- 5
-
Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG Sachsen-Anhalt das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass den Klägern kein rückzahlungsfreies Darlehen nach § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II zustehe. Die Tilgung sei dort zwingend vorgeschrieben und Gründe für einen Erlass der Rückzahlungsverpflichtung seien nicht gegeben. Ebenso wenig folge ein Anspruch auf die Übernahme der geltend gemachten Aufwendungen aus § 23 Abs 3 SGB II. Bei den dort benannten "Sonderbedarfen" handele es sich nicht um schulisch bedingte Aufwendungen. Dieses gelte auch für Leistungen für Mehrbedarfe nach § 21 SGB II. Ein Anspruch gegen den - vom LSG beigeladenen - Sozialhilfeträger aus § 73 SGB XII scheitere bereits daran, dass es sich hier weder um eine atypische Bedarfslage handele, noch es an einer Anspruchsgrundlage im SGB II mangele, denn die darlehensweise Gewährung von Leistungen zur Deckung der Schulbedarfe sei möglich und hier auch erfolgt(§ 23 Abs 1 Satz 1 SGB II). Hinweise auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 54 SGB XII, also einer Behinderung oder drohenden Behinderung seien nicht vorhanden. Aus der UN-Kinderrechtskonvention könne kein Individualleistungsanspruch abgeleitet werden (Urteil vom 3.12.2009).
- 6
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Die Kläger haben die vom LSG zugelassene Revision zum BSG eingelegt. Sie rügen eine Verletzung von §§ 11, 20 SGB II und 73 SGB XII. Durch die Regelleistung seien keine "Schulbedarfe" von Kindern und Jugendlichen gedeckt. Die Abteilung 10 (Bildung) der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe sei bei der Bemessung des Regelsatzes außer Betracht geblieben. Dennoch seien Lernmittel ein unabweisbarer Bedarf - sie seien Grundvoraussetzung für die Wahrnehmung des Rechts auf Bildung und Teilnahme am Schulunterricht. In der Abteilung 9 (Freizeit, Unterhaltung, Kultur) seien zwar Bestandteile für Bücher, Broschüren und Schreibwaren sowie Sportartikel enthalten. Der hierfür angesetzte Betrag reiche jedoch nicht aus, um den "Schulbedarf" zu decken und müsse zudem auch für den Freizeitbedarf eines Kindes insoweit genutzt werden. Ein Ansparen sei den Klägern nicht möglich gewesen. Schulbedarf stelle zudem auch einen atypischen Bedarf dar, denn nur 11,2 % der Bevölkerung besuchten eine Schule, sodass im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung insoweit nicht von einem Regelbedarf ausgegangen werden könne. Dieser atypische Bedarf rechtfertige auch den Einsatz öffentlicher Mittel, sodass zumindest § 73 SGB XII eine Anspruchsgrundlage für die Deckung des geltend gemachten Bedarfs sei. Folge man dem nicht, so müsse wenigstens die Berücksichtigung des Kindergeldes als Einkommen der Kinder in Höhe des Schulbedarfs außer Betracht bleiben.
- 7
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Die Kläger beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 3. Dezember 2009 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 22. Mai 2007 zurückzuweisen.
- 8
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Der Beklagte beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.
- 9
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Er hält die Ausführungen des LSG für zutreffend. Ergänzend weist er darauf hin, dass das Kindergeld den individuellen Bedarf eines jeden Kindes decke und keine Anrechnung von Einkommen bei minderjährigen Kindern erfolge.
- 10
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Der Beigeladene schließt sich dem Antrag des Beklagten an.
Entscheidungsgründe
- 11
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Die zulässigen Revisionen sind unbegründet.
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Zu Recht hat das LSG einen Anspruch der Kläger auf Übernahme der Aufwendungen für Schulbedarfe für das Schuljahr 2006/2007 als Zuschussleistung nach dem SGB II verneint. Der Senat schließt sich der Entscheidung des 14. Senats des BSG vom 19.8.2010 (B 14 AS 47/09 R - SozR 4-3500 § 73 Nr 2) an und nimmt, um Wiederholungen zu vermeiden, auf deren Begründung ausdrücklich und vollständig Bezug (3.). Auch über die in dieser Entscheidung abgehandelten Anspruchsgrundlagen der §§ 21, 23 Abs 3 und 24a SGB II, § 73 SGB XII und einem Anspruch direkt aus der Verfassung auf Grundlage der Entscheidung des BVerfG vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09, 3/09, 4/09 - BVerfGE 125, 175 ff) hinaus ist keine Rechtsgrundlage für die von den Klägern begehrte Leistung vorhanden. Die Kläger haben keinen Anspruch auf die begehrte Leistung als rückzahlungsfreies Darlehen nach § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II(4.). Der Schulbedarf ist auch nicht vom Kindergeld als zur Bedarfsdeckung bei den Klägern dienendes Einkommen vorab in Abzug zu bringen (5.).
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1. Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig(vgl Urteile des Senats vom 18.1.2011, ua - B 4 AS 99/10 R). Nach § 76 Abs 3 Satz 1 SGB II ist die gemeinsame Einrichtung als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen beklagten Arbeitsgemeinschaft getreten. Dieser kraft Gesetzes eintretende Beteiligtenwechsel wegen der Weiterentwicklung der Organisation des SGB II stellt keine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung dar. Das Passivrubrum war entsprechend von Amts wegen zu berichtigen.
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Der Senat hat ebenfalls bereits entschieden, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Vorschrift des § 44b SGB II bestehen, weil der Gesetzgeber sich bei der einfachgesetzlichen Ausgestaltung innerhalb des von Art 91e Abs 1 und 3 GG eröffneten Gestaltungsspielraums bewegt(BSG Urteile vom 18.1.2011, ua - B 4 AS 99/10 R).
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2. Streitgegenstände sind die Ansprüche der Kläger auf Übernahme des geltend gemachten Schulbedarfs über die der Beklagte mit dem Bescheid vom 5.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.8.2006 allein entschieden hat. Dabei handelt es sich um eigenständige abtrennbare Streitgegenstände, die isoliert und unabhängig von den übrigen Grundsicherungsleistungen geltend gemacht werden können (vgl BSG Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1, jeweils RdNr 13; s auch BSG Urteil vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2 ). Die Ansprüche stünden allein den Klägern zu. Zwar bilden die Kläger mit ihren Geschwistern und ihrer Mutter eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II, Leistungen für Schulbedarfe sind jedoch individuell nur ihnen zuzuordnen, vergleichbar denen für Klassenfahrt(vgl BSG Urteil vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2; s jedoch zur mangelnden Abtrennbarkeit bei Mehrbedarfsleistungen nach § 21 SGB II, die hier jedoch nicht in Betracht kommen: BSG Urteil vom 15.12.2010 - B 14 AS 44/09 R; BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 59/09 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 9).
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3. Unter Bezugnahme auf die Einzelheiten der Begründung der Entscheidung des 14. Senats vom 19.8.2010 (B 14 AS 47/09 R - SozR 4-3500 § 73 Nr 2) weist der erkennende Senat darauf hin, dass er mit dem 7b. Senat (Urteil vom 7.11.2006 - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1) und dem 14. Senat des BSG (Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 44/08 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 15) davon ausgeht, dass eine abweichende Festsetzung der pauschalierten Regelleistung nach § 20 SGB II durch die Gerichte - etwa in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens des § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII - grundsätzlich nicht möglich ist. Für die von den Klägern begehrten Kosten für Schulbedarf fehlte es im streitigen Zeitraum im System der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II auch sonst an einer Anspruchsgrundlage. Schulbücher waren weder als Mehrbedarfe in § 21 SGB II gesondert normiert, noch als Sonderbedarfe nach § 23 Abs 3 SGB II vorgesehen. § 23 Abs 3 Nr 3 SGB II enthält lediglich eine ausdrückliche Regelung für eine Kostenpflicht bei mehrtägigen Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen. Diese Abgeschlossenheit des Systems des SGB II hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) nochmals betont. In das Gesetz wurde § 3 Abs 3 Satz 1 Halbs 2 und Satz 2 SGB II eingefügt. Hiernach decken die nach dem SGB II vorgesehenen Leistungen den Bedarf der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen. Eine davon abweichende Festlegung der Bedarfe ist ausgeschlossen (vgl hierzu auch BSG Urteil vom 28.10.2009 - SozR 4-4200 § 7 Nr 15 RdNr 17).
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Zutreffend ist auch eine Verurteilung des Beigeladenen auf Grundlage von § 73 SGB XII unterblieben. Der hier geltend gemachte Schulbedarf war Teil des existenziellen Bedarfs der Kläger, der auch im Jahre 2006 durch das SGB II und ggf die Regelleistung in § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 1 SGB II hätte gedeckt werden müssen. Zwar normiert das SGB II keine ausreichende Leistung bzw keinen gesetzlichen Anspruch für den Schulbedarf. Gleichwohl ist ein Anspruch auf Leistungen für Schulbedarf jedoch auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht gegeben. Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 9.2.2010 (aaO), in dem es die Regelungen über die Regelleistung nach dem SGB II für unvereinbar mit Art 1 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG erklärt hat, zugleich klargestellt, dass eine rückwirkende Leistungsgewährung nicht notwendig ist (vgl insbesondere RdNr 217). Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 9.2.2010 (aaO) lediglich gefordert, dass für unabweisbare, laufende, nicht nur einmalige, besondere Bedarfe ein zusätzlicher verfassungsrechtlicher Anspruch auf Leistungsgewährung besteht. Der erkennende Senat hat diesen oder einen derartigen Anspruch auch für bereits abgelaufene Zeiträume während eines noch laufenden Rechtsstreits bejaht (BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 29/09 R - BSGE 105, 279 = SozR 4-1100 Art 1 Nr 7; vgl auch BVerfG Beschluss vom 24.3.2010 - 1 BvR 395/09). Dieser verfassungsrechtliche Anspruch greift hier jedoch schon deshalb nicht ein, weil es sich bei dem von den Klägern geltend gemachten Erstattungsansprüchen wegen Schulbedarfs nicht um einen solchen besonderen Bedarf handelt. Vielmehr geht es um einen Anspruch, der vom BVerfG (aaO, RdNr 192, siehe oben unter 3.) dem grundgesetzlich geschützten Existenzminimum zugerechnet wurde. Für solche "typischen" Bedarfe ist der neue verfassungsrechtliche Anspruch ersichtlich nicht gedacht. Eine rückwirkende Anwendung des § 24a SGB II kommt ebenfalls nicht in Betracht.
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4. Zutreffend hat das LSG auch einen Anspruch der Kläger auf ein rückzahlungsfreies Darlehen zur Deckung des geltend gemachten Schulbedarfs verneint. Nach § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II kann die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis, soweit im Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts weder durch das Vermögen nach § 12 Abs 2 Nr 4 SGB II noch auf andere Weise gedeckt werden kann, den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung erbringen und gewährt dem Hilfebedürftigen ein entsprechendes Darlehen. Das Darlehen wird durch monatliche Aufrechnung in Höhe von bis zu 10 vom Hundert der an den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen jeweils zu zahlenden Regelleistung getilgt (§ 23 Abs 1 Satz 3 SGB II). Weitergehende Leistungen sind ausgeschlossen (§ 23 Abs 1 Satz 4 SGB II). Die Regelung des § 23 Abs 1 SGB II sieht mithin eine Tilgung des Darlehens zwingend vor. Der Gewährung einer von vornherein rückzahlungsfreien Darlehensleistung fehlt es im SGB II an einer Rechtsgrundlage.
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Soweit das LSG an dieser Stelle den Erlass der Darlehenstilgung iS des § 44 SGB II prüft, ist ein derartiger Erlassanspruch nicht Gegenstand des Rechtsstreits geworden. Zwar kann ggf durch einen Erlass nach § 44 SGB II - möglichen, wie oben dargelegten verfassungswidrigen - Bedarfsunterdeckungen durch die Darlehenstilgung entgegengewirkt werden(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1). Der Erlass kann jedoch regelmäßig erst nachträglich erfolgen, denn würde er mit der Darlehensgewährung verbunden, würde er diese damit ad absurdum führen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1). Der Erlass iS des § 44 SGB II, der im Ermessen des Trägers von Leistungen nach dem SGB II steht, wenn die Einziehung der Ansprüche unbillig wäre, setzt zudem eine Verwaltungsentscheidung des Trägers hierüber voraus, woran es vorliegend bisher mangelt. Der Bescheid vom 15.9.2006, mit dem der Beklagte nicht nur den Beschluss des SG Magdeburg ausgeführt, sondern auch eine selbstständige Verfügung im Hinblick auf die Tilgung des Darlehens getroffen hat, ist bindend geworden.
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Die Rückzahlungsfreiheit des Darlehens kann auch nicht auf einen aus § 44 SGB II zu ziehenden Schutzgedanken gegründet werden(vgl hierzu BSG Urteil vom 31.10.1991 - 7 RAr 60/89 - SozR 1300 § 45 Nr 10). Eine solche Anknüpfung wäre im Ergebnis eine Umgehung der vom Gesetzgeber ausgeschlossenen Erhöhung der Regelsätze [Es wird auf die Ausführungen unter Nr 3. verwiesen.] sowie der zwingend vorgesehen Tilgung des Darlehens. Im Hinblick auf die auch vom BVerfG anerkannten Spielräume, die die pauschalierte Regelleistung belässt, und die von ihm befundenen Einspar- und Ansparmöglichkeiten gefährdet eine Tilgung aus der Grundsicherungsleistung auch nicht per se die Existenz. Daher sind in erster Linie die sich aus § 23 Abs 1 Satz 3 SGB II folgenden Spielräume bei der Entscheidung über die Tilgungsmodalitäten vom Grundsicherungsträger zu nutzen und ist bei der Bestimmung der Höhe der Tilgungsraten darauf abzustellen, dass durch die Tilgung des Darlehens der Zweck der SGB II-Leistungen die Existenzsicherung nicht gefährdet wird. Der Heranziehung eines Schutzgedankens aus § 44 SGB II, wie er etwa von der Rechtsprechung § 76 SGB IV im Hinblick auf die Durchsetzung von Forderungen der Sozialversicherungsträger gegen Versicherte(vgl BSG Urteil 10.6.1980 - 4 RJ 115/79 - BSGE 50, 144 = SozR 2200 § 1301 Nr 13)entnommen worden ist, bedarf es im SGB II mithin nicht. Insoweit trägt das Gesetz selbst - mit der Möglichkeit, die Höhe der Tilgungsraten individuell zu bestimmen sowie den gesetzlichen Vorgaben des Erlasses nach § 44 SGB II - dem Schutz des Leistungsempfängers vor existenzgefährdenden Belastungen bereits Rechnung.
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5. Eine Berücksichtigung des Schulbedarfs bei der Höhe des Betrags des Kindergeldes, das zur Bedarfsdeckung der leistungsberechtigten Kinder nach § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II einzusetzen ist, führt hier ebenfalls nicht zum Erfolg der Revisionen.
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Ein derartiges Begehren hat eine Minderung des Einkommens bei der Berechnung der Regelleistung - hier Sozialgeld der Kläger - und damit die Gewährung einer höheren Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts zum Ziel. Der Anspruch auf höheres Sozialgeld ist jedoch nicht Streitgegenstand des Verfahrens. Die Kläger haben mit der Klage, die diesem Revisionsverfahren zu Grunde liegt, nur den auf eine Leistung für Schulbedarfe begrenzten Bescheid vom 5.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.8.2006 angefochten. Es wird insoweit auf die Ausführungen zu 2. verwiesen. Über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts durch den Bescheid vom 27.6.2006 ist hier nicht zu befinden.
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Die Kläger könnten mit ihrem Begehren jedoch auch materiell-rechtlich nicht durchdringen. Nach § 11 Abs 1 SGB II ist das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wird. Kindergeld soll gemäß § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II vorrangig zur Sicherung des Lebensunterhalts des Kindes verwendet werden. Daher nimmt das Kindergeld ebenso wie das sonstige Einkommen und Vermögen des minderjährigen Kindes nicht an der Einkommensverteilung innerhalb der Bedarfsgemeinschaft nach § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II teil (vgl BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14 AS 55/07 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 4; Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 39/08 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 23). Das Kindergeld soll dem jeweiligen Kind in der Bedarfsgemeinschaft umfassend zur Verfügung stehen, soweit sein Bedarf nicht anderweitig gedeckt ist und solange das Kind in der Bedarfsgemeinschaft lebt. Das Kindergeld dient dort der Existenzsicherung des Kindes, wie die Kläger selbst zutreffend ausführen, also auch zur Deckung des Schulbedarfs. Soll es diesen Zweck nicht verfehlen, darf nicht zugleich, bevor es zur Bedarfsdeckung eingesetzt wird, ein Teil herausgerechnet werden.
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Auch mit der Auffassung, das Kindergeld sei in Höhe des Schulbedarfs als zweckbestimmte Einnahme anzusehen und daher nicht als Einkommen bei der Berechnung des Sozialgeldes zu berücksichtigen, vermögen die Kläger nicht durchzudringen. Das Kindergeld ist aufgrund seiner Bindung zur Bedarfsdeckung beim Kind zwar eine an die Person gebundene Leistung, die allerdings dem selben Zweck wie die SGB II-Leistung dient, nämlich der Sicherung des Lebensunterhalts (s zur Zweckidentität BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 67/09 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 28). Deshalb ist das Kindergeld auch nicht ganz oder teilweise von der Einkommensberücksichtigung als zweckbestimmte Einnahme iS des § 11 Abs 3 SGB II auszunehmen.
Tenor
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Auf die Revision des Beigeladenen werden das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. November 2008 aufgehoben und die Berufungen des Klägers gegen die Urteile des Sozialgerichts Speyer vom 11. Januar 2007 zurückgewiesen.
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Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten für Schulbücher für das Schuljahr 2005/2006.
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Der im Jahre 1990 geborene Kläger bezieht seit dem 1.1.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) von der Beklagten. Seine Mutter ist alleinerziehende Studentin, die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz sowie einen Mehrbedarf bei Alleinerziehung nach § 21 Abs 3 SGB II von der Beklagten erhält.
- 3
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Der Kläger besuchte im Schuljahr 2005/2006 die 9. Klasse des T-Gymnasiums in L Zu Beginn des Schuljahres wurde den Schülern seiner Klassenstufe eine Liste mit den für die 9. Klasse erforderlichen Schulbüchern ausgehändigt. Die Kosten für die im Einzelnen genannten Schulbücher betrugen 148,70 Euro. Der Kläger erhielt auf Grund der landesrechtlichen Vorschriften (Landesverordnung über die Lernmittelfreiheit - Lernmittelfreiheitsverordnung vom 14.3.1994, GVBl Rheinland-Pfalz 1994, 225) einen Zuschuss pro Schuljahr zu Schulbüchern in Höhe von 59 Euro. Deshalb machte er bei der Beklagten die Kostenübernahme für Schulbücher in Höhe von 89,70 Euro geltend, was diese ablehnte (Bescheid vom 8.9.2005, Widerspruchsbescheid vom 23.9.2005). Hiergegen hat der Kläger am 26.10.2005 Klage zum Sozialgericht (SG) Speyer erhoben, die unter dem Az S 10 AS 439/05 geführt wurde. Während des Klageverfahrens hat der Kläger am 28.3.2006 die Kostenübernahme für weitere Schulbücher für das Schuljahr 2005/2006 in Höhe von insgesamt 49,50 Euro gefordert. Auch dieses Begehren blieb ohne Erfolg (Bescheid der Beklagten vom 4.4.2006, Widerspruchsbescheid vom 9.6.2006). Hiergegen hat der Kläger eine weitere Klage zum SG Speyer erhoben, die unter dem Az S 10 AS 704/06 geführt wurde. Das SG hat durch Urteile vom 11.1.2007 beide Klagen abgewiesen.
- 4
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Das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz hat auf die Berufungen des Klägers beide Verfahren verbunden und durch Urteil vom 25.11.2008 unter Änderung der Urteile des SG den beigeladenen Sozialhilfeträger verurteilt, dem Kläger für das Schuljahr 2005/2006 die Kosten der Schulbücher in Höhe von insgesamt 139,20 Euro zu zahlen. Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, innerhalb des SGB II sei keine Rechtsnorm ersichtlich, nach der der Kläger einen Anspruch auf die Schulbücher geltend machen könne. Es ergebe sich jedoch ein Anspruch des Klägers aus § 73 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) gegen den Beigeladenen als Sozialhilfeträger. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei eine Anwendung des § 73 SGB XII in Fällen einer atypischen Bedarfslage gerechtfertigt. Allerdings dürfte die Norm nicht zu einer allgemeinen Auffangregelung für Leistungsempfänger des SGB II werden. Es sei vielmehr erforderlich, dass die besondere Bedarfslage eine gewisse Nähe zu den speziellen in §§ 47 bis 74 SGB XII geregelten Bedarfslagen aufweise. Die atypische Bedarfslage bestehe hier darin, dass es sich bei den Schulbüchern einerseits um einen Bedarf handele, der bei Erwachsenen in der Regel nicht entstehe und daher auch in die Berechnung der Regelleistungen nicht habe einfließen können, andererseits aber die Kosten für Lernmittel zwingend anfielen. Nach § 70 Abs 1 und 4 des Rheinland-Pfälzischen Schulgesetzes iVm der Landesverordnung über die Lernmittelfreiheit stünden dem Kläger im Schuljahr 2005/2006 lediglich 59 Euro aus Landesmitteln für Schulbücher zu. Der Lernmittelgutschein habe also zum damaligen Zeitpunkt nur einen Bruchteil (weniger als ein Drittel) der notwendigen Aufwendungen für die Anschaffung von Schulbüchern abgedeckt. Der Kläger wäre hier im Umfang des Restbetrags in Höhe von insgesamt 139,20 Euro gezwungen gewesen, monatlich in Höhe von 11,60 Euro auf andere Ausgaben, insbesondere im Bereich der Teilnahme am kulturellen Leben, zu verzichten. Dies sei angesichts der Höhe der Regelleistungen im SGB II nicht hinnehmbar. Dass die besondere atypische Situation des Klägers eine Hilfe in besonderen Lebenslagen nach dem 9. Kapitel des SGB XII rechtfertigen könne, zeige im Übrigen ein Blick auf die Altenhilfe nach § 71 SGB XII. Ältere Menschen könnten wegen ihrer besonderen Situation Leistungen erhalten, um ihnen den Besuch von kulturellen oder der Bildung dienenden Veranstaltungen zu ermöglichen (vgl § 71 Abs 2 Nr 5 SGB XII).
- 5
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Hiergegen wendet sich der Beigeladene mit seiner - vom Senat zugelassenen - Revision. Er rügt sinngemäß eine Verletzung des § 73 SGB XII. Der Beigeladene geht davon aus, dass keine atypische Bedarfslage vorliege. Schulische Bedarfe wie zB für Schulmaterialien oder Schülermonatskarten seien nicht über § 73 SGB XII von der Sozialhilfe zu decken. Vielmehr sei eine Lösung im Rahmen des SGB II zu finden. Dort seien die Leistungen allerdings pauschaliert und der Bedarf aus den pauschalierten Regelleistungen abzudecken.
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Der Beigeladene beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. November 2008 aufzuheben und die Berufungen des Klägers gegen die Urteile des Sozialgerichts Speyer vom 11. Januar 2007 zurückzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Insbesondere aus der späteren gesetzlichen Regelung des § 24a SGB II folge, dass der besondere Bedarf für Schulbücher etc nicht innerhalb der Regelleistung gedeckt gewesen sei. Dem LSG sei deshalb zuzustimmen, weil ein ergänzender Anspruch aus § 73 SGB XII immer dann in Frage komme, soweit Kosten anfielen, die gerade nicht aus der Regelleistung gedeckt werden könnten.
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Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Beigeladenen ist begründet. Für das hier streitige Schuljahr 2005/2006 fehlte es in der Sozialrechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland an einer Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch. Gegen den beklagten Träger der Grundsicherung für Arbeit nach dem SGB II wurden die Klagen zu Recht zurückgewiesen, denn das SGB II selbst sah im Jahre 2005 keine Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers vor (vgl hierzu unter 1.). Ebenso wenig kommt eine Verurteilung des beigeladenen Sozialhilfeträgers gemäß § 73 SGB XII in Betracht(vgl hierzu 2.), weil es sich, wie vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seiner Entscheidung vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09 - SGb 2010, 227) klargestellt, bei dem Bedarf für die Schule um einen typischen Bedarf handelt, der bei jedem Schüler regelmäßig anfällt und der deshalb auch im SGB II hätte gedeckt werden müssen. Aus der Verfassungswidrigkeit der Bedarfsunterdeckung folgt dennoch kein Anspruch des Klägers auf Erstattung der Kosten für Schulbücher für vergangene Zeiträume. Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 9.2.2010 (aaO) auch klargestellt, dass die Rechtsverstöße durch eine verfassungswidrige Bedarfsunterdeckung für den Zeitraum ab Inkrafttreten des SGB II ab 1.1.2005 vom Gesetzgeber nicht mit Wirkung für die Vergangenheit zu korrigieren sind (hierzu im Einzelnen unter 3.). Schließlich ist auch der vom BVerfG in seiner Entscheidung vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09) geschaffene verfassungsrechtliche Anspruch für die Deckung unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarfe nicht einschlägig, weil es sich bei dem Bedarf für die Schule nicht um einen besonderen, atypischen Bedarf handelt. Ebenso wenig ist es möglich, den Rechtsgedanken des § 24a SGB II, mit dem mit Wirkung zum 1.8.2009 eine zusätzliche Leistung für die Schule in das SGB II eingefügt wurde, rückwirkend auf den streitigen Zeitraum anzuwenden (hierzu unter 4.).
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1. Zu Recht haben die Vorinstanzen zunächst die Klage auf Erstattung der Kosten für Schulbücher gegen den Grundsicherungsträger nach dem SGB II abgewiesen. Dem Kläger stand im streitigen Zeitraum (Schuljahr 2005/2006) kein gesetzlicher Anspruch im SGB II zur Seite. Der 7b. Senat des BSG (Urteil vom 7.11.2006 - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1) und der erkennende Senat (Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 44/08 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 15) haben klargestellt, dass eine abweichende Festsetzung der pauschalierten Regelleistung nach § 20 SGB II durch die Gerichte - etwa in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens des § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII - grundsätzlich nicht möglich ist. Für die vom Kläger begehrten Kosten der Schulbücher fehlte es im System der Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB II auch sonst an einer Anspruchsgrundlage. Schulbücher waren weder als Mehrbedarfe in § 21 SGB II gesondert normiert, noch als Sonderbedarfe nach § 23 Abs 3 SGB II vorgesehen. § 23 Abs 3 Nr 3 enthält lediglich eine ausdrückliche Regelung für eine Kostenpflicht bei mehrtägigen Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen. Diese Abgeschlossenheit des Systems des SGB II hat der Gesetzgeber des sog Fortentwicklungsgesetzes vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) nochmals betont. In das Gesetz wurde § 3 Abs 3 Satz 1 Halbs 2 und Satz 2 SGB II eingefügt. Hiernach decken die nach dem SGB II vorgesehenen Leistungen den Bedarf der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen. Eine davon abweichende Festlegung der Bedarfe ist ausgeschlossen (vgl hierzu auch BSG Urteil vom 28.10.2009 - SozR 4-4200 § 7 Nr 15 RdNr 17). Schließlich kam auch eine darlehensweise Übernahme der Kosten für Schulbücher gemäß § 23 Abs 1 SGB II bereits deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger eine solche darlehensweise Übernahme der Kosten nicht beantragt hat.
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2. Entgegen der Rechtsauffassung des LSG war aber auch eine Verurteilung des Sozialhilfeträgers gemäß § 73 SGB XII rechtsfehlerhaft, weil es sich bei den Schulbüchern um keinen atypischen Bedarf des Klägers handelte. Der erkennende Senat hat mit Urteil vom heutigen Tag (B 14 AS 13/10 R) nochmals in Fortsetzung der Rechtsprechung des früheren 7b. Senats des BSG (BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1)klargestellt, wann eine ergänzende Heranziehung des § 73 SGB XII für an sich von den Leistungen des SGB XII ausgeschlossene Empfänger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II in Betracht kam. Erforderlich ist hierfür insbesondere eine sogenannte atypische, besondere Bedarfslage, die einen Bezug zu Grundrechten aufweist (vgl BSG Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 13/10 R -; BSGE 97, 242, 249 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1 RdNr 22). Im Gegensatz zu dem von den Folgen einer HIV-Erkrankung betroffenen Empfänger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, dessen Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit iS des Art 2 Abs 2 Grundgesetz (GG) berührt ist, hat der erkennende Senat bereits klargestellt, dass weder der Schulbesuch noch die dadurch entstehenden Fahrkosten eine atypische Lebenssituation begründen (Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 44/08 R - aaO RdNr 21- Schülermonatskarte).
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Der Senat sieht sich in dieser Einschätzung bestätigt durch das Urteil des BVerfG vom 9.2.2010 (aaO). Dort hat das BVerfG die Berechnung der Regelleistung für Kinder und Jugendliche gemäß § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 1 SGB II für verfassungswidrig erachtet und dabei darauf abgestellt, dass der kinder- und altersspezifische Bedarf vom Gesetzgeber nicht richtig ermittelt wurde, der Kinder lediglich als "kleine Erwachsene" behandelt habe(aaO, RdNr 191). Weiter hat das BVerfG ausgeführt: "Ein zusätzlicher Bedarf ist vor allem bei schulpflichtigen Kindern zu erwarten. Notwendige Aufwendungen zur Erfüllung schulischer Pflichten gehören zu ihrem existentiellen Bedarf. Ohne Deckung dieser Kosten droht hilfebedürftigen Kindern der Ausschluss von Lebenschancen, weil sie ohne den Erwerb der notwendigen Schulmaterialien, wie Schulbücher, Schulhefte oder Taschenrechner, die Schule nicht erfolgreich besuchen können. Bei schulpflichtigen Kindern, deren Eltern Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch beziehen, besteht die Gefahr, dass ohne hinreichende staatliche Leistungen ihre Möglichkeiten eingeschränkt werden, später ihren Lebensunterhalt aus eigenen Kräften bestreiten zu können. Dies ist mit Art 1 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG nicht vereinbar." (aaO, RdNr 192).
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Mithin waren die Schulbücher Teil des existentiellen Bedarfs des Klägers, der bereits im Jahre 2005 durch das SGB II und ggf die Regelleistung in § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 1 SGB II hätte gedeckt werden müssen. Der 7b. Senat des BSG hatte bereits in seiner grundlegenden Entscheidung vom 7.11.2006 hierzu klargestellt, dass § 73 SGB XII nicht zu einer allgemeinen Auffangregelung für Leistungsempfänger des SGB II mutieren dürfe (vgl BSG Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 13/10 R -; BSGE 97, 242, 249 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1 RdNr 22). Dies wäre der Fall, wenn das vom BVerfG gerügte Versäumnis des SGB II, die schulischen Bedarfe von Kindern und Jugendlichen zu berücksichtigen, über § 73 SGB XII auf den jeweiligen Sozialhilfeträger abgewälzt würde. Der typische Schulbedarf des Klägers war mithin innerhalb des SGB II zu decken, das aber in verfassungswidriger Weise keine ausreichende Leistung bzw keinen gesetzlichen Anspruch für den Schulbedarf normierte.
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3. Ein Anspruch gegen den Beklagten auf eine Kostenübernahme für Schulbücher im Schuljahr 2005/2006 ist aber - trotz der Verfassungswidrigkeit des SGB II - insoweit auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht gegeben. Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 9.2.2010 (aaO), in dem es das Regelleistungssystem des SGB II insgesamt für den Zeitraum ab 1.1.2005 als Verstoß gegen die Menschenwürde des Art 1 GG iVm dem Sozialstaatsgebot des Art 20 Abs 1 GG betrachtet hat, zugleich klargestellt, dass eine rückwirkende Leistungsgewährung nicht notwendig ist (vgl insbesondere RdNr 217). Das BVerfG hat vielmehr klargestellt, dass Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 den Gesetzgeber nicht dazu verpflichten, die Leistungen rückwirkend für die Zeit ab Inkrafttreten des SGB II am 1.1.2005 neu festzusetzen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG muss der Gesetzgeber einen mit dem GG unvereinbaren Rechtszustand nicht rückwirkend beseitigen, wenn dies einer geordneten Finanz- und Haushaltsplanung zuwider läuft oder die Verfassungsrechtslage bisher nicht hinreichend geklärt war und dem Gesetzgeber aus diesem Grund eine angemessene Frist zur Schaffung einer Neuregelung zu gewähren ist. Diese Grundsätze des BVerfG über die nicht notwendige rückwirkende Korrektur der Verfassungswidrigkeit durch den Gesetzgeber (aaO) gelten auch für die hier im Streit stehende Leistung zur Sicherung des Bedarfs an Schulbüchern, unabhängig davon, ob der Bedarf durch eine Erhöhung der Regelleistung oder durch einen gesonderten Anspruch auf Leistungen für die Schule zu decken wäre. Aus diesem Grund hat der Senat auch von einer Vorlage an das BVerfG nach Art 100 GG abgesehen. Aus der Entscheidung des BVerfG vom 9.2.2010 folgt zwar, dass die Rechtslage im SGB II im Jahr 2005 - gerade auch was den Anspruch des Klägers auf Erstattung von Schulbüchern angeht - einen Verstoß gegen Art 1 iVm Art 20 GG darstellt. Insofern ist diese Rechtsfrage also verfassungsrechtlich bereits geklärt. Zugleich ist vom BVerfG (aaO) aber auch entschieden worden, dass aus einem Verfassungsverstoß insoweit keine Rechtsfolgen für die Vergangenheit folgen. Der Kläger hat daher den Rechtszustand im SGB II im Jahr 2005 hinzunehmen, selbst wenn hierin ein Verfassungsverstoß liegt. Schon aus diesem Grund spielt es im Übrigen auch keine Rolle, dass der landesrechtliche Schulgesetzgeber - anders als in anderen Bundesländern (Art 3 Abs 1 GG) - nur eine teilweise Kostenübernahme vorsah. Die Rechtmäßigkeit der Landesverordnung über die Lernmittelfreiheit wäre ohnehin vor den Verwaltungsgerichten geltend zu machen. Das BVerfG hat zudem klargestellt, dass die Bedarfsermittlung für Schüler nicht von den jeweiligen landesrechtlichen Regelungen in den Schulgesetzen abhängig gemacht werden darf (aaO, RdNr 197).
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4. Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 9.2.2010 (aaO) auch gefordert, dass für unabweisbare, laufende, nicht nur einmalige, besondere Bedarfe ein zusätzlicher verfassungsrechtlicher Anspruch auf Leistungsgewährung besteht. Dieser verfassungsrechtliche Anspruch greift hier schon deshalb nicht ein, weil es sich bei dem vom Kläger geltend gemachten Erstattungsanspruch auf Schulbücher nicht um einen solchen besonderen Bedarf handelt. Vielmehr geht es um einen Anspruch, der vom BVerfG (aaO, RdNr 192, siehe oben unter 3.) dem grundgesetzlich geschützten Existenzminimum zugerechnet wurde. Für solche "typischen" Bedarfe ist der neue verfassungsrechtliche Anspruch ersichtlich nicht gedacht. Im Übrigen handelt es sich, anders als bei dem vom Senat am heutigen Tag (Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 13/10 R) zugesprochenen Anspruch des HIV-kranken SGB II-Empfängers auf Hygienebedarf über § 73 SGB XII, bei dem Anspruch auf Schulbücher darüber hinaus nicht um einen fortlaufend wiederkehrenden, regelmäßigen Anspruch. Vielmehr erschöpft sich die Gewährung in dem einmaligen Rechtsakt, die Schulbücher für das jeweilige Schuljahr anzuschaffen.
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Der Bedarf des Klägers kann schließlich auch nicht über eine aus verfassungsrechtlichen Gründen notwendige rückwirkende Anwendung des Rechtsgedanken des § 24a SGB II gedeckt werden. Der Gesetzgeber hat die vom BVerfG für verfassungswidrig erkannte Rechtslage der Jahre nach 2005 im Bereich der schulischen Leistungen durchaus erkannt und durch das Gesetz zur Förderung von Familien und haushaltsnahen Dienstleistungen vom 22.12.2008 (BGBl I 2955) mit Wirkung zum 1.8.2009 § 24a SGB II in das SGB II eingefügt. Hiernach können Schülerinnen und Schüler, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine zusätzliche Leistung für die Schule in Höhe von pauschal 100 Euro pro Schuljahr erhalten. Die Norm ist zunächst ohne Übergangsregelung und insbesondere ohne sich selbst Rückwirkung beizulegen zum 1.8.2009 in Kraft getreten. Es ist auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich, dem § 24a SGB II - entgegen dem Willen des einfachrechtlichen Gesetzgebers - rückwirkende Bedeutung beizulegen, weil - worauf soeben ausführlich eingegangen wurde - das BVerfG in seinem Urteil vom 9.2.2010 (aaO) zugleich klargestellt hat, dass eine rückwirkende Leistungsgewährung verfassungsrechtlich nicht geboten ist (vgl insbesondere RdNr 217).
(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.
(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.
(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen
- 1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder - 2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.
(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.
(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.
(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.
(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.
(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils
- 1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4, - 2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr, - 3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder - 4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.
(1) Kann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt der oder dem Leistungsberechtigten ein entsprechendes Darlehen. Bei Sachleistungen wird das Darlehen in Höhe des für die Agentur für Arbeit entstandenen Anschaffungswertes gewährt. Weiter gehende Leistungen sind ausgeschlossen.
(2) Solange sich Leistungsberechtigte, insbesondere bei Drogen- oder Alkoholabhängigkeit sowie im Falle unwirtschaftlichen Verhaltens, als ungeeignet erweisen, mit den Leistungen für den Regelbedarf nach § 20 ihren Bedarf zu decken, kann das Bürgergeld bis zur Höhe des Regelbedarfs für den Lebensunterhalt in voller Höhe oder anteilig in Form von Sachleistungen erbracht werden.
(3) Nicht vom Regelbedarf nach § 20 umfasst sind Bedarfe für
- 1.
Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten, - 2.
Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt sowie - 3.
Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete von therapeutischen Geräten.
(4) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts können als Darlehen erbracht werden, soweit in dem Monat, für den die Leistungen erbracht werden, voraussichtlich Einnahmen anfallen. Satz 1 gilt auch, soweit Leistungsberechtigte einmalige Einnahmen nach § 11 Absatz 3 Satz 4 vorzeitig verbraucht haben.
(5) Soweit Leistungsberechtigten der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde, sind Leistungen als Darlehen zu erbringen. Die Leistungen können davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird.
(6) In Fällen des § 22 Absatz 5 werden Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung nur erbracht, wenn der kommunale Träger die Übernahme der Leistungen für Unterkunft und Heizung zugesichert hat oder vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden konnte.
(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.
(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.
(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen
- 1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder - 2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.
(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.
(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.
(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.
(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.
(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils
- 1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4, - 2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr, - 3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder - 4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.
(1) Kann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt der oder dem Leistungsberechtigten ein entsprechendes Darlehen. Bei Sachleistungen wird das Darlehen in Höhe des für die Agentur für Arbeit entstandenen Anschaffungswertes gewährt. Weiter gehende Leistungen sind ausgeschlossen.
(2) Solange sich Leistungsberechtigte, insbesondere bei Drogen- oder Alkoholabhängigkeit sowie im Falle unwirtschaftlichen Verhaltens, als ungeeignet erweisen, mit den Leistungen für den Regelbedarf nach § 20 ihren Bedarf zu decken, kann das Bürgergeld bis zur Höhe des Regelbedarfs für den Lebensunterhalt in voller Höhe oder anteilig in Form von Sachleistungen erbracht werden.
(3) Nicht vom Regelbedarf nach § 20 umfasst sind Bedarfe für
- 1.
Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten, - 2.
Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt sowie - 3.
Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete von therapeutischen Geräten.
(4) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts können als Darlehen erbracht werden, soweit in dem Monat, für den die Leistungen erbracht werden, voraussichtlich Einnahmen anfallen. Satz 1 gilt auch, soweit Leistungsberechtigte einmalige Einnahmen nach § 11 Absatz 3 Satz 4 vorzeitig verbraucht haben.
(5) Soweit Leistungsberechtigten der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde, sind Leistungen als Darlehen zu erbringen. Die Leistungen können davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird.
(6) In Fällen des § 22 Absatz 5 werden Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung nur erbracht, wenn der kommunale Träger die Übernahme der Leistungen für Unterkunft und Heizung zugesichert hat oder vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden konnte.
(1) Darlehen werden nur erbracht, wenn ein Bedarf weder durch Vermögen nach § 12 Absatz 2 und 4 Satz 1 noch auf andere Weise gedeckt werden kann. Darlehen können an einzelne Mitglieder von Bedarfsgemeinschaften oder an mehrere gemeinsam vergeben werden. Die Rückzahlungsverpflichtung trifft die Darlehensnehmer.
(2) Solange Darlehensnehmer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehen, werden Rückzahlungsansprüche aus Darlehen ab dem Monat, der auf die Auszahlung folgt, durch monatliche Aufrechnung in Höhe von 5 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs getilgt. § 43 Absatz 3 gilt entsprechend. Die Aufrechnung ist gegenüber den Darlehensnehmern schriftlich durch Verwaltungsakt zu erklären. Satz 1 gilt nicht, soweit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen erbracht werden oder soweit bereits gemäß § 43 in Höhe von mehr als 20 Prozent des für die Darlehensnehmer maßgebenden Regelbedarfs gegen deren Ansprüche auf Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aufgerechnet wird.
(3) Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 24 Absatz 5 sind nach erfolgter Verwertung sofort in voller Höhe und Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 22 Absatz 6 bei Rückzahlung durch den Vermieter sofort in Höhe des noch nicht getilgten Darlehensbetrages fällig. Deckt der erlangte Betrag den noch nicht getilgten Darlehensbetrag nicht, soll eine Vereinbarung über die Rückzahlung des ausstehenden Betrags unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Darlehensnehmer getroffen werden.
(4) Nach Beendigung des Leistungsbezuges ist der noch nicht getilgte Darlehensbetrag sofort fällig. Über die Rückzahlung des ausstehenden Betrags soll eine Vereinbarung unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Darlehensnehmer getroffen werden.
(5) Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 27 Absatz 3 sind abweichend von Absatz 4 Satz 1 erst nach Abschluss der Ausbildung fällig. Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.
(6) Sofern keine abweichende Tilgungsbestimmung getroffen wird, werden Zahlungen, die zur Tilgung der gesamten fälligen Schuld nicht ausreichen, zunächst auf das zuerst erbrachte Darlehen angerechnet.
(1) Kann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt der oder dem Leistungsberechtigten ein entsprechendes Darlehen. Bei Sachleistungen wird das Darlehen in Höhe des für die Agentur für Arbeit entstandenen Anschaffungswertes gewährt. Weiter gehende Leistungen sind ausgeschlossen.
(2) Solange sich Leistungsberechtigte, insbesondere bei Drogen- oder Alkoholabhängigkeit sowie im Falle unwirtschaftlichen Verhaltens, als ungeeignet erweisen, mit den Leistungen für den Regelbedarf nach § 20 ihren Bedarf zu decken, kann das Bürgergeld bis zur Höhe des Regelbedarfs für den Lebensunterhalt in voller Höhe oder anteilig in Form von Sachleistungen erbracht werden.
(3) Nicht vom Regelbedarf nach § 20 umfasst sind Bedarfe für
- 1.
Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten, - 2.
Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt sowie - 3.
Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete von therapeutischen Geräten.
(4) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts können als Darlehen erbracht werden, soweit in dem Monat, für den die Leistungen erbracht werden, voraussichtlich Einnahmen anfallen. Satz 1 gilt auch, soweit Leistungsberechtigte einmalige Einnahmen nach § 11 Absatz 3 Satz 4 vorzeitig verbraucht haben.
(5) Soweit Leistungsberechtigten der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde, sind Leistungen als Darlehen zu erbringen. Die Leistungen können davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird.
(6) In Fällen des § 22 Absatz 5 werden Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung nur erbracht, wenn der kommunale Träger die Übernahme der Leistungen für Unterkunft und Heizung zugesichert hat oder vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden konnte.
Tenor
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Die Revisionen der Kläger gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 3. Dezember 2009 werden zurückgewiesen.
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Die Beteiligten haben einander für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
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Streitig ist die Übernahme der Kosten für Schulbedarf der drei Kläger im Schuljahr 2006/2007 als Leistung nach dem SGB II oder SGB XII.
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Die Kläger zu 1 und 2 besuchten im benannten Schuljahr die Grund- bzw Sekundarschule. Der Kläger zu 3 wurde im Schuljahr 2006/2007 eingeschult. Der Beklagte bewilligte ihnen und der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Mutter sowie weiteren Geschwistern durch Bescheid vom 27.6.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.7. bis 31.12.2006. Auf den Antrag der Kläger vom 30.6.2006 lehnte der Beklagte die Übernahme von Aufwendungen für Schulbedarf (ua Arbeitsmittel, Arbeitsmaterialien, Schulbücher, Turnzeug, Schultüte und Einschulungsfeier) der drei Kläger durch Bescheid vom 5.7.2006 ab. Den Widerspruch hiergegen wies er durch Widerspruchsbescheid vom 9.8.2006 zurück.
- 3
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Im vorläufigen Rechtsschutz verpflichtete das SG Magdeburg den Beklagten, den Klägern 198,65 Euro darlehensweise zur Bestreitung des geltend gemachten Bedarfs zu gewähren. Der Beklagte führte diese Anordnung durch Bescheid vom 15.9.2006 aus und bestimmte eine Tilgungsverpflichtung aufgeteilt in zwei Monatsraten ab Oktober 2006.
- 4
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Im Klageverfahren verurteilte das SG den Beklagten, die darlehensweise gewährten Leistungen als Beihilfe zu zahlen. Einer Rückzahlungsverpflichtung stehe entgegen, dass es sich um Bildungsbedarf handele, was Verfassungsrang habe und daher das Ermessen des Grundsicherungsträgers im Hinblick auf die Rückzahlungsverpflichtung auf Null reduziert sei. Allerdings sei die Klage unbegründet, soweit Bedarfe für die Einschulungsfeier, die Schultüte und das Turnzeug geltend gemacht würden (Urteil vom 22.5.2007).
- 5
-
Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG Sachsen-Anhalt das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass den Klägern kein rückzahlungsfreies Darlehen nach § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II zustehe. Die Tilgung sei dort zwingend vorgeschrieben und Gründe für einen Erlass der Rückzahlungsverpflichtung seien nicht gegeben. Ebenso wenig folge ein Anspruch auf die Übernahme der geltend gemachten Aufwendungen aus § 23 Abs 3 SGB II. Bei den dort benannten "Sonderbedarfen" handele es sich nicht um schulisch bedingte Aufwendungen. Dieses gelte auch für Leistungen für Mehrbedarfe nach § 21 SGB II. Ein Anspruch gegen den - vom LSG beigeladenen - Sozialhilfeträger aus § 73 SGB XII scheitere bereits daran, dass es sich hier weder um eine atypische Bedarfslage handele, noch es an einer Anspruchsgrundlage im SGB II mangele, denn die darlehensweise Gewährung von Leistungen zur Deckung der Schulbedarfe sei möglich und hier auch erfolgt(§ 23 Abs 1 Satz 1 SGB II). Hinweise auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 54 SGB XII, also einer Behinderung oder drohenden Behinderung seien nicht vorhanden. Aus der UN-Kinderrechtskonvention könne kein Individualleistungsanspruch abgeleitet werden (Urteil vom 3.12.2009).
- 6
-
Die Kläger haben die vom LSG zugelassene Revision zum BSG eingelegt. Sie rügen eine Verletzung von §§ 11, 20 SGB II und 73 SGB XII. Durch die Regelleistung seien keine "Schulbedarfe" von Kindern und Jugendlichen gedeckt. Die Abteilung 10 (Bildung) der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe sei bei der Bemessung des Regelsatzes außer Betracht geblieben. Dennoch seien Lernmittel ein unabweisbarer Bedarf - sie seien Grundvoraussetzung für die Wahrnehmung des Rechts auf Bildung und Teilnahme am Schulunterricht. In der Abteilung 9 (Freizeit, Unterhaltung, Kultur) seien zwar Bestandteile für Bücher, Broschüren und Schreibwaren sowie Sportartikel enthalten. Der hierfür angesetzte Betrag reiche jedoch nicht aus, um den "Schulbedarf" zu decken und müsse zudem auch für den Freizeitbedarf eines Kindes insoweit genutzt werden. Ein Ansparen sei den Klägern nicht möglich gewesen. Schulbedarf stelle zudem auch einen atypischen Bedarf dar, denn nur 11,2 % der Bevölkerung besuchten eine Schule, sodass im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung insoweit nicht von einem Regelbedarf ausgegangen werden könne. Dieser atypische Bedarf rechtfertige auch den Einsatz öffentlicher Mittel, sodass zumindest § 73 SGB XII eine Anspruchsgrundlage für die Deckung des geltend gemachten Bedarfs sei. Folge man dem nicht, so müsse wenigstens die Berücksichtigung des Kindergeldes als Einkommen der Kinder in Höhe des Schulbedarfs außer Betracht bleiben.
- 7
-
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 3. Dezember 2009 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 22. Mai 2007 zurückzuweisen.
- 8
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Der Beklagte beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.
- 9
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Er hält die Ausführungen des LSG für zutreffend. Ergänzend weist er darauf hin, dass das Kindergeld den individuellen Bedarf eines jeden Kindes decke und keine Anrechnung von Einkommen bei minderjährigen Kindern erfolge.
- 10
-
Der Beigeladene schließt sich dem Antrag des Beklagten an.
Entscheidungsgründe
- 11
-
Die zulässigen Revisionen sind unbegründet.
- 12
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Zu Recht hat das LSG einen Anspruch der Kläger auf Übernahme der Aufwendungen für Schulbedarfe für das Schuljahr 2006/2007 als Zuschussleistung nach dem SGB II verneint. Der Senat schließt sich der Entscheidung des 14. Senats des BSG vom 19.8.2010 (B 14 AS 47/09 R - SozR 4-3500 § 73 Nr 2) an und nimmt, um Wiederholungen zu vermeiden, auf deren Begründung ausdrücklich und vollständig Bezug (3.). Auch über die in dieser Entscheidung abgehandelten Anspruchsgrundlagen der §§ 21, 23 Abs 3 und 24a SGB II, § 73 SGB XII und einem Anspruch direkt aus der Verfassung auf Grundlage der Entscheidung des BVerfG vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09, 3/09, 4/09 - BVerfGE 125, 175 ff) hinaus ist keine Rechtsgrundlage für die von den Klägern begehrte Leistung vorhanden. Die Kläger haben keinen Anspruch auf die begehrte Leistung als rückzahlungsfreies Darlehen nach § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II(4.). Der Schulbedarf ist auch nicht vom Kindergeld als zur Bedarfsdeckung bei den Klägern dienendes Einkommen vorab in Abzug zu bringen (5.).
- 13
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1. Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig(vgl Urteile des Senats vom 18.1.2011, ua - B 4 AS 99/10 R). Nach § 76 Abs 3 Satz 1 SGB II ist die gemeinsame Einrichtung als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen beklagten Arbeitsgemeinschaft getreten. Dieser kraft Gesetzes eintretende Beteiligtenwechsel wegen der Weiterentwicklung der Organisation des SGB II stellt keine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung dar. Das Passivrubrum war entsprechend von Amts wegen zu berichtigen.
- 14
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Der Senat hat ebenfalls bereits entschieden, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Vorschrift des § 44b SGB II bestehen, weil der Gesetzgeber sich bei der einfachgesetzlichen Ausgestaltung innerhalb des von Art 91e Abs 1 und 3 GG eröffneten Gestaltungsspielraums bewegt(BSG Urteile vom 18.1.2011, ua - B 4 AS 99/10 R).
- 15
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2. Streitgegenstände sind die Ansprüche der Kläger auf Übernahme des geltend gemachten Schulbedarfs über die der Beklagte mit dem Bescheid vom 5.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.8.2006 allein entschieden hat. Dabei handelt es sich um eigenständige abtrennbare Streitgegenstände, die isoliert und unabhängig von den übrigen Grundsicherungsleistungen geltend gemacht werden können (vgl BSG Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1, jeweils RdNr 13; s auch BSG Urteil vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2 ). Die Ansprüche stünden allein den Klägern zu. Zwar bilden die Kläger mit ihren Geschwistern und ihrer Mutter eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II, Leistungen für Schulbedarfe sind jedoch individuell nur ihnen zuzuordnen, vergleichbar denen für Klassenfahrt(vgl BSG Urteil vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2; s jedoch zur mangelnden Abtrennbarkeit bei Mehrbedarfsleistungen nach § 21 SGB II, die hier jedoch nicht in Betracht kommen: BSG Urteil vom 15.12.2010 - B 14 AS 44/09 R; BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 59/09 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 9).
- 16
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3. Unter Bezugnahme auf die Einzelheiten der Begründung der Entscheidung des 14. Senats vom 19.8.2010 (B 14 AS 47/09 R - SozR 4-3500 § 73 Nr 2) weist der erkennende Senat darauf hin, dass er mit dem 7b. Senat (Urteil vom 7.11.2006 - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1) und dem 14. Senat des BSG (Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 44/08 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 15) davon ausgeht, dass eine abweichende Festsetzung der pauschalierten Regelleistung nach § 20 SGB II durch die Gerichte - etwa in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens des § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII - grundsätzlich nicht möglich ist. Für die von den Klägern begehrten Kosten für Schulbedarf fehlte es im streitigen Zeitraum im System der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II auch sonst an einer Anspruchsgrundlage. Schulbücher waren weder als Mehrbedarfe in § 21 SGB II gesondert normiert, noch als Sonderbedarfe nach § 23 Abs 3 SGB II vorgesehen. § 23 Abs 3 Nr 3 SGB II enthält lediglich eine ausdrückliche Regelung für eine Kostenpflicht bei mehrtägigen Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen. Diese Abgeschlossenheit des Systems des SGB II hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) nochmals betont. In das Gesetz wurde § 3 Abs 3 Satz 1 Halbs 2 und Satz 2 SGB II eingefügt. Hiernach decken die nach dem SGB II vorgesehenen Leistungen den Bedarf der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen. Eine davon abweichende Festlegung der Bedarfe ist ausgeschlossen (vgl hierzu auch BSG Urteil vom 28.10.2009 - SozR 4-4200 § 7 Nr 15 RdNr 17).
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Zutreffend ist auch eine Verurteilung des Beigeladenen auf Grundlage von § 73 SGB XII unterblieben. Der hier geltend gemachte Schulbedarf war Teil des existenziellen Bedarfs der Kläger, der auch im Jahre 2006 durch das SGB II und ggf die Regelleistung in § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 1 SGB II hätte gedeckt werden müssen. Zwar normiert das SGB II keine ausreichende Leistung bzw keinen gesetzlichen Anspruch für den Schulbedarf. Gleichwohl ist ein Anspruch auf Leistungen für Schulbedarf jedoch auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht gegeben. Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 9.2.2010 (aaO), in dem es die Regelungen über die Regelleistung nach dem SGB II für unvereinbar mit Art 1 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG erklärt hat, zugleich klargestellt, dass eine rückwirkende Leistungsgewährung nicht notwendig ist (vgl insbesondere RdNr 217). Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 9.2.2010 (aaO) lediglich gefordert, dass für unabweisbare, laufende, nicht nur einmalige, besondere Bedarfe ein zusätzlicher verfassungsrechtlicher Anspruch auf Leistungsgewährung besteht. Der erkennende Senat hat diesen oder einen derartigen Anspruch auch für bereits abgelaufene Zeiträume während eines noch laufenden Rechtsstreits bejaht (BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 29/09 R - BSGE 105, 279 = SozR 4-1100 Art 1 Nr 7; vgl auch BVerfG Beschluss vom 24.3.2010 - 1 BvR 395/09). Dieser verfassungsrechtliche Anspruch greift hier jedoch schon deshalb nicht ein, weil es sich bei dem von den Klägern geltend gemachten Erstattungsansprüchen wegen Schulbedarfs nicht um einen solchen besonderen Bedarf handelt. Vielmehr geht es um einen Anspruch, der vom BVerfG (aaO, RdNr 192, siehe oben unter 3.) dem grundgesetzlich geschützten Existenzminimum zugerechnet wurde. Für solche "typischen" Bedarfe ist der neue verfassungsrechtliche Anspruch ersichtlich nicht gedacht. Eine rückwirkende Anwendung des § 24a SGB II kommt ebenfalls nicht in Betracht.
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4. Zutreffend hat das LSG auch einen Anspruch der Kläger auf ein rückzahlungsfreies Darlehen zur Deckung des geltend gemachten Schulbedarfs verneint. Nach § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II kann die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis, soweit im Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts weder durch das Vermögen nach § 12 Abs 2 Nr 4 SGB II noch auf andere Weise gedeckt werden kann, den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung erbringen und gewährt dem Hilfebedürftigen ein entsprechendes Darlehen. Das Darlehen wird durch monatliche Aufrechnung in Höhe von bis zu 10 vom Hundert der an den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen jeweils zu zahlenden Regelleistung getilgt (§ 23 Abs 1 Satz 3 SGB II). Weitergehende Leistungen sind ausgeschlossen (§ 23 Abs 1 Satz 4 SGB II). Die Regelung des § 23 Abs 1 SGB II sieht mithin eine Tilgung des Darlehens zwingend vor. Der Gewährung einer von vornherein rückzahlungsfreien Darlehensleistung fehlt es im SGB II an einer Rechtsgrundlage.
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Soweit das LSG an dieser Stelle den Erlass der Darlehenstilgung iS des § 44 SGB II prüft, ist ein derartiger Erlassanspruch nicht Gegenstand des Rechtsstreits geworden. Zwar kann ggf durch einen Erlass nach § 44 SGB II - möglichen, wie oben dargelegten verfassungswidrigen - Bedarfsunterdeckungen durch die Darlehenstilgung entgegengewirkt werden(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1). Der Erlass kann jedoch regelmäßig erst nachträglich erfolgen, denn würde er mit der Darlehensgewährung verbunden, würde er diese damit ad absurdum führen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1). Der Erlass iS des § 44 SGB II, der im Ermessen des Trägers von Leistungen nach dem SGB II steht, wenn die Einziehung der Ansprüche unbillig wäre, setzt zudem eine Verwaltungsentscheidung des Trägers hierüber voraus, woran es vorliegend bisher mangelt. Der Bescheid vom 15.9.2006, mit dem der Beklagte nicht nur den Beschluss des SG Magdeburg ausgeführt, sondern auch eine selbstständige Verfügung im Hinblick auf die Tilgung des Darlehens getroffen hat, ist bindend geworden.
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Die Rückzahlungsfreiheit des Darlehens kann auch nicht auf einen aus § 44 SGB II zu ziehenden Schutzgedanken gegründet werden(vgl hierzu BSG Urteil vom 31.10.1991 - 7 RAr 60/89 - SozR 1300 § 45 Nr 10). Eine solche Anknüpfung wäre im Ergebnis eine Umgehung der vom Gesetzgeber ausgeschlossenen Erhöhung der Regelsätze [Es wird auf die Ausführungen unter Nr 3. verwiesen.] sowie der zwingend vorgesehen Tilgung des Darlehens. Im Hinblick auf die auch vom BVerfG anerkannten Spielräume, die die pauschalierte Regelleistung belässt, und die von ihm befundenen Einspar- und Ansparmöglichkeiten gefährdet eine Tilgung aus der Grundsicherungsleistung auch nicht per se die Existenz. Daher sind in erster Linie die sich aus § 23 Abs 1 Satz 3 SGB II folgenden Spielräume bei der Entscheidung über die Tilgungsmodalitäten vom Grundsicherungsträger zu nutzen und ist bei der Bestimmung der Höhe der Tilgungsraten darauf abzustellen, dass durch die Tilgung des Darlehens der Zweck der SGB II-Leistungen die Existenzsicherung nicht gefährdet wird. Der Heranziehung eines Schutzgedankens aus § 44 SGB II, wie er etwa von der Rechtsprechung § 76 SGB IV im Hinblick auf die Durchsetzung von Forderungen der Sozialversicherungsträger gegen Versicherte(vgl BSG Urteil 10.6.1980 - 4 RJ 115/79 - BSGE 50, 144 = SozR 2200 § 1301 Nr 13)entnommen worden ist, bedarf es im SGB II mithin nicht. Insoweit trägt das Gesetz selbst - mit der Möglichkeit, die Höhe der Tilgungsraten individuell zu bestimmen sowie den gesetzlichen Vorgaben des Erlasses nach § 44 SGB II - dem Schutz des Leistungsempfängers vor existenzgefährdenden Belastungen bereits Rechnung.
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5. Eine Berücksichtigung des Schulbedarfs bei der Höhe des Betrags des Kindergeldes, das zur Bedarfsdeckung der leistungsberechtigten Kinder nach § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II einzusetzen ist, führt hier ebenfalls nicht zum Erfolg der Revisionen.
- 22
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Ein derartiges Begehren hat eine Minderung des Einkommens bei der Berechnung der Regelleistung - hier Sozialgeld der Kläger - und damit die Gewährung einer höheren Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts zum Ziel. Der Anspruch auf höheres Sozialgeld ist jedoch nicht Streitgegenstand des Verfahrens. Die Kläger haben mit der Klage, die diesem Revisionsverfahren zu Grunde liegt, nur den auf eine Leistung für Schulbedarfe begrenzten Bescheid vom 5.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.8.2006 angefochten. Es wird insoweit auf die Ausführungen zu 2. verwiesen. Über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts durch den Bescheid vom 27.6.2006 ist hier nicht zu befinden.
- 23
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Die Kläger könnten mit ihrem Begehren jedoch auch materiell-rechtlich nicht durchdringen. Nach § 11 Abs 1 SGB II ist das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wird. Kindergeld soll gemäß § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II vorrangig zur Sicherung des Lebensunterhalts des Kindes verwendet werden. Daher nimmt das Kindergeld ebenso wie das sonstige Einkommen und Vermögen des minderjährigen Kindes nicht an der Einkommensverteilung innerhalb der Bedarfsgemeinschaft nach § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II teil (vgl BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14 AS 55/07 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 4; Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 39/08 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 23). Das Kindergeld soll dem jeweiligen Kind in der Bedarfsgemeinschaft umfassend zur Verfügung stehen, soweit sein Bedarf nicht anderweitig gedeckt ist und solange das Kind in der Bedarfsgemeinschaft lebt. Das Kindergeld dient dort der Existenzsicherung des Kindes, wie die Kläger selbst zutreffend ausführen, also auch zur Deckung des Schulbedarfs. Soll es diesen Zweck nicht verfehlen, darf nicht zugleich, bevor es zur Bedarfsdeckung eingesetzt wird, ein Teil herausgerechnet werden.
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Auch mit der Auffassung, das Kindergeld sei in Höhe des Schulbedarfs als zweckbestimmte Einnahme anzusehen und daher nicht als Einkommen bei der Berechnung des Sozialgeldes zu berücksichtigen, vermögen die Kläger nicht durchzudringen. Das Kindergeld ist aufgrund seiner Bindung zur Bedarfsdeckung beim Kind zwar eine an die Person gebundene Leistung, die allerdings dem selben Zweck wie die SGB II-Leistung dient, nämlich der Sicherung des Lebensunterhalts (s zur Zweckidentität BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 67/09 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 28). Deshalb ist das Kindergeld auch nicht ganz oder teilweise von der Einkommensberücksichtigung als zweckbestimmte Einnahme iS des § 11 Abs 3 SGB II auszunehmen.
Die Gebühr kann ermäßigt oder von ihrer Erhebung kann abgesehen werden, wenn die Person, die die Gebühren schuldet, bedürftig ist.
Tenor
Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht bewilligt.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 22,80 EUR festgesetzt.
Gründe
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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.