Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 25. Nov. 2013 - 5 Sa 320/13

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2013:1125.5SA320.13.0A
bei uns veröffentlicht am25.11.2013

Diese Entscheidung wird zitiert ausblendenDiese Entscheidung wird zitiert


Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserlautern vom 13.06.2013, Az.: 2 Ca 270/13, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung, oder aufgrund einer fristlosen Tat- bzw. einer fristlosen Verdachtskündigung beendet worden ist, sowie darüber, ob der Kläger ggf. zur Rückzahlung von Arbeitsentgelt an die Beklagte verpflichtet ist.

2

Der 1957 geborene, verheiratete Kläger, der gegenüber einer Ehefrau und zwei Kindern unterhaltspflichtig ist, ist seit dem 04.08.2005 als kaufmännischer Angestellter bei der Beklagten beschäftigt und verdiente zuletzt monatlich 2.600,00 EUR brutto. Nach Ziffer 3 des Arbeitsvertrages vom 04.08.2005, hinsichtlich dessen weiteren Inhalts auf Bl. 5, 6 d. A. Bezug genommen wird, gelten für das Arbeitsverhältnis die für das Elektrohandwerk jeweils gültigen tariflichen Bestimmungen.

3

Mit Schreiben vom 11.02.2013 hat die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aus betriebswirtschaftlichen Gründen zum 30.04.2013 ordentlich gekündigt. Mit Schreiben vom 12.03.2013 hat die Beklagte darüber hinaus eine außerordentliche Kündigung wegen der Privatnutzung des Betriebs-PC durch den Kläger zu pornografischen Zwecken erklärt. Des Weiteren hat sie mit Schreiben vom 11.04.2013 nochmals das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich gekündigt. Dieses Kündigungsschreiben hat unter anderem folgenden Wortlaut:

4

"Der Sache nach liegt der dringende Verdacht vor, dass Sie in der Vergangenheit ausgiebig den Betriebs-PC genutzt hatten, um sexuellen Freuden nachzugehen. Zu den heruntergeladenen Dateien verweisen wir auf die Liste, die einen Teil der von Ihnen heruntergeladenen Pornos wiedergibt und die Ihnen mit Schreiben vom 22.03.2013 zur Verfügung gestellt wurde; diese wurden offenbar später durch Sie gelöscht, konnten jedoch durch ein zertifiziertes EDV-Unternehmen wieder rekonstruiert werden.

5

Wir hatten Ihnen namens der Mandantin Gelegenheit gegeben, zu diesen Vorwürfen Stellung zu nehmen.

6

Einen Eingang Ihrer schriftlichen Stellungnahme haben wir trotz Fristsetzung zum 03.04.2013 bis heute nicht feststellen können.

7

Wir gehen daher ankündigungsgemäß davon aus, dass Sie von Ihrem Stellungnahmerecht keinen Gebrauch machen wollen und erklären hiermit namens der Mandantin unter Aufrechterhaltung der erklärten Kündigungen nochmals die außerordentliche fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses…."

8

Mit der vorliegenden, am 25.02.2013 beim Arbeitsgericht Kaiserslautern eingegangenen und durch Schriftsätze, beim Arbeitsgericht eingegangen am 19.03.2013 und am 29.04.2013 erweiterter Klage wendet sich der Kläger sowohl gegen die außerordentlichen Kündigungen, als auch gegen die ordentliche betriebsbedingte Kündigung.

9

Der Kläger hat, soweit für das Berufungsverfahren noch von Belang, vorgetragen:

10

Die angegriffenen Kündigungen seien rechtsunwirksam.

11

Zunächst seien dringende betriebliche Gründe für eine ordentliche betriebsbe-dingte Arbeitgeberkündigung nicht gegeben. Er bestreite, dass seine bisherigen Aufgaben betreffend die Fa. M. zum 15.04.2013 oder ab Mai 2013 entfallen sollten. Dies sei auch nicht substantiiert vorgetragen worden. Im Übrigen verrichte der Kläger auch noch andere Arbeiten, die nicht mit der Firma M. in Zusammenhang stünden, wie zum Beispiel das Erstellen von Rechnungen, die Abwicklung von Garantien, die Reparaturannahme, die Rechnungsausgangskontrolle, die Erstellung von Lieferscheinen sowie die Bearbeitung von Bewerbungsschreiben, allgemeine Korrespondenz usw. Nach wie vor sei es zudem notwendig, Rechnungsdaten in den PC einzutragen. Es treffe auch nicht zu, dass die telefonische Auftragsannahme von Seiten M. Deutschland zum 15.04.2013 entfallen werde. Ferner fehle jeglicher schlüssiger Sachvortrag dazu, wie sich die Darstellung der Beklagten auf das Aufgabengebiet und den Arbeitsplatz des Klägers auswirken solle. Denn es verbleibe ein noch nicht näher angegebener Tätigkeitsumfang beim Kläger, der jedoch auf andere (welche?) Mitarbeiter übertragen werden solle. Wann und in welcher Weise dies erfolgen solle, werde nicht vorgetragen. Da davon auszugehen sei, dass die "anderen" Mitarbeiter vor der Kündigung des Klägers eigene Aufgaben erledigt hätten, habe es der Beklagten oblegen, dezidiert vorzutragen und unter Beweis zu stellen, dass die Übertragung der Aufgaben erfolge, ohne dass bei den anderen Mitarbeiter überobligatorische Mehrarbeit anfalle. Dass der Arbeitsplatz des Klägers dauerhaft entfallen solle, werde weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt. Die sei auch nicht ersichtlich.

12

Hinsichtlich der außerordentlichen Kündigungen sei darauf hinzuweisen, dass der PC des Klägers im Betrieb der Beklagten frei zugänglich sei. Jeder Dritte habe am Rechner des Klägers die Downloads vornehmen können. Das Passwort des Klägers liege bekannter Weise unter seiner Schreibtischunterlage. Es sei üblich, dass die Mitarbeiter wechselseitig die PCs benutzen, da diese nicht gleich konfiguriert seien und evtl. unterschiedliche Programme aufwiesen. Im Betrieb der Beklagten bestehe kein Verbot, das Internet privat zu nutzen. Dass der Kläger, selbst wenn er die Dateien heruntergeladen habe, seine Arbeitspflicht vernachlässigt habe, gehe aus dem Sachvortrag der Beklagten nicht hervor. Insbesondere sei zur angeblichen Verweildauer des Klägers im Internet nichts vorgetragen. Im Übrigen sei vorliegend eine Abmahnung nicht entbehrlich gewesen, selbst wenn die Vorwürfe der Beklagten zuträfen, weil diese dem Kläger, dessen Arbeitsleistungen und Verhalten nunmehr über einen Zeitraum von fast 8 Jahren unbeanstandet geblieben sei, auf sein Fehlverhalten hinweisen habe müssen, wodurch eine Wiederholungsgefahr ausgeschlossen sei.

13

Die beiden außerordentlichen Kündigungen seien auch nach ihrem expliziten Wortlaut nicht in ordentliche Kündigungen umzudeuten.

14

Zumindest müsse die Interessenabwägung jeweils zugunsten des Klägers enden. Er sei 56 Jahre alt, habe Unterhaltsverpflichtungen und werde auf dem Arbeitsmarkt, zumindest in räumlicher Nähe zu seinem Wohnort voraussichtlich keinen neuen Arbeitsplatz finden. Er habe sich während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses nichts zuschulden kommen lassen. Der Beklagten sei, selbst wenn der Kläger Dateien heruntergeladen hätte, kein fühlbarer wirtschaftlicher Nachteil entstanden.

15

Folglich stehe dem Kläger das offene Gehalt für den April 2013 zu sowie die vermögenswirksamen Leistungen nach dem Tarifvertrag vermögenswirksame Leistungen des Elektrohandwerks vom 12.07.2006.

16

Der Kläger hat beantragt,

17

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die ordentliche Kündigung vom 11.02.20113, zugegangen am 11.02.2013, nicht zum 30.04.2013 beendet wird.

18

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die hilfsweise ausgesprochene, außerordentliche und fristlose Kündigung vom 12.03.2013, zugegangen am 15.03.2013 aufgelöst wurde.

19

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch die außerordentliche und fristlose Kündigung vom 11.04.2013, zugegangen am 12.04.2013, aufgelöst wurde.

20

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 712,11 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

21

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.600,00 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

22

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger vermögenswirksame Leistungen in Höhe von 132,95 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

23

Die Beklagte hat beantragt,

24

die Klage abzuweisen.

25

Die ordentliche betriebsbedingte Kündigung sei sozial gerechtfertigt. Der Hauptkunde der Beklagten, die Firma M., habe dem Geschäftsführer der Beklagten am 07./08.02.2013 bei einem Meeting in M. mitgeteilt, dass ab Mai 2013 das bisherige Rechnungsprogramm XY abgeschaltet werde und die Aufträge online nunmehr direkt vom Lieferschein zur Rechnung generiert würden. Folge werde dann sein, dass weder Scanns der Aufträge noch das Erstellen von Lieferscheinen, noch der Papierausdruck erforderlich sein werde. Auch entfalle dann das Abtippen bzw. Einkopieren der Texte, des Materials und der Lohnpositionen in diesem Programm, da alles bereits vor Ort im Restaurant eingegeben werde. Der Kläger werde somit in diesem Bereich keine Aufgabe mehr haben. Als weiteres werde die telefonische Auftragsannahme von Seiten M. Deutschland zum 15.04.2013 entfallen, da ein anderes Unternehmen namens Z. den kompletten Support für M. Deutschland übernommen habe. Das wiederum werde zur Folge haben, dass von der telefonischen Auftragsannahme über die Online-Beauftragung der Servicefirma bis hin zur Rechnungsstellung alles von der Z. erledigt werde. Damit werde ein erhebliches Volumen an Arbeitszeit in der Verwaltung entfallen, da praktisch alle Telefonate von Seiten der M. Restaurants entfielen. Da der Kläger auch mit der telefonischen Auftragsannahme im Büro beauftragt gewesen sei, werde auch diese Aufgabe künftig entfallen. Die noch verbliebenen Aufgaben, die in kaum noch nennenswerten Umfang anfallen würden, würden auf die anderen Verwaltungsmitarbeiter und den Geschäftsführer der Beklagten übertragen. Da sie aufgrund des von ihren Kunden angestrebten Sparkurses mit einem dauerhaftem Umsatzeinbruch und sogar mit einem Verlust von 200.000,00 EUR für das Jahr 2013 habe rechnen müssen, habe sie sich zu einer personellen Umstrukturierung veranlasst gesehen, wonach überflüssige und unproduktive Arbeitsplätze und Arbeitskräfte eingespart werden müssten.

26

Nachdem sie am 12.03.2013 erfahren habe, dass der Kläger in der Zeit vom 22.06.2011 bis zum 07.02.2013 pornografisches Material mit ca.154 Megabyte vom Firmen-PC heruntergeladen habe, seien auch die außerordentlichen Kündigungen als Tat- bzw. Verdachtskündigung gerechtfertigt. Hinsichtlich der von der Beklagten im Einzelnen vorgetragenen Downloadzeiten in der Zeit vom 22.06.2011 bis zum 07.02.2012 wird auf ihren Schriftsatz vom 11.06.2013 (S. 4 bis 6 = Bl. 102 bis 104 d. A.) Bezug genommen.

27

Aufgrund der Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigungen sei der Kläger folglich verpflichtet, das zwischenzeitlich zu viel gezahlte Gehalt für März 2013 zurückzuzahlen.

28

Die Beklagte hat deshalb im Wege der Widerklage beantragt,

29

den Kläger zu verurteilen, an die Beklagten 969,95 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.04.2013 zu zahlen.

30

Der Kläger hat beantragt,

31

die Widerklage abzuweisen.

32

Der Kläger hat insoweit vorgetragen,
aufgrund der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung der Beklagten sei eine Gehaltsüberzahlung nicht eingetreten.

33

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat daraufhin durch Urteil vom 13.06.2013 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis weder durch die ordentliche Kündigung vom 11.02.2013 noch durch die außerordentlichen Kündigungen vom 12.03.2013 und vom 11.04.2013 aufgelöst worden ist, die Beklagte verurteilt, an den Kläger 2.600,00 EUR brutto nebst Zinsen, 132,95 EUR brutto nebst Zinsen an vermögenswirksamen Leistungen zu zahlen und die Widerklage abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 115 bis 122 d. A. Bezug genommen.

34

Gegen das ihr am 08.07.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte durch am 31.07.2013 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am 08.10.2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet, nachdem zuvor auf ihren begründeten Antrag hin durch Beschluss vom 11.09.2013 die Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung bis zum 08.10.2013 einschließlich verlängert worden war.

35

Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, bereits die außerordentlichen Kündigungen seien rechtswirksam. Es treffe insbesondere nicht zu, der PC des Klägers sei frei zugänglich gewesen. Die übrigen Mitarbeiter der Beklagten hätten den PC des Klägers nie benutzt und ihnen sei auch das Passwort nicht bekannt gewesen bzw. der PC des Klägers sei nur zu administrativen Zwecken benutzt worden, wobei keine pornografischen Inhalte geöffnet worden seien und das Passwort nicht bekannt gewesen sei. Einer Abmahnung habe es nicht bedurft, denn bei einer fehlenden ausdrücklichen Gestattung oder Duldung des Arbeitgebers sei die private Nutzung grundsätzlich nicht erlaubt. Dies gelte erst recht deshalb, weil sich der Kläger vorliegend umfang-reiche pornografische Dateien aus dem Internet heruntergeladen habe; dabei handele es sich nicht mehr um eine sozialtypische und sozialadäquate Nutzung. Mit seinem Verhalten habe der Kläger, weil es sich während der Arbeitszeit zugetragen habe, auch seine Hauptleistungspflicht - nämlich die zur Arbeit - verletzt. Die Downloadzeiten hätten sich keineswegs ausschließlich in Zeiten von Pausen bzw. außerhalb der Arbeitszeiten des Klägers bewegt. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Liste vom 14.03.2003 nur einen Teil der auch auf der gesicherten Festplatte des Dienst-PCs des Klägers befindlichen Dateien darstelle. Denn der Kläger habe versucht, die Dateien jeweils zeitnah nach dem Download zu löschen. Schließlich habe die Gefahr einer möglichen Rufschädigung bestanden. Hinzu komme, dass sich durch das Herunterladen der streitgegenständlichen Dateien die zunächst nur abstrakt bestehende Gefahr einer Vireninfizierung des Computers des Klägers am Arbeitsplatz tatsächlich realisiert habe, so dass die EDV-Anlage der Beklagten insgesamt einem erhöhten Sicherheitsrisiko ausgesetzt gewesen sei. Insoweit habe die Beklagte für die Wiederherstellung/Bereinigung der Festplatte 296,00 EUR netto zuzüglich der Vergütung für den im Rahmen der Wiederherstellung/Bereinigung der Festplatte eingesetzten Mitarbeiter D., ebenso Fahrtkosten für das Verbringen und Abholen des PC bzw. von der in B-Stadt ansässigen Firma S. aufwenden müssen.

36

Nach alledem sei die außerordentliche Tatkündigung, zumindest aber die außerordentliche Verdachtskündigung vom 11.04.2013 rechtswirksam gewesen.

37

Jedenfalls aber sei das Arbeitsverhältnis aufgrund der ordentlichen betriebsbedingten Kündigung vom 11.02.2013 zum 30.04.2013 beendet worden. Denn sie, die Beklagte, habe die Umstrukturierung der Aufgaben bei der Firma M. sowie Umsatzeinbrüche zum Anlass für eine gestaltende unternehmerische Entscheidung genommen, wonach überflüssige und unproduktive Arbeitsplätze und Arbeitskräfte hätten eingespart werden müssen. Diese unternehmerische Entscheidung habe zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger geführt. Insoweit sei darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung, mit wie vielen Mitarbeitern das Unternehmen eine bestimmte Aufgabe erledigen wolle, in das freie Ermessen des Arbeitgebers gestellt werde. Vorliegend sei im Hinblick auf die zuvor beschriebenen Umstände seitens der Beklagten davon ausgegangen worden, dass sie auf Dauer in der Verwaltung auf einen Mitarbeiter verzichten könne. Danach sei ein Arbeitsverhältnis mit einem in der Verwaltung tätigen Arbeitnehmer zu kündigen gewesen. Dies sei auch unschwer möglich gewesen, weil bereits mit den festgestellten Umsatzeinbrüchen Aufgabenreduzierung einhergegangen seien. Der Kläger sei im Grunde von 100 % Sollarbeitszeit lediglich noch ein 1/3 der Zeit tatsächlich beschäftigt gewesen. Im Übrigen habe er "herumgesessen", gegenüber den Kollegen Späßchen gemacht und gegrinst. Auch Vorhalte des Geschäftsführers der Beklagten, das geringere Ausmaß an Arbeit wie die Kollegen kreativ anzugehen, statt auf Zuweisungen zu warten, habe der Kläger ignoriert und damit für Unmut bei der Beklagten gesorgt. Durch das Hinzukommen der Entwicklung bei der Firma M. seien weitere 50 % der beim Kläger verbliebenen Arbeit entfallen, die sich fortan auf Rechnungserstellungen gegenüber Franchisenehmern von der Firma M. und sonstigen Kunden beschränkt habe sowie auf den übrigen Postversand, die übrigen Telefonate, allgemeine Telefonate und allgemeine Ablage. Die Beklagte habe handeln müssen und die Organisationsentscheidung getroffen, unter Entfall einer Verwaltungsstelle die arbeitszeitliche Menge von umgerechnet ca. 7 Stunden auf die übrigen Arbeitnehmer und den Geschäftsführer selbst zu verteilen. Dies habe sich nach dem Ausscheiden des Klägers als problemlos möglich erwiesen und zwar ohne nennenswerte Arbeitsverdichtung und ohne Überstunden.

38

Lediglich der Vollständigkeit halber sei darauf hinzuweisen, dass die Beklagte zwischenzeitlich mit Schreiben vom 21.06.2013 das Arbeitsverhältnis hilfsweise unter Aufrechterhaltung der ordentlichen Kündigung mit Schreiben vom 11.02.2013 sowie der Kündigungen vom 12.03 und 11.04.2013 nochmals außerordentlich fristlos gekündigt habe. Dies sei erforderlich gewesen, weil der Kläger gemeint habe, die Beklagte mit ruf- und kreditschädigenden Äußerungen belegen zu müssen. Mitarbeiter der Beklagten seien anderen Arbeitgebern anempfohlen worden mit Worten wie "die Firma steht mit dem Rücken zur Wand" bzw. "ich sehe schon die Insolvenz in der Zeitung stehen". Deshalb habe sich zum Beispiel der Mitarbeiter D. unter anderem bei der Firma B. in H. beworben und dort sogar eine Zusage erhalten; er habe nur mit größter Mühe zu einem Bleiben bewogen werden können. Uneinsichtig wie der Kläger sei, habe er auch gegen diese Kündigung Kündigungsschutzklage erhoben, die beim Arbeitsgericht Kaiserslautern - unstreitig - anhängig ist (2 Ca 918/13).

39

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 11.09.2013 (Bl. 154 bis 168 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 169 bis 180 d. A.) sowie ihren Schriftsatz vom 21.11.2013 (Bl. 202 bis 208 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 209 bis 214 d. A.) Bezug genommen.

40

Die Beklagte beantragt,

41

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 13.06.2013, 2 Ca 270/13,

42

die Klage (einschließlich der Kündigungsschutzanträge) abzuweisen, soweit die Verurteilung der Beklagten über die Zahlung eines Betrages von mehr als 106,36 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit hinaus beantragt worden ist,

43

den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte einen Betrag in Höhe von 969,95 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.04.2013 zu zahlen,

44

den Kläger weiter zu verurteilen, an die Beklagte 1.900,65 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 07.06.2013 zu zahlen.

45

hilfsweise,

46

das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aufzulösen.

47

Der Kläger beantragt,

48

die Berufung der Beklagten einschließlich des Auflösungsantrags zurückzuweisen.

49

Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, hinsichtlich der außerordentlichen Kündigungen, komme ein Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten nur dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber zuvor ein eindeutiges Verbot der privaten Internetnutzung ausgesprochen habe. Fehle es, wie vorliegend daran, liege schon kein Pflichtverstoß vor, der eine Kündigung rechtfertigen könnte. Zumindest sei eine vorherige Abmahnung erforderlich gewesen, an der es fehle. Im Übrigen habe die Beklagte nicht vorgetragen, wie viel Zeit der Kläger angeblich mit dem Serven im Internet verbracht habe. Auch sei nicht hinreichend deutlich dargelegt worden, dass die von der Beklagten aufgelisteten Dateien, deren Herkunft geklärt sei, gerade vom Kläger heruntergeladen worden seien. Die von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegte Liste der Mitarbeiter, denen der Download jedenfalls nicht vorzuwerfen sei, sei nicht vollständig und sage auch nichts darüber aus, ob der Download der Dateien durch den Kläger erfolgt sei. Zudem sei davon auszugehen, dass diejenigen Mitarbeiter, die sich mit der Administration der PCs beschäftigten, die Passwörter der übrigen Mitarbeiter kennen. Auch sei nicht hinreichend belegt, dass der Virenbefall des klägerischen PC auf den Download einer bestimmten Datei zurückzuführen sei. Dem Kläger sei vielmehr seitens seines Arbeitgebers mitgeteilt worden, dass der Virusbefall durch einen behördlichen Troyaner ausgelöst worden sei. Allerdings sei keine Rekonstruktion der Festplatte notwendig gewesen, sondern nach Angabe des Zeugen D. seien keine Daten verloren gegangen, es sei lediglich die Bedienung des Rechners gesperrt gewesen. Nach dem 07.02.2013 habe der Kläger ohne Probleme mit dem Rechner bis zum 04.04.2013 weiter gearbeitet. Angebliche Kosten für den Einsatz des Zeugen D. seien ebenso wenig substantiiert dargelegt wie nachvollziehbar. Denn dieser erhalte ein monatliches Bruttogehalt. Zusätzliche Kosten seien folglich auch dann nicht entstanden, wenn die Bereinigung der Festplatte durch den Kläger verursacht worden sei.

50

Die ordentliche betriebsbedingte Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt. Insoweit fehle jeglicher substantiierter Tatsachenvortrag der Beklagten dazu, dass der Arbeitsplatz des Klägers ersatzlos entfallen sei. Insbesondere lege die Beklagte nicht nachvollziehbar dar, inwieweit aufgrund des behaupteten Umsatzrückganges der Arbeitsanfall der Mitarbeiter ebenfalls reduziert worden sei. Es fehle an tatsächlichem Vorbringen der Beklagten dazu, inwieweit sich die Auftragslage im allgemeinen und die Umsätze in Relation zu den bestehenden Arbeitsplätzen befänden. Zudem behaupte die Beklagte lediglich, 50 Prozent der Tätigkeit des Klägers seien entfallen. Wie sich die restlichen Aufgaben auf die übrigen Mitarbeiter verteilten, werde lediglich angedeutet.

51

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 11.11.2013 (Bl. 194 bis 201 d. A.) Bezug genommen.

52

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

53

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 25.11.2013.

Entscheidungsgründe

I.

54

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

55

Auch der in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren am 25.11.2013 erstmals gestellte Auflösungsantrag der Beklagten ist im Rahmen des vorliegenden Berufungsverfahrens gemäß § 9 KSchG zulässig. Denn danach kann der Antrag - wie vorliegend - bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz gestellt werden.

II.

56

Das Rechtsmittel der Berufung der Beklagten hat jedoch in der Sache einschließlich des Auflösungsantrags keinen Erfolg.

57

Denn das Arbeitsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass sowohl die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 11.12.2013 zum 30.04.2013, als auch die außerordentlichen Kündigungen vom 12.03.2013 und vom 11.04.2013 rechtsunwirksam sind und folglich das Arbeitsverhältnis nicht beendet haben. Auch der im Berufungsverfahren zulässigerweise erstmals gestellte Auflösungsantrag gemäß § 9 KSchG beendet das Arbeitsverhältnis nicht, weil er nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien unbegründet ist. Folglich steht dem Kläger das vertraglich geschuldete Arbeitsentgelt auch über den 12.03.2013 hinaus zu. Etwaige Rückforderungsansprüche der Beklagten bestehen insoweit nicht.

58

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die ordentliche betriebsbedingte Kündigung vom 11.02.2013 zum 30.04.2013 sozial ungerechtfertigt, kann also nicht auf betriebliche Gründe im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG gestützt werden.

59

Der Begriff der betrieblichen Erfordernisse ist im Gesetz nicht definiert.

60

Betriebliche Erfordernisse liegen dann vor, wenn Umstände aus dem wirtschaftlichen oder betriebstechnischen Bereich dazu führen, dass die betriebliche Arbeitsmenge so zurückgeht, dass der Beschäftigungsbedarf für einen oder mehrere Arbeitnehmer entfällt. Erforderlich ist eine konkrete Auswirkung auf die Einsatzmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers. Es fehlt an einem betrieblichen Erfordernis zur wirksamen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG, wenn außer- oder innerbetriebliche Umstände nicht zu einer dauerhaften Reduzierung des betrieblichen Arbeitskräftebedarfs führen (BAG 23.02.2012 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 166 = NZA 2012, 852).

61

Es muss also zumindest ein Arbeitsplatz weggefallen sein, wobei dies nicht in der Weise zu verstehen ist, dass es sich dabei gerade um den konkret fixierten Arbeitsplatz des gekündigten Arbeitnehmers handeln muss (BAG 30.05.19885 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 36).

62

Vielmehr ist nach Maßgabe der sozialen Auswahl ggf. einem Arbeitnehmer zu kündigen, dessen Arbeitsplatz noch vorhanden ist, wenn nur die Anzahl der vergleichbaren Arbeitsplatze insgesamt zurückgegangen ist mit der Folge, das die Zahl der benötigten Arbeitsplätze aufgrund der Entwicklung der Arbeitsmenge kleiner ist als die Zahl der auf diesen Arbeitsplätzen bislang beschäftigten Arbeitnehmer. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die soziale Rechtfertigung der Kündigung ist grds. der Zeitpunkt des Kündigungszugangs. Grundsätzlich muss dann der Kündigungsgrund - Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit - vorliegen (LAG Düsseld. 16.11.2005 - 12 Sa 1150/05, EzA-SD 1/06 S. 8 LS; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht 11. Aufl. 2014, Kap. 4 Rn. 2523 ff.).

63

Das Merkmal der Dringlichkeit wird dadurch charakterisiert, dass eine Weiterbeschäftigung der nunmehr überzähligen Arbeitnehmer nicht, insbes. nicht unter bestimmten organisatorischen Voraussetzungen möglich ist. Die Kündigung muss in Anbetracht der betrieblichen Situation unvermeidbar sein. Der Betrieb muss sich in einer Zwangslage befinden, die nur durch eine Kündigung, nicht aber durch andere Maßnahmen beseitigt werden kann (APS/Kiel § 1 KSchG Rn. 561 ff.).

64

Diese betrieblichen Erfordernisse müssen dringend sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebes unvermeidbar machen (LAG RhPf 10.05.1988 NZA 1989, 273). Es fehlt an einem betrieblichen Erfordernis zur wirksamen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG, wenn außer- oder innerbetriebliche Umstände nicht zu einer dauerhaften Reduzierung des betrieblichen Arbeitskräftebedarfs führen. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen näher darzulegen, aus denen sich ergeben soll, dass zukünftig auf Dauer mit einem reduzierten Arbeitsvolumen und Beschäftigungsbedarf zu rechnen ist; das Vorliegen von möglicherweise nur kurzfristigen Produktions- oder Auftragsschwankungen muss ausgeschlossen sein. Der Arbeitgeber hat den dauerhaften Rückgang des Arbeitsvolumens nachvollziehbar darzustellen, in dem er die einschlägigen Daten aus repräsentativen Referenzperioden miteinander vergleicht (BAG 23.02.2012 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 166 = NZA 2012, 852; s. Hunold NZA-RR 2013, 57 ff.: Schrader/Siebert NZA-RR 2013, 113 ff.). Die organisatorischen Maßnahmen, die der Arbeitgeber trifft, um seinen Betrieb dem Umsatzrückgang oder der verschlechterten Ertragslage anzupassen (wozu weder der Ausspruch der Kündigung selbst [BAG 20.02.1986 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 37] gehören), sind vom Arbeitsgericht nicht auf ihre Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit, sondern nur daraufhin zu überprüfen, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich sind (BAG 30.04.1987 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 47; 13.03.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 159; LAG BW 12.08.2004 - 22 Sa 99/03 EzA-SD 1/05, S. 7 LS; LAG Bln.-Bra. 01.03.2007 - 2 Sa 18/07, EzA-SD 19/2007 S. 5; Schrader/Schubert NZA-RR 2004, 393 ff.; Kaiser NZA 2005, Beil. 1/2005 zu Heft 10, S. 31 ff.). Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht die Vermutung, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt ist und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht (BAG 23.04.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160; 27.01.2011 - 2 AZR 9/10, EzA-SD 13/2011 S. 8 LS; s. Hunold NZA-RR 2013, 57 ff.; Schrader/Siebert NZA-RR 2013, 113 ff.).

65

So erfüllen offensichtlich unsachliche oder willkürliche Rationalisierungsmaßnahmen den Tatbestand der unzulässigen Rechtsausübung des betrieblichen Gestaltungsrechts durch den Arbeitgeber. Es ist missbräuchlich, in diesem Sinne, einen Arbeitnehmer durch die Bildung separater betrieblicher Organisationsstrukturen bei unverändertem Beschäftigungsbedarf aus dem Betrieb zu drängen, indem die tatsächlichen Arbeitsabläufe und die hierarchischen Weisungswege als solche unangetastet gelassen und nur, gewissermaßen pro forma, in allein zu diesem Zweck erdachte rechtliche Gefüge eingepasst werden (BAG 23.04.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160 = NZA 2008, 939).

66

Läuft die unternehmerische Entscheidung also letztlich nur auf den Abbau einer Hierarchieebene oder die Streichung eines einzelnen Arbeitsplatzes hinaus, verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, so sind gesteigerte Anforderungen an die Darlegungslast zu stellen (BAG 10.10.2002 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 122; 13.02.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158; 16.12.2010 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165; 24.05.2012 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 167 = NZA 2012, 1223; s. Hunold NZA-RR 2013, 57 ff.; Schrader/Siebert NZA-RR 2013, 113 ff.). Der Arbeitgeber muss dann konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen.

67

Er muss- im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast - die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben und Planungen auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose im Einzelnen darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen erledigt werden können. In welcher Weise ein Arbeitgeber darlegt, dass die Umverteilung von Arbeitsaufgaben nicht zu einer überobligatorischen Beanspruchung im Betrieb verbliebener Arbeitnehmer führt, bleibt ihm überlassen. Handelt es sich um nicht taktgebundene Arbeiten, muss nicht in jedem Fall und minutiös dargelegt werden, welche einzelnen Tätigkeiten die fraglichen Mitarbeiter künftig mit welchen Zeitanteilen täglich zu verrichten haben. Es kann - je nach Einlassung des Arbeitnehmers - ausreichend sein, wenn der Arbeitgeber die getroffenen Vereinbarungen zu Umfang und Verteilung der Arbeitszeit darstellt und Anhaltspunkte dafür darlegt, dass Freiräume für die Übernahme zusätzlicher Aufgaben vorhanden sind (BAG 16.12.2010 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165; 24.05.2012 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 167 = NZA 2012, 1223).

68

Ist die unternehmerische Entscheidung also verbunden mit einer Neuverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, bedarf es - wie beschrieben - der Konkretisierung dieser Entscheidung, damit geprüft werden kann, ob der Arbeitsplatz des betroffenen Arbeitnehmers tatsächlich weggefallen ist und die Entscheidung nicht offensichtlich unsachlich oder willkürlich ist (BAG 13.02.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158; 10.10.2002 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 122).

69

Hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast gilt insgesamt Folgendes:

70

Ist der Rückgang der Beschäftigungsmöglichkeit unmittelbar auf einen organisatorischen Entschluss des Arbeitgebers zurückzuführen (z. B. die ersatzlose Streichung einer Stelle), so muss der Arbeitgeber substantiiert den Inhalt seines Entschlusses, dessen praktische Umsetzung und dessen zahlenmäßige Auswirkungen auf die Beschäftigungsmöglichkeit darlegen (s. Bitter DB 1999, 1214 ff.).

71

Handelt es sich insoweit um eine nur beschränkt überprüfbare Unternehmerentscheidung, so ist der Arbeitgeber nicht an sich verpflichtet, die hierfür maßgeblichen Erwägungen offen zu legen. Andererseits muss der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess konkrete Angaben dazu machen, wie sich die Verringerung bzw. Veränderung der Produktion auf die Arbeitsmenge auswirkt und in welchem Umfang dadurch ein konkreter Arbeitskräfteüberhang entsteht. Zu dem Entscheidungsspielraum des Arbeitgebers gehört dabei die Befugnis, die Zahl der Arbeitskräfte zu bestimmen, mit denen eine Arbeitsaufgabe erledigt werden soll. Der Arbeitgeber kann grds. sowohl das Arbeitsvolumen - die Menge der zu erledigenden Arbeit - als auch das diesem zugeordneten Arbeitskraftvolumen - Arbeitnehmerstunden - und damit auch das Verhältnis dieser beiden Größen zueinander festlegen. Zwar muss nicht ein bestimmter Arbeitsplatz entfallen sein, Voraussetzung ist aber, dass die Organisationsentscheidung ursächlich für den vom Arbeitgeber behaupteten Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Entscheidung sich auf eine nach sachlichen Merkmalen genauer bestimmte Stelle bezieht. Der allgemeine Beschluss, Personalkosten zu senken, erfüllt diese Anforderungen nicht (LAG BW 20.02.2004 AuR 2004, 356 LS).

72

Hingegen hat der Arbeitnehmer darzulegen und zu beweisen, dass die fragliche innerbetriebliche Maßnahme (z. B. eine Rationalisierungsmaßnahme) offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 09.05.1996 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 85), wobei aber ggf. die Erleichterung des Anscheinsbeweis in Betracht kommt (BAG 24.10.1979 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 13). Denn insoweit spricht für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung die Vermutung, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt ist (BAG 23.04.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160). Es ist aber andererseits missbräuchlich in diesem Sinne, einen Arbeitnehmer durch die Bildung separater betrieblicher Organisationsstrukturen bei unverändertem Beschäftigungsbedarf aus dem Betrieb zu drängen, indem die tatsächlichen Arbeitsabläufe und die hierarchischen Weisungswege als solche unangetastet gelassen und nur, gewissermaßen pro forma, in allein zu diesem Zweck erdachte rechtliche Gefüge eingepasst werden (BAG 23.04.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160).

73

Läuft also die unternehmerische Entscheidung dagegen letztlich nur auf den Abbau einer Hierarchieebene hinaus, so sind gesteigerte Anforderungen an die Darlegungslast zu stellen (BAG 13.02.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158; 24.05.2012 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 167 = NZA 2012, 1223). Ist die unternehmerische Entscheidung verbunden mit einer Neuverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, bedarf es der Konkretisierung dieser Entscheidung, damit geprüft werden kann, ob der Arbeitsplatz des betroffenen Arbeitnehmers tatsächlich weggefallen ist und die Entscheidung nicht offensichtlich unsachlich oder willkürlich ist (BAG 10.10.2002 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 122; 13.02.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158). Der Arbeitgeber muss insbes. konkret darlegen, in welchem Umfang die bisher von dem Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten zukünftig im Vergleich zum bisherigen Zustand entfallen. Er muss aufgrund seiner unternehmerischen Vorgaben die zukünftige Entwicklung der Arbeitsmenge anhand einer näher konkretisierten Prognose darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligatorische Leistungen erbracht werden können (BAG 13.02.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158; 24.05.2012 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 167 = NZA 2012, 1223).

74

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist das Arbeitsgericht im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass nicht angenommen werden kann, dass die Beklagte gerade die Stelle des Klägers oder eines vergleichbaren Arbeitnehmers bzw. deren Arbeitsplatz tatsächlich zum Wegfall gebracht hat bzw. dass die Beklagte ihrer insoweit obliegenden Darlegungslast nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiiert nachgekommen ist bezüglich dieser Entscheidung und deren Umsetzung sowie der zu fordernden zeitlichen Nachhaltigkeit.

75

Die Beklagte hat sich insbesondere auf Veränderungen in ihrer Zusammenarbeit mit der Firma M. einerseits, also auf Änderungen, die sie zwar betreffen, auf die sie aber letztlich keinen Einfluss hat und andererseits auf einen (nicht nur damit) verbundenen Umsatzrückgang und anschließend daran eine in Konsequenz dessen getroffene Unternehmerentscheidung zum Wegfall eines Arbeitsplatzes in dem Bereich, in dem der Kläger tätig ist, berufen. Nach dem gesamten Vorbringen der Beklagten im erstinstanzlichen Rechtszug ist aber nicht nachvollziehbar, woraus - bei summarischer Betrachtung - die Tätigkeit des Klägers im Einzelnen bestand, also insbesondere wie viele Arbeitsstunden wofür in etwa pro Woche/Monat aufgewendet werden mussten und wie sich dies konkret durch die zuvor genannten Umstände prognostisch ab welchem Zeitpunkt geändert haben soll. Damit ist die Beklagte aber ihrer Verpflichtung nicht hinreichend deutlich nachgekommen, die Auswirkungen ihrer behaupteten unternehmerischen Vorgaben und ihrer Planung auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose im Einzelnen darzustellen und anzugeben, wie und von wem die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal im Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erledigt werden können, ohne dass eine überobligationsmäßige Belastung der insoweit in Anspruch genommenen Arbeitnehmer eintritt. Insoweit fehlt es an jeglichem nach Inhalt, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiiertem tatsächlichen Vorbringen der - insoweit besondere sachnahen - Beklagten. Es lässt sich nicht nachvollziehen, dass die verbliebenen Arbeitnehmer, denen nunmehr teilweise Aufgaben des Klägers übertragen worden sein sollen, diese zusätzliche Aufgaben im Rahmen ihrer vertraglichen geschuldeten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erledigen können. Dies hat die Beklagte nicht substantiiert und nachvollziehbar dargelegt. Anhand ihrer Angaben ist nicht erkennbar, welche Aufgaben tatsächlich den einzelnen Arbeitnehmern vor Ausspruch der Kündigung oblagen und welche wöchentliche Arbeitszeit sie dafür benötigten. Da die zusätzlich übertragenen Aufgaben, die zuvor der Kläger ausgeführt hat und die auch nach Darstellung der Beklagten verblieben sein sollen, für diese naturgemäß einen höheren Arbeitszeitbedarf nach sich ziehen, hätte es der Beklagten im Rahmen der gesteigerten Darlegungslast oblegen, im Einzelnen zu erläutern, dass diese zusätzlichen Aufgaben auch innerhalb der wöchentlichen regelmäßigen Arbeitszeit erbracht werden können. Insoweit ist nicht einmal erkennbar, dass die Mitarbeiter, soweit ihnen zusätzliche Tätigkeiten und Verantwortlichkeiten übertragen worden sein sollen, deren Wahrnehmung - vom Geschäftsführer einmal abgesehen - überhaupt arbeitsvertraglich schulden, obwohl es sich um Tätigkeiten handelt, die sie bisher noch nicht wahrgenommen hatten.

76

Vor diesem Hintergrund erweist sich die ordentliche betriebsbedingte Kündigung der Beklagten als sozial ungerechtfertigt im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG.

77

Auch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 12.03.2013 ist rechtswidrig und hat das Arbeitsverhältnis folglich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht mit ihrem Zugang beendet.

78

Denn die gesetzlichen Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB sind nicht insoweit nicht gegeben.

79

Ein wichtiger Grund im Sinne der Generalklausel der § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche Kündigung liegt dann vor, wenn Tatsachen gegeben sind, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und in der Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Frist für eine ordentliche Kündigung nicht zugemutet werden kann (vgl. BAG 27.01.2011 EzA § 626 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 10; 09.06.2011 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 35; 07.07.2011 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 38; 21.06.2012 EzA § 9 KSchG n. F. Nr. 63 = NZA 2013, 199; 27.09.2012 -2 AZR 646/11- EzA/SD 9/2013 Seite 6 LS). Damit wird der wichtige Grund zunächst durch die objektiv vorliegenden Tatsachen bestimmt, die an sich geeignet sind, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar zu machen. Kündigungsgrund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB ist deshalb jeder Sachverhalt, der objektiv das Arbeitsverhältnis mit dem Gewicht eines wichtigen Grundes belastet (vgl. BAG 27.01.2011 EzA § 626 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 10; 09.06.2011 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 35; 07.07.2011 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 38). Entscheidend ist nicht der subjektive Kenntnisstand des Kündigenden, sondern der objektiv vorliegende Sachverhalt, der objektive Anlass. Berücksichtigt werden können nur die bis zum Ausspruch der Kündigung eingetretenen Umstände bei der Überprüfung der Frage, ob sie als Kündigungsgrund an sich geeignet sind Ascheid/Preis/Schmidt Großkommentar Kündigungsrecht 4. Auflage 2012 (APS-Dörner/Vossen), § 626 BGB Rz. 42 ff.; Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht (DLW-Dörner), 11. Auflage 2014, Kap. 4. Rdnr. 1104 ff.).

80

Berücksichtigt werden können nur die bis zum Ausspruch der Kündigung eingetretenen Umstände bei der Überprüfung der Frage, ob sie als Kündigungsgrund an sich geeignet sind. Umstände, die erst danach entstanden sind, können die bereits erklärte Kündigung nicht rechtfertigen. Sie können allenfalls als Grundlage für eine weitere Kündigung oder einen Auflösungsantrag nach §§ 9, 10 KSchG dienen. Nachträglich eingetretene Umstände können für die gerichtliche Beurteilung allerdings insoweit von Bedeutung sein, wie sie die Vorgänge, die zur Kündigung geführt haben, in einem neuen Licht erscheinen lassen. Dazu müssen zwischen den neuen Vorgängen und den alten Gründen so enge innere Beziehungen bestehen, dass jene nicht außer Acht gelassen werden können, ohne dass ein einheitlicher Lebensvorgang zerrissen würde. Es darf aber nicht etwa eine ursprünglich unbegründete Kündigung durch eine Berücksichtigung späteren Verhaltens rückwirkend zu einer begründeten werden. Außerdem ist genau zu prüfen, welche konkreten Rückschlüsse auf den Kündigungsgrund späteres Verhalten wirklich erlaubt. Im Hinblick auf prozessuales Vorbringen gilt nichts anderes (BAG 15.12.1955 NJW 1956, 807; 28.10.1971 EzA § 626 BGB n. F. Nr. 9; 3.7.2003 EzA § 626 BGB 202 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 2; 24.11.2005 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 12, 484; 10.6.2010 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 32).

81

Die danach zu berücksichtigenden Umstände müssen nach verständigem Ermessen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar erscheinen lassen (BAG AP-Nr. 4 zu § 626 BGB). Bei der Bewertung des Kündigungsgrundes und bei der nachfolgenden Interessenabwägung ist ein objektiver Maßstab anzulegen, so dass subjektive Umstände, die sich aus den Verhältnissen der Beteiligten ergeben, nur aufgrund einer objektiven Betrachtung zu berücksichtigen sind. Dabei ist insbes. nicht auf die subjektive Befindlichkeit des Arbeitgebers abzustellen; vielmehr ist ein objektiver Maßstab („verständiger Arbeitgeber“) entscheidend, also ob der Arbeitgeber aus der Sicht eines objektiven Betrachters weiterhin hinreichendes Vertrauen in den Arbeitnehmer haben müsste, nicht aber, ob er es tatsächlich hat (BAG 10.6.2010 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 32). Die danach maßgeblichen Umstände müssen sich konkret nachteilig auf das Arbeitsverhältnis auswirken; da der Kündigungsgrund zukunftsbezogen ist und die Kündigung keine Sanktion für das Verhalten in der Vergangenheit darstellt, kommt es auf seine Auswirkungen auf die Zukunft an, die vergangene Pflichtverletzung muss sich noch in Zukunft belastend auswirken (BAG 9.6.2011 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 35; 23.10.2008 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 25; 12.1.2006 EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 67; 12.1.2006 EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 68; LAG BW 25.3.2009 LAGE § 626 BGB 2002 Nr. 20; LAG RhPf 26.2.2010 NZA-RR 2010, 297). Da es um den zukünftigen Bestand des Arbeitsverhältnisses geht, muss dessen Fortsetzung durch objektive Umstände oder die Einstellung oder das Verhalten des Gekündigten im Leistungsbereich, im Bereich der betrieblichen Verbundenheit aller Mitarbeiter, im persönlichen Vertrauensbereich (der Vertragspartner) oder im Unternehmensbereich konkret beeinträchtigt sein.

82

Das kann dann der Fall sein, wenn auch zukünftige Vertragsverstöße zu besorgen sind, d. h. wenn davon ausgegangen werden muss, der Arbeitnehmer werde auch künftig den Arbeitsvertrag nach einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen oder sonst von einer fortwirkenden Belastung des Arbeitsverhältnisses ausgegangen werden muss (LAG BW 25.3.2009 § 626 2002 Nr. 20; LAG RhPf 26.2.2010 NZA-RR 2010, 297).

83

Die erforderliche Überprüfung gem. § 626 Abs. 1 BGB vollzieht sich folglich zweistufig (vgl. z. B. BAG 24.3.2011 2 AZR 282/10 EzA-SD 16/2011 S. 3 LS. = NZA 2011, 1029; 09.6.2011 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 35).

84

Zum einen muss ein Grund vorliegen, der unter Berücksichtigung der oben skizzierten Kriterien überhaupt an sich geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Insoweit handelt es sich um einen Negativfilter, d. h., dass bestimmte Kündigungsgründe eine außerordentliche Kündigung von vornherein nicht rechtfertigen können.

85

Zum anderen muss dieser Grund im Rahmen einer Interessenabwägung unter besonderer Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere auch des Verhältnismäßigkeitsprinzips zum Überwiegen der berechtigten Interessen des Kündigenden an der - in der Regel - vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen (vgl. ausführlich APS-Dörner/Vossen, § 626 BGB a. a. O.; DLW-Dörner a. a. O.). In einer Gesamtwürdigung ist das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen (BAG 24.3.2011 - 2 AZR 282/10- EzA-SD 16/2011 S. 3 LS. = NZA 2011, 1029; 27.09.2012 -2 AZR 646/11 - EzA-SD 9/2013, Seite 6 LS).

86

Entscheidend ist die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Frist für eine ordentliche Kündigung bzw. bis zum Ende der vereinbarten Befristung (BAG 9.6.2011 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 35 = NZA 2011, 1027; 27.09.2012 - 2 AZR 646/11 - EzA-SD 9/2013, Seite 6 LS; LAG Bl. 5.1.2005 - 17 Sa 1308/04 - EzA-SD 8/05, Seite 12 LS; Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, a. a. O.; APS/Dörner/Vossen).

87

Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegen seiner erheblichen Pflichtverletzung zumindest bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung des Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen - einstweiligen - Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung der Umstände des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen (BAG 27.09.2012 -2 AZR 646/11- EzA/SD 9/2013, Seite 6 LS).

88

Nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip ist die außerordentliche Kündigung „Ultima Ratio“, so dass sie dann nicht gerechtfertigt ist, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar ist, weil dann die ordentliche Kündigung ein milderes Mittel als die außerordentliche Kündigung darstellt (BAG 9.6.2011 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 35 = NZA 2011, 1027; 27.09.2012 -2 AZR 646/11- EzA/SD 9/2013 Seite 6 LS; krit. Stückmann/Kohlepp RdA 2000, 331 ff.).

89

Entscheidender Zeitpunkt für die Beurteilung ist grds. (ebenso wie bei der ordentlichen Kündigung) der Zeitpunkt des Ausspruchs bzw. Zugangs der Kündigung. Die Wirksamkeit einer Kündigung ist grundsätzlich nach den objektiven Verhältnissen im Zeitpunkt ihres Zugangs zu beurteilen. dieser Zeitpunkt ist im Rahmen von § 626 Abs. 1 BGB sowohl für die Prüfung des Kündigungsgrundes als auch für die Interessenabwägung maßgebend. Umstände, die erst danach entstanden sind, können die bereits erklärte Kündigung nicht rechtfertigen. Sie können allenfalls als Grundlage für eine weitere Kündigung oder einen Auflösungsantrag nach §§ 9, 10 KSchG dienen (BAG 10.6.2010 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 32 = NZA 2010, 1227; 28.10.1971 EzA § 626 BGB n. F. Nr. 9; 15.12.1955 BAGE 2, 245).

90

Nachträglich eingetretene Umstände können für die gerichtliche Beurteilung allerdings insoweit von Bedeutung sein, wie sie die Vorgänge, die zur Kündigung geführt haben, in einem neuen Licht erscheinen lassen (BAG 10.6.2010; a. a. O.; 28.10.1971 a. a.O . Dazu müssen zwischen den neuen Vorgängen und den alten Gründen so enge innere Beziehungen bestehen, dass jene nicht außer Acht gelassen werden können, ohne dass ein einheitlicher Lebensvorgang zerrissen würde (BAG 10.6.2010 a. a. O; 15.12.1955 a. a. O.). Es darf aber nicht etwa eine ursprünglich unbegründete Kündigung durch die Berücksichtigung späteren Verhaltens rückwirkend zu einer begründeten werden (BAG 15.12.1955 a. a. O). Außerdem ist genau zu prüfen, welche konkreten Rückschlüsse auf den Kündigungsgrund späteres Verhalten wirklich erlaubt. Im Hinblick auf prozessuales Vorbringen (BAG 10.6.2010; 19.04.2012 EzA § 626 BGB 202 Nr. 4 a. a. O.; 24.11.2005 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 12; 3.7.2003 EzA KSchG § 1 Verdachtskündigung Nr. 2) gilt nichts anderes.

91

Die in den aufgehobenen gesetzlichen Vorschriften der §§ 123, 124 Gewerbeordnung, 71, 72 HGB nach altem Recht genannten Beispiele für wechselseitige wichtige Gründe (z. B. Arbeitsvertragsbruch, beharrliche Arbeitsverweigerung) sind als wichtige Hinweise für typische Sachverhalte anzuerkennen, die an sich geeignet sind, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung zu bilden und die Kündigung in der Regel auch zu rechtfertigen, wenn keine besonderen Umstände zugunsten des Gekündigten sprechen (vgl. BAG AP-Nr. 99 zu § 626 BGB). "Absolute Kündigungsgründe", die ohne eine besondere Interessenabwägung eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, bestehen andererseits jedoch nicht (BAG 15.11.1984 EzA § 626 BGB n. F. Nr. 95; 10.6.2010; 19.04.2012 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 40 = NZA 2013, 27).

92

Dabei ist hinsichtlich der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits folgendes zu beachten:

93

Im Rahmen der ihr obliegenden Darlegungslast trifft jede Prozesspartei eine vollständige Substantiierungspflicht; sie hat sich eingehend und im Einzelnen nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiiert zu äußern. Andererseits darf von keiner Prozesspartei von Verfassungswegen etwas Unmögliches verlangt werden. Der Konflikt zwischen diesen beiden Positionen wird gelöst durch das Prinzip der Sachnähe, d. h., je näher eine Prozesspartei an dem fraglichen tatsächlichen Geschehen selbst unmittelbar und persönlich beteiligt ist, desto eingehender hat sie substantiiert vorzutragen. Das kann soweit gehen, dass sie auch verpflichtet sein kann, durch tatsächliches Vorbringen oder Vorlage von Unterlagen die Gegenpartei überhaupt erst in die Lage zu versetzen, der ihr obliegenden Darlegungslast nachzukommen. Schließlich muss das tatsächliche Vorbringen wahrheitsgemäß sein (vgl. BAG 26.06.2008, 23.10.2008 EzA § 23 KSchG Nr. 32, Nr. 33).

94

Insoweit kann auch die Privatnutzung betrieblicher Kommunikationseinrichtungen des Arbeitgebers während der Arbeitszeit durch den Arbeitnehmer, insbesondere des Internet am betrieblichen PC einen an sich zur außerordentlichen Kündigung geeigneten Umstand darstellen (vgl. BAG 07.07.2005, EzA § 626 BGB 2002 Nr. 10; 19.04.2012 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 40).

95

Insoweit gelten folgende Grundsätze (BAG 07.07.2005, a. a. O.; 19.04.2012, a. a. O.):

96

Ein an sich zur außerordentlichen Kündigung geeigneter Umstand kann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer das Internet während der Arbeitszeit zu privaten Zwecken in erheblichem zeitlichem Umfang nutzt und damit seine arbeitsvertragliche Pflichten verletzt.

97

Eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Leistungspflicht sowie anderer vertraglicher Nebenpflichten kann sich insoweit aus verschiedenen Umständen ergeben, so insbes.

98

durch eine Nutzung entgegen einem ausdrücklichen Verbot des Arbeitgebers,
durch das Nichterbringen der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung während des "Surfens" im Internet zu privaten Zwecken,
durch das Herunterladen erheblichen Datenmengen aus dem Internet auf betriebliche Datensysteme (unbefugter download),
durch die mit der privaten Nutzung entstehenden zusätzlichen Kosten,
wegen einer Rufschädigung des Arbeitgebers, weil strafbare oder pornographische Darstellungen heruntergeladen werden.

99

Bei einer vom Arbeitgeber nicht gestatteten privaten Internetnutzung während der Arbeitszeit verletzt der Arbeitnehmer grundsätzlich seine (Hauptleistungs-) Pflicht zur Arbeit. Dabei wiegt eine Pflichtverletzung umso schwerer, je mehr der Arbeitnehmer bei der Nutzung des Internets seine Arbeitspflicht in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht vernachlässigt.

100

Nutzt der Arbeitnehmer während seiner Arbeitszeit das Internet in erheblichem zeitlichem Umfang (ausschweifend) zu privaten Zwecken, so kann er auch bei Fehlen eines ausdrücklichen Verbots grds. nicht darauf vertrauen, der Arbeitgeber werde dies tolerieren.

101

In Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend aber ein an sich zur außerordentlichen Kündigung geeigneter Umstand nicht gegeben.

102

Zunächst steht nach dem Vorbringen der Beklagten schon nicht fest, dass der Kläger selbst dann, wenn man zugunsten der Beklagten unterstellt, dass die von ihr aufgelisteten downloads vom Kläger veranlasst waren, das Internet während der Arbeitszeit zu privaten Zwecken in erheblichem zeitlichen Umfang genutzt hat. Denn dem Vorbringen der Beklagten lässt sich keinerlei zeitlicher Zusammenhang zwischen den von ihr dargestellten Datenmengen und der Zeit, die der Kläger insoweit seine Arbeitspflicht in zeitlicher Hinsicht vernachlässigt haben soll, entnehmen. Vielmehr sprechen die von der Beklagten aufgelisteten downloads in dem fraglichen Zeitraum eher dafür, nicht von einem erheblichen zeitlichen Umfang zu privaten Zwecken auszugehen. Ein ausdrückliches Verbot der Beklagten LAG nicht vor; dass der Kläger während des Surfens "im Internet zu privaten Zwecken" die von ihm konkret vertraglich geschuldete Arbeitsleistung nach Qualität, Quantität oder Arbeitstempo vernachlässigt haben könnte, lässt sich dem Vorbringen der Beklagten nicht entnehmen. Dies wäre ergänzend und zusätzlich vorliegend aber schon deswegen erforderlich gewesen, weil die Beklagte selbst jedenfalls im Berufungsverfahren explizit vorgetragen hat, der Kläger sei lediglich noch zu einem Drittel der Arbeitszeit mit betrieblichen Tätigkeiten ausgelastet gewesen. Wie insoweit zugleich eine Vernachlässigung der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung gegeben sein könnte, erschließt sich der Kammer nicht. Anhaltspunkte dafür, dass zusätzliche Kosten durch die private Nutzung entstanden sind, bestehen nicht.

103

Soweit die Beklagte ergänzend vorgetragen hat, dass für die Wiederherstellung - Bereinigung der Festplatte von ihr 296,00 EUR netto aufzuwenden waren zzgl. der Vergütung für den im Rahmen der Wiederherstellung - Bereinigung der Festplatte mit eingesetzten Mitarbeiter D., ebenso Fahrtkosten für das Verbringen und Abholen des PC bzw. von der in B-Stadt ansässigen Firma S., so hat der Kläger dem gegenüber substantiiert vorgetragen, dass der Virenbefall seines PC keineswegs auf seinen Download einer bestimmten Datei zurückzuführen sei. Danach wurde er vielmehr seitens des Arbeitgebers darüber informiert, dass der Virusbefall durch einen behördlichen Trojaner ausgelöst wurde. Auch war danach keine Rekonstruktion der Festplatte notwendig, vielmehr gingen keine Daten verloren, es war lediglich die Bedienung des Rechners gesperrt. Auch sind danach keine zusätzlichen Kosten für den Einsatz des Mitarbeiters D. angefallen, weil dieser ein monatliches Bruttogehalt erhält, so dass zusätzliche Kosten auch dann nicht entstanden wären, wenn die Bereinigung der Festplatte durch den Kläger verursacht worden wäre. Dem ist die Beklagte im weiteren Berufungsverfahren nicht entgegen getreten.

104

Damit verbleiben nach dem Vorbringen der Beklagten in diesem Zusammenhang lediglich der Gesichtspunkt der Rufschädigung des Arbeitgebers einerseits und die von der Beklagten behaupteten Kosten für das Entfernen des Trojaners andererseits, von dem die Beklagte behauptet, sie seien durch das Surfen des Klägers veranlasst worden. Anhaltspunkte dafür, dass strafbare Darstellungen herunter geladen worden sein könnten, bestehen nicht. Allein der Umstand, dass es sich - nach dem tatsächlichen Vorbringen der Beklagten - um pornografische Darstelllungen handelte, genügt im Hinblick auf die damit theoretisch gegebene Möglichkeit einer Rufschädigung der Beklagten als privatrechtlich organisiertem Unternehmen nicht, einen an sich zur außerordentlichen Kündigung geeigneten Umstand darzustellen.

105

Auf der Grundlage dieser Umstände genügt das Vorbringen der Beklagten auch nicht, anzunehmen, dass vorliegend eine Abmahnung (Prognoseprinzip) entbehrlich gewesen sein könnte.

106

Folglich ist das Arbeitsgericht letztlich zu Recht davon ausgegangen, dass insoweit ein an sich zur außerordentlichen Kündigung geeigneter Umstand nicht gegeben ist.

107

Selbst wenn man zugunsten der Beklagten entgegen der Auffassung des Klägers davon ausgehen würde, dass die außerordentliche Kündigung vom 12.03.2013 gemäß § 140 BGB in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden könnte, so wäre aus den zuvor im einzelnen dargestellten Gründen eine derartige ordentliche - verhaltensbedingte - Kündigung sozial ungerechtfertigt im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG.

108

Was als verhaltensbedingter Kündigungsgrund zu verstehen ist, wird im KSchG zwar nicht definiert. Allerdings kommen verhaltensbedingte Umstände, die grds. dazu geeignet sind, einen wichtigen Grund i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB darzustellen, ebenso als verhaltensbedingte Gründe i. S. d. § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG in Betracht. Im Übrigen ist eine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen des Arbeitnehmers gem. § 1 Abs. 2 S 1 Alt. 2 KSchG dann sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und i. d. R. schuldhaft verletzt hat, eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile angemessen erscheint. Ein nachhaltiger Verstoß des Arbeitnehmers gegen berechtigte Weisungen des Arbeitgebers stellt eine Vertragspflichtverletzung dar, die eine Kündigung zu rechtfertigen vermag. Ebenso kann eine erhebliche Verletzung der den Arbeitnehmer gem. § 241 Abs. 2 BGB treffenden Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers eine Kündigung rechtfertigen (BAG 24.06.2004 EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 65; 09.06.2011 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 37; 03.11.2011 EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 79 = NZA 2012, 607;s. a. BAG 12.05.2011 EzA § 123 BGB 2002 Nr. 10).

109

Eine ordentliche verhaltensbedingte Arbeitgeberkündigung ist grds. nur dann sozial gerechtfertigt (vgl. BAG 24.06.2004 EzA § 1 KSchG, Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 65, 09.06.2011 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 37; 03.11.2011 EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 79 = NZA 2012, 607; s. a. BAG 12.05.2011 EzA § 123 BGB 2002 Nr. 1; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 11. Aufl. 2014, Kap. 4, Rn. 2282 ff.) wenn ein (i. d. R. schuldhaftes) Fehlverhalten des Arbeitnehmers als Abweichung des tatsächlichen Verhaltens oder der tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung vom vertraglich geschuldeten Verhalten bzw. der vertragliche geschuldeten Arbeitsleistung gegeben ist, der Arbeitnehmer also seine vertraglichen haupt- oder Nebenpflichten erheblich und i. d. R. schuldhaft verletzt hat; dieses Fehlverhalten auch betriebliche Auswirkungen hat; (i. d. R. zumindest) eine einschlägige vorherige Abmahnung gegeben ist; danach weiteres einschlägiges schuldhaftes Fehlverhalten mit betrieblichen Auswirkungen vorliegt und eine umfassende Interessenabwägung unter besonderer Berücksichtigung der betrieblichen Auswirkungen des Fehlverhaltens oder der Schlechtleistung und des Verhältnismäßigkeitsprinzips das Überwiegen des Interesses des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Interesse des Arbeitnehmers an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ergibt.

110

Es gilt das Prognoseprinzip. Der Zweck der Kündigung ist nicht die Sanktion für eine Vertragspflichtverletzung, sondern eine Vermeidung von weiteren Vertragspflichtverletzungen. Die eingetretene Pflichtverletzung muss sich auch zukünftig noch belastend auswirken. Eine negative Prognose liegt vor, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde den Arbeitsvertrag auch nach einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen (BAG 19.04.2007 NZA-RR 2007, 571; LAG RhPf 26.02.2010 NZA-RR 2010, 297).

111

Deshalb setzt eine Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung regelmäßig eine Abmahnung voraus; sie dient der Objektivierung der Prognose (BAG 12.01.2006 EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 67: 12.01.2006 EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 68). Sie ist nur dann entbehrlich, wenn im Einzelfall besondere Umstände vorgelegen haben, aufgrund derer eine Abmahnung als nicht Erfolg versprechend angesehen werden kann. Das ist insbes. dann anzunehmen, wenn erkennbar ist, dass der Arbeitnehmer nicht gewillt ist, sich vertragsgerecht zu verhalten. Nur besonders schwere Vorwürfe bedürfen keiner Abmahnung, wenn und weil der Arbeitnehmer dann von vornherein nicht mit einer Billigung seines Verhaltens rechnen kann (LAG RhPf 26.02.2010 - 6 Sa 682/09, NZA-RR 2010, 297; LAG Nds. 12.02.2010 - 10 Sa 1977/08, EzA-SD 8/2010 S. 6 LS).

112

Einer Abmahnung bedarf es danach bei einem steuerbaren Verhalten des Arbeitnehmers in Ansehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes also nur dann nicht, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft selbst nach Abmahnung nicht zu erwarten steht oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass eine Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (BAG 24.03.2011 - 2 AZR 282/10, EzA-SD 16/2011 S. 3 LS = NZA 2011, 1029; 09.06.2011 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 35; 09.06.2011 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 36; 19.04.2012 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 39 = NZA-RR 2012, 567;25.10.2012 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 41 = NZA 2013, 319; LAG Hessen 27.02.2012 NZA-RR 2012, 471), denn dann ist grds. davon auszugehen, dass das künftige Verhalten des Arbeitnehmers schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann; die Abmahnung dient insoweit der Objektivierung der negativen Prognose: Ist der Arbeitnehmer ordnungsgemäß abgemahnt worden und verletzt er dennoch seine arbeitsvertraglichen Pflichten erneut, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, es werde auch zukünftig zu weiteren Vertragsstörungen kommen. Das gilt grds. uneingeschränkt selbst bei Störungen des Vertrauensbereichs durch Straftaten gegen Vermögen oder Eigentum des Arbeitgebers (BAG 09.06.2011 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 35 = NZA 2011, 1027; LAG Bln.-Bra. 30.03.2012 LAGE § 611 BGB 2002 Abmahnung Nr. 9 = NZA -RR 2012, 353; LAG Köln 20.01.2012 NZA-RR 2012, 356), denn auch in diesem Bereich gibt es keine "absoluten" Kündigungsgründe. Stets ist konkret zu prüfen, ob nicht objektiv die Prognose berechtigt ist, der Arbeitnehmer werde sich jedenfalls nach einer Abmahnung künftig wieder vertragstreu verhalten (BAG 10.06.2010 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 32; Preis AuR 2010, 242;Schlachter NZA 2005, 433 ff.; Schrader NJW 2012, 342 ff.; s. LAG Bln.-Bra. 30.03.2012 LAGE § 611 BGB 2002 Abmahnung Nr. 9 = NZA-RR 2012, 353; Arbeitszeitbetrug; LAG Köln 20.01.2012 NZA-RR 2012, 356: vorzeitiges Arbeitsende ohne betriebliche Auswirkungen).

113

Unter Berücksichtigung der zuvor dargestellten Rechtsgrundsätze kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg auf verhaltensbedingte Kündigungsgründe im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG stützen. Denn aufgrund der Besonderheiten des hier vorliegenden Einzelfalls selbst unter Zugrundelegung der Annahme, dass der Kläger nicht davon ausgehen konnte, dass die Beklagte den Download pornografischer Dateien trotz Fehlens seines ausdrücklichen Verbots ohne weiteres hinnehmen würde, hätte nach dem Vorbringen der Beklagten aus den zuvor dargestellten Gründen jedenfalls der Ausspruch einer Abmahnung ausgereicht, um den Kläger zur Rückkehr zu einem vertragsgemäßen Verhalten zu veranlassen.

114

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht aufgrund der weiteren außerordentlichen Arbeitgeberkündigung vom 11.04.2013 als Verdachtskündigung beendet worden.

115

Denn auch die Voraussetzungen für eine außerordentliche Verdachtskündigung sind vorliegend nicht gegeben.

116

Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG z. B. (04.06.1964 AP Nr. 13 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung; 10.02.2005 EzA § 1 KSchG Verdachtskündigung Nr. 3; 29.11.2007 EzA § 626 BGB 21002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 5; 05.06.2008 EzA § 626 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nrt. 7; 25.11.2010 EzA § 626 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 9; 21.06.2012 EzA § 9 KSchG n.F. Nr. 63 = NZA 2013, 199; 25.10.2012 EzA § 626 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 13) kann auch der auf objektive - unstreitige oder bewiesene - Tatsachen gründende dringende Verdacht einer Straftat mit Bezug zum Arbeitsverhältnis oder eines sonstigen erheblichen Fehlverhaltens, einer schwerwiegenden Verletzung von erheblichen arbeitsvertraglichen Pflichten (BAG 24.05.2012 EzA § 626 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 11 = NZA 2013, 137) ein an sich zur außerordentlichen Kündigung berechtigender Umstand sein (s. Lunck NJW 2010, 2753 ff.). Auch insoweit ist für die kündigungsrechtliche Beurteilung einer Pflichtverletzung ihre strafrechtliche Bewertung nicht maßgebend. Entscheidend sind der Verstoß gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflichtigen (§ 241 Abs. 2 BGB; Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers und der mit ihm verbundene Vertrauensbruch (BAG 25.11.2010 EzA § 626 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 9; 21.06.2012 EzA § 9 KSchG n.F. Nr. 63 = NZA 2013, 199).

117

Eine Verdachtskündigung setzt danach voraus (s. BAG 25.11.2010 EzA § 626 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 9; w.a. LAG RhPf 08.07.2009 - 8 Sa 203/09, AuR 2010, 176 LS), dass
die Kündigung gerade auf den Verdacht der strafbaren Handlung bzw. eines vertragswidrigen Verhaltens gestützt wird;
eine Anhörung des Arbeitnehmers vor Ausspruch der Kündigung erfolgt ist.

118

zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung ein dringender Tatverdacht gegen den Arbeitnehmer besteht und eine umfassende Interessenabwägung der widerstreitenden Interessen des Arbeitgebers einerseits an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses einerseits und dem des Arbeitnehmers an der Fortsetzung (einstweiligen Fortsetzung des Arbeitnehmers) andererseits überwiegt.

119

Unterstellt man mit der Beklagten vorliegend, dass die von ihr aufgelisteten Downloads vom Kläger veranlasst waren, so genügt dies, wie dargelegt, für den Ausspruch einer außerordentlichen Tatkündigung nicht. Soweit die Verdachtskündigung ergänzend darauf gestützt werden soll, dass aufgrund des Verhaltens des Klägers davon ausgegangen werden müsse, er habe noch weitere Dateien heruntergeladen, so dass ein dahingehender Verdacht bestehe, sind die zuvor dargestellten Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung nicht erfüllt.

120

Denn zum einen ist Voraussetzung ein dringender Tatverdacht, zum anderen muss sich dieser gerade auf eine erhebliche Pflichtverletzung richten.

121

Der Verdacht einer Straftat ist danach nur dann ein an sich zur außerordentlichen Kündigung berechtigender Umstand, wenn er zum einen objektiv durch bestimmte Tatsachen begründet ist - subjektive Wertungen des Arbeitgebers reichen nicht aus - und sich aus Umständen ergibt, die so beschaffen sind, dass sie einen verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zum Ausspruch der Kündigung veranlassen können; er muss als dringend sein; es muss bei kritischer Prüfung eine auf Indizien gestützte große Wahrscheinlichkeit für eine erhebliche Pflichtverletzung gerade des gekündigten Arbeitnehmers bestehen (BAG 21.06.2012 EzA § 9 KSchG n.F. Nr. 63 = NZA 2013, 199; 12.05.2010 EzA § 15 KSchG n.F. Nr. 67; 13.03.2008 EzA § 626 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 6; 29.11.2007 EzA § 626 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 5; 10.02.2005 EzA § 1 KSchG Verdachtskündigung Nr. 3; LAG SchlH 25.02.2004 NZA-RR 2005, 132; LAG Köln 14.05.2008 - 7 TaBV 6/08, AuR 2009, 104 LS). Aus der Darlegung des Arbeitgebers muss sich ein dringender Verdacht auf eine in ihren Einzelheiten gekennzeichnete Straftat oder vergleichbare Pflichtwidrigkeit i.S. eines konkreten Handlungsablaufs schlüssig ergeben; sind die insoweit vorgetragenen Tatsache nicht unstreitig, muss Beweis erhoben werden (LAG Bln-Bra. 16.12.2010 LAGE § 626 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 10).

122

Vorliegend handelt es sich nach dem Vorbringen der Beklagten insoweit nicht um einen dringenden Tatverdacht, sondern um eine auf nicht nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen gestützte Verdächtigung. Auf dieser Tatsachenbasis kommt eine Verdachtskündigung folglich nicht in Betracht.

123

Hinzu kommt, dass aufgrund der Besonderheiten des hier maßgeblichen Einzelfalls nicht vom Vorliegen einer erheblichen Pflichtverletzung bzw. eines dahingehenden Verdachts, wie dargelegt, ausgegangen werden kann.

124

Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses folgt schließlich auch nicht daraus, dass entgegen der Auffassung des Klägers die außerordentliche Verdachtskündigung gemäß § 140 BGB in eine ordentliche Verdachtskündigung umgedeutet werden kann. Denn selbst wenn man zugunsten der Beklagten einen entsprechenden Beendigungswillen annimmt und davon ausgeht, dass grundsätzlich nicht ersichtlich ist, warum es dem Arbeitgeber aus Rechtsgründen nicht gestattet sein soll, dem Arbeitnehmer bei Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen für eine außerordentliche Verdachtskündigung insoweit entgegenzukommen, als trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 626 BGB nur eine ordentliche Kündigung erklärt wird (vgl. BAG 10.02.2005 EzA § 1 KSchG Verdachtskündigung Nr. 3), so kommt eine Verdachtskündigung aber als ordentliche Kündigung - schon wegen der in besonderem Maße bestehenden Gefahr, dass ein Unschuldiger betroffen wird - nur in Betracht, wenn das Arbeitsverhältnis bereits durch den Verdacht so gravierend beeinträchtigt wird, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Dies setzt voraus, dass nicht nur der Verdacht als solcher schwerwiegend ist. Vielmehr muss ihm ein erhebliches Fehlverhalten des Arbeitnehmers - strafbare Handlung oder schwerwiegende Pflichtverletzung (Tat) zugrunde liegen. Die Verdachtsmomente müssen daher auch im Falle einer ordentlichen Kündigung regelmäßig ein solches Gewicht erreichen, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses überhaupt nicht mehr zugemutet werden kann, hierauf also grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung gestützt werden könnte (BAG 27.11.2008 EzA § 1 KSchG Verdachtskündigung Nr. 4).

125

Diese Voraussetzungen sind vorliegend aus den im Einzelnen dargelegten Gründen nicht gegeben. Nach Auffassung der Kammer ist kein schwerwiegender Verdacht gegeben, sondern eine Verdächtigung, der zudem kein erhebliches Fehlverhalten des Arbeitnehmers - aufgrund der Besonderheiten des hier zu entscheidenden Einzelfalles - zugrunde liegt.

126

Letztlich ist das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch gerichtliche Entscheidung aufgrund des in der Berufungsverhandlung vor der Kammer gestellten Auflösungsantrages der Beklagten beendet worden bzw. zu beenden.

127

Gem. § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG hat das Arbeitsgericht, wenn es festgestellt hat, dass das Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Arbeitgeberkündigung nicht aufgelöst worden ist, auf Antrag des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen (s. dazu Holthausen/Holthausen NZA-RR 2007, 449 ff.); für die Gewichtung des Interesses des Arbeitgebers an der Auflösung kommt es insbes. auch auf den Umfang der bei Unterlassen der Beendigung zu befürchtenden schweren Störungen an (Prognoseprinzip; BAG 08.10.2009 EzA § 9 KSchG n. F. Nr. 57).

128

Die Frage der Auflösung des Arbeitsverhältnisses ist zukunftsbezogen zu beantworten. Das schließt es aus, der Dauer der Betriebszugehörigkeit als solcher ohne nähere Betrachtung der mit ihr verbundenen Einschätzungen des künftigen betriebsdienlichen Zusammenwirkens Bedeutung beizumessen. Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses auf Antrag des Arbeitgebers setzt die Prognose einer schweren Beeinträchtigung des Austauschverhältnisses voraus (BAG 09.09.2010 EzA § 9 KSchG n. F. Nr. 60). Auflösungsgründe können insbes. solche Umstände sein, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, die Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung oder seiner Eignung für die ihm gestellten Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen. In diesem Sinne als Auflösungsgrund geeignet sind etwa Beleidigungen, sonstige ehrverletzende Äußerungen oder persönliche Angriffe des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, Vorgesetzte oder Kollegen (BAG 24.03.2011 EzA § 9 KSchG n. F. Nr. 62 = NZA-RR 2012, 243).

129

Die Gründe, die eine dem Betriebszweck dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien nicht erwarten lassen, können, müssen aber insgesamt nicht unbedingt im Verhalten, insbes. nicht im schuldhaften Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Vielmehr kommt es darauf an, ob die objektive Lage beim Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz beim Arbeitgeber die Besorgnis aufkommen lassen kann, die weitere Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer sei gefährdet (BAG 23.06.2005 EzA § 9 KSchG n. F. Nr. 52; 10.07.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; s. a. BAG 23.02.2010 EzA § 9 KSchG n. F. Nr. 58). Die danach erforderliche Gesamtabwägung aller Umstände, die für oder gegen die Prognose sprechen, muss zu dem Ergebnis führen, eine weitere, den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit zwischen den Parteien sei nicht mehr zu erwarten (vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 11. Aufl. 2014, Kap. 4., Rn. 3326).

130

Als Auflösungsgrund kommen, wie dargelegt, insbes. Beleidigungen, sonstige verletzende Äußerungen oder persönliche Angriffe des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, Vorgesetzten oder Kollegen in Betracht (BAG 24.03.2011 EzA § 9 KSchG n. F. Nr. 62 = NZA-RR 2012, 243; LAG Köln 12.12.2008 - 11 Sa 777/08, AuR 2009, 224 LS; Gravenhorst NZA-RR 2007, 57 ff.). Ehrverletzende Äußerungen anlässlich einer prozessualen Auseinandersetzung der Arbeitsvertragsparteien können durch die Wahrnehmung berechtigter Interessen gedeckt sein. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass Prozessparteien schon im Hinblick auf das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) alles vortragen dürfen, was als rechts-, einwendungs- oder einredebegründender Umstand prozesserheblich sein kann. Das gilt aber nur in den Grenzen der Wahrheitspflicht. Insbesondere dürfen nicht leichtfertig Tatsachenbehauptungen aufgestellt werden, deren Unhaltbarkeit ohne Weiteres auf der Hand liegt (BAG 24.03.2011 EzA § 9 KSchG n. F. Nr. 62 = NZA-RR 2012, 243).

131

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben.

132

Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts.

133

Denn es enthält keine wesentlichen neuen, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen, die zu einem anderen Ergebnis führen könnten. Gleiches gilt für etwaige Rechtsbehauptungen. Es macht lediglich umfänglich - aus der Sicht der Beklagten verständlich - deutlich, dass die Beklagte die tatsächliche und rechtliche Bewertung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts durch das Arbeitsgericht nicht teilt. Soweit die Beklagte ergänzend vorgetragen hat, dass für die Wiederherstellung - Bereinigung der Festplatte von ihr 296,00 EUR netto aufzuwenden waren zzgl. der Vergütung für den im Rahmen der Wiederherstellung - Bereinigung der Festplatte mit eingesetzten Mitarbeiter D., ebenso Fahrtkosten für das Verbringen und Abholen des PC bzw. von der in B-Stadt ansässigen Firma S., so hat der Kläger dem gegenüber substantiiert vorgetragen, dass der Virenbefall seines PC keineswegs auf seinen Download einer bestimmten Datei zurückzuführen sei. Danach wurde er vielmehr seitens des Arbeitgebers darüber informiert, dass der Virusbefall durch einen behördlichen Trojaner ausgelöst wurde. Auch war danach keine Rekonstruktion der Festplatte notwendig, vielmehr gingen keine Daten verloren, es war lediglich die Bedienung des Rechners gesperrt. Auch sind danach keine zusätzlichen Kosten für den Einsatz des Mitarbeiters D. angefallen, weil dieser ein monatliches Bruttogehalt erhält, so dass zusätzliche Kosten auch dann nicht entstanden wären, wenn die Bereinigung der Festplatte durch den Kläger verursacht worden wäre. Dem ist die Beklagte im weiteren Berufungsverfahren nicht entgegen getreten.

134

Als Auflösungsgründe können zwar auch solche Tatsachen herangezogen werden, die die Kündigung selbst nicht rechtfertigen. Durch eine bloße Bezugnahme auf nicht ausreichende Kündigungsgründe genügt der Arbeitgeber allerdings noch nicht seiner Darlegungslast. Er muss dann vielmehr im Einzelnen vortragen und zusätzlich greifbare Tatsachen dafür vortragen, dass die nicht ausreichenden Kündigungsgründe einer den Betriebszwecken dienlichen weiteren Zusammenarbeit entgegenstehen sollen, dass der Kündigungssachverhalt so beschaffen ist, dass eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit nicht erwarten lässt (BVerfG 22.10.2004, EzA § 9 KSchG n.F. Nr. 49). Zwar ist es nicht notwendig, dass es sich um neue, erst nach Ausspruch der Kündigung eingetretene Tatsachen handelt; der Arbeitgeber muss aber darlegen, welche der zur Begründung der Kündigung vorgetragenen Tatsachen auch für den Auflösungsantrag herangezogen werden sollen. Denn nach dem Verhandlungsgrundsatz darf das Gericht seine Entscheidung nur solche Auflösungstatsachen zugrunde legen, die der darlegungspflichtige Arbeitgeber vorgebracht hat. Selbst offenkundige Tatsachen darf das Gericht nicht verwerten, wenn es sich nicht auf sie zur Begründung seines Auflösungsantrags berufen hat (BAG 16.05.1984 EzA § 9 KSchG n.F. Nr. 16).

135

Vorliegend hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer zwar den Auflösungsantrag gestellt, eine Erklärung, worauf sie diesen stützen möchte, hat sie aber nicht abgegeben. Schon deshalb sind damit die gesetzlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 KSchG nicht gegeben. Nach alledem war die Berufung der Beklagten einschließlich des Auflösungsantrags zurückzuweisen.

136

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

137

Für eine Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 25. Nov. 2013 - 5 Sa 320/13

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 25. Nov. 2013 - 5 Sa 320/13

Referenzen - Gesetze

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 25. Nov. 2013 - 5 Sa 320/13 zitiert 20 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund


(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unte

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 241 Pflichten aus dem Schuldverhältnis


(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen. (2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Re

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 123 Anfechtbarkeit wegen Täuschung oder Drohung


(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten. (2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 9 Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Urteil des Gerichts, Abfindung des Arbeitnehmers


(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältni

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 23 Geltungsbereich


(1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 518 Berufungsfrist bei Urteilsergänzung


Wird innerhalb der Berufungsfrist ein Urteil durch eine nachträgliche Entscheidung ergänzt (§ 321), so beginnt mit der Zustellung der nachträglichen Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist auch für die Berufung gegen das zuerst ergangene Urteil von

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 15 Unzulässigkeit der Kündigung


(1) Die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung, einer Bordvertretung oder eines Seebetriebsrats ist unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Gr

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 10 Höhe der Abfindung


(1) Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen. (2) Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsver

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 140 Umdeutung


Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 25. Nov. 2013 - 5 Sa 320/13 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 25. Nov. 2013 - 5 Sa 320/13 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 27. Sept. 2012 - 2 AZR 646/11

bei uns veröffentlicht am 27.09.2012

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 7. April 2011 - 11 Sa 58/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 24. März 2011 - 2 AZR 282/10

bei uns veröffentlicht am 24.03.2011

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 5. Januar 2010 - 3 Sa 253/09 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 27. Jan. 2011 - 2 AZR 9/10

bei uns veröffentlicht am 27.01.2011

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 25. August 2009 - 1 Sa 1/09 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 26. Feb. 2010 - 6 Sa 682/09

bei uns veröffentlicht am 26.02.2010

Tenor 1. Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 30. September 2009 - 4 Ca 538/09 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 ...

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 08. Juli 2009 - 8 Sa 203/09

bei uns veröffentlicht am 08.07.2009

weitere Fundstellen ... Diese Entscheidung wird zitiert Tenor 1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 26.2.2009, Az.: 8 Ca 2275/08, wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nic

Referenzen

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

Wird innerhalb der Berufungsfrist ein Urteil durch eine nachträgliche Entscheidung ergänzt (§ 321), so beginnt mit der Zustellung der nachträglichen Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist auch für die Berufung gegen das zuerst ergangene Urteil von neuem. Wird gegen beide Urteile von derselben Partei Berufung eingelegt, so sind beide Berufungen miteinander zu verbinden.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 25. August 2009 - 1 Sa 1/09 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger macht die Unwirksamkeit einer von der Beklagten zu 1. auf betriebliche Gründe gestützten Kündigung geltend und nimmt die Beklagte zu 2. auf Beschäftigung in Anspruch.

2

Der im Jahre 1958 geborene Kläger ist verheiratet und drei Kindern unterhaltsverpflichtet. Er trat im Jahre 1991 als Instrumentalist (Waldhorn) in die Dienste der Beklagten zu 1., die bis zum Jahre 2008 ein Theater und ein Orchester unterhielt. Nach § 4 des Arbeitsvertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für die Musiker in Kulturorchestern(TVK) vom 1. Juli 1971 in der jeweils geltenden Fassung und den ihn ergänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträgen. Der Bruttomonatsverdienst des Klägers betrug zuletzt ca. 3.500,00 Euro.

3

Bis zum 31. Dezember 2008 erhielt die Beklagte zu 1., die nicht kostendeckend wirtschaften kann, jährliche Gesamtzuwendungen von ca. 8,5 Millionen Euro, die zu ca. 50 vH der Freistaat Thüringen erbrachte. Die übrigen Zuwendungen trugen die Gesellschafter der Beklagten, die E und der W bei. Im Jahr 2006 kündigte der Freistaat eine Kürzung seiner Zuschüsse für die Zeit ab 2009 an. In einer Finanzierungsvereinbarung vom 15. Juni 2007 schrieben der Freistaat, die E und der W die Kürzungen fest. Danach wollte der Freistaat für die Jahre 2009 bis 2012 nur noch 1,5 Millionen Euro beisteuern. Im Fall der Gewährleistung des Dreispartenangebotes durch Zustiftung der Beklagten zu 1. zur Kulturstiftung M - der Beklagten zu 2. -, die ebenfalls ein Orchester unterhält, sollte sich die Landesförderung um etwa eine Million Euro erhöhen. Ebenfalls am 15. Juni 2007 wurde ein Abkommen über die betreffende Zustiftung mit Wirkung zum 1. Januar 2009 geschlossen. Darin ist die angestrebte Struktur des künftigen Theaterbetriebes beschrieben. Im Stellenplan für das Orchester sind nur noch 24 statt bisher 42,5 Stellen und keine Blechbläser mehr vorgesehen.

4

Nach Anhörung des Betriebsrats sprach die Beklagte zu 1. dem Kläger die Kündigung nach § 42 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVK zum 31. Juli 2008 aus.

5

Mit seiner Klage hat sich der Kläger gegen die Kündigung gewandt. Er hat das Vorliegen einer wirksamen unternehmerischen Entscheidung zur Verkleinerung des Orchesters bestritten. Jedenfalls aber sei die Entscheidung willkürlich und offensichtlich unvernünftig. Ein Spielplan ohne Horn sei nicht möglich. Man könne dann nicht mehr „Peter und der Wolf“ aufführen, sondern nur noch „Peter ohne Wolf“. Die Beklagte habe gezielt bestimmte Stellen wegfallen lassen, um Arbeitnehmer in ihrer sozialen Schutzwürdigkeit zu übergehen. Auch die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei nicht eingehalten. Die Kündigung habe überdies zu einem späteren Zeitpunkt ausgesprochen werden können. Die Beklagte habe eine Sozialauswahl durchführen müssen, zumindest mit den in M beschäftigten Instrumentalisten. Es bestehe zwischen E und M nach der Zustiftung ein gemeinsamer Betrieb. Auch Betriebsrat und Orchestervorstand seien nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Eine Massenentlassungsanzeige sei, obwohl erforderlich, nicht erfolgt. Schließlich sei die Kündigung auch deswegen unwirksam, weil sie wegen des beabsichtigten Betriebsübergangs erfolgt sei.

6

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch außerordentliche Kündigung mit Schreiben der Beklagten zu 1. vom 5. Juli 2007 zum 31. Juli 2008 beendet worden ist;

                          
        

2.    

die Beklagte zu 2. zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen auf Grundlage des Arbeitsvertrages vom 16. Oktober 1990 in der Fassung des Arbeitsvertrages vom 1. Juli 1991 nach Maßgabe des Tarifvertrages für die Musiker in Kulturorchestern (TVK) in jeweils geltender Fassung, des Vergütungs-Tarifvertrages mit Vergütungsordnung und Ortszuschlagstabelle in jeweils geltender Fassung, des TV Orchestervorstand in jeweils geltender Fassung, des TV Instrumenten-, Rohr-, Blatt- und Saitengeld in jeweils geltender Fassung, des TV Kleidergeld in jeweils geltender Fassung, des TV Zuwendungen in jeweils geltenden Fassung, des TV Urlaubsgeld in jeweils geltender Fassung und des TV Vermögenswirksame Leistungen ab dem 1. Januar 2009 weiterzubeschäftigen;

                          
        

3.    

festzustellen, dass ab dem 1. Januar 2009 zwischen ihm und der Beklagten zu 2. ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

7

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte zu 1. hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei wegen der am 15. Juni 2007 getroffenen unternehmerischen Entscheidung wirksam. Eine Nichtdurchführung dieser Entscheidung hätte zu ihrer Insolvenz geführt. Die ab 1. August 2008 gültige neue Orchesterstruktur sehe den gänzlichen Wegfall sämtlicher Blechbläser vor. Sie sei nicht willkürlich. Man habe verschiedene Modelle geprüft. Dabei habe sich herausgestellt, dass die Holzbläser häufiger gebraucht würden als die Blechbläser. Auch sei eine homogene Klangbalance innerhalb der Gruppe der Holzbläser im Verhältnis zu den Streichern heikler und schwieriger herzustellen als in der Gruppe der Blechbläser. Es gebe keine objektiv zwingend gebotene Zusammensetzung eines Orchesters. Einer Sozialauswahl habe es nicht bedurft, da sämtlichen mit dem Kläger vergleichbaren Arbeitnehmern gekündigt worden sei. Die Musiker des Orchesters in M seien nicht in die soziale Auswahl einzubeziehen gewesen. Ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen, der ggf. eine übergreifende Sozialauswahl erforderlich gemacht hätte, liege ebenso wenig vor wie ein Betriebsübergang. Die Kündigung habe auch zum Ende der Spielzeit 2008 erfolgen können. Die Kündigungsfrist sei eingehalten. Kündigungen seien nur zum Ende des für das Orchester üblichen Beschäftigungsjahres möglich. Der Betriebsrat und die Sprecherin des Orchestervorstandes seien ordnungsgemäß beteiligt worden. Die Kündigung scheitere nicht an § 17 KSchG. Anzeigepflichtige Massenentlassungen seien zum Zeitpunkt des Ausspruchs der hier streitigen Kündigung nicht erfolgt.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet. Die Kündigung vom 5. Juli 2007 ist als ordentliche Kündigung anzusehen (I.1). Die in § 42 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a des Tarifvertrages für die Musiker in Kulturorchestern vom 1. Juli 1971 idF vom 4. Dezember 2002 (TVK) niedergelegten Voraussetzungen ihrer Wirksamkeit liegen ebenso vor (I.2) wie diejenigen des § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG(I.3). Das etwaige Fehlen der Anhörung des Orchestervorstandes führt nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung (I.4). Der Betriebsrat ist ordnungsgemäß beteiligt worden (I.5). Die Kündigung verstößt weder gegen § 613a Abs. 4 BGB(I.6) noch gegen § 17 KSchG(I.7). Sie hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf der Kündigungsfrist am 31. Juli 2008 aufgelöst. Der Kläger steht nicht in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten zu 2. und hat deshalb auch keinen Anspruch auf Beschäftigung gegen sie (II.).

10

I. Die von der Beklagten zu 1. ausgesprochene Kündigung ist als ordentliche Kündigung wirksam. Sie ist nach § 42 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVK iVm. § 1 Abs. 2 KSchG gerechtfertigt.

11

1. Bei der in § 42 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVK geregelten Kündigung handelt es sich nicht um eine außerordentliche, sondern um eine ordentliche Kündigung (so schon für die Vorgängerregelung: Senat 20. März 1969 - 2 AZR 106/68 - AP TOK § 23 Nr. 2). Sie bedurfte deshalb keines wichtigen Grundes iSd. § 626 Abs. 1 BGB. Das ergibt die Auslegung der genannten Tarifnorm.

12

a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist vom Wortlaut auszugehen. Bei nicht eindeutigem Wortlaut ist der Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil er Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien geben kann. Daneben können die Gerichte weitere Kriterien, wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages und die praktische Tarifübung, ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten, gesetzeskonformen und praktisch brauchbaren Regelung führt (Senat 24. Juni 2004 - 2 AZR 656/02 - AP BGB § 626 Nr. 180 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 7; BAG 3. Mai 2006 - 1 ABR 2/05 - Rn. 33, BAGE 118, 141; 15. Oktober 2003 - 4 AZR 594/02 - EzA TVG § 4 Stahlindustrie Nr. 2).

13

b) Im Streitfall scheint der Wortlaut der maßgeblichen Tarifnorm dafür zu sprechen, die dort geregelte Kündigung als eine außerordentliche Kündigung einzustufen. Der Zusammenhang der Vorschrift mit den übrigen tariflichen Regelungen zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen bei der Auflösung und Verkleinerung von Orchestern sowie Sinn und Zweck der Regelung und ihre nähere Ausgestaltung und Praktikabilität zeigen jedoch, dass die Vorschrift eine Rückausnahme von der ordentlichen Unkündbarkeit statuieren will und damit unter den in ihr genannten Voraussetzungen die ordentliche Kündigung zulässt.

14

(aa) In § 42 Abs. 1 TVK sind mehrere unterschiedliche Fallgestaltungen geregelt. Zunächst sind die Voraussetzungen benannt, die, abweichend vom Normalfall, zur ordentlichen Unkündbarkeit führen: Einem Arbeitnehmer kann nach 15 Beschäftigungsjahren und Vollendung des 40. Lebensjahrs nur noch unter den Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB gekündigt werden. Alsdann sind drei Fälle beschrieben, von denen gesagt ist, dass sie als wichtige Gründe „gelten“. Der hier maßgebliche „wichtige Grund“ liegt im Beschluss zur Auflösung oder Verkleinerung des Orchesters (§ 42 Abs. 1 Buchst. a TVK). Für diesen Fall ist eine Kündigungsfrist von zwölf Monaten zum Ende des für das Orchester üblichen Beschäftigungsjahres vorgesehen, womit die für ordentliche Kündigungen an sich maßgebliche Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Ende des für das Orchester üblichen Beschäftigungsjahres (§ 41 Abs. 2 TVK) um ein halbes Jahr verlängert wird. Ferner ist in § 51 TVK festgelegt, dass der Arbeitgeber dem nach § 42 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVK gekündigten Musiker eine anderweitige Beschäftigung anbieten muss oder, wenn das nicht möglich ist, ihm über mehrere Jahre hinweg eine Abfindung zu zahlen hat. Unter bestimmten Voraussetzungen wird auch danach, wenn der Arbeitgeber keine angemessene Beschäftigung anbietet oder nachweist, bis zum Erreichen des 65. Lebensjahres eine Abfindung gezahlt, und zwar in Höhe von bis zu 71 vH der Jahresvergütung.

15

(bb) Sowohl die im Fall des § 42 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVK vorgesehene lange Kündigungsfrist als auch die im Tarifvertrag vorgesehenen Rechtsfolgen sprechen dagegen, die Kündigung als außerordentliche Kündigung anzusehen. Bei näherem Zusehen erweist sich auch, dass in § 42 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVK die Wirksamkeit der Kündigung gar nicht an das Vorliegen eines wichtigen Grundes iSd. § 626 Abs. 1 BGB gebunden ist. Vielmehr ordnet der Tarifvertrag an, dass bestimmte Fälle als wichtige Gründe „gelten“ sollen. Möglicherweise wurde die Formulierung in der Annahme gewählt, die Tarifvertragsparteien könnten das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB fingieren, was aber angesichts des zwingenden Charakters von § 626 Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist(Senat 24. Juni 2004 - 2 AZR 656/02 - AP § 626 BGB Nr. 180 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 7). Ist also die tarifvertragliche Fiktion eines zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden wichtigen Grundes rechtlich nicht möglich, so sind Sinn und Zweck der Vorschrift dennoch rechtlich unbedenklich: Die Tarifvertragsparteien wollten eine mit besonders langer Kündigungsfrist auszusprechende Kündigung in den genannten Fällen mit den Folgen des § 51 TVK(Abfindung) ungeachtet der an sich gegebenen ordentlichen Unkündbarkeit ermöglichen. Dieses Ziel ist rechtlich nur dann erreichbar, wenn die Vorschrift des § 42 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVK nicht als Fall des § 626 Abs. 1 BGB, sondern als Rückausnahme vom Verbot der ordentlichen Kündigung angesehen, die Kündigung nach dieser Vorschrift also als ordentliche Kündigung unter erschwerten Voraussetzungen eingestuft wird (so schon für die Vorgängerregelung: Senat 20. März 1969 - 2 AZR 106/68 - AP TOK § 23 Nr. 2).

16

2. Die Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVK liegen vor. Der Rechtsträger des Orchesters, dem der Kläger angehörte, nämlich die Beklagte zu 1., hat die Verkleinerung des Orchesters beschlossen. Wie das Landesarbeitsgericht für den Senat bindend festgestellt hat, haben die Gesellschafter der Beklagten zu 1. einen Beschluss über die „unternehmerische Entscheidung zur Struktur des künftigen Theaterbetriebes E“ gefasst. Er sieht die Beschäftigung von Blechbläsern nicht mehr vor. Nach diesem Konzept ist die Stelle des Klägers als Hornist entfallen.

17

3. Die Kündigung ist durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt. Sie ist nicht aus anderen Gründen sozialwidrig. Die von der Beklagten zu 1. getroffene unternehmerische Entscheidung zur Verkleinerung des Orchesters ist nicht missbräuchlich.

18

a) Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht die Vermutung, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt ist und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht (Senat 23. April 2008 - 2 AZR 1110/06 - AP § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 177 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160; 21. September 2006 - 2 AZR 607/05 - AP KSchG 1969 § 2 Nr. 130 = EzA KSchG § 2 Nr. 62). Deshalb hat im Kündigungsschutzprozess grundsätzlich der Arbeitnehmer die Umstände darzulegen und im Streitfall zu beweisen, aus denen sich ergeben soll, dass die Maßnahme offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (Senat 17. Juni 1999 - 2 AZR 522/98 - BAGE 92, 61; 22. April 2004 - 2 AZR 385/03 - BAGE 110, 188; 23. Juni 2005 - 2 AZR 642/04 - BAGE 115, 149). Dabei zielt die Überprüfung der unternehmerischen Entscheidung durch das Gericht weder darauf ab, dem Arbeitgeber organisatorische Vorgaben zu machen, noch darf sie dazu dienen, die Stichhaltigkeit der Erwägungen zu prüfen, die den Arbeitgeber gerade zu dem von ihm gewählten Konzept geführt haben. Es geht in diesem Zusammenhang allein um die Verhinderung von Missbrauch (Senat 22. Mai 2003 - 2 AZR 326/02 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 126). Verstöße gegen gesetzliche und tarifliche Normen (vgl. dazu Senat 18. Dezember 1997 - 2 AZR 709/96 - BAGE 87, 327) sollen genauso verhindert, wie Diskriminierung und Umgehungsfälle vermieden werden. Deshalb ist es zB missbräuchlich, einen Arbeitnehmer durch die Bildung separater betrieblicher Organisationsstrukturen bei unverändertem Beschäftigungsbedarf aus dem Betrieb zu drängen (Senat 26. September 2002 - 2 AZR 636/01 - BAGE 103, 31; 22. April 2004 - 2 AZR 385/03 - aaO) oder abstrakte Änderungen von Organisationsstrukturen, denen keine tatsächliche Änderung der realen Abläufe zugrunde liegt, zu benutzen, um den Inhalt von Arbeitsverhältnissen zum Nachteil von Arbeitnehmern zu ändern oder Arbeitsverhältnisse zu beenden.

19

b) Daran gemessen ist die unternehmerische Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die finanzielle Zwangslage, in die sie durch die vom Freistaat Thüringen angekündigte Reduzierung der staatlichen Förderung geriet, dargestellt. Ihr Konzept, nur noch ein Rumpforchester aus festangestellten Instrumentalisten zu behalten und bei Bedarf die benötigten weiteren Künstler zusätzlich zu engagieren, ist nachvollziehbar, wenn es auch manchen nach künstlerisch-ästhetischen Gesichtspunkten Urteilenden nicht überzeugen mag. Dass die Neuordnung etwa nur unter Verletzung arbeitsrechtlicher Vorgaben zu verwirklichen gewesen wäre oder gar dem Zweck gedient hätte, kündigungsrechtliche Vorschriften - zB die der Sozialauswahl - zu umgehen, hat der Kläger in den Vorinstanzen zwar gelegentlich allgemein geltend gemacht. Konkrete Anhaltspunkte dafür sind aber nicht ersichtlich. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, das Konzept sei - jenseits ins Dunkele reichender Vermutungen - nicht gegen den Kläger gerichtet, hat dieser in der Revision nicht angegriffen.

20

c) Die Kündigung ist nicht nach § 1 Abs. 3 KSchG wegen fehlerhafter Sozialauswahl unwirksam. Ohne dass der Kläger dem entgegengetreten wäre, hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, eine Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten komme schon deshalb nicht in Betracht, weil der Beschäftigungsbedarf für sämtliche Hornisten entfallen sei. Der Kläger hat auch keinen mit ihm vergleichbaren, weniger schutzwürdigen Arbeitnehmer der Beklagten zu 1. benannt, dem an seiner Stelle - bei Zugrundelegung des unternehmerischen Konzepts - hätte gekündigt werden müssen. Da die Kündigung etwa eineinhalb Jahre vor dem Wirksamwerden der Zustiftung zur Beklagten zu 2. ausgesprochen wurde, kam eine Einbeziehung der Musiker des M Orchesters von vornherein nicht in Betracht.

21

d) Die in § 42 Abs. 1 Satz 4 TVK vorgesehene Kündigungsfrist von zwölf Monaten zum Ende des Orchesterjahres ist eingehalten. Die Beklagte zu 1. war nicht gehalten, die Kündigung erst zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kürzungen auszusprechen. Maßstab für den richtigen Kündigungstermin bei einer betriebsbedingten Kündigung ist zum einen die geltende Kündigungsfrist und zum anderen die unternehmerische Entscheidung, die der Kündigung zugrunde liegt. Letztere sah den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit zum 31. Juli 2008 vor. Die unternehmerische Entscheidung war auch insoweit nicht missbräuchlich. Zum einen ist es sachgerecht, die notwendige Umstrukturierung eines Orchesters nicht in der Mitte, sondern am Ende einer Spielzeit vorzusehen. Zum anderen hat die Beklagte zu 1. ausgeführt, sie habe die für 2008 noch bewilligten Mittel des Freistaats Thüringen zur - nur teilweisen - Bewältigung der mit den Kündigungen verbundenen finanziellen Lasten - zB Übergangsgelder und Abfindungen - benötigt.

22

4. Ob die Beklagte zu 1. ihren nach § 5 Abs. 1, Abs. 2 des Tarifvertrages über die Bildung und die Aufgaben des Orchestervorstandes vom 1. Juli 1971 (TV Orchestervorstand) bestehenden Pflichten nachgekommen ist, kann dahin stehen. Selbst wenn sie diese Pflichten verletzt haben sollte, führt dies nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Den hier in Rede stehenden Vorschriften ist keine Anordnung zu entnehmen, aus der sich die Unwirksamkeit einer unter Verletzung von § 5 Abs. 1, Abs. 2 TV Orchestervorstand erklärten Kündigung ergäbe. Der Tarifvertrag sieht - anders als § 102 BetrVG - nicht die Unwirksamkeit einer ohne Beteiligung des Orchestervorstandes erfolgten Kündigung vor. Bereits dies spricht gegen die vom Kläger vertretene Auffassung. Nach der Rechtsprechung des Senats haben im Übrigen sogar Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften des kollektiven Rechts nur bei entsprechender ausdrücklicher Anordnung des Gesetzgebers die Unwirksamkeit der betreffenden Kündigung zur Folge, da regelmäßig die kollektivrechtliche Seite von der individualrechtlichen zu trennen ist (Senat 22. April 2010 - 2 AZR 491/09 - NZA 2010, 1235). Im Streitfall tritt hinzu, dass die gemeinsame Protokollerklärung der Tarifvertragsparteien deren übereinstimmende Auffassung festhält, der Begriff der „Beteiligung“ in § 5 Abs. 1 TV Orchestervorstand sei nicht im „personalrechtlichen“ Sinne zu verstehen.

23

5. Die Kündigung ist nicht nach § 102 BetrVG unwirksam.

24

a) Die Beklagte zu 1. hat den Betriebsrat mit Schreiben vom 27. Juni 2007 über die dem Kläger nach § 42 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVK auszusprechende betriebsbedingte Kündigung unterrichtet. Sie hat den Betriebsrat gebeten, bis zum 13. Juli 2007 Stellung zu nehmen. Sie hat damit die gesetzliche Frist zur Stellungnahme (§ 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG) um etwa eine Woche verlängert. Der Betriebsrat erklärte sich jedoch bereits mit Schreiben vom 3. Juli 2007 und widersprach der Kündigung. Darin lag nach der vom Kläger nicht mehr angegriffenen Würdigung des Landesarbeitsgerichts eine abschließende Stellungnahme.

25

b) Ob die Beklagte zu 1. dem Betriebsrat mitgeteilt hat, dass sie - möglicherweise - ihrer Pflicht zur Unterrichtung des Orchestervorstandes nicht nachgekommen ist, bedurfte keiner Aufklärung. Die Beklagte zu 1. war zu einer entsprechenden Mitteilung an den Betriebsrat nicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG verpflichtet. Nach dieser Vorschrift muss der Arbeitgeber den Betriebsrat über die Kündigungsgründe unterrichten. Darunter fallen nur solche Umstände, die für die Wirksamkeit der Kündigung aus Sicht des Arbeitgebers maßgebend sind. Da die Beteiligung des Orchestervorstandes ebenso wie ihr Unterbleiben keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Kündigung ausübt, bedurfte es im Rahmen der Anhörung nach § 102 BetrVG auch keiner Unterrichtung darüber. Die dem entgegenstehende Auffassung des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt (17. November 1998 - 7 Sa 952/95 -) findet weder im Tarifvertrag noch im Gesetz eine Stütze.

26

6. Die Kündigung ist nicht nach § 613a Abs. 4 BGB unwirksam.

27

a) Die Kündigung eines Betriebsveräußerers unterfällt dann nicht dem Verbot des § 613a Abs. 4 BGB, wenn sie der Verwirklichung eines vom Erwerber vorgegebenen und nicht missbräuchlichen Sanierungskonzepts dient(BAG 20. März 2003 - 8 AZR 97/02 - BAGE 105, 338). Die Umsetzung des Konzepts muss bei Zugang der Kündigung allerdings bereits greifbare Formen angenommen haben.

28

b) Nach diesen Grundsätzen verstieß die Kündigung nicht gegen § 613a Abs. 4 BGB.

29

(aa) Es kann dahinstehen, ob, wie das Landesarbeitsgericht gemeint hat, § 613a Abs. 4 BGB schon deshalb nicht anwendbar ist, weil die Kündigung etwa eineinhalb Jahre vor der Zustiftung des Theaterbetriebs E zur Beklagten zu 2. erfolgte.

30

(bb) Offenbleiben mag auch, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Zustiftung als Betriebsübergang angesehen werden kann. Zweifelhaft ist jedenfalls die Annahme, die Zustiftung eines Unternehmens oder Betriebes führe ohne Weiteres zu einem einheitlichen Unternehmen oder gemeinsamen Betrieb mit der kündigungsrechtlichen Folge, dass Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im gesamten Bereich der aufnehmenden Stiftung zu berücksichtigen wären und eine Sozialauswahl sich auf alle bei dieser tätigen vergleichbaren Arbeitnehmer zu beziehen hätte. Vielmehr können unter dem „Dach“ einer Stiftung getrennte - ggf. auch durch Zustiftung hinzugekommene - Unternehmen und Betriebe bestehen. Der Stiftung können uU, wie einem Konzern, mehrere selbständige Unternehmen und Betriebe in der Form von Sondervermögen angehören (vgl. Rawer DNotZ 2008, 5).

31

(cc) Jedenfalls lag bei Kündigung ein nachhaltiges, nicht missbräuchliches und in Einzelheiten ausgearbeitetes Konzept für die Fortführung des Orchesters nach dem Wirksamwerden der Zustiftung vor, dessen einzige realistische Alternative die Insolvenz war. Damit erfolgte die Kündigung nicht „wegen des Betriebsübergangs“.

32

7. Die Kündigung ist nicht unter Verstoß gegen § 17 KSchG ausgesprochen worden. Das Landesarbeitsgericht hat für den Senat bindend festgestellt, dass die in § 17 Abs. 1 Nr. 2 KSchG vorgesehene Mindestanzahl von Kündigungen nicht erreicht wurde, weshalb keine Anzeigepflicht bestand.

33

II. Die Unbegründetheit der gegen die Beklagte zu 2. verfolgten Klageanträge folgt jedenfalls aus der Unbegründetheit der gegen die Beklagte zu 1. erhobenen Klage.

34

III. Die Kosten der Revision fallen dem Kläger nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.

        

    Kreft    

        

    Rachor    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Beckerle    

        

    B. Schipp    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 7. April 2011 - 11 Sa 58/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

2

Die 1956 geborene Klägerin war seit Mai 1982 bei der Beklagten - einer Bank für Privatkunden - als Kundenbetreuerin tätig. Seit Dezember 2006 war sie in einer Filiale in R eingesetzt. Die Zweigstelle gehört zum Vertriebsbereich D, für den ein Betriebsrat gewählt ist. Die regelmäßige Arbeitszeit der Klägerin betrug zuletzt 15 Wochenstunden.

3

Im Jahr 2009 mahnte die Beklagte die Klägerin dreimal ab. Zwei Abmahnungen wurden zwischenzeitlich - in einem Fall nach gerichtlicher Entscheidung, im anderen Fall aufgrund eines Vergleichs - aus deren Personalakte entfernt. Die dritte Abmahnung wurde von der Klägerin nicht gerichtlich angegriffen.

4

Am 17. März 2010 war die Klägerin an der Kasse eingesetzt, als zwei Kunden - wohl ein Ehepaar - die R Filiale betraten. Diese wollten ein aktuelles Festgeldangebot nutzen und wandten sich für eine Beratung an die Kundenbetreuerin K. Im Verlauf des Gesprächs kam es zu Unstimmigkeiten. Die Kundenbetreuerin hatte wegen einer ungewöhnlichen Farbschattierung Zweifel an der Echtheit eines der beiden Personalausweise, die ihr zu Identifikationszwecken vorgelegt wurden. Gegen 13:00 bis 13:10 Uhr setzte der Filialleiter die Betreuung der Kunden fort und bat diese in sein Büro. Die Mitarbeiterin K trat ihre Mittagspause an und begab sich zunächst in einen angrenzenden Sozialraum. Dort traf sie die Klägerin und eine andere Kollegin an. Nachdem Frau K ihre Arbeit wieder aufgenommen hatte, übergab ihr der Filialleiter Unterlagen aus dem Kundengespräch zur weiteren Bearbeitung. Beigefügt waren Fotokopien von zwei Ausweisdokumenten, die den Vermerk trugen, das Original habe vorgelegen.

5

Mit Schreiben vom 22. März 2010 wandte sich die Klägerin unter dem Betreff „Meldung eines Verstoßes gegen Sicherheitsrichtlinien“ an die „Zentrale Revision“ der Beklagten. Sie teilte - auszugsweise - Folgendes mit:

        

„...   

        

ich zeige Ihnen hiermit einen schweren und vorsätzlichen Verstoß gegen die Sicherheitsrichtlinien der T und ggfls. gegen gesetzliche Richtlinien an.

        

Datum:

Mittwoch, 17.03.2010

        

Ort:   

Filiale R

        

Verursacher:

Filialleiter …

        

Tathergang:

        

... An dem besagten Tage war ich an der Kasse eingesetzt. …

        

… Dabei stellte sich heraus, dass der Kunde statt eines Bundespersonalausweises nur eine Kopie davon mit bei sich hatte. Als die Kollegin dies bemängelte, übernahm der Zweigstellenleiter diesen Fall und bat den Kunden in einen separaten Raum. … Dabei kam es zu dem eklatanten Verstoß gegen die Sicherheitsregel: Der Kunde konnte keinen gültigen Personalausweis vorlegen: Er hatte wohl eine Fotokopie bei der Hand.

        

Der Zweigstellenleiter kopierte die Kopie und soll eigenhändig den Vermerk aufgeschrieben haben, das Original habe vorgelegen.

        

Letzteres durch Aussage der mit dem Fall befassten Kollegin.

        

Es obliegt Ihnen, die Schwere des Vergehens zusammen mit der erschwerenden Vorsätzlichkeit zu werten.

        

Zeugnis zur möglicherweise notwendigen Befragung: Kollegin … K“

6

Am 7. April 2010 wurde die Klägerin vom Personalreferenten der Beklagten zu dem Vorfall befragt. Sie sollte sich ua. dazu äußern, ob und inwieweit sie von der Kasse aus habe erkennen können, dass es sich um einen „falschen“ Ausweis gehandelt habe. Sie gab an, diese Beobachtung habe ihre Kollegin gemacht. Die gleichfalls befragte Mitarbeiterin K führte in einer schriftlichen Stellungnahme vom 16. April 2010 aus, der männliche Kunde habe auf ihre Bitte, sich zu legitimieren, verärgert und „offensichtlich ertappt“ reagiert. Auf ihren Versuch, die Ausweise zu kontrollieren, sei sie von beiden Kunden „in lautem, unverschämten Ton“ „angepöbelt“ worden. Dem Filialleiter, der daraufhin das Beratungsgespräch fortgeführt habe, seien die Papiere ebenfalls auffällig vorgekommen.

7

Am 30. April 2010 hörte die Beklagte den Filialleiter, der in der Zeit vom 23. März 2010 bis zum 12. April 2010 urlaubsabwesend war, zu den Vorwürfen an. Dieser erklärte, er habe die Ausweise unter einer im Kassenbereich angebrachten UV-Lampe überprüft. Dabei und bei der Datenaufnahme im Kundensystem habe er keine Unregelmäßigkeiten feststellen können.

8

Am 24. Juni 2010 unterhielten sich zwei Vertreter der Beklagten - darunter der Personalreferent - mit der Klägerin über das sich stetig verschlechternde Arbeitsklima in der Filiale. Dabei kam erneut die Anzeige vom 22. März 2010 zur Sprache. Diesbezüglich wurde ein weiteres Personalgespräch für den 13. Juli 2010 verabredet. Am 25. Juni 2010 fasste die Mitarbeiterin K auf Bitten der Beklagten nochmals die Vorgänge vom 17. März 2010 zusammen. Sie gab an, nach „Übernahme“ der Kunden durch den Filialleiter - „aufgeregt und erschrocken darüber“, dass dieser ihr in einer „so kniffligen Situation“ in den Rücken gefallen sei - „in die Küche“ gelaufen zu sein. Gegenüber ihren dort bereits anwesenden Kolleginnen - darunter die Klägerin - habe sie geäußert, die Kunden seien ihr „auf Anhieb komisch“ vorgekommen. Einer der Ausweise habe „so komisch“ ausgesehen als wäre er nicht echt; sie habe diesen nicht geprüft und wisse auch nicht, ob der Filialleiter, der die Kunden jetzt bediene, „das noch mache“. Sie habe nichts mehr mit dem Fall zu tun.

9

Am 26. Juni 2010 erhielt die Klägerin eine förmliche Einladung mit Tagesordnung zu dem anstehenden Gespräch. Mit E-Mail vom 28. Juni 2010 schrieb sie dem Personalreferenten, die Frage nach ihrer Motivation für die Anzeige vom 22. März 2010 habe in ihr „tiefste Zweifel“ ausgelöst. Das sei doch ihre „heiligste Pflicht“ gewesen. Sie habe eigentlich „Anerkennung für Pflichterfüllung … erwartet“. Sie habe bereits vorgehabt nachzufragen, ob die Sache nicht verfolgt würde oder „im Sande verlaufen sei“. Dies werde sie nunmehr „in Richtung Geschäftsführung/Zentralrevision“ erfragen.

10

Die Beklagte zog daraufhin das Personalgespräch auf den 2. Juli 2010 vor. An ihm nahmen neben einer weiteren Person der Personaldirektor der Beklagten, der Direktor „Human Resources Arbeitsrecht und Mitbestimmung“ und ein Mitglied des Betriebsrats teil. Der Klägerin wurde unter Fristsetzung aufgegeben, sich abschließend schriftlich zu dem Geschehen am 17. März 2010 zu äußern. Nach Eingang der Erklärung wollte die Beklagte über mögliche „arbeitsrechtliche Konsequenzen“ entscheiden. Die am 4. Juli 2010 verfasste und an die vorgenannten Direktoren der Beklagten adressierte Stellungnahme der Klägerin ging am 5. Juli 2010 auf einem allgemein zugänglichen Faxgerät der Filiale R ein. Parallel leitete die Klägerin die Erklärung allen Gesprächsteilnehmern vom 2. Juli 2010 und der Geschäftsleitung der Beklagten zu. Ihrer Kollegin K und einer weiteren Filialmitarbeiterin überreichte sie jeweils eine Abschrift. Inhaltlich verwahrte sie sich gegen den Vorwurf, in ihrer Anzeige falsche Angaben gemacht zu haben. Sie führte aus, eine bankinterne Überprüfung des verdächtigen Ausweises sei während ihrer Anwesenheit unterblieben. Weiter schrieb sie: „Obwohl Sie die Ankündigung eines Verfahrens wegen ‚übler Nachrede‘ wohl eher als Drohung verstanden wissen wollten, bin ich mit einem Strafverfahren nach § 186 StGB mehr als einverstanden. … Ich bedanke mich für den … vorgeschlagenen Weg der externen Klärungsmöglichkeit und erwarte nunmehr Ihre angekündigte Anzeige wegen übler Nachrede innerhalb eines angemessenen Zeitraums …“

11

Die Beklagte forderte die Klägerin auf, die Behauptung, ihr sei mit einer Strafanzeige gedroht worden, unter Richtigstellung des Sachverhalts zu widerrufen. Mit E-Mail vom 6. Juli 2010 erklärte diese, die Worte „üble Nachrede“ seien von Vertretern der Beklagten in den Raum gestellt worden. In Ermangelung eines gemeinsamen Gesprächsprotokolls sei sie aber bereit, einzelne Darstellungen in der Sache oder der Tendenz nach zu revidieren, falls der Beklagten diese als falsch erschienen.

12

Am Folgetag stellte die Beklagte die Klägerin von der Arbeitsleistung frei. Mit Schreiben vom 14. Juli 2010 kündigte sie das Arbeitsverhältnis - nach Anhörung des Betriebsrats und mit dessen Zustimmung - außerordentlich fristlos, hilfsweise außerordentlich mit „sozialer Auslauffrist“ zum 31. März 2011.

13

Die Klägerin hat fristgerecht Kündigungsschutzklage erhoben. Sie hat geltend gemacht, die Kündigungen seien unwirksam. Sie habe nicht bewusst falsche Anschuldigungen gegen den Filialleiter erhoben. Vielmehr habe sie über einen Vorfall berichtet, den die Beklagte bis zuletzt nicht vollständig aufgeklärt habe. Etwas anderes sei auch nicht ihrer im Vorprozess abgegebenen Erklärung zu entnehmen, sie habe „schon einige Filialleiter der Beklagten kommen und gehen sehen“ und werde auch den derzeitigen „aussitzen“. Sie habe sich durch die in kurzer zeitlicher Folge erteilten Abmahnungen unberechtigt angegriffen gefühlt und überreagiert. Ebenso wenig sei die Kündigung wegen ihres Verhaltens im Zusammenhang mit der Stellungnahme vom 4. Juli 2010 gerechtfertigt. Während des Gesprächs am 2. Juli 2010 habe sie den Eindruck gewonnen, die Beklagte beabsichtige, sie wegen vermeintlich übler Nachrede anzuzeigen. Sie sei weiterhin bereit, die Aussage, ihr sei ein Strafverfahren „angedroht“ worden, zu korrigieren.

14

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 14. Juli 2010 weder mit sofortiger Wirkung noch zum 31. März 2011 aufgelöst worden ist.

15

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, ein wichtiger Grund zur Kündigung iSd. § 626 Abs. 1 BGB liege vor. Die Klägerin habe den Filialleiter im Schreiben vom 22. März 2010 sinngemäß eines Verstoßes gegen das Geldwäschegesetz bezichtigt. Dabei habe sie den Eindruck vermittelt, der beschriebene „Tathergang“ sei Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung, obwohl die Anschuldigungen tatsächlich auf reinen Mutmaßungen beruhten. Am 7. April 2010 habe sie erklärt, mit Sicherheit ausschließen zu können, dass der Filialleiter die Ausweise vorschriftsmäßig geprüft habe. Dabei sei ihr bewusst gewesen, dass auch ihre als Zeugin benannte Kollegin den Vorfall nicht durchgängig beobachtet habe. In den nachfolgenden Gesprächen habe sie unverändert an ihrem Standpunkt festgehalten. Erstmals mit ihrer Stellungnahme vom 4. Juli 2010 habe sie ihre Behauptungen auf die Zeit ihrer Anwesenheit beschränkt. Allerdings habe sie zugleich unzutreffend und wider besseres Wissen behauptet, ihr sei in dem vorausgegangenen Personalgespräch durch Vertreter der Beklagten mit einer Strafanzeige gedroht worden. Einer Abmahnung habe es nicht bedurft. Die Klägerin habe ihre Vertragspflichten grob verletzt. Ihre falschen Anschuldigungen habe sie gegenüber einem sich stetig vergrößernden Empfängerkreis wiederholt bzw. publik gemacht und keine Einsicht gezeigt. Damit habe sie das Ansehen des Filialleiters beschädigt und nachhaltig den Betriebsfrieden gestört. Ein Festhalten an dem Arbeitsverhältnis sei ihr - der Beklagten - unzumutbar. Die Anhörung des Betriebsrats sei ordnungsgemäß erfolgt. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei gewahrt.

16

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte weiterhin, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

17

Die Revision ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung vom 14. Juli 2010 weder mit sofortiger Wirkung noch mit Ablauf einer der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist aufgelöst worden.

18

I. Die fristlose Kündigung ist gemäß § 626 Abs. 1 BGB iVm. § 17 Ziff. 3 Abs. 1 Alt. 1 Manteltarifvertrag für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken (MTV) unwirksam. Dies hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei erkannt.

19

1. Dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien zufolge fanden auf das Arbeitsverhältnis die jeweils geltenden Tarifverträge für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken Anwendung. Gemäß § 17 Ziff. 3 Abs. 1 Alt. 1 MTV (in der maßgebenden, ab 22. April 2009 geltenden Fassung) sind Arbeitnehmer, die ihr 50. Lebensjahr bereits vollendet haben und dem Betrieb mindestens zehn Jahre ununterbrochen angehören - vorbehaltlich im Streitfall nicht einschlägiger Ausnahmetatbestände - nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kündbar. Die Regelung, deren persönliche Voraussetzungen die Klägerin im Kündigungszeitpunkt erfüllte, nimmt auf § 626 BGB Bezug(vgl. zu § 17 Ziff. 3 Abs. 1 MTV in der ab 1. Oktober 1997 geltenden Fassung: BAG 10. Oktober 2002 - 2 AZR 418/01 - zu B I 1 der Gründe, EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 1; allgemein zur Bedeutung des Begriffs „wichtiger Grund“ in Tarifverträgen: bspw. BAG 28. Oktober 2010 - 2 AZR 688/09 - Rn. 31, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 148 = EzA KSchG § 2 Nr. 80; 12. Januar 2006 - 2 AZR 242/05 - Rn. 24, AP BGB § 626 Krankheit Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 9).

20

2. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Bei ordentlicher Unkündbarkeit des Arbeitnehmers ist für die Beurteilung, ob ein Grund zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses vorliegt, auf den Ablauf der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist abzustellen (BAG 27. April 2006 - 2 AZR 386/05 - Rn. 34, BAGE 118, 104). Aus § 17 Ziff. 3 Abs. 1 Alt. 1 MTV ergeben sich insoweit keine Besonderheiten.

21

3. Dabei ist zunächst zu untersuchen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile jedenfalls bis zum Ablauf der (fiktiven) Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 989/11 - Rn. 38, NZA 2013, 143; 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 14, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 16, BAGE 134, 349).

22

4. Einen in diesem Sinne die fristlose Kündigung „an sich“ rechtfertigenden Grund stellen ua. grobe Beleidigungen des Arbeitgebers oder seiner Vertreter und Repräsentanten oder von Arbeitskollegen dar, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen bedeuten (BAG 10. Dezember 2009 - 2 AZR 534/08 - Rn. 17 mwN, AP BGB § 626 Nr. 226 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 29). Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitnehmer bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen über seinen Arbeitgeber oder Vorgesetzte bzw. Kollegen aufstellt, insbesondere wenn die Erklärungen den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllen. Der Arbeitnehmer kann sich für ein solches Verhalten regelmäßig nicht auf sein Recht zur freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) berufen. Das Grundrecht ist nicht schrankenlos gewährleistet (vgl. BAG 7. Dezember 2006 - 2 AZR 400/05 - AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 55 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 70). Die Meinungsfreiheit wird durch das Recht der persönlichen Ehre gemäß Art. 5 Abs. 2 GG beschränkt und muss mit diesem in ein ausgeglichenes Verhältnis gebracht werden. Zwar dürfen Arbeitnehmer - auch unternehmensöffentlich - Kritik am Arbeitgeber, ihren Vorgesetzten und den betrieblichen Verhältnissen üben und sich dabei auch überspitzt äußern. In grobem Maße unsachliche Angriffe, die zur Untergrabung der Position eines Vorgesetzten führen können, muss der Arbeitgeber aber nicht hinnehmen (vgl. BAG 10. Dezember 2009 - 2 AZR 534/08 - aaO; 24. November 2005 - 2 AZR 584/04 - Rn. 22, AP BGB § 626 Nr. 198 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 13; 10. Oktober 2002 - 2 AZR 418/01 - zu B I 3 a der Gründe, EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 1; zur ordentlichen Kündigung: 12. Januar 2006 - 2 AZR 21/05 - Rn. 45, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 53 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 67).

23

5. Von diesen Grundsätzen geht auch das Landesarbeitsgericht aus. Seine Auffassung, das Verhalten der Klägerin stelle schon keinen die fristlose Kündigung rechtfertigenden Grund „an sich“ dar, ist revisionsrechtlich zumindest insoweit nicht zu beanstanden, wie es davon ausgeht, die Klägerin habe weder im Zusammenhang mit dem Schreiben vom 22. März 2010 noch im Rahmen ihrer Stellungnahme zum Personalgespräch vom 2. Juli 2010 bewusst falsche Tatsachenbehauptungen aufgestellt.

24

a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dem Schreiben vom 22. März 2010 sei unschwer zu entnehmen, dass die Anschuldigungen nicht durchgängig auf eigener Wahrnehmung der Klägerin beruhten. Das gelte insbesondere für die durch Fettdruck hervorgehobene Behauptung, hinsichtlich derer die Klägerin auf das Zeugnis der „mit dem Fall befassten Kollegin“ verwiesen habe. Spätestens aufgrund der anschließenden Befragungen habe der Beklagten klar sein müssen, dass weder die Klägerin noch die benannte Kollegin aus eigener Wahrnehmung hätten angeben können, der Filialleiter habe die erforderliche Kontrolle nicht vorgenommen. Verbleibende Zweifel habe die Beklagte durch eine persönliche Gegenüberstellung der Klägerin und des Filialleiters ausräumen können, was unterblieben sei. Unabhängig davon habe die Beklagte nicht dargetan, dass die Anschuldigungen, was die behaupteten Versäumnisse des Filialleiters im Rahmen der Legitimationsprüfung anbelange, unrichtig seien. Eine mögliche und zumutbare Befragung der Kunden sei nicht erfolgt. Was die Äußerungen der Klägerin im Rahmen ihrer Stellungnahme vom 4. Juli 2010 betreffe, sei nicht auszuschließen, dass sie die ihr gemachten Vorhaltungen als - konkludente - Drohung mit der Erstattung einer Strafanzeige missverstanden habe.

25

b) Die dieser Würdigung zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen sind nach § 286 ZPO nur daraufhin überprüfbar, ob das Berufungsgericht von den zutreffenden Beurteilungsmaßstäben ausgegangen ist, die wesentlichen Umstände berücksichtigt und keine Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt hat(vgl. BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 381/10 - Rn. 16 mwN, AP BGB § 626 Nr. 234 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 35; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 485/08 - Rn. 21 mwN, AP BGB § 626 Nr. 232 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 33). Gemessen daran zeigt die Beklagte keinen revisionsrechtlich relevanten Rechtsfehler auf.

26

aa) Soweit die Wertung des Landesarbeitsgerichts auf einer Auslegung der Erklärungen im Schreiben vom 22. März 2010 beruht, ist diese möglich. Die Klägerin beschrieb in ihrer „Anzeige“ einen Sachverhalt, für den sie sich im maßgebenden Punkt - dem behaupteten Verstoß gegen Sicherheitsrichtlinien bei der Legitimationsprüfung von Ausweispapieren - auf die Aussage einer Arbeitskollegin berief. Außerdem überließ sie es ausdrücklich weiteren Ermittlungen der Beklagten, die „Schwere des Vergehens zusammen mit der erschwerenden Vorsätzlichkeit zu werten“. Das lässt nicht - schon gar nicht zwingend - den Schluss zu, die Klägerin habe behaupten wollen, ihre Angaben beruhten insgesamt auf eigener Wahrnehmung. Ebenso wenig ist dem Schreiben mit der gebotenen Eindeutigkeit zu entnehmen, die Klägerin habe bewusst den - falschen - Eindruck erweckt oder erwecken wollen, unmittelbare Wahrnehmungen ihrer Kollegin K wiederzugeben. Gegen eine solche Interpretation als einzig mögliche Deutung spricht, dass die Klägerin für eine „möglicherweise notwendige“ Befragung auf das Zeugnis der betreffenden Mitarbeiterin verwies. Ein verständiger Empfänger der „Anzeige“ musste angesichts dieser Angaben in Rechnung stellen, dass die Klägerin lediglich Umstände beschrieb, die sie zwar nicht selbst kannte, von denen sie aber annahm, sie aufgrund greifbarer Anhaltspunkte vermuten zu dürfen.

27

bb) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts einschließlich der ihr zugrunde liegenden Auslegung lässt, anders als die Revision meint, nicht den Inhalt der nachfolgend geführten Personalgespräche außer Acht. Dabei kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass die Klägerin bei den Unterredungen am 7. April 2010, am 24. Juni 2010 und am 2. Juli 2010 jeweils an ihrer Anschuldigung festgehalten hat, der Filialleiter habe die Ausweise nicht wie vorgeschrieben überprüft. Auch dies ist kein evidentes, vernünftige Zweifel ausschließendes Indiz dafür, dass die Klägerin behaupten wollte, sie selbst habe dies beobachtet. Trotz der allgemein gehaltenen Formulierung kann den Umständen nach nicht ausgeschlossen werden, dass sie ihre Aussage in der Annahme, dies sei der Beklagten klar, stillschweigend auf Zeiten ihrer Anwesenheit im Verkaufsraum der Filiale bezogen hat. Dafür sprechen jedenfalls ihre klarstellenden Ausführungen in der Stellungnahme vom 4. Juli 2010. Überdies konnte die Klägerin davon ausgehen, dass der Beklagten ihr zeitweiliger Aufenthalt im Sozialraum bzw. der Küche bekannt war. Selbst wenn die Erklärung so zu verstehen sein sollte, die Klägerin habe behaupten wollen, der Filialleiter habe die fragliche Prüfung zu keiner Zeit, auch nicht während der Zeit ihrer Abwesenheit vom Arbeitsplatz vorgenommen, folgte daraus nicht - zumindest nicht zwingend -, dass sie bewusst über den Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung oder den der Beobachtungen ihrer Kollegin zu täuschen versucht hätte. Ebenso gut kann es sein, dass sie - im Sinne einer wertenden Schlussfolgerung - auf der Grundlage der Angaben ihrer Kollegin zum äußeren Erscheinungsbild der Ausweise und dem Verhalten der Kunden zu dem Ergebnis gelangt ist, die vorgeschriebene Überprüfung der Ausweise könne nicht wirklich stattgefunden haben.

28

cc) Die Beklagte zeigt keinen materiellen Rechtsfehler auf, soweit sie sich gegen die Annahme des Landesarbeitsgerichts wendet, sie habe den Wahrheitsgehalt der Anschuldigungen nicht hinreichend aufgeklärt, sodass nicht davon ausgegangen werden könne, die Behauptungen der Klägerin seien unwahr. Damit hat das Landesarbeitsgericht weder grundlegend die Darlegungs- und Beweislast verkannt, noch hat es überzogene Anforderungen an den Vortrag der Beklagten gestellt. Diese ist für den Kündigungsgrund darlegungs- und beweispflichtig (vgl. BAG 3. November 2011 - 2 AZR 748/10 - Rn. 23 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 79). Das schließt die Darlegungslast für das Fehlen von Umständen ein, die den Arbeitnehmer entlasten (zur Darlegungslast bezüglich behaupteter Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe: BAG 3. November 2011 - 2 AZR 748/10 - aaO; 18. September 2008 - 2 AZR 1039/06 - EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 13). Es war somit grundsätzlich Sache der Beklagten, die Unwahrheit der Behauptungen der Klägerin darzutun, dh. aufzuzeigen, dass eine hinreichende Legitimationsprüfung stattgefunden hat. Ob etwas anderes zu gelten hätte, wenn es an Anhaltspunkten für ein - mögliches - pflichtwidriges Verhalten des Filialleiters gänzlich gefehlt hätte, kann dahinstehen. So liegt der vorliegende Fall nicht. Die Klägerin hat ihre Vorwürfe nicht vollkommen „aus der Luft gegriffen“. Vielmehr stritten gewisse, wenngleich nicht zwingende Verdachtsmomente dafür, dass es sich bei einem der beiden Ausweispapiere nicht um ein echtes Dokument handelte. Wenn das Landesarbeitsgericht unter diesen Umständen angenommen hat, die Erklärung des Filialleiters, er habe die Ausweise unter der UV-Lampe im Kassenbereich geprüft, sei für sich genommen noch kein ausreichendes Indiz für die Einhaltung der Sicherheitsrichtlinien, ist dies jedenfalls vertretbar. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte es unterlassen hat, ihre Aufklärungsmöglichkeiten auszuschöpfen. Eine solche Möglichkeit bestand objektiv in der Befragung der Kunden, von denen die Papiere stammten. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte auch bei vorsichtig formulierter Nachfrage mit einer konkreten Gefährdung der Geschäftsbeziehung hätte rechnen müssen und ihr deshalb eine weitere Aufklärung unzumutbar gewesen wäre, sind weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Da sich schon aus dem Unterlassen einer Nachfrage bei den Kunden ergibt, dass die Beklagte ihre Informationsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft hat, kann dahinstehen, ob überdies eine persönliche „Gegenüberstellung“ der Klägerin und des Filialleiters angezeigt war, wie das Landesarbeitsgericht gemeint hat.

29

dd) Die Beklagte bringt vor, das Landesarbeitsgericht habe auf der Grundlage seiner Feststellungen nicht davon ausgehen dürfen, die Behauptung der Klägerin, ihr sei im Personalgespräch am 2. Juli 2010 mit einer Strafanzeige gedroht worden, beruhe auf einem Missverständnis. Insbesondere böten die Erklärungen der Klägerin in der E-Mail vom 6. Juli 2010 dafür keinen genügenden Anhaltspunkt. Damit zeigt die Beklagte keinen revisiblen Rechtsfehler auf. Sie will nur ihre eigene Bewertung der fraglichen individuellen Äußerungen an die Stelle einer zumindest vertretbaren Würdigung des Landesarbeitsgerichts setzen.

30

ee) Mit ihren Verfahrensrügen dringt die Revision nicht durch.

31

(1) Soweit die Beklagte geltend macht, das Landesarbeitsgericht habe sie ausdrücklich darauf hinweisen müssen, dass es von der Zumutbarkeit einer Befragung des Kundenehepaars ausgehe, ist ihr Angriff unzulässig. Wird gerügt, das Berufungsgericht sei seiner richterlichen Hinweispflicht (§ 139 ZPO)nicht nachgekommen, muss der Rechtsmittelführer ua. im Einzelnen angeben, wie er auf einen entsprechenden Hinweis reagiert hätte. Der zunächst unterbliebene Vortrag muss nachgeholt werden. Mit der Verfahrensrüge muss er für die erforderliche Schlüssigkeit bzw. Substantiierung seines Vortrags sorgen (BAG 25. April 2006 - 3 AZR 78/05 - Rn. 39, AP BetrAVG § 7 Nr. 111 = EzA BetrAVG § 2 Nr. 27). Darüber hinaus muss er die Entscheidungserheblichkeit der Verletzung der Hinweispflicht dartun (BAG 14. März 2005 - 1 AZN 1002/04 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 114, 67). Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung nicht gerecht. Die Beklagte legt nicht dar, welchen - erheblichen - Vortrag sie im Hinblick auf den vermissten Hinweis hin geleistet und zu welchem entscheidungserheblichen Gesichtspunkt sie die Kunden als Zeugen benannt hätte.

32

(2) Die Beklagte beanstandet weiter, das Landesarbeitsgericht habe es ohne Begründung unterlassen, ihren unter I 2.1 bis 2.4 der Revisionsbegründung näher bezeichneten Beweisangeboten nachzugehen. Dadurch habe es ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt und gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 GG) verstoßen. Das trifft nicht zu.

33

(a) Die Rüge ist unzulässig, soweit die Beklagte meint, die Vernehmung einer weiteren namentlich genannten Filialmitarbeiterin hätte „zur Widerlegung der falschen Behauptungen der Klägerin beitragen können“. Es fehlt an der Darlegung, im Hinblick auf welche Tatsachen sie sich in welchem Schriftsatz auf das Zeugnis der betreffenden Arbeitnehmerin berufen hatte (zu den Anforderungen an die Rüge des Übergehens eines Beweisantritts: vgl. BAG 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - Rn. 20, AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 42 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 8). Entsprechendes gilt für die Rüge, das Landesarbeitsgericht habe es versäumt, die Teilnehmer des Gesprächs vom 2. Juli 2010 (nicht: 2011) zum Inhalt der Äußerungen ihrer Vertreter zu hören. Die Beklagte zeigt nicht auf, wo genau ihr vermeintlich übergangener Beweisantritt in den vorinstanzlichen Schriftsätzen zu finden sein soll und auf welchen dort gehaltenen Vortrag er sich bezieht.

34

(b) Die weiteren Angriffe der Revision sind - ihre Zulässigkeit unterstellt - unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat unterstellt, dass die Klägerin noch im Gespräch vom 2. Juli 2010 an ihren Anschuldigungen gegenüber dem Filialleiter festgehalten hat. Den Inhalt der Stellungnahmen der Mitarbeiterin K hat es für unstreitig erachtet. Es brauchte deshalb den vermeintlich übergangenen Beweisantritten nicht nachzugehen.

35

(3) Dem Berufungsurteil sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen wäre, die Klägerin habe objektiv die Möglichkeit gehabt zu beobachten, ob der Filialleiter eine Überprüfung der Echtheit der Personalausweise mittels UV-Lampe vorgenommen habe. Ebenso wenig enthält es tatbestandliche Feststellungen, die den Ausführungen der Beklagten zu einem Aufenthalt der Klägerin und ihrer Kolleginnen im Sozialraum während der Mittagspause widersprechen. Soweit die Beklagte beanstandet, entgegen den Feststellungen im Berufungsurteil habe ihr Filialleiter seinen Urlaub nicht am 23. März 2010, sondern bereits am 22. März 2010 angetreten, fehlt es an der Darlegung, wo genau der betreffende Vortrag zu finden sein soll. Darüber hinaus fehlt es - auch unter Berücksichtigung der offenbar postalisch erfolgten Übermittlung der „Anzeige“ der Klägerin vom 22. März 2010 - an der Darlegung, inwieweit der Zeitpunkt des Urlaubsantritts entscheidungserheblich war. Aus diesen Gründen greift auch die Erwägung der Beklagten nicht, bei Urteilszustellung binnen der Dreimonatsfrist des § 320 Abs. 2 Satz 3 ZPO wäre ein Antrag auf Tatbestandsberichtigung möglich gewesen.

36

6. Das Landesarbeitsgericht hat nicht näher geprüft, ob die Klägerin, auch wenn sie nicht bewusst falsche Tatsachenbehauptungen aufgestellt haben mag, ihre arbeitsvertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB)dadurch verletzt hat, dass sie ihre Anschuldigungen nicht vorsichtiger vorgebracht, sondern ohne weitere Prüfung die rechtliche Schlussfolgerung eines „schweren und vorsätzlichen Verstoßes“ gegen Sicherheitsrichtlinien und ggf. „gesetzliche Richtlinien“ gezogen hat. Ebenso wenig hat es sich auf der ersten Prüfungsstufe des wichtigen Grundes mit der Frage befasst, ob die Klägerin ihre „Anzeige“ in der vorrangigen Absicht erstattet hat, ihrem Vorgesetzten zu schaden oder sich an diesem für die aus ihrer Sicht unberechtigten Abmahnungen zu rächen. Für eine solche Motivation könnte der Umstand sprechen, dass sie nicht das Gespräch mit dem Filialleiter gesucht hat. Überdies lassen ihre Ausführungen in der E-Mail vom 28. Juni 2010 eine erhebliche Belastungstendenz erkennen. Es erscheint nicht ausgeschlossen, in einem solchen Verhalten „an sich“ einen wichtigen Grund zur Kündigung zu erkennen.

37

a) Im Fall der Erstattung von Anzeigen bei Strafverfolgungsbehörden oder anderen zuständigen Stellen („Whistleblowing“) ist eine vertragswidrige Pflichtverletzung nicht stets schon dann zu verneinen, wenn der Arbeitnehmer die Anzeige erstattet, ohne dabei wissentlich oder leichtfertig falsche Angaben zu machen (BAG 7. Dezember 2006 - 2 AZR 400/05 - Rn. 18, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 55 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 70; 3. Juli 2003 - 2 AZR 235/02 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 107, 36). Eine Anzeige kann unabhängig vom Nachweis der mitgeteilten Verfehlung und ihrer Strafbarkeit ein Grund zur Kündigung sein, wenn sie sich als eine unverhältnismäßige Reaktion auf das Verhalten des Arbeitgebers oder eines seiner Repräsentanten darstellt. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, nach der Strafanzeigen gegen den Arbeitgeber mit dem Ziel, Missstände in Unternehmen oder Institutionen offenzulegen, grundsätzlich in den Anwendungsbereich des Art. 10 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten fallen(EGMR 21. Juli 2011 - 28274/08 - [Heinisch] Rn. 63 ff., AP BGB § 626 Nr. 235 = EzA BGB 2002 § 626 Anzeige gegen Arbeitgeber Nr. 1), schließt eine solche Bewertung nicht generell aus.

38

b) Es spricht einiges dafür, diese Grundsätze sinngemäß auf den Bereich innerbetrieblicher „Anzeigen“ zu übertragen. Auch unterhalb der Schwelle eines strafbaren Verhaltens muss ein Arbeitnehmer bei der Mitteilung vermeintlicher Missstände im Betrieb angemessen auf Persönlichkeitsrechte seiner Arbeitskollegen und Vorgesetzten Rücksicht nehmen. Das folgt schon aus dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers an der Wahrung des Betriebsfriedens.

39

c) Die damit zusammenhängenden tatsächlichen und rechtlichen Fragen bedürfen im Streitfall keiner vertieften Erörterung. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die fristlose Kündigung erweise sich zumindest im Rahmen einer ggf. vorzunehmenden Einzelfallbeurteilung und Interessenabwägung als nicht gerechtfertigt. Das hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

40

aa) Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen (st. Rspr., zuletzt bspw. BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 989/11 - Rn. 43, NZA 2013, 143; 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 26, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36).

41

bb) Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumutbar ist oder nicht, lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 27, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 34, BAGE 134, 349). Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - aaO; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 485/08 - Rn. 24, AP BGB § 626 Nr. 232 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 33). Als mildere Mittel gegenüber der außerordentlichen Kündigung sind - neben der hier ausgeschlossenen ordentlichen Kündigung - auch Abmahnung und Versetzung anzusehen (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - aaO; 30. Mai 1978 - 2 AZR 630/76 - BAGE 30, 309). Sie sind dann alternative Gestaltungsmittel, wenn schon sie geeignet sind, den mit der außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck - die Vermeidung künftiger Störungen - zu erreichen. Einer Abmahnung bedarf es demnach nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (BAG 19. April 2012 - 2 AZR 186/11 - Rn. 22 mwN, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 40; 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 35 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 37).

42

cc) Dem Berufungsgericht kommt bei der Einzelfallprüfung und Interessenabwägung ein Beurteilungsspielraum zu. Seine Würdigung wird in der Revisionsinstanz daraufhin überprüft, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob es alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt hat (BAG 19. April 2012 - 2 AZR 258/11 - Rn. 16, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 39; 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 29, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 17, BAGE 134, 349). Eine eigene Abwägung durch das Revisionsgericht ist dann möglich, wenn die des Berufungsgerichts fehlerhaft oder unvollständig ist und sämtliche relevanten Tatsachen feststehen (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - aaO; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 33, aaO). Daran gemessen liegt kein Abwägungsfehler des Landesarbeitsgerichts vor. Es hat die Kündigung - hinsichtlich beider Kündigungssachverhalte - als unverhältnismäßig angesehen. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, die Klägerin vorrangig abzumahnen. Damit hat das Landesarbeitsgericht seinen Beurteilungsspielraum nicht verletzt. Die in Rede stehenden Pflichtverletzungen der Klägerin wiegen nicht so schwer, dass eine Abmahnung entbehrlich gewesen wäre. Ebenso wenig liegen Umstände vor, die zu der Annahme berechtigten, auch ohne Abmahnung sei von einer negativen Zukunftsprognose auszugehen.

43

(1) Den Nachweis falscher Tatsachenbehauptungen hat die Beklagte nicht geführt. Die Anschuldigungen der Klägerin betreffend ein pflichtwidriges Verhalten des Filialleiters mögen auf „dürftigen“ Verdachtsmomenten beruht haben. Gleichwohl hat die Klägerin sie nicht „ins Blaue hinein“ erhoben. Ihre Pflicht zur Diskretion hat sie zumindest insofern gewahrt, als sie sich an die „Zentrale Revision“ der Beklagten gewandt hat. Selbst wenn die Klägerin - weil sie eine Pflichtverletzung allenfalls vermuten konnte - lediglich einen Verdacht hätte äußern dürfen, musste sie doch ihre Bedenken gegen ein ordnungsgemäßes Verhalten des Filialleiters nicht vollkommen zurückstellen. Einer damit möglicherweise verbundenen Pflichtverletzung der Klägerin hätte mit einer Abmahnung erfolgversprechend begegnet werden können. Das gilt auch dann, wenn der „Anzeige“ sachfremde Motive der Klägerin zugrunde gelegen haben sollten. Daraus folgt für sich genommen nicht, dass sie sich eine Abmahnung nicht hätte zur Warnung gereichen lassen, um künftig zurückhaltender vorzugehen und ggf. genauer zwischen eigenen Beobachtungen und subjektiven Schlussfolgerungen zu unterscheiden. Dies vermag der Senat, sollte das Landesarbeitsgericht diesen Aspekt bei seiner Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht genügend berücksichtigt haben, selbst zu entscheiden.

44

(2) Eine Abmahnung war auch nicht mit Blick auf die Behauptung der Klägerin entbehrlich, ihr sei im Personalgespräch vom 2. Juli 2010 eine Strafanzeige wegen übler Nachrede angedroht worden. Dabei kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass die Klägerin das ihr von den Vorinstanzen zugutegehaltene Missverständnis bei genauerer Prüfung hätte vermeiden können. Ihr Irrtum wäre auch dann nicht bedeutungslos (vgl. dazu BAG 14. Februar 1996 - 2 AZR 274/95 - zu II 4 der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 26 = EzA BGB § 626 nF Nr. 160). Überdies hat die Klägerin mit ihrer E-Mail vom 6. Juli 2010 eine gewisse Einsicht gezeigt. Dass das Arbeitsverhältnis vor diesem Hintergrund durch das in Rede stehende Fehlverhalten so stark belastet wäre, dass eine Wiederherstellung des Vertrauens in ein künftig redliches Vorgehen der Klägerin selbst nach einer Abmahnung ausgeschlossen erschiene, ist nicht erkennbar.

45

(3) Dieser Bewertung steht nicht entgegen, dass die Klägerin ihre Stellungnahme vom 4. Juli 2010 Personen zugänglich gemacht hat, die an dem vorhergehenden Personalgespräch nicht beteiligt waren. Unabhängig davon, ob darin eine Pflichtverletzung liegt, steht auch dies einem Abmahnungserfordernis nicht entgegen. Die Beklagte beruft sich auf eine tiefgreifende Störung des Betriebsfriedens. Den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zufolge hat sie es aber versäumt aufzuzeigen, dass eine entsprechende Störung tatsächlich eingetreten wäre. Dessen hätte es bedurft, da die Darlegung der bloßen Möglichkeit einer Störung eine verhaltensbedingte Kündigung nicht zu rechtfertigen vermag (vgl. BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 71 mwN, AP BGB § 123 Nr. 69 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 10). Soweit die Beklagte demgegenüber geltend macht, das Landesarbeitsgericht habe Vorbringen übergangen, zeigt sie nicht auf, wo genau sie welchen entscheidungserheblichen Vortrag zu einer konkreten Störung des Betriebsfriedens geleistet haben will. Soweit sie einen richterlichen Hinweis vermisst, fehlt es an der Darlegung, was sie hierauf Entscheidungserhebliches vorgetragen hätte. Schon aus diesen Gründen bleiben ihre Verfahrensrügen erfolglos.

46

(4) Eine einschlägige Abmahnung liegt nicht vor. Die in der Personalakte verbliebene Abmahnung aus dem Jahr 2009 hatte - soweit ersichtlich - ein verspätetes Erscheinen der Klägerin zu einem Personalgespräch zum Gegenstand.

47

(5) Erweist sich die Kündigung wegen Fehlens einer Abmahnung als unverhältnismäßig, kann offenbleiben, ob die Beklagte vorrangig auch eine Versetzung der Klägerin hätte in Betracht ziehen müssen, wie das Landesarbeitsgericht gemeint hat. Einer Auseinandersetzung mit den hiergegen gerichteten Revisionsrügen bedarf es nicht.

48

II. Die hilfsweise zum 31. März 2011 erklärte außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist ist gleichfalls unwirksam. Auch insoweit fehlt es an einem wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB iVm. § 17 Ziff. 3 Abs. 1 MTV. Das Landesarbeitsgericht geht fehlerfrei davon aus, dass es dem Gebot der Verhältnismäßigkeit entsprochen hätte, die Klägerin vor Ausspruch einer Kündigung abzumahnen. Ohne eine solche Warnung war es der Beklagten nicht - weder bis zum Ablauf einer (fiktiven) ordentlichen Kündigungsfrist noch auf Dauer - unzumutbar, das Arbeitsverhältnis mit ihr fortzusetzen. Schon aus diesem Grund kann auch eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist keinen Bestand haben (zur Problematik: vgl. BAG 21. Juni 2012 - 2 AZR 343/11 - Rn. 18, 20, NZA 2013, 224).

49

III. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Berger    

        

    Rinck    

        

    Rachor    

        

        

        

    Gans    

        

    Pitsch    

                 

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

(1) Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen.

(2) Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsverdiensten, hat der Arbeitnehmer das fünfundfünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens zwanzig Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu achtzehn Monatsverdiensten festzusetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer in dem Zeitpunkt, den das Gericht nach § 9 Abs. 2 für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses festsetzt, das in der Vorschrift des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch über die Regelaltersrente bezeichnete Lebensalter erreicht hat.

(3) Als Monatsverdienst gilt, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet (§ 9 Abs. 2), an Geld und Sachbezügen zusteht.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 5. Januar 2010 - 3 Sa 253/09 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

2

Der Kläger war bei der Beklagten, einem Unternehmen für Vertriebs- und Servicedienstleistungen, seit dem 2. November 1999 als „Leiter IT/TK Department“ beschäftigt. Er war zuständig für die Betreuung der Hard- und Software. In § 8 Abs. 9 des Arbeitsvertrags ist geregelt, dass eine „Geheimhaltungs- und Verpflichtungserklärung“ sowie „Regeln über die Anwendung von Computerprogrammen“ Bestandteile des Vertrags sind. In der „Geheimhaltungs- und Verpflichtungserklärung“ vom 27. Oktober 1999 sagte der Kläger Verschwiegenheit hinsichtlich aller dienstlichen Angelegenheiten zu. Nach Ziff. 6 der „Regeln für die Anwendung von Computerprogrammen und die Behandlung von Dateien“ vom 27. Oktober 1999 ist es den Mitarbeitern nicht erlaubt, persönliche Software von zu Hause mitzubringen und auf den Computern des Unternehmens zu nutzen. Ebensowenig dürfen Programme des Unternehmens mit nach Hause genommen und auf einem eigenen Computer benutzt werden. Auf die Notwendigkeit der Einhaltung der zur Computersicherheit geltenden Regelungen hatte der Kläger als Leiter der IT-Abteilung die Mitarbeiter unter Hinweis auf arbeitsrechtliche Konsequenzen bei einer Zuwiderhandlung mehrfach hingewiesen.

3

Im Jahr 2008 stellte die Beklagte fest, dass sich der Kläger seit Mai 2007 nicht mehr in ihrem Netzwerk angemeldet habe. Eine Anmeldung ist erforderlich, um auf dem firmeneigenen Laptop gespeicherte Daten auf dem zentralen Server des Netzwerks abzuspeichern und zu hinterlegen. Nur auf die dort in digitalisierter Form hinterlegten Arbeitsergebnisse ist ein direkter Zugriff der Beklagten möglich. Am 25. August 2008 sprach der Personalleiter der Beklagten den Kläger auf diesen Umstand an. Der Kläger bestätigte, dass er die Daten auf einer privaten Festplatte sichere und abspeichere. Daraufhin stellte die Beklagte ihn von seiner Arbeitsleistung frei.

4

Am 27. August 2008 untersuchte die Beklagte den firmeneigenen Laptop des Klägers und seine private Festplatte. Auf der Festplatte waren auch Dateien der Beklagten gespeichert. Auf dem Laptop befanden sich neben einer Vielzahl von Unternehmensdaten, Passwörtern und Zugriffsdaten für den Server der Beklagten, Angeboten an Kunden, Mitarbeiterbeurteilungen, Bewerbungsunterlagen und Kostenaufstellungen auch private Dateien, bestehend aus Videos, Bildern und MP-3-Dateien. Die gesamten Daten waren unverschlüsselt abgespeichert.

5

Die Beklagte sah darin einen massiven Verstoß des Klägers gegen seine Obhuts- und Rücksichtnahmepflichten (§ 241 Abs. 2 BGB). Nachdem sie den Betriebsrat angehört hatte, kündigte sie mit Schreiben vom 2. September 2008 das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich, hilfsweise ordentlich und fristgerecht zum 31. Dezember 2008.

6

Der Kläger hat hiergegen rechtzeitig Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, es bestehe kein Grund für die außerordentliche Kündigung. Auch seien die Frist gemäß § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten und der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Die Kündigung sei auch als ordentliche nicht sozial gerechtfertigt.

7

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 2. September 2008 weder fristlos noch mit Ablauf des 31. Dezember 2008 aufgelöst worden ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe ihr durch sein Verhalten eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar gemacht. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei gewahrt. Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß angehört worden.

9

Das Arbeitsgericht hat mit Teilurteil nur über die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung entschieden und der Klage insoweit stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt diese ihren Antrag weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht entschieden, dass die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 2. September 2008 das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgelöst hat. Es fehlt an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB. Darauf, ob die Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt oder die Kündigung nach § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam ist, kommt es daher nicht an. Über die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung zum 31. Dezember 2008 war nicht zu entscheiden.

11

I. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

12

1. Ein wichtiger Grund zur Kündigung kann sowohl in einer erheblichen Verletzung von vertraglichen Hauptleistungspflichten als auch in der von Nebenpflichten liegen (BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 845/08 - Rn. 19, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 31; 2. März 2006 - 2 AZR 53/05 - Rn. 21, AP BGB § 626 Krankheit Nr. 14 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 16). Als Vertragspflichtverletzung, die eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen vermag, ist ein nachhaltiger Verstoß des Arbeitnehmers gegen berechtigte Weisungen des Arbeitgebers anzusehen (BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 845/08 - Rn. 20, aaO; KR/Fischermeier 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 459 mwN). Ebenso kann die erhebliche Verletzung der Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers gemäß § 241 Abs. 2 BGB einen wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB bilden. Der konkrete Inhalt dieser Pflicht ergibt sich aus dem jeweiligen Arbeitsverhältnis und seinen spezifischen Anforderungen (BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 845/08 - aaO; 26. März 2009 - 2 AZR 953/07 - Rn. 24, AP BGB § 626 Nr. 220). Einer besonderen Vereinbarung bedarf es insoweit nicht (BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 845/08 - aaO).

13

2. Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 34, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32).

14

a) Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32; 19. April 2007 - 2 AZR 180/06 - Rn. 45, AP BGB § 174 Nr. 20 = EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 7). Als mildere Reaktionen sind insbesondere Abmahnung und ordentliche Kündigung anzusehen. Sie sind dann alternative Gestaltungsmittel, wenn schon sie geeignet sind, den mit der außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck - die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen - zu erreichen (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - aaO; KR/Fischermeier 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 251 mwN). Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 36, aaO; Schlachter NZA 2005, 433, 436). Ordentliche und außerordentliche Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung setzen deshalb regelmäßig eine Abmahnung voraus. Sie dient zugleich der Objektivierung der negativen Prognose (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - aaO; 23. Juni 2009 - 2 AZR 283/08 - Rn. 14 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Abmahnung Nr. 5 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 75; Staudinger/Preis <2002> § 626 BGB Rn. 109).

15

b) Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist eine Kündigung nicht gerechtfertigt, wenn es mildere Mittel gibt, eine Vertragsstörung zukünftig zu beseitigen (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 37, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32). Dieser Aspekt hat durch die Regelung des § 314 Abs. 2 BGB iVm. § 323 Abs. 2 BGB eine gesetzgeberische Bestätigung erfahren. Einer Abmahnung bedarf es in Ansehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes deshalb nur dann nicht, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft selbst nach Abmahnung nicht zu erwarten steht oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass eine Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 56, aaO; vgl. auch BAG 23. Juni 2009 - 2 AZR 103/08 - Rn. 33, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 59 = EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 17).

16

3. Die Prüfung der Voraussetzungen des wichtigen Grundes ist in erster Linie Sache der Tatsacheninstanzen. Dennoch geht es um Rechtsanwendung, nicht um Tatsachenfeststellung. Die Würdigung des Berufungsgerichts wird in der Revisionsinstanz darauf hin überprüft, ob es den anzuwendenden Rechtsbegriff in seiner allgemeinen Bedeutung verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob es alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt hat (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 17, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32; 27. November 2008 - 2 AZR 193/07 - Rn. 22, AP BGB § 626 Nr. 219).

17

II. Bei Anwendung dieser Grundsätze hält die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

18

1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe die Pflichtverletzung des Klägers, unter Verstoß gegen die „Regeln für die Anwendung von Computerprogrammen und die Behandlung von Dateien“ private Dateien auf dem Firmenlaptop gespeichert zu haben, zunächst abmahnen müssen. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Fehlverhalten des Klägers wiegt nicht so schwer, dass es ohne Weiteres eine fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen könnte.

19

a) In der Speicherung privater Dateien auf dem Firmen-Laptop liegt keine Pflichtverletzung des Klägers, bei der eine Hinnahme des Verhaltens durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen wäre. Zwar ist auf den Computern der Beklagten laut Ziff. 6 Abs. 1 Satz 3 der „Regeln über die Anwendung von Computerprogrammen und die Behandlung von Dateien“ die Verwendung privater Software untersagt. Das Landesarbeitsgericht hat aber zutreffend berücksichtigt, dass der Kläger die privaten Dateien nach seinem unwidersprochenen Vorbringen nicht aus dem Internet heruntergeladen, sondern von eigenen Datenträgern überspielt hat. Die Beklagte hat weder behauptet, dass es sich dabei um strafrechtlich relevantes oder sonst anrüchiges Material gehandelt habe, noch lässt sich ihrem Vorbringen entnehmen, dass konkrete Beeinträchtigungen der Funktionen des Laptops oder des Netzwerks eingetreten wären. Dass der Kläger die auf dem Laptop installierte private Software während der Arbeitszeit zu privaten Zwecken genutzt habe, hat die Beklagte ebenso wenig geltend gemacht.

20

Auch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Stellung des Klägers als Leiter der IT-Abteilung und Vorgesetzter rechtfertige keine andere Beurteilung, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Zwar zeigen die Hinweise des Klägers an die Mitarbeiter, dass er sich der Gefahren eines Regelverstoßes für die Sicherheit und Funktion der IT-Systeme bewusst war. Wenn er selbst die Regeln nicht eingehalten hat, stellt dies aber kein Verhalten dar, dessen auch nur erstmalige Hinnahme durch die Beklagte offensichtlich ausgeschlossen war.

21

2. Eine Abmahnung war auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Kläger Unternehmensdaten auf dem Laptop nur durch ein einfaches Passwort gesichert hatte. Ob der Kläger insoweit überhaupt pflichtwidrig gehandelt hat, bedarf keiner Klärung. Die Beklagte hat nicht behauptet, es habe eine ausdrückliche Anordnung gegeben, weitergehende Sicherungen vorzunehmen. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, eine Abmahnung hätte zukünftig ein vertragsgerechtes Verhalten des Klägers erwarten lassen, ist unter diesen Umständen revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt auch, soweit die Beklagte geltend gemacht hat, es sei gerade Aufgabe des Klägers gewesen, für weitergehende Sicherungsmaßnahmen zu sorgen. Damit rügt sie eine Schlechtleistung des Klägers, welche ihrerseits einer Abmahnung bedurft hätte.

22

3. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, auch die Speicherung unternehmensbezogener Dateien auf einer privaten Festplatte und ohne Sicherung gegen unbefugten Zugriff wiege im Streitfall nicht so schwer, dass sie die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen könne.

23

a) Allerdings kann durch eine unerlaubte Speicherung unternehmensbezogener Daten auf einer privaten Festplatte die Pflicht zur Rücksichtnahme aus § 241 Abs. 2 BGB verletzt sein. Sollten personenbezogene Daten iSv. § 3 Abs. 1 BDSG betroffen gewesen sein, kommt zudem ein Verstoß gegen § 5 Satz 1 BDSG in Betracht. Die Beklagte beruft sich außerdem darauf, der Kläger habe seine Vertragspflichten dadurch verletzt, dass er die Daten nicht auch auf dem Netzwerkserver hinterlegt habe.

24

aa) Eine Verletzung von Urheberrechten ist mit dem Verhalten des Klägers nicht verbunden. Die Beklagte hat keine Tatsachen vorgetragen, die die Annahme rechtfertigten, bei den vom Kläger auf seine private Festplatte kopierten Dateien habe es sich um urheberrechtlich geschützte Werke gehandelt. Es kann daher dahinstehen, ob die Herstellung von Sicherungskopien bereits eine unerlaubte Vervielfältigung darstellt (vgl. dazu § 15 Abs. 1 Nr. 1, §§ 16, 69c, 69d UrhG). Zwar sind Computerprogramme nach Maßgabe der §§ 69a ff. UrhG urheberrechtlich geschützt. Daten oder in Dateien gespeicherte Datenbestände sind für sich genommen aber keine Computerprogramme in diesem Sinne, da sie keine Befehls- oder Steuerungsanweisungen an den Computer enthalten (vgl. Fromm/Nordemann/Czychowski Urheberrecht 10. Aufl. § 69a UrhG Rn. 12; Dreier/Schulze/Dreier UrhG 3. Aufl. § 69a Rn. 12; Wandtke/Bullinger/Grützmacher UrhR 3. Aufl. § 69a UrhG Rn. 17 ). Ein Computerprogramm ist eine Folge von Befehlen, die nach Aufnahme in einen maschinellen Träger fähig sind zu bewirken, dass eine Maschine mit informationsverarbeitenden Fähigkeiten eine bestimmte Funktion oder Aufgabe oder ein bestimmtes Ergebnis anzeigt, ausführt oder erzielt (vgl. BGH 9. Mai 1985 - I ZR 52/83 - zu II 2 a aa der Gründe, BGHZ 94, 276). Bloße Daten oder Datensammlungen sind regelmäßig auch keine urheberrechtlich geschützten Schriftwerke (Fromm/Nordemann/Nordemann Urheberrecht 10. Aufl. § 2 UrhG Rn. 76). Der Schutz als Schriftwerk iSv. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG verlangt gemäß § 2 Abs. 2 UrhG, dass das Werk Ergebnis einer persönlichen geistigen Schöpfung ist. Selbst wenn eine Sammlung von Daten auf einer inhaltlichen Verarbeitung und Auswahl von Erkenntnissen beruht, findet diese möglicherweise schöpferische Tätigkeit keine gestalterische Darstellung in den Daten selbst (Nordemann aaO).

25

bb) Auch ein Verstoß gegen Ziff. 6 Abs. 2 der betrieblichen „Regeln über die Anwendung von Computerprogrammen und die Behandlung von Dateien“ liegt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht vor. Danach ist es untersagt, Programme des Unternehmens mit nach Hause zu nehmen und auf einem eigenen Computer zu nutzen. Die Regeln differenzieren ebenfalls zwischen Computerprogrammen und Dateien. Die Beklagte hat weder dargelegt, dass es sich bei den vom Kläger kopierten Dateien um Computerprogramme gehandelt, noch dass der Kläger andere „Programme des Unternehmens“ auf seinem eigenen Computer genutzt habe.

26

b) Es kann offenbleiben, ob der Kläger gegen § 241 Abs. 2 BGB, ggf. iVm. § 5 BDSG, tatsächlich verstoßen hat. Jedenfalls ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht mögliche Pflichtverletzungen des Klägers durch das Kopieren unternehmensbezogener Daten auf eine private Festplatte nicht als hinreichenden Kündigungsgrund angesehen hat. Dies gilt auch dann, wenn das tatsächliche Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 14. Dezember 2009 als wahr unterstellt wird.

27

aa) Der Umstand, dass der Kläger unternehmensbezogene Dateien auf seiner privaten Festplatte gespeichert hat, rechtfertigt nicht die Annahme, er habe die fraglichen Daten unterdrücken oder der Beklagten vorenthalten wollen. Diese selbst hat im Schriftsatz vom 14. Dezember 2009 vorgetragen, dass die Dateien überwiegend auch auf dem firmeneigenen Laptop gespeichert waren. Soweit sie geltend gemacht hat, Dateien im Zusammenhang mit zwei ausländischen Standorten seien ausschließlich auf der privaten Festplatte des Klägers gespeichert gewesen, stützt sie den Vorwurf des Unterdrückens bzw. Vorenthaltens der Daten lediglich darauf, dass der Kläger diese Arbeitsergebnisse nicht zusätzlich auf ihrem Netzwerkserver hinterlegt habe. Die Schlussfolgerung der Beklagten wird durch die behaupteten Indiztatsachen nicht getragen. Sie ist auch dann nicht berechtigt, wenn die Behauptung, der Kläger sei seit Mai 2007 nicht mehr im betrieblichen Netzwerk eingeloggt gewesen, und das weitere Vorbringen im Schriftsatz vom 14. Dezember 2009 mitbedacht werden. Das Landesarbeitsgericht hat deshalb im Ergebnis zu Recht keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gesehen.

28

(1) Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass und welche konkreten Weisungen sie zur Hinterlegung von Arbeitsergebnissen im Firmennetz erteilt habe. Sie hat zwar vorgebracht, zur Datensicherung müssten Änderungen an Dateien auf ihrem Netzwerkserver abgespeichert werden. Nur so sei gewährleistet, dass Daten nicht verloren gingen oder in die Hände Unbefugter gelangten. Dass es entsprechende ausdrückliche Anordnungen gegeben habe, hat sie aber nicht behauptet. Soweit sie darauf verweist, der Kläger selbst habe Regeln für die Benutzung eines Firmenlaptops formuliert, handelte es sich bei diesen nach ihrem eigenen Vorbringen nur um einen nicht weiter verfolgten Regelungsentwurf.

29

(2) Soweit die Beklagte vorgebracht hat, der Kläger sei auch ohne ausdrückliche Anordnung verpflichtet gewesen, ihr einen digitalen Zugriff auf seine Arbeitsergebnisse zu ermöglichen, hat sie nicht dargelegt, inwiefern dem Kläger dies in Bezug auf die nicht hinterlegten Daten hätte bewusst sein müssen. Im Übrigen ist es nach ihrem eigenen Vorbringen durch die Unterlassungen des Klägers nicht zu Beeinträchtigungen ihrer Tätigkeit gekommen.

30

bb) Die mögliche Unzulänglichkeit der Sicherung der auf der privaten Festplatte des Klägers gespeicherten Daten rechtfertigt eine Kündigung ebensowenig. Ein damit verbundener Verstoß gegen die Pflicht zur Rücksichtnahme aus § 241 Abs. 2 BGB, ggf. iVm. § 5 BDSG, wiegt nicht so schwer, dass eine vorherige Abmahnung entbehrlich gewesen wäre. Zwar hat der Kläger die Sicherheit der Daten durch das Kopieren auf seine private Festplatte möglicherweise gefährdet. Dass er aber geradezu leichtfertig mit den gespeicherten Daten umgegangen wäre, ist nicht ersichtlich. Die Beklagte hat nicht behauptet, dass Dritte tatsächlich Zugriff auf sie hätten nehmen können.

31

4. War hinsichtlich der Einzelvorwürfe eine Abmahnung nicht entbehrlich, sind diese auch in ihrer Gesamtheit nicht geeignet, die außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen.

32

III. Als unterlegene Partei hat die Beklagte gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

        

        

    Gans    

        

    Pitsch    

        

        

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 5. Januar 2010 - 3 Sa 253/09 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

2

Der Kläger war bei der Beklagten, einem Unternehmen für Vertriebs- und Servicedienstleistungen, seit dem 2. November 1999 als „Leiter IT/TK Department“ beschäftigt. Er war zuständig für die Betreuung der Hard- und Software. In § 8 Abs. 9 des Arbeitsvertrags ist geregelt, dass eine „Geheimhaltungs- und Verpflichtungserklärung“ sowie „Regeln über die Anwendung von Computerprogrammen“ Bestandteile des Vertrags sind. In der „Geheimhaltungs- und Verpflichtungserklärung“ vom 27. Oktober 1999 sagte der Kläger Verschwiegenheit hinsichtlich aller dienstlichen Angelegenheiten zu. Nach Ziff. 6 der „Regeln für die Anwendung von Computerprogrammen und die Behandlung von Dateien“ vom 27. Oktober 1999 ist es den Mitarbeitern nicht erlaubt, persönliche Software von zu Hause mitzubringen und auf den Computern des Unternehmens zu nutzen. Ebensowenig dürfen Programme des Unternehmens mit nach Hause genommen und auf einem eigenen Computer benutzt werden. Auf die Notwendigkeit der Einhaltung der zur Computersicherheit geltenden Regelungen hatte der Kläger als Leiter der IT-Abteilung die Mitarbeiter unter Hinweis auf arbeitsrechtliche Konsequenzen bei einer Zuwiderhandlung mehrfach hingewiesen.

3

Im Jahr 2008 stellte die Beklagte fest, dass sich der Kläger seit Mai 2007 nicht mehr in ihrem Netzwerk angemeldet habe. Eine Anmeldung ist erforderlich, um auf dem firmeneigenen Laptop gespeicherte Daten auf dem zentralen Server des Netzwerks abzuspeichern und zu hinterlegen. Nur auf die dort in digitalisierter Form hinterlegten Arbeitsergebnisse ist ein direkter Zugriff der Beklagten möglich. Am 25. August 2008 sprach der Personalleiter der Beklagten den Kläger auf diesen Umstand an. Der Kläger bestätigte, dass er die Daten auf einer privaten Festplatte sichere und abspeichere. Daraufhin stellte die Beklagte ihn von seiner Arbeitsleistung frei.

4

Am 27. August 2008 untersuchte die Beklagte den firmeneigenen Laptop des Klägers und seine private Festplatte. Auf der Festplatte waren auch Dateien der Beklagten gespeichert. Auf dem Laptop befanden sich neben einer Vielzahl von Unternehmensdaten, Passwörtern und Zugriffsdaten für den Server der Beklagten, Angeboten an Kunden, Mitarbeiterbeurteilungen, Bewerbungsunterlagen und Kostenaufstellungen auch private Dateien, bestehend aus Videos, Bildern und MP-3-Dateien. Die gesamten Daten waren unverschlüsselt abgespeichert.

5

Die Beklagte sah darin einen massiven Verstoß des Klägers gegen seine Obhuts- und Rücksichtnahmepflichten (§ 241 Abs. 2 BGB). Nachdem sie den Betriebsrat angehört hatte, kündigte sie mit Schreiben vom 2. September 2008 das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich, hilfsweise ordentlich und fristgerecht zum 31. Dezember 2008.

6

Der Kläger hat hiergegen rechtzeitig Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, es bestehe kein Grund für die außerordentliche Kündigung. Auch seien die Frist gemäß § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten und der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Die Kündigung sei auch als ordentliche nicht sozial gerechtfertigt.

7

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 2. September 2008 weder fristlos noch mit Ablauf des 31. Dezember 2008 aufgelöst worden ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe ihr durch sein Verhalten eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar gemacht. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei gewahrt. Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß angehört worden.

9

Das Arbeitsgericht hat mit Teilurteil nur über die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung entschieden und der Klage insoweit stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt diese ihren Antrag weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht entschieden, dass die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 2. September 2008 das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgelöst hat. Es fehlt an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB. Darauf, ob die Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt oder die Kündigung nach § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam ist, kommt es daher nicht an. Über die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung zum 31. Dezember 2008 war nicht zu entscheiden.

11

I. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

12

1. Ein wichtiger Grund zur Kündigung kann sowohl in einer erheblichen Verletzung von vertraglichen Hauptleistungspflichten als auch in der von Nebenpflichten liegen (BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 845/08 - Rn. 19, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 31; 2. März 2006 - 2 AZR 53/05 - Rn. 21, AP BGB § 626 Krankheit Nr. 14 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 16). Als Vertragspflichtverletzung, die eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen vermag, ist ein nachhaltiger Verstoß des Arbeitnehmers gegen berechtigte Weisungen des Arbeitgebers anzusehen (BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 845/08 - Rn. 20, aaO; KR/Fischermeier 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 459 mwN). Ebenso kann die erhebliche Verletzung der Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers gemäß § 241 Abs. 2 BGB einen wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB bilden. Der konkrete Inhalt dieser Pflicht ergibt sich aus dem jeweiligen Arbeitsverhältnis und seinen spezifischen Anforderungen (BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 845/08 - aaO; 26. März 2009 - 2 AZR 953/07 - Rn. 24, AP BGB § 626 Nr. 220). Einer besonderen Vereinbarung bedarf es insoweit nicht (BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 845/08 - aaO).

13

2. Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 34, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32).

14

a) Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32; 19. April 2007 - 2 AZR 180/06 - Rn. 45, AP BGB § 174 Nr. 20 = EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 7). Als mildere Reaktionen sind insbesondere Abmahnung und ordentliche Kündigung anzusehen. Sie sind dann alternative Gestaltungsmittel, wenn schon sie geeignet sind, den mit der außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck - die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen - zu erreichen (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - aaO; KR/Fischermeier 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 251 mwN). Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 36, aaO; Schlachter NZA 2005, 433, 436). Ordentliche und außerordentliche Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung setzen deshalb regelmäßig eine Abmahnung voraus. Sie dient zugleich der Objektivierung der negativen Prognose (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - aaO; 23. Juni 2009 - 2 AZR 283/08 - Rn. 14 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Abmahnung Nr. 5 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 75; Staudinger/Preis <2002> § 626 BGB Rn. 109).

15

b) Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist eine Kündigung nicht gerechtfertigt, wenn es mildere Mittel gibt, eine Vertragsstörung zukünftig zu beseitigen (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 37, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32). Dieser Aspekt hat durch die Regelung des § 314 Abs. 2 BGB iVm. § 323 Abs. 2 BGB eine gesetzgeberische Bestätigung erfahren. Einer Abmahnung bedarf es in Ansehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes deshalb nur dann nicht, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft selbst nach Abmahnung nicht zu erwarten steht oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass eine Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 56, aaO; vgl. auch BAG 23. Juni 2009 - 2 AZR 103/08 - Rn. 33, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 59 = EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 17).

16

3. Die Prüfung der Voraussetzungen des wichtigen Grundes ist in erster Linie Sache der Tatsacheninstanzen. Dennoch geht es um Rechtsanwendung, nicht um Tatsachenfeststellung. Die Würdigung des Berufungsgerichts wird in der Revisionsinstanz darauf hin überprüft, ob es den anzuwendenden Rechtsbegriff in seiner allgemeinen Bedeutung verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob es alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt hat (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 17, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32; 27. November 2008 - 2 AZR 193/07 - Rn. 22, AP BGB § 626 Nr. 219).

17

II. Bei Anwendung dieser Grundsätze hält die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

18

1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe die Pflichtverletzung des Klägers, unter Verstoß gegen die „Regeln für die Anwendung von Computerprogrammen und die Behandlung von Dateien“ private Dateien auf dem Firmenlaptop gespeichert zu haben, zunächst abmahnen müssen. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Fehlverhalten des Klägers wiegt nicht so schwer, dass es ohne Weiteres eine fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen könnte.

19

a) In der Speicherung privater Dateien auf dem Firmen-Laptop liegt keine Pflichtverletzung des Klägers, bei der eine Hinnahme des Verhaltens durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen wäre. Zwar ist auf den Computern der Beklagten laut Ziff. 6 Abs. 1 Satz 3 der „Regeln über die Anwendung von Computerprogrammen und die Behandlung von Dateien“ die Verwendung privater Software untersagt. Das Landesarbeitsgericht hat aber zutreffend berücksichtigt, dass der Kläger die privaten Dateien nach seinem unwidersprochenen Vorbringen nicht aus dem Internet heruntergeladen, sondern von eigenen Datenträgern überspielt hat. Die Beklagte hat weder behauptet, dass es sich dabei um strafrechtlich relevantes oder sonst anrüchiges Material gehandelt habe, noch lässt sich ihrem Vorbringen entnehmen, dass konkrete Beeinträchtigungen der Funktionen des Laptops oder des Netzwerks eingetreten wären. Dass der Kläger die auf dem Laptop installierte private Software während der Arbeitszeit zu privaten Zwecken genutzt habe, hat die Beklagte ebenso wenig geltend gemacht.

20

Auch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Stellung des Klägers als Leiter der IT-Abteilung und Vorgesetzter rechtfertige keine andere Beurteilung, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Zwar zeigen die Hinweise des Klägers an die Mitarbeiter, dass er sich der Gefahren eines Regelverstoßes für die Sicherheit und Funktion der IT-Systeme bewusst war. Wenn er selbst die Regeln nicht eingehalten hat, stellt dies aber kein Verhalten dar, dessen auch nur erstmalige Hinnahme durch die Beklagte offensichtlich ausgeschlossen war.

21

2. Eine Abmahnung war auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Kläger Unternehmensdaten auf dem Laptop nur durch ein einfaches Passwort gesichert hatte. Ob der Kläger insoweit überhaupt pflichtwidrig gehandelt hat, bedarf keiner Klärung. Die Beklagte hat nicht behauptet, es habe eine ausdrückliche Anordnung gegeben, weitergehende Sicherungen vorzunehmen. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, eine Abmahnung hätte zukünftig ein vertragsgerechtes Verhalten des Klägers erwarten lassen, ist unter diesen Umständen revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt auch, soweit die Beklagte geltend gemacht hat, es sei gerade Aufgabe des Klägers gewesen, für weitergehende Sicherungsmaßnahmen zu sorgen. Damit rügt sie eine Schlechtleistung des Klägers, welche ihrerseits einer Abmahnung bedurft hätte.

22

3. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, auch die Speicherung unternehmensbezogener Dateien auf einer privaten Festplatte und ohne Sicherung gegen unbefugten Zugriff wiege im Streitfall nicht so schwer, dass sie die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen könne.

23

a) Allerdings kann durch eine unerlaubte Speicherung unternehmensbezogener Daten auf einer privaten Festplatte die Pflicht zur Rücksichtnahme aus § 241 Abs. 2 BGB verletzt sein. Sollten personenbezogene Daten iSv. § 3 Abs. 1 BDSG betroffen gewesen sein, kommt zudem ein Verstoß gegen § 5 Satz 1 BDSG in Betracht. Die Beklagte beruft sich außerdem darauf, der Kläger habe seine Vertragspflichten dadurch verletzt, dass er die Daten nicht auch auf dem Netzwerkserver hinterlegt habe.

24

aa) Eine Verletzung von Urheberrechten ist mit dem Verhalten des Klägers nicht verbunden. Die Beklagte hat keine Tatsachen vorgetragen, die die Annahme rechtfertigten, bei den vom Kläger auf seine private Festplatte kopierten Dateien habe es sich um urheberrechtlich geschützte Werke gehandelt. Es kann daher dahinstehen, ob die Herstellung von Sicherungskopien bereits eine unerlaubte Vervielfältigung darstellt (vgl. dazu § 15 Abs. 1 Nr. 1, §§ 16, 69c, 69d UrhG). Zwar sind Computerprogramme nach Maßgabe der §§ 69a ff. UrhG urheberrechtlich geschützt. Daten oder in Dateien gespeicherte Datenbestände sind für sich genommen aber keine Computerprogramme in diesem Sinne, da sie keine Befehls- oder Steuerungsanweisungen an den Computer enthalten (vgl. Fromm/Nordemann/Czychowski Urheberrecht 10. Aufl. § 69a UrhG Rn. 12; Dreier/Schulze/Dreier UrhG 3. Aufl. § 69a Rn. 12; Wandtke/Bullinger/Grützmacher UrhR 3. Aufl. § 69a UrhG Rn. 17 ). Ein Computerprogramm ist eine Folge von Befehlen, die nach Aufnahme in einen maschinellen Träger fähig sind zu bewirken, dass eine Maschine mit informationsverarbeitenden Fähigkeiten eine bestimmte Funktion oder Aufgabe oder ein bestimmtes Ergebnis anzeigt, ausführt oder erzielt (vgl. BGH 9. Mai 1985 - I ZR 52/83 - zu II 2 a aa der Gründe, BGHZ 94, 276). Bloße Daten oder Datensammlungen sind regelmäßig auch keine urheberrechtlich geschützten Schriftwerke (Fromm/Nordemann/Nordemann Urheberrecht 10. Aufl. § 2 UrhG Rn. 76). Der Schutz als Schriftwerk iSv. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG verlangt gemäß § 2 Abs. 2 UrhG, dass das Werk Ergebnis einer persönlichen geistigen Schöpfung ist. Selbst wenn eine Sammlung von Daten auf einer inhaltlichen Verarbeitung und Auswahl von Erkenntnissen beruht, findet diese möglicherweise schöpferische Tätigkeit keine gestalterische Darstellung in den Daten selbst (Nordemann aaO).

25

bb) Auch ein Verstoß gegen Ziff. 6 Abs. 2 der betrieblichen „Regeln über die Anwendung von Computerprogrammen und die Behandlung von Dateien“ liegt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht vor. Danach ist es untersagt, Programme des Unternehmens mit nach Hause zu nehmen und auf einem eigenen Computer zu nutzen. Die Regeln differenzieren ebenfalls zwischen Computerprogrammen und Dateien. Die Beklagte hat weder dargelegt, dass es sich bei den vom Kläger kopierten Dateien um Computerprogramme gehandelt, noch dass der Kläger andere „Programme des Unternehmens“ auf seinem eigenen Computer genutzt habe.

26

b) Es kann offenbleiben, ob der Kläger gegen § 241 Abs. 2 BGB, ggf. iVm. § 5 BDSG, tatsächlich verstoßen hat. Jedenfalls ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht mögliche Pflichtverletzungen des Klägers durch das Kopieren unternehmensbezogener Daten auf eine private Festplatte nicht als hinreichenden Kündigungsgrund angesehen hat. Dies gilt auch dann, wenn das tatsächliche Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 14. Dezember 2009 als wahr unterstellt wird.

27

aa) Der Umstand, dass der Kläger unternehmensbezogene Dateien auf seiner privaten Festplatte gespeichert hat, rechtfertigt nicht die Annahme, er habe die fraglichen Daten unterdrücken oder der Beklagten vorenthalten wollen. Diese selbst hat im Schriftsatz vom 14. Dezember 2009 vorgetragen, dass die Dateien überwiegend auch auf dem firmeneigenen Laptop gespeichert waren. Soweit sie geltend gemacht hat, Dateien im Zusammenhang mit zwei ausländischen Standorten seien ausschließlich auf der privaten Festplatte des Klägers gespeichert gewesen, stützt sie den Vorwurf des Unterdrückens bzw. Vorenthaltens der Daten lediglich darauf, dass der Kläger diese Arbeitsergebnisse nicht zusätzlich auf ihrem Netzwerkserver hinterlegt habe. Die Schlussfolgerung der Beklagten wird durch die behaupteten Indiztatsachen nicht getragen. Sie ist auch dann nicht berechtigt, wenn die Behauptung, der Kläger sei seit Mai 2007 nicht mehr im betrieblichen Netzwerk eingeloggt gewesen, und das weitere Vorbringen im Schriftsatz vom 14. Dezember 2009 mitbedacht werden. Das Landesarbeitsgericht hat deshalb im Ergebnis zu Recht keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gesehen.

28

(1) Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass und welche konkreten Weisungen sie zur Hinterlegung von Arbeitsergebnissen im Firmennetz erteilt habe. Sie hat zwar vorgebracht, zur Datensicherung müssten Änderungen an Dateien auf ihrem Netzwerkserver abgespeichert werden. Nur so sei gewährleistet, dass Daten nicht verloren gingen oder in die Hände Unbefugter gelangten. Dass es entsprechende ausdrückliche Anordnungen gegeben habe, hat sie aber nicht behauptet. Soweit sie darauf verweist, der Kläger selbst habe Regeln für die Benutzung eines Firmenlaptops formuliert, handelte es sich bei diesen nach ihrem eigenen Vorbringen nur um einen nicht weiter verfolgten Regelungsentwurf.

29

(2) Soweit die Beklagte vorgebracht hat, der Kläger sei auch ohne ausdrückliche Anordnung verpflichtet gewesen, ihr einen digitalen Zugriff auf seine Arbeitsergebnisse zu ermöglichen, hat sie nicht dargelegt, inwiefern dem Kläger dies in Bezug auf die nicht hinterlegten Daten hätte bewusst sein müssen. Im Übrigen ist es nach ihrem eigenen Vorbringen durch die Unterlassungen des Klägers nicht zu Beeinträchtigungen ihrer Tätigkeit gekommen.

30

bb) Die mögliche Unzulänglichkeit der Sicherung der auf der privaten Festplatte des Klägers gespeicherten Daten rechtfertigt eine Kündigung ebensowenig. Ein damit verbundener Verstoß gegen die Pflicht zur Rücksichtnahme aus § 241 Abs. 2 BGB, ggf. iVm. § 5 BDSG, wiegt nicht so schwer, dass eine vorherige Abmahnung entbehrlich gewesen wäre. Zwar hat der Kläger die Sicherheit der Daten durch das Kopieren auf seine private Festplatte möglicherweise gefährdet. Dass er aber geradezu leichtfertig mit den gespeicherten Daten umgegangen wäre, ist nicht ersichtlich. Die Beklagte hat nicht behauptet, dass Dritte tatsächlich Zugriff auf sie hätten nehmen können.

31

4. War hinsichtlich der Einzelvorwürfe eine Abmahnung nicht entbehrlich, sind diese auch in ihrer Gesamtheit nicht geeignet, die außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen.

32

III. Als unterlegene Partei hat die Beklagte gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

        

        

    Gans    

        

    Pitsch    

        

        

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 7. April 2011 - 11 Sa 58/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

2

Die 1956 geborene Klägerin war seit Mai 1982 bei der Beklagten - einer Bank für Privatkunden - als Kundenbetreuerin tätig. Seit Dezember 2006 war sie in einer Filiale in R eingesetzt. Die Zweigstelle gehört zum Vertriebsbereich D, für den ein Betriebsrat gewählt ist. Die regelmäßige Arbeitszeit der Klägerin betrug zuletzt 15 Wochenstunden.

3

Im Jahr 2009 mahnte die Beklagte die Klägerin dreimal ab. Zwei Abmahnungen wurden zwischenzeitlich - in einem Fall nach gerichtlicher Entscheidung, im anderen Fall aufgrund eines Vergleichs - aus deren Personalakte entfernt. Die dritte Abmahnung wurde von der Klägerin nicht gerichtlich angegriffen.

4

Am 17. März 2010 war die Klägerin an der Kasse eingesetzt, als zwei Kunden - wohl ein Ehepaar - die R Filiale betraten. Diese wollten ein aktuelles Festgeldangebot nutzen und wandten sich für eine Beratung an die Kundenbetreuerin K. Im Verlauf des Gesprächs kam es zu Unstimmigkeiten. Die Kundenbetreuerin hatte wegen einer ungewöhnlichen Farbschattierung Zweifel an der Echtheit eines der beiden Personalausweise, die ihr zu Identifikationszwecken vorgelegt wurden. Gegen 13:00 bis 13:10 Uhr setzte der Filialleiter die Betreuung der Kunden fort und bat diese in sein Büro. Die Mitarbeiterin K trat ihre Mittagspause an und begab sich zunächst in einen angrenzenden Sozialraum. Dort traf sie die Klägerin und eine andere Kollegin an. Nachdem Frau K ihre Arbeit wieder aufgenommen hatte, übergab ihr der Filialleiter Unterlagen aus dem Kundengespräch zur weiteren Bearbeitung. Beigefügt waren Fotokopien von zwei Ausweisdokumenten, die den Vermerk trugen, das Original habe vorgelegen.

5

Mit Schreiben vom 22. März 2010 wandte sich die Klägerin unter dem Betreff „Meldung eines Verstoßes gegen Sicherheitsrichtlinien“ an die „Zentrale Revision“ der Beklagten. Sie teilte - auszugsweise - Folgendes mit:

        

„...   

        

ich zeige Ihnen hiermit einen schweren und vorsätzlichen Verstoß gegen die Sicherheitsrichtlinien der T und ggfls. gegen gesetzliche Richtlinien an.

        

Datum:

Mittwoch, 17.03.2010

        

Ort:   

Filiale R

        

Verursacher:

Filialleiter …

        

Tathergang:

        

... An dem besagten Tage war ich an der Kasse eingesetzt. …

        

… Dabei stellte sich heraus, dass der Kunde statt eines Bundespersonalausweises nur eine Kopie davon mit bei sich hatte. Als die Kollegin dies bemängelte, übernahm der Zweigstellenleiter diesen Fall und bat den Kunden in einen separaten Raum. … Dabei kam es zu dem eklatanten Verstoß gegen die Sicherheitsregel: Der Kunde konnte keinen gültigen Personalausweis vorlegen: Er hatte wohl eine Fotokopie bei der Hand.

        

Der Zweigstellenleiter kopierte die Kopie und soll eigenhändig den Vermerk aufgeschrieben haben, das Original habe vorgelegen.

        

Letzteres durch Aussage der mit dem Fall befassten Kollegin.

        

Es obliegt Ihnen, die Schwere des Vergehens zusammen mit der erschwerenden Vorsätzlichkeit zu werten.

        

Zeugnis zur möglicherweise notwendigen Befragung: Kollegin … K“

6

Am 7. April 2010 wurde die Klägerin vom Personalreferenten der Beklagten zu dem Vorfall befragt. Sie sollte sich ua. dazu äußern, ob und inwieweit sie von der Kasse aus habe erkennen können, dass es sich um einen „falschen“ Ausweis gehandelt habe. Sie gab an, diese Beobachtung habe ihre Kollegin gemacht. Die gleichfalls befragte Mitarbeiterin K führte in einer schriftlichen Stellungnahme vom 16. April 2010 aus, der männliche Kunde habe auf ihre Bitte, sich zu legitimieren, verärgert und „offensichtlich ertappt“ reagiert. Auf ihren Versuch, die Ausweise zu kontrollieren, sei sie von beiden Kunden „in lautem, unverschämten Ton“ „angepöbelt“ worden. Dem Filialleiter, der daraufhin das Beratungsgespräch fortgeführt habe, seien die Papiere ebenfalls auffällig vorgekommen.

7

Am 30. April 2010 hörte die Beklagte den Filialleiter, der in der Zeit vom 23. März 2010 bis zum 12. April 2010 urlaubsabwesend war, zu den Vorwürfen an. Dieser erklärte, er habe die Ausweise unter einer im Kassenbereich angebrachten UV-Lampe überprüft. Dabei und bei der Datenaufnahme im Kundensystem habe er keine Unregelmäßigkeiten feststellen können.

8

Am 24. Juni 2010 unterhielten sich zwei Vertreter der Beklagten - darunter der Personalreferent - mit der Klägerin über das sich stetig verschlechternde Arbeitsklima in der Filiale. Dabei kam erneut die Anzeige vom 22. März 2010 zur Sprache. Diesbezüglich wurde ein weiteres Personalgespräch für den 13. Juli 2010 verabredet. Am 25. Juni 2010 fasste die Mitarbeiterin K auf Bitten der Beklagten nochmals die Vorgänge vom 17. März 2010 zusammen. Sie gab an, nach „Übernahme“ der Kunden durch den Filialleiter - „aufgeregt und erschrocken darüber“, dass dieser ihr in einer „so kniffligen Situation“ in den Rücken gefallen sei - „in die Küche“ gelaufen zu sein. Gegenüber ihren dort bereits anwesenden Kolleginnen - darunter die Klägerin - habe sie geäußert, die Kunden seien ihr „auf Anhieb komisch“ vorgekommen. Einer der Ausweise habe „so komisch“ ausgesehen als wäre er nicht echt; sie habe diesen nicht geprüft und wisse auch nicht, ob der Filialleiter, der die Kunden jetzt bediene, „das noch mache“. Sie habe nichts mehr mit dem Fall zu tun.

9

Am 26. Juni 2010 erhielt die Klägerin eine förmliche Einladung mit Tagesordnung zu dem anstehenden Gespräch. Mit E-Mail vom 28. Juni 2010 schrieb sie dem Personalreferenten, die Frage nach ihrer Motivation für die Anzeige vom 22. März 2010 habe in ihr „tiefste Zweifel“ ausgelöst. Das sei doch ihre „heiligste Pflicht“ gewesen. Sie habe eigentlich „Anerkennung für Pflichterfüllung … erwartet“. Sie habe bereits vorgehabt nachzufragen, ob die Sache nicht verfolgt würde oder „im Sande verlaufen sei“. Dies werde sie nunmehr „in Richtung Geschäftsführung/Zentralrevision“ erfragen.

10

Die Beklagte zog daraufhin das Personalgespräch auf den 2. Juli 2010 vor. An ihm nahmen neben einer weiteren Person der Personaldirektor der Beklagten, der Direktor „Human Resources Arbeitsrecht und Mitbestimmung“ und ein Mitglied des Betriebsrats teil. Der Klägerin wurde unter Fristsetzung aufgegeben, sich abschließend schriftlich zu dem Geschehen am 17. März 2010 zu äußern. Nach Eingang der Erklärung wollte die Beklagte über mögliche „arbeitsrechtliche Konsequenzen“ entscheiden. Die am 4. Juli 2010 verfasste und an die vorgenannten Direktoren der Beklagten adressierte Stellungnahme der Klägerin ging am 5. Juli 2010 auf einem allgemein zugänglichen Faxgerät der Filiale R ein. Parallel leitete die Klägerin die Erklärung allen Gesprächsteilnehmern vom 2. Juli 2010 und der Geschäftsleitung der Beklagten zu. Ihrer Kollegin K und einer weiteren Filialmitarbeiterin überreichte sie jeweils eine Abschrift. Inhaltlich verwahrte sie sich gegen den Vorwurf, in ihrer Anzeige falsche Angaben gemacht zu haben. Sie führte aus, eine bankinterne Überprüfung des verdächtigen Ausweises sei während ihrer Anwesenheit unterblieben. Weiter schrieb sie: „Obwohl Sie die Ankündigung eines Verfahrens wegen ‚übler Nachrede‘ wohl eher als Drohung verstanden wissen wollten, bin ich mit einem Strafverfahren nach § 186 StGB mehr als einverstanden. … Ich bedanke mich für den … vorgeschlagenen Weg der externen Klärungsmöglichkeit und erwarte nunmehr Ihre angekündigte Anzeige wegen übler Nachrede innerhalb eines angemessenen Zeitraums …“

11

Die Beklagte forderte die Klägerin auf, die Behauptung, ihr sei mit einer Strafanzeige gedroht worden, unter Richtigstellung des Sachverhalts zu widerrufen. Mit E-Mail vom 6. Juli 2010 erklärte diese, die Worte „üble Nachrede“ seien von Vertretern der Beklagten in den Raum gestellt worden. In Ermangelung eines gemeinsamen Gesprächsprotokolls sei sie aber bereit, einzelne Darstellungen in der Sache oder der Tendenz nach zu revidieren, falls der Beklagten diese als falsch erschienen.

12

Am Folgetag stellte die Beklagte die Klägerin von der Arbeitsleistung frei. Mit Schreiben vom 14. Juli 2010 kündigte sie das Arbeitsverhältnis - nach Anhörung des Betriebsrats und mit dessen Zustimmung - außerordentlich fristlos, hilfsweise außerordentlich mit „sozialer Auslauffrist“ zum 31. März 2011.

13

Die Klägerin hat fristgerecht Kündigungsschutzklage erhoben. Sie hat geltend gemacht, die Kündigungen seien unwirksam. Sie habe nicht bewusst falsche Anschuldigungen gegen den Filialleiter erhoben. Vielmehr habe sie über einen Vorfall berichtet, den die Beklagte bis zuletzt nicht vollständig aufgeklärt habe. Etwas anderes sei auch nicht ihrer im Vorprozess abgegebenen Erklärung zu entnehmen, sie habe „schon einige Filialleiter der Beklagten kommen und gehen sehen“ und werde auch den derzeitigen „aussitzen“. Sie habe sich durch die in kurzer zeitlicher Folge erteilten Abmahnungen unberechtigt angegriffen gefühlt und überreagiert. Ebenso wenig sei die Kündigung wegen ihres Verhaltens im Zusammenhang mit der Stellungnahme vom 4. Juli 2010 gerechtfertigt. Während des Gesprächs am 2. Juli 2010 habe sie den Eindruck gewonnen, die Beklagte beabsichtige, sie wegen vermeintlich übler Nachrede anzuzeigen. Sie sei weiterhin bereit, die Aussage, ihr sei ein Strafverfahren „angedroht“ worden, zu korrigieren.

14

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 14. Juli 2010 weder mit sofortiger Wirkung noch zum 31. März 2011 aufgelöst worden ist.

15

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, ein wichtiger Grund zur Kündigung iSd. § 626 Abs. 1 BGB liege vor. Die Klägerin habe den Filialleiter im Schreiben vom 22. März 2010 sinngemäß eines Verstoßes gegen das Geldwäschegesetz bezichtigt. Dabei habe sie den Eindruck vermittelt, der beschriebene „Tathergang“ sei Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung, obwohl die Anschuldigungen tatsächlich auf reinen Mutmaßungen beruhten. Am 7. April 2010 habe sie erklärt, mit Sicherheit ausschließen zu können, dass der Filialleiter die Ausweise vorschriftsmäßig geprüft habe. Dabei sei ihr bewusst gewesen, dass auch ihre als Zeugin benannte Kollegin den Vorfall nicht durchgängig beobachtet habe. In den nachfolgenden Gesprächen habe sie unverändert an ihrem Standpunkt festgehalten. Erstmals mit ihrer Stellungnahme vom 4. Juli 2010 habe sie ihre Behauptungen auf die Zeit ihrer Anwesenheit beschränkt. Allerdings habe sie zugleich unzutreffend und wider besseres Wissen behauptet, ihr sei in dem vorausgegangenen Personalgespräch durch Vertreter der Beklagten mit einer Strafanzeige gedroht worden. Einer Abmahnung habe es nicht bedurft. Die Klägerin habe ihre Vertragspflichten grob verletzt. Ihre falschen Anschuldigungen habe sie gegenüber einem sich stetig vergrößernden Empfängerkreis wiederholt bzw. publik gemacht und keine Einsicht gezeigt. Damit habe sie das Ansehen des Filialleiters beschädigt und nachhaltig den Betriebsfrieden gestört. Ein Festhalten an dem Arbeitsverhältnis sei ihr - der Beklagten - unzumutbar. Die Anhörung des Betriebsrats sei ordnungsgemäß erfolgt. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei gewahrt.

16

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte weiterhin, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

17

Die Revision ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung vom 14. Juli 2010 weder mit sofortiger Wirkung noch mit Ablauf einer der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist aufgelöst worden.

18

I. Die fristlose Kündigung ist gemäß § 626 Abs. 1 BGB iVm. § 17 Ziff. 3 Abs. 1 Alt. 1 Manteltarifvertrag für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken (MTV) unwirksam. Dies hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei erkannt.

19

1. Dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien zufolge fanden auf das Arbeitsverhältnis die jeweils geltenden Tarifverträge für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken Anwendung. Gemäß § 17 Ziff. 3 Abs. 1 Alt. 1 MTV (in der maßgebenden, ab 22. April 2009 geltenden Fassung) sind Arbeitnehmer, die ihr 50. Lebensjahr bereits vollendet haben und dem Betrieb mindestens zehn Jahre ununterbrochen angehören - vorbehaltlich im Streitfall nicht einschlägiger Ausnahmetatbestände - nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kündbar. Die Regelung, deren persönliche Voraussetzungen die Klägerin im Kündigungszeitpunkt erfüllte, nimmt auf § 626 BGB Bezug(vgl. zu § 17 Ziff. 3 Abs. 1 MTV in der ab 1. Oktober 1997 geltenden Fassung: BAG 10. Oktober 2002 - 2 AZR 418/01 - zu B I 1 der Gründe, EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 1; allgemein zur Bedeutung des Begriffs „wichtiger Grund“ in Tarifverträgen: bspw. BAG 28. Oktober 2010 - 2 AZR 688/09 - Rn. 31, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 148 = EzA KSchG § 2 Nr. 80; 12. Januar 2006 - 2 AZR 242/05 - Rn. 24, AP BGB § 626 Krankheit Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 9).

20

2. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Bei ordentlicher Unkündbarkeit des Arbeitnehmers ist für die Beurteilung, ob ein Grund zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses vorliegt, auf den Ablauf der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist abzustellen (BAG 27. April 2006 - 2 AZR 386/05 - Rn. 34, BAGE 118, 104). Aus § 17 Ziff. 3 Abs. 1 Alt. 1 MTV ergeben sich insoweit keine Besonderheiten.

21

3. Dabei ist zunächst zu untersuchen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile jedenfalls bis zum Ablauf der (fiktiven) Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 989/11 - Rn. 38, NZA 2013, 143; 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 14, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 16, BAGE 134, 349).

22

4. Einen in diesem Sinne die fristlose Kündigung „an sich“ rechtfertigenden Grund stellen ua. grobe Beleidigungen des Arbeitgebers oder seiner Vertreter und Repräsentanten oder von Arbeitskollegen dar, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen bedeuten (BAG 10. Dezember 2009 - 2 AZR 534/08 - Rn. 17 mwN, AP BGB § 626 Nr. 226 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 29). Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitnehmer bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen über seinen Arbeitgeber oder Vorgesetzte bzw. Kollegen aufstellt, insbesondere wenn die Erklärungen den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllen. Der Arbeitnehmer kann sich für ein solches Verhalten regelmäßig nicht auf sein Recht zur freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) berufen. Das Grundrecht ist nicht schrankenlos gewährleistet (vgl. BAG 7. Dezember 2006 - 2 AZR 400/05 - AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 55 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 70). Die Meinungsfreiheit wird durch das Recht der persönlichen Ehre gemäß Art. 5 Abs. 2 GG beschränkt und muss mit diesem in ein ausgeglichenes Verhältnis gebracht werden. Zwar dürfen Arbeitnehmer - auch unternehmensöffentlich - Kritik am Arbeitgeber, ihren Vorgesetzten und den betrieblichen Verhältnissen üben und sich dabei auch überspitzt äußern. In grobem Maße unsachliche Angriffe, die zur Untergrabung der Position eines Vorgesetzten führen können, muss der Arbeitgeber aber nicht hinnehmen (vgl. BAG 10. Dezember 2009 - 2 AZR 534/08 - aaO; 24. November 2005 - 2 AZR 584/04 - Rn. 22, AP BGB § 626 Nr. 198 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 13; 10. Oktober 2002 - 2 AZR 418/01 - zu B I 3 a der Gründe, EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 1; zur ordentlichen Kündigung: 12. Januar 2006 - 2 AZR 21/05 - Rn. 45, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 53 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 67).

23

5. Von diesen Grundsätzen geht auch das Landesarbeitsgericht aus. Seine Auffassung, das Verhalten der Klägerin stelle schon keinen die fristlose Kündigung rechtfertigenden Grund „an sich“ dar, ist revisionsrechtlich zumindest insoweit nicht zu beanstanden, wie es davon ausgeht, die Klägerin habe weder im Zusammenhang mit dem Schreiben vom 22. März 2010 noch im Rahmen ihrer Stellungnahme zum Personalgespräch vom 2. Juli 2010 bewusst falsche Tatsachenbehauptungen aufgestellt.

24

a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dem Schreiben vom 22. März 2010 sei unschwer zu entnehmen, dass die Anschuldigungen nicht durchgängig auf eigener Wahrnehmung der Klägerin beruhten. Das gelte insbesondere für die durch Fettdruck hervorgehobene Behauptung, hinsichtlich derer die Klägerin auf das Zeugnis der „mit dem Fall befassten Kollegin“ verwiesen habe. Spätestens aufgrund der anschließenden Befragungen habe der Beklagten klar sein müssen, dass weder die Klägerin noch die benannte Kollegin aus eigener Wahrnehmung hätten angeben können, der Filialleiter habe die erforderliche Kontrolle nicht vorgenommen. Verbleibende Zweifel habe die Beklagte durch eine persönliche Gegenüberstellung der Klägerin und des Filialleiters ausräumen können, was unterblieben sei. Unabhängig davon habe die Beklagte nicht dargetan, dass die Anschuldigungen, was die behaupteten Versäumnisse des Filialleiters im Rahmen der Legitimationsprüfung anbelange, unrichtig seien. Eine mögliche und zumutbare Befragung der Kunden sei nicht erfolgt. Was die Äußerungen der Klägerin im Rahmen ihrer Stellungnahme vom 4. Juli 2010 betreffe, sei nicht auszuschließen, dass sie die ihr gemachten Vorhaltungen als - konkludente - Drohung mit der Erstattung einer Strafanzeige missverstanden habe.

25

b) Die dieser Würdigung zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen sind nach § 286 ZPO nur daraufhin überprüfbar, ob das Berufungsgericht von den zutreffenden Beurteilungsmaßstäben ausgegangen ist, die wesentlichen Umstände berücksichtigt und keine Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt hat(vgl. BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 381/10 - Rn. 16 mwN, AP BGB § 626 Nr. 234 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 35; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 485/08 - Rn. 21 mwN, AP BGB § 626 Nr. 232 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 33). Gemessen daran zeigt die Beklagte keinen revisionsrechtlich relevanten Rechtsfehler auf.

26

aa) Soweit die Wertung des Landesarbeitsgerichts auf einer Auslegung der Erklärungen im Schreiben vom 22. März 2010 beruht, ist diese möglich. Die Klägerin beschrieb in ihrer „Anzeige“ einen Sachverhalt, für den sie sich im maßgebenden Punkt - dem behaupteten Verstoß gegen Sicherheitsrichtlinien bei der Legitimationsprüfung von Ausweispapieren - auf die Aussage einer Arbeitskollegin berief. Außerdem überließ sie es ausdrücklich weiteren Ermittlungen der Beklagten, die „Schwere des Vergehens zusammen mit der erschwerenden Vorsätzlichkeit zu werten“. Das lässt nicht - schon gar nicht zwingend - den Schluss zu, die Klägerin habe behaupten wollen, ihre Angaben beruhten insgesamt auf eigener Wahrnehmung. Ebenso wenig ist dem Schreiben mit der gebotenen Eindeutigkeit zu entnehmen, die Klägerin habe bewusst den - falschen - Eindruck erweckt oder erwecken wollen, unmittelbare Wahrnehmungen ihrer Kollegin K wiederzugeben. Gegen eine solche Interpretation als einzig mögliche Deutung spricht, dass die Klägerin für eine „möglicherweise notwendige“ Befragung auf das Zeugnis der betreffenden Mitarbeiterin verwies. Ein verständiger Empfänger der „Anzeige“ musste angesichts dieser Angaben in Rechnung stellen, dass die Klägerin lediglich Umstände beschrieb, die sie zwar nicht selbst kannte, von denen sie aber annahm, sie aufgrund greifbarer Anhaltspunkte vermuten zu dürfen.

27

bb) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts einschließlich der ihr zugrunde liegenden Auslegung lässt, anders als die Revision meint, nicht den Inhalt der nachfolgend geführten Personalgespräche außer Acht. Dabei kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass die Klägerin bei den Unterredungen am 7. April 2010, am 24. Juni 2010 und am 2. Juli 2010 jeweils an ihrer Anschuldigung festgehalten hat, der Filialleiter habe die Ausweise nicht wie vorgeschrieben überprüft. Auch dies ist kein evidentes, vernünftige Zweifel ausschließendes Indiz dafür, dass die Klägerin behaupten wollte, sie selbst habe dies beobachtet. Trotz der allgemein gehaltenen Formulierung kann den Umständen nach nicht ausgeschlossen werden, dass sie ihre Aussage in der Annahme, dies sei der Beklagten klar, stillschweigend auf Zeiten ihrer Anwesenheit im Verkaufsraum der Filiale bezogen hat. Dafür sprechen jedenfalls ihre klarstellenden Ausführungen in der Stellungnahme vom 4. Juli 2010. Überdies konnte die Klägerin davon ausgehen, dass der Beklagten ihr zeitweiliger Aufenthalt im Sozialraum bzw. der Küche bekannt war. Selbst wenn die Erklärung so zu verstehen sein sollte, die Klägerin habe behaupten wollen, der Filialleiter habe die fragliche Prüfung zu keiner Zeit, auch nicht während der Zeit ihrer Abwesenheit vom Arbeitsplatz vorgenommen, folgte daraus nicht - zumindest nicht zwingend -, dass sie bewusst über den Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung oder den der Beobachtungen ihrer Kollegin zu täuschen versucht hätte. Ebenso gut kann es sein, dass sie - im Sinne einer wertenden Schlussfolgerung - auf der Grundlage der Angaben ihrer Kollegin zum äußeren Erscheinungsbild der Ausweise und dem Verhalten der Kunden zu dem Ergebnis gelangt ist, die vorgeschriebene Überprüfung der Ausweise könne nicht wirklich stattgefunden haben.

28

cc) Die Beklagte zeigt keinen materiellen Rechtsfehler auf, soweit sie sich gegen die Annahme des Landesarbeitsgerichts wendet, sie habe den Wahrheitsgehalt der Anschuldigungen nicht hinreichend aufgeklärt, sodass nicht davon ausgegangen werden könne, die Behauptungen der Klägerin seien unwahr. Damit hat das Landesarbeitsgericht weder grundlegend die Darlegungs- und Beweislast verkannt, noch hat es überzogene Anforderungen an den Vortrag der Beklagten gestellt. Diese ist für den Kündigungsgrund darlegungs- und beweispflichtig (vgl. BAG 3. November 2011 - 2 AZR 748/10 - Rn. 23 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 79). Das schließt die Darlegungslast für das Fehlen von Umständen ein, die den Arbeitnehmer entlasten (zur Darlegungslast bezüglich behaupteter Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe: BAG 3. November 2011 - 2 AZR 748/10 - aaO; 18. September 2008 - 2 AZR 1039/06 - EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 13). Es war somit grundsätzlich Sache der Beklagten, die Unwahrheit der Behauptungen der Klägerin darzutun, dh. aufzuzeigen, dass eine hinreichende Legitimationsprüfung stattgefunden hat. Ob etwas anderes zu gelten hätte, wenn es an Anhaltspunkten für ein - mögliches - pflichtwidriges Verhalten des Filialleiters gänzlich gefehlt hätte, kann dahinstehen. So liegt der vorliegende Fall nicht. Die Klägerin hat ihre Vorwürfe nicht vollkommen „aus der Luft gegriffen“. Vielmehr stritten gewisse, wenngleich nicht zwingende Verdachtsmomente dafür, dass es sich bei einem der beiden Ausweispapiere nicht um ein echtes Dokument handelte. Wenn das Landesarbeitsgericht unter diesen Umständen angenommen hat, die Erklärung des Filialleiters, er habe die Ausweise unter der UV-Lampe im Kassenbereich geprüft, sei für sich genommen noch kein ausreichendes Indiz für die Einhaltung der Sicherheitsrichtlinien, ist dies jedenfalls vertretbar. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte es unterlassen hat, ihre Aufklärungsmöglichkeiten auszuschöpfen. Eine solche Möglichkeit bestand objektiv in der Befragung der Kunden, von denen die Papiere stammten. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte auch bei vorsichtig formulierter Nachfrage mit einer konkreten Gefährdung der Geschäftsbeziehung hätte rechnen müssen und ihr deshalb eine weitere Aufklärung unzumutbar gewesen wäre, sind weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Da sich schon aus dem Unterlassen einer Nachfrage bei den Kunden ergibt, dass die Beklagte ihre Informationsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft hat, kann dahinstehen, ob überdies eine persönliche „Gegenüberstellung“ der Klägerin und des Filialleiters angezeigt war, wie das Landesarbeitsgericht gemeint hat.

29

dd) Die Beklagte bringt vor, das Landesarbeitsgericht habe auf der Grundlage seiner Feststellungen nicht davon ausgehen dürfen, die Behauptung der Klägerin, ihr sei im Personalgespräch am 2. Juli 2010 mit einer Strafanzeige gedroht worden, beruhe auf einem Missverständnis. Insbesondere böten die Erklärungen der Klägerin in der E-Mail vom 6. Juli 2010 dafür keinen genügenden Anhaltspunkt. Damit zeigt die Beklagte keinen revisiblen Rechtsfehler auf. Sie will nur ihre eigene Bewertung der fraglichen individuellen Äußerungen an die Stelle einer zumindest vertretbaren Würdigung des Landesarbeitsgerichts setzen.

30

ee) Mit ihren Verfahrensrügen dringt die Revision nicht durch.

31

(1) Soweit die Beklagte geltend macht, das Landesarbeitsgericht habe sie ausdrücklich darauf hinweisen müssen, dass es von der Zumutbarkeit einer Befragung des Kundenehepaars ausgehe, ist ihr Angriff unzulässig. Wird gerügt, das Berufungsgericht sei seiner richterlichen Hinweispflicht (§ 139 ZPO)nicht nachgekommen, muss der Rechtsmittelführer ua. im Einzelnen angeben, wie er auf einen entsprechenden Hinweis reagiert hätte. Der zunächst unterbliebene Vortrag muss nachgeholt werden. Mit der Verfahrensrüge muss er für die erforderliche Schlüssigkeit bzw. Substantiierung seines Vortrags sorgen (BAG 25. April 2006 - 3 AZR 78/05 - Rn. 39, AP BetrAVG § 7 Nr. 111 = EzA BetrAVG § 2 Nr. 27). Darüber hinaus muss er die Entscheidungserheblichkeit der Verletzung der Hinweispflicht dartun (BAG 14. März 2005 - 1 AZN 1002/04 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 114, 67). Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung nicht gerecht. Die Beklagte legt nicht dar, welchen - erheblichen - Vortrag sie im Hinblick auf den vermissten Hinweis hin geleistet und zu welchem entscheidungserheblichen Gesichtspunkt sie die Kunden als Zeugen benannt hätte.

32

(2) Die Beklagte beanstandet weiter, das Landesarbeitsgericht habe es ohne Begründung unterlassen, ihren unter I 2.1 bis 2.4 der Revisionsbegründung näher bezeichneten Beweisangeboten nachzugehen. Dadurch habe es ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt und gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 GG) verstoßen. Das trifft nicht zu.

33

(a) Die Rüge ist unzulässig, soweit die Beklagte meint, die Vernehmung einer weiteren namentlich genannten Filialmitarbeiterin hätte „zur Widerlegung der falschen Behauptungen der Klägerin beitragen können“. Es fehlt an der Darlegung, im Hinblick auf welche Tatsachen sie sich in welchem Schriftsatz auf das Zeugnis der betreffenden Arbeitnehmerin berufen hatte (zu den Anforderungen an die Rüge des Übergehens eines Beweisantritts: vgl. BAG 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - Rn. 20, AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 42 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 8). Entsprechendes gilt für die Rüge, das Landesarbeitsgericht habe es versäumt, die Teilnehmer des Gesprächs vom 2. Juli 2010 (nicht: 2011) zum Inhalt der Äußerungen ihrer Vertreter zu hören. Die Beklagte zeigt nicht auf, wo genau ihr vermeintlich übergangener Beweisantritt in den vorinstanzlichen Schriftsätzen zu finden sein soll und auf welchen dort gehaltenen Vortrag er sich bezieht.

34

(b) Die weiteren Angriffe der Revision sind - ihre Zulässigkeit unterstellt - unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat unterstellt, dass die Klägerin noch im Gespräch vom 2. Juli 2010 an ihren Anschuldigungen gegenüber dem Filialleiter festgehalten hat. Den Inhalt der Stellungnahmen der Mitarbeiterin K hat es für unstreitig erachtet. Es brauchte deshalb den vermeintlich übergangenen Beweisantritten nicht nachzugehen.

35

(3) Dem Berufungsurteil sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen wäre, die Klägerin habe objektiv die Möglichkeit gehabt zu beobachten, ob der Filialleiter eine Überprüfung der Echtheit der Personalausweise mittels UV-Lampe vorgenommen habe. Ebenso wenig enthält es tatbestandliche Feststellungen, die den Ausführungen der Beklagten zu einem Aufenthalt der Klägerin und ihrer Kolleginnen im Sozialraum während der Mittagspause widersprechen. Soweit die Beklagte beanstandet, entgegen den Feststellungen im Berufungsurteil habe ihr Filialleiter seinen Urlaub nicht am 23. März 2010, sondern bereits am 22. März 2010 angetreten, fehlt es an der Darlegung, wo genau der betreffende Vortrag zu finden sein soll. Darüber hinaus fehlt es - auch unter Berücksichtigung der offenbar postalisch erfolgten Übermittlung der „Anzeige“ der Klägerin vom 22. März 2010 - an der Darlegung, inwieweit der Zeitpunkt des Urlaubsantritts entscheidungserheblich war. Aus diesen Gründen greift auch die Erwägung der Beklagten nicht, bei Urteilszustellung binnen der Dreimonatsfrist des § 320 Abs. 2 Satz 3 ZPO wäre ein Antrag auf Tatbestandsberichtigung möglich gewesen.

36

6. Das Landesarbeitsgericht hat nicht näher geprüft, ob die Klägerin, auch wenn sie nicht bewusst falsche Tatsachenbehauptungen aufgestellt haben mag, ihre arbeitsvertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB)dadurch verletzt hat, dass sie ihre Anschuldigungen nicht vorsichtiger vorgebracht, sondern ohne weitere Prüfung die rechtliche Schlussfolgerung eines „schweren und vorsätzlichen Verstoßes“ gegen Sicherheitsrichtlinien und ggf. „gesetzliche Richtlinien“ gezogen hat. Ebenso wenig hat es sich auf der ersten Prüfungsstufe des wichtigen Grundes mit der Frage befasst, ob die Klägerin ihre „Anzeige“ in der vorrangigen Absicht erstattet hat, ihrem Vorgesetzten zu schaden oder sich an diesem für die aus ihrer Sicht unberechtigten Abmahnungen zu rächen. Für eine solche Motivation könnte der Umstand sprechen, dass sie nicht das Gespräch mit dem Filialleiter gesucht hat. Überdies lassen ihre Ausführungen in der E-Mail vom 28. Juni 2010 eine erhebliche Belastungstendenz erkennen. Es erscheint nicht ausgeschlossen, in einem solchen Verhalten „an sich“ einen wichtigen Grund zur Kündigung zu erkennen.

37

a) Im Fall der Erstattung von Anzeigen bei Strafverfolgungsbehörden oder anderen zuständigen Stellen („Whistleblowing“) ist eine vertragswidrige Pflichtverletzung nicht stets schon dann zu verneinen, wenn der Arbeitnehmer die Anzeige erstattet, ohne dabei wissentlich oder leichtfertig falsche Angaben zu machen (BAG 7. Dezember 2006 - 2 AZR 400/05 - Rn. 18, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 55 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 70; 3. Juli 2003 - 2 AZR 235/02 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 107, 36). Eine Anzeige kann unabhängig vom Nachweis der mitgeteilten Verfehlung und ihrer Strafbarkeit ein Grund zur Kündigung sein, wenn sie sich als eine unverhältnismäßige Reaktion auf das Verhalten des Arbeitgebers oder eines seiner Repräsentanten darstellt. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, nach der Strafanzeigen gegen den Arbeitgeber mit dem Ziel, Missstände in Unternehmen oder Institutionen offenzulegen, grundsätzlich in den Anwendungsbereich des Art. 10 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten fallen(EGMR 21. Juli 2011 - 28274/08 - [Heinisch] Rn. 63 ff., AP BGB § 626 Nr. 235 = EzA BGB 2002 § 626 Anzeige gegen Arbeitgeber Nr. 1), schließt eine solche Bewertung nicht generell aus.

38

b) Es spricht einiges dafür, diese Grundsätze sinngemäß auf den Bereich innerbetrieblicher „Anzeigen“ zu übertragen. Auch unterhalb der Schwelle eines strafbaren Verhaltens muss ein Arbeitnehmer bei der Mitteilung vermeintlicher Missstände im Betrieb angemessen auf Persönlichkeitsrechte seiner Arbeitskollegen und Vorgesetzten Rücksicht nehmen. Das folgt schon aus dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers an der Wahrung des Betriebsfriedens.

39

c) Die damit zusammenhängenden tatsächlichen und rechtlichen Fragen bedürfen im Streitfall keiner vertieften Erörterung. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die fristlose Kündigung erweise sich zumindest im Rahmen einer ggf. vorzunehmenden Einzelfallbeurteilung und Interessenabwägung als nicht gerechtfertigt. Das hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

40

aa) Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen (st. Rspr., zuletzt bspw. BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 989/11 - Rn. 43, NZA 2013, 143; 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 26, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36).

41

bb) Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumutbar ist oder nicht, lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 27, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 34, BAGE 134, 349). Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - aaO; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 485/08 - Rn. 24, AP BGB § 626 Nr. 232 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 33). Als mildere Mittel gegenüber der außerordentlichen Kündigung sind - neben der hier ausgeschlossenen ordentlichen Kündigung - auch Abmahnung und Versetzung anzusehen (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - aaO; 30. Mai 1978 - 2 AZR 630/76 - BAGE 30, 309). Sie sind dann alternative Gestaltungsmittel, wenn schon sie geeignet sind, den mit der außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck - die Vermeidung künftiger Störungen - zu erreichen. Einer Abmahnung bedarf es demnach nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (BAG 19. April 2012 - 2 AZR 186/11 - Rn. 22 mwN, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 40; 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 35 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 37).

42

cc) Dem Berufungsgericht kommt bei der Einzelfallprüfung und Interessenabwägung ein Beurteilungsspielraum zu. Seine Würdigung wird in der Revisionsinstanz daraufhin überprüft, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob es alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt hat (BAG 19. April 2012 - 2 AZR 258/11 - Rn. 16, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 39; 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 29, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 17, BAGE 134, 349). Eine eigene Abwägung durch das Revisionsgericht ist dann möglich, wenn die des Berufungsgerichts fehlerhaft oder unvollständig ist und sämtliche relevanten Tatsachen feststehen (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - aaO; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 33, aaO). Daran gemessen liegt kein Abwägungsfehler des Landesarbeitsgerichts vor. Es hat die Kündigung - hinsichtlich beider Kündigungssachverhalte - als unverhältnismäßig angesehen. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, die Klägerin vorrangig abzumahnen. Damit hat das Landesarbeitsgericht seinen Beurteilungsspielraum nicht verletzt. Die in Rede stehenden Pflichtverletzungen der Klägerin wiegen nicht so schwer, dass eine Abmahnung entbehrlich gewesen wäre. Ebenso wenig liegen Umstände vor, die zu der Annahme berechtigten, auch ohne Abmahnung sei von einer negativen Zukunftsprognose auszugehen.

43

(1) Den Nachweis falscher Tatsachenbehauptungen hat die Beklagte nicht geführt. Die Anschuldigungen der Klägerin betreffend ein pflichtwidriges Verhalten des Filialleiters mögen auf „dürftigen“ Verdachtsmomenten beruht haben. Gleichwohl hat die Klägerin sie nicht „ins Blaue hinein“ erhoben. Ihre Pflicht zur Diskretion hat sie zumindest insofern gewahrt, als sie sich an die „Zentrale Revision“ der Beklagten gewandt hat. Selbst wenn die Klägerin - weil sie eine Pflichtverletzung allenfalls vermuten konnte - lediglich einen Verdacht hätte äußern dürfen, musste sie doch ihre Bedenken gegen ein ordnungsgemäßes Verhalten des Filialleiters nicht vollkommen zurückstellen. Einer damit möglicherweise verbundenen Pflichtverletzung der Klägerin hätte mit einer Abmahnung erfolgversprechend begegnet werden können. Das gilt auch dann, wenn der „Anzeige“ sachfremde Motive der Klägerin zugrunde gelegen haben sollten. Daraus folgt für sich genommen nicht, dass sie sich eine Abmahnung nicht hätte zur Warnung gereichen lassen, um künftig zurückhaltender vorzugehen und ggf. genauer zwischen eigenen Beobachtungen und subjektiven Schlussfolgerungen zu unterscheiden. Dies vermag der Senat, sollte das Landesarbeitsgericht diesen Aspekt bei seiner Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht genügend berücksichtigt haben, selbst zu entscheiden.

44

(2) Eine Abmahnung war auch nicht mit Blick auf die Behauptung der Klägerin entbehrlich, ihr sei im Personalgespräch vom 2. Juli 2010 eine Strafanzeige wegen übler Nachrede angedroht worden. Dabei kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass die Klägerin das ihr von den Vorinstanzen zugutegehaltene Missverständnis bei genauerer Prüfung hätte vermeiden können. Ihr Irrtum wäre auch dann nicht bedeutungslos (vgl. dazu BAG 14. Februar 1996 - 2 AZR 274/95 - zu II 4 der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 26 = EzA BGB § 626 nF Nr. 160). Überdies hat die Klägerin mit ihrer E-Mail vom 6. Juli 2010 eine gewisse Einsicht gezeigt. Dass das Arbeitsverhältnis vor diesem Hintergrund durch das in Rede stehende Fehlverhalten so stark belastet wäre, dass eine Wiederherstellung des Vertrauens in ein künftig redliches Vorgehen der Klägerin selbst nach einer Abmahnung ausgeschlossen erschiene, ist nicht erkennbar.

45

(3) Dieser Bewertung steht nicht entgegen, dass die Klägerin ihre Stellungnahme vom 4. Juli 2010 Personen zugänglich gemacht hat, die an dem vorhergehenden Personalgespräch nicht beteiligt waren. Unabhängig davon, ob darin eine Pflichtverletzung liegt, steht auch dies einem Abmahnungserfordernis nicht entgegen. Die Beklagte beruft sich auf eine tiefgreifende Störung des Betriebsfriedens. Den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zufolge hat sie es aber versäumt aufzuzeigen, dass eine entsprechende Störung tatsächlich eingetreten wäre. Dessen hätte es bedurft, da die Darlegung der bloßen Möglichkeit einer Störung eine verhaltensbedingte Kündigung nicht zu rechtfertigen vermag (vgl. BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 71 mwN, AP BGB § 123 Nr. 69 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 10). Soweit die Beklagte demgegenüber geltend macht, das Landesarbeitsgericht habe Vorbringen übergangen, zeigt sie nicht auf, wo genau sie welchen entscheidungserheblichen Vortrag zu einer konkreten Störung des Betriebsfriedens geleistet haben will. Soweit sie einen richterlichen Hinweis vermisst, fehlt es an der Darlegung, was sie hierauf Entscheidungserhebliches vorgetragen hätte. Schon aus diesen Gründen bleiben ihre Verfahrensrügen erfolglos.

46

(4) Eine einschlägige Abmahnung liegt nicht vor. Die in der Personalakte verbliebene Abmahnung aus dem Jahr 2009 hatte - soweit ersichtlich - ein verspätetes Erscheinen der Klägerin zu einem Personalgespräch zum Gegenstand.

47

(5) Erweist sich die Kündigung wegen Fehlens einer Abmahnung als unverhältnismäßig, kann offenbleiben, ob die Beklagte vorrangig auch eine Versetzung der Klägerin hätte in Betracht ziehen müssen, wie das Landesarbeitsgericht gemeint hat. Einer Auseinandersetzung mit den hiergegen gerichteten Revisionsrügen bedarf es nicht.

48

II. Die hilfsweise zum 31. März 2011 erklärte außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist ist gleichfalls unwirksam. Auch insoweit fehlt es an einem wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB iVm. § 17 Ziff. 3 Abs. 1 MTV. Das Landesarbeitsgericht geht fehlerfrei davon aus, dass es dem Gebot der Verhältnismäßigkeit entsprochen hätte, die Klägerin vor Ausspruch einer Kündigung abzumahnen. Ohne eine solche Warnung war es der Beklagten nicht - weder bis zum Ablauf einer (fiktiven) ordentlichen Kündigungsfrist noch auf Dauer - unzumutbar, das Arbeitsverhältnis mit ihr fortzusetzen. Schon aus diesem Grund kann auch eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist keinen Bestand haben (zur Problematik: vgl. BAG 21. Juni 2012 - 2 AZR 343/11 - Rn. 18, 20, NZA 2013, 224).

49

III. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Berger    

        

    Rinck    

        

    Rachor    

        

        

        

    Gans    

        

    Pitsch    

                 

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 7. April 2011 - 11 Sa 58/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

2

Die 1956 geborene Klägerin war seit Mai 1982 bei der Beklagten - einer Bank für Privatkunden - als Kundenbetreuerin tätig. Seit Dezember 2006 war sie in einer Filiale in R eingesetzt. Die Zweigstelle gehört zum Vertriebsbereich D, für den ein Betriebsrat gewählt ist. Die regelmäßige Arbeitszeit der Klägerin betrug zuletzt 15 Wochenstunden.

3

Im Jahr 2009 mahnte die Beklagte die Klägerin dreimal ab. Zwei Abmahnungen wurden zwischenzeitlich - in einem Fall nach gerichtlicher Entscheidung, im anderen Fall aufgrund eines Vergleichs - aus deren Personalakte entfernt. Die dritte Abmahnung wurde von der Klägerin nicht gerichtlich angegriffen.

4

Am 17. März 2010 war die Klägerin an der Kasse eingesetzt, als zwei Kunden - wohl ein Ehepaar - die R Filiale betraten. Diese wollten ein aktuelles Festgeldangebot nutzen und wandten sich für eine Beratung an die Kundenbetreuerin K. Im Verlauf des Gesprächs kam es zu Unstimmigkeiten. Die Kundenbetreuerin hatte wegen einer ungewöhnlichen Farbschattierung Zweifel an der Echtheit eines der beiden Personalausweise, die ihr zu Identifikationszwecken vorgelegt wurden. Gegen 13:00 bis 13:10 Uhr setzte der Filialleiter die Betreuung der Kunden fort und bat diese in sein Büro. Die Mitarbeiterin K trat ihre Mittagspause an und begab sich zunächst in einen angrenzenden Sozialraum. Dort traf sie die Klägerin und eine andere Kollegin an. Nachdem Frau K ihre Arbeit wieder aufgenommen hatte, übergab ihr der Filialleiter Unterlagen aus dem Kundengespräch zur weiteren Bearbeitung. Beigefügt waren Fotokopien von zwei Ausweisdokumenten, die den Vermerk trugen, das Original habe vorgelegen.

5

Mit Schreiben vom 22. März 2010 wandte sich die Klägerin unter dem Betreff „Meldung eines Verstoßes gegen Sicherheitsrichtlinien“ an die „Zentrale Revision“ der Beklagten. Sie teilte - auszugsweise - Folgendes mit:

        

„...   

        

ich zeige Ihnen hiermit einen schweren und vorsätzlichen Verstoß gegen die Sicherheitsrichtlinien der T und ggfls. gegen gesetzliche Richtlinien an.

        

Datum:

Mittwoch, 17.03.2010

        

Ort:   

Filiale R

        

Verursacher:

Filialleiter …

        

Tathergang:

        

... An dem besagten Tage war ich an der Kasse eingesetzt. …

        

… Dabei stellte sich heraus, dass der Kunde statt eines Bundespersonalausweises nur eine Kopie davon mit bei sich hatte. Als die Kollegin dies bemängelte, übernahm der Zweigstellenleiter diesen Fall und bat den Kunden in einen separaten Raum. … Dabei kam es zu dem eklatanten Verstoß gegen die Sicherheitsregel: Der Kunde konnte keinen gültigen Personalausweis vorlegen: Er hatte wohl eine Fotokopie bei der Hand.

        

Der Zweigstellenleiter kopierte die Kopie und soll eigenhändig den Vermerk aufgeschrieben haben, das Original habe vorgelegen.

        

Letzteres durch Aussage der mit dem Fall befassten Kollegin.

        

Es obliegt Ihnen, die Schwere des Vergehens zusammen mit der erschwerenden Vorsätzlichkeit zu werten.

        

Zeugnis zur möglicherweise notwendigen Befragung: Kollegin … K“

6

Am 7. April 2010 wurde die Klägerin vom Personalreferenten der Beklagten zu dem Vorfall befragt. Sie sollte sich ua. dazu äußern, ob und inwieweit sie von der Kasse aus habe erkennen können, dass es sich um einen „falschen“ Ausweis gehandelt habe. Sie gab an, diese Beobachtung habe ihre Kollegin gemacht. Die gleichfalls befragte Mitarbeiterin K führte in einer schriftlichen Stellungnahme vom 16. April 2010 aus, der männliche Kunde habe auf ihre Bitte, sich zu legitimieren, verärgert und „offensichtlich ertappt“ reagiert. Auf ihren Versuch, die Ausweise zu kontrollieren, sei sie von beiden Kunden „in lautem, unverschämten Ton“ „angepöbelt“ worden. Dem Filialleiter, der daraufhin das Beratungsgespräch fortgeführt habe, seien die Papiere ebenfalls auffällig vorgekommen.

7

Am 30. April 2010 hörte die Beklagte den Filialleiter, der in der Zeit vom 23. März 2010 bis zum 12. April 2010 urlaubsabwesend war, zu den Vorwürfen an. Dieser erklärte, er habe die Ausweise unter einer im Kassenbereich angebrachten UV-Lampe überprüft. Dabei und bei der Datenaufnahme im Kundensystem habe er keine Unregelmäßigkeiten feststellen können.

8

Am 24. Juni 2010 unterhielten sich zwei Vertreter der Beklagten - darunter der Personalreferent - mit der Klägerin über das sich stetig verschlechternde Arbeitsklima in der Filiale. Dabei kam erneut die Anzeige vom 22. März 2010 zur Sprache. Diesbezüglich wurde ein weiteres Personalgespräch für den 13. Juli 2010 verabredet. Am 25. Juni 2010 fasste die Mitarbeiterin K auf Bitten der Beklagten nochmals die Vorgänge vom 17. März 2010 zusammen. Sie gab an, nach „Übernahme“ der Kunden durch den Filialleiter - „aufgeregt und erschrocken darüber“, dass dieser ihr in einer „so kniffligen Situation“ in den Rücken gefallen sei - „in die Küche“ gelaufen zu sein. Gegenüber ihren dort bereits anwesenden Kolleginnen - darunter die Klägerin - habe sie geäußert, die Kunden seien ihr „auf Anhieb komisch“ vorgekommen. Einer der Ausweise habe „so komisch“ ausgesehen als wäre er nicht echt; sie habe diesen nicht geprüft und wisse auch nicht, ob der Filialleiter, der die Kunden jetzt bediene, „das noch mache“. Sie habe nichts mehr mit dem Fall zu tun.

9

Am 26. Juni 2010 erhielt die Klägerin eine förmliche Einladung mit Tagesordnung zu dem anstehenden Gespräch. Mit E-Mail vom 28. Juni 2010 schrieb sie dem Personalreferenten, die Frage nach ihrer Motivation für die Anzeige vom 22. März 2010 habe in ihr „tiefste Zweifel“ ausgelöst. Das sei doch ihre „heiligste Pflicht“ gewesen. Sie habe eigentlich „Anerkennung für Pflichterfüllung … erwartet“. Sie habe bereits vorgehabt nachzufragen, ob die Sache nicht verfolgt würde oder „im Sande verlaufen sei“. Dies werde sie nunmehr „in Richtung Geschäftsführung/Zentralrevision“ erfragen.

10

Die Beklagte zog daraufhin das Personalgespräch auf den 2. Juli 2010 vor. An ihm nahmen neben einer weiteren Person der Personaldirektor der Beklagten, der Direktor „Human Resources Arbeitsrecht und Mitbestimmung“ und ein Mitglied des Betriebsrats teil. Der Klägerin wurde unter Fristsetzung aufgegeben, sich abschließend schriftlich zu dem Geschehen am 17. März 2010 zu äußern. Nach Eingang der Erklärung wollte die Beklagte über mögliche „arbeitsrechtliche Konsequenzen“ entscheiden. Die am 4. Juli 2010 verfasste und an die vorgenannten Direktoren der Beklagten adressierte Stellungnahme der Klägerin ging am 5. Juli 2010 auf einem allgemein zugänglichen Faxgerät der Filiale R ein. Parallel leitete die Klägerin die Erklärung allen Gesprächsteilnehmern vom 2. Juli 2010 und der Geschäftsleitung der Beklagten zu. Ihrer Kollegin K und einer weiteren Filialmitarbeiterin überreichte sie jeweils eine Abschrift. Inhaltlich verwahrte sie sich gegen den Vorwurf, in ihrer Anzeige falsche Angaben gemacht zu haben. Sie führte aus, eine bankinterne Überprüfung des verdächtigen Ausweises sei während ihrer Anwesenheit unterblieben. Weiter schrieb sie: „Obwohl Sie die Ankündigung eines Verfahrens wegen ‚übler Nachrede‘ wohl eher als Drohung verstanden wissen wollten, bin ich mit einem Strafverfahren nach § 186 StGB mehr als einverstanden. … Ich bedanke mich für den … vorgeschlagenen Weg der externen Klärungsmöglichkeit und erwarte nunmehr Ihre angekündigte Anzeige wegen übler Nachrede innerhalb eines angemessenen Zeitraums …“

11

Die Beklagte forderte die Klägerin auf, die Behauptung, ihr sei mit einer Strafanzeige gedroht worden, unter Richtigstellung des Sachverhalts zu widerrufen. Mit E-Mail vom 6. Juli 2010 erklärte diese, die Worte „üble Nachrede“ seien von Vertretern der Beklagten in den Raum gestellt worden. In Ermangelung eines gemeinsamen Gesprächsprotokolls sei sie aber bereit, einzelne Darstellungen in der Sache oder der Tendenz nach zu revidieren, falls der Beklagten diese als falsch erschienen.

12

Am Folgetag stellte die Beklagte die Klägerin von der Arbeitsleistung frei. Mit Schreiben vom 14. Juli 2010 kündigte sie das Arbeitsverhältnis - nach Anhörung des Betriebsrats und mit dessen Zustimmung - außerordentlich fristlos, hilfsweise außerordentlich mit „sozialer Auslauffrist“ zum 31. März 2011.

13

Die Klägerin hat fristgerecht Kündigungsschutzklage erhoben. Sie hat geltend gemacht, die Kündigungen seien unwirksam. Sie habe nicht bewusst falsche Anschuldigungen gegen den Filialleiter erhoben. Vielmehr habe sie über einen Vorfall berichtet, den die Beklagte bis zuletzt nicht vollständig aufgeklärt habe. Etwas anderes sei auch nicht ihrer im Vorprozess abgegebenen Erklärung zu entnehmen, sie habe „schon einige Filialleiter der Beklagten kommen und gehen sehen“ und werde auch den derzeitigen „aussitzen“. Sie habe sich durch die in kurzer zeitlicher Folge erteilten Abmahnungen unberechtigt angegriffen gefühlt und überreagiert. Ebenso wenig sei die Kündigung wegen ihres Verhaltens im Zusammenhang mit der Stellungnahme vom 4. Juli 2010 gerechtfertigt. Während des Gesprächs am 2. Juli 2010 habe sie den Eindruck gewonnen, die Beklagte beabsichtige, sie wegen vermeintlich übler Nachrede anzuzeigen. Sie sei weiterhin bereit, die Aussage, ihr sei ein Strafverfahren „angedroht“ worden, zu korrigieren.

14

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 14. Juli 2010 weder mit sofortiger Wirkung noch zum 31. März 2011 aufgelöst worden ist.

15

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, ein wichtiger Grund zur Kündigung iSd. § 626 Abs. 1 BGB liege vor. Die Klägerin habe den Filialleiter im Schreiben vom 22. März 2010 sinngemäß eines Verstoßes gegen das Geldwäschegesetz bezichtigt. Dabei habe sie den Eindruck vermittelt, der beschriebene „Tathergang“ sei Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung, obwohl die Anschuldigungen tatsächlich auf reinen Mutmaßungen beruhten. Am 7. April 2010 habe sie erklärt, mit Sicherheit ausschließen zu können, dass der Filialleiter die Ausweise vorschriftsmäßig geprüft habe. Dabei sei ihr bewusst gewesen, dass auch ihre als Zeugin benannte Kollegin den Vorfall nicht durchgängig beobachtet habe. In den nachfolgenden Gesprächen habe sie unverändert an ihrem Standpunkt festgehalten. Erstmals mit ihrer Stellungnahme vom 4. Juli 2010 habe sie ihre Behauptungen auf die Zeit ihrer Anwesenheit beschränkt. Allerdings habe sie zugleich unzutreffend und wider besseres Wissen behauptet, ihr sei in dem vorausgegangenen Personalgespräch durch Vertreter der Beklagten mit einer Strafanzeige gedroht worden. Einer Abmahnung habe es nicht bedurft. Die Klägerin habe ihre Vertragspflichten grob verletzt. Ihre falschen Anschuldigungen habe sie gegenüber einem sich stetig vergrößernden Empfängerkreis wiederholt bzw. publik gemacht und keine Einsicht gezeigt. Damit habe sie das Ansehen des Filialleiters beschädigt und nachhaltig den Betriebsfrieden gestört. Ein Festhalten an dem Arbeitsverhältnis sei ihr - der Beklagten - unzumutbar. Die Anhörung des Betriebsrats sei ordnungsgemäß erfolgt. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei gewahrt.

16

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte weiterhin, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

17

Die Revision ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung vom 14. Juli 2010 weder mit sofortiger Wirkung noch mit Ablauf einer der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist aufgelöst worden.

18

I. Die fristlose Kündigung ist gemäß § 626 Abs. 1 BGB iVm. § 17 Ziff. 3 Abs. 1 Alt. 1 Manteltarifvertrag für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken (MTV) unwirksam. Dies hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei erkannt.

19

1. Dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien zufolge fanden auf das Arbeitsverhältnis die jeweils geltenden Tarifverträge für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken Anwendung. Gemäß § 17 Ziff. 3 Abs. 1 Alt. 1 MTV (in der maßgebenden, ab 22. April 2009 geltenden Fassung) sind Arbeitnehmer, die ihr 50. Lebensjahr bereits vollendet haben und dem Betrieb mindestens zehn Jahre ununterbrochen angehören - vorbehaltlich im Streitfall nicht einschlägiger Ausnahmetatbestände - nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kündbar. Die Regelung, deren persönliche Voraussetzungen die Klägerin im Kündigungszeitpunkt erfüllte, nimmt auf § 626 BGB Bezug(vgl. zu § 17 Ziff. 3 Abs. 1 MTV in der ab 1. Oktober 1997 geltenden Fassung: BAG 10. Oktober 2002 - 2 AZR 418/01 - zu B I 1 der Gründe, EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 1; allgemein zur Bedeutung des Begriffs „wichtiger Grund“ in Tarifverträgen: bspw. BAG 28. Oktober 2010 - 2 AZR 688/09 - Rn. 31, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 148 = EzA KSchG § 2 Nr. 80; 12. Januar 2006 - 2 AZR 242/05 - Rn. 24, AP BGB § 626 Krankheit Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 9).

20

2. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Bei ordentlicher Unkündbarkeit des Arbeitnehmers ist für die Beurteilung, ob ein Grund zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses vorliegt, auf den Ablauf der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist abzustellen (BAG 27. April 2006 - 2 AZR 386/05 - Rn. 34, BAGE 118, 104). Aus § 17 Ziff. 3 Abs. 1 Alt. 1 MTV ergeben sich insoweit keine Besonderheiten.

21

3. Dabei ist zunächst zu untersuchen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile jedenfalls bis zum Ablauf der (fiktiven) Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 989/11 - Rn. 38, NZA 2013, 143; 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 14, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 16, BAGE 134, 349).

22

4. Einen in diesem Sinne die fristlose Kündigung „an sich“ rechtfertigenden Grund stellen ua. grobe Beleidigungen des Arbeitgebers oder seiner Vertreter und Repräsentanten oder von Arbeitskollegen dar, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen bedeuten (BAG 10. Dezember 2009 - 2 AZR 534/08 - Rn. 17 mwN, AP BGB § 626 Nr. 226 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 29). Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitnehmer bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen über seinen Arbeitgeber oder Vorgesetzte bzw. Kollegen aufstellt, insbesondere wenn die Erklärungen den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllen. Der Arbeitnehmer kann sich für ein solches Verhalten regelmäßig nicht auf sein Recht zur freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) berufen. Das Grundrecht ist nicht schrankenlos gewährleistet (vgl. BAG 7. Dezember 2006 - 2 AZR 400/05 - AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 55 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 70). Die Meinungsfreiheit wird durch das Recht der persönlichen Ehre gemäß Art. 5 Abs. 2 GG beschränkt und muss mit diesem in ein ausgeglichenes Verhältnis gebracht werden. Zwar dürfen Arbeitnehmer - auch unternehmensöffentlich - Kritik am Arbeitgeber, ihren Vorgesetzten und den betrieblichen Verhältnissen üben und sich dabei auch überspitzt äußern. In grobem Maße unsachliche Angriffe, die zur Untergrabung der Position eines Vorgesetzten führen können, muss der Arbeitgeber aber nicht hinnehmen (vgl. BAG 10. Dezember 2009 - 2 AZR 534/08 - aaO; 24. November 2005 - 2 AZR 584/04 - Rn. 22, AP BGB § 626 Nr. 198 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 13; 10. Oktober 2002 - 2 AZR 418/01 - zu B I 3 a der Gründe, EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 1; zur ordentlichen Kündigung: 12. Januar 2006 - 2 AZR 21/05 - Rn. 45, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 53 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 67).

23

5. Von diesen Grundsätzen geht auch das Landesarbeitsgericht aus. Seine Auffassung, das Verhalten der Klägerin stelle schon keinen die fristlose Kündigung rechtfertigenden Grund „an sich“ dar, ist revisionsrechtlich zumindest insoweit nicht zu beanstanden, wie es davon ausgeht, die Klägerin habe weder im Zusammenhang mit dem Schreiben vom 22. März 2010 noch im Rahmen ihrer Stellungnahme zum Personalgespräch vom 2. Juli 2010 bewusst falsche Tatsachenbehauptungen aufgestellt.

24

a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dem Schreiben vom 22. März 2010 sei unschwer zu entnehmen, dass die Anschuldigungen nicht durchgängig auf eigener Wahrnehmung der Klägerin beruhten. Das gelte insbesondere für die durch Fettdruck hervorgehobene Behauptung, hinsichtlich derer die Klägerin auf das Zeugnis der „mit dem Fall befassten Kollegin“ verwiesen habe. Spätestens aufgrund der anschließenden Befragungen habe der Beklagten klar sein müssen, dass weder die Klägerin noch die benannte Kollegin aus eigener Wahrnehmung hätten angeben können, der Filialleiter habe die erforderliche Kontrolle nicht vorgenommen. Verbleibende Zweifel habe die Beklagte durch eine persönliche Gegenüberstellung der Klägerin und des Filialleiters ausräumen können, was unterblieben sei. Unabhängig davon habe die Beklagte nicht dargetan, dass die Anschuldigungen, was die behaupteten Versäumnisse des Filialleiters im Rahmen der Legitimationsprüfung anbelange, unrichtig seien. Eine mögliche und zumutbare Befragung der Kunden sei nicht erfolgt. Was die Äußerungen der Klägerin im Rahmen ihrer Stellungnahme vom 4. Juli 2010 betreffe, sei nicht auszuschließen, dass sie die ihr gemachten Vorhaltungen als - konkludente - Drohung mit der Erstattung einer Strafanzeige missverstanden habe.

25

b) Die dieser Würdigung zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen sind nach § 286 ZPO nur daraufhin überprüfbar, ob das Berufungsgericht von den zutreffenden Beurteilungsmaßstäben ausgegangen ist, die wesentlichen Umstände berücksichtigt und keine Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt hat(vgl. BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 381/10 - Rn. 16 mwN, AP BGB § 626 Nr. 234 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 35; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 485/08 - Rn. 21 mwN, AP BGB § 626 Nr. 232 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 33). Gemessen daran zeigt die Beklagte keinen revisionsrechtlich relevanten Rechtsfehler auf.

26

aa) Soweit die Wertung des Landesarbeitsgerichts auf einer Auslegung der Erklärungen im Schreiben vom 22. März 2010 beruht, ist diese möglich. Die Klägerin beschrieb in ihrer „Anzeige“ einen Sachverhalt, für den sie sich im maßgebenden Punkt - dem behaupteten Verstoß gegen Sicherheitsrichtlinien bei der Legitimationsprüfung von Ausweispapieren - auf die Aussage einer Arbeitskollegin berief. Außerdem überließ sie es ausdrücklich weiteren Ermittlungen der Beklagten, die „Schwere des Vergehens zusammen mit der erschwerenden Vorsätzlichkeit zu werten“. Das lässt nicht - schon gar nicht zwingend - den Schluss zu, die Klägerin habe behaupten wollen, ihre Angaben beruhten insgesamt auf eigener Wahrnehmung. Ebenso wenig ist dem Schreiben mit der gebotenen Eindeutigkeit zu entnehmen, die Klägerin habe bewusst den - falschen - Eindruck erweckt oder erwecken wollen, unmittelbare Wahrnehmungen ihrer Kollegin K wiederzugeben. Gegen eine solche Interpretation als einzig mögliche Deutung spricht, dass die Klägerin für eine „möglicherweise notwendige“ Befragung auf das Zeugnis der betreffenden Mitarbeiterin verwies. Ein verständiger Empfänger der „Anzeige“ musste angesichts dieser Angaben in Rechnung stellen, dass die Klägerin lediglich Umstände beschrieb, die sie zwar nicht selbst kannte, von denen sie aber annahm, sie aufgrund greifbarer Anhaltspunkte vermuten zu dürfen.

27

bb) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts einschließlich der ihr zugrunde liegenden Auslegung lässt, anders als die Revision meint, nicht den Inhalt der nachfolgend geführten Personalgespräche außer Acht. Dabei kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass die Klägerin bei den Unterredungen am 7. April 2010, am 24. Juni 2010 und am 2. Juli 2010 jeweils an ihrer Anschuldigung festgehalten hat, der Filialleiter habe die Ausweise nicht wie vorgeschrieben überprüft. Auch dies ist kein evidentes, vernünftige Zweifel ausschließendes Indiz dafür, dass die Klägerin behaupten wollte, sie selbst habe dies beobachtet. Trotz der allgemein gehaltenen Formulierung kann den Umständen nach nicht ausgeschlossen werden, dass sie ihre Aussage in der Annahme, dies sei der Beklagten klar, stillschweigend auf Zeiten ihrer Anwesenheit im Verkaufsraum der Filiale bezogen hat. Dafür sprechen jedenfalls ihre klarstellenden Ausführungen in der Stellungnahme vom 4. Juli 2010. Überdies konnte die Klägerin davon ausgehen, dass der Beklagten ihr zeitweiliger Aufenthalt im Sozialraum bzw. der Küche bekannt war. Selbst wenn die Erklärung so zu verstehen sein sollte, die Klägerin habe behaupten wollen, der Filialleiter habe die fragliche Prüfung zu keiner Zeit, auch nicht während der Zeit ihrer Abwesenheit vom Arbeitsplatz vorgenommen, folgte daraus nicht - zumindest nicht zwingend -, dass sie bewusst über den Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung oder den der Beobachtungen ihrer Kollegin zu täuschen versucht hätte. Ebenso gut kann es sein, dass sie - im Sinne einer wertenden Schlussfolgerung - auf der Grundlage der Angaben ihrer Kollegin zum äußeren Erscheinungsbild der Ausweise und dem Verhalten der Kunden zu dem Ergebnis gelangt ist, die vorgeschriebene Überprüfung der Ausweise könne nicht wirklich stattgefunden haben.

28

cc) Die Beklagte zeigt keinen materiellen Rechtsfehler auf, soweit sie sich gegen die Annahme des Landesarbeitsgerichts wendet, sie habe den Wahrheitsgehalt der Anschuldigungen nicht hinreichend aufgeklärt, sodass nicht davon ausgegangen werden könne, die Behauptungen der Klägerin seien unwahr. Damit hat das Landesarbeitsgericht weder grundlegend die Darlegungs- und Beweislast verkannt, noch hat es überzogene Anforderungen an den Vortrag der Beklagten gestellt. Diese ist für den Kündigungsgrund darlegungs- und beweispflichtig (vgl. BAG 3. November 2011 - 2 AZR 748/10 - Rn. 23 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 79). Das schließt die Darlegungslast für das Fehlen von Umständen ein, die den Arbeitnehmer entlasten (zur Darlegungslast bezüglich behaupteter Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe: BAG 3. November 2011 - 2 AZR 748/10 - aaO; 18. September 2008 - 2 AZR 1039/06 - EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 13). Es war somit grundsätzlich Sache der Beklagten, die Unwahrheit der Behauptungen der Klägerin darzutun, dh. aufzuzeigen, dass eine hinreichende Legitimationsprüfung stattgefunden hat. Ob etwas anderes zu gelten hätte, wenn es an Anhaltspunkten für ein - mögliches - pflichtwidriges Verhalten des Filialleiters gänzlich gefehlt hätte, kann dahinstehen. So liegt der vorliegende Fall nicht. Die Klägerin hat ihre Vorwürfe nicht vollkommen „aus der Luft gegriffen“. Vielmehr stritten gewisse, wenngleich nicht zwingende Verdachtsmomente dafür, dass es sich bei einem der beiden Ausweispapiere nicht um ein echtes Dokument handelte. Wenn das Landesarbeitsgericht unter diesen Umständen angenommen hat, die Erklärung des Filialleiters, er habe die Ausweise unter der UV-Lampe im Kassenbereich geprüft, sei für sich genommen noch kein ausreichendes Indiz für die Einhaltung der Sicherheitsrichtlinien, ist dies jedenfalls vertretbar. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte es unterlassen hat, ihre Aufklärungsmöglichkeiten auszuschöpfen. Eine solche Möglichkeit bestand objektiv in der Befragung der Kunden, von denen die Papiere stammten. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte auch bei vorsichtig formulierter Nachfrage mit einer konkreten Gefährdung der Geschäftsbeziehung hätte rechnen müssen und ihr deshalb eine weitere Aufklärung unzumutbar gewesen wäre, sind weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Da sich schon aus dem Unterlassen einer Nachfrage bei den Kunden ergibt, dass die Beklagte ihre Informationsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft hat, kann dahinstehen, ob überdies eine persönliche „Gegenüberstellung“ der Klägerin und des Filialleiters angezeigt war, wie das Landesarbeitsgericht gemeint hat.

29

dd) Die Beklagte bringt vor, das Landesarbeitsgericht habe auf der Grundlage seiner Feststellungen nicht davon ausgehen dürfen, die Behauptung der Klägerin, ihr sei im Personalgespräch am 2. Juli 2010 mit einer Strafanzeige gedroht worden, beruhe auf einem Missverständnis. Insbesondere böten die Erklärungen der Klägerin in der E-Mail vom 6. Juli 2010 dafür keinen genügenden Anhaltspunkt. Damit zeigt die Beklagte keinen revisiblen Rechtsfehler auf. Sie will nur ihre eigene Bewertung der fraglichen individuellen Äußerungen an die Stelle einer zumindest vertretbaren Würdigung des Landesarbeitsgerichts setzen.

30

ee) Mit ihren Verfahrensrügen dringt die Revision nicht durch.

31

(1) Soweit die Beklagte geltend macht, das Landesarbeitsgericht habe sie ausdrücklich darauf hinweisen müssen, dass es von der Zumutbarkeit einer Befragung des Kundenehepaars ausgehe, ist ihr Angriff unzulässig. Wird gerügt, das Berufungsgericht sei seiner richterlichen Hinweispflicht (§ 139 ZPO)nicht nachgekommen, muss der Rechtsmittelführer ua. im Einzelnen angeben, wie er auf einen entsprechenden Hinweis reagiert hätte. Der zunächst unterbliebene Vortrag muss nachgeholt werden. Mit der Verfahrensrüge muss er für die erforderliche Schlüssigkeit bzw. Substantiierung seines Vortrags sorgen (BAG 25. April 2006 - 3 AZR 78/05 - Rn. 39, AP BetrAVG § 7 Nr. 111 = EzA BetrAVG § 2 Nr. 27). Darüber hinaus muss er die Entscheidungserheblichkeit der Verletzung der Hinweispflicht dartun (BAG 14. März 2005 - 1 AZN 1002/04 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 114, 67). Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung nicht gerecht. Die Beklagte legt nicht dar, welchen - erheblichen - Vortrag sie im Hinblick auf den vermissten Hinweis hin geleistet und zu welchem entscheidungserheblichen Gesichtspunkt sie die Kunden als Zeugen benannt hätte.

32

(2) Die Beklagte beanstandet weiter, das Landesarbeitsgericht habe es ohne Begründung unterlassen, ihren unter I 2.1 bis 2.4 der Revisionsbegründung näher bezeichneten Beweisangeboten nachzugehen. Dadurch habe es ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt und gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 GG) verstoßen. Das trifft nicht zu.

33

(a) Die Rüge ist unzulässig, soweit die Beklagte meint, die Vernehmung einer weiteren namentlich genannten Filialmitarbeiterin hätte „zur Widerlegung der falschen Behauptungen der Klägerin beitragen können“. Es fehlt an der Darlegung, im Hinblick auf welche Tatsachen sie sich in welchem Schriftsatz auf das Zeugnis der betreffenden Arbeitnehmerin berufen hatte (zu den Anforderungen an die Rüge des Übergehens eines Beweisantritts: vgl. BAG 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - Rn. 20, AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 42 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 8). Entsprechendes gilt für die Rüge, das Landesarbeitsgericht habe es versäumt, die Teilnehmer des Gesprächs vom 2. Juli 2010 (nicht: 2011) zum Inhalt der Äußerungen ihrer Vertreter zu hören. Die Beklagte zeigt nicht auf, wo genau ihr vermeintlich übergangener Beweisantritt in den vorinstanzlichen Schriftsätzen zu finden sein soll und auf welchen dort gehaltenen Vortrag er sich bezieht.

34

(b) Die weiteren Angriffe der Revision sind - ihre Zulässigkeit unterstellt - unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat unterstellt, dass die Klägerin noch im Gespräch vom 2. Juli 2010 an ihren Anschuldigungen gegenüber dem Filialleiter festgehalten hat. Den Inhalt der Stellungnahmen der Mitarbeiterin K hat es für unstreitig erachtet. Es brauchte deshalb den vermeintlich übergangenen Beweisantritten nicht nachzugehen.

35

(3) Dem Berufungsurteil sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen wäre, die Klägerin habe objektiv die Möglichkeit gehabt zu beobachten, ob der Filialleiter eine Überprüfung der Echtheit der Personalausweise mittels UV-Lampe vorgenommen habe. Ebenso wenig enthält es tatbestandliche Feststellungen, die den Ausführungen der Beklagten zu einem Aufenthalt der Klägerin und ihrer Kolleginnen im Sozialraum während der Mittagspause widersprechen. Soweit die Beklagte beanstandet, entgegen den Feststellungen im Berufungsurteil habe ihr Filialleiter seinen Urlaub nicht am 23. März 2010, sondern bereits am 22. März 2010 angetreten, fehlt es an der Darlegung, wo genau der betreffende Vortrag zu finden sein soll. Darüber hinaus fehlt es - auch unter Berücksichtigung der offenbar postalisch erfolgten Übermittlung der „Anzeige“ der Klägerin vom 22. März 2010 - an der Darlegung, inwieweit der Zeitpunkt des Urlaubsantritts entscheidungserheblich war. Aus diesen Gründen greift auch die Erwägung der Beklagten nicht, bei Urteilszustellung binnen der Dreimonatsfrist des § 320 Abs. 2 Satz 3 ZPO wäre ein Antrag auf Tatbestandsberichtigung möglich gewesen.

36

6. Das Landesarbeitsgericht hat nicht näher geprüft, ob die Klägerin, auch wenn sie nicht bewusst falsche Tatsachenbehauptungen aufgestellt haben mag, ihre arbeitsvertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB)dadurch verletzt hat, dass sie ihre Anschuldigungen nicht vorsichtiger vorgebracht, sondern ohne weitere Prüfung die rechtliche Schlussfolgerung eines „schweren und vorsätzlichen Verstoßes“ gegen Sicherheitsrichtlinien und ggf. „gesetzliche Richtlinien“ gezogen hat. Ebenso wenig hat es sich auf der ersten Prüfungsstufe des wichtigen Grundes mit der Frage befasst, ob die Klägerin ihre „Anzeige“ in der vorrangigen Absicht erstattet hat, ihrem Vorgesetzten zu schaden oder sich an diesem für die aus ihrer Sicht unberechtigten Abmahnungen zu rächen. Für eine solche Motivation könnte der Umstand sprechen, dass sie nicht das Gespräch mit dem Filialleiter gesucht hat. Überdies lassen ihre Ausführungen in der E-Mail vom 28. Juni 2010 eine erhebliche Belastungstendenz erkennen. Es erscheint nicht ausgeschlossen, in einem solchen Verhalten „an sich“ einen wichtigen Grund zur Kündigung zu erkennen.

37

a) Im Fall der Erstattung von Anzeigen bei Strafverfolgungsbehörden oder anderen zuständigen Stellen („Whistleblowing“) ist eine vertragswidrige Pflichtverletzung nicht stets schon dann zu verneinen, wenn der Arbeitnehmer die Anzeige erstattet, ohne dabei wissentlich oder leichtfertig falsche Angaben zu machen (BAG 7. Dezember 2006 - 2 AZR 400/05 - Rn. 18, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 55 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 70; 3. Juli 2003 - 2 AZR 235/02 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 107, 36). Eine Anzeige kann unabhängig vom Nachweis der mitgeteilten Verfehlung und ihrer Strafbarkeit ein Grund zur Kündigung sein, wenn sie sich als eine unverhältnismäßige Reaktion auf das Verhalten des Arbeitgebers oder eines seiner Repräsentanten darstellt. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, nach der Strafanzeigen gegen den Arbeitgeber mit dem Ziel, Missstände in Unternehmen oder Institutionen offenzulegen, grundsätzlich in den Anwendungsbereich des Art. 10 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten fallen(EGMR 21. Juli 2011 - 28274/08 - [Heinisch] Rn. 63 ff., AP BGB § 626 Nr. 235 = EzA BGB 2002 § 626 Anzeige gegen Arbeitgeber Nr. 1), schließt eine solche Bewertung nicht generell aus.

38

b) Es spricht einiges dafür, diese Grundsätze sinngemäß auf den Bereich innerbetrieblicher „Anzeigen“ zu übertragen. Auch unterhalb der Schwelle eines strafbaren Verhaltens muss ein Arbeitnehmer bei der Mitteilung vermeintlicher Missstände im Betrieb angemessen auf Persönlichkeitsrechte seiner Arbeitskollegen und Vorgesetzten Rücksicht nehmen. Das folgt schon aus dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers an der Wahrung des Betriebsfriedens.

39

c) Die damit zusammenhängenden tatsächlichen und rechtlichen Fragen bedürfen im Streitfall keiner vertieften Erörterung. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die fristlose Kündigung erweise sich zumindest im Rahmen einer ggf. vorzunehmenden Einzelfallbeurteilung und Interessenabwägung als nicht gerechtfertigt. Das hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

40

aa) Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen (st. Rspr., zuletzt bspw. BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 989/11 - Rn. 43, NZA 2013, 143; 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 26, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36).

41

bb) Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumutbar ist oder nicht, lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 27, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 34, BAGE 134, 349). Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - aaO; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 485/08 - Rn. 24, AP BGB § 626 Nr. 232 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 33). Als mildere Mittel gegenüber der außerordentlichen Kündigung sind - neben der hier ausgeschlossenen ordentlichen Kündigung - auch Abmahnung und Versetzung anzusehen (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - aaO; 30. Mai 1978 - 2 AZR 630/76 - BAGE 30, 309). Sie sind dann alternative Gestaltungsmittel, wenn schon sie geeignet sind, den mit der außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck - die Vermeidung künftiger Störungen - zu erreichen. Einer Abmahnung bedarf es demnach nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (BAG 19. April 2012 - 2 AZR 186/11 - Rn. 22 mwN, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 40; 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 35 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 37).

42

cc) Dem Berufungsgericht kommt bei der Einzelfallprüfung und Interessenabwägung ein Beurteilungsspielraum zu. Seine Würdigung wird in der Revisionsinstanz daraufhin überprüft, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob es alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt hat (BAG 19. April 2012 - 2 AZR 258/11 - Rn. 16, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 39; 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 29, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 17, BAGE 134, 349). Eine eigene Abwägung durch das Revisionsgericht ist dann möglich, wenn die des Berufungsgerichts fehlerhaft oder unvollständig ist und sämtliche relevanten Tatsachen feststehen (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - aaO; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 33, aaO). Daran gemessen liegt kein Abwägungsfehler des Landesarbeitsgerichts vor. Es hat die Kündigung - hinsichtlich beider Kündigungssachverhalte - als unverhältnismäßig angesehen. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, die Klägerin vorrangig abzumahnen. Damit hat das Landesarbeitsgericht seinen Beurteilungsspielraum nicht verletzt. Die in Rede stehenden Pflichtverletzungen der Klägerin wiegen nicht so schwer, dass eine Abmahnung entbehrlich gewesen wäre. Ebenso wenig liegen Umstände vor, die zu der Annahme berechtigten, auch ohne Abmahnung sei von einer negativen Zukunftsprognose auszugehen.

43

(1) Den Nachweis falscher Tatsachenbehauptungen hat die Beklagte nicht geführt. Die Anschuldigungen der Klägerin betreffend ein pflichtwidriges Verhalten des Filialleiters mögen auf „dürftigen“ Verdachtsmomenten beruht haben. Gleichwohl hat die Klägerin sie nicht „ins Blaue hinein“ erhoben. Ihre Pflicht zur Diskretion hat sie zumindest insofern gewahrt, als sie sich an die „Zentrale Revision“ der Beklagten gewandt hat. Selbst wenn die Klägerin - weil sie eine Pflichtverletzung allenfalls vermuten konnte - lediglich einen Verdacht hätte äußern dürfen, musste sie doch ihre Bedenken gegen ein ordnungsgemäßes Verhalten des Filialleiters nicht vollkommen zurückstellen. Einer damit möglicherweise verbundenen Pflichtverletzung der Klägerin hätte mit einer Abmahnung erfolgversprechend begegnet werden können. Das gilt auch dann, wenn der „Anzeige“ sachfremde Motive der Klägerin zugrunde gelegen haben sollten. Daraus folgt für sich genommen nicht, dass sie sich eine Abmahnung nicht hätte zur Warnung gereichen lassen, um künftig zurückhaltender vorzugehen und ggf. genauer zwischen eigenen Beobachtungen und subjektiven Schlussfolgerungen zu unterscheiden. Dies vermag der Senat, sollte das Landesarbeitsgericht diesen Aspekt bei seiner Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht genügend berücksichtigt haben, selbst zu entscheiden.

44

(2) Eine Abmahnung war auch nicht mit Blick auf die Behauptung der Klägerin entbehrlich, ihr sei im Personalgespräch vom 2. Juli 2010 eine Strafanzeige wegen übler Nachrede angedroht worden. Dabei kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass die Klägerin das ihr von den Vorinstanzen zugutegehaltene Missverständnis bei genauerer Prüfung hätte vermeiden können. Ihr Irrtum wäre auch dann nicht bedeutungslos (vgl. dazu BAG 14. Februar 1996 - 2 AZR 274/95 - zu II 4 der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 26 = EzA BGB § 626 nF Nr. 160). Überdies hat die Klägerin mit ihrer E-Mail vom 6. Juli 2010 eine gewisse Einsicht gezeigt. Dass das Arbeitsverhältnis vor diesem Hintergrund durch das in Rede stehende Fehlverhalten so stark belastet wäre, dass eine Wiederherstellung des Vertrauens in ein künftig redliches Vorgehen der Klägerin selbst nach einer Abmahnung ausgeschlossen erschiene, ist nicht erkennbar.

45

(3) Dieser Bewertung steht nicht entgegen, dass die Klägerin ihre Stellungnahme vom 4. Juli 2010 Personen zugänglich gemacht hat, die an dem vorhergehenden Personalgespräch nicht beteiligt waren. Unabhängig davon, ob darin eine Pflichtverletzung liegt, steht auch dies einem Abmahnungserfordernis nicht entgegen. Die Beklagte beruft sich auf eine tiefgreifende Störung des Betriebsfriedens. Den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zufolge hat sie es aber versäumt aufzuzeigen, dass eine entsprechende Störung tatsächlich eingetreten wäre. Dessen hätte es bedurft, da die Darlegung der bloßen Möglichkeit einer Störung eine verhaltensbedingte Kündigung nicht zu rechtfertigen vermag (vgl. BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 71 mwN, AP BGB § 123 Nr. 69 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 10). Soweit die Beklagte demgegenüber geltend macht, das Landesarbeitsgericht habe Vorbringen übergangen, zeigt sie nicht auf, wo genau sie welchen entscheidungserheblichen Vortrag zu einer konkreten Störung des Betriebsfriedens geleistet haben will. Soweit sie einen richterlichen Hinweis vermisst, fehlt es an der Darlegung, was sie hierauf Entscheidungserhebliches vorgetragen hätte. Schon aus diesen Gründen bleiben ihre Verfahrensrügen erfolglos.

46

(4) Eine einschlägige Abmahnung liegt nicht vor. Die in der Personalakte verbliebene Abmahnung aus dem Jahr 2009 hatte - soweit ersichtlich - ein verspätetes Erscheinen der Klägerin zu einem Personalgespräch zum Gegenstand.

47

(5) Erweist sich die Kündigung wegen Fehlens einer Abmahnung als unverhältnismäßig, kann offenbleiben, ob die Beklagte vorrangig auch eine Versetzung der Klägerin hätte in Betracht ziehen müssen, wie das Landesarbeitsgericht gemeint hat. Einer Auseinandersetzung mit den hiergegen gerichteten Revisionsrügen bedarf es nicht.

48

II. Die hilfsweise zum 31. März 2011 erklärte außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist ist gleichfalls unwirksam. Auch insoweit fehlt es an einem wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB iVm. § 17 Ziff. 3 Abs. 1 MTV. Das Landesarbeitsgericht geht fehlerfrei davon aus, dass es dem Gebot der Verhältnismäßigkeit entsprochen hätte, die Klägerin vor Ausspruch einer Kündigung abzumahnen. Ohne eine solche Warnung war es der Beklagten nicht - weder bis zum Ablauf einer (fiktiven) ordentlichen Kündigungsfrist noch auf Dauer - unzumutbar, das Arbeitsverhältnis mit ihr fortzusetzen. Schon aus diesem Grund kann auch eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist keinen Bestand haben (zur Problematik: vgl. BAG 21. Juni 2012 - 2 AZR 343/11 - Rn. 18, 20, NZA 2013, 224).

49

III. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Berger    

        

    Rinck    

        

    Rachor    

        

        

        

    Gans    

        

    Pitsch    

                 

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 7. April 2011 - 11 Sa 58/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

2

Die 1956 geborene Klägerin war seit Mai 1982 bei der Beklagten - einer Bank für Privatkunden - als Kundenbetreuerin tätig. Seit Dezember 2006 war sie in einer Filiale in R eingesetzt. Die Zweigstelle gehört zum Vertriebsbereich D, für den ein Betriebsrat gewählt ist. Die regelmäßige Arbeitszeit der Klägerin betrug zuletzt 15 Wochenstunden.

3

Im Jahr 2009 mahnte die Beklagte die Klägerin dreimal ab. Zwei Abmahnungen wurden zwischenzeitlich - in einem Fall nach gerichtlicher Entscheidung, im anderen Fall aufgrund eines Vergleichs - aus deren Personalakte entfernt. Die dritte Abmahnung wurde von der Klägerin nicht gerichtlich angegriffen.

4

Am 17. März 2010 war die Klägerin an der Kasse eingesetzt, als zwei Kunden - wohl ein Ehepaar - die R Filiale betraten. Diese wollten ein aktuelles Festgeldangebot nutzen und wandten sich für eine Beratung an die Kundenbetreuerin K. Im Verlauf des Gesprächs kam es zu Unstimmigkeiten. Die Kundenbetreuerin hatte wegen einer ungewöhnlichen Farbschattierung Zweifel an der Echtheit eines der beiden Personalausweise, die ihr zu Identifikationszwecken vorgelegt wurden. Gegen 13:00 bis 13:10 Uhr setzte der Filialleiter die Betreuung der Kunden fort und bat diese in sein Büro. Die Mitarbeiterin K trat ihre Mittagspause an und begab sich zunächst in einen angrenzenden Sozialraum. Dort traf sie die Klägerin und eine andere Kollegin an. Nachdem Frau K ihre Arbeit wieder aufgenommen hatte, übergab ihr der Filialleiter Unterlagen aus dem Kundengespräch zur weiteren Bearbeitung. Beigefügt waren Fotokopien von zwei Ausweisdokumenten, die den Vermerk trugen, das Original habe vorgelegen.

5

Mit Schreiben vom 22. März 2010 wandte sich die Klägerin unter dem Betreff „Meldung eines Verstoßes gegen Sicherheitsrichtlinien“ an die „Zentrale Revision“ der Beklagten. Sie teilte - auszugsweise - Folgendes mit:

        

„...   

        

ich zeige Ihnen hiermit einen schweren und vorsätzlichen Verstoß gegen die Sicherheitsrichtlinien der T und ggfls. gegen gesetzliche Richtlinien an.

        

Datum:

Mittwoch, 17.03.2010

        

Ort:   

Filiale R

        

Verursacher:

Filialleiter …

        

Tathergang:

        

... An dem besagten Tage war ich an der Kasse eingesetzt. …

        

… Dabei stellte sich heraus, dass der Kunde statt eines Bundespersonalausweises nur eine Kopie davon mit bei sich hatte. Als die Kollegin dies bemängelte, übernahm der Zweigstellenleiter diesen Fall und bat den Kunden in einen separaten Raum. … Dabei kam es zu dem eklatanten Verstoß gegen die Sicherheitsregel: Der Kunde konnte keinen gültigen Personalausweis vorlegen: Er hatte wohl eine Fotokopie bei der Hand.

        

Der Zweigstellenleiter kopierte die Kopie und soll eigenhändig den Vermerk aufgeschrieben haben, das Original habe vorgelegen.

        

Letzteres durch Aussage der mit dem Fall befassten Kollegin.

        

Es obliegt Ihnen, die Schwere des Vergehens zusammen mit der erschwerenden Vorsätzlichkeit zu werten.

        

Zeugnis zur möglicherweise notwendigen Befragung: Kollegin … K“

6

Am 7. April 2010 wurde die Klägerin vom Personalreferenten der Beklagten zu dem Vorfall befragt. Sie sollte sich ua. dazu äußern, ob und inwieweit sie von der Kasse aus habe erkennen können, dass es sich um einen „falschen“ Ausweis gehandelt habe. Sie gab an, diese Beobachtung habe ihre Kollegin gemacht. Die gleichfalls befragte Mitarbeiterin K führte in einer schriftlichen Stellungnahme vom 16. April 2010 aus, der männliche Kunde habe auf ihre Bitte, sich zu legitimieren, verärgert und „offensichtlich ertappt“ reagiert. Auf ihren Versuch, die Ausweise zu kontrollieren, sei sie von beiden Kunden „in lautem, unverschämten Ton“ „angepöbelt“ worden. Dem Filialleiter, der daraufhin das Beratungsgespräch fortgeführt habe, seien die Papiere ebenfalls auffällig vorgekommen.

7

Am 30. April 2010 hörte die Beklagte den Filialleiter, der in der Zeit vom 23. März 2010 bis zum 12. April 2010 urlaubsabwesend war, zu den Vorwürfen an. Dieser erklärte, er habe die Ausweise unter einer im Kassenbereich angebrachten UV-Lampe überprüft. Dabei und bei der Datenaufnahme im Kundensystem habe er keine Unregelmäßigkeiten feststellen können.

8

Am 24. Juni 2010 unterhielten sich zwei Vertreter der Beklagten - darunter der Personalreferent - mit der Klägerin über das sich stetig verschlechternde Arbeitsklima in der Filiale. Dabei kam erneut die Anzeige vom 22. März 2010 zur Sprache. Diesbezüglich wurde ein weiteres Personalgespräch für den 13. Juli 2010 verabredet. Am 25. Juni 2010 fasste die Mitarbeiterin K auf Bitten der Beklagten nochmals die Vorgänge vom 17. März 2010 zusammen. Sie gab an, nach „Übernahme“ der Kunden durch den Filialleiter - „aufgeregt und erschrocken darüber“, dass dieser ihr in einer „so kniffligen Situation“ in den Rücken gefallen sei - „in die Küche“ gelaufen zu sein. Gegenüber ihren dort bereits anwesenden Kolleginnen - darunter die Klägerin - habe sie geäußert, die Kunden seien ihr „auf Anhieb komisch“ vorgekommen. Einer der Ausweise habe „so komisch“ ausgesehen als wäre er nicht echt; sie habe diesen nicht geprüft und wisse auch nicht, ob der Filialleiter, der die Kunden jetzt bediene, „das noch mache“. Sie habe nichts mehr mit dem Fall zu tun.

9

Am 26. Juni 2010 erhielt die Klägerin eine förmliche Einladung mit Tagesordnung zu dem anstehenden Gespräch. Mit E-Mail vom 28. Juni 2010 schrieb sie dem Personalreferenten, die Frage nach ihrer Motivation für die Anzeige vom 22. März 2010 habe in ihr „tiefste Zweifel“ ausgelöst. Das sei doch ihre „heiligste Pflicht“ gewesen. Sie habe eigentlich „Anerkennung für Pflichterfüllung … erwartet“. Sie habe bereits vorgehabt nachzufragen, ob die Sache nicht verfolgt würde oder „im Sande verlaufen sei“. Dies werde sie nunmehr „in Richtung Geschäftsführung/Zentralrevision“ erfragen.

10

Die Beklagte zog daraufhin das Personalgespräch auf den 2. Juli 2010 vor. An ihm nahmen neben einer weiteren Person der Personaldirektor der Beklagten, der Direktor „Human Resources Arbeitsrecht und Mitbestimmung“ und ein Mitglied des Betriebsrats teil. Der Klägerin wurde unter Fristsetzung aufgegeben, sich abschließend schriftlich zu dem Geschehen am 17. März 2010 zu äußern. Nach Eingang der Erklärung wollte die Beklagte über mögliche „arbeitsrechtliche Konsequenzen“ entscheiden. Die am 4. Juli 2010 verfasste und an die vorgenannten Direktoren der Beklagten adressierte Stellungnahme der Klägerin ging am 5. Juli 2010 auf einem allgemein zugänglichen Faxgerät der Filiale R ein. Parallel leitete die Klägerin die Erklärung allen Gesprächsteilnehmern vom 2. Juli 2010 und der Geschäftsleitung der Beklagten zu. Ihrer Kollegin K und einer weiteren Filialmitarbeiterin überreichte sie jeweils eine Abschrift. Inhaltlich verwahrte sie sich gegen den Vorwurf, in ihrer Anzeige falsche Angaben gemacht zu haben. Sie führte aus, eine bankinterne Überprüfung des verdächtigen Ausweises sei während ihrer Anwesenheit unterblieben. Weiter schrieb sie: „Obwohl Sie die Ankündigung eines Verfahrens wegen ‚übler Nachrede‘ wohl eher als Drohung verstanden wissen wollten, bin ich mit einem Strafverfahren nach § 186 StGB mehr als einverstanden. … Ich bedanke mich für den … vorgeschlagenen Weg der externen Klärungsmöglichkeit und erwarte nunmehr Ihre angekündigte Anzeige wegen übler Nachrede innerhalb eines angemessenen Zeitraums …“

11

Die Beklagte forderte die Klägerin auf, die Behauptung, ihr sei mit einer Strafanzeige gedroht worden, unter Richtigstellung des Sachverhalts zu widerrufen. Mit E-Mail vom 6. Juli 2010 erklärte diese, die Worte „üble Nachrede“ seien von Vertretern der Beklagten in den Raum gestellt worden. In Ermangelung eines gemeinsamen Gesprächsprotokolls sei sie aber bereit, einzelne Darstellungen in der Sache oder der Tendenz nach zu revidieren, falls der Beklagten diese als falsch erschienen.

12

Am Folgetag stellte die Beklagte die Klägerin von der Arbeitsleistung frei. Mit Schreiben vom 14. Juli 2010 kündigte sie das Arbeitsverhältnis - nach Anhörung des Betriebsrats und mit dessen Zustimmung - außerordentlich fristlos, hilfsweise außerordentlich mit „sozialer Auslauffrist“ zum 31. März 2011.

13

Die Klägerin hat fristgerecht Kündigungsschutzklage erhoben. Sie hat geltend gemacht, die Kündigungen seien unwirksam. Sie habe nicht bewusst falsche Anschuldigungen gegen den Filialleiter erhoben. Vielmehr habe sie über einen Vorfall berichtet, den die Beklagte bis zuletzt nicht vollständig aufgeklärt habe. Etwas anderes sei auch nicht ihrer im Vorprozess abgegebenen Erklärung zu entnehmen, sie habe „schon einige Filialleiter der Beklagten kommen und gehen sehen“ und werde auch den derzeitigen „aussitzen“. Sie habe sich durch die in kurzer zeitlicher Folge erteilten Abmahnungen unberechtigt angegriffen gefühlt und überreagiert. Ebenso wenig sei die Kündigung wegen ihres Verhaltens im Zusammenhang mit der Stellungnahme vom 4. Juli 2010 gerechtfertigt. Während des Gesprächs am 2. Juli 2010 habe sie den Eindruck gewonnen, die Beklagte beabsichtige, sie wegen vermeintlich übler Nachrede anzuzeigen. Sie sei weiterhin bereit, die Aussage, ihr sei ein Strafverfahren „angedroht“ worden, zu korrigieren.

14

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 14. Juli 2010 weder mit sofortiger Wirkung noch zum 31. März 2011 aufgelöst worden ist.

15

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, ein wichtiger Grund zur Kündigung iSd. § 626 Abs. 1 BGB liege vor. Die Klägerin habe den Filialleiter im Schreiben vom 22. März 2010 sinngemäß eines Verstoßes gegen das Geldwäschegesetz bezichtigt. Dabei habe sie den Eindruck vermittelt, der beschriebene „Tathergang“ sei Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung, obwohl die Anschuldigungen tatsächlich auf reinen Mutmaßungen beruhten. Am 7. April 2010 habe sie erklärt, mit Sicherheit ausschließen zu können, dass der Filialleiter die Ausweise vorschriftsmäßig geprüft habe. Dabei sei ihr bewusst gewesen, dass auch ihre als Zeugin benannte Kollegin den Vorfall nicht durchgängig beobachtet habe. In den nachfolgenden Gesprächen habe sie unverändert an ihrem Standpunkt festgehalten. Erstmals mit ihrer Stellungnahme vom 4. Juli 2010 habe sie ihre Behauptungen auf die Zeit ihrer Anwesenheit beschränkt. Allerdings habe sie zugleich unzutreffend und wider besseres Wissen behauptet, ihr sei in dem vorausgegangenen Personalgespräch durch Vertreter der Beklagten mit einer Strafanzeige gedroht worden. Einer Abmahnung habe es nicht bedurft. Die Klägerin habe ihre Vertragspflichten grob verletzt. Ihre falschen Anschuldigungen habe sie gegenüber einem sich stetig vergrößernden Empfängerkreis wiederholt bzw. publik gemacht und keine Einsicht gezeigt. Damit habe sie das Ansehen des Filialleiters beschädigt und nachhaltig den Betriebsfrieden gestört. Ein Festhalten an dem Arbeitsverhältnis sei ihr - der Beklagten - unzumutbar. Die Anhörung des Betriebsrats sei ordnungsgemäß erfolgt. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei gewahrt.

16

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte weiterhin, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

17

Die Revision ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung vom 14. Juli 2010 weder mit sofortiger Wirkung noch mit Ablauf einer der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist aufgelöst worden.

18

I. Die fristlose Kündigung ist gemäß § 626 Abs. 1 BGB iVm. § 17 Ziff. 3 Abs. 1 Alt. 1 Manteltarifvertrag für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken (MTV) unwirksam. Dies hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei erkannt.

19

1. Dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien zufolge fanden auf das Arbeitsverhältnis die jeweils geltenden Tarifverträge für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken Anwendung. Gemäß § 17 Ziff. 3 Abs. 1 Alt. 1 MTV (in der maßgebenden, ab 22. April 2009 geltenden Fassung) sind Arbeitnehmer, die ihr 50. Lebensjahr bereits vollendet haben und dem Betrieb mindestens zehn Jahre ununterbrochen angehören - vorbehaltlich im Streitfall nicht einschlägiger Ausnahmetatbestände - nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kündbar. Die Regelung, deren persönliche Voraussetzungen die Klägerin im Kündigungszeitpunkt erfüllte, nimmt auf § 626 BGB Bezug(vgl. zu § 17 Ziff. 3 Abs. 1 MTV in der ab 1. Oktober 1997 geltenden Fassung: BAG 10. Oktober 2002 - 2 AZR 418/01 - zu B I 1 der Gründe, EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 1; allgemein zur Bedeutung des Begriffs „wichtiger Grund“ in Tarifverträgen: bspw. BAG 28. Oktober 2010 - 2 AZR 688/09 - Rn. 31, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 148 = EzA KSchG § 2 Nr. 80; 12. Januar 2006 - 2 AZR 242/05 - Rn. 24, AP BGB § 626 Krankheit Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 9).

20

2. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Bei ordentlicher Unkündbarkeit des Arbeitnehmers ist für die Beurteilung, ob ein Grund zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses vorliegt, auf den Ablauf der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist abzustellen (BAG 27. April 2006 - 2 AZR 386/05 - Rn. 34, BAGE 118, 104). Aus § 17 Ziff. 3 Abs. 1 Alt. 1 MTV ergeben sich insoweit keine Besonderheiten.

21

3. Dabei ist zunächst zu untersuchen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile jedenfalls bis zum Ablauf der (fiktiven) Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 989/11 - Rn. 38, NZA 2013, 143; 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 14, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 16, BAGE 134, 349).

22

4. Einen in diesem Sinne die fristlose Kündigung „an sich“ rechtfertigenden Grund stellen ua. grobe Beleidigungen des Arbeitgebers oder seiner Vertreter und Repräsentanten oder von Arbeitskollegen dar, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen bedeuten (BAG 10. Dezember 2009 - 2 AZR 534/08 - Rn. 17 mwN, AP BGB § 626 Nr. 226 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 29). Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitnehmer bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen über seinen Arbeitgeber oder Vorgesetzte bzw. Kollegen aufstellt, insbesondere wenn die Erklärungen den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllen. Der Arbeitnehmer kann sich für ein solches Verhalten regelmäßig nicht auf sein Recht zur freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) berufen. Das Grundrecht ist nicht schrankenlos gewährleistet (vgl. BAG 7. Dezember 2006 - 2 AZR 400/05 - AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 55 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 70). Die Meinungsfreiheit wird durch das Recht der persönlichen Ehre gemäß Art. 5 Abs. 2 GG beschränkt und muss mit diesem in ein ausgeglichenes Verhältnis gebracht werden. Zwar dürfen Arbeitnehmer - auch unternehmensöffentlich - Kritik am Arbeitgeber, ihren Vorgesetzten und den betrieblichen Verhältnissen üben und sich dabei auch überspitzt äußern. In grobem Maße unsachliche Angriffe, die zur Untergrabung der Position eines Vorgesetzten führen können, muss der Arbeitgeber aber nicht hinnehmen (vgl. BAG 10. Dezember 2009 - 2 AZR 534/08 - aaO; 24. November 2005 - 2 AZR 584/04 - Rn. 22, AP BGB § 626 Nr. 198 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 13; 10. Oktober 2002 - 2 AZR 418/01 - zu B I 3 a der Gründe, EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 1; zur ordentlichen Kündigung: 12. Januar 2006 - 2 AZR 21/05 - Rn. 45, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 53 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 67).

23

5. Von diesen Grundsätzen geht auch das Landesarbeitsgericht aus. Seine Auffassung, das Verhalten der Klägerin stelle schon keinen die fristlose Kündigung rechtfertigenden Grund „an sich“ dar, ist revisionsrechtlich zumindest insoweit nicht zu beanstanden, wie es davon ausgeht, die Klägerin habe weder im Zusammenhang mit dem Schreiben vom 22. März 2010 noch im Rahmen ihrer Stellungnahme zum Personalgespräch vom 2. Juli 2010 bewusst falsche Tatsachenbehauptungen aufgestellt.

24

a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dem Schreiben vom 22. März 2010 sei unschwer zu entnehmen, dass die Anschuldigungen nicht durchgängig auf eigener Wahrnehmung der Klägerin beruhten. Das gelte insbesondere für die durch Fettdruck hervorgehobene Behauptung, hinsichtlich derer die Klägerin auf das Zeugnis der „mit dem Fall befassten Kollegin“ verwiesen habe. Spätestens aufgrund der anschließenden Befragungen habe der Beklagten klar sein müssen, dass weder die Klägerin noch die benannte Kollegin aus eigener Wahrnehmung hätten angeben können, der Filialleiter habe die erforderliche Kontrolle nicht vorgenommen. Verbleibende Zweifel habe die Beklagte durch eine persönliche Gegenüberstellung der Klägerin und des Filialleiters ausräumen können, was unterblieben sei. Unabhängig davon habe die Beklagte nicht dargetan, dass die Anschuldigungen, was die behaupteten Versäumnisse des Filialleiters im Rahmen der Legitimationsprüfung anbelange, unrichtig seien. Eine mögliche und zumutbare Befragung der Kunden sei nicht erfolgt. Was die Äußerungen der Klägerin im Rahmen ihrer Stellungnahme vom 4. Juli 2010 betreffe, sei nicht auszuschließen, dass sie die ihr gemachten Vorhaltungen als - konkludente - Drohung mit der Erstattung einer Strafanzeige missverstanden habe.

25

b) Die dieser Würdigung zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen sind nach § 286 ZPO nur daraufhin überprüfbar, ob das Berufungsgericht von den zutreffenden Beurteilungsmaßstäben ausgegangen ist, die wesentlichen Umstände berücksichtigt und keine Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt hat(vgl. BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 381/10 - Rn. 16 mwN, AP BGB § 626 Nr. 234 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 35; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 485/08 - Rn. 21 mwN, AP BGB § 626 Nr. 232 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 33). Gemessen daran zeigt die Beklagte keinen revisionsrechtlich relevanten Rechtsfehler auf.

26

aa) Soweit die Wertung des Landesarbeitsgerichts auf einer Auslegung der Erklärungen im Schreiben vom 22. März 2010 beruht, ist diese möglich. Die Klägerin beschrieb in ihrer „Anzeige“ einen Sachverhalt, für den sie sich im maßgebenden Punkt - dem behaupteten Verstoß gegen Sicherheitsrichtlinien bei der Legitimationsprüfung von Ausweispapieren - auf die Aussage einer Arbeitskollegin berief. Außerdem überließ sie es ausdrücklich weiteren Ermittlungen der Beklagten, die „Schwere des Vergehens zusammen mit der erschwerenden Vorsätzlichkeit zu werten“. Das lässt nicht - schon gar nicht zwingend - den Schluss zu, die Klägerin habe behaupten wollen, ihre Angaben beruhten insgesamt auf eigener Wahrnehmung. Ebenso wenig ist dem Schreiben mit der gebotenen Eindeutigkeit zu entnehmen, die Klägerin habe bewusst den - falschen - Eindruck erweckt oder erwecken wollen, unmittelbare Wahrnehmungen ihrer Kollegin K wiederzugeben. Gegen eine solche Interpretation als einzig mögliche Deutung spricht, dass die Klägerin für eine „möglicherweise notwendige“ Befragung auf das Zeugnis der betreffenden Mitarbeiterin verwies. Ein verständiger Empfänger der „Anzeige“ musste angesichts dieser Angaben in Rechnung stellen, dass die Klägerin lediglich Umstände beschrieb, die sie zwar nicht selbst kannte, von denen sie aber annahm, sie aufgrund greifbarer Anhaltspunkte vermuten zu dürfen.

27

bb) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts einschließlich der ihr zugrunde liegenden Auslegung lässt, anders als die Revision meint, nicht den Inhalt der nachfolgend geführten Personalgespräche außer Acht. Dabei kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass die Klägerin bei den Unterredungen am 7. April 2010, am 24. Juni 2010 und am 2. Juli 2010 jeweils an ihrer Anschuldigung festgehalten hat, der Filialleiter habe die Ausweise nicht wie vorgeschrieben überprüft. Auch dies ist kein evidentes, vernünftige Zweifel ausschließendes Indiz dafür, dass die Klägerin behaupten wollte, sie selbst habe dies beobachtet. Trotz der allgemein gehaltenen Formulierung kann den Umständen nach nicht ausgeschlossen werden, dass sie ihre Aussage in der Annahme, dies sei der Beklagten klar, stillschweigend auf Zeiten ihrer Anwesenheit im Verkaufsraum der Filiale bezogen hat. Dafür sprechen jedenfalls ihre klarstellenden Ausführungen in der Stellungnahme vom 4. Juli 2010. Überdies konnte die Klägerin davon ausgehen, dass der Beklagten ihr zeitweiliger Aufenthalt im Sozialraum bzw. der Küche bekannt war. Selbst wenn die Erklärung so zu verstehen sein sollte, die Klägerin habe behaupten wollen, der Filialleiter habe die fragliche Prüfung zu keiner Zeit, auch nicht während der Zeit ihrer Abwesenheit vom Arbeitsplatz vorgenommen, folgte daraus nicht - zumindest nicht zwingend -, dass sie bewusst über den Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung oder den der Beobachtungen ihrer Kollegin zu täuschen versucht hätte. Ebenso gut kann es sein, dass sie - im Sinne einer wertenden Schlussfolgerung - auf der Grundlage der Angaben ihrer Kollegin zum äußeren Erscheinungsbild der Ausweise und dem Verhalten der Kunden zu dem Ergebnis gelangt ist, die vorgeschriebene Überprüfung der Ausweise könne nicht wirklich stattgefunden haben.

28

cc) Die Beklagte zeigt keinen materiellen Rechtsfehler auf, soweit sie sich gegen die Annahme des Landesarbeitsgerichts wendet, sie habe den Wahrheitsgehalt der Anschuldigungen nicht hinreichend aufgeklärt, sodass nicht davon ausgegangen werden könne, die Behauptungen der Klägerin seien unwahr. Damit hat das Landesarbeitsgericht weder grundlegend die Darlegungs- und Beweislast verkannt, noch hat es überzogene Anforderungen an den Vortrag der Beklagten gestellt. Diese ist für den Kündigungsgrund darlegungs- und beweispflichtig (vgl. BAG 3. November 2011 - 2 AZR 748/10 - Rn. 23 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 79). Das schließt die Darlegungslast für das Fehlen von Umständen ein, die den Arbeitnehmer entlasten (zur Darlegungslast bezüglich behaupteter Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe: BAG 3. November 2011 - 2 AZR 748/10 - aaO; 18. September 2008 - 2 AZR 1039/06 - EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 13). Es war somit grundsätzlich Sache der Beklagten, die Unwahrheit der Behauptungen der Klägerin darzutun, dh. aufzuzeigen, dass eine hinreichende Legitimationsprüfung stattgefunden hat. Ob etwas anderes zu gelten hätte, wenn es an Anhaltspunkten für ein - mögliches - pflichtwidriges Verhalten des Filialleiters gänzlich gefehlt hätte, kann dahinstehen. So liegt der vorliegende Fall nicht. Die Klägerin hat ihre Vorwürfe nicht vollkommen „aus der Luft gegriffen“. Vielmehr stritten gewisse, wenngleich nicht zwingende Verdachtsmomente dafür, dass es sich bei einem der beiden Ausweispapiere nicht um ein echtes Dokument handelte. Wenn das Landesarbeitsgericht unter diesen Umständen angenommen hat, die Erklärung des Filialleiters, er habe die Ausweise unter der UV-Lampe im Kassenbereich geprüft, sei für sich genommen noch kein ausreichendes Indiz für die Einhaltung der Sicherheitsrichtlinien, ist dies jedenfalls vertretbar. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte es unterlassen hat, ihre Aufklärungsmöglichkeiten auszuschöpfen. Eine solche Möglichkeit bestand objektiv in der Befragung der Kunden, von denen die Papiere stammten. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte auch bei vorsichtig formulierter Nachfrage mit einer konkreten Gefährdung der Geschäftsbeziehung hätte rechnen müssen und ihr deshalb eine weitere Aufklärung unzumutbar gewesen wäre, sind weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Da sich schon aus dem Unterlassen einer Nachfrage bei den Kunden ergibt, dass die Beklagte ihre Informationsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft hat, kann dahinstehen, ob überdies eine persönliche „Gegenüberstellung“ der Klägerin und des Filialleiters angezeigt war, wie das Landesarbeitsgericht gemeint hat.

29

dd) Die Beklagte bringt vor, das Landesarbeitsgericht habe auf der Grundlage seiner Feststellungen nicht davon ausgehen dürfen, die Behauptung der Klägerin, ihr sei im Personalgespräch am 2. Juli 2010 mit einer Strafanzeige gedroht worden, beruhe auf einem Missverständnis. Insbesondere böten die Erklärungen der Klägerin in der E-Mail vom 6. Juli 2010 dafür keinen genügenden Anhaltspunkt. Damit zeigt die Beklagte keinen revisiblen Rechtsfehler auf. Sie will nur ihre eigene Bewertung der fraglichen individuellen Äußerungen an die Stelle einer zumindest vertretbaren Würdigung des Landesarbeitsgerichts setzen.

30

ee) Mit ihren Verfahrensrügen dringt die Revision nicht durch.

31

(1) Soweit die Beklagte geltend macht, das Landesarbeitsgericht habe sie ausdrücklich darauf hinweisen müssen, dass es von der Zumutbarkeit einer Befragung des Kundenehepaars ausgehe, ist ihr Angriff unzulässig. Wird gerügt, das Berufungsgericht sei seiner richterlichen Hinweispflicht (§ 139 ZPO)nicht nachgekommen, muss der Rechtsmittelführer ua. im Einzelnen angeben, wie er auf einen entsprechenden Hinweis reagiert hätte. Der zunächst unterbliebene Vortrag muss nachgeholt werden. Mit der Verfahrensrüge muss er für die erforderliche Schlüssigkeit bzw. Substantiierung seines Vortrags sorgen (BAG 25. April 2006 - 3 AZR 78/05 - Rn. 39, AP BetrAVG § 7 Nr. 111 = EzA BetrAVG § 2 Nr. 27). Darüber hinaus muss er die Entscheidungserheblichkeit der Verletzung der Hinweispflicht dartun (BAG 14. März 2005 - 1 AZN 1002/04 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 114, 67). Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung nicht gerecht. Die Beklagte legt nicht dar, welchen - erheblichen - Vortrag sie im Hinblick auf den vermissten Hinweis hin geleistet und zu welchem entscheidungserheblichen Gesichtspunkt sie die Kunden als Zeugen benannt hätte.

32

(2) Die Beklagte beanstandet weiter, das Landesarbeitsgericht habe es ohne Begründung unterlassen, ihren unter I 2.1 bis 2.4 der Revisionsbegründung näher bezeichneten Beweisangeboten nachzugehen. Dadurch habe es ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt und gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 GG) verstoßen. Das trifft nicht zu.

33

(a) Die Rüge ist unzulässig, soweit die Beklagte meint, die Vernehmung einer weiteren namentlich genannten Filialmitarbeiterin hätte „zur Widerlegung der falschen Behauptungen der Klägerin beitragen können“. Es fehlt an der Darlegung, im Hinblick auf welche Tatsachen sie sich in welchem Schriftsatz auf das Zeugnis der betreffenden Arbeitnehmerin berufen hatte (zu den Anforderungen an die Rüge des Übergehens eines Beweisantritts: vgl. BAG 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - Rn. 20, AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 42 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 8). Entsprechendes gilt für die Rüge, das Landesarbeitsgericht habe es versäumt, die Teilnehmer des Gesprächs vom 2. Juli 2010 (nicht: 2011) zum Inhalt der Äußerungen ihrer Vertreter zu hören. Die Beklagte zeigt nicht auf, wo genau ihr vermeintlich übergangener Beweisantritt in den vorinstanzlichen Schriftsätzen zu finden sein soll und auf welchen dort gehaltenen Vortrag er sich bezieht.

34

(b) Die weiteren Angriffe der Revision sind - ihre Zulässigkeit unterstellt - unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat unterstellt, dass die Klägerin noch im Gespräch vom 2. Juli 2010 an ihren Anschuldigungen gegenüber dem Filialleiter festgehalten hat. Den Inhalt der Stellungnahmen der Mitarbeiterin K hat es für unstreitig erachtet. Es brauchte deshalb den vermeintlich übergangenen Beweisantritten nicht nachzugehen.

35

(3) Dem Berufungsurteil sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen wäre, die Klägerin habe objektiv die Möglichkeit gehabt zu beobachten, ob der Filialleiter eine Überprüfung der Echtheit der Personalausweise mittels UV-Lampe vorgenommen habe. Ebenso wenig enthält es tatbestandliche Feststellungen, die den Ausführungen der Beklagten zu einem Aufenthalt der Klägerin und ihrer Kolleginnen im Sozialraum während der Mittagspause widersprechen. Soweit die Beklagte beanstandet, entgegen den Feststellungen im Berufungsurteil habe ihr Filialleiter seinen Urlaub nicht am 23. März 2010, sondern bereits am 22. März 2010 angetreten, fehlt es an der Darlegung, wo genau der betreffende Vortrag zu finden sein soll. Darüber hinaus fehlt es - auch unter Berücksichtigung der offenbar postalisch erfolgten Übermittlung der „Anzeige“ der Klägerin vom 22. März 2010 - an der Darlegung, inwieweit der Zeitpunkt des Urlaubsantritts entscheidungserheblich war. Aus diesen Gründen greift auch die Erwägung der Beklagten nicht, bei Urteilszustellung binnen der Dreimonatsfrist des § 320 Abs. 2 Satz 3 ZPO wäre ein Antrag auf Tatbestandsberichtigung möglich gewesen.

36

6. Das Landesarbeitsgericht hat nicht näher geprüft, ob die Klägerin, auch wenn sie nicht bewusst falsche Tatsachenbehauptungen aufgestellt haben mag, ihre arbeitsvertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB)dadurch verletzt hat, dass sie ihre Anschuldigungen nicht vorsichtiger vorgebracht, sondern ohne weitere Prüfung die rechtliche Schlussfolgerung eines „schweren und vorsätzlichen Verstoßes“ gegen Sicherheitsrichtlinien und ggf. „gesetzliche Richtlinien“ gezogen hat. Ebenso wenig hat es sich auf der ersten Prüfungsstufe des wichtigen Grundes mit der Frage befasst, ob die Klägerin ihre „Anzeige“ in der vorrangigen Absicht erstattet hat, ihrem Vorgesetzten zu schaden oder sich an diesem für die aus ihrer Sicht unberechtigten Abmahnungen zu rächen. Für eine solche Motivation könnte der Umstand sprechen, dass sie nicht das Gespräch mit dem Filialleiter gesucht hat. Überdies lassen ihre Ausführungen in der E-Mail vom 28. Juni 2010 eine erhebliche Belastungstendenz erkennen. Es erscheint nicht ausgeschlossen, in einem solchen Verhalten „an sich“ einen wichtigen Grund zur Kündigung zu erkennen.

37

a) Im Fall der Erstattung von Anzeigen bei Strafverfolgungsbehörden oder anderen zuständigen Stellen („Whistleblowing“) ist eine vertragswidrige Pflichtverletzung nicht stets schon dann zu verneinen, wenn der Arbeitnehmer die Anzeige erstattet, ohne dabei wissentlich oder leichtfertig falsche Angaben zu machen (BAG 7. Dezember 2006 - 2 AZR 400/05 - Rn. 18, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 55 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 70; 3. Juli 2003 - 2 AZR 235/02 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 107, 36). Eine Anzeige kann unabhängig vom Nachweis der mitgeteilten Verfehlung und ihrer Strafbarkeit ein Grund zur Kündigung sein, wenn sie sich als eine unverhältnismäßige Reaktion auf das Verhalten des Arbeitgebers oder eines seiner Repräsentanten darstellt. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, nach der Strafanzeigen gegen den Arbeitgeber mit dem Ziel, Missstände in Unternehmen oder Institutionen offenzulegen, grundsätzlich in den Anwendungsbereich des Art. 10 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten fallen(EGMR 21. Juli 2011 - 28274/08 - [Heinisch] Rn. 63 ff., AP BGB § 626 Nr. 235 = EzA BGB 2002 § 626 Anzeige gegen Arbeitgeber Nr. 1), schließt eine solche Bewertung nicht generell aus.

38

b) Es spricht einiges dafür, diese Grundsätze sinngemäß auf den Bereich innerbetrieblicher „Anzeigen“ zu übertragen. Auch unterhalb der Schwelle eines strafbaren Verhaltens muss ein Arbeitnehmer bei der Mitteilung vermeintlicher Missstände im Betrieb angemessen auf Persönlichkeitsrechte seiner Arbeitskollegen und Vorgesetzten Rücksicht nehmen. Das folgt schon aus dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers an der Wahrung des Betriebsfriedens.

39

c) Die damit zusammenhängenden tatsächlichen und rechtlichen Fragen bedürfen im Streitfall keiner vertieften Erörterung. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die fristlose Kündigung erweise sich zumindest im Rahmen einer ggf. vorzunehmenden Einzelfallbeurteilung und Interessenabwägung als nicht gerechtfertigt. Das hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

40

aa) Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen (st. Rspr., zuletzt bspw. BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 989/11 - Rn. 43, NZA 2013, 143; 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 26, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36).

41

bb) Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumutbar ist oder nicht, lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 27, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 34, BAGE 134, 349). Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - aaO; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 485/08 - Rn. 24, AP BGB § 626 Nr. 232 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 33). Als mildere Mittel gegenüber der außerordentlichen Kündigung sind - neben der hier ausgeschlossenen ordentlichen Kündigung - auch Abmahnung und Versetzung anzusehen (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - aaO; 30. Mai 1978 - 2 AZR 630/76 - BAGE 30, 309). Sie sind dann alternative Gestaltungsmittel, wenn schon sie geeignet sind, den mit der außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck - die Vermeidung künftiger Störungen - zu erreichen. Einer Abmahnung bedarf es demnach nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (BAG 19. April 2012 - 2 AZR 186/11 - Rn. 22 mwN, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 40; 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 35 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 37).

42

cc) Dem Berufungsgericht kommt bei der Einzelfallprüfung und Interessenabwägung ein Beurteilungsspielraum zu. Seine Würdigung wird in der Revisionsinstanz daraufhin überprüft, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob es alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt hat (BAG 19. April 2012 - 2 AZR 258/11 - Rn. 16, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 39; 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 29, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 17, BAGE 134, 349). Eine eigene Abwägung durch das Revisionsgericht ist dann möglich, wenn die des Berufungsgerichts fehlerhaft oder unvollständig ist und sämtliche relevanten Tatsachen feststehen (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - aaO; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 33, aaO). Daran gemessen liegt kein Abwägungsfehler des Landesarbeitsgerichts vor. Es hat die Kündigung - hinsichtlich beider Kündigungssachverhalte - als unverhältnismäßig angesehen. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, die Klägerin vorrangig abzumahnen. Damit hat das Landesarbeitsgericht seinen Beurteilungsspielraum nicht verletzt. Die in Rede stehenden Pflichtverletzungen der Klägerin wiegen nicht so schwer, dass eine Abmahnung entbehrlich gewesen wäre. Ebenso wenig liegen Umstände vor, die zu der Annahme berechtigten, auch ohne Abmahnung sei von einer negativen Zukunftsprognose auszugehen.

43

(1) Den Nachweis falscher Tatsachenbehauptungen hat die Beklagte nicht geführt. Die Anschuldigungen der Klägerin betreffend ein pflichtwidriges Verhalten des Filialleiters mögen auf „dürftigen“ Verdachtsmomenten beruht haben. Gleichwohl hat die Klägerin sie nicht „ins Blaue hinein“ erhoben. Ihre Pflicht zur Diskretion hat sie zumindest insofern gewahrt, als sie sich an die „Zentrale Revision“ der Beklagten gewandt hat. Selbst wenn die Klägerin - weil sie eine Pflichtverletzung allenfalls vermuten konnte - lediglich einen Verdacht hätte äußern dürfen, musste sie doch ihre Bedenken gegen ein ordnungsgemäßes Verhalten des Filialleiters nicht vollkommen zurückstellen. Einer damit möglicherweise verbundenen Pflichtverletzung der Klägerin hätte mit einer Abmahnung erfolgversprechend begegnet werden können. Das gilt auch dann, wenn der „Anzeige“ sachfremde Motive der Klägerin zugrunde gelegen haben sollten. Daraus folgt für sich genommen nicht, dass sie sich eine Abmahnung nicht hätte zur Warnung gereichen lassen, um künftig zurückhaltender vorzugehen und ggf. genauer zwischen eigenen Beobachtungen und subjektiven Schlussfolgerungen zu unterscheiden. Dies vermag der Senat, sollte das Landesarbeitsgericht diesen Aspekt bei seiner Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht genügend berücksichtigt haben, selbst zu entscheiden.

44

(2) Eine Abmahnung war auch nicht mit Blick auf die Behauptung der Klägerin entbehrlich, ihr sei im Personalgespräch vom 2. Juli 2010 eine Strafanzeige wegen übler Nachrede angedroht worden. Dabei kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass die Klägerin das ihr von den Vorinstanzen zugutegehaltene Missverständnis bei genauerer Prüfung hätte vermeiden können. Ihr Irrtum wäre auch dann nicht bedeutungslos (vgl. dazu BAG 14. Februar 1996 - 2 AZR 274/95 - zu II 4 der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 26 = EzA BGB § 626 nF Nr. 160). Überdies hat die Klägerin mit ihrer E-Mail vom 6. Juli 2010 eine gewisse Einsicht gezeigt. Dass das Arbeitsverhältnis vor diesem Hintergrund durch das in Rede stehende Fehlverhalten so stark belastet wäre, dass eine Wiederherstellung des Vertrauens in ein künftig redliches Vorgehen der Klägerin selbst nach einer Abmahnung ausgeschlossen erschiene, ist nicht erkennbar.

45

(3) Dieser Bewertung steht nicht entgegen, dass die Klägerin ihre Stellungnahme vom 4. Juli 2010 Personen zugänglich gemacht hat, die an dem vorhergehenden Personalgespräch nicht beteiligt waren. Unabhängig davon, ob darin eine Pflichtverletzung liegt, steht auch dies einem Abmahnungserfordernis nicht entgegen. Die Beklagte beruft sich auf eine tiefgreifende Störung des Betriebsfriedens. Den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zufolge hat sie es aber versäumt aufzuzeigen, dass eine entsprechende Störung tatsächlich eingetreten wäre. Dessen hätte es bedurft, da die Darlegung der bloßen Möglichkeit einer Störung eine verhaltensbedingte Kündigung nicht zu rechtfertigen vermag (vgl. BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 71 mwN, AP BGB § 123 Nr. 69 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 10). Soweit die Beklagte demgegenüber geltend macht, das Landesarbeitsgericht habe Vorbringen übergangen, zeigt sie nicht auf, wo genau sie welchen entscheidungserheblichen Vortrag zu einer konkreten Störung des Betriebsfriedens geleistet haben will. Soweit sie einen richterlichen Hinweis vermisst, fehlt es an der Darlegung, was sie hierauf Entscheidungserhebliches vorgetragen hätte. Schon aus diesen Gründen bleiben ihre Verfahrensrügen erfolglos.

46

(4) Eine einschlägige Abmahnung liegt nicht vor. Die in der Personalakte verbliebene Abmahnung aus dem Jahr 2009 hatte - soweit ersichtlich - ein verspätetes Erscheinen der Klägerin zu einem Personalgespräch zum Gegenstand.

47

(5) Erweist sich die Kündigung wegen Fehlens einer Abmahnung als unverhältnismäßig, kann offenbleiben, ob die Beklagte vorrangig auch eine Versetzung der Klägerin hätte in Betracht ziehen müssen, wie das Landesarbeitsgericht gemeint hat. Einer Auseinandersetzung mit den hiergegen gerichteten Revisionsrügen bedarf es nicht.

48

II. Die hilfsweise zum 31. März 2011 erklärte außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist ist gleichfalls unwirksam. Auch insoweit fehlt es an einem wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB iVm. § 17 Ziff. 3 Abs. 1 MTV. Das Landesarbeitsgericht geht fehlerfrei davon aus, dass es dem Gebot der Verhältnismäßigkeit entsprochen hätte, die Klägerin vor Ausspruch einer Kündigung abzumahnen. Ohne eine solche Warnung war es der Beklagten nicht - weder bis zum Ablauf einer (fiktiven) ordentlichen Kündigungsfrist noch auf Dauer - unzumutbar, das Arbeitsverhältnis mit ihr fortzusetzen. Schon aus diesem Grund kann auch eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist keinen Bestand haben (zur Problematik: vgl. BAG 21. Juni 2012 - 2 AZR 343/11 - Rn. 18, 20, NZA 2013, 224).

49

III. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Berger    

        

    Rinck    

        

    Rachor    

        

        

        

    Gans    

        

    Pitsch    

                 

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

(1) Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen.

(2) Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsverdiensten, hat der Arbeitnehmer das fünfundfünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens zwanzig Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu achtzehn Monatsverdiensten festzusetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer in dem Zeitpunkt, den das Gericht nach § 9 Abs. 2 für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses festsetzt, das in der Vorschrift des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch über die Regelaltersrente bezeichnete Lebensalter erreicht hat.

(3) Als Monatsverdienst gilt, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet (§ 9 Abs. 2), an Geld und Sachbezügen zusteht.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden. In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.

(2) Die Vorschriften des Dritten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten Rechts sowie für Betriebe, die von einer öffentlichen Verwaltung geführt werden, soweit sie wirtschaftliche Zwecke verfolgen.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.


Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 30. September 2009 - 4 Ca 538/09 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer arbeitgeberseitigen ordentlichen Kündigung und über ein Begehren des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis aufzulösen.

2

Der Kläger wird seit 21. Oktober 1991 von der Beklagten, die mit 90-100 Arbeitnehmern Wochenzeitungen mit öffentlichen Bekanntmachungen der Kommunalverwaltung verlegt und druckt, als Mitarbeiter im Umbruch beschäftigt. Er ist am ... Oktober 1968 geboren, verheiratet und einem Kind zum Unterhalt verpflichtet. Der Grad seiner Schwerbehinderung beträgt 50. Die Bruttomonatsvergütung beläuft sich auf 2.735,41 €.

3

Zur Durchführung der anfallenden Arbeiten steht dem Kläger ein Computer mit Zugang zum Internet zur Verfügung.

4

Am 04. August 2004 unterschrieb der Kläger eine Mitarbeitererklärung Internet/PC-Nutzung, die unter 1. folgende Regelung enthält:

5

Der Zugang zum Internet und E-Mail ist nur zu dienstlichen Zwecken gestattet. Jeder darüber hinausgehende Gebrauch – insbesondere zu privaten Zwecken – ist ausdrücklich verboten. Verstöße gegen diese Anweisung werden ohne Ausnahme mit arbeitsrechtlichen Mitteln sanktioniert und führen – insbesondere bei Nutzung von kriminellen, pornographischen, rechts- oder linksradikalen Inhalten – zur außerordentlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

6

Bis 31. März 2007 war der Kläger als stellvertretender IT-Administrator tätig und nahm die Position der Urlaubs- Krankheitsvertretung der Bereichsleitung "Anzeigensatz" war. Die Übernahme der stellvertretenden Leitung der Abteilung Anzeigensatz bei gleichem Einkommen lehnte der Kläger ab.

7

Am 11. April 2007 erhob der Kläger unter dem AZ. 4 Ca 819/07 Klage auf Nachzahlung von 640,01 € brutto für den Monat März 2007. Mit einer einstweiligen Verfügung unter dem AZ: 4 Ga 15/07 forderte der Kläger für den Monat April 2007 Nachzahlung von Differenzlohnansprüchen. Das Verfahren wurde vergleichsweise ebenso wie ein weiteres Verfahren AZ: 4 Ca 189/07, mit welchem sich der Kläger verpflichtete, 40 Minusstunden in den Monaten Mai bis August nachzuarbeiten, beendet. Durch Urteil vom 14. November 2007 stellte das Arbeitsgericht in dem Verfahren AZ. 4 Ca 1409/07 rechtskräftig fest, dass eine wegen Wegfalls der Funktion der stellvertretenden EDV- und Systemadministrators verbundene Änderungskündigung sozial ungerechtfertigt war.

8

Am 07. April 2008 erhob der Kläger Klage auf Zahlung von 143,10 € brutto wegen angeblich nicht bezahlter Mehrarbeit und auf Entfernung der Abmahnungen vom 25.01, 15.02. und 03.04.2008. Die Klage wurde um eine Zahlung, die Aushändigung von Monatsübersichten der Stechuhr für die Monate März bis Juni 2008, die Entfernung einer Ermahnung vom 29.05.2008 und von Abmahnungen vom 14.07.2008 und 18.07.2008 erweitert. Im Kammertermin am 01.10.2008 schlossen die Parteien einen Teilvergleich über die Herausnahme der Abmahnungen vom 25.01.2008 und vom 03.04.2008 aus der Personalakte, die Umwandlung der Abmahnung vom 15.02.2008 in eine Ermahnung sowie den Verbleib der Ermahnung vom 29.05.2008 in der Personalakte. Auch einigten sich die Parteien darauf, dass die Abmahnungen vom 14.07.2008, vom 18.07.2008 mit Ablauf des 31.01.2009 aus der Personalakte zu entfernen sind, ohne dass diese Ziffer ein Präjudiz hinsichtlich der Richtigkeit des abgemahnte Verhaltens haben sollte. Kopien der Zeiterfassung wurden herausgegeben und das Verfahren hinsichtlich der Zahlungsanträge ruhend gestellt. Am 19. August 2006 erhob der Kläger unter dem AZ. 4 Ga 50/08 eine einstweilige Verfügung zur Urlaubsgewährung für die Zeit vom 06. Oktober 2008 bis 17. Oktober 2008, die nach einem entsprechenden Gewährungsversprechen der Beklagten für erledigt erklärt wurde.

9

Mit Schreiben vom 24. Oktober 2008, vom 31. Oktober 2008 sowie vom 07. November 2008 (Bl. 56, 57 und 58 d. A.) wurde der Kläger wegen umstrittener Fehlleistungen am Umbruch abgemahnt.

10

Der Vorgesetzte des Klägers Z. erlaubte diesem im September 2008, zumindest einmal von seinem Arbeitsplatz aus privat ins Internet zu gehen, um den Kontostand bei der S-Bank abzufragen.

11

Nach Erhalt der Zustimmung des Integrationsamtes am 20. Februar 2009 sprach die Beklagte dem Kläger gegenüber mit Schreiben vom 27. Februar 2009 eine Kündigung zum 31. August 2009 aus (Bl. 6 d. A.).

12

Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner am 03. März 2009 zum Arbeitsgericht Koblenz erhobenen Klage gewandt.

13

Zum weiteren erstinstanzlichen streitigem Vorbringen und den Klageanträgen wird auf das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 30. September 2009 - 4 Ca 538/09 - gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen.

14

Das Arbeitsgericht hat im vorerwähnten Urteil auf Rechtsunwirksamkeit der Kündigung vom 27. Februar 2009 erkannt und den Auflösungsantrag der Beklagten abgewiesen.

15

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt,

16

selbst bei unterstellter Richtigkeit der Darstellung der Beklagten läge kein die ausgesprochene Kündigung rechtfertigender Sachverhalt vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 27. April 2006 - 2 AZR 386/05 - greife das Abstellen allein auf die Missachtung des Verbots der privaten Internetnutzung als Pflichtverletzung zu kurz; es müsse zu weitergehenden Pflichtverletzungen kommen, wie ein unbefugter Download, die Verursachung zusätzlicher Kosten und Verletzungen der Arbeitspflicht. Die Beklagte verweise nur pauschal auf die Verletzung der Arbeitspflicht, wobei noch umstritten sei, ob mit Ausnahme des Zugriffs auf die S-Bank, die übrigen Zugriffe nicht sogar dienstlich erfolgt seien. Im Übrigen sei während der Pausenzeiten eine Arbeitspflichtverletzung nicht möglich. Die Beklagte gäbe die Lage der Pausenzeiten nicht an. Zumindest bei den Zugriffen am 08. Dezember 2008 um 11:54 Uhr, 09. Dezember um 11: 47 Uhr, 10.Dezember um 11:34 Uhr und 12:26 Uhr sowie am 11. Dezember um 12:36 Uhr, 12:46 Uhr oder 13:46 Uhr könnte es sich um solche während der Mittagspause gehandelt haben. Bei den übrigen Zugriffen während der Arbeitszeit fehle es an einem Vortrag dazu, wie lange der Kläger im Internet verweilt habe. Es fehle wegen des im Kündigungsrecht geltenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes an einer Abmahnung, die vorliegend auch nicht entbehrlich sei, da keine exzessiven Nutzung habe festgestellt werden können. Die Kontostandsabfrage bei der S-Bank habe nach dem Vortrag des Klägers allenfalls 20 Sekunden betragen. Es habe kein Surfen vorgelegen. Die vom Kläger unterzeichnete Erklärung vom 04. August 2004 selbst sähe eine Sanktionierung mit arbeitsrechtlichen Mitteln vor. Dies sei eine Abmahnung. Der Vorgesetzte des Klägers - Herr Z. - habe diesem gestattet, den Zugangscode zu benutzen, um den Kontostand abzufragen. Ihren Vortrag zu nur einer einmaligen Erlaubnis und zum Zeitpunkt ihrer Erteilung substantiiere die Beklagte nicht, so dass die Vernehmung des Zeugen Z. einen Ausforschungsbeweis darstelle. Im Übrigen könne auch ein Missverständnis hinsichtlich der Erlaubnis vorliegen.

17

Der Auflösungsantrag sei nicht begründet. Das Führen von - mittlerweile 6 Rechtsstreitigkeiten - sei legitim. Eine ausgesprochene Änderungskündigung sei unter Vorbehalt angenommen und zugunsten des Klägers entschieden worden. Im Übrigen sei es zu Vergleichen gekommen. Die angeblich gegenüber dem Arbeitskollegen Y. in der Zeit von August bis Oktober 2008 getätigten klägerischen Äußerungen reichten nicht aus. Durch die - bestrittenen - Meinungsäußerungen seien die zulässigen Grenzen nicht überschritten. Im Schlussvergleich des Verfahrens AZ. 4 Ca 889/09 am 06. Mai 2009 hätten die Parteien die Wahrung gegenseitigen Stillschweigens vereinbart. Die Beklagte habe die Äußerungen des Klägers auch nicht weiter nach Datum und Anlass konkretisiert. Es läge im Übrigen prozessuales Verteidigungsvorbringen vor. Die im Klageschriftsatz getane Äußerung, dass er - der Kläger - von der Beklagten "aufs Korn" genommen werde, seien Rechtsauffassungen; gleiches gelte hinsichtlich der Äußerung zu einem klassischen Mobbing. Soweit die Beklagte anführe, der Kläger sei an 17 Tagen von September bis November 2008 angeblich 11 Stunden auf der Toilette gewesen, so habe diese keinerlei Beweis dafür angetreten, dass die Toilettenbesuche nicht wegen Magen- Darmproblemen des Klägers notwendig gewesen seien. Die abgemahnten Schlechtleistungen reichten nicht aus, ebenso nicht die kündigungsgegenständliche Internetnutzung. Anderes würde dem Zweck der Abmahnung zuwiderlaufen, die darauf gerichtet sei, etwa verlorengegangenes Vertrauen wiederherzustellen. Damit sei eine Prognose, eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit sei nicht mehr zu erwarten, nicht gerechtfertigt.

18

Zu den weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf das Teilurteil vom 30. September 2009 (Seite 8-20 = Bl. 202-214 d. A.) Bezug genommen.

19

Gegen das der Beklagten am 22. Oktober 2009 zugestellte Teilurteil richtet sich die am 11. November 2009 eingelegte und am 14.Dezember 2009 begründete Berufung.

20

Die Beklagte bringt zweitinstanzlich insbesondere vor,

21

neben den bereits mit Schriftsatz vom 29. Juni 2009 vorgetragenen Arbeitspflichtverletzungen in Form verbotswidriger Internetzugriffe im Zeitraum zwischen dem 03. und 12.12.2008 habe der Kläger auch an den folgenden Tagen während der Arbeitszeit diverse Internetzeiten, welche in keinem Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit stünden, besucht; nämlich am:

22

18.12.2008, 11:43 Uhr

 

22.12.2008, 13:36 Uhr

 

23.12.2008, 08:21 Uhr

 

23.12.2008, 11:36 Uhr

 

23.12.2008, 12:52 Uhr

 

23.12.2008, 15:06 Uhr

 

29.12.2008, 08:50 Uhr

  .     

23

Die Internetzugriffe durch den Kläger seien auch keinesfalls im Rahmen der Mittagspause, welche in einem Zeitfenster zwischen 11:30 Uhr bis 14:00 Uhr genommen werden könne erfolgt. Der Kläger habe seine Mittagspausen an den Tagen der vorgetragenen privaten Internetzugriffe zu folgenden Zeiten vorgenommen

24

03.12.2008

 12:58 Uhr bis 13:35 Uhr

05.12.2008

 12:39 Uhr bis 13:23 Uhr

08.12.2008

 12:46 Uhr bis 13:28 Uhr

09.12.2008

 12:35 Uhr bis 13:16 Uhr

10.12.2008

 12:47 Uhr bis 13:30 Uhr

11.12.2008

 12:52 Uhr bis 13:35 Uhr

12.12.2008

 13:10 Uhr bis 13:52 Uhr

18.12.2008

 12:32 Uhr bis 13:13 Uhr

22.12.2008

 12:46 Uhr bis 13:32 Uhr

23.12.2008

 13:15 Uhr bis 13:59 Uhr

29.12.2008

 12:39 Uhr bis 13:21 Uhr

25

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 27. April 2006 - 2 AZR 386/05 - käme als kündigungsrelevante Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten jede einzelne dieser Pflichtverletzungen in Betracht. Das Arbeitsgericht ginge auch von einer falschen Darlegungs- und Beweislast aus. Der Kläger selbst hätte sich vielmehr entlasten müssen. Ein Vortrag zu Zugriffen aus beruflichem Zweck sei nicht erfolgt. Für dessen Tätigkeit, Anzeigen an ein bestimmtes Seitenlayout anzupassen sei, kein Zugriff auf das Internet erforderlich gewesen. Aus den Abmahnungen vom 24. Oktober, 31. Oktober und 07. November 2008 sei zu entnehmen, dass es weitere Pflichtverletzungen gegeben habe. Insofern hätte das Arbeitsgericht auch kein Teilurteil erlassen dürfen. Im Übrigen mache die Unterzeichnung der Mitarbeitererklärung vom 04. August 2004 eine Abmahnung entbehrlich. Der Vortrag des Klägers zu einer durch Herrn Z. erteilten generellen Genehmigung sei nach Ort und Zeit nicht konkretisiert. Insofern hätte die angebotene Vernehmung des Zeugen Z. vom Arbeitsgericht nicht übergangen werden dürfen. Der Kläger habe in der Sitzung des Integrationsamtes am 12. Februar 2009 auch eingeräumt, das Internet seit 2007 während der Arbeitszeit immer wieder privat genutzt zu haben. Was den Auflösungsantrag anbelange, habe das Arbeitsgericht die gegenüber dem Zeugen Y.s getätigten Äußerungen zu Unrecht unberücksichtigt gelassen. Im Kollegenkreis seien zu Lasten des direkten Vorgesetzen Z. ehrverletzende Äußerungen gefallen (" Z. lügt dem [Herrn X.] die Taschen voll, "Der Z. lügt wenn er das Maul aufmacht", "Die sollen mal abwarten, wenn ich agiere dann kracht es hier ganz gewaltig. Ich habe da noch ein paar Sachen, die werde ich dann auspacken"). Die Aufzeichnungen des Zeugen Y. vom 10. November 2008 hätten unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BAG vom 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 Beachtung finden müssen. Das Arbeitsgericht habe ferner die Regeln über die Darlegungs- und Beweislast falsch angewandt, wenn es annähme, die Beklagte wäre für die Tatsache beweispflichtig gewesen, dass zwischen September und November 2008 angefallene 11 Fehlstunden nicht auf Magen- Darmproblemen des Klägers zurückzuführen seien.

26

Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich ,

27

1. das Teilurteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 30.09.2009 - AZ: 4 Ca 538/09 - abzuändern und die Klage abzuweisen;

28

2. hilfsweise das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung die 19.147,87 € nicht überschritten sollte, aufzulösen.

29

Der Kläger beantragt,

30

Zurückweisung der Berufung

31

und erwidert,

32

seit Ablehnung der Übernahme der stellvertretenen Leitung "Anzeigensatz" bei gleichem Einkommen sei er bei der Beklagten in Ungnade gefallen. Alle arbeitsgerichtlichen Verfahren seien von der Beklagten veranlasst worden. Die Mitarbeitererklärung vom 04. August 2004 würde seit Jahren nicht von der Beklagten gehandhabt. Herr Z. habe vor Jahren seinen persönlichen Einstiegscode auf fast allen PC´s installiert. Er - der Kläger - sei von der Berechtigung zur Privatnutzung aufgrund einer generellen Genehmigung durch den Vorgesetzten ausgegangen. Er - der Kläger - habe zu keinem Zeitpunkt gesurft. Die Ausdrucke belegten lediglich, dass sein - des Klägers - PC benutzt worden sei, ob von ihm oder anderen, ob privat oder dienstlich sei vollkommen offen. Die Arbeit habe im Übrigen nicht gelitten. Im Schriftsatz vom 09. Februar 2009 sei ausgeführt, dass seine - des Klägers - Toilettenbesuche nicht zur Begründung der Kündigung herangezogen würden. Was den Auflösungsantrag anbelange, so seien die Aufzeichnungen des Zeugen Y. zu bestreiten.

33

Zu den weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 14. Dezember 2009 (Bl. 267-288 d. A.) nebst den entsprechenden Anlagen (Bl. 290- 296 d. A.), zur Berufungsbeantwortung auf den Schriftsatz des Klägers vom 14. Januar 2010 (Bl. 306-315 d. A.) nebst Anlagen und die Feststellungen in der öffentlichen Sitzung des Landesarbeitsgerichts vom 26. Februar 2010 (Bl. 329- 331 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

34

Das Rechtsmittel der Berufung der Beklagten ist nach § 64 Abs. 1, Abs. 2 ArbGG statthaft. Es ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit § 520 ZPO) und damit zulässig.

35

Die Berufung hat in der Sache jedoch k e i n e n Erfolg.

36

Das Arbeitsgericht ist in dem angefochtenen Judikat zutreffend davon ausgegangen, dass das zwischen den Parteien vereinbarte Arbeitsverhältnis nicht durch die ordentliche Kündigung vom 27. Februar 2009 zum 31. August 2009 beendet wurde und der arbeitgeberseitig gestellte Auflösungsantrag abzuweisen war.

37

Die Kammer nimmt gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug auf die Feststellungen im Teilurteil vom 30. September 2009 - 4 Ca 538/09 - und macht sich diese - ergänzt um das nachfolgend Ausgeführte - zu eigen und sieht hier von einer wiederholenden Darstellung ab.

II.

38

Wegen der Angriffe der Berufung besteht Veranlassung zu folgenden Hinzufügungen:

39

1. Soweit die Berufung unter Darstellung der vorliegend tatbestandlich wiedergegebenen Zeiten der Mittagspause vom 03.12.-29.12.2008 ausführt, dass - insoweit im Gegensatz zu den Feststellungen des Arbeitsgerichts - die Internetzugriffe des Klägers während seiner Arbeitszeit erfolgten, führt dies gleichwohl aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen zu keiner von der Vorinstanz abweichenden Bewertung. Die Berufungskammer unterstellt den diesbezügliche Vortrag der Beklagten als zutreffend, meint jedoch, dass der Arbeitgeber seiner Darlegungslast zur Feststellung einer erhebliche Beeinträchtigung der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung entsprechend der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 07.05.2005 - 2 AZR 581/04 -) nicht so nachgekommen ist, dass eine Sozialgemäßheit der ausgesprochenen Kündigung anzunehmen wäre. Es fehlt nämlich an der Darstellung der Verweildauer des Klägers an den fraglichen Tagen im Internet; dies wäre insbesondere im Hinblick auf dessen Einwand, dass etwa Rückfragen bei seiner Bank zum Kontostand allenfalls 20 Sekunden betragen hätten, erforderlich gewesen, um die Schwere der behaupteten Pflichtverletzungen entsprechend der weiteren Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 27.04.2006 - 2 AZR 386/05 -) festzustellen. Die Dauer der Zugriffe ist - wie der Berufungskammer aus anderen Verfahren bekannt ist - grundsätzlich technisch feststellbar. Dass dies bei der Beklagten nicht möglich ist, kann für den darlegungspflichtigen Arbeitgeber aus zivilprozessualen Gründen zu den gegebenen Nachteilen führen. In tatsächlicher Hinsicht konnte der Kläger in der mündlichen Verhandlung ohne qualifizierten Widerspruch der Beklagten auch darlegen, dass er nicht nur mit reinen Umbrucharbeiten am Rechner befasst war, sondern zu bestimmten Zeiten, insbesondere am Donnerstagnachmittag und Freitagvormittag, mit dem Setzen von Anzeigen befasst war und er mit seinem PC, auf welchem, wie auch bei weiteren PC´s, der Zugangscode des Vorgesetzten installiert war, durchaus auch zu dienstlichen Zwecken im Internet war. Dies sei etwa zur Eruierung eines für ein in einer Anzeige aufzunehmenden Logos der Fall gewesen und erkläre die Zugriffe auf www.safari.de und www.chefkoch.de . Unwidersprochen blieb auch der weitere Vortrag des Klägers, dass er öfters im Haus "unterwegs" gewesen sei beispielsweise in der Fremddatenabteilung und ferner, 2-3 Auszubildende hätten seinen Rechner nutzen dürfen. Damit ergibt sich - insoweit entgegen der Auffassung der Berufung - gerade auf der Basis der aufgezeigten Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 27.04.2006 a. a. O.) keine ausreichende Möglichkeit, eine erhebliche Beeinträchtigung der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung und damit einen, die soziale Rechtfertigung begründenden, Kündigungssachverhalt festzustellen.

40

2. Auch soweit die Berufung der Ansicht ist, dass wegen der vom Kläger unterzeichneten Mitarbeitererklärung vom 04. August 2004 - im Tatbestand dargestellt - einer Abmahnung entbehrlich sei, vermag dem die Berufungskammer auch nicht im Hinblick darauf, dass am 24.10., 31.10. und 07.11.2008 wegen anderweitiger Pflichtverletzungen Abmahnungen erfolgt seien, zu folgen. Für eine verhaltensbedingte Kündigung gilt - wie die Beklagte im Ansatz zutreffend sieht - das Prognoseprinzip. Der Zweck der Kündigung ist nicht eine Sanktion für eine begangene Vertragspflichtverletzung, sondern die Vermeidung des Risikos weiterer erheblicher Pflichtverletzungen. Die vergangene Pflichtverletzung muss sich hierbei noch in Zukunft belastend auswirken (vgl. BAG, Urteil vom 31.05.2007 - 2 AZR 200/06 - und vom 12.01.2006 - 2 AZ R 179/05 - = EzA KSchG § 1 verhaltensbedingte Kündigung Nr. 68). Eine negative Prognose liegt vor, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde auch künftig den Arbeitsvertrag nach einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen (vgl. ErfK/Ascheid/Oetker, 7. Aufl., § 1 KSchG Rn. 297). Deshalb setzt eine Kündigung wegen Arbeitsvertragspflichtverletzung regelmäßig eine Abmahnung voraus, diese dient der Objektivierung der Negativprognose. Liegt eine ordnungsgemäße Abmahnung vor und verletzt der Arbeitnehmer erneut seine vertragliche Verpflichtungen, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, es werde auch zukünftig zu weiteren Vertragsstörungen kommen (vgl. BAG, Urteil vom 13.12.2007 - 2 AZR 818/06 -). Wegen einer Pflichtverletzung im Verhaltensbereich bedarf es analog § 323 Abs. 2 BGB nur dann keiner Abmahnung, wenn im Einzelfall besondere Umstände vorgelegen haben, aufgrund derer eine Abmahnung als nicht erfolgversprechend angesehen werden kann (vgl. BAG vom 19.04.2007 - 2 AZR 180/06 .- = NZA-RR 2007, 571). Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn erkennbar ist, dass der Arbeitnehmer nicht gewillt ist, sich vertragsgerecht zu verhalten. Nur besonders schwere Vorwürfe bedürfen keiner Abmahnung, weil hier der Arbeitnehmer von vorneherein nicht mit einer Billigung seines Verhaltens rechnen kann (vgl. ErfK/Müller/Glöge 230 BGB § 626 Rz. 28, 29).

41

Angesichts der obigen Feststellungen zum Sachverhalt und insbesondere den von der Beklagten auch im Berufungsverfahren nicht deutlich widerlegten Bekundungen des Klägers zu einer notwendigen dienstlichen Nutzung des Internets, bestehen keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass eine Abmahnung des Klägers nicht von Erfolg gekrönt gewesen wäre. Besonders schwere Verstöße lassen sich nicht feststellen - auch nicht unter dem Aspekt der Unterzeichnung der Mitarbeitererklärung vom 04. August 2004, die zum einen zeitlich lange zurückliegt und zum anderen inhaltlich, die Notwendigkeit arbeitsrechtlicher Sanktionen gerade selbst "vorschreibt". Hierzu gehört als "Vorstufe" einer verhaltensbedingten Kündigung grundsätzlich die zu fordernde Abmahnung.

42

In diesem Zusammenhang blieb auch unwidersprochen, dass die Beklagten im Hause einen PC für die Mitarbeiter zur Verfügung gestellt hat, wo diese auf Kosten der Beklagten surfen können. Dies "weicht" die auf ein Verbot der Privatnutzung gerichtete Mitarbeitererklärung vom 4. August 2004 "auf".

43

Die Tatsache schließlich, dass unter dem 24.10., 31.10. und 07.11.2008 Abmahnungen erteilt wurden, erweist sich nicht als rechtserheblich; denn diese Abmahnungen sind im Zusammenhang mit behaupteten fehlerhaften Platzierungen von Anzeigen erfolgt (Bl. 56-58 d. A.). Ein direkter Zusammenhang mit dem Kündigungsvorwurf ist nicht auszumachen, erst recht nicht, weil die vorliegende Kündigung nicht primär auf Schlechtleistungen gestützt wurde. Eine Kausalität zwischen den jeweiligen Zugriffen und möglichen Fehlern hinsichtlich der übertragenen Tätigkeit ist nicht feststellbar. Von daher durfte das Arbeitsgericht durchaus mit einem Teilurteil entscheiden.

44

In diesem Zusammenhang ist für die Kammer weniger von Bedeutung, ob der Kläger von einer erteilten generellen Genehmigung durch den Zeugen Z. ausgehen durfte, als vielmehr die Tatsache, dass dieser Zeuge als Vorgesetzter seinen Zugangscode auf nahezu allen Computern installiert und damit die Möglichkeit des Zugriffs in das Internet überhaupt ermöglicht hat.

III.

45

Was die Angriffe der Berufung auf die vom Arbeitsgericht abgelehnte Auflösung des Arbeitsverhältnisses anbelangt, führen auch diese zu keiner abändernden Entscheidung.

46

1. Der Auflösungsantrag des Arbeitgebers ist nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG nur begründet, wenn eine dem Betriebsfrieden dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht zu erwarten ist. Hierbei sind grundsätzliche strenge Anforderungen zu stellen, weil das Kündigungsschutzgesetz den Arbeitnehmer vor dem Verlust des Arbeitsplatzes durch sozialwidrige Kündigungen bewahren will. Auch wenn die Auflösungsgründe nicht das gleiche Gewicht haben müssen, das eine außerordentliche Kündigung oder auch nur eine ordentliche Kündigung rechtfertigen würde, müssen die maßgeblichen Umstände das persönliche Verhältnis zum Arbeitgeber, die Wertung der Persönlichkeit des Arbeitnehmers, seiner Leistung oder seiner Eignung und oder sein Verhalten zu den übrigen Mitarbeitern betreffen (vgl. Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht, Kommentar 3. Aufl., KSchG § 9 Rz. 20 ff; BAG 23.06.2005 - 2 AZR 256/04 - = NZA 2006, 363).

47

2. Soweit sich die Berufung auf die Aufzeichnung des Zeugen Y. vom 10. November 2008 und insbesondere darauf beruft, dass im Kollegenkreis zu Lasten des direkten Vorgesetzten des Klägers, Herrn Z., ehrverletzende Äußerungen gefallen seien, ist zu sehen, dass Äußerungen im Kündigungsschutzprozess regelmäßig durch berechtigte Interessen des Arbeitnehmers gedeckt sein und nicht ohne weiteres als Auflösungsgrund herangezogen werden können (vgl. BAG, Urteil vom 10.07.2008 - 2 AZR 1111/06 - m. w. N.).

48

Vorliegend zeigt die Summierung der tatbestandlich wiedergegebenen zahlreichen Verfahren durchaus Ansätze, den Kläger "zu disziplinieren", so dass auch hier von der Wahrnehmung berechtigter Interessen in den Äußerungen des Klägers gegenüber seinem Arbeitskollegen ausgegangen werden kann.

49

Die Ausführungen der Berufung zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast anlässlich der 11 Fehlstunden im Zusammenhang mit Toilettenbesuchen des Klägers mögen richtig sein, bedürfen jedoch keiner eigenständiger Befassung, da durch diesen Sachverhalt das Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unmittelbar berührt wird und damit keinen Auflösungsgrund zu produzieren in der Lage ist.

IV.

50

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, 64 Abs. 6 ArbGG.

V.

51

Gründe, die Revision zuzulassen liegen nach Auffassung der Berufungskammer nicht vor.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 5. Januar 2010 - 3 Sa 253/09 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

2

Der Kläger war bei der Beklagten, einem Unternehmen für Vertriebs- und Servicedienstleistungen, seit dem 2. November 1999 als „Leiter IT/TK Department“ beschäftigt. Er war zuständig für die Betreuung der Hard- und Software. In § 8 Abs. 9 des Arbeitsvertrags ist geregelt, dass eine „Geheimhaltungs- und Verpflichtungserklärung“ sowie „Regeln über die Anwendung von Computerprogrammen“ Bestandteile des Vertrags sind. In der „Geheimhaltungs- und Verpflichtungserklärung“ vom 27. Oktober 1999 sagte der Kläger Verschwiegenheit hinsichtlich aller dienstlichen Angelegenheiten zu. Nach Ziff. 6 der „Regeln für die Anwendung von Computerprogrammen und die Behandlung von Dateien“ vom 27. Oktober 1999 ist es den Mitarbeitern nicht erlaubt, persönliche Software von zu Hause mitzubringen und auf den Computern des Unternehmens zu nutzen. Ebensowenig dürfen Programme des Unternehmens mit nach Hause genommen und auf einem eigenen Computer benutzt werden. Auf die Notwendigkeit der Einhaltung der zur Computersicherheit geltenden Regelungen hatte der Kläger als Leiter der IT-Abteilung die Mitarbeiter unter Hinweis auf arbeitsrechtliche Konsequenzen bei einer Zuwiderhandlung mehrfach hingewiesen.

3

Im Jahr 2008 stellte die Beklagte fest, dass sich der Kläger seit Mai 2007 nicht mehr in ihrem Netzwerk angemeldet habe. Eine Anmeldung ist erforderlich, um auf dem firmeneigenen Laptop gespeicherte Daten auf dem zentralen Server des Netzwerks abzuspeichern und zu hinterlegen. Nur auf die dort in digitalisierter Form hinterlegten Arbeitsergebnisse ist ein direkter Zugriff der Beklagten möglich. Am 25. August 2008 sprach der Personalleiter der Beklagten den Kläger auf diesen Umstand an. Der Kläger bestätigte, dass er die Daten auf einer privaten Festplatte sichere und abspeichere. Daraufhin stellte die Beklagte ihn von seiner Arbeitsleistung frei.

4

Am 27. August 2008 untersuchte die Beklagte den firmeneigenen Laptop des Klägers und seine private Festplatte. Auf der Festplatte waren auch Dateien der Beklagten gespeichert. Auf dem Laptop befanden sich neben einer Vielzahl von Unternehmensdaten, Passwörtern und Zugriffsdaten für den Server der Beklagten, Angeboten an Kunden, Mitarbeiterbeurteilungen, Bewerbungsunterlagen und Kostenaufstellungen auch private Dateien, bestehend aus Videos, Bildern und MP-3-Dateien. Die gesamten Daten waren unverschlüsselt abgespeichert.

5

Die Beklagte sah darin einen massiven Verstoß des Klägers gegen seine Obhuts- und Rücksichtnahmepflichten (§ 241 Abs. 2 BGB). Nachdem sie den Betriebsrat angehört hatte, kündigte sie mit Schreiben vom 2. September 2008 das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich, hilfsweise ordentlich und fristgerecht zum 31. Dezember 2008.

6

Der Kläger hat hiergegen rechtzeitig Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, es bestehe kein Grund für die außerordentliche Kündigung. Auch seien die Frist gemäß § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten und der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Die Kündigung sei auch als ordentliche nicht sozial gerechtfertigt.

7

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 2. September 2008 weder fristlos noch mit Ablauf des 31. Dezember 2008 aufgelöst worden ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe ihr durch sein Verhalten eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar gemacht. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei gewahrt. Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß angehört worden.

9

Das Arbeitsgericht hat mit Teilurteil nur über die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung entschieden und der Klage insoweit stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt diese ihren Antrag weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht entschieden, dass die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 2. September 2008 das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgelöst hat. Es fehlt an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB. Darauf, ob die Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt oder die Kündigung nach § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam ist, kommt es daher nicht an. Über die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung zum 31. Dezember 2008 war nicht zu entscheiden.

11

I. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

12

1. Ein wichtiger Grund zur Kündigung kann sowohl in einer erheblichen Verletzung von vertraglichen Hauptleistungspflichten als auch in der von Nebenpflichten liegen (BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 845/08 - Rn. 19, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 31; 2. März 2006 - 2 AZR 53/05 - Rn. 21, AP BGB § 626 Krankheit Nr. 14 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 16). Als Vertragspflichtverletzung, die eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen vermag, ist ein nachhaltiger Verstoß des Arbeitnehmers gegen berechtigte Weisungen des Arbeitgebers anzusehen (BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 845/08 - Rn. 20, aaO; KR/Fischermeier 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 459 mwN). Ebenso kann die erhebliche Verletzung der Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers gemäß § 241 Abs. 2 BGB einen wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB bilden. Der konkrete Inhalt dieser Pflicht ergibt sich aus dem jeweiligen Arbeitsverhältnis und seinen spezifischen Anforderungen (BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 845/08 - aaO; 26. März 2009 - 2 AZR 953/07 - Rn. 24, AP BGB § 626 Nr. 220). Einer besonderen Vereinbarung bedarf es insoweit nicht (BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 845/08 - aaO).

13

2. Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 34, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32).

14

a) Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32; 19. April 2007 - 2 AZR 180/06 - Rn. 45, AP BGB § 174 Nr. 20 = EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 7). Als mildere Reaktionen sind insbesondere Abmahnung und ordentliche Kündigung anzusehen. Sie sind dann alternative Gestaltungsmittel, wenn schon sie geeignet sind, den mit der außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck - die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen - zu erreichen (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - aaO; KR/Fischermeier 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 251 mwN). Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 36, aaO; Schlachter NZA 2005, 433, 436). Ordentliche und außerordentliche Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung setzen deshalb regelmäßig eine Abmahnung voraus. Sie dient zugleich der Objektivierung der negativen Prognose (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - aaO; 23. Juni 2009 - 2 AZR 283/08 - Rn. 14 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Abmahnung Nr. 5 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 75; Staudinger/Preis <2002> § 626 BGB Rn. 109).

15

b) Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist eine Kündigung nicht gerechtfertigt, wenn es mildere Mittel gibt, eine Vertragsstörung zukünftig zu beseitigen (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 37, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32). Dieser Aspekt hat durch die Regelung des § 314 Abs. 2 BGB iVm. § 323 Abs. 2 BGB eine gesetzgeberische Bestätigung erfahren. Einer Abmahnung bedarf es in Ansehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes deshalb nur dann nicht, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft selbst nach Abmahnung nicht zu erwarten steht oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass eine Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 56, aaO; vgl. auch BAG 23. Juni 2009 - 2 AZR 103/08 - Rn. 33, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 59 = EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 17).

16

3. Die Prüfung der Voraussetzungen des wichtigen Grundes ist in erster Linie Sache der Tatsacheninstanzen. Dennoch geht es um Rechtsanwendung, nicht um Tatsachenfeststellung. Die Würdigung des Berufungsgerichts wird in der Revisionsinstanz darauf hin überprüft, ob es den anzuwendenden Rechtsbegriff in seiner allgemeinen Bedeutung verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob es alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt hat (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 17, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32; 27. November 2008 - 2 AZR 193/07 - Rn. 22, AP BGB § 626 Nr. 219).

17

II. Bei Anwendung dieser Grundsätze hält die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

18

1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe die Pflichtverletzung des Klägers, unter Verstoß gegen die „Regeln für die Anwendung von Computerprogrammen und die Behandlung von Dateien“ private Dateien auf dem Firmenlaptop gespeichert zu haben, zunächst abmahnen müssen. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Fehlverhalten des Klägers wiegt nicht so schwer, dass es ohne Weiteres eine fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen könnte.

19

a) In der Speicherung privater Dateien auf dem Firmen-Laptop liegt keine Pflichtverletzung des Klägers, bei der eine Hinnahme des Verhaltens durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen wäre. Zwar ist auf den Computern der Beklagten laut Ziff. 6 Abs. 1 Satz 3 der „Regeln über die Anwendung von Computerprogrammen und die Behandlung von Dateien“ die Verwendung privater Software untersagt. Das Landesarbeitsgericht hat aber zutreffend berücksichtigt, dass der Kläger die privaten Dateien nach seinem unwidersprochenen Vorbringen nicht aus dem Internet heruntergeladen, sondern von eigenen Datenträgern überspielt hat. Die Beklagte hat weder behauptet, dass es sich dabei um strafrechtlich relevantes oder sonst anrüchiges Material gehandelt habe, noch lässt sich ihrem Vorbringen entnehmen, dass konkrete Beeinträchtigungen der Funktionen des Laptops oder des Netzwerks eingetreten wären. Dass der Kläger die auf dem Laptop installierte private Software während der Arbeitszeit zu privaten Zwecken genutzt habe, hat die Beklagte ebenso wenig geltend gemacht.

20

Auch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Stellung des Klägers als Leiter der IT-Abteilung und Vorgesetzter rechtfertige keine andere Beurteilung, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Zwar zeigen die Hinweise des Klägers an die Mitarbeiter, dass er sich der Gefahren eines Regelverstoßes für die Sicherheit und Funktion der IT-Systeme bewusst war. Wenn er selbst die Regeln nicht eingehalten hat, stellt dies aber kein Verhalten dar, dessen auch nur erstmalige Hinnahme durch die Beklagte offensichtlich ausgeschlossen war.

21

2. Eine Abmahnung war auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Kläger Unternehmensdaten auf dem Laptop nur durch ein einfaches Passwort gesichert hatte. Ob der Kläger insoweit überhaupt pflichtwidrig gehandelt hat, bedarf keiner Klärung. Die Beklagte hat nicht behauptet, es habe eine ausdrückliche Anordnung gegeben, weitergehende Sicherungen vorzunehmen. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, eine Abmahnung hätte zukünftig ein vertragsgerechtes Verhalten des Klägers erwarten lassen, ist unter diesen Umständen revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt auch, soweit die Beklagte geltend gemacht hat, es sei gerade Aufgabe des Klägers gewesen, für weitergehende Sicherungsmaßnahmen zu sorgen. Damit rügt sie eine Schlechtleistung des Klägers, welche ihrerseits einer Abmahnung bedurft hätte.

22

3. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, auch die Speicherung unternehmensbezogener Dateien auf einer privaten Festplatte und ohne Sicherung gegen unbefugten Zugriff wiege im Streitfall nicht so schwer, dass sie die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen könne.

23

a) Allerdings kann durch eine unerlaubte Speicherung unternehmensbezogener Daten auf einer privaten Festplatte die Pflicht zur Rücksichtnahme aus § 241 Abs. 2 BGB verletzt sein. Sollten personenbezogene Daten iSv. § 3 Abs. 1 BDSG betroffen gewesen sein, kommt zudem ein Verstoß gegen § 5 Satz 1 BDSG in Betracht. Die Beklagte beruft sich außerdem darauf, der Kläger habe seine Vertragspflichten dadurch verletzt, dass er die Daten nicht auch auf dem Netzwerkserver hinterlegt habe.

24

aa) Eine Verletzung von Urheberrechten ist mit dem Verhalten des Klägers nicht verbunden. Die Beklagte hat keine Tatsachen vorgetragen, die die Annahme rechtfertigten, bei den vom Kläger auf seine private Festplatte kopierten Dateien habe es sich um urheberrechtlich geschützte Werke gehandelt. Es kann daher dahinstehen, ob die Herstellung von Sicherungskopien bereits eine unerlaubte Vervielfältigung darstellt (vgl. dazu § 15 Abs. 1 Nr. 1, §§ 16, 69c, 69d UrhG). Zwar sind Computerprogramme nach Maßgabe der §§ 69a ff. UrhG urheberrechtlich geschützt. Daten oder in Dateien gespeicherte Datenbestände sind für sich genommen aber keine Computerprogramme in diesem Sinne, da sie keine Befehls- oder Steuerungsanweisungen an den Computer enthalten (vgl. Fromm/Nordemann/Czychowski Urheberrecht 10. Aufl. § 69a UrhG Rn. 12; Dreier/Schulze/Dreier UrhG 3. Aufl. § 69a Rn. 12; Wandtke/Bullinger/Grützmacher UrhR 3. Aufl. § 69a UrhG Rn. 17 ). Ein Computerprogramm ist eine Folge von Befehlen, die nach Aufnahme in einen maschinellen Träger fähig sind zu bewirken, dass eine Maschine mit informationsverarbeitenden Fähigkeiten eine bestimmte Funktion oder Aufgabe oder ein bestimmtes Ergebnis anzeigt, ausführt oder erzielt (vgl. BGH 9. Mai 1985 - I ZR 52/83 - zu II 2 a aa der Gründe, BGHZ 94, 276). Bloße Daten oder Datensammlungen sind regelmäßig auch keine urheberrechtlich geschützten Schriftwerke (Fromm/Nordemann/Nordemann Urheberrecht 10. Aufl. § 2 UrhG Rn. 76). Der Schutz als Schriftwerk iSv. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG verlangt gemäß § 2 Abs. 2 UrhG, dass das Werk Ergebnis einer persönlichen geistigen Schöpfung ist. Selbst wenn eine Sammlung von Daten auf einer inhaltlichen Verarbeitung und Auswahl von Erkenntnissen beruht, findet diese möglicherweise schöpferische Tätigkeit keine gestalterische Darstellung in den Daten selbst (Nordemann aaO).

25

bb) Auch ein Verstoß gegen Ziff. 6 Abs. 2 der betrieblichen „Regeln über die Anwendung von Computerprogrammen und die Behandlung von Dateien“ liegt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht vor. Danach ist es untersagt, Programme des Unternehmens mit nach Hause zu nehmen und auf einem eigenen Computer zu nutzen. Die Regeln differenzieren ebenfalls zwischen Computerprogrammen und Dateien. Die Beklagte hat weder dargelegt, dass es sich bei den vom Kläger kopierten Dateien um Computerprogramme gehandelt, noch dass der Kläger andere „Programme des Unternehmens“ auf seinem eigenen Computer genutzt habe.

26

b) Es kann offenbleiben, ob der Kläger gegen § 241 Abs. 2 BGB, ggf. iVm. § 5 BDSG, tatsächlich verstoßen hat. Jedenfalls ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht mögliche Pflichtverletzungen des Klägers durch das Kopieren unternehmensbezogener Daten auf eine private Festplatte nicht als hinreichenden Kündigungsgrund angesehen hat. Dies gilt auch dann, wenn das tatsächliche Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 14. Dezember 2009 als wahr unterstellt wird.

27

aa) Der Umstand, dass der Kläger unternehmensbezogene Dateien auf seiner privaten Festplatte gespeichert hat, rechtfertigt nicht die Annahme, er habe die fraglichen Daten unterdrücken oder der Beklagten vorenthalten wollen. Diese selbst hat im Schriftsatz vom 14. Dezember 2009 vorgetragen, dass die Dateien überwiegend auch auf dem firmeneigenen Laptop gespeichert waren. Soweit sie geltend gemacht hat, Dateien im Zusammenhang mit zwei ausländischen Standorten seien ausschließlich auf der privaten Festplatte des Klägers gespeichert gewesen, stützt sie den Vorwurf des Unterdrückens bzw. Vorenthaltens der Daten lediglich darauf, dass der Kläger diese Arbeitsergebnisse nicht zusätzlich auf ihrem Netzwerkserver hinterlegt habe. Die Schlussfolgerung der Beklagten wird durch die behaupteten Indiztatsachen nicht getragen. Sie ist auch dann nicht berechtigt, wenn die Behauptung, der Kläger sei seit Mai 2007 nicht mehr im betrieblichen Netzwerk eingeloggt gewesen, und das weitere Vorbringen im Schriftsatz vom 14. Dezember 2009 mitbedacht werden. Das Landesarbeitsgericht hat deshalb im Ergebnis zu Recht keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gesehen.

28

(1) Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass und welche konkreten Weisungen sie zur Hinterlegung von Arbeitsergebnissen im Firmennetz erteilt habe. Sie hat zwar vorgebracht, zur Datensicherung müssten Änderungen an Dateien auf ihrem Netzwerkserver abgespeichert werden. Nur so sei gewährleistet, dass Daten nicht verloren gingen oder in die Hände Unbefugter gelangten. Dass es entsprechende ausdrückliche Anordnungen gegeben habe, hat sie aber nicht behauptet. Soweit sie darauf verweist, der Kläger selbst habe Regeln für die Benutzung eines Firmenlaptops formuliert, handelte es sich bei diesen nach ihrem eigenen Vorbringen nur um einen nicht weiter verfolgten Regelungsentwurf.

29

(2) Soweit die Beklagte vorgebracht hat, der Kläger sei auch ohne ausdrückliche Anordnung verpflichtet gewesen, ihr einen digitalen Zugriff auf seine Arbeitsergebnisse zu ermöglichen, hat sie nicht dargelegt, inwiefern dem Kläger dies in Bezug auf die nicht hinterlegten Daten hätte bewusst sein müssen. Im Übrigen ist es nach ihrem eigenen Vorbringen durch die Unterlassungen des Klägers nicht zu Beeinträchtigungen ihrer Tätigkeit gekommen.

30

bb) Die mögliche Unzulänglichkeit der Sicherung der auf der privaten Festplatte des Klägers gespeicherten Daten rechtfertigt eine Kündigung ebensowenig. Ein damit verbundener Verstoß gegen die Pflicht zur Rücksichtnahme aus § 241 Abs. 2 BGB, ggf. iVm. § 5 BDSG, wiegt nicht so schwer, dass eine vorherige Abmahnung entbehrlich gewesen wäre. Zwar hat der Kläger die Sicherheit der Daten durch das Kopieren auf seine private Festplatte möglicherweise gefährdet. Dass er aber geradezu leichtfertig mit den gespeicherten Daten umgegangen wäre, ist nicht ersichtlich. Die Beklagte hat nicht behauptet, dass Dritte tatsächlich Zugriff auf sie hätten nehmen können.

31

4. War hinsichtlich der Einzelvorwürfe eine Abmahnung nicht entbehrlich, sind diese auch in ihrer Gesamtheit nicht geeignet, die außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen.

32

III. Als unterlegene Partei hat die Beklagte gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

        

        

    Gans    

        

    Pitsch    

        

        

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

weitere Fundstellen einblendenweitere Fundstellen ...

Diese Entscheidung wird zitiert ausblendenDiese Entscheidung wird zitiert


Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 26.2.2009, Az.: 8 Ca 2275/08, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen sowie einer außerordentlichen Kündigung.

2

Der Kläger war bei der Beklagten, bei der regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden tätig sind, seit Mai 2007 als Servicekraft im Bürobereich beschäftigt. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 15.09.2008 ordentlich zum 15.10.2008 sowie mit Schreiben vom 08.10.2008 fristlos. Gegen diese Kündigungen richtet sich die vom Kläger am 25.09.2008 beim Arbeitsgericht eingereichte und mit Schriftsatz vom 24.10.2008 erweiterte Klage.

3

Von einer wiederholenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen streitigen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 26.02.2009 (dort S. 3 - 8 = Bl. 63 - 68 d. A.) Bezug genommen.

4

Der Kläger hat beantragt,

5

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 15.09.2008, zugegangen am 15.09.2008, beendet ist,

6

2. festzustellen, dass keine anderen Beendigungstatbestände vorliegen,

7

3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch die außerordentliche Kündigung vom 08.10.2008 endet.

8

Die Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 26.02.2009 abgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 8 - 17 dieses Urteils (= Bl. 68 - 77 d. A.) verwiesen.

11

Gegen das ihm am 09.03.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.04.2009 Berufung eingelegt und diese am 16.04.2009 begründet.

12

Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, zu keinem Zeitpunkt habe er die Absicht gehabt, sich unrechtmäßig auf Kosten der Beklagten um 400,-- € zu bereichern. Es treffe bereits nicht zu, dass am 17.09.2008 ein Kassenfehlbestand in dieser Höhe festgestellt worden sei. Vielmehr habe es sich dabei um einen Mehrbetrag gehandelt, den er - der Kläger - sich nicht habe erklären können. Bereits 4 -6 Wochen vor dem 17.09.2008 habe er dem für die Buchhaltung der Beklagten zuständigen Mitarbeiter von dem betreffenden Mehrbetrag in Kenntnis gesetzt. Trotz mehrfacher Nachfrage habe die Kassendifferenz seitens der Buchhaltung nicht aufgeklärt werden können. Aus Angst, dass die Kassenunstimmigkeit gegen ihn verwandt werde, habe er die 400,-- € aus der Kasse entnommen, um diesen Geldbetrag sodann später gegen eine Quittung wieder zurückgeben zu können. Nach seiner Befürchtung hätte der Geldbetrag ansonsten "verschwinden" können, so dass man ihn hätte später womöglich unberechtigt in Anspruch nehmen können. Es treffe zu, dass er im Rahmen eines Gesprächs am 19.09.2008 von Seiten der Beklagten aufgefordert worden sei, die 400,-- € einzuzahlen und dass er diesbezüglich erklärt habe, er müsse zunächst mit seinem Anwalt sprechen. Dieser habe ihm sodann dazu geraten, das Geld in jedem Fall und unabhängig von seiner Befürchtung, wieder eine Abmahnung zu erhalten, gegen Quittung oder durch einen Zeugen zurückzugeben. Eine Quittung oder die Existenz eines Zeugen sei aus seiner Sicht wichtig gewesen, damit ihm wegen des Betrages von 400,-- € zu einem späteren Zeitpunkt keine Wegnahme unterstellt werden könne. Es treffe zu, dass er sich am 24.09.2008 bei der Mitarbeiterin der Beklagten, Frau W , telefonisch gemeldet und mit dieser vereinbart habe, das Geld am nächsten Tag zu übergeben, was sodann auch - dies ist zwischen den Parteien unstreitig - geschehen sei. Zu keinem Zeitpunkt habe er auch nur im Entferntesten daran gedacht, sich um die 400,-- € zu bereichern. Darüber hinaus sei die Kündigung nicht innerhalb der 2-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB ausgesprochen worden. Ausgehend vom Sachvortrag der Beklagten sei dieser der maßgebliche Sachverhalt bereits am 17.09.2008 bekannt gewesen.

13

Wegen aller Einzelheiten des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 15.04.2009 (Bl. 102 - 106 d. A.) sowie auf den Schriftsatz des Klägers vom 06.07.2009 (Bl. 142 f d. A.) Bezug genommen.

14

Der Kläger beantragt,

15

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht durch die Kündigungen vom 15.09.2008 und vom 08.10.2008 aufgelöst worden ist.

16

Die Beklagte beantragt,

17

die Berufung zurückzuweisen.

18

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Wegen aller Einzelheiten ihres Vorbringens im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 15.05.2009 (Bl. 122 - 124 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

19

Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das somit insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage vielmehr sowohl im Ergebnis zu Recht als auch mit zutreffender Begründung insgesamt abgewiesen.

II.

20

Die Klage ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist bereits durch die streitbefangene fristlose Kündigung vom 08.10.2008 mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden.

21

Das Berufungsgericht folgt den ausführlichen und sorgfältig dargestellten Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils und stellt dies hiermit gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Von der Darstellung eigener vollständiger Entscheidungsgründe wird daher abgesehen. Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren gibt lediglich Anlass zu folgenden ergänzenden Klarstellungen:

22

1. Die als außerordentliche Kündigung erweist sich wegen Vorliegens eines wichtigen Grundes i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB sowie in Ermangelung sonstiger Unwirksamkeitsgründe als rechtswirksam.

23

Ein wichtige Grund i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB ist nach der gesetzlichen Definition gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, die es dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile unzumutbar machen, das Arbeitsverhältnis für die Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses fortzusetzen. Es ist daher zunächst zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt - ohne die besonderen Umstände des Einzelfalles - (überhaupt) geeignet ist, einen wichtigen Grund zu bilden. Sodann ist zu untersuchen, ob unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die konkrete Kündigung gerechtfertigt ist, d. h. ob es dem Kündigenden unzumutbar geworden ist, das Arbeitsverhältnis bis zu dem gemäß § 626 Abs. 1 BGB relevanten Zeitpunkt fortzusetzen.

24

Es ist allgemein anerkannt, dass der Verdacht, der Arbeitnehmer könne eine strafbare Handlung zu Lasten des Arbeitgebers oder eine schwerwiegende Pflichtverletzung begangen haben, geeignet sein kann, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung zu bilden. Entscheidend ist, dass es gerade der Verdacht ist, der das zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen des Arbeitgebers in die Redlichkeit des Arbeitnehmers zerstört oder zu einer unerträglichen Belastung des Arbeitsverhältnisses geführt hat. Der Verdacht muss objektiv durch Tatsachen begründet sein, die so beschaffen sind, dass sie einen verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zum Ausspruch der Kündigung veranlassen können. Der Verdacht muss darüber hinaus dringend sein, d. h. es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass der gekündigte Arbeitnehmer die Straftat oder die Pflichtverletzung begangen hat. Der Arbeitgeber muss alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhaltes unternommen haben. Er ist insbesondere verpflichtet, den verdächtigen Arbeitnehmer anzuhören, um ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

25

Das Arbeitsgericht ist unter Würdigung des Vorbringens der Parteien zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass gegen den Kläger der dringende Verdacht besteht, einen Betrag von 400,-- € aus der Kasse der Beklagten entnommen zu haben in der Absicht, dieses Geld für sich zu behalten. Insoweit kann offen bleiben, ob es sich bei der betreffenden Geldsumme um einen von der Beklagten am 17.09.2008 festgestellten Fehlbetrag oder aber - wie vom Kläger behauptet - um einen nicht aufklärbaren Kassenüberschuss gehandelt hat. Unstreitig hat der Kläger nämlich einen entsprechenden Geldbetrag aus der Kasse entnommen und diesen - jedenfalls zunächst - einbehalten. Dies hat der Kläger, wie ebenfalls zwischen den Parteien unstreitig ist, im Rahmen seiner Anhörung am 19.09.2008 eingeräumt und auf die Aufforderung hin, das Geld zurückzuzahlen, erklärt, er wolle diesbezüglich zunächst Rücksprache mit seinem Anwalt nehmen. Die Rückzahlung erfolgte sodann erst am 25.09.2008. Bereits das Entnehmen der 400,-- € aus der Kasse der Beklagten stellt eine äußerst schwerwiegende Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten dar. Das Verhalten des Klägers begründet darüber hinaus den dringenden Verdacht dass er - jedenfalls zunächst - nicht beabsichtigte, die entnommene Geldsumme an die Beklagte zurückzuzahlen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Kläger die Beklagte vor dem Gespräch am 19.09.2008 nicht davon in Kenntnis gesetzt hatte, den nach seiner Behauptung vorhandenen Mehrbetrag aus der Kasse entnommen zu haben. Selbst im Rahmen seiner Anhörung am 19.09.2008 hat er sich nicht zur sofortigen Rückzahlung bereit erklärt, sondern angekündigt, er werde diesbezüglich zunächst mit seinem Anwalt sprechen. Es besteht daher die hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Kläger, hätte die Beklagte von der Geldentnahme keine Kenntnis erlangt, das Geld nicht zurückgezahlt, sondern auf Dauer einbehalten hätte und dass dies auch seiner ursprünglichen Absicht entsprach. Soweit der Kläger zur Rechtfertigung seines Verhaltens vorträgt, er habe das Geld aus der Kasse entnommen, um dieses sodann später gegen Quittung wieder zurückgeben zu können und um dadurch zu verhindern, dass er später unberechtigterweise in Anspruch genommen werde, so ist dieses Vorbringen - auch aus Sicht der Berufungskammer - schlichtweg nicht nachvollziehbar. Gerade unter Zugrundelegung der Behauptung des Klägers, wonach es sich bei den 400,-- € um eine Kassenüberschuss handelte, hätte es für den Kläger nahe gelegen, diesen Überschuss in irgend einer Weise schriftlich zu dokumentieren und/oder den entsprechenden Geldbetrag der bei der Beklagten insoweit zuständigen Stelle zu übergeben. Keinesfalls bestand bei vernünftiger Betrachtung hingegen für einen redlichen Arbeitnehmer Anlass dafür, das Geld aus der Kasse zu entnehmen, ohne den Arbeitgeber hiervon unverzüglich in Kenntnis zu setzen.

26

Gegen den Kläger besteht daher nach wie vor der dringende Verdacht einer Straftat zu Lasten der Beklagten. Dieser Verdacht ist zweifellos an sich geeignet, den Ausspruch einer fristlosen Kündigung zu rechtfertigen. Die vor dem Ausspruch einer Verdachtskündigung erforderliche Anhörung des Arbeitnehmers hat vorliegend unstreitig am 19.09.2008 stattgefunden.

27

Im Hinblick auf die Schwere der Pflichtverletzung, welcher der Kläger dringend verdächtigt ist, war die Beklagte auch nicht gehalten, den Kläger zunächst abzumahnen. Zwar ist auch bei einer Störung im Vertrauensbereich zu prüfen, ob eine künftige pflichtgemäße Vertragserfüllung bereits mit dem Ausspruch einer Abmahnung herbeigeführt werden kann. Allerdings ist eine Abmahnung dann entbehrlich, wenn es um eine schwere Pflichtverletzung geht, deren Rechtswidrigkeit dem Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar und bei der eine Hinnahme des Verhaltens durch den Arbeitgeber offenbar ausgeschlossen war. Im Streitfall war für den Kläger die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens (Entnahme eines Geldbetrages aus der Kasse der Beklagten) ebenso ohne weiteres erkennbar wie der Umstand, dass eine Hinnahme dieses Verhaltens seitens der Beklagten ausgeschlossen war. Darüber hinaus ist in Anbetracht des gegen den Kläger bestehenden dringenden Verdachts einer Straftat das Vertrauen der Beklagten in dessen künftige Vertragstreue und in dessen Redlichkeit zerstört. Diese Zerstörung des Vertrauensverhältnisses kann auch nicht durch eine Abmahnung und künftige Vertragstreue des Klägers wieder hergestellt werden.

28

Auch die bei jeder Kündigung durchzuführende Interessenabwägung steht der Wirksamkeit der streitbefangenen außerordentlichen Kündigung nicht entgegen. In Anbetracht der relativ kurzen Betriebszugehörigkeit des Klägers (seit Mai 2007) und des eingetretenen Vertrauensverlustes wiegt der gegen den Kläger bestehende Verdachts so schwer, dass der Beklagten nicht zugemutet werden konnte, den Kläger noch wenigstens bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist, d. h. bis zum 15.11.2008 weiter zu beschäftigen.

29

Die Beklagte hat auch die zwei-wöchige Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt. Diesbezüglich ist den in jeder Hinsicht zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts unter I. 5. der Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils nichts hinzuzufügen.

30

2. Da das Arbeitsverhältnis somit durch die außerordentliche Kündigung vom 08.10.2008 mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden ist, erweist sich auch die gegen die zum 15.10.2008 ausgesprochene ordentliche Kündigung vom 15.09.2008 gerichtete Klage als unbegründet.

III.

31

Die Berufung des Klägers war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

32

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird der Kläger hingewiesen.

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

(1) Die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung, einer Bordvertretung oder eines Seebetriebsrats ist unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach § 103 des Betriebsverfassungsgesetzes erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Nach Beendigung der Amtszeit ist die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung oder eines Seebetriebsrats innerhalb eines Jahres, die Kündigung eines Mitglieds einer Bordvertretung innerhalb von sechs Monaten, jeweils vom Zeitpunkt der Beendigung der Amtszeit an gerechnet, unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; dies gilt nicht, wenn die Beendigung der Mitgliedschaft auf einer gerichtlichen Entscheidung beruht.

(2) Die Kündigung eines Mitglieds einer Personalvertretung, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung oder einer Jugendvertretung ist unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach dem Personalvertretungsrecht erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Nach Beendigung der Amtszeit der in Satz 1 genannten Personen ist ihre Kündigung innerhalb eines Jahres, vom Zeitpunkt der Beendigung der Amtszeit an gerechnet, unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; dies gilt nicht, wenn die Beendigung der Mitgliedschaft auf einer gerichtlichen Entscheidung beruht.

(3) Die Kündigung eines Mitglieds eines Wahlvorstands ist vom Zeitpunkt seiner Bestellung an, die Kündigung eines Wahlbewerbers vom Zeitpunkt der Aufstellung des Wahlvorschlags an, jeweils bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach § 103 des Betriebsverfassungsgesetzes oder nach dem Personalvertretungsrecht erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Innerhalb von sechs Monaten nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses ist die Kündigung unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; dies gilt nicht für Mitglieder des Wahlvorstands, wenn dieser durch gerichtliche Entscheidung durch einen anderen Wahlvorstand ersetzt worden ist.

(3a) Die Kündigung eines Arbeitnehmers, der zu einer Betriebs-, Wahl- oder Bordversammlung nach § 17 Abs. 3, § 17a Nr. 3 Satz 2, § 115 Abs. 2 Nr. 8 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes einlädt oder die Bestellung eines Wahlvorstands nach § 16 Abs. 2 Satz 1, § 17 Abs. 4, § 17a Nr. 4, § 63 Abs. 3, § 115 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 oder § 116 Abs. 2 Nr. 7 Satz 5 des Betriebsverfassungsgesetzes beantragt, ist vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung an bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; der Kündigungsschutz gilt für die ersten sechs in der Einladung oder die ersten drei in der Antragstellung aufgeführten Arbeitnehmer. Wird ein Betriebsrat, eine Jugend- und Auszubildendenvertretung, eine Bordvertretung oder ein Seebetriebsrat nicht gewählt, besteht der Kündigungsschutz nach Satz 1 vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung an drei Monate.

(3b) Die Kündigung eines Arbeitnehmers, der Vorbereitungshandlungen zur Errichtung eines Betriebsrats oder einer Bordvertretung unternimmt und eine öffentlich beglaubigte Erklärung mit dem Inhalt abgegeben hat, dass er die Absicht hat, einen Betriebsrat oder eine Bordvertretung zu errichten, ist unzulässig, soweit sie aus Gründen erfolgt, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Der Kündigungsschutz gilt von der Abgabe der Erklärung nach Satz 1 bis zum Zeitpunkt der Einladung zu einer Betriebs-, Wahl- oder Bordversammlung nach § 17 Absatz 3, § 17a Nummer 3 Satz 2, § 115 Absatz 2 Nummer 8 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes, längstens jedoch für drei Monate.

(4) Wird der Betrieb stillgelegt, so ist die Kündigung der in den Absätzen 1 bis 3a genannten Personen frühestens zum Zeitpunkt der Stillegung zulässig, es sei denn, daß ihre Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt durch zwingende betriebliche Erfordernisse bedingt ist.

(5) Wird eine der in den Absätzen 1 bis 3a genannten Personen in einer Betriebsabteilung beschäftigt, die stillgelegt wird, so ist sie in eine andere Betriebsabteilung zu übernehmen. Ist dies aus betrieblichen Gründen nicht möglich, so findet auf ihre Kündigung die Vorschrift des Absatzes 4 über die Kündigung bei Stillegung des Betriebs sinngemäß Anwendung.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.