Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 26. Feb. 2010 - 6 Sa 682/09

ECLI: ECLI:DE:LAGRLP:2010:0226.6SA682.09.0A
published on 26/02/2010 00:00
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 26. Feb. 2010 - 6 Sa 682/09
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Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 30. September 2009 - 4 Ca 538/09 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer arbeitgeberseitigen ordentlichen Kündigung und über ein Begehren des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis aufzulösen.

2

Der Kläger wird seit 21. Oktober 1991 von der Beklagten, die mit 90-100 Arbeitnehmern Wochenzeitungen mit öffentlichen Bekanntmachungen der Kommunalverwaltung verlegt und druckt, als Mitarbeiter im Umbruch beschäftigt. Er ist am ... Oktober 1968 geboren, verheiratet und einem Kind zum Unterhalt verpflichtet. Der Grad seiner Schwerbehinderung beträgt 50. Die Bruttomonatsvergütung beläuft sich auf 2.735,41 €.

3

Zur Durchführung der anfallenden Arbeiten steht dem Kläger ein Computer mit Zugang zum Internet zur Verfügung.

4

Am 04. August 2004 unterschrieb der Kläger eine Mitarbeitererklärung Internet/PC-Nutzung, die unter 1. folgende Regelung enthält:

5

Der Zugang zum Internet und E-Mail ist nur zu dienstlichen Zwecken gestattet. Jeder darüber hinausgehende Gebrauch – insbesondere zu privaten Zwecken – ist ausdrücklich verboten. Verstöße gegen diese Anweisung werden ohne Ausnahme mit arbeitsrechtlichen Mitteln sanktioniert und führen – insbesondere bei Nutzung von kriminellen, pornographischen, rechts- oder linksradikalen Inhalten – zur außerordentlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

6

Bis 31. März 2007 war der Kläger als stellvertretender IT-Administrator tätig und nahm die Position der Urlaubs- Krankheitsvertretung der Bereichsleitung "Anzeigensatz" war. Die Übernahme der stellvertretenden Leitung der Abteilung Anzeigensatz bei gleichem Einkommen lehnte der Kläger ab.

7

Am 11. April 2007 erhob der Kläger unter dem AZ. 4 Ca 819/07 Klage auf Nachzahlung von 640,01 € brutto für den Monat März 2007. Mit einer einstweiligen Verfügung unter dem AZ: 4 Ga 15/07 forderte der Kläger für den Monat April 2007 Nachzahlung von Differenzlohnansprüchen. Das Verfahren wurde vergleichsweise ebenso wie ein weiteres Verfahren AZ: 4 Ca 189/07, mit welchem sich der Kläger verpflichtete, 40 Minusstunden in den Monaten Mai bis August nachzuarbeiten, beendet. Durch Urteil vom 14. November 2007 stellte das Arbeitsgericht in dem Verfahren AZ. 4 Ca 1409/07 rechtskräftig fest, dass eine wegen Wegfalls der Funktion der stellvertretenden EDV- und Systemadministrators verbundene Änderungskündigung sozial ungerechtfertigt war.

8

Am 07. April 2008 erhob der Kläger Klage auf Zahlung von 143,10 € brutto wegen angeblich nicht bezahlter Mehrarbeit und auf Entfernung der Abmahnungen vom 25.01, 15.02. und 03.04.2008. Die Klage wurde um eine Zahlung, die Aushändigung von Monatsübersichten der Stechuhr für die Monate März bis Juni 2008, die Entfernung einer Ermahnung vom 29.05.2008 und von Abmahnungen vom 14.07.2008 und 18.07.2008 erweitert. Im Kammertermin am 01.10.2008 schlossen die Parteien einen Teilvergleich über die Herausnahme der Abmahnungen vom 25.01.2008 und vom 03.04.2008 aus der Personalakte, die Umwandlung der Abmahnung vom 15.02.2008 in eine Ermahnung sowie den Verbleib der Ermahnung vom 29.05.2008 in der Personalakte. Auch einigten sich die Parteien darauf, dass die Abmahnungen vom 14.07.2008, vom 18.07.2008 mit Ablauf des 31.01.2009 aus der Personalakte zu entfernen sind, ohne dass diese Ziffer ein Präjudiz hinsichtlich der Richtigkeit des abgemahnte Verhaltens haben sollte. Kopien der Zeiterfassung wurden herausgegeben und das Verfahren hinsichtlich der Zahlungsanträge ruhend gestellt. Am 19. August 2006 erhob der Kläger unter dem AZ. 4 Ga 50/08 eine einstweilige Verfügung zur Urlaubsgewährung für die Zeit vom 06. Oktober 2008 bis 17. Oktober 2008, die nach einem entsprechenden Gewährungsversprechen der Beklagten für erledigt erklärt wurde.

9

Mit Schreiben vom 24. Oktober 2008, vom 31. Oktober 2008 sowie vom 07. November 2008 (Bl. 56, 57 und 58 d. A.) wurde der Kläger wegen umstrittener Fehlleistungen am Umbruch abgemahnt.

10

Der Vorgesetzte des Klägers Z. erlaubte diesem im September 2008, zumindest einmal von seinem Arbeitsplatz aus privat ins Internet zu gehen, um den Kontostand bei der S-Bank abzufragen.

11

Nach Erhalt der Zustimmung des Integrationsamtes am 20. Februar 2009 sprach die Beklagte dem Kläger gegenüber mit Schreiben vom 27. Februar 2009 eine Kündigung zum 31. August 2009 aus (Bl. 6 d. A.).

12

Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner am 03. März 2009 zum Arbeitsgericht Koblenz erhobenen Klage gewandt.

13

Zum weiteren erstinstanzlichen streitigem Vorbringen und den Klageanträgen wird auf das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 30. September 2009 - 4 Ca 538/09 - gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen.

14

Das Arbeitsgericht hat im vorerwähnten Urteil auf Rechtsunwirksamkeit der Kündigung vom 27. Februar 2009 erkannt und den Auflösungsantrag der Beklagten abgewiesen.

15

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt,

16

selbst bei unterstellter Richtigkeit der Darstellung der Beklagten läge kein die ausgesprochene Kündigung rechtfertigender Sachverhalt vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 27. April 2006 - 2 AZR 386/05 - greife das Abstellen allein auf die Missachtung des Verbots der privaten Internetnutzung als Pflichtverletzung zu kurz; es müsse zu weitergehenden Pflichtverletzungen kommen, wie ein unbefugter Download, die Verursachung zusätzlicher Kosten und Verletzungen der Arbeitspflicht. Die Beklagte verweise nur pauschal auf die Verletzung der Arbeitspflicht, wobei noch umstritten sei, ob mit Ausnahme des Zugriffs auf die S-Bank, die übrigen Zugriffe nicht sogar dienstlich erfolgt seien. Im Übrigen sei während der Pausenzeiten eine Arbeitspflichtverletzung nicht möglich. Die Beklagte gäbe die Lage der Pausenzeiten nicht an. Zumindest bei den Zugriffen am 08. Dezember 2008 um 11:54 Uhr, 09. Dezember um 11: 47 Uhr, 10.Dezember um 11:34 Uhr und 12:26 Uhr sowie am 11. Dezember um 12:36 Uhr, 12:46 Uhr oder 13:46 Uhr könnte es sich um solche während der Mittagspause gehandelt haben. Bei den übrigen Zugriffen während der Arbeitszeit fehle es an einem Vortrag dazu, wie lange der Kläger im Internet verweilt habe. Es fehle wegen des im Kündigungsrecht geltenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes an einer Abmahnung, die vorliegend auch nicht entbehrlich sei, da keine exzessiven Nutzung habe festgestellt werden können. Die Kontostandsabfrage bei der S-Bank habe nach dem Vortrag des Klägers allenfalls 20 Sekunden betragen. Es habe kein Surfen vorgelegen. Die vom Kläger unterzeichnete Erklärung vom 04. August 2004 selbst sähe eine Sanktionierung mit arbeitsrechtlichen Mitteln vor. Dies sei eine Abmahnung. Der Vorgesetzte des Klägers - Herr Z. - habe diesem gestattet, den Zugangscode zu benutzen, um den Kontostand abzufragen. Ihren Vortrag zu nur einer einmaligen Erlaubnis und zum Zeitpunkt ihrer Erteilung substantiiere die Beklagte nicht, so dass die Vernehmung des Zeugen Z. einen Ausforschungsbeweis darstelle. Im Übrigen könne auch ein Missverständnis hinsichtlich der Erlaubnis vorliegen.

17

Der Auflösungsantrag sei nicht begründet. Das Führen von - mittlerweile 6 Rechtsstreitigkeiten - sei legitim. Eine ausgesprochene Änderungskündigung sei unter Vorbehalt angenommen und zugunsten des Klägers entschieden worden. Im Übrigen sei es zu Vergleichen gekommen. Die angeblich gegenüber dem Arbeitskollegen Y. in der Zeit von August bis Oktober 2008 getätigten klägerischen Äußerungen reichten nicht aus. Durch die - bestrittenen - Meinungsäußerungen seien die zulässigen Grenzen nicht überschritten. Im Schlussvergleich des Verfahrens AZ. 4 Ca 889/09 am 06. Mai 2009 hätten die Parteien die Wahrung gegenseitigen Stillschweigens vereinbart. Die Beklagte habe die Äußerungen des Klägers auch nicht weiter nach Datum und Anlass konkretisiert. Es läge im Übrigen prozessuales Verteidigungsvorbringen vor. Die im Klageschriftsatz getane Äußerung, dass er - der Kläger - von der Beklagten "aufs Korn" genommen werde, seien Rechtsauffassungen; gleiches gelte hinsichtlich der Äußerung zu einem klassischen Mobbing. Soweit die Beklagte anführe, der Kläger sei an 17 Tagen von September bis November 2008 angeblich 11 Stunden auf der Toilette gewesen, so habe diese keinerlei Beweis dafür angetreten, dass die Toilettenbesuche nicht wegen Magen- Darmproblemen des Klägers notwendig gewesen seien. Die abgemahnten Schlechtleistungen reichten nicht aus, ebenso nicht die kündigungsgegenständliche Internetnutzung. Anderes würde dem Zweck der Abmahnung zuwiderlaufen, die darauf gerichtet sei, etwa verlorengegangenes Vertrauen wiederherzustellen. Damit sei eine Prognose, eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit sei nicht mehr zu erwarten, nicht gerechtfertigt.

18

Zu den weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf das Teilurteil vom 30. September 2009 (Seite 8-20 = Bl. 202-214 d. A.) Bezug genommen.

19

Gegen das der Beklagten am 22. Oktober 2009 zugestellte Teilurteil richtet sich die am 11. November 2009 eingelegte und am 14.Dezember 2009 begründete Berufung.

20

Die Beklagte bringt zweitinstanzlich insbesondere vor,

21

neben den bereits mit Schriftsatz vom 29. Juni 2009 vorgetragenen Arbeitspflichtverletzungen in Form verbotswidriger Internetzugriffe im Zeitraum zwischen dem 03. und 12.12.2008 habe der Kläger auch an den folgenden Tagen während der Arbeitszeit diverse Internetzeiten, welche in keinem Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit stünden, besucht; nämlich am:

22

18.12.2008, 11:43 Uhr

 

22.12.2008, 13:36 Uhr

 

23.12.2008, 08:21 Uhr

 

23.12.2008, 11:36 Uhr

 

23.12.2008, 12:52 Uhr

 

23.12.2008, 15:06 Uhr

 

29.12.2008, 08:50 Uhr

  .     

23

Die Internetzugriffe durch den Kläger seien auch keinesfalls im Rahmen der Mittagspause, welche in einem Zeitfenster zwischen 11:30 Uhr bis 14:00 Uhr genommen werden könne erfolgt. Der Kläger habe seine Mittagspausen an den Tagen der vorgetragenen privaten Internetzugriffe zu folgenden Zeiten vorgenommen

24

03.12.2008

 12:58 Uhr bis 13:35 Uhr

05.12.2008

 12:39 Uhr bis 13:23 Uhr

08.12.2008

 12:46 Uhr bis 13:28 Uhr

09.12.2008

 12:35 Uhr bis 13:16 Uhr

10.12.2008

 12:47 Uhr bis 13:30 Uhr

11.12.2008

 12:52 Uhr bis 13:35 Uhr

12.12.2008

 13:10 Uhr bis 13:52 Uhr

18.12.2008

 12:32 Uhr bis 13:13 Uhr

22.12.2008

 12:46 Uhr bis 13:32 Uhr

23.12.2008

 13:15 Uhr bis 13:59 Uhr

29.12.2008

 12:39 Uhr bis 13:21 Uhr

25

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 27. April 2006 - 2 AZR 386/05 - käme als kündigungsrelevante Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten jede einzelne dieser Pflichtverletzungen in Betracht. Das Arbeitsgericht ginge auch von einer falschen Darlegungs- und Beweislast aus. Der Kläger selbst hätte sich vielmehr entlasten müssen. Ein Vortrag zu Zugriffen aus beruflichem Zweck sei nicht erfolgt. Für dessen Tätigkeit, Anzeigen an ein bestimmtes Seitenlayout anzupassen sei, kein Zugriff auf das Internet erforderlich gewesen. Aus den Abmahnungen vom 24. Oktober, 31. Oktober und 07. November 2008 sei zu entnehmen, dass es weitere Pflichtverletzungen gegeben habe. Insofern hätte das Arbeitsgericht auch kein Teilurteil erlassen dürfen. Im Übrigen mache die Unterzeichnung der Mitarbeitererklärung vom 04. August 2004 eine Abmahnung entbehrlich. Der Vortrag des Klägers zu einer durch Herrn Z. erteilten generellen Genehmigung sei nach Ort und Zeit nicht konkretisiert. Insofern hätte die angebotene Vernehmung des Zeugen Z. vom Arbeitsgericht nicht übergangen werden dürfen. Der Kläger habe in der Sitzung des Integrationsamtes am 12. Februar 2009 auch eingeräumt, das Internet seit 2007 während der Arbeitszeit immer wieder privat genutzt zu haben. Was den Auflösungsantrag anbelange, habe das Arbeitsgericht die gegenüber dem Zeugen Y.s getätigten Äußerungen zu Unrecht unberücksichtigt gelassen. Im Kollegenkreis seien zu Lasten des direkten Vorgesetzen Z. ehrverletzende Äußerungen gefallen (" Z. lügt dem [Herrn X.] die Taschen voll, "Der Z. lügt wenn er das Maul aufmacht", "Die sollen mal abwarten, wenn ich agiere dann kracht es hier ganz gewaltig. Ich habe da noch ein paar Sachen, die werde ich dann auspacken"). Die Aufzeichnungen des Zeugen Y. vom 10. November 2008 hätten unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BAG vom 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 Beachtung finden müssen. Das Arbeitsgericht habe ferner die Regeln über die Darlegungs- und Beweislast falsch angewandt, wenn es annähme, die Beklagte wäre für die Tatsache beweispflichtig gewesen, dass zwischen September und November 2008 angefallene 11 Fehlstunden nicht auf Magen- Darmproblemen des Klägers zurückzuführen seien.

26

Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich ,

27

1. das Teilurteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 30.09.2009 - AZ: 4 Ca 538/09 - abzuändern und die Klage abzuweisen;

28

2. hilfsweise das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung die 19.147,87 € nicht überschritten sollte, aufzulösen.

29

Der Kläger beantragt,

30

Zurückweisung der Berufung

31

und erwidert,

32

seit Ablehnung der Übernahme der stellvertretenen Leitung "Anzeigensatz" bei gleichem Einkommen sei er bei der Beklagten in Ungnade gefallen. Alle arbeitsgerichtlichen Verfahren seien von der Beklagten veranlasst worden. Die Mitarbeitererklärung vom 04. August 2004 würde seit Jahren nicht von der Beklagten gehandhabt. Herr Z. habe vor Jahren seinen persönlichen Einstiegscode auf fast allen PC´s installiert. Er - der Kläger - sei von der Berechtigung zur Privatnutzung aufgrund einer generellen Genehmigung durch den Vorgesetzten ausgegangen. Er - der Kläger - habe zu keinem Zeitpunkt gesurft. Die Ausdrucke belegten lediglich, dass sein - des Klägers - PC benutzt worden sei, ob von ihm oder anderen, ob privat oder dienstlich sei vollkommen offen. Die Arbeit habe im Übrigen nicht gelitten. Im Schriftsatz vom 09. Februar 2009 sei ausgeführt, dass seine - des Klägers - Toilettenbesuche nicht zur Begründung der Kündigung herangezogen würden. Was den Auflösungsantrag anbelange, so seien die Aufzeichnungen des Zeugen Y. zu bestreiten.

33

Zu den weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 14. Dezember 2009 (Bl. 267-288 d. A.) nebst den entsprechenden Anlagen (Bl. 290- 296 d. A.), zur Berufungsbeantwortung auf den Schriftsatz des Klägers vom 14. Januar 2010 (Bl. 306-315 d. A.) nebst Anlagen und die Feststellungen in der öffentlichen Sitzung des Landesarbeitsgerichts vom 26. Februar 2010 (Bl. 329- 331 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

34

Das Rechtsmittel der Berufung der Beklagten ist nach § 64 Abs. 1, Abs. 2 ArbGG statthaft. Es ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit § 520 ZPO) und damit zulässig.

35

Die Berufung hat in der Sache jedoch k e i n e n Erfolg.

36

Das Arbeitsgericht ist in dem angefochtenen Judikat zutreffend davon ausgegangen, dass das zwischen den Parteien vereinbarte Arbeitsverhältnis nicht durch die ordentliche Kündigung vom 27. Februar 2009 zum 31. August 2009 beendet wurde und der arbeitgeberseitig gestellte Auflösungsantrag abzuweisen war.

37

Die Kammer nimmt gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug auf die Feststellungen im Teilurteil vom 30. September 2009 - 4 Ca 538/09 - und macht sich diese - ergänzt um das nachfolgend Ausgeführte - zu eigen und sieht hier von einer wiederholenden Darstellung ab.

II.

38

Wegen der Angriffe der Berufung besteht Veranlassung zu folgenden Hinzufügungen:

39

1. Soweit die Berufung unter Darstellung der vorliegend tatbestandlich wiedergegebenen Zeiten der Mittagspause vom 03.12.-29.12.2008 ausführt, dass - insoweit im Gegensatz zu den Feststellungen des Arbeitsgerichts - die Internetzugriffe des Klägers während seiner Arbeitszeit erfolgten, führt dies gleichwohl aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen zu keiner von der Vorinstanz abweichenden Bewertung. Die Berufungskammer unterstellt den diesbezügliche Vortrag der Beklagten als zutreffend, meint jedoch, dass der Arbeitgeber seiner Darlegungslast zur Feststellung einer erhebliche Beeinträchtigung der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung entsprechend der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 07.05.2005 - 2 AZR 581/04 -) nicht so nachgekommen ist, dass eine Sozialgemäßheit der ausgesprochenen Kündigung anzunehmen wäre. Es fehlt nämlich an der Darstellung der Verweildauer des Klägers an den fraglichen Tagen im Internet; dies wäre insbesondere im Hinblick auf dessen Einwand, dass etwa Rückfragen bei seiner Bank zum Kontostand allenfalls 20 Sekunden betragen hätten, erforderlich gewesen, um die Schwere der behaupteten Pflichtverletzungen entsprechend der weiteren Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 27.04.2006 - 2 AZR 386/05 -) festzustellen. Die Dauer der Zugriffe ist - wie der Berufungskammer aus anderen Verfahren bekannt ist - grundsätzlich technisch feststellbar. Dass dies bei der Beklagten nicht möglich ist, kann für den darlegungspflichtigen Arbeitgeber aus zivilprozessualen Gründen zu den gegebenen Nachteilen führen. In tatsächlicher Hinsicht konnte der Kläger in der mündlichen Verhandlung ohne qualifizierten Widerspruch der Beklagten auch darlegen, dass er nicht nur mit reinen Umbrucharbeiten am Rechner befasst war, sondern zu bestimmten Zeiten, insbesondere am Donnerstagnachmittag und Freitagvormittag, mit dem Setzen von Anzeigen befasst war und er mit seinem PC, auf welchem, wie auch bei weiteren PC´s, der Zugangscode des Vorgesetzten installiert war, durchaus auch zu dienstlichen Zwecken im Internet war. Dies sei etwa zur Eruierung eines für ein in einer Anzeige aufzunehmenden Logos der Fall gewesen und erkläre die Zugriffe auf www.safari.de und www.chefkoch.de . Unwidersprochen blieb auch der weitere Vortrag des Klägers, dass er öfters im Haus "unterwegs" gewesen sei beispielsweise in der Fremddatenabteilung und ferner, 2-3 Auszubildende hätten seinen Rechner nutzen dürfen. Damit ergibt sich - insoweit entgegen der Auffassung der Berufung - gerade auf der Basis der aufgezeigten Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 27.04.2006 a. a. O.) keine ausreichende Möglichkeit, eine erhebliche Beeinträchtigung der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung und damit einen, die soziale Rechtfertigung begründenden, Kündigungssachverhalt festzustellen.

40

2. Auch soweit die Berufung der Ansicht ist, dass wegen der vom Kläger unterzeichneten Mitarbeitererklärung vom 04. August 2004 - im Tatbestand dargestellt - einer Abmahnung entbehrlich sei, vermag dem die Berufungskammer auch nicht im Hinblick darauf, dass am 24.10., 31.10. und 07.11.2008 wegen anderweitiger Pflichtverletzungen Abmahnungen erfolgt seien, zu folgen. Für eine verhaltensbedingte Kündigung gilt - wie die Beklagte im Ansatz zutreffend sieht - das Prognoseprinzip. Der Zweck der Kündigung ist nicht eine Sanktion für eine begangene Vertragspflichtverletzung, sondern die Vermeidung des Risikos weiterer erheblicher Pflichtverletzungen. Die vergangene Pflichtverletzung muss sich hierbei noch in Zukunft belastend auswirken (vgl. BAG, Urteil vom 31.05.2007 - 2 AZR 200/06 - und vom 12.01.2006 - 2 AZ R 179/05 - = EzA KSchG § 1 verhaltensbedingte Kündigung Nr. 68). Eine negative Prognose liegt vor, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde auch künftig den Arbeitsvertrag nach einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen (vgl. ErfK/Ascheid/Oetker, 7. Aufl., § 1 KSchG Rn. 297). Deshalb setzt eine Kündigung wegen Arbeitsvertragspflichtverletzung regelmäßig eine Abmahnung voraus, diese dient der Objektivierung der Negativprognose. Liegt eine ordnungsgemäße Abmahnung vor und verletzt der Arbeitnehmer erneut seine vertragliche Verpflichtungen, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, es werde auch zukünftig zu weiteren Vertragsstörungen kommen (vgl. BAG, Urteil vom 13.12.2007 - 2 AZR 818/06 -). Wegen einer Pflichtverletzung im Verhaltensbereich bedarf es analog § 323 Abs. 2 BGB nur dann keiner Abmahnung, wenn im Einzelfall besondere Umstände vorgelegen haben, aufgrund derer eine Abmahnung als nicht erfolgversprechend angesehen werden kann (vgl. BAG vom 19.04.2007 - 2 AZR 180/06 .- = NZA-RR 2007, 571). Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn erkennbar ist, dass der Arbeitnehmer nicht gewillt ist, sich vertragsgerecht zu verhalten. Nur besonders schwere Vorwürfe bedürfen keiner Abmahnung, weil hier der Arbeitnehmer von vorneherein nicht mit einer Billigung seines Verhaltens rechnen kann (vgl. ErfK/Müller/Glöge 230 BGB § 626 Rz. 28, 29).

41

Angesichts der obigen Feststellungen zum Sachverhalt und insbesondere den von der Beklagten auch im Berufungsverfahren nicht deutlich widerlegten Bekundungen des Klägers zu einer notwendigen dienstlichen Nutzung des Internets, bestehen keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass eine Abmahnung des Klägers nicht von Erfolg gekrönt gewesen wäre. Besonders schwere Verstöße lassen sich nicht feststellen - auch nicht unter dem Aspekt der Unterzeichnung der Mitarbeitererklärung vom 04. August 2004, die zum einen zeitlich lange zurückliegt und zum anderen inhaltlich, die Notwendigkeit arbeitsrechtlicher Sanktionen gerade selbst "vorschreibt". Hierzu gehört als "Vorstufe" einer verhaltensbedingten Kündigung grundsätzlich die zu fordernde Abmahnung.

42

In diesem Zusammenhang blieb auch unwidersprochen, dass die Beklagten im Hause einen PC für die Mitarbeiter zur Verfügung gestellt hat, wo diese auf Kosten der Beklagten surfen können. Dies "weicht" die auf ein Verbot der Privatnutzung gerichtete Mitarbeitererklärung vom 4. August 2004 "auf".

43

Die Tatsache schließlich, dass unter dem 24.10., 31.10. und 07.11.2008 Abmahnungen erteilt wurden, erweist sich nicht als rechtserheblich; denn diese Abmahnungen sind im Zusammenhang mit behaupteten fehlerhaften Platzierungen von Anzeigen erfolgt (Bl. 56-58 d. A.). Ein direkter Zusammenhang mit dem Kündigungsvorwurf ist nicht auszumachen, erst recht nicht, weil die vorliegende Kündigung nicht primär auf Schlechtleistungen gestützt wurde. Eine Kausalität zwischen den jeweiligen Zugriffen und möglichen Fehlern hinsichtlich der übertragenen Tätigkeit ist nicht feststellbar. Von daher durfte das Arbeitsgericht durchaus mit einem Teilurteil entscheiden.

44

In diesem Zusammenhang ist für die Kammer weniger von Bedeutung, ob der Kläger von einer erteilten generellen Genehmigung durch den Zeugen Z. ausgehen durfte, als vielmehr die Tatsache, dass dieser Zeuge als Vorgesetzter seinen Zugangscode auf nahezu allen Computern installiert und damit die Möglichkeit des Zugriffs in das Internet überhaupt ermöglicht hat.

III.

45

Was die Angriffe der Berufung auf die vom Arbeitsgericht abgelehnte Auflösung des Arbeitsverhältnisses anbelangt, führen auch diese zu keiner abändernden Entscheidung.

46

1. Der Auflösungsantrag des Arbeitgebers ist nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG nur begründet, wenn eine dem Betriebsfrieden dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht zu erwarten ist. Hierbei sind grundsätzliche strenge Anforderungen zu stellen, weil das Kündigungsschutzgesetz den Arbeitnehmer vor dem Verlust des Arbeitsplatzes durch sozialwidrige Kündigungen bewahren will. Auch wenn die Auflösungsgründe nicht das gleiche Gewicht haben müssen, das eine außerordentliche Kündigung oder auch nur eine ordentliche Kündigung rechtfertigen würde, müssen die maßgeblichen Umstände das persönliche Verhältnis zum Arbeitgeber, die Wertung der Persönlichkeit des Arbeitnehmers, seiner Leistung oder seiner Eignung und oder sein Verhalten zu den übrigen Mitarbeitern betreffen (vgl. Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht, Kommentar 3. Aufl., KSchG § 9 Rz. 20 ff; BAG 23.06.2005 - 2 AZR 256/04 - = NZA 2006, 363).

47

2. Soweit sich die Berufung auf die Aufzeichnung des Zeugen Y. vom 10. November 2008 und insbesondere darauf beruft, dass im Kollegenkreis zu Lasten des direkten Vorgesetzten des Klägers, Herrn Z., ehrverletzende Äußerungen gefallen seien, ist zu sehen, dass Äußerungen im Kündigungsschutzprozess regelmäßig durch berechtigte Interessen des Arbeitnehmers gedeckt sein und nicht ohne weiteres als Auflösungsgrund herangezogen werden können (vgl. BAG, Urteil vom 10.07.2008 - 2 AZR 1111/06 - m. w. N.).

48

Vorliegend zeigt die Summierung der tatbestandlich wiedergegebenen zahlreichen Verfahren durchaus Ansätze, den Kläger "zu disziplinieren", so dass auch hier von der Wahrnehmung berechtigter Interessen in den Äußerungen des Klägers gegenüber seinem Arbeitskollegen ausgegangen werden kann.

49

Die Ausführungen der Berufung zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast anlässlich der 11 Fehlstunden im Zusammenhang mit Toilettenbesuchen des Klägers mögen richtig sein, bedürfen jedoch keiner eigenständiger Befassung, da durch diesen Sachverhalt das Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unmittelbar berührt wird und damit keinen Auflösungsgrund zu produzieren in der Lage ist.

IV.

50

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, 64 Abs. 6 ArbGG.

V.

51

Gründe, die Revision zuzulassen liegen nach Auffassung der Berufungskammer nicht vor.

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Annotations

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

*

(1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten.

(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn

1.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
2.
der Schuldner die Leistung bis zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer im Vertrag bestimmten Frist nicht bewirkt, obwohl die termin- oder fristgerechte Leistung nach einer Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner vor Vertragsschluss oder auf Grund anderer den Vertragsabschluss begleitenden Umstände für den Gläubiger wesentlich ist, oder
3.
im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.

(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.

(4) Der Gläubiger kann bereits vor dem Eintritt der Fälligkeit der Leistung zurücktreten, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen des Rücktritts eintreten werden.

(5) Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger vom ganzen Vertrag nur zurücktreten, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

(6) Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Gläubiger für den Umstand, der ihn zum Rücktritt berechtigen würde, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist oder wenn der vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)