Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 29. Jan. 2014 - 3 K 185/13

bei uns veröffentlicht am29.01.2014

Tenor

Abweichend von dem Abrechnungsbescheid vom 24. August 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. April 2013 wird das Abrechnungsguthaben des Klägers auf insgesamt 9.217,00 € festgesetzt.

Die gegen die Klägerin gerichtete Einspruchsentscheidung wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten wird für notwendig erklärt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert beträgt 7.745,75 €.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob ein Einkommensteuererstattungsanspruch als sog. Neuerwerb nach Erteilung der Restschuldbefreiung bei noch andauerndem Insolvenzverfahren zur Masse oder zum insolvenzfreien Vermögen gehört.

2

Die Kläger erzielten im Streitjahr 2011 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Ehemann und Ehefrau), Vermietung und Verpachtung und Kapitalvermögen (beides nur Ehefrau).

3

Über das Vermögen des Klägers (Ehemann) wurde mit Beschluss vom 29. September 2004 wegen Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren eröffnet. Das Insolvenzverfahren dauert derzeit noch an. Mit Beschluss vom 7. Oktober 2010 wurde dem Kläger Restschuldbefreiung erteilt, § 300 InsO.

4

Am 13. August 2012 erließ das FA einen Bescheid für 2011 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag für die Kläger. Es handelte sich dabei um eine Festsetzung gegen das insolvenzfreie Vermögen. Antragsgemäß wurden die Kläger zusammen veranlagt. Nach Anrechnung der Lohnsteuer und des Zinsabschlages belief sich der Steuererstattungsanspruch der Kläger auf insgesamt 9.217,00 € (= 8.183,60 € Einkommensteuer, zuzüglich 432,50 € Solidaritätszuschlag und 600,90 € ev. Kirchensteuer). Abzüglich eines Masseanspruches von 6.778,01 € ergab sich für die Kläger eine Steuererstattung i. H. v. 1.405,59 € zuzüglich Solidaritätszuschlag i. H. v. 65,66 €. Mit dem Einkommensteuerbescheid war eine Aufteilung der einheitlichen Jahressteuerschuld auf die Kläger verbunden. Zeitgleich erging am 13. August 2012 ein Einkommensteuerbescheid für 2011 an den Insolvenzverwalter über das Vermögen des Klägers. Dieser Bescheid betraf die Festsetzung gegen die Insolvenzmasse. Die Einkommensteuer war in diesem Bescheid auf Null Euro festgesetzt. Laut Anrechnungsverfügung dieses Bescheides ergab sich ein Erstattungsanspruch aufgrund Lohnsteuereinbehalts im Massevermögen i. H. v. 6.778,01 € zuzüglich 366,84 € Solidaritätszuschlag und 600,90 € Kirchensteuer (= 7.745,75 €).

5

Aufgrund des Antrags der Kläger vom 17. August 2012 erließ das FA am 24. August 2012 einen Abrechnungsbescheid für 2011 über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer. In diesem rechnete es die Lohnsteuererstattungsansprüche 2011 des Ehemannes der Insolvenzmasse zu, da sie während des laufenden Insolvenzverfahrens begründet worden waren. Der Abrechnungsbescheid war an die Steuerberatungsgesellschaft der Kläger „für Herrn … G“ gerichtet.

6

Am 04. September 2012 legte der Kläger vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten gegen den Abrechnungsbescheid Einspruch ein. Die vorgelegte Vollmacht war lediglich vom Kläger unterschrieben. Zur Begründung seines Einspruchs verwies der Kläger auf die im Jahr 2010 erteilte Restschuldbefreiung. Der Besteuerungszeitraum 2011 habe keinen Bezug mehr zum Insolvenzverfahren. Die Lohnsteuererstattung sei folglich nicht an den Insolvenzverwalter auszuzahlen.

7

Mit Einspruchsentscheidung vom 23. April 2013 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Die Einspruchsentscheidung richtete sich an beide Kläger als Inhaltsadressaten. Zur Begründung verwies das FA darauf, dass der Lohnsteuererstattungsanspruch 2011 zu Recht der Masse zugeschlagen worden sei. Gemäß Beschluss des BGH vom 03.12.2009 (IX ZB 247/08, BGHZ 183, 258) entfalle zwar nach Erteilung der Restschuldbefreiung der Insolvenzbeschlag hinsichtlich des Neuerwerbs ab dem Zeitpunkt des Ablauf der Abtretungserklärung. Der BGH-Beschluss beziehe sich jedoch nur auf den Neuerwerb nach Erteilung der Restschuldbefreiung, der auch der Abtretungserklärung gem. § 287 Abs. 2 S. 1 InsO unterfalle. Es sei in der Entscheidung offen geblieben, ob jeder Neuerwerb nach Erteilung der Restschuldbefreiung nicht mehr dem Insolvenzbeschlag unterfalle. Somit seien die Grundsätze des BGH-Beschlusses nicht auf den Streitfall anwendbar, denn Lohnsteuererstattungsansprüche seien nicht von der Abtretungserklärung gem. § 287 Abs. 2 InsO erfasst. Im Fall einer Rückerstattung von Lohnsteuer werde aus dem Steueranspruch des Fiskus ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch des Steuerpflichtigen (§ 37 Abs. 2 AO). Der zu erstattende Betrag erlange, auch wenn er wirtschaftlich betrachtet das auf den Veranlagungszeitraum entfallende Einkommen erhöhe, nicht wieder den Charakter eines Einkommens, das dem Insolvenzschuldner aufgrund einer Arbeits- oder Dienstleistung zustehe und werde daher von § 287 Abs. 2 InsO nicht erfasst.

8

Die Kläger haben am 23. Mai 2013 Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie vor,
dass der Neuerwerb nach Ablauf der Restschuldbefreiung nicht mehr in die Insolvenzmasse falle. Dies ergebe sich eindeutig aus der Entscheidung des BGH vom 3.12.2009 (IX ZB 247/08), dessen Aufbau und Systematik  der Beklagte verkenne. Aus dem zitierten BGH-Beschluss ergebe sich, dass nach Rechtskraft des Beschlusses über die Restschuldbefreiung der Insolvenzbeschlag hinsichtlich des Neuerwerbs entfalle. So werde der Gliederungspunkt des BGH-Beschlusses lit. b) unter Rz. 30 mit dem Satz eingeleitet: „Wird die Restschuldbefreiung während des laufenden Insolvenzverfahrens erteilt, entfällt nach Rechtskraft dieser Entscheidung der Insolvenzbeschlag hinsichtlich des Neuerwerbs nach Ablauf der Abtretungsfrist“. Dieser Satz, der nachfolgend in den Untergliederungspunkten lit. aa) bis lit. cc) vom BGH erörtert und begründet werde, enthalte zwei Aussagen, und zwar, 1. dass nach Rechtskraft der Restschuldbefreiung der Insolvenzbeschlag hinsichtlich des Neuerwerbs entfalle und 2. dass der Wegfall des Insolvenzbeschlages hinsichtlich des Neuerwerbs auf den Zeitpunkt ab Ablauf der Abtretungsfrist wirke. Es gehe dem BGH um die Klarstellung, dass nicht erst der Zeitpunkt der Rechtskraft der Restschuldbefreiung maßgebend für den freien Neuerwerb des Schuldners sei, sondern schon der Zeitpunkt, zu dem die Abtretungsfrist abgelaufen sei. Der BGH habe nur offen gelassen, ob in dem Zeitraum zwischen Ablauf der Abtretungsfrist und Erteilung der Restschuldbefreiung tatsächlich jeder Neuerwerb schon nicht mehr dem Insolvenzbeschlag unterliege. Die entgegenstehende Rechtsauffassung des FA würde im Ergebnis die Wirkung der Restschuldbefreiung unterlaufen. Zudem sei die hier streitige Rechtsfrage mit dem Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15. Juli 2013 abschließend geregelt worden. Die bisher bestehende Gesetzeslücke bezüglich des Neuerwerbs von Vermögen nach Erteilung der Restschuldbefreiung sei in dem neu eingeführten § 300a InsO im Sinne der Rechtsauffassung der Kläger geregelt worden. Danach gehöre jeglicher Neuerwerb gem. § 300a Abs. 1 InsO nicht zur Insolvenzmasse. Dies habe sich auch schon aus der bisherigen Rechtslage ergeben, sei jedoch in dieser Deutlichkeit nicht geregelt.

9

Die Kläger beantragen sinngemäß,

10

abweichend von dem Abrechnungsbescheid vom 24. August 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. April 2013 das Abrechnungsguthaben des Klägers zu 1.) auf insgesamt 9.217,00 € heraufzusetzen und die Einspruchsentscheidung gegenüber der Klägerin zu 2.) aufzuheben sowie

11

die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig zu erklären.

12

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

13

Zur Begründung verweist der Beklagte auf die Gründe seiner Einspruchsentscheidung.

14

Dem Gericht lagen zur Entscheidung ein Band Einkommensteuerakten sowie zwei Bände Rechtsbehelfsakten vor.

Entscheidungsgründe

15

Das Gericht konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 90 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung -FGO-). Beide Beteiligte haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

16

Die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung des Insolvenzverwalters gem. 60 Abs. 3 Satz 1 FGO liegen nicht vor. Ist streitig, ob eine Steuererstattungsforderung zur Masse gehört oder ob sie zum insolvenzfreien Vermögen gehört, sind die Interessen von Insolvenzverwalter und -schuldner nicht - wie gemäß § 60 Abs. 3 FGO erforderlich - "nach den Steuergesetzen", sondern durch die Auslegung des Insolvenzrechts berührt (vgl. BFH-Beschluss vom 12. Mai 2009 VIII B 27/09, BFH/NV 2009, 1449). Zudem sind beim Abrechnungsbescheid regelmäßig die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung nicht erfüllt, weil der Regelungsgehalt des Abrechnungsbescheides gegenüber Rechtspositionen des Beizuladenden nur eine sachlogische, aber keine rechtsgestaltende Wirkung hat (vgl. Levedag in Gräber, FGO, 7.Aufl. § 60 Rz. 50 m. w. N.).

17

1. Die Klage der Klägerin zu 2.) ist begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung zu.

18

Laut Einspruchsschreiben vom 04. September 2012 hat lediglich der Kläger zu 1.) Einspruch gegen den Abrechnungsbescheid eingelegt, nicht jedoch die Klägerin. Die im außergerichtlichen Verfahren vorgelegte Vollmacht des Prozessbevollmächtigten bezieht sich zudem lediglich auf den Kläger. Demgegenüber ist die Einspruchsentscheidung des FA an beide Kläger als Inhaltsadressaten gerichtet, obwohl die Klägerin zu 2.) keinen Einspruch eingelegt hat und der zugrundeliegende Abrechnungsbescheid allein an den Kläger als Inhaltsadressaten gerichtet ist. Der Klägerin steht daher ein Anspruch auf isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung zu (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 13. November 2008 V R 24/06, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2009, 217; vom 20. Dezember 2006 X R 38/05, BStBl II 2007, 823, unter B.I.4; vom 22. August 2012, X R 27/12, BFH/NV 2013, 560).

19

2. Die Klage des Klägers ist zulässig und begründet.

20

Über die Frage, ob der Einkommensteuererstattungsanspruch zur Insolvenzmasse gehört und an den Insolvenzverwalter auszukehren ist oder ob er insolvenzfrei ist und demnach an den Kläger auszuzahlen ist, ist zu Recht vom FA durch Abrechnungsbescheid entschieden worden.

21

Nach § 218 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) wird über Streitigkeiten, die die Verwirklichung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis betreffen, durch Verwaltungsakt (sog. Abrechnungsbescheid) entschieden; dies gilt auch, wenn die Streitigkeit einen Erstattungsanspruch betrifft, der nach § 37 Abs. 1 AO ebenfalls ein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis ist. Gegenstand des Abrechnungsbescheides ist die Frage des Bestehens oder Nichtbestehens reiner Zahlungsansprüche; er entscheidet, inwieweit bestimmte Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis noch bestehen oder durch einen der in § 47 AO aufgeführten Erlöschenstatbestände ganz oder teilweise erloschen sind (vgl. Klein/Rüsken, AO, 10. Aufl., § 218 Rz 10a, 13, m. w. N.).

22

Der Erlass eines Abrechnungsbescheides kommt in Betracht bei Streit über die Auszahlung an den richtigen Erstattungsberechtigten (vgl. Alber in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO § 218 Rz. 84 m. w. N.). Da der Kläger die Auszahlung des Erstattungsanspruchs an sich begehrt, das FA hingegen den Erstattungsanspruch wegen Insolvenzbeschlags der Masse zuordnet, liegen die Voraussetzungen für den Erlass eines diesen Anspruch betreffenden Abrechnungsbescheids vor.

23

Der Abrechnungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Einkommensteuererstattungsanspruch 2011 des Klägers unterliegt nicht mehr dem Insolvenzbeschlag.

24

Zur Insolvenzmasse, über die der Insolvenzschuldner gemäß § 80 der Insolvenzordnung (InsO) kein Verwaltungs- und Verfügungsrecht hat, gehört nach § 35 Abs. 1 InsO das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Auch der sog. Neuerwerb des Gemeinschuldners, also das Vermögen, das er während des Verfahrens erlangt, fällt in die Insolvenzmasse. Maßgeblicher Zeitpunkt bis zu dem der Neuerwerb des Schuldners in die Insolvenzmasse fällt, ist der im Aufhebungs- oder Einstellungsbeschluss genannte Zeitpunkt (vgl. Graf-Schlicker/Kexel , InsO 2007, § 35 Rz. 14).

25

Im Streitfall war das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers zum Zeitpunkt des Erlasses des Einkommensteuerbescheides für 2011 am 13. Dezember 2012 noch nicht aufgehoben. Dies bedeutet aber nach Auffassung des Senats nicht, dass der Neuerwerb des Klägers – hier der Einkommensteuererstattungsanspruch gem. § 35 InsO in die Insolvenzmasse fällt und somit an den Insolvenzverwalter auszuzahlen ist. Einer solchen Rechtsfolge steht entgegen, dass dem Kläger bereits am 07. Oktober 2010 die Restschuldbefreiung gem. § 300 InsO erteilt worden ist.

26

Gemäß Beschluss des BGH vom 03.12.2009 (IX ZB 247/08, NJW 2010, 2283) entfällt nach Rechtskraft der Entscheidung über die Restschuldbefreiung der Insolvenzbeschlag hinsichtlich des Neuerwerbs nach Ablauf der Abtretungsfrist. Gegenstand des BGH-Beschlusses war ein Neuerwerb nach Erteilung der Restschuldbefreiung, der der Abtretung gem. § 287 Abs. 2 InsO unterfiel und sich auf Bezüge aus laufendem Einkommen bezog. Zur Begründung seines Beschlusses hat der BGH ausgeführt, dass durch § 287 Abs. 2 InsO eine zeitliche Begrenzung der Wirkungen des § 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO hinsichtlich des Neuerwerbs eintrete. Nur hierdurch könne der Regelungszweck des § 287 Abs. 2 InsO verwirklicht werden. Nach Ablauf von sechs Jahren ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens solle der Neuerwerb wieder dem Schuldner zur Verfügung stehen, wenn ihm Restschuldbefreiung erteilt werde. Anderenfalls würden die Gläubiger zum Nachteil des redlichen Schuldners Vorteile erlangen, die das Gesetz nicht vorsieht. Zudem würden die Befriedigungsaussichten der Gläubiger geschmälert, denen nach § 302 InsO eine privilegierte Forderung zustehe.

27

Der BGH hat in seinem Beschluss vom 03.12.2009 allerdings offen gelassen, ob nach Erteilung der Restschuldbefreiung jeder Neuerwerb nicht mehr zur Insolvenzmasse gehört oder nur ein solcher, der unter die Abtretungserklärung gem. § 287 Abs. 2 fällt, sich also auf Bezüge aus laufendem Einkommen bezieht. So heißt es in Rz. 37 des Beschlusses ausdrücklich: „ cc) Ob dies für jeden Neuerwerb nach Ablauf der Abtretungserklärung gilt oder nur für denjenigen, der auch der Abtretungserklärung unterfallen würde, bedarf hier keiner Entscheidung. Der hier fragliche Neuerwerb in der Form von Renten wäre von der Abtretungserklärung zweifellos erfasst worden...“

28

Die Auffassung der Kläger, dass der BGH Beschluss vom 03.12.2009 dahingehend zu verstehen sei, dass jeder Neuerwerb nach Restschuldbefreiung nicht mehr dem Insolvenzbeschlag unterfalle und der BGH nur offen gelassen habe, ob in dem Zeitraum zwischen Ablauf der Abtretungsfrist und Erteilung der Restschuldbefreiung tatsächlich jeder Neuerwerb schon nicht mehr dem Insolvenzbeschlag unterliege, teilt der Senat nicht. Auch in der Literatur ist der BGH-Beschluss vom 03.12.2009 so verstanden worden, dass er die Frage des nicht von der Abtretungserklärung erfassten Neuerwerbs offen lässt (vgl. Büttner, ZInsO 2010, 1025, 1035 m. v. N; Martini Anmerkung zu BGH Beschluss vom 3.12.2009 – IX ZB 247/08, jurisPR-InsR 2 /2010 Anm. 2).

29

Ungeachtet der Frage des Verständnisses des BGH-Beschlusses vom 03.12.2009, steht nach Auffassung des Senats nach Erteilung der Restschuldbefreiung auch derjenige Neuerwerb, der – wie der Einkommensteuererstattungsanspruch - nicht zu den Bezügen aus laufendem Einkommen i. S. d. § 287 Abs. 2 InsO gehört (vgl. BGH v. 21.07.2005 IX ZR 115/04, NJW 2005, 2988; BFH-Beschluss v.29.1.2010, VII B 188/09, BFH/NV 2010, 1243) und damit nicht der Abtretungserklärung unterfällt, wieder dem Schuldner zu.

30

Hierfür spricht die Intention des Gesetzgebers, mit dem einheitlichen Beginn und der Verkürzung der Wohlverhaltensperiode eine spürbare Erleichterung des Schuldners zu erreichen und gleichzeitig zu vermeiden, dass der eine Schuldner früher, der andere später in den Genuss der mit der Restschuldbefreiung verbundenen Vorteile kommt (BT-Drucks. 14/6468 S.18). Zu diesen Vorteilen gehört aber die dann wieder freie Verfügungsmöglichkeit des Schuldners über sein Einkommen und Vermögen. Nur so lässt sich der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck, dem redlichen Schuldner sechs Jahre nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Neuanfang zu ermöglichen, erreichen (vgl. dazu auch Beschluss des Landgerichts Leipzig, v. 23.07.2012 – 8T 911/11, veröffentlicht in juris). Unterfällt der Neuerwerb nach Restschuldbefreiung aber vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens weiterhin dem Insolvenzbeschlag, so werden diejenigen Schuldner benachteiligt, bei denen sich das Insolvenzverfahren über einen längeren Zeitraum als sechs Jahre erstreckt. Die fortwährende Massemehrung durch den Neuerwerb rechtfertigt jedoch kein „Endlosverfahren“ (so ausdrücklich Lüdtke in Münchner Kommentar zur Insolvenzordnung 3. Auflage,   § 35 Abs. 230; vgl. Martini Anmerkung zu BGH Beschluss vom 03.12.2009 – IX ZB 247/08, jurisPR-InsR 2 /2010 Anm. 2, ; Büttner, ZInsO 2010, 1025 m. w. N.).

31

Eine andere rechtliche Wertung ergibt sich auch nicht aus dem Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte, das die Insolvenzordnung ändert, und im Bundesgesetzblatt vom 18. Juli 2013 veröffentlicht worden ist (BGBl I v. 18. Juli 2013, S. 2379). Dieses Gesetz wird in seinen wesentlichen Teilen am 01. Juli 2014 in Kraft treten, eine Rückwirkung auf bereits laufende Verfahren tritt nicht ein (Art. 103h EG InsO n. F.). § 300a InsO n. F. wird regeln, dass das Vermögen, das der Schuldner nach Ende der Abtretungsfrist oder nach Eintritt der Voraussetzungen des § 300 Absatz 1 Satz 2 InsO erwirbt, nicht mehr zur Insolvenzmasse gehört, wenn dem Schuldner Restschuldbefreiung erteilt wird. In der Gesetzesbegründung zu § 300a InsO heißt es in der BR-Drucksache 467/12 (S. 46, 47) wörtlich:

32

„Dabei soll dem Schuldner nicht nur der von der Abtretungserklärung nach § 287 Absatz 2 Satz 1 InsO erfasste Neuerwerb zustehen. Der insolvenzfreie Neuerwerb soll sich vielmehr auch auf andere Vermögenszuflüsse erstrecken, die nach dem Ende der Abtretungsfrist oder nach dem Eintritt der Voraussetzungen des § 300 Absatz 1 Satz 2 InsO-E anfallen, wie etwa Steuerrückerstattungen aus vom Schuldner veranlassten Steuererklärungen oder aus Erbschaften und Schenkungen. Hintergrund der Regelung ist, dass dem Schuldner in Bezug auf seine Restschuldbefreiung kein Nachteil dadurch entstehen soll, dass das Insolvenzverfahren über sein Vermögen noch nicht abgeschlossen werden konnte. Vielmehr soll durch die Regelung das Vertrauen des Schuldners in einen wirtschaftlichen Neustart gestärkt werden, sofern er die Voraussetzungen für eine Erteilung der Restschuldbefreiung erfüllt“.

33

Aus der Neufassung der Insolvenzordnung zieht der Senat nicht den Umkehrschluss, dass Steuererstattungsansprüche, die zwischen Erteilung der Restschuldbefreiung und Aufhebung des Insolvenzverfahrens entstehen, bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte noch in die Insolvenzmasse fallen. Auch nach bisheriger Gesetzesfassung ist § 35 InsO nach Auffassung des Senates dahingehend einschränkend auszulegen, dass auch der nicht von der Abtretungserklärung gem. § 287 Abs. 2 InsO erfasste Steuererstattungsanspruch, der nach Erteilung der Restschuldbefreiung entstanden ist, nicht mehr in die Insolvenzmasse fällt.

34

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 FGO.

35

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151, 155 FGO i. V. m. der entsprechenden Anwendung von §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

36

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, § 115 Abs.2 FGO.

37

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-.

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(1) Das Insolvenzgericht entscheidet nach dem regulären Ablauf der Abtretungsfrist über die Erteilung der Restschuldbefreiung. Der Beschluss ergeht nach Anhörung der Insolvenzgläubiger, des Insolvenzverwalters oder Treuhänders und des Schuldners. Eine nach Satz 1 erteilte Restschuldbefreiung gilt als mit Ablauf der Abtretungsfrist erteilt.

(2) Wurden im Insolvenzverfahren keine Forderungen angemeldet oder sind die Insolvenzforderungen befriedigt worden und hat der Schuldner die Kosten des Verfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten berichtigt, so entscheidet das Gericht auf Antrag des Schuldners schon vor Ablauf der Abtretungsfrist über die Erteilung der Restschuldbefreiung. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 ist vom Schuldner glaubhaft zu machen. Wird die Restschuldbefreiung nach Satz 1 erteilt, so gelten die §§ 299 und 300a entsprechend.

(3) Das Insolvenzgericht versagt die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers, wenn die Voraussetzungen des § 290 Absatz 1, des § 296 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 3, des § 297 oder des § 297a vorliegen, oder auf Antrag des Treuhänders, wenn die Voraussetzungen des § 298 vorliegen.

(4) Der Beschluss ist öffentlich bekannt zu machen. Gegen den Beschluss steht dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger, der bei der Anhörung nach Absatz 1 oder Absatz 2 die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt oder der das Nichtvorliegen der Voraussetzungen einer vorzeitigen Restschuldbefreiung nach Absatz 2 geltend gemacht hat, die sofortige Beschwerde zu.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 247/08
vom
3. Dezember 2009
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Über den Antrag auf Restschuldbefreiung ist nach Ende der Laufzeit der Abtretungserklärung
von Amts wegen zu entscheiden, auch wenn das Insolvenzverfahren
zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen werden kann.

b) Ist über die Restschuldbefreiung vor Abschluss des Insolvenzverfahrens zu entscheiden
, muss den Beteiligten wie bei einem Schlusstermin Gelegenheit zu Versagungsanträgen
nach § 290 InsO und zur Stellungnahme gegeben werden. Die
Ankündigung der Restschuldbefreiung, die Wohlverhaltensphase und die dort
sonst zu beachtenden Obliegenheiten des Schuldners entfallen.

c) Wird dem Schuldner im laufenden Insolvenzverfahren nach Ablauf der Abtretungserklärung
Restschuldbefreiung erteilt, entfällt der Insolvenzbeschlag für den
Neuerwerb ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Abtretungserklärung.

d) Bis zur Rechtskraft der Entscheidung, mit der im laufenden Verfahren Restschuldbefreiung
erteilt wird, hat der Insolvenzverwalter den pfändbaren Neuerwerb einzuziehen
und für die Masse zu sichern. Wird Restschuldbefreiung erteilt, hat er
den eingezogenen Neuerwerb, der danach nicht in die Masse gefallen ist, an den
Schuldner auszukehren.
BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2009 - IX ZB 247/08 - LG Dresden
AG Dresden
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, den Richter Vill, die Richterin Lohmann und die Richter Dr. Fischer
und Dr. Pape
am 3. Dezember 2009

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 11. Juni 2008 wird auf Kosten der Schuldnerin zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 8.400 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die Schuldnerin beantragte am 1. Februar 2002 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen sowie Restschuldbefreiung. Sie trat ihre pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an dessen Stelle tretende laufende Bezüge für die Zeit von sechs Jahren ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den vom Gericht in diesem Verfahren zu bestellenden Treuhänder ab. Mit Beschluss vom 28. Februar 2002 eröffnete das Amtsgericht das Insolvenzverfahren zum 1. März 2002 und bestellte den Beschwerdegegner zum Insolvenzverwalter.

2
Die Schuldnerin erhält von der Landesversicherungsanstalt S. eine Alters- und eine Hinterbliebenenrente von monatlich 650 € bzw. 620 € sowie von der G. Berufsgenossenschaft eine weitere Witwenrente von monatlich 420 €. Den pfändbaren Teil aus den Renten der Landesversicherungsanstalt vereinnahmte der Verwalter während des laufenden Insolvenzverfahrens. Die Witwenrente der G. Berufsgenossenschaft wurde bis Juni 2007 aufgrund ausdrücklicher Einverständniserklärung der Schuldnerin auf das Verwalteranderkonto überwiesen. Seit August 2007 zahlt die G. Berufsgenossenschaft die Hinterbliebenenrente auf Anweisung der Schuldnerin auf ein Konto ihrer Tochter.
3
Am 3. April 2008 beantragte der Verwalter, nach § 850e Nr. 2 ZPO anzuordnen , dass die drei Renten zur Berechnung der nach § 850c ZPO pfändbaren Teile des monatlichen Gesamteinkommens zusammenzurechnen seien.
4
Mit Beschluss vom 6. Mai 2008 hat das Amtsgericht - Insolvenzgericht - diesem Antrag stattgegeben. Der nach dem so festgestellten Gesamteinkommen von 1.688,23 € gemäß § 850e ZPO pfändbare Teil des Einkommens sei von der Landesversicherungsanstalt S. auf das Anderkonto des Insolvenzverwalters zu zahlen. Der unpfändbare Grundbetrag sei in erster Linie aus der Altersrente zu entnehmen, § 850e Nr. 2 Satz 2 ZPO.
5
gegen Die diesen Beschluss erhobene sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin ihr Abweisungsbegehren weiter.

II.


6
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil sie vom Beschwerdegericht zugelassen worden ist, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 793 ZPO (vgl. BGH, Beschl. v. 5. Februar 2004 - IX ZB 97/03, WM 2004, 834, 835; v. 6. Mai 2004 - IX ZB 104/04, ZIP 2004, 1379; v. 6. Juli 2006 - IX ZB 220/04, KTS 2007, 353; v. 23. April 2009 - IX ZB 35/08, ZInsO 2009, 1072 Rn. 3). Hieran ist das Beschwerdegericht gebunden, § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Die Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig, § 575 Abs. 1 bis 3 ZPO. In die versäumten Fristen zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 4. Dezember 2008 Wiedereinsetzung gewährt.

III.


7
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdegericht hat richtig entschieden.
8
1. Das Landgericht (dessen Entscheidung unter anderem veröffentlicht ist in NZI 2008, 508) meint, der Antrag des Insolvenzverwalters sei zulässig, insbesondere fehle ihm nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Denn auch nach Ablauf der Frist der Abtretungserklärung unterlägen die fortlaufenden Bezüge der Schuldnerin grundsätzlich dem Insolvenzbeschlag des Neuerwerbs nach § 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO.
9
Zwar solle die sechsjährige Laufzeit der Abtretung auch zu einer Beendigung des Insolvenzbeschlags des Neuerwerbs führen, wenn das Insolvenzver- fahren noch andauere. Dies gelte aber nur für den redlichen Schuldner, der eine Restschuldbefreiung auch tatsächlich verdiene. Dazu seien jedoch im vorliegenden Verfahren noch keine Feststellungen möglich gewesen, weil die Gläubiger noch keine Gelegenheit und Veranlassung gehabt hätten, Versagungsgründe geltend zu machen. Ein Entfallen des Insolvenzbeschlags allein wegen Zeitablaufs käme jedoch nicht in Betracht.
10
2. Diese Ausführungen halten im Ergebnis rechtlicher Prüfung stand.
11
ImRechtsbeschwerdeverfahrenwie schon im Beschwerdeverfahren geht es ausschließlich um die Frage der Auswirkungen des Ablaufs der Frist der Abtretungserklärung zum 1. März 2008 (zur Fristberechnung vgl. BGH, Urt. v. 13. Januar 2005 - IX ZR 33/04, ZIP 2005, 310). Sonstige Einwände gegen die Zusammenrechnung der Renten gemäß § 36 Abs. 1 InsO, § 850e Nr. 2, § 850 Abs. 2 ZPO werden nicht geltend gemacht und bestehen nicht.
12
Auch das Ende der Laufzeit der Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 InsO n.F. steht der vom Amtsgericht vorgenommenen Anordnung der Zusammenrechnung nicht entgegen.
13
Dem Insolvenzverwalter fehlte für den am 3. April 2008 gestellten Antrag nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Der pfändbare Neuerwerb der Schuldnerin kann auch noch nach Ablauf der Frist der Abtretungserklärung gemäß § 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO in die Insolvenzmasse fallen. Etwas anderes gilt ab dem Ende der Abtretungsfrist des § 287 Abs. 2 InsO nur dann, wenn dem Schuldner Restschuldbefreiung zu gewähren ist. Solange nicht feststeht, ob Restschuldbefreiung rechtskräftig erteilt wird, hat der Insolvenzverwalter den Neuerwerb einzuziehen und zu sichern.
14
a) Ist die Frist der Abtretungserklärung abgelaufen, bevor dem Schuldner die Restschuldbefreiung angekündigt worden ist, muss schon vor Beendigung des Insolvenzverfahrens über die Restschuldbefreiung gemäß § 300 InsO entschieden werden. Dies entspricht der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur (LG Hannover ZInsO 2009, 207; AG Hannover ZInsO 2009, 685; AG Göttingen NZI 2009, 779; FK-InsO/Ahrens, 5. Aufl. § 287 Rn. 89 f, § 300 Rn. 5a; HmbKomm-InsO/Streck, 3. Aufl. § 299 Rn. 4a; HK-InsO/ Landfermann, 5. Aufl. § 299 Rn. 9; Uhlenbruck/Vallender, InsO 12. Aufl. § 287 Rn. 49; Kobialka/Schmittmann ZInsO 2009, 653 ff; von Gleichenstein ZVI 2009, 93 ff). Die Argumente der Gegenmeinung (AG Alzey NZI 2009, 567; Heinze ZVI 2008, 416, 417 ff) greifen nicht durch.
15
aa) Im Regelfall wird erst nach der Rechtskraft des Beschlusses über die Ankündigung der Restschuldbefreiung nach § 291 InsO das Insolvenzverfahren gemäß § 289 Abs. 2 Satz 2 InsO aufgehoben. Erst in dem Ankündigungsbeschluss wird der Treuhänder bestellt, an den die Ansprüche auf Bezahlung der Bezüge gemäß § 287 Abs. 2 InsO nach Maßgabe der Abtretungserklärung und gegebenenfalls der Zusammenrechnungsanordnung nach § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 850e Nr. 2 ZPO übergehen. Erst dann beginnt die Wohlverhaltensperiode. Diese dauert nach der jetzt geltenden Fassung des Gesetzes sechs Jahre ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Ist bei Ablauf dieser Frist der Ankündigungsbeschluss noch nicht erlassen, entfaltet die Abtretung keine Wirkung. Allerdings fällt bis zu diesem Zeitpunkt der pfändbare Neuerwerb ohnehin gemäß § 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO in die Masse und ist vom Insolvenzverwalter einzuziehen und zu verwerten.
16
bb) Wie das Beschwerdegericht zutreffend festgestellt hat, war es der Wille des Gesetzgebers, den Zeitpunkt der Erteilung der Restschuldbefreiung von der Dauer des eröffneten Verfahrens zu lösen.
17
Er hat mit dem Gesetz zur Änderung der Insolvenzordnung (InsOÄndG) vom 26. Oktober 2001 (BGBl. I S. 2710) auf Vorschlag des Rechtsausschusses des Bundestages (BT-Drucks. 14/6468 S. 8 Nr. 15) § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO dahin geändert, dass der Lauf der Abtretungsfrist von sieben auf sechs Jahre verringert wurde und diese Frist nicht mehr erst bei Aufhebung des Insolvenzverfahrens , sondern bereits bei Eröffnung zu laufen beginnt. Begründet hat dies der Rechtsausschuss damit, dass die zuvor geltende Wohlverhaltensperiode von sieben Jahren als zu lang kritisiert worden sei. Die beiden beschlossenen Änderungen sollten zu einer deutlichen Erleichterung für den Schuldner beitragen. Die Festlegung des Beginns der Laufzeit der Abtretung auf die Verfahrenseröffnung beseitige die für den Schuldner völlig unbefriedigende Situation, dass sich in Einzelfällen das Insolvenzverfahren über einen Zeitraum von zwei Jahren erstrecke, ohne dass nennenswerte Vermögenswerte des Schuldners feststellbar wären oder er für die Verfahrensverzögerung verantwortlich wäre. Unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten sei es kaum vermittelbar, wenn in ähnlich gelagerten Fällen ein Schuldner deutlich später in das Restschuldbefreiungsverfahren gelange als ein vergleichbarer anderer. Insofern sei es geboten , die Laufzeit der Abtretung mit einem Ereignis beginnen zu lassen, das einerseits leicht feststellbar, andererseits von der Dauer des Insolvenzverfahrens, die auch durch die Gerichtsbelastung beeinflusst werde, unabhängig sei (BTDrucks. 14/6468 S. 18).
18
Insbesondere aus dem geänderten Beginn des Laufs der Abtretungsfrist sowie der Begründung hierfür ergibt sich damit, dass der Zeitpunkt der Erteilung der Restschuldbefreiung von der Dauer des Insolvenzverfahrens unabhängig werden sollte. Der Gesetzgeber hat zwar nicht bedacht, dass das Insolvenzverfahren mehr als sechs Jahre dauern kann. Er hat jedoch hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sechs Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Restschuldbefreiung zu entscheiden ist.
19
cc) Ist nach Ablauf der Abtretungserklärung das Insolvenzverfahren noch nicht beendet, kann die Abtretungserklärung keine Wirkung mehr entfalten (vgl. MünchKomm-InsO/Stephan, 2. Aufl. § 287 Rn. 59). Eine Ankündigung der Restschuldbefreiung gemäß § 291 InsO entfällt ebenso wie die sich sonst anschließende Wohlverhaltensperiode. Damit entfallen für den Schuldner auch die Obliegenheiten, die erst nach Ankündigung der Restschuldbefreiung von ihm zu beachten sind (vgl. BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2008 - IX ZB 249/07, NZI 2009, 191 Rn. 7 ff).
20
dd) Gemäß § 300 Abs. 1 InsO ist demgemäß nach Ablauf von sechs Jahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den Antrag auf Restschuldbefreiung zu entscheiden, auch wenn das Insolvenzverfahren noch nicht abschlussreif ist. Nach der ursprünglichen Fassung des § 287 Abs. 2 InsO ging der Entscheidung nach § 300 Abs. 1 InsO zwar voraus, dass zuvor die Restschuldbefreiung angekündigt, das Insolvenzverfahren beendet und die Wohlverhaltensperiode durchlaufen war. Nach der genannten Änderung des § 287 Abs. 2 InsO gilt dies jedoch auch hinsichtlich der Beendigung des Insolvenzverfahrens nicht mehr (a.A. Heinze ZVI 2008, 416, 417).
21
Der von § 287 Abs. 2 InsO n.F. verfolgte Zweck, dem redlichen Schuldner sechs Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen wirtschaftlichen Neuanfang zu ermöglichen, würde verfehlt, müsste in jedem Falle das Ende des Insolvenzverfahrens abgewartet werden, auf dessen Dauer der Schuldner kaum Einfluss hat.
22
ee) Mit Rechtskraft der Entscheidung, dem Schuldner Restschuldbefreiung zu erteilen, können die Gläubiger ihre Forderungen gemäß § 301 InsO zwar nicht mehr gegenüber dem Schuldner durchsetzen. Daraus ergibt sich aber kein Grund, der die Restschuldbefreiung hindern würde (a.A. AG Alzey aaO). Eine Verteilung des bis zum Ablauf der Abtretungsfrist in die Masse gefallenen Vermögens und Neuerwerbs bleibt möglich, denn der Insolvenzbeschlag bleibt insoweit bis zur Aufhebung des Verfahrens aufrechterhalten. Dies kann in der Entscheidung über die Restschuldbefreiung klargestellt werden (zutreffend AG Göttingen aaO).
23
ff) Den Gläubigern ist es zwar nicht möglich, die Versagungsgründe des § 296 InsO geltend zu machen. Denn die Obliegenheiten, die der Schuldner in der Wohlverhaltensperiode zu beachten hat, entstehen erst mit der Ankündigung der Restschuldbefreiung (BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2008 aaO).
24
Sie können aber die Versagungsgründe des § 290 InsO geltend machen, die sich auf die Zeit vor und während des durchgeführten Insolvenzverfahrens beziehen. Problematisch erscheint insoweit lediglich § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO, denn die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners insbesondere gemäß § 97 InsO bestehen bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens fort. Insoweit kann die Gefahr nicht ausgeschlossen werden, dass nach Erteilung der Restschuldbefreiung im weiter laufenden Insolvenzverfahren der Schuldner seine Pflichten verletzen könnte (gegen eine Restschuldbefreiung deshalb Heinze aaO S. 418). Das Risiko, dass hierdurch der weitere Ablauf des Insolvenzverfahrens in relevanter Weise beeinträchtigt werden könnte, ist jedoch nicht hoch. Sechs Jahre nach Beginn des Insolvenzverfahrens wird der Bedarf an Auskünften und Mitwirkungshandlungen des Schuldners gering sein. Von einem Schuldner, der diese Pflichten bislang erfüllt hat -andernfalls ist gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO die Restschuldbefreiung zu versagen -, wird dies auch in Zukunft regelmäßig erwartet werden können, zumal im Hinblick auf das Vermögen , das ohnehin weiterhin dem Insolvenzbeschlag unterliegt. Schließlich hat das Insolvenzgericht die Möglichkeit des § 98 InsO, um die Pflichten des Schuldners durchzusetzen. Die Befürchtung, er könnte in Zukunft seine gebotene Mitwirkung einstellen, lässt es nicht gerechtfertigt erscheinen, alleine wegen dieser theoretisch möglicherweise aufkommenden Verweigerungshaltung des Schuldners in Einzelfällen über die Restschuldbefreiung generell nicht zu entscheiden. Der Gesetzeszweck des § 287 Abs. 2 InsO könnte sonst für die große Mehrzahl der redlichen Schuldner nicht erreicht werden. Hinsichtlich eines in Einzelfällen die weitere Mitarbeit nach Restschuldbefreiung verweigernden Schuldners könnte neben der Anwendung des § 98 InsO auch eine analoge Anwendung des § 303 InsO in Betracht gezogen werden.
25
gg) Auch § 289 Abs. 3 InsO steht einer vorzeitigen Entscheidung über die Restschuldbefreiung nicht entgegen. Allerdings kann nach dieser Vorschrift Restschuldbefreiung im Falle der Einstellung des Verfahrens nur erteilt werden, wenn nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Insolvenzmasse nach § 209 InsO verteilt worden ist und die Einstellung nach § 211 InsO erfolgte. Es ist nicht ausgeschlossen, dass nach der vorzeitigen Entscheidung über die Restschuldbefreiung das Verfahren noch nach § 207 InsO eingestellt wird. Diese Einstellung unterbleibt zwar, wenn dem Schuldner die Kosten nach § 4a InsO gestundet wurden. Es ist aber möglich, dass eine gewährte Stundung aufgehoben wird.
26
Auch hieraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass das Gesetz immer ein bis zum Schluss durchgeführtes Insolvenzverfahren für die Restschuldbefreiung voraussetzt (a.A. Heinze aaO S. 418; AG Alzey aaO). Das ergibt sich schon daraus, dass im Falle der Einstellung des Verfahrens nach § 211 InsO die Restschuldbefreiung zulässig ist.
27
Die Fälle, in denen der Insolvenzverwalter erst nach Ablauf von sechs Jahren feststellt, dass die Masse nicht einmal die Kosten des Verfahrens deckt, dürften im Übrigen selten sein. Eher ist eine Aufhebung der Stundung der Verfahrenskosten in Betracht zu ziehen. In den Fällen des § 4c Nrn. 1 bis 3 InsO wird regelmäßig auf Antrag eines Gläubigers auch eine Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 InsO zu erwägen sein. Die Zahl der Fälle, die dann noch zu einer Einstellung nach § 207 InsO führen könnten, erscheint gering. Das Risiko, dass es hierzu kommt, ist jedenfalls nicht so erheblich, dass deswegen in allen Fällen von der Verwirklichung des Gesetzeszweckes der Neufassung des § 287 Abs. 2 InsO abgesehen werden könnte. Lösungen für die genannten Einzelfälle wären gegebenenfalls auch hier auf anderem Weg zu suchen.
28
hh) Nach § 300 Abs. 1 InsO ist über die Restschuldbefreiung nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode zu entscheiden. Entfällt diese entgegen dem Regelfall aus den dargelegten Gründen und kann noch kein Schlusstermin abgehalten werden, muss die Anhörung der Insolvenzgläubiger, des Insolvenzverwalters anstelle des Treuhänders und des Schuldners in einer Form durchgeführt werden, die dem Schlusstermin entspricht (vgl. § 289 Abs. 1 InsO). Dies kann in einer Gläubigerversammlung oder gemäß § 5 Abs. 2 InsO im schriftlichen Verfahren erfolgen (vgl. Uhlenbruck/Vallender, aaO § 287 Rn. 49; FK-InsO/Ahrens, aaO § 287 Rn. 89 f).

29
Im Übrigen ist das Insolvenzverfahren fortzusetzen. Die Schlussverteilung , der Schlusstermin und die Aufhebung des Insolvenzverfahrens erfolgen später. Wird die Restschuldbefreiung rechtskräftig abgelehnt, kann das Verfahren ohnehin normal weitergeführt und zum Abschluss gebracht werden.
30
b) Wird die Restschuldbefreiung während des laufenden Insolvenzverfahrens erteilt, entfällt nach Rechtskraft dieser Entscheidung der Insolvenzbeschlag hinsichtlich des Neuerwerbs nach Ablauf der Abtretungsfrist.
31
Durch § 287 Abs. 2 InsO tritt eine zeitliche Begrenzung der Wirkungen des § 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO hinsichtlich des Neuerwerbs ein. Nur hierdurch kann der Regelungszweck des § 287 Abs. 2 InsO verwirklicht werden. Nach Ablauf von sechs Jahren ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens soll der Neuerwerb wieder dem Schuldner zur Verfügung stehen, wenn ihm Restschuldbefreiung erteilt wird. Andernfalls würden die Gläubiger zum Nachteil des redlichen Schuldners Vorteile erlangen, die das Gesetz nicht vorsieht.
32
aa) Die begrenzende Wirkung des § 287 Abs. 2 InsO hinsichtlich des Neuerwerbs tritt nicht generell in allen Fällen ein. Restschuldbefreiung wird nur dem redlichen Schuldner erteilt. Dies schließt es aus, die Begrenzung des § 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO auch anderen Schuldnern zugute kommen zu lassen. Bei ihnen ist das Insolvenzverfahren zu Ende zu führen. Danach hat jeder Gläubiger auch wieder die Möglichkeit der Einzelzwangsvollstreckung gegen den Schuldner.
33
bb) Die beschränkende Wirkung des § 287 Abs. 2 InsO tritt zum Ablauf der Abtretungsfrist ein. Allerdings ist die Frage streitig. Nach einer Auffassung gebührt der Neuerwerb der Masse bis zu dem Zeitpunkt, in dem die Rechtskraft der Entscheidung eintritt, mit der Restschuldbefreiung gewährt wurde (LG Hannover ZInsO 2009, 207, 208; Uhlenbruck/Vallender, aaO § 287 Rn. 50; Heinze ZVI 2008, 416, 419; Kobialka/Schmittmann ZInsO 2009, 653, 655).
34
Nach anderer Auffassung gebührt der Neuerwerb ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Abtretungsfrist dem Schuldner (AG Göttingen NZI 2009, 779; MünchKomm-InsO/Stephan, aaO § 300 Rn. 6 für den Fall der angekündigten Restschuldbefreiung; ebenso FK-InsO/Ahrens, aaO § 300 Rn. 4).
35
Der zuletzt genannten Meinung ist zu folgen. Allerdings ergibt sich schon für den Regelfall, in dem nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode Restschuldbefreiung erteilt wird, aus dem Gesetz nicht unmittelbar, ab welchem Zeitpunkt die von der Abtretung erfassten Beträge wieder dem Schuldner gebühren. Auch aus § 301 InsO ergibt sich insoweit nichts.
36
Aus dem Regelungszweck des § 287 Abs. 2 InsO erschließt sich jedoch, dass der Masse die Abtretung bzw. der Neuerwerb nach Ablauf der Abtretungsfrist nicht mehr zugute kommen soll, wenn Restschuldbefreiung erteilt wird. Andernfalls würden die Insolvenzgläubiger, deren Forderung durch die Restschuldbefreiung in eine Naturalobligation verwandelt wird (vgl. § 301 Abs. 3 InsO ), Vorteile erlangen gegenüber dem Schuldner und den Gläubigern der nach § 302 InsO privilegierten Forderungen. Verschleppungsmaßnahmen einfacher Insolvenzgläubiger würden sich bei laufenden pfändbaren Einkünften des Schuldners unmittelbar zu ihren Gunsten auswirken. Eine derartige Verschiebung der Verteilungsregelung des Gesetzes ist abzulehnen.
37
cc) Ob dies für jeden Neuerwerb nach Ablauf der Abtretungserklärung gilt oder nur für denjenigen, der auch der Abtretungserklärung unterfallen würde , bedarf hier keiner Entscheidung. Der hier fragliche Neuerwerb in der Form von Renten wäre von der Abtretungserklärung zweifellos erfasst worden (HKInsO /Landfermann, aaO § 287 Rn. 20; MünchKomm-InsO/Stephan, aaO § 287 Rn. 39; FK-InsO/Ahrens, aaO § 287 Rn. 47).
38
c) Solange nicht rechtskräftig über die Restschuldbefreiung entschieden ist, bleibt allerdings offen, ob der betroffene Neuerwerb in die Masse fällt. Der Insolvenzverwalter hat insoweit die Aufgabe, die mögliche Masse zu sichern und zu erhalten, damit sie gegebenenfalls für die Zwecke des Insolvenzverfahrens verwendet werden kann. Nur auf diese Weise kann für die Masse und damit auch für die Gläubiger der Neuerwerb für den Fall der Versagung der Restschuldbefreiung gesichert werden.
39
Steht nach rechtskräftiger Erteilung der Restschuldbefreiung fest, dass der Neuerwerb nicht in die Masse gefallen ist, ist er an den Schuldner auszukehren.
40
d) Das Insolvenzgericht hat im vorliegenden Fall noch nicht, wie von Amts wegen geboten, über die beantragte Restschuldbefreiung entschieden. Jedenfalls bis zur Rechtskraft dieser Entscheidung hat der Insolvenzverwalter demgemäß den pfändbaren Neuerwerb einzuziehen. Demgemäß steht ihm das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Zusammenrechnung der Renten zur Seite. Er hat allerdings auch beim Insolvenzgericht auf eine Entscheidung über die beantragte Restschuldbefreiung hinzuwirken, wenn nicht gemäß § 196 InsO ohnehin bereits die Schlussverteilung erfolgen muss. Das laufende Einkommen in Form von Renten steht der Schlussverteilung nicht entgegen. Ist die Verwer- tung der Insolvenzmasse im Übrigen beendet, müssen nach § 196 InsO die Schlussverteilung und der Schlusstermin stattfinden (Holzer in Kübler /Prütting/Bork, InsO § 196 Rn. 5a ff; HmbKomm-InsO/Preß, aaO § 196 Rn. 7; MünchKomm-InsO/Füchsl/Weishäupl, aaO §196 Rn.2; FK-InsO/ Kießner, aaO § 196 Rn. 8; Nerlich/Römermann/Westphal, InsO § 196 Rn. 6, 7).
Ganter Vill Lohmann
Fischer Pape
Vorinstanzen:
LG Dresden, Entscheidung vom 11.06.2008 - 5 T 507/08 -
AG Dresden, Entscheidung vom 06.05.2008 - 556 IN 273/02 -

(1) Die Restschuldbefreiung setzt einen Antrag des Schuldners voraus, der mit seinem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbunden werden soll. Wird er nicht mit diesem verbunden, so ist er innerhalb von zwei Wochen nach dem Hinweis gemäß § 20 Abs. 2 zu stellen. Der Schuldner hat dem Antrag eine Erklärung beizufügen, ob ein Fall des § 287a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 oder 2 vorliegt. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Erklärung nach Satz 3 hat der Schuldner zu versichern.

(2) Dem Antrag ist die Erklärung des Schuldners beizufügen, dass dieser seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder auf an deren Stelle tretende laufende Bezüge für den Zeitraum von drei Jahren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Abtretungsfrist) an einen vom Gericht zu bestimmenden Treuhänder abtritt. Ist dem Schuldner auf Grundlage eines nach dem 30. September 2020 gestellten Antrags bereits einmal Restschuldbefreiung erteilt worden, so beträgt die Abtretungsfrist in einem erneuten Verfahren fünf Jahre; der Schuldner hat dem Antrag eine entsprechende Abtretungserklärung beizufügen.

(3) Vereinbarungen des Schuldners sind insoweit unwirksam, als sie die Abtretungserklärung nach Absatz 2 vereiteln oder beeinträchtigen würden.

(4) Die Insolvenzgläubiger, die Forderungen angemeldet haben, sind bis zum Schlusstermin zu dem Antrag des Schuldners zu hören.

(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.

(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.

(1) Die Restschuldbefreiung setzt einen Antrag des Schuldners voraus, der mit seinem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbunden werden soll. Wird er nicht mit diesem verbunden, so ist er innerhalb von zwei Wochen nach dem Hinweis gemäß § 20 Abs. 2 zu stellen. Der Schuldner hat dem Antrag eine Erklärung beizufügen, ob ein Fall des § 287a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 oder 2 vorliegt. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Erklärung nach Satz 3 hat der Schuldner zu versichern.

(2) Dem Antrag ist die Erklärung des Schuldners beizufügen, dass dieser seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder auf an deren Stelle tretende laufende Bezüge für den Zeitraum von drei Jahren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Abtretungsfrist) an einen vom Gericht zu bestimmenden Treuhänder abtritt. Ist dem Schuldner auf Grundlage eines nach dem 30. September 2020 gestellten Antrags bereits einmal Restschuldbefreiung erteilt worden, so beträgt die Abtretungsfrist in einem erneuten Verfahren fünf Jahre; der Schuldner hat dem Antrag eine entsprechende Abtretungserklärung beizufügen.

(3) Vereinbarungen des Schuldners sind insoweit unwirksam, als sie die Abtretungserklärung nach Absatz 2 vereiteln oder beeinträchtigen würden.

(4) Die Insolvenzgläubiger, die Forderungen angemeldet haben, sind bis zum Schlusstermin zu dem Antrag des Schuldners zu hören.

(1) Wird dem Schuldner Restschuldbefreiung erteilt, gehört das Vermögen, das der Schuldner nach Ende der Abtretungsfrist oder nach Eintritt der Voraussetzungen des § 300 Absatz 2 Satz 1 erwirbt, nicht mehr zur Insolvenzmasse. Satz 1 gilt nicht für Vermögensbestandteile, die auf Grund einer Anfechtung des Insolvenzverwalters zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden oder die auf Grund eines vom Insolvenzverwalter geführten Rechtsstreits oder auf Grund Verwertungshandlungen des Insolvenzverwalters zur Insolvenzmasse gehören.

(2) Bis zur rechtskräftigen Erteilung der Restschuldbefreiung hat der Verwalter den Neuerwerb, der dem Schuldner zusteht, treuhänderisch zu vereinnahmen und zu verwalten. Nach rechtskräftiger Erteilung der Restschuldbefreiung findet die Vorschrift des § 89 keine Anwendung. Der Insolvenzverwalter hat bei Rechtskraft der Erteilung der Restschuldbefreiung dem Schuldner den Neuerwerb herauszugeben und über die Verwaltung des Neuerwerbs Rechnung zu legen.

(3) Der Insolvenzverwalter hat für seine Tätigkeit nach Absatz 2, sofern Restschuldbefreiung rechtskräftig erteilt wird, gegenüber dem Schuldner Anspruch auf Vergütung und auf Erstattung angemessener Auslagen. § 293 gilt entsprechend.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(1) Das Finanzgericht kann von Amts wegen oder auf Antrag andere beiladen, deren rechtliche Interessen nach den Steuergesetzen durch die Entscheidung berührt werden, insbesondere solche, die nach den Steuergesetzen neben dem Steuerpflichtigen haften. Vor der Beiladung ist der Steuerpflichtige zu hören, wenn er am Verfahren beteiligt ist.

(2) Wird eine Abgabe für einen anderen Abgabenberechtigten verwaltet, so kann dieser nicht deshalb beigeladen werden, weil seine Interessen als Abgabenberechtigter durch die Entscheidung berührt werden.

(3) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung). Dies gilt nicht für Mitberechtigte, die nach § 48 nicht klagebefugt sind.

(4) Der Beiladungsbeschluss ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden.

(5) Die als Mitberechtigte Beigeladenen können aufgefordert werden, einen gemeinsamen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen.

(6) Der Beigeladene kann innerhalb der Anträge eines als Kläger oder Beklagter Beteiligten selbständig Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen und alle Verfahrenshandlungen wirksam vornehmen. Abweichende Sachanträge kann er nur stellen, wenn eine notwendige Beiladung vorliegt.

Tatbestand

1

I. Mit Schreiben vom 28. November 2007 beantragte der Ehemann der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), dass ein Betrag in Höhe von 37.089 € als Freibetrag auf seiner Lohnsteuerkarte 2008 eingetragen werde. Mit Bescheid vom 19. Dezember 2007 wies der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) den Antrag gegenüber dem Ehemann teilweise zurück. Der Einspruch des Ehemanns vom 27. Dezember 2007 hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 25. März 2008). Adressat der Einspruchsentscheidung war auch die Klägerin. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage des Ehemanns und der Klägerin ab (Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 42).

2

Hiergegen wenden sich beide Eheleute mit der Revision. Der erkennende Senat hat mit Beschluss vom 22. August 2012 das Revisionsverfahren der Klägerin vom Verfahren des Ehemanns abgetrennt.

3

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil aufzuheben, und festzustellen, dass der Ablehnungsbescheid vom 19. Dezember 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. März 2008 rechtswidrig war und dass das FA verpflichtet gewesen war, auf der Lohnsteuerkarte des Klägers anstelle eines Freibetrags für Unterhaltszahlungen von (gerundet) 13.740 € einen Freibetrag für Sonderausgaben in Höhe von 37.089 € einzutragen.

4

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

5

II. 1. Die Revision der Klägerin ist zulässig, da sie durch das auch gegen sie ergangene FG-Urteil beschwert ist.

6

2. Die Revision ist begründet, soweit die Klägerin die Aufhebung der gegen sie ergangenen Einspruchsentscheidung begehrt. Das FA hätte die Einspruchsentscheidung nicht auch gegen die Klägerin richten dürfen, weil diese keinen Einspruch eingelegt hatte. Der Klägerin steht daher ein Anspruch auf isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung zu, soweit diese gegen sie ergangen ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 13. November 2008 V R 24/06, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2009, 217; Senatsurteil vom 20. Dezember 2006 X R 38/05, BFHE 216, 297, BStBl II 2007, 823, unter B.I.4.). Dies hat das FG verkannt, als es die Klage insgesamt abgewiesen hat.

7

3. Soweit der Revisionsantrag der Klägerin auf die Eintragung eines Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte gerichtet ist, ist ihre Revision allerdings unbegründet. Denn die von ihr erhobene Klage war unzulässig, weil das erforderliche Vorverfahren nicht durchgeführt worden ist. Gegen die Ablehnung des Antrags des Ehemanns hat die Prozessbevollmächtigte ausdrücklich nur im Namen und Auftrag des Ehemanns Einspruch eingelegt. Soll der von nur einem der Ehegatten eingelegte Rechtsbehelf auch für den anderen --mit ihm zusammen veranlagten-- Ehegatten wirken, muss im Einspruchsschreiben unmissverständlich zum Ausdruck gebracht werden, dass der Einspruch auch für den anderen Ehegatten eingelegt wird (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung; vgl. z.B. Senatsurteile in BFHE 216, 297, BStBl II 2007, 823, unter B.I.1., m.w.N.). Daran fehlt es hier.

8

Damit fehlt es insoweit an der Durchführung eines Vorverfahrens. Dies ist aber gemäß § 44 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Klage.

(1) Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) sind die Steuerbescheide, die Steuervergütungsbescheide, die Haftungsbescheide und die Verwaltungsakte, durch die steuerliche Nebenleistungen festgesetzt werden; bei den Säumniszuschlägen genügt die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands (§ 240). Die Steueranmeldungen (§ 168) stehen den Steuerbescheiden gleich.

(2) Über Streitigkeiten, die die Verwirklichung der Ansprüche im Sinne des Absatzes 1 betreffen, entscheidet die Finanzbehörde durch Abrechnungsbescheid. Dies gilt auch, wenn die Streitigkeit einen Erstattungsanspruch (§ 37 Abs. 2) betrifft.

(3) Wird eine Anrechnungsverfügung oder ein Abrechnungsbescheid auf Grund eines Rechtsbehelfs oder auf Antrag des Steuerpflichtigen oder eines Dritten zurückgenommen und in dessen Folge ein für ihn günstigerer Verwaltungsakt erlassen, können nachträglich gegenüber dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Person die entsprechenden steuerlichen Folgerungen gezogen werden. § 174 Absatz 4 und 5 gilt entsprechend.

(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.

(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.

Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erlöschen insbesondere durch Zahlung (§§ 224, 224a, 225), Aufrechnung (§ 226), Erlass (§§ 163, 227), Verjährung (§§ 169 bis 171, §§ 228 bis 232), ferner durch Eintritt der Bedingung bei auflösend bedingten Ansprüchen.

(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.

(2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt (§§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), hat im Verfahren keine Wirkung. Die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung bleiben unberührt.

(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).

(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295a gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.

(3) Der Schuldner hat den Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbständigen Tätigkeit zu informieren. Ersucht der Schuldner den Verwalter um die Freigabe einer solchen Tätigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat zu dem Ersuchen zu erklären.

(4) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.

(1) Das Insolvenzgericht entscheidet nach dem regulären Ablauf der Abtretungsfrist über die Erteilung der Restschuldbefreiung. Der Beschluss ergeht nach Anhörung der Insolvenzgläubiger, des Insolvenzverwalters oder Treuhänders und des Schuldners. Eine nach Satz 1 erteilte Restschuldbefreiung gilt als mit Ablauf der Abtretungsfrist erteilt.

(2) Wurden im Insolvenzverfahren keine Forderungen angemeldet oder sind die Insolvenzforderungen befriedigt worden und hat der Schuldner die Kosten des Verfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten berichtigt, so entscheidet das Gericht auf Antrag des Schuldners schon vor Ablauf der Abtretungsfrist über die Erteilung der Restschuldbefreiung. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 ist vom Schuldner glaubhaft zu machen. Wird die Restschuldbefreiung nach Satz 1 erteilt, so gelten die §§ 299 und 300a entsprechend.

(3) Das Insolvenzgericht versagt die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers, wenn die Voraussetzungen des § 290 Absatz 1, des § 296 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 3, des § 297 oder des § 297a vorliegen, oder auf Antrag des Treuhänders, wenn die Voraussetzungen des § 298 vorliegen.

(4) Der Beschluss ist öffentlich bekannt zu machen. Gegen den Beschluss steht dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger, der bei der Anhörung nach Absatz 1 oder Absatz 2 die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt oder der das Nichtvorliegen der Voraussetzungen einer vorzeitigen Restschuldbefreiung nach Absatz 2 geltend gemacht hat, die sofortige Beschwerde zu.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 247/08
vom
3. Dezember 2009
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Über den Antrag auf Restschuldbefreiung ist nach Ende der Laufzeit der Abtretungserklärung
von Amts wegen zu entscheiden, auch wenn das Insolvenzverfahren
zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen werden kann.

b) Ist über die Restschuldbefreiung vor Abschluss des Insolvenzverfahrens zu entscheiden
, muss den Beteiligten wie bei einem Schlusstermin Gelegenheit zu Versagungsanträgen
nach § 290 InsO und zur Stellungnahme gegeben werden. Die
Ankündigung der Restschuldbefreiung, die Wohlverhaltensphase und die dort
sonst zu beachtenden Obliegenheiten des Schuldners entfallen.

c) Wird dem Schuldner im laufenden Insolvenzverfahren nach Ablauf der Abtretungserklärung
Restschuldbefreiung erteilt, entfällt der Insolvenzbeschlag für den
Neuerwerb ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Abtretungserklärung.

d) Bis zur Rechtskraft der Entscheidung, mit der im laufenden Verfahren Restschuldbefreiung
erteilt wird, hat der Insolvenzverwalter den pfändbaren Neuerwerb einzuziehen
und für die Masse zu sichern. Wird Restschuldbefreiung erteilt, hat er
den eingezogenen Neuerwerb, der danach nicht in die Masse gefallen ist, an den
Schuldner auszukehren.
BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2009 - IX ZB 247/08 - LG Dresden
AG Dresden
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, den Richter Vill, die Richterin Lohmann und die Richter Dr. Fischer
und Dr. Pape
am 3. Dezember 2009

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 11. Juni 2008 wird auf Kosten der Schuldnerin zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 8.400 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die Schuldnerin beantragte am 1. Februar 2002 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen sowie Restschuldbefreiung. Sie trat ihre pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an dessen Stelle tretende laufende Bezüge für die Zeit von sechs Jahren ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den vom Gericht in diesem Verfahren zu bestellenden Treuhänder ab. Mit Beschluss vom 28. Februar 2002 eröffnete das Amtsgericht das Insolvenzverfahren zum 1. März 2002 und bestellte den Beschwerdegegner zum Insolvenzverwalter.

2
Die Schuldnerin erhält von der Landesversicherungsanstalt S. eine Alters- und eine Hinterbliebenenrente von monatlich 650 € bzw. 620 € sowie von der G. Berufsgenossenschaft eine weitere Witwenrente von monatlich 420 €. Den pfändbaren Teil aus den Renten der Landesversicherungsanstalt vereinnahmte der Verwalter während des laufenden Insolvenzverfahrens. Die Witwenrente der G. Berufsgenossenschaft wurde bis Juni 2007 aufgrund ausdrücklicher Einverständniserklärung der Schuldnerin auf das Verwalteranderkonto überwiesen. Seit August 2007 zahlt die G. Berufsgenossenschaft die Hinterbliebenenrente auf Anweisung der Schuldnerin auf ein Konto ihrer Tochter.
3
Am 3. April 2008 beantragte der Verwalter, nach § 850e Nr. 2 ZPO anzuordnen , dass die drei Renten zur Berechnung der nach § 850c ZPO pfändbaren Teile des monatlichen Gesamteinkommens zusammenzurechnen seien.
4
Mit Beschluss vom 6. Mai 2008 hat das Amtsgericht - Insolvenzgericht - diesem Antrag stattgegeben. Der nach dem so festgestellten Gesamteinkommen von 1.688,23 € gemäß § 850e ZPO pfändbare Teil des Einkommens sei von der Landesversicherungsanstalt S. auf das Anderkonto des Insolvenzverwalters zu zahlen. Der unpfändbare Grundbetrag sei in erster Linie aus der Altersrente zu entnehmen, § 850e Nr. 2 Satz 2 ZPO.
5
gegen Die diesen Beschluss erhobene sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin ihr Abweisungsbegehren weiter.

II.


6
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil sie vom Beschwerdegericht zugelassen worden ist, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 793 ZPO (vgl. BGH, Beschl. v. 5. Februar 2004 - IX ZB 97/03, WM 2004, 834, 835; v. 6. Mai 2004 - IX ZB 104/04, ZIP 2004, 1379; v. 6. Juli 2006 - IX ZB 220/04, KTS 2007, 353; v. 23. April 2009 - IX ZB 35/08, ZInsO 2009, 1072 Rn. 3). Hieran ist das Beschwerdegericht gebunden, § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Die Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig, § 575 Abs. 1 bis 3 ZPO. In die versäumten Fristen zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 4. Dezember 2008 Wiedereinsetzung gewährt.

III.


7
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdegericht hat richtig entschieden.
8
1. Das Landgericht (dessen Entscheidung unter anderem veröffentlicht ist in NZI 2008, 508) meint, der Antrag des Insolvenzverwalters sei zulässig, insbesondere fehle ihm nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Denn auch nach Ablauf der Frist der Abtretungserklärung unterlägen die fortlaufenden Bezüge der Schuldnerin grundsätzlich dem Insolvenzbeschlag des Neuerwerbs nach § 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO.
9
Zwar solle die sechsjährige Laufzeit der Abtretung auch zu einer Beendigung des Insolvenzbeschlags des Neuerwerbs führen, wenn das Insolvenzver- fahren noch andauere. Dies gelte aber nur für den redlichen Schuldner, der eine Restschuldbefreiung auch tatsächlich verdiene. Dazu seien jedoch im vorliegenden Verfahren noch keine Feststellungen möglich gewesen, weil die Gläubiger noch keine Gelegenheit und Veranlassung gehabt hätten, Versagungsgründe geltend zu machen. Ein Entfallen des Insolvenzbeschlags allein wegen Zeitablaufs käme jedoch nicht in Betracht.
10
2. Diese Ausführungen halten im Ergebnis rechtlicher Prüfung stand.
11
ImRechtsbeschwerdeverfahrenwie schon im Beschwerdeverfahren geht es ausschließlich um die Frage der Auswirkungen des Ablaufs der Frist der Abtretungserklärung zum 1. März 2008 (zur Fristberechnung vgl. BGH, Urt. v. 13. Januar 2005 - IX ZR 33/04, ZIP 2005, 310). Sonstige Einwände gegen die Zusammenrechnung der Renten gemäß § 36 Abs. 1 InsO, § 850e Nr. 2, § 850 Abs. 2 ZPO werden nicht geltend gemacht und bestehen nicht.
12
Auch das Ende der Laufzeit der Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 InsO n.F. steht der vom Amtsgericht vorgenommenen Anordnung der Zusammenrechnung nicht entgegen.
13
Dem Insolvenzverwalter fehlte für den am 3. April 2008 gestellten Antrag nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Der pfändbare Neuerwerb der Schuldnerin kann auch noch nach Ablauf der Frist der Abtretungserklärung gemäß § 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO in die Insolvenzmasse fallen. Etwas anderes gilt ab dem Ende der Abtretungsfrist des § 287 Abs. 2 InsO nur dann, wenn dem Schuldner Restschuldbefreiung zu gewähren ist. Solange nicht feststeht, ob Restschuldbefreiung rechtskräftig erteilt wird, hat der Insolvenzverwalter den Neuerwerb einzuziehen und zu sichern.
14
a) Ist die Frist der Abtretungserklärung abgelaufen, bevor dem Schuldner die Restschuldbefreiung angekündigt worden ist, muss schon vor Beendigung des Insolvenzverfahrens über die Restschuldbefreiung gemäß § 300 InsO entschieden werden. Dies entspricht der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur (LG Hannover ZInsO 2009, 207; AG Hannover ZInsO 2009, 685; AG Göttingen NZI 2009, 779; FK-InsO/Ahrens, 5. Aufl. § 287 Rn. 89 f, § 300 Rn. 5a; HmbKomm-InsO/Streck, 3. Aufl. § 299 Rn. 4a; HK-InsO/ Landfermann, 5. Aufl. § 299 Rn. 9; Uhlenbruck/Vallender, InsO 12. Aufl. § 287 Rn. 49; Kobialka/Schmittmann ZInsO 2009, 653 ff; von Gleichenstein ZVI 2009, 93 ff). Die Argumente der Gegenmeinung (AG Alzey NZI 2009, 567; Heinze ZVI 2008, 416, 417 ff) greifen nicht durch.
15
aa) Im Regelfall wird erst nach der Rechtskraft des Beschlusses über die Ankündigung der Restschuldbefreiung nach § 291 InsO das Insolvenzverfahren gemäß § 289 Abs. 2 Satz 2 InsO aufgehoben. Erst in dem Ankündigungsbeschluss wird der Treuhänder bestellt, an den die Ansprüche auf Bezahlung der Bezüge gemäß § 287 Abs. 2 InsO nach Maßgabe der Abtretungserklärung und gegebenenfalls der Zusammenrechnungsanordnung nach § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 850e Nr. 2 ZPO übergehen. Erst dann beginnt die Wohlverhaltensperiode. Diese dauert nach der jetzt geltenden Fassung des Gesetzes sechs Jahre ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Ist bei Ablauf dieser Frist der Ankündigungsbeschluss noch nicht erlassen, entfaltet die Abtretung keine Wirkung. Allerdings fällt bis zu diesem Zeitpunkt der pfändbare Neuerwerb ohnehin gemäß § 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO in die Masse und ist vom Insolvenzverwalter einzuziehen und zu verwerten.
16
bb) Wie das Beschwerdegericht zutreffend festgestellt hat, war es der Wille des Gesetzgebers, den Zeitpunkt der Erteilung der Restschuldbefreiung von der Dauer des eröffneten Verfahrens zu lösen.
17
Er hat mit dem Gesetz zur Änderung der Insolvenzordnung (InsOÄndG) vom 26. Oktober 2001 (BGBl. I S. 2710) auf Vorschlag des Rechtsausschusses des Bundestages (BT-Drucks. 14/6468 S. 8 Nr. 15) § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO dahin geändert, dass der Lauf der Abtretungsfrist von sieben auf sechs Jahre verringert wurde und diese Frist nicht mehr erst bei Aufhebung des Insolvenzverfahrens , sondern bereits bei Eröffnung zu laufen beginnt. Begründet hat dies der Rechtsausschuss damit, dass die zuvor geltende Wohlverhaltensperiode von sieben Jahren als zu lang kritisiert worden sei. Die beiden beschlossenen Änderungen sollten zu einer deutlichen Erleichterung für den Schuldner beitragen. Die Festlegung des Beginns der Laufzeit der Abtretung auf die Verfahrenseröffnung beseitige die für den Schuldner völlig unbefriedigende Situation, dass sich in Einzelfällen das Insolvenzverfahren über einen Zeitraum von zwei Jahren erstrecke, ohne dass nennenswerte Vermögenswerte des Schuldners feststellbar wären oder er für die Verfahrensverzögerung verantwortlich wäre. Unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten sei es kaum vermittelbar, wenn in ähnlich gelagerten Fällen ein Schuldner deutlich später in das Restschuldbefreiungsverfahren gelange als ein vergleichbarer anderer. Insofern sei es geboten , die Laufzeit der Abtretung mit einem Ereignis beginnen zu lassen, das einerseits leicht feststellbar, andererseits von der Dauer des Insolvenzverfahrens, die auch durch die Gerichtsbelastung beeinflusst werde, unabhängig sei (BTDrucks. 14/6468 S. 18).
18
Insbesondere aus dem geänderten Beginn des Laufs der Abtretungsfrist sowie der Begründung hierfür ergibt sich damit, dass der Zeitpunkt der Erteilung der Restschuldbefreiung von der Dauer des Insolvenzverfahrens unabhängig werden sollte. Der Gesetzgeber hat zwar nicht bedacht, dass das Insolvenzverfahren mehr als sechs Jahre dauern kann. Er hat jedoch hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sechs Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Restschuldbefreiung zu entscheiden ist.
19
cc) Ist nach Ablauf der Abtretungserklärung das Insolvenzverfahren noch nicht beendet, kann die Abtretungserklärung keine Wirkung mehr entfalten (vgl. MünchKomm-InsO/Stephan, 2. Aufl. § 287 Rn. 59). Eine Ankündigung der Restschuldbefreiung gemäß § 291 InsO entfällt ebenso wie die sich sonst anschließende Wohlverhaltensperiode. Damit entfallen für den Schuldner auch die Obliegenheiten, die erst nach Ankündigung der Restschuldbefreiung von ihm zu beachten sind (vgl. BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2008 - IX ZB 249/07, NZI 2009, 191 Rn. 7 ff).
20
dd) Gemäß § 300 Abs. 1 InsO ist demgemäß nach Ablauf von sechs Jahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den Antrag auf Restschuldbefreiung zu entscheiden, auch wenn das Insolvenzverfahren noch nicht abschlussreif ist. Nach der ursprünglichen Fassung des § 287 Abs. 2 InsO ging der Entscheidung nach § 300 Abs. 1 InsO zwar voraus, dass zuvor die Restschuldbefreiung angekündigt, das Insolvenzverfahren beendet und die Wohlverhaltensperiode durchlaufen war. Nach der genannten Änderung des § 287 Abs. 2 InsO gilt dies jedoch auch hinsichtlich der Beendigung des Insolvenzverfahrens nicht mehr (a.A. Heinze ZVI 2008, 416, 417).
21
Der von § 287 Abs. 2 InsO n.F. verfolgte Zweck, dem redlichen Schuldner sechs Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen wirtschaftlichen Neuanfang zu ermöglichen, würde verfehlt, müsste in jedem Falle das Ende des Insolvenzverfahrens abgewartet werden, auf dessen Dauer der Schuldner kaum Einfluss hat.
22
ee) Mit Rechtskraft der Entscheidung, dem Schuldner Restschuldbefreiung zu erteilen, können die Gläubiger ihre Forderungen gemäß § 301 InsO zwar nicht mehr gegenüber dem Schuldner durchsetzen. Daraus ergibt sich aber kein Grund, der die Restschuldbefreiung hindern würde (a.A. AG Alzey aaO). Eine Verteilung des bis zum Ablauf der Abtretungsfrist in die Masse gefallenen Vermögens und Neuerwerbs bleibt möglich, denn der Insolvenzbeschlag bleibt insoweit bis zur Aufhebung des Verfahrens aufrechterhalten. Dies kann in der Entscheidung über die Restschuldbefreiung klargestellt werden (zutreffend AG Göttingen aaO).
23
ff) Den Gläubigern ist es zwar nicht möglich, die Versagungsgründe des § 296 InsO geltend zu machen. Denn die Obliegenheiten, die der Schuldner in der Wohlverhaltensperiode zu beachten hat, entstehen erst mit der Ankündigung der Restschuldbefreiung (BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2008 aaO).
24
Sie können aber die Versagungsgründe des § 290 InsO geltend machen, die sich auf die Zeit vor und während des durchgeführten Insolvenzverfahrens beziehen. Problematisch erscheint insoweit lediglich § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO, denn die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners insbesondere gemäß § 97 InsO bestehen bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens fort. Insoweit kann die Gefahr nicht ausgeschlossen werden, dass nach Erteilung der Restschuldbefreiung im weiter laufenden Insolvenzverfahren der Schuldner seine Pflichten verletzen könnte (gegen eine Restschuldbefreiung deshalb Heinze aaO S. 418). Das Risiko, dass hierdurch der weitere Ablauf des Insolvenzverfahrens in relevanter Weise beeinträchtigt werden könnte, ist jedoch nicht hoch. Sechs Jahre nach Beginn des Insolvenzverfahrens wird der Bedarf an Auskünften und Mitwirkungshandlungen des Schuldners gering sein. Von einem Schuldner, der diese Pflichten bislang erfüllt hat -andernfalls ist gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO die Restschuldbefreiung zu versagen -, wird dies auch in Zukunft regelmäßig erwartet werden können, zumal im Hinblick auf das Vermögen , das ohnehin weiterhin dem Insolvenzbeschlag unterliegt. Schließlich hat das Insolvenzgericht die Möglichkeit des § 98 InsO, um die Pflichten des Schuldners durchzusetzen. Die Befürchtung, er könnte in Zukunft seine gebotene Mitwirkung einstellen, lässt es nicht gerechtfertigt erscheinen, alleine wegen dieser theoretisch möglicherweise aufkommenden Verweigerungshaltung des Schuldners in Einzelfällen über die Restschuldbefreiung generell nicht zu entscheiden. Der Gesetzeszweck des § 287 Abs. 2 InsO könnte sonst für die große Mehrzahl der redlichen Schuldner nicht erreicht werden. Hinsichtlich eines in Einzelfällen die weitere Mitarbeit nach Restschuldbefreiung verweigernden Schuldners könnte neben der Anwendung des § 98 InsO auch eine analoge Anwendung des § 303 InsO in Betracht gezogen werden.
25
gg) Auch § 289 Abs. 3 InsO steht einer vorzeitigen Entscheidung über die Restschuldbefreiung nicht entgegen. Allerdings kann nach dieser Vorschrift Restschuldbefreiung im Falle der Einstellung des Verfahrens nur erteilt werden, wenn nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Insolvenzmasse nach § 209 InsO verteilt worden ist und die Einstellung nach § 211 InsO erfolgte. Es ist nicht ausgeschlossen, dass nach der vorzeitigen Entscheidung über die Restschuldbefreiung das Verfahren noch nach § 207 InsO eingestellt wird. Diese Einstellung unterbleibt zwar, wenn dem Schuldner die Kosten nach § 4a InsO gestundet wurden. Es ist aber möglich, dass eine gewährte Stundung aufgehoben wird.
26
Auch hieraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass das Gesetz immer ein bis zum Schluss durchgeführtes Insolvenzverfahren für die Restschuldbefreiung voraussetzt (a.A. Heinze aaO S. 418; AG Alzey aaO). Das ergibt sich schon daraus, dass im Falle der Einstellung des Verfahrens nach § 211 InsO die Restschuldbefreiung zulässig ist.
27
Die Fälle, in denen der Insolvenzverwalter erst nach Ablauf von sechs Jahren feststellt, dass die Masse nicht einmal die Kosten des Verfahrens deckt, dürften im Übrigen selten sein. Eher ist eine Aufhebung der Stundung der Verfahrenskosten in Betracht zu ziehen. In den Fällen des § 4c Nrn. 1 bis 3 InsO wird regelmäßig auf Antrag eines Gläubigers auch eine Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 InsO zu erwägen sein. Die Zahl der Fälle, die dann noch zu einer Einstellung nach § 207 InsO führen könnten, erscheint gering. Das Risiko, dass es hierzu kommt, ist jedenfalls nicht so erheblich, dass deswegen in allen Fällen von der Verwirklichung des Gesetzeszweckes der Neufassung des § 287 Abs. 2 InsO abgesehen werden könnte. Lösungen für die genannten Einzelfälle wären gegebenenfalls auch hier auf anderem Weg zu suchen.
28
hh) Nach § 300 Abs. 1 InsO ist über die Restschuldbefreiung nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode zu entscheiden. Entfällt diese entgegen dem Regelfall aus den dargelegten Gründen und kann noch kein Schlusstermin abgehalten werden, muss die Anhörung der Insolvenzgläubiger, des Insolvenzverwalters anstelle des Treuhänders und des Schuldners in einer Form durchgeführt werden, die dem Schlusstermin entspricht (vgl. § 289 Abs. 1 InsO). Dies kann in einer Gläubigerversammlung oder gemäß § 5 Abs. 2 InsO im schriftlichen Verfahren erfolgen (vgl. Uhlenbruck/Vallender, aaO § 287 Rn. 49; FK-InsO/Ahrens, aaO § 287 Rn. 89 f).

29
Im Übrigen ist das Insolvenzverfahren fortzusetzen. Die Schlussverteilung , der Schlusstermin und die Aufhebung des Insolvenzverfahrens erfolgen später. Wird die Restschuldbefreiung rechtskräftig abgelehnt, kann das Verfahren ohnehin normal weitergeführt und zum Abschluss gebracht werden.
30
b) Wird die Restschuldbefreiung während des laufenden Insolvenzverfahrens erteilt, entfällt nach Rechtskraft dieser Entscheidung der Insolvenzbeschlag hinsichtlich des Neuerwerbs nach Ablauf der Abtretungsfrist.
31
Durch § 287 Abs. 2 InsO tritt eine zeitliche Begrenzung der Wirkungen des § 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO hinsichtlich des Neuerwerbs ein. Nur hierdurch kann der Regelungszweck des § 287 Abs. 2 InsO verwirklicht werden. Nach Ablauf von sechs Jahren ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens soll der Neuerwerb wieder dem Schuldner zur Verfügung stehen, wenn ihm Restschuldbefreiung erteilt wird. Andernfalls würden die Gläubiger zum Nachteil des redlichen Schuldners Vorteile erlangen, die das Gesetz nicht vorsieht.
32
aa) Die begrenzende Wirkung des § 287 Abs. 2 InsO hinsichtlich des Neuerwerbs tritt nicht generell in allen Fällen ein. Restschuldbefreiung wird nur dem redlichen Schuldner erteilt. Dies schließt es aus, die Begrenzung des § 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO auch anderen Schuldnern zugute kommen zu lassen. Bei ihnen ist das Insolvenzverfahren zu Ende zu führen. Danach hat jeder Gläubiger auch wieder die Möglichkeit der Einzelzwangsvollstreckung gegen den Schuldner.
33
bb) Die beschränkende Wirkung des § 287 Abs. 2 InsO tritt zum Ablauf der Abtretungsfrist ein. Allerdings ist die Frage streitig. Nach einer Auffassung gebührt der Neuerwerb der Masse bis zu dem Zeitpunkt, in dem die Rechtskraft der Entscheidung eintritt, mit der Restschuldbefreiung gewährt wurde (LG Hannover ZInsO 2009, 207, 208; Uhlenbruck/Vallender, aaO § 287 Rn. 50; Heinze ZVI 2008, 416, 419; Kobialka/Schmittmann ZInsO 2009, 653, 655).
34
Nach anderer Auffassung gebührt der Neuerwerb ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Abtretungsfrist dem Schuldner (AG Göttingen NZI 2009, 779; MünchKomm-InsO/Stephan, aaO § 300 Rn. 6 für den Fall der angekündigten Restschuldbefreiung; ebenso FK-InsO/Ahrens, aaO § 300 Rn. 4).
35
Der zuletzt genannten Meinung ist zu folgen. Allerdings ergibt sich schon für den Regelfall, in dem nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode Restschuldbefreiung erteilt wird, aus dem Gesetz nicht unmittelbar, ab welchem Zeitpunkt die von der Abtretung erfassten Beträge wieder dem Schuldner gebühren. Auch aus § 301 InsO ergibt sich insoweit nichts.
36
Aus dem Regelungszweck des § 287 Abs. 2 InsO erschließt sich jedoch, dass der Masse die Abtretung bzw. der Neuerwerb nach Ablauf der Abtretungsfrist nicht mehr zugute kommen soll, wenn Restschuldbefreiung erteilt wird. Andernfalls würden die Insolvenzgläubiger, deren Forderung durch die Restschuldbefreiung in eine Naturalobligation verwandelt wird (vgl. § 301 Abs. 3 InsO ), Vorteile erlangen gegenüber dem Schuldner und den Gläubigern der nach § 302 InsO privilegierten Forderungen. Verschleppungsmaßnahmen einfacher Insolvenzgläubiger würden sich bei laufenden pfändbaren Einkünften des Schuldners unmittelbar zu ihren Gunsten auswirken. Eine derartige Verschiebung der Verteilungsregelung des Gesetzes ist abzulehnen.
37
cc) Ob dies für jeden Neuerwerb nach Ablauf der Abtretungserklärung gilt oder nur für denjenigen, der auch der Abtretungserklärung unterfallen würde , bedarf hier keiner Entscheidung. Der hier fragliche Neuerwerb in der Form von Renten wäre von der Abtretungserklärung zweifellos erfasst worden (HKInsO /Landfermann, aaO § 287 Rn. 20; MünchKomm-InsO/Stephan, aaO § 287 Rn. 39; FK-InsO/Ahrens, aaO § 287 Rn. 47).
38
c) Solange nicht rechtskräftig über die Restschuldbefreiung entschieden ist, bleibt allerdings offen, ob der betroffene Neuerwerb in die Masse fällt. Der Insolvenzverwalter hat insoweit die Aufgabe, die mögliche Masse zu sichern und zu erhalten, damit sie gegebenenfalls für die Zwecke des Insolvenzverfahrens verwendet werden kann. Nur auf diese Weise kann für die Masse und damit auch für die Gläubiger der Neuerwerb für den Fall der Versagung der Restschuldbefreiung gesichert werden.
39
Steht nach rechtskräftiger Erteilung der Restschuldbefreiung fest, dass der Neuerwerb nicht in die Masse gefallen ist, ist er an den Schuldner auszukehren.
40
d) Das Insolvenzgericht hat im vorliegenden Fall noch nicht, wie von Amts wegen geboten, über die beantragte Restschuldbefreiung entschieden. Jedenfalls bis zur Rechtskraft dieser Entscheidung hat der Insolvenzverwalter demgemäß den pfändbaren Neuerwerb einzuziehen. Demgemäß steht ihm das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Zusammenrechnung der Renten zur Seite. Er hat allerdings auch beim Insolvenzgericht auf eine Entscheidung über die beantragte Restschuldbefreiung hinzuwirken, wenn nicht gemäß § 196 InsO ohnehin bereits die Schlussverteilung erfolgen muss. Das laufende Einkommen in Form von Renten steht der Schlussverteilung nicht entgegen. Ist die Verwer- tung der Insolvenzmasse im Übrigen beendet, müssen nach § 196 InsO die Schlussverteilung und der Schlusstermin stattfinden (Holzer in Kübler /Prütting/Bork, InsO § 196 Rn. 5a ff; HmbKomm-InsO/Preß, aaO § 196 Rn. 7; MünchKomm-InsO/Füchsl/Weishäupl, aaO §196 Rn.2; FK-InsO/ Kießner, aaO § 196 Rn. 8; Nerlich/Römermann/Westphal, InsO § 196 Rn. 6, 7).
Ganter Vill Lohmann
Fischer Pape
Vorinstanzen:
LG Dresden, Entscheidung vom 11.06.2008 - 5 T 507/08 -
AG Dresden, Entscheidung vom 06.05.2008 - 556 IN 273/02 -

(1) Die Restschuldbefreiung setzt einen Antrag des Schuldners voraus, der mit seinem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbunden werden soll. Wird er nicht mit diesem verbunden, so ist er innerhalb von zwei Wochen nach dem Hinweis gemäß § 20 Abs. 2 zu stellen. Der Schuldner hat dem Antrag eine Erklärung beizufügen, ob ein Fall des § 287a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 oder 2 vorliegt. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Erklärung nach Satz 3 hat der Schuldner zu versichern.

(2) Dem Antrag ist die Erklärung des Schuldners beizufügen, dass dieser seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder auf an deren Stelle tretende laufende Bezüge für den Zeitraum von drei Jahren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Abtretungsfrist) an einen vom Gericht zu bestimmenden Treuhänder abtritt. Ist dem Schuldner auf Grundlage eines nach dem 30. September 2020 gestellten Antrags bereits einmal Restschuldbefreiung erteilt worden, so beträgt die Abtretungsfrist in einem erneuten Verfahren fünf Jahre; der Schuldner hat dem Antrag eine entsprechende Abtretungserklärung beizufügen.

(3) Vereinbarungen des Schuldners sind insoweit unwirksam, als sie die Abtretungserklärung nach Absatz 2 vereiteln oder beeinträchtigen würden.

(4) Die Insolvenzgläubiger, die Forderungen angemeldet haben, sind bis zum Schlusstermin zu dem Antrag des Schuldners zu hören.

Von der Erteilung der Restschuldbefreiung werden nicht berührt:

1.
Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, aus rückständigem gesetzlichen Unterhalt, den der Schuldner vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährt hat, oder aus einem Steuerschuldverhältnis, sofern der Schuldner im Zusammenhang damit wegen einer Steuerstraftat nach den §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung rechtskräftig verurteilt worden ist; der Gläubiger hat die entsprechende Forderung unter Angabe dieses Rechtsgrundes nach § 174 Absatz 2 anzumelden;
2.
Geldstrafen und die diesen in § 39 Abs. 1 Nr. 3 gleichgestellten Verbindlichkeiten des Schuldners;
3.
Verbindlichkeiten aus zinslosen Darlehen, die dem Schuldner zur Begleichung der Kosten des Insolvenzverfahrens gewährt wurden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 247/08
vom
3. Dezember 2009
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Über den Antrag auf Restschuldbefreiung ist nach Ende der Laufzeit der Abtretungserklärung
von Amts wegen zu entscheiden, auch wenn das Insolvenzverfahren
zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen werden kann.

b) Ist über die Restschuldbefreiung vor Abschluss des Insolvenzverfahrens zu entscheiden
, muss den Beteiligten wie bei einem Schlusstermin Gelegenheit zu Versagungsanträgen
nach § 290 InsO und zur Stellungnahme gegeben werden. Die
Ankündigung der Restschuldbefreiung, die Wohlverhaltensphase und die dort
sonst zu beachtenden Obliegenheiten des Schuldners entfallen.

c) Wird dem Schuldner im laufenden Insolvenzverfahren nach Ablauf der Abtretungserklärung
Restschuldbefreiung erteilt, entfällt der Insolvenzbeschlag für den
Neuerwerb ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Abtretungserklärung.

d) Bis zur Rechtskraft der Entscheidung, mit der im laufenden Verfahren Restschuldbefreiung
erteilt wird, hat der Insolvenzverwalter den pfändbaren Neuerwerb einzuziehen
und für die Masse zu sichern. Wird Restschuldbefreiung erteilt, hat er
den eingezogenen Neuerwerb, der danach nicht in die Masse gefallen ist, an den
Schuldner auszukehren.
BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2009 - IX ZB 247/08 - LG Dresden
AG Dresden
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, den Richter Vill, die Richterin Lohmann und die Richter Dr. Fischer
und Dr. Pape
am 3. Dezember 2009

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 11. Juni 2008 wird auf Kosten der Schuldnerin zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 8.400 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die Schuldnerin beantragte am 1. Februar 2002 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen sowie Restschuldbefreiung. Sie trat ihre pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an dessen Stelle tretende laufende Bezüge für die Zeit von sechs Jahren ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den vom Gericht in diesem Verfahren zu bestellenden Treuhänder ab. Mit Beschluss vom 28. Februar 2002 eröffnete das Amtsgericht das Insolvenzverfahren zum 1. März 2002 und bestellte den Beschwerdegegner zum Insolvenzverwalter.

2
Die Schuldnerin erhält von der Landesversicherungsanstalt S. eine Alters- und eine Hinterbliebenenrente von monatlich 650 € bzw. 620 € sowie von der G. Berufsgenossenschaft eine weitere Witwenrente von monatlich 420 €. Den pfändbaren Teil aus den Renten der Landesversicherungsanstalt vereinnahmte der Verwalter während des laufenden Insolvenzverfahrens. Die Witwenrente der G. Berufsgenossenschaft wurde bis Juni 2007 aufgrund ausdrücklicher Einverständniserklärung der Schuldnerin auf das Verwalteranderkonto überwiesen. Seit August 2007 zahlt die G. Berufsgenossenschaft die Hinterbliebenenrente auf Anweisung der Schuldnerin auf ein Konto ihrer Tochter.
3
Am 3. April 2008 beantragte der Verwalter, nach § 850e Nr. 2 ZPO anzuordnen , dass die drei Renten zur Berechnung der nach § 850c ZPO pfändbaren Teile des monatlichen Gesamteinkommens zusammenzurechnen seien.
4
Mit Beschluss vom 6. Mai 2008 hat das Amtsgericht - Insolvenzgericht - diesem Antrag stattgegeben. Der nach dem so festgestellten Gesamteinkommen von 1.688,23 € gemäß § 850e ZPO pfändbare Teil des Einkommens sei von der Landesversicherungsanstalt S. auf das Anderkonto des Insolvenzverwalters zu zahlen. Der unpfändbare Grundbetrag sei in erster Linie aus der Altersrente zu entnehmen, § 850e Nr. 2 Satz 2 ZPO.
5
gegen Die diesen Beschluss erhobene sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin ihr Abweisungsbegehren weiter.

II.


6
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil sie vom Beschwerdegericht zugelassen worden ist, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 793 ZPO (vgl. BGH, Beschl. v. 5. Februar 2004 - IX ZB 97/03, WM 2004, 834, 835; v. 6. Mai 2004 - IX ZB 104/04, ZIP 2004, 1379; v. 6. Juli 2006 - IX ZB 220/04, KTS 2007, 353; v. 23. April 2009 - IX ZB 35/08, ZInsO 2009, 1072 Rn. 3). Hieran ist das Beschwerdegericht gebunden, § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Die Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig, § 575 Abs. 1 bis 3 ZPO. In die versäumten Fristen zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 4. Dezember 2008 Wiedereinsetzung gewährt.

III.


7
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdegericht hat richtig entschieden.
8
1. Das Landgericht (dessen Entscheidung unter anderem veröffentlicht ist in NZI 2008, 508) meint, der Antrag des Insolvenzverwalters sei zulässig, insbesondere fehle ihm nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Denn auch nach Ablauf der Frist der Abtretungserklärung unterlägen die fortlaufenden Bezüge der Schuldnerin grundsätzlich dem Insolvenzbeschlag des Neuerwerbs nach § 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO.
9
Zwar solle die sechsjährige Laufzeit der Abtretung auch zu einer Beendigung des Insolvenzbeschlags des Neuerwerbs führen, wenn das Insolvenzver- fahren noch andauere. Dies gelte aber nur für den redlichen Schuldner, der eine Restschuldbefreiung auch tatsächlich verdiene. Dazu seien jedoch im vorliegenden Verfahren noch keine Feststellungen möglich gewesen, weil die Gläubiger noch keine Gelegenheit und Veranlassung gehabt hätten, Versagungsgründe geltend zu machen. Ein Entfallen des Insolvenzbeschlags allein wegen Zeitablaufs käme jedoch nicht in Betracht.
10
2. Diese Ausführungen halten im Ergebnis rechtlicher Prüfung stand.
11
ImRechtsbeschwerdeverfahrenwie schon im Beschwerdeverfahren geht es ausschließlich um die Frage der Auswirkungen des Ablaufs der Frist der Abtretungserklärung zum 1. März 2008 (zur Fristberechnung vgl. BGH, Urt. v. 13. Januar 2005 - IX ZR 33/04, ZIP 2005, 310). Sonstige Einwände gegen die Zusammenrechnung der Renten gemäß § 36 Abs. 1 InsO, § 850e Nr. 2, § 850 Abs. 2 ZPO werden nicht geltend gemacht und bestehen nicht.
12
Auch das Ende der Laufzeit der Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 InsO n.F. steht der vom Amtsgericht vorgenommenen Anordnung der Zusammenrechnung nicht entgegen.
13
Dem Insolvenzverwalter fehlte für den am 3. April 2008 gestellten Antrag nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Der pfändbare Neuerwerb der Schuldnerin kann auch noch nach Ablauf der Frist der Abtretungserklärung gemäß § 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO in die Insolvenzmasse fallen. Etwas anderes gilt ab dem Ende der Abtretungsfrist des § 287 Abs. 2 InsO nur dann, wenn dem Schuldner Restschuldbefreiung zu gewähren ist. Solange nicht feststeht, ob Restschuldbefreiung rechtskräftig erteilt wird, hat der Insolvenzverwalter den Neuerwerb einzuziehen und zu sichern.
14
a) Ist die Frist der Abtretungserklärung abgelaufen, bevor dem Schuldner die Restschuldbefreiung angekündigt worden ist, muss schon vor Beendigung des Insolvenzverfahrens über die Restschuldbefreiung gemäß § 300 InsO entschieden werden. Dies entspricht der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur (LG Hannover ZInsO 2009, 207; AG Hannover ZInsO 2009, 685; AG Göttingen NZI 2009, 779; FK-InsO/Ahrens, 5. Aufl. § 287 Rn. 89 f, § 300 Rn. 5a; HmbKomm-InsO/Streck, 3. Aufl. § 299 Rn. 4a; HK-InsO/ Landfermann, 5. Aufl. § 299 Rn. 9; Uhlenbruck/Vallender, InsO 12. Aufl. § 287 Rn. 49; Kobialka/Schmittmann ZInsO 2009, 653 ff; von Gleichenstein ZVI 2009, 93 ff). Die Argumente der Gegenmeinung (AG Alzey NZI 2009, 567; Heinze ZVI 2008, 416, 417 ff) greifen nicht durch.
15
aa) Im Regelfall wird erst nach der Rechtskraft des Beschlusses über die Ankündigung der Restschuldbefreiung nach § 291 InsO das Insolvenzverfahren gemäß § 289 Abs. 2 Satz 2 InsO aufgehoben. Erst in dem Ankündigungsbeschluss wird der Treuhänder bestellt, an den die Ansprüche auf Bezahlung der Bezüge gemäß § 287 Abs. 2 InsO nach Maßgabe der Abtretungserklärung und gegebenenfalls der Zusammenrechnungsanordnung nach § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 850e Nr. 2 ZPO übergehen. Erst dann beginnt die Wohlverhaltensperiode. Diese dauert nach der jetzt geltenden Fassung des Gesetzes sechs Jahre ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Ist bei Ablauf dieser Frist der Ankündigungsbeschluss noch nicht erlassen, entfaltet die Abtretung keine Wirkung. Allerdings fällt bis zu diesem Zeitpunkt der pfändbare Neuerwerb ohnehin gemäß § 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO in die Masse und ist vom Insolvenzverwalter einzuziehen und zu verwerten.
16
bb) Wie das Beschwerdegericht zutreffend festgestellt hat, war es der Wille des Gesetzgebers, den Zeitpunkt der Erteilung der Restschuldbefreiung von der Dauer des eröffneten Verfahrens zu lösen.
17
Er hat mit dem Gesetz zur Änderung der Insolvenzordnung (InsOÄndG) vom 26. Oktober 2001 (BGBl. I S. 2710) auf Vorschlag des Rechtsausschusses des Bundestages (BT-Drucks. 14/6468 S. 8 Nr. 15) § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO dahin geändert, dass der Lauf der Abtretungsfrist von sieben auf sechs Jahre verringert wurde und diese Frist nicht mehr erst bei Aufhebung des Insolvenzverfahrens , sondern bereits bei Eröffnung zu laufen beginnt. Begründet hat dies der Rechtsausschuss damit, dass die zuvor geltende Wohlverhaltensperiode von sieben Jahren als zu lang kritisiert worden sei. Die beiden beschlossenen Änderungen sollten zu einer deutlichen Erleichterung für den Schuldner beitragen. Die Festlegung des Beginns der Laufzeit der Abtretung auf die Verfahrenseröffnung beseitige die für den Schuldner völlig unbefriedigende Situation, dass sich in Einzelfällen das Insolvenzverfahren über einen Zeitraum von zwei Jahren erstrecke, ohne dass nennenswerte Vermögenswerte des Schuldners feststellbar wären oder er für die Verfahrensverzögerung verantwortlich wäre. Unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten sei es kaum vermittelbar, wenn in ähnlich gelagerten Fällen ein Schuldner deutlich später in das Restschuldbefreiungsverfahren gelange als ein vergleichbarer anderer. Insofern sei es geboten , die Laufzeit der Abtretung mit einem Ereignis beginnen zu lassen, das einerseits leicht feststellbar, andererseits von der Dauer des Insolvenzverfahrens, die auch durch die Gerichtsbelastung beeinflusst werde, unabhängig sei (BTDrucks. 14/6468 S. 18).
18
Insbesondere aus dem geänderten Beginn des Laufs der Abtretungsfrist sowie der Begründung hierfür ergibt sich damit, dass der Zeitpunkt der Erteilung der Restschuldbefreiung von der Dauer des Insolvenzverfahrens unabhängig werden sollte. Der Gesetzgeber hat zwar nicht bedacht, dass das Insolvenzverfahren mehr als sechs Jahre dauern kann. Er hat jedoch hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sechs Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Restschuldbefreiung zu entscheiden ist.
19
cc) Ist nach Ablauf der Abtretungserklärung das Insolvenzverfahren noch nicht beendet, kann die Abtretungserklärung keine Wirkung mehr entfalten (vgl. MünchKomm-InsO/Stephan, 2. Aufl. § 287 Rn. 59). Eine Ankündigung der Restschuldbefreiung gemäß § 291 InsO entfällt ebenso wie die sich sonst anschließende Wohlverhaltensperiode. Damit entfallen für den Schuldner auch die Obliegenheiten, die erst nach Ankündigung der Restschuldbefreiung von ihm zu beachten sind (vgl. BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2008 - IX ZB 249/07, NZI 2009, 191 Rn. 7 ff).
20
dd) Gemäß § 300 Abs. 1 InsO ist demgemäß nach Ablauf von sechs Jahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den Antrag auf Restschuldbefreiung zu entscheiden, auch wenn das Insolvenzverfahren noch nicht abschlussreif ist. Nach der ursprünglichen Fassung des § 287 Abs. 2 InsO ging der Entscheidung nach § 300 Abs. 1 InsO zwar voraus, dass zuvor die Restschuldbefreiung angekündigt, das Insolvenzverfahren beendet und die Wohlverhaltensperiode durchlaufen war. Nach der genannten Änderung des § 287 Abs. 2 InsO gilt dies jedoch auch hinsichtlich der Beendigung des Insolvenzverfahrens nicht mehr (a.A. Heinze ZVI 2008, 416, 417).
21
Der von § 287 Abs. 2 InsO n.F. verfolgte Zweck, dem redlichen Schuldner sechs Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen wirtschaftlichen Neuanfang zu ermöglichen, würde verfehlt, müsste in jedem Falle das Ende des Insolvenzverfahrens abgewartet werden, auf dessen Dauer der Schuldner kaum Einfluss hat.
22
ee) Mit Rechtskraft der Entscheidung, dem Schuldner Restschuldbefreiung zu erteilen, können die Gläubiger ihre Forderungen gemäß § 301 InsO zwar nicht mehr gegenüber dem Schuldner durchsetzen. Daraus ergibt sich aber kein Grund, der die Restschuldbefreiung hindern würde (a.A. AG Alzey aaO). Eine Verteilung des bis zum Ablauf der Abtretungsfrist in die Masse gefallenen Vermögens und Neuerwerbs bleibt möglich, denn der Insolvenzbeschlag bleibt insoweit bis zur Aufhebung des Verfahrens aufrechterhalten. Dies kann in der Entscheidung über die Restschuldbefreiung klargestellt werden (zutreffend AG Göttingen aaO).
23
ff) Den Gläubigern ist es zwar nicht möglich, die Versagungsgründe des § 296 InsO geltend zu machen. Denn die Obliegenheiten, die der Schuldner in der Wohlverhaltensperiode zu beachten hat, entstehen erst mit der Ankündigung der Restschuldbefreiung (BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2008 aaO).
24
Sie können aber die Versagungsgründe des § 290 InsO geltend machen, die sich auf die Zeit vor und während des durchgeführten Insolvenzverfahrens beziehen. Problematisch erscheint insoweit lediglich § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO, denn die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners insbesondere gemäß § 97 InsO bestehen bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens fort. Insoweit kann die Gefahr nicht ausgeschlossen werden, dass nach Erteilung der Restschuldbefreiung im weiter laufenden Insolvenzverfahren der Schuldner seine Pflichten verletzen könnte (gegen eine Restschuldbefreiung deshalb Heinze aaO S. 418). Das Risiko, dass hierdurch der weitere Ablauf des Insolvenzverfahrens in relevanter Weise beeinträchtigt werden könnte, ist jedoch nicht hoch. Sechs Jahre nach Beginn des Insolvenzverfahrens wird der Bedarf an Auskünften und Mitwirkungshandlungen des Schuldners gering sein. Von einem Schuldner, der diese Pflichten bislang erfüllt hat -andernfalls ist gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO die Restschuldbefreiung zu versagen -, wird dies auch in Zukunft regelmäßig erwartet werden können, zumal im Hinblick auf das Vermögen , das ohnehin weiterhin dem Insolvenzbeschlag unterliegt. Schließlich hat das Insolvenzgericht die Möglichkeit des § 98 InsO, um die Pflichten des Schuldners durchzusetzen. Die Befürchtung, er könnte in Zukunft seine gebotene Mitwirkung einstellen, lässt es nicht gerechtfertigt erscheinen, alleine wegen dieser theoretisch möglicherweise aufkommenden Verweigerungshaltung des Schuldners in Einzelfällen über die Restschuldbefreiung generell nicht zu entscheiden. Der Gesetzeszweck des § 287 Abs. 2 InsO könnte sonst für die große Mehrzahl der redlichen Schuldner nicht erreicht werden. Hinsichtlich eines in Einzelfällen die weitere Mitarbeit nach Restschuldbefreiung verweigernden Schuldners könnte neben der Anwendung des § 98 InsO auch eine analoge Anwendung des § 303 InsO in Betracht gezogen werden.
25
gg) Auch § 289 Abs. 3 InsO steht einer vorzeitigen Entscheidung über die Restschuldbefreiung nicht entgegen. Allerdings kann nach dieser Vorschrift Restschuldbefreiung im Falle der Einstellung des Verfahrens nur erteilt werden, wenn nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Insolvenzmasse nach § 209 InsO verteilt worden ist und die Einstellung nach § 211 InsO erfolgte. Es ist nicht ausgeschlossen, dass nach der vorzeitigen Entscheidung über die Restschuldbefreiung das Verfahren noch nach § 207 InsO eingestellt wird. Diese Einstellung unterbleibt zwar, wenn dem Schuldner die Kosten nach § 4a InsO gestundet wurden. Es ist aber möglich, dass eine gewährte Stundung aufgehoben wird.
26
Auch hieraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass das Gesetz immer ein bis zum Schluss durchgeführtes Insolvenzverfahren für die Restschuldbefreiung voraussetzt (a.A. Heinze aaO S. 418; AG Alzey aaO). Das ergibt sich schon daraus, dass im Falle der Einstellung des Verfahrens nach § 211 InsO die Restschuldbefreiung zulässig ist.
27
Die Fälle, in denen der Insolvenzverwalter erst nach Ablauf von sechs Jahren feststellt, dass die Masse nicht einmal die Kosten des Verfahrens deckt, dürften im Übrigen selten sein. Eher ist eine Aufhebung der Stundung der Verfahrenskosten in Betracht zu ziehen. In den Fällen des § 4c Nrn. 1 bis 3 InsO wird regelmäßig auf Antrag eines Gläubigers auch eine Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 InsO zu erwägen sein. Die Zahl der Fälle, die dann noch zu einer Einstellung nach § 207 InsO führen könnten, erscheint gering. Das Risiko, dass es hierzu kommt, ist jedenfalls nicht so erheblich, dass deswegen in allen Fällen von der Verwirklichung des Gesetzeszweckes der Neufassung des § 287 Abs. 2 InsO abgesehen werden könnte. Lösungen für die genannten Einzelfälle wären gegebenenfalls auch hier auf anderem Weg zu suchen.
28
hh) Nach § 300 Abs. 1 InsO ist über die Restschuldbefreiung nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode zu entscheiden. Entfällt diese entgegen dem Regelfall aus den dargelegten Gründen und kann noch kein Schlusstermin abgehalten werden, muss die Anhörung der Insolvenzgläubiger, des Insolvenzverwalters anstelle des Treuhänders und des Schuldners in einer Form durchgeführt werden, die dem Schlusstermin entspricht (vgl. § 289 Abs. 1 InsO). Dies kann in einer Gläubigerversammlung oder gemäß § 5 Abs. 2 InsO im schriftlichen Verfahren erfolgen (vgl. Uhlenbruck/Vallender, aaO § 287 Rn. 49; FK-InsO/Ahrens, aaO § 287 Rn. 89 f).

29
Im Übrigen ist das Insolvenzverfahren fortzusetzen. Die Schlussverteilung , der Schlusstermin und die Aufhebung des Insolvenzverfahrens erfolgen später. Wird die Restschuldbefreiung rechtskräftig abgelehnt, kann das Verfahren ohnehin normal weitergeführt und zum Abschluss gebracht werden.
30
b) Wird die Restschuldbefreiung während des laufenden Insolvenzverfahrens erteilt, entfällt nach Rechtskraft dieser Entscheidung der Insolvenzbeschlag hinsichtlich des Neuerwerbs nach Ablauf der Abtretungsfrist.
31
Durch § 287 Abs. 2 InsO tritt eine zeitliche Begrenzung der Wirkungen des § 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO hinsichtlich des Neuerwerbs ein. Nur hierdurch kann der Regelungszweck des § 287 Abs. 2 InsO verwirklicht werden. Nach Ablauf von sechs Jahren ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens soll der Neuerwerb wieder dem Schuldner zur Verfügung stehen, wenn ihm Restschuldbefreiung erteilt wird. Andernfalls würden die Gläubiger zum Nachteil des redlichen Schuldners Vorteile erlangen, die das Gesetz nicht vorsieht.
32
aa) Die begrenzende Wirkung des § 287 Abs. 2 InsO hinsichtlich des Neuerwerbs tritt nicht generell in allen Fällen ein. Restschuldbefreiung wird nur dem redlichen Schuldner erteilt. Dies schließt es aus, die Begrenzung des § 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO auch anderen Schuldnern zugute kommen zu lassen. Bei ihnen ist das Insolvenzverfahren zu Ende zu führen. Danach hat jeder Gläubiger auch wieder die Möglichkeit der Einzelzwangsvollstreckung gegen den Schuldner.
33
bb) Die beschränkende Wirkung des § 287 Abs. 2 InsO tritt zum Ablauf der Abtretungsfrist ein. Allerdings ist die Frage streitig. Nach einer Auffassung gebührt der Neuerwerb der Masse bis zu dem Zeitpunkt, in dem die Rechtskraft der Entscheidung eintritt, mit der Restschuldbefreiung gewährt wurde (LG Hannover ZInsO 2009, 207, 208; Uhlenbruck/Vallender, aaO § 287 Rn. 50; Heinze ZVI 2008, 416, 419; Kobialka/Schmittmann ZInsO 2009, 653, 655).
34
Nach anderer Auffassung gebührt der Neuerwerb ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Abtretungsfrist dem Schuldner (AG Göttingen NZI 2009, 779; MünchKomm-InsO/Stephan, aaO § 300 Rn. 6 für den Fall der angekündigten Restschuldbefreiung; ebenso FK-InsO/Ahrens, aaO § 300 Rn. 4).
35
Der zuletzt genannten Meinung ist zu folgen. Allerdings ergibt sich schon für den Regelfall, in dem nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode Restschuldbefreiung erteilt wird, aus dem Gesetz nicht unmittelbar, ab welchem Zeitpunkt die von der Abtretung erfassten Beträge wieder dem Schuldner gebühren. Auch aus § 301 InsO ergibt sich insoweit nichts.
36
Aus dem Regelungszweck des § 287 Abs. 2 InsO erschließt sich jedoch, dass der Masse die Abtretung bzw. der Neuerwerb nach Ablauf der Abtretungsfrist nicht mehr zugute kommen soll, wenn Restschuldbefreiung erteilt wird. Andernfalls würden die Insolvenzgläubiger, deren Forderung durch die Restschuldbefreiung in eine Naturalobligation verwandelt wird (vgl. § 301 Abs. 3 InsO ), Vorteile erlangen gegenüber dem Schuldner und den Gläubigern der nach § 302 InsO privilegierten Forderungen. Verschleppungsmaßnahmen einfacher Insolvenzgläubiger würden sich bei laufenden pfändbaren Einkünften des Schuldners unmittelbar zu ihren Gunsten auswirken. Eine derartige Verschiebung der Verteilungsregelung des Gesetzes ist abzulehnen.
37
cc) Ob dies für jeden Neuerwerb nach Ablauf der Abtretungserklärung gilt oder nur für denjenigen, der auch der Abtretungserklärung unterfallen würde , bedarf hier keiner Entscheidung. Der hier fragliche Neuerwerb in der Form von Renten wäre von der Abtretungserklärung zweifellos erfasst worden (HKInsO /Landfermann, aaO § 287 Rn. 20; MünchKomm-InsO/Stephan, aaO § 287 Rn. 39; FK-InsO/Ahrens, aaO § 287 Rn. 47).
38
c) Solange nicht rechtskräftig über die Restschuldbefreiung entschieden ist, bleibt allerdings offen, ob der betroffene Neuerwerb in die Masse fällt. Der Insolvenzverwalter hat insoweit die Aufgabe, die mögliche Masse zu sichern und zu erhalten, damit sie gegebenenfalls für die Zwecke des Insolvenzverfahrens verwendet werden kann. Nur auf diese Weise kann für die Masse und damit auch für die Gläubiger der Neuerwerb für den Fall der Versagung der Restschuldbefreiung gesichert werden.
39
Steht nach rechtskräftiger Erteilung der Restschuldbefreiung fest, dass der Neuerwerb nicht in die Masse gefallen ist, ist er an den Schuldner auszukehren.
40
d) Das Insolvenzgericht hat im vorliegenden Fall noch nicht, wie von Amts wegen geboten, über die beantragte Restschuldbefreiung entschieden. Jedenfalls bis zur Rechtskraft dieser Entscheidung hat der Insolvenzverwalter demgemäß den pfändbaren Neuerwerb einzuziehen. Demgemäß steht ihm das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Zusammenrechnung der Renten zur Seite. Er hat allerdings auch beim Insolvenzgericht auf eine Entscheidung über die beantragte Restschuldbefreiung hinzuwirken, wenn nicht gemäß § 196 InsO ohnehin bereits die Schlussverteilung erfolgen muss. Das laufende Einkommen in Form von Renten steht der Schlussverteilung nicht entgegen. Ist die Verwer- tung der Insolvenzmasse im Übrigen beendet, müssen nach § 196 InsO die Schlussverteilung und der Schlusstermin stattfinden (Holzer in Kübler /Prütting/Bork, InsO § 196 Rn. 5a ff; HmbKomm-InsO/Preß, aaO § 196 Rn. 7; MünchKomm-InsO/Füchsl/Weishäupl, aaO §196 Rn.2; FK-InsO/ Kießner, aaO § 196 Rn. 8; Nerlich/Römermann/Westphal, InsO § 196 Rn. 6, 7).
Ganter Vill Lohmann
Fischer Pape
Vorinstanzen:
LG Dresden, Entscheidung vom 11.06.2008 - 5 T 507/08 -
AG Dresden, Entscheidung vom 06.05.2008 - 556 IN 273/02 -

(1) Die Restschuldbefreiung setzt einen Antrag des Schuldners voraus, der mit seinem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbunden werden soll. Wird er nicht mit diesem verbunden, so ist er innerhalb von zwei Wochen nach dem Hinweis gemäß § 20 Abs. 2 zu stellen. Der Schuldner hat dem Antrag eine Erklärung beizufügen, ob ein Fall des § 287a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 oder 2 vorliegt. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Erklärung nach Satz 3 hat der Schuldner zu versichern.

(2) Dem Antrag ist die Erklärung des Schuldners beizufügen, dass dieser seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder auf an deren Stelle tretende laufende Bezüge für den Zeitraum von drei Jahren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Abtretungsfrist) an einen vom Gericht zu bestimmenden Treuhänder abtritt. Ist dem Schuldner auf Grundlage eines nach dem 30. September 2020 gestellten Antrags bereits einmal Restschuldbefreiung erteilt worden, so beträgt die Abtretungsfrist in einem erneuten Verfahren fünf Jahre; der Schuldner hat dem Antrag eine entsprechende Abtretungserklärung beizufügen.

(3) Vereinbarungen des Schuldners sind insoweit unwirksam, als sie die Abtretungserklärung nach Absatz 2 vereiteln oder beeinträchtigen würden.

(4) Die Insolvenzgläubiger, die Forderungen angemeldet haben, sind bis zum Schlusstermin zu dem Antrag des Schuldners zu hören.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 247/08
vom
3. Dezember 2009
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Über den Antrag auf Restschuldbefreiung ist nach Ende der Laufzeit der Abtretungserklärung
von Amts wegen zu entscheiden, auch wenn das Insolvenzverfahren
zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen werden kann.

b) Ist über die Restschuldbefreiung vor Abschluss des Insolvenzverfahrens zu entscheiden
, muss den Beteiligten wie bei einem Schlusstermin Gelegenheit zu Versagungsanträgen
nach § 290 InsO und zur Stellungnahme gegeben werden. Die
Ankündigung der Restschuldbefreiung, die Wohlverhaltensphase und die dort
sonst zu beachtenden Obliegenheiten des Schuldners entfallen.

c) Wird dem Schuldner im laufenden Insolvenzverfahren nach Ablauf der Abtretungserklärung
Restschuldbefreiung erteilt, entfällt der Insolvenzbeschlag für den
Neuerwerb ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Abtretungserklärung.

d) Bis zur Rechtskraft der Entscheidung, mit der im laufenden Verfahren Restschuldbefreiung
erteilt wird, hat der Insolvenzverwalter den pfändbaren Neuerwerb einzuziehen
und für die Masse zu sichern. Wird Restschuldbefreiung erteilt, hat er
den eingezogenen Neuerwerb, der danach nicht in die Masse gefallen ist, an den
Schuldner auszukehren.
BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2009 - IX ZB 247/08 - LG Dresden
AG Dresden
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, den Richter Vill, die Richterin Lohmann und die Richter Dr. Fischer
und Dr. Pape
am 3. Dezember 2009

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 11. Juni 2008 wird auf Kosten der Schuldnerin zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 8.400 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die Schuldnerin beantragte am 1. Februar 2002 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen sowie Restschuldbefreiung. Sie trat ihre pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an dessen Stelle tretende laufende Bezüge für die Zeit von sechs Jahren ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den vom Gericht in diesem Verfahren zu bestellenden Treuhänder ab. Mit Beschluss vom 28. Februar 2002 eröffnete das Amtsgericht das Insolvenzverfahren zum 1. März 2002 und bestellte den Beschwerdegegner zum Insolvenzverwalter.

2
Die Schuldnerin erhält von der Landesversicherungsanstalt S. eine Alters- und eine Hinterbliebenenrente von monatlich 650 € bzw. 620 € sowie von der G. Berufsgenossenschaft eine weitere Witwenrente von monatlich 420 €. Den pfändbaren Teil aus den Renten der Landesversicherungsanstalt vereinnahmte der Verwalter während des laufenden Insolvenzverfahrens. Die Witwenrente der G. Berufsgenossenschaft wurde bis Juni 2007 aufgrund ausdrücklicher Einverständniserklärung der Schuldnerin auf das Verwalteranderkonto überwiesen. Seit August 2007 zahlt die G. Berufsgenossenschaft die Hinterbliebenenrente auf Anweisung der Schuldnerin auf ein Konto ihrer Tochter.
3
Am 3. April 2008 beantragte der Verwalter, nach § 850e Nr. 2 ZPO anzuordnen , dass die drei Renten zur Berechnung der nach § 850c ZPO pfändbaren Teile des monatlichen Gesamteinkommens zusammenzurechnen seien.
4
Mit Beschluss vom 6. Mai 2008 hat das Amtsgericht - Insolvenzgericht - diesem Antrag stattgegeben. Der nach dem so festgestellten Gesamteinkommen von 1.688,23 € gemäß § 850e ZPO pfändbare Teil des Einkommens sei von der Landesversicherungsanstalt S. auf das Anderkonto des Insolvenzverwalters zu zahlen. Der unpfändbare Grundbetrag sei in erster Linie aus der Altersrente zu entnehmen, § 850e Nr. 2 Satz 2 ZPO.
5
gegen Die diesen Beschluss erhobene sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin ihr Abweisungsbegehren weiter.

II.


6
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil sie vom Beschwerdegericht zugelassen worden ist, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 793 ZPO (vgl. BGH, Beschl. v. 5. Februar 2004 - IX ZB 97/03, WM 2004, 834, 835; v. 6. Mai 2004 - IX ZB 104/04, ZIP 2004, 1379; v. 6. Juli 2006 - IX ZB 220/04, KTS 2007, 353; v. 23. April 2009 - IX ZB 35/08, ZInsO 2009, 1072 Rn. 3). Hieran ist das Beschwerdegericht gebunden, § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Die Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig, § 575 Abs. 1 bis 3 ZPO. In die versäumten Fristen zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 4. Dezember 2008 Wiedereinsetzung gewährt.

III.


7
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdegericht hat richtig entschieden.
8
1. Das Landgericht (dessen Entscheidung unter anderem veröffentlicht ist in NZI 2008, 508) meint, der Antrag des Insolvenzverwalters sei zulässig, insbesondere fehle ihm nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Denn auch nach Ablauf der Frist der Abtretungserklärung unterlägen die fortlaufenden Bezüge der Schuldnerin grundsätzlich dem Insolvenzbeschlag des Neuerwerbs nach § 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO.
9
Zwar solle die sechsjährige Laufzeit der Abtretung auch zu einer Beendigung des Insolvenzbeschlags des Neuerwerbs führen, wenn das Insolvenzver- fahren noch andauere. Dies gelte aber nur für den redlichen Schuldner, der eine Restschuldbefreiung auch tatsächlich verdiene. Dazu seien jedoch im vorliegenden Verfahren noch keine Feststellungen möglich gewesen, weil die Gläubiger noch keine Gelegenheit und Veranlassung gehabt hätten, Versagungsgründe geltend zu machen. Ein Entfallen des Insolvenzbeschlags allein wegen Zeitablaufs käme jedoch nicht in Betracht.
10
2. Diese Ausführungen halten im Ergebnis rechtlicher Prüfung stand.
11
ImRechtsbeschwerdeverfahrenwie schon im Beschwerdeverfahren geht es ausschließlich um die Frage der Auswirkungen des Ablaufs der Frist der Abtretungserklärung zum 1. März 2008 (zur Fristberechnung vgl. BGH, Urt. v. 13. Januar 2005 - IX ZR 33/04, ZIP 2005, 310). Sonstige Einwände gegen die Zusammenrechnung der Renten gemäß § 36 Abs. 1 InsO, § 850e Nr. 2, § 850 Abs. 2 ZPO werden nicht geltend gemacht und bestehen nicht.
12
Auch das Ende der Laufzeit der Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 InsO n.F. steht der vom Amtsgericht vorgenommenen Anordnung der Zusammenrechnung nicht entgegen.
13
Dem Insolvenzverwalter fehlte für den am 3. April 2008 gestellten Antrag nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Der pfändbare Neuerwerb der Schuldnerin kann auch noch nach Ablauf der Frist der Abtretungserklärung gemäß § 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO in die Insolvenzmasse fallen. Etwas anderes gilt ab dem Ende der Abtretungsfrist des § 287 Abs. 2 InsO nur dann, wenn dem Schuldner Restschuldbefreiung zu gewähren ist. Solange nicht feststeht, ob Restschuldbefreiung rechtskräftig erteilt wird, hat der Insolvenzverwalter den Neuerwerb einzuziehen und zu sichern.
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a) Ist die Frist der Abtretungserklärung abgelaufen, bevor dem Schuldner die Restschuldbefreiung angekündigt worden ist, muss schon vor Beendigung des Insolvenzverfahrens über die Restschuldbefreiung gemäß § 300 InsO entschieden werden. Dies entspricht der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur (LG Hannover ZInsO 2009, 207; AG Hannover ZInsO 2009, 685; AG Göttingen NZI 2009, 779; FK-InsO/Ahrens, 5. Aufl. § 287 Rn. 89 f, § 300 Rn. 5a; HmbKomm-InsO/Streck, 3. Aufl. § 299 Rn. 4a; HK-InsO/ Landfermann, 5. Aufl. § 299 Rn. 9; Uhlenbruck/Vallender, InsO 12. Aufl. § 287 Rn. 49; Kobialka/Schmittmann ZInsO 2009, 653 ff; von Gleichenstein ZVI 2009, 93 ff). Die Argumente der Gegenmeinung (AG Alzey NZI 2009, 567; Heinze ZVI 2008, 416, 417 ff) greifen nicht durch.
15
aa) Im Regelfall wird erst nach der Rechtskraft des Beschlusses über die Ankündigung der Restschuldbefreiung nach § 291 InsO das Insolvenzverfahren gemäß § 289 Abs. 2 Satz 2 InsO aufgehoben. Erst in dem Ankündigungsbeschluss wird der Treuhänder bestellt, an den die Ansprüche auf Bezahlung der Bezüge gemäß § 287 Abs. 2 InsO nach Maßgabe der Abtretungserklärung und gegebenenfalls der Zusammenrechnungsanordnung nach § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 850e Nr. 2 ZPO übergehen. Erst dann beginnt die Wohlverhaltensperiode. Diese dauert nach der jetzt geltenden Fassung des Gesetzes sechs Jahre ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Ist bei Ablauf dieser Frist der Ankündigungsbeschluss noch nicht erlassen, entfaltet die Abtretung keine Wirkung. Allerdings fällt bis zu diesem Zeitpunkt der pfändbare Neuerwerb ohnehin gemäß § 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO in die Masse und ist vom Insolvenzverwalter einzuziehen und zu verwerten.
16
bb) Wie das Beschwerdegericht zutreffend festgestellt hat, war es der Wille des Gesetzgebers, den Zeitpunkt der Erteilung der Restschuldbefreiung von der Dauer des eröffneten Verfahrens zu lösen.
17
Er hat mit dem Gesetz zur Änderung der Insolvenzordnung (InsOÄndG) vom 26. Oktober 2001 (BGBl. I S. 2710) auf Vorschlag des Rechtsausschusses des Bundestages (BT-Drucks. 14/6468 S. 8 Nr. 15) § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO dahin geändert, dass der Lauf der Abtretungsfrist von sieben auf sechs Jahre verringert wurde und diese Frist nicht mehr erst bei Aufhebung des Insolvenzverfahrens , sondern bereits bei Eröffnung zu laufen beginnt. Begründet hat dies der Rechtsausschuss damit, dass die zuvor geltende Wohlverhaltensperiode von sieben Jahren als zu lang kritisiert worden sei. Die beiden beschlossenen Änderungen sollten zu einer deutlichen Erleichterung für den Schuldner beitragen. Die Festlegung des Beginns der Laufzeit der Abtretung auf die Verfahrenseröffnung beseitige die für den Schuldner völlig unbefriedigende Situation, dass sich in Einzelfällen das Insolvenzverfahren über einen Zeitraum von zwei Jahren erstrecke, ohne dass nennenswerte Vermögenswerte des Schuldners feststellbar wären oder er für die Verfahrensverzögerung verantwortlich wäre. Unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten sei es kaum vermittelbar, wenn in ähnlich gelagerten Fällen ein Schuldner deutlich später in das Restschuldbefreiungsverfahren gelange als ein vergleichbarer anderer. Insofern sei es geboten , die Laufzeit der Abtretung mit einem Ereignis beginnen zu lassen, das einerseits leicht feststellbar, andererseits von der Dauer des Insolvenzverfahrens, die auch durch die Gerichtsbelastung beeinflusst werde, unabhängig sei (BTDrucks. 14/6468 S. 18).
18
Insbesondere aus dem geänderten Beginn des Laufs der Abtretungsfrist sowie der Begründung hierfür ergibt sich damit, dass der Zeitpunkt der Erteilung der Restschuldbefreiung von der Dauer des Insolvenzverfahrens unabhängig werden sollte. Der Gesetzgeber hat zwar nicht bedacht, dass das Insolvenzverfahren mehr als sechs Jahre dauern kann. Er hat jedoch hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sechs Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Restschuldbefreiung zu entscheiden ist.
19
cc) Ist nach Ablauf der Abtretungserklärung das Insolvenzverfahren noch nicht beendet, kann die Abtretungserklärung keine Wirkung mehr entfalten (vgl. MünchKomm-InsO/Stephan, 2. Aufl. § 287 Rn. 59). Eine Ankündigung der Restschuldbefreiung gemäß § 291 InsO entfällt ebenso wie die sich sonst anschließende Wohlverhaltensperiode. Damit entfallen für den Schuldner auch die Obliegenheiten, die erst nach Ankündigung der Restschuldbefreiung von ihm zu beachten sind (vgl. BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2008 - IX ZB 249/07, NZI 2009, 191 Rn. 7 ff).
20
dd) Gemäß § 300 Abs. 1 InsO ist demgemäß nach Ablauf von sechs Jahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den Antrag auf Restschuldbefreiung zu entscheiden, auch wenn das Insolvenzverfahren noch nicht abschlussreif ist. Nach der ursprünglichen Fassung des § 287 Abs. 2 InsO ging der Entscheidung nach § 300 Abs. 1 InsO zwar voraus, dass zuvor die Restschuldbefreiung angekündigt, das Insolvenzverfahren beendet und die Wohlverhaltensperiode durchlaufen war. Nach der genannten Änderung des § 287 Abs. 2 InsO gilt dies jedoch auch hinsichtlich der Beendigung des Insolvenzverfahrens nicht mehr (a.A. Heinze ZVI 2008, 416, 417).
21
Der von § 287 Abs. 2 InsO n.F. verfolgte Zweck, dem redlichen Schuldner sechs Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen wirtschaftlichen Neuanfang zu ermöglichen, würde verfehlt, müsste in jedem Falle das Ende des Insolvenzverfahrens abgewartet werden, auf dessen Dauer der Schuldner kaum Einfluss hat.
22
ee) Mit Rechtskraft der Entscheidung, dem Schuldner Restschuldbefreiung zu erteilen, können die Gläubiger ihre Forderungen gemäß § 301 InsO zwar nicht mehr gegenüber dem Schuldner durchsetzen. Daraus ergibt sich aber kein Grund, der die Restschuldbefreiung hindern würde (a.A. AG Alzey aaO). Eine Verteilung des bis zum Ablauf der Abtretungsfrist in die Masse gefallenen Vermögens und Neuerwerbs bleibt möglich, denn der Insolvenzbeschlag bleibt insoweit bis zur Aufhebung des Verfahrens aufrechterhalten. Dies kann in der Entscheidung über die Restschuldbefreiung klargestellt werden (zutreffend AG Göttingen aaO).
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ff) Den Gläubigern ist es zwar nicht möglich, die Versagungsgründe des § 296 InsO geltend zu machen. Denn die Obliegenheiten, die der Schuldner in der Wohlverhaltensperiode zu beachten hat, entstehen erst mit der Ankündigung der Restschuldbefreiung (BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2008 aaO).
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Sie können aber die Versagungsgründe des § 290 InsO geltend machen, die sich auf die Zeit vor und während des durchgeführten Insolvenzverfahrens beziehen. Problematisch erscheint insoweit lediglich § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO, denn die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners insbesondere gemäß § 97 InsO bestehen bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens fort. Insoweit kann die Gefahr nicht ausgeschlossen werden, dass nach Erteilung der Restschuldbefreiung im weiter laufenden Insolvenzverfahren der Schuldner seine Pflichten verletzen könnte (gegen eine Restschuldbefreiung deshalb Heinze aaO S. 418). Das Risiko, dass hierdurch der weitere Ablauf des Insolvenzverfahrens in relevanter Weise beeinträchtigt werden könnte, ist jedoch nicht hoch. Sechs Jahre nach Beginn des Insolvenzverfahrens wird der Bedarf an Auskünften und Mitwirkungshandlungen des Schuldners gering sein. Von einem Schuldner, der diese Pflichten bislang erfüllt hat -andernfalls ist gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO die Restschuldbefreiung zu versagen -, wird dies auch in Zukunft regelmäßig erwartet werden können, zumal im Hinblick auf das Vermögen , das ohnehin weiterhin dem Insolvenzbeschlag unterliegt. Schließlich hat das Insolvenzgericht die Möglichkeit des § 98 InsO, um die Pflichten des Schuldners durchzusetzen. Die Befürchtung, er könnte in Zukunft seine gebotene Mitwirkung einstellen, lässt es nicht gerechtfertigt erscheinen, alleine wegen dieser theoretisch möglicherweise aufkommenden Verweigerungshaltung des Schuldners in Einzelfällen über die Restschuldbefreiung generell nicht zu entscheiden. Der Gesetzeszweck des § 287 Abs. 2 InsO könnte sonst für die große Mehrzahl der redlichen Schuldner nicht erreicht werden. Hinsichtlich eines in Einzelfällen die weitere Mitarbeit nach Restschuldbefreiung verweigernden Schuldners könnte neben der Anwendung des § 98 InsO auch eine analoge Anwendung des § 303 InsO in Betracht gezogen werden.
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gg) Auch § 289 Abs. 3 InsO steht einer vorzeitigen Entscheidung über die Restschuldbefreiung nicht entgegen. Allerdings kann nach dieser Vorschrift Restschuldbefreiung im Falle der Einstellung des Verfahrens nur erteilt werden, wenn nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Insolvenzmasse nach § 209 InsO verteilt worden ist und die Einstellung nach § 211 InsO erfolgte. Es ist nicht ausgeschlossen, dass nach der vorzeitigen Entscheidung über die Restschuldbefreiung das Verfahren noch nach § 207 InsO eingestellt wird. Diese Einstellung unterbleibt zwar, wenn dem Schuldner die Kosten nach § 4a InsO gestundet wurden. Es ist aber möglich, dass eine gewährte Stundung aufgehoben wird.
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Auch hieraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass das Gesetz immer ein bis zum Schluss durchgeführtes Insolvenzverfahren für die Restschuldbefreiung voraussetzt (a.A. Heinze aaO S. 418; AG Alzey aaO). Das ergibt sich schon daraus, dass im Falle der Einstellung des Verfahrens nach § 211 InsO die Restschuldbefreiung zulässig ist.
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Die Fälle, in denen der Insolvenzverwalter erst nach Ablauf von sechs Jahren feststellt, dass die Masse nicht einmal die Kosten des Verfahrens deckt, dürften im Übrigen selten sein. Eher ist eine Aufhebung der Stundung der Verfahrenskosten in Betracht zu ziehen. In den Fällen des § 4c Nrn. 1 bis 3 InsO wird regelmäßig auf Antrag eines Gläubigers auch eine Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 InsO zu erwägen sein. Die Zahl der Fälle, die dann noch zu einer Einstellung nach § 207 InsO führen könnten, erscheint gering. Das Risiko, dass es hierzu kommt, ist jedenfalls nicht so erheblich, dass deswegen in allen Fällen von der Verwirklichung des Gesetzeszweckes der Neufassung des § 287 Abs. 2 InsO abgesehen werden könnte. Lösungen für die genannten Einzelfälle wären gegebenenfalls auch hier auf anderem Weg zu suchen.
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hh) Nach § 300 Abs. 1 InsO ist über die Restschuldbefreiung nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode zu entscheiden. Entfällt diese entgegen dem Regelfall aus den dargelegten Gründen und kann noch kein Schlusstermin abgehalten werden, muss die Anhörung der Insolvenzgläubiger, des Insolvenzverwalters anstelle des Treuhänders und des Schuldners in einer Form durchgeführt werden, die dem Schlusstermin entspricht (vgl. § 289 Abs. 1 InsO). Dies kann in einer Gläubigerversammlung oder gemäß § 5 Abs. 2 InsO im schriftlichen Verfahren erfolgen (vgl. Uhlenbruck/Vallender, aaO § 287 Rn. 49; FK-InsO/Ahrens, aaO § 287 Rn. 89 f).

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Im Übrigen ist das Insolvenzverfahren fortzusetzen. Die Schlussverteilung , der Schlusstermin und die Aufhebung des Insolvenzverfahrens erfolgen später. Wird die Restschuldbefreiung rechtskräftig abgelehnt, kann das Verfahren ohnehin normal weitergeführt und zum Abschluss gebracht werden.
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b) Wird die Restschuldbefreiung während des laufenden Insolvenzverfahrens erteilt, entfällt nach Rechtskraft dieser Entscheidung der Insolvenzbeschlag hinsichtlich des Neuerwerbs nach Ablauf der Abtretungsfrist.
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Durch § 287 Abs. 2 InsO tritt eine zeitliche Begrenzung der Wirkungen des § 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO hinsichtlich des Neuerwerbs ein. Nur hierdurch kann der Regelungszweck des § 287 Abs. 2 InsO verwirklicht werden. Nach Ablauf von sechs Jahren ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens soll der Neuerwerb wieder dem Schuldner zur Verfügung stehen, wenn ihm Restschuldbefreiung erteilt wird. Andernfalls würden die Gläubiger zum Nachteil des redlichen Schuldners Vorteile erlangen, die das Gesetz nicht vorsieht.
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aa) Die begrenzende Wirkung des § 287 Abs. 2 InsO hinsichtlich des Neuerwerbs tritt nicht generell in allen Fällen ein. Restschuldbefreiung wird nur dem redlichen Schuldner erteilt. Dies schließt es aus, die Begrenzung des § 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO auch anderen Schuldnern zugute kommen zu lassen. Bei ihnen ist das Insolvenzverfahren zu Ende zu führen. Danach hat jeder Gläubiger auch wieder die Möglichkeit der Einzelzwangsvollstreckung gegen den Schuldner.
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bb) Die beschränkende Wirkung des § 287 Abs. 2 InsO tritt zum Ablauf der Abtretungsfrist ein. Allerdings ist die Frage streitig. Nach einer Auffassung gebührt der Neuerwerb der Masse bis zu dem Zeitpunkt, in dem die Rechtskraft der Entscheidung eintritt, mit der Restschuldbefreiung gewährt wurde (LG Hannover ZInsO 2009, 207, 208; Uhlenbruck/Vallender, aaO § 287 Rn. 50; Heinze ZVI 2008, 416, 419; Kobialka/Schmittmann ZInsO 2009, 653, 655).
34
Nach anderer Auffassung gebührt der Neuerwerb ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Abtretungsfrist dem Schuldner (AG Göttingen NZI 2009, 779; MünchKomm-InsO/Stephan, aaO § 300 Rn. 6 für den Fall der angekündigten Restschuldbefreiung; ebenso FK-InsO/Ahrens, aaO § 300 Rn. 4).
35
Der zuletzt genannten Meinung ist zu folgen. Allerdings ergibt sich schon für den Regelfall, in dem nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode Restschuldbefreiung erteilt wird, aus dem Gesetz nicht unmittelbar, ab welchem Zeitpunkt die von der Abtretung erfassten Beträge wieder dem Schuldner gebühren. Auch aus § 301 InsO ergibt sich insoweit nichts.
36
Aus dem Regelungszweck des § 287 Abs. 2 InsO erschließt sich jedoch, dass der Masse die Abtretung bzw. der Neuerwerb nach Ablauf der Abtretungsfrist nicht mehr zugute kommen soll, wenn Restschuldbefreiung erteilt wird. Andernfalls würden die Insolvenzgläubiger, deren Forderung durch die Restschuldbefreiung in eine Naturalobligation verwandelt wird (vgl. § 301 Abs. 3 InsO ), Vorteile erlangen gegenüber dem Schuldner und den Gläubigern der nach § 302 InsO privilegierten Forderungen. Verschleppungsmaßnahmen einfacher Insolvenzgläubiger würden sich bei laufenden pfändbaren Einkünften des Schuldners unmittelbar zu ihren Gunsten auswirken. Eine derartige Verschiebung der Verteilungsregelung des Gesetzes ist abzulehnen.
37
cc) Ob dies für jeden Neuerwerb nach Ablauf der Abtretungserklärung gilt oder nur für denjenigen, der auch der Abtretungserklärung unterfallen würde , bedarf hier keiner Entscheidung. Der hier fragliche Neuerwerb in der Form von Renten wäre von der Abtretungserklärung zweifellos erfasst worden (HKInsO /Landfermann, aaO § 287 Rn. 20; MünchKomm-InsO/Stephan, aaO § 287 Rn. 39; FK-InsO/Ahrens, aaO § 287 Rn. 47).
38
c) Solange nicht rechtskräftig über die Restschuldbefreiung entschieden ist, bleibt allerdings offen, ob der betroffene Neuerwerb in die Masse fällt. Der Insolvenzverwalter hat insoweit die Aufgabe, die mögliche Masse zu sichern und zu erhalten, damit sie gegebenenfalls für die Zwecke des Insolvenzverfahrens verwendet werden kann. Nur auf diese Weise kann für die Masse und damit auch für die Gläubiger der Neuerwerb für den Fall der Versagung der Restschuldbefreiung gesichert werden.
39
Steht nach rechtskräftiger Erteilung der Restschuldbefreiung fest, dass der Neuerwerb nicht in die Masse gefallen ist, ist er an den Schuldner auszukehren.
40
d) Das Insolvenzgericht hat im vorliegenden Fall noch nicht, wie von Amts wegen geboten, über die beantragte Restschuldbefreiung entschieden. Jedenfalls bis zur Rechtskraft dieser Entscheidung hat der Insolvenzverwalter demgemäß den pfändbaren Neuerwerb einzuziehen. Demgemäß steht ihm das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Zusammenrechnung der Renten zur Seite. Er hat allerdings auch beim Insolvenzgericht auf eine Entscheidung über die beantragte Restschuldbefreiung hinzuwirken, wenn nicht gemäß § 196 InsO ohnehin bereits die Schlussverteilung erfolgen muss. Das laufende Einkommen in Form von Renten steht der Schlussverteilung nicht entgegen. Ist die Verwer- tung der Insolvenzmasse im Übrigen beendet, müssen nach § 196 InsO die Schlussverteilung und der Schlusstermin stattfinden (Holzer in Kübler /Prütting/Bork, InsO § 196 Rn. 5a ff; HmbKomm-InsO/Preß, aaO § 196 Rn. 7; MünchKomm-InsO/Füchsl/Weishäupl, aaO §196 Rn.2; FK-InsO/ Kießner, aaO § 196 Rn. 8; Nerlich/Römermann/Westphal, InsO § 196 Rn. 6, 7).
Ganter Vill Lohmann
Fischer Pape
Vorinstanzen:
LG Dresden, Entscheidung vom 11.06.2008 - 5 T 507/08 -
AG Dresden, Entscheidung vom 06.05.2008 - 556 IN 273/02 -

(1) Wird dem Schuldner Restschuldbefreiung erteilt, gehört das Vermögen, das der Schuldner nach Ende der Abtretungsfrist oder nach Eintritt der Voraussetzungen des § 300 Absatz 2 Satz 1 erwirbt, nicht mehr zur Insolvenzmasse. Satz 1 gilt nicht für Vermögensbestandteile, die auf Grund einer Anfechtung des Insolvenzverwalters zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden oder die auf Grund eines vom Insolvenzverwalter geführten Rechtsstreits oder auf Grund Verwertungshandlungen des Insolvenzverwalters zur Insolvenzmasse gehören.

(2) Bis zur rechtskräftigen Erteilung der Restschuldbefreiung hat der Verwalter den Neuerwerb, der dem Schuldner zusteht, treuhänderisch zu vereinnahmen und zu verwalten. Nach rechtskräftiger Erteilung der Restschuldbefreiung findet die Vorschrift des § 89 keine Anwendung. Der Insolvenzverwalter hat bei Rechtskraft der Erteilung der Restschuldbefreiung dem Schuldner den Neuerwerb herauszugeben und über die Verwaltung des Neuerwerbs Rechnung zu legen.

(3) Der Insolvenzverwalter hat für seine Tätigkeit nach Absatz 2, sofern Restschuldbefreiung rechtskräftig erteilt wird, gegenüber dem Schuldner Anspruch auf Vergütung und auf Erstattung angemessener Auslagen. § 293 gilt entsprechend.

(1) Das Insolvenzgericht entscheidet nach dem regulären Ablauf der Abtretungsfrist über die Erteilung der Restschuldbefreiung. Der Beschluss ergeht nach Anhörung der Insolvenzgläubiger, des Insolvenzverwalters oder Treuhänders und des Schuldners. Eine nach Satz 1 erteilte Restschuldbefreiung gilt als mit Ablauf der Abtretungsfrist erteilt.

(2) Wurden im Insolvenzverfahren keine Forderungen angemeldet oder sind die Insolvenzforderungen befriedigt worden und hat der Schuldner die Kosten des Verfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten berichtigt, so entscheidet das Gericht auf Antrag des Schuldners schon vor Ablauf der Abtretungsfrist über die Erteilung der Restschuldbefreiung. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 ist vom Schuldner glaubhaft zu machen. Wird die Restschuldbefreiung nach Satz 1 erteilt, so gelten die §§ 299 und 300a entsprechend.

(3) Das Insolvenzgericht versagt die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers, wenn die Voraussetzungen des § 290 Absatz 1, des § 296 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 3, des § 297 oder des § 297a vorliegen, oder auf Antrag des Treuhänders, wenn die Voraussetzungen des § 298 vorliegen.

(4) Der Beschluss ist öffentlich bekannt zu machen. Gegen den Beschluss steht dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger, der bei der Anhörung nach Absatz 1 oder Absatz 2 die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt oder der das Nichtvorliegen der Voraussetzungen einer vorzeitigen Restschuldbefreiung nach Absatz 2 geltend gemacht hat, die sofortige Beschwerde zu.

(1) Wird dem Schuldner Restschuldbefreiung erteilt, gehört das Vermögen, das der Schuldner nach Ende der Abtretungsfrist oder nach Eintritt der Voraussetzungen des § 300 Absatz 2 Satz 1 erwirbt, nicht mehr zur Insolvenzmasse. Satz 1 gilt nicht für Vermögensbestandteile, die auf Grund einer Anfechtung des Insolvenzverwalters zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden oder die auf Grund eines vom Insolvenzverwalter geführten Rechtsstreits oder auf Grund Verwertungshandlungen des Insolvenzverwalters zur Insolvenzmasse gehören.

(2) Bis zur rechtskräftigen Erteilung der Restschuldbefreiung hat der Verwalter den Neuerwerb, der dem Schuldner zusteht, treuhänderisch zu vereinnahmen und zu verwalten. Nach rechtskräftiger Erteilung der Restschuldbefreiung findet die Vorschrift des § 89 keine Anwendung. Der Insolvenzverwalter hat bei Rechtskraft der Erteilung der Restschuldbefreiung dem Schuldner den Neuerwerb herauszugeben und über die Verwaltung des Neuerwerbs Rechnung zu legen.

(3) Der Insolvenzverwalter hat für seine Tätigkeit nach Absatz 2, sofern Restschuldbefreiung rechtskräftig erteilt wird, gegenüber dem Schuldner Anspruch auf Vergütung und auf Erstattung angemessener Auslagen. § 293 gilt entsprechend.

(1) Die Restschuldbefreiung setzt einen Antrag des Schuldners voraus, der mit seinem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbunden werden soll. Wird er nicht mit diesem verbunden, so ist er innerhalb von zwei Wochen nach dem Hinweis gemäß § 20 Abs. 2 zu stellen. Der Schuldner hat dem Antrag eine Erklärung beizufügen, ob ein Fall des § 287a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 oder 2 vorliegt. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Erklärung nach Satz 3 hat der Schuldner zu versichern.

(2) Dem Antrag ist die Erklärung des Schuldners beizufügen, dass dieser seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder auf an deren Stelle tretende laufende Bezüge für den Zeitraum von drei Jahren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Abtretungsfrist) an einen vom Gericht zu bestimmenden Treuhänder abtritt. Ist dem Schuldner auf Grundlage eines nach dem 30. September 2020 gestellten Antrags bereits einmal Restschuldbefreiung erteilt worden, so beträgt die Abtretungsfrist in einem erneuten Verfahren fünf Jahre; der Schuldner hat dem Antrag eine entsprechende Abtretungserklärung beizufügen.

(3) Vereinbarungen des Schuldners sind insoweit unwirksam, als sie die Abtretungserklärung nach Absatz 2 vereiteln oder beeinträchtigen würden.

(4) Die Insolvenzgläubiger, die Forderungen angemeldet haben, sind bis zum Schlusstermin zu dem Antrag des Schuldners zu hören.

(1) Das Insolvenzgericht entscheidet nach dem regulären Ablauf der Abtretungsfrist über die Erteilung der Restschuldbefreiung. Der Beschluss ergeht nach Anhörung der Insolvenzgläubiger, des Insolvenzverwalters oder Treuhänders und des Schuldners. Eine nach Satz 1 erteilte Restschuldbefreiung gilt als mit Ablauf der Abtretungsfrist erteilt.

(2) Wurden im Insolvenzverfahren keine Forderungen angemeldet oder sind die Insolvenzforderungen befriedigt worden und hat der Schuldner die Kosten des Verfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten berichtigt, so entscheidet das Gericht auf Antrag des Schuldners schon vor Ablauf der Abtretungsfrist über die Erteilung der Restschuldbefreiung. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 ist vom Schuldner glaubhaft zu machen. Wird die Restschuldbefreiung nach Satz 1 erteilt, so gelten die §§ 299 und 300a entsprechend.

(3) Das Insolvenzgericht versagt die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers, wenn die Voraussetzungen des § 290 Absatz 1, des § 296 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 3, des § 297 oder des § 297a vorliegen, oder auf Antrag des Treuhänders, wenn die Voraussetzungen des § 298 vorliegen.

(4) Der Beschluss ist öffentlich bekannt zu machen. Gegen den Beschluss steht dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger, der bei der Anhörung nach Absatz 1 oder Absatz 2 die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt oder der das Nichtvorliegen der Voraussetzungen einer vorzeitigen Restschuldbefreiung nach Absatz 2 geltend gemacht hat, die sofortige Beschwerde zu.

(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).

(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295a gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.

(3) Der Schuldner hat den Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbständigen Tätigkeit zu informieren. Ersucht der Schuldner den Verwalter um die Freigabe einer solchen Tätigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat zu dem Ersuchen zu erklären.

(4) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.

(1) Die Restschuldbefreiung setzt einen Antrag des Schuldners voraus, der mit seinem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbunden werden soll. Wird er nicht mit diesem verbunden, so ist er innerhalb von zwei Wochen nach dem Hinweis gemäß § 20 Abs. 2 zu stellen. Der Schuldner hat dem Antrag eine Erklärung beizufügen, ob ein Fall des § 287a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 oder 2 vorliegt. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Erklärung nach Satz 3 hat der Schuldner zu versichern.

(2) Dem Antrag ist die Erklärung des Schuldners beizufügen, dass dieser seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder auf an deren Stelle tretende laufende Bezüge für den Zeitraum von drei Jahren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Abtretungsfrist) an einen vom Gericht zu bestimmenden Treuhänder abtritt. Ist dem Schuldner auf Grundlage eines nach dem 30. September 2020 gestellten Antrags bereits einmal Restschuldbefreiung erteilt worden, so beträgt die Abtretungsfrist in einem erneuten Verfahren fünf Jahre; der Schuldner hat dem Antrag eine entsprechende Abtretungserklärung beizufügen.

(3) Vereinbarungen des Schuldners sind insoweit unwirksam, als sie die Abtretungserklärung nach Absatz 2 vereiteln oder beeinträchtigen würden.

(4) Die Insolvenzgläubiger, die Forderungen angemeldet haben, sind bis zum Schlusstermin zu dem Antrag des Schuldners zu hören.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.