Finanzgericht Hamburg Urteil, 11. Apr. 2018 - 6 K 44/17

bei uns veröffentlicht am11.04.2018

Tatbestand

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Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine beim Kläger durchgeführte Umsatzsteuer-Nachschau und Umsatzsteuer-Sonderprüfung rechtswidrig gewesen sind.

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Der Kläger betreibt als Franchisenehmer eine "A"-Filiale in Hamburg-....

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Der Finanzverwaltung lagen aus einem Sammelauskunftsersuchen bei dem Betreiber eines Internetbestellportals Umsatzdaten über Bestellvorgänge einzelner Food-Lieferanten für das Jahr 2014 vor, unter anderem betreffend den Kläger.

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Am 25. Januar 2017 wurde von zwei Betriebsprüfern des Beklagten in der Filiale des Klägers eine Umsatzsteuer-Nachschau gemäß § 27b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) durchgeführt. Die Betriebsprüfer kamen zunächst zu den Geschäftsräumen des Klägers. Dort trafen sie nur eine Angestellte des Klägers an. Der Kläger wurde informiert und einer der beiden Betriebsprüfer erläuterte ihm telefonisch sein Anliegen. Anschließend verließen die beiden Betriebsprüfer die betrieblichen Räumlichkeiten des Klägers. Ca. 90 Minuten später kehrten die Betriebsprüfer zurück und übergaben dem Kläger und seiner anwesenden Steuerberaterin ein Schreiben über die Durchführung einer Umsatzsteuer-Nachschau. Darauf war als Umfang der Umsatzsteuer-Nachschau, die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung angegeben. Eine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt das Schreiben nicht. Dem Kläger wurde ein Merkblatt zur ordnungsgemäßen Kassenbuchführung überreicht, und es wurde auf den Wegfall der Übergangszeit für die Vorgaben der neuen Kassenrichtlinie hingewiesen. Nach Abarbeitung einer Checkliste zur ordnungsgemäßen Kassenbuchführung wurde die Umsatzsteuer-Nachschau beendet und dem Kläger eine Mitteilung über den Übergang zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung nach § 27b Abs. 3 UStG überreicht. Darin wurden die Voranmeldezeiträume Januar bis Dezember 2014 als Prüfungsgegenstand genannt. Die Mitteilung enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung. Im Rahmen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung forderten die Betriebsprüfer den Kläger auf, die Kassendaten für das Jahr 2014 in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen. Der Kläger überließ den Prüfern die Kassendaten ab dem 13. August 2014 im Wege des GdPdU-Exports. Anschließend wurde die Umsatzsteuer-Sonderprüfung vor Ort beendet. Unmittelbar im Anschluss erfolgte in den Räumen des Finanzamts eine Verprobung des Kontrollmaterials, nachdem die Betriebsprüfer sich das Kontrollmaterial zuvor von der Steuerfahndung zukommen ließen.

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Zur selben Zeit wurden auch bei den anderen "A" Franchisenehmern (insgesamt 14) Umsatzsteuer-Nachschauen durchgeführt und bei den anschließenden Umsatzsteuer-Sonderprüfungen die Daten für 2014 angefordert. Dieses Vorgehen war bei einer Besprechung in der Finanzbehörde, welche vom Referenten für Betriebsprüfung organisiert worden war, vorher festgelegt worden. Insbesondere wurden die Betriebsprüfer angewiesen, bei Nutzung von "XXX" als PC-Kassensystem zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung überzugehen. Bei diesem Treffen war auch ein Mitarbeiter des Finanzamts für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg, Abteilung "ServiSta" anwesend.

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Der Beklagte informierte mit Schreiben vom 6. Februar 2017 das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen über das Ergebnis der Verprobung, wonach im Kassensystem nicht erfasste Bestellungen in einem Zeitraum von 26 Tagen ein Volumen von 38.199,35 € (brutto) gehabt hätten. Am 14. Februar 2017 wurde ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Kläger für die Jahre 2011-2016 eingeleitet. Ebenfalls am 14. Februar 2017 wurde ein Durchsuchungsbeschluss beim Amtsgericht Hamburg beantragt. Der hierfür erforderliche Anfangsverdacht basierte auf der vom Beklagten durchgeführten Verprobung der am 25. Januar 2017 beschafften Kassendaten. Beim Kläger fanden am 29. März 2017 Durchsuchungsmaßnahmen durch die Steuerfahndung Hamburg statt, in deren Verlauf im erheblichen Umfang Unterlagen und EDV-Anlagen sowie Datenträger sichergestellt wurden.

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Sowohl gegen die Durchführung der Umsatzsteuer-Nachschau als auch gegen den Übergang zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung legte der Kläger mit Schreiben vom 26. Januar 2017 Einspruch ein. Der Einspruch gegen die Umsatzsteuer-Nachschau wurde mit Einspruchsentscheidung vom 16. Februar 2017 als unzulässig verworfen, mit der Begründung die Umsatzsteuer-Nachschau sei bei der Einlegung des Einspruchs bereits beendet gewesen. Der Einspruch gegen den Übergang zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung wurde mit Einspruchsentscheidung vom 16. Februar 2017 als unbegründet zurückgewiesen.

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Der Kläger hat am 16. März 2017 Klage erhoben.

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Das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen verfasste am 15. Februar 2018 einen Bericht über die steuerlichen Feststellungen beim Kläger, welcher am 22. Februar 2018 der Prozessbevollmächtigten des Klägers übergeben wurde. Mit Datum vom 13. März 2018 erließ der Beklagte (Innendienst) einen geänderten Umsatzsteuerbescheid 2014, der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Statt der erklärten 9.466,16 € wurden nunmehr 22.784,44 € festgesetzt.

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Zur Begründung der Klage trägt der Kläger vor, dass die Klage hinsichtlich beider Klageanträge zulässig sei. Die Umsatzsteuer-Sonderprüfung sei spätestens mit dem Schreiben des Betriebsprüfers vom 6. Februar 2017 an das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg beendet worden, denn weitere Maßnahmen seien vom Beklagten nicht geplant gewesen. Diese Prüfung sei auch nicht vom dem Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen fortgeführt worden, denn hierzu habe keine Befugnis bestanden. Das ergebe sich aus dem Gebot der strikten Verfahrenstrennung. Der Bericht des Finanzamts für Prüfungsdienste und Strafsachen sei die Grundlage für den Änderungsbescheid gewesen und nicht der Bericht der Betriebsprüfer.

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Selbst wenn die Umsatzsteuer-Sonderprüfung erst später beendet worden sein sollte, sei die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. Entscheidend sei, ob die Sachentscheidungsvoraussetzungen zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vorlägen. In diesem Zusammenhang müsse einbezogen werden, dass er, der Kläger, vorher keine Klageanträge gestellt habe. Entscheidend sei sein Klagebegehren. Dies müsse vom Gericht ggf. durch Auslegung ermittelt werden.

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Die Klage sei auch begründet. Sowohl die Durchführung der Umsatzsteuer-Nachschau als auch die Mitteilung über den Übergang zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung seien rechtswidrig gewesen.

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Die Umsatzsteuer-Nachschau habe nicht der zeitnahen Aufklärung möglicher steuererheblicher Sachverhalte gedient, sondern nur dem Zweck, sich Zugang zu den Geschäftsräumen des Klägers zu verschaffen. Der Beklagte habe bereits vorher gewusst, welches Kassensystem er, der Kläger, benutze, denn die Verpflichtung das Kassensystem "XXX" zu nutzen, ergebe sich bereits aus § 2 Abs. 15 des "A" Franchise Vertrages. In diesem Zusammenhang werde angeregt, die Ermittlungsakte des Finanzamts für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg beizuziehen sowie den hier tätig gewesenen Steuerfahnder B als Zeugen zu vernehmen.

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Der vom Beklagten angegebene Zweck der Umsatzsteuer-Nachschau sei gemäß dem Schreiben vom 25. Januar 2017 nicht die Feststellung des verwendeten Kassensystems, sondern die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung gewesen. Die Feststellung, welche Kassensoftware verwendet werde, stelle auch keinen steuererheblichen Sachverhalt dar. Ein eigenständiger Zweck sei mit der Umsatzsteuer-Nachschau nicht verfolgt worden, weshalb der Beklagte auch keinerlei Prüfungshandlungen vorgenommen habe.

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Die Umsatzsteuer-Nachschau sei unverhältnismäßig gewesen, da eine Bestätigung des bereits ermittelten Sachverhalts, insbesondere, ob er, der Kläger, das durch den Franchisegeber vorgeschriebene Kassensystem verwende, auch durch die mildere und in diesem Fall geeignete Maßnahme der Anfrage bei ihm dem Kläger, hätte erreicht werden können. Alleiniger Zweck der Umsatzsteuer-Nachschau sei gewesen, sich Eintritt in seinen Betrieb zu verschaffen, um ohne vorherige Anordnung eine Außenprüfung mit dem von Anfang an bestehenden Ziel durchzuführen, sich die Kassenjournaldaten für 2014 zu verschaffen. Diese Vermutung werde durch ein Schreiben des Beklagten an das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg vom 6. Februar 2017 belegt. Auch in dieser Mitteilung habe der Beklagte gerade nicht mitgeteilt, dass die Umsatzsteuer-Nachschau dem Zweck gedient habe, festzustellen, ob das Kassensystem "XXX" verwendet worden sei.

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Im Hinblick auf das Steuerstrafrecht und dessen verfassungsrechtliche Vorgaben habe das Finanzamt den Steuerpflichtigen stets zunächst um Auskunft zu ersuchen, wenn Unklarheiten oder Zweifel bestünden. Denn dies sei immer das mildeste Mittel. Halte man dieses Mittel im Einzelfall nicht für geeignet, dann sei man im Bereich des § 208 der Abgabenordnung (AO) oder es bestehe gar ein Anfangsverdacht, weswegen dann die Einleitung eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens geboten sei. Keinesfalls könne ein solcher Fall Anlass für eine Umsatzsteuer-Nachschau sein, insbesondere weil der von einer Umsatzsteuer-Nachschau betroffene Steuerpflichtige gerade nicht nach § 393 Abs. 1 Satz 4 AO und § 397 Abs. 3 AO belehrt worden sei.

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Selbst nach Einführung der Kassennachschau per 1. Januar 2018 gehe der Gesetzgeber gemäß § 146a AO davon aus, dass das erforderliche Mittel zur Feststellung des Kassensystems die Selbstauskunft des Verwenders und dafür eine Nachschau nicht vorgesehen sei.

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Der Übergang zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung sei nicht aufgrund von Erkenntnissen erfolgt, die im Rahmen der Umsatzsteuer-Nachschau erlangt worden seien, sondern vielmehr aufgrund bereits vorhandener Kenntnisse. Hierfür spreche auch, dass die Betriebsprüfer die Mitteilung über den Übergang zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung gemäß § 27b Abs. 3 UStG bereits in ausgedruckter Form mit sich geführt hätten. Gegen die Richtigkeit dieser Behauptung spreche auch, dass die vorbereitete Anordnung der Umsatzsteuer-Sonderprüfung konkret für den Zeitraum 2014 ergangen sei, obwohl das angebliche Ziel der Umsatzsteuer-Nachschau die Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung für 2017 gewesen sein müsse, weil die Umsatzsteuer-Nachschau nicht auf die Vergangenheit, sondern auf gegenwärtige und zukünftige Sachverhalte gerichtet werden müsse. Nicht nachvollziehbar sei, wie der Beklagte aus den genannten Maßnahmen der Umsatzsteuer-Nachschau Erkenntnisse gewonnen haben wolle, die gerade eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für den Zeitraum 2014 sinnvoll erscheinen ließe. Die Anordnung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für den Zeitraum 2014 könne somit vorliegend nur auf Gründen beruhen, die außerhalb der Nachschau gelegen hätten und daher einen Übergang zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung nach § 27b Abs. 3 UStG gerade nicht hätten rechtfertigen können.

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Das besondere Feststellungsinteresse hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Maßnahmen des Beklagten vom 25. Januar 2017 ergebe sich daraus, dass sich der Kläger vorbehalten müsse, im Steuerstrafverfahren ein strafrechtliches Verwertungsverbot geltend zu machen. Dieses könne sich daraus ergeben, dass die für die Begründung eines Anfangsverdachts gegen ihn, den Kläger, getroffenen Feststellung auf von dem Beklagten am 25. Januar 2017 rechtswidrig erlangten Kassendaten beruhten. Ohne die rechtswidrig erlangten Kassendaten hätten die Strafverfolgungsbehörden, die einen Generalverdacht gegen alle Betreiber von "A" gehabt hätten, nicht den aus ihrer Sicht erforderlichen Datenabgleich mit den xxx.de-Daten zur Begründung eines Anfangsverdachts durchführen und dementsprechend keine Durchsuchungsbeschlüsse erwirken können, die gegebenenfalls aufgrund der sichergestellten Unterlagen und Daten zu strafrechtlich relevanten Feststellungen führen könnten.

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Das Finanzgericht sei zuständig für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der vom Beklagten durchgeführten Maßnahmen. Dies ergebe sich in einem Umkehrschluss aus der Entscheidung des Finanzgerichts Hamburg vom 17. Januar 2012 (2 V 43/12, juris), welche durch das Urteil des BFH vom 15. April 2015 (VIII R 1/13, juris) bestätigt worden sei. Ob aus der Rechtswidrigkeit der durchgeführten Maßnahmen hingegen ein strafrechtliches Verwertungsverbot folge, müsse von den Strafgerichten beurteilt werden.

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Der Vollständigkeit halber sei mitgeteilt, dass fünf parallele Fälle aus Hamburg bekannt seien, in denen Hamburger Finanzämter den Einsprüchen gegen den Übergang zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung gemäß § 27b Abs. 3 UStG abgeholfen hätten. In einem beim ersten Senat anhängigen Parallelverfahren eines anderen "A" Betreibers habe das Gericht ebenfalls die Ansicht vertreten, dass die vom beklagten Finanzamt durchgeführten Maßnahmen rechtswidrig gewesen seien.

22

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Klägers verwiesen.

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Der Kläger beantragt,
1. festzustellen, dass die in den Geschäftsräumen des Klägers am 25. Januar 2017 vom Beklagten durchgeführte Umsatzsteuer-Nachschau rechtswidrig war.
2. festzustellen, dass die am 25. Januar 2017 vom Beklagten angeordnete Überleitung der Umsatzsteuer-Nachschau in eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung rechtswidrig war.

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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

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Die vom Kläger erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage sei hinsichtlich des zweiten Klageantrags gem. § 41 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) unzulässig. Statthafte Klageart sei allein die Anfechtungsklage gewesen, denn die Umsatzsteuer-Sonderprüfung sei bei Klageerhebung noch nicht erledigt bzw. abgeschlossen gewesen. Der Abschluss der Umsatzsteuer-Sonderprüfung sei erst durch den Erlass des geänderten Umsatzsteuerbescheides 2014 vom 13. März 2018 bzw. der Bekanntgabe des Berichts an die Prozessbevollmächtigte des Klägers am 22. Februar 2018 erfolgt. Ein gesonderter Abschlussbericht durch ihn, den Beklagten, werde nicht mehr erlassen werden. Der Kläger habe auch zunächst Einspruch eingelegt und Aussetzung der Vollziehung beantragt. Eine Anfechtungsklage sei deshalb möglich gewesen.

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Die unzulässige Klage könne auch nicht ein Jahr nach ihrer Erhebung in die Zulässigkeit hineingewachsen sein. Das Klagebegehren des Klägers sei eindeutig gewesen. Der Kläger habe die Feststellung der Rechtswidrigkeit begehrt. Auch gehe der Kläger immer noch davon aus, dass sich die Umsatzsteuer-Sonderprüfung bereits mit dem Auslesen der Daten beim Kläger am 25. Januar 2017 erledigt habe.

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Die Klage sei auch unbegründet. Insbesondere sei die durchgeführte Umsatzsteuer-Nachschau rechtmäßig gewesen. Sie habe nicht allein dazu gedient, sich Zugang zu den Geschäftsräumen des Klägers zu verschaffen, sondern habe die Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung und der Sensibilisierung des Klägers für die von ihm zu beachtenden Neuregelungen durch die geänderte Kassenrichtlinie bezweckt. Anlass für die Durchführung der Umsatzsteuer-Nachschau sei das Vorliegen der Jahressteuererklärung für 2014 gewesen, welche zur Veranlagung angestanden habe, sowie vorliegendes Kontrollmaterial aus anderen Bundesländern. Durch das Kontrollmaterial sei dem Beklagten bekannt geworden, dass das Kassensystem "XXX" manipulationsanfällig sei, was erhebliche Auswirkungen im Rahmen der Umsatzbesteuerung haben könne. Das Kontrollmaterial habe auch den Kläger betroffen, sodass insoweit Klärungsbedarf bestanden habe, ob der Kläger tatsächlich das manipulationsanfällige Kassensystem verwende. Ein Generalverdacht gegenüber allen "A" Franchisenehmern habe nicht bestanden, so dass auch kein strafrechtlicher Anfangsverdacht vorgelegen habe. Aus diesem Grunde habe der Kläger auch nicht gem. §§ 393, 397 AO belehrt werden müssen.

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Es sei in das Ermessen des Beklagten gestellt, ob er den Steuerpflichtigen anschreibe, befrage oder eine Umsatzsteuer-Nachschau durchführe, um sich die für die Umsatzbesteuerung erforderlichen Kenntnisse über das verwendete Kassensystem und über die tatsächliche Kassenführung zu verschaffen. Ein Auskunftsersuchen gem. § 88ff AO sei gerade nicht vorrangig bzw. zwingend. Die Umsatzsteuer-Nachschau sei ein probates und mildes Mittel um Erkenntnisse über das vom Kläger verwendete Kassensystem zu erhalten. Dem Kläger und seiner vor Ort anwesenden Steuerberaterin seien durch die beiden Betriebsprüfer das Merkblatt zur Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung ausgehändigt und der Inhalt dieses Merkblatts ausführlich mit beiden besprochen worden. Dabei sei der Kläger im Besonderen auch auf den Wegfall der Übergangszeit für die Vorgaben der neuen Kassenrichtlinie hingewiesen worden und es sei gemeinsam eine Checkliste abgearbeitet worden. Im Rahmen dieser Checkliste sei der Kläger auch danach befragt worden, welches Kassensystem er verwende. Nach Abarbeitung der Checkliste sei die Umsatzsteuer-Nachschau beendet worden. Im Rahmen der Umsatzsteuer-Nachschau habe sich herausgestellt, dass der Kläger das als manipulationsanfällig bekannte Kassensystem bereits seit 2011 verwende, sodass sich die Notwendigkeit ergeben habe, das vorhandene Kontrollmaterial zu verproben. Erst daraufhin sei die Umsatzsteuer-Nachschau beendet und zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung übergegangen worden.

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Die Umsatzsteuer-Nachschau habe der Sicherstellung einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der Umsatzsteuer gedient. Durch die Umsatzsteuer-Nachschau dürfe sich das Finanzamt ein Bild von den tatsächlichen betrieblichen Verhältnissen eines Unternehmens verschaffen, wenn der Anlass für eine Nachschau ein aufklärungsbedürftiger umsatzsteuerlicher Sachverhalt sei. Die beim Kläger durchgeführte Umsatzsteuer-Nachschau habe dem Beklagten die Möglichkeit verschafft, sich vor Ort beim Kläger ein Bild von dem tatsächlich genutzten Kassensystem und dessen Handhabung zu machen. Der Kläger erhalte nach eigenem Bekunden überwiegend zwei Drittel Barzahlung von seinen Kunden, welche das Kassensystems "XXX" täglich erfasse. Auch sei von den Prüfern ermittelt worden, seit wann der Kläger sein System nutze und wer im Betrieb Zugang zu dem System gehabt habe. Daneben sei besprochen worden, wie Stornobuchung erfasst würden und ob hieran noch nachträgliche Änderung möglich seien.

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Bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme sei einzubeziehen, dass lediglich frei zugängliche Geschäftsräume betreten worden seien und die Prüfer abgewartet hätten, bis der Kläger in Begleitung seiner steuerlichen Beraterin in den Geschäftsräumen anwesend gewesen seien.

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Auch die Umsatzsteuer-Sonderprüfung sei rechtmäßig gewesen. Da sich im Rahmen der Umsatzsteuer-Nachschau herausgestellt habe, dass der Kläger seit 2011 ein dem Beklagten als manipulationsanfällig bekanntes Kassensystem verwendet habe und sich nunmehr die Notwendigkeit ergeben habe, das vorhandene Kontrollmaterial zu verproben, sei es den beiden Prüfern sinnvoll erschienen, die begonnene Nachschau zu beenden und unmittelbar zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung überzugehen. Darüber hinaus hielten die Prüfer die sofortige Sicherung der Daten für 2014 für geboten, um den Abgleich des Kontrollmaterials mit möglicherweise manipulierten Daten des Klägers nicht zu gefährden, die bei einer späteren Prüfung dieses Zeitraums gegebenenfalls nicht mehr hätten vorhanden sein können. Der Kläger könne sich auch nicht gegen die Nichteinhaltung einer 2-Wochenfrist wenden, denn eine solche Frist diene nicht der Manipulationsmöglichkeit sondern einer notwendigen Vorbereitung des Steuerpflichtigen. Eine solche Vorbereitung sei aber nicht erforderlich gewesen, da nur bereits vorhandene Daten übertragen werden mussten.

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Dieser Übergang zur Außenprüfung habe dem Kläger bekannt gegeben werden müssen. Dass die Betriebsprüfer die Übergangsmitteilung bereits bei sich führten, lasse nicht den Schluss zu, dass eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung von Anfang an beabsichtigt war. Das Mitführen habe einzig dazu gedient, das Schriftformerfordernis bzw. die Voraussetzungen der §§ 119 ff. AO zu wahren.

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Das Jahr 2014 sei gewählt worden, weil es das letzte erklärte Jahr des Klägers gewesen sei. Ein Gesamtplan habe nicht bestanden. Der Beklagte sei verpflichtet gewesen, vorliegendes Kontrollmaterial auszuwerten. Wie er, der Beklagte, dies tue, obliege seinem Ermessen. Richtig sei, dass eine Absprache zwischen den jeweiligen Betriebsprüfungsstellen bestanden habe, damit zeitgleich am 25. Januar 2017 die Prüfung habe beginnen können, so dass der Ermittlungszweck nicht gefährdet werden würde.

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Nach der beim Beklagten durchgeführten Verprobung sei das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg um strafrechtliche Würdigung gebeten worden. Diese Einschaltung sei auch dann erforderlich, wenn lediglich die Möglichkeit bestehe, ein Strafverfahren durchzuführen. Das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg habe nicht nur das steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren durchgeführt, sondern auch die Umsatzsteuer-Sonderprüfung fortgesetzt. Die Befugnis hierzu ergebe sich aus § 208 Abs. 1 Nr. 2 AO.

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Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Beklagten verwiesen.

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Das Gericht hat zwei Zeugenvernehmungen durchgeführt. Auf die Sitzungsprotokolle des Erörterungstermins vom 28. September 2017 und der mündlichen Verhandlung vom 11. April 2018 wird verwiesen. Dem Gericht hat die Rechtsbehelfsakte I und ein Ordner mit Vorgängen zur Umsatzsteuer-Nachschau und Umsatzsteuer-Sonderprüfung zu der Steuernummer .../.../... vorgelegen.

Entscheidungsgründe

I.

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Die Klage ist bezüglich des ersten Klageantrags zulässig, aber unbegründet und soweit sie den zweiten Klageantrag betrifft unzulässig und unbegründet.

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1. Der erste Klageantrag ist zulässig.

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Die Klage ist insoweit gemäß § 41 FGO als Feststellungsklage als Feststellungsklage zulässig. Danach kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage) und die Rechte nicht durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können.

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Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis kann sich auch aus einem schlichten Verwaltungshandeln (Realakt) der Finanzbehörde ergeben, wenn sie sich dabei auf eine Berechtigung stützt, die gesetzliche Duldungspflichten des Steuerpflichtigen auslöst - hier die zur Umsatzsteuer-Nachschau gemäß § 27b Abs. 1 UStG - und dessen Rechtmäßigkeit bestritten wird.

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a) Richtige Klageart ist im Streitfall die Feststellungsklage gem. § 41 FGO und nicht die Fortsetzungsfeststellungsklage gem. § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO. Zwar wird im Schrifttum zum Teil vertreten, dass die Umsatzsteuer-Nachschau einen Verwaltungsakt darstellt, der sich mit Abschluss der Nachschau bzw. mit dem Übergang zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung erledige (vgl. Zugmaier/Schwarz in Hartmann/Metzenmacher UStG-Kommentar Stand (April 2017) § 27b Rn. 74; Hundt-Eßwein in Offerhaus/Söhn/Lange UStG-Kommentar (Stand Januar 2013) § 27b Rn. 50; Kemper in Schwarz/Widmann/Radeisen UStG-Kommentar (Stand November 2015) § 27b Rn.120; Tormöhlen in Reiß/Kraeusel/Langer/Wäger, § 27b UStG-Kommentar (Stand April 2016) Rz. 15.) Dieser Ansicht folgt das Gericht indes für den vorliegenden Fall nicht (vgl. auch Leonard, in Bunjes, UStG, 15. Aufl. 2016, § 27b UStG Rn. 9; UStAE § 27b Abs. 8).

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Ein Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist (§ 118 AO). Vorliegend fehlt es an der Regelungswirkung.

43

Das Betreten der betrieblichen Räumlichkeiten und die "Schau" durch die Betriebsprüfer sind lediglich Realakte, die sich auf die Befugnis aus § 27b Abs. 1 Satz 1 UStG stützen. Etwas anders folgt auch nicht aus der Übergabe der Mitteilung über die Durchführung einer Umsatzsteuer-Nachschau und des Merkblatts zur ordnungsgemäßen Kassenbuchführung. Beides sollte den Kläger nur über die Tatsache der Nachschau bzw. die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Kassenführung informieren. Von ihm wurde damit kein Tun, Dulden oder Unterlassen gefordert. Zudem enthielt die schriftliche Mitteilung der Umsatzsteuer-Nachschau auch keine Rechtsmittelbelehrung, die für das Vorliegen eines Verwaltungsaktes hätte sprechen können. Anders ist ggf. die Aufforderung der Betriebsprüfer zu verstehen, besondere Maßnahmen im Sinne des § 27b Abs. 2 UStG auszuführen oder zu dulden. Doch gegen diese Maßnahmen wendet sich der Kläger nicht. Ihm ging es ausschließlich darum, ob überhaupt eine Umsatzsteuer-Nachschau durchgeführt werden durfte.

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b) Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung.

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"Berechtigtes Interesse" ist jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende Interesse rechtlicher, tatsächlicher oder wirtschaftlicher Art (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 9. November 1994 XI R 33/93, BFH/NV 1995, 621). Dieses kann sich insbesondere daraus ergeben, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit die Voraussetzung für den Eintritt einer vom Kläger erstrebten weiteren Rechtsfolge ist (vgl. BFH-Urteil vom 26. September 2007 I R 43/06, BStBl II 2008, 134).

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Der Kläger hat ein besonderes Feststellungsinteresse im Sinne des § 41 Abs. 1 FGO daran, die Rechtswidrigkeit der Durchführung der Umsatzsteuer-Nachschau feststellen zu lassen, weil aus dieser Feststellung ein strafrechtliches Verwertungsverbot im gegen ihn eingeleiteten Steuerstrafverfahren folgen kann (vgl. Zugmaier/Schwarz in Hartmann/Metzenmacher § 27b Rn. 74; Hundt-Eßwein in Offerhaus/Söhn/Lange § 27b Rn.50; Kemper in Schwarz/Widmann/Radeisen § 27b Rn.120; Tormöhlen in Reiß/Kraeusel/Langer/Wäger § 27b Rz. 15). Dabei ist es Sache des Finanzgerichts, über die Rechtswidrigkeit der durchgeführten Umsatzsteuer-Nachschau und Umsatzsteuer-Sonderprüfung zu entscheiden, während es Sache des für das Strafverfahren zuständigen Gerichtes ist, über ein etwaiges Verwertungsverbot zu befinden. Ein besonderes Feststellungsinteresse, kann sich auch erst nach der Beendigung der Umsatzsteuer-Nachschau ergeben, insbesondere durch die Überleitung ins Strafverfahren und einem daraus entstehenden Interesse an einem strafrechtlichen Verwertungsverbot.

47

c) Die Einhaltung einer Klagefrist war nicht erforderlich. Bei einer Feststellungsklage gilt § 47 FGO nicht.

48

d) Sofern man in der Durchführung der Umsatzsteuer-Nachschau in dem vorliegenden Fall - entgegen der Auffassung des Senats - einen Verwaltungsakt sehen würde, wäre der Klageantrag zu 1) als Fortsetzungsfeststellungklage (§ 100 Abs. 1 Satz 4 FGO) zulässig. Die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen (keine Klagefrist und Feststellungsinteresse) sind identisch.

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2. Der zweite Klageantrag ist unzulässig.

50

Es liegen weder die Voraussetzungen des § 41 FGO vor, noch ist die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage gem. § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO zulässig.

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a) Die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 Satz 2 FGO liegen nicht vor, denn der Kläger hätte seine Rechte bei Klageerhebung durch eine vorrangige Anfechtungsklage verfolgen können und müssen.

52

aa) Die Anordnung über den Übergang zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung ist ein Verwaltungsakt (vgl. z. B. Leonard in Bunjes UStG-Kommentar, 15. Aufl. 2016 Rn. 22; Tormöhlen in Reiß/Kraeusel/Langer/Wäger § 27b Rn. 28), denn sie stellt eine besondere Form der Prüfungsanordnung dar.

53

bb) Dieser Verwaltungsakt hatte sich bei Erhebung der Klage am 16. März 2017 jedoch noch nicht erledigt. Erledigt hat sich die Anordnung über den Übergang zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung erst, wenn die Umsatzsteuer-Sonderprüfung formal abgeschlossen worden ist (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 10. April 1990 VIII R 415/83, BStBl II 1990, 721). Bei Klageerhebung war weder ein geänderter Umsatzsteuerbescheid ergangen, noch ein Abschlussbericht erstellt worden. Zwar vertritt der Kläger die Ansicht, dass die Umsatzsteuer-Sonderprüfung bereits am 25. Januar 2017 beendet worden sei bzw. die Anordnung über den Übergang zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung sich deswegen erledigt habe, weil der Beklagte die Sache am 6. Februar 2017 an das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg abgegeben und keine weiteren Maßnahmen mehr ergriffen habe. Diese Argumente können indes nicht überzeugen. Der Beklagte hat am 13. März 2018 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid 2014 erlassen. Erst hierdurch ist die Erledigung eingetreten.

54

Hiergegen spricht weder, dass das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg den Bericht vom 15. Februar 2018 über die steuerlichen Feststellungen erstellt hat, noch dass der Änderungsbescheid für die Umsatzsteuer 2014 nicht von den Betriebsprüfern sondern vom Innendienst des Beklagten erlassen wurde. Beide Betriebsprüfer haben bei ihrer Zeugenvernehmung in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgesagt, dass sie ihre Prüfung nur unterbrochen hatten und die Prüfung erst mit einem Bericht und anschließender Änderung der Bescheide bzw. der Mitteilung, dass nichts festgestellt worden sei, hätte beendet werden können.

55

Aus einer internen Mitteilung des Beklagten an das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg kann keine Erledigung der Anordnung abgeleitet werden, auch dann nicht, wenn es sich hierbei um eine Mitteilung handelte, die zur Einleitung eines Strafverfahrens führte. Denn dieses Schreiben wurde dem Kläger nicht bekanntgegeben und stellte auch aus der Sicht der handelnden Betriebsprüfer keine formelle Beendigung dar, denn die Betriebsprüfer hatten nach ihrer glaubhaften Aussage ihre Beauftragung nicht in der Weise verstanden, dass sie im Rahmen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung ausschließlich die Daten für 2014 besorgen sollten. Sie seien vielmehr davon ausgegangen, nach Abgabe des Schreibens an das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg, wie auch sonst, später noch einmal mit der Sache befasst zu werden.

56

b) Eine Umdeutung der Feststellungsklage in eine Anfechtungsklage ist nicht möglich, denn der in der Klageschrift angekündigte Klageantrag ist eindeutig. Auch hat der Kläger auf Nachfrage des Gerichts mitgeteilt, dass er wegen der bereits eingetreten Erledigung der Anordnung über den Übergang zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung eine Feststellungsklage erheben wollte. Auch im letzten Schriftsatz vom 6. April 2018 vertritt der Kläger immer noch die Ansicht, dass der Verwaltungsakt bereits bei Klageerhebung erledigt gewesen sei. Der anwaltlich vertretene Kläger hätte zudem die Möglichkeit gehabt, zumindest hilfsweise zusätzlich eine Anfechtungsklage bzw. Feststellungsklage zu erheben, um Zulässigkeitsprobleme zu verhindern. Diese Möglichkeit hat er indes nicht genutzt.

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c) Auch eine Klageänderung ist nicht zulässig. Nach § 67 Abs. 1 FGO ist eine Klageänderung zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Bei fristgebundenen Klagen wie der Anfechtungs- und der Verpflichtungsklage ist eine Klageänderung, unabhängig von den im Wortlaut des § 67 Abs. 1 FGO genannten Voraussetzungen, nur statthaft, wenn für jeden Klageantrag, also sowohl für das ursprüngliche als auch für das geänderte Klagebegehren, die einschlägigen Sachentscheidungsvoraussetzungen vorliegen (vgl. z. B. BFH-Beschluss vom 4. Juni 2014 VII B 180/13, BFH/NV 2014, 1723). Hierzu zählt insbesondere die Einhaltung der Klagefrist (vgl. BFH-Urteil vom 11. Februar 2009 X R 51/06, BStBl II 2009, 892). Diese ist bereits im April 2017 abgelaufen. Der Kläger hat bis einschließlich April 2017 keine Absicht geäußert, seine Feststellungsklage gem. § 67 FGO in eine Anfechtungsklage ändern zu wollen.

58

d) Die unzulässige Feststellungsklage ist nicht durch den Eintritt der Erledigung, welche mit der Bekanntgabe des geänderten Umsatzsteuerbescheides 2014 erfolgte, in eine zulässige Fortsetzungsfeststellungklage gem. § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO hineingewachsen.

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Zwar ist maßgeblich für die Beurteilung der Zulässigkeit grundsätzlich der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, auch war zu diesem Zeitpunkt die Erledigung eingetreten und eine Anfechtungsklage wäre dann nicht mehr möglich gewesen. Zudem ist die Zulässigkeitsvoraussetzung einer Feststellungsklage, die Unmöglichkeit, die Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage zu verfolgen, auch eine Sachurteilsvoraussetzung, die erst im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vorliegen muss.

60

Aber es spricht gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage, dass eine solche auch dann unzulässig ist, wenn eine Anfechtungsklage möglich gewesen wäre, diese aber nicht erhoben worden ist, wie es hier der Fall ist.

61

Eine nachträgliche Fortsetzungsfeststellungsklage ist ein Unterfall der Anfechtungsklage. Deshalb müssen sämtliche für die Klageart gesetzlich vorgeschriebenen Sachentscheidungsvoraussetzungen bis zum Eintritt des die Hauptsache erledigenden Ereignisses gegeben sein, also insbesondere muss die Klagefrist eingehalten worden sein (vgl. Steinhauff in Hübschmann/Hepp/Spitaler § 41 FGO Rn. 97 (Stand September/2012)). Das Subsidiaritätserfordernis des § 41 Abs. 2 Satz 1 FGO dient auch der Verhinderung einer Umgehung besonderer Sachentscheidungsvoraussetzungen, wie insbesondere der Klagefrist (§ 47 FGO). Diese Umgehungsgefahr wird nicht dadurch beseitigt, dass der Kläger zunächst Einspruch gegen die Anordnung über den Übergang zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung eingelegt hat. Denn er hat anschließend gegen diese Einspruchsentscheidung, durch die sein Einspruch als unbegründet zurückgewiesen wurde, nicht die mögliche Anfechtungsklage erhoben. Die Subsidiarität der Feststellungsklage soll gerade eine Umgehung der Sachentscheidungsvoraussetzungen der vorrangig zu erhebenden verwaltungsaktbezogenen Gestaltungsklagen unterbinden (vgl. BFH-Urteil vom 12. Juni 2017 III B 144/16, BStBl II 2017, 1165). Eine Klage, die ein Jahr unzulässig war, kann nicht (durch eine bewusste Entscheidung des Beklagten, den Änderungsbescheid jetzt zu erlassen) zulässig werden, anderenfalls würde über die Hintertür die nicht rechtzeitige erhobene Anfechtungsklage wieder möglich werden.

62

e) Es liegen auch nicht die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der nicht eingehaltenen Klagefrist gem. § 56 FGO vor. Zwar hat der Beklagte in seiner Einspruchsentscheidung ebenfalls eine "Beendigung der Umsatzsteuer-Nachschau" erwähnt, allerdings meinte er damit nur die Prüfung vor Ort und nicht der Umsatzsteuer-Sonderprüfung insgesamt. Auch hatte der Beklagte im gerichtlichen Verfahren der Behauptung des Klägers, dass auch die Umsatzsteuer-Sonderprüfung bereits vor Klageerhebung beendet worden sei, zunächst nicht widersprochen. Hierdurch wurde jedoch nicht die Klagefrist versäumt, denn diese war bereits bei der ersten Stellungnahme des Beklagten im finanzgerichtlichen Verfahren abgelaufen. Auch ein diesbezüglicher relevanter Rechtsirrtum des vertretenen Klägers liegt nicht vor, denn bei einer unsicheren verfahrensrechtlichen Situation muss ggf. zweigleisig über Hilfsanträge agiert werden.

II.

63

Die Klage ist, soweit sie zulässig ist, unbegründet. Auch der unzulässige zweite Klageantrag ist unbegründet. Sowohl die Umsatzsteuer-Nachschau als auch der angeordnete Überleitung zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung sind rechtmäßig gewesen und verletzten den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten.

64

1. Die Umsatzsteuer-Nachschau war rechtmäßig. Die Voraussetzungen des § 27b UStG lagen vor.

65

a) Die Umsatzsteuer-Nachschau ist in § 27b UStG geregelt und gilt seit dem 1. Januar 2002. Nach § 27b Abs. 1 UStG können die damit betrauten Amtsträger der Finanzbehörde ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung Grundstücke und Räume von Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausüben, während der Geschäfts- und Arbeitszeiten betreten, um Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung erheblich sein können, wenn dies zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der Umsatzsteuer dient.

66

Weitere Voraussetzungen werden in § 27b UStG nicht normiert. Die Umsatzsteuer-Nachschau bedarf weder der vorherigen Ankündigung noch der Angabe von Gründen. Ihre Durchführung steht im Ermessen der Finanzverwaltung. Die Sachverhaltsfeststellungen können sich dabei auf die Einhaltung sämtlicher umsatzsteuerlicher Pflichten beziehen. Die Umsatzsteuer-Nachschau ist zwar primär nicht vergangenheitsbezogen, jedoch besteht ihr Zweck auch in der repressiven Aufdeckung von Umsatzsteuerverkürzungen (vgl. Seer, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Auflage, § 21 Rz. 259). Es bedarf zudem keines besonderen Anlasses für eine Umsatzsteuer-Nachschau, soweit es um die Aufklärung umsatzsteuerlich erheblicher Sachverhalte geht. Ein konkreter Aufklärungsbedarf in diesem Sinne ist schon dann begründet, wenn nach allgemeinen Erfahrungen der Finanzverwaltung Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein umsatzsteuerlich relevanter Sachverhalt vorliegen könnte (vgl. Tormöhlen in Reiß/Kraeusel/Langer/Wäger § 27b Rz. 10; Leipold, in: Sölch/Ringleb § 27b Rz. 9; a. A. Stadie in Stadie UStG-Kommentar § 27b Rn. 2; Zugmaier/Schwarz in Hartmann/Metzenmacher § 27b Rn. 20, nach deren Ansicht ist ein konkreter Verdacht eines Umsatzsteuerbetruges erforderlich). Der Sinn und Zweck der Umsatzsteuer-Nachschau, Umsatzsteuerbetrügereien sinnvoll einzudämmen, darf indes nicht dazu führen, eine schrankenlose Überwachungstätigkeit der Finanzverwaltung zu ermöglichen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel in Art. 20 GG, insbesondere das Übermaßverbot, stellt eine Schranke für die Rechtmäßigkeit dar (vgl. Hundt-Eßwein in Offerhaus/Söhn/Lange § 27b Rn. 47).

67

b) Übertragen auf den Streitfall folgt hieraus, dass die Voraussetzungen für eine Umsatzsteuer-Nachschau vorgelegen haben.

68

aa) Die beiden handelnden Betriebsprüfer waren die betrauten Amtsträger der Finanzbehörde. Der Kläger übt eine gewerbliche Tätigkeit aus. Die Umsatzsteuer-Nachschau wurde während der Geschäftszeiten des Klägers ausschließlich in den betrieblichen Räumen des Klägers durchgeführt. Insoweit kommt es nicht auf die Frage an, ob § 27b UStG im Hinblick auf einen Verstoß gegen das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG gegebenenfalls in Teilen verfassungswidrig sein könnte (vgl. BFH-Beschluss vom 25. Mai 2016 V B 107/15, BFH/NV 2016, 1310), weil im Gesetz eine Einschränkung des Art. 13 GG nicht erwähnt wird. Die Betriebsprüfer haben die Wohnung des Klägers nicht betreten. Sie haben auch erst mit der Umsatzsteuer-Nachschau begonnen, nachdem der Kläger und seine Steuerberaterin sich in den betrieblichen Räumen aufgehalten haben. Zu dieser Zeit waren Angestellte des Klägers bereits mit der Vorbereitung der Speisen befasst und die Räumlichkeiten waren für den Publikumsverkehr geöffnet. Betretens- und Besichtigungsrechte aufgrund von Aufsichtsrechten der Verwaltung haben sich im Ergebnis nur an Art. 2 Abs. 1 GG zu messen, für den das Zitiergebot des Art. 13 GG nicht greift (vgl. Leonard in Bunjes, UStG, 15. Aufl. 2016, § 27b UStG Rn. 7 m. w. N.).

69

bb) Die Umsatzsteuer-Nachprüfung diente vorliegend der Aufklärung umsatzsteuerlich erheblicher Sachverhalte. Es sollten Feststellungen hinsichtlich der Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung, insbesondere zum verwendeten Kassensystem getroffen werden. Hierbei handelt es sich um umsatzsteuerlich erhebliche Sachverhalte, denn nur eine ordnungsgemäße Kassenführung mit einem ordnungsgemäßen Kassensystem kann Grundlage für eine gleichmäßige Festsetzung und Erhebung der Umsatzsteuer sein. Dass das Kassensystem auch Auswirkungen auf die Ertragsteuer haben kann, ist nicht schädlich, denn entscheidend ist nur, dass auch die Umsatzsteuer betroffen sein kann. Dies folgt bereits aus der Regelung in § 27b Abs. 4 UStG.

70

cc) Das Gericht ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die beiden handelnden Betriebsprüfer nicht mit Sicherheit wussten, welches Kassensystem der Kläger nutzte. Sie kannten weder die Franchiseverträge, noch hatten sie besondere Erkenntnisse über diese oder andere "A"-Filialen. Zwar haben sie eine starke Vermutung gehabt, dass auch der Kläger "XXX" benutzt, denn diese Vermutung war Thema bei der Vorbesprechung in der Hamburger Finanzbehörde; gesicherte Erkenntnisse dazu lagen aber nicht vor, um solche zu gewinnen, sollte die Umsatzsteuer-Nachschau durchgeführt werden.

71

Der Zeuge C hat ausgesagt, dass sie nach den Vorgaben der Finanzbehörde feststellen sollten, ob in dem zu prüfenden Betrieb das PC-Kassensystem "XXX" verwendet werde. Dies sei nach den Ausführungen der Finanzbehörde besonders manipulationsanfällig und mit ihm habe das Kontrollmaterial verprobt werden können. Er habe vorher noch nie eine "A"-Filiale geprüft gehabt. Auch der Franchise-Vertrag sei ihm nicht bekannt gewesen. Bei dem Treffen in der Finanzbehörde sei es von der Finanzbehörde so dargestellt worden, dass in der Regel das PC-Kassensystem "XXX" von den "A"-Betreibern verwendet werde. Nach der Feststellung, dass das Kassensystem "XXX" verwendet werde, habe die Möglichkeit bestanden, das Kontrollmaterial zu verproben. Bei Feststellung einer offenen Ladenkasse, sei eine Verprobung nicht möglich gewesen.

72

Der Zeuge D hat bekundet, es sei schon bekannt gewesen, dass generell von "A"-Filialen das PC-Kassensystem "XXX" benutzt werde, allerdings hätten sie nicht gewusst, ob dies auf alle und die einzelnen Filialen zutreffe. Dies habe überprüft werden sollen. Speziell für Hamburg habe es dazu keine genauen Erkenntnisse gegeben. Es habe dazu eine Besprechung in der Finanzbehörde stattgefunden. Sie seien für die hier streitgegenständliche Filiale zuständig gewesen. Den Franchise-Vertrag von "A" hätten sie vorher nicht gekannt.

73

Beide Zeugenaussagen sind glaubhaft. Sie sind jeweils in sich stimmig und widerspruchsfrei, zudem sind sie inhaltlich übereinstimmend.

74

Dagegen spricht nicht, dass die Zeugen die Anordnung zum Übergang zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung bereits vorbereitet hatten. Die Übergabe einer schriftlichen Anordnung war wegen § 27b Abs. 3 Satz 2 UStG erforderlich. Insofern war es sinnvoll, eine solche Anordnung vorzubereiten, weil die Prüfer anderenfalls zusätzlich einen Drucker hätten mitnehmen müssen. Da die Umsatzsteuer-Nachschau eine koordinierte Aktion bei mehreren "A"-Filialen war und nach den übereinstimmenden und auch insoweit glaubhaften Aussagen der Zeugen bei Feststellung des Kassensystems "XXX" vor Ort zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung übergegangen werden sollte, lag es nahe, gut vorbereitet und damit mit einer (vorsorglich) vorbereiteten Übergangs-Anordnung vor Ort zu erscheinen.

75

Gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen C spricht auch nicht, dass er in seinem Schreiben an das Finanzamt für Prüfungsdienst und Strafsachen in Hamburg vom 6. Februar 2017 (...) nicht erwähnt hat, dass die Umsatzsteuer-Nachschau auch der Feststellung der Nutzung des PC-Kassensystem "XXX" dienen sollte. In dem Schreiben kommt zum Ausdruck, dass erst dann zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung übergegangen worden sei, nachdem der Kläger angegeben gehabt habe, dass er zur Erfassung der Einnahmen ein PC-Kassensystem verwendet habe, bei dem die Kassenjournaldaten erfasst und gespeichert worden seien. Eingangs ist in dem Schreiben davon die Rede, dass eine Verprobung des Kontrollmaterials lediglich anhand der Kassenjournaldaten möglich gewesen sei, weshalb sie zunächst mit der Durchführung einer Umsatzsteuer-Nachschau beauftragt worden seien. Auch ohne die ausdrückliche Nennung des vorgefundenen PC-Kassensystems verdeutlicht das Schreiben, dass die Umsatzsteuer-Nachschau durchgeführt wurde, um das benutzte Kassensystem festzustellen und dieses demnach nicht bekannt war. Das Schreiben stützt somit die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage.

76

Die Zeugen haben in der mündlichen Verhandlung einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Auffälligkeiten, die auf die Unwahrheit von Aussagen hindeuten könnten, sind nicht aufgetreten. Es ist auch kein Eigeninteresse der Zeugen am Ausgang des Verfahrens erkennbar.

77

dd) Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang seine Vermutung geäußert hat, dass beim Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg weitergehende Erkenntnisse bestanden haben, hat er diese Vermutung nicht ausreichend substantiiert. Auch der diesbezügliche schriftsätzlich gestellte vorsorgliche Beweisantrag wurde weder nach Antragstellung in der mündlichen Verhandlung förmlich wiederholt, noch ergeben sich Anhaltspunkte für eine solche Beweiserhebung aus der Akte. Vielmehr handelt es sich hierbei um einen sog. Ausforschungsbeweis, denn auch der Kläger weiß nichts über den Kenntnisstand des Steuerfahnders B. Es ergeben sich auch keine Anhaltspunkte aus der Akte, die dafür sprechen könnten, dass ein Steuerfahnder oder ein Referent der Finanzbehörde mit Sicherheit wusste, dass alle "A"-Filialen "XXX" nutzen, denn dann wäre der Weg über die Umsatzsteuer-Nachschau überflüssig gewesen. Darüber hinaus ist die Kenntnis anderer Dienststellen auch nicht zugleich die Kenntnis der handelnden Betriebsprüfer. Dies gilt insbesondere, weil auch unterschiedliche Finanzämter beteiligt waren. Eine andere Beurteilung ist nur dann vorzunehmen, wenn ein Missbrauch vorliegt, insbesondere wenn ein ahnungsloser Betriebsprüfer eingesetzt wird, dem bewusst Informationen vorenthalten werden. Für eine solche Annahme fehlt es im Streitfall an Anhaltspunkten.

78

c) Der Beklagte hat sein Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt, als er entschieden hat, am 25. Januar 2017 eine Umsatzsteuer-Nachschau durchzuführen.

79

Die Entscheidung, ob eine Umsatzsteuer-Nachschau durchgeführt wird, liegt im Ermessen des Finanzamts. Diese von dem Finanzamt zu treffende Ermessensentscheidung ist gemäß § 102 FGO nur eingeschränkt überprüfbar. Nach § 102 Satz 1 FGO ist die gerichtliche Prüfung darauf beschränkt, ob das Finanzamt den für die Ermessensausübung maßgeblichen Sachverhalt vollständig ermittelt hat, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten worden sind (sog. Ermessensüberschreitung), ob das Finanzamt von seinem Ermessen in einer dem Zweck der (Ermessens-)Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht (sog. Ermessensfehlgebrauch), ein ihm zustehendes Ermessen nicht ausgeübt hat (sog. Ermessensunterschreitung), oder ob die Behörde die verfassungsrechtlichen Schranken der Ermessensbetätigung, insbesondere also den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, missachtet hat. Für die gerichtliche Kontrolle ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung zugrunde zu legen (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 26. Juni 2014 IV R 17/14, BFH/NV 2014, 1507).

80

Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Insbesondere war die Durchführung der Umsatzsteuer-Nachschau verhältnismäßig. Sie war geeignet und auch erforderlich, um Feststellungen hinsichtlich der Kassenführung und des Kassensystems zu treffen.

81

aa) Entgegen der Ansicht des Klägers ist ein schriftliches Auskunftsersuchen nicht in gleicher Weise geeignet, denn ein solches hätte zur Folge, dass der Steuerpflichtige gegebenenfalls über die laufenden Maßnahmen der Finanzverwaltung informiert worden wäre und dadurch den Erfolg etwaiger Maßnahmen hätte gefährden oder gar verhindern können. Gerade um dem entgegenzuwirken und aufgrund der Missbrauchsanfälligkeit der Umsatzsteuer, wurde die Möglichkeit der ankündigungslosen Umsatzsteuer-Nachschau eingeführt.

82

bb) Die Ansicht des Klägers, dass selbst nach Einführung der Kassen-Nachschau gemäß § 146b AO als milderes Mittel eine Selbstauskunft i. S. v. § 146a Abs. 4 S. 1 Nr. 4 AO hinsichtlich des verwendeten Kassensystems vorrangig sei und deshalb auch im Rahmen der Umsatzsteuer-Nachschau vorrangig vom Steuerpflichtigen Auskunft zu verlangen sei, geht fehl. Mit Einführung des § 146a Abs. 4 S. 1 Nr. 4 AO ist der Steuerpflichtige verpflichtet, der Finanzverwaltung unaufgefordert -innerhalb eines Monats nach Anschaffung - mitzuteilen, welches Kassensystem verwendet wird. Zur Überprüfung der mitgeteilten Angaben, d. h. insbesondere, ob das angegebene Kassensystem auch tatsächlich verwendet wird, ist gleichwohl die Kassen-Nachschau gemäß § 146b AO vorgesehen. So heißt es in § 146b Abs. 1 S. 2 AO "Der Kassen-Nachschau unterliegt auch die Prüfung des ordnungsgemäßen Einsatzes des elektronischen Aufzeichnungssystems nach § 146a Abs. 1.". Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift fällt hierunter nicht nur die Überprüfung des ordnungsgemäßen Einsatzes des elektronischen Aufzeichnungssystems, sondern gleichwohl in einem grundlegenden ersten Schritt die Überprüfung, ob das von dem Steuerpflichtigen mitgeteilte Kassensystem auch tatsächlich verwendet wird. Die Kassen-Nachschau kann ebenfalls jederzeit ohne vorherige Ankündigung durchgeführt werden. Es ist daher nicht ersichtlich, warum außerhalb des Gültigkeitsbereiches der Kassen-Nachschau hinsichtlich der Angaben nach § 146a Abs. 4 S. 1 Nr. 4 AO im Rahmen einer Umsatzsteuer-Nachschau der Steuerpflichtige um Auskunft gebeten werden soll und ihm dadurch der Hinweis auf bevorstehende Maßnahmen durch die Finanzverwaltung gegeben wird. Ein vorrangiges Auskunftsersuchen würde den Prüfungserfolg gefährden und stellt somit kein ebenso geeignetes milderes Mittel dar.

83

cc) Auch aus der Koordinierung der Finanzbehörde, der Absprache mit anderen Finanzämtern und der Art und Weise der Durchführung, insbesondere, dass alle Prüfungen zeitgleich durchgeführt wurden, folgt kein Ermessensfehler. Nur durch diese Absprache und das parallele Vorgehen von allen Beteiligten konnte sichergestellt werden, dass die Steuerpflichtigen nicht gewarnt werden und die Daten verfälschen konnten. Solche geplanten Aktionen sind üblich und vor dem Hintergrund der Zielrichtung des § 27b UStG nicht ermessensfehlerhaft.

84

dd) Der Kläger kann auch nicht mit dem Argument überzeugen, dass ihm bei diesem Vorgehen des Beklagten seine Schutzrechte, die ihm im Strafverfahren zugestanden hätten, umgangen worden seien. Voraussetzung für die Anordnung einer strafrechtlichen Maßnahme ist der Verdacht, dass eine Straftat begangen wurde. Dieser Anfangsverdacht muss auf konkreten Tatsachen beruhen; vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen reichen nicht aus. Eine Durchsuchung darf somit nicht der Ermittlung von Tatsachen dienen, die zur Begründung eines Anfangsverdachts erst erforderlich sind. Der Erheblichkeit des Eingriffs in die grundrechtlich geschützte Lebenssphäre des Betroffenen entspricht des Weiteren ein besonderes Rechtfertigungsbedürfnis nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Hieran fehlt es, wenn nahe liegende grundrechtsschonende Ermittlungsmaßnahmen ohne greifbare Gründe unterbleiben oder zurückgestellt werden und die vorgenommene Maßnahme außer Verhältnis zur Stärke des in diesem Verfahrensabschnitt vorliegenden Tatverdachts steht (vgl. BVerfG-Beschluss vom 10. Januar 2018 2 BvR 2993/14, juris).

85

Selbst wenn bereits eine starke Vermutung des Beklagten bestanden hat, dass der Kläger das Programm "XXX" nutzt, war es zunächst erforderlich, diese Vermutung zu überprüfen. Eine Durchsuchung durch die Steuerfahndung wäre ein größerer Einschnitt in die Rechte des Klägers gewesen und setzte diese Überprüfung durch den Beklagten voraus. Die Vermutung des Beklagten, dass der Kläger das entsprechende Programm nutzt, stellt zudem den vom Schrifttum geforderten konkreten Verdacht dar, so dass auch nach dieser im Schrifttum zum Teil geäußerten Ansicht (vgl. Zugmaier/Schwarz in Hartmann/Metzenmacher § 27b Rn. 20, Stadie in Stadie § 27b Rn. 2) der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eingehalten ist. Denn wenn man die Anforderungen an das Vorliegen eines konkreten Verdachts noch höher stellen würde, würde immer auch bereits ein strafrechtlicher Anfangsverdacht vorliegen und dementsprechend niemals ein Raum für eine Umsatzsteuer-Nachschau gegeben sein.

86

2. a) Auch die angeordnete Überleitung zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung war rechtmäßig und verletzte den Kläger nicht in seinen Rechten.

87

Nach § 27b Abs. 3 UStG kann im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Nachschau nahtlos - ohne vorheriger Ankündigung - zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung (§ 193 AO) übergangen werden, wenn die bei der Umsatzsteuer-Nachschau getroffenen Feststellungen hierzu Anlass geben.

88

Zweck dieser Regelung ist die Sicherung der Erkenntnisse aus der Umsatzsteuer-Nachschau, da diese andernfalls gefährdet sein könnten.

89

b) Die Voraussetzungen liegen hier vor.

90

Die bei der Umsatzsteuer-Nachschau getroffenen Feststellungen gaben Anlass, zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung überzugehen.

91

Im Rahmen der Umsatzsteuer-Nachschau wurde durch den Beklagten festgestellt, dass der Kläger das der Finanzverwaltung als manipulationsanfällig bekanntes Kassensystem "XXX" bereits seit 2011 verwendet. Aufgrund dieser - im Rahmen der Umsatzsteuer-Nachschau getätigten - Feststellung wurde zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung übergegangen. Das Gericht ist ausweislich der obigen Darlegungen davon überzeugt, dass der Beklagte zwar vermutet hatte, dass der Kläger Kassensystem "XXX" verwendet, es aber nicht mit absoluter Sicherheit wusste. Erst Recht wusste der Beklagte nicht, seit wann der Kläger dieses Kassensystem nutzt. Die Verpflichtung, das Kassensystem "XXX" zu verwenden, geht - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht aus dem dem Gericht vorliegenden Franchise-Vertrag hervor. Hier heißt es unter Ziffer 15. Lediglich: "Der FN verpflichtet sich, seinen Betrieb mit Hard- und Software nach den Vorgaben des FG zum Zwecke der Harmonisierung des EDV-Systems zu bestücken."

92

Auch hatte der Beklagte durch seine Ermittlungen weitere Erkenntnisse erzielt. Insbesondere hatten die Betriebsprüfer des Beklagten erfragt, wer im Betrieb des Klägers Eingaben und Stornierungen im Kassensystem vornehmen durfte bzw. konnte und dass der Kläger überwiegend Bareinnahmen erzielte. Dies ergibt sich aus den Inhalten der ausgefüllten Checkliste und betrifft auch den Zeitraum 2014.

93

c) Der Beklagte hat seine Ermessensentscheidung ordnungsgemäß ausgeübt.

94

Dies gilt sowohl für das Entschließungsermessen, die Entscheidung für den Übergang zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung - als auch dem Auswahlermessen, die Kassendaten für 2014 vom Kläger überspielen zulassen.

95

§ 27b Abs. 3 UStG eröffnet ein Ermessen der Finanzverwaltung. Die Ausübung des Ermessens kann nur im Rahmen des § 102 FGO durch das Gericht überprüft werden (s. o.).

96

aa) Die Ausübung des Entschließungsermessens begegnet keinen Bedenken. Ein Übergang zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung ist regelmäßig dann geboten, wenn die sofortige Aufklärung des steuerlich relevanten Sachverhalts möglich und sinnvoll erscheint (vgl. Tormöhlen in Reiß/Kraeusel/Langer/Wäger § 27b Rz. 27.1) bzw., wenn die sofortige und abschließende Sachverhaltsaufklärung nach der durchgeführten Umsatzsteuer-Nachschau erforderlich erscheint und nach dem Übergang die folgende Außenprüfung für die Steuerfestsetzung eintreten sollen (Hundt-Eßwein in Offerhaus/Söhn/Lange § 27b Rn. 32). Die Ausübung des Entschließungsermessens war ordnungsgemäß, denn eine sofortige Aufklärung, ob die tatsächlichen Umsätze vom Kläger erfasst werden, wurde hierdurch ermöglicht.

97

Auch aus der Weisung der Finanzbehörde, die Umsatzsteuer-Sonderprüfung umgehend anzuordnen, wenn der Steuerpflichtige "XXX" benutzt, ergibt sich kein Ermessensfehler. Denn die Frage, wie das Ermessen auszuüben ist, kann auch von übergeordneten Behörden grundsätzlich bereits ausgeübt werden. Hierbei handelt es sich dann um ermessenskonkretisierende Anweisungen, die dazu dienen sollen, dass das Ermessen gleichmäßig ausgeübt wird. Darüber hinaus haben die Prüfer glaubhaft ausgesagt, dass für den Fall, dass "XXX" nicht verwendet worden wäre, sie ein eigenständiges Prüfungsrecht gehabt hätten, so dass ihr Entschließungsermessen nur teilweise vorgeprägt war.

98

bb) Die Ausübung des Auswahlermessens begegnet ebenfalls keinen Bedenken. In ermessenfehlerfreier Ausübung hat der Beklagte hier Daten für das Jahr 2014 von dem Kläger gefordert, d. h. es wurden nur Daten für das Jahr zur Verprobung mitgenommen, für welches auch entsprechendes Kontrollmaterial vorhanden war. Denn nur diese Daten ermöglichten die konkrete Feststellung, ob die Besteuerungsgrundlagen korrekt ermittelt wurden. Im Hinblick auf das Vorhandensein von Kontrollmaterial war es in diesem Fall gerade möglich und auch zweckmäßig, den steuerlich relevanten Sachverhalt im Rahmen von Verprobungen aufzuklären und dadurch die Feststellung zu ermöglichen, ob die Besteuerungsgrundlagen ordnungsgemäß ermittelt wurden.

99

cc) Der sofortige Übergang zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung war auch verhältnismäßig, denn wenn die Umsatzsteuer-Sonderprüfung lediglich angekündigt worden wäre, hätte der Kläger die Möglichkeit gehabt, die Daten nachträglich zu manipulieren. Dies gilt insbesondere, wenn der Kläger vom Vorhandensein des Kontrollmaterials von Kollegen erfahren hätte. Zudem hätte auch bei einer "normalen" Betriebsprüfung die Möglichkeit bestanden, sofort mit der Prüfung zu beginnen, wenn anderenfalls der Prüfungszweck gefährdet worden wäre. Dies ergibt sich aus § 197 Abs. 1 Satz 1 AO.

100

dd) Es begegnet keinen Bedenken hinsichtlich der Ermessensausübung, dass der Beklagte zunächst die Umsatzsteuer-Sonderprüfung durchgeführt und nicht sofort strafrechtliche Maßnahmen veranlasst hat. Zwar wendet der Kläger ein, dass ihm hierdurch Rechte beschnitten wurden bzw. er nicht auf seine Rechte hingewiesen wurde. Die Prüfer haben jedoch zu Recht ihre Prüfung zunächst fortgesetzt, denn die Grenze zum strafrechtlichen Anfangsverdacht war noch nicht überschritten. Wegen der Erheblichkeit einer strafrechtlichen Ermittlungsmaßnahme, insbesondere einer Durchsuchung, gebot es der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zunächst über den Abgleich der Daten des Klägers mit dem vorliegenden Kontrollmaterial zu überprüfen, ob der Kläger tatsächlich das Kassensystem "XXX" zur Manipulation genutzt hat. Es kann nicht vermutet werden, dass jeder der die Möglichkeit hat zu manipulieren, auch tatsächlich manipuliert.

III.

101

1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

102

2. Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

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Bundesfinanzhof Beschluss, 25. Mai 2016 - V B 107/15

bei uns veröffentlicht am 25.05.2016

Tenor Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Thüringer Finanzgerichts vom 21. Oktober 2015  4 K 795/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Bundesfinanzhof Urteil, 15. Apr. 2015 - VIII R 1/13

bei uns veröffentlicht am 15.04.2015

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. Februar 2012  2 K 1180/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Bundesfinanzhof Urteil, 26. Juni 2014 - IV R 17/14

bei uns veröffentlicht am 26.06.2014

Tatbestand 1 I. Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung eines Verzögerungsgelds.

Bundesfinanzhof Beschluss, 04. Juni 2014 - VII B 180/13

bei uns veröffentlicht am 04.06.2014

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) streitet seit Jahren mit dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) um eine Abrechnung zur Umsatzsteu

Referenzen

(1) Zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der Umsatzsteuer können die damit betrauten Amtsträger der Finanzbehörde ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung Grundstücke und Räume von Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausüben, während der Geschäfts- und Arbeitszeiten betreten, um Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung erheblich sein können (Umsatzsteuer-Nachschau). Wohnräume dürfen gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten werden.

(2) Soweit dies zur Feststellung einer steuerlichen Erheblichkeit zweckdienlich ist, haben die von der Umsatzsteuer-Nachschau betroffenen Personen den damit betrauten Amtsträgern auf Verlangen Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden über die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte vorzulegen und Auskünfte zu erteilen. Wurden die in Satz 1 genannten Unterlagen mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt, können die mit der Umsatzsteuer-Nachschau betrauten Amtsträger auf Verlangen die gespeicherten Daten über die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte einsehen und soweit erforderlich hierfür das Datenverarbeitungssystem nutzen. Dies gilt auch für elektronische Rechnungen nach § 14 Absatz 1 Satz 8.

(3) Wenn die bei der Umsatzsteuer-Nachschau getroffenen Feststellungen hierzu Anlass geben, kann ohne vorherige Prüfungsanordnung (§ 196 der Abgabenordnung) zu einer Außenprüfung nach § 193 der Abgabenordnung übergegangen werden. Auf den Übergang zur Außenprüfung wird schriftlich hingewiesen.

(4) Werden anlässlich der Umsatzsteuer-Nachschau Verhältnisse festgestellt, die für die Festsetzung und Erhebung anderer Steuern als der Umsatzsteuer erheblich sein können, so ist die Auswertung der Feststellungen insoweit zulässig, als ihre Kenntnis für die Besteuerung der in Absatz 1 genannten Personen oder anderer Personen von Bedeutung sein kann.

(1) Aufgabe der Steuerfahndung (Zollfahndung) ist

1.
die Erforschung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten,
2.
die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen in den in Nummer 1 bezeichneten Fällen,
3.
die Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle.
Die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden und die Behörden des Zollfahndungsdienstes haben außer den Befugnissen nach § 404 Satz 2 erster Halbsatz auch die Ermittlungsbefugnisse, die den Finanzämtern (Hauptzollämtern) zustehen. In den Fällen der Nummern 2 und 3 gelten die Einschränkungen des § 93 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 und des § 97 Absatz 2 nicht; § 200 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 und 2 gilt sinngemäß, § 393 Abs. 1 bleibt unberührt.

(2) Unabhängig von Absatz 1 sind die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden und die Behörden des Zollfahndungsdienstes zuständig

1.
für steuerliche Ermittlungen einschließlich der Außenprüfung auf Ersuchen der zuständigen Finanzbehörde,
2.
für die ihnen sonst im Rahmen der Zuständigkeit der Finanzbehörden übertragenen Aufgaben.

(3) Die Aufgaben und Befugnisse der Finanzämter (Hauptzollämter) bleiben unberührt.

(1) Die Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen und der Finanzbehörde im Besteuerungsverfahren und im Strafverfahren richten sich nach den für das jeweilige Verfahren geltenden Vorschriften. Im Besteuerungsverfahren sind jedoch Zwangsmittel (§ 328) gegen den Steuerpflichtigen unzulässig, wenn er dadurch gezwungen würde, sich selbst wegen einer von ihm begangenen Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit zu belasten. Dies gilt stets, soweit gegen ihn wegen einer solchen Tat das Strafverfahren eingeleitet worden ist. Der Steuerpflichtige ist hierüber zu belehren, soweit dazu Anlass besteht.

(2) Soweit der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht in einem Strafverfahren aus den Steuerakten Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die der Steuerpflichtige der Finanzbehörde vor Einleitung des Strafverfahrens oder in Unkenntnis der Einleitung des Strafverfahrens in Erfüllung steuerrechtlicher Pflichten offenbart hat, dürfen diese Kenntnisse gegen ihn nicht für die Verfolgung einer Tat verwendet werden, die keine Steuerstraftat ist. Dies gilt nicht für Straftaten, an deren Verfolgung ein zwingendes öffentliches Interesse (§ 30 Abs. 4 Nr. 5) besteht.

(3) Erkenntnisse, die die Finanzbehörde oder die Staatsanwaltschaft rechtmäßig im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen gewonnen hat, dürfen im Besteuerungsverfahren verwendet werden. Dies gilt auch für Erkenntnisse, die dem Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, soweit die Finanzbehörde diese rechtmäßig im Rahmen eigener strafrechtlicher Ermittlungen gewonnen hat oder soweit nach den Vorschriften der Strafprozessordnung Auskunft an die Finanzbehörden erteilt werden darf.

(1) Das Strafverfahren ist eingeleitet, sobald die Finanzbehörde, die Polizei, die Staatsanwaltschaft, eine ihrer Ermittlungspersonen oder der Strafrichter eine Maßnahme trifft, die erkennbar darauf abzielt, gegen jemanden wegen einer Steuerstraftat strafrechtlich vorzugehen.

(2) Die Maßnahme ist unter Angabe des Zeitpunkts unverzüglich in den Akten zu vermerken.

(3) Die Einleitung des Strafverfahrens ist dem Beschuldigten spätestens mitzuteilen, wenn er dazu aufgefordert wird, Tatsachen darzulegen oder Unterlagen vorzulegen, die im Zusammenhang mit der Straftat stehen, derer er verdächtig ist.

(1) Wer aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle oder andere Vorgänge mit Hilfe eines elektronischen Aufzeichnungssystems erfasst, hat ein elektronisches Aufzeichnungssystem zu verwenden, das jeden aufzeichnungspflichtigen Geschäftsvorfall und anderen Vorgang einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet aufzeichnet. Das elektronische Aufzeichnungssystem und die digitalen Aufzeichnungen nach Satz 1 sind durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung zu schützen. Diese zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung muss aus einem Sicherheitsmodul, einem Speichermedium und einer einheitlichen digitalen Schnittstelle bestehen. Die digitalen Aufzeichnungen sind auf dem Speichermedium zu sichern und für Nachschauen sowie Außenprüfungen durch elektronische Aufbewahrung verfügbar zu halten. Es ist verboten, innerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes solche elektronischen Aufzeichnungssysteme, Software für elektronische Aufzeichnungssysteme und zertifizierte technische Sicherheitseinrichtungen, die den in den Sätzen 1 bis 3 beschriebenen Anforderungen nicht entsprechen, zur Verwendung im Sinne der Sätze 1 bis 3 gewerbsmäßig zu bewerben oder gewerbsmäßig in den Verkehr zu bringen.

(2) Wer aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 erfasst, hat dem an diesem Geschäftsvorfall Beteiligten in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Geschäftsvorfall unbeschadet anderer gesetzlicher Vorschriften einen Beleg über den Geschäftsvorfall auszustellen und dem an diesem Geschäftsvorfall Beteiligten zur Verfügung zu stellen (Belegausgabepflicht). Bei Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen können die Finanzbehörden nach § 148 aus Zumutbarkeitsgründen nach pflichtgemäßem Ermessen von einer Belegausgabepflicht nach Satz 1 befreien. Die Befreiung kann widerrufen werden.

(3) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundestages und des Bundesrates und im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Folgendes zu bestimmen:

1.
die elektronischen Aufzeichnungssysteme, die über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen müssen, und
2.
die Anforderungen an
a)
das Sicherheitsmodul,
b)
das Speichermedium,
c)
die einheitliche digitale Schnittstelle,
d)
die elektronische Aufbewahrung der Aufzeichnungen,
e)
die Protokollierung von digitalen Grundaufzeichnungen zur Sicherstellung der Integrität und Authentizität sowie der Vollständigkeit der elektronischen Aufzeichnung,
f)
den Beleg und
g)
die Zertifizierung der technischen Sicherheitseinrichtung.
Die Erfüllung der Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a bis c ist durch eine Zertifizierung des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik nachzuweisen, die fortlaufend aufrechtzuerhalten ist. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik kann mit der Festlegung von Anforderungen an die technische Sicherheitseinrichtung im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 Buchstabe a bis c beauftragt werden. Die Rechtsverordnung nach Satz 1 ist dem Bundestag zuzuleiten. Die Zuleitung erfolgt vor der Zuleitung an den Bundesrat. Der Bundestag kann der Rechtsverordnung durch Beschluss zustimmen oder sie durch Beschluss ablehnen. Der Beschluss des Bundestages wird dem Bundesministerium der Finanzen zugeleitet. Hat sich der Bundestag nach Ablauf von drei Sitzungswochen seit Eingang der Rechtsverordnung nicht mit ihr befasst, so gilt die Zustimmung nach Satz 1 als erteilt und die Rechtsverordnung wird dem Bundesrat zugeleitet.

(4) Wer aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle oder andere Vorgänge mit Hilfe eines elektronischen Aufzeichnungssystems im Sinne des Absatzes 1 erfasst, hat dem nach den §§ 18 bis 20 zuständigen Finanzamt nach amtlich vorgeschriebenen Vordruck mitzuteilen:

1.
Name des Steuerpflichtigen,
2.
Steuernummer des Steuerpflichtigen,
3.
Art der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung,
4.
Art des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems,
5.
Anzahl der verwendeten elektronischen Aufzeichnungssysteme,
6.
Seriennummer des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems,
7.
Datum der Anschaffung des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems,
8.
Datum der Außerbetriebnahme des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems.
Die Mitteilung nach Satz 1 ist innerhalb eines Monats nach Anschaffung oder Außerbetriebnahme des elektronischen Aufzeichnungssystems zu erstatten.

(1) Zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der Umsatzsteuer können die damit betrauten Amtsträger der Finanzbehörde ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung Grundstücke und Räume von Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausüben, während der Geschäfts- und Arbeitszeiten betreten, um Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung erheblich sein können (Umsatzsteuer-Nachschau). Wohnräume dürfen gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten werden.

(2) Soweit dies zur Feststellung einer steuerlichen Erheblichkeit zweckdienlich ist, haben die von der Umsatzsteuer-Nachschau betroffenen Personen den damit betrauten Amtsträgern auf Verlangen Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden über die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte vorzulegen und Auskünfte zu erteilen. Wurden die in Satz 1 genannten Unterlagen mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt, können die mit der Umsatzsteuer-Nachschau betrauten Amtsträger auf Verlangen die gespeicherten Daten über die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte einsehen und soweit erforderlich hierfür das Datenverarbeitungssystem nutzen. Dies gilt auch für elektronische Rechnungen nach § 14 Absatz 1 Satz 8.

(3) Wenn die bei der Umsatzsteuer-Nachschau getroffenen Feststellungen hierzu Anlass geben, kann ohne vorherige Prüfungsanordnung (§ 196 der Abgabenordnung) zu einer Außenprüfung nach § 193 der Abgabenordnung übergegangen werden. Auf den Übergang zur Außenprüfung wird schriftlich hingewiesen.

(4) Werden anlässlich der Umsatzsteuer-Nachschau Verhältnisse festgestellt, die für die Festsetzung und Erhebung anderer Steuern als der Umsatzsteuer erheblich sein können, so ist die Auswertung der Feststellungen insoweit zulässig, als ihre Kenntnis für die Besteuerung der in Absatz 1 genannten Personen oder anderer Personen von Bedeutung sein kann.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. Februar 2012  2 K 1180/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) wendet sich gegen den aufgrund einer Steuerfahndungsprüfung ergangenen Einkommensteueränderungsbescheid des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) für das Streitjahr 2003 mit der Begründung, dieser Bescheid beruhe auf Beweismitteln, für die ein Beweisverwertungsverbot gelte.

2

Der Kläger ist Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH und wurde im Streitjahr 2003 einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. In seiner am 17. Januar 2005 beim FA eingegangenen Einkommensteuererklärung für 2003 erklärte er in der Anlage KAP lediglich inländische Kapitalerträge in Höhe von 1.278 €. Das FA veranlagte mit Einkommensteuerbescheid für 2003 vom 10. März 2005 erklärungsgemäß, wobei es der Besteuerung unter Berücksichtigung von Werbungskosten in Höhe von 396 € und des Sparerfreibetrags in Höhe von 882 € Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 0 € zugrunde legte.

3

Am 6. Februar 2006 begann das örtlich zuständige Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung beim Kläger mit einer Steuerfahndungsprüfung für die Jahre 1994 bis 2004. Am gleichen Tag wurde gegen den Kläger wegen des Verdachts der Einkommensteuerhinterziehung in den Jahren 2000 bis 2004 ein Strafverfahren eingeleitet.

4

Anlass für die Steuerfahndungsprüfung war ein vom belgischen Finanzministerium im Wege der Amtshilfe zwischen Belgien und Deutschland bzw. des sog. Spontanen Informationsaustauschs an das Bundesamt für Finanzen übermittelter und an das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung weitergeleiteter Bericht vom 27. Oktober 2000 mit beigefügten Ausdrucken von Microfiches, wonach eine Vielzahl von deutschen Kapitalanlegern bei einer Luxemburger Bank am 31. Januar 1994 Konten unterhalten hatten. Nach den Angaben der Steuerfahnderin waren die Originale der Microfiches von der belgischen Kriminalpolizei im Jahre 1996 im Rahmen eines Gerichtsverfahrens gegen die Muttergesellschaft der Luxemburger Bank beschlagnahmt worden. Die belgische Steuerverwaltung habe die erforderliche Genehmigung zur Einsichtnahme in die betreffende Gerichtsakte gehabt.

5

Da der Kläger ausweislich der Microfiches ebenfalls am 31. Januar 1994 über Konten bei der Luxemburger Bank verfügte, ordnete das zuständige Amtsgericht (AG) auf Antrag des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung am 16. März 2006 wegen des Verdachts der Einkommensteuerhinterziehung in den Jahren 2000 bis 2004 die Durchsuchung der Wohnräume und des Arbeitsplatzes des Klägers in den Geschäftsräumen der GmbH sowie die Beschlagnahme der Unterlagen über Einkünfte aus ausländischem Kapitalvermögen an. Die Durchsuchungen wurden am 8. August 2006 durchgeführt. Zu Beginn der Durchsuchung wurden dem Kläger jeweils Ausfertigungen der Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen vom 16. März 2006 übergeben.

6

Mit Schreiben vom 8. April 2008 wandte sich der Kläger an die Steuerfahnderin u.a. mit dem Einwand, die ihm bei der Durchsuchung übergebenen Ausfertigungen der Durchsuchungsanordnungen vom 16. März 2006 enthielten keine rechtsgültige Unterschrift eines Urkundsbeamten. Die Steuerfahndungsstelle übersandte das Schreiben des Klägers daraufhin an das AG.

7

Das AG legte das Schreiben als Beschwerde gemäß § 306 der Strafprozessordnung (StPO) aus und lehnte eine Abhilfe mit Beschluss vom 5. August 2008 ab. Das Landgericht (LG) ging dagegen mit Verfügung vom 11. August 2008 davon aus, dass es sich nicht um eine Beschwerde handele.

8

Im Verlauf der Steuerfahndungsprüfung überreichte der Kläger der Steuerfahnderin am 2. Mai 2008 eine Erträgnisaufstellung des Kalenderjahres 2003 zu dem Konto mit der Nr. … bei der Luxemburger Bank.

9

Vorausgegangen waren der Übersendung der Erträgnisaufstellung

-

ein an den Kläger persönlich gerichtetes Schreiben der Steuerfahnderin vom 6. Februar 2007 --ohne Rechtsmittelbelehrung-- mit der Bitte, zur Aufklärung des Sachverhalts Erträgnisaufstellungen der Jahre 1994 bis 2004 zu übersenden, sowie

-

weitere schriftliche und mündliche Erinnerungen/Aufforderungen zur Vorlage der Unterlagen.

10

Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen der Steuerfahndung erließ das FA unter dem 25. August 2009 einen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid für 2003, in welchem es der Besteuerung des Klägers Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 5.241 € (Einnahmen in Höhe von 6.842 € abzgl. Werbungskostenpauschbetrag in Höhe von 51 € und Sparerfreibetrag in Höhe von 1.550 €) zugrunde legte und den es aus unstreitigen Gründen mit Bescheid vom 18. Januar 2011 erneut änderte.

11

Mit seiner dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage machte der Kläger geltend, der Änderungsbescheid beruhe auf verfahrensfehlerhaft erlangten Beweismitteln, die einem Beweisverwertungsverbot unterlägen.

12

Die angeordnete Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume des Klägers stelle sich als willkürliche Verfahrenshandlung des FA dar, die zudem in den absoluten Kernbereich privater Lebensgestaltung in rechtswidriger Weise eindringe.

13

Gegen die richterlichen Durchsuchungsanordnungen bestünden zwar keine Bedenken. Die Durchsuchungen seien aber erst am 8. August 2006 durchgeführt worden. Auch wenn damit die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) bestehende Frist von sechs Monaten nach Anordnung gewahrt worden sei, sei die Durchführung verspätet, weil die "Halbjahresfrist" nur in äußerst komplexen Verfahren, nicht jedoch unter den Umständen des Streitfalles gerechtfertigt sei.

14

Außerdem fehle eine ordnungsgemäße Zustellung bzw. Bekanntgabe der Durchsuchungsanordnung. Die dem Kläger überreichte Ausfertigung der Durchsuchungsanordnung sei nicht durch einen zuständigen Urkundsbeamten formgerecht unterzeichnet worden, sondern habe nur eine geschwungene Linie in Form der arabischen Ziffer "2" mit beigefügtem Dienstsiegel und der Bezeichnung "Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle" enthalten, die keinen Rückschluss auf den Verfasser des Dokuments zulasse und die zudem unter Verstoß gegen Art. 20 des Grundgesetzes (GG), § 317 Abs. 4 der Zivilprozessordnung (ZPO), § 153 Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) durch eine offensichtlich unzuständige Person, nämlich den Direktor der Steuerfahndungsstelle, gefertigt worden sei.

15

Darüber hinaus beruhe die Steuerfahndung auf Daten der Luxemburger Bank, die im Jahre 1994 von zwei Direktoren der Luxemburger Bank gestohlen und nach vergeblichen Erpressungsversuchen gegenüber der Bank von den Datendieben hehlerisch in den Verkehr gebracht worden und sodann in den Besitz des belgischen Fiskus gelangt seien.

16

Der Behauptung der Steuerfahndung, durch einen spontanen Informationsaustausch in den Besitz der Unterlagen gekommen zu sein, schenke der Kläger keinen Glauben, da die Datendiebe am … in der Nachrichtensendung … aufgetreten seien und angekündigt hätten, die Unterlagen an deutsche Steuerbehörden verkaufen zu wollen. Zum Zeitpunkt der Durchsuchung berufe sich die Steuerfahndung deshalb auf selektierte Luxemburger Bank-Microfiche-Daten, die keinen urkundlichen Charakter hätten, nicht die Anschrift oder den Stempel einer Bank erkennen ließen, nicht unterschrieben und zu alledem gestohlen und höchstwahrscheinlich weiterverkauft worden seien.

17

Hinzu komme, dass die Konteninhaber nur durch eine unzulässige intensive Rasterfahndung hätten ermittelt werden können, und zwar im Falle des Klägers nur über den Mädchennamen seiner Ehefrau.

18

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2013, 574 veröffentlichten Urteil vom 8. Februar 2012  2 K 1180/11 als unbegründet abgewiesen.

19

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 103 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sowie des materiellen Rechts.

20

Zunächst sei das angefochtene Urteil nicht von allen an der mündlichen Verhandlung beteiligten Richtern gefällt worden, weil es als mitwirkende ehrenamtliche Richterin die X ausweise, obwohl an der mündlichen Verhandlung nicht sie, sondern an ihrer Stelle der Beamte Y als ehrenamtlicher Richter beteiligt gewesen sei.

21

Im Streitfall sei die von den belgischen Finanzbehörden erteilte Spontanauskunft über die Zinserträge des Klägers an dem Gesetz zur Durchführung der EG-Richtlinie über die gegenseitige Amtspflicht im Bereich der direkten und indirekten Steuern (EG-Amtshilfe-Gesetz) vom 19. Dezember 1985 zu messen und beruhe danach --mangels erkennbarer Steuerpflicht des Klägers in Deutschland-- auf einer fehlerhaften Ermessensausübung.

22

Des Weiteren hätten sich sowohl diejenigen, die die Bankdaten entwendet, als auch diejenigen, die sie angekauft hätten, strafbar gemacht. Diese mögliche Strafbarkeit dürfe entgegen der Ansicht des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nicht offengelassen werden. Schließlich seien die Durchsuchungen zu spät durchgeführt worden, weil ein Zeitraum von fünf Monaten zwischen Anordnung und Durchführung angesichts des Schwierigkeitsgrades der streitigen Ermittlungen unangemessen gewesen sei.

23

Im Übrigen seien die Durchsuchungsbeschlüsse nicht ordnungsgemäß bekannt gegeben worden, weil ihm lediglich eine Ausfertigung --durch den Beamten der Steuerfahndung-- ausgehändigt worden und eine ableitbare Unterschrift des Richters nicht erkennbar gewesen sei. Von dem Beschluss des AG vom 5. August 2008 habe er auch keine Beschlussausfertigung erhalten.

24

Diese Verfahrensmängel führten zu einem Beweisverwertungsverbot auch hinsichtlich der von ihm vorgelegten Erträgnisaufstellung, weil die Mängel im Kernbereich seine Grundrechte verletzten und damit ein sog. qualifiziertes materiell-rechtliches Verwertungsverbot greife.

25

Von einer freiwilligen Vorlage der durch die Prüferin angeforderten Erträgnisaufstellung könne keine Rede sein. Die Aufforderung habe gegen das Verbot der Selbstbelastung in § 393 Abs. 1 AO verstoßen. Sie sei nur erfüllt worden, um eine "Mondschätzung" zu vermeiden.

26

Da die Finanzbehörden schon seit 2000 Kenntnis von den ausländischen Konten des Klägers gehabt hätten, sei der angefochtene Bescheid auch mit Blick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte wegen Verwirkung aufzuheben.

27

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil der Vorinstanz aufzuheben sowie die Einkommensteuer des Klägers für 2003 durch Änderung des Einkommensteueränderungsbescheides für 2003 vom 18. Januar 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Januar 2011 unter Ansatz von Einkünften aus Kapitalvermögen in Höhe von 0 € festzusetzen.

28

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

29

II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen.

30

Das angefochtene Urteil ist weder wegen fehlerhafter Besetzung der Richterbank noch deshalb aufzuheben, weil das FG den angefochtenen Einkommensteueränderungsbescheid für das Streitjahr 2003 ungeachtet der Einwendungen des Klägers gegen die Ordnungsmäßigkeit der vom FA herangezogenen Beweismittel für rechtmäßig erachtet hat.

31

1. Entgegen der Auffassung des Klägers kommt eine Aufhebung des FG-Urteils wegen fehlerhafter Besetzung der Richterbank nicht in Betracht; das Gericht war nicht i.S. des § 119 Nr. 1 FGO unvorschriftsmäßig besetzt. Denn das Urteil ist entsprechend § 103 FGO von den Richtern und ehrenamtlichen Richtern gefällt worden, die an der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung teilgenommen haben.

32

a) Schon nach dem eigenen Vortrag des Klägers wie nach dem unangefochtenen und deshalb als öffentliche Urkunde i.S. des § 418 ZPO bindenden Protokoll der mündlichen Verhandlung gehörte zu diesen an der mündlichen Verhandlung beteiligten Richtern auch der entsprechend § 94 FGO i.V.m. § 160 Abs. 1 Nr. 2 ZPO benannte ehrenamtliche Richter Y; die Unrichtigkeit dieser Feststellung im Protokoll hätte im Übrigen nur durch eine substantiierte Darlegung gerügt werden können, dass das Sitzungsprotokoll berichtigt oder gefälscht worden sei (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4. November 1993 V R 85/92, BFH/NV 1994, 722; vgl. zur Beweiskraft unangefochtener Sitzungsprotokolle auch BFH-Beschlüsse vom 17. Mai 1999 VII B 44/98, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Finanzgerichtsordnung, § 94, Rechtsspruch 37; vom 21. März 2011 IX B 137/10, BFH/NV 2011, 1369, m.w.N.; Oberlandesgericht Frankfurt, Beschluss vom 20. November 2009  20 W 500/05, Deutsche Notar-Zeitschrift 2011, 48, unter Bezugnahme auf das BGH-Urteil vom 18. Juni 1999 V ZR 40/98, BGHZ 142, 84).

33

b) Dieser Richter hat auch im Anschluss an die mündliche Verhandlung mit den anderen im Protokoll aufgeführten Richtern das angefochtene Urteil gefällt.

34

Die im angefochtenen Urteil unzutreffend statt des ehrenamtlichen Richters Y als Mitwirkende aufgeführte ehrenamtliche Richterin X war nach der dienstlichen Äußerung des Vorsitzenden des FG-Senats sowie nach dem damit übersandten Aktenvermerk der Geschäftsstelle über die am Vortag der mündlichen Verhandlung eingegangene entsprechende telefonische Mitteilung an einer Teilnahme an der Sitzung verhindert und deshalb nach der für solche kurzfristigen Vertretungsfälle geführten sog. Hilfsliste durch den ehrenamtlichen Richter Y ersetzt worden.

35

c) Die fehlerhafte Aufnahme des Namens der ehrenamtlichen Richterin stellt sich damit als offenbare Unrichtigkeit der vorinstanzlichen Entscheidung dar, die der Senat als Rechtsmittelinstanz von Amts wegen nach § 107 Abs. 1 FGO zu korrigieren hat (vgl. zur Zuständigkeit der Rechtsmittelinstanz für die Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten des Rubrums vorinstanzlicher Entscheidungen BFH-Beschlüsse vom 20. Januar 1988 IX R 155/83, BFH/NV 1990, 104; vom 12. März 2004 VII B 239/02, BFH/NV 2004, 1114; vom 31. Juli 2013 V B 66/12, BFH/NV 2013, 1933, sowie zur Berichtigung anderer offenbarer Unrichtigkeiten BFH-Beschluss vom 8. Januar 2014 X B 245/12, BFH/NV 2014, 564).

36

2. Im Übrigen hat das FG zu Recht einen Anspruch des Klägers nach § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO auf Aufhebung des angefochtenen Steuerbescheids verneint, weil der Bescheid rechtmäßig ist.

37

a) Rechtsgrundlage des streitigen Einkommensteueränderungsbescheids für das Streitjahr 2003 ist § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO.

38

Danach sind Steuerbescheide zu ändern, wenn Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Solche Tatsachen lagen hier vor, weil dem FA die im Streitjahr erzielten Einkünfte aus Kapitalvermögen (aufgrund von zuvor nicht erklärten Zinseinnahmen) in Höhe von --unstreitig-- 5.241 € erst durch eine Erträgnisaufstellung des Klägers bekannt wurden, die dieser während einer bei ihm durchgeführten Steuerfahndungsprüfung im Jahr 2008 überreicht hatte.

39

b) Zu Unrecht macht der Kläger geltend, die Erfassung dieser der Höhe nach nicht bestrittenen und erst nachträglich bekannt gewordenen Einkünfte durch den angefochtenen Einkommensteueränderungsbescheid für 2003 sei deshalb rechtswidrig, weil die Feststellung der entsprechenden Besteuerungsgrundlagen auf unzulässigen Beweismitteln beruhe.

40

Denn die Verwertbarkeit der vom Kläger selbst im Rahmen der Steuerfahndungsprüfung --auf Anforderung der Prüferin-- vorgelegten Erträgnisaufstellung wird nicht dadurch eingeschränkt, dass die im Zusammenhang mit der Steuerfahndungsprüfung ergangene Durchsuchungsanordnung des zuständigen AG

-

durch eine sog. Spontanauskunft der Belgischen Finanzverwaltung an die deutsche Finanzverwaltung (Art. 26 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Regelung verschiedener anderer Fragen auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen einschließlich der Gewerbesteuer und der Grundsteuern) über nicht erklärte Zinseinnahmen des Klägers aus Geldanlagen bei Luxemburger Banken veranlasst wurde,

- formelle Mängel aufwies sowie
- erst fünf Monate nach Ergehen des Durchsuchungsbeschlusses ausgeführt wurde.
41

aa) Ein Beweisverwertungsverbot, das auch nicht durch zulässige, erneute Ermittlungsmaßnahmen geheilt werden kann, kommt als Folge einer fehlerhaften Maßnahme nach ständiger Rechtsprechung nur in Betracht, wenn die zur Fehlerhaftigkeit der Ermittlungsmaßnahme führenden Verfahrensverstöße schwerwiegend waren oder bewusst oder willkürlich begangen wurden (vgl. z.B. BVerfG-Beschluss vom 2. Juli 2009  2 BvR 2225/08, BVerfGK 16, 22; BFH-Urteile vom 4. Oktober 2006 VIII R 53/04, BFHE 215, 12, BStBl II 2007, 227; vom 4. Dezember 2012 VIII R 5/10, BFHE 239, 19, BStBl II 2014, 220, jeweils m.w.N.).

42

Fehlt es an einem derart schwerwiegenden Verfahrensmangel, insbesondere an grundrechtsrelevanten Verstößen einer unmittelbaren Ermittlungsmaßnahme, so ist es bei der gebotenen Abwägung zwischen den Individualinteressen von Steuerpflichtigen, nicht aufgrund verfahrensfehlerhafter Ermittlungsmaßnahmen mit einer materiell-rechtlich an sich zutreffenden Steuer belastet zu werden, und der Pflicht des Staates, eine gesetzmäßige und gleichmäßige Steuerfestsetzung zu gewährleisten, gerechtfertigt, eine Fernwirkung eventueller Verwertungsverbote auf spätere, rechtmäßig erlangte Ermittlungsergebnisse zu verneinen (BFH-Urteil in BFHE 215, 12, BStBl II 2007, 227).

43

bb) Nach diesen Grundsätzen fehlen im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für die Annahme eines qualifizierten Verfahrensverstoßes. Denn die vom Kläger vorgetragenen Einwände lassen ein bewusst rechtsstaatswidriges oder willkürliches Verhalten des FA im Sinne der vorbezeichneten Rechtsprechung nicht erkennen.

44

(1) Nach den gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG bestehen weder Anhaltspunkte dafür, dass die deutschen Steuerbehörden die Microfiche-Ausdrucke in rechtswidriger Weise angekauft haben, noch dass die belgischen Finanzbehörden die Microfiches selbst rechtswidrig angekauft haben.

45

Die vom FG für den Fall eines rechtswidrigen Ankaufs angestellten Hilfserwägungen sind danach hier nicht entscheidungserheblich.

46

(2) Die Einwendungen des Klägers gegen die Durchsuchungsanordnungen im Besteuerungsverfahren sind schon deshalb unbeachtlich, weil die Prüfung, ob die Anordnungen mangels Tatverdachts oder aus sonstigen Gründen rechtswidrig sind, nicht den Finanzbehörden, sondern dem AG und dem im Beschwerdeverfahren nach § 304 StPO zuständigen LG obliegt.

47

Wird der Beschluss des AG nicht angefochten oder die Beschwerde des Betroffenen zurückgewiesen, entfaltet die Durchsuchungsanordnung Tatbestandswirkung mit der Folge, dass den Steuergerichten eine nochmalige Überprüfung des Durchsuchungsbeschlusses verwehrt ist und sie für das Steuerfestsetzungsverfahren von der Rechtmäßigkeit der Durchsuchung auszugehen haben (BFH-Beschluss vom 29. Januar 2002 VIII B 91/01, BFH/NV 2002, 749).

48

(3) Auch die vom Kläger gerügten angeblichen Fehler bei der Durchsuchung selbst führen nicht zu einem Verwertungsverbot, weil diese Fehler jedenfalls nicht schwerwiegend sind.

49

Dies gilt umso mehr, als der Kläger mit der überreichten Erträgnisaufstellung, deren Verwertbarkeit im Streit steht, im Ergebnis lediglich seine steuerliche Erklärungspflicht als Rechtspflicht (BGH-Beschluss vom 12. Januar 2005  5 StR 191/04, Juristische Rundschau --JR-- 2005, 300; Lesch, JR 2005, 302) erfüllt hat.

50

Dies gilt auch deshalb, weil § 393 AO nicht die Pflicht des Steuerpflichtigen einschränkt, im Rahmen seines Besteuerungsverfahrens an der Sachaufklärung hinsichtlich der Besteuerungsgrundlagen mitzuwirken (vgl. BFH-Urteil vom 23. Januar 2002 XI R 10, 11/01, BFHE 198, 7, BStBl II 2002, 328; BFH-Beschlüsse vom 19. Oktober 2005 X B 88/05, BFH/NV 2006, 15; vom 27. Juli 2009 IV B 90/08, BFH/NV 2010, 4; vom 1. Februar 2012 VII B 234/11, BFH/NV 2012, 913, betreffend Mitwirkung in der Steuerfahndungsprüfung nach bereits eingeleitetem Strafverfahren --wie im Streitfall--).

51

(4) Soweit der Kläger unter Rückgriff auf die nordamerikanische "fruit of the poisonous tree-doctrine" ein Beweisverwertungsverbot hinsichtlich seiner selbst vorgelegten Erträgnisaufstellung mit der Begründung geltend macht, die Aufstellung sei mittelbare Folge der rechtswidrig durch die Spontanauskunft der belgischen Finanzbehörden veranlassten Steuerfahndungsprüfung sowie der in diesem Zusammenhang ergangenen rechtswidrigen Durchsuchungsanordnungen der deutschen Gerichtsbarkeit (vgl. zur Fernwirkung eines Beweisverwertungsverbots Gosch in Beermann/Gosch, AO § 196 Rz 131; Schröder/ Muuss, Handbuch der steuerlichen Betriebsprüfung, Rechtsschutz und Verwertungsverbote in der Außenprüfung, Fach 8010 C IX; Streck, Die Außenprüfung, 2. Aufl., Erz 154 und 778; Hellmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 393 AO Erz 124 ff.), ist dies im Streitfall schon deshalb nicht entscheidungserheblich, weil nach den bindenden Feststellungen des FG keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Microfiches oder die daraus erstellten Ausdrucke rechtswidrig angekauft worden sind. Im Übrigen hat der BFH eine Fernwirkung von Verwertungsverboten allenfalls bei qualifizierten, grundrechtsrelevanten Verfahrensverstößen in Betracht gezogen, die hier nicht vorliegen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 215, 12, BStBl II 2007, 227).

52

An dieser Rechtsprechung hat der BFH in der Folgezeit uneingeschränkt festgehalten (vgl. BFH-Beschlüsse vom 6. November 2008 IX B 144/08, BFH/NV 2009, 195; vom 19. Februar 2009 VIII B 164/08, Zeitschrift für Steuern und Recht 2009, R535; vom 25. März 2009 VIII B 210/08, BFH/NV 2009, 1396; vom 26. Februar 2010 VIII B 239/09, BFH/NV 2010, 1084).

53

(5) Schließlich kann sich der Kläger für sein Revisionsbegehren nicht auf eine überlange Verfahrensdauer berufen, weil er selbst durch Verschweigen seiner --unstreitig erzielten-- Zinserträge in seiner Steuererklärung für das Streitjahr zu der Verfahrensdauer beigetragen hat (vgl. BFH-Beschluss vom 6. August 2002 VIII B 56/02, BFH/NV 2002, 1605) und des Weiteren eine überlange Verfahrensdauer allein noch nicht zur Rechtswidrigkeit von Bescheiden führt (vgl. BFH-Beschluss vom 30. August 2012 X B 27/11, BFH/NV 2013, 180, m.w.N.).

54

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

(1) Zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der Umsatzsteuer können die damit betrauten Amtsträger der Finanzbehörde ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung Grundstücke und Räume von Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausüben, während der Geschäfts- und Arbeitszeiten betreten, um Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung erheblich sein können (Umsatzsteuer-Nachschau). Wohnräume dürfen gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten werden.

(2) Soweit dies zur Feststellung einer steuerlichen Erheblichkeit zweckdienlich ist, haben die von der Umsatzsteuer-Nachschau betroffenen Personen den damit betrauten Amtsträgern auf Verlangen Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden über die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte vorzulegen und Auskünfte zu erteilen. Wurden die in Satz 1 genannten Unterlagen mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt, können die mit der Umsatzsteuer-Nachschau betrauten Amtsträger auf Verlangen die gespeicherten Daten über die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte einsehen und soweit erforderlich hierfür das Datenverarbeitungssystem nutzen. Dies gilt auch für elektronische Rechnungen nach § 14 Absatz 1 Satz 8.

(3) Wenn die bei der Umsatzsteuer-Nachschau getroffenen Feststellungen hierzu Anlass geben, kann ohne vorherige Prüfungsanordnung (§ 196 der Abgabenordnung) zu einer Außenprüfung nach § 193 der Abgabenordnung übergegangen werden. Auf den Übergang zur Außenprüfung wird schriftlich hingewiesen.

(4) Werden anlässlich der Umsatzsteuer-Nachschau Verhältnisse festgestellt, die für die Festsetzung und Erhebung anderer Steuern als der Umsatzsteuer erheblich sein können, so ist die Auswertung der Feststellungen insoweit zulässig, als ihre Kenntnis für die Besteuerung der in Absatz 1 genannten Personen oder anderer Personen von Bedeutung sein kann.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Die Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen und der Finanzbehörde im Besteuerungsverfahren und im Strafverfahren richten sich nach den für das jeweilige Verfahren geltenden Vorschriften. Im Besteuerungsverfahren sind jedoch Zwangsmittel (§ 328) gegen den Steuerpflichtigen unzulässig, wenn er dadurch gezwungen würde, sich selbst wegen einer von ihm begangenen Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit zu belasten. Dies gilt stets, soweit gegen ihn wegen einer solchen Tat das Strafverfahren eingeleitet worden ist. Der Steuerpflichtige ist hierüber zu belehren, soweit dazu Anlass besteht.

(2) Soweit der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht in einem Strafverfahren aus den Steuerakten Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die der Steuerpflichtige der Finanzbehörde vor Einleitung des Strafverfahrens oder in Unkenntnis der Einleitung des Strafverfahrens in Erfüllung steuerrechtlicher Pflichten offenbart hat, dürfen diese Kenntnisse gegen ihn nicht für die Verfolgung einer Tat verwendet werden, die keine Steuerstraftat ist. Dies gilt nicht für Straftaten, an deren Verfolgung ein zwingendes öffentliches Interesse (§ 30 Abs. 4 Nr. 5) besteht.

(3) Erkenntnisse, die die Finanzbehörde oder die Staatsanwaltschaft rechtmäßig im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen gewonnen hat, dürfen im Besteuerungsverfahren verwendet werden. Dies gilt auch für Erkenntnisse, die dem Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, soweit die Finanzbehörde diese rechtmäßig im Rahmen eigener strafrechtlicher Ermittlungen gewonnen hat oder soweit nach den Vorschriften der Strafprozessordnung Auskunft an die Finanzbehörden erteilt werden darf.

(1) Das Strafverfahren ist eingeleitet, sobald die Finanzbehörde, die Polizei, die Staatsanwaltschaft, eine ihrer Ermittlungspersonen oder der Strafrichter eine Maßnahme trifft, die erkennbar darauf abzielt, gegen jemanden wegen einer Steuerstraftat strafrechtlich vorzugehen.

(2) Die Maßnahme ist unter Angabe des Zeitpunkts unverzüglich in den Akten zu vermerken.

(3) Die Einleitung des Strafverfahrens ist dem Beschuldigten spätestens mitzuteilen, wenn er dazu aufgefordert wird, Tatsachen darzulegen oder Unterlagen vorzulegen, die im Zusammenhang mit der Straftat stehen, derer er verdächtig ist.

(1) Aufgabe der Steuerfahndung (Zollfahndung) ist

1.
die Erforschung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten,
2.
die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen in den in Nummer 1 bezeichneten Fällen,
3.
die Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle.
Die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden und die Behörden des Zollfahndungsdienstes haben außer den Befugnissen nach § 404 Satz 2 erster Halbsatz auch die Ermittlungsbefugnisse, die den Finanzämtern (Hauptzollämtern) zustehen. In den Fällen der Nummern 2 und 3 gelten die Einschränkungen des § 93 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 und des § 97 Absatz 2 nicht; § 200 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 und 2 gilt sinngemäß, § 393 Abs. 1 bleibt unberührt.

(2) Unabhängig von Absatz 1 sind die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden und die Behörden des Zollfahndungsdienstes zuständig

1.
für steuerliche Ermittlungen einschließlich der Außenprüfung auf Ersuchen der zuständigen Finanzbehörde,
2.
für die ihnen sonst im Rahmen der Zuständigkeit der Finanzbehörden übertragenen Aufgaben.

(3) Die Aufgaben und Befugnisse der Finanzämter (Hauptzollämter) bleiben unberührt.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der Umsatzsteuer können die damit betrauten Amtsträger der Finanzbehörde ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung Grundstücke und Räume von Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausüben, während der Geschäfts- und Arbeitszeiten betreten, um Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung erheblich sein können (Umsatzsteuer-Nachschau). Wohnräume dürfen gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten werden.

(2) Soweit dies zur Feststellung einer steuerlichen Erheblichkeit zweckdienlich ist, haben die von der Umsatzsteuer-Nachschau betroffenen Personen den damit betrauten Amtsträgern auf Verlangen Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden über die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte vorzulegen und Auskünfte zu erteilen. Wurden die in Satz 1 genannten Unterlagen mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt, können die mit der Umsatzsteuer-Nachschau betrauten Amtsträger auf Verlangen die gespeicherten Daten über die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte einsehen und soweit erforderlich hierfür das Datenverarbeitungssystem nutzen. Dies gilt auch für elektronische Rechnungen nach § 14 Absatz 1 Satz 8.

(3) Wenn die bei der Umsatzsteuer-Nachschau getroffenen Feststellungen hierzu Anlass geben, kann ohne vorherige Prüfungsanordnung (§ 196 der Abgabenordnung) zu einer Außenprüfung nach § 193 der Abgabenordnung übergegangen werden. Auf den Übergang zur Außenprüfung wird schriftlich hingewiesen.

(4) Werden anlässlich der Umsatzsteuer-Nachschau Verhältnisse festgestellt, die für die Festsetzung und Erhebung anderer Steuern als der Umsatzsteuer erheblich sein können, so ist die Auswertung der Feststellungen insoweit zulässig, als ihre Kenntnis für die Besteuerung der in Absatz 1 genannten Personen oder anderer Personen von Bedeutung sein kann.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der Umsatzsteuer können die damit betrauten Amtsträger der Finanzbehörde ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung Grundstücke und Räume von Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausüben, während der Geschäfts- und Arbeitszeiten betreten, um Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung erheblich sein können (Umsatzsteuer-Nachschau). Wohnräume dürfen gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten werden.

(2) Soweit dies zur Feststellung einer steuerlichen Erheblichkeit zweckdienlich ist, haben die von der Umsatzsteuer-Nachschau betroffenen Personen den damit betrauten Amtsträgern auf Verlangen Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden über die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte vorzulegen und Auskünfte zu erteilen. Wurden die in Satz 1 genannten Unterlagen mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt, können die mit der Umsatzsteuer-Nachschau betrauten Amtsträger auf Verlangen die gespeicherten Daten über die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte einsehen und soweit erforderlich hierfür das Datenverarbeitungssystem nutzen. Dies gilt auch für elektronische Rechnungen nach § 14 Absatz 1 Satz 8.

(3) Wenn die bei der Umsatzsteuer-Nachschau getroffenen Feststellungen hierzu Anlass geben, kann ohne vorherige Prüfungsanordnung (§ 196 der Abgabenordnung) zu einer Außenprüfung nach § 193 der Abgabenordnung übergegangen werden. Auf den Übergang zur Außenprüfung wird schriftlich hingewiesen.

(4) Werden anlässlich der Umsatzsteuer-Nachschau Verhältnisse festgestellt, die für die Festsetzung und Erhebung anderer Steuern als der Umsatzsteuer erheblich sein können, so ist die Auswertung der Feststellungen insoweit zulässig, als ihre Kenntnis für die Besteuerung der in Absatz 1 genannten Personen oder anderer Personen von Bedeutung sein kann.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der Umsatzsteuer können die damit betrauten Amtsträger der Finanzbehörde ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung Grundstücke und Räume von Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausüben, während der Geschäfts- und Arbeitszeiten betreten, um Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung erheblich sein können (Umsatzsteuer-Nachschau). Wohnräume dürfen gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten werden.

(2) Soweit dies zur Feststellung einer steuerlichen Erheblichkeit zweckdienlich ist, haben die von der Umsatzsteuer-Nachschau betroffenen Personen den damit betrauten Amtsträgern auf Verlangen Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden über die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte vorzulegen und Auskünfte zu erteilen. Wurden die in Satz 1 genannten Unterlagen mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt, können die mit der Umsatzsteuer-Nachschau betrauten Amtsträger auf Verlangen die gespeicherten Daten über die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte einsehen und soweit erforderlich hierfür das Datenverarbeitungssystem nutzen. Dies gilt auch für elektronische Rechnungen nach § 14 Absatz 1 Satz 8.

(3) Wenn die bei der Umsatzsteuer-Nachschau getroffenen Feststellungen hierzu Anlass geben, kann ohne vorherige Prüfungsanordnung (§ 196 der Abgabenordnung) zu einer Außenprüfung nach § 193 der Abgabenordnung übergegangen werden. Auf den Übergang zur Außenprüfung wird schriftlich hingewiesen.

(4) Werden anlässlich der Umsatzsteuer-Nachschau Verhältnisse festgestellt, die für die Festsetzung und Erhebung anderer Steuern als der Umsatzsteuer erheblich sein können, so ist die Auswertung der Feststellungen insoweit zulässig, als ihre Kenntnis für die Besteuerung der in Absatz 1 genannten Personen oder anderer Personen von Bedeutung sein kann.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Die Frist für die Erhebung der Anfechtungsklage beträgt einen Monat; sie beginnt mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf, in den Fällen des § 45 und in den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf nicht gegeben ist, mit der Bekanntgabe des Verwaltungsakts. Dies gilt für die Verpflichtungsklage sinngemäß, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(2) Die Frist für die Erhebung der Klage gilt als gewahrt, wenn die Klage bei der Behörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt oder die angefochtene Entscheidung erlassen oder den Beteiligten bekannt gegeben hat oder die nachträglich für den Steuerfall zuständig geworden ist, innerhalb der Frist angebracht oder zu Protokoll gegeben wird. Die Behörde hat die Klageschrift in diesem Fall unverzüglich dem Gericht zu übermitteln.

(3) Absatz 2 gilt sinngemäß bei einer Klage, die sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, wenn sie bei der Stelle angebracht wird, die zur Erteilung des Steuerbescheids zuständig ist.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält; § 68 bleibt unberührt.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat*

(3) Die Entscheidung, dass eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen ist, ist nicht selbständig anfechtbar.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) streitet seit Jahren mit dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) um eine Abrechnung zur Umsatzsteuer 2002. Da er die im Umsatzsteuerbescheid 2002 enthaltene Abrechnung für rechnerisch nicht nachvollziehbar ansah, verpflichtete sich das FA in dem darüber geführten Klageverfahren (12 K 3648/07 AO), einen Abrechnungsbescheid zu erteilen. Der Rechtsstreit wurde daraufhin für erledigt erklärt. Gegen den vom FA erlassenen Abrechnungsbescheid vom 3. Dezember 2008 legte der Kläger Einspruch ein, weil auch dieser rechnerisch nicht nachvollziehbar sei. Eine Einspruchsentscheidung hat das FA, das mangels näherer Erläuterungen des Klägers zu dem ihm übersandten "Klartext-Kontoauszug" den Einspruch als erledigt betrachtete, nicht erlassen.

2

Auf den Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für das Jahr 2002 vom 29. Oktober 2009 und die gleichzeitig erlassene Abrechnungsverfügung erhob der Kläger "Einspruch gegen den Abrechnungsbescheid betreffend Umsatzsteuer 2002" und auf die ablehnende Einspruchsentscheidung vom 30. Juli 2012 Klage "wegen Abrechnung Umsatzsteuer 2002" mit dem Antrag, den Bescheid vom 29. Oktober 2009 und die Einspruchsentscheidung vom 30. Juli 2012 aufzuheben (Aktenzeichen 12 K 3080/12 AO). Aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. März 2013, in der das FA einen Abrechnungsbescheid auf den 7. März 2013 in Aussicht stellte, beantragte der Kläger mit Schriftsatz vom 24. Mai 2013, das FA unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 30. Juli 2012 zu verpflichten, einen Abrechnungsbescheid zur Umsatzsteuer 2002 zu erlassen. Das FA sah darin eine Klageänderung, der es nicht zustimmte.

3

Mit Datum vom 17. Juni 2013 erließ das FA unter Hinweis auf den Bescheid vom 3. Dezember 2008 einen (weiteren) Abrechnungsbescheid, den der Kläger wiederum anfocht mit der Begründung, auch dieser Bescheid enthalte alle bereits wiederholt vorgetragenen Mängel der "Klartext-Auszüge" und darüber hinaus weitere --im Einzelnen dargestellte-- Buchungsfehler. Gleichzeitig --mit Schriftsatz vom 22. Juli 2013-- beantragte er im hiesigen Klageverfahren, die Abrechnungsbescheide zur Umsatzsteuer 2002 vom 3. Dezember 2008 und 17. Juni 2013 aufzuheben.

4

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Der Abrechnungsbescheid vom 17. Juni 2013 sei nicht nach § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Verfahrens geworden und der nunmehr gestellte Klageantrag sei eine Klageänderung, die unzulässig sei, weil die nach § 67 FGO erforderlichen Sachurteilsvoraussetzungen nicht erfüllt seien. Die Einbeziehung des Abrechnungsbescheids vom 3. Dezember 2008 sei ebenfalls eine die Anforderung des § 67 FGO nicht erfüllende Klageänderung. Selbst wenn man bereits das ursprüngliche Klagebegehren als Verpflichtungsklage auf Erlass eines (neuen) Abrechnungsbescheids zur Umsatzsteuer 2002 auslegen könnte, sei diese Verpflichtungsklage gemäß § 44 FGO unzulässig gewesen.

5

Der Kläger hält die Klageabweisung als unzulässig für verfahrensfehlerhaft und beantragt, die Revision zuzulassen.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Ein Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, der die Zulassung der Revision oder jedenfalls die Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und Zurückverweisung erfordert, liegt nicht vor.

7

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist es ein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, wenn über eine zulässige Klage nicht zur Sache, sondern durch Prozessurteil entschieden wird. In einem solchen Fall wird zugleich der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt (vgl. u.a. BFH-Beschlüsse vom 8. April 2004 VII B 181/03, BFH/NV 2004, 1284; vom 8. Juni 2004 XI B 46/02, BFH/NV 2004, 1417, m.w.N.; vom 16. April 2007 VII B 98/04, BFH/NV 2007, 1345; vom 23. April 2009 X B 43/08, BFH/NV 2009, 1443).

8

Anders als der Kläger meint, hat das FG die Klage zu Recht als unzulässig verworfen.

9

Der Senat teilt die Auffassung des FG, dass der maßgebliche, vom Kläger noch in der mündlichen Verhandlung des Klageverfahrens (Aktenzeichen 12 K 3080/12 AO) wiederholte Klageantrag eine Klageänderung i.S. des § 67 Abs. 1 FGO beinhaltet.

10

Eine Klageänderung liegt vor, wenn während der Rechtshängigkeit das Klagebegehren geändert, d.h. anstelle des ursprünglichen Begehrens oder auch neben ihm ein weiterer Klageantrag gestellt wird (BFH-Urteil vom 19. Mai 2004 III R 18/02, BFHE 206, 201, BStBl II 2004, 980, m.w.N.).

11

Im finanzgerichtlichen Verfahren hat der Kläger seinen Klageantrag zweimal umformuliert. Bei Klageerhebung beantragte er die Aufhebung des Bescheids vom 29. Oktober 2009 und der Einspruchsentscheidung vom 30. Juli 2012, in der ersten mündlichen Verhandlung und dem klarstellenden Folgeschriftsatz die Verpflichtung des FA, einen Abrechnungsbescheid zur Umsatzsteuer 2002 zu erlassen, und in der zweiten mündlichen Verhandlung die Aufhebung des Abrechnungsbescheids vom 3. Dezember 2008 und des zwischenzeitlich ergangenen Bescheids vom 17. Juni 2013.

12

Es bedarf keiner näheren Begründung, dass der Übergang von einer Anfechtungs- zu einer Verpflichtungsklage und nochmals zu einer Anfechtungsklage im Streitfall jeweils eine Klageänderung ist. Gerade hier wird deutlich, dass der Kläger mit dem jeweils neuen Klageantrag bezweckte, sein Klagebegehren dem veränderten Verfahrensstand anzupassen.

13

Nach § 67 Abs. 1 FGO ist eine Klageänderung zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Bei fristgebundenen Klagen wie der Anfechtungs- und der Verpflichtungsklage ist eine Klageänderung, unabhängig von den im Wortlaut des § 67 Abs. 1 FGO genannten Voraussetzungen, nur statthaft, wenn für jeden Klageantrag, also sowohl für das ursprüngliche als auch für das geänderte Klagebegehren, die einschlägigen Sachentscheidungsvoraussetzungen vorliegen (BFH-Urteile vom 9. Februar 2011 IV R 15/08, BFHE 233, 290, BStBl II 2011, 764; in BFHE 206, 201, BStBl II 2004, 980). Zu den Fällen der Klageänderung gehören auch die Fälle, in denen im Wege der Klagehäufung ein weiterer Klagegegenstand in das Verfahren eingeführt wird (BFH-Urteile vom 5. Juni 1991 II R 83/88, BFH/NV 1992, 267; vom 9. August 1989 II R 145/86, BFHE 158, 11, BStBl II 1989, 981; Seer in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 67 FGO Rz 2, m.w.N.). Auch in Form der Klagehäufung ist eine Klageänderung nur zulässig, wenn sowohl das ursprüngliche Klagebegehren als auch das geänderte (neue) Klagebegehren die übrigen Sachentscheidungsvoraussetzungen erfüllt (z.B. BFH-Urteil vom 19. April 2007 V R 48/04, BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315, m.w.N.).

14

Im Streitfall war danach bereits die erste Klageänderung unzulässig. Die ursprünglich erhobene Klage betraf bei zutreffender Auslegung allein die mit der Umsatzsteuerfestsetzung 2002 verbundene Abrechnungsverfügung, die als rein kassenmäßige Abrechnung keine positive oder negative Rechtsposition im Hinblick auf später erkannte Abrechnungsfehler begründet (BFH-Beschlüsse vom 13. Januar 2005 VII B 147/04, BFHE 208, 404, BStBl II 2005, 457, und vom 19. Oktober 2006 VII B 78/06, BFH/NV 2007, 200) und deshalb abzuweisen gewesen wäre. Der Übergang zu der vom Kläger beabsichtigten Verpflichtungsklage scheitert an dem fehlenden Vorverfahren. Nach § 44 Abs. 1 FGO ist eine Verpflichtungsklage (§ 40 Abs. 1 Halbsatz 2 FGO) --vorbehaltlich der §§ 45 und 46 FGO-- nur zulässig, wenn das Vorverfahren über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist. Da der Kläger zu diesem Zeitpunkt keinen Antrag auf Erlass eines (weiteren) Abrechnungsbescheids nach § 218 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) beim FA gestellt hatte, war das Vorverfahren auch nicht als Sprungverpflichtungsklage nach § 45 Abs. 1 FGO entbehrlich (BFH-Urteile in BFHE 158, 11, BStBl II 1989, 981, und in BFH/NV 1992, 267). Aber selbst wenn das FA die wiederholten Aufforderungen des Klägers zur Klärung der Abrechnungsfragen als Antrag auf Erlass eines Abrechnungsbescheids hätte verstehen müssen und mangels Entscheidung des FA ebenfalls weder eine Sprungverpflichtungsklage noch ein Einspruch erhoben werden konnte, wäre die Verpflichtungsklage unzulässig. Denn der Kläger hätte in diesem Fall Untätigkeitseinspruch gemäß § 347 Abs. 1 Satz 2 AO einlegen müssen. Erst wenn dieser erfolglos geblieben ist, kann eine Verpflichtungsklage wegen Unterlassens eines beantragten Verwaltungsaktes (§ 40 Abs. 1 Alternative 2 FGO) erhoben werden (vgl. auch BFH-Urteil vom 29. Oktober 1981 I R 89/80, BFHE 134, 245, BStBl II 1982, 150).

15

An alledem ändert auch nichts, dass das FA unter dem 3. Dezember 2008 bereits einen vom Kläger mit Einspruch angefochtenen Abrechnungsbescheid erlassen hat. Denn mit dem Verpflichtungsbegehren sollte ein neuer Abrechnungsbescheid erstritten werden, während dieser "alte" Bescheid später ausdrücklich --im Wege der Klagehäufung unzulässigerweise (s.o.)-- in die Anfechtungsklage einbezogen worden ist.

16

Schließlich ändert an der Unzulässigkeit der Verpflichtungsklage auch nichts, dass das FA den angestrebten --wenn auch inhaltlich vom Kläger nicht akzeptierten-- Abrechnungsbescheid vom 17. Juni 2013 erlassen hat. Denn der nachträgliche Erlass des beantragten Verwaltungsaktes heilt die Unzulässigkeit der Klage nicht (BFH-Urteil in BFHE 206, 201, BStBl II 2004, 980).

17

Aus der Unzulässigkeit der zwischenzeitlich erhobenen Verpflichtungsklage hat das FG die zutreffende Schlussfolgerung gezogen, dass auch die zweite Änderung des Klagebegehrens zu einer Anfechtung der Abrechnungsbescheide vom 17. Juni 2013 und vom 3. Dezember 2008 unzulässig ist. Ob bei einer zulässigen Verpflichtungsklage ein Fall des § 68 FGO vorgelegen hätte, braucht im Streitfall nicht entschieden zu werden.

18

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger sein --im Grunde verständliches-- Ziel, abschließende Klarheit über die Abrechnung des FA zu bekommen, ohne Weiteres durch Weiterverfolgen seines Einspruchs gegen den Abrechnungsbescheid vom 3. Dezember 2008 hätte erreichen können.

19

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält; § 68 bleibt unberührt.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat*

(3) Die Entscheidung, dass eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen ist, ist nicht selbständig anfechtbar.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Die Frist für die Erhebung der Anfechtungsklage beträgt einen Monat; sie beginnt mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf, in den Fällen des § 45 und in den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf nicht gegeben ist, mit der Bekanntgabe des Verwaltungsakts. Dies gilt für die Verpflichtungsklage sinngemäß, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(2) Die Frist für die Erhebung der Klage gilt als gewahrt, wenn die Klage bei der Behörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt oder die angefochtene Entscheidung erlassen oder den Beteiligten bekannt gegeben hat oder die nachträglich für den Steuerfall zuständig geworden ist, innerhalb der Frist angebracht oder zu Protokoll gegeben wird. Die Behörde hat die Klageschrift in diesem Fall unverzüglich dem Gericht zu übermitteln.

(3) Absatz 2 gilt sinngemäß bei einer Klage, die sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, wenn sie bei der Stelle angebracht wird, die zur Erteilung des Steuerbescheids zuständig ist.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Revision oder der Nichtzulassungsbeschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder ohne Antrag bewilligt werden, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(1) Zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der Umsatzsteuer können die damit betrauten Amtsträger der Finanzbehörde ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung Grundstücke und Räume von Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausüben, während der Geschäfts- und Arbeitszeiten betreten, um Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung erheblich sein können (Umsatzsteuer-Nachschau). Wohnräume dürfen gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten werden.

(2) Soweit dies zur Feststellung einer steuerlichen Erheblichkeit zweckdienlich ist, haben die von der Umsatzsteuer-Nachschau betroffenen Personen den damit betrauten Amtsträgern auf Verlangen Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden über die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte vorzulegen und Auskünfte zu erteilen. Wurden die in Satz 1 genannten Unterlagen mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt, können die mit der Umsatzsteuer-Nachschau betrauten Amtsträger auf Verlangen die gespeicherten Daten über die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte einsehen und soweit erforderlich hierfür das Datenverarbeitungssystem nutzen. Dies gilt auch für elektronische Rechnungen nach § 14 Absatz 1 Satz 8.

(3) Wenn die bei der Umsatzsteuer-Nachschau getroffenen Feststellungen hierzu Anlass geben, kann ohne vorherige Prüfungsanordnung (§ 196 der Abgabenordnung) zu einer Außenprüfung nach § 193 der Abgabenordnung übergegangen werden. Auf den Übergang zur Außenprüfung wird schriftlich hingewiesen.

(4) Werden anlässlich der Umsatzsteuer-Nachschau Verhältnisse festgestellt, die für die Festsetzung und Erhebung anderer Steuern als der Umsatzsteuer erheblich sein können, so ist die Auswertung der Feststellungen insoweit zulässig, als ihre Kenntnis für die Besteuerung der in Absatz 1 genannten Personen oder anderer Personen von Bedeutung sein kann.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der Umsatzsteuer können die damit betrauten Amtsträger der Finanzbehörde ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung Grundstücke und Räume von Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausüben, während der Geschäfts- und Arbeitszeiten betreten, um Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung erheblich sein können (Umsatzsteuer-Nachschau). Wohnräume dürfen gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten werden.

(2) Soweit dies zur Feststellung einer steuerlichen Erheblichkeit zweckdienlich ist, haben die von der Umsatzsteuer-Nachschau betroffenen Personen den damit betrauten Amtsträgern auf Verlangen Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden über die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte vorzulegen und Auskünfte zu erteilen. Wurden die in Satz 1 genannten Unterlagen mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt, können die mit der Umsatzsteuer-Nachschau betrauten Amtsträger auf Verlangen die gespeicherten Daten über die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte einsehen und soweit erforderlich hierfür das Datenverarbeitungssystem nutzen. Dies gilt auch für elektronische Rechnungen nach § 14 Absatz 1 Satz 8.

(3) Wenn die bei der Umsatzsteuer-Nachschau getroffenen Feststellungen hierzu Anlass geben, kann ohne vorherige Prüfungsanordnung (§ 196 der Abgabenordnung) zu einer Außenprüfung nach § 193 der Abgabenordnung übergegangen werden. Auf den Übergang zur Außenprüfung wird schriftlich hingewiesen.

(4) Werden anlässlich der Umsatzsteuer-Nachschau Verhältnisse festgestellt, die für die Festsetzung und Erhebung anderer Steuern als der Umsatzsteuer erheblich sein können, so ist die Auswertung der Feststellungen insoweit zulässig, als ihre Kenntnis für die Besteuerung der in Absatz 1 genannten Personen oder anderer Personen von Bedeutung sein kann.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Thüringer Finanzgerichts vom 21. Oktober 2015  4 K 795/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gründe

1

Die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) hat keinen Erfolg.

2

1. Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) liegt nicht vor.

3

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat bereits entschieden, dass, selbst wenn § 27b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) gegen das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes verstoßen würde, sich hieraus nur eine Teilnichtigkeit des UStG im Hinblick auf die möglicherweise in Grundrechte eingreifende Vorschrift des § 27b UStG ergäbe, nicht aber eine weitergehende Nichtigkeit anderer Vorschriften des UStG, die nicht dem Zitiergebot unterliegen und somit keine Nichtigkeit des UStG insgesamt (Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2009 V B 23/08, BFH/NV 2010, 1866). Der Senat hält hieran auch nach nochmaliger Prüfung weiter fest. Gleiches gilt in Bezug auf § 26c UStG. Die Beschwerde gibt keine Veranlassung, diese Rechtsprechung in einem Revisionsverfahren zu überprüfen.

4

2. Soweit der Kläger Rechtsfortbildung geltend macht (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 erste Alternative FGO), ist die Beschwerde mangels Darlegung einer hinreichend bestimmten und im Allgemeininteresse liegenden klärungsbedürftigen und klärbaren Rechtsfrage (vgl. hierzu z.B. BFH-Beschluss vom 21. September 2015 III B 125/14, BFH/NV 2016, 61) unzulässig.

5

3. Es liegt auch kein Verfahrensfehler vor (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Der BFH hat bereits ausdrücklich entschieden, dass dem Unterschriftserfordernis des § 105 Abs. 1 Satz 2 FGO genügt ist, wenn die in den Gerichtsakten verbleibende Urschrift einer Entscheidung von den mitwirkenden Berufsrichtern unterschrieben ist und die den Beteiligten zugestellte Ausfertigung deren Namen maschinenschriftlich wiedergibt (BFH-Beschluss vom 7. Mai 2003 IX B 13/03, BFH/NV 2003, 1203).

6

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

(1) Die Wohnung ist unverletzlich.

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Wohnung ist unverletzlich.

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

(1) Zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der Umsatzsteuer können die damit betrauten Amtsträger der Finanzbehörde ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung Grundstücke und Räume von Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausüben, während der Geschäfts- und Arbeitszeiten betreten, um Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung erheblich sein können (Umsatzsteuer-Nachschau). Wohnräume dürfen gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten werden.

(2) Soweit dies zur Feststellung einer steuerlichen Erheblichkeit zweckdienlich ist, haben die von der Umsatzsteuer-Nachschau betroffenen Personen den damit betrauten Amtsträgern auf Verlangen Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden über die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte vorzulegen und Auskünfte zu erteilen. Wurden die in Satz 1 genannten Unterlagen mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt, können die mit der Umsatzsteuer-Nachschau betrauten Amtsträger auf Verlangen die gespeicherten Daten über die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte einsehen und soweit erforderlich hierfür das Datenverarbeitungssystem nutzen. Dies gilt auch für elektronische Rechnungen nach § 14 Absatz 1 Satz 8.

(3) Wenn die bei der Umsatzsteuer-Nachschau getroffenen Feststellungen hierzu Anlass geben, kann ohne vorherige Prüfungsanordnung (§ 196 der Abgabenordnung) zu einer Außenprüfung nach § 193 der Abgabenordnung übergegangen werden. Auf den Übergang zur Außenprüfung wird schriftlich hingewiesen.

(4) Werden anlässlich der Umsatzsteuer-Nachschau Verhältnisse festgestellt, die für die Festsetzung und Erhebung anderer Steuern als der Umsatzsteuer erheblich sein können, so ist die Auswertung der Feststellungen insoweit zulässig, als ihre Kenntnis für die Besteuerung der in Absatz 1 genannten Personen oder anderer Personen von Bedeutung sein kann.

Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung eines Verzögerungsgelds.

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), die ihr Unternehmen in dem Streitjahr 2010 in der Rechtsform einer GbR betrieb, ist durch identitätswahrenden Rechtsformwechsel zunächst in eine OHG und sodann in eine KG umgewandelt worden.

3

Im Rahmen der Durchführung einer Außenprüfung forderte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die Klägerin mit Schreiben vom 1. März 2010, 8. und 21. April 2010 --letzteres unter Fristsetzung bis zum 27. April 2010-- gemäß § 200 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) auf, Buchführungsunterlagen und Datenträger vorzulegen. Für den Fall der nicht fristgerechten Vorlage drohte das FA in dem Schreiben vom 21. April 2010 die Festsetzung eines Verzögerungsgelds in Höhe von jeweils 2.500 € an.

4

Bis zum Fristablauf überreichte die Klägerin lediglich einen Datenträger.

5

Mit Bescheid vom 1. Juni 2010 setzte das FA der Klägerin gegenüber wegen der Nichtvorlage der Buchführungsunterlagen ein Verzögerungsgeld in Höhe von 2.500 € fest. Ermessenserwägungen enthält der Bescheid nicht.

6

Den dagegen eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2010 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Festsetzung eines Verzögerungsgelds vorlägen. Die Festsetzung des Verzögerungsgelds sei auch ermessensgerecht, da die Klägerin die angeforderten Unterlagen trotz mehrfacher schriftlicher Aufforderung nicht vorgelegt und sie dadurch die Betriebsprüfung beeinträchtigt habe. Da sich das festgesetzte Verzögerungsgeld am Mindestbetrag orientiert habe, sei eine weitere Begründung des Auswahlermessens nicht erforderlich.

7

Am 12. August 2010 legte die Klägerin ausweislich eines Bestätigungsvermerks des Betriebsprüfers einen Großteil der angeforderten Buchführungsunterlagen vor.

8

Am 27. August 2010 hat die Klägerin gegen den Bescheid über die Festsetzung des Verzögerungsgelds Klage erhoben.

9

Während des anhängigen Klageverfahrens ersetzte das FA mit Bescheid vom 1. Oktober 2010 den Bescheid vom 1. Juni 2010, verbunden mit der ausdrücklichen Feststellung, dass die Festsetzung des Verzögerungsgelds nach erneuter Überprüfung bestehen bleibe. In dem Bescheid vom 1. Oktober 2010 hat das FA seine Ermessenserwägungen umfassend dargelegt.

10

Ebenfalls während des anhängigen Klageverfahrens hat das Finanzgericht (FG) auf Antrag der Klägerin die Vollziehung des Bescheids vom 1. Juni 2010 in der geänderten Fassung vom 1. Oktober 2010 mit Beschluss vom 15. Oktober 2010  3 V 1296/10 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 298) ausgesetzt. Die Entscheidung hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 16. Juni 2011 IV B 120/10 (BFHE 233, 317, BStBl II 2011, 855) aufgehoben und den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt.

11

Weder dem FG noch dem erkennenden Senat ist im Rahmen des Aussetzungsverfahrens mitgeteilt worden, dass die Klägerin noch vor Erlass des Bescheids vom 1. Oktober 2010 einen Großteil der angeforderten Buchführungsunterlagen vorgelegt hatte.

12

Das FG hat der Klage stattgegeben. Das FA habe sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt, da es bei der Ermessensentscheidung nicht berücksichtigt habe, dass die Klägerin einen Teil der Unterlagen bereits vor Erlass des Bescheids vom 1. Oktober 2010 dem FA vorgelegt habe.

13

Obwohl nur dieser Bescheid gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens geworden sei, seien auch der Bescheid vom 1. Juni 2010, der durch die Aufhebung des Bescheids vom 1. Oktober 2010 wiederauflebe, und die Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2010 aufzuheben. Nur dadurch werde dem Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin Rechnung getragen. Auch der Bescheid vom 1. Juni 2010 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2010 sei wegen fehlerhafter Ausübung des Entschließungsermessens rechtswidrig.

14

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass es --das FA-- bei seinen Ermessenserwägungen im Bescheid vom 1. Oktober 2010 zu berücksichtigen gehabt habe, dass Teile der angeforderten Buchführungsunterlagen bereits zuvor vorgelegt worden seien.

15

Unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) in BFHE 233, 317, BStBl II 2011, 855 geht das FA davon aus, dass für die Ermessensentscheidung auf den Zeitpunkt der erstmaligen Festsetzung des Verzögerungsgelds abzustellen sei. Wäre das FA gezwungen, bei der Ausübung des Entschließungsermessens eine Nachholung der Mitwirkung zu berücksichtigen, käme dies einer versteckten Einführung des § 335 AO für das Verzögerungsgeld gleich.

16

Das FA beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

17

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Revision zurückzuweisen.

18

Zur Begründung wiederholt und vertieft die Klägerin die Ausführungen in der Vorentscheidung.

Entscheidungsgründe

19

II. Die Revision ist unbegründet und daher gemäß § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen.

20

1. Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, dass der Bescheid vom 1. Oktober 2010 in entsprechender Anwendung des § 68 Satz 1 FGO zum Gegenstand des Verfahrens geworden ist.

21

§ 68 Satz 1 FGO greift u.a. dann ein, wenn ein angefochtener Verwaltungsakt aus formellen Gründen aufgehoben und inhaltsgleich wiederholt wird. Dies gilt gleichermaßen auch dann, wenn der ursprüngliche Bescheid keine hinreichenden Ausführungen zur Ermessensausübung enthält und diese in dem "ersetzenden" Bescheid nachgeholt werden (BFH-Urteil vom 16. Dezember 2008 I R 29/08, BFHE 224, 195, BStBl II 2009, 539, m.w.N.; BFH-Beschluss in BFHE 233, 317, BStBl II 2011, 855).

22

Der Bescheid vom 1. Oktober 2010 ist in seinem Regelungsausspruch inhaltsgleich mit dem Bescheid vom 1. Juni 2010. In dem Bescheid vom 1. Oktober 2010 sind lediglich die Ermessenserwägungen nachgeholt worden. Der ersetzende Bescheid ist daher entsprechend § 68 Satz 1 FGO zum Gegenstand des Verfahrens geworden.

23

2. Zu Recht hat das FG ausgeführt, dass das FA das ihm zustehende Ermessen in dem Bescheid vom 1. Oktober 2010 fehlerhaft ausgeübt hat.

24

a) Die Festsetzung des Verzögerungsgelds erfordert nach § 146 Abs. 2b AO neben den zwingenden tatbestandlichen Voraussetzungen (hier die Nichterfüllung der Mitwirkungspflicht gemäß § 200 Abs. 1 AO innerhalb einer angemessenen Frist) eine zweifache Ermessensentscheidung des FA. Ermessen ist erstens im Hinblick darauf auszuüben, ob im jeweiligen Einzelfall ein Verzögerungsgeld festgesetzt wird (sog. Entschließungsermessen). Zweitens muss --falls das Entschließungsermessen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeübt wird-- eine Entscheidung über die Höhe des Verzögerungsgelds innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Rahmens von mindestens 2.500 € bis höchstens 250.000 € getroffen werden (sog. Auswahlermessen; vgl. insgesamt BFH-Beschlüsse in BFHE 233, 317, BStBl II 2011, 855, und vom 28. Juni 2011 X B 37/11, BFH/NV 2011, 1833, sowie unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien BFH-Urteil vom 28. August 2012 I R 10/12, BFHE 239, 1, BStBl II 2013, 266, und BFH-Urteil vom 24. April 2014 IV R 25/11, zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehen).

25

b) Die von dem FA zu treffende Ermessensentscheidung bei der Anwendung des § 146 Abs. 2b AO ist durch die Finanzgerichte gemäß § 102 FGO nur eingeschränkt überprüfbar. Nach § 102 Satz 1 FGO ist die gerichtliche Prüfung darauf beschränkt, ob das FA den für die Ermessensausübung maßgeblichen Sachverhalt vollständig ermittelt hat, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten worden sind (sog. Ermessensüberschreitung), ob das FA von seinem Ermessen in einer dem Zweck der (Ermessens-)Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht (sog. Ermessensfehlgebrauch) oder ein ihm zustehendes Ermessen nicht ausgeübt hat (sog. Ermessensunterschreitung), oder ob die Behörde die verfassungsrechtlichen Schranken der Ermessensbetätigung, insbesondere also den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, missachtet hat (BFH-Urteile in BFHE 239, 1, BStBl II 2013, 266, und vom 24. April 2014 IV R 25/11, a.a.O.; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 102 FGO Rz 61 ff., Rz 86 ff., Rz 94 ff., jeweils mit umfangreichen Nachweisen).

26

aa) Für die gerichtliche Kontrolle ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung zugrunde zu legen (BFH-Urteile in BFHE 239, 1, BStBl II 2013, 266, und vom 24. April 2014 IV R 25/11, a.a.O.). Maßgeblicher Zeitpunkt ist daher regelmäßig der Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung. Ist allerdings, wie auch im Streitfall, nach Erlass der Einspruchsentscheidung ein geänderter Bescheid erlassen worden, der gemäß § 68 Satz 1 FGO zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist, ist für die gerichtliche Kontrolle auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses dieses geänderten Bescheids abzustellen (vgl. BFH-Urteil vom 20. Mai 1994 VI R 105/92, BFHE 175, 3, BStBl II 1994, 836).

27

bb) Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Beschluss des Senats in BFHE 233, 317, BStBl II 2011, 855. Die von dem FA für seine Auffassung herangezogenen Ausführungen in dieser Entscheidung betrafen den dortigen Sonderfall, dass das FA für die Nichtvorlage bzw. die verspätete Vorlage derselben Unterlagen zweimal ein Verzögerungsgeld festgesetzt hat. Für diesen Sonderfall hat der Senat ausgeführt, dass die Festsetzung eines weiteren Verzögerungsgelds wegen der fortgesetzten Nichtvorlage derselben Unterlagen bei der Ermessensentscheidung, die das FA für die erstmalige Festsetzung des Verzögerungsgelds zu treffen hat, nicht zu berücksichtigen sei. Diese Ausführungen stehen jedoch im Zusammenhang mit der Rechtsansicht des Senats, dass die Festsetzung eines weiteren Verzögerungsgelds rechtswidrig ist. Ist dies der Fall, ist diese Festsetzung auf entsprechenden Antrag des Steuerpflichtigen aufzuheben. Damit ist dem Rechtsschutzbedürfnis des Steuerpflichtigen Genüge getan. Das FA muss diesen Sachverhalt im Bescheid über die Festsetzung des ersten Verzögerungsgelds im Rahmen der dort zu treffenden Ermessensentscheidung nicht nochmals zugrunde legen. Nur in diesem Zusammenhang sind die Ausführungen des Senats zu verstehen, dass die Ermessenserwägungen sich ausschließlich auf den Sachverhalt beziehen, der im Zeitpunkt des Erlasses des ersten Festsetzungsbescheids verwirklicht war. Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass damit der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, also der Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung bezüglich des ersten Verzögerungsgelds gemeint war.

28

c) Da § 146 Abs. 2b AO mit Ausnahme der Ermessensgrenzen hinsichtlich der Höhe des Verzögerungsgelds keine konkreten Ermessensvorgaben enthält, hat das FA die doppelte Ermessensentscheidung gemäß § 5 AO entsprechend dem Zweck der Regelung und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auszuüben.

29

aa) Die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erfordert, dass das eingesetzte Mittel zur Erreichung des angestrebten Zwecks nicht nur erforderlich und geeignet ist, sondern hierzu auch in einem angemessenen, d.h. für den Betroffenen zumutbaren Verhältnis stehen muss (vgl. BFH-Urteil in BFHE 239, 1, BStBl II 2013, 266). Ausweislich der gesetzgeberischen Intention wird mit dem Verzögerungsgeld ein doppelter Zweck verfolgt. So soll der Steuerpflichtige zur zeitnahen Erfüllung seiner Mitwirkungspflichten angehalten werden (BTDrucks 16/10189, S. 81, sog. Beugecharakter), des Weiteren soll aber auch die Verletzung der Mitwirkungspflichten sanktioniert werden (BFH-Urteil in BFHE 239, 1, BStBl II 2013, 266; Klein/ Rätke, AO, 12. Aufl., § 146 Rz 66, m.w.N.; kritisch Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 146 AO Rz 48). Die Ermessenserwägungen zur Festsetzung des Verzögerungsgelds sind daher insbesondere an der Dauer der Fristüberschreitung, den Gründen und dem Ausmaß der Pflichtverletzung/en sowie der Beeinträchtigung der Außenprüfung auszurichten (BFH-Urteil in BFHE 239, 1, BStBl II 2013, 266, und vom 24. April 2014 IV R 25/11, a.a.O.).

30

bb) Diese Ermessenserwägungen sind sowohl bei der Ausübung des Entschließungsermessens als auch bei der Ausübung des sog. Auswahlermessens anzustellen. Da das Verzögerungsgeld in Höhe von mindestens 2.500 € festzusetzen ist und es sich hierbei nicht um einen Bagatellbetrag handelt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 239, 1, BStBl II 2013, 266), bedarf es einer sorgfältigen Abwägung, ob gegenüber dem Steuerpflichtigen überhaupt ein Verzögerungsgeld festgesetzt wird. Maßstab dieser Ermessensentscheidung des FA sowie nachvollziehbarer Gegenstand ihrer Begründung (§ 121 AO) muss deshalb sein, ob die Festsetzung eines Verzögerungsgelds in Höhe der Sanktionsuntergrenze (2.500 €) mit Rücksicht auf die Umstände der zu beurteilenden Pflichtverletzung/en sowie das Ausmaß der Beeinträchtigung der Prüfung angemessen ist. Demnach ist es ausgeschlossen, im Rahmen des Entschließungsermessens von einer Vorprägung auszugehen, wonach jede Verletzung der Mitwirkungspflichten (§ 200 Abs. 1 AO) --unabhängig davon, ob den Steuerpflichtigen ein Schuldvorwurf trifft-- grundsätzlich zur Festsetzung eines Verzögerungsgelds führt (BFH-Urteil in BFHE 239, 1, BStBl II 2013, 266). Auch wenn die angeforderten Unterlagen schuldhaft nicht innerhalb der festgesetzten Frist vorgelegt werden, folgt daraus nicht, dass ein Verzögerungsgeld nunmehr zwingend im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null festzusetzen ist (vgl. BFH-Urteil vom 28. März 2007 IX R 22/05, BFH/NV 2007, 1450, zur Ausübung des Entschließungsermessens hinsichtlich der Festsetzung eines Verspätungszuschlags bei schuldhafter Säumnis). Auch bei schuldhafter Nichtvorlage der Unterlagen ist stets eine an der Sanktionsuntergrenze (2.500 €) auszurichtende Würdigung des Einzelfalls erforderlich (BFH-Urteil vom 24. April 2014 IV R 25/11, a.a.O.).

31

d) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das FG zu Recht entschieden, dass das FA sein Ermessen in dem Bescheid vom 1. Oktober 2010 fehlerhaft ausgeübt hat. Wie dargelegt sind die Ermessenserwägungen zur Festsetzung des Verzögerungsgelds u.a. an der Dauer der Fristüberschreitung auszurichten, da diese die Beeinträchtigung der Außenprüfung in besonderem Maße widerspiegelt. Angesichts dessen musste das FA sowohl bei der Ausübung des sog. Entschließungsermessens als auch bei der Ausübung des Auswahlermessens im Zeitpunkt des Erlasses des geänderten Bescheids vom 1. Oktober 2010 mitberücksichtigen, dass die Klägerin die angeforderten Unterlagen jedenfalls teilweise vor Erlass dieses Bescheids eingereicht hatte. Ob dieser Umstand dem Sachbearbeiter, der den streitgegenständlichen Bescheid erlassen hat, hier dem Sachbearbeiter der Rechtsbehelfsstelle, evtl. nicht bekannt war, ist unerheblich, da nicht auf dessen Kenntnis abzustellen ist. Ausreichend ist, dass die Unterlagen, wie geschehen, dem Betriebsprüfer, der diese angefordert hat, ausgehändigt worden und damit in den Machtbereich des FA gelangt sind.

32

Soweit das FA dagegen einwendet, die Berücksichtigung dieses Sachverhaltes käme der Einführung (gemeint ist: der sinngemäßen Anwendung) des § 335 AO gleich, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Denn die Berücksichtigung der Vorlage der Unterlagen führt anders als im Anwendungsbereich des § 335 AO (Rechtsfolge dort: Beendigung des Zwangsverfahrens) nicht zur Beendigung des Verfahrens über die Festsetzung des Verzögerungsgelds. Ebenso wenig führt die Erfüllung der Mitwirkungspflichten nach dem Ablauf der dafür gesetzten Fristen dazu, dass nunmehr ein Verzögerungsgeld nicht mehr festgesetzt werden kann. Die nachträgliche Erfüllung der Mitwirkungspflichten muss jedoch sowohl im Rahmen der Ausübung des sog. Entschließungsermessens als auch bei der Ausübung des Auswahlermessens berücksichtigt werden. Inwieweit dies die Ermessensentscheidung im Ergebnis beeinflusst, ist eine Frage des Einzelfalls.

33

e) Das FG hat den Bescheid vom 1. Oktober 2010 danach zu Recht aufgehoben. Angesichts dessen muss der Senat nicht dazu Stellung nehmen, ob der Bescheid vom 1. Oktober 2010 bereits deshalb rechtswidrig und damit aufzuheben war, weil die Nachholung der Ermessenserwägungen in dem geänderten Bescheid während des anhängigen Klageverfahrens gegen die Regelung in § 102 Satz 2 FGO verstößt (dies verneinend: BFH-Urteil in BFHE 224, 195, BStBl II 2009, 539; anders im sozialgerichtlichen Verfahren: Urteile des Bundessozialgerichts vom 24. August 1988  7 RAr 53/86, BSGE 64, 36, und vom 15. Februar 1990  7 RAr 28/88, BSGE 66, 204; die Rechtsprechung des BFH ablehnend: Schallmoser in HHSp, § 68 FGO Rz 16; Lange in HHSp, § 102 FGO Rz 63, 67, und Steinhauff in juris PraxisReport Steuerrecht 24/2009, Anm. 3).

34

3. Zu Recht hat das FG des Weiteren den Bescheid vom 1. Juni 2010 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2010 aufgehoben. Dem steht nicht entgegen, dass gemäß § 68 Satz 1 FGO nur der Änderungsbescheid vom 1. Oktober 2010 zum Gegenstand des Verfahrens geworden ist.

35

a) § 68 FGO in der im Streitjahr geltenden Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) soll dem Rechtsuchenden umfassenden Rechtsschutz sichern. Der Kläger soll nicht durch den Erlass eines ändernden oder ersetzenden Bescheids aus dem Verfahren gedrängt werden (BFH-Urteil vom 29. Januar 2003 XI R 84/00, BFH/NV 2003, 1330, zu § 68 Satz 3 FGO a.F.). Die Vorschrift dient darüber hinaus der Prozessökonomie und der Verfahrensvereinfachung. Sie soll den Beteiligten weitere --außergerichtliche und gerichtliche-- Rechtsmittelverfahren gegen Änderungsbescheide ersparen, indem der mit dem ändernden oder ersetzenden Bescheid verbundene Verfahrensgegenstand in den bereits anhängigen Rechtsstreit aufgenommen wird. Der Kläger wird nicht auf ein neues Verfahren verwiesen, da seinem Klageinteresse ggf. auch im anhängigen Verfahren entsprochen werden kann (Schallmoser in HHSp, § 68 FGO Rz 8 ff.).

36

Durch die von dem FA veranlasste Korrektur des angefochtenen Bescheids und dessen Einbeziehung in das finanzgerichtliche Verfahren soll der Kläger aber insbesondere verfahrensrechtlich nicht schlechter gestellt werden als zuvor. Dies wäre indes im Streitfall zu besorgen, wenn in dem Urteil nur die Kassation des Änderungsbescheids vom 1. Oktober 2010 ausgesprochen würde. Durch die Aufhebung nur des Änderungsbescheids würde dem Anfechtungsbegehren der Klägerin, welches von vornherein auf die ersatzlose Aufhebung des festgesetzten Verzögerungsgelds gerichtet war, nicht ausreichend Rechnung getragen. Die Aufhebung nur des Änderungsbescheids hat nämlich zur Folge, dass der ursprüngliche Bescheid vom 1. Juni 2010 wieder in Kraft tritt. Der Änderungsbescheid vom 1. Oktober 2010 hat zwar den ursprünglichen Bescheid vom 1. Juni 2010 in seinen Regelungsgehalt aufgenommen (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25. Oktober 1972 GrS 1/72, BFHE 108, 1, BStBl II 1973, 231). Solange der Änderungsbescheid vom 1. Oktober 2010 Bestand hat, entfaltet der ursprüngliche Bescheid vom 1. Juni 2010 deshalb keine Wirkung, er bleibt für die Dauer des Bestehens des Änderungsbescheids suspendiert. Der ursprüngliche Bescheid tritt aber wieder in Kraft, wenn der Änderungsbescheid aufgehoben wird (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 108, 1, BStBl II 1973, 231).

37

b) Eine Aufhebung des ursprünglichen Bescheids vom 1. Juni 2010 kommt indes nur dann in Betracht, wenn dieser seinerseits rechtswidrig ist. Dies hat das FG zu Recht bejaht. Das FG hat zutreffend ausgeführt, dass der Bescheid vom 1. Juni 2010 schon deshalb rechtswidrig sei, weil das FA sein Entschließungsermessen fehlerhaft ausgeübt habe. Das FA hat nämlich, wie das FG richtig ausführt und von dem FA auch im Rahmen seiner Ausführungen im Bescheid vom 1. Oktober 2010 selber eingeräumt wird, sein Entschließungsermessen über die Festsetzung des Verzögerungsgelds mit Rücksicht auf die Sanktionsuntergrenze von 2.500 € nicht zutreffend ausgeübt. Die (erstmaligen) Ermessenserwägungen in der Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2010 können nur dahin verstanden werden, dass das FA von einer verschuldensunabhängigen Vorprägung seiner Ermessensbefugnis in dem Sinne ausgegangen ist, dass die Verletzung der Mitwirkungspflichten grundsätzlich die Sanktion des Verzögerungsgelds trage. Ein solches Verständnis ist jedoch, wie unter II.2.c bb ausgeführt, mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht vereinbar.

38

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

(1) Zur Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen und Buchungen von Kasseneinnahmen und Kassenausgaben können die damit betrauten Amtsträger der Finanzbehörde ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung, während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten Geschäftsgrundstücke oder Geschäftsräume von Steuerpflichtigen betreten, um Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung erheblich sein können (Kassen-Nachschau). Der Kassen-Nachschau unterliegt auch die Prüfung des ordnungsgemäßen Einsatzes des elektronischen Aufzeichnungssystems nach § 146a Absatz 1. Wohnräume dürfen gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten werden. Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt.

(2) Die von der Kassen-Nachschau betroffenen Steuerpflichtigen haben dem mit der Kassen-Nachschau betrauten Amtsträger auf Verlangen Aufzeichnungen, Bücher sowie die für die Kassenführung erheblichen sonstigen Organisationsunterlagen über die der Kassen-Nachschau unterliegenden Sachverhalte und Zeiträume vorzulegen und Auskünfte zu erteilen, soweit dies zur Feststellung der Erheblichkeit nach Absatz 1 geboten ist. Liegen die in Satz 1 genannten Aufzeichnungen oder Bücher in elektronischer Form vor, ist der Amtsträger berechtigt, diese einzusehen, die Übermittlung von Daten über die einheitliche digitale Schnittstelle zu verlangen oder zu verlangen, dass Buchungen und Aufzeichnungen auf einem maschinell auswertbaren Datenträger nach den Vorgaben der einheitlichen digitalen Schnittstelle zur Verfügung gestellt werden. Die Kosten trägt der Steuerpflichtige.

(3) Wenn die bei der Kassen-Nachschau getroffenen Feststellungen hierzu Anlass geben, kann ohne vorherige Prüfungsanordnung zu einer Außenprüfung nach § 193 übergegangen werden. Auf den Übergang zur Außenprüfung wird schriftlich hingewiesen.

(1) Wer aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle oder andere Vorgänge mit Hilfe eines elektronischen Aufzeichnungssystems erfasst, hat ein elektronisches Aufzeichnungssystem zu verwenden, das jeden aufzeichnungspflichtigen Geschäftsvorfall und anderen Vorgang einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet aufzeichnet. Das elektronische Aufzeichnungssystem und die digitalen Aufzeichnungen nach Satz 1 sind durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung zu schützen. Diese zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung muss aus einem Sicherheitsmodul, einem Speichermedium und einer einheitlichen digitalen Schnittstelle bestehen. Die digitalen Aufzeichnungen sind auf dem Speichermedium zu sichern und für Nachschauen sowie Außenprüfungen durch elektronische Aufbewahrung verfügbar zu halten. Es ist verboten, innerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes solche elektronischen Aufzeichnungssysteme, Software für elektronische Aufzeichnungssysteme und zertifizierte technische Sicherheitseinrichtungen, die den in den Sätzen 1 bis 3 beschriebenen Anforderungen nicht entsprechen, zur Verwendung im Sinne der Sätze 1 bis 3 gewerbsmäßig zu bewerben oder gewerbsmäßig in den Verkehr zu bringen.

(2) Wer aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 erfasst, hat dem an diesem Geschäftsvorfall Beteiligten in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Geschäftsvorfall unbeschadet anderer gesetzlicher Vorschriften einen Beleg über den Geschäftsvorfall auszustellen und dem an diesem Geschäftsvorfall Beteiligten zur Verfügung zu stellen (Belegausgabepflicht). Bei Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen können die Finanzbehörden nach § 148 aus Zumutbarkeitsgründen nach pflichtgemäßem Ermessen von einer Belegausgabepflicht nach Satz 1 befreien. Die Befreiung kann widerrufen werden.

(3) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundestages und des Bundesrates und im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Folgendes zu bestimmen:

1.
die elektronischen Aufzeichnungssysteme, die über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen müssen, und
2.
die Anforderungen an
a)
das Sicherheitsmodul,
b)
das Speichermedium,
c)
die einheitliche digitale Schnittstelle,
d)
die elektronische Aufbewahrung der Aufzeichnungen,
e)
die Protokollierung von digitalen Grundaufzeichnungen zur Sicherstellung der Integrität und Authentizität sowie der Vollständigkeit der elektronischen Aufzeichnung,
f)
den Beleg und
g)
die Zertifizierung der technischen Sicherheitseinrichtung.
Die Erfüllung der Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a bis c ist durch eine Zertifizierung des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik nachzuweisen, die fortlaufend aufrechtzuerhalten ist. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik kann mit der Festlegung von Anforderungen an die technische Sicherheitseinrichtung im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 Buchstabe a bis c beauftragt werden. Die Rechtsverordnung nach Satz 1 ist dem Bundestag zuzuleiten. Die Zuleitung erfolgt vor der Zuleitung an den Bundesrat. Der Bundestag kann der Rechtsverordnung durch Beschluss zustimmen oder sie durch Beschluss ablehnen. Der Beschluss des Bundestages wird dem Bundesministerium der Finanzen zugeleitet. Hat sich der Bundestag nach Ablauf von drei Sitzungswochen seit Eingang der Rechtsverordnung nicht mit ihr befasst, so gilt die Zustimmung nach Satz 1 als erteilt und die Rechtsverordnung wird dem Bundesrat zugeleitet.

(4) Wer aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle oder andere Vorgänge mit Hilfe eines elektronischen Aufzeichnungssystems im Sinne des Absatzes 1 erfasst, hat dem nach den §§ 18 bis 20 zuständigen Finanzamt nach amtlich vorgeschriebenen Vordruck mitzuteilen:

1.
Name des Steuerpflichtigen,
2.
Steuernummer des Steuerpflichtigen,
3.
Art der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung,
4.
Art des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems,
5.
Anzahl der verwendeten elektronischen Aufzeichnungssysteme,
6.
Seriennummer des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems,
7.
Datum der Anschaffung des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems,
8.
Datum der Außerbetriebnahme des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems.
Die Mitteilung nach Satz 1 ist innerhalb eines Monats nach Anschaffung oder Außerbetriebnahme des elektronischen Aufzeichnungssystems zu erstatten.

(1) Zur Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen und Buchungen von Kasseneinnahmen und Kassenausgaben können die damit betrauten Amtsträger der Finanzbehörde ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung, während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten Geschäftsgrundstücke oder Geschäftsräume von Steuerpflichtigen betreten, um Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung erheblich sein können (Kassen-Nachschau). Der Kassen-Nachschau unterliegt auch die Prüfung des ordnungsgemäßen Einsatzes des elektronischen Aufzeichnungssystems nach § 146a Absatz 1. Wohnräume dürfen gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten werden. Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt.

(2) Die von der Kassen-Nachschau betroffenen Steuerpflichtigen haben dem mit der Kassen-Nachschau betrauten Amtsträger auf Verlangen Aufzeichnungen, Bücher sowie die für die Kassenführung erheblichen sonstigen Organisationsunterlagen über die der Kassen-Nachschau unterliegenden Sachverhalte und Zeiträume vorzulegen und Auskünfte zu erteilen, soweit dies zur Feststellung der Erheblichkeit nach Absatz 1 geboten ist. Liegen die in Satz 1 genannten Aufzeichnungen oder Bücher in elektronischer Form vor, ist der Amtsträger berechtigt, diese einzusehen, die Übermittlung von Daten über die einheitliche digitale Schnittstelle zu verlangen oder zu verlangen, dass Buchungen und Aufzeichnungen auf einem maschinell auswertbaren Datenträger nach den Vorgaben der einheitlichen digitalen Schnittstelle zur Verfügung gestellt werden. Die Kosten trägt der Steuerpflichtige.

(3) Wenn die bei der Kassen-Nachschau getroffenen Feststellungen hierzu Anlass geben, kann ohne vorherige Prüfungsanordnung zu einer Außenprüfung nach § 193 übergegangen werden. Auf den Übergang zur Außenprüfung wird schriftlich hingewiesen.

(1) Wer aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle oder andere Vorgänge mit Hilfe eines elektronischen Aufzeichnungssystems erfasst, hat ein elektronisches Aufzeichnungssystem zu verwenden, das jeden aufzeichnungspflichtigen Geschäftsvorfall und anderen Vorgang einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet aufzeichnet. Das elektronische Aufzeichnungssystem und die digitalen Aufzeichnungen nach Satz 1 sind durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung zu schützen. Diese zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung muss aus einem Sicherheitsmodul, einem Speichermedium und einer einheitlichen digitalen Schnittstelle bestehen. Die digitalen Aufzeichnungen sind auf dem Speichermedium zu sichern und für Nachschauen sowie Außenprüfungen durch elektronische Aufbewahrung verfügbar zu halten. Es ist verboten, innerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes solche elektronischen Aufzeichnungssysteme, Software für elektronische Aufzeichnungssysteme und zertifizierte technische Sicherheitseinrichtungen, die den in den Sätzen 1 bis 3 beschriebenen Anforderungen nicht entsprechen, zur Verwendung im Sinne der Sätze 1 bis 3 gewerbsmäßig zu bewerben oder gewerbsmäßig in den Verkehr zu bringen.

(2) Wer aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 erfasst, hat dem an diesem Geschäftsvorfall Beteiligten in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Geschäftsvorfall unbeschadet anderer gesetzlicher Vorschriften einen Beleg über den Geschäftsvorfall auszustellen und dem an diesem Geschäftsvorfall Beteiligten zur Verfügung zu stellen (Belegausgabepflicht). Bei Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen können die Finanzbehörden nach § 148 aus Zumutbarkeitsgründen nach pflichtgemäßem Ermessen von einer Belegausgabepflicht nach Satz 1 befreien. Die Befreiung kann widerrufen werden.

(3) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundestages und des Bundesrates und im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Folgendes zu bestimmen:

1.
die elektronischen Aufzeichnungssysteme, die über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen müssen, und
2.
die Anforderungen an
a)
das Sicherheitsmodul,
b)
das Speichermedium,
c)
die einheitliche digitale Schnittstelle,
d)
die elektronische Aufbewahrung der Aufzeichnungen,
e)
die Protokollierung von digitalen Grundaufzeichnungen zur Sicherstellung der Integrität und Authentizität sowie der Vollständigkeit der elektronischen Aufzeichnung,
f)
den Beleg und
g)
die Zertifizierung der technischen Sicherheitseinrichtung.
Die Erfüllung der Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a bis c ist durch eine Zertifizierung des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik nachzuweisen, die fortlaufend aufrechtzuerhalten ist. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik kann mit der Festlegung von Anforderungen an die technische Sicherheitseinrichtung im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 Buchstabe a bis c beauftragt werden. Die Rechtsverordnung nach Satz 1 ist dem Bundestag zuzuleiten. Die Zuleitung erfolgt vor der Zuleitung an den Bundesrat. Der Bundestag kann der Rechtsverordnung durch Beschluss zustimmen oder sie durch Beschluss ablehnen. Der Beschluss des Bundestages wird dem Bundesministerium der Finanzen zugeleitet. Hat sich der Bundestag nach Ablauf von drei Sitzungswochen seit Eingang der Rechtsverordnung nicht mit ihr befasst, so gilt die Zustimmung nach Satz 1 als erteilt und die Rechtsverordnung wird dem Bundesrat zugeleitet.

(4) Wer aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle oder andere Vorgänge mit Hilfe eines elektronischen Aufzeichnungssystems im Sinne des Absatzes 1 erfasst, hat dem nach den §§ 18 bis 20 zuständigen Finanzamt nach amtlich vorgeschriebenen Vordruck mitzuteilen:

1.
Name des Steuerpflichtigen,
2.
Steuernummer des Steuerpflichtigen,
3.
Art der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung,
4.
Art des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems,
5.
Anzahl der verwendeten elektronischen Aufzeichnungssysteme,
6.
Seriennummer des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems,
7.
Datum der Anschaffung des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems,
8.
Datum der Außerbetriebnahme des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems.
Die Mitteilung nach Satz 1 ist innerhalb eines Monats nach Anschaffung oder Außerbetriebnahme des elektronischen Aufzeichnungssystems zu erstatten.

(1) Zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der Umsatzsteuer können die damit betrauten Amtsträger der Finanzbehörde ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung Grundstücke und Räume von Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausüben, während der Geschäfts- und Arbeitszeiten betreten, um Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung erheblich sein können (Umsatzsteuer-Nachschau). Wohnräume dürfen gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten werden.

(2) Soweit dies zur Feststellung einer steuerlichen Erheblichkeit zweckdienlich ist, haben die von der Umsatzsteuer-Nachschau betroffenen Personen den damit betrauten Amtsträgern auf Verlangen Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden über die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte vorzulegen und Auskünfte zu erteilen. Wurden die in Satz 1 genannten Unterlagen mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt, können die mit der Umsatzsteuer-Nachschau betrauten Amtsträger auf Verlangen die gespeicherten Daten über die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte einsehen und soweit erforderlich hierfür das Datenverarbeitungssystem nutzen. Dies gilt auch für elektronische Rechnungen nach § 14 Absatz 1 Satz 8.

(3) Wenn die bei der Umsatzsteuer-Nachschau getroffenen Feststellungen hierzu Anlass geben, kann ohne vorherige Prüfungsanordnung (§ 196 der Abgabenordnung) zu einer Außenprüfung nach § 193 der Abgabenordnung übergegangen werden. Auf den Übergang zur Außenprüfung wird schriftlich hingewiesen.

(4) Werden anlässlich der Umsatzsteuer-Nachschau Verhältnisse festgestellt, die für die Festsetzung und Erhebung anderer Steuern als der Umsatzsteuer erheblich sein können, so ist die Auswertung der Feststellungen insoweit zulässig, als ihre Kenntnis für die Besteuerung der in Absatz 1 genannten Personen oder anderer Personen von Bedeutung sein kann.

(1) Eine Außenprüfung ist zulässig bei Steuerpflichtigen, die einen gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten, die freiberuflich tätig sind und bei Steuerpflichtigen im Sinne des § 147a.

(2) Bei anderen als den in Absatz 1 bezeichneten Steuerpflichtigen ist eine Außenprüfung zulässig,

1.
soweit sie die Verpflichtung dieser Steuerpflichtigen betrifft, für Rechnung eines anderen Steuern zu entrichten oder Steuern einzubehalten und abzuführen,
2.
wenn die für die Besteuerung erheblichen Verhältnisse der Aufklärung bedürfen und eine Prüfung an Amtsstelle nach Art und Umfang des zu prüfenden Sachverhalts nicht zweckmäßig ist oder
3.
wenn ein Steuerpflichtiger seinen Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb nicht nachkommt.

(1) Zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der Umsatzsteuer können die damit betrauten Amtsträger der Finanzbehörde ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung Grundstücke und Räume von Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausüben, während der Geschäfts- und Arbeitszeiten betreten, um Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung erheblich sein können (Umsatzsteuer-Nachschau). Wohnräume dürfen gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten werden.

(2) Soweit dies zur Feststellung einer steuerlichen Erheblichkeit zweckdienlich ist, haben die von der Umsatzsteuer-Nachschau betroffenen Personen den damit betrauten Amtsträgern auf Verlangen Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden über die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte vorzulegen und Auskünfte zu erteilen. Wurden die in Satz 1 genannten Unterlagen mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt, können die mit der Umsatzsteuer-Nachschau betrauten Amtsträger auf Verlangen die gespeicherten Daten über die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte einsehen und soweit erforderlich hierfür das Datenverarbeitungssystem nutzen. Dies gilt auch für elektronische Rechnungen nach § 14 Absatz 1 Satz 8.

(3) Wenn die bei der Umsatzsteuer-Nachschau getroffenen Feststellungen hierzu Anlass geben, kann ohne vorherige Prüfungsanordnung (§ 196 der Abgabenordnung) zu einer Außenprüfung nach § 193 der Abgabenordnung übergegangen werden. Auf den Übergang zur Außenprüfung wird schriftlich hingewiesen.

(4) Werden anlässlich der Umsatzsteuer-Nachschau Verhältnisse festgestellt, die für die Festsetzung und Erhebung anderer Steuern als der Umsatzsteuer erheblich sein können, so ist die Auswertung der Feststellungen insoweit zulässig, als ihre Kenntnis für die Besteuerung der in Absatz 1 genannten Personen oder anderer Personen von Bedeutung sein kann.

Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.

(1) Die Prüfungsanordnung sowie der voraussichtliche Prüfungsbeginn und die Namen der Prüfer sind dem Steuerpflichtigen, bei dem die Außenprüfung durchgeführt werden soll, angemessene Zeit vor Beginn der Prüfung bekannt zu geben, wenn der Prüfungszweck dadurch nicht gefährdet wird. Der Steuerpflichtige kann auf die Einhaltung der Frist verzichten. Soll die Prüfung nach § 194 Abs. 2 auf die steuerlichen Verhältnisse von Gesellschaftern und Mitgliedern sowie von Mitgliedern der Überwachungsorgane erstreckt werden, so ist die Prüfungsanordnung insoweit auch diesen Personen bekannt zu geben.

(2) Auf Antrag der Steuerpflichtigen soll der Beginn der Außenprüfung auf einen anderen Zeitpunkt verlegt werden, wenn dafür wichtige Gründe glaubhaft gemacht werden.

(3) Mit der Prüfungsanordnung kann die Vorlage von aufzeichnungs- oder aufbewahrungspflichtigen Unterlagen innerhalb einer angemessenen Frist verlangt werden. Sind diese Unterlagen mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden, sind die Daten in einem maschinell auswertbaren Format an die Finanzbehörde zu übertragen. Im Übrigen bleibt § 147 Absatz 6 unberührt.

(4) Sind Unterlagen nach Absatz 3 vorgelegt worden, sollen dem Steuerpflichtigen die beabsichtigten Prüfungsschwerpunkte der Außenprüfung mitgeteilt werden. Die Nennung von Prüfungsschwerpunkten stellt keine Einschränkung der Außenprüfung auf bestimmte Sachverhalte nach § 194 dar.

(5) Ist Grundlage der Außenprüfung ein Steuerbescheid, der aufgrund einer in § 149 Absatz 3 genannten Steuererklärung erlassen wurde, soll die Prüfungsanordnung bis zum Ablauf des Kalenderjahres erlassen werden, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem der Steuerbescheid wirksam geworden ist. Wird die Prüfungsanordnung aus Gründen, die die Finanzbehörde zu vertreten hat, zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben, beginnt die Frist nach § 171 Absatz 4 Satz 3 erster Halbsatz mit Ablauf des Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem der in Satz 1 bezeichnete Steuerbescheid wirksam geworden ist. Erstreckt sich die Außenprüfung zugleich auf mehrere Steuerbescheide, sind die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitpunkt des Wirksamwerdens des zuletzt ergangenen Steuerbescheids einheitlich maßgeblich ist.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.