Bundesverwaltungsgericht Urteil, 26. Apr. 2018 - 3 C 7/16

ECLI:ECLI:DE:BVerwG:2018:260418U3C7.16.0
bei uns veröffentlicht am26.04.2018

Tatbestand

1

Der klagende Tierschutzverein begehrt von dem Beklagten, einer Gemeinde, den Ersatz von Kosten für die Unterbringung und tierärztliche Versorgung mehrerer Katzen.

2

Im Zeitraum vom 18. Juni 2013 bis 9. Juli 2014 wurden im Gemeindegebiet des Beklagten insgesamt neun Katzen aufgefunden und dem Kläger übergeben. Der Kläger zeigte dies dem Beklagten jeweils als Fund an und wies mit Blick auf anfallende Kosten auf die Möglichkeit hin, die Katzen anderweitig unterzubringen. Nachfolgend stellte er dem Beklagten die jeweiligen Kosten für Impfungen, Entwurmungen und gegebenenfalls tierärztliche Behandlung sowie Unterbringungskosten in Höhe von insgesamt 2 998,36 € in Rechnung. Auf eine Mahnung teilte der Beklagte mit Schreiben vom 31. Oktober 2014 mit, er werde die Rechnungen nicht begleichen. Würden die Tiere nicht abgeholt, gehe er davon aus, dass es sich um herrenlose Tiere handele. Eventuell könne die Gemeinde einen jährlichen Zuschuss zahlen, was jedoch noch geklärt werden müsste. Der Kläger hat darauf Klage erhoben mit dem Antrag, den Beklagten zum Ersatz der Kosten einschließlich Zinsen zu verurteilen.

3

Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben. Es sei davon auszugehen, dass es sich bei den Katzen um Fundtiere gehandelt habe. Mit ihrer Verwahrung habe der Kläger ein Geschäft des Beklagten als Fundbehörde geführt. Zwar entstehe eine Verwahrungspflicht der Fundbehörde grundsätzlich erst, wenn diese das Fundtier entgegengenommen habe. Werde ein Fundtier einer fachkundigen Stelle überantwortet, so sei diese Voraussetzung jedoch bereits mit der Fundanzeige und dem Angebot erfüllt, das Fundtier selbst aufzubewahren. Das folge aus dem verfassungsrechtlichen Tierschutzgebot. Ein Umweg über die Fundbehörde laufe einer möglichst raschen artgerechten Versorgung und damit dem Tierschutzgebot zuwider.

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Der Verwaltungsgerichtshof hat das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über eine Geschäftsführung ohne Auftrag seien zwar im öffentlichen Recht entsprechend anwendbar. Mit der Unterbringung und Versorgung der Katzen habe der Kläger aber kein Geschäft des Beklagten geführt, weil der Beklagte hierzu nicht verpflichtet gewesen sei. Das Fundrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs, das auf Tiere entsprechend anzuwenden sei, verpflichte den Finder, die Fundsache zu verwahren. Finder seien diejenigen, die die Katzen an sich genommen und dem Kläger gebracht hätten. Die Unterbringung eines Fundtieres bei einem Dritten entbinde den Finder nicht von seinen Pflichten. Diese endeten, wenn es bei der zuständigen Fundbehörde abgeliefert werde. Erst mit der Ablieferung entstehe eine Verwahrungspflicht der Fundbehörde. Die bloße Anzeige des Fundes, zu der jeder Finder verpflichtet sei, ersetze die Ablieferung nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift nicht. Es sei nichts dafür ersichtlich, dass die Ablieferung nicht tierschutzgerecht möglich gewesen sei. Die Anzeige des Fundes ersetze die Ablieferung auch nicht deshalb, weil der Kläger dem Beklagten die Katzen zur Aufbewahrung angeboten habe. Der Beklagte habe hierauf nicht reagieren müssen. Das Tierschutzrecht gebiete keine andere Auslegung. Mit einer Ablieferung der Katzen wäre kein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz verbunden gewesen, da es auch von der Fundbehörde zu beachten sei. Wie sie das organisiere, sei ihr zu überlassen. Aus § 90a BGB und der Staatszielbestimmung des Art. 20a GG ergebe sich nichts anderes. Der Gesetzgeber habe auf spezielle fundrechtliche Vorschriften für Tiere verzichtet und damit die entsprechende Anwendung der Vorschriften über Sachen vorgesehen (§ 90a BGB). Er bleibe damit innerhalb des weiten Gestaltungsspielraums, den Art. 20a GG ihm lasse.

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Zur Begründung seiner Revision macht der Kläger geltend, der Rechtsstreit betreffe ein zentrales Problem von Tierschutzvereinen und Gemeinden. Typischerweise wendeten sich diejenigen, die ein Tier auffinden, an den örtlichen Tierschutzverein. In zahlreichen Fällen werde von den Gemeinden problemlos ein Entgelt gezahlt, wenn ein aufgefundenes Tier in Verwahrung genommen werde. Diese Praxis werde durch das angefochtene Urteil ohne Not zum Nachteil des Tierschutzes in Frage gestellt. Der Verwaltungsgerichtshof nehme an, Finder der Katzen seien diejenigen gewesen, die sie an sich genommen und zu ihm, dem Kläger, gebracht hätten. Den Auffindenden sei es jedoch darum gegangen, die Katzen so schnell wie möglich in gute Hände zu geben. Deshalb fehle der Wille, Besitz zu begründen. Komme es darauf nicht an, so müsse man sich vor einem umfassenden Pflichtenkatalog hüten, der selbst einem Tierfreund nahe lege, sich einem verlorenen Tier nicht zuzuwenden. Im Kern gehe der Verwaltungsgerichtshof unzutreffend davon aus, dass der Beklagte vor der Ablieferung keine Verwahrungspflicht habe und die Versorgung der Katzen deshalb nicht als Geschäft des Beklagten anzusehen sei. Die Verwahrungspflicht ergebe sich aufgrund einer Ermessensreduzierung aus dem Recht der Fundbehörde, die Ablieferung des Fundes zu verlangen. Mit Kenntnis vom Fund der Katzen hätte die Ablieferung angeordnet werden müssen, weil anderenfalls die Auffinder zufällig in eine Situation gerieten, der sie kaum oder gar nicht gewachsen seien. Sie müssten diverse tierschutzrechtliche Pflichten übernehmen, denen sie möglicherweise nicht gerecht werden könnten. Das würde einen unzumutbaren Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit darstellen. Außerdem gebiete die Staatszielbestimmung des Art. 20a GG, eine Verwahrungspflicht der Fundbehörde bereits anzunehmen, wenn ihr der Fund angezeigt und das Tier zur Aufbewahrung angeboten werde. Das gelte nicht nur für kranke oder verunfallte Tiere, sondern allgemein. Als Wertentscheidung müsse die Staatszielbestimmung bei der Auslegung des einfachen Rechts beachtet werden. Ein traditionelles Gesetzesverständnis könne dem nicht entgegengehalten werden, denn die Anpassung des geltenden Rechts an veränderte Verhältnisse gehöre zu den Aufgaben der Dritten Gewalt. Abliefern müsse nicht Hinbringen bedeuten. Die Ablieferungspflicht sei auf eine bloße Mitteilungspflicht zu reduzieren. Zudem dürfe der Blick nicht auf das Fundrecht verengt werden. Eine Behörde sei verpflichtet, gegen tierschutzwidrige Zustände einzuschreiten. Das gelte auch für den Beklagten als Sicherheitsbehörde. Entsprechend könne derjenige, der ein Tier auffinde, für sie tätig werden, etwa wenn die Behörde nicht erreichbar sei oder nicht tätig werden wolle. Hinzu komme, dass der Beklagte in dem Schreiben vom 31. Oktober 2014 mitgeteilt habe, Unterbringungskosten für Fundtiere würden nur gezahlt, wenn die Tiere von ihrem Besitzer abgeholt würden. Nach dem Rechtsgedanken des § 295 Satz 1 BGB könne sich der Beklagte danach nicht mehr auf eine Ablieferungspflicht berufen.

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Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Finder im Rechtssinne sei, wer willentlich Besitz an der verlorenen Sache begründe. Werde ein Fund verneint, weil es keinen Finder gebe, erübrige sich die Erörterung einer Verwahrungspflicht des Beklagten. Die Staatszielbestimmung des Art. 20a GG gebiete, den Gedanken des Tierschutzes bei der Auslegung zu berücksichtigen, erlaube aber nicht, sich über den Wortlaut einer Norm hinwegzusetzen. Die Verwahrungspflicht einer Gemeinde setze eindeutig die Ablieferung voraus. Es könne auch nicht von vornherein unterstellt werden, dass die Fundbehörden nicht in der Lage seien, Fundtiere artgerecht unterzubringen. Falls rechtspolitisch gewünscht, sei es Aufgabe des Gesetzgebers, tätig zu werden. Der geltend gemachten Ermessensreduzierung sei zu entgegnen, dass der Finder die Möglichkeit habe, sich von seinen Pflichten zu befreien, indem er die Fundsache abliefere. Die bayerische Fundverordnung sehe die Anordnung der Ablieferung unter Aspekten des Tierschutzes nicht vor.

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Die Landesanwaltschaft Bayern und der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligen sich am Verfahren.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das angefochtene Urteil steht in Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen, denn er hat kein Geschäft des Beklagten geführt. Nach den Bestimmungen des Fundrechts war es nicht Aufgabe des Beklagten, die Katzen zu verwahren. Auch jenseits des Fundrechts kommt eine Geschäftsführung des Klägers für den Beklagten nicht in Betracht.

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1. Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 677 ff. BGB) sind im öffentlichen Recht vorbehaltlich abschließender Sonderregelungen grundsätzlich entsprechend anwendbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2018 - 3 C 24.16 - m.w.N. ). Besteht - wie hier - keine Vereinbarung und damit kein Auftragsverhältnis zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherrn, so kann sich daraus ein Aufwendungsersatzanspruch ergeben (§§ 683, 670 BGB).

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2. Auf der Grundlage seiner tatsächlichen Feststellungen hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch zutreffend entschieden, dass die Verwahrung der hier in Rede stehenden Katzen nicht zu den Aufgaben des Beklagten als Fundbehörde gehörte und insoweit ein Aufwendungsersatzanspruch nicht besteht.

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a) Das Fundrecht gilt für Tiere entsprechend. Tiere sind zwar keine Sachen, die für Sachen geltenden Vorschriften sind aber entsprechend anzuwenden (§ 90a BGB). Schon der historische Gesetzgeber hatte sich mit der Anwendung des Fundrechts auf Tiere befasst, diese bejaht und für sie eine besondere Regelung des Finderlohns getroffen (§ 971 Abs. 1 Satz 2 BGB; Mugdan, Die gesammelten Materialien zum BGB, Bd. III, Protokolle S. 3811 f.).

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Das Fundrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§§ 965 ff. BGB) zielt in erster Linie darauf, der Gefahr eines dauerhaften Verlustes von Sachen zu begegnen. Es soll dazu beitragen, dass eine verlorene Sache alsbald unversehrt zurückgegeben werden kann. Den Finder einer verlorenen Sache trifft deshalb eine Anzeige- und Verwahrungspflicht (§§ 965, 966 Abs. 1 BGB). Damit korrespondierend hat die zuständige Fundbehörde die Aufgabe, die Rückgabe zu vermitteln und nach Maßgabe des Gesetzes zu gewährleisten. So ist der Finder berechtigt, die Fundsache bei der Fundbehörde abzuliefern und sich auf diese Weise von seiner Verwahrungspflicht zu befreien. Umgekehrt hat die Fundbehörde die Befugnis, "im Interesse der öffentlichen Ordnung beziehungsweise zum Schutze des Eigentums" anzuordnen, dass der Fund an sie abzuliefern ist (§ 967 BGB; Mugdan, Die gesammelten Materialien zum BGB, Bd. III, Motive, S. 379; vgl. auch Kohler-Gehrig, VBlBW 1995, 377). Entsprechend dieser Konzeption sind die Aufgaben der Fundbehörden hoheitlicher Natur (vgl. RG, Beschluss vom 5. Januar 1906, Hanseatische Gerichtszeitung 1906 Nr. 154; VGH Bremen, Urteil vom 13. Dezember 1955 - BA 66/55 - DVBl 1956, 628 m.w.N.) und waren ursprünglich den Polizeibehörden zugewiesen (RGBl. 1896, 195 <361 ff.>). Aus diesem Grund ist es den Ländern überlassen, das öffentlich-rechtliche Fundrecht weiter zu regeln (Mugdan, Die gesammelten Materialien zum BGB, Bd. III, Motive, S. 377 f.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 10. März 1976 - 1 BvR 355/67 - BVerfGE 42, 20 <30 f.>).

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Wer eine verlorene Sache findet und an sich nimmt, ist Finder (§ 965 BGB). Erst das Ansichnehmen begründet das gesetzliche Schuldverhältnis, das den Finder zur Verwahrung verpflichtet. Die dafür notwendige Besitzbegründung (§ 854 Abs. 1 BGB) liegt in seiner Hand. Ob Besitz begründet wurde, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Eine Besitzbegründung lässt sich aber nicht verneinen, wenn die Fundsache am Fundort aufgenommen und an einen anderen Ort verbracht wird (vgl. Mugdan, Die gesammelten Materialien zum BGB, Bd. III, Protokolle, S. 3801), wie es hier nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) der Fall war. Hierin liegt die willentliche Ausübung tatsächlicher Gewalt über die Fundsache, mit der neuer Besitz an der verlorenen Sache einhergeht und die Fundsache im Sinne des Fundrechts an sich genommen ist. Ein dem widersprechender Wille, insbesondere keine Verantwortung für die Fundsache übernehmen und daher nicht Finder werden zu wollen, ist unerheblich und ermöglicht nicht, sich dem gesetzlichen Schuldverhältnis zu entziehen. Die in der Revision aufgeworfenen Grenzfragen insbesondere im Zusammenhang mit der Besitzdienerschaft (§ 855 BGB) oder der Begründung von Fremd- oder Eigenbesitz (vgl. dazu Gursky/Wiegand, in: Staudinger, BGB, Buch 3, 2017, § 965 Rn. 13 m.w.N.) stellen sich auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht.

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b) Der Kläger macht mit seiner Revision geltend, der Beklagte sei mit Kenntnis vom Fund aufgrund einer Ermessensreduzierung verpflichtet gewesen, die Ablieferung der Katzen anzuordnen, womit es auch seine Aufgabe gewesen sei, die Katzen zu verwahren. Dem kann nicht gefolgt werden.

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Gemäß § 967 BGB ist der Finder auf Anordnung der zuständigen Behörde verpflichtet, die Sache an sie abzuliefern. Die Verordnung über die Zuständigkeiten und das Verfahren der Fundbehörden (FundV), die das Bayerische Staatsministerium des Innern aufgrund seiner Ermächtigung gemäß Art. 61 AGBGB erlassen hat (BayRS IV S. 581), sieht in bestimmten Fällen vor, dass die Ablieferung angeordnet werden soll. Das betrifft insbesondere amtliche Dokumente, Waffen und Betäubungsmittel (§ 3 Abs. 2 Satz 1 FundV). Darum geht es hier nicht. Ferner sieht sie vor, dass die Ablieferung angeordnet werden soll, wenn die Person des Finders oder die Beschaffenheit der Fundsache die Aufbewahrung durch die Fundbehörde zweckmäßig erscheinen lässt (§ 3 Abs. 2 Satz 2 FundV). Auch hieraus lässt sich nicht ableiten, dass der Beklagte verpflichtet gewesen wäre, die Ablieferung der Katzen anzuordnen. Im System des Fundrechts dient die Befugnis der Behörde, die Ablieferung der Fundsache anzuordnen, in erster Linie dazu, ihre unversehrte Rückgewähr an den Eigentümer zu sichern. Das gebietet, die Ausübung der Anordnungsbefugnis daran auszurichten, ob eine sichere Verwahrung der Fundsache in den Händen des Finders hinreichend gewährleistet ist oder nicht. Entsprechend mag sich die Anordnungsbefugnis zu einer Pflicht verdichten, wenn der Finder zu einer tierschutzgerechten Verwahrung eines Fundtieres nicht in der Lage oder nicht willens ist (vgl. Kohler-Gehrig, VBlBW 1995, 377 <379>).

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Ginge man von einer solchen Situation aus, so wäre allerdings schwerlich denkbar, dass der Kläger, bei dem sich die Katzen im Zeitpunkt der Anzeige befunden haben, mit seiner - dann notwendig abzulehnenden - Verwahrung ein Geschäft des Beklagten geführt haben könnte, das trotz entgegenstehenden Willens des Beklagten im öffentlichen Interesse lag (§§ 683, 679 BGB). Das aber wäre Voraussetzung des von ihm geltend gemachten Aufwendungsersatzanspruchs. Vor allem aber spricht nichts dafür, dass der Beklagte davon hätte ausgehen müssen, dass die Katzen im Tierheim des Klägers nicht tierschutzgerecht untergebracht und versorgt würden. Vom Gegenteil ist bereits das Berufungsgericht ausgegangen, was dem Anspruch des Klägers als Tierschutzverein entspricht. Auch dem Ansatz, die gesetzliche Pflicht der Finder von Tieren, diese tierschutzgerecht zu verwahren (§ 966 Abs. 1 BGB), stelle einen unzumutbaren Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit dar (Art. 2 Abs. 1 GG), vermag der Senat nicht zu folgen. Die Pflicht beruht im Ausgangspunkt auf einer freien Entscheidung des Finders und kann durch Ablieferung bei der zuständigen Behörde beendet werden. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen daher nicht. Von einer aufgrund Ermessensreduzierung bestehenden Pflicht des Beklagten, die Ablieferung der Katzen anzuordnen und diese zu verwahren, kann daher keine Rede sein.

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c) Zutreffend hat der Verwaltungsgerichtshof auch im Übrigen verneint, dass es fundrechtlich Aufgabe des Beklagten gewesen wäre, die Katzen zu verwahren.

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aa) Nach der Konzeption des Fundrechts ist es Aufgabe des Finders, die Fundsache zu verwahren (§ 966 Abs. 1 BGB). Allerdings hat er das Recht, die Sache an die zuständige Behörde abzuliefern (§ 967 BGB). Mit der Ablieferung der Fundsache endet die Verwahrungspflicht des Finders (§ 966 Abs. 1, § 975 Satz 1 BGB) und entsteht eine Verwahrungspflicht der Fundbehörde. Entsprechend verpflichtet das bayerische Landesrecht (§ 5 Abs. 1 FundV) die zur Entgegennahme einer Fundsache zuständigen Behörden, die ihnen abgelieferten Fundsachen zu verwahren. Ablieferung bedeutet im herkömmlichen Wortsinn die Übergabe der Fundsache, die Übertragung des Besitzes vom Finder auf die Fundbehörde (vgl. Oechsler, in: MüKo BGB, Band 7, 7. Aufl. 2017, § 967 Rn. 2). Auch das Recht, "an" die zuständige Behörde abzuliefern, macht deutlich, dass es grundsätzlich Sache des Finders ist, die Fundsache zur Fundbehörde zu bringen. Die Fundanzeige als solche und auch ein mit ihr verbundenes Angebot der Übergabe genügen nicht. Ebenso wenig lässt sich auf der Grundlage bloßen Schweigens der Fundbehörde ein die Ablieferung ersetzendes Besitzkonstitut (§ 868 BGB) annehmen.

19

bb) Eine Ausnahme hiervon kommt allerdings dort in Betracht, wo Gründe des Tierschutzes einer Ablieferung im Sinne einer Übergabe des Fundtieres an die Fundbehörde entgegenstehen.

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Nach Art. 20a GG schützt der Staat auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. Mit der Aufnahme als Staatsziel in das Grundgesetz hat der Tierschutz Verfassungsrang, womit die Bedeutung des Tierschutzes im Gefüge des Verfassungsrechts gestärkt wurde (BVerfG, Beschluss vom 12. Oktober 2010 - 2 BvF 1/07 - BVerfGE 127, 293 <328>; BVerwG, Urteil vom 23. November 2006 - 3 C 30.05 - BVerwGE 127, 183 Rn. 12). Aufgabe der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ist es, dem Staatsziel nach Maßgabe von Gesetz und Recht Rechnung zu tragen. Das gilt insbesondere für die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe, bei Ermessensentscheidungen und anderen Abwägungsvorgängen. Der Grundsatz der Gewaltenteilung verbietet allerdings eine Rechtsfortbildung, mit der die Gerichte ihre eigenen materiellen Gerechtigkeitsvorstellungen an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzen würden. Sie dürfen sich dem vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck einer gesetzlichen Regelung nicht entziehen, müssen die mit ihr verbundene Grundentscheidung respektieren und den Willen des Gesetzgebers auf der Grundlage der anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung im Wandel der Bedingungen möglichst zuverlässig zur Geltung bringen (BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2011 - 1 BvR 918/10 - BVerfGE 128, 193 <210>). Mangels spezieller Regelungen findet das Fundrecht auf Tiere entsprechende Anwendung (§ 90a BGB). Gegenüber der unmittelbaren Anwendung bringt das zum Ausdruck, dass der Unterschied zwischen Tieren als Mitgeschöpfen und leblosen Sachen bei der Gesetzesauslegung und -anwendung im Rahmen der herkömmlichen Methodik zu berücksichtigen ist.

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Der Finder soll mit dem Recht, die Fundsache bei der Fundbehörde abzuliefern, die Möglichkeit haben, sich von seiner Verwahrungspflicht zu befreien und diese auf die Fundbehörde überzuleiten. Zu seiner eigenen, durch die Ansichnahme des Fundtieres begründeten Verwahrungspflicht (§§ 965, 966 Abs. 1 BGB) gehört allerdings eine den tierschutzrechtlichen Vorgaben entsprechende Unterbringung und Versorgung (vgl. Gursky/Wiegand, in: Staudinger, BGB, Buch 3, 2017, § 966 Rn. 1 m.w.N.). Er ist verpflichtet, das Tier zu betreuen, und hat es nach dessen Bedürfnissen angemessen zu pflegen (§ 2 Nr. 1 TierSchG). Handelt es sich um ein krankes oder verletztes Tier, so kann die notwendige Pflege und gegebenenfalls tierärztliche Behandlung seiner Ablieferung im Sinne der Übergabe an die Fundbehörde entgegenstehen. In einer solchen Notsituation entspricht es Sinn und Zweck des Rechts auf Ablieferung, auf die unmittelbare Übergabe an die Fundbehörde zu verzichten; insoweit muss ausreichen, die Fundbehörde über den Fund (§ 965 Abs. 2 BGB) und die Hinderungsgründe für die Ablieferung unverzüglich zu unterrichten und sie dadurch in die Lage zu versetzen, über die weitere Verwahrung des Tieres zu entscheiden. Dem entspricht die im Rahmen einer Geschäftsführung ohne Auftrag bestehende Nebenpflicht, die Geschäftsführung, sobald es tunlich ist, dem Geschäftsherrn anzuzeigen und, wenn nicht mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist, dessen Entschließung abzuwarten (§ 681 Satz 1 BGB).

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Jenseits dieser aus Gründen des Tierschutzes gebotenen Beschränkung ist eine einschränkende Auslegung der Anforderungen der Ablieferung hingegen nicht gerechtfertigt. Der Umweg, der mit der Ablieferung an die Fundbehörde verbunden sein mag, ist jenseits tierschutzrechtlicher Hinderungsgründe hinzunehmen. Er findet seine Rechtfertigung in der im Fundrecht angelegten klaren Abgrenzung der Verantwortlichkeiten von Finder und Fundbehörde und der Organisationshoheit der Fundbehörde, ihre Aufgaben in eigener Verantwortung wahrzunehmen. Fundbehörden sind zwar regelmäßig nicht darauf eingerichtet, Fundtiere selbst in Verwahrung zu nehmen. Es bleibt daher unverändert zweckmäßig, Tierschutzvereine oder andere geeignete Einrichtungen mit der Verwahrung aufgefundener Tiere zu beauftragen, wie dies vielfach im Rahmen vertraglicher Vereinbarungen geschieht und empfohlen wird. Es bleibt den Fundbehörden aber auch unbenommen, sich anderweitig zu organisieren.

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Nach den bindenden Feststellungen des angefochtenen Urteils (§ 137 Abs. 2 VwGO) ist nichts dafür ersichtlich, dass die Ablieferung der Katzen wegen ihres Zustands nicht tierschutzgerecht oder gar unmöglich gewesen wäre. Der Verwaltungsgerichtshof hat es daher zu Recht abgelehnt, in der Verwahrung der Katzen durch den Kläger die Wahrnehmung einer fundrechtlichen Aufgabe und damit eines Geschäfts des Beklagten zu sehen.

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d) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Revisionsvorbringen, der Beklagte habe sich geweigert, die Katzen entgegenzunehmen. Zwar trifft es zu, dass sich die Fundbehörde ihrer Verwahrungspflicht nicht dadurch entziehen kann, dass sie die Entgegennahme einer Fundsache verweigert, was auch dem Rechtsgedanken des § 295 BGB entspricht. Dem Schreiben vom 31. Oktober 2014, auf das sich der Kläger bezieht, lässt sich eine solche Weigerung des Beklagten jedoch nicht entnehmen. Abgesehen davon, dass es deutlich nach den Funden datiert, sagt das Schreiben nichts dazu, wie der Beklagte mit den Katzen umgegangen wäre, wären sie bei ihm abgeliefert worden.

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3. Auch auf der Grundlage des Tierschutzgesetzes lassen sich eine Geschäftsführung des Klägers für den Beklagten und damit ein Aufwendungsersatzanspruch nicht begründen. Richtig ist allerdings, dass es Aufgabe der Tierschutzbehörden ist, die zur Beseitigung festgestellter oder die zur Verhütung künftiger Verstöße gegen das Tierschutzgesetz notwendigen Anordnungen zu treffen (§ 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG), wodurch sich überlagernde Aufgaben der Tierschutzbehörde einerseits, der Fundbehörde andererseits ergeben können (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2018 - 3 C 24.16 - ). Handelt es sich aber um ein verlorenes, also besitz-, aber nicht herrenloses Tier und damit um ein Fundtier (vgl. z.B. Gursky/Wiegand, in: Staudinger, BGB, Buch 3, 2017, § 965 Rn. 1 m.w.N.), so steht dem Finder offen, das Tier bei der Fundbehörde abzuliefern. Unter diesen Umständen fehlt es an der erforderlichen Rechtfertigung einer Geschäftsführung für die Tierschutzbehörde durch ein besonderes öffentliches Interesse (§ 679 BGB). Unabhängig hiervon ist der Beklagte nicht Tierschutzbehörde. Nach § 1 Abs. 1 der im hier maßgeblichen Zeitraum geltenden Bayerischen Tierschutzzuständigkeitsverordnung vom 26. März 1999 (GVBl S. 144) lag die Zuständigkeit zum Vollzug des Tierschutzgesetzes bei der Kreisverwaltungsbehörde, was die allgemeine Zuständigkeit einer Gemeinde als Sicherheitsbehörde (Art. 6 Landesstraf- und Verordnungsgesetz BY) verdrängt. Ebenso wenig hilft das vom Kläger angeführte Gebot weiter, Haus- und Stalltiere, die den Verkehr gefährden können, von der Straße fernzuhalten (§ 28 StVO). Dafür, dass unter diesem Aspekt die Inobhutnahme der Katzen Aufgabe des Beklagten gewesen sein könnte, fehlt jeder Anhaltspunkt, sollten freilebende Hauskatzen überhaupt von der Vorschrift erfasst werden (zur früheren Rechtslage verneinend: OLG Oldenburg, Urteil vom 11. Juli 1957 - 3 U 15/57 - MdR 1958, 604).

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

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Gesetz über den Lastenausgleich


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(1) Haus- und Stalltiere, die den Verkehr gefährden können, sind von der Straße fernzuhalten. Sie sind dort nur zugelassen, wenn sie von geeigneten Personen begleitet sind, die ausreichend auf sie einwirken können. Es ist verboten, Tiere von Kraftfah

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(1) Der Finder kann von dem Empfangsberechtigten einen Finderlohn verlangen. Der Finderlohn beträgt von dem Werte der Sache bis zu 500 Euro fünf vom Hundert, von dem Mehrwert drei vom Hundert, bei Tieren drei vom Hundert. Hat die Sache nur für den Em

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 975 Rechte des Finders nach Ablieferung


Durch die Ablieferung der Sache oder des Versteigerungserlöses an die zuständige Behörde werden die Rechte des Finders nicht berührt. Lässt die zuständige Behörde die Sache versteigern, so tritt der Erlös an die Stelle der Sache. Die zuständige Behör

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von Bundesrecht oder
2.
einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt,
beruht.

(2) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im übrigen ist das Bundesverwaltungsgericht an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht.

Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.

Tiere sind keine Sachen. Sie werden durch besondere Gesetze geschützt. Auf sie sind die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist.

(1) Der Finder kann von dem Empfangsberechtigten einen Finderlohn verlangen. Der Finderlohn beträgt von dem Werte der Sache bis zu 500 Euro fünf vom Hundert, von dem Mehrwert drei vom Hundert, bei Tieren drei vom Hundert. Hat die Sache nur für den Empfangsberechtigten einen Wert, so ist der Finderlohn nach billigem Ermessen zu bestimmen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Finder die Anzeigepflicht verletzt oder den Fund auf Nachfrage verheimlicht.

(1) Wer eine verlorene Sache findet und an sich nimmt, hat dem Verlierer oder dem Eigentümer oder einem sonstigen Empfangsberechtigten unverzüglich Anzeige zu machen.

(2) Kennt der Finder die Empfangsberechtigten nicht oder ist ihm ihr Aufenthalt unbekannt, so hat er den Fund und die Umstände, welche für die Ermittelung der Empfangsberechtigten erheblich sein können, unverzüglich der zuständigen Behörde anzuzeigen. Ist die Sache nicht mehr als zehn Euro wert, so bedarf es der Anzeige nicht.

(1) Der Finder ist zur Verwahrung der Sache verpflichtet.

(2) Ist der Verderb der Sache zu besorgen oder ist die Aufbewahrung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, so hat der Finder die Sache öffentlich versteigern zu lassen. Vor der Versteigerung ist der zuständigen Behörde Anzeige zu machen. Der Erlös tritt an die Stelle der Sache.

Der Finder ist berechtigt und auf Anordnung der zuständigen Behörde verpflichtet, die Sache oder den Versteigerungserlös an die zuständige Behörde abzuliefern.

(1) Wer eine verlorene Sache findet und an sich nimmt, hat dem Verlierer oder dem Eigentümer oder einem sonstigen Empfangsberechtigten unverzüglich Anzeige zu machen.

(2) Kennt der Finder die Empfangsberechtigten nicht oder ist ihm ihr Aufenthalt unbekannt, so hat er den Fund und die Umstände, welche für die Ermittelung der Empfangsberechtigten erheblich sein können, unverzüglich der zuständigen Behörde anzuzeigen. Ist die Sache nicht mehr als zehn Euro wert, so bedarf es der Anzeige nicht.

(1) Der Besitz einer Sache wird durch die Erlangung der tatsächlichen Gewalt über die Sache erworben.

(2) Die Einigung des bisherigen Besitzers und des Erwerbers genügt zum Erwerb, wenn der Erwerber in der Lage ist, die Gewalt über die Sache auszuüben.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung

1.
von Bundesrecht oder
2.
einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt,
beruht.

(2) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im übrigen ist das Bundesverwaltungsgericht an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

Übt jemand die tatsächliche Gewalt über eine Sache für einen anderen in dessen Haushalt oder Erwerbsgeschäft oder in einem ähnlichen Verhältnis aus, vermöge dessen er den sich auf die Sache beziehenden Weisungen des anderen Folge zu leisten hat, so ist nur der andere Besitzer.

Der Finder ist berechtigt und auf Anordnung der zuständigen Behörde verpflichtet, die Sache oder den Versteigerungserlös an die zuständige Behörde abzuliefern.

Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht.

Ein der Geschäftsführung entgegenstehender Wille des Geschäftsherrn kommt nicht in Betracht, wenn ohne die Geschäftsführung eine Pflicht des Geschäftsherrn, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt, oder eine gesetzliche Unterhaltspflicht des Geschäftsherrn nicht rechtzeitig erfüllt werden würde.

(1) Der Finder ist zur Verwahrung der Sache verpflichtet.

(2) Ist der Verderb der Sache zu besorgen oder ist die Aufbewahrung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, so hat der Finder die Sache öffentlich versteigern zu lassen. Vor der Versteigerung ist der zuständigen Behörde Anzeige zu machen. Der Erlös tritt an die Stelle der Sache.

Der Finder ist berechtigt und auf Anordnung der zuständigen Behörde verpflichtet, die Sache oder den Versteigerungserlös an die zuständige Behörde abzuliefern.

(1) Der Finder ist zur Verwahrung der Sache verpflichtet.

(2) Ist der Verderb der Sache zu besorgen oder ist die Aufbewahrung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, so hat der Finder die Sache öffentlich versteigern zu lassen. Vor der Versteigerung ist der zuständigen Behörde Anzeige zu machen. Der Erlös tritt an die Stelle der Sache.

Durch die Ablieferung der Sache oder des Versteigerungserlöses an die zuständige Behörde werden die Rechte des Finders nicht berührt. Lässt die zuständige Behörde die Sache versteigern, so tritt der Erlös an die Stelle der Sache. Die zuständige Behörde darf die Sache oder den Erlös nur mit Zustimmung des Finders einem Empfangsberechtigten herausgeben.

Besitzt jemand eine Sache als Nießbraucher, Pfandgläubiger, Pächter, Mieter, Verwahrer oder in einem ähnlichen Verhältnis, vermöge dessen er einem anderen gegenüber auf Zeit zum Besitz berechtigt oder verpflichtet ist, so ist auch der andere Besitzer (mittelbarer Besitz).

Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.

Tenor

1. § 13b und § 33 Absatz 3 und 4 der Verordnung zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere und anderer zur Erzeugung tierischer Produkte gehaltener Tiere bei ihrer Haltung (Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung) in der Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 30. November 2006 (Bundesgesetzblatt I Seite 2759) sowie § 13b und § 38 Absatz 3 und 4 der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in der Fassung der Vierten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 1. Oktober 2009 (Bundesgesetzblatt I Seite 3223) sind mit Artikel 20a des Grundgesetzes unvereinbar.

2. Die Bestimmungen bleiben bis zum 31. März 2012 anwendbar.

Gründe

A.

1

Der Normenkontrollantrag richtet sich gegen § 13b sowie § 33 Abs. 3 und 4 der Verordnung zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere und anderer zur Erzeugung tierischer Produkte gehaltener Tiere bei ihrer Haltung (Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, im Folgenden: TierSchNutztV) in der zum Zeitpunkt der Antragstellung zuletzt durch die Dritte Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 30. November 2006 (BGBl I S. 2759, im Folgenden: 3. TierSchNutztVÄndV) geänderten Fassung.

2

§ 13b TierSchNutztV regelt die sogenannte Kleingruppenhaltung von Legehennen als eine Form der Käfighaltung. § 33 Abs. 3 und 4TierSchNutztV in der zur Prüfung gestellten Fassung (aufgrund zwischenzeitlicher Änderung durch Art. 1 Nr. 7 der Vierten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 1. Oktober 2009, BGBl IS. 3223 - im Folgenden: 4. TierSchNutztVÄndV - nunmehr § 38 Abs. 3 und 4 TierSchNutztV) enthalten Übergangsregelungen.

I.

3

1. Die angegriffenen Bestimmungen lauten:

4

§ 13b

5

Besondere Anforderungen

6

an die Kleingruppenhaltung

7

(1) Legehennen dürfen als Kleingruppen nur nach Maßgabe der Anforderungen der Absätze 2 bis 7 gehalten werden.

8

(2) Für jede Legehenne muss, unbeschadet des § 13 Abs. 2 Nr. 1, jederzeit eine uneingeschränkt nutzbare Fläche von mindestens 800 Quadratzentimetern zur Verfügung stehen. Beträgt das Durchschnittsgewicht der Legehennen in der Haltungseinrichtung mehr als zwei Kilogramm, muss abweichend von Satz 1 eine nutzbare Fläche von mindestens 900 Quadratzentimetern zur Verfügung stehen. Für die Berechnung der Fläche ist diese in der Waagerechten zu messen.

9

(3) Die lichte Höhe einer Haltungseinrichtung muss

10

1. an der Seite der Haltungseinrichtung, an der der Futtertrog angebracht ist, mindestens 60 Zentimeter betragen und

11

2. darf im Übrigen an keiner Stelle über der Fläche nach Absatz 2 niedriger als 50 Zentimeter sein.

12

(4) Für jeweils bis zu zehn Legehennen muss jederzeit ein Einstreubereich von mindestens 900 Quadratzentimetern Fläche und ein Gruppennest von mindestens 900 Quadratzentimeter zugänglich sein. Das Gruppennest muss weniger ausgeleuchtet sein als die übrige Fläche. Übersteigt die Gruppengröße 30 Legehennen, ist für jede weitere Legehenne der Einstreubereich und das Gruppennest um jeweils 90 Quadratzentimeter zu vergrößern.

13

(5) Jeder Legehenne muss ein uneingeschränkt nutzbarer Futtertrog mit einer Kantenlänge von mindestens zwölf Zentimetern und eine Sitzstange von mindestens 15 Zentimetern Länge zur Verfügung stehen. Beträgt das Durchschnittsgewicht der Legehenne in der Haltungseinrichtung mehr als zwei Kilogramm, muss der Futtertrog abweichend von Satz 1 eine Länge von mindestens 14,5 Zentimetern je Legehenne aufweisen. Je Haltungseinrichtung müssen mindestens zwei Sitzstangen vorhanden sein, die in unterschiedlicher Höhe angeordnet sind.

14

(6) Die Gänge zwischen den Reihen der Haltungseinrichtungen müssen mindestens 90 Zentimeter breit sein und der Abstand zwischen dem Boden des Gebäudes und der unteren Reihe der Haltungseinrichtungen muss mindestens 35 Zentimeter betragen.

15

(7) Die Form und die Größe der Öffnung der Haltungseinrichtung muss gewährleisten, dass eine ausgewachsene Legehenne herausgenommen werden kann, ohne dass ihr vermeidbare Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden.

16

§ 33

17

Übergangsregelungen

18

19

(3) Abweichend von den §§ 13, 13a und 13b dürfen Legehennen in Haltungseinrichtungen, die vor dem 13. März 2002 bereits genehmigt oder in Benutzung genommen worden sind, noch bis zum 31. Dezember 2020 gehalten werden, wenn diese so beschaffen sind, dass je Legehenne

20

1. eine uneingeschränkt nutzbare und horizontal bemessene Käfigfläche von mindestens 750 Quadratzentimetern vorhanden ist, wobei bei der Flächenberechnung je Legehenne 150 Quadratzentimeter Nestfläche berücksichtigt werden, sofern diese über die Eiablage hinaus genutzt werden kann, unmittelbar an eine nutzbare Fläche anschließt, eine lichte Höhe von mindestens 45 Zentimetern vorhanden ist, die Rückzugsmöglichkeit zur Eiablage uneingeschränkt erhalten bleibt und die Grundfläche dieser Käfige jeweils mindestens 2.000 Quadratzentimeter beträgt;

21

2. ein uneingeschränkt nutzbarer Futtertrog mit einer Länge von mindestens zwölf Zentimetern und

22

3. ein Nest, ein Einstreubereich, in dem das Picken und Scharren möglich ist sowie geeignete Sitzstangen mit einem Platzangebot von mindestens 15 Zentimetern zur Verfügung stehen;

23

4. eine geeignete Vorrichtung zum Kürzen der Krallen vorhanden ist.

24

(4) Abweichend von den §§ 13, 13a und 13b dürfen Legehennen in Haltungseinrichtungen, die vor dem 13. März 2002 bereits in Benutzung genommen worden sind, noch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2008 gehalten werden, soweit

25

1. diese so beschaffen sind, dass

26

a) je Legehenne eine uneingeschränkt nutzbare und horizontal bemessene Käfigfläche von mindestens 550 Quadratzentimetern oder, im Fall eines Durchschnittsgewichts der gehaltenen Legehennen von mehr als zwei Kilogramm, von mindestens 690 Quadratzentimetern vorhanden ist;

27

b) je Legehenne ein uneingeschränkt nutzbarer Futtertrog mit einer Länge von mindestens zwölf Zentimetern oder, im Fall eines Durchschnittsgewichts der gehaltenen Legehennen von mehr als zwei Kilogramm je Legehenne, ein uneingeschränkt nutzbarer Futtertrog mit einer Länge von mindestens 14,5 Zentimetern zur Verfügung steht;

28

c) bei Verwendung von Nippeltränken oder Tränknäpfen sich mindestens zwei Tränknäpfe oder Nippeltränken in Reichweite jeder Legehenne befinden oder jeder Käfig mit einer Rinnentränke ausgestattet ist, deren Länge der des Futtertroges nach Buchstabe b entspricht;

29

d) die lichte Höhe über mindestens 65 Prozent der Käfigfläche mindestens 40 Zentimeter und an keiner Stelle weniger als 35 Zentimeter beträgt;

30

e) der Neigungswinkel des Bodens 14 Prozent nicht überschreitet und durch die Bodenbeschaffenheit des Käfigs sichergestellt ist, dass die nach vorn gerichteten Krallen beider Ständer nicht abrutschen können, und

31

f) eine geeignete Vorrichtung zum Kürzen der Krallen vorhanden ist

32

und

33

2. der Inhaber des Betriebes der zuständigen Behörde bis zum 15. Dezember 2006 ein verbindliches Betriebs- und Umbaukonzept zur Umstellung der vorhandenen Haltungseinrichtungen im Sinne der Nummer 1 auf Haltungseinrichtungen nach den §§ 13, 13a oder 13b angezeigt hat.

34

Wird die Anzeige nach Satz 1 Nr. 2 nicht fristgerecht abgegeben, endet die Frist, bis zu der Legehennen in Haltungseinrichtungen im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gehalten werden dürfen, mit Ablauf des 31. Dezember 2006. Die zuständige Behörde kann abweichend von Satz 1 auf Antrag im Einzelfall eine weitere Nutzung um bis zu einem Jahr genehmigen, soweit der Antragsteller nachweist, dass

35

1. eine Umstellung entsprechend dem Betriebs- und Umbaukonzept im Sinne des Satzes 1 Nr. 2 durchgeführt wird und

36

2. aus vom Antragsteller nicht zu vertretenden Gründen die Inbetriebnahme der Haltungseinrichtungen nach den §§ 13, 13a oder 13b ab dem 1. Januar 2009 nicht oder nicht vollständig möglich ist.

37

38

2. a) Die Legehennenhaltung war zunächst in der Hennenhaltungsverordnung vom 10. Dezember 1987(BGBl I S. 2622, im Folgenden: HHVO) geregelt. Diese sah unter anderem eine uneingeschränkt nutzbare Käfigbodenfläche von mindestens 450 cm² je Henne, eine lichte Höhe von mindestens 40 cm über mindestens 65 % der Käfigbodenfläche und mindestens 35 cm über der restlichen Fläche sowie eine uneingeschränkt nutzbare Länge des Futtertrogs von mindestens 10 cm je Henne vor (§ 2 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 7 HHVO).

39

b) Mit Urteil vom 6. Juli 1999 (- 2 BvF 3/90 -, BVerfGE 101, 1) erklärte das Bundesverfassungsgericht die Hennenhaltungsverordnung für nichtig.

40

Die Regelungen zur Mindestkäfigbodenfläche und zur Futtertroglänge seien mit der Ermächtigungsnorm des § 2a Abs. 1 TierSchG unvereinbar. Die gemäß § 2a Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Nr. 1 und § 1 TierSchG in eine Rechtsverordnung einzustellenden Belange des ethisch begründeten Tierschutzes würden über die Grenze eines angemessenen Ausgleichs zurückgedrängt. Schon ein Vergleich der durchschnittlichen Körpermaße einer ausgewachsenen Legehenne (47,6 x 14,5 x 38 cm) mit der in der Hennenhaltungsverordnung vorgesehenen Käfigbodenfläche zeige, dass in mit vier bis sechs Hennen besetzten Käfigen, wie sie in Deutschland derzeit in der Legehennenhaltung üblich seien, eine Befriedigung des Schlafbedürfnisses der Hennen nicht möglich sei. Bei der vorgesehenen Futtertroglänge von 10 cm könnten die Hennen nicht entsprechend ihrem artgemäßen Bedürfnis gleichzeitig ihre Nahrung aufnehmen (BVerfG, a.a.O., S. 30 f., 37 f.).

41

Ferner verstoße die Hennenhaltungsverordnung gegen das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG, weil sie in ihrem Vorspruch nicht Art. 2 des Gesetzes vom 25. Januar 1978 zum Übereinkommen vom 10. März 1976 zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen (BGBl II S. 113, im Folgenden: ETÜ-Gesetz; für das als Anlage zu diesem Gesetz abgedruckte Übereinkommen im Folgenden: ETÜ) in Verbindung mit der gemäß Art. 9 Abs. 3 ETÜ für Deutschland wirksam gewordenen und deshalb innerstaatlich durchzusetzenden Empfehlung des Ständigen Ausschusses vom 21. November 1986 für das Halten von Legehennen der Art Gallus gallus (Bundesanzeiger vom 11. Mai 2000, Nr. 89a) als Ermächtigungsgrundlage nenne (BVerfG, a.a.O., S. 41 ff.).

42

Offengelassen wurde die Frage, ob die Tierschutzkommission im Verfahren zum Erlass der angegriffenen Verordnung gemäß § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG ausreichend angehört worden sei und welche Rechtsfolgen eine möglicherweise fehlerhafte Anhörung auf den Bestand der Verordnung haben könnte (BVerfG, a.a.O., S. 44).

43

c) Zur Schließung der durch die Nichtigerklärung der Hennenhaltungsverordnung entstandenen Regelungslücke wurde die Verordnung zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere und anderer zur Erzeugung tierischer Produkte gehaltener Tiere bei ihrer Haltung vom 25. Oktober 2001 (BGBl I S. 2758, im Folgenden: TierSchNutztV 2001) geändert.

44

Die Änderung sollte zugleich der Umsetzung der Richtlinie 1999/74/EG des Rates vom 19. Juli 1999 zur Festlegung von Mindestanforderungen zum Schutz von Legehennen (ABlEG Nr. L 203 S. 53, inzwischen geändert durch die Verordnung Nr. 806/2003 des Rates vom 14. April 2003 ) dienen. In dieser Richtlinie ist als neue Haltungsart der sogenannte ausgestaltete Käfig vorgesehen. Ein solcher Käfig muss über eine Fläche von mindestens 750 cm² je Henne, eine Höhe von mindestens 45 cm in dem nutzbaren Teil dieser Fläche, der mindestens 600 cm² je Henne betragen muss, sowie über Sitzstangen, Einstreu und Nest verfügen. Nach der Richtlinie dürfen herkömmliche (nicht ausgestaltete) Käfige ab dem 1. Januar 2003 nur noch unter Einhaltung bestimmter Mindestvoraussetzungen (insbesondere: 550 cm² Bodenfläche je Henne) vorübergehend weiterbetrieben werden; ab dem 1. Januar 2012 sind sie vollständig untersagt (Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 RL 1999/74/EG). Den Mitgliedstaaten ist es unbenommen, strengere Vorschriften beizubehalten oder anzuwenden (Art. 13 Abs. 2 Satz 1 RL 1999/74/EG).

45

Die Neuregelung der Hennenhaltung und die Anpassung der Vorschriften an die Richtlinie 1999/74/EG erfolgte durch die Erste Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 28. Februar 2002 (BGBl I S. 1026, im Folgenden: 1. TierSchNutztVÄndV <"Künast-Verordnung">; die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in der durch die 1. TierSchNutztVÄndV geänderten Fassung wird im Folgenden bezeichnet als TierSchNutztV 2002). Mit dieser Verordnung wurde in die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung ein Abschnitt "Anforderungen an das Halten von Legehennen" eingefügt (Art. 1 Nr. 1 1. TierSchNutztVÄndV). Die konventionelle Käfighaltung wurde abgeschafft. Ausgestaltete Käfige gemäß der Richtlinie 1999/74/EG waren als Haltungsform nicht vorgesehen, sondern nur noch die Boden- und die Volièrenhaltung (vgl. § 13 TierSchNutztV 2002). Die Übergangsregelungen der Verordnung bestimmten, dass vor dem 6. Juli 1999 in Benutzung genommene herkömmliche Käfige mit 450 cm² Bodenfläche/Henne - unter der Voraussetzung einer bestimmten Ausstattung der Käfige - noch bis zum 31. Dezember 2002 zulässig waren (§ 17 Abs. 5 TierSchNutztV 2002). Eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2006 - und somit fünf Jahre weniger als in der Richtlinie 1999/74/EG vorgesehen - galt für am 13. März 2002 bereits in Benutzung genommene herkömmliche Käfige mit 550 cm² Bodenfläche/Henne, wiederum unter der Voraussetzung einer bestimmten Ausstattung der Käfige (§ 17 Abs. 4 TierSchNutztV 2002). Für die Legehennenhaltung mit bereits genehmigten oder in Benutzung genommenen ausgestalteten Käfigen war eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2011 vorgesehen (§ 17 Abs. 3 TierSchNutztV 2002). Die Änderungen traten am Tag nach der am 12. März 2002 erfolgten Verkündung in Kraft (Art. 3 der 1. TierSchNutztVÄndV).

46

d) Im Jahr 2005 wurde die Bundesrepublik Deutschland vom Europäischen Gerichtshof wegen Nichtumsetzung von Richtlinien zur Schweinehaltung verurteilt (Urteil vom 8. September 2005 - Rs. C-278/04 -, ABlEU Nr. C 271, S. 8 f.). Dies führte zum Erlass der Zweiten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 1. August 2006 (BGBl I S. 1804, im Folgenden: 2. TierSchNutztVÄndV; die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in der durch die 2. TierSchNutztVÄndV geänderten Fassung wird im Folgenden bezeichnet als TierSchNutztV Aug. 2006).

47

aa) Unter dem 15. Februar 2006 übermittelte das zuständige Ministerium dem Bundesrat zur Zustimmung gemäß Art. 80 Abs. 2 GG in Verbindung mit § 2a Abs. 1 TierSchG die Zweite Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (vgl. BRDrucks 119/06). Der übersandte Verordnungstext enthielt lediglich Bestimmungen zur Umsetzung der die Schweinehaltung betreffenden Richtlinien, nicht aber Änderungen im Bereich der Legehennenhaltung, die der Bundesrat erstrebte. Dieser hatte sich bereits in den Jahren 2003 und 2004 mit zwei Maßgabebeschlüssen bemüht, in Verbindung mit der Neuregelung der Schweinehaltung eine die Anforderungen herabsetzende Änderung der Vorschriften zur Legehennenhaltung zu erreichen (vgl. Beschluss vom 28. November 2003, BRDrucks 574/03 , und Beschluss vom 17. Dezember 2004, BRDrucks 482/04 ).

48

Die Tierschutzkommission (§ 16b TierSchG) wandte sich in ihrer Sitzung vom 20. Februar 2006 gegen eine Koppelung der Neuregelungen der Schweinehaltung mit Neuregelungen der Legehennenhaltung und verlangte, im Fall anstehender Veränderungen der Rechtslage zur Legehennenhaltung erneut befasst zu werden.

49

bb) Mit Beschluss vom 7. April 2006 stimmte der Bundesrat der Verordnung mit der Maßgabe zu, dass sie unter anderem durch Einfügung der im vorliegenden Verfahren zu prüfenden Bestimmungen zur Legehennenhaltung geändert werde (BRDrucks 119/06 ; vgl. auch Antrag der Länder Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern vom 5. April 2006, BRDrucks 119/3/06, S. 8 f.). Der vorgesehene § 13b solle der Umsetzung der Richtlinie 1999/74/EG dienen. Auf der Grundlage dieser Richtlinie sei in Deutschland der ausgestaltete Käfig weiterentwickelt worden. Die Regelung gehe insbesondere durch Konkretisierungen für Nest und Einstreubereich sowie hinsichtlich der Mindestbodenfläche je Henne (800 cm²) über die Vorgaben der Richtlinie 1999/74/EG hinaus. Durch die Einführung dieses Haltungssystems solle erreicht werden, dass kleinere Betriebe, die nicht auf Bodenhaltung umrüsten könnten, weiterhin Legehennen halten könnten. Großbetrieben müsse die Chance der Wettbewerbsfähigkeit im Verhältnis zu Betrieben in anderen EU-Mitgliedstaaten eingeräumt werden, um eine Abwanderung in Länder mit geringeren Tierschutzstandards zu vermeiden (vgl. BRDrucks 119/06 , S. 1 <13 f.>). Die Übergangsfrist für die Legehennenhaltung in ausgestalteten Käfigen solle durch Einfügung des § 27 Abs. 3 auf das Jahr 2020 verlängert werden, um der betriebswirtschaftlich vorgegebenen Abschreibungsfrist der Projektanlagen Rechnung zu tragen. Die Frist für die übergangsweise noch zulässige Legehennenhaltung in herkömmlichen Käfigen solle mit dem vorgesehenen § 27 Abs. 4 auf das Jahr 2008, in Ausnahmefällen auf das Jahr 2009, verlängert werden. In Deutschland würden 78 % der Legehennen in herkömmlichen Käfigen gehalten. Viele Betriebe begründeten nachvollziehbar, dass eine Umstellung auf Bodenhaltung nicht möglich sei. Insofern stehe ohne die Fristverlängerung zu befürchten, dass kleinere Betriebe die Legehennenhaltung aufgäben und größere Betriebe sie ins Ausland verlegten (vgl. BRDrucks 119/06 , S. 1 <13 f.>).

50

cc) Der Text der geplanten Neuregelung in der Fassung des Maßgabebeschlusses des Bundesrates wurde der Europäischen Kommission im Notifizierungsverfahren nach Art. 8 der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (ABlEG Nr. L 204 S. 37, zuletzt geändert durch Art. 1 der Richtlinie 2006/96/EG des Rates vom 20. November 2006 ) vorgelegt. Das Notifizierungsschreiben ging am 28. April 2006 bei der Europäischen Kommission ein.

51

dd) Das Kabinett nahm mit Beschluss vom 10. Mai 2006 den Maßgabebeschluss des Bundesrates zustimmend zur Kenntnis (vgl. Pressemitteilung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 10. Mai 2006).

52

ee) Das zuständige Ministerium lud mit Schreiben vom 16. Mai 2006 die Tierschutzkommission zu einer Sitzung am 29. Mai 2006 ("nachdem der Bundesrat der Zweiten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung mit Änderungen zur Legehennenhaltung zugestimmt hat, lade ich Sie ... zu einer Anhörung der Tierschutzkommission ... ein"). In der Tagesordnung war als ein Punkt aufgeführt: "Information über die Zweite Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung".

53

Mit E-Mail vom 17. Mai 2006 wurden den Kommissionsmitgliedern unter anderem der Text der Zweiten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung sowie eine entsprechende konsolidierte Fassung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung übersandt. Dieselben Unterlagen wurden den Mitgliedern der Tierschutzkommission bei der Sitzung am 29. Mai 2006 als Tischvorlage zur Verfügung gestellt.

54

Die Niederschrift über die Sitzung enthält zum Tagesordnungspunkt "Informationen über die Zweite Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung" folgende Ausführungen: "Herr ... berichtete über den Stand der Zweiten Verordnung der Tierschutznutztierhaltungsverordnung. Die Verordnung wurde am 28.04.2006 notifiziert und am 10.05.2006 vom Bundeskabinett zustimmend zur Kenntnis genommen, ist noch nicht gezeichnet." Weiter ist in der Sitzungsniederschrift das folgende Votum der Kommission festgehalten: "Die Tierschutzkommission bedauert, dass das Votum der Sitzung vom 20. Februar 2006 in Bezug auf eine Koppelung der Verordnung Abschnitt Schweinehaltung mit Fragen zur Legehennenhaltung nicht berücksichtigt worden ist. Die Tierschutzkommission ersucht das BMELV, zum frühest möglichen Zeitpunkt - spätestens jedoch nach zwei Jahren - über die bisherigen Erfahrungen mit der Kleingruppenhaltung unterrichtet zu werden. Die Tierschutzkommission regt an, den Tierschutz sowohl in Kleingruppenhaltungen als auch in alternativen Haltungssystemen zu optimieren."

55

In den handschriftlichen Notizen eines Ministeriumsvertreters über die Sitzung vom 29. Mai 2006 heißt es, dass die Einfügung von Regelungen zur Legehennenhaltung auf den Bundesrat zurückgehe und es nicht im Ermessen des Ministeriums liege, dass die Tierschutzkommission damit nicht befasst worden sei ("BR hat auf Schweine die Legehennen + Kälber draufgesattelt; dass Tierschutzkommission damit nicht befasst wurde liegt nicht im Ermessen des BMELV's"). Ferner wurde das Votum der Tierschutzkommission wiedergegeben ("ihr Beschluss bedauerlicher Weise nicht gehört wurde; Rückschritt Tierschutz befürchtet; Bericht über Kleinvoliere nach 2 Jahren").

56

ff) Die Zweite Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung wurde mit den im Maßgabebeschluss des Bundesrates vorgesehenen Änderungen am 1. August 2006 vom zuständigen Minister unterzeichnet und am 3. August 2006 verkündet (BGBl I S. 1804). Die konsolidierte Neufassung der Verordnung vom 22. August 2006 wurde noch im selben Monat bekanntgemacht (BGBl I S. 2043).

57

e) Mit der Dritten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 30. November 2006 (die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in der durch die 3. TierSchNutztVÄndV geänderten Fassung wird im Folgenden bezeichnet als TierSchNutztV Nov. 2006) verschob sich infolge der Einfügung eines neuen Abschnitts zur Haltung von Pelztieren (damals Abschnitt 5, §§ 26 ff.) die Zählung der nachfolgenden Paragraphen. Während es für die Regelung zur Kleingruppenhaltung bei der bisherigen Paragraphenbezeichnung (§ 13b) blieb, wurde die bisher als § 27 Abs. 3 und 4 geführte Übergangsregelung zu § 33 Abs. 3 und 4. Inhaltlich blieben die Vorschriften unverändert.

58

f) Die Übergangsregelung hat zwischenzeitlich infolge der mit der Vierten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 1. Oktober 2009 (BGBl I S. 3223) erfolgten Erweiterung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung um einen Abschnitt über die Haltung von Masthühnern erneut einen anderen Ort erhalten; sie findet sich nun in § 38 Abs. 3 und 4 TierSchNutztV. Die Kleingruppenhaltung ist weiterhin in § 13b TierSchNutztV geregelt.

II.

59

Die Antragstellerin beantragt, § 13b sowie § 33 Abs. 3 und 4 TierSchNutztV in der Fassung vom 22. August 2006 (Bekanntmachung der Neufassung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 22. August 2006, BGBl I S. 2043), zuletzt geändert durch die Dritte Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 30. November 2006 (BGBl I S. 2759), für nichtig zu erklären.

60

1. Die Regelung des § 13b TierSchNutztV genüge weder formell noch materiell den Anforderungen des Tierschutzgesetzes.

61

a) Die Nichtigkeit der Vorschrift folge bereits daraus, dass die Tierschutzkommission entgegen dem Anhörungserfordernis des § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG, das seine Wurzeln im Verfassungsrecht habe, nicht ordnungsgemäß angehört worden sei.

62

Der Tierschutzkommission sei in einer Sitzung am 28. November 2005 ausdrücklich mitgeteilt worden, dass das Ministerium nicht beabsichtige, Regelungen zur Legehennenhaltung mit der erforderlichen Änderung der Regelungen zur Schweinehaltung zu verknüpfen. In ihrer Sitzung vom 20. Februar 2006 habe die Tierschutzkommission zu Protokoll gegeben, dass sie im Fall anstehender Änderungen der Regelungen zur Legehennenhaltung mit der Thematik befasst werden wolle. Dies sei nicht geschehen; vielmehr sei die Zweite Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung ohne Anhörung der Tierschutzkommission notifiziert und vom Bundeskabinett bestätigt worden. In der Sitzung am 29. Mai 2006 habe die Tierschutzkommission ausdrücklich ihr Bedauern darüber zum Ausdruck gebracht, dass ihr Votum vom 20. Februar 2006 wissentlich nicht berücksichtigt worden sei und die Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung nun doch die Neuregelungen zur Schweinehaltung mit Neuregelungen zur Legehennenhaltung kopple. Eine Anhörung habe in dieser Sitzung nicht stattgefunden. Das Ministerium unterscheide ausweislich verschiedener Niederschriften zu den Sitzungen der Tierschutzkommission in den Tagesordnungen stets genau zwischen einer förmlichen Anhörung nach § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG und bloßen "Informationen", "Unterrichtungen" oder "Diskussionen". Bei förmlichen Anhörungen gehe aus dem Anschreiben deutlich hervor, dass die Kommissionsmitglieder zu einer "Anhörung der Tierschutzkommission nach § 16b Abs. 1 Satz 2 des Tierschutzgesetzes" geladen würden; zudem werde der "Entwurf" einer Verordnung übersandt. Die Tagesordnung zur Sitzung am 29. Mai 2006 spreche demgegenüber lediglich von "Information" über die Zweite Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, nicht von einer Anhörung. Mit dem Einladungsschreiben vom 17. Mai 2006, das die Mitglieder entgegen der üblichen Praxis nicht auf dem Postweg, sondern per E-Mail erhalten hätten, sei nicht der "Entwurf", sondern der fertige Text der Änderungsverordnung übersandt worden, und in dem Schreiben sei nicht - wie sonst bei förmlichen Anhörungen üblich - auf § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG Bezug genommen worden. Dass zu dem gegebenen Zeitpunkt überhaupt eine Sitzung anberaumt worden sei, spreche nicht für das Vorliegen einer Anhörung. Sitzungen der Tierschutzkommission, ohne dass eine Anhörung stattgefunden hätte, sowie Sitzungen in verhältnismäßig rascher Folge habe es bereits in der Vergangenheit gegeben.

63

Dass es sich um eine rein informatorische Befassung der Tierschutzkommission gehandelt habe, folge auch aus dem - gemäß § 8 Abs. 2 der Tierschutzkommissions-Verordnung (TierSchKomV) in Verbindung mit § 93 VwVfG und § 415 Abs. 1 ZPO beweiskräftigen - Sitzungsprotokoll vom 29. Mai 2006. Die Haltung des Ministeriums habe danach bereits festgestanden. Dass der Entwurfstext bereits vor Befassung der Tierschutzkommission als endgültig betrachtet worden sei, zeige auch eine Pressemitteilung des Ministeriums vom 10. Mai 2006, in der hinsichtlich der Verordnungsänderungen zur Schweine- und Legehennenhaltung von einer "nun gefundenen Lösung" die Rede gewesen sei. Danach sei, selbst wenn in der Befassung der Tierschutzkommission eine förmliche Anhörung zu sehen wäre, dem Anhörungserfordernis des § 16b TierSchG nicht genügt gewesen, weil eine Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit Gegenargumenten erkennbar nicht mehr bestanden habe und nach Abschluss des Notifizierungsverfahrens ein Eingehen auf Bedenken auch nicht mehr möglich gewesen wäre, ohne die Notwendigkeit erneuter Notifizierung auszulösen und damit die Umsetzung der Vorschriften über die Schweinehaltung weiter zu verzögern.

64

Ferner heiße es im Protokoll vom 29. Mai 2006, dass die Nichtbefassung der Tierschutzkommission nicht im Ermessen des Ministeriums gelegen habe. Diese Äußerung wäre unverständlich, wenn das Ministerium die Absicht gehabt hätte, in der Sitzung eine Anhörung durchzuführen.

65

Es sei kein Versehen gewesen, dass keine förmliche Anhörung stattgefunden habe. Vielmehr habe dies der damaligen Rechtsauffassung des Ministeriums entsprochen. Dies belege ein auf den 7. Juni 2004 datiertes Protokoll über eine Sitzung der Tierschutzkommission am 4. Juni 2004. Aus diesem ergebe sich, dass das Ministerium im Fall von Maßgabebeschlüssen des Bundesrates keine erneute Befassung der Tierschutzkommission für erforderlich gehalten habe.

66

Die Tierschutzkommission habe gravierende Bedenken gegen die Kleingruppenhaltung gehabt, angesichts der Umstände aber lediglich ihr Bedauern darüber zum Ausdruck gebracht, nicht gehört worden zu sein. Mit ihrer Forderung nach einem Bericht über die Kleingruppenhaltung in zwei Jahren habe sie sich um Schadensbegrenzung bemüht.

67

Aufgrund der unterbliebenen Anhörung der Tierschutzkommission sei die Zweite Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung nichtig. Der Verfahrensfehler sei evident im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Folgen von Verfahrensfehlern im Rechtsetzungsverfahren, da sich das Anhörungserfordernis aus dem Gesetz ergebe. Eine unbeanstandete Praxis, die der Evidenz entgegenstehen könnte, liege nicht vor. Zudem habe das Bundesverfassungsgericht bereits in seiner ersten Legehennenentscheidung auf das Verfahrenserfordernis hingewiesen. Hinzu komme, dass die Tierschutzkommission selbst mehrfach um Anhörung gebeten habe. Dies sei auch im Tierschutzbericht der Bundesregierung von 2007 (BTDrucks 16/5044, S. 29) festgehalten.

68

b) Auch die materiellen Anforderungen des Tierschutzgesetzes seien nicht erfüllt. § 13b TierSchNutztV verstoße gegen das einfachgesetzliche Gebot artgerechter Tierhaltung (§ 2 Nr. 1 TierSchG) und damit zugleich gegen Art. 20a GG.

69

aa) Die Anforderungen an die Artgerechtheit ließen sich zu - teilweise überschneidenden - Fallgruppen zusammenfassen: Platzangebot, Ruhen und Schlafen, Nahrungserwerbsverhalten (einschließlich Picken und Scharren), Eigenkörperpflege (einschließlich Staubbaden) und Eiablage. Hinsichtlich sämtlicher Anforderungen sei die in § 13b TierSchNutztV vorgesehene Kleingruppenhaltung unzureichend. Die Antragstellerin führt dies im Einzelnen aus und legt in diesem Zusammenhang zwei von ihr in Auftrag gegebene Gutachten vor. Das Gutachten "Beurteilung der Tiergerechtheit der 'Kleingruppenhaltung' von Legehennen unter Berücksichtigung rechtlicher und ökonomischer Aspekte" von Prof. Dr. Bernhard Hörning (Oktober 2009) kommt zu dem Ergebnis, dass den Legehennen in der Kleingruppenhaltung keine artgemäße Fortbewegung, kein artgemäßes Ruhen, keine artgemäße Nahrungsaufnahme, kein artgemäßes Staubbaden und keine artgemäße Eiablage möglich sei. Auch weitere Beurteilungskriterien sowie wirtschaftliche Aspekte sprächen gegen die Kleingruppenhaltung. Das "Gutachten zum Risiko von Federpicken und Kannibalismus in der Kleingruppenhaltung nach der Tierschutz-Nutztierhaltungs-Verordnung" von Dr. Christiane Keppler (Juni 2009) kommt zu dem Ergebnis, dass das untersuchte Risiko in der Kleingruppenhaltung besonders hoch sei.

70

bb) Der Verordnungsgeber habe sich nicht am aktuellen Stand der Wissenschaft orientiert und seinen Ermittlungspflichten nicht genügt. Vor Einführung der Kleingruppenhaltung seien keinerlei wissenschaftliche Gutachten eingeholt worden. Bis zum heutigen Tage gebe es keine Untersuchungen zur Tiergerechtheit dieser Haltungsform. In Zweifelsfällen dürften neue Haltungsformen erst eingeführt werden, wenn ihre Vereinbarkeit mit den Anforderungen an eine artgerechte Tierhaltung nachgewiesen sei. Ein Ermittlungsdefizit bestehe auch, weil die Bundesregierung aus dem Gemeinschaftsrecht Maßstäbe für die Tiergerechtheit abgeleitet habe. Das Gemeinschaftsrecht sei nicht den für den deutschen Gesetzgeber geltenden Maßstäben der Tiergerechtheit verpflichtet und schaffe nur Mindeststandards. Weiter fehlten Ermittlungen zu der Behauptung des Bundesrates in seinem Maßgabebeschluss, dass die Einführung der Kleingruppenhaltung zur Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit der Legehennenbetriebe erforderlich sei. Dieser Gesichtspunkt habe deshalb nicht in die Abwägung eingestellt werden dürfen. Da der Verordnungsgeber, der gemäß Art. 20a GG begründungspflichtig sei, auf Belange des Gesundheits- und Verbraucherschutzes nicht abgestellt habe, seien auch diese Belange bei der gerichtlichen Überprüfung außer Betracht zu lassen.

71

cc) Leite man aus Art. 20a GG ein generelles Verschlechterungsverbot ab, ergebe sich bereits daraus die Verfassungswidrigkeit der Kleingruppenhaltung. Ferner müsse § 2a TierSchG verfassungskonform dahin ausgelegt werden, dass eine tierschutzrechtliche Verschlechterung nicht vom Verordnungsgeber allein beschlossen werden dürfe. Selbst wenn man ein generelles Verschlechterungsverbot ablehne, sei eine Rücknahme von Tierschutzvorschriften nur aufgrund einer sorgfältigen Abwägungsentscheidung zulässig, die hier fehle. Der zeitliche Ablauf und die sich verschärfenden Maßgabebeschlüsse des Bundesrates sprächen dafür, dass der Verordnungsgeber unter Druck gehandelt und angenommen habe, rechtlich beziehungsweise faktisch keinen eigenen Spielraum mehr zu haben. Selbst wenn kein solcher Abwägungsausfall vorläge, bestehe jedenfalls ein Abwägungsdefizit, da der Verordnungsgeber das notwendige Abwägungsmaterial nur unzureichend ermittelt, sich mit Alternativen zur Kleingruppenhaltung nicht auseinandergesetzt und den Tierhalterbelangen ohne nähere Auseinandersetzung mit tierschutzrechtlichen Erfordernissen besonderes Gewicht beigemessen habe. Deshalb sei auch das Abwägungsergebnis fehlerhaft. Die Kleingruppenhaltung unterschreite das durch Art. 20a GG gewährleistete "ethische Mindestmaß".

72

2. Die Übergangsvorschriften seien schon deshalb nichtig, weil bei der dort vorgesehenen Bodenfläche von 750 cm² je Henne (§ 33 Abs. 3 TierSchNutztV) beziehungsweise 550 cm² je Henne (§ 33 Abs. 4 TierSchNutztV) der tierschutzrechtlich gebotene Mindestschutz nicht gewährleistet sei.

73

Die Verlängerung der Übergangsfristen verstoße zudem gegen das in Art. 20a GG verankerte Optimierungsgebot, demzufolge aus mehreren zur Verfügung stehenden Alternativen diejenige zu wählen sei, die das Schutzgut am wenigsten beeinträchtige. Der Verordnungsgeber habe sich mit Alternativen zur Legehennenhaltung in herkömmlichen und ausgestalteten Käfigen nicht auseinandergesetzt und nicht dargelegt, warum die Einführung der Kleingruppenhaltung nicht ausgereicht habe. In der Abwägung seien die Belange der Tierhalter nicht ausreichend substantiiert worden.

74

Diese Belange seien auch nicht schutzwürdig. Die im zuvor geltenden Recht vorgesehene Übergangsfrist habe im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuregelung nur noch vier Monate betragen. Die Legehennenhalter hätten sich deshalb ohnehin bereits auf die Umstellung einrichten müssen. Diese Umstellung sei mit staatlichen Subventionen gefördert worden. Worin die Schutzwürdigkeit derjenigen Halter liegen solle, die bis zu diesem Zeitpunkt noch nichts unternommen hätten, sei nicht dargelegt. Erst recht sei nicht dargelegt, warum an eine vor dem Jahr 2002 erteilte Genehmigung über das Jahr 2011 hinaus für weitere neun Jahre ein Vertrauensschutz anknüpfen solle. Selbst wenn man die Schutzwürdigkeit noch bejahe, fehle es an der Darlegung, dass es keine Handlungsalternativen gegeben habe.

75

Die Übergangsvorschriften verletzten auch die grundrechtlich geschützte Wettbewerbsfreiheit derjenigen Legehennenhalter, die aufgrund der vorherigen Rechtslage bereits auf alternative Haltungssysteme umgestellt hätten. Diese würden benachteiligt gegenüber Unternehmen, die trotz des unmittelbar bevorstehenden Endes der Übergangsfrist noch keine Umbaumaßnahmen ergriffen hätten. Vor allem aber benachteiligten die Übergangsvorschriften Neuunternehmen. Diese müssten die strengeren Vorgaben einhalten, was ihnen - auch nach Auffassung des Verordnungsgebers - Wettbewerbsnachteile im Verhältnis zu Altunternehmern einbringe. Diese Nachteile seien nicht gerechtfertigt. Für die herkömmliche Käfighaltung werde eine weitere Übergangsfrist von drei Jahren eingeräumt, für die Haltung in ausgestalteten Käfigen werde die Übergangsfrist verdoppelt. Die Begünstigung der Altunternehmer sei nach der Begründung (BRDrucks 119/06 , S. 1 <13 f.>) der eigentliche Zweck der Regelung. Der Vertrauensschutz der von der Übergangsregelung betroffenen Unternehmen habe sich jedoch bereits im Jahr 1990 relativiert, als die Hennenhaltungsverordnung beim Bundesverfassungsgericht zur Prüfung gestellt worden sei. Mit Erlass der Ersten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung sei das Vertrauen erst recht nicht mehr schutzwürdig gewesen, da diese ein Auslaufen der herkömmlichen Käfighaltung und der ausgestalteten Käfige vorgesehen habe.

III.

76

Das Bundesverfassungsgericht hat dem Deutschen Bundestag, dem Bundesrat, der Bundesregierung sowie den Landesregierungen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Gelegenheit zur Äußerung erhielten außerdem der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft e.V., der Verband der Landwirtschaftskammern e.V., der Deutsche Bauernverband e.V., der Deutsche Tierschutzbund e.V., PROVIEH (Verein gegen tierquälerische Massentierhaltung e.V.) und die Internationale Gesellschaft für Nutztierhaltung (IGN). Das Bundesverwaltungsgericht und der Bundesgerichtshof wurden um Mitteilung der Verfahren gebeten, in denen sie mit den aufgeworfenen Rechtsfragen befasst sind oder waren.

77

1. Die Bundesregierung verteidigt die angegriffenen Regelungen.

78

a) Die Tierschutzkommission sei in der Sitzung am 29. Mai 2006 ordnungsgemäß angehört worden. Der Minister habe die Verordnung erst nach der in dieser Sitzung erfolgten Anhörung unterzeichnet. Da die streitgegenständlichen Änderungen der Verordnung erst im Bundesratsverfahren eingebracht worden seien, habe die Tierschutzkommission schon vom zeitlichen Ablauf her nicht früher befasst werden können. Ohnehin diene die Anhörung der Unterstützung des Ministeriums und nicht der des Bundesrates.

79

Mit Schreiben vom 16. Mai 2006 sei ausdrücklich zu einer "Anhörung" geladen worden. Die Notwendigkeit einer (erneuten) Anhörung werde in der Einladung ausdrücklich auf die durch den Bundesrat vorgenommenen Änderungen an der Zweiten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zurückgeführt. Hätte das Ministerium nicht anhören, sondern lediglich "informieren" wollen, wäre eine Einberufung der Tierschutzkommission nicht notwendig gewesen und nicht erfolgt. Eine reine Informationsveranstaltung wäre im Mai 2006, relativ rasch nach der vorangegangenen Sitzung im Februar 2006, nicht zwingend erforderlich gewesen. Die Kommissionsmitglieder hätten die Unterlagen im Interesse ausreichender Vorbereitungszeit ausnahmsweise per E-Mail erhalten. Im Fall einer bloßen Information hätte es einer solchen Vorbereitungszeit nicht bedurft. Es habe eine eingehende Beratung und Beschlussfassung stattgefunden. Bei einer bloßen Information hätte die Tierschutzkommission lediglich Kenntnis genommen; die Abgabe eines Votums wäre nicht erforderlich gewesen. Angesichts dieser Gesamtumstände sei es unschädlich, dass im Einladungsschreiben vom 16. Mai 2006 und im Sitzungsprotokoll vom 29. Mai 2006 von "Information" die Rede sei. Die Bezeichnung des den Mitgliedern der Tierschutzkommission per E-Mail übersandten und als Tischvorlage ausgehändigten Verordnungstexts als "Verordnung" sei korrekt gewesen. Gegenstand eines Bundesratsverfahrens sei die Verordnung, nicht der Entwurf der Verordnung. Mit Blick auf den Ablauf des Anhörungsverfahrens sei allenfalls denkbar, dass einzelne Mitglieder vor der Sitzung nicht vollständig unterrichtet gewesen seien; dies falle aber nicht in die Sphäre des Ministeriums.

80

Aus dem von der Antragstellerin vorgelegten Protokoll über eine Sitzung der Tierschutzkommission am 4. Juni 2004 folge nicht, dass das Ministerium im Fall von Maßgabebeschlüssen des Bundesrates keine erneute Befassung der Tierschutzkommission für erforderlich halte. Im Jahr 2004 habe sich die Frage einer erneuten Anhörung nicht gestellt, da die Verordnung ohnehin nicht verkündet werden sollte. Die damalige Konstellation sei zum Anlass genommen worden, die Fragestellung im Ministerium zu erörtern, wobei man zum Ergebnis gekommen sei, dass in derartigen Fällen erneut angehört werden müsse.

81

Die frühzeitige Behandlung im Kabinett sei erfolgt, um das Kabinett über den Inhalt der Verordnung und den Beginn der Notifizierung zu informieren. Eine Vorfestlegung oder eine endgültige Entscheidung über den Inhalt sei damit nicht verbunden gewesen. Üblicherweise beschließe das Kabinett Vorlagen erst nach Durchführung des Notifizierungsverfahrens. Auch im Notifizierungsverfahren, das kurz vor der Kabinettsbefassung eingeleitet worden sei und nach Anhörung der Tierschutzkommission geendet habe, sei keine endgültige Festlegung auf den Verordnungstext zu sehen. Nach der Begriffsbestimmung des "Entwurf(s) einer technischen Vorschrift" in Art. 1 Nr. 12 der Richtlinie 98/34/EG setze dieser voraus, dass sich die Vorschrift in einem "Stadium der Ausarbeitung befindet, in dem noch wesentliche Änderungen möglich sind". Eine Vorfestlegung stehe danach im Widerspruch zum Zweck der Notifizierung. Es sei deshalb in Kauf genommen worden, dass die Verordnung - insbesondere im Fall einer ausführlichen Stellungnahme der Europäischen Kommission oder eines EU-Mitgliedstaats - geändert und erneut dem Bundesrat und gegebenenfalls auch dem Kabinett hätte vorgelegt werden müssen.

82

Die maßgebliche Vorgabe für die Befassung der Tierschutzkommission bestehe darin, dass die Position der Tierschutzkommission gegebenenfalls noch Einfluss auf die Verordnung haben könne. Dies sei der Fall gewesen, da die Verordnung zum Zeitpunkt der entscheidenden Sitzung noch nicht unterzeichnet gewesen sei. Die Tierschutzkommission habe Gelegenheit erhalten, ihre Auffassung und die entscheidenden Argumente darzulegen, und der Bundesminister habe ihre Stellungnahme im weiteren Verfahren berücksichtigt. Das Votum der Tierschutzkommission enthalte weder die Aufforderung, die Verordnung nicht zu verkünden, noch inhaltliche Änderungsvorschläge. Das Bedauern der Tierschutzkommission, dass es zu einer Koppelung der Vorschriften über die Legehennen mit den Vorschriften über die Schweinehaltung gekommen sei, sei zur Kenntnis genommen worden und in die Entschlussfassung des Bundesministers eingeflossen. Der Maßgabebeschluss des Bundesrates sei für den Bundesminister nicht bindend gewesen. Er hätte, wie in vorangegangenen Fällen geschehen, von der Verkündung der Verordnung absehen und dem Bundesrat eine geänderte Fassung zuleiten können.

83

b) Aus Art. 20a GG ergebe sich nicht, dass nur das Parlament bestimmte Abwägungsentscheidungen treffen dürfe. Bereits nach seinem Wortlaut verpflichte Art. 20a GG auch den Verordnungsgeber.

84

c) § 13b TierSchNutztV stehe mit § 2 TierSchG und Art. 20a GG in Einklang. Die artgerechte Haltung der Legehennen werde zusätzlich durch die §§ 3, 4 und 13 TierSchNutztV sichergestellt. Die Bundesregierung tritt den Bedenken der Antragstellerin im Einzelnen entgegen und trägt vor, die Kleingruppenhaltung verbessere die Tiergesundheit entscheidend. Dies hätten vergleichende Untersuchungen von ausgestalteten Käfigen gezeigt. Große ausgestaltete Käfige mit über 30 Hennen ließen sich mit der Kleingruppenhaltung vergleichen. Die Neuregelung beruhe insgesamt auf einer sorgfältigen und angemessenen Abwägung der Tierschutzinteressen mit anderen verfassungsrechtlich geschützten Interessen (Grundrechte der Tierhalter aus Art. 12 und 14 GG; Stützung der deutschen Eierproduktion; Produkthygiene und Optimierung der Arbeitsbedingungen). Der Verordnungsgeber habe alle alternativen Haltungssysteme in seine Entscheidungsfindung einbezogen und Verbesserungsmöglichkeiten weit über die rechtlichen Verpflichtungen hinaus mit Fachleuten erörtert.

85

d) Die Übergangsregelungen beruhten auf einer verfassungsgemäßen Abwägung. Für die von der Antragstellerin behauptete Wettbewerbsverzerrung gebe es keine Belege. Bis zur Neuregelung durch die angegriffenen Vorschriften hätten nur wenige Betriebe auf alternative Haltungssysteme umgestellt. Vielen Haltern sei die Umstellung nicht möglich gewesen. Kleinere Betriebe mit speziellen Direktvermarktungsmöglichkeiten hätten befürchtet, durch die mit der Bodenhaltung einhergehende Reduzierung der Anzahl der Hennen ihre wirtschaftliche Grundlage zu verlieren. Eine wirtschaftlich zu betreibende Freilandhaltung sei vielen Betrieben an ihrem Standort nicht möglich erschienen. Große Betriebe hätten es als nicht möglich erachtet, die große Zahl der gehaltenen Hennen in Bodenhaltung unterzubringen, und keine betriebswirtschaftlich sinnvollen Neu- und Umbaumöglichkeiten gesehen. Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz verbiete nicht jede Veränderung der Wettbewerbsbedingungen durch eine verordnungsrechtliche Neuregelung; es sei nicht geboten, eventuell bestehende Härten völlig auszuschließen und Vertrauensinvestitionen völlig zu kompensieren. Neben Zeitdauer und Ausmaß könne auch die wirtschaftliche Bedeutung der bisherigen beruflichen Tätigkeiten in die Gestaltung der Übergangsregelungen einfließen. Vor dem Hintergrund der seit 2002 andauernden Diskussion hätten die Hennenhalter sich auf die Neuregelung einstellen können.

86

2. Der Deutsche Bundestag und der Bundesrat haben von einer Stellungnahme abgesehen.

87

3. Die Hessische Landesregierung unterstützt den Normenkontrollantrag.

88

Die Verordnung leide an den in der Antragsschrift aufgeführten Verfahrensmängeln. In materieller Hinsicht ermögliche die Regelung zur Kleingruppenhaltung entgegen den Anforderungen des Tierschutzgesetzes kein artgerechtes Verhalten (wird ausgeführt). Es liege ein Verstoß gegen Art. 20a GG vor, wobei offen bleiben könne, ob durch die mit § 13b TierSchNutztV erfolgte Reduzierung des Bewegungsraums um etwa vier Fünftel ein dem Tierschutz-Staatsziel innewohnendes Verschlechterungsverbot verletzt sei. Jedenfalls sei der Verordnungsgeber bei Anordnung einer solchen Verschlechterung verpflichtet gewesen, hierfür sachliche Gründe anzugeben und tierfreundlichere Alternativen ernsthaft zu prüfen. Beides sei nicht geschehen.

89

Auch die Übergangsregelungen seien verfassungswidrig. Der Verordnungsgeber habe offensichtlich nicht berücksichtigt, dass nicht wenige Betreiber ihre Haltungen umgestellt und andere Betreiber neu in alternative Haltungssysteme investiert hätten. Gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer möglichst frühzeitigen Beendigung der herkömmlichen tierquälerischen Käfighaltung sei das Interesse der Käfighalter aufgrund der ohnehin langen Übergangsfrist von fast siebeneinhalb Jahren seit der Nichtigerklärung der Hennenhaltungsverordnung und der öffentlichen Förderung der Umstellung auf alternative Haltungsformen nicht schutzwürdig. Der Hinweis des Bundesrates auf kleinere Betriebe mit speziellen Direktvermarktungsmöglichkeiten sei unrichtig. Es sei allgemein bekannt, dass solche Betriebe überwiegend Boden- und Freilandhaltung betrieben. Die Verlängerung der Übergangsfrist für ausgestaltete Käfige sei schon deshalb verfassungswidrig, weil sich der Verordnungsgeber einseitig an der betriebswirtschaftlich vorgegebenen Abschreibungsfrist der Projektanlagen orientiert habe, ohne auch nur in eine Abwägung mit den Belangen des ethischen Tierschutzes einzutreten.

90

4.Die Landesregierungen von Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommernund Sachsen haben Stellungnahmen abgegeben, mit denen sie die angegriffenen Regelungen verteidigen. Die Kleingruppenhaltung verstoße weder gegen § 2 TierSchG noch gegen Art. 20a GG. Auch die Übergangsvorschriften seien verfassungsgemäß.

91

5. Die Internationale Gesellschaft für Nutztierhaltung (IGN) und PROVIEH vertreten mit detaillierten Ausführungen zu den Haltungsbedingungen die Auffassung, dass die angegriffenen Regelungen den Anforderungen des Tierschutzes nicht entsprechen und daher verfassungswidrig sind.

92

6. Der Deutsche Tierschutzbund e.V. erachtet den Antrag für zulässig und begründet. § 13b TierSchNutztV sei mangels ordnungsgemäßer Anhörung der Tierschutzkommission nichtig. Im von der Bundesregierung vorgelegten handschriftlichen Protokoll über die Sitzung der Tierschutzkommission heiße es: "BR hat auf Schweine die Legehennen + Kälber draufgesattelt; dass Tierschutzkommission damit nicht befasst wurde liegt nicht im Ermessen des BMELV's". Dies und die weiter festgehaltenen Äußerungen der Tierschutzkommission, dass ihr Beschluss bedauerlicherweise nicht gehört worden sei und ein Rückschritt im Tierschutz befürchtet werde, wären sinnwidrig, wenn am 29. Mai 2006 eine ordnungsgemäße Anhörung stattgefunden hätte. Hätte die Bundesregierung gemäß ihrem Vortrag wegen besonderer Eilbedürftigkeit per E-Mail eingeladen, wäre dies in der Einladung oder jedenfalls in der Sitzungsniederschrift zu vermerken gewesen. In den von der Bundesregierung vorgelegten Dokumenten sei von einer "Information" der Tierschutzkommission die Rede, nicht von einer "Anhörung". Aus den von der Bundesregierung vorgelegten Dokumenten ergebe sich nicht, dass die Tierschutzkommission einen Beschluss habe fassen können, der den Beschluss des Bundesrates noch hätte umkehren können. Die Tierschutzkommission sei erst befasst worden, als die Verordnung bereits notifiziert gewesen sei. Bereits am 10. Mai 2006 sei der Kabinettsbeschluss der Öffentlichkeit mittels Presseerklärung vorgestellt worden. Demnach sei, auch wenn die Verordnung im Zeitpunkt der Anhörung noch nicht unterzeichnet gewesen sei, der Verordnungstext schon endgültig festgelegt gewesen. Eine erneute Vorlage der Verordnung an den Bundesrat oder an das Kabinett wäre nur erforderlich gewesen, wenn die Europäische Kommission oder Mitgliedstaaten gemäß Art. 8 der Richtlinie 98/34/EG Bemerkungen abgegeben hätten. Von einer Beratung der Bundesregierung durch die Tierschutzkommission könne nur die Rede sein, wenn der Bundesminister sich mit dem Votum der Tierschutzkommission vor seiner Entscheidung auseinandersetze und begründe, warum er diesem oder jenem Argument nicht folge. Eine solche Beratung habe vor dem Kabinettsbeschluss und der Presseerklärung vom 10. Mai 2006 nicht stattgefunden. Vor dem Hintergrund, dass die Tierschutzkommission im Februar 2006 ausdrücklich den Wunsch geäußert hatte, bei einer Veränderung der Rechtslage zu den Legehennen befasst zu werden, stelle die Einbeziehung der Tierschutzkommission in der Form, wie sie stattgefunden habe, eine eklatante Verkürzung ihrer Beratungsfunktion dar. Die angegriffenen Vorschriften seien auch materiell verfassungswidrig (wird ausgeführt).

93

7. Nach Auffassung des Verbandes der Landwirtschaftskammern e.V., des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft e.V. und des Deutschen Bauernverbandes e.V. sind die angegriffenen Regelungen verfassungsgemäß. Die beiden zuletzt genannten Verbände haben eine Stellungnahme von Prof. Dr. Bessei (Mai 2010) vorgelegt, die sich kritisch mit den Gutachten von Prof. Dr. Bernhard Hörning und Dr. Christiane Keppler auseinandersetzt. Die beiden Verbände bezweifeln darüber hinaus schon die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags. Der für die Antragstellung erforderliche Kabinettsbeschluss sei nicht vorgelegt worden. Hinsichtlich der Übergangsregelung des § 33 Abs. 4 Satz 1 TierSchNutztV sei angesichts der auf den Ablauf des 31. Dezember 2008 befristeten Geltungsdauer dieser Vorschrift das objektive Klarstellungsinteresse fraglich.

94

8. Der Präsident des Bundesgerichtshofs hat mitgeteilt, dass der Bundesgerichtshof mit der Frage, ob die zur Prüfung gestellten Bestimmungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung mit dem Grundgesetz vereinbar sind, nicht befasst gewesen sei.

95

Die Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts hat auf zwei Entscheidun- gen vom 23. Oktober 2008 (- BVerwG 7 C 48.07 - und - BVerwG 7 C 4.08 -) verwiesen. Das Urteil in der Sache BVerwG 7 C 48.07 betraf die Frage, ob die verschärften Anforderungen an die artgerechte Haltung von Legehennen auch auf die Anlage der Klägerin unmittelbare Anwendung finden oder die Klägerin sich bis zu einer Aufhebung beziehungsweise Änderung der Anlagengenehmigung auf Bestandsschutz berufen kann. Eine - mittelbar auch gegen § 33 Abs. 4 TierSchNutztV Nov. 2006 gerichtete - Verfassungsbeschwerde gegen diese Entscheidung wurde mit Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Januar 2010 (- 1 BvR 1627/09 -, NVwZ 2010, S. 771 ff.) nicht zur Entscheidung angenommen.

IV.

96

Die Antragstellerin hat auf mündliche Verhandlung verzichtet.

B.

97

Der Antrag ist zulässig. Die von der antragsberechtigten Landesregierung (Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 76 Abs. 1 Nr. 1 BVerfGG) ordnungsgemäß zur Prüfung gestellten Vorschriften des Bundesrechts können gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG und § 76 Abs. 1 BVerfGG Gegenstand der abstrakten Normenkontrolle sein. Antragsgegenstand sind § 13b und § 33 Abs. 3 und 4 TierSchNutztV in der Fassung, die die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung durch die Dritte Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 30. November 2006 (BGBl I S. 2759) erhalten hat (§ 13b und § 33 Abs. 3 und 4 TierSchNutztV Nov. 2006).

98

Die Antragstellerin hält die zur Prüfung gestellten Vorschriften unter anderem wegen Unvereinbarkeit mit Bestimmungen des Grundgesetzes - Art. 20a GG und, soweit es um § 33 Abs. 3 und 4 TierSchNutztV geht, auch Art. 12 GG - für nichtig und beruft sich damit auf einen gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG und § 76 Abs. 1 BVerfGG zulässigen Antragsgrund.

99

Der Antrag ist auch nicht insoweit unzulässig, als die Antragstellerin die Unvereinbarkeit der angegriffenen Verordnungsbestimmungen mit § 2 und § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG geltend macht. Zwar bildet gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, soweit es im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle um Normen des Bundesrechts geht, allein deren behauptete Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz, nicht die behauptete bloße Unvereinbarkeit mit einfachem Bundesrecht, einen zulässigen selbständigen Antragsgrund (vgl. BVerfGE 1, 184 <195 f.>; 96, 133 <138>). Daran kann - und will, wie sich deutlich aus § 78 Satz 1 BVerfGG ergibt - die in diesem Punkt nicht eindeutige, da hinsichtlich der Antragsgründe für die Prüfung von Bundes- und Landesrecht zusammenfassend formulierende Regelung des § 76 Abs. 1 Nr. 1 BVerfGG nichts ändern. Dies schließt jedoch nicht aus, dass das Bundesverfassungsgericht, wenn eine Rechtsverordnung des Bundes mit zulässigem, ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz betreffenden Antragsgrund zur Prüfung gestellt ist, als Vorfrage oder im Hinblick auf eine spezifische verfassungsrechtliche Bedeutung bestimmter Vorgaben des einfachen Rechts auch die Vereinbarkeit der Verordnung mit einfachgesetzlichen Normen prüft. Die Voraussetzungen hierfür sind hinsichtlich der als verletzt gerügten Normen des Tierschutzgesetzes erfüllt (s. unter C.II.1.).

100

Das erforderliche objektive Klarstellungsinteresse (vgl. BVerfGE 113, 167 <193> m.w.N.) ist hinsichtlich des § 33 Abs. 4 TierSchNutztV Nov. 2006 nicht dadurch entfallen, dass die hier für die konventionelle Käfighaltung vorgesehenen Übergangsfristen zwischenzeitlich abgelaufen sind. Ein objektives Klarstellungsinteresse ist indiziert, wenn ein auf die Bundesverfassung in besonderer Weise verpflichtetes Organ oder ein besonders verpflichteter Organteil von der Unvereinbarkeit der Norm mit höherem Bundesrecht überzeugt ist (vgl. BVerfGE 96, 133 <137>; 106, 244 <251>; 119, 394 <409>). Dies gilt auch, wenn die zum Prüfungsgegenstand erhobene Norm außer Kraft getreten oder auf andere Weise gegenstandslos geworden ist (vgl. BVerfGE 119, 394 <410>; vgl. auch BVerfGE 5, 25 <28>; 20, 56 <93 f.>; 79, 311 <326 ff.>; 97, 198 <213 f.>; 100, 249 <257>). Das objektive Klarstellungsinteresse entfällt lediglich, wenn von der zur Prüfung gestellten Norm unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr Rechtswirkungen ausgehen können (vgl. BVerfGE 97, 198 <213 f.>; 119, 394 <410>; stRspr). Dies ist hinsichtlich des § 33 Abs. 4 TierSchNutztV Nov. 2006 nicht der Fall. Rechtsstreitigkeiten, für die es auf die Vereinbarkeit dieser Norm mit dem Grundgesetz auch noch nach Ablauf der darin vorgesehenen Übergangsfristen ankommt, sind nicht von vornherein auszuschließen (vgl. nur BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 14. Januar 2010 - 1 BvR 1627/09 -, NVwZ 2010, S. 771 ff.).

C.

I.

101

§ 13b und § 33 Abs. 3 und 4 TierSchNutztV Nov. 2006 sind unvereinbar mit § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG und Art. 20a GG.

102

1. Die zur Prüfung gestellten Vorschriften sind im vorliegenden Verfahren auch an der einfachgesetzlichen Norm des § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG zu messen, die den Verordnungsgeber verpflichtet, vor dem Erlass von Verordnungen nach § 2 TierSchG die Tierschutzkommission anzuhören (vgl. BVerfGE 101, 1 <31, 44>). Das Bundesverfassungsgericht prüft im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle Rechtsverordnungen des Bundes auch daraufhin, ob sie sich im Rahmen der nach Art. 80 Abs. 1 GG erforderlichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage halten (vgl. BVerfGE 2, 307 <320 f.>; 8, 51 <60 f.>; 101, 1 <30 f.>; 106, 1 <12>). Zur gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage im Sinne dieser Regel gehören nicht nur die materiellrechtlichen, sondern auch die verfahrensrechtlichen Vorgaben, an die das ermächtigende Gesetz den ermächtigten Verordnungsgeber bindet, soweit ihre Beachtung für die Gültigkeit der angegriffenen Verordnungsbestimmungen von Bedeutung sein kann. Dies ist hier der Fall (vgl. BVerfGE 10, 221 <226>). Ob die betreffenden Vorgaben sich im selben Satz, Absatz oder Gesetzesparagraphen finden wie der Ausspruch, dass der Verordnungsgeber ermächtigt werde (für ein Beispiel solcher Anordnung eines Anhörungserfordernisses vgl. BVerfG, a.a.O., S. 222), kann für die Zugehörigkeit zur gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage im vorliegenden Zusammenhang nicht entscheidend sein; denn dies ist eine für den rechtlichen Status der Regelung belanglose Frage gesetzestechnischer Zweckmäßigkeit. Das in § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG geregelte Erfordernis der Anhörung der Tierschutzkommission gehört nicht weniger als die Vorgaben derjenigen Normen, die den Ausspruch der im vorliegenden Fall in Anspruch genommenen Verordnungsermächtigungen enthalten (§ 2a TierSchG und Art. 2 ETÜ-Gesetz), zu den Maßgaben, an die der Gesetzgeber die Ermächtigung geknüpft hat. Der Verordnungsgeber selbst hat sich dementsprechend ausdrücklich unter anderem auf "§ 2a Abs. 1 in Verbindung mit § 16b Abs. 1 Satz 2 … des Tierschutzgesetzes" als Ermächtigungsgrundlage gestützt (Vorspruch zur Zweiten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 1. August 2006, BGBl I S. 1804). Auf § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG erstreckt sich die Prüfung im vorliegenden Fall zudem auch deshalb, weil das in Art. 20a GG statuierte Staatsziel Tierschutz der Beachtung dieser Norm verfassungsrechtliche Bedeutung verleiht (s. unter 3.).

103

2. Die Tierschutzkommission wurde beim Erlass des § 13b TierSchNutztV und der zugehörigen Übergangsregelungen (§ 27 Abs. 3 und 4 TierSchNutztV in der Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 1. August 2006, BGBl I S. 1804, später § 33 Abs. 3 und 4, heute § 38 Abs. 3 und 4 TierSchNutztV, s.o. A.I.2.e und f) nicht in der von § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG geforderten Weise angehört.

104

Es kann offen bleiben, ob die Befassung der Tierschutzkommission in ihrer Sitzung vom 29. Mai 2006 mit den Regelungen zur Kleingruppenhaltung vom zuständigen Ministerium als Anhörung im Sinne des § 16b TierSchG geplant war und ob die Mitglieder der Kommission hierüber durch das Einladungsschreiben (§ 8 Abs. 2 TierSchKomV, § 90 Abs. 1 Satz 1 VwVfG) vom 16. Mai 2006 hinreichend deutlich unterrichtet waren. Denn jedenfalls hat die Anhörung nicht mit der gebotenen Offenheit stattgefunden.

105

a) Sieht das Gesetz für den Erlass einer Norm ein Anhörungserfordernis vor, so zielt es darauf, dass das Ergebnis der Anhörung als informatorische Grundlage in die Abwägungsentscheidung des Normgebers einfließt. Dem Anhörungserfordernis wird daher nicht ordnungsgemäß entsprochen, wenn die Anhörung nur  pro forma durchgeführt wird, ohne dass noch die Möglichkeit oder Bereitschaft bestünde, das Ergebnis in der Abwägungsentscheidung des Normgebers zu berücksichtigen (vgl. VerfGBbg, Urteil vom 18. Dezember 2003 - 97/03 -, juris; Unkelbach, Rechtsschutz gegen Gremienentscheidungen und Entscheidungen mit Gremienbeteiligung, 2007, S. 100; zu § 16b TierSchG VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 4. September 1990 - 10 S 570/90 -, NVwZ-RR 1991, S. 187 <190>; Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 2. Aufl. 2007, § 16b Rn. 1 und § 2a Rn. 6; Erbel, DÖV 1989, S. 338 <340>). Fehlende Beratungsoffenheit kann allerdings nicht aufgrund bloßer Spekulationen unterstellt, sondern nur aufgrund greifbarer Tatsachen angenommen werden (vgl. VerfGBbg, a.a.O.).

106

b) Solche Tatsachen liegen hier vor.

107

Bereits mit Beschluss vom 10. Mai 2006, also vor der Sitzung der Tierschutzkommission, hatte das Kabinett den Maßgabebeschluss des Bundesrates vom 7. April 2006 zustimmend zur Kenntnis genommen. Ebenfalls bereits vor der Sitzung der Tierschutzkommission war am 28. April 2006 die Notifizierung an die Europäische Kommission erfolgt. Auf dem Hintergrund der rechtlichen Vorgaben und der Verfahrensüblichkeiten deutet bereits diese Abfolge darauf hin, dass eine Offenheit für irgendwelche Änderungen auf der Grundlage eines Votums der Tierschutzkommission ganz unabhängig von etwaigen Inhalten eines solchen Votums nicht mehr bestand. Hinzu kommt die Besonderheit der Situation, in die das für den Verordnungserlass zuständige Bundesministerium sich durch den Maßgabebeschluss des Bundesrates versetzt sah.

108

aa) Das Notifizierungserfordernis ergab sich aus der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 (ABlEG Nr. L 204 S. 37, zuletzt geändert durch Art. 1 der Richtlinie 2006/96/EG des Rates vom 20. November 2006, ABlEU Nr. L 363 S. 81). Zweck der Notifizierung ist es nach den Erwägungsgründen dieser Richtlinie, Transparenz in der nationalen Rechtsetzung im nicht harmonisierten Bereich herzustellen und das Entstehen neuer Handelshemmnisse im Binnenmarkt zu verhindern. Dazu sieht die Richtlinie vor, dass die Mitgliedstaaten, soweit nicht eine Ausnahme von der Notifizierungspflicht (Art. 10 Abs. 1 RL 98/34/EG) besteht, der Europäischen Kommission unverzüglich jeden Entwurf einer technischen Vorschrift übermitteln (Art. 8 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz RL 98/34/EG). Aus der Legaldefinition des Entwurfsbegriffs (Art. 1 Nr. 12 RL 98/34/EG) ergibt sich, dass dies in einem Stadium der Ausarbeitung geschehen muss, in dem noch wesentliche Änderungen möglich sind. Nach Eingang des übermittelten Entwurfs bei der Kommission beginnt eine dreimonatige Stillhaltefrist, während derer im Regelfall der Entwurf nicht angenommen werden darf (Art. 9 Abs. 1 RL 98/34/EG). Innerhalb dieser Frist können die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten eine ausführliche Stellungnahme abgeben, wenn sie Elemente der geplanten Maßnahme für mit dem Binnenmarkt unvereinbar halten (Art. 9 Abs. 2; s. auch Art. 8 Abs. 2 RL 98/34/EG). Die Kommission kann innerhalb der Frist auch mitteilen, dass sie beabsichtigt, für den im Entwurf geregelten Gegenstand einen Gemeinschaftsrechtsakt vorzuschlagen oder zu erlassen, oder dass dem Rat ein entsprechender Vorschlag vorgelegt wurde (Art. 9 Abs. 3 und 4 RL 98/34/EG). Im Fall einer solchen Stellungnahme oder Mitteilung verlängert sich die Stillhaltefrist (Art. 9 Abs. 2 RL 98/34/EG). Auf ausführliche Stellungnahmen hin hat der Mitgliedstaat die Kommission über die Maßnahmen, die er aufgrund der ausführlichen Stellungnahmen zu ergreifen beabsichtigt, zu unterrichten; die Kommission wiederum äußert sich zu diesen Maßnahmen (Art. 9 Abs. 2 Unterabsatz 3 RL 98/34/EG). Die Notifizierung hindert nicht den Fortgang des Rechtsetzungsverfahrens. Falls es im Verlauf des Verfahrens zu wesentlichen Änderungen am Entwurf kommt, muss jedoch ein erneutes Notifizierungsverfahren in Gang gesetzt werden, das wiederum die Stillhaltefristen auslöst (Art. 8 Abs. 1 Unterabsatz 3 RL 98/34/EG).

109

Die Bundesregierung hat sich mit einem auf Staatssekretärsebene gefassten, soweit ersichtlich nicht veröffentlichten Beschluss vom 27. Januar 2005 ("Zeitpunkt der Übermittlung von Entwürfen technischer Vorschriften und Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft des Bundes gem. RL 98/34/EG, geändert durch RL 98/48/EG" - BMWA - XA2 - 51 10 01), den sie im vorliegenden Verfahren vorgelegt hat, über wesentliche Modalitäten der Notifizierung verständigt. Der Beschluss versteht seine Inhalte als Empfehlungen, die im Einzelfall vom federführenden Ressort - gegebenenfalls in Abstimmung mit dem Bundeskanzleramt - den jeweiligen Gegebenheiten anzupassen sind (a.a.O., S. 3). Die Entscheidung darüber, ob ein Rechtsakt notifiziert wird, soll dem federführenden Ressort obliegen (a.a.O., S. 1). Dasselbe soll für die Entscheidung über den richtigen Zeitpunkt gelten - den Zeitpunkt, zu dem einerseits an dem Entwurf noch wesentliche Änderungen möglich sind, andererseits die Entwurfsfassung so weitgehend konsolidiert ist, dass keine wesentlichen Änderungen im weiteren Verfahren nötig sind, die eine erneute Notifizierungspflicht auslösen würden; eine Notifizierung kann nicht vor Abschluss der Ressortabstimmung erfolgen (a.a.O., S. 2). Für Rechtsverordnungen sieht der Beschluss (a.a.O., S. 3 f.) vor:

110

Bei Rechtsverordnungen empfiehlt sich eine Notifizierung, nachdem die Ressortabstimmung (einschl. Anhörung der beteiligten Länder, Fachkreise) abgeschlossen ist. Mit der Kabinettsbefassung sollte dann zugewartet werden, bis die dreimonatige Stillhaltefrist abgelaufen ist. Soweit eine streitige Kabinettsbefassung erforderlich ist, erfolgt die Notifizierung nach dem Kabinettsbeschluss.

111

Rechtsverordnungen durch einen Bundesminister, die nicht § 62 Abs. 3 GGO unterfallen, sind als ressortabgestimmte Entwürfe zu notifizieren. Mit der Unterschrift durch den Minister sollte bis zum Ablauf der dreimonatigen Stillhaltefrist zugewartet werden. Im Falle des § 64 Abs. 2 GGO soll die Zuleitung an den Bundesrat erst nach Ablauf der Stillhaltefrist erfolgen.

112

Bei Vorlagen des Bundesrates gem. Art. 80 Abs. 3 GG erfolgt die Notifizierung, sofern die Bundesregierung von der VO-Ermächtigung Gebrauch machen will (§ 63 Abs. 2 GGO), mit der Zuleitung an die Bundesregierung. Mit der Entscheidung der zuständigen Ministerien über die weitere Behandlung der Vorlage (§ 63 Abs. 1 GGO) soll bis zum Ablauf der Stillhaltefrist gewartet werden, damit Bemerkungen oder Stellungnahmen der KOM/MS ggf. einfließen können.

113

Üblich ist es danach, Verordnungsentwürfe erst nach den erforderlichen Anhörungen zu notifizieren und erst im Anschluss daran das Kabinett zu befassen. Nur wenn es sich um ein zwischen den Ministerien streitiges Regelungsvorhaben handelt (§ 62 Abs. 3 Nr. 3 GGO), wird die übliche Reihenfolge "Ressortabstimmung einschließlich Anhörungen - Notifizierung - Kabinettsbefassung" ersetzt durch die Reihenfolge "Ressortabstimmung einschließlich Anhörungen - Kabinettsbefassung - Notifizierung". Ein Vorziehen der Notifizierung oder der Kabinettsbefassung vor die vorgesehenen Anhörungen ist dagegen für keinen Fall vorgesehen. Die Regel, dass bei zwischen den Ressorts streitigen Entwürfen die Kabinettsbefassung vorzuziehen ist, verdeutlicht zudem das Gewicht, das dem Ziel beigemessen wird, ein zweimaliges Durchlaufen des Notifizierungsverfahrens zu vermeiden. Eher wird das Risiko eingegangen, dass nach durchlaufenem Notifizierungsverfahren das Kabinett ein weiteres Mal zu befassen ist, als dass die Notwendigkeit eines erneuten Notifizierungsverfahrens wegen im Kabinett erfolgter Änderungen des Entwurfs in Kauf genommen würde.

114

Wenn demgegenüber im vorliegenden Fall die Tierschutzkommission erst befasst wurde, nachdem sowohl das Kabinett beschlossen hatte als auch der Verordnungsentwurf notifiziert worden war, spricht dies dafür, dass der Verordnungsinhalt zum Zeitpunkt der Befassung der Tierschutzkommission bereits beschlossene Sache war.

115

bb) Dies wird bestätigt und bekräftigt durch die besondere Lage, die mit dem Maßgabebeschluss des Bundesrates vom 7. April 2006 entstanden war.

116

Der Beschluss, mit dem der Bundesrat seine Zustimmung zu einer ihm vorgelegten Rechtsverordnung nur nach Maßgabe bestimmter Änderungen erteilt, stellt sich der Sache nach als vorweggenommene Zustimmung zu der gemäß den Forderungen dieses Beschlusses geänderten Verordnung dar (vgl. Nierhaus, in: Bonner Kommentar, Bd. 11, Art. 80 Abs. 2, Rn. 684 ). Die in § 65 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO) normativ aufgenommene Praxis solcher Maßgabebeschlüsse ist - jedenfalls seitdem der Bundesrat über ein eigenes Initiativrecht für Rechtsverordnungen verfügt (Art. 80 Abs. 3 GG) - verfassungsrechtlich als solche nicht zu beanstanden (vgl. Bauer, in: Dreier, GG, Bd. 2, 2. Aufl. 2006, Art. 80 Rn. 60; Nierhaus, in: Bonner Kommentar, Bd. 11, Art. 80 Abs. 2 Rn. 689 ; Brenner, in: v. Mangoldt/Klein/ Starck, GG, Bd. 2, 5. Aufl. 2005, Art. 80 Abs. 2 Rn. 99; s. auch bereits Riese, Der Maßgabebeschluss des Bundesrates bei zustimmungsbedürftigen Rechtsverordnungen, 1992, S. 113 ff., jew. m.w.N.). Die Frage, welche Grenzen des Sachzusammenhangs dabei gewahrt bleiben müssen (vgl. Bauer, a.a.O., Rn. 60; Brenner, a.a.O., Rn. 99; Mann, in: Sachs, GG, 5. Aufl. 2009, Art. 80 Rn. 39; Scholz, DÖV 1990, S. 455 <456>) und was die Konsequenzen einer Überschreitung dieser Grenzen sind, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn unabhängig davon, ob und mit welchen Rechtsfolgen diese Grenzen im Fall des Maßgabebeschlusses vom 7. April 2006 überschritten waren, stellt sich dieser Beschluss jedenfalls als Element eines Verfahrensablaufs dar, der deutlich erkennen lässt, dass zum Zeitpunkt der Befassung der Tierschutzkommission die für eine Anhörung nach § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG erforderliche inhaltliche Offenheit für etwaige den Verordnungsinhalt betreffende Anregungen der Tierschutzkommission nicht mehr gegeben war.

117

Das Verordnungsverfahren stand, nachdem die Bundesrepublik Deutschland vom Europäischen Gerichtshof mit Urteil vom 8. September 2005 wegen Nichtumsetzung von Richtlinien zur Schweinehaltung verurteilt worden war (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2005 - Rs. C-278/04 -, ABlEU Nr. C 271, S. 8 f.), auch in zeitlicher Hinsicht unter Anpassungsdruck. Unter diesem Druck konnte das zuständige Ministerium sich dem Ansinnen des Bundesrates, die vorgesehene Verordnung, mit der den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben für die Schweinehaltung entsprochen werden sollte, um Regelungen zu einem anderen, nicht den ursprünglichen Gegenstand der Änderungsverordnungbetreffenden Sachbereich, der Legehennenhaltung, zu ergänzen, nicht durch Verzicht auf das nach § 2a Abs. 1 TierSchG und Art. 2 ETÜ-Gesetz zustimmungspflichtige Verordnungsvorhaben entziehen. Dass das Verfahren infolgedessen unter dem Eindruck - und aufgrund der bereits früher erhobenen Koppelungsforderungen des Bundesrates in der Voraussicht - gestaltet war, man befinde sich unter einem faktischen Zwang, die Verordnung mit den vom Bundesrat gewünschten Inhalten zu erlassen, zeigt sich nicht nur darin, dass von den im Beschluss der Staatssekretäre vom 27. Januar 2005 vorgesehenen Abfolgen von Anhörung, Notifizierung und Kabinettsbefassung abgewichen wurde, sondern auch darin, dass entgegen der Empfehlung dieses Beschlusses, zustimmungspflichtige Rechtsverordnungen erst nach Ablauf der Stillhaltefrist des Notifizierungsverfahrens dem Bundesrat zuzuleiten (vgl. den oben unter aa> wiedergegebenen Auszug), im vorliegenden Fall die Notifizierung nach der Richtlinie 98/34/EG im Anschluss an das Bundesratsverfahren erfolgte.

118

Der Umstand, dass der Handlungsdruck, unter dem das zuständige Bundesministerium sich befand, auch durch rechtliche Vorgaben bedingt war - nämlich durch das Erfordernis der Bundesratszustimmung und die Pflicht zur Umsetzung der Richtlinie (Art. 249 Abs. 3 EGV; nunmehr Art. 288 Abs. 3 AEUV) - hat nicht zur Folge, dass die zum Zeitpunkt der Befassung der Tierschutzkommission fehlende Beratungsoffenheit hier ausnahmsweise hinzunehmen wäre. Ein Maßgabebeschluss des Bundesrates führt nicht dazu, dass ein im Gesetz für den Erlass einer Rechtsverordnung vorgesehenes Anhörungserfordernis seine Geltung verliert. Vielmehr darf, wenn der Maßgabebeschluss wesentliche Änderungen vorsieht, die Verordnung mit den vorgesehenen Änderungen erst nach erneuter Anhörung erlassen werden (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 2. Aufl. 2007, § 2a Rn. 6; für Anhörungserfordernisse bei wesentlichen Änderungen in anderen Zusammenhängen BVerfGE 50, 195 <203>; VerfGBbg, Urteil vom 18. Dezember 2003 - 97/03 -, juris, Rn. 23; BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2010 - BVerwG 8 C 19.09 -, NZA 2010, S. 718 <724>). Macht demnach ein Maßgabebeschluss des Bundesrates eine gesetzlich vorgeschriebene Anhörung gerade nicht entbehrlich, so kann er - gleich ob es um eine erneute oder um eine erstmalige Anhörung geht - grundsätzlich auch nicht den Wegfall des Erfordernisses der Beratungsoffenheit als wesentlicher Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit des Anhörungserfordernisses bewirken. Auch der Zeitdruck, unter dem der Verordnungsgeber sich im Hinblick auf die notwendige Anpassung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung an gemeinschaftsrechtliche Vorgaben befand, kann eine solche Abweichung von den verfahrensrechtlichen Anforderungen nicht rechtfertigen. Es ist Sache der zuständigen Normsetzungsorgane, notwendige Maßnahmen zur Umsetzung von Richtlinien so frühzeitig einzuleiten, dass das nationale Rechtsetzungsverfahren gemäß den verfahrensrechtlichen Vorgaben des deutschen Rechts durchgeführt werden kann.

119

c) Soweit demgegenüber die Bundesregierung geltend macht, das Votum der Tierschutzkommission sei in ihre Entscheidungsfindung eingeflossen, vernachlässigt sie, dass § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG die Berücksichtigung eines in der Situation der Beratungsoffenheit abgegebenen Votums der Tierschutzkommission verlangt.

120

3. Mit dem Verstoß gegen das Anhörungserfordernis des § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG hat der Verordnungsgeber auch Art. 20a GG verletzt.

121

Art. 20a GG verpflichtet die staatliche Gewalt zum Schutz der Tiere (vgl. BVerfGE 110, 141 <166>). Mit der Aufnahme des Tierschutzes in diese Grundgesetznorm sollte der ethisch begründete Schutz des Tieres, wie er bereits Gegenstand des Tierschutzgesetzes war, gestärkt werden (vgl. BVerfGK 10, 66 <71> m.w.N.; zum einfachgesetzlichen Tierschutz BVerfGE 104, 337 <347>). Das Tier ist danach als je eigenes Lebewesen zu schützen (vgl. BVerfG, jew. a.a.O.). Als Belang von Verfassungsrangist der Tierschutz, nicht anders als der in Art. 20a GG schon früher zum Staatsziel erhobene Umweltschutz, im Rahmen von Abwägungsentscheidungen zu berücksichtigen und kann geeignet sein, ein Zurücksetzen anderer Belange von verfassungsrechtlichem Gewicht - wie etwa die Einschränkung von Grundrechten - zu rechtfertigen (vgl. BVerfGE 117, 126 <138>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 14. Januar 2010 - 1 BvR 1627/09 -, NVwZ 2010, S. 771 ff.); er setzt sich aber andererseits gegen konkurrierende Belange von verfassungsrechtlichem Gewicht nicht notwendigerweise durch (vgl. BVerfGE 110, 141 <166>; BVerwGE 127, 183 <186 f.>).

122

Den normsetzenden Organen, die dem Staatsziel Tierschutz mit geeigneten Vorschriften Rechnung zu tragen haben, kommt dabei ein weiter Gestaltungsspielraum zu (vgl. zum Umweltschutz BVerfGE 118, 79 <110>; BVerfGK 11, 445 <457>). Schon weil ein angemessener Schutz der Tiere in vielen Bereichen - unter anderem wenn es um die Bedingungen der Haltung von Tieren in großer Zahl zu wirtschaftlichen Zwecken geht - nur auf der Grundlage spezieller Fachkenntnisse, Erfahrungen und systematisch erhobener Informationen möglich ist, liegt es nahe, durch geeignete Verfahrensnormen sicherzustellen, dass bei der Setzung tierschutzrechtlicher Standards solche Informationen verfügbar sind und genutzt werden (vgl. Murswiek, in: Sachs, GG, 5. Aufl. 2009, Art. 20a Rn. 76 f.; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. 2, 2. Aufl. 2006, Art. 20a Rn. 73; Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 5. Aufl. 2005, Art. 20a Rn. 79 ff., 88; Hirt/Maisack/ Moritz, TierSchG, 2. Aufl. 2007, Art. 20a GG Rn. 15). Eine bestimmte Ausgestaltung der Art und Weise, in der dies geschieht, lässt sich aus Art. 20a GG nicht ableiten. Hat allerdings der Gesetzgeber in Ausfüllung seines Gestaltungsspielraums für den Erlass untergesetzlicher tierschutzrechtlicher Normen das Ermessen des Normgebers (vgl. BVerfGE 36, 321 <330>; 42, 191 <205>) durch Verfahrensvorschriften beschränkt, die gerade das Zustandekommen materiell tierschutzgerechter Ergebnisse des Normsetzungsverfahrens fördern sollen und da- mit dem Staatsziel Tierschutz dienen, so ist nicht nur einfaches Recht, sondern zugleich Art. 20a GG verletzt, wenn nicht wie gesetzlich vorgegeben verfahren wird (vgl. zur vergleichbaren verfassungsrechtlichen Bedeutung einer Missachtung von Verfahrens- und Kompetenznormen, die in Erfüllung des Verfassungsauftrags zum Schutz von Grundrechten erlassen wurden, BVerfGE 53, 30 <66>; 56, 216 <242>).

123

Eine Verordnung, die unter Verstoß gegen § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG erlassen wurde, verletzt danach zugleich Art. 20a GG. Die Tierschutzkommission hat nach § 16b TierSchG die Aufgabe, das zuständige Bundesministerium - auch unabhängig von einem entsprechenden Ersuchen - in Fragen des Tierschutzes, insbesondere vor dem Erlass einschlägiger Rechtsverordnungen, zu beraten (vgl. BTDrucks 10/3158, S. 29). Diese Beratungsfunktion und besonders die in § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG ausdrücklich statuierte Pflicht, vor dem Erlass von Rechtsverordnungen und allgemeinen Verwaltungsvorschriften die Tierschutzkommission anzuhören, dient der Verbesserung der Grundlagen für eine dem Zweck des Tierschutzgesetzes1 Satz 1 TierSchG) entsprechende, tierschutzgerechte Entscheidungsfindung und trägt damit zur Erfüllung des Verfassungsauftrages aus Art. 20a GG bei. Dem steht nicht entgegen, dass § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG auf das Erste Gesetz zur Änderung des Tierschutzgesetzes vom 12. August 1986 (BGB I S. 1309) zurückgeht und damit älter ist als das gemäß Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 26. Juli 2002 (BGBl I S. 2862) erst am 1. August 2002 in Kraft getretene Staatsziel Tierschutz. Auch wenn das Anhörungserfordernis des § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG danach nicht bereits bei seinem Erlass als Regelung im Dienst des Verfassungsauftrages zum Tierschutz konzipiert sein konnte, ist ihm aufgrund seiner tierschutzbezogenen Zwecksetzung mit dem Inkrafttreten dieses Verfassungsauftrages eine entsprechende Funktion objektiv zugewachsen (vgl. auch Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 2. Aufl. 2007, Art. 20a GG Rn. 21 m.w.N.).

124

4. Die Verstöße sind nicht dadurch geheilt, dass nach Einführung der Regelungen zur Kleingruppenhaltung und der zugehörigen Übergangsvorschriften durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 1. August 2006 (BGBl I S. 1804) weitere Änderungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung erfolgt sind; die Verstöße betreffen daher auch § 13b und § 33 Abs. 3 und 4 TierSchNutztV in der hier zur Prüfung gestellten Fassung sowie § 13b und § 38 Abs. 3 und 4 TierSchNutztV in der gegenwärtig geltenden Fassung. Dabei kann offen bleiben, ob den der Zweiten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung nachfolgenden Verordnungsänderungen eine den Anforderungen des § 16b TierSchG entsprechende Anhörung der Tierschutzkommission vorausging. Auch eine abschließende Klärung der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Verfahrensfehler der hier vorliegenden Art durch eine bei Gelegenheit späterer Normänderung erfolgte Anhörung geheilt werden kann, ist nicht erforderlich. Zur Behebung des die Einführung der Bestimmungen über die Kleingruppenhaltung betreffenden Anhörungsmangels waren Anhörungen der Tierschutzkommission im Zuge späterer Änderungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung jedenfalls deshalb nicht geeignet, weil die späteren Verordnungsänderungen (s.o. unter A.I.2.e und f) nicht die Inhalte dieser Bestimmungen betrafen.

125

5. Angesichts der festgestellten Verstöße bedarf es keiner Entscheidung, ob darüber hinaus Pflichten in Bezug auf die Prüfung und Erprobung neuer Haltungseinrichtungen nach Art. 9 Abs. 3 ETÜ in Verbindung mit Art. 8 Nr. 2 der Empfehlung in Bezug auf Haushühner der Art Gallus gallus des Ständigen Ausschusses des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen vom 7. Februar 2000 (Bundesanzeiger vom 11. Mai 2000, Nr. 89a; zur Rechtsverbindlichkeit dieser Empfehlung BVerfGE 101, 1 <39>) oder materiellrechtliche Vorgaben aus den gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen für die zur Prüfung gestellten Vorschriften oder aus Art. 20a GG verletzt sind und ob Verstöße gegen Grundrechte von Betreibern vorliegen. Es kann in der Regel nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts sein, in eine inhaltliche Überprüfung der vom Verordnungsgeber getroffenen Abwägungsentscheidungen einzutreten, wenn es infolge der Nichtbeachtung verfahrensrechtlicher Vorgaben für das Normsetzungsverfahren an den vom Gesetzgeber als erforderlich angesehenen Grundlagen für eine sachgerechte Abwägung - und damit im Zweifel auch an den Grundlagen für eine sachgerechte Überprüfung - fehlt.

II.

126

Der Verfahrensfehler führt zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit der betroffenen Vorschriften. Diese bleiben jedoch bis zum 31. März 2012 weiter anwendbar.

127

1. a) Unterbleibt die nach § 16b TierSchG gebotene Anhörung der Tierschutzkommission oder weist das Anhörungsverfahren Mängel auf, die die Funktions-fähigkeit der Anhörung beeinträchtigen, so leidet das Normsetzungsverfahren an einem wesentlichen Mangel. Ein solcher Mangel hat Folgen für die Rechtsgültigkeit der Norm (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2010 - BVerwG 8 C 19.09 -, NZA 2010, S. 718 <725>; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. Dezember 2008 - 1 B 13.08 -, juris, Rn. 57; Schmidt-Aßmann, Die kommunale Rechtsetzung im Gefüge der administrativen Handlungsformen und Rechtsquellen, 1981, S. 19; Unkelbach, Rechtsschutz gegen Gremienentscheidungen und Entscheidungen mit Gremienbeteiligung, 2007, S. 98 ff.; Schnelle, Eine Fehlerfolgenlehre für Rechtsverordnungen, 2007, S. 152 ff., 265; Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 <2812>; vgl. auch, zur Rechtserheblichkeit grober Mängel im Normsetzungsverfahren, BVerfGE 31, 47 <53>).

128

Wesentlich im hier maßgebenden Sinn ist ein Fehler im Verordnungsverfahren vorbehaltlich ausdrücklicher rechtsfolgenausschließender oder -beschränkender gesetzlicher Regelung jedenfalls dann, wenn - wie hier - ein Verfahrenserfordernis, das der Gesetzgeber im Interesse sachrichtiger Normierung statuiert hat, in funktionserheblicher Weise verletzt wurde (vgl. BVerfGE 10, 221 <226 f.>; Schmidt-Aßmann, a.a.O.; Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 <2812>). Der Verstoß gegen Anhörungs- und Beteiligungspflichten, die der Gesetzgeber für das Verfahren des Erlasses von Rechtsverordnungen vorgesehen hat, führt dementsprechend nach ganz herrschender Auffassung regelmäßig zur Ungültigkeit der Verordnung (vgl. BVerwG, a.a.O.; OVG Berlin-Brandenburg, a.a.O., Rn. 57; BayVGH, Beschluss vom 8. Juni 1984 - 9 N 81 A.1521 -, BayVBl 1985, S. 87 f.; Nierhaus, in: Bonner Kommentar, Bd. 11, Art. 80 Abs. 1, Rn. 431 ff. ; Leibholz/Rinck, GG, Art. 80 Rn. 240 ; Bauer, in: Dreier, GG, Bd. 2, 2. Aufl. 2006, Art. 80 Rn. 55; Sannwald, in: Schmidt/Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, 11. Aufl. 2008, Art. 80 Rn. 142; Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl. 2009, Art. 80 Rn. 20; Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, 1986, S. 306 f.; Unkelbach, a.a.O., S. 104 f.; für das Umwelt- und Technikrecht Denninger, Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Normsetzung im Umwelt- und Technikrecht, 1990, S. 176 ff. <180 f.>; Jarass, BImSchG, 8. Aufl. 2010, § 51 Rn. 4, m. zahlr. w.N.).

129

Auf die Frage, ob auch in einem solchen Fall die Evidenz des Fehlers Voraussetzung seiner Rechtsfolgenerheblichkeit ist (vgl. BVerfGE 34, 9 <25>; 91, 148 <175>; 120, 56 <73, 79 f.>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 8. Dezember 2009 - 2 BvR 758/07 -, NVwZ 2010, S. 634 <638>), kommt es hier nicht an; denn daran, dass die vorgeschriebene Anhörung der Tierschutzkommission beratungsoffen zu erfolgen hat und eine nicht beratungsoffene Anhörung daher einen Verfahrensfehler darstellt, konnte kein vernünftiger Zweifel bestehen.

130

Zu berücksichtigen ist darüber hinaus, dass der Verstoß gegen § 16b TierSchG zugleich einen Verfassungsverstoß darstellt, weil die verletzte Norm der Erfüllung des Verfassungsauftrags zum Tierschutz dient (s. unter C.I.3.). Dies erhöht das Gewicht des festgestellten Verfahrensfehlers und spricht dagegen, dass er ohne Folgen für die Gültigkeit der Norm bleibt (vgl. BVerfGE 56, 298 <321 f.> zur Nichtigkeitsfolge bei Verstoß gegen ein verfassungsrechtliches Anhörungserfordernis aus Art. 28 Abs. 2 GG). Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch der weite Spielraum, den Art. 20a GG den normsetzenden Organen belässt. Damit sind der verfassungsgerichtlichen Inhaltskontrolle von Rechtsnormen auf ihre Vereinbarkeit mit dem Verfassungsauftrag zum Tierschutz hin enge Grenzen gesetzt. Umso größere Bedeutung hat die Beachtung von Verfahrensnormen, die darauf hinwirken sollen, dass die entstehende Norm dem Verfassungsauftrag gerecht wird.

131

b) Aus Gründen der Rechtsklarheit sind gemäß § 78 Satz 2 BVerfGG die Rechtsfolgen des festgestellten Verstoßes gegen Art. 20a GG auf § 13b und § 38 Abs. 3 und 4 TierSchNutztV in der Fassung der Vierten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 1. Oktober 2009 (BGBl I S. 3223) zu erstrecken (vgl. BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 -, NJW 2010, S. 505 <517 f.>; BVerfGE 99, 165 <184>; 104, 126 <150>).

132

2. Der Verfassungsverstoß führt nicht zur in § 78 Satz 1 BVerfGG als Regelfolge vorgesehenen Nichtigerklärung der betroffenen Vorschriften. Vielmehr ist deren Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz festzustellen mit der Maßgabe, dass sie bis zum 31. März 2012 weiter anwendbar sind.

133

Der Ausspruch bloßer Unvereinbarkeit einer Norm mit dem Grundgesetz (§ 31 Abs. 2 Satz 3, § 79 Abs. 1 BVerfGG) anstelle der Nichtigerklärung ist angezeigt, wenn die hierfür sprechenden verfassungsrechtlichen Belange überwiegen (vgl. BVerfGE 118, 168 <211>). Dies ist dann der Fall, wenn der Zustand, der sich im Falle der Nichtigkeit ergäbe, der verfassungsmäßigen Ordnung noch ferner stün- de als die befristete Weitergeltung der verfassungswidrigen Regelung (vgl. nur BVerfGE 41, 251 <267>; 61, 319 <356>; 83, 130 <154>; 85, 386 <401>; 87, 153 <177f.>; 97, 228 <270>; Graßhof, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. 2005, § 78 Rn. 41). Geht es um Normen, die einem verfassungsrechtlichen Schutzauftrag dienen, so kann die Nichtigerklärung wegen dadurch entstehender Schutzlücken zu einem noch verfassungsferneren Zustand als dem bei befristeter Fortgeltung der verfassungswidrigen Norm bestehenden führen (vgl. BVerfGE 83, 130 <154>; 109, 190 <235 f.>). Auch aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit kann der Ausspruch einer bloßen Unvereinbarerklärung mit befristeter Fortgeltung vorzugswürdig sein (vgl. BVerfGE 107, 133 <149>). Zu berücksichtigen ist außerdem der Grundsatz der Völker- und Europarechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes, der den Organen der deutschen öffentlichen Gewalt gebietet, Verstöße gegen das Völkerrecht und das Unionsrecht zu vermeiden, soweit dies im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung und Anwendung des nationalen Rechts möglich ist (vgl. BVerfGE 111, 307 <317 ff.>; 123, 267 <347>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 6. Juli 2010 - 2 BvR 2661/06 -, juris, Rn. 58 ff., 66).

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Danach ist hier die weitere Anwendung der verfassungswidrigen Vorschriften vorübergehend hinzunehmen. Ihre Nichtigerklärung wäre mit erhöhten Rechtsunsicherheiten verbunden. Zwar würde ihr sofortiger Wegfall unter keiner denkbaren Auslegung des bestehen bleibenden Rechts ein tierschutzrechtliches Vakuum erzeugen, da die Geltung der Vorschriften des Tierschutzgesetzes und des Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 10. März 1976 zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen in Verbindung mit der Empfehlung in Bezug auf Haushühner der Art Gallus gallus des Ständigen Ausschusses nach diesem Übereinkommen unberührt bliebe (vgl. BVerfGE 101, 1 <39>). Der behördliche Gesetzesvollzug ist jedoch, vor allem wo er sich gegen Interessen von erheblichem wirtschaftlichen Gewicht durchzusetzen hat, auf hinreichend konkrete rechtliche Vorgaben angewiesen; er wird durch den Wegfall konkretisierender Normen daher eher geschwächt als gestärkt (vgl. für die Legehennenhaltung Caspar/Cirsovius, NuR 2002, S. 22 ff.). Hinzu kommt, dass mit dem sofortigen Außerkrafttreten der Verordnungsbestimmungen zur Kleingruppenhaltung unabhängig von der Frage, welche rechtlichen Folgen dies für die weitere Zulässigkeit einer Käfighaltung hätte, schon im Hinblick auf Fragen des Umgangs mit den vorhandenen Anlagen ein Umsetzungsdefizit hinsichtlich der Richtlinie 1999/74/EG entstünde, die spätestens zum 1. Januar 2002 in nationales Recht umzusetzen war (Art. 13 Abs. 1 RL 1999/74/EG).

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Die weitere Anwendbarkeit der Bestimmungen, die für unvereinbar mit Art. 20a GG zu erklären sind, wird auf den 31. März 2012 befristet. Bis zu diesem Zeitpunkt kann und muss eine Neuregelung erfolgen.

Tiere sind keine Sachen. Sie werden durch besondere Gesetze geschützt. Auf sie sind die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist.

(1) Wer eine verlorene Sache findet und an sich nimmt, hat dem Verlierer oder dem Eigentümer oder einem sonstigen Empfangsberechtigten unverzüglich Anzeige zu machen.

(2) Kennt der Finder die Empfangsberechtigten nicht oder ist ihm ihr Aufenthalt unbekannt, so hat er den Fund und die Umstände, welche für die Ermittelung der Empfangsberechtigten erheblich sein können, unverzüglich der zuständigen Behörde anzuzeigen. Ist die Sache nicht mehr als zehn Euro wert, so bedarf es der Anzeige nicht.

(1) Der Finder ist zur Verwahrung der Sache verpflichtet.

(2) Ist der Verderb der Sache zu besorgen oder ist die Aufbewahrung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, so hat der Finder die Sache öffentlich versteigern zu lassen. Vor der Versteigerung ist der zuständigen Behörde Anzeige zu machen. Der Erlös tritt an die Stelle der Sache.

Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,

1.
muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen,
2.
darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden,
3.
muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.

(1) Wer eine verlorene Sache findet und an sich nimmt, hat dem Verlierer oder dem Eigentümer oder einem sonstigen Empfangsberechtigten unverzüglich Anzeige zu machen.

(2) Kennt der Finder die Empfangsberechtigten nicht oder ist ihm ihr Aufenthalt unbekannt, so hat er den Fund und die Umstände, welche für die Ermittelung der Empfangsberechtigten erheblich sein können, unverzüglich der zuständigen Behörde anzuzeigen. Ist die Sache nicht mehr als zehn Euro wert, so bedarf es der Anzeige nicht.

Der Geschäftsführer hat die Übernahme der Geschäftsführung, sobald es tunlich ist, dem Geschäftsherrn anzuzeigen und, wenn nicht mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist, dessen Entschließung abzuwarten. Im Übrigen finden auf die Verpflichtungen des Geschäftsführers die für einen Beauftragten geltenden Vorschriften der §§ 666 bis 668 entsprechende Anwendung.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung

1.
von Bundesrecht oder
2.
einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt,
beruht.

(2) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im übrigen ist das Bundesverwaltungsgericht an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat. Dem Angebot der Leistung steht die Aufforderung an den Gläubiger gleich, die erforderliche Handlung vorzunehmen.

(1) Die zuständige Behörde trifft die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie kann insbesondere

1.
im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 erforderlichen Maßnahmen anordnen,
2.
ein Tier, das nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 erheblich vernachlässigt ist oder schwerwiegende Verhaltensstörungen aufzeigt, dem Halter fortnehmen und so lange auf dessen Kosten anderweitig pfleglich unterbringen, bis eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung des Tieres durch den Halter sichergestellt ist; ist eine anderweitige Unterbringung des Tieres nicht möglich oder ist nach Fristsetzung durch die zuständige Behörde eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung durch den Halter nicht sicherzustellen, kann die Behörde das Tier veräußern; die Behörde kann das Tier auf Kosten des Halters unter Vermeidung von Schmerzen töten lassen, wenn die Veräußerung des Tieres aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist oder das Tier nach dem Urteil des beamteten Tierarztes nur unter nicht behebbaren erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden weiterleben kann,
3.
demjenigen, der den Vorschriften des § 2, einer Anordnung nach Nummer 1 oder einer Rechtsverordnung nach § 2a wiederholt oder grob zuwidergehandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagen oder es von der Erlangung eines entsprechenden Sachkundenachweises abhängig machen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird; auf Antrag ist ihm das Halten oder Betreuen von Tieren wieder zu gestatten, wenn der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen entfallen ist,
4.
die Einstellung von Tierversuchen anordnen, die ohne die erforderliche Genehmigung oder entgegen einem tierschutzrechtlichen Verbot durchgeführt werden.

(2) Die zuständige Behörde untersagt die Durchführung eines nach § 8a Absatz 3 oder eines auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8a Absatz 4 anzuzeigenden Versuchsvorhabens oder die Vornahme einer auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8 Absatz 3 Nummer 4 oder § 8a Absatz 5 Nummer 4 anzuzeigenden Änderung eines Versuchsvorhabens, soweit die Einhaltung der für die Durchführung von Tierversuchen geltenden Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen nicht sichergestellt ist und diesem Mangel nicht innerhalb einer von der zuständigen Behörde gesetzten Frist abgeholfen worden ist.

(3) Die zuständige Behörde trifft die erforderlichen Anordnungen um sicherzustellen, dass

1.
die Anordnung der Einstellung von Tierversuchen, die Untersagung der Durchführung von Versuchsvorhaben oder der Widerruf oder die Rücknahme der Genehmigung eines Versuchsvorhabens keine nachteiligen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den Tierversuchen oder Versuchsvorhaben verwendet werden oder verwendet werden sollen, und
2.
die Untersagung der Ausübung einer Tätigkeit nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder die Rücknahme oder der Widerruf einer Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 keine negativen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den der jeweiligen Tätigkeit dienenden Betrieben oder Einrichtungen gehalten werden.

Ein der Geschäftsführung entgegenstehender Wille des Geschäftsherrn kommt nicht in Betracht, wenn ohne die Geschäftsführung eine Pflicht des Geschäftsherrn, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt, oder eine gesetzliche Unterhaltspflicht des Geschäftsherrn nicht rechtzeitig erfüllt werden würde.

(1) Haus- und Stalltiere, die den Verkehr gefährden können, sind von der Straße fernzuhalten. Sie sind dort nur zugelassen, wenn sie von geeigneten Personen begleitet sind, die ausreichend auf sie einwirken können. Es ist verboten, Tiere von Kraftfahrzeugen aus zu führen. Von Fahrrädern aus dürfen nur Hunde geführt werden.

(2) Wer reitet, Pferde oder Vieh führt oder Vieh treibt, unterliegt sinngemäß den für den gesamten Fahrverkehr einheitlich bestehenden Verkehrsregeln und Anordnungen. Zur Beleuchtung müssen mindestens verwendet werden:

1.
beim Treiben von Vieh vorn eine nicht blendende Leuchte mit weißem Licht und am Ende eine Leuchte mit rotem Licht,
2.
beim Führen auch nur eines Großtieres oder von Vieh eine nicht blendende Leuchte mit weißem Licht, die auf der linken Seite nach vorn und hinten gut sichtbar mitzuführen ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.