Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 23. Jan. 2017 - 2 B 65/16, 2 B 65/16 (2 C 3/17)
Gründe
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Die Beschwerde hat teilweise - in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang - Erfolg.
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1. Der Kläger, ein ehemaliger Arzt im Sanitätsdienst der Bundeswehr, wendet sich gegen die Rückforderung von Ausbildungsgeld und Fachausbildungskosten.
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Der Kläger wurde auf Grundlage einer für sechzehn Jahre abgegebenen Verpflichtungserklärung als Anwärter in die Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes eingestellt und in das Soldatenverhältnis auf Zeit berufen. Von 1998 bis 2004 war er zum Medizinstudium beurlaubt. Im Oktober 2004 wurde ihm die Approbation als Arzt erteilt und er zum Stabsarzt ernannt. Daraufhin wurde sein Dienstzeitende auf den Ablauf des 30. Juni 2013 festgesetzt. In der Folgezeit absolvierte er mehrere Fort- und Weiterbildungen.
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Der Kläger wurde mit Wirkung vom Mai 2008 in ein Beamtenverhältnis auf Zeit bei einer Universität berufen und schied gleichzeitig aus dem Soldatenverhältnis aus. Daraufhin forderte die Beklagte mit Leistungsbescheid den Kläger auf, das ihm als Sanitätsoffizier-Anwärter gewährte Ausbildungsgeld sowie im Rahmen seiner ärztlichen Aus- und Weiterbildungen entstandene Fachausbildungskosten (insgesamt knapp 100 000,00 €) zu erstatten. Die Beklagte gewährte dem Kläger eine verzinsliche Stundung durch Einräumung von Ratenzahlungen in Höhe von monatlich 65,00 € und setzte die Stundungszinsen auf 4 % fest. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte zurück, setzte jedoch aufgrund geänderter Annahmen zu den Einkommensverhältnissen des Klägers die monatliche Rückzahlungsrate auf 460,00 € herauf. Auf die hiergegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht den Leistungsbescheid im Wesentlichen mit der Begründung aufgehoben, dass die Berechnung der sog. Abdienzeit fehlerhaft erfolgt sei. Auf die Berufung der Beklagten, welche lediglich einen Teilbetrag betraf, der gegenüber der ursprünglichen Forderung geringfügig abgesenkt war, hat das Berufungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts entsprechend dem Berufungsantrag abgeändert und die Klage im Übrigen - betreffend einen Rückforderungsbetrag von 98 772,27 € - abgewiesen. Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Rückforderung des Ausbildungsgeldes und der Fachausbildungskosten vorlägen; auch die von der Beklagten getroffene Regelung zu den Ratenzahlungen sei nicht zu beanstanden.
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2. Die Revision ist hinsichtlich der Frage zuzulassen,
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ob angesichts des historisch niedrigen Zinsniveaus eine Verzinslichstellung des gestundeten Betrags von 4 % zulässig ist.
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Zu der Frage, ob es auch angesichts der derzeitigen langjährigen Niedrigzinsphase noch zulässig ist, einen Zins in Höhe von 4 % für die Stundung von Rückzahlungsforderungen zu erheben, gibt es bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung. Die Frage wird unter den Oberverwaltungsgerichten unterschiedlich beurteilt (vgl. OVG Weimar, Urteil vom 12. November 2015 - 2 KO 171/15 - juris Rn. 33 einerseits, OVG Münster, Urteil vom 24. Februar 2016 - 1 A 335/14 - juris Rn. 75 ff. andererseits). Die Revision ist deshalb wegen dieser Frage zuzulassen.
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3. Im Übrigen ist die Revision nicht zuzulassen.
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a) Die Sache hat keine über die Zinsfrage hinausgehende grundsätzliche Bedeutung. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. Januar 2011 - 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 5 und vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9). Entscheidungserheblich sind solche Rechtsfragen, die für die Entscheidung des Berufungsgerichts tragend gewesen sind und die im Rahmen des Revisionsverfahrens vom Bundesverwaltungsgericht zu beantworten wären.
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Der vom Kläger aufgeworfenen Frage,
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"ob die Beklagte, wenn sie sich entschließt, eine Ratenzahlung zu gewähren, die daraus resultierende Zahlungspflicht sich auf das gesamte weitere Berufsleben des Soldaten erstrecken darf",
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kommt die geltend gemachte rechtsgrundsätzliche Bedeutung nicht zu.
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Die Beschwerde hat schon nicht im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend dargelegt, dass die Rückzahlungsverpflichtung sich bei dem Kläger auf das gesamte weitere Berufsleben erstreckt. Zum einen hat der Kläger keine Angaben zu seinen gegenwärtigen Einkommensverhältnissen gemacht, die sich nach dem angefochtenen Bescheid auf die Ratenhöhe und damit auch auf die Stundungslaufzeit auswirken kann. Zum anderen hat er selbst keine Berechnung vorgenommen, auf deren Grundlage davon auszugehen wäre, dass sich die Rückzahlungsverpflichtung über den gesamten Zeitraum seines weiteren Berufslebens erstrecken würde. Ausgehend von dem im Bescheid vorgesehenen Zahlungsbeginn im Jahr 2010 sowie bei angenommener Dauer des Berufslebens bis zur Vollendung des 67. Lebensjahrs und einer - unterstellt - gleichbleibenden Rate von 460,00 Euro monatlich wäre zudem nach den Grundsätzen eines Annuitätendarlehens davon auszugehen, dass auch bei einem Zinssatz von 4 % p.a. der Gesamtbetrag noch vor dem Ende des Berufslebens des Klägers zurückgezahlt wäre. Die Laufzeit der Ratenzahlung betrüge etwa 31,5 Jahre und führte zu einer vollständigen Rückzahlung im Jahr 2042. Der 1978 geborene Kläger wird aber voraussichtlich bis 2045 beruflich tätig sein. Die Frage ist damit nicht entscheidungserheblich.
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Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass die Zahlungspflicht grundsätzlich nicht während des gesamten weiteren Berufslebens des ehemaligen Soldaten andauern darf, sondern zeitlich begrenzt sein muss (BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 - 2 C 18.05 - Buchholz 449 § 56 SG Nr. 3 Rn. 24; Beschluss vom 22. September 2016 - 2 B 25.15 - juris Rn. 40). Auch deswegen bedarf es keiner Klärung dieser Frage in einem Revisionsverfahren.
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Sollte die Beschwerde so zu verstehen sein, dass der Kläger die Frage für rechtsgrundsätzlich ansieht, ob schon in dem Rückforderungsbescheid ein konkret bestimmtes Ende der Rückzahlungsverpflichtung, unabhängig von dem bis dahin getilgten Betrag, festgelegt werden muss (in diesem Sinne auch OVG Münster, Urteil vom 20. April 2015 - 1 A 1242/12 - juris Rn. 113), so ist auch diese Rechtsfrage bereits durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Einer solchen Festlegung im Rückzahlungsbescheid bedarf es nicht. Die Begrenzung der an sich bestehenden Verpflichtung zur vollständigen und sofortigen Rückzahlung der Aus- und Fortbildungskosten folgt daraus, dass die Erstattung der Ausbildungskosten den ehemaligen Soldaten nicht in eine wirtschaftliche Notlage bringen darf (BVerfG, Beschluss vom 22. Januar 1975 - 2 BvL 51/71 und 10, 14/73 - BVerfGE 39, 128 <143>; BVerwG, Beschluss vom 22. September 2016 - 2 B 25.15 - juris Rn. 40). Um dem zu begegnen, hat der Dienstherr gegebenenfalls im Rahmen des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG auf einen Teil der Rückforderung zu verzichten oder Stundung und Ratenzahlung zu gewähren. Der Umfang von Verzicht, Stundung und Ratenhöhe hängt wegen der Zielsetzung der Vermeidung einer wirtschaftlichen Notlage stark von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des ehemaligen Soldaten ab (BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 - 2 C 18.05 - Buchholz 449 § 56 SG Nr. 3 Rn. 24). Diese Faktoren werden in aller Regel über einen hier regelmäßig relevanten Zeitraum von mehreren Jahrzehnten beruflicher Tätigkeit nicht einheitlich zu bewerten sein. Während der berufliche Werdegang in vielen Fällen zu einer kontinuierlichen Verbesserung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse führen wird, kann in einzelnen Fällen auch eine gegenteilige Entwicklung eintreten. Wegen dieser Ungewissheiten steht die Ratenhöhe in den Bescheiden der Beklagten auch unter dem Vorbehalt einer jährlichen Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung an veränderte wirtschaftliche Verhältnisse. Gerade vor dem Hintergrund sich verändernder Einkommens- und Vermögensverhältnisse vermag eine bereits mit dem Ausgangsbescheid vorgenommene starre zeitliche Begrenzung der Rückzahlungspflicht nicht zwingend das Maß wirtschaftlicher Zumutbarkeit der Rückzahlung mit Wirkung für die Zukunft bereits angemessen festzulegen. Denn auch der angemessene Zeitpunkt der Beendigung der Rückzahlungsverpflichtung kann von den dann bestehenden Einkommens- und Vermögensverhältnissen abhängen (vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. Dezember 2015 - 7 B 27.14 - juris Rn. 61 ff.; VGH Mannheim, Urteil vom 6. Juli 2016 - 4 S 1492/15 - juris Rn. 63 ff.).
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Vor diesem Hintergrund ist es Aufgabe der Beklagten, während der laufenden Rückzahlung die Einkommens- und Vermögenssituation des ehemaligen Soldaten im Blick zu behalten, um nicht nur die Höhe der Rate, sondern auch die mögliche vorzeitige Beendigung der Rückzahlungsverpflichtung in angemessenem Umfang anzupassen bzw. zu bestimmen. Einer Vorab-Festlegung bedarf es nach der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Rückforderungsverlangen nach § 56 Abs. 4 SG nicht.
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Soweit der Kläger darüber hinaus einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG in der Ausgestaltung der konkreten Stundungsregelung sieht, bezieht er sich allein auf die Rechtsanwendung in seinem einzelnen Fall. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist hieraus nicht herzuleiten.
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b) Die gerügten Verfahrensmängel liegen nicht vor. Der Sache nach rügt der Kläger eine Verletzung des richterlichen Überzeugungsgrundsatzes gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO sowie einen Verstoß gegen das durch Art. 103 Abs. 1 GG gewährte rechtliche Gehör. Die Verfahrensrügen stützt er - vereinfacht dargestellt - darauf, dass seine im Berufungsverfahren geäußerte Rechtsauffassung keinen hinreichenden Niederschlag in der Entscheidung des Berufungsgerichts gefunden hat bzw. dieses weitere Ermittlungen hätte anstellen müssen.
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Nach § 108 Abs. 1 VwGO hat das Gericht seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen. Es darf nicht einzelne erhebliche Tatsachen oder Beweisergebnisse aus seiner Würdigung ausblenden. Im Übrigen darf es zur Überzeugungsbildung die ihm vorliegenden Tatsachen und Beweise frei würdigen. Die Einhaltung der verfahrensrechtlichen Grenzen zulässiger Sachverhalts- und Beweiswürdigung ist deshalb nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter das vorliegende Tatsachenmaterial anders würdigt oder aus ihm andere Schlüsse ziehen will als das Gericht. Diese Grenzen sind erst dann überschritten, wenn es nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder aktenwidrige Tatsachen annimmt, oder wenn die von ihm gezogenen tatsächlichen Schlussfolgerungen gegen die Denkgesetze verstoßen. Die Beweiswürdigung des Tatsachengerichts darf vom Revisionsgericht nicht daraufhin überprüft werden, ob sie überzeugend ist, ob festgestellte Einzelumstände mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die abschließende Würdigung des Sachverhalts eingegangen sind und ob solche Einzelumstände ausreichen, die Würdigung zu tragen. Solche Fehler sind revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem materiellen Recht zuzuordnen und können einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO deshalb grundsätzlich nicht begründen (BVerwG, Beschlüsse vom 26. November 2013 - 8 B 20.13 - ZOV 2014, 48 Rn. 14 und vom 9. Juni 2015 - 6 B 59.14 - Buchholz 442.066 § 55 TKG Nr. 11 Rn. 53).
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Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfordert die Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO die substantiierte Darlegung, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Berufungsgerichts aufklärungsbedürftig waren, welche für erforderlich oder geeignet gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Tatsachengerichts zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätten führen können. Die Aufklärungsrüge stellt zudem kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren, vor allem wenn er es unterlassen hat, einen Beweisantrag zu stellen. Deshalb muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (BVerwG, Urteil vom 22. Januar 1969 - 6 C 52.65 - BVerwGE 31, 212 <217 f.>; Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 (n.F.) VwGO Nr. 26 S. 14, vom 13. Juli 2007 - 9 B 1.07 - juris Rn. 2 und vom 29. Juli 2015 - 5 B 36.14 - juris Rn. 7).
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Das Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs gewährleistet jedem Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit, zu dem gesamten Stoff des gerichtlichen Verfahrens in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Stellung zu nehmen. Das Gericht darf bei seiner Entscheidung nur solche Teile des Prozessstoffes berücksichtigen, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Dies setzt deren Kenntnis vom Prozessstoff voraus (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 8. Februar 1994 - 1 BvR 765, 766/89 - BVerfGE 89, 381<392> und vom 27. Oktober 1999 - 1 BvR 385/90 - BVerfGE 101, 106 <129>). Darüber hinaus darf das Gericht seine Entscheidung nicht ohne vorherigen Hinweis auf einen Gesichtspunkt stützen, mit dem auch ein sorgfältiger Verfahrensbeteiligter nicht zu rechnen brauchte (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 29. Mai 1991 - 1 BvR 1383/90 - BVerfGE 84, 188 <190> und vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <144 f.>).
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Diese Grundsätze sind nicht verletzt. Im Einzelnen:
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Die Beschwerde beanstandet zunächst, dass das Berufungsgericht nicht hinreichend berücksichtigt habe, dass sich der Kläger auf die latente Gefahr der Herbeiführung einer wirtschaftlichen Notlage durch die getroffene Stundungsregelung berufen habe. Hierdurch habe das Gericht gegen seine Verpflichtung zur Gewährung rechtlichen Gehörs sowie gegen seine Aufklärungspflicht verstoßen. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Klägers ist indes nicht gegeben, weil sich das Berufungsgericht intensiv mit der sogenannten Härtefallklausel und der darauf beruhenden Stundungsregelung auseinander gesetzt hat. Insbesondere ist es dabei auch auf Umstände der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eingegangen. Im Hinblick auf die geltend gemachte Verletzung der Aufklärungspflicht lässt die Beschwerde nicht erkennen, welche konkreten Tatsachen das Ergebnis weiterer Ermittlungen hätten sein können. Das insoweit genannte mögliche Ergebnis einer Beweisaufnahme, "dass die Beklagte selbst in laufenden Verfahren, zur Vermeidung einer besonderen Härte gemäß § 56 SG, laufend eine Stundungsregelung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Beamtenrecht einsetzt", lässt völlig im Unklaren, worauf die Beschwerde sich stützt.
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Soweit die Beschwerde beanstandet, dass das Berufungsgericht die progressiv gestaltete Abdienquote für rechtmäßig erachtet hat, legt sie keinerlei Verfahrensfehler dar (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Sie setzt vielmehr ihre Rechtsauffassung im Stil der Begründung eines bereits zugelassenen Rechtsmittels der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts entgegen.
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Soweit die Beschwerde einen Verfahrensfehler des Weiteren darin sieht, dass das Berufungsgericht die Zeiten nach der Approbation des Klägers nicht hinreichend als Zeiten gewürdigt habe, in denen er zugunsten der Beklagten den Arztberuf ausgeübt habe, legt sie ebenfalls nicht hinreichend dar, welches Verfahrensrecht sie hierdurch als verletzt ansieht. Die Berufung auf eine nicht ordnungsgemäße Feststellung des Sachverhalts, überzeugt nicht. Denn das Berufungsgericht hat zugunsten des Klägers unterstellt, dass er in dieser Zeit "den üblichen Dienst eines Klinikarztes verrichtet hat". Damit wendet sich die Beschwerde auch in diesem Punkt nur gegen die rechtliche Bewertung des Sachverhalts durch das Berufungsgericht. Ein Verfahrensfehler ist nicht hierauf zu begründen.
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Schließlich stellt auch die Rüge, das Berufungsgericht habe verkannt, dass der Kläger bereits seit dem 13. Juli 2004 der Beklagten seine uneingeschränkte Arbeitskraft zur Verfügung gestellt habe, nur einen weiteren Versuch dar, der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach die Zeit während der Fachausbildung und während des "Arztes im Praktikum" nicht als Abdienzeit anzuerkennen sei, die eigene, abweichende Rechtsauffassung entgegenzustellen. Dass der Kläger bereits nach der Beendigung des Studiums ab Juli 2004 als Arzt (im Praktikum) bei der Beklagten tätig war, hat das Berufungsgericht erkannt, in Tatbestand und Entscheidungsgründen kenntlich gemacht, jedoch rechtlich anders gewürdigt als der Kläger.
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4. Die Kostenentscheidung folgt, soweit die Beschwerde zurückgewiesen wird, aus § 154 Abs. 2 VwGO. Soweit die Revision zugelassen wird (hinsichtlich der Höhe der Stundungszinsen), bleibt die Entscheidung über die Kosten der Schlussentscheidung in der Hauptsache vorbehalten.
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Bei einer Nichtzulassungsbeschwerde, die nur hinsichtlich eines Teils eines (teilbaren) Streitgegenstandes Erfolg hat, bedarf es einer Aufspaltung des Kostenausspruchs hinsichtlich der Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen, vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1
i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 GKG) einerseits und der außergerichtlichen Kosten andererseits. Dies beruht darauf, dass die erfolgreiche Nichtzulassungsbeschwerde (teilweise) gesonderte Kosten auslöst: Für die Rechtsanwaltsgebühren ergibt sich dies aus § 16 Nr. 11 RVG. Diese außergerichtlichen Kosten können im Streitfall derzeit noch nicht verteilt werden, weil über diesen Teil des Streitgegenstandes noch nicht entschieden ist. Eine Gerichtsgebühr fällt dagegen für die erfolgreiche Nichtzulassungsbeschwerde nicht an (vgl. die Anmerkung nach Nr. 5501 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG). Daher kann der Senat als Beschwerdegericht derzeit nur aussprechen, dass der Kläger die Gerichtsgebühren für den erfolglosen Teil der Beschwerde - insoweit abschließend und zur Gänze - und hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens anteilig zu tragen hat, wobei sich insoweit die Quote ihrer Kostentragungslast nach dem Wert des erfolglosen Teils der Beschwerde im Verhältnis zum Gesamtwert des Beschwerdegegenstandes richtet. Dieser beträgt hier 96 v.H. oder 24/25. Zwar sind die Stundungszinsen, wegen deren Höhe die Revision zugelassen wird, eine Nebenforderung, die neben dem Hauptanspruch (dem geltend gemachten Rückforderungsbetrag gemäß § 56 Abs. 4 SG) nicht streitwerterhöhend wirkt (§ 43 Abs. 1 GKG); im Revisionsverfahren dagegen ist diese Nebenforderung, weil der Hauptanspruch nicht betroffen ist, die maßgebliche Größe für die Bemessung des Streitwerts (§ 43 Abs. 2 GKG). Dies führt zu einer Kostenquotelung trotz vollständigen Unterliegens hinsichtlich des Hauptanspruches.
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Soweit die Beschwerde Erfolg hat und die Revision zugelassen wird, bleibt die Entscheidung über die Kosten, also hinsichtlich der restlichen (außergerichtlichen) Kosten des Beschwerdeverfahrens, der Schlussentscheidung vorbehalten (vgl. zum Ganzen BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2003 - V ZR 343/02 - NJW 2004, 1048 f. = juris Rn. 6; BFH, Beschluss vom 13. Januar 2005 - VII B 147/04 - BFHE 208, 404 <401> = juris Rn. 20; BAG, Beschluss vom 23. März 2010 - 9 AZN 979/09 - NJW 2010, 1625 <1627> = juris Rn. 33 f.; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 154 Rn. 52 m.w.N. in Fn. 21).
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Die Entscheidung über die Streitwertfestsetzung beruht für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 43 Abs. 1 und 2, § 52 Abs. 3 GKG und für das Revisionsverfahren auf § 43 Abs. 2, § 52 Abs. 3 und § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG.
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Urteil einreichenBundesverwaltungsgericht Beschluss, 23. Jan. 2017 - 2 B 65/16, 2 B 65/16 (2 C 3/17) zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
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Tatbestand
2Der im Jahr 1980 geborene Kläger trat im Juli 2000 zur Ableistung seines Grundwehrdienstes in die Bundeswehr ein. Zu Jahresbeginn 2001 wurde er auf der Grundlage einer Verpflichtungserklärung vom 23. November 2000 über 18 Jahre als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes in das Soldatenverhältnis auf Zeit berufen. In der Verpflichtungserklärung sowie in einer gesonderten Belehrung über § 56 Abs. 4 Soldatengesetz (SG) vom 14. Dezember 2000 bestätigte er unter anderem, ihm sei bekannt, dass er nach § 56 Abs. 4 SG das während der Beurlaubung zum Studium bezogene Ausbildungsgeld zu erstatten habe, wenn er auf eigenen Antrag aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit entlassen werde.
3Vom 2. Oktober 2001 bis zum 13. Dezember 2007 studierte der Kläger unter Beurlaubung vom militärischen Dienst Humanmedizin. Seine Dienstzeit wurde mit Bescheid vom 5. Dezember 2003 zuletzt auf 18 Jahre und das Dienstzeitende auf den 30. Juni 2018 festgesetzt. Mit Urkunde vom 26. November 2007 wurde ihm die Approbation als Arzt erteilt. Am 17. Dezember 2007 ernannte die Beklagte ihn zum Stabsarzt. Vom 14. Dezember 2007 bis zum 15. Januar 2009 absolvierte er im Bundeswehrzentralkrankenhaus L. einen klinischen Weiterbildungsabschnitt, zunächst im Fachgebiet Innere und Allgemeinmedizin, ab dem 17. Dezember 2008 im Fachgebiet Chirurgie. Daneben nahm er in der Zeit vom 20. August 2008 bis zum 23. August 2008 sowie in der Zeit vom 30. September 2008 bis zum 1. Oktober 2008 an Strahlenschutzkursen teil.
4Am 16. Januar 2009 ernannte die Universität E. -F. den Kläger unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit zum Akademischen Rat auf Zeit.
5Mit Leistungsbescheid des Personalamtes der Bundeswehr vom 13. Juli 2011 forderte die Beklagte den Kläger nach vorheriger Anhörung zur Erstattung von Ausbildungsgeld und der im Rahmen der Aus‑ und Weiterbildung entstandenen Fachausbildungskosten auf; den Erstattungsbetrag setzte sie auf 135.756,30 Euro fest (Ziffer 1). Zugleich gewährte die Beklagte dem Kläger eine verzinsliche Stundung durch Ratenzahlung von monatlichen Raten in Höhe von 730,00 Euro (Ziffer 2). Ferner erhob die Beklagte mit Bestandskraft des Leistungsbescheides, spätestens ab 25. August 2011 Stundungszinsen in Höhe von jährlich vier Prozent, deren Berechnung und Einziehung nach Erledigung der Hauptforderung erfolgen sollte und auf die sich die eingeräumte Stundung mit erstreckte (Ziffer 3). Die – jährlich zu überprüfende – Stundung stellte sie unter den Vorbehalt gleichbleibender wirtschaftlicher Verhältnisse (Ziffer 4).
6Zur Begründung stützte sich die Beklagte auf § 56 Abs. 4 SG. Während des Studiums der Humanmedizin habe der Kläger Ausbildungsgeld in Höhe von 132.234,05 Euro erhalten. Für die klinische Weiterbildung sowie die Strahlenschutz-Kurse seien Kosten in Höhe von insgesamt 3.522,25 Euro entstanden. Eine Reduktion des Erstattungsbetrags auf der Grundlage der Härtefallregelung in § 56 Abs. 4 Satz 3 SG sei zwar für den Fall vorgesehen, dass der Erstattungspflichtige mit den durch die Ausbildungen erworbenen Kenntnissen nach Abschluss der Ausbildung dem Dienstherrn noch für eine bestimmte Zeit uneingeschränkt zur Verfügung gestanden habe. Diese Voraussetzung sei im Fall des Klägers jedoch nicht gegeben. In der Zeit zwischen dem Abschluss seines Studiums und seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr habe er sich ausschließlich in der Fachausbildung befunden. Die Einräumung der Möglichkeit zur Ratenzahlung unter Berücksichtigung der vom Kläger dargelegten wirtschaftlichen Verhältnisse diene der Vermeidung einer besonderen Härte.
7Gegen den Bescheid legte der Kläger am 21. Juli 2011 Widerspruch ein. Diesen wies das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2013 zurück.
8Am 27. Juni 2013 hat der Kläger Klage erhoben und beantragt,
9den Bescheid des Personalamtes der Bundeswehr vom 13. Juli 2011 und den Widerspruchsbescheid des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 5. Juni 2013 aufzuheben.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Es hat dazu ausgeführt, § 56 Abs. 4 SG sei verfassungsgemäß. Zutreffend habe die Beklagte für die Ermittlung der Höhe des Erstattungsanspruchs auf den Bruttobetrag des dem Kläger gewährten Ausbildungsgeldes abgestellt. Eine besondere Härte, deretwegen ein (teilweiser) Verzicht auf die Erstattung geboten wäre, liege beim Kläger nicht vor. Ausgehend von der Tilgungsrate werde er die festgesetzte Summe lange vor dem voraussichtlichen Ende seiner Erwerbstätigkeit erstattet haben. Eine besondere Härte folge auch nicht daraus, dass von ihm die Erstattung der Kosten der Facharztausbildung verlangt werde, ohne hierbei die Vergütung mindernd zu berücksichtigen, die ihm gewährt worden wäre, wenn er eine solche Ausbildung außerhalb der Bundeswehr absolviert hätte. Die Zeit der Facharztausbildung könne auch nicht als so genannte Abdienzeit auf der Grundlage der Härtefallregelung zu einem teilweisen Verzicht führen, weil er der Bundeswehr während dieser Zeit nicht uneingeschränkt zur Verfügung gestanden habe. Die zur Vermeidung einer besonderen Härte gewährte Möglichkeit zur Ratenzahlung beruhe auf nicht zu beanstandenden Ermessenserwägungen.
13Zur Begründung der vom Senat mit Beschluss vom 25. Juni 2015 zugelassenen Berufung macht der Kläger im Wesentlichen geltend, § 56 Abs. 4 SG sei wegen Verstoßes gegen das Alimentationsprinzip und den allgemeinen Gleichheitssatz verfassungswidrig. Jedenfalls dürfe das ihm gewährte Ausbildungsgeld nur in der Höhe des ihm netto ausgezahlten Betrags zurückgefordert werden. Die Kosten der ärztlichen Weiterbildung und der Fachlehrgänge seien nicht als Fachausbildungskosten erstattungsfähig, weil Sanitätsoffizier-Anwärter nur das ihnen gewährte Ausbildungsgeld erstatten müssten. Überdies handele es sich bei der von ihm absolvierten ärztlichen Weiterbildung nicht um eine Fachausbildung im Sinne von § 56 Abs. 4 Satz 1 SG. Zumindest aber sei die Zeit der Weiterbildung als Abdienzeit zu werten, die auf der Grundlage der Härtefallregelung in § 56 Abs. 4 Satz 3 SG zu einem teilweisen Verzicht auf die Erstattung führen müsse, weil er in dieser Zeit der Beklagten als approbierter Arzt voll zur Verfügung gestanden habe. Die Umstände seines Ausscheidens hätten zu einem teilweisen Verzicht führen müssen. Ein Verbleib in der Bundeswehr wäre ihm aufgrund der allgemein bekannten Probleme und Unzulänglichkeiten im Sanitätsdienst der Bundeswehr und wegen enttäuschter Versprechungen zu seinen beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten nicht zumutbar gewesen. Schließlich führe das Fehlen einer zeitlichen Begrenzung der Ratenzahlungsverpflichtung zu einer besonderen Härte, die in dem Leistungsbescheid hätte berücksichtigt werden müssen. Für die Festsetzung von Stundungszinsen fehle es an einer Rechtsgrundlage. Die Zinshöhe müsse sich an der Höhe von Refinanzierungskosten orientieren.
14Mit Schriftsatz vom 23. Juli 2015 hat die Beklagte unter Bezugnahme auf das Urteil des Senats vom 20. April 2015 – 1 A 1242/12 – erklärt, „zur Klarstellung“ werde „unter Abänderung des Leistungsbescheides vom 13.07.2011 die Rückzahlung des geforderten Betrages und der angefallenen Zinsen begrenzt auf Zwei Drittel der Zeit von der Entlassung bis zum Eintritt in das reguläre Renteneintrittsalter, und zwar auf den 16.08.2034“.
15Der Kläger beantragt,
16das angefochtene Urteil aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 13. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Juni 2013 sowie der Änderung durch den Schriftsatz der Beklagten vom 23. Juli 2015 aufzuheben.
17Die Beklagte beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Die Beklagte tritt dem Vorbringen des Klägers im Einzelnen entgegen.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (2 Hefte) Bezug genommen.
21E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
22Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Die Anfechtungsklage des Klägers hat keinen Erfolg.
23I. Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung ist der Leistungsbescheid der Beklagten vom 13. Juli 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Juni 2013 in der Fassung, die er durch die von der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 23. Juli 2015 erklärte Änderung erhalten hat.
24Die Beklagte war zu dieser Änderung ihres Leistungsbescheids während des Berufungsverfahrens befugt. Es ist allgemein anerkannt, dass Verwaltungsakte nach ihrem Erlass noch geändert werden können, insbesondere, dass inhaltliche Mängel auch nachträglich durch Änderung oder Ergänzung noch korrigiert werden können. § 45 Abs. 2 VwVfG schließt nur die „Heilung“ bestimmter verfahrensfehlerhafter Verwaltungsakte durch bloße Nachholung des Verfahrensschritts aus. Eine inhaltliche Änderung – bis hin zur vollständigen Aufhebung – ist sogar, nämlich im Rahmen der §§ 48 und 49 VwVfG, noch nach Bestandskraft zulässig. Dass Rechtshängigkeit diese Möglichkeit nicht ausschließt oder einschränkt, bestätigt § 50 VwVfG wie auch § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO.
25Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1990– 7 C 5.90 –, BVerwGE 87, 241 = DVBl. 1991, 393 = juris, Rn. 26, und Beschluss vom 19. August 1981 – 4 B 105.81 –, Buchholz 316, § 45 VwVfG Nr. 4 = juris, Rn. 3.
26Abweichendes lässt sich dem hier einschlägigen Soldatengesetz nicht entnehmen.
27Verwaltungsprozessual hat der Kläger der Änderung des angegriffenen Bescheids durch Änderung seines Klageantrags Rechnung getragen. Die darin liegende Klageänderung ist im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO sachdienlich. Denn sie dient der endgültigen Beilegung des sachlichen Streits zwischen den Beteiligten im laufenden Verfahren, und der Streitstoff bleibt im Wesentlichen gleich. Einer vorherigen Überprüfung des geänderten Bescheids in einem Widerspruchsverfahren bedurfte es bei dieser Sachlage nicht, weil dies auf eine leere Förmelei hinausliefe.
28Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. August 2005 – 4 C 13.04 –, BVerwGE 124, 132 = DVBl. 2005, 1583 = juris, Rn. 22, m. w. N., und vom 18. Mai 1990– 8 C 48.88 –, BVerwGE 85, 163 = juris, Rn. 22.
29II. Der Leistungsbescheid in seiner geänderten Form ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
301. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass der Kläger gemäß § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SG in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. Mai 2005 (BGBl. I, S. 1482) zur Erstattung des ihm gewährten Ausbildungsgeldes und der weiteren Kosten seiner Fachausbildung verpflichtet ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die diesbezüglichen Ausführungen in dem angegriffenen Urteil (dort unter 3. bis einschließlich 5.) und macht sie sich zu eigen (§ 130b Satz 2 VwGO). Die vom Kläger im Berufungsverfahren gegen die Rückzahlungsverpflichtung (weiterhin) erhobenen Einwände greifen nicht durch.
31a. § 56 Abs. 4 Satz 2 SG, der die Rechtsgrundlage für die Verpflichtung des Klägers zur Erstattung des ihm gewährten Ausbildungsgeldes bildet, ist verfassungsgemäß.
32Ebenso OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 17. Dezember 2015 – OVG 7 B 27.14 –, juris, Rn. 63 ff.
33Entgegen der Auffassung des Klägers verstößt die Vorschrift nicht gegen das in Art. 33 Abs. 5 GG als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums verankerte Alimentationsprinzip oder die durch Art. 14 GG gewährleistete Eigentumsfreiheit. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar nicht nur den beamtenrechtlichen Besoldungs- und Versorgungsanspruch durch Art. 33 Abs. 5 GG ebenso wie durch Art. 14 GG gesichert angesehen, sondern auch die nähere Ausgestaltung des verfassungsrechtlich wie Eigentum geschützten Besoldungs- und Versorgungsanspruchs der Berufssoldaten nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG an den Grundsätzen ausgerichtet, „die aus den Grundlagen des öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses entsprechend den für die Berufsbeamten geltenden und durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten Grundsätzen entwickelt werden müssen“. Der Anspruch des Soldaten auf Dienstbezüge und Versorgung ist in seinem Kernbestand demgemäß ebenso geschützt wie der des Beamten durch Art. 33 Abs. 5 GG.
34Vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. März 1977– 2 BvR 1039/75, 2 BvR 1045/75 –, BVerfGE 44, 249 = DÖV 1977, 633 = juris, Rn. 83.
35Bei dem einem Sanitätsoffizier-Anwärter gewährten Ausbildungsgeld handelt es sich aber nicht um Dienstbezüge und damit nicht um einen Bestandteil der Besoldung im Sinne des – das Alimentationsprinzip konkretisierenden – § 1 Abs. 2 BBesG.
36Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 1992– 2 B 19.92 –, ZBR 1992, 154 = juris, Rn. 4; im Anschluss Eichen, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Aufl. 2010, § 30, Rn. 26; Scherer/ Alff/Poretschkin, Soldatengesetz, 9. Aufl. 2013, § 30, Rn. 2.
37Das Ausbildungsgeld wird auf der Grundlage von § 30 Abs. 2 SG gewährt, um Sanitätsoffizier-Anwärtern ein Studium, zu dem sie beurlaubt werden, ohne finanzielle Eigenbelastung zu ermöglichen und die Laufbahn der Sanitätsoffiziere im Interesse der Nachwuchsgewinnung attraktiv zu gestalten. Es handelt es sich um eine Art Hilfe zur Bestreitung des Lebensunterhalts während des Studiums, die nicht dem Alimentationsprinzip unterfällt.
38Vgl. die Begründung des Entwurfs des Neunten Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes, mit dem das Ausbildungsgeld eingeführt wurde, BT.-Drs. VI/507, S. 4; zur Nichtgeltung des Alimentationsprinzips für Anwärterbezüge BVerfG, Beschlüsse vom 7. Oktober 1992 – 2 BvR 1318/92 –, DVBl. 1992, 1597 = juris, Rn. 5, und vom 3. Juli 2007 – 2 BvR 733/06 –, juris, Rn. 4.
39Was der Kläger demgegenüber vorträgt, greift nicht durch. Er ist der Auffassung, Sanitätsoffizier-Anwärter unterlägen trotz ihrer Beurlaubung umfangreichen Dienstpflichten und erbrächten daher bereits während des Studiums Leistungen, die einen Alimentationsanspruch auslösten. Zu diesen Dienstpflichten gehörten die Pflicht, an der zugewiesenen Hochschule zu studieren, einen Studienablaufplan vorzulegen, die Famulaturen an Einrichtungen des Sanitätsdienstes der Bundeswehr abzuleisten und auf Befehl in Uniform an Semestertreffen teilzunehmen. Ein Wechsel der Studienfachrichtung sei grundsätzlich nicht möglich, ein Studienortwechsel stehe unter Genehmigungsvorbehalt und der Dienstherr könne untersagen, Teile der Ausbildung im Ausland zu absolvieren. Zudem unterstehe ein Sanitätsoffizier-Anwärter weiterhin der militärischen Verfügungsgewalt und könne jederzeit ohne Aufhebung der Beurlaubung oder nach deren Widerruf zu Dienstleistungen herangezogen werden. Schließlich müsse er Truppenpraktika und Sporttests absolvieren.
40Dieser Vortrag überzeugt schon im Ausgangspunkt nicht. Denn eine Alimentationspflicht steht Pflichten des Empfängers der Alimentation nicht in einer Weise gegenüber, in der sich Leistung und Gegenleistung im entgeltlichen Arbeits- und Angestelltenvertrag gegenüberstehen.
41Vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. März 1977– 2 BvR 1039/75, 2 BvR 1045/75 –, BVerfGE 44, 249 = DÖV 1977, 633 = juris, Rn. 40.
42Für die vom Kläger aufgezeigten, die Freiheit zur Gestaltung des Studiums einschränkenden Dienstpflichten ist zudem größtenteils schon nicht erkennbar, dass durch deren Erfüllung eine Leistung gerade dem Dienstherrn gegenüber erbracht würde. Die Erfüllung dieser Dienstpflichten ermöglicht es dem Dienstherrn vielmehr lediglich, den Verlauf des Studiums zu überprüfen und bei Bedarf steuernd einzugreifen. Damit sind sie Ausdruck des Umstands, dass die Sanitätsoffizier-Anwärter – insoweit einem Stipendium vergleichbar – eine Vollfinanzierung ihres Studiums aus öffentlichen Mitteln erhalten, nämlich vermittels des Ausbildungsgeldes. Auch Umfang und Intensität der vom Kläger benannten Dienstpflichten geben nichts für die Annahme her, es liege eine einen Alimentationsanspruch auslösende Leistungserbringung vor. Bei den Semestertreffen handelt es sich nach den Erläuterungen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat um je eine abendfüllende Informationsveranstaltung pro Semester. Übungen zur Erhaltung der körperlichen Leistungsfähigkeit und der so genannten Individuellen Grundfertigkeiten (IGF; u.a. Schießübungen) finden nach den Ausführungen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung lediglich ein Mal pro Jahr statt. Auch die bloße Möglichkeit einer Abkommandierung während des Studiums führt nicht zur Annahme einer alimentationspflichtigen Leistungserbringung, weil in einem solchen Fall die Beurlaubung widerrufen würde. Im Übrigen hat die Vertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass es zu einer solchen Abkommandierung bislang noch nie gekommen sei.
43Es ist schließlich auch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar, dass zum Zwecke des Studiums beurlaubte Sanitätsoffizier-Anwärter die angesprochene Vollfinanzierung und keine Besoldung erhalten, wie es bei Soldaten der Fall ist, die an einer Hochschule der Bundeswehr ein anderes Fach als Medizin studieren. Die Lebenssachverhalte sind schon nicht wesentlich gleich: Sanitätsoffizier-Anwärter, die Ausbildungsgeld erhalten, sind zum Studium beurlaubt, während Soldaten, die an einer Hochschule der Bundeswehr ein anderes Fach als Medizin studieren, ihre Ausbildung im Laufe ihrer Dienstzeit und unter vollständiger Einbindung in die Befehls- und Strukturgewalt der Bundeswehr absolvieren. Plastisch wird dieser gravierende Unterschied an einem von der Vertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angeführten Beispiel: Schon eine geringfügig verspätete Ankunft eines Soldaten, der an einer Hochschule der Bundeswehr ein anderes Fach als Medizin studiert, bei einer Vorlesung kann disziplinarische Folgen nach sich ziehen; der für sein Studium beurlaubte Sanitätsoffizier-Anwärter hingegen ist (auch) insoweit frei und ohne jede Kontrolle durch die Bundeswehr.
44b. Dass die Beklagte für die Berechnung der Höhe des vom Kläger auf der Grundlage von § 56 Abs. 4 Satz 2 SG zu erstattenden Ausbildungsgeldes auf die von ihr tatsächlich erbrachten Bruttobeträge abgestellt hat, ist nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Rückforderung überzahlter Dienst- oder Versorgungsbezüge können diese grundsätzlich in Höhe des Bruttobetrags zurückgefordert werden, obwohl der Empfänger nur den um die Steuer verminderten Nettobetrag erhalten hat. Mit der Abführung der Lohnsteuer an das Finanzamt wird der Empfänger der Dienst- oder Versorgungsbezüge von einer eigenen Steuerschuld befreit und ist in diesem Umfang bereichert. Er ist vorrangig darauf zu verweisen, die Rückzahlung der überzahlten Bezüge im Kalenderjahr der Rückzahlung als negative Einkünfte steuerlich abzusetzen und auf diesem Wege einen steuerlichen Ausgleich für die bereits gezahlten Steuern zu erreichen. Erst wenn dies scheitert, kommt eine Reduktion des Rückzahlungsbetrags in Betracht.
45Vgl. BVerwG, Urteile vom 12. Mai 1966 – II C 197.62 –, BVerwGE 24, 92 = ZBR 1966, 287 = juris, Rn. 56 f., vom 8. Oktober 1998 – 2 C 21.97 –, DVBl. 1999, 322 = juris, Rn. 17, vom 21. Oktober 1999 – 2 C 11.99 –, BVerwGE 109, 365 = DVBl. 2000, 498 = juris, Rn. 35, und vom 20. Januar 2001 – 2 A 7.99 –, NVwZ-RR 2001, 452 = juris, Rn. 15, ; zum Ganzen auch Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 8. Auflage 2013, § 15, Rn. 65 ff.
46Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts begegnet dieser Ansatz keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Danach gibt es keinen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG), der den Staat hindern könnte, zu viel gezahlte Dienst- oder Versorgungsbezüge in Höhe des Bruttobetrages vom Empfänger zurückzufordern. Ein solches Verbot lässt sich auch nicht aus der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht herleiten.
47Vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Oktober 1977– 2 BvR 407/76 –, BVerfGE 46, 97 = DVBl. 1978, 329 = juris, Rn. 56 ff. (61).
48Die genannte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Rückforderung überzahlter Dienst- oder Versorgungsbezüge lässt sich auf die Erstattung von Ausbildungsgeld nach § 56 Abs. 4 Satz 2 SG übertragen.
49So auch VG Gießen, Urteil vom 5. November 2012 – 5 K 785/11.GI –, juris, Rn. 27, zu § 56 Abs. 4 SG a.F.
50Im vorliegenden Fall ist weder substantiiert vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass dem Kläger eine steuerliche Geltendmachung der Rückzahlung nicht möglich wäre und ihm durch die Rückforderung des Brutto- statt des Nettobetrages finanzielle Nachteile entstehen könnten. Das nur pauschale Behaupten solcher Nachteile genügt nicht.
51c. Zu Recht hat die Beklagte den Kläger nach § 56 Abs. 4 Satz 1 SG auch auf die Erstattung der Kosten seiner ärztlichen Weiterbildung im Bundeswehrzentralkrankenhaus L. und der von ihm absolvierten Lehrgänge in Anspruch genommen. Es trifft nicht zu, dass die Erstattungspflicht eines früheren Soldaten auf Zeit in der Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes auf das ihm als Sanitätsoffizier-Anwärter gewährte Ausbildungsgeld beschränkt wäre. § 56 Abs. 4 Satz 1 SG mit der aus ihm folgenden Verpflichtung zur Erstattung der Kosten eines Studiums oder einer Fachausbildung ist vielmehr neben § 56 Abs. 4 Satz 2 SG anwendbar.
52Vgl. Urteil des Senats vom 1. Juni 2015 – 1 A 930/14 –, juris, Rn. 24 (zu der für Berufssoldaten geltenden Parallelvorschrift des § 49 Abs. 4 SG); OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 17. Dezember 2015 – OVG 7 B 27.14 –, juris, Rn. 47; ferner wohl schon BVerwG, Urteil vom 25. März 1987 – 6 C 87.84 –, Buchholz 236.1 § 46 SG Nr. 17 = juris, Rn. 29 a.E.
53Für die Auffassung des Klägers, bei § 56 Abs. 4 Satz 2 SG handele es sich um eine insofern abschließende Regelung, finden sich in Wortlaut und Systematik des Gesetzes keine Anhaltspunkte. Der Wortlaut des § 56 Abs. 4 Satz 2 SG enthält eine solche Aussage nicht; namentlich heißt es dort nicht etwa, es bestehe eine Erstattungspflicht „nur“ in Bezug auf das Ausbildungsgeld. Aber auch der systematische Zusammenhang des § 56 Abs. 4 Satz 2 SG mit der Vorschrift des § 56 Abs. 4 Satz 1 SG, welche die Erstattung von Kosten eines Studiums oder einer Fachausbildung durch frühere Soldaten auf Zeit, deren militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, betrifft und welche sich vom Wortlaut her ohne Weiteres neben Satz 2 der Vorschrift auf Fälle wie den vorliegenden anwenden lässt, führt nicht auf das vom Kläger gewollte Ergebnis. Namentlich kann der Regelung des § 56 Abs. 4 Satz 1 SG, nach welcher „die entstandenen Kosten des Studiums oder der Fachausbildung“ zu erstatten sind, nicht entnommen werden, die Erstattungspflicht könne sich stets nur auf eine der beiden Kostenarten beziehen. Ein solches Ausschließlichkeitsverhältnis hätte der Gesetzgeber, wäre es denn gewollt gewesen, unschwer mit einer entsprechenden Formulierung ausdrücken können, etwa durch die Wendung „entweder … oder“; dies hat er aber nicht getan. Er hat mit der Verknüpfung der beiden Kostenarten durch die schlichte nebenordnende Konjunktion „oder“ – wie entsprechend schon bei der Formulierung der entsprechenden Tatbestandsvoraussetzung („dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war“) – vielmehr nur sichergestellt, dass auch jene Fälle erfasst werden, in denen nur für ein Studium oder nur für eine Fachausbildung Kosten angefallen sind. Nur dieses Verständnis des § 56 Abs. 4 Satz 1 SG für sich genommen, aber auch im Zusammenspiel mit § 56 Abs. 4 Satz 2 SG entspricht auch dem ersichtlichen Zweck des § 56 Abs. 4 SG insgesamt, der in der Schaffung eines Vorteilsausgleichs mit Sanktionscharakter (dazu noch weiter unten) liegt. Diesem Zweck widerspräche es, wenn bei früheren Soldaten auf Zeit (in der Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes) die Erstattung nur eines Teils der für die Ausbildung insgesamt aufgewendeten Kosten für möglich gehalten würde. Vor diesem Hintergrund führt auch der Hinweis des Klägers nicht weiter, § 56 Abs. 4 Satz 2 SG verweise nur hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen auf Satz 1 der Vorschrift, nicht jedoch hinsichtlich der Rechtsfolgen.
54Der Kläger dringt auch mit seinem Vorbringen nicht durch, bei der von ihm als Stabsarzt im Bundeswehrzentralkrankenhaus absolvierten ärztlichen Weiterbildung handele es sich nicht um eine Fachausbildung im Sinne von § 56 Abs. 4 Satz 1 SG. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu der für Berufssoldaten geltenden Parallelvorschrift des § 46 SG Abs. 3 bzw. 4 SG a.F. ist eine Fachausbildung im Sinne dieser Vorschrift eine besondere, für alle Teilnehmer einheitlich gestaltete Ausbildung mit einem bestimmten Ausbildungsziel, die zu einer zusätzlichen Befähigung oder Berechtigung führt. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es, dass es sich um eine neben der allgemeinen militärischen Ausbildung, die jeder Soldat entsprechend seiner Laufbahn erhält, vermittelte besondere Ausbildung handelt, zu der dienstliche Gründe den Anstoß gegeben haben und die den Soldaten befähigen soll, eine militärische Funktion zu übernehmen, die er nach der Einschätzung der verantwortlichen Stellen der Bundeswehr ohne die zu vermittelnden Kenntnisse oder Fertigkeiten nicht sachgerecht wahrnehmen kann.
55Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. September 1983 – 6 B 13.83 –, juris, Rn. 4, sowie Urteile vom 21. April 1982 – 6 C 3.81 –, BVerwGE 65, 203 = Buchholz 238.4 § 46 SG Nr. 13 = juris, Rn. 27, und vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, juris, Rn. 33 ff. (jeweils zu § 46 SG Abs. 3 bzw. 4 SG a.F.).
56Hiervon ausgehend hat das Bundesverwaltungsgericht zu § 46 SG Abs. 3 bzw. 4 SG a.F. und zu § 49 Abs. 4 SG a.F. mehrfach entschieden, dass es sich bei der Weiterbildung eines Arztes zum Facharzt um eine Fachausbildung handelt. Dies gilt auch dann, wenn diese Weiterbildung nach berufsrechtlichen Vorschriften für Ärzte nicht als ergänzende Ausbildung, sondern als Vervollkommnung des beruflichen Wissens angesehen wird, sie nicht mit einer praktischen oder theoretischen Unterweisung verbunden ist und der Arzt den üblichen Dienst eines Klinikarztes verrichtet.
57Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 14. Mai 2014– 2 B 96.13 –, juris, Rn. 8 (zu § 49 Abs. 4 SG i. V. m. § 46 Abs. 3 SG 1995), und vom 28. September 1983 – 6 B 13.83 –, juris, Rn. 4, sowie Urteile vom 25. März 1987 – 6 C 87.84 –, Buchholz 236.1 § 46 SG Nr. 17 = juris, Rn. 29, und vom 21. April 1982 – 6 C 3.81 –, BVerwGE 65, 203 = Buchholz 238.4 § 46 SG Nr. 13 = juris, Rn. 27.
58Diese Auslegung des Begriffs Fachausbildung lässt sich auf § 56 Abs. 4 Satz 1 SG übertragen. Da es sich um einen Begriff des Soldatenrechts handelt, verfängt der Hinweis des Klägers auf ein abweichendes, einem Wandel der tatsächlichen Gegebenheiten Rechnung tragendes Begriffsverständnis der Ärztekammern nicht. Insoweit macht der Kläger im Übrigen auch ohne Erfolg geltend, die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Begriff der „Fachausbildung“ sei veraltet. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Rechtsprechung zuletzt mit seinem genannten Beschluss vom 14. Mai 2014 bestätigt. Dass dienstliche Gründe den Anstoß für die klinische Weiterbildung des Klägers im Bundeswehrzentralkrankenhaus L. gegeben haben, ergibt sich zudem aus den Ausführungen der Vertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat. Danach ist es auch Ziel der klinischen Weiterbildung, Sanitätsoffiziere dafür zu gewinnen, unter weitergehender Verpflichtung zur Dienstleistung bei der Bundeswehr einen Facharzttitel zu erwerben und der Bundeswehr sodann mit dieser Qualifikation zur Verfügung zu stehen. Vor diesem Hintergrund wird die Annahme, bei der Zeit der klinischen Weiterbildung handele es sich um eine Fachausbildung im Sinne von § 56 Abs. 4 Satz 1 SG, nicht dadurch infrage gestellt, dass der Kläger während dieser auf begrenzte Dauer angelegten Weiterbildung keinen Facharzttitel erlangen konnte. Überdies kann die Zeit der klinischen Weiterbildung bei Vorliegen der berufsrechtlichen Voraussetzungen als Teil der Facharztausbildung anerkannt werden.
592. Der geänderte Leistungsbescheid trägt auch der Härtefallregelung in § 56 Abs. 4 Satz 3 SG in nicht zu beanstandender Weise Rechnung. Nach dieser Vorschrift kann auf die Erstattung der Ausbildungskosten ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn sie für den Soldaten eine besondere Härte bedeuten würde.
60a. Zutreffend hat die Beklagte die Zeit der vom Kläger absolvierten klinischen Weiterbildung im Bundeswehrzentralkrankenhaus L. nicht als so genannte Abdienzeit im Rahmen ihrer Härtefallprüfung berücksichtigt. Zwar entspricht es der durch rechtlich grundsätzlich unbedenkliche Erlasse (sog. Bemessungsgrundsätze) gesteuerten Praxis der Beklagten, auf die Erstattung von Ausbildungskosten teilweise zu verzichten, wenn der Erstattungspflichtige dem Dienstherrn (Bundeswehr) mit den durch die Ausbildung erworbenen Kenntnissen noch nach Abschluss der Ausbildung für eine Zeit uneingeschränkt zur Verfügung stand, ohne sich dadurch zugleich im Rahmen einer gesonderten Fachausbildung weiterbilden zu wollen oder zu sollen. Eine Beschränkung auf solche Zeiträume leitet sich ab aus dem Sanktionscharakter der Erstattungspflicht, die der Sicherstellung der Personalplanung und damit der Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr dienen soll. Durch unterschiedlich ausgestaltete Sanktionen soll dem vorzeitigen Ausscheiden von besonders ausgebildeten und deswegen in ihrer Funktion nicht ohne Weiteres zu ersetzenden Soldaten aus der Bundeswehr wirksam entgegengewirkt werden, um die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr zu sichern. Die Kostenerstattungspflicht ist dabei lediglich ein Mittel, um dieses eigentliche, für die gesamte staatliche Gemeinschaft bedeutsame Ziel zu erreichen.
61Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2014 – 2 B 96.13 –, juris, Rn. 7 f. (zum Begriff der Dienstzeit in § 49 Abs. 4 SG i. V. m. § 46 Abs. 3 SG 1995).
62Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht des Klägers steht dem Rückgriff auf den Sanktionscharakter der Rückzahlungsverpflichtung nicht entgegen, dass Abdienzeiten im Rahmen einer Härtefallregelung berücksichtigt werden. Die Härtefallregelung einer- und der Sanktionscharakter der Rückzahlungsverpflichtung andererseits schließen einander nicht aus. Denn die Berücksichtigung auch solcher Aspekte bei der in das Ermessen gestellten Härtefallentscheidung, welche den Interessen des Betroffenen zuwiderlaufen, findet ihre Grenze erst dann, wenn dadurch der grundsätzliche Charakter der zu treffenden Entscheidung als Härtefallentscheidung in sein Gegenteil verkehrt würde. Davon kann hier aber ersichtlich nicht die Rede sein. Vielmehr ist die in Form abgedienter Zeiten anzunehmende Härte, die sich bei einer vollständigen Rückzahlung der Ausbildungskosten ohne Berücksichtigung solcher Zeiten ergeben würde, lediglich um diejenigen Zeiten gemindert, in denen sich der schon approbierte Arzt im Interesse des Dienstherrn (wie auch im eigenen Interesse an einem beruflichen Fortkommen, dem solche Zeiten durch die Anerkennung im Rahmen einer späteren Facharztausbildung dienen) medizinisch fortgebildet hat.
63Ausgehend davon handelt es sich bei der Zeit einer klinischen Weiterbildung, durch die einem Sanitätsoffizier fachärztliche Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, nicht um eine Abdienzeit im genannten Sinne, mag er dabei auch den üblichen Dienst eines Klinikarztes verrichtet haben.
64Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2014 – 2 B 96.13 –, juris, Rn. 8 (zum Begriff der sich an das Studium oder die Fachausbildung anschließenden Dienstzeit i.S.v. § 49 Abs. 4 i.V.m. § 46 Abs. 3 SG 1995), und Urteil vom 25. März 1987– 6 C 87.84 –, Buchholz 236.1 § 46 SG Nr. 17 = juris, Rn. 29 (zu 46 Abs. 4 SG 1970).
65Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass Dienstzeiten im Falle einer Abkommandierung (etwa zu einem Auslandseinsatz) aus der klinischen Weiterbildung als Abdienzeiten anerkannt werden. Denn in einem solchen Fall unterbricht die Beklagte die Fachausbildung und nimmt den Sanitätsoffizier (allein) mit seinen Fähigkeiten als approbierter Arzt in Anspruch. Zweifel an der aus dem Sanktionscharakter abgeleiteten Auslegung des Begriffs der Abdienzeit weckt der Kläger schließlich auch nicht mit seinem Hinweis darauf, dass ein Sanitätsoffizier im Falle seiner Ernennung zum Beamten weiterhin dem Staat diene, ein Bedürfnis für eine Sanktion mithin nicht ersichtlich sei. Diese Ansicht verkennt bereits, dass das einschlägige öffentliche Interesse nicht durch die Betroffenen, sondern allein durch die anzuwendenden Vorschriften vorgegeben wird und hier, wie dargelegt, in der Sicherstellung der Personalplanung und damit der Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr besteht. Dieses Ziel wird aber ersichtlich verfehlt, wenn der Soldat auf Zeit in der Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes in der von § 56 Abs. 4 Satz 1 SG umschriebenen Weise vorzeitig aus der Bundeswehr ausscheidet, und zwar unabhängig davon, wie eine Anschlusstätigkeit beschaffen ist bzw. welchen Zwecken sie dient.
66Die vom Kläger behaupteten Probleme und Unzulänglichkeiten im Sanitätsdienst der Bundeswehr und die aus seiner Sicht nicht gehaltenen Versprechungen im Hinblick auf berufliche Entwicklungsmöglichkeiten führen nicht zur Annahme einer besonderen Härte im Sinne von § 56 Abs. 4 Satz 3 SG, weil diese Umstände, so sie denn vorlagen, alle Soldaten des Sanitätsdienstes regelmäßig gleich betroffen haben.
67Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, juris, Rn. 46.
68b. Die Beklagte hat zur Vermeidung einer besonderen Härte den Erstattungsbetrag in Anbetracht der wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers unter Festsetzung monatlicher Raten in Höhe von 730 Euro gestundet und die Rückzahlung des geforderten Betrages und der angefallenen Zinsen auf zwei Drittel der Zeit von der Entlassung bis zum Eintritt in das reguläre Renteneintrittsalter (16. August 2034) begrenzt.
69Gegen die Höhe der Raten hat der Kläger im Berufungsverfahren nichts eingewendet. Die eben genannte zeitliche Begrenzung der Rückzahlungsverpflichtung entspricht der Rechtsprechung des Senats.
70Vgl. Urteile des Senats vom 20. April 2015 – 1 A 1242/12 –, juris, Rn. 106 ff., und vom 1. Juni 2015 – 1 A 930/14 –, juris, Rn. 32 ff. (dort die Parallelvorschrift des § 49 Abs. 4 S. 3 SG betreffend); a.A. OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 17. Dezember 2015 – OVG 7 B 27.14 –, juris, Rn. 61.
71Entscheidend ist dabei nicht, ob die Behörde die Rückzahlungspflicht bereits im Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangsbescheides begrenzt hat. Es kommt vielmehr darauf an, dass diese Begrenzung in der Weise im Ausgangsbescheid erfolgt, dass sie sich in dessen Tenor wiederfindet. Dies kann auch später, etwa durch den Widerspruchsbescheid oder – wie hier – durch eine zeitlich noch spätere Änderung erreicht werden.
72Der Bescheid ist auch nicht wegen insoweit fehlender Ermessenserwägungen rechtswidrig. Die Beklagte hat noch hinreichend zu erkennen gegeben, welche Erwägungen für ihre Ermessensentscheidung maßgeblich waren. Denn sie hat in ihrem Schriftsatz vom 23. Juli 2015 auf das Urteil des Senats vom 20. April 2015 (1 A 1242/12) Bezug genommen, um die Änderung des Leistungsbescheids zu begründen, und sich damit die in diesem Urteil dargelegten Gründe für eine auf die Härtefallregelung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG gestützte Begrenzung der Rückzahlungsverpflichtung zu eigen gemacht. Zudem kann die Beklagte nach der genannten Rechtsprechung des Senats dem Erfordernis der zeitlichen Begrenzung des Erstattungszeitraums regelmäßig in der auch hier durch die Änderung des Leistungsbescheids vorgenommenen Weise entsprechen. Liegt – wie hier – ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vor, versteht sich das Ergebnis der Abwägung von selbst. Es bedarf dann insoweit keiner das Selbstverständliche darstellenden Begründung.
73Siehe auch BVerwG, Urteil vom 16. Juni 1997– 3 C 22.96 –, BVerwGE 105, 55 = DÖV 1997, 1006 = juris, Rn. 14 (zu ermessenseinräumenden Vorschriften).
74Die Rückzahlungspflicht muss nicht aus Rechtsgründen noch weiter begrenzt werden. Sie muss insbesondere nicht an der Möglichkeit einer Restschuldbefreiung bei einer Privatinsolvenz ausgerichtet und auf insgesamt sechs Jahre ab Rechtskraft des Zahlungsbescheides begrenzt werden. Andernfalls würden die finanziellen Interessen des ehemaligen Soldaten in ungerechtfertigter Weise bevorzugt (er dürfte auf diese Weise günstiger an eine voll finanzierte Ausbildung als Arzt kommen als jemand, der sich außerhalb der Bundeswehr auf eigene Kosten jahrelang als Arzt ausbilden lässt). Außerdem setzt ein Verbraucherinsolvenzverfahren eine Zahlungsunfähigkeit oder drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners voraus (vgl. § 304 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 16 ff. InsO). Das bloße Bestehen einer (auch langfristigen) Zahlungsverpflichtung reicht für eine Restschuldbefreiung grundsätzlich nicht aus. Im Übrigen steht es einem früheren Soldaten auf Zeit frei, einen Antrag auf Restschuldbefreiung zu stellen und auf diesem Wege zu versuchen, (auch) eine Befreiung von der Verpflichtung zur Erstattung von Ausbildungskosten zu erlangen.
75c. Die Festsetzung der Stundungszinsen einschließlich der Zinshöhe ist rechtmäßig. Die Behörde ist berechtigt, bei Vorliegen einer besonderen Härte im Sinne von § 56 Abs. 4 Satz 3 SG eine Stundung zu gewähren und Stundungszinsen zu erheben. Rechtliche Grundlage dafür ist § 56 Abs. 4 Satz 3 SG. Diese Vorschrift erwähnt zwar nur den – vollen oder teilweisen – Verzicht auf die Forderung ausdrücklich. Hierdurch sind aber auch sonstige Maßnahmen, die einer durch die Erstattung ansonsten eintretenden besonderen Härte für den Schuldner entgegenwirken sollen, wie z. B. Stundung oder Festsetzung von Raten, nicht ausgeschlossen. In diesem Zusammenhang hat die Beklagte bezüglich der Konkretisierung und näheren Ausgestaltung der Härteregelung einen Ermessensspielraum. Dies schließt auch die Entscheidung mit ein, ob und in welcher Höhe sie für die Stundung bzw. die Bewilligung von Ratenzahlung Stundungszinsen fordert. Da infolge der aufgeschobenen Tilgung die Hauptforderung dem Haushalt der Beklagten nicht sofort zur Verfügung steht und hierdurch auch auf Seiten der Beklagten ein Zinsverlust eintritt, ist es grundsätzlich nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Beklagte dies über eine Verzinsung der gestundeten Beträge zumindest im gewissen Umfange auszugleichen sucht. Stundungszinsen dürfen schon vor Eintritt der Bestandskraft des Rückforderungsbescheides erhoben werden.
76Vgl. OVG NRW, Urteile vom 1. Juni 2015 – 1 A 930/14 –, juris, Rn. 58 ff., und vom 16. August 1996 – 12 A 2476/94 –, RiA 1997, 145 = juris, Rn. 18, jeweils m. w. N.
77Schließlich begegnet auch die mit vier Prozent festgesetzte Höhe der Stundungszinsen keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
78A.A. Thür. OVG, Urteil vom 12. November 2015– 2 KO 171/15 –, juris, Rn. 33, das auf das erhebliche Absinken von Refinanzierungskosten verweist und in Anlehnung an § 59 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 BHO i. V. m. Nr. 1.4.1 zu § 59 BHO der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Bundeshaushaltsordnung i. d. F. vom 14. Dezember 2011 eine Verzinsung mit 2 Prozent über dem jeweiligen Basiszinssatz für angemessen hält.
79Ein Abstellen allein auf die Refinanzierungskosten der Beklagten auf dem Kapitalmarkt lässt außer Acht, dass der Rückzahlungsverpflichtung, wie bereits ausgeführt, auch ein gewisser Sanktionscharakter innewohnt. Dessen Berücksichtigung in diesem Rahmen steht nicht entgegen, dass die Einräumung einer Ratenzahlungsmöglichkeit der Vermeidung einer besonderen Härte dienen soll. Denn die Berücksichtigung auch solcher Aspekte bei der in das Ermessen gestellten Härtefallentscheidung, welche den Interessen des Betroffenen zuwiderlaufen, findet – wie bereits ausgeführt – ihre Grenze erst dann, wenn dadurch der grundsätzliche Charakter der zu treffenden Entscheidung als Härtefallentscheidung in sein Gegenteil verkehrt würde. Davon kann hier aber ersichtlich nicht die Rede sein. Aber auch unabhängig davon erscheint (schon) eine Zinshöhe bezogen auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides nicht ermessensfehlerhaft, die sich an einem seit vielen Jahren unbeanstandeten Wert – vier Prozent – orientiert, der im Übrigen einem Niveau entspricht, das selbst in der aktuellen Niedrigzinsphase durchaus z. B. bei Konsumentenkrediten oder dem Studienkredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau üblich ist.
80Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 – 1 A 930/14 –, juris, Rn. 63 ff., m. w. N.
81Besondere Umstände, die ausnahmsweise für eine Ermessensfehlerhaftigkeit der hinsichtlich der Verzinsung getroffenen Regelung sprechen könnten, liegen hier nicht vor. Der Kläger wird durch die Zinspflicht nicht unverhältnismäßig benachteiligt.
82Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
83Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
84Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Grundsätzlich bedeutsam ist die Frage, ob bei Gewährung einer verzinslichen Stundung durch Ratenzahlung im Rahmen einer Härtefallentscheidung auf der Grundlage von § 56 Abs. 4 Satz 3 SG die Verzinsung des gestundeten Betrags mit einem Zinssatz in Höhe von jährlich vier Prozent rechtmäßig ist. Diese Frage ist nicht unmittelbar aus dem Gesetz zu beantworten. Die vorliegende Entscheidung weicht insoweit von dem zitierten Urteil des Thüringer Oberverwaltungsgerichts (2 KO 171/15) ab. Die Frage führt zur Zulassung der Revision insgesamt, weil die Entscheidung über die Zinshöhe als Teil der Härtefallentscheidung nach der Rechtsprechung des Senats nicht lediglich die Vollziehung oder Vollstreckung des Leistungsbescheids, sondern den materiellen Bestand des (insofern modifizierten) Erstattungsanspruchs und damit den Leistungsbescheid insgesamt betrifft.
85Vgl. Urteile vom 20. April 2015 – 1 A 1242/12 –, juris, Rn. 106 ff., und vom 1. Juni 2015 – 1 A 930/14 –, juris, Rn. 113 (je m.w.N. zur Rechtsprechung des BVerwG zu der insoweit vergleichbaren Billigkeitsentscheidung gem. § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG).
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
(2) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen. Die Beschwerde muß das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, einzureichen. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Wird der Beschwerde nicht abgeholfen, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß. Der Beschluß soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(6) Liegen die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluß das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
(1) Mit der Beendigung seines Dienstverhältnisses durch Zeitablauf nach § 54 Abs. 1, durch Entlassung nach § 55 oder durch Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 endet die Zugehörigkeit des Soldaten auf Zeit zur Bundeswehr.
(2) Mit der Entlassung entsprechend dem § 46 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 und 8 und nach § 55 Abs. 5 sowie mit dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit verliert der Soldat seinen Dienstgrad.
(3) Nach dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit und, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach der Entlassung hat der frühere Soldat auf Zeit keinen Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung mit Ausnahme der Beschädigtenversorgung.
(4) Ein früherer Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, muss die Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten, wenn er
- 1.
auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag entlassen gilt, - 2.
seine Entlassung nach § 55 Absatz 4 vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, - 3.
nach § 55 Absatz 5 entlassen worden ist, - 4.
seine Rechtsstellung verloren hat oder - 5.
durch Urteil in einem gerichtlichen Disziplinarverfahren aus dem Dienstverhältnis entfernt worden ist.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Der Leistungsbescheid des Personalamts der Bundeswehr vom 9. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2010 wird aufgehoben, soweit ein Erstattungsbetrag von mehr als 40.998,00 Euro gefordert wird.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Der am 22. Mai 1977 geborene Kläger trat am 1. März 2000 – er war zu diesem Zeitpunkt schon Stabsunteroffizier der Reserve – als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes unter Berufung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit wieder in die Bundeswehr ein. Sein Wehrdienst wurde aufgrund einer Verpflichtungserklärung vom 18. Oktober 1999 auf 19 Jahre festgesetzt; als Dienstzeitende war der Ablauf des 11. Februar 2018 bestimmt.
3Im Zeitraum vom 5. Oktober 2000 bis zum 9. Mai 2006 setzte der Kläger unter Beurlaubung vom militärischen Dienst ein bereits vor dem Wiedereintritt in das Soldatenverhältnis begonnenes Studium der Humanmedizin an der K. -H. -Universität N. fort. Am 25. April 2006 erhielt er die Approbation als Arzt. Mit Urkunde vom 5. April 2006 wurde der Kläger am 10. Mai 2006 zum Stabsarzt ernannt. Vom 10. Mai 2006 bis zum 30. Juni 2007 absolvierte er eine klinische Weiterbildung für Anästhesiologie im Bundeswehrzentralkrankenhaus in L. .
4Durch Ernennungsurkunde der Westfälischen-Wilhelms-Universität vom 14. Juni 2007 wurde der Kläger mit Wirkung zum 1. Juli 2007 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit zum Akademischen Rat ernannt.
5Mit Blick auf die hierdurch kraft Gesetzes eingetretene Entlassung aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit, welche als Entlassung auf eigenen Antrag gelte, forderte das Personalamt der Bundeswehr von dem Kläger mit Leistungsbescheid vom 9. Oktober 2009 die Erstattung des ihm als Sanitätsoffiziers-Anwärter gewährten Ausbildungsgeldes sowie der darüber hinaus im Rahmen seiner ärztlichen Aus‑ und Weiterbildungen entstandenen Fachausbildungskosten in der festgesetzten Gesamthöhe von 119.976,07 Euro (Ziffer 1 des Bescheides). Zur Vermeidung einer besonderen Härte wurde dem Kläger aufgrund der von ihm dargelegten wirtschaftlichen Situation zugleich eine verzinsliche Stundung eingeräumt; die monatlich zu leistenden Raten wurden auf 220,00 Euro festgesetzt (Ziffer 2 des Bescheides). Stundungszinsen in Höhe von 4 % sollten mit Bestandskraft des Leistungsbescheides, spätestens aber ab 20. November 2009 anfallen (Ziffer 3 des Bescheides). Die verzinsliche Stundung durch Einräumung von Ratenzahlungen wurde unter den Vorbehalt gleichbleibender wirtschaftlicher Verhältnisse gestellt. Dies sollte von der für die Einziehung der Forderung zuständigen Stelle jährlich überprüft werden. Unvorhergesehene Verbesserungen in den Einkommens- oder Vermögensverhältnissen waren vom Kläger unverzüglich anzuzeigen (Ziffer 4 des Bescheides).
6Zur Begründung war in dem Bescheid u.a. ausgeführt: Die Erstattungsforderung gründe auf § 56 Abs. 4 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 4 Satz 2 des Soldatengesetzes (SG). Bezogen auf die Härteregelung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG komme hier – über die gewährte Stundung durch Gewährung von Teilzahlungen hinaus – ein teilweiser Verzicht auf die Rückforderung des Ausbildungsgeldes aufgrund einer Abdienzeit nicht in Betracht. Denn der Kläger habe sich nach dem Medizinstudium bis zum Ausscheiden aus der Bundeswehr ausschließlich in der Fachausbildung befunden und habe daher dem Dienstherrn zu keinem Zeitpunkt mit den erworbenen Kenntnissen uneingeschränkt zur Verfügung gestanden.
7Seinen gegen diesen Leistungsbescheid gerichteten Widerspruch, welchen der Kläger auf den eine Erstattungssumme von 40.998,00 Euro übersteigenden Betrag beschränkte, stützte er im Wesentlichen auf den Gesichtspunkt einer defizitären Ausschöpfung der bestehenden Härtefallregelung. Er, der Kläger, habe die Bundeswehr aus Gewissensgründen verlassen. Hierbei habe es sich – im Sinne der Rechtsprechung zum Begriff der „besonderen Härte“ in § 56 Abs. 4 Satz 3 SG – um schwerwiegende Umstände gehandelt, denen er sich nicht habe entziehen und nur durch ein sofortiges Ausscheiden aus dem Wehrdienst habe Rechnung tragen können. Eine solche Ausnahmesituation könne nicht nur – was das Bundesverwaltungsgericht bereits anerkannt habe – in den Fällen der Ausübung des Grundrechts auf Kriegsdienstverweigerung bestehen, sondern auch dann, wenn – wie hier – der Zeitsoldat eine Gewissensentscheidung anderer Art, d.h. eine solche im Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 GG, getroffen habe. Die betreffende Grundrechtsausübung habe keinen „geringeren“ Rang als die Ausübung des Grundrechts nach Art. 4 Abs. 3 GG.
8Der Widerspruchsbegründung fügte der Kläger eine detaillierte schriftliche Darstellung derjenigen Gründe bei, die ihn zum Ausscheiden aus der Bundeswehr bewogen hätten: Aus Gewissensgründen habe er den in den letzten zehn Jahren eingetretenen Wandel der Bundeswehr von einer auf die Aufgabe der Landesverteidigung und echte Nothilfe für die Verbündeten beschränkten Armee hin zu einer weltweit einzusetzenden und unspezifisch-„präventiv“ tätig werdenden Interventionsarmee nicht mehr mittragen können. Diese seines Erachtens falsche Militärdoktrin habe er nach seiner in langen und schweren Kämpfen gewonnenen, auch in Gesprächen mit Vorgesetzten gereiften inneren Überzeugung nicht mit seinem Gewissen vereinbaren können. Allerdings fühle er sich weiterhin seiner Überzeugung und dem Eid verpflichtet, woraus sich seine Dienstpflicht zur Landesverteidigung als Reserveoffizier ergebe. Dieser Überzeugung entspringe auch sein Engagement, als Reservist in Wehrübungen und im Reservistenverband aktiv zu sein und an Ausbildung und Training für Reservisten aktiv teilzunehmen. Gerade deshalb sei für ihn eine generelle Kriegsdienstverweigerung niemals in Frage gekommen. Wenn auch seine Entscheidung, das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit bei der Bundeswehr zu verlassen, maßgeblich auf die moralische Unvereinbarkeit mit den Rahmenbedingungen des Dienstes zurückgehe, seien davon abgesehen auch die Arbeitsbedingungen bei der Bundeswehr innerhalb des Sanitätsdienstes derart belastend und ausweglos gewesen, dass für ihn ein weiterer Verbleib objektiv nicht zumutbar gewesen sei. Es sei dort keine ordnungsgemäße Aus‑ und Weiterbildung gewährleistet, es existierten keine zivilen Arbeitszeiten, das Patientenwohl sei durch die nicht haltbaren Zustände gefährdet und er selbst habe aufgrund der Gegebenheiten sich ständig der Gefahr der Begehung rechtswidriger Handlungen ausgesetzt gesehen.
9Mit Widerspruchsbescheid vom 18. August 2010 wies das Personalamt der Bundeswehr den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück und führte im Wesentlichen aus: Ein vollständiger oder auch nur teilweiser Verzicht auf die begründete Erstattungsforderung komme hier nicht in Betracht. Ein Härtefalltatbestand im Sinne von § 56 Abs. 4 Satz 3 SG sei nicht gegeben. Mit Blick auf die Gewährung von Ratenzahlungen sei eine ernstliche Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz nicht zu erwarten. Der Kläger habe auch weder seine Entlassung aus der Bundeswehr betrieben, um als Kriegsdienstverweigerer anerkannt zu werden, noch sei eine solche Anerkennung nach seinem Ausscheiden erfolgt. Soweit der Kläger darauf verweise, dass sein Ausscheiden aus der Bundeswehr gleichwohl maßgeblich aus Gewissensgründen erfolgt sei, sei dies für den Rückforderungsanspruch nach § 56 Abs. 4 SG rechtlich nicht von Belang. Für den Wechsel in das Beamtenverhältnis und die daran knüpfende Entlassung aus dem Soldatenverhältnis seien die Motivation sowie die persönlichen Beweggründe unerheblich. Da der Kläger einem anderen Personenkreis angehöre als dem der anerkannten Kriegsdienstverweigerer, liege insoweit auch keine dem Gleichbehandlungsanspruch widersprechende Benachteiligung vor. Die schließlich geltend gemachte Unzufriedenheit mit den dienstlichen Verhältnissen bzw. der Einplanungssituation könne nach der Rechtsprechung die Annahme einer persönlichen Härte im Sinne von § 56 Abs. 4 Satz 3 SG nicht begründen.
10Am 7. September 2010 hat der Kläger Klage erhoben. Er hat darin den Leistungsbescheid angegriffen, soweit eine Erstattung von mehr als 40.998,00 Euro gefordert wird. Diese Beschränkung hat er damit begründet, dass er gegen eine Erstattung in Höhe desjenigen Betrages, den er als Studierender für seinen Lebensunterhalt ohnehin aufgewandt hätte, keine Einwände erhebe. Weiter hat er seine Auffassung bekräftigt, dass auch in seinem Fall eine „besondere Härte“ im Sinne des § 56 SG bejaht werden müsse. Er habe zwar keine Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe getroffen, jedoch eine Gewissensentscheidung, die es ihm unmöglich mache, sich an den kriegerischen Auseinandersetzungen, welche die Bundeswehr führe, zu beteiligen. Diese Entscheidung sei grundrechtlich geschützt durch die Gewissensfreiheit des Art. 4 Abs. 1 GG. Auch diese Gewissensentscheidung habe ein solches Gewicht, dass ihm das Verbleiben in der Bundeswehr nicht möglich gewesen sei. Entscheidend sei in diesem Zusammenhang nicht, welchen formalen Weg er für die Entlassung gewählt habe, sondern das Motiv der Entlassung. Demgemäß sei dieser Umstand bei der Ermessensentscheidung im Rahmen der Härtefallregelung zur Rückforderung von Ausbildungskosten zu berücksichtigen.
11Der Kläger hat beantragt,
12den Leistungsbescheid des Personalamtes der Bundeswehr vom 8. (richtig: 9). Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2010 insoweit aufzuheben, als ein Betrag von mehr als 40.998,00 Euro geltend gemacht wird.
13Die Beklagte hat beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Sie hat sich zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide bezogen und die darin zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung bekräftigt und vertieft. Die von dem Kläger in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in den Kriegsdienstverweigererfällen sei davon ausgehend hier nicht einschlägig. Da es der Kläger unterlassen habe, seinerzeit die Entlassung aus den von ihm genannten Gründen zu beantragen, könnten diese Gründe für die Festsetzung der Höhe der Rückforderungssumme auch nicht mehr maßgeblich sein.
16Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Es hat dabei keine durchgreifenden Gründe für eine weitergehende Berücksichtigung der in Rede stehenden Härtefallregelung feststellen können. Sei von dem betroffenen Soldaten – wie hier – kein Verfahren auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer angestrengt worden, lasse sich auf sonst angeführte Gewissensgründe eine besondere Härte nicht erfolgreich stützen.
17Zur Begründung der vom Senat mit Beschluss vom 17. April 2014 zugelassenen Berufung wiederholt und vertieft der Kläger – unter ergänzender Bezugnahme auf sein Vorbringen im vorausgegangenen Zulassungsverfahren – den Rechtsstandpunkt, dass hier ein Fall vorliege, in welchem die von der Beklagten geforderte Erstattung von Ausbildungskosten für den früheren Soldaten eine „besondere Härte“ im Sinne des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG bedeuten würde.
18Diesbezüglich komme es nicht darauf an, dass er kein förmliches Verfahren zur Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer durchlaufen habe. Für eine derartige Beschränkung biete die in Rede stehende Härtefallregelung keine Anhaltspunkte. Entscheidend sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass die Erstattung allein ein Instrument des wirtschaftlichen Vorteilsausgleichs sei und kein Druckmittel darstellen dürfe, welches geeignet sei, den Soldaten von der Grundrechtsausübung auszuschließen. Auch wenn das einschlägige Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu einem anerkannten Kriegsdienstverweigerer ergangen sei, sei es in seinen Auswirkungen nicht auf eine Absicherung der Ausübung des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 3 GG beschränkt. Denn ob ein Soldat wegen Kriegsdienstverweigerung oder aus moralischen Gründen im Sinne des Art. 4 Abs. 1 GG aus der Bundeswehr ausscheide, mache keinen beachtlichen Unterschied, zumal es nach dem derzeitigen Recht für Soldaten auf Zeit, welche den Kriegsdienst mit der Waffe verweigern wollten, kein förmliches Anerkennungsverfahren mehr gebe.
19Er, der Kläger, habe – wie schon mit seinem Widerspruch gegen den streitgegenständlichen Leistungsbescheid ausführlich dargelegt – eine Gewissensentscheidung getroffen, die es ihm nicht möglich mache, an den kriegerischen Auseinandersetzungen, die die Bundeswehr führe, teilzunehmen. Diese Entscheidung gegen die Teilnahme an bestimmten kriegerischen Auseinandersetzungen sei durch Art. 4 Abs. 1 GG geschützt. Schutzgut der Gewissensfreiheit sei die moralische Identität und Integrität des Einzelnen. Eine Gewissensentscheidung sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts „jede ernstliche sittliche, d. h. an den Kategorien von Gut und Böse orientierte Entscheidung (….), die der Einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend erfährt, so dass er gegen sie nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte“. Mit Blick auf die etwa an verschiedenen Interviews damaliger Spitzenpolitiker (Köhler, 22.05.2010; zu Guttenberg, 9. November 2010) festzumachende Neuausrichtung der Bundeswehr in Gestalt der Umwandlung von einer Institution zur Landesverteidigung hin zu einer allseits tätigen und weltweit einsatzfähigen Interventionsarmee habe er, der Kläger, eine den vorgenannten Anforderungen entsprechende Gewissensentscheidung getroffen und sei aus diesem Grunde vorzeitig aus dem Dienstverhältnis eines Zeitsoldaten ausgeschieden. Diese Gewissensentscheidung habe sich gegen die konkrete Tätigkeit der Bundeswehr nach deren Neuausrichtung, von deren Auswirkungen auch der Sanitätsdienst in besonderer Weise betroffen sei (bezogen auf Afghanistan etwa: Einsatz unter Gefechtsbedingungen, äußerst ungünstige Infrastruktur) gerichtet, nicht aber gegen den Zwang zum Dienst an der Waffe.
20Eine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer habe er folglich nicht erreichen können. Insoweit sei aber anerkannt, dass das Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 GG nicht durch das Grundrecht der Kriegsdienstverweigerung verdrängt werde, denn Art. 4 Abs. 3 GG regele die Wirkungen der Gewissensfreiheit nur für den Bereich der Wehrpflicht, also des Zwanges zum Wehrdienst, abschließend, nicht aber auch im Übrigen für das Soldatenverhältnis. Letzteres ergebe sich aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.06.2005 – 2 WD 12.04 -.
21Die von ihm getroffene Gewissensentscheidung sei auch von gleichem Gewicht wie eine solche im Rahmen der Ausübung des Grundrechts auf Kriegsdienstverweigerung. Es habe für ihn eine erhebliche Zwangslage bestanden, die er nur in der geschehenen Weise habe lösen können. Seinen Gewissenskonflikt habe er dabei gegenüber Vorgesetzten (den schon erstinstanzlich benannten Zeugen Dr. M. und Dr. W. ) bereits im Herbst 2006 nach Erscheinen des Weißbuches der Bundeswehr in mehreren Gesprächen zum Ausdruck gebracht.
22In diesem Zusammenhang sei auch der Weg, den der Soldat auf Zeit zum Verlassen der Bundeswehr konkret gewählt habe (hier: Übertritt in den Beamtenstatus) unerheblich. In besonderer Weise müsse dies für Angehörige des Sanitätsdienstes der Bundeswehr gelten. Denn bis zu einer Änderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erst im Jahre 2012 hätten die betreffenden Zeitsoldaten, da sie „waffenlosen“ Dienst leisteten, nicht erfolgversprechend einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung stellen und auf jenem Weg ihre Entlassung aus der Bundeswehr herbeiführen können; ihnen sei hierfür vielmehr das Rechtsschutzinteresse abgesprochen worden. Für die Anwendung der in Rede stehenden Härtefallregelung könne es deswegen allein auf das Motiv für die Entlassung ankommen.
23Bei Anwendung der Härtefallregelung brauchten die Ausbildungskosten nur in Höhe des geldwerten Vorteils erstattet zu werden, der dem früheren Soldaten „real und nachprüfbar“ verblieben sei. Das entspreche hier den ersparten Ausbildungskosten. Für deren Berechnung sei der Unterhaltsbedarf eines Studenten zugrunde zu legen, wie er sich aus der Düsseldorfer Tabelle ergebe. Das führe hier für den Gesamtzeitraum auf einen zu erstattenden Betrag von 40.988,00 Euro. Wegen der darüber hinausgehenden Erstattungsforderung sei die Klage begründet. Jedenfalls sei der angefochtene Bescheid aufzuheben und habe ggf. eine Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erfolgen.
24Der Kläger beantragt,
25das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem Klageantrag erster Instanz zu erkennen.
26Die Beklagte beantragt,
27die Berufung zurückzuweisen.
28Sie bezweifelt zum einen, dass der Kläger bei seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr im Wege des Übertritts in den Beamtenstatus in einem Gewissenskonflikt gestanden hat, wie er ihn später, nämlich erst nach Ergehen des Erstattungsbescheides im Oktober 2009 im Rahmen der Begründung des dagegen erhobenen Widerspruchs schriftlich behauptet hat. Der als maßgeblicher Grund für das Ausscheiden angeführte verteidigungspolitische Paradigmenwechsel erscheine hier nur vorgeschoben, um eine Reduzierung des Erstattungsbetrages zu erreichen. Auslandseinsätze (z.B. im Kosovo) habe es nämlich auch schon zu Zeiten gegeben, als der Kläger als Offiziersanwärter in den Dienst der Bundeswehr wieder eingetreten sei. Zum anderen lägen die Voraussetzungen für eine Reduzierung des Erstattungsbetrages im Rahmen der Anwendung der Härtefallklausel aber selbst dann nicht vor, wenn sich der Kläger damals tatsächlich in dem behaupteten Gewissenskonflikt befunden hätte. Denn es fehle hier an einer mit anerkannten Kriegsdienstverweigerern vergleichbaren Situation, insbesondere an einer entsprechend existenziellen Zwangslage. Die Ablehnung bestimmter Kriege aus politischen Gründen habe nicht den Charakter einer unbedingten und unteilbaren Gewissensentscheidung. Der Kläger verhalte sich widersprüchlich, wenn er auf der anderen Seite als Reservist weiterhin aktiv tätig sei und sich der Landesverteidigung verpflichtet fühle.
29Der Senat hat in der mündlichen Berufungsverhandlung zu der Frage, ob, wann, und ggf. in welcher Weise der Kläger mit den Zeugen Generalarzt a.D. Dr. W. und Oberstarzt Dr. M. darüber gesprochen hat, dass er mit der Neuausrichtung der Bundeswehr im Gefolge einer geänderten Sicherheitspolitik Probleme habe, Beweis erhoben durch Vernehmung der vorbenannten Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift über den Verhandlungstermin verwiesen.
30Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (3 Hefte) Bezug genommen.
31E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
32Die zulässige Berufung ist begründet.
33Die Anfechtungsklage des Klägers hat im Ergebnis Erfolg. Der angegriffene Leistungsbescheid vom 9. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2010 ist in dem Umfang, in dem sich der Kläger mit seiner – wie schon im Widerspruchsverfahren – auf einen Teilbetrag beschränkten Klage gegen ihn wendet, aufzuheben. Denn dieser Bescheid ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
341. Nach § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Soldatengesetzes (SG) – hier wegen der in § 97 Abs. 1 SG enthaltenen Übergangsregelung noch anzuwenden in der bis zum Inkrafttreten des Änderungsgesetzes vom 19. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1815) gültig gewesenen Fassung – muss ein früherer Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war und der auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag als entlassen gilt, die entstandenen Kosten des Studiums oder der Fachausbildung seinem Dienstherrn grundsätzlich erstatten. Nach dem Satz 2 der Vorschrift gilt das unter den gleichen Voraussetzungen für einen früheren Zeitsoldaten in der Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes, der als Sanitätsoffizier-Anwärter Ausbildungsgeld erhalten hat.
35Hierunter fällt auch der Kläger. Dieser war bis zu seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr Soldat auf Zeit und gehörte der Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes an. Während der Zeit, in welcher der Kläger im Status des Soldaten auf Zeit unter Freistellung vom militärischen Dienst Humanmedizin an einer Hochschule außerhalb der Bundeswehr studierte, erhielt er – als Sanitätsoffiziersanwärter – Ausbildungsgeld in der Gesamthöhe von 119.976,07 Euro. Das entspricht dem mit Leistungsbescheid zurückgeforderten Betrag; Kosten einer Fachausbildung sind in diesem nicht enthalten. Aufgrund der Regelung des § 125 Abs. 1 Satz 2 und 3 BRRG a. F. galt der Kläger mit seiner Ernennung zum Akademischen Rat bei der X1. X. -Universität N1. zum 1. Juli 2007 schließlich auch als auf eigenen Antrag entlassen.
362. Die danach bestehende (vollständige) Erstattungspflicht greift jedoch nicht in jedem Falle. So kann nach § 56 Abs. 4 Satz 3 SG auf die Erstattung ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn sie für den früheren Soldaten eine besondere Härte bedeuten würde. Hierbei handelt es sich um eine sog. Kopplungsvorschrift, die als Tatbestandsmerkmal das gerichtlich voll überprüfbare Vorliegen einer– gemessen am Regelfall atypischen – besonderen Härte voraussetzt. Ist dieses Tatbestandsmerkmal erfüllt, muss sich daran noch eine Ermessensentscheidung des Dienstherrn anschließen, die nach Maßgabe des § 114 VwGO nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegt.
37Die Beklagte hat mit ihrem Leistungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides dem Vorliegen eines solchen Härtefalles jedenfalls in einem Punkte zu Unrecht nicht Rechnung getragen. Sie hat damit zur Frage der Härtefallregelung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG eine nicht ermessensgerechte Entscheidung getroffen, was im Ergebnis die Rechtswidrigkeit des gesamten Bescheides und (im Umfang des Streitgegenstandes) seine Aufhebung zur Folge hat.
38a) Unter welchen Voraussetzungen eine „besondere Härte“ angenommen werden kann, konkretisiert das Gesetz nicht unmittelbar. Mit dem Zusatz „besondere“ weist allerdings schon der Gesetzeswortlaut in die Richtung, dass es sich um deutlich aus dem üblichen Rahmen fallende, eben atypische und dabei zugleich als schwerwiegend zu bewertende (Ausnahme-)Situationen in Bezug auf das als Anknüpfungspunkt betroffene Erstattungsverhältnis handeln muss. In diesem Zusammenhang ist zur näheren Konkretisierung des Norminhalts namentlich dem inneren Grund, also dem Zweck der betreffenden Härtefallregelung Rechnung zu tragen. Dieser geht dahin, es über die vom Gesetzgeber in der Regelvorschrift vorgenommene Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen hinaus für besondere Einzelfälle oder Gruppen von solchen zu ermöglichen, dass den dem Rechtsstaatsprinzip zuzuordnenden Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit von Zweck und Mittel und des Übermaßverbots die gebührende Beachtung geschenkt werden kann.
39Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, BVerwGE 52, 84 = juris, Rn. 44; ferner etwa das Urteil des Senats vom 22. August 2013 – 1 A 2278/10 –, NZWehrr 2014, 122 = juris, Rn. 28.
40Den Begriff der „besonderen Härte“ verwendet das Soldatengesetz allerdings auch im Zusammenhang mit den Entlassungsgründen (§ 55 Abs. 3 SG und entsprechend für Berufssoldaten § 46 Abs. 6 SG). In jenem Zusammenhang ist gesetzlich näher bestimmt worden, dass sich die Härte auf persönliche, insbesondere häusliche, berufliche oder wirtschaftliche Gründe beziehen muss. Ob eine entsprechende Festlegung bzw. Eingrenzung der beachtlichen Gründe auch für das Merkmal der besonderen Härte in § 56 Abs. 4 Satz 3 SG anzunehmen ist und wie sich die jeweils wortgleichen Tatbestandsmerkmale in den genannten Vorschriften inhaltlich zueinander verhalten, braucht aus Anlass des vorliegenden Verfahrens nicht abschließend entschieden zu werden.
41Vgl. zu nicht nur sprachlichen, sondern auf einer gemeinsamen Zielsetzung beruhenden auch inhaltlichen Parallelen BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, BVerwGE 52, 84 = juris, Rn. 45; zu systematischen Bedenken gegen eine sachlich übereinstimmende Auslegung unter Hinweis u.a. auf die Entstehungsgeschichte des Gesetzes etwa OVG NRW Urteil vom 16. August 1996 – 12 A 2476/94 –, RiA 1997, 145 = juris, Rn. 12, sowie Sohm, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Aufl. 2010, § 56 Rn. 22.
42Denn hier geht es mit Blick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des früheren Zeitsoldaten (siehe näher unter c) entscheidungstragend um einen Anwendungsfall einer „besonderen Härte“, dessen Zuordnung zu den im Rahmen des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG beachtlichen Härtegründen nicht in Frage steht.
43b) Unter den vom Kläger im Verlauf des Verfahrens angeführten Gesichtspunkten kann die begehrte teilweise Aufhebung des Leistungsbescheides mit Blick auf eine Anwendung der Härtefallklausel des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG allerdings nicht erfolgen.
44Soweit das Bundesverwaltungsgericht für die Gruppe der anerkannten Kriegsdienstverweigerer einen Härtefall angenommen hat,
45Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 – 2 C 18.05 –, Buchholz 449 § 56 SG Nr. 3 = Schütz/Maiwald, BeamtR, ES/A II 1 Nr. 11 = juris, Rn. 13, 15 ff., und zuvor (evtl. weniger weitgehend) schon Beschluss vom 2. Juli 1996– 2 B 49.96 –, DVBl. 1996, 1152 = juris, Rn. 5 ff.,
46hilft das dem Kläger nicht unmittelbar weiter. Denn er ist kein anerkannter Kriegsdienstverweigerer und hat auch einen solchen Antrag schon nicht gestellt.
47Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch darauf, nach der von ihm geltend gemachten Motivationslage, insbesondere einer reklamierten Gewissensentscheidung, die für seine Entscheidung, durch Ernennung zum Beamten aus dem aktiven Soldatenverhältnis auszuscheiden, maßgeblich gewesen sei, mit der Fallgruppe der anerkannten Kriegsdienstverweigerer gleichbehandelt zu werden. In diesem Zusammenhang braucht der Senat nicht zu entscheiden, in welchem Verhältnis das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung nach Art. 4 Abs. 3 GG zu der in Art. 4 Abs. 1 GG vorbehaltlos gewährleisteten Gewissensfreiheit steht, wenn die vorgegeben Gewissensentscheidung zum Ausscheiden aus dem aktiven Soldatenverhältnis führt (nachfolgend bb)). Denn dem Kläger ist bereits eine derartige Gewissensentscheidung nicht abzunehmen (nachfolgend aa)).
48aa) Der Kläger hat den Senat nicht davon überzeugen können, dass sein Entschluss, die Bundeswehr zum Juli 2007 durch Eintritt in ein Beamtenverhältnis zu verlassen, ursächlich auf Gewissensgründe zurückzuführen ist, welche dem Schutz des Grundrechts der Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG unterfallen können. Solches erschließt sich weder aus seinem schriftlichen Vorbringen noch folgt es aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Senat.
49Nach Art. 4 Abs. 1 GG ist (u. a.) die Freiheit des Gewissens unverletzlich. Ob der Begriff des Gewissens angesichts der Vielzahl möglicher prägender Bezugspunkte überhaupt einer einfachen (einheitlichen) Definition zugänglich ist, wird zum Teil bezweifelt.
50Vgl. etwa Bethge, in: Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI , § 158 Rn. 4.
51Das Bundesverfassungsgericht versteht „Gewissen“ im Sinne des „allgemeinen Sprachgebrauchs“, und zwar als ein (wie auch immer begründbares, jedenfalls aber) real erfahrbares seelisches Phänomen, dessen Forderungen, Mahnungen und Warnungen für den Menschen unmittelbar evidente Gebote unbedingten Sollens sind. Als eine Gewissensentscheidung ist dementsprechend jede ernste sittliche, d. h. an den Kategorien „Gut“ und „Böse“ orientierte Entscheidung anzusehen, die der Einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend innerlich erfährt, so dass er gegen sie nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte.
52Vgl. – grundlegend – BVerfG, Beschluss vom 20. Dezember 1960 – 1 BvL 21/60 –, BVerfGE 12, 45 = juris, Rn. 28, 30; unbeschadet eines gewandelten, den Begriff der Gewissenentscheidung in Richtung auf eine „relative“ Entscheidung über die Zweckmäßigkeit menschlichen Verhaltens ausweitenden Verständnisses in der Öffentlichkeit hieran festhaltend Urteil vom 13. April 1978 – 2 BvR 1/77 u.a. –, BVerfGE 48, 127 = juris, Rn. 83.
53Die Anwendung dieser Verfassungsnorm im Einzelfall darf dabei dem Phänomen „Gewissen“ nur so weit nachgehen, als sie mit den ihr zu Gebote stehenden Erkenntnismitteln zu prüfen hat, ob, was sich nach außen als Gewissensentscheidung kundgibt, wirklich den Charakter eines unabweisbaren Gebots, einer inneren Wahrung vor dem Bösen und eines unmittelbaren Aufrufs zum Guten, trägt. Praktische Schwierigkeiten bei der Beurteilung solcher Sachverhalte müssen in Kauf genommen werden; in die Prüfungskompetenz der Gerichte fällt es insbesondere nicht, eine – einmal als solche erkannte – Gewissensentscheidung in irgendeinem Sinne zu bewerten, etwa als „irrig“, „falsch“ oder „richtig“.
54BVerfG, Beschluss vom 20. Dezember 1960, a.a.O., juris, Rn. 31.
55Das insoweit erforderliche Prüfprogramm setzt sich im Kern aus vier Kriterien zusammen, die kumulativ vorliegen müssen: Individualität, Moralität, Existentialität und Plausibilität. Individualität kennzeichnet den Charakter als reines Individualgrundrecht. Es kommt somit nicht auf ein „verobjektiviertes“ Durchschnittsgewissen an, sondern das Grundrecht dient dem Schutz der moralischen Identität und Integrität des Einzelnen. Moralität meint die erforderliche prägende Ausrichtung der in Rede stehenden persönlichen Überzeugung an ethisch-moralischen Kriterien („Gut“ und „Böse). Existentialität kommt der gewonnenen Überzeugung nur zu, wenn sie für den Grundrechtsträger in einem derart hohen Maß wesentlich ist, dass ihr für seine Persönlichkeit existentielle Bedeutung zukommt. Die Hürden hierfür liegen eher hoch, und zwar aus systematischen Gründen und auch, um eine missbräuchliche Berufung auf das Grundrecht zu verhindern. Eine gewisse Orientierungshilfe können in diesem Zusammenhang die Anforderungen an das spezielle Grundrecht des Art. 4 Abs. 3 GG geben. Das Merkmal der Plausibilität geht darauf zurück, dass, obwohl die Gewissensentscheidung naturgemäß individuell-subjektive Züge hat, die bloße verbale Berufung auf das Grundrecht nicht ausreicht. Den Betroffenen trifft vielmehr eine Darlegungslast, welche der Kontrolle der (formalen, nicht inhaltlichen) Plausibilität seiner Haltung dient.
56Vgl. Mückl, in: Bonner Kommentar zum GG, Loseblatt (Stand: Februar 2015), Art. 4 Rn. 79 ff.
57Im Ergebnis muss das „Ob“ des Vorliegens einer durch Art. 4 Abs. 1 GG geschützten Gewissensentscheidung – ggf. im Wege der Beweisaufnahme – positiv festgestellt werden, soweit daran wie hier weitere rechtliche Folgen geknüpft werden sollen. Für eine solche Feststellung wird (dem vorgenannten Merkmal der Plausibilität zuzuordnen) von Rechtsprechung und Literatur der Sache nach eine nach außen tretende, rational mitteilbare und dem Kontext intersubjektiv nachvollziehbare Darlegung der Ernsthaftigkeit, Tiefe und Unabdingbarkeit der Gewissensentscheidung gefordert.
58Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2005 – 2 WD 12.04 –, a.a.O. und juris, Rn. 160, m.w.N.
59Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen des Klägers in mehrfacher Hinsicht nicht. Auch insgesamt zeichnet sich nicht das Bild eines Handelns aus einer ernsthaften, tiefgreifenden, innerlich unbedingt verpflichtenden Gewissensnot, der nicht in anderer Weise als durch das vollständige Ausscheiden aus dem aktiven Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit Rechnung getragen werden konnte.
60Der Kläger hat schon nicht klar und überzeugend, dabei widerspruchsfrei und auch im Übrigen plausibel, dem Senat vermitteln können, dass es überhaupt innerlich verpflichtende ethisch-moralische Kriterien waren, die ihn letztlich dazu veranlasst haben, seinen Dienst als Arzt im Sanitätsdienst der Bundeswehr nicht über Juni 2007 hinaus fortzusetzen.
61Das gilt zunächst schon für seine schriftlichen Darlegungen. Zwar führt der Kläger im Anhang zu seiner Widerspruchsbegründung „größte innere Widerstände“ an und verweist zur Erläuterung auf seine „feste Überzeugung“, dass er als Soldat eines rechtsstaatlich-demokratischen Staates nur in einem äußerst begrenzten objektiv-rechtstaatlich (nicht ausschließlich parlamentarisch) legitimierten Notfall, nämlich der Landesverteidigung im engeren Sinne, aktiv werden oder mit seiner Tätigkeit die kämpfende Truppe unterstützen dürfe. Hierzu bezieht er sich weiter u. a. auf die „historisch begründete(n) einzigartige(n) Verantwortung bei der Aufstellung der deutschen Armee“ und auf die dem widersprechende „Kehrtwendung der deutschen Sicherheitspolitik“, wie sie etwa im Weißbuch 2006 ihren Ausdruck gefunden habe. Als Beispiele führt der Kläger namentlich den „Kriegseinsatz“ der Bundeswehr in Afghanistan und auch (als noch bedrückender empfunden) das Engagement der Bundeswehr im zweiten (als völkerrechtswidrig zu bewertenden) Irakkrieg an. Als er sich im Jahre 1999 als Soldat auf Zeit verpflichtet habe, habe er dies demgegenüber unter Maßgabe der seinerzeitigen Verteidigungsdoktrin getan. Die neue Linie, welche den Einsatz todbringender Waffen mit ggf. zahlreichen Opfern auch außerhalb der Landesverteidigung unter zum Teil unspezifisch präventivem Tätigwerden umfasse, widerspreche seinem christlich geprägten Weltbild; für sie gebe es keine sittliche Rechtfertigung. Schließlich hätten ihn auch persönliche Erfahrungen seiner Ehefrau, die sich auf den Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern bezögen, in die gleiche Richtung beeinflusst.
62Diese Ausführungen lassen zwar hervortreten, dass der Kläger den wahrgenommenen Wandel in der Ausrichtung des Einsatzes der Bundeswehr aus seiner individuell-persönlichen Sicht nicht gutgeheißen hat. Für die Glaubhaftmachung einer tiefgründigen moralisch-ethischen Unterfütterung dieser Position fehlt es indes an detaillierten Darlegungen von Substanz, etwa schon an einer Erläuterung seiner moralischen Wertvorstellungen in den sich hier stellenden konkreten Bezügen.
63Entsprechendes gilt im Wesentlichen für die ergänzenden Angaben des Klägers in der Berufungsverhandlung. Dort hat er zwar ausgeführt, im Unterschied zu den vorangegangenen Einsätzen in Ex-Jugoslawien, welche er insbesondere angesichts der Vorkommnisse in Srebrenica für moralisch gerechtfertigt gehalten habe, sei beim Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan eine Unterscheidung von „Gut“ und „Böse“ nicht mehr möglich gewesen. Solches habe er Berichten sowohl von Ärzten als auch von Angehörigen der Kampftruppen entnommen. Entsprechende Kontakte habe er namentlich in der Zeit seiner Tätigkeit im Bundeswehrzentralkrankenhaus in L. gehabt. All dies macht aber vor allem nicht hinreichend deutlich, inwiefern der Kläger als maßgebliche Grundlage seines Ausscheidens aus der Bundeswehr zu dem damaligen Zeitpunkt eine eigene Gewissensentscheidung getroffen hat, welche gerade an den Kategorien von „Gut“ und „Böse“ hätte orientiert sein müssen und sich einer Zuordnung nicht hätte enthalten dürfen.
64Die Aussagen der in der mündlichen Verhandlung gehörten Zeugen sind nicht geeignet, den Vortrag des Klägers zu einem bei ihm persönlich vorhanden gewesenen Gewissenskonflikt weiter zu stützen. Der Zeuge Dr. M. konnte sich schon nicht an irgendein unmittelbar mit dem Kläger geführtes Gespräch erinnern. Dem Zeugen Dr. W. war zwar noch ein persönliches Gespräch mit dem Kläger zu dessen persönlichen Beweggründen erinnerlich; an den Inhalt dieses Gesprächs hatte er aber keine Erinnerung mehr. Die Aussage des Zeugen Dr. W. ist allerdings unter einem anderen Gesichtspunkt von Interesse. Sie verdeutlicht nämlich, dass es zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt unter den am Bundeswehrzentralkrankenhaus in L. tätig gewesenen jungen Ärzten Angst und Unruhe mit Blick auf die nicht unrealistische Erwartung gegeben hat, im Rahmen von sog. beweglichen Ärztetrupps möglicherweise an Kampfeinsätzen in Afghanistan teilnehmen zu müssen. Außerdem hat dieser Zeuge bekundet, dass seinerzeit etwa hundert Sanitätsoffiziere den Weg des § 125 BRRG (a.F.) gewählt hätten, um das Soldatenverhältnis durch den Übertritt in ein Beamtenverhältnis zu verlassen.
65Die Darlegungen des Klägers zu seiner Gewissensentscheidung sind im Übrigen von Pauschalurteilen geprägt, welche in dieser Form die Lebenswirklichkeit verfehlen. So werden etwa die Auslandseinsätze der Bundeswehr (allgemein) als „Hasardeureinsätze unklarer moralischer Legitimation im fernen Ausland“ bezeichnet (Seite 3 der Anlage zur Widerspruchsbegründung). Dabei fehlt jede Differenzierung nach Anlass und Art der Einsätze, etwa mit Blick auf eine ggf. nur humanitäre oder lediglich dem Aufbau von Sicherheitsstrukturen in einem Land dienende Zielsetzung. Auch findet der Umstand keine Berücksichtigung, dass bewaffnete Auseinandersetzungen im Rahmen der Auslandseinsätze der Bundeswehr grundsätzlich nur zulässig sind, um sich oder Dritte gegen Angriffe zu schützen. Es fehlt auch jede erkennbare tiefere moralische Auseinandersetzung mit dem zum Teil unermesslichen Leid, welches „Schurkenstaaten“ und „Terrorregime“ – gleich in welchem Teil der Welt – über die jeweilige Bevölkerung gebracht haben und weiter bringen, bevor (nach häufig komplizierten und ggf. auch kontrovers geführten Verhandlungen) ein internationaler Einsatz letztendlich beschlossen wird, wobei sich die Bundeswehr an solchen Einsätzen grundsätzlich auch nur innerhalb bestimmter Bündnisse und nach Zustimmung des Parlaments beteiligt. Ebenso wird nicht auf die (zumindest abstrakte und ggf. auch konkrete) Gefahr für die deutsche Bevölkerung durch eine ungezügelte weltweite Ausbreitung terroristischer Aktivitäten eingegangen. Der Hinweis auf die moralische Legitimation des Bundeswehreinsatzes in Ex-Jugoslawien überzeugt dabei wenig. Zum einen hatte auch dieser Einsatz mit der Landesverteidigung im engeren Sinne oder mit Bündnisverpflichtungen nichts zu tun, verlässt der Kläger damit also die Linie seiner übrigen Argumentation. Zum anderen erscheint es aber auch kaum plausibel und hätte jedenfalls näherer Darlegung bedurft, etwa gegenüber dem Vorgehen der Taliban in Afghanistan im Verhältnis zu der dortigen Bevölkerung und in Anbetracht ihrer (damals wohl nicht unbegründet zumindest vermuteten) Rolle als Unterstützer eines ggf. weltweit um sich greifenden Terrorismus einen anderen moralischen Standpunkt einzunehmen. Der plakative Hinweis, bei dem Afghanistan-Einsatz lasse sich nicht zwischen „Gut“ und „Böse“ unterscheiden, womit offensichtlich gemeint ist, dass auch völlig Unbeteiligte durch Einsätze der Bundeswehr zu Schaden kommen (können), lässt eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Für und Wider nicht erkennen.
66Zu bedenken bleibt ferner, dass das Vorbringen des Klägers unbeschadet der verbalen Berufung auf moralische Prinzipien eine bestimmte (verteidigungs-)politische Auffassung zum Ausdruck bringt. Politische Überzeugungen fallen als solche aber in aller Regel noch nicht dem Schutzbereich des Grundrechts der Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG. Ansonsten wäre einer Überbeanspruchung bzw. einem Missbrauch dieses Grundrechts Tür und Tor geöffnet. Deshalb ist es – jedenfalls einen großen Teil jener Fälle betreffend – in hohem Maße fragwürdig, ob bei Soldaten, welche (nur) Auslandseinsätze der Bundeswehr bzw. (wie im Falle des Klägers) den Dienst mit Blick auf die Einbeziehung auch solcher Einsätze in die politisch festgelegte Verteidigungsstrategie verweigern, wirklich die Kriterien der „Moralität“ und der „Existentialität“ leitend sind, auch wenn sich diese Soldaten hierfür verbal auf ihr „Gewissen“ berufen.
67Vgl. Mückl, in: Bonner Kommentar zum GG, a.a.O., Art. 4 Rn. 193 a.E.
68Dafür, dass der Kläger sich jedenfalls nicht in Gestalt einer absoluten, also unbedingten Verpflichtung durch sein Gewissen innerlich gebunden gefühlt hat, als er Mitte 2007 sein aktives Dienstverhältnis als Zeitsoldat zu beendete, gibt es davon abgesehen eine Reihe von Gegenindizien. So erscheint es insbesondere weder konsequent, dass der Kläger sich noch im Oktober 1999 langjährig zur Dienstleistung verpflichtet hatte, noch leuchtet es ein, warum er keine Gewissensbedenken dagegen (gehabt) hat, als Offizier der Reserve für die Institution Bundeswehr – zum Teil auch aktiv – weiterhin tätig zu sein.
69Zunächst ist die Einbeziehung von Auslandseinsätzen in das Aufgabenspektrum der Bundeswehr nicht Ergebnis einer abrupten Neuausrichtung gewesen, die erst mit dem Erscheinen des Weißbuchs 2006 eingesetzt hätte. Vielmehr hat es solche Einsätze schon seit Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts gegeben (u.a. auf dem Balkan, in der Adria und in Somalia) und hatte auch die Debatte darüber schon zu jener Zeit eingesetzt.
70Vgl. Weißbuch 2006 (Online-Ausgabe), Seite 89 ff., Gliederungspunkt 4. „Die Bundeswehr im Einsatz“; siehe auch Wikipedia, Stichwort: „Auslandseinsätze der Bundeswehr“; ferner etwa VG Münster, Urteil vom 21. August 2014 – 5 K 2265/12 –, juris, Rn. 91.
71Das war geraume Zeit vor dem Wiedereintritt des Klägers in die Bundeswehr als Soldat auf Zeit am 1. März 2000 und hat ihn von diesem Schritt offenbar weder moralisch noch sonst abgehalten. Die in der Berufungsverhandlung behauptete anfängliche Naivität erscheint als Erklärung wenig glaubhaft. Immerhin war der Kläger zu dem Zeitpunkt nach seinem Wehrdienst schon ein „gestandener“ Unteroffizier der Reserve, hatte zwei Jahre Rechtswissenschaften studiert und das Studium der Medizin bereits aufgenommen. Auch während der ersten Jahre seines Status als Zeitsoldat hat der Kläger keine erkennbaren Probleme mit seinem Gewissen gehabt, der Bundeswehr anzugehören (das hat nach seinem schriftlichen Vorbringen erst im Jahre 2006 eingesetzt), obwohl etwa der von ihm als „besonders bedrückend“ empfundene zweite Irak-Krieg im Frühjahr 2003 begann. Auch wenn der Kläger zu jener Zeit unter Freistellung vom Dienst studierte, musste ihm schon damals klar sein, dass er nach dem Studium (und einer ggf. weiteren Fachausbildung) bei einer Bundeswehr aktueller verteidigungspolitischer Prägung und Ausrichtung zur Dienstleistung auch konkret verpflichtet sein würde. Konsequenzen daraus hat er aber zu jener Zeit noch nicht gezogen. Was sein Gewissen dann im Jahr 2006 entscheidend dazu gebracht hat, ein Ausscheiden aus der Bundeswehr als moralisch unbedingt verpflichtend anzusehen, bleibt auch bei Einbeziehung seiner ergänzenden Angaben in der Berufungsverhandlung diffus. Eine Art „Schlüsselerlebnis“ lässt sich dem Vorbringen nicht entnehmen. Nach den Angaben im Termin sollen letztlich wohl die Eindrücke während der Tätigkeit im Bundeswehrzentralkrankenhaus in L. , namentlich solche aus Gesprächen mit im Afghanistan-Einsatz verwundeten Soldaten und den sie besuchenden Kameraden über die Rahmenbedingungen des Einsatzes, die Entscheidung des Klägers maßgeblich beeinflusst haben. Das führt indes keineswegs zwingend auf eine Gewissensentscheidung, sondern kann – zumal in der konkreten, vom Zeugen Dr. W. näher geschilderten Situation der jungen Ärzte an jenem Krankenhaus – auch anders gearteten Überlegungen geschuldet gewesen sein, etwa der – verständlichen – Sorge und Angst, ggf. nur unzureichend geschützt selbst in einen solchen Kampfeinsatz geschickt zu werden.
72Soweit der Kläger in seinem schriftlichen Vorbringen auf Vorgänge aus den Jahren nach 2007 verweist, wie z.B. auf den Luftangriff in Kundus vom 4. September 2009 („überforderter deutscher Oberst“) und auf Erklärungen des früheren Bundespräsidenten Köhler von Mai 2010 und des früheren Verteidigungsministers zu Guttenberg von November 2010, konnten all diese Umstände schon aus Zeitgründen die im Jahr 2007 getroffene Entscheidung des Klägers, die Bundeswehr zu verlassen, nicht mehr schlüssig beeinflusst haben.
73Eher gegen die Glaubhaftigkeit der Behauptung, eine Gewissensentscheidung getroffen zu haben, spricht auch, dass der Kläger jedenfalls in Form von schriftlichen Eingaben auf den angeblichen Gewissenskonflikt erst mehrere Jahre nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Soldatenverhältnis, nämlich im Zusammenhang mit der Rückforderung des Ausbildungsgeldes (Widerspruchsverfahren) Anfang 2010 aufmerksam gemacht. Mit welchem konkreten Inhalt ggf. zuvor Gespräche mit Vorgesetzten geführt worden waren, hat die Beweisaufnahme nicht ergeben. Hinzuweisen bleibt allerdings darauf, dass der Kläger sich im zeitlichen Zusammenhang mit seinem Ausscheiden einem Verfahren, in welchem als etwaige Härtegründe Gewissensgründe hätten konkret angeführt werden können, nämlich einem Entlassungsverfahren nach § 55 Abs. 3 SG, nicht gestellt hat; er hat sich vielmehr für den insofern leichteren Weg des unmittelbaren Übertritts in ein Beamtenverhältnis entschieden.
74Als in der Sache widersprüchlich, jedenfalls aber nicht schlüssig stellt sich weiter insbesondere auch das Verhalten des Klägers nach seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr dar. Er ist wieder Offizier der Reserve der Bundeswehr und hat als solcher auch an Wehrübungen im Inland teilgenommen. Diese Haltung lässt sich zunächst schwerlich in Einklang bringen mit dem Vorbringen der Prozessbevollmächtigten des Klägers in dem Schriftsatz vom 16. Oktober 2012 im Berufungszulassungsverfahren. Dort ist auf Seite 3 ausgeführt:
75„Das Gesamtkonzept der Bundeswehr widersprach den moralischen Empfindungen des Klägers. Dabei ging es nicht nur um einzelne Befehle. Der Kläger konnte es mit seinem Gewissen grundsätzlich nicht vereinbaren, ein aktives Mitglied einer Institution zu sein, die seinen Vorstellungen und Überzeugungen deutlich zuwider war. Es war für ihn schlechthin unvereinbar als aktives Mitglied der Bundeswehr diese zugleich als Repräsentant zu vertreten.“
76Auf der Grundlage dieses Vortrags ist nicht verständlich, wieso der Kläger, welcher nach dieser Einlassung nicht etwa nur die eigene Teilnahme an bestimmten Auslandseinsätzen der Bundeswehr, sondern die Gesamtkonzeption der Bundeswehr als solche ablehnt, offenbar keinerlei Probleme mit dem Status als Reservist und mit der Teilnahme an Wehrübungen hat. Ausgehend von der seinerzeit gültig gewesenen „Konzeption für die Reservisten und Reservistinnen der Bundeswehr“ (Fassung 2003), von deren Text den Beteiligten in der Berufungsverhandlung eine Kopie überreicht wurde, waren/sind nämlich auch die Reservisten – ohne Weiteres einleuchtend – ein Teil des Gesamtkonzepts der Bundeswehr; damit repräsentieren auch sie die Institution Bundeswehr mit. Das bezieht im Grundsatz auch mögliche Auslandsverwendungen ein. So heißt es etwa in den „Vorbemerkungen“ der angesprochenen Konzeption:
77„Verteidigung im Sinne des Grundgesetzes umfasst heute mehr als die herkömmliche Verteidigung an den Landesgrenzen gegen einen konventionellen Angriff; als strukturbestimmende Aufgabe der Bundeswehr entspricht diese nicht mehr den aktuellen sicherheitspolitischen Erfordernissen. … Diese Neuausrichtung der Bundeswehr bestimmt Organisation, Ausbildung, Verwendung und Verfügbarkeit der Reservisten und Reservistinnen. Ziel ist es, auch deren Einsatz ohne den Rückgriff auf Mobilmachung auf eine sichere Grundlage zu stellen“.
78In ähnlichem Sinne hat sich der damalige Bundesminister der Verteidigung Dr. Peter Struck anlässlich der Einführung der in Rede stehenden Konzeption am 17. September 2003 in einer Pressekonferenz geäußert, wobei der Text auf der Internet-Seite des BMVg abrufbar ist. Der Minister hat dabei u.a. ausgeführt:
79„Die Bundeswehr benötigt den Beitrag der Reservistinnen und Reservisten für ihr gesamtes Aufgabenspektrum – auch für die mittlerweile wahrscheinlichsten Aufgaben der Konfliktverhütung und Konfliktbewältigung. Ich habe immer wieder betont, dass Verteidigung heute mehr als die herkömmliche Verteidigung an den Landesgrenzen gegen einen konventionellen Angriff umfasst. Dem muss auch die neuen Reservistenkonzeption Rechnung tragen. Einsatzorientierung der Bundeswehr und ein zeitgemäßes Reservistenkonzept schließen sich nicht aus, sondern ergänzen einander.“
80Vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar, dass die Neuausrichtung der Bundeswehr den Kläger aus Gewissensgründen nur an einer „aktiven“ Zugehörigkeit zur Bundeswehr hindern soll, nicht aber auch an einem Engagement als Reservist. Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus der Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, er habe bei seiner Wehrübung keinen „Spiegeldienstposten“ bekleidet, also keinen im Einsatz befindlichen Sanitätsoffizier vertreten (und damit Auslandseinsätze nicht aktiv unterstützt). Denn auch eine Tätigkeit wie die von ihm angegebene Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung für Wehrpflichtige trägt dazu bei, dass die als Ganzes zu betrachtende Bundeswehr insgesamt ihre Aufgaben im In- und Ausland erfüllen kann. Zudem erscheint zweifelhaft, ob ein Reservist bei seiner Heranziehung zu einer Wehrübung stets sicherstellen kann, nicht auf einem „Spiegeldienstposten“ eingesetzt zu werden.
81Anderes ergibt sich auch nicht, wenn in Rechnung gestellt wird, dass der Kläger keine Einwände gegen die Aufgabe der Landesverteidigung im engeren Sinn geltend macht, der er offenbar die Tätigkeit als Reservist zuordnet. Zum einen verkennt dieser Ansatz, dass nach der vorerwähnten Konzeption für den Einsatz von Reservisten in der Bundeswehr auch diese zum Gelingen der vom Kläger abgelehnten Auslandseinsätze beitragen. Zum anderen steht es dem einzelnen (Reserve-)Soldaten und damit auch dem Kläger als Offizier der Reserve nicht zu, die Bundeswehr in einen „bösen“ (aktive Soldaten) und einen „guten“ (Reservisten) Teil aufzuteilen und bei letzterem auch noch zu differenzieren, ob „Spiegeldienstposten“ wahrgenommen werden.
82Schließlich mindert die Glaubhaftigkeit des Vorbringens des Klägers zur Maßgeblichkeit einer Gewissensentscheidung für sein Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis eines Zeitsoldaten als weiteres Indiz noch der Umstand, dass der Kläger zugegebenermaßen auch noch andere Gründe für seinen Entschluss zum Ausscheiden gehabt hat. Dies waren die aus seiner Sicht schlechten, unzumutbaren Arbeits- und sonstigen Rahmenbedingungen im Sanitätsdienst der Bundeswehr, welche er namentlich während seiner Tätigkeit als Stabsarzt am Bundeswehrzentralkrankenhaus in L. – also unmittelbar zeitnah vor seinem Ausscheiden – wahrgenommen haben will (vgl. Gliederungspunkt 2. der Anlage zur Widerspruchsbegründung). Zwar betont der Kläger zu Beginn der Ausführungen zu jenem Gliederungspunkt, jene Gründe seien nicht die „maßgeblich“(en) Gründe für sein Ausscheiden gewesen, und weist ihnen damit sinngemäß nur eine ergänzende Bedeutung zu. Glaubhaft ist das angesichts der zum Teil massiven Vorwürfe und der Gesamtbewertung der Zustände als unzumutbar aber nicht. So spricht der Kläger am Ende des angesprochenen Gliederungspunktes des Anhangs der Widerspruchsbegründung dann auch davon, dass er „sowohl“ wegen der ausgeführten Gewissensgründe „als auch“ wegen der unzumutbaren dienstlichen Rahmenbedingungen kurzfristig gewechselt habe. Das stellt die beklagten dienstlichen Rahmenbedingungen auf eine Stufe mit den vorgegebenen Gewissensgründen und zieht die Maßgeblichkeit letztgenannter Gründe für die Entscheidung, den aktiven Dienst als Soldat der Bundeswehr aufzugeben, in Zweifel.
83bb) Ist ein Ausscheiden des Klägers aus der Bundeswehr aus Gewissensgründen nach alledem nicht glaubhaft gemacht, bedarf es keiner Entscheidung des Senats darüber, welche Folgewirkungen eine gegebene, Art. 4 Abs. 1 GG unterfallende Gewissensentscheidung für die Anwendung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG hätte.
84Insoweit nimmt der Senat allerdings die Gelegenheit wahr, auf die folgenden rechtlichen Bedenken hinzuweisen:
85Zweifelhaft ist, ob allein schon die Betroffenheit in Grundrechten als solche (in jedem Fall) auf die Annahme einer besonderen Härte im Sinne des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG führen muss. Eher scheint es, als knüpfe das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 30. März 2006 – 2 C 18.05 – (a.a.O.) in dem betreffenden Zusammenhang (Drucksituation, wegen einer finanziellen Belastung von der Grundrechtsausübung Abstand zu nehmen) an die besondere Situation bei der Ausübung gerade des Grundrechts auf Verweigerung des Kriegsdienstes mit der Waffe nach Art. 4 Abs. 3 GG an. Diese Situation zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sie eine grundlegende Bedeutung hinsichtlich der Frage hat, ob überhaupt – also im Ganzen – Wehrdienst in der Bundeswehr geleistet werden kann bzw. ob ein ggf. schon bestehendes Soldatenverhältnis insgesamt fortgesetzt werden darf. Damit unterscheidet sich die Situation bei Kriegsdienstverweigerern nicht unerheblich von derjenigen bei der Betroffenheit anderer, darunter auch sog. „einschränkungsloser“ Grundrechte wie Art. 4 Abs. 1 GG. Deren Ausübung kann nämlich im Rahmen der Herstellung „praktischer Konkordanz“
86– hierzu vgl. aus jüngster Zeit etwa BVerfG, Beschlüsse vom 10. März 2014 – 1 BvR 377/13 –, juris, Rn. 22, vom 22. Oktober 2014 – 2 BvR 661/12 –, NZA 2014, 1387 = juris, Rn. 124 und 177, sowie vom 15. Januar 2015 – 1 BvR 2796/13 –, WM 2015, 526 = juris, Rn. 8 –
87häufig ohne erforderliche Auflösung des aktiven Soldatenverhältnisses in einen schonenden Ausgleich mit den Belangen der Bundeswehr (Verteidigungsbereitschaft, Funktionsfähigkeit) gebracht werden.
88Zum verfassungsrechtlichen Rang der Einrichtung und Funktionsfähigkeit der Bundeswehr vgl. etwa BVerfG, Beschlüsse vom 10. März 2014 – 1 BvR 377/13 –, juris, Rn. 22 bis 24, und vom 28. April 2007 – 2 BvR 71/07 –, NVwZ-RR, 2008, 330 = juris, Rn. 16, jeweils m.w.N.
89Davon ausgehend kann zumeist auch ernsthaften Gewissensnöten solcher Soldaten, die nicht umfassend den Kriegsdienst mit der Waffe bzw. ein Verbleiben in der Bundeswehr ablehnen, durch die Verpflichtung des Dienstherrn zur Bereitstellung einer gewissenschonenden Handlungsalternative (z.B. Verwendung im Inland) ausreichend Rechnung getragen werden.
90Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2005 – 2 WD 12.04 –, BVerwGE 127, 302 = DVBl. 2005, 1455 = juris, Rn. 116 ff., 345, 348.
91Das gilt im Übrigen auch für den Kläger, weil dessen Behauptung, er lehne aus Gewissensgründen die Institution Bundeswehr in ihrer derzeitigen Konzeption als Ganzes ab, angesichts seiner Einstellung zum Status des Reservisten aus den oben genannten Gründen sachlich nicht nachvollzogen werden kann. Die Ausübung des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 1 GG wirkt somit für den aktiven Soldaten in der Regel nicht „absolut“ im Sinne einer Rechtfertigung zum Ausscheiden. Zugleich besteht in solchen Fällen – anders als bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern – auch nicht typischerweise die Situation, dass mit Blick auf eine erforderliche Beendigung des Dienstverhältnisses bisher entstandene Ausbildungskosten vom Dienstherrn nicht mehr nutzbringend (weiter) verwendet werden können. Entsprechend gemindert ist damit auch die „Drucksituation“, von der Ausübung des Grundrechts mit Blick auf die wegen der Erstattung von Ausbildungskosten zu erwartende finanzielle Belastung (vollständig) Abstand zu nehmen.
92Darüber hinaus ist schon fraglich, ob Art. 4 Abs. 1 GG in Fällen der vorliegenden Art überhaupt neben Art. 4 Abs. 3 GG anwendbar ist. Insoweit könnte von einer Ausschlusswirkung wegen Spezialität des Absatzes 3 auszugehen sein. Eine solche Ausschlusswirkung könnte jedenfalls dann zu bejahen sein, wenn es – wie hier – um (angebliche) Gewissensgründe geht, die es dem betroffenen Soldaten ausgehend von seiner kundgetanen inneren Überzeugung zwingend verwehren, überhaupt bei der Bundeswehr (aktiven) Dienst zu tun und nicht etwa nur einzelnen Befehlen nicht nachkommen zu können.
93Vgl. zu der letztgenannten Konstellation in Richtung auf einen fehlenden Ausschluss des Art. 4 Abs. 1 GG durch Art. 4 Abs. 3 GG BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2005 – 2 WD 12.04 -, a.a.O. und juris; ablehnend etwa Mager, in: v. Münch/Kunig, GG, 6. Aufl. 2012, Art. 4 Rn. 65 und 84, jeweils Stichwort „Befehlsverweigerung“, m.w.N. zur zum Teil zustimmenden, verbreitet aber auch kritischen Aufnahme des Urteils in der Literatur; u.U. anders auch noch BVerwG, Beschluss vom 31. Juli 1996 – 2 WD 21.96 -, BVerwGE 103, 361 = NJW 1997, 536 (538) = juris, insb. Rn. 30, betreffend die (dort bejahte) Dienstpflichtwidrigkeit der Verweigerung sog. „out of area“-Einsätze.
94Der Ausschluss dürfte ggf. auch unabhängig davon eintreten, ob die konkret geltend gemachten Gründe voraussichtlich ausreichen können, eine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer zu erreichen. Denn eine für einen bestimmten Bereich bestehende Spezialvorschrift wie Art. 4 Abs. 3 GG kann auch Bedeutung dafür haben, ob in Fällen, in denen ihre (besonderen) Voraussetzungen nicht erfüllt sind, in ihrem Anwendungsbereich noch auf eine allgemeinere Vorschrift zurückgegriffen werden darf. Gäbe es insoweit keine Sperrwirkung, wäre hier unter Berufung auf das allgemeinere Grundrecht – die Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG – eine Kriegsdienstverweigerung unter erleichterten Bedingungen möglich, nämlich die vollständige Verweigerung des Dienstes bei der Bundeswehr aus anderen, nicht durch Art. 4 Abs. 3 GG geschützten Gewissensgründen. Das hätte insbesondere – und auch hier – Bedeutung für die sog. situationsbedingte Kriegsdienstverweigerung, welche im Rahmen des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 3 GG im Ergebnis nicht zur Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer führt. Jene Fälle sind dadurch gekennzeichnet, dass die Betroffenen den Kriegsdienst mit der Waffe aus Gewissensgründen nicht wie nach dem speziellen Grundrecht erforderlich schlechthin, also insgesamt ablehnen, sondern solches nur in Bezug auf bestimmte Situationen bzw. Konstellationen tun (z.B. Verweigerung der Teilnahme an kriegerischen Auseinandersetzungen bei Betroffenheit oder Nichtbetroffenheit bestimmter Staaten als Gegner bzw. als um Unterstützung ersuchende Verbündete; dies ggf. in Abhängigkeit von den in den betroffenen Staaten/Regionen herrschenden politischen Systemen oder unter Berücksichtigung von bestimmten historischen Situationen; Verweigerung der Teilnahme in Abhängigkeit von der Art der zum Einsatz kommenden Waffen; Wunsch, nur zur unmittelbaren Verteidigung der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland eingesetzt zu werden).
95Vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Dezember 1960 – 1 BvL 21/60 –, BVerfGE 12, 45 = juris, Rn. 34, 35 ff., 38 f.; BVerwG, Urteil vom 5. März 1986– 6 C 34.84 –, BVerwGE 74, 72 = juris, Rn. 14, und namentlich auch Beschluss vom 8. November 1993 – 6 B 48.93 –, NJW 1994, 603 = juris, Rn. 2; ferner z. B. Thüringer OVG, Urteil vom 17. Mai 2010 – 2 KO 63/10 –, juris, Rn. 30.
96Die vom Kläger geltend gemachten Gründe, nämlich die Ablehnung von kriegerischen Auseinandersetzungen, welche über die „Landesverteidigung im engeren Sinne“ als historische Kernaufgabe der Bundeswehr sowie über „echte Bündnisfälle“ hinausgehen, fallen in den Kreis dieser Gründe. Da sie sich auf einen bestimmten Sektor militärischen Handelns beziehen, betreffen sie (partiell) zugleich den „Kriegsdienst mit der Waffe“ im Sinne des Art. 4 Abs. 3 GG. Würde man in solchen Fällen dem Soldaten unter Berufung auf sein Grundrecht der allgemeinen Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG erlauben, vollständig aus dem aktiven Dienst der Bundeswehr auszuscheiden, stellte sich dies letztlich als Umgehung der auch begrenzend wirkenden Sonderstellung des Grundrechts der Kriegsdienstverweigerung im Sinne des Art. 4 Abs. 3 GG bezogen auf den militärischen Bereich und das Soldatenverhältnis dar.
97Im Übrigen entspricht es auch der Wehrpflichtige betreffenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts, eine im Verhältnis zum Absatz 1 abschließende Sonderstellung des Absatzes 3 des Grundrechts aus Art. 4 GG hinsichtlich von Gewissensgründen anzunehmen, aus denen heraus sich die Berechtigung eines Wehrpflichtigen ergeben soll, das Leisten von Wehrdienst insgesamt abzulehnen.
98Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 1965– 1 BvR 112/63 –, BVerfGE 19, 135 = juris, Rn. 9, und Beschluss vom 26. Mai 1970 – 1 BvR 83/69, 244/69, 345/69 –, NJW 1970, 1729 (1731) = juris, Rn. 65; BVerwG, z. B. Urteile vom 2. April 1970 – VIII C 114.68 –, Buchholz 448.0 § 25 WpflG Nr. 30, am Ende, und vom 11. November 1974 – VIII C 100.69 –, BVerwGE 39, 53 = NJW 1972, 653 = juris, Rn. 8.
99Da sich auch Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit auf das Grundrecht der Kriegsdienstverweigerung berufen dürfen, spricht in Bezug auf jene nichts dafür, das Verhältnis von Art. 4 Abs. 3 GG zu Art. 4 Abs. 1 GG anders als für Wehrpflichtige zu beurteilen, soweit es darum geht, ob sie aus Gewissensgründen die Bundeswehr vorzeitig verlassen dürfen.
100Vgl. in diesem Zusammenhang auch BVerwG, Urteil vom 31. Juli 1996 – 2 WD 21.96 –, BVerwGE 103, 361 = juris, Rn. 30, am Ende (einen Stabsoffizier betreffend), und VG Münster, Urteil vom 21. August 2014 – 5 K 2265/12 –, juris, Rn. 85 ff., 88 ff.
101In diesem Zusammenhang könnte der Kläger auch nicht mit Erfolg darauf verweisen, dass im Jahre 2007 eine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer für Soldaten im Sanitätsdienst der Bundeswehr nach der seinerzeitigen ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts von vorneherein nicht in Betracht gekommen sei. Es trifft allerdings zu, dass das Bundesverwaltungsgericht seinerzeit in diesem Sinne entschieden hat. Diese Rechtsprechung wurde erst im Jahre 2012 aufgegeben.
102Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2012 – 6 C 11.11 –, BVerwGE 142, 48 = juris.
103Die vormalige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts datiert aus den 1980er und 1990er Jahren. Gerade im Hinblick auf die von dem Kläger in den Mittelpunkt seiner Argumentation gestellte Neuausrichtung der Bundeswehr konnte auch schon vor dem vorzitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 2012 nicht davon ausgegangen werden, dass eine Neubewertung des Kriegsdienstverweigerungsrechts für Sanitätssoldaten der Bundeswehr offensichtlich ausgeschlossen war.
104Vgl. hierzu und zu der insoweit durch Verzicht auf die Revisionsinstanz anzunehmenden mangelnden Ausschöpfung des Rechtswegs BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 2011 – 2 BvR 862/10 –, BVerfGK 19, 106 = juris, Rn. 17.
105cc) Die auf den behaupteten Mängeln des Dienstbetriebs fußende Unzufriedenheit des Klägers mit den im Sanitätsdienst der Bundeswehr seinerzeit angeblich vorherrschenden und nicht seinen Erwartungen entsprechenden innerdienstlichen Arbeits- und Rahmenbedingungen führt als solche nicht auf einen Härtefall im Sinne des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG, weil diese Umstände alle Soldaten des Sanitätsdienstes regelmäßig gleich betroffen haben.
106Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, BVerwGE 52, 84 = juris, Rn. 46.
107Hiergegen hat sich der Kläger im Berufungsverfahren auch nicht mehr gewandt.
108c) Bei dem Kläger liegt allerdings eine „besondere Härte“ im Sinne des § 46 Abs. 4 Satz 3 SG unter dem wirtschaftlichen Gesichtspunkt des möglichen Eintritts einer zu vermeidenden Existenzgefährdung vor. Dieser Gesichtspunkt wurde in den Regelungen des angegriffenen Leistungsbescheides der Beklagten nicht (ausreichend) berücksichtigt.
109Die Erstattung von Ausbildungskosten wie hier dem Ausbildungsgeld darf den früheren Soldaten in Anwendung der Härteklausel nicht in einer Weise belasten, dass er in die Gefahr einer existenzgefährdenden wirtschaftlichen Notlage gerät.
110Vgl. dazu allgemein etwa BVerfG, Beschluss vom 22. Januar 1975 – 2 BvL 51/71 –, BVerfGE 39, 128 = juris, Rn. 49; BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, BVerwGE 52, 84 = juris, Rn. 54; OVG NRW, 26. Juni 1975– 1 A 927/74 –, DÖV 1975, 792 = juris (LS 2); VG Gießen, Urteil vom 26. Oktober 2005 – 8 E 2875/04 –, Rpfleger 2006, 90 = juris, Rn. 20; Sohm, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Aufl. 2010, § 56 Rn. 23.
111Dabei muss u.a. eine dauerhafte wirtschaftliche Knebelung, wie sie insbesondere bei einer sehr hohen Erstattungspflicht und einem (bei eingeräumter Ratenzahlung) entsprechend sehr langen Erstattungszeitraum eintreten kann, unterbleiben. In diesem Zusammenhang hat das Bundesverwaltungsgericht die Auffassung vertreten, dass sich dann, wenn die Beklagte – wie etwa auch in dem vorliegenden Leistungsbescheid – Ratenzahlungen gewährt, die Zahlungspflicht grundsätzlich nicht während des gesamten weiteren Berufslebens des Soldaten andauern darf, sondern zeitlich begrenzt sein muss.
112Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 – 2 C 18.05 –, Schütz/Maiwald, BeamtR, ES/A II 1 Nr. 11 = juris, Rn. 24; dem grundsätzlich folgend u.a. VG Gelsenkirchen, Urteile vom 8. September 2014 – 1 K 623/13 –, juris, Rn. 38, und vom 17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 47; VG Düsseldorf, Urteil vom 30. Dezember 2013 – 10 K 5420/13 –, juris, Rn. 32; a.A. VG Gießen, Urteil vom 5. November 2012 – 5 K 785/11.GI –, juris, Rn. 38, VG Schleswig, Urteil vom 6. März 2014 – 12 A 153/13 –, juris, Rn. 41, und wohl auch Sohm, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Aufl. 2010, § 56 Rn. 23.
113Die betreffende Formulierung in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist systematisch eingebettet in Ausführungen zu der Frage, ob der in Anwendung der Härteklausel zu erstattende Betrag „von einem bestimmten ehemaligen Zeitsoldaten“ verlangt werden dürfe, was von seiner individuellen Vermögenslage abhänge. Das verdeutlicht, dass es an dieser Stelle um generelle Erwägungen zur Frage der (individuellen) wirtschaftlichen Zumutbarkeit geht und damit nicht um einen etwaigen weiteren „Bonus“ im Rahmen der Anwendung der Härteklausel speziell auf die Gruppe der anerkannten Kriegsdienstverweigerer. Insofern hat es in diesem Punkt auch keine Bedeutung, dass die Entscheidung einen Fall betroffen hat, in dem es um die Erstattung der Ausbildungskosten eines Kriegsdienstverweigerers ging. Allein ein solches Verständnis der betreffenden Urteilspassage ergibt im Übrigen auch Sinn, weil es der Sache nach – wie schon ausgeführt – um eine Konkretisierung des im Rahmen der Härteklausel für alle betroffenen früheren Soldaten geltenden Gesichtspunktes gegangen ist, dass diese durch die Erstattung und die Modalitäten ihrer Abwicklung nicht in existentielle wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sollen.
114Soweit es Gegenstimmen zu einer gebotenen zeitlichen Begrenzung des Erstattungszeitraums gibt (VG Gießen, VG Schleswig, jeweils a.a.O.), setzen diese dabei an, dass grundsätzlich die Pflicht bestehe, den Erstattungsbetrag in einer Summe zu zahlen. Würden den Soldaten Ratenzahlungen eingeräumt, bleibe es ihnen unbenommen, die hierdurch bewirkte Zahlungsdauer im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten durch höhere Ratenzahlungen zu verkürzen. Diese Argumentation überzeugt schon deswegen nicht, weil sie die angesprochene Verkürzungsmöglichkeit offenbar als regelmäßig gegeben unterstellt. Diese hängt aber entscheidend von den wirtschaftlichen Verhältnissen im jeweiligen Einzelfall ab. Ferner wird wohl nicht hinreichend bedacht, dass die Pflicht zur Zahlung in einer Summe angesichts der Höhe der zumeist in Rede stehenden Beträge gerade wegen der bestehenden Härteklausel in der Praxis kaum zum Tragen kommen dürfte. Die ggf. bestehende Härte in Anwendung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG auszugleichen, bleibt dabei Aufgabe der Beklagten, kann also nicht, jedenfalls nicht vollständig, einem Handeln der betroffenen ehemaligen Soldaten (auch im Rahmen von deren finanziellen Möglichkeiten) überlassen bleiben.
115Die danach erforderliche zeitliche Begrenzung des Erstattungszeitraums (Zeitraums der Ratenzahlungspflicht) in Richtung auf nur einen Teilzeitraum des gesamten Berufslebens muss auch bereits in dem Leistungsbescheid (Ausgangsbescheid) selbst erfolgen; dort sind die hierzu notwendigen Regelungen zu treffen. Das ist keine Besonderheit, sondern entspricht auch im Übrigen der Anwendung der Härteklausel des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG. Diese unterscheidet sich insoweit im Kern nicht von der Billigkeitsentscheidung bei der Rückforderung zuviel gezahlter Bezügen (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG). Dazu ist anerkannt, dass die Billigkeitsentscheidung nicht lediglich die Vollziehung oder Vollstreckung des Rückforderungsbescheides, sondern den materiellen Bestand des (insofern modifizierten) Rückforderungsanspruchs betrifft. Ein Rückforderungsbescheid darf deshalb nicht ergehen, ohne dass bzw. bevor eine Billigkeitsentscheidung getroffen wurde.
116Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 26. April 2012– 2 C 4.11 –, Schütz/Maiwald, BeamtR, ES/C V 5 Nr. 84 = juris, Rn. 23, m.w.N.; sinngemäß entsprechend zur Härteklausel des Soldatengesetzes wohl auch BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, BVerwGE 52, 84 = ZBR 1977, 287 = juris, Rn. 56, unter Abgrenzung der Anwendung der Härteklausel von lediglich haushaltsrechtlichen Zahlungserleichterungen.
117Ob das gleiche Ergebnis in Fällen der vorliegenden Art auch unmittelbar aus dem Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes und aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn hergeleitet werden kann,
118vgl. etwa VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. September 2014 – 1 K 623/13 –, juris, Rn. 38 am Ende,
119braucht hier nicht entschieden zu werden.
120Der Anforderung der zeitlichen Begrenzung des Erstattungszeitraums kann die Beklagte regelmäßig in der Weise ermessensgerecht entsprechen, dass sie die Verpflichtung zur Zahlung von Tilgungsraten auf einen Zeitraum von zwei Dritteln der Zeit von der Entlassung aus dem Zeitsoldatenverhältnis bis zum Eintritt in das Rentenalter (§ 35 SGB VI) begrenzt. Denn hierdurch ist auch unter Berücksichtigung etwa zusätzlich zu zahlender Stundungszinsen in aller Regel ausreichend gewährleistet, dass unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu der Anwendung der Härteklausel die Zahlungspflicht nicht während des gesamten (weiteren) Berufslebens andauert, sondern deutlich vor dem 67. Lebensjahr endet.
121Vgl. in diesem Sinne auch VG Gelsenkirchen, Urteile vom 8. September 2014 – 1 K 623/13 –, juris, Rn. 40, und vom 17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 49.
122Das bedeutet allerdings nicht zwangsläufig, dass der im Leistungsbescheid festgesetzte Erstattungsbetrag am Ende nicht vollständig getilgt werden muss. Das gilt selbst dann, wenn ausgehend von der im Bescheid bestimmten Höhe der Rate eine vollständige Tilgung bis zu dem betreffenden Zeitpunkt rechnerisch nicht möglich ist. Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang nämlich, dass der streitige Leistungsbescheid (wie auch in ähnlichen Fällen) unter Ziffer 4 eine (Neben-)Regelung enthält, derzufolge eine jährliche Überprüfung der Ratenhöhe anhand der Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse des früheren Soldaten zu erfolgen hat. Das kann es ermöglichen, die Raten vorübergehend oder ggf. auch dauerhaft höher festzusetzen. In einem solchen Fall kann ggf. erreicht werden, dass der gesamte Erstattungsbetrag schon vor Ablauf des vorgenannten Zweidrittelzeitraums getilgt ist. Es ist mit anderen Worten Aufgabe der Beklagten, diese begleitende Kontrolle auch tatsächlich effektiv wahrzunehmen.
123Wegen dieser möglichen Veränderungen der Tilgungshöhe, welche ggf. auch in Richtung auf eine wirtschaftlich gebotene Verringerung der Ratenhöhe gehen können, ist es aus Sicht des Senats sogar erforderlich ist, die Zeitdauer der Zahlungspflicht in dem Leistungsbescheid nicht nur dann begrenzend zu regeln, wenn ausgehend von der Höhe der dort festgesetzten Raten eine Tilgung innerhalb des Zweidrittelzeitraums nicht gelingen kann. Vielmehr ist solches auch dann geboten, wenn ausgehend von jenen u.U. recht hohen Raten eine rechtzeitige Tilgung gelingen könnte.
124Anders im Ergebnis VG Gelsenkirchen, Urteil vom 17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 53.
125Denn ob es dann auch wirklich gelingen wird, ist angesichts der künftigen Veränderbarkeit der Höhe der Rate im Zeitpunkt des Ergehens des Leistungsbescheides keineswegs sicher. Gerade mit Blick darauf bedarf es aber schon in diesem Bescheid einer begrenzenden Regelung genereller Natur, die etwa an das Erreichen eines bestimmten Lebens- oder Kalenderjahres (bzw. Datums) anknüpft. Die Gegenauffassung des VG Gelsenkirchen, wonach es in jenen Fällen ausreichen soll, dass mit Blick auf eine mögliche Absenkung der Rate erst in dem diesbezüglichen Änderungsbescheid die zeitliche Begrenzung erforderlichenfalls geregelt wird,
126vgl. Urteil vom 17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 53,
127erscheint inkonsequent zu der auch dort eingenommenen Grundposition, dass über das Vorliegen einer besonderen Härte bereits im Ausgangsbescheid entschieden werden muss.
128Ist die für die Erstattung in zeitlicher Hinsicht bestehende Grenze erreicht, ohne dass der Gesamtbetrag getilgt werden konnte, dürfte die Beklagte im Übrigen verpflichtet sein, die Restsumme zu erlassen. Denn die Stundung unberührt zu lassen und weiterhin Stundungszinsen zu fordern, würde (in Abhängigkeit von der Zinshöhe einerseits und der Höhe des noch nicht getilgten Betrages andererseits) die wirtschaftliche Belastung jedenfalls zum Teil fortbestehen lassen und damit zu einer Belastung bis zum Ende der Berufstätigkeit oder sogar noch darüber hinaus führen.
129Der vom Kläger angefochtene Leistungsbescheid entspricht mit seinen vier Teilregelungen den vorstehenden Grundsätzen nicht. Das ist bereits deswegen der Fall, weil er im Zusammenhang mit der eingeräumten Ratenzahlung keine zeitliche Begrenzung des Zahlungszeitraums enthält. Darüber hinaus würde sich im Fall des Klägers bei einer unverändert bleibenden Höhe der bestimmten Monatsraten von 220 Euro ohne Berücksichtigung der Stundungszinsen ein Tilgungszeitraum von über 45 Jahren ergeben. Der Kläger wäre bei Zahlungsende dann 77 Jahre alt.
130Hinzu kämen als Belastungsfaktor noch die Stundungszinsen. Ob diese wie geschehen in Höhe von 4 Prozent erhoben werden durften, muss hier nicht entschieden werden, da der angefochtene Bescheid wegen der fehlenden Regelung einer Begrenzung des Erstattungszeitraums in Anbetracht der inhaltlichen Verknüpfung seiner einzelnen Teilregelungen nicht nur in Bezug auf einzelne Ziffern (Teilregelungen), sondern insgesamt aufzuheben ist. Allerdings weist der Senat in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Zinshöhe schon an dieser Stelle darauf hin, dass es u.a. auch im Hinblick auf den Sanktionscharakter der Erstattungspflicht,
131vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2014 – 2 B 96.13 –, juris, Rn. 7, zur Erstattungspflicht eines Berufssoldaten,
132jedenfalls nicht auf der Hand liegt, dass sich das Ermessen der Beklagten in jenem Zusammenhang zwingend an ihren eigenen Refinanzierungsmöglichkeiten orientieren muss. Selbst bei Zugrundelegung dieser Variante ist darüber hinaus mit Blick auf die fehlende Sicherung der Forderung problematisch, ob als Maßstab für die „Marktlage“ (ausschließlich) durch Hypotheken abgesicherte Darlehen zugrunde gelegt werden können.
133Vgl. in diesem Zusammenhang etwa VG Gelsenkirchen, Urteile vom 8. September 2014– 1 K 623/13 –, juris, Rn. 43 ff., und vom17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 62 f.; VG Münster, Urteil vom 21. August 2014 – 5 K 2265/12 –, juris, Rn. 97, aber auch– im Ergebnis keine rechtlichen Bedenken gegen einen Zinssatz von 4 % äußernd – VG Düsseldorf, Urteil vom 30. Dezember 2013 – 10 K 5420/13 –, juris, Rn. 2, 44 f., sowie Bayerischer VGH, Urteil vom 4. Juli 2013 – 6 BV 12/19 –,juris, Rn. 4, 42.
134Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
135Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
136Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
(1) Mit der Beendigung seines Dienstverhältnisses durch Zeitablauf nach § 54 Abs. 1, durch Entlassung nach § 55 oder durch Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 endet die Zugehörigkeit des Soldaten auf Zeit zur Bundeswehr.
(2) Mit der Entlassung entsprechend dem § 46 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 und 8 und nach § 55 Abs. 5 sowie mit dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit verliert der Soldat seinen Dienstgrad.
(3) Nach dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit und, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach der Entlassung hat der frühere Soldat auf Zeit keinen Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung mit Ausnahme der Beschädigtenversorgung.
(4) Ein früherer Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, muss die Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten, wenn er
- 1.
auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag entlassen gilt, - 2.
seine Entlassung nach § 55 Absatz 4 vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, - 3.
nach § 55 Absatz 5 entlassen worden ist, - 4.
seine Rechtsstellung verloren hat oder - 5.
durch Urteil in einem gerichtlichen Disziplinarverfahren aus dem Dienstverhältnis entfernt worden ist.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 31. März 2015 - 7 K 1974/13 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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(1) Mit der Beendigung seines Dienstverhältnisses durch Zeitablauf nach § 54 Abs. 1, durch Entlassung nach § 55 oder durch Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 endet die Zugehörigkeit des Soldaten auf Zeit zur Bundeswehr.
(2) Mit der Entlassung entsprechend dem § 46 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 und 8 und nach § 55 Abs. 5 sowie mit dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit verliert der Soldat seinen Dienstgrad.
(3) Nach dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit und, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach der Entlassung hat der frühere Soldat auf Zeit keinen Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung mit Ausnahme der Beschädigtenversorgung.
(4) Ein früherer Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, muss die Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten, wenn er
- 1.
auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag entlassen gilt, - 2.
seine Entlassung nach § 55 Absatz 4 vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, - 3.
nach § 55 Absatz 5 entlassen worden ist, - 4.
seine Rechtsstellung verloren hat oder - 5.
durch Urteil in einem gerichtlichen Disziplinarverfahren aus dem Dienstverhältnis entfernt worden ist.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(1) Bevor ein Verbraucher seine Vertragserklärung abgibt, hat der Anbieter anderer öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste als für die Bereitstellung von Diensten der Maschine-Maschine-Kommunikation genutzter Übermittlungsdienste dem Verbraucher folgende Informationen umfassend, klar und leicht zugänglich zur Verfügung zu stellen:
- 1.
die gemäß Anhang VIII Teil A der Richtlinie (EU) 2018/1972 zu erteilenden Informationen und - 2.
Informationen über die Entschädigung der Endnutzer durch ihre Anbieter für den Fall, dass diese die Verpflichtungen zum Anbieterwechsel oder bei einer Rufnummernmitnahme nicht einhalten oder Kundendienst- und Installationstermine versäumen.
(2) Bevor ein Verbraucher seine Vertragserklärung abgibt, stellen Anbieter von Internetzugangsdiensten und öffentlich zugänglichen interpersonellen Telekommunikationsdiensten zusätzlich zu den Informationen nach Absatz 1 die Informationen nach Anhang VIII Teil B der Richtlinie (EU) 2018/1972 zur Verfügung.
(3) Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze sind dazu verpflichtet, Anbietern öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste die für die Erfüllung der Informationspflichten benötigten Informationen zur Verfügung zu stellen, wenn ausschließlich die Betreiber über diese Informationen verfügen.
(4) Die Bundesnetzagentur kann nach Beteiligung der betroffenen Verbände und der Unternehmen festlegen, welche Mindestangaben nach den Absätzen 1 und 2 erforderlich sind. Hierzu kann die Bundesnetzagentur die Anbieter öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste, die nicht nur Übertragungsdienste für Dienste der Maschine-Maschine-Kommunikation bereitstellen, oder die Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze verpflichten, Daten zum tatsächlichen Mindestniveau der Dienstequalität zu erheben, eigene Messungen durchzuführen oder Hilfsmittel zu entwickeln, die es dem Endnutzer ermöglichen, eigenständige Messungen durchzuführen. Die Bundesnetzagentur veröffentlicht jährlich auf ihrer Internetseite einen Bericht über ihre Erhebungen und Erkenntnisse, in dem insbesondere dargestellt wird, inwiefern
- 1.
die Anbieter von Internetzugangsdiensten die Informationen zur Verfügung stellen, die nach Absatz 2 und nach Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2015/2120 erforderlich sind, - 2.
erhebliche, kontinuierliche oder regelmäßig wiederkehrende Abweichungen zwischen der nach Satz 2 gemessenen Dienstequalität und den nach Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe d der Verordnung (EU) 2015/2120 im Vertrag enthaltenen Angaben festgestellt wurden und - 3.
Anforderungen und Maßnahmen nach Artikel 5 Absatz 1 Unterabsatz 1 Satz 2 der Verordnung (EU) 2015/2120 notwendig und wirksam sind.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
(2) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen. Die Beschwerde muß das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, einzureichen. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Wird der Beschwerde nicht abgeholfen, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß. Der Beschluß soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(6) Liegen die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluß das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
(1) Mit der Beendigung seines Dienstverhältnisses durch Zeitablauf nach § 54 Abs. 1, durch Entlassung nach § 55 oder durch Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 endet die Zugehörigkeit des Soldaten auf Zeit zur Bundeswehr.
(2) Mit der Entlassung entsprechend dem § 46 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 und 8 und nach § 55 Abs. 5 sowie mit dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit verliert der Soldat seinen Dienstgrad.
(3) Nach dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit und, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach der Entlassung hat der frühere Soldat auf Zeit keinen Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung mit Ausnahme der Beschädigtenversorgung.
(4) Ein früherer Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, muss die Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten, wenn er
- 1.
auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag entlassen gilt, - 2.
seine Entlassung nach § 55 Absatz 4 vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, - 3.
nach § 55 Absatz 5 entlassen worden ist, - 4.
seine Rechtsstellung verloren hat oder - 5.
durch Urteil in einem gerichtlichen Disziplinarverfahren aus dem Dienstverhältnis entfernt worden ist.
(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
(2) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen. Die Beschwerde muß das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, einzureichen. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Wird der Beschwerde nicht abgeholfen, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß. Der Beschluß soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(6) Liegen die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluß das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Dieselbe Angelegenheit sind
- 1.
das Verwaltungsverfahren auf Aussetzung oder Anordnung der sofortigen Vollziehung sowie über einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte Dritter und jedes Verwaltungsverfahren auf Abänderung oder Aufhebung in den genannten Fällen; - 2.
das Verfahren über die Prozesskostenhilfe und das Verfahren, für das die Prozesskostenhilfe beantragt worden ist; - 3.
mehrere Verfahren über die Prozesskostenhilfe in demselben Rechtszug; - 3a.
das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Gerichts und das Verfahren, für das der Gerichtsstand bestimmt werden soll; dies gilt auch dann, wenn das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vor Klageerhebung oder Antragstellung endet, ohne dass das zuständige Gericht bestimmt worden ist; - 4.
eine Scheidungssache oder ein Verfahren über die Aufhebung einer Lebenspartnerschaft und die Folgesachen; - 5.
das Verfahren über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, über den Erlass einer einstweiligen Verfügung oder einstweiligen Anordnung, über die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, über die Aufhebung der Vollziehung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts und jedes Verfahren über deren Abänderung, Aufhebung oder Widerruf; - 6.
das Verfahren nach § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Ausführung des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich vom 6. Juni 1959 über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 319-12, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 23 des Gesetzes vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) geändert worden ist, und das Verfahren nach § 3 Absatz 2 des genannten Gesetzes; - 7.
das Verfahren über die Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme und das Verfahren über einen Antrag auf Aufhebung oder Änderung einer Entscheidung über die Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung); - 8.
das schiedsrichterliche Verfahren und das gerichtliche Verfahren bei der Bestellung eines Schiedsrichters oder Ersatzschiedsrichters, über die Ablehnung eines Schiedsrichters oder über die Beendigung des Schiedsrichteramts, zur Unterstützung bei der Beweisaufnahme oder bei der Vornahme sonstiger richterlicher Handlungen; - 9.
das Verfahren vor dem Schiedsgericht und die gerichtlichen Verfahren über die Bestimmung einer Frist (§ 102 Absatz 3 des Arbeitsgerichtsgesetzes), die Ablehnung eines Schiedsrichters (§ 103 Absatz 3 des Arbeitsgerichtsgesetzes) oder die Vornahme einer Beweisaufnahme oder einer Vereidigung (§ 106 Absatz 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes);- 10.
im Kostenfestsetzungsverfahren und im Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen einen Kostenfestsetzungsbescheid (§ 108 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten) einerseits und im Kostenansatzverfahren sowie im Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Ansatz der Gebühren und Auslagen (§ 108 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten) andererseits jeweils mehrere Verfahren über - a)
die Erinnerung, - b)
den Antrag auf gerichtliche Entscheidung, - c)
die Beschwerde in demselben Beschwerderechtszug;
- 11.
das Rechtsmittelverfahren und das Verfahren über die Zulassung des Rechtsmittels; dies gilt nicht für das Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung eines Rechtsmittels; - 12.
das Verfahren über die Privatklage und die Widerklage und zwar auch im Fall des § 388 Absatz 2 der Strafprozessordnung und - 13.
das erstinstanzliche Prozessverfahren und der erste Rechtszug des Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz.
(1) Mit der Beendigung seines Dienstverhältnisses durch Zeitablauf nach § 54 Abs. 1, durch Entlassung nach § 55 oder durch Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 endet die Zugehörigkeit des Soldaten auf Zeit zur Bundeswehr.
(2) Mit der Entlassung entsprechend dem § 46 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 und 8 und nach § 55 Abs. 5 sowie mit dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit verliert der Soldat seinen Dienstgrad.
(3) Nach dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit und, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach der Entlassung hat der frühere Soldat auf Zeit keinen Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung mit Ausnahme der Beschädigtenversorgung.
(4) Ein früherer Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, muss die Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten, wenn er
- 1.
auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag entlassen gilt, - 2.
seine Entlassung nach § 55 Absatz 4 vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, - 3.
nach § 55 Absatz 5 entlassen worden ist, - 4.
seine Rechtsstellung verloren hat oder - 5.
durch Urteil in einem gerichtlichen Disziplinarverfahren aus dem Dienstverhältnis entfernt worden ist.
(1) Sind außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen, wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt.
(2) Sind Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Wert der Nebenforderungen maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.
(3) Sind die Kosten des Rechtsstreits ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Betrag der Kosten maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens, soweit es ohne Erfolg geblieben ist. Insoweit beträgt der Wert des Beschwerdegegenstandes für die Gerichtskosten 5.185,03 die außergerichtlichen Kosten 35.000 diese im Verhältnis zum Beklagten nur in Höhe von 15 % anzusetzen sind.
Gründe:
1. Die Beschwerde ist nur teilweise begründet, nämlich soweit die Klägerin weiterhin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Verzugszinsen auf den Kaufpreis in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes vom 9. Juni 1998 seit dem 4. Juli 2000 bis
zum 31. Dezember 2001 erstrebt. Insoweit ist die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 2. Alternative ZPO) zuzulassen. Soweit die Klägerin ihren auf die Feststellung, daß die Beklagte zum Ersatz des weiteren Verzugsschadens ab dem 1. Januar 2002 verpflichtet ist, gerichteten Antrag weiter verfolgen will, ist die Beschwerde nicht begründet. Insoweit wirft die Sache keine entscheidungserheblichen Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO); eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) erforderlich. In diesem Umfang ist die Beschwerde deshalb zurückzuweisen.
2. Über die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat, soweit das Rechtsmittel erfolglos geblieben ist, bereits jetzt zu entscheiden. Denn insoweit ist das Beschwerdeverfahren abgeschlossen und bildet mit der Beschwerde im übrigen, die nach § 544 Abs. 6 ZPO als Revisionsverfahren fortgesetzt wird, keine Einheit mehr. Hierin unterscheidet sich das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde von dem früheren Annahmeverfahren, bei dem die (teilweise) Nichtannahme und die Entscheidung über den angenommenen Teil dasselbe Rechtsmittel, die eingelegte Revision, zum Gegenstand hatten. Soweit der Senat eine Kostenentscheidung zu treffen hat, mithin zum erfolglosen Teil der Beschwerde, ergeht diese nach § 97 ZPO zu Lasten der Klägerin. Durch die Aufteilung des ursprünglich einheitlichen Rechtsmittelgegenstands auf zwei gesonderte Rechtsmittelverfahren werden allerdings die Vorteile der Gebührendegression bei höherem Streitwert beschnitten. Der Senat trägt dem bei der Abgrenzung der Kostenmasse, die Gegenstand der Kostenentscheidung ist, wie folgt Rechnung:
a) Die Klägerin muß die Gerichtskosten nach dem Wert des erfolglosen Teils ihrer Beschwerde (5.185,03 Nach Nr. 1955 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz (§ 11 Abs. 1 GKG) wird in dem Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eine doppelte Gebühr nach dem Wert des Streitgegenstands erhoben, soweit die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird. Bereits der Wortlaut der Vorschrift spricht dafür, daß dies nicht nur bei einer vollständigen, sondern auch bei einer teilweisen Zurückweisung oder Verwerfung der Beschwerde gilt. Anders ist die in dem Wort "soweit" zum Ausdruck kommende Einschränkung nicht zu verstehen. Für dieses Ergebnis spricht auch der Umstand, daß bei einem Erfolg der Beschwerde keine gesonderten Gerichtsgebühren anfallen, sondern die Gebührenvorschriften für das Revisionsverfahren anzuwenden sind. Nach der beschränkten Zulassung der Revision können die Gebühren jedoch nur nach dem Wert des Streitgegenstands erhoben werden, der für das Revisionsverfahren gilt. Das ist - vorbehaltlich späterer Änderungen durch eine Reduzierung des Revisionsantrags oder durch die Einlegung einer Anschlußrevision - der Wert des zugelassenen Teils. Deshalb ist für die teilweise Zurückweisung oder Verwerfung der Beschwerde eine doppelte Gebühr nach dem Wert des zurückgewiesenen oder verworfenen Teils zu erheben.
b) Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten muß die Klägerin in Höhe von 15 %, berechnet nach dem gesamten Wert des Beschwerdeverfahrens (35.000
Die Prozeßbevollmächtigten der Parteien erhalten nach § 61a Abs. 1 Nr. 2 BRAGO in dem Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde die in
§ 31 BRAGO bestimmten Gebühren, nämlich die Prozeßgebühr, Verhandlungsgebühr , Beweisgebühr und Erörterungsgebühr. Regelmäßig - so auch hier - entsteht nur eine Prozeßgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO, weil das Revisionsgericht über die Nichtzulassungsbeschwerde ohne mündliche Verhandlung entscheidet. Gebührenrechtlich sind das Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde und das im Fall ihres Erfolgs als Revisionsverfahren fortgesetzte Verfahren (§ 544 Abs. 6 Satz 1 ZPO) nach § 14 Abs. 2 Satz 1 BRAGO zwei verschiedene Rechtszüge. Der Rechtsanwalt kann also in diesem Fall nach § 13 Abs. 2 Satz 2 BRAGO die Gebühren des § 31 BRAGO zweimal fordern. Allerdings wird die Prozeßgebühr in dem Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde auf die Prozeßgebühr angerechnet, die der Rechtsanwalt in dem nachfolgenden Revisionsverfahren erhält (§ 61a Abs. 4 BRAGO); wird die Revision auf die Beschwerde nur teilweise zugelassen, ist auch nur teilweise anzurechnen (Schneider, MDR 2003, 491, 492). Das berührt jedoch nicht den Grundsatz, daß der Rechtsanwalt die Prozeßgebühr zweimal fordern kann; er wird lediglich im Ergebnis wirtschaftlich so gestellt, als stünde ihm nur eine Prozeßgebühr zu. Haben das Beschwerdeverfahren und das nachfolgende Revisionsverfahren denselben Gegenstandswert, reicht deshalb die Kostenentscheidung des Revisionsverfahrens aus, weil sie die Grundlage für die dem Rechtsanwalt zustehende Prozeßgebühr bildet. Wenn jedoch - wie hier - wegen der beschränkten Zulassung der Revision unterschiedliche Gegenstandswerte anzusetzen sind, erfaßt die Kostenentscheidung des Revisionsverfahrens nicht die Gebühren für den erfolglosen Teil der Beschwerde. Sie berechnen sich
nach dem gesamten Wert des Beschwerdegegenstands, sind jedoch nur in Höhe des erfolglosen Teils des Beschwerdeverfahrens (hier: ca. 15 %) anzusetzen. Das trägt dem degressiven Anstieg der von der Höhe des Gegenstandswerts abhängigen Gebühren Rechnung. Dagegen bliebe dieser Umstand unberücksichtigt, wenn man die außergerichtlichen Kosten, berechnet nach dem Wert des erfolglosen Teils des Verfahrens, als erstattungsfähig ansähe.
Tropf Klein Lemke Gaier Stresemann
Tenor
-
Auf die Beschwerde des Klägers wird die Revision gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 8. September 2009 - 7 Sa 703/09 - zugelassen, soweit das Landesarbeitsgericht vom Annahmeverzugsvergütungsanspruch des Klägers in Ziff. 2 des Tenors den Gründungszuschuss iHv. 4.382,40 Euro netto abgezogen hat. Im Übrigen wird die Beschwerde des Klägers zurückgewiesen.
-
Die Beschwerde der Beklagten wird als unzulässig verworfen.
-
Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, soweit dieses erfolglos geblieben ist. Für die Gerichtskosten beträgt der Streitwert 40.300,55 Euro, für die außergerichtlichen Kosten 44.682,95 Euro. Die außergerichtlichen Kosten sind im Verhältnis zur Beklagten iHv. 9/10 anzusetzen.
-
Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu einem Streitwert iHv. 51.278,20 Euro zu tragen.
Gründe
- 1
-
A. Die Parteien streiten noch über eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten sowie Schadensersatz- und Vergütungsansprüche des Klägers.
-
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz haben die Parteien, soweit maßgeblich, über folgende Streitgegenstände gestritten:
-
-
Feststellung, dass die außerordentliche sowie die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 11. August 2008 das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst haben,
-
Schadensersatzanspruch des Klägers wegen unterbliebener Zielvereinbarung für 2007 und 2008 iHv. insgesamt 40.300,55 Euro,
-
Annahmeverzugsvergütungsansprüche des Klägers für die Zeit ab dem Zugang der fristlosen Kündigung bis 31. Mai 2009 iHv. 56.211,00 Euro abzüglich Arbeitslosengeld,
-
Schadensersatz für den Entzug der Privatnutzung des Pkw iHv. 8.779,52 Euro.
- 3
-
Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche noch durch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung der Beklagten vom 11. August 2008 aufgelöst worden ist. Es hat darüber hinaus die Beklagte verurteilt, Annahmeverzugsvergütung iHv. 56.211,00 Euro brutto zu zahlen. Hierbei hat es den dem Kläger von der Agentur für Arbeit gezahlten Gründungszuschuss iHv. 4.382,40 Euro netto in Abzug gebracht. Weiter hat das Landesarbeitsgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger 8.779,52 Euro für die entgangene Privatnutzung des Dienstfahrzeugs zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Revision für beide Parteien nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde, die er auf die Abweisung seiner Klage wegen des Schadensersatzes iHv. 40.300,55 Euro (unterbliebene Zielvereinbarung) sowie auf den Abzug des Gründungszuschusses von seinen Annahmeverzugsansprüchen beschränkt. Er stützt seine Beschwerde auf die grundsätzliche Bedeutung von Rechtsfragen sowie Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör. Die Beklagte stützt ihre uneingeschränkt eingelegte Beschwerde auf Divergenz und grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage.
- 4
-
B. Die Beschwerde des Klägers ist nur zum Teil begründet. Die Beschwerde der Beklagten ist unzulässig.
- 5
-
I. Die Revision ist hinsichtlich des von der Annahmeverzugsvergütung des Klägers in Abzug gebrachten Gründungszuschusses begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.
- 6
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1. Die Grundsatzbeschwerde hat hinsichtlich des Gründungszuschusses (§ 57 SGB III) Erfolg.
- 7
-
a) Nach § 72a Abs. 1 iVm. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG kann eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision darauf gestützt werden, dass das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen hat, obwohl dessen Urteil eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft. Das setzt voraus, dass die Klärung der Rechtsfrage entweder von allgemeiner Bedeutung für die Rechtsordnung ist oder wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen zumindest eines größeren Teils der Allgemeinheit berührt (BAG 26. September 2000 - 3 AZN 181/00 - zu II 2 der Gründe, BAGE 95, 372). Eine Rechtsfrage ist eine Frage, die die Wirksamkeit, den Geltungsbereich, die Anwendbarkeit oder den Inhalt einer Norm zum Gegenstand hat (Senat 23. Januar 2007 - 9 AZN 792/06 - Rn. 5, BAGE 121, 52). Sie muss klärungsfähig und klärungsbedürftig sein. Außerdem sind in der Beschwerdebegründung die weiteren Voraussetzungen darzulegen, insbesondere die Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage.
- 8
-
b) Diese Voraussetzungen sind erfüllt.
- 9
-
aa) Der Kläger stellt die Frage, ob sich der Arbeitnehmer auf sein Arbeitsentgelt gemäß § 11 KSchG den Gründungszuschuss nach § 57 SGB III anrechnen lassen muss.
- 10
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bb) Die Beschwerde stellt damit eine klärungsfähige, klärungsbedürftige und entscheidungserhebliche Rechtsfrage. Diese Rechtsfrage hat Auswirkungen auf die Interessen eines größeren Teils der Allgemeinheit. Die Frage ist auch klärungsbedürftig, sie ist vom Bundesarbeitsgericht bisher nicht beantwortet worden. Sie ist nach der Lösung des Berufungsgerichts auch entscheidungserheblich. Es hat den vom Kläger bezogenen Gründungszuschuss von seinen Annahmeverzugsansprüchen in Abzug gebracht.
- 11
-
Auf die weitere Frage, ob das Landesarbeitsgericht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt hat, kommt es deshalb nicht an.
- 12
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2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist im Hinblick auf den Schadensersatzanspruch wegen unterbliebener Zielvereinbarung für die Jahre 2007 und 2008 unbegründet. Sie ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
-
a) Die Beschwerde meint, das Landesarbeitsgericht habe in der anzufechtenden Entscheidung den Rechtssatz aufgestellt:
-
„Trägt allein der Arbeitnehmer die Initiativlast zum Abschluss einer Zielvereinbarung, entfällt ein Schadensersatzanspruch auch bei Nichtabschluss einer Zielvereinbarung vollständig.“
- 14
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Die Beschwerde rügt in diesem Zusammenhang, das Landesarbeitsgericht habe es unterlassen, die Klausel an § 307 BGB zu messen. Es wäre ansonsten zu der Erkenntnis gelangt, dass sie wegen unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers unwirksam sei.
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b) Damit hat die Beschwerde der anzufechtenden Entscheidung weder einen abstrakten Rechtssatz entnommen, noch eine Rechtsfrage zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung gestellt. Sie rügt vielmehr, das Landesarbeitsgericht habe rechtsfehlerhaft die Klausel nicht an § 307 BGB gemessen. Eine solche Rechtsfehlerkontrolle findet im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht statt. Soweit die Beschwerde weiter beanstandet, das Landesarbeitsgericht habe in seinem Urteil die anerkannten Auslegungsgrundsätze verletzt sowie die Grundsätze des Zehnten Senats zum Schadensersatzanspruch und einer etwaigen Berücksichtigung einer Initiativlast des Arbeitnehmers missachtet, rügt sie ebenfalls lediglich Rechtsfehler in der anzufechtenden Entscheidung. Diese wären nur im Rahmen einer zulässigen Revision zu prüfen.
- 16
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II. Die Beschwerde der Beklagten ist unzulässig.
- 17
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1. Sie ist nicht wegen Divergenz zuzulassen.
- 18
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a) Nach § 72a Abs. 1 iVm. § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG ist die Revision auf die Beschwerde der unterlegenen Partei zuzulassen, wenn das anzufechtende Urteil von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder eines anderen der in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG genannten Gerichte abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Diesen Anforderungen ist nur genügt, wenn der Beschwerdeführer im Einzelnen ausführt, welche divergierenden abstrakten, dh. fallübergreifenden Rechtssätze das anzufechtende und das herangezogene Urteil aufgestellt haben. Die beiden aus Sicht des Beschwerdeführers divergierenden Rechtssätze müssen bezeichnet werden (§ 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ArbGG). Daneben ist aufzuzeigen, dass das anzufechtende Urteil auf dem abweichenden Rechtssatz beruht (st. Rspr., vgl. BAG 15. September 2004 - 4 AZN 281/04 - zu II 2.1 der Gründe, BAGE 112, 35). Um einen Rechtssatz handelt es sich, wenn das Gericht eine allgemeine Aussage trifft, die über den Einzelfall hinaus Geltung für vergleichbare Sachverhalte beansprucht. In der Beschwerdebegründung ist darzulegen, dass diese Erfordernisse gewahrt sind. Vermeintliche Rechtsfehler können nicht berücksichtigt werden. Sie können nur im Rahmen einer zugelassenen Revision überprüft werden. Zulassungsgrund ist die entscheidungserhebliche Abweichung im Rechtssatz.
- 19
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b) Diese Voraussetzungen sind nicht dargelegt.
- 20
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aa) Soweit die Beklagte sich auf eine Divergenz zu der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Januar 1994 (- 2 AZR 521/93 - AP BGB § 626 Nr. 115 = EzA BGB § 626 nF Nr. 153) stützt, legt sie bereits keinen Rechtssatz aus der anzufechtenden Entscheidung dar. Sie rügt lediglich, das Landesarbeitsgericht sei offensichtlich - wie sich an der Gesamtschau der Entscheidungsbegründung zeige - davon ausgegangen, auch im Falle einer Selbstbeurlaubung sei regelmäßig kein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung gegeben. Des Weiteren meint die Beklagte, das Landesarbeitsgericht habe verkannt, dass der Kläger bereits mit dem unentschuldigten Fehlen am Montag vor dem Workshop einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung gesetzt habe. Damit beanstandet sie lediglich Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts. Dies begründet nicht die Zulassung der Revision.
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bb) Die Beklagte meint, das Landesarbeitsgericht habe ferner den Grundsatz, dass eine nicht erfolgversprechende Abmahnung nicht erforderlich sei, falsch bewertet. Damit divergiere es von einem Rechtssatz aus der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln vom 23. Januar 2008 (- 7 Sa 1027/07 -). Auch hier fehlt es an der Formulierung eines abstrakten Rechtssatzes aus der anzufechtenden Entscheidung.
- 22
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cc) Die Beklagte behauptet, das Landesarbeitsgericht habe verkannt, aus dem Schweigen der Beklagten im Zusammenhang mit der eigenmächtigen Urlaubsnahme des Klägers sei kein Erklärungswert abzulesen. Dies divergiere von Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (18. März 2009 - 10 AZR 281/08 - AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 83 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 9; 7. November 2007 - 5 AZR 910/06 - AP BGB § 196 Nr. 23 = EzA BGB 2002 § 242 Rechtsmissbrauch Nr. 4; 24. Mai 1995 - 7 ABR 54/94 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 109 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 127).
- 23
-
Auch hier hat die Beklagte der anzufechtenden Entscheidung keinen abstrakten Rechtssatz entnommen. Sie rügt lediglich, das Landesarbeitsgericht habe rechtsfehlerhaft angenommen, die Beklagte habe nicht hinreichend deutlich gemacht, dass sie die eigenmächtige Urlaubsnahme durch den Kläger nicht dulde.
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dd) Die Beklagte rügt auch ohne Erfolg eine Divergenz von der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 12. März 2009 (- 2 ABR 24/08 - EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Arbeitnehmervertreter Nr. 1). Sie entnimmt der anzufechtenden Entscheidung keinen abstrakten Rechtssatz, sondern rügt lediglich, das Landesarbeitsgericht habe diese höchstrichterliche Rechtsprechung gänzlich außer Acht gelassen. Damit genügt sie nicht den Begründungsanforderungen an eine Divergenzbeschwerde.
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ee) Dasselbe gilt für die behauptete Divergenz zu einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 10. Dezember 1992 (- 2 AZR 271/92 - AP GG Art. 140 Nr. 41 = EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 38). Die Beklagte meint, das Landesarbeitsgericht habe den der herangezogenen Entscheidung entnommenen Grundsatz, dass gleichartige Gründe zu einem wichtigen Grund zusammengefasst werden könnten, verletzt. Sie formuliert keinen abstrakten Rechtssatz aus der anzufechtenden Entscheidung.
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2. Die Beschwerde ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Sie genügt nicht den Begründungsanforderungen an eine Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung einer Rechtsfrage.
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a) Die Beklagte meint (wörtlich zitiert), es gebe zu der Frage, „ob eine laxe Handhabung im Betrieb zum Thema Urlaubsnahme und -gewährung im Rahmen der Interessenabwägung noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung, so dass aus diesem Grund auch eine Revision hätte zugelassen werden müssen“.
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b) Damit formuliert die Beschwerde bereits keine abstrakte Rechtsfrage. Eine Rechtsfrage ist eine Frage, die regelmäßig mit „Ja“ oder mit „Nein“ beantwortet werden kann. Das schließt nicht aus, dass eine Frage gestellt wird, die je nach den formulierten Voraussetzungen mehrere Antworten zulässt. Unzulässig ist jedoch eine Fragestellung, deren Beantwortung von den Umständen des Einzelfalls abhängt und damit auf die Antwort „Kann sein“ hinausläuft (Senat 23. Januar 2007 - 9 AZN 792/06 - Rn. 6, BAGE 121, 52).
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Nach diesen Voraussetzungen hat die Beschwerde keine Rechtsfrage gestellt. Es ist unklar, was unter einer „laxen Handhabung“ zu verstehen ist. Zudem hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, inwieweit betriebliche Gegebenheiten im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen sind. Die Frage kann nicht abstrakt fallübergreifend beantwortet werden.
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C. Das Beschwerdeverfahren wird nunmehr als Revisionsverfahren fortgesetzt, soweit die Revision für den Kläger zugelassen worden ist. Mit der Zustellung dieses Beschlusses beginnt die Revisionsbegründungsfrist von zwei Monaten (§ 72a Abs. 6 iVm. § 74 Abs. 1 ArbGG).
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D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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I. Der Kläger hat die Gerichtskosten aus dem Wert des erfolglosen Teils seiner Beschwerde iHv. 40.300,55 Euro zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO). Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten muss der Kläger iHv. 9/10 tragen, berechnet nach dem gesamten Wert seiner eingelegten Beschwerde iHv. 44.682,95 Euro.
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1. Da die Nichtzulassungsbeschwerde nur teilweise begründet ist, muss über die Kosten, soweit das Rechtsmittel erfolglos geblieben ist, nach § 97 Abs. 1 ZPO entschieden werden. Insoweit ist das Beschwerdeverfahren abgeschlossen und bildet mit der Beschwerde im Übrigen, die nach § 72a Abs. 6 ArbGG als Revisionsverfahren fortgesetzt wird, keine Einheit mehr.
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2. Es bedarf hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten einer besonderen Entscheidung, weil nach Abschluss des Revisionsverfahrens eine Anrechnung der im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten, insbesondere der anwaltlichen Gebühren, auf die im Revisionsverfahren entstehenden Kosten stattfindet. Da wegen der beschränkten Zulassung der Revision im Beschwerde- und Revisionsverfahren unterschiedlich hohe Gegenstandswerte anzusetzen sind, würde die spätere Kostenentscheidung im Revisionsverfahren ohne diese Entscheidung von einer unzutreffenden Bemessungsgrundlage ausgehen. Deshalb ist im Beschwerdeverfahren für den erfolglosen Teil der Beschwerde auch über die außergerichtlichen Kosten zu entscheiden (vgl. BGH 17. Dezember 2003 - V ZR 343/02 - NJW 2004, 1048; BFH 13. Januar 2005 - VII B 147/04 - BFHE 208, 404; bestätigt durch BFH 19. November 2008 - I B 55/08 -). Diese sind nach dem gesamten Wert des Beschwerdegegenstands zu berechnen, jedoch nur in Höhe des erfolglosen Teils des Beschwerdeverfahrens - hier mit 9/10 von 44.682,95 Euro - anzusetzen. Damit wird dem degressiven Anstieg der von der Höhe des Gegenstandswerts abhängigen Gebühren Rechnung getragen. Dieser für die sachgerechte Berechnung maßgebende Umstand bliebe unberücksichtigt, wenn nur die außergerichtlichen Kosten, berechnet nach dem Wert des erfolglosen Teils des Verfahrens, als erstattungsfähig angesehen würden. Insoweit folgt der Senat der ständigen Rechtsprechung der anderen obersten Bundesgerichte (vgl. BGH 17. Dezember 2003 - V ZR 343/02 - aaO; BFH 13. Januar 2005 - VII B 147/04 - aaO; bestätigt durch BFH 19. November 2008 - I B 55/08 -).
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II. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Beschwerde gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
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E. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 GKG.
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Düwell
Gallner
Krasshöfer
Preuß
B. Lang
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) Sind außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen, wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt.
(2) Sind Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Wert der Nebenforderungen maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.
(3) Sind die Kosten des Rechtsstreits ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Betrag der Kosten maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Sind außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen, wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt.
(2) Sind Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Wert der Nebenforderungen maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.
(3) Sind die Kosten des Rechtsstreits ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Betrag der Kosten maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.
(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.
(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.