Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 04. Juni 2012 - 2 BvR 644/12
Gericht
Tenor
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Der Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 16. Februar 2012 - 1 Ws 32/12 - und der Beschluss des Landgerichts Dresden vom 1. August 2011 - 4 Qs 110/11 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes.
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Der Beschluss des Oberlandesgerichts wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
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Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
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Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
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...
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Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.
Gründe
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A.
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Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen die Aufrechterhaltung von im Ausland vollzogener sogenannter "Einlieferungshaft".
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I.
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1. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Dresden ordnete das Amtsgericht Dresden gegen den Beschwerdeführer mit Beschluss vom 22. Januar 2010 die Untersuchungshaft an. Ihm wird zur Last gelegt, in 32 Fällen einen gewerbsmäßigen Betrug begangen zu haben, davon in einem Fall als Versuch. Er soll sich Ende 2004 gemeinschaftlich mit seinem Vater durch eine vorgetäuschte Vermittlung von im Ausland zu besetzenden Arbeitsstellen eine Einnahmequelle von einiger Dauer verschafft haben. Personen, die sich auf entsprechende Zeitungsinserate gemeldet hätten und zu einem Vorstellungsgespräch erschienen seien, hätten zur Absicherung von Vorleistungen (Reisekosten, Unterbringung, Verpflegung, Arbeitskleidung etc.) geforderte Beträge zwischen 50 € und 1.000 € gezahlt. Entgegen den Versprechungen des Beschwerdeführers sei es jedoch - wie von vornherein beabsichtigt - nachfolgend nicht zum Abschluss eines Arbeitsvertrages gekommen. Die geleisteten Zahlungen seien nicht zurückerstattet worden, wodurch sich im Tatzeitraum zwischen 20. Januar 2005 und 4. Februar 2005 ein Gesamtschaden von 22.300 € ergeben habe.
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Es bestehe der Haftgrund der Flucht nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 StPO, weil der Beschwerdeführer ausweislich des Bundeszentralregisters seit dem 1. November 2002 wegen unbekannten Aufenthalts gesucht werde. Er habe im Falle einer Verurteilung mit einer empfindlichen Freiheitsstrafe zu rechnen. Auch bei Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sei die Anordnung der Untersuchungshaft geboten.
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2. Nach Erlass des Haftbefehls leitete die Staatsanwaltschaft Dresden die internationale Fahndung ein. Der nicht vorbestrafte und bis dahin haftunerfahrene Beschwerdeführer wurde am 28. Februar 2011 in Asunción/Paraguay festgenommen, wo er seit 2005 mit seiner Ehefrau und zwei minderjährigen Kindern lebt. Nachdem er zunächst seiner Auslieferung in die Bundesrepublik Deutschland zugestimmt und das zuständige Gericht in Paraguay am 4. Juli 2011 die Auslieferung genehmigt hatte, legte er gegen die Auslieferungsentscheidung ein Rechtsmittel ein, über das die Justiz in Paraguay noch nicht entschieden hat. Der Beschwerdeführer befindet sich weiterhin in Auslieferungshaft.
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3. Dem Beschwerdeführer war der Haftbefehl des Amtsgerichts Dresden am 12. Juli 2011 ausgehändigt worden. Mit Schreiben vom 17. Juli 2011 legte er Beschwerde gegen den Haftbefehl des Amtsgerichts ein.
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Er rügte die erst nach viereinhalb Monaten erfolgte Aushändigung des Haftbefehls sowie eine unzureichende Ermittlungsarbeit der Staatsanwaltschaft. Er sei unschuldig und selbst Opfer eines von einer anderen Person begangenen Betruges geworden. Die Suchanfrage im Bundeszentralregister stamme aus dem Jahr 2002 und hätte gelöscht werden müssen, als er im Juni 2003 seinen Wohnsitz in Haan/Rheinland (Landkreis Mettmann) angemeldet habe. Er beanstandete auch eine lange Verfahrensdauer. Das deutsche Auslieferungsersuchen sei erst einen Tag vor Ablauf der dreimonatigen Frist gestellt worden.
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Ferner beschrieb der Beschwerdeführer seine Haftsituation in Paraguay. Er sei in einer verschmutzten Mehrpersonenzelle ohne Bett und Verpflegung untergebracht worden. Die Häftlinge seien auf die finanzielle Hilfe von Verwandten angewiesen. Da er Alleinverdiener sei, habe er auch zur Unterstützung seiner Familie von Freunden einen Kredit aufnehmen müssen.
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4. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 1. August 2011 verwarf das Landgericht Dresden die Beschwerde; deren Ausführungen könnten den dringenden Tatverdacht nicht entkräften. Es liege der Haftgrund der Fluchtgefahr nach § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO vor, weil sich der Beschwerdeführer aus Deutschland nach "unbekannt" abgemeldet habe, über Verbindungen in Südamerika verfüge und nach derzeitigen Erkenntnissen auch unter dem falschen Namenszusatz "Freiherr von" aufgetreten sei. Es kämen keine milderen Maßnahmen in Betracht.
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5. Hiergegen richtete sich die weitere Beschwerde vom 6. Januar 2012. Zugleich beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung des Haftbefehls, hilfsweise die Außervollzugsetzung mit den Auflagen, unverzüglich in das Bundesgebiet einzureisen, hier seinen Wohnsitz zu nehmen, Reisedokumente abzugeben und sich wöchentlich bei der Polizei zu melden. Der Haftbefehl und die Beschwerdeentscheidung verletzten sein Freiheitsgrundrecht. Die Entscheidungen begründeten nicht ausreichend den dringenden Tatverdacht, den Haftgrund und die Verhältnismäßigkeit.
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Er sei weder flüchtig noch halte er sich verborgen, sondern lebe an seinem im Ausland gewählten Wohnsitz. Es liege auch keine Fluchtgefahr vor, weil er sich keinem Verfahren entzogen habe. Er habe erst bei der Verhaftung von dem gegen ihn geführten Verfahren erfahren. Zuvor habe er ungefähr zwei Jahre lang fast täglich in der Deutschen Botschaft gearbeitet. Er habe schon in seiner Beschwerde darauf hingewiesen, für die Dauer des Verfahrens seinen Wohnsitz bei seiner Mutter in Deutschland begründen und an der Hauptverhandlung teilnehmen zu wollen.
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Die Gerichte hätten nur floskelhaft darauf verwiesen, dass er im Falle einer Verurteilung mit einer empfindlichen Freiheitsstrafe zu rechnen habe. Selbst im Falle einer Verurteilung sei jedoch in Anbetracht der vermeintlichen Schadenshöhen nicht mit einer solchen Strafe zu rechnen. Im Übrigen müsse für die Fluchtgefahr auf die tatsächlich zu erwartende Strafe abgestellt und die Dauer der in Paraguay erlittenen Auslieferungshaft mit 1:3 angerechnet werden.
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Er rügte ferner einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Es sei nicht nachprüfbar, welche Erwägungen das Amts- und das Landgericht überhaupt angestellt hätten. Eine zwischen der Schwere des Eingriffs in seine Rechte und der Bedeutung der Strafsache vorzunehmende Abwägung sei nicht erfolgt. Dabei würden die Anforderungen an den die Haftfortdauer rechtfertigenden Grund nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit zunehmender Dauer der Haft steigen.
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6. Mit Beschluss vom 31. Januar 2012 half das Landgericht der weiteren Beschwerde nicht ab. Gesonderte Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit enthielt der Nichtabhilfebeschluss nicht.
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7. Das Oberlandesgericht verwarf mit dem angefochtenen Beschluss vom 16. Februar 2012 die weitere Beschwerde als unbegründet und nahm im Tenor Bezug auf die aus seiner Sicht zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung sowie der Nichtabhilfeentscheidung des Landgerichts, die durch das Beschwerdevorbringen nicht entkräftet würden. Eine weitere Begründung erfolgte nicht.
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Diese Entscheidung ist der Bevollmächtigten des Beschwerdeführers am 21. Februar 2012 zugegangen.
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II.
- 16
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Mit seiner Verfassungsbeschwerde und dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 104 GG.
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Bei einem Eingriff in die Freiheit der Person komme der Verhältnismäßigkeitsprüfung eine erhebliche Bedeutung zu. Aus den angegriffenen Entscheidungen ergebe sich jedoch nicht, dass sein Freiheitsgrundrecht im Rahmen der Abwägung ausreichend berücksichtigt worden sei. Zu Unrecht und nur oberflächlich werde der Haftgrund der Fluchtgefahr angenommen. Nur pauschal werde auf die Höhe der zu erwartenden Strafe verwiesen, ohne dass konkrete Überlegungen erläutert oder Erwägungen zur Anrechnung der Auslieferungshaft angestellt würden.
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Die landgerichtlichen Ausführungen erschöpften sich in der Floskel, dass mildere Maßnahmen nicht in Betracht kämen. Das Oberlandesgericht habe auf die Entscheidungen des Landgerichts nur Bezug genommen. Insoweit fehle es den Entscheidungen an der erforderlichen Begründungstiefe.
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III.
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Das Sächsische Staatsministerium der Justiz und für Europa hat von einer Stellungnahme abgesehen. Dem Bundesverfassungsgericht haben die Akten des Ausgangsverfahrens vorgelegen.
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B.
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Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, soweit sie sich gegen die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Dresden vom 16. Februar 2012 und des Landgerichts Dresden vom 1. August 2011 wendet, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt ist (§ 93b i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine der Verfassungsbeschwerde stattgebende Entscheidung der Kammer sind gegeben. Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen zu Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden.
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Die gegen den Haftbefehl und die Nichtabhilfeentscheidung des Landgerichts Dresden vom 31. Januar 2012 gerichtete Verfassungsbeschwerde nimmt das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung an. Von einer Begründung wird insoweit abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
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Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
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I.
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Bei der Anordnung und Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft ist das Spannungsverhältnis zwischen dem in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gewährleisteten Recht des Einzelnen auf persönliche Freiheit und den unabweisbaren Bedürfnissen einer wirksamen Strafverfolgung zu beachten. Grundsätzlich darf nur einem rechtskräftig Verurteilten die Freiheit vollständig entzogen werden. Der Entzug der Freiheit eines der Straftat lediglich Verdächtigen ist wegen der Unschuldsvermutung, die ihre Wurzel im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG hat und auch in Art. 6 Abs. 2 EMRK ausdrücklich hervorgehoben ist (vgl. BVerfGE 19, 342 <347>; 74, 358 <371>), nur ausnahmsweise zulässig. Dabei muss den vom Standpunkt der Strafverfolgung aus erforderlich und zweckmäßig erscheinenden Freiheitsbeschränkungen der Freiheitsanspruch des noch nicht rechtskräftig verurteilten Beschuldigten als Korrektiv gegenübergestellt werden, wobei dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine maßgebliche Bedeutung zukommt (vgl. grundlegend BVerfGE 19, 342 <347> sowie BVerfGE 20, 45 <49 f.>; 36, 264 <270>; 53, 152 <158 f.>; BVerfGK 15, 474 <479>).
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Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist nicht nur für die Anordnung, sondern auch für die Dauer der Untersuchungshaft von Bedeutung. Er verlangt, dass die Dauer der Untersuchungshaft nicht außer Verhältnis zur erwarteten Strafe steht, und setzt ihr auch unabhängig von der Straferwartung Grenzen (BVerfGE 20, 45 <49 f.>). Das Gewicht des Freiheitsanspruchs vergrößert sich gegenüber dem Interesse an einer wirksamen Strafverfolgung regelmäßig mit zunehmender Dauer der Untersuchungshaft (vgl. BVerfGE 36, 264 <270>; 53, 152 <158 f.>). Daraus folgt zum einen, dass die Anforderungen an die Zügigkeit der Arbeit in einer Haftsache mit der Dauer der Untersuchungshaft steigen. Zum anderen nehmen auch die Anforderungen an den die Haftfortdauer rechtfertigenden Grund zu (vgl. BVerfGK 7, 140 <161>; 15, 474 <480>).
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In diesem Rahmen ist zu berücksichtigen, dass der Grundrechtsschutz auch durch die Verfahrensgestaltung zu bewirken ist (vgl. hierzu BVerfGE 53, 30 <65>; 63, 131 <143>). Das Verfahren der Haftprüfung und Haftbeschwerde muss deshalb so ausgestaltet sein, dass nicht die Gefahr einer Entwertung der materiellen Grundrechtsposition aus Art. 2 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 104 GG besteht. Dem ist vor allem durch erhöhte Anforderungen an die Begründungstiefe von Haftfortdauerentscheidungen Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 103, 21 <35 f.>). Die mit Haftsachen betrauten Gerichte haben sich bei der zu treffenden Entscheidung über die Fortdauer der Untersuchungshaft mit deren Voraussetzungen eingehend auseinanderzusetzen und diese entsprechend zu begründen. In der Regel sind in jedem Beschluss über die Anordnung der Fortdauer der Untersuchungshaft aktuelle Ausführungen zu dem weiteren Vorliegen ihrer Voraussetzungen, zur Abwägung zwischen dem Freiheitsgrundrecht des Beschuldigten und dem Strafverfolgungsinteresse der Allgemeinheit sowie zur Frage der Verhältnismäßigkeit geboten, weil sich die dafür maßgeblichen Umstände angesichts des Zeitablaufs in ihrer Gewichtigkeit verschieben können (vgl. BVerfGK 7, 140 <161>; 10, 294 <301>; 15, 474 <481>). Zu würdigen sind auch die voraussichtliche Gesamtdauer des Verfahrens, die für den Fall einer Verurteilung konkret im Raum stehende Straferwartung und - unter Berücksichtigung einer etwaigen Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung gemäß § 57 StGB - das hypothetische Ende einer möglicherweise zu verhängenden Freiheitsstrafe (vgl. BVerfGK 8, 1 <5>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 11. Juni 2008 - 2 BvR 806/08 -, juris Rn. 30 f.).
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Die zugehörigen Ausführungen müssen in Inhalt und Umfang eine Überprüfung des Abwägungsergebnisses am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht nur für den Betroffenen selbst, sondern auch für das die Anordnung treffende Fachgericht im Rahmen einer Eigenkontrolle gewährleisten und in sich schlüssig und nachvollziehbar sein (vgl. BVerfGK 7, 421 <429 f.>; 8, 1 <5>; 15, 474 <481 f.>).
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II.
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Diesen sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG ergebenden Anforderungen werden die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidungen des Landgerichts Dresden vom 1. August 2011 und des Oberlandesgerichts Dresden nicht gerecht.
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1. Es ist für die verfassungsrechtliche Prüfung ohne Belang, dass sich der Beschwerdeführer derzeit in Paraguay in Auslieferungshaft befindet und (noch) nicht in Untersuchungshaft in Deutschland. Denn mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet er sich gegen den Haftbefehl des Amtsgerichts Dresden vom 22. Januar 2010 sowie die nachfolgenden Haftfortdauerentscheidungen und nicht gegen die von der Republik Paraguay in alleiniger Zuständigkeit und Verantwortung angeordnete Freiheitsentziehung (vgl. zum Rechtsschutz in "Einlieferungshaftsachen": BVerfGE 57, 9 <25>; BVerfGK 15, 570 <575>).
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2. Die angegriffenen Haftfortdauerbeschlüsse lassen die erforderliche Abwägung zwischen dem Freiheitsanspruch des Beschwerdeführers und dem staatlichen Strafverfolgungsanspruch nicht erkennen.
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In der Entscheidung vom 1. August 2011 räumt das Landgericht der gebotenen Abwägung lediglich einen Satz ein, mit dem floskelhaft festgestellt wird, mildere Maßnahmen im Sinne des § 116 StPO kämen nicht in Betracht.
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Die Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 16. Februar 2012 enthält keine eigenständige Begründung, sondern erschöpft sich darin, auf die - nicht aussagekräftigen - Gründe der landgerichtlichen Entscheidung und zusätzlich auf die Nichtabhilfeentscheidung vom 31. Januar 2012 zu verweisen, die indes zur Frage der Abwägung schweigt.
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Dabei bestand für die Gerichte schon allein aufgrund der seit der Beschwerdeentscheidung vom 1. August 2011 verstrichenen Zeit Anlass, sich eingehend mit den Voraussetzungen für eine Haftfortdauer auseinanderzusetzen. Auf die in den umfangreichen Eingaben des Beschwerdeführers enthaltenen und für die vorzunehmende Abwägung relevanten Umstände gehen die Haftfortdauerentscheidungen jedoch nicht ein.
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Wird aber die von Verfassungs wegen gebotene Abwägung zwischen dem Freiheitsanspruch des Beschuldigten und dem staatlichen Strafverfolgungsinteresse nicht vorgenommen, die Haftfortdauer lediglich mit der bloßen Wiedergabe des Gesetzeswortlauts begründet oder die weitere gesetzliche Voraussetzung einer Rechtfertigung der Fortdauer der Untersuchungshaft nicht einmal erwähnt, liegt mit anderen Worten ein Abwägungsausfall vor, so hat dies regelmäßig eine Verletzung des Grundrechts der persönlichen Freiheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG i.V.m. Art. 104 GG) zur Folge (vgl. BVerfGK 8, 1 <7>).
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3. Landgericht und Oberlandesgericht hätten in ihre Abwägung verschiedene Faktoren einstellen müssen.
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Zur Einschätzung der für die Haftfortdauerentscheidung unter anderem relevanten Straferwartung ist zu berücksichtigen, dass sich der im Bundesgebiet bislang nicht vorbestrafte und zuvor haftunerfahrene Beschwerdeführer bereits seit dem 28. Februar 2011 in Auslieferungshaft befindet. Deren Dauer ist nach der Anrechnungsvorschrift des § 51 Abs. 3 Satz 2 StGB zu berücksichtigen, damit es im Falle einer Verurteilung nicht durch die Dauer der Untersuchungshaft zu einer Vollverbüßung kommt, die dem Resozialisierungszweck der Strafhaft widerspricht (vgl. BVerfGK 7, 140 <161>).
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Die veröffentlichte Rechtsprechung (vgl. Landgericht Zweibrücken, Urteil vom 17. August 1994 - 424 Js 3601/92 - 1 KLs -, juris) und die Literatur (vgl. Fischer, StGB, 59. Aufl., § 51 Rn. 19; Patzak, in: Körner, Betäubungsmittelgesetz, 7. Aufl. 2012, vor §§ 29 ff. BtMG Rn. 205) legen für in Paraguay erlittene Haft einen Anrechnungsmaßstab von 1:2 zu Grunde.
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Zudem ist bei der Einschätzung der Straferwartung auch die Frage einer vorzeitigen Haftentlassung zu beachten. Denn der Resozialisierungszweck der Strafhaft erfordert es auch, dass bei der Ermittlung der Dauer der zu erwartenden Strafhaft eine Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung gemäß § 57 StGB jedenfalls dann berücksichtigt wird, wenn eine solche im konkreten Fall zu erwarten ist (vgl. BVerfGK 7, 140 <161 f.>). Dies ist vorliegend deshalb der Fall, weil der Beschwerdeführer bislang nicht vorbestraft und erstmalig von einer freiheitsentziehenden Maßnahme betroffen ist.
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III.
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Gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG ist die Verletzung von Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 GG durch das Oberlandesgericht wie auch durch das Landgericht festzustellen.
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Wegen der Eilbedürftigkeit der Haftsache ist es angezeigt, nach § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG nur den Beschluss des Oberlandesgerichts aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen. Es liegt im Interesse des Beschwerdeführers, möglichst rasch eine das Verfahren abschließende Entscheidung zu erhalten (vgl. BVerfGE 84, 1 <5>; 94, 372 <400>). Das Oberlandesgericht hat unverzüglich unter Berücksichtigung der angeführten Gesichtspunkte erneut eine Entscheidung über die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts vom 1. August 2011 herbeizuführen.
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Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Da der nicht zur Entscheidung angenommene Teil der Verfassungsbeschwerde von untergeordneter Bedeutung ist, sind die Auslagen in vollem Umfang zu erstatten (vgl. BVerfGE 86, 90 <122>).
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Annotations
(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.
(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen
- 1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält, - 2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder - 3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde - a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder - b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder - c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).
(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.
(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.
(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.
(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn
- 1.
zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind, - 2.
dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann, und - 3.
die verurteilte Person einwilligt.
(2) Schon nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe, mindestens jedoch von sechs Monaten, kann das Gericht die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aussetzen, wenn
- 1.
die verurteilte Person erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt und diese zwei Jahre nicht übersteigt oder - 2.
die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, daß besondere Umstände vorliegen,
(3) Die §§ 56a bis 56e gelten entsprechend; die Bewährungszeit darf, auch wenn sie nachträglich verkürzt wird, die Dauer des Strafrestes nicht unterschreiten. Hat die verurteilte Person mindestens ein Jahr ihrer Strafe verbüßt, bevor deren Rest zur Bewährung ausgesetzt wird, unterstellt sie das Gericht in der Regel für die Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers.
(4) Soweit eine Freiheitsstrafe durch Anrechnung erledigt ist, gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne der Absätze 1 bis 3.
(5) Die §§ 56f und 56g gelten entsprechend. Das Gericht widerruft die Strafaussetzung auch dann, wenn die verurteilte Person in der Zeit zwischen der Verurteilung und der Entscheidung über die Strafaussetzung eine Straftat begangen hat, die von dem Gericht bei der Entscheidung über die Strafaussetzung aus tatsächlichen Gründen nicht berücksichtigt werden konnte und die im Fall ihrer Berücksichtigung zur Versagung der Strafaussetzung geführt hätte; als Verurteilung gilt das Urteil, in dem die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
(6) Das Gericht kann davon absehen, die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, wenn die verurteilte Person unzureichende oder falsche Angaben über den Verbleib von Gegenständen macht, die der Einziehung von Taterträgen unterliegen.
(7) Das Gericht kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag der verurteilten Person, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommen namentlich
- 1.
die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde oder einer von ihnen bestimmten Dienststelle zu melden, - 2.
die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der Strafverfolgungsbehörde zu verlassen, - 3.
die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten Person zu verlassen, - 4.
die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen anderen.
(2) Der Richter kann auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindern werden. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen.
(3) Der Richter kann den Vollzug eines Haftbefehls, der nach § 112a erlassen worden ist, aussetzen, wenn die Erwartung hinreichend begründet ist, daß der Beschuldigte bestimmte Anweisungen befolgen und daß dadurch der Zweck der Haft erreicht wird.
(4) Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis 3 den Vollzug des Haftbefehls an, wenn
- 1.
der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt, - 2.
der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsgemäße Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder - 3.
neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.
(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.
(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.
(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.
(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann jedoch anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach der Tat nicht gerechtfertigt ist.
(2) Wird eine rechtskräftig verhängte Strafe in einem späteren Verfahren durch eine andere Strafe ersetzt, so wird auf diese die frühere Strafe angerechnet, soweit sie vollstreckt oder durch Anrechnung erledigt ist.
(3) Ist der Verurteilte wegen derselben Tat im Ausland bestraft worden, so wird auf die neue Strafe die ausländische angerechnet, soweit sie vollstreckt ist. Für eine andere im Ausland erlittene Freiheitsentziehung gilt Absatz 1 entsprechend.
(4) Bei der Anrechnung von Geldstrafe oder auf Geldstrafe entspricht ein Tag Freiheitsentziehung einem Tagessatz. Wird eine ausländische Strafe oder Freiheitsentziehung angerechnet, so bestimmt das Gericht den Maßstab nach seinem Ermessen.
(5) Für die Anrechnung der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozeßordnung) auf das Fahrverbot nach § 44 gilt Absatz 1 entsprechend. In diesem Sinne steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.
(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn
- 1.
zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind, - 2.
dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann, und - 3.
die verurteilte Person einwilligt.
(2) Schon nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe, mindestens jedoch von sechs Monaten, kann das Gericht die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aussetzen, wenn
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die verurteilte Person erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt und diese zwei Jahre nicht übersteigt oder - 2.
die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, daß besondere Umstände vorliegen,
(3) Die §§ 56a bis 56e gelten entsprechend; die Bewährungszeit darf, auch wenn sie nachträglich verkürzt wird, die Dauer des Strafrestes nicht unterschreiten. Hat die verurteilte Person mindestens ein Jahr ihrer Strafe verbüßt, bevor deren Rest zur Bewährung ausgesetzt wird, unterstellt sie das Gericht in der Regel für die Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers.
(4) Soweit eine Freiheitsstrafe durch Anrechnung erledigt ist, gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne der Absätze 1 bis 3.
(5) Die §§ 56f und 56g gelten entsprechend. Das Gericht widerruft die Strafaussetzung auch dann, wenn die verurteilte Person in der Zeit zwischen der Verurteilung und der Entscheidung über die Strafaussetzung eine Straftat begangen hat, die von dem Gericht bei der Entscheidung über die Strafaussetzung aus tatsächlichen Gründen nicht berücksichtigt werden konnte und die im Fall ihrer Berücksichtigung zur Versagung der Strafaussetzung geführt hätte; als Verurteilung gilt das Urteil, in dem die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
(6) Das Gericht kann davon absehen, die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, wenn die verurteilte Person unzureichende oder falsche Angaben über den Verbleib von Gegenständen macht, die der Einziehung von Taterträgen unterliegen.
(7) Das Gericht kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag der verurteilten Person, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.
(1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Vorschrift des Grundgesetzes und durch welche Handlung oder Unterlassung sie verletzt wurde. Das Bundesverfassungsgericht kann zugleich aussprechen, daß auch jede Wiederholung der beanstandeten Maßnahme das Grundgesetz verletzt.
(2) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung stattgegeben, so hebt das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung auf, in den Fällen des § 90 Abs. 2 Satz 1 verweist es die Sache an ein zuständiges Gericht zurück.
(3) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz stattgegeben, so ist das Gesetz für nichtig zu erklären. Das gleiche gilt, wenn der Verfassungsbeschwerde gemäß Absatz 2 stattgegeben wird, weil die aufgehobene Entscheidung auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruht. Die Vorschrift des § 79 gilt entsprechend.
(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.
(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.
(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.
(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.
(1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Vorschrift des Grundgesetzes und durch welche Handlung oder Unterlassung sie verletzt wurde. Das Bundesverfassungsgericht kann zugleich aussprechen, daß auch jede Wiederholung der beanstandeten Maßnahme das Grundgesetz verletzt.
(2) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung stattgegeben, so hebt das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung auf, in den Fällen des § 90 Abs. 2 Satz 1 verweist es die Sache an ein zuständiges Gericht zurück.
(3) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz stattgegeben, so ist das Gesetz für nichtig zu erklären. Das gleiche gilt, wenn der Verfassungsbeschwerde gemäß Absatz 2 stattgegeben wird, weil die aufgehobene Entscheidung auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruht. Die Vorschrift des § 79 gilt entsprechend.
(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung zu ersetzen.
(2) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten.
(3) In den übrigen Fällen kann das Bundesverfassungsgericht volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen.