Bundesverfassungsgericht Urteil, 19. Sept. 2018 - 2 BvF 1/15, 2 BvF 2/15

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2018:fs20180919.2bvf000115
19.09.2018

Tenor

1. Die Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

2. § 7 Absätze 1 bis 3, § 8 Absatz 3, § 15 Absätze 2 und 3 und § 19 des Gesetzes über den registergestützten Zensus im Jahre 2011 (Zensusgesetz 2011) vom 8. Juli 2009 (BGBl I S. 1781) sowie § 15 des Gesetzes zur Vorbereitung eines registergestützten Zensus einschließlich einer Gebäude- und Wohnungszählung 2011 (Zensusvorbereitungsgesetz 2011) vom 8. Dezember 2007 (BGBl I S. 2808) sind mit dem Grundgesetz vereinbar.

3. § 2 Absätze 2 und 3 und § 3 Absatz 2 der Verordnung über Verfahren und Umfang der Haushaltsbefragung auf Stichprobenbasis zum Zensusgesetz 2011 (Stichprobenverordnung Zensusgesetz 2011) vom 25. Juni 2010 (BGBl I S. 830) sind mit dem Grundgesetz vereinbar.

4. Die einstweilige Anordnung vom 26. August 2015, zuletzt verlängert durch Beschluss des Senats vom 14. Mai 2018, wird damit gegenstandslos.

Gründe

A.

1

Die Normenkontrollanträge richten sich gegen Vorschriften, die die Vorbereitung und Durchführung der zum Stand vom 9. Mai 2011 erhobenen Bevölkerungs-, Gebäude- und Wohnungszählung (Zensus 2011), insbesondere die Feststellung der amtlichen Einwohnerzahlen, zum Gegenstand haben. Mit diesem Zensus wurde ein Methodenwechsel von einer traditionellen Volkszählung im Wege der Vollerhebung hin zu einer maßgeblich auf vorhandene Registerdaten gestützten Erhebung vorgenommen. Dieser Methodenwechsel steht im Mittelpunkt der durch die Antragsteller geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken.

I.

2

1. Der Zensus (Volkszählung) dient der Ermittlung von Basisdaten zu Bevölkerung, Erwerbstätigkeit und Wohnsituation als Grundlage der amtlichen Statistik; eine zentrale Aufgabe solcher Erhebungen ist die statistische Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahlen (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 19).

3

Mit zunehmendem zeitlichen Abstand zu einer Volkszählung nimmt die Genauigkeit der auf ihrer Grundlage fortgeschriebenen Bevölkerungszahlen (vgl. § 5 Abs. 1 Bevölkerungsstatistikgesetz - BevStatG) und anderer auf ihr aufbauenden Statistiken immer weiter ab, so dass in regelmäßigen Intervallen neue Erhebungen durchgeführt werden müssen, um verlässliche Bevölkerungszahlen und weitere Grunddaten für politische und wirtschaftliche Entscheidungen und Planungen sowie wissenschaftliche Untersuchungen zu erhalten (vgl. BRDrucks 222/07, S. 1, 11; BTDrucks 14/5736, S. 10; BTDrucks 16/12219, S. 1, 19; Statistisches Bundesamt, Neue Methode der Volkszählung. Der Test eines registergestützten Zensus, Wirtschaft und Statistik, 5/2001, S. 333 <333 f.>; Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Ergebnisse des Zensustests, Wirtschaft und Statistik, 8/2004, S. 813 <813>). Die letzte Vollerhebung fand in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik im Jahre 1981 und in der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1987 statt (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 1, 19). Vor allem letztere war politisch umstritten und Gegenstand des Urteils des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember 1983 (BVerfGE 65, 1 ff. - Volkszählungsurteil 1983).

4

Vor der hier verfahrensgegenständlichen Erhebung waren unter Einbeziehung des Statistischen Bundesamtes (vgl. Statistisches Bundesamt, Volkszählung 2000 - oder was sonst?, Schriftenreihe Forum der Bundesstatistik, Bd. 21, 1992, S. 103 ff.) und im Rahmen einer Anfang der 1990er Jahre eingerichteten Arbeitsgruppe der statistischen Ämter des Bundes und der Länder Alternativen zu einer Volkszählung in der bisherigen Form der Vollerhebung durch individuelle Befragungen untersucht worden, die zunächst nicht als überlegen eingeschätzt wurden (vgl. Eppmann, Von der Volkszählung 1987 zum registergestützten Zensus 2010?, Statistische Analysen und Studien NRW, Bd. 17, S. 3 <3>). Vor dem Hintergrund des Volkszählungsurteils sowie aus Kosten- und Akzeptanzgründen wurde die Suche nach Alternativen gleichwohl fortgesetzt (Statistisches Bundesamt, Neue Methode der Volkszählung. Der Test eines registergestützten Zensus, Wirtschaft und Statistik, 5/2001, S. 333 <335>; Anding/Fürnrohr, BayVBl 2014, S. 709 <710>; kritisch etwa: Wiegert, in: Grohmann/Sahner/Wiegert , Volkszählung 2001, 1999, S. 9 <11 f.>). So beauftragte die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (Innenministerkonferenz - IMK) am 21. November 1997 eine Arbeitsgruppe beim Statistischen Bundesamt ("Gemeinschaftsweiter Zensus 2001"), die mit Statistikexperten aus Bund und Ländern besetzt sein sollte, damit, ein Konzept für einen registergestützten Zensus zu entwickeln (Beschlussniederschrift über die 150. Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder am 21. November 1997 in Schwerin, zitiert nach Eppmann, Von der Volkszählung 1987 zum registergestützten Zensus 2010?, Statistische Analysen und Studien NRW, Bd. 17, S. 3 <4>). Auf der Basis der von der Arbeitsgruppe entwickelten Alternativmodelle beschloss die Innenministerkonferenz am 19./20. November 1998 für künftige Zensus einen Wechsel von der primärstatistischen Vollerhebung zu hauptsächlich registergestützter Datengewinnung (Beschlussniederschrift über die 153. Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder am 19./20. November 1998 in Bonn, zitiert nach Eppmann, Von der Volkszählung 1987 zum registergestützten Zensus 2010?, Statistische Analysen und Studien NRW, Bd. 17, S. 3 <4>; vgl. BTDrucks 14/5736, S. 10). Dieser angekündigte Methodenwechsel wurde vom Bundestag begrüßt (vgl. BTDrucks 13/11168, S. 3).

5

2. Zur Vorbereitung der Umstellung wurde in den Jahren 2001 bis 2003 ein sogenannter Zensustest durchgeführt, mit dem die Methode eines registergestützten Zensus erprobt und weiterentwickelt werden sollte (vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Das registergestützte Verfahren beim Zensus 2011, 2011, S. 6; BTDrucks 14/5736, S. 10).

6

a) Rechtsgrundlage hierfür war das Gesetz zur Erprobung eines registergestützten Zensus (Zensustestgesetz - ZensTeG) vom 27. Juli 2001 (BGBl I S. 1882). Wesentliche Ziele des Zensustests waren die Überprüfung der Qualität der Register und der Validität der ihnen zu entnehmenden Daten (Registertest), die Bewertung verschiedener statistischer Verfahren (Verfahrenstest) und der Möglichkeiten, Mehrfachmeldungen zu überprüfen (vgl. BTDrucks 14/5736, S. 1, 11 f.; Statistisches Bundesamt, Neue Methode der Volkszählung. Der Test eines registergestützten Zensus, Wirtschaft und Statistik, 5/2001, S. 333 <336 ff.>; Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Ergebnisse des Zensustests, Wirtschaft und Statistik, 8/2004, S. 813 <815 f.>; Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Zensus 2011. Methoden und Verfahren, 2015, S. 10). Hierzu wurden die Daten von Registern mit den Ergebnissen verschiedener Interviewbefragungen und einer postalisch durchgeführten Gebäude- und Wohnungsstichprobe verglichen und ausgewertet (Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Ergebnisse des Zensustests, Wirtschaft und Statistik, 8/2004, S. 813 <816>; Anding/Fürnrohr, BayVBl 2014, S. 709 <711>). Die Ergebnisse des Zensustests sind vom Statistischen Bundesamt aufbereitet worden (zitiert als: Statistisches Bundesamt, Ergebnisse des Zensustests).

7

b) Der Zensustest ergab bei den Melderegistern unterschiedliche Fehlerquoten durch Über- und Untererfassungen und - bei typisierender Betrachtung - einen Zusammenhang zwischen der Qualität der Registerdaten und der Gemeindegröße (vgl. Anding/Fürnrohr, BayVBl 2014, S. 709 <711>). So waren Über- und Untererfassungen in kleinen Gemeinden - auch prozentual gesehen - seltener als in großen, wobei es generell mehr sogenannte "Karteileichen" (Übererfassungen) als Fehlbestände (Untererfassungen) gab (vgl. Statistisches Bundesamt, Ergebnisse des Zensustests, S. I, 40, 42 f., 56, 58, 60, 91, 96; Berg/Bihler, Das Stichprobendesign der Haushaltsstichprobe des Zensus 2011, Wirtschaft und Statistik, April 2011, S. 317 <318>; dies., Das Hochrechnungsverfahren zur Ermittlung der Einwohnerzahl im Zensus 2011, Wirtschaft und Statistik, April 2014, S. 229 <229>; Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Ergebnisse des Zensustests, Wirtschaft und Statistik, 8/2004, S. 813 <816, 817>; Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Zensus 2011. Methoden und Verfahren, 2015, S. 27). Ohne Berücksichtigung der im Rahmen des Zensustests als zusätzliches Korrekturinstrument erprobten Befragungen im Zuge der Haushaltegenerierung ergab sich folgendes Bild (vgl. Statistisches Bundesamt, Ergebnisse des Zensustests, S. 40, 42, 91; Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Ergebnisse des Zensustests, Wirtschaft und Statistik, 8/2004, S. 813 <816 ff.>):

Gemeindegröße (Einwohner): Fehlbestände: "Karteileichen" (insgesamt): "Karteileichen" ohne "temporäre": Durch Mehrfachfallprüfung geklärte "Karteileichen": Verbleibende "Karteileichen": Saldierte Registerfehler:
<10.000 1,3% 2,8% 2,0% 0,7% 1,4% 0,1%
10.000 - 50.000 1,3% 3,5% 2,5% 0,6% 1,9% 0,6%
50.000 - 100.000 2,1% Keine Angabe 2,4% 0,7% 1,7% -0,4%
50.000 - 800.000 2,1% 4,9% 3,4% 0,6% 2,8% 0,7%
alle >100.000 2,4% Keine Angabe 4,3% 0,6% 3,7% 1,3%
nur >800.000 3,0% 7,6% 6,0% 0,6% 5,4% 2,4%
Berlin 2,7% 8,1% 6,3% 0,5% 5,8% 3,1%
Hamburg 2,9% 7,1% 6,0% 0,7% 5,4% 2,5%
Bundesweit 1,7% 4,1% 2,9% 0,6% 2,3% 0,6%
8

Nach Auffassung der statistischen Ämter des Bundes und der Länder hatte der Zensustest die Durchführbarkeit eines registergestützten Zensus in Deutschland bestätigt. Zudem stellte man fest, dass

· Übererfassungen durch Aussonderung von (temporären) "Karteileichen" mittels Auswertung einer zweiten (Register-)Datenlieferung zu einem späteren Stichtag (Statistisches Bundesamt, Ergebnisse des Zensustests, S. 41, 60, 107) und durch eine Mehrfachfallprüfung in Form einer Befragung der mehrfach erfassten Personen (Statistisches Bundesamt, Ergebnisse des Zensustests, S. 65, 75, 84) schrittweise reduziert werden können, wobei es mit den vorhandenen Instrumenten möglich wäre, 95,02% der primärstatistisch bereinigten Mehrfachfälle maschinell und damit ohne Belastung der Bürger sowie mit deutlich reduziertem Kostenaufwand zu bereinigen (Statistisches Bundesamt, Ergebnisse des Zensustests, S. 100);

· zur Aufdeckung von Registerfehlern die Nutzung der Angaben der Gebäude- und Wohnungserhebung im Rahmen der sogenannten Haushaltegenerierung (d.h. insbesondere der Zuordnung der im Melderegister erfassten Personen zu einem Haushalt, vgl. Münnich/Gabler u.a., Stichprobenoptimierung und Schätzung im Zensus 2011, Statistik und Wissenschaft, Bd. 21, 2012, S. 18) in Betracht komme und dabei unplausible Fälle mit einer (weiteren) Befragung geklärt werden könnten;

· sich für Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern der Anteil der "Karteileichen" mit diesem Verfahren (Registerauswertung und Befragung bei fehlender Plausibilität) auf 0,7% reduzieren ließe (vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Ergebnisse des Zensustests, Wirtschaft und Statistik, 8/2004, S. 813 <818>; Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, Unterlage für die Sitzung der Arbeitsgruppe 4 "Haushaltegenerierung" vom 18. Juli 2006, S. 1). Simulationsrechnungen ergaben jedoch, dass dieses Verfahren nur für den Bereich der Ein- und Zweifamilienhäuser die gewünschte Effektivität aufweise, im Mehrfamilienhausbereich demgegenüber Kosten-Nutzen-Erwägungen dagegen sprächen (vgl. Statistisches Bundesamt, Ergebnisse des Zensustests, S. 247 ff.; Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Ergebnisse des Zensustests, Wirtschaft und Statistik, 8/2004, S. 813 <818>). In Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern ließe sich der durchschnittliche Anteil an "Karteileichen" so am deutlichsten, auf 1,1%, reduzieren, da dort ein großer Teil der Bevölkerung in Ein- und Zweifamilienhäusern lebt (Statistisches Bundesamt, Ergebnisse des Zensustests, S. 253, 271);

· die Registernutzung - zusätzlich zu Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität der Melderegister (vgl. dazu Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Ergebnisse des Zensustests, Wirtschaft und Statistik, 8/2004, S. 813 <821, 832>; Hin, EU-weite Volkszählung 2010/11: Stand der Vorbereitungsarbeiten in Deutschland und auf europäischer Ebene, Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 4/2006, S. 3 <8>) - um primärstatistische Verfahren ergänzt werden müsse, wenn sie als Grundlage der Ermittlung belastbarer amtlicher Einwohnerzahlen dienen solle (Statistisches Bundesamt, Ergebnisse des Zensustests, S. 58 f., 254, 312).

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Die Erkenntnisse aus dem Zensustest deuteten zudem darauf hin, dass die in der Bevölkerungsfortschreibung ermittelte Einwohnerzahl der Bundesrepublik Deutschland um mehr als 1,3 Millionen Personen überhöht gewesen sein dürfte (BTDrucks 16/12219, S. 19, 21; Statistisches Bundesamt, Ergebnisse des Zensustests, S. 88).

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c) Auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse wurden in der Arbeitsgruppe "Konzeption möglicher Modellvarianten" neben den Basisbausteinen eines registergestützten Zensus (insbesondere Abfrage und Verarbeitung von Daten der Melderegister, postalische Gebäude- und Wohnungszählung, primärstatistische Erhebung in Sondergebäuden, Mehrfachfallprüfung) verschiedene Modelle von Ergänzungen durch Stichprobenerhebungen diskutiert (vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Ergebnisse des Zensustests, Wirtschaft und Statistik, 8/2004, S. 813 <824 ff.>). Dabei wurde auch untersucht, ob mit der Stichprobe zusätzliche Merkmale erhoben werden könnten und ob dies in allen Gemeinden geschehen sollte (a.a.O., S. 827 f.). Der Umfang der Stichprobe sollte daran ausgerichtet werden, dass der Saldo von "Karteileichen" und Fehlbeständen im Durchschnitt der Gemeinden bei einer Wahrscheinlichkeit von 95% mit einem maximalen Fehler von +/- 1,0% ermittelt werden könne. Sofern mit der Stichprobe weitere Merkmale erhoben würden, sollte der absolute Standardfehler auf allen Ebenen maximal 1,0 Prozentpunkte betragen (vgl. Statistisches Bundesamt, Ergebnisse des Zensustests, S. 303 f., 315).

11

d) Vor diesem Hintergrund wurden die verglichenen Varianten wie folgt bewertet:

12

aa) Bei einer herkömmlichen Volkszählung im Wege der Vollerhebung, die Referenzmodell war, würden die amtlichen Einwohnerzahlen zwar nach einem einheitlichen Verfahren durch flächendeckende Befragung und Zählung ermittelt. Falsche Ergebnisse könnten sich insoweit nur durch eine fehlerhafte Handhabung des Verfahrens ergeben; allerdings wäre eine herkömmliche Vollerhebung deutlich teurer als die anderen Varianten (vgl. Statistisches Bundesamt, Ergebnisse des Zensustests, S. 322 ff.; Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Ergebnisse des Zensustests, Wirtschaft und Statistik, 8/2004, S. 813 <830 f.>).

13

Ein Kombinationsmodell aus registergestütztem Zensus für Gemeinden mit weniger als 100.000 Einwohnern und herkömmlicher Zählung für Gemeinden mit 100.000 und mehr Einwohnern wurde zwar als deutlich kostengünstiger als eine herkömmliche Vollerhebung eingestuft. Die Vorteile des herkömmlichen Zensus könnten allerdings nur für einen kleinen Teil der Gemeinden (82 Großstädte von 13.811 Gemeinden mit einem Anteil von knapp 31% der Gesamtbevölkerung) genutzt werden. Zudem würden für die Ermittlung der Einwohnerzahlen unterschiedliche Verfahren angewandt, mit der Folge, dass die für Gemeinden mit weniger als 100.000 Einwohnern festgestellten Einwohnerzahlen eine deutlich niedrigere Genauigkeit aufwiesen. Außerdem befürchtete man in Großstädten Akzeptanzprobleme (vgl. Statistisches Bundesamt, Ergebnisse des Zensustests, S. 321 f., 325; Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Ergebnisse des Zensustests, Wirtschaft und Statistik, 8/2004, S. 813 <831>).

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Bei einem registergestützten Zensus mit Stichproben in allen Gemeinden würden die amtlichen Einwohnerzahlen unter Anwendung einheitlicher mathematisch-statistischer Verfahren hingegen auch mit gleicher Genauigkeit ermittelt (Statistisches Bundesamt, Ergebnisse des Zensustests, S. 318, 325). Würde ausschließlich das Stichprobenverfahren zur Korrektur der Melderegister genutzt, wäre dafür ein Stichprobenumfang von 10,1 Millionen Personen erforderlich, davon 6,2 Millionen Personen in Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern (a.a.O., S. 317 f.). In kleinen Gemeinden wäre bei diesem Modell ein hoher Auswahlsatz erforderlich, der in gut 2.000 Gemeinden (nahe) bei 100% der Einwohner läge und einer Vollerhebung annähernd gleichkäme (a.a.O., S. 318).

15

Die statistischen Ämter des Bundes und der Länder empfahlen daher, Stichproben nur in Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern durchzuführen. Da knapp 90% der Gemeinden in Deutschland weniger als 10.000 Einwohner aufwiesen, wäre die Anwendung von ergänzenden Stichproben in diesen Gemeinden mit einem beträchtlichen Kostenaufwand und mit einer weiteren Belastung der Bevölkerung verbunden. Zudem wiesen diese kleinen Gemeinden die geringsten "Karteileichen"- und Fehlbestandsraten auf. Auch sei hier die korrigierende Wirkung von Befragungen (im Ein- und Zweifamilienhausbereich) im Fall von konkreten Unstimmigkeiten am größten (Statistisches Bundesamt, Ergebnisse des Zensustests, S. 254 f.).

16

bb) Mit Blick auf die Erstreckung der Stichprobe auf weitere Merkmale und eine Einbeziehung der (in den Registern der Bundesagentur für Arbeit nicht erfassten) sonstigen Erwerbstätigen ergab sich folgendes Bild: Mit einer Erhöhung des Stichprobenumfangs auf in diesem Falle 11,8 Millionen statt 10,1 Millionen Personen könnten belastbare Ergebnisse für alle Gemeinden ab 10.000 Einwohnern nachgewiesen werden (vgl. Statistisches Bundesamt, Ergebnisse des Zensustests, S. 318 f., 326). Wollte man die zusätzlichen Informationen nur für größere Gemeinden (ab 10.000 Einwohnern) gewinnen, so wäre auch nur ein verhältnismäßig geringer Mehraufwand erforderlich, sollte dies für alle Gemeinden geschehen, müsste der Stichprobenumfang auf 20,4 Millionen Personen in etwa verdoppelt werden, da eine Stichprobe von 550 Adressen je Gemeinde benötigt wird (vgl. a.a.O., S. 318). Das hätte nach damaliger Einschätzung einen finanziellen Mehraufwand von insgesamt 78 Millionen Euro erfordert (vgl. Statistisches Bundesamt, Ergebnisse des Zensustests, S. 319, 326; Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Ergebnisse des Zensustests, Wirtschaft und Statistik, 8/2004, S. 813 <831>: 464 Millionen statt 386 Millionen Euro).

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Soweit die ergänzende Stichprobe lediglich zur statistischen Bereinigung von Registerfehlern eingesetzt wird, reichte bei einer Stichprobe nur in Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern ein Stichprobenumfang von 3,9 Millionen Personen aus. Hinzu kämen etwa 1,7 Millionen Personen (vgl. Statistisches Bundesamt, Ergebnisse des Zensustests, S. 310; Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, Unterlage für die Sitzung der Arbeitsgruppe 4 "Haushaltegenerierung" vom 18. Juli 2006, S. 1), die in Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern leben und bei denen im Rahmen der Haushaltegenerierung wegen vom Melderegister abweichender Angaben bei der Gebäude- und Wohnungszählung Rückfragen durchgeführt werden müssten. Der Umfang der Befragung läge bei dieser Variante mit rund 5,6 Millionen Personen immer noch deutlich unter der Variante von Stichproben in allen Gemeinden. Allerdings könnten bei dieser Variante die Einwohnerzahlen nur für Gemeinden mit 10.000 und mehr Einwohnern (rund 1.500 Gemeinden mit einem Anteil von 72% an der Gesamtbevölkerung) mit vergleichbarer (statistischer) Genauigkeit ermittelt werden, während für Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern nur eine beschränkte Vergleichbarkeit der Genauigkeit zu erzielen wäre. Insgesamt ging man davon aus, dass es in diesem Fall zu einer leichten Unterschätzung der Einwohnerzahlen der kleinen Gemeinden (durchschnittliche "Karteileichen"-Rate: 0,7%; Fehlbestandsrate: 1,3%) kommen würde (vgl. Statistisches Bundesamt, Ergebnisse des Zensustests, S. 320, 327; Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Ergebnisse des Zensustests, Wirtschaft und Statistik, 8/2004, S. 813 <818>), weil mit den im Zensustest erprobten Bereinigungsverfahren vor allem die Übererfassungen in den Melderegistern deutlich reduziert werden könnten, die Untererfassungen dagegen kaum. Daher müssten für Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern Verfahren zur Reduzierung der Fehlbestände entwickelt werden (vgl. Statistisches Bundesamt, Zusammenfassung der Ergebnisse des Zensustests, S. III f., 259 f., 327; Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Ergebnisse des Zensustests, Wirtschaft und Statistik, 8/2004, S. 813 <832>; Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, Unterlage für die Sitzung der Arbeitsgruppe 4 "Haushaltegenerierung" vom 18. Juli 2006, S. 2).

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Für die Erhebung und den Nachweis weiterer Merkmale ging man davon aus, dass der Stichprobenumfang der ergänzenden Stichprobe um 2 Millionen Personen auf 5,9 Millionen Personen erhöht werden müsste, zuzüglich der 1,7 Millionen Personen für die Befragung im Rahmen der Haushaltegenerierung in Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern (vgl. Statistisches Bundesamt, Ergebnisse des Zensustests, S. 320, 327). Für eine flächendeckende Bereitstellung insoweit hinreichend zuverlässiger Ergebnisse für Kreise, Regierungsbezirke und Länder sollten zusätzlich 0,3 Millionen Personen in Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern befragt werden (vgl. auch a.a.O., S. 310, 327). Der Kostenaufwand für diese erweiterte Modellvariante wurde mit einem Zuwachs von 21 Millionen Euro auf dann 336 Millionen Euro veranschlagt, im Vergleich zu dem damit erreichbaren Informationszuwachs jedoch als eher gering bewertet (vgl. Statistisches Bundesamt, Ergebnisse des Zensustests, S. 327; Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Ergebnisse des Zensustests, Wirtschaft und Statistik, 8/2004, S. 813 <832>).

19

cc) Zusammenfassend gaben die statistischen Ämter des Bundes und der Länder im Wesentlichen folgende Empfehlungen für die Durchführung eines künftigen Zensus (vgl. Statistisches Bundesamt, Zusammenfassung der Ergebnisse des Zensustests, S. I f., 329 f.; Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Ergebnisse des Zensustests, Wirtschaft und Statistik, 8/2004, S. 813 <832>):

· Der Zensus sollte registergestützt unter Rückgriff auf Daten der Melderegister, der Bundesagentur für Arbeit sowie anderer Register der öffentlichen Verwaltung, verbunden mit einer postalischen Gebäude- und Wohnungszählung bei den Gebäudeeigentümern und Wohnungseigentümergemeinschaften und ergänzt durch weitere primärstatistische Erhebungen, durchgeführt werden.

· Die ergänzenden primärstatistischen Erhebungen sollten aus folgenden Komponenten bestehen: Primärerhebungen bei den Verwaltern von Anstaltsgebäuden und den Bewohnern von Studentenwohnheimen sowie primärstatistische Kontrollerhebungen im Rahmen der Mehrfachfallprüfung und Haushaltegenerierung; Stichprobenerhebungen in allen Gemeinden mit 10.000 und mehr Einwohnern zur statistischen Korrektur der Über- und Untererfassungen der aus den dortigen Melderegistern erhobenen Einwohnerzahlen. Dabei sollte in Kauf genommen werden, dass die Einwohnerzahlen je nach Gemeindegröße mit unterschiedlichen statistischen Verfahren ermittelt würden. Die ergänzende Stichprobe sollte zur Erhebung zusätzlicher zensustypischer Merkmale genutzt werden, wobei der finanzielle und erhebungstechnische Mehraufwand als gering eingeschätzt wurde.

· Schließlich wurde empfohlen, umgehend mit den Maßnahmen zur Qualitätssteigerung der Register, insbesondere der Melderegister sowie der Datenbestände der Bundesagentur für Arbeit zu beginnen. Für die Vorarbeiten wurde wegen des Aufbaus der notwendigen Erhebungsinfrastruktur ein Vorlauf von mindestens vier Jahren vor dem Zählungsstichtag für erforderlich gehalten.

20

Die Ergebnisse des Zensustests wurden der Innenministerkonferenz in ihrer Sitzung am 7./8. Juli 2004 vorgelegt. Diese setzte eine länderoffene Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter Leitung des Bundesministeriums des Innern ein, um vor einer endgültigen Weichenstellung für den Zensus 2011 bestimmte rechtliche und fachliche Aspekte nochmals zu überprüfen (Beschlussniederschrift über die 174. Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder am 8. Juli 2004 in Kiel, S. 18). In ihrem Bericht vom 20. September 2004 hat die Arbeitsgruppe die Empfehlung der statistischen Ämter für einen registergestützten Zensus und das vorgeschlagene Zensusmodell bestätigt, Verbesserungsmöglichkeiten bei Registern dargestellt und entsprechende Vorschläge gemacht. Auf dieser Grundlage sprach sich die Innenministerkonferenz am 18./19. November 2004 für einen registergestützten Zensus aus (vgl. Stellungnahme der Bundesregierung vom 9. November 2016, S. 57 f.).

21

e) Entsprechend der Empfehlung aus dem Zensustest, Verfahren zur Reduzierung der Fehlbestände in Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern zu entwickeln, wurde eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingerichtet und das Bayerische Landesamt für Statistik mit einer Studie beauftragt (vgl. Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, Unterlage für die Sitzung der Arbeitsgruppe 4 "Haushaltegenerierung" vom 18. Juli 2006, S. 1). Da der Zensustest gezeigt hatte, dass es bei Gebäuden mit drei oder mehr bewohnten Wohnungen keine praktikablen Ansätze zur Identifizierung von Registerfehlern anhand der Daten der Haushaltegenerierung gibt, beschränkten sich die Untersuchungen auf Ein- und Zweifamilienhäuser.

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Dabei zeigte sich, dass fast 80% der "Karteileichen" und 70% der Fehlbestände an Adressen auftreten, an denen eine oder zwei bewohnte Wohnungen gemeldet sind (a.a.O., S. 2). Zudem ergab sich, dass sich durch eine Befragung "unplausibler" Fälle in Einfamilienhäusern die "Karteileichen" um 59% und die Fehlbestände um 54,4% korrigieren ließen, bei Adressen mit zwei bewohnten Wohnungen jedoch nur um 43,5% der "Karteileichen" und 39,1% der Fehlbestände (a.a.O., S.16 f.). Bei einer Beschränkung der primärstatistischen Klärung auf Einfamilienhäuser wurde eine Reduktion der "Karteileichen" von 2% um etwa 0,7 Prozentpunkte errechnet, was in Kombination mit der Mehrfachfallprüfung zu einer Rate von 0,84% "Karteileichen" führte. Hinsichtlich der Fehlbestände ergab sich eine Verringerung um knapp 0,3 Prozentpunkte auf eine Rate von etwa 1% Fehlbeständen. Bei Einbeziehung von Zweifamilienhäusern wären 500.000 Haushalte (knapp 1,67 Millionen Personen) statt 340.000 Haushalte (knapp 0,99 Millionen Personen) zu befragen, die Quote an "Karteileichen" würde dann 0,72%, die der Fehlbestände 0,87% betragen (a.a.O., S. 17 f.). Daher wurde - auch unter Berücksichtigung des Befragungsaufwands - eine primärstatistische Befragung an Adressen mit nur einer bewohnten Wohnung empfohlen (a.a.O., S. 17).

23

f) Auf Grundlage dieser Untersuchungen ging die Bundesregierung davon aus, dass sich durch eine Auswertung der Melderegister, der Daten der Bundesagentur für Arbeit sowie von Dateien zum Personalbestand der öffentlichen Hand, eine postalische Befragung der Gebäude- und Wohnungseigentümer, eine Befragung der Verwalter oder Bewohner von Gemeinschaftsunterkünften, Anstalten, Wohnheimen und ähnlichen Einrichtungen sowie durch Stichproben zur Sicherung der Datenqualität und zur Erfassung weiterer Erhebungsmerkmale bei etwa 10% der Bevölkerung Zensusdaten in erforderlicher Qualität gewinnen lassen würden (vgl. BRDrucks 222/07, S. 13). Am 29. August 2006 beschloss das Bundeskabinett, im Jahre 2011 einen registergestützten Zensus durchzuführen. 2007 wurde durch Erlass des Bundesministeriums des Innern eine "Zensuskommission" eingesetzt, die aus neun Fachwissenschaftlern aus den Bereichen Statistik, Demographie, Soziologie, Geographie, Politikwissenschaft, Volkswirtschaftslehre und Datenschutz bestand. Sie wurde beauftragt, "die von den statistischen Ämtern des Bundes und der Länder entwickelten Konzepte, Methoden und Verfahren für den registergestützten Zensus 2011, einschließlich der ergänzenden Stichprobe" zu prüfen, wissenschaftlich zu bewerten, die entsprechenden Umsetzungsarbeiten kritisch und konstruktiv zu begleiten sowie Empfehlungen für das weitere Vorgehen auszusprechen (vgl. Pressemitteilung des Bundesministeriums des Innern vom 14. September 2007). Sie konstituierte sich am 24. September 2007 (vgl. BT(A)Drucks 16(4)255 G, S. 2).

24

3. Am 20. September 2007 beschloss der Bundestag (vgl. Deutscher Bundestag, PlenProt. 16/115, S. 11924) das Gesetz zur Vorbereitung eines registergestützten Zensus einschließlich einer Gebäude- und Wohnungszählung 2011 (Zensusvorbereitungsgesetz 2011 - ZensVorbG 2011), mit Beschluss vom 28. November 2007 wies er den Einspruch des Bundesrats (vgl. BRDrucks 759/07 ) zurück (vgl. Deutscher Bundestag, PlenProt. 16/129, S. 13563); das Zensusvorbereitungsgesetz 2011 trat am 13. Dezember 2007 in Kraft (vgl. BGBl I 2007, S. 2808).

25

a) Das Zensusvorbereitungsgesetz 2011 regelt insbesondere den Aufbau eines Anschriften- und Gebäuderegisters durch das Statistische Bundesamt (§ 2 ZensVorbG 2011) zur Vorbereitung einer Volks-, Gebäude- und Wohnungszählung im Wege der Auswertung von in Registern gespeicherten Daten sowie ergänzender Befragungen (registergestützter Zensus; vgl. § 1 ZensVorbG 2011). Das Anschriften- und Gebäuderegister sollte alle am Zensusstichtag existierenden Anschriften mit Wohnraum und bewohnten Unterkünften und damit alle Anschriften, an denen sich zum Zensusstichtag zensusrelevante Gebäude befinden und zensusrelevante Personen leben, enthalten (vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Zensus 2011. Methoden und Verfahren, 2015, S. 16). Die Übermittlung von Daten durch die Meldebehörden hierzu (vgl. BRDrucks 222/07, S. 24) ist in § 5 ZensVorbG 2011 geregelt. Die in § 5 Abs. 1 Nr. 3 bis 11 ZensVorbG 2011 genannten Merkmale sollten der Festlegung der Stichprobenmethodik dienen (vgl. BRDrucks 222/07, S. 24). Die aus den Melderegistern ableitbaren Informationen, etwa über die Anzahl der mit alleiniger oder Hauptwohnung gemeldeten Personen oder die Zahl der Personen mit unterschiedlichen Familiennamen je Anschrift, sollten es ermöglichen, die Stichprobenauswahl möglichst effizient zu gestalten. Für die endgültige Festlegung der geeigneten Merkmalskombination hielt der Gesetzgeber noch methodische Untersuchungen auf der Grundlage der übermittelten Angaben für erforderlich. Hierzu sollten nach § 5 Abs. 4 ZensVorbG 2011 die Merkmale nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 und Nr. 7 bis 11 ZensVorbG 2011 in einer getrennten Stichprobenorganisationsdatei gespeichert und bei Bedarf für methodische Untersuchungen, deren Federführung gemäß § 3 BStatG beim Statistischen Bundesamt liegen sollte, herangezogen werden (vgl. BRDrucks 222/07, S. 25 ff.).

26

In § 15 ZensVorbG 2011 finden sich Regelungen über die Löschung von Daten. Damit wollte der Gesetzgeber den Anforderungen des Volkszählungsurteils von 1983 (BVerfGE 65, 1 <46 ff.>) Rechnung tragen, wonach die zur Identifizierung der Auskunftspflichtigen oder sonstiger Betroffener dienenden Daten zu löschen sind, wenn ihre Kenntnis für die Erfüllung der Aufgaben auf dem Gebiet der Statistik für Bundeszwecke nicht mehr erforderlich ist. Die Stichprobenorganisationsdatei sollte daher lediglich der Vorbereitung des Zensus 2011 dienen und spätestens mit Abschluss der Vorbereitung gelöscht werden (§ 15 Abs. 2 ZensVorbG 2011), während das in § 15 Abs. 3 ZensVorbG 2011 behandelte Anschriften- und Gebäuderegister für Vorbereitung und Durchführung des Zensus verfügbar sein sollte (vgl. BRDrucks 222/07, S. 33).

27

b) Das Zensusvorbereitungsgesetz 2011 enthält - soweit von Bedeutung - folgende Regelungen:

§ 1 Anwendungsbereich

Dieses Gesetz regelt den Aufbau eines Anschriften- und Gebäuderegisters zur Vorbereitung einer Volks-, Gebäude- und Wohnungszählung, die im Wege der Auswertung der in den Melderegistern und anderen Verwaltungsregistern gespeicherten Daten sowie im Wege ergänzender Befragungen (registergestützter Zensus) im Jahre 2011 durchgeführt werden soll.

§ 2 Anschriften- und Gebäuderegister

(1) Das Statistische Bundesamt erstellt und führt zur Vorbereitung des Zensus ein Anschriften- und Gebäuderegister. Die nach Landesrecht für die Durchführung der Bundesstatistiken zuständigen Stellen (statistische Ämter der Länder) wirken bei Aufbau und Pflege des Anschriften- und Gebäuderegisters mit und nutzen es für die Vorbereitung des Zensus.

(2) Das Anschriften- und Gebäuderegister dient

1. der Steuerung des Ablaufs der Gebäude- und Wohnungszählung sowie der Ablaufkontrolle aller primärstatistischen Erhebungen des Zensus,

2. zur Vorbereitung und als Auswahlgrundlage für die beim Zensus vorgesehenen Stichprobenerhebungen,

3. dazu, die Erhebungen für den Zensus zu koordinieren, im Rahmen der Durchführung des Zensus die aus verschiedenen Quellen stammenden Daten zusammenzuführen und die in den Zensus einzubeziehenden Gebäude, Wohnungen und Personen auf Vollzähligkeit zu prüfen,

4. der Entwicklung eines Systems der raumbezogenen Analysen und Darstellungen von statistischen Ergebnissen und der Schaffung einer Grundlage für eine kleinräumige Auswertung des Zensus.

(3) Im Anschriften- und Gebäuderegister werden zu jeder Wohnanschrift folgende Angaben gespeichert:

1. Ordnungsnummer,

2. Postleitzahl,

3. Ort oder Gemeinde,

4. Ortsteil oder Gemeindeteil,

5. Straße,

6. Hausnummer,

7. Anschriftenzusatz,

8. Lage des Gebäudes,

9. Amtlicher Gemeindeschlüssel,

10. Schlüssel des Orts- oder Gemeindeteils,

11. Schlüssel der Straße,

12. Gemeindeeigener Schlüssel der Straße,

13. Koordinatenwerte einschließlich Qualitätskennzeichen,

14. Gemeindegrößenklasse,

15. Gebäudefunktion,

16. Gebäudestatus,

17. Anzahl der Wohnungen,

18. Anzahl bewohnter Wohnungen,

19. Personenzahl Hauptwohnung je Anschrift,

20. Personenzahl Nebenwohnung je Anschrift,

21. Anzahl der Deutschen je Anschrift,

22. Anzahl der Ausländer je Anschrift,

23. Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten je Anschrift,

24. Anzahl der Arbeitslosen je Anschrift,

25. Kennzeichnung der Erhebungsstelle,

26. Stichprobenkennzeichen,

27. Anzahl unterschiedlicher Familiennamen je Anschrift,

28. Fluktuationsrate je Anschrift,

für Sondergebäude zusätzlich:

29. Art der Einrichtung,

30. Name und Anschriften der Träger, Eigentümer oder Verwalter der Unterkunft,

31. Erhebungsverfahren bei Sondergebäuden, Auskunftspflichtige für die Gebäude- und Wohnungszählung:

32. Familienname und Vornamen oder Bezeichnung und

33. Anschrift der jeweiligen Eigentümer, Erbbauberechtigten, Verwalter oder sonstigen Verfügungsberechtigten der Gebäude und Wohnungen.

(4) Das Anschriften- und Gebäuderegister muss für die Durchführung des Zensus spätestens ab dem 31. Dezember 2010 nutzbar sein.

§ 3 Ortsverzeichnis

(1) Das Statistische Bundesamt erstellt und führt ein von dem Register nach § 2 getrenntes Verzeichnis der Geburtsorte und Geburtsstaaten (Ortsverzeichnis). Es wird von den statistischen Ämtern des Bundes und der Länder für die Durchführung des Zensus genutzt.

(2) Im Ortsverzeichnis werden gespeichert:

1. Geburtsorte,

2. Geburtsstaaten,

3. Geburtsorte - Standesamt -,

4. Staaten, aus denen Zuzüge erfolgt sind.

§ 4 Übermittlung von Daten durch die Vermessungsbehörden

(1) Die nach Landesrecht für das Vermessungswesen zuständigen Stellen (Landesvermessungsbehörden) übermitteln dem Bundesamt für Kartographie und Geodäsie zum 1. April 2008 für jede Anschrift elektronisch Angaben zu folgenden Merkmalen mit Stichtag 1. April 2007:

1. Kennung Datensatz,

2. Eindeutige Datensatznummer,

3. Amtlicher Gemeindeschlüssel,

4. Von den Landesvermessungsbehörden vergebener Schlüssel des Orts- oder Gemeindeteils,

5. Von den Landesvermessungsbehörden vergebener Schlüssel der Straße,

6. Hausnummer,

7. Anschriftenzusatz,

8. Koordinatenwerte einschließlich Qualitätskennzeichen,

9. Name der Straße,

10. Postleitzahl,

11. Postalischer Ortsname einschließlich Zusätze.

(2) Die Landesvermessungsbehörden übermitteln die Änderungen der Angaben zu den Merkmalen nach Absatz 1, die sich jeweils gegenüber der letzten Übermittlung ergeben haben, elektronisch bis zum 31. Juli eines Jahres mit Stand 1. April desselben Jahres für die Jahre 2008 bis 2010 an das Bundesamt für Kartographie und Geodäsie.

(3) Das Bundesamt für Kartographie und Geodäsie überprüft die Angaben nach den Absätzen 1 und 2 auf Vollzähligkeit, ergänzt Datenlücken und übermittelt die vollständigen Angaben elektronisch an das Statistische Bundesamt.

§ 5 Übermittlung von Daten durch die Meldebehörden

(1) Für den Aufbau des Anschriften- und Gebäuderegisters nach § 2 und des Ortsverzeichnisses nach § 3 übermitteln die nach Landesrecht für das Meldewesen zuständigen Stellen (Meldebehörden) den statistischen Ämtern der Länder für alle gemeldeten Einwohner aus den Melderegistern elektronisch die folgenden Angaben mit Stichtag 1. April 2008 innerhalb der folgenden vier Wochen:

1. Gegenwärtige Anschrift einschließlich amtlicher Gemeindeschlüssel,

2. Sofern vorhanden, der gemeindeeigene Schlüssel der Straße,

3. Status der Wohnung nach alleiniger Wohnung, Haupt- oder Nebenwohnung,

4. Tag des Beziehens der Wohnung,

5. Tag der Anmeldung bei der Meldebehörde,

6. Familienname,

7. Staatsangehörigkeiten,

8. Vorherige Anschrift,

9. Familienstand,

10. Tag der Geburt,

11. Geschlecht,

12. Geburtsort,

13. Geburtsstaat,

14. Geburtsort - Standesamt -,

15. Staat, aus dem der Zuzug erfolgt ist.

Die Angaben nach Satz 1 Nr. 1 bis 11 sind bei den statistischen Landesämtern unverzüglich von den Angaben zu den Nummern 12 bis 15 zu trennen.

(2) Die Meldebehörden übermitteln den statistischen Ämtern der Länder aus den Melderegistern elektronisch die Angaben nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 bis 11 mit Stichtag 1. April 2010 innerhalb der folgenden vier Wochen.

(3) Die statistischen Ämter der Länder übermitteln die Angaben nach den Absätzen 1 und 2 spätestens acht Wochen nach dem jeweiligen Stichtag der Datenübermittlungen der Meldebehörden elektronisch an das Statistische Bundesamt.

(4) Die Angaben nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 und 7 bis 11 werden in einer Stichprobenorganisationsdatei beim Statistischen Bundesamt gespeichert. Sie wird von den statistischen Ämtern des Bundes und der Länder für die Entwicklung von Stichprobenplänen und Hochrechnungsverfahren verwendet.

§ 6 Übermittlung von Daten durch die Bundesagentur für Arbeit

Die Bundesagentur für Arbeit übermittelt für die am 30. September 2007 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und für die am 13. März 2008 arbeitslos gemeldeten Personen dem Statistischen Bundesamt zum 15. April 2008 elektronisch jeweils die Angaben zu folgenden Merkmalen:

1. Wohnort einschließlich Postleitzahl und amtlicher Gemeindeschlüssel,

2. Straße,

3. Hausnummer und Anschriftenzusätze,

4. Status (beschäftigt oder arbeitslos).

(…)

§ 15 Löschung

(1) Der Familienname nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 wird gelöscht, nachdem im Zuge der in § 7 geregelten Zusammenführungen und Auswertungen für jede Anschrift die Zahl der dort gemeldeten Personen mit unterschiedlichen Familiennamen festgestellt worden ist. Die Daten nach § 6 werden nach der Erstellung des Anschriften- und Gebäuderegisters gelöscht.

(2) Die Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Abs. 4 wird zum frühestmöglichen Zeitpunkt, spätestens am Zensusstichtag gelöscht.

(3) Das Anschriften- und Gebäuderegister nach § 2 wird zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Auswertung des Zensus, spätestens jedoch sechs Jahre nach dem Zensusstichtag, aufgelöst und die darin gespeicherten Daten gelöscht.

28

c) Die Fraktionen von FDP und BÜNDNIS 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag wie auch der Bundesrat hatten beantragt, das Zensusvorbereitungsgesetz 2011 zur Sicherung eines einheitlichen Vollzugs des Zensus um eine Regelung zu ergänzen, mit der Abweichungen von den Regelungen der § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Satz 2, § 4 Abs. 1 und 2, § 5 Abs. 1, 2 und 3, § 7 Abs. 2, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 und 2, § 10 Abs. 1 und 3 ZensVorbG 2011 gemäß Art. 84 Abs. 1 Satz 5 GG hätten ausgeschlossen werden sollen (vgl. BTDrucks 16/5525, S. 23 f.; BTDrucks 16/6455, S. 7; Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik NRW in seiner Stellungnahme im Innenausschuss des Bundestags zum Zensusvorbereitungsgesetz BT(A)Drucks 16(4)255 C, S. 8). Dieser Vorschlag wurde vom Bundestag jedoch nicht aufgegriffen.

29

4. Seit 2008 verpflichten Art. 1, 3 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 763/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über Volks- und Wohnungszählungen (ABl EU Nr. L 218 vom 13. August 2008, S. 14 ff., im Folgenden: Verordnung Nr. 763/2008) die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, alle zehn Jahre, beginnend mit dem Jahr 2011, aufgrund gemeinsamer Regeln umfassende Daten über die Bevölkerung und die Wohnungssituation zu erheben (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 1). Für die europäischen Statistiken ist die Verordnung (EG) Nr. 223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2009 über europäische Statistiken und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1101/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Übermittlung von unter die Geheimhaltungspflicht fallenden Informationen an das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften, der Verordnung (EG) Nr. 322/97 des Rates über die Gemeinschaftsstatistiken und des Beschlusses 89/382/EWG, Euratom des Rates zur Einsetzung eines Ausschusses für das Statistische Programm der Europäischen Gemeinschaften (ABl EU Nr. L 87 vom 31. März 2009, S. 164 ff., im Folgenden: Verordnung Nr. 223/2009) zu beachten, die unter anderem statistische Grundsätze (Art. 2 Verordnung Nr. 223/2009) und Qualitätskriterien für die Erstellung europäischer Statistiken definiert (Art. 12 Verordnung Nr. 223/2009) und die Organisation europäischer Statistiken (Art. 4 ff., Art. 13 ff. Verordnung Nr. 223/2009) sowie Geheimhaltungspflichten (Art. 20 ff. Verordnung Nr. 223/2009) regelt. Wahl und Ausgestaltung der Zensusmethodik sowie die dabei heranzuziehenden Datenquellen sind - anders als die zu erhebenden Zensusdaten (Art. 3 i.V.m. dem Anhang der Verordnung Nr. 763/2008) - weitgehend den Mitgliedstaaten überlassen (vgl. BT(A)Drucks 16(4) 255, S. 2; Martini, Der Zensus 2011 als Problem interkommunaler Gleichbehandlung, 2011, S. 19; Stepputat, DÖV 2011, S. 111 <112>; Obermann, LKV 2014, S. 66 <69>). Art. 4 Abs. 1 Buchstabe d der Verordnung (EG) Nr. 763/2008 erlaubt insoweit ausdrücklich eine Kombination aus registergestützten Zählungen und Stichprobenerhebungen. Schließlich macht die Verordnung (EG) Nr. 1201/2009 der Kommission vom 30. November 2009 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 763/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über Volks- und Wohnungszählungen in Bezug auf die technischen Spezifikationen für die Themen sowie für deren Untergliederungen Vorgaben, um eine Vergleichbarkeit der bei Volks- und Wohnungszählungen erhobenen und an die Europäische Union übermittelten Daten zu gewährleisten (Erwägungsgrund 1 und Art. 1 der vorgenannten Verordnung). Bei der Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 763/2008 sind zudem die Verordnung (EU) Nr. 519/2010 der Kommission vom 16. Juni 2010 zur Annahme des Programms der statistischen Daten und der Metadaten für Volks- und Wohnungszählungen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 763/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl EU Nr. L 151 vom 17. Juni 2010, S. 1 ff.) und die Verordnung (EU) Nr. 1151/2010 der Kommission vom 8. Dezember 2010 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 763/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über Volks- und Wohnungszählungen in Bezug auf die Modalitäten und die Struktur der Qualitätsberichte sowie das technische Format der Datenübermittlung (ABl EU Nr. L 324 vom 9. Dezember 2010, S. 1 ff.) zu beachten.

30

5. Am 24. April 2009 beschloss der Deutsche Bundestag (Deutscher Bundestag, PlenProt. 16/218, S. 23808) das Gesetz über den registergestützten Zensus im Jahre 2011 (Zensusgesetz 2011 - ZensG 2011); der Bundesrat stimmte diesem am 15. Mai 2009 zu (Bundesrat, PlenProt. 858, S. 185 f.; BRDrucks 375/09 ). Die Ausfertigung durch den Bundespräsidenten erfolgte am 8. Juli 2009. Es ist am 16. Juli 2009 in Kraft getreten (vgl. BGBl I S. 1781).

31

a) Soweit hier von Bedeutung, bestimmt das Zensusgesetz 2011:

§ 1 Art, Zwecke und Berichtszeitpunkt des Zensus

(1) Die statistischen Ämter des Bundes und der Länder führen eine Bevölkerungs-, Gebäude- und Wohnungszählung (Zensus) mit Stand vom 9. Mai 2011 (Berichtszeitpunkt) als Bundesstatistik durch.

(…)

(3) Der Zensus dient:

1. der Feststellung der amtlichen Einwohnerzahlen von Bund, Ländern und Gemeinden und der Bereitstellung der Grundlage für die Fortschreibung der amtlichen Einwohnerzahlen für die Zeit zwischen zwei Volkszählungen,

2. der Gewinnung von Grunddaten für das Gesamtsystem der amtlichen Statistik sowie von Strukturdaten über die Bevölkerung als Datengrundlage insbesondere für politische Entscheidungen von Bund, Ländern und Kommunen auf den Gebieten Bevölkerung, Wirtschaft, Soziales, Wohnungswesen, Raumordnung, Verkehr, Umwelt und Arbeitsmarkt sowie

3. der Erfüllung der Berichtspflichten nach der Verordnung (EG) Nr. 763/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über Volks- und Wohnungszählungen (ABl L 218 vom 13.8.2008, S. 14).

§ 2 Erhebungseinheiten und Begriffsbestimmungen

(…)

(2) Die amtliche Einwohnerzahl einer Gemeinde ist die Gesamtzahl der Personen, die ihren üblichen Aufenthaltsort in der Gemeinde haben. Der übliche Aufenthaltsort einer Person ist der Ort, an dem sie nach den melderechtlichen Vorschriften mit nur einer alleinigen Wohnung oder mit ihrer Hauptwohnung gemeldet sein sollte. Bei den im Ausland tätigen Angehörigen der Bundeswehr, der Polizeibehörden und des Auswärtigen Dienstes sowie ihrer dort ansässigen Familien ist anstelle des Aufenthaltsortes der Staat des Aufenthaltes anzugeben.

(…)

§ 3 Übermittlung von Daten durch die Meldebehörden und durch oberste Bundesbehörden

(1) Zur Aktualisierung des Anschriften- und Gebäuderegisters nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 vom 8. Dezember 2007 (BGBl I S. 2808) sowie zur Vorbereitung und Durchführung des Zensus übermitteln die Meldebehörden den statistischen Ämtern der Länder für jede gemeldete Person elektronisch die folgenden Daten:

(…)

(2) Die Meldebehörden übermitteln die Daten nach Absatz 1:

1. zum Stichtag 1. November 2010,

2. zum Berichtszeitpunkt,

3. zum Stichtag 9. August 2011

jeweils innerhalb von vier Wochen nach den genannten Zeitpunkten.

(…)

(5) Die nach Absatz 2 Nummer 1 übermittelten Daten werden als Hilfsmerkmale für die Durchführung des Zensus erfasst.

(6) Von den nach Absatz 2 Nummer 2 und 3 übermittelten Daten werden die Daten nach Absatz 1 Nummer 4 und 5 (Angabe des Monats und des Jahres aus dem Merkmal Tag der Geburt), 7 bis 12 sowie 15 bis 19 als Erhebungsmerkmale und die nach Absatz 1 Nummer 1 bis 3, 5 (Angabe des Tages aus dem Merkmal Tag der Geburt), 6, 13, 14 sowie 20 bis 26 als Hilfsmerkmale erfasst.

(7) Die statistischen Ämter der Länder übermitteln dem Statistischen Bundesamt die Daten nach Absatz 1 nach Abschluss der Vollzähligkeits- und Vollständigkeitsüberprüfung jeweils spätestens acht Wochen nach den in Absatz 2 genannten Zeitpunkten.

(…)

§ 7 Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1. in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,

2. in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Abs. 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Abs. 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Abs. 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Abs. 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Abs. 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1. Wohnungsstatus,

2. Geschlecht,

3. Staatsangehörigkeiten,

4. Monat und Jahr der Geburt,

5. Familienstand,

6. nichteheliche Lebensgemeinschaften,

7. für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,

8. Zahl der Personen im Haushalt,

(…)

(9. bis 19: Angaben zu Erwerbsbeteiligung, Beruf, Bildung, religiösem Bekenntnis)

(5) Hilfsmerkmale sind:

1. Familienname und Vornamen,

2. Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,

3. Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),

4. Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,

5. für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

§ 8 Erhebungen an Anschriften mit Sonderbereichen

(1) Die statistischen Ämter der Länder stellen für alle Anschriften mit Sonderbereichen die dort wohnenden Personen fest. Dafür werden für jede dort wohnende Person folgende Daten erhoben:

1. als Erhebungsmerkmale:

a) Monat und Jahr der Geburt,

b) Geschlecht,

c) Familienstand,

d) Staatsangehörigkeiten,

e) Tag des Bezugs der Wohnung oder des Beginns der Unterbringung,

f) Geburtsstaat,

g) ob die Person unter der Anschrift in einem Haushalt nach § 2 Absatz 1 Satz 4 bis 6 lebt,

h) Wohnungsstatus,

2. als Hilfsmerkmale:

a) Familienname, frühere Namen und Vornamen,

b) Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),

c) Geburtsort.

(2) Für die nach Absatz 1 festgestellten Personen findet ein Abgleich mit den nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten statt. Die statistischen Ämter der Länder klären anhand der Merkmale nach § 8 Absatz 1, an welchem Ort die Personen mit Haupt- und Nebenwohnung zu zählen sind. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für Personen in Sonderbereichen, die nicht in einem Haushalt nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe g wohnen, werden die Hilfsmerkmale nach Absatz 1 Nummer 2 nach erfolgtem Abgleich unverzüglich gelöscht.

(4) In sensiblen Sonderbereichen werden bei der Gebäude- und Wohnungszählung nur die Erhebungsmerkmale nach § 6 Absatz 2 und als Hilfsmerkmale die Familiennamen, die Vornamen, die Anschriften und die Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen erhoben.

(5) In sensiblen Sonderbereichen darf keine Haushaltsstichprobe nach § 7 durchgeführt werden. In den übrigen nach § 7 ausgewählten Sonderbereichen werden die dort wohnenden Personen zu den Merkmalen nach § 7 Absatz 4 und 5 befragt.

§ 9 Zusammenführung der Datensätze und Haushaltegenerierung

(1) Zur Erstellung des kombinierten Datensatzes mit demografischen und erwerbsstatistischen Angaben führt das Statistische Bundesamt die Datensätze nach den §§ 3 bis 5 unter Beachtung der Ergebnisse der Erhebungen und Untersuchungen nach den §§ 8, 15 und 16 zusammen.

(2) Zur Feststellung von Über- und Untererfassungen in den Melderegistern sowie zur Ergänzung des kombinierten Datensatzes um die zusätzlichen Merkmale aus der Erhebung nach § 7 führen die statistischen Ämter der Länder die Daten nach Absatz 1 anhand des Referenzdatenbestandes nach § 12 Absatz 4 Satz 3 und Absatz 5 mit den Daten nach § 7 zusammen.

(…)

§ 12 Zentrale Datenverarbeitung und -aufbereitung

(1) Die erhobenen Daten werden nach Maßgabe der folgenden Vorschriften zentral verarbeitet und aufbereitet.

(2) Das Statistische Bundesamt ist für die Führung des Anschriften- und Gebäuderegisters im Rahmen der Durchführung des Zensus und die damit verbundene Erfüllung der Aufgaben nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 zuständig. Bei den Zusammenführungen nach § 9 sind die im Anschriften- und Gebäuderegister gespeicherten Angaben zu nutzen.

(3) Das Statistische Bundesamt stellt das Metadatensystem für den Zensus bereit.

(4) Das Statistische Bundesamt stellt die Informationstechnik für die Übernahme und Zusammenführung der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten sowie der Angaben aus den erwerbsstatistischen Registern nach den §§ 4 und 5 in das dort für den Zensus betriebene Datenbanksystem bereit. Die Übernahme und Zusammenführung der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten und der erwerbsstatistischen Angaben nach § 5 Satz 2 obliegt den statistischen Ämtern der Länder. Die melde- und erwerbsstatistischen Angaben werden mit dem Anschriften- und Gebäuderegister verbunden und bilden zusammen einen Referenzdatenbestand, der vom Statistischen Bundesamt bereitgehalten wird. Der Referenzdatenbestand ist im Zusammenwirken mit den statistischen Ämtern der Länder zu nutzen, um Erhebungs- und Hilfsmerkmale erhebungsteilübergreifend durch automatisierten Abgleich auf ihre Schlüssigkeit und Vollständigkeit zu prüfen; die Fachkonzepte sind abzustimmen.

(5) Der Referenzdatenbestand nach Absatz 4 Satz 3 wird um das Ergebnis der Abgleiche ergänzt. Dabei festgestellte Unstimmigkeiten, insbesondere zwischen den Angaben aus unterschiedlichen Erhebungsteilen, werden von den statistischen Ämtern geklärt und in den Referenzdatenbestand eingearbeitet.

(6) Das Statistische Bundesamt gewährt den statistischen Ämtern der Länder zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz Zugriff auf den Referenzdatenbestand nach Absatz 4 Satz 3 sowie Absatz 5. Die statistischen Ämter der Länder nutzen diese Daten für die Durchführung und Aufbereitung der Angaben aus der Gebäude- und Wohnungszählung sowie den Datenerhebungen nach den §§ 7, 8, 15 Absatz 4 und § 16.

(7) Die statistischen Ämter der Länder nehmen die informationstechnischen Aufgaben für die primärstatistische Erhebung, Aufbereitung und Auswertung der Angaben nach den §§ 6 bis 8 Absatz 4 und 5 arbeitsteilig im Sinne einer zentralen Verarbeitung und Datenhaltung wahr. Dies gilt auch für die Aufgabe nach § 9 Absatz 3. Verantwortlich für die Stichproben und Erhebungen in Sondergebäuden (§§ 7 und 8) ist der Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen, für die Gebäude- und Wohnungszählung (§ 6) das Statistische Landesamt des Freistaates Sachsen, für die Haushaltegenerierung (§ 9 Absatz 3) und für die Auswertungsdatenbank das Bayerische Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung.

(8) Die datenschutzrechtliche Verantwortung für die zentral gespeicherten Daten trägt das nach den Absätzen 1 bis 7 zuständige statistische Amt. Es hat insbesondere zu gewährleisten, dass die Daten von den anderen statistischen Ämtern nur im Rahmen ihrer jeweiligen Aufgaben nach diesem Gesetz abgerufen werden können. Die Verantwortung für die Zulässigkeit des Abrufs im automatisierten Verfahren trägt der Empfänger.

(…)

§ 15 Mehrfachfalluntersuchung

(1) Das Statistische Bundesamt prüft anhand der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten, ob Personen für mehr als eine alleinige Wohnung oder Hauptwohnung (Mehrfachfälle) oder nur für Nebenwohnungen gemeldet sind.

(2) Mehrfachfälle in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern werden vom Statistischen Bundesamt maschinell bereinigt. Maßgebliche Entscheidungskriterien sind dabei die Einzugsdaten der betroffenen Person. Der sich daraus ergebende Datenbestand bildet die Grundlage für die Zusammenführungen nach § 9 Absatz 1 sowie für die Feststellung von Über- und Untererfassungen nach § 9 Absatz 2. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für alle Personen, die nur mit Nebenwohnungen gemeldet sind und für Personen mit mehr als einer alleinigen Wohnung oder Hauptwohnung, die in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern gemeldet sind, stellen die statistischen Ämter der Länder den Wohnungsstatus zum Berichtszeitpunkt fest. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(4) Zur Feststellung des Wohnungsstatus nach Absatz 3 erheben die statistischen Ämter der Länder bei den betroffenen Personen folgende Angaben:

1. Erhebungsmerkmale:

a) Monat und Jahr der Geburt,

b) Geschlecht,

c) Familienstand,

d) Staatsangehörigkeiten,

e) Wohnungsstatus der betroffenen Person in Bezug auf jede Anschrift,

2. Hilfsmerkmale:

a) Familienname, frühere Namen und Vornamen,

b) Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),

c) Geburtsort,

d) Anschriften aller Haupt- und Nebenwohnungen der betroffenen Person.

§ 16 Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten

Die statistischen Ämter der Länder bereinigen Unstimmigkeiten, die in Bezug auf Anschriften mit nur einer bewohnten Wohnung in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern bestehen. Dazu erheben sie an den betroffenen Anschriften für jede dort wohnende Person folgende Angaben:

1. Erhebungsmerkmale:

a) Monat und Jahr der Geburt,

b) Geschlecht,

c) Familienstand,

d) Wohnungsstatus,

e) Staatsangehörigkeiten,

f) Zahl der in der Wohnung wohnhaften Personen,

2. Hilfsmerkmale:

a) Familienname, frühere Namen und Vornamen,

b) Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),

c) Anschrift.

(…)

§ 19 Löschung

(1) Die Hilfsmerkmale sind von den Erhebungsmerkmalen zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu trennen und gesondert aufzubewahren. Sie sind, soweit sich nicht aus § 22 Abs. 2 und § 23 etwas anderes ergibt, zu löschen, sobald bei den statistischen Ämtern die Überprüfung der Erhebungs- und Hilfsmerkmale auf ihre Schlüssigkeit und Vollständigkeit abgeschlossen ist. Sie sind spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu löschen.

(2) Die Erhebungsunterlagen sind nach Abschluss der Aufbereitung des Zensus, spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu vernichten.

(…)

32

b) Diesen Regelungen liegen - soweit hier von Bedeutung - folgende Erwägungen des Gesetzgebers zugrunde:

33

aa) (1) § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 begrenze die ergänzenden Haushaltsstichproben zur statistischen Korrektur von Über- und Untererfassungen auf Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern. Diese Entscheidung beruhe auf den Ergebnissen und Empfehlungen des Zensustests. Dort sei festgestellt worden, dass Über- und Untererfassungen in Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern geringer seien als in Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern. Auch sei der Saldo von beiden - gegenläufigen - Fehlern in kleineren Gemeinden tendenziell geringer. Im Zensustest seien daher Modelle zur Fehlerkorrektur entwickelt worden, die nach Gemeindegrößen unterschieden. Die Haushaltsstichprobe eigne sich besonders dazu, die Fehlerhäufigkeit für Über- und Untererfassungen der Melderegister in Gemeinden ab 10.000 Einwohnern zu ermitteln, während sich für Gemeinden unter 10.000 Einwohnern die Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten (§ 16 ZensG 2011) als das beste Instrument erwiesen habe, um Fehlerraten mit einer vergleichbaren Genauigkeit zu ermitteln. Eine Fehlerkorrektur mittels Haushaltsstichproben sei für Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern nicht geeignet, da wegen der begrenzten Einwohnerzahl aussagekräftige Stichprobenergebnisse nur bei einem erheblich größeren Umfang der Haushaltsstichprobe zu erzielen wären. Im Übrigen wiesen kleinere Gemeinden tendenziell einen geringeren Anteil an Über- und Untererfassungen in den Melderegistern auf (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 44). Mit den in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und § 16 ZensG 2011 vorgesehenen Korrekturmethoden strebe der Gesetzgeber daher eine vergleichbare Genauigkeit an (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 30, 44).

34

Die Bestimmung von Stadtteilen in Städten mit mindestens 400.000 Einwohnern und von Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz mit mindestens 10.000 Einwohnern als eigene Stichprobenbasis- beziehungsweise Erhebungseinheit in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 ZensG 2011 gehe auf einen Vorschlag des Bundesrats zurück, der regional differenzierte Informationen auch für Teile von Großstädten und für Gebiete mit überwiegend kleinen Gemeinden zu gewinnen für fachlich notwendig gehalten hatte (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 57; BRDrucks 3/1/09, S. 18; BRDrucks 3/09, S. 17). Mit der Berücksichtigung von Teilen größerer Städte würde mit geringem Zusatzaufwand ein Beitrag zur qualitativen Absicherung der amtlichen Einwohnerzahl geliefert. Nach den Ergebnissen des Zensustests sei für große Städte mit einer höheren Fehlerquote der Melderegister zu rechnen (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 57; BRDrucks 3/1/09, S. 18; BRDrucks 3/09, S. 17).

35

Die Gesetzesbegründung erläutert darüber hinaus, dass die Haushaltsstichprobe als Zufallsstichprobe konzipiert sei, so dass jedes Element der Grundgesamtheit eine Chance habe, in die Stichprobe zu gelangen (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 31). Die in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 vorgesehene Genauigkeit bei der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl (einfacher relativer Standardfehler von höchstens 0,5%) bedeute, dass mit 95%iger Sicherheit der Unterschied zwischen der festgestellten und der tatsächlichen (aber unbekannten) Einwohnerzahl maximal 1% der Registerbevölkerung dieser Gemeinde betrage (a.a.O., S. 31). Bei der Festlegung dieser Fehlerobergrenze gehe der Gesetzgeber davon aus, dass die mit dem Zensus 2011 ermittelten Einwohnerzahlen die gleiche Genauigkeit aufweisen würden wie die Ergebnisse früherer Volkszählungen. Auch die bei den Volkszählungen 1970 und 1987 ermittelten Einwohnerzahlen hätten Unter- und Übererfassungen aufgewiesen, die durch nachträgliche Stichprobenbefragungen festgestellt worden seien (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 31 f.; BT(A)Drucks 16(4)255 E, S. 1, 3; BT(A)Drucks 16(4)255 G, S. 7 ff.; BT(A)Drucks 16(4)586 F, S. 1; Statistisches Bundesamt, Haushaltebefragung beim Zensus 2011. Erläuterungen zum Stichprobenverfahren, 2010, S. 8; Anding/Fürnrohr, BayVBl 2014, S. 709 <715>).

36

Mit § 7 Abs. 2 Satz 1 ZensG 2011 wolle der Gesetzgeber verdeutlichen, dass es ihm bei der Haushaltebefragung in erster Linie auf die Sicherstellung der in § 7 Abs. 1 ZensG 2011 geregelten Qualitätsvorgaben ankomme, und zugleich klarstellen, wie groß der zu erwartende Stichprobenumfang sein werde (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 32). In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass der relative Standardfehler umso geringer ausfalle, je größer der Stichprobenumfang ist und umgekehrt (vgl. Anding/Fürnrohr, BayVBl 2014, S. 709 <715>; Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Zensus 2011. Methoden und Verfahren, 2015, S. 28). Diese Wechselwirkung komme in § 7 ZensG 2011 dadurch zum Ausdruck, dass er den relativen Standardfehler nicht exakt, sondern mit einem anzustrebenden Wert festgelegt hat, von dem der Gesetzgeber auf der Grundlage der Voruntersuchungen im Zensustest angenommen habe, dass er mit dem in der Stichprobenverordnung konkret festzusetzenden Stichprobenumfang nicht überschritten würde (vgl. Anding/Fürnrohr, BayVBl 2014, S. 709 <715>).

37

(2) Zur Festlegung des Stichprobenumfangs wird ausgeführt, dass der exakte Stichprobenumfang erst feststehen werde, wenn die Ergebnisse eines vom Statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsprojekts zur Optimierung des Stichprobendesigns vorlägen. Daher werde im Zensusgesetz 2011 insoweit nur eine Obergrenze festgelegt (BTDrucks 16/12219, S. 32).

38

Der Bundesrat hatte dagegen schon im ersten Durchgang eingewandt, es sei inkonsequent, den Umfang der Haushaltsstichprobe zu begrenzen, wenn noch nicht klar sei, ob dieser ausreiche, um belastbare Ergebnisse zu erreichen. Die Entscheidung über den Stichprobenumfang könne erst getroffen werden, wenn die seinerzeit noch fehlenden, durch das in Auftrag gegebene Forschungsprojekt zu ermittelnden wissenschaftlichen Grundlagen vorlägen. Erst dann seien Stichprobenumfang und Stichprobenqualität so festzulegen, dass die in § 1 Abs. 3 ZensG 2011 beschriebenen Ziele des Zensus und die von der Bundesregierung selbst gesetzten Qualitätsvorgaben auch erreicht würden (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 51; BRDrucks 3/1/09, S. 53; BRDrucks 3/09, S. 2). Ähnliche Einwände erhob der Bundesrat im Hinblick auf die Genauigkeit der zu gewinnenden Daten (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 58; BRDrucks 3/1/09, S. 20; BRDrucks 3/09, S. 19). Er ging allerdings davon aus, dass seine Bedenken (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 58 unter Verweis auf BVerfGE 8, 274 <325>; ebenso BRDrucks 3/1/09, S. 20 und BRDrucks 3/09, S. 19; vgl. auch BRDrucks 114/10, S. 5) hinsichtlich unzureichender Regelung des Stichprobenverfahrens und des Stichprobendesigns durch die von ihm vorgeschlagene, im ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht vorgesehene Verordnungsermächtigung in § 7 Abs. 2 Satz 2 ZensG 2011 unter gleichzeitiger Streichung der Regelung des maximalen Stichprobenumfangs in § 7 Abs. 2 Satz 1 ZensG 2011 ausgeräumt würden (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 58; BRDrucks 3/1/09, S. 20 f.; BRDrucks 3/09, S. 20).

39

In ihrer Gegenäußerung wies die Bundesregierung darauf hin, dass mit der Festlegung in § 7 Abs. 1 Satz 2 ZensG 2011 der Umfang der erforderlichen Stichprobe aufgrund des statistisch-mathematischen Zusammenhangs zwischen Stichprobenumfang und Stichprobenqualität im Wesentlichen feststehe. Es sei angesichts des zeitlichen Aufwands für die Vorbereitung des Zensus 2011 daher nicht vertretbar, die gewünschte Stichprobenqualität und den Stichprobenumfang - wie vom Bundesrat vorgeschlagen - erst zusammen mit der Stichprobenverordnung Anfang 2010 festzulegen (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 71).

40

(3) Die Auswahl der Stichprobe sollte ausweislich der Gesetzesbegründung nach dem Zufallsprinzip erfolgen, wobei die Maßstäbe für die Auswahl (insbesondere Schichtung, Aufteilung des Stichprobenumfangs auf die Schichten, Auswahltechnik) durch das sogenannte Stichprobendesign vorgegeben werden sollten. Dazu würden einige Basisinformationen über die Personen an den Anschriften benötigt, wofür die Stichprobenorganisationsdatei (§ 5 Abs. 4 ZensVorbG 2011) und die Meldedaten (§ 3 Abs. 1 ZensG 2011) genutzt werden sollten. Die Stichprobe sollte nach unterschiedlichen sachlichen Kriterien wie Gemeindestruktur, Anzahl der an einer Anschrift gemeldeten Personen, Wohndauer et cetera geschichtet und optimiert, die Stichprobengröße in regionaler und fachlicher Hinsicht differenziert werden, um die Genauigkeitsvorgaben für die Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern für alle Größenklassen von Gemeinden zu erfüllen (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 32). Die Entwicklung des Stichprobendesigns sollte sich dabei unter Berücksichtigung neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse an folgenden Grundsätzen orientieren (a.a.O., S. 32 f.):

· Das Stichprobendesign sollte so festgelegt werden, dass die Ergebnisse für alle relevanten Teilgesamtheiten die in § 7 Abs. 1 Satz 2 ZensG 2011 genannten Ziele mit den vorgegebenen Genauigkeitsanforderungen nach allen vorliegenden Erkenntnissen erfüllten. Zur Aufdeckung von Über- und Untererfassungen stünden Informationen aus den Melderegistern von April 2008 sowie dem Zensustest zur Verfügung. Für die Erhebung der zusätzlichen Merkmale (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZensG 2011) sollten Informationen aus dem Mikrozensus herangezogen werden. Dieser wird - zusätzlich zu Volkszählungen - in Westdeutschland seit 1957, in ganz Deutschland seit 1991 jährlich durchgeführt. Dabei werden durch individuelle Befragung eines Teils der Bevölkerung Informationen über die Bevölkerungsstruktur, die wirtschaftliche und soziale Lage der Bevölkerung, der Familien und Haushalte, die Erwerbstätigkeit, Arbeitssuche, Aus- und Weiterbildung, Wohnverhältnisse und Gesundheit erhoben.

· Da diese Daten nur in zusammengefasster Form vorlägen, das heißt nicht für jede einzelne Gemeinde, sollte in späteren Arbeitsschritten das Auswahl- und Hochrechnungsverfahren der Haushaltsstichprobe anhand der umfassenderen Datengrundlage der erhobenen Stichprobenergebnisse weiterentwickelt und präzisiert werden.

· Das zu entwickelnde Hochrechnungsverfahren sollte weitestgehend kohärent sein, hochgerechnete Ergebnisse der nicht in Melderegistern enthaltenen Merkmale in der Summe mit den Auswertungen der Melderegister übereinstimmen.

· Die Anzahl der einzubeziehenden Anschriften hänge im Wesentlichen von den in § 7 Abs. 1 ZensG 2011 festgelegten Genauigkeitsanforderungen und der Variabilität der Merkmale in den Teilgesamtheiten ab (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 33).

41

bb) Im Hinblick auf sogenannte Mehrfachfälle enthält § 15 ZensG 2011 eine weitere Regelung zur Korrektur der Registerauswertung und differenziert dabei - ähnlich § 7 Abs. 1 ZensG 2011 - zwischen kleineren und größeren Gemeinden: In Gemeinden ab 10.000 Einwohnern sollten die Mehrfachfälle maschinell bereinigt und die Anschrift mit dem älteren Einzugsdatum gelöscht (§ 15 Abs. 2 Sätze 1 und 2 ZensG 2011), in Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern der Wohnstatus zum Berichtszeitpunkt mit Hilfe einer postalischen Befragung geklärt werden (§ 15 Abs. 3 ZensG 2011; vgl. Anding/Fürnrohr, BayVBl 2014, S. 709 <712>).

42

cc) In § 19 ZensG 2011 regelt das Zensusgesetz 2011 die Löschung von im Rahmen des Zensus erhobenen Daten im Hinblick auf Hilfsmerkmale und Erhebungsunterlagen. Zur Bemessung der Fristen heißt es lediglich, dass Absatz 1 die Regelung in § 12 Abs. 1 BStatG über die Trennung und Löschung von Hilfsmerkmalen aufgreife und darüber hinaus eine Frist von vier Jahren vorsehe sowie dass Absatz 2 die Vernichtung der Erhebungsunterlagen nach Abschluss der Aufbereitung des Zensus vorschreibe, spätestens aber vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 48). Für an Anschriften mit Sonderbereichen erhobene Daten findet sich eine weitere Löschungsregelung in § 8 Abs. 3 ZensG 2011. Hier ging der Gesetzgeber davon aus, dass die für Personen ohne eigene Haushaltsführung erhobenen Hilfsmerkmale nicht mehr in die Haushaltegenerierung einfließen würden und daher bereits nach erfolgtem Abgleich mit dem Gesamtdatenbestand gelöscht werden konnten (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 37).

43

c) Soweit der Bundesrat und die Fraktionen von FDP und BÜNDNIS 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag beantragt hatten, die Abweichungsfestigkeit von § 3 Abs. 1, 2 und 7, § 5 Satz 2, § 6 Abs. 1, § 7 Abs. 3 und 6, § 11 Abs. 6, 7 und 10, § 14 Abs. 1 und 3, § 15 Abs. 3 und §§ 16, 17 ZensG 2011 vorzusehen (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 51, 68 f.; BTDrucks 16/12711, S. 12; BRDrucks 3/1/09, S. 49 f.), wurde dies von der Bundesregierung mit dem Hinweis abgelehnt, dass das Zensusgesetz 2011 mathematisch-statistische Qualitätsvorgaben und ein umfangreiches Instrumentarium enthalte, um die gebotene Einheitlichkeit sicherzustellen. Abweichungsfester Verfahrensregelungen bedürfe es nicht (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 72, 79).

44

Den Vorschlag, in § 17 ZensG 2011 den Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften über Methoden, Verfahren und Qualitätsstandards bei der Vorbereitung, Durchführung und Aufbereitung des Zensus 2011 vorzusehen (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 66; BRDrucks 3/1/09, S. 41; BRDrucks 3/09, S. 37 f.), lehnte die Bundesregierung unter Hinweis auf Art. 84 Abs. 2 GG ab (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 77).

45

6. Die nähere Ausgestaltung der Haushaltsstichprobe sollte nach dem Willen des Gesetzgebers von einem Stichprobenforschungsprojekt wissenschaftlich vorbereitet und begleitet werden (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 32, 58, 71). Bei diesem Forschungsprojekt handelte es sich um eine von der Universität Trier mit dem GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften Mannheim über dreieinhalb Jahre durchgeführte Untersuchung, deren Gegenstand Stichprobendesign und Schätzmethodik für die Haushaltsstichprobe war (vgl. Münnich/Gabler u.a., Stichprobenoptimierung und Schätzung im Zensus 2011, Statistik und Wissenschaft, Bd. 21, 2012, S. 5, 16; Berg/Bihler, Das Stichprobendesign der Haushaltsstichprobe des Zensus 2011, Wirtschaft und Statistik, April 2011, S. 317 <317>). Ergebnisse und daraus abgeleitete Empfehlungen für den Zensus 2011 lagen im November 2010 in Form eines Abschlussberichts vor. Ein Zwischenbericht datiert vom 8. Juli 2009.

46

Gegenstand des Forschungsprojekts war die Frage, wie trotz struktureller Unterschiedlichkeit der Gemeinden die Stichprobenbasiseinheit (= regionale Einheit, aus der eine einzelne Stichprobe im Rahmen des Gesamtvorgangs Stichprobenziehung gezogen wird) definiert werden musste, um die gesetzlichen Vorgaben aus § 7 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZensG 2011 einzuhalten.

47

Die gesetzlich vorgegebenen Präzisionsanforderungen (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 ZensG 2011) sowie das Interesse an einem möglichst geringen Auswahlsatz (§ 7 Abs. 2 Satz 1 ZensG 2011), an einer Begrenzung der Kosten und einer nicht zu großen Variation der Auswahlwahrscheinlichkeiten bildeten den Rahmen für die Suche nach einem optimalen Stichprobendesign. Dabei wurde berücksichtigt, dass das Gesetz die Ziehung von Anschriften vorsieht (§ 7 Abs. 3 Satz 1 ZensG 2011) und insoweit auf das im Rahmen des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 erstellte Gebäude- und Wohnungsregister zurückgreift. Die Stichprobenbasiseinheiten wurden in Anlehnung an § 7 Abs. 1 ZensG 2011 daher in vier Typen eingeteilt:

Typ 0: Stadtteile ab 200.000 Einwohnern von Gemeinden mit mindestens 400.000 Einwohnern

Typ 1: Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern, sofern sie nicht zum Typ 0 gehören

Typ 2: Zusammenfassung kleiner Gemeinden unter 10.000 Einwohnern innerhalb eines Gemeindeverbands beziehungsweise einer Verbandsgemeinde, sofern sie in der Summe mindestens 10.000 Einwohner haben

Typ 3: Zusammenfassung aller Gemeinden eines Kreises, die bis dahin noch keinem Typ zugeordnet wurden

48

Dies garantiere eine Zerlegung Deutschlands in Stichprobenbasiseinheiten, die bezüglich der Größe nicht mehr stark variierten (vgl. Münnich/Gabler u.a., Zensus Stichproben-Projekt. Stichprobenverfahren und Allokation des Stichprobenumfangs für den Zensus 2011, Zwischenbericht vom 8. Juli 2009, S. 5; vgl. auch Statistisches Bundesamt, Haushaltebefragung beim Zensus 2011. Erläuterungen zum Stichprobenverfahren, 2010, S. 9).

49

Mit Blick auf die gesetzlichen Präzisionsvorgaben mussten darüber hinaus die Schätzverfahren (= Hochrechnungsverfahren) einbezogen werden. Die hierzu angestellten Untersuchungen legten die Verwendung geschichteter Zufallsstichproben nahe, wobei zwei Varianten getestet wurden: Die Bildung von nach Größe aufsteigend geordneten Anschriftenklassen mit gleich vielen Anschriften in jeder Schicht einerseits und Schichten mit gleicher Personenzahl andererseits. Da sich bei der zweiten Variante eine höhere Effektivität ergab, empfahl das Forschungsprojekt eine Schichtung in acht Schichten in personengleicher Allokation (vgl. Münnich/Gabler u.a., Stichprobenoptimierung und Schätzung im Zensus 2011, Statistik und Wissenschaft, Bd. 21, 2012, S. 37).

50

Die Schichtung innerhalb eines Erhebungsgebiets berücksichtigte, dass eine Stichprobe umso genauere Ergebnisse liefert, je mehr sich die befragten Personen bei den Merkmalen ähneln, die in der Stichprobenerhebung erfragt werden, so dass eine möglichst hohe Genauigkeit der Einwohnerzahl erreicht wird, wenn sich die Anschriften einer Schicht im Hinblick auf ihre Größe ähneln. Zudem war im Zensustest nach Auffassung der statistischen Fachkreise deutlich geworden, dass die Häufigkeit von "Karteileichen" und Fehlbeständen in der Regel zunehme, je mehr Personen an einer Anschrift lebten. Daher wurden die Schichten auf der Basis von Anschriftengrößenklassen gebildet, wobei sich gezeigt hatte, dass die Einteilung in acht hinsichtlich der Personenzahl gleich große Schichten gute Ergebnisse liefere (vgl. Statistisches Bundesamt, Haushaltebefragung beim Zensus 2011. Erläuterungen zum Stichprobenverfahren, 2010, S. 10).

51

Sodann wurden geeignete Teilstichprobenumfänge (vgl. oben Rn. 40) ermittelt und verschiedene Schätzmethoden analysiert. Dabei ging man davon aus, dass sich die festzustellende Einwohnerzahl aus den Melderegisterbeständen zuzüglich geschätzter Fehlbestände und abzüglich geschätzter "Karteileichen" ergebe. Die im Rahmen der Stichproben entdeckten "Karteileichen" und Fehlbestände sollten in diesem Zusammenhang nicht direkt hochgerechnet werden. Vielmehr sollte zunächst die Zahl der mit Hauptwohnsitz existenten (= in der Stichprobe angetroffenen) und die Zahl der mit Hauptwohnsitz "paarigen" (= sowohl in der Stichprobe angetroffenen als auch im Melderegister gemeldeten) Personen hochgerechnet werden. "Karteileichen" sollten sich dabei aus der Differenz zwischen Melderegisterbestand und "paarigen" Personen ergeben, Fehlbestände aus der Differenz zwischen bei der Haushaltsstichprobe ermittelten existenten Personen und "paarigen" Personen (vgl. Berg/Bihler, Das Hochrechnungsverfahren zur Ermittlung der Einwohnerzahl im Zensus 2011, Wirtschaft und Statistik, 2014, S. 229 <231>).

52

Es wurde zudem untersucht, welche Kombination von Stichprobendesign und Schätzern (= Hochrechnungsmethoden) am geeignetsten erschien (vgl. Münnich/Gabler u.a., Stichprobenoptimierung und Schätzung im Zensus 2011, Statistik und Wissenschaft, Bd. 21, 2012, S. 65 ff., 143): Für die Schätzung der amtlichen Einwohnerzahl in großen Stichprobenbasiseinheiten wurde der gruppierte verallgemeinerte Regressionsschätzer (GREG) empfohlen, für die Schätzung von "Karteileichen" und Fehlbeständen ein kombinierter x2- und GREG-Schätzer, hinsichtlich der zusätzlichen Erhebungsmerkmale der GREG-Schätzer beziehungsweise der YOURAO-Schätzer. Bei Ziel-2-Hypercubes erschienen prinzipiell alle drei Verfahren (GREG-, YOURAO-, x2-Schätzer) geeignet. Empfohlen wurde wiederum eine Kombination von x2- und GREG-Schätzer.

53

Die Ergebnisse des Forschungsprojekts wurden der Zensuskommission zur wissenschaftlichen Begutachtung vorgelegt (Anding/Fürnrohr, BayVBl 2014, S. 709 <715>).

54

7. Die Bundesregierung erließ am 3. März 2010, gestützt auf § 7 Abs. 2 Satz 2 ZensG 2011, die Verordnung über Verfahren und Umfang der Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis zum Zensusgesetz 2011 (Stichprobenverordnung Zensusgesetz 2011 - StichprobenV). Der Bundesrat stimmte ihr gemäß Art. 80 Abs. 2 GG am 7. Mai 2010 zu (vgl. Bundesrat, PlenProt. 869, S. 134; BRDrucks 114/10, S. 3). Sie ist am 1. Juli 2010 in Kraft getreten (vgl. BGBl I 2010, S. 830).

55

a) Dem Verordnungsgeber lagen die Ergebnisse des Forschungsprojekts in Gestalt des Zwischenberichts vom 8. Juli 2009 vor, der konkrete Empfehlungen zum Stichprobenplan, zur Aufteilung der Erhebungsgebiete, zur optimalen Verteilung des Stichprobenumfangs und zur Einteilung der Erhebungsgebiete in acht gleich starke Schichten enthielt. In Übereinstimmung mit den statistischen Ämtern des Bundes und der Länder sowie der wissenschaftlichen Zensuskommission ging die Bundesregierung davon aus, dass das Forschungsprojekt ein Verfahrensmodell entwickelt hatte, mit dem die Qualitätsvorgaben des § 7 Abs. 1 ZensG 2011 erfüllt werden konnten (vgl. BRDrucks 114/10, S. 5; Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Das registergestützte Verfahren beim Zensus 2011, 2011, S. 13).

56

b) Die Verordnung über Verfahren und Umfang der Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis zum Zensusgesetz 2011 enthält - soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung - insbesondere folgende Regelungen:

§ 2 Stichprobenverfahren

(1) Das Statistische Bundesamt legt den bundesweiten Stichprobenplan fest, zieht die Stichproben nach § 7 Abs. 3 des Zensusgesetzes bundesweit jeweils am gleichen Datum und dokumentiert das Auswahlverfahren sowie die einbezogenen Anschriften.

(2) Bei der Erstellung des Stichprobenplans und bei der Stichprobenziehung sind die Qualitätsvorgaben aus dem vom Statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsprojekt zur Entwicklung des Stichprobenverfahrens zu berücksichtigen.

(3) Für den Stichprobenplan und die Stichprobenziehung ist Folgendes maßgebend:

1. Auswahlgrundlage ist der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum in dem nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 vom 8. Dezember 2007 (BGBl I S. 2808) erstellten Anschriften- und Gebäuderegister. Die Stichprobenziehung erfolgt mit Stand vom 1. September 2010. Für Anschriften mit Wohnraum, die zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt des Zensus 2011 (9. Mai 2011) neu in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen werden, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen.

2. Der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum ist regional nach Erhebungsgebieten zu gliedern. Erhebungsgebiete sind Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern, in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auch Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern und die auf der Kreisebene zusammengefassten Gemeinden unter 10 000 Einwohnern.

3. Für jedes Erhebungsgebiet ist der jeweilige Anschriftenbestand zunächst aufsteigend nach der Zahl der an der Anschrift mit alleinigem Wohnsitz oder mit Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldeten Personen zu ordnen und anschließend in acht überschneidungsfreie Schichten mit etwa der gleichen Anzahl an Personen zu gliedern. Für Anschriften mit Sonderbereichen nach § 8 Absatz 5 Satz 2 des Zensusgesetzes 2011 wird zusätzlich eine eigene Schicht gebildet.

4. Innerhalb der Schichten werden die Anschriften nach einem mathematischen Zufallsverfahren ausgewählt.

5. Das Stichprobenverfahren wird so ausgerichtet, dass für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern die gleiche Auswahlwahrscheinlichkeit für alle Anschriften und Personen gegeben ist.

§ 3 Stichprobenumfang

(1) Auf Grund der in den Stichprobenplan übernommenen qualitätssichernden Vorgaben errechnet sich bundesweit ein Bedarf von rund 1,4 Millionen Anschriften, an denen Haushaltsbefragungen auf Stichprobenbasis durchgeführt werden. Der bundesweite Stichprobenumfang wird auf 9,6 Prozent der Bevölkerung festgelegt. Grundlage dafür ist die amtliche Einwohnerzahl zum Stichtag 31. Dezember 2009.

(2) Bezogen auf die Länder ergibt sich unter Berücksichtigung methodisch-statistischer Kriterien des § 2 Absatz 2 und des § 3 Absatz 1 rechnerisch folgende vorläufige Verteilung:

Land Anschriften Stichprobe Anschriften gesamt Personen Stichprobe Personen gesamt
BW 191 791 2 335 600 1 135 058 10 749 506
BY 216 204 2 889 523 1 185 080 12 519 728
BE 7 416 301 566 144 450 3 431 675
BB 58 519 631 278 304 654 2 522 493
HB 3 302 136 981 31 647 661 866
HH 5 868 247 069 77 736 1 772 100
HE 123 670 1 350 002 723 197 6 064 953
MV 26 355 374 758 155 469 1 664 356
NI 176 261 2 138 494 820 543 7 947 244
NW 243 411 3 777 691 1 519 479 17 933 064
RP 124 772 1 116 391 551 138 4 028 351
SL 31 118 298 507 132 526 1 030 324
SN 60 509 801 012 377 745 4 192 801
ST 47 747 560 792 253 682 2 381 872
SH 57 450 776 914 287 909 2 834 260
TH 34 803 514 430 199 688 2 267 763
D 1 409 196 (7,72%) 18 251 008 7 900 001 (9,65%) 82 002 356
57

c) Es sei üblich, für den Stichprobenplan die Auswahleinheiten in Schichten aufzuteilen. Da das Stichprobenforschungsprojekt ein Modell mit acht Schichten empfohlen habe, werde aus dem Anschriften- und Gebäuderegister zunächst der Gesamtbestand der Anschriften mit Wohnungen regional nach Erhebungseinheiten gegliedert, dann der Anschriftenbestand für jedes Gebiet zunächst aufsteigend nach der Zahl der gemeldeten Personen geordnet und anschließend in acht Gruppen mit jeweils etwa gleich vielen Personen eingeteilt.

58

§ 2 StichprobenV regele das Auswahlverfahren und die Auswahleinheiten des Stichprobenverfahrens und stelle sicher, dass das Statistische Bundesamt alles nachvollziehbar für jedes Erhebungsgebiet dokumentiere (vgl. BRDrucks 114/10, S. 6).

59

§ 3 StichprobenV lege den einheitlichen Stichtag entsprechend § 2 Abs. 6 ZensG 2011 auf den 31. Dezember 2009 und den Stichprobenumfang entsprechend § 7 Abs. 2 Satz 1 ZensG 2011 auf 9,6% der Bevölkerung fest. Er folge damit den Empfehlungen des Forschungsprojekts. Die konkrete Stichprobenziehung, die nach § 2 Abs. 1 StichprobenV zu einem einheitlichen Stichtag erfolgen solle, berücksichtige den aktuellen Datenbestand des vom Statistischen Bundesamt geführten Anschriften- und Gebäuderegisters und sehe nach § 7 Abs. 3 Satz 2 ZensG 2011 für zeitlich später erfolgende Neuzugänge mit Wohnraum eine ergänzende Stichprobenziehung vor (vgl. BRDrucks 114/10, S. 6 f.).

60

Im Rahmen der in § 2 Abs. 1 StichprobenV vorgesehenen Dokumentation sollten sowohl das auf dem Forschungsprojekt (§ 2 Abs. 2 StichprobenV) beruhende statistische Verfahren der Stichprobenziehung als auch die ausgewählten Anschriften festgehalten werden, um nachvollziehbar zu dokumentieren, dass das angewandte Stichprobenverfahren ein bundeseinheitliches Vorgehen gewährleiste und Stichprobenumfang sowie Auswahlverfahren so ausgestaltet seien, dass die Qualitätsvorgaben nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 ZensG 2011 bis hin zur Kreis- und Gemeindeebene eingehalten würden (vgl. BRDrucks 114/10, S. 5).

61

8. Der Vollzug des Zensusgesetzes 2011 oblag teils dem Bund (Art. 86 f. GG), teils den Ländern (Art. 83 GG). Die Länder haben daher - mit Ausnahme des Freistaates Bayern, der insoweit Sonderregelungen in Art. 26 ff. BayStatG kennt - spezielle Ausführungsgesetze zum Zensusgesetz 2011 erlassen, in denen unter anderem die Zuständigkeit für den Vollzug des Zensusgesetzes 2011, die Aufsicht über örtliche Erhebungsstellen und Erhebungsbeauftragte, die Datenübermittlung, das Widerspruchsverfahren sowie Vollstreckung und Kostentragung geregelt wurden.

62

9. Der Zensus 2011 wurde von den statistischen Ämtern des Bundes und der Länder mit Stand vom 9. Mai 2011 (Berichtszeitpunkt) durchgeführt. Auf dieser Grundlage stellten die statistischen Landesämter die amtlichen Einwohnerzahlen der Länder und Gemeinden fest.

63

a) Zur Vorbereitung der Stichprobenziehung wurde der im Anschriften- und Gebäuderegister (§ 2 ZensVorbG 2011) enthaltene Bestand aller Anschriften mit Wohnraum (vgl. § 7 Abs. 3 Satz 1 ZensG 2011) - nach Entfernung der Anschriften sensibler Sonderbereiche (§ 2 Abs. 5 Satz 2 ZensG 2011) - zunächst gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 7 ZensG 2011, § 2 Abs. 3 Nr. 2 StichprobenV in Erhebungsgebiete gegliedert. Danach wurden die Basiseinheiten - entsprechend § 2 Abs. 3 Nr. 3 StichprobenV - aufsteigend nach der Zahl der an der Anschrift gemeldeten Personen jeweils in acht Schichten mit etwa gleich vielen Personen eingeteilt; für nicht-sensible Sonderbereiche (§ 8 Abs. 5 Satz 2 ZensG 2011) wurde zusätzlich eine neunte Schicht gebildet. An den entsprechenden Adressen wurden zwar Stichprobenbefragungen durchgeführt, jedoch nur, um zusätzliche Zensusmerkmale im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZensG 2011 zu erheben (§ 8 Abs. 5 Satz 2 ZensG 2011; vgl. Statistisches Bundesamt, Haushaltebefragung beim Zensus 2011. Erläuterungen zum Stichprobenverfahren, 2010, S. 10). Die Ermittlung der Einwohnerzahlen fand in diesem Bereich durch gesonderte Erhebungen statt (§ 8 Abs. 1 und 2 ZensG 2011).

64

Die Aufteilung des Gesamtstichprobenumfangs auf die Anschriftenschichten der Erhebungsgebiete 0 und 1 erfolgte nach einem komplexen mathematischen Optimierungsverfahren für alle Kreise und Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern (vgl. Statistisches Bundesamt, Haushaltebefragung beim Zensus 2011. Erläuterungen zum Stichprobenverfahren, 2010, S. 10 f.; Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Zensus 2011. Methoden und Verfahren, 2015, S. 30). Um zu verhindern, dass die Anteile der pro Schicht ausgewählten Anschriften zu stark voneinander abwichen und einzelne Schichten folglich sehr unterschiedlich gewichtet worden wären, waren vorab Grenzen für die Auswahlsätze (sog. "Box Constraints") festgelegt worden, die die statistischen Ämter des Bundes und der Länder und die Auftragnehmer des Forschungsprojekts gemeinsam erarbeitet hatten (vgl. Münnich/Gabler u.a., Zensus Stichproben-Projekt. Stichprobenverfahren und Allokation des Stichprobenumfangs für den Zensus 2011, Zwischenbericht vom 8. Juli 2009, S. 40; Statistisches Bundesamt, Haushaltebefragung beim Zensus 2011. Erläuterungen zum Stichprobenverfahren, 2010, S. 11). Abhängig von der Gemeindegröße wurden die Begrenzungen für die Auswahlsätze in Gemeinden mit 10.000 bis unter 30.000 Einwohnern auf zwischen 5% und 50%, mit 30.000 bis unter 100.000 Einwohnern auf zwischen 4% und 40% sowie ab 100.000 Einwohnern auf zwischen 2% und 40% der Anschriften festgelegt (vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Zensus 2011. Methoden und Verfahren, 2015, S. 30). Dadurch sollte der Erkenntnis Rechnung getragen werden, dass größere Gemeinden in der Regel einen kleinen Auswahlsatz benötigen, um eine mit kleineren Gemeinden vergleichbare Präzision zu erreichen (vgl. Berg/Bihler, Das Stichprobendesign der Haushaltsstichprobe des Zensus 2011, Wirtschaft und Statistik, 2011, S. 317 <322, 325>; Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Zensus 2011. Methoden und Verfahren, 2015, S. 30).

65

Je größer die Streuung (Varianz) der Anschriftengröße ausfiel, desto größer war auch der Stichprobenumfang (vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Zensus 2011. Methoden und Verfahren, 2015, S. 28). Im Ergebnis wurde damit für jede Anschriftengrößenklasse in jedem Erhebungsgebiet - und damit für jede Gemeinde - ein individueller Auswahlsatz berechnet, so dass es - auch innerhalb der einzelnen Schichten und in vergleichbar großen Gemeinden - zu unterschiedlichen Auswahlsätzen kommen konnte, wenn diese sehr unterschiedliche Anschriftenstrukturen aufwiesen (vgl. a.a.O., S. 31).

66

Der für die Aufteilung der Stichprobenanschriften auf die Schichten genutzte Algorithmus wurde von den Auftragnehmern des Forschungsprojekts programmiert (vgl. Berg/Bihler, Das Stichprobendesign der Haushaltsstichprobe des Zensus 2011, Wirtschaft und Statistik, 2011, S. 317 <323>).

67

Der in § 3 Abs. 1 Satz 2 StichprobenV vorgesehene Stichprobenumfang von 9,6% der Bevölkerung wurde nicht auf jedes einzelne Land oder jede einzelne Gemeinde bezogen eingehalten. Die Höhe des Auswahlsatzes hing vielmehr von der Größe der Gemeinde ab (je größer, desto niedriger), weil die Qualität der Schätzung nach allgemeiner Auffassung nicht vom prozentualen Auswahlsatz abhängt, sondern von der absoluten Zahl der erhobenen Einheiten (vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Zensus 2011. Methoden und Verfahren, 2015, S. 27). Die statistischen Ämter verteilten den vom Gesetzgeber vorgegebenen Stichprobenumfang daher auf die Gemeinden möglichst so, dass es überall zu einem möglichst geringen relativen Standardfehler kam. Da die Größe der Gemeinden in den einzelnen Ländern stark variiert, wurde in jedem Land ein anderer Prozentsatz der Einwohner befragt (vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Das registergestützte Verfahren beim Zensus 2011, 2011, S. 13; Berg/Bihler, Das Stichprobendesign der Haushaltsstichprobe des Zensus 2011, Wirtschaft und Statistik, 2011, S. 317 <325>; Anding/Fürnrohr, BayVBl 2014, S. 709 <714>).

68

Die Stichprobe wurde vom Statistischen Bundesamt zum Stand 1. September 2010 gezogen, Auswahlverfahren und einbezogene Anschriften wurden dokumentiert (§ 2 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 StichprobenV; vgl. auch Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Zensus 2011. Methoden und Verfahren, 2015, S. 31). Sodann wurden, nach Durchführung einer Neuzugangs- und Ergänzungsziehung für nach dem Stichtag der Hauptziehung (1. September 2010) in das Anschriften- und Gebäuderegister gelangte stichprobenrelevante Anschriften, - soweit möglich - alle an den gezogenen Anschriften lebenden Personen durch die statistischen Ämter der Länder befragt, um die Zahl der tatsächlich an der Anschrift lebenden Personen und die zusätzlich benötigten Merkmale zu klären (§ 7 Abs. 1 Satz 2 ZensG 2011).

69

Für Gemeinden ab 10.000 Einwohnern wurden die auf Basis der Stichprobe und einem sich anschließenden Abgleich mit den Daten des Melderegisters ermittelten Über- und Untererfassungen in den Registern mittels des vom Forschungsprojekt empfohlenen Schätzverfahrens (sog. GREG-Schätzer) auf die gesamte Gemeinde hochgerechnet (Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Zensus 2011. Methoden und Verfahren, 2015, S. 37 ff.).

70

In Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern wurden alle Personen, die an einer Anschrift mit nur einer bewohnten Wohnung gemeldet waren oder angetroffen wurden und bei denen sich die Personendaten der beiden Datengrundlagen (d.h. die Melderegisterangaben und die Feststellungen im Rahmen der Gebäude- und Wohnungszählung) unterschieden, zur Klärung der Unstimmigkeiten individuell befragt (Stellungnahme des Statistischen Bundesamtes vom 7. November 2016, S. 7).

71

Die sich aus beiden Verfahren in Verbindung mit den Mehrfachfallprüfungen nach § 15 ZensG 2011 sowie den Vollerhebungen in Sonderbereichen nach § 8 ZensG 2011 ergebenden Einwohnerzahlen waren Grundlage für die Feststellung der amtlichen Einwohnerzahl durch die statistischen Ämter der Länder.

72

b) Im Ergebnis hat der Zensus 2011 für die Bundesrepublik Deutschland eine Bevölkerung von 80.219.695 Personen ermittelt und damit 1.509.460 Personen weniger als die Bevölkerungsfortschreibung zum Stand 30. April 2011. In der Regel wurden in den Stichproben mehr "Karteileichen" als Fehlbestände festgestellt (vgl. Berg/Bihler, Das Hochrechnungsverfahren zur Ermittlung der Einwohnerzahl im Zensus 2011, Wirtschaft und Statistik, 2014, S. 229 <234>). In den Stadtstaaten Berlin und Hamburg war die negative Abweichung vom Ergebnis der Bevölkerungsfortschreibung besonders hoch, besonders niedrig war sie mit 0,2% dagegen in Rheinland-Pfalz, dem Land mit dem größten Anteil kleiner Gemeinden (vgl. Obermann, LKV 2014, S. 66 <68>).

73

aa) Für die Stadt und das Land Berlin stellte das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, eine Anstalt des öffentlichen Rechts, errichtet durch Art. 1 Abs. 1 des Staatsvertrags zwischen dem Land Berlin und dem Land Brandenburg über die Errichtung eines Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg vom 13. Dezember 2005 (GVBl 2006, S. 300), die Einwohnerzahl durch Bescheid vom 3. Juni 2013 fest (vgl. dazu §§ 1, 2 des Gesetzes zur Ausführung des Zensusgesetzes 2011 im Land Berlin vom 1. Dezember 2010 ). Gegen diesen Bescheid, der die amtliche Einwohnerzahl im Vergleich zu den auf der Grundlage der Volkszählungen von 1981 und 1987 fortgeschriebenen Zahlen um circa 180.000 Einwohner nach unten korrigierte, hat das Land Berlin Widerspruch eingelegt, über den bislang nicht entschieden ist.

74

bb) Für die Freie und Hansestadt Hamburg hat das Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein, ebenfalls eine Anstalt des öffentlichen Rechts, errichtet durch § 1 Abs. 1 des Staatsvertrags zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und dem Land Schleswig-Holstein über die Errichtung eines gemeinsamen Statistischen Amtes als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts vom 27. August 2003 (HmbGVBl 2003, Nr. 49, 544), die amtliche Einwohnerzahl mit Bescheid vom 10. Juni 2013 festgestellt. Dabei wurde die amtliche Einwohnerzahl im Vergleich zu den auf der Grundlage der Volkszählung 1987 fortgeschriebenen Zahlen um 82.833 Personen niedriger festgesetzt und die dem Melderegister zu entnehmende Zahl um 54.945 Personen nach unten korrigiert. Auch die Freie und Hansestadt Hamburg hat gegen diesen Bescheid Widerspruch eingelegt. Zugleich hat sie ein Eilverfahren gemäß § 123 VwGO angestrengt, das darauf gerichtet war, die sie betreffenden Daten über den 9. Mai 2015 hinaus separat zu speichern und aufzubewahren. Dieser Antrag blieb ohne Erfolg (vgl. VG Hamburg, Beschluss vom 30. April 2015 - 10 E 2183/15 -, juris).

75

cc) Den Bescheiden des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg und des Statistischen Amtes für Hamburg und Schleswig-Holstein lagen Datenblätter bei, denen die Schichtung in den einzelnen Erhebungsgebieten (Stadtbezirken), der Stichprobenumfang in den jeweiligen Schichten und die im Rahmen der Haushaltsstichprobe in den einzelnen Schichten jeweils festgestellten Fehlbestände, "Karteileichen", "paarigen" und existenten Personen entnommen werden konnten.

76

dd) Mit dem Zensus 2011 wurde nach Auffassung der statistischen Fachkreise zwar für das Bundesgebiet insgesamt das anzustrebende Qualitätsziel eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5% bei der Feststellung der Einwohnerzahl (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011) erfüllt (vgl. Anding/Fürnrohr, BayVBl 2014, S. 709 <714>); bei der Mehrzahl der Gemeinden (63%) sowie im Mittelwert aller Gemeinden (0,56%) wurde der Wert indes überschritten (Statistisches Bundesamt, Qualitätsbericht Zensus nach § 17 Zensusgesetz 2011, S. 7; vgl. auch VG Regensburg, Urteil vom 6. August 2015 - RO 5 K 13.2149 -, juris, Rn. 76). Als möglicher Grund wird angeführt, dass die aus dem Zensustest abgeleiteten Annahmen zur Registerfehlerstruktur bei kleineren Anschriften strukturell nicht den erwarteten Verhältnissen zum Zensusstichtag entsprochen haben (so etwa Anding/Fürnrohr, BayVBl 2014, S. 709 <714 f.>).

II.

77

1. Der Antrag des Senats von Berlin (Antragsteller zu I.) auf Durchführung einer abstrakten Normenkontrolle richtet sich gegen § 7 Abs. 1 und 2, § 19 ZensG 2011 sowie gegen § 2 Abs. 2 und 3 StichprobenV.

78

a) § 7 Abs. 1 und 2 ZensG 2011 verstoße gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG, da Inhalt, Zweck und Ausmaß der Verordnungsermächtigung zur Regelung des Stichprobenverfahrens unzureichend bestimmt seien. Es habe insbesondere keine mathematisch-statistischen Qualitätsvorgaben im Gesetz gegeben. Deren Festlegung sei vielmehr ohne ausreichende Vorgaben auf die Bundesregierung delegiert worden. § 7 Abs. 1 und 2 ZensG 2011 sei ferner mit dem Rechtsstaatsgebot und dem Parlamentsvorbehalt (Art. 20 Abs. 3 GG) unvereinbar, insbesondere mit den rechtsstaatlichen Geboten der Klarheit, Wahrheit, Widerspruchsfreiheit, Vollziehbarkeit und Transparenz sowie dem Bestimmtheitsgebot. Entgegen der Vorgaben des Volkszählungsurteils vom 15. Dezember 1983 seien statistisch-naturwissenschaftliche Erkenntnisse nicht lege artis ermittelt und vom Gesetzgeber bewertet worden. Im Gesetzgebungsverfahren seien Normklarheit, Bestimmtheit und Vorhersehbarkeit nur in Bezug auf den Datenschutz, nicht aber hinsichtlich der Gemeinden und Länder diskutiert worden. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 sei auch zu unbestimmt, weil die Erreichung eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5% danach nur "angestrebt" werde. Besonders schwer wiege, dass kleine Gemeinden hiervon ausgenommen worden seien und für sie daher keine vergleichbare Ergebnisgenauigkeit existiere. Die Durchführung des Zensus 2011 habe gezeigt, dass tatsächlich - wie vorhersehbar - in großem Umfang wesentlich höhere einfache relative Standardfehler aufgetreten seien.

79

§ 7 Abs. 1 und 2 ZensG 2011 verstoße auch gegen die Rechtsweggarantie und Verfahrensgrundsätze zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes. Die gegenüber den Gemeinden ergangenen Bescheide der statistischen Landesämter entzögen sich mangels Kodifikation und Nachvollziehbarkeit der Methode gerichtlicher Überprüfbarkeit. Akteneinsicht könne nicht gewährt werden, die statistischen Landesämter seien nicht in der Lage, den Verwaltungsgerichten streiterhebliche Akten, Urkunden oder elektronische Dateien vorzulegen. Unhaltbar sei zudem, dass das Gesetz Fehlerkorrekturen ausschließe.

80

§ 7 Abs. 1 und 2 ZensG 2011 sei ferner mit den Rechten der Gemeinden und Länder auf interkommunale (Art. 28 Abs. 2 Satz 1, Art. 3 Abs. 1 GG) beziehungsweise interföderale Gleichbehandlung (Art. 20 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 107 GG) unvereinbar, weil er kein transparentes, nachvollziehbares und gerichtlich überprüfbares Verfahren zur Feststellung der amtlichen Einwohnerzahlen sicherstelle. Gemäß § 7 Abs. 1 ZensG 2011 seien zudem circa 9.500 Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern ohne nachvollziehbaren Grund aus dem Stichprobenverfahren ausgenommen worden. Damit seien sie besser behandelt worden als die großen Städte, insbesondere die Stadtstaaten Berlin und Hamburg. § 7 Abs. 1 und 2 ZensG 2011 verstoße schließlich gegen die Gewährleistungspflicht des Bundes für die Finanzausstattung von Gemeinden und Ländern aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Art. 107 GG.

81

b) Die in § 19 ZensG 2011 enthaltene Anordnung, sämtliche Erhebungsunterlagen zu vernichten, sei mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 und Art. 103 Abs. 1 GG unvereinbar. Die statistischen Landesämter könnten ihre (materielle) Beweislast für die Richtigkeit der amtlichen Einwohnerzahlen nicht mehr erfüllen, so dass die Feststellungsbescheide aufzuheben seien und der Zensus 2011 für das gesamte Bundesgebiet wertlos würde. Der Vollzug der Vernichtungsanordnung würde hingegen den Rechtsschutz der Gemeinden gegen die Feststellung ihrer amtlichen Einwohnerzahlen beseitigen. § 19 ZensG 2011 sei auch deshalb unverhältnismäßig, weil der Gesetzgeber die Auswirkungen auf die Gemeinden nicht abgewogen habe.

82

c) Die Stichprobenverordnung sei schon wegen Verstoßes gegen Art. 80 Abs. 1 GG nichtig, ihre Regelungen seien in sich widersprüchlich und zu unbestimmt.

83

Es fehlten nicht nur jegliche statistisch-naturwissenschaftliche Voraussetzungen für die Regelung des Stichprobenplans. Ein solcher habe weder während des Gesetzgebungsverfahrens noch bei der Durchführung des Zensus 2011 vorgelegen; irgendwie nachvollziehbare, nach § 2 Abs. 2 StichprobenV zu berücksichtigende Qualitätsvorgaben aus dem Forschungsprojekt habe es nicht gegeben. Das Stichprobenverfahren sei zudem nicht bundeseinheitlich durchgeführt worden, so dass der Zensus 2011 keine valide Feststellung der Einwohnerzahlen habe treffen können.

84

§ 2 Abs. 2 und 3 StichprobenV sei mit Art. 80 Abs. 1 Satz 4 GG unvereinbar, da das Zensusgesetz 2011 keine Ermächtigung zur Subdelegation enthalte. Die gesamte Normsetzung im Rahmen des Zensus sei an die Exekutive und ein von dieser beauftragtes privates Forschungsprojekt delegiert worden, das bei Erlass der Norm noch nicht einmal existiert habe. Die Verordnung selbst habe Stichprobenplan, Stichprobenziehung und Qualitätsvorgaben des Hochrechnungsverfahrens nicht geregelt. Hinzu komme ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsgebot und den Parlamentsvorbehalt (Art. 20 Abs. 3 GG), insbesondere die Gebote der Klarheit, Wahrheit, Widerspruchsfreiheit, Vollziehbarkeit und Transparenz sowie das Bestimmtheitsgebot. Das Forschungsprojekt enthalte - entgegen § 2 Abs. 2 StichprobenV - keine Qualitätsvorgaben, sondern lediglich die Darlegung des Standes der Forschung, ungeklärter Fragen zur Methode und Durchführung des Stichprobenverfahrens sowie Empfehlungen zu Methoden.

85

Verletzt seien zudem - ebenso wie durch die Ermächtigungsnorm - Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG, die Gebote interföderaler und interkommunaler Gleichbehandlung sowie Art. 107 und Art. 28 Abs. 2 GG.

86

2. Der Antrag des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg (Antragsteller zu II.) richtet sich gegen § 7 Abs. 1 und 2 (a), gegen § 15 Abs. 2 und 3 ZensG 2011 (b), gegen § 8 Abs. 3, § 19 ZensG 2011 und § 15 ZensVorbG 2011 (c) sowie gegen § 2 Abs. 2 und 3 und § 3 Abs. 2 StichprobenV (d).

87

a) § 7 Abs. 1 und 2 ZensG 2011 in Verbindung mit § 2 Abs. 2 und 3 StichprobenV verstießen gegen Art. 20 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG. Das Gesetz regele Methodik und "Design" der Stichprobe nicht selbst, sondern überlasse dies der Exekutive. Wie Grundrechtskollisionen fielen auch Kollisionen mit subjektiven Rechtspositionen von Gebietskörperschaften mit Verfassungsrang - etwa deren einwohnerabhängige steuerliche Ertragshoheit (Art. 106 Abs. 5 bis 7 GG) - unter die Wesentlichkeitsdoktrin. Auf jeden Fall verstoße § 7 Abs. 1 und 2 ZensG 2011 gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG. Angesichts der Bedeutung des Verfahrens und der - im Gegensatz zu sich dynamisch entwickelnden Bereichen stehenden - Einmaligkeit einer Einwohnererhebung zu einem bestimmten Berichtszeitpunkt sei eine exakte Regelung vorab geboten und auch möglich gewesen. Im Übrigen habe das Bundesverfassungsgericht für Volkszählungen die Festlegung einer fachwissenschaftlich fundierten Methode verlangt, die geeignet sei, zu möglichst genauen Ergebnissen zu gelangen; daran fehle es. Es fehlten auch Regelungen über Folgen der Verletzung von Qualitätszielen, zur Behandlung stichprobenbedingter systematischer Fehler und zur Korrektur nicht stichprobenbedingter Fehler (etwa Aufbereitungsfehler oder Antwortausfälle). Zudem sei die "angestrebte Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von 0,5%" (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011) unklar.

88

§ 7 ZensG 2011 sei auch wegen Verstoßes gegen Art. 84 Abs. 2 GG verfassungswidrig. Unterschiedlichen Vollzugsmöglichkeiten in den Ländern hätte durch Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften begegnet werden können, wie dies der Bundesrat vorgeschlagen habe.

89

Das Stichprobenverfahren verstoße gegen das föderale und interkommunale Gleichbehandlungsgebot aus Art. 20 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 beziehungsweise Art. 28 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG, weil es Gemeinden unterschiedlicher Größe ungleich behandle. Dieser Methodenbruch sei mit den Ergebnissen des Zensustests nicht zu begründen, zumal sich die Annahme höherer Fehlerraten in größeren Gemeinden nicht verifizieren lasse. Eine Notwendigkeit für die Anwendung unterschiedlicher Methoden habe nicht bestanden, die Trennlinie bei 10.000 Einwohnern beruhe ausschließlich auf Kostenerwägungen und sei daher willkürlich. Dies setze sich auf Ebene der Länder fort, wo diejenigen begünstigt würden, die viele kleinere Gemeinden und wenige große Städte aufwiesen. Besonders benachteiligt seien die Antragsteller als Stadtstaaten ohne separate Gemeinden.

90

Die gewählte Methode des Zensus verstoße auch gegen Vorgaben der Finanzverfassung. Der Einwohnermaßstab gewährleiste hier - für die Beteiligten unverfügbar - Vergleichbarkeit und bilde zwar nicht den einzigen, wohl aber den einfachsten und transparentesten Maßstab für die Verteilung begrenzter Mittel. § 7 Abs. 1 und 2 ZensG 2011 verpflichteten zwar nicht ausdrücklich darauf, die im Zensus ermittelten amtlichen Einwohnerzahlen auch im Finanzausgleich zu verwenden. Es entspreche jedoch dem üblichen Vorgehen, die Zahlen der - auf den Zensusergebnissen basierenden - Bevölkerungsfortschreibung zugrunde zu legen.

91

b) Auch die in § 15 ZensG 2011 angeordnete Mehrfachfallprüfung enthalte eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung. Während § 15 Abs. 2 ZensG 2011 in Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern eine Zuordnung nach der Reihenfolge des Anmeldedatums vorsehe, sei in kleinen Gemeinden der tatsächliche Wohnstatus zu ermitteln gewesen (§ 15 Abs. 3 ZensG 2011). Einen rechtfertigenden Grund für diese Differenzierung gebe es nicht.

92

c) Verfassungswidrig seien ferner § 8 Abs. 3 und § 19 ZensG 2011 sowie § 15 ZensVorbG 2011, weil durch diese Löschungsregelungen der Anspruch von Ländern und Gemeinden auf die "richtige" Festsetzung ihrer Einwohnerzahl unterlaufen werde. Die Gemeinden könnten die sie betreffenden Daten nicht einsehen oder prüfen, Einsichtnahmen würden ihnen unter Berufung auf das Statistikgeheimnis (§ 16 BStatG) verweigert. Da die Einwohnerzahl im Wege einer Schätzung ermittelt würde, sei eine vollständige Überprüfung auf Sachrichtigkeit zwar von vornherein ausgeschlossen; ob die Stichproben ordnungsgemäß gezogen und umgesetzt worden seien, ließe sich jedoch überprüfen. Wo Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG nicht entgegenstehe, stehe Ländern und Kommunen zumindest ein Anspruch auf Plausibilisierung der Erkenntnisse zu.

93

d) Die Verfassungswidrigkeit von § 7 Abs. 2 Satz 2 ZensG 2011 führe zur Verfassungswidrigkeit auch der Stichprobenverordnung; diese sei allerdings auch für sich betrachtet verfassungswidrig. Stichprobenverfahren und Stichprobenumfang würden weder im Gesetz noch in der Verordnung hinreichend geregelt. Stattdessen enthalte § 2 StichprobenV einen Auftrag an das Statistische Bundesamt und verweise ohne weitere Konkretisierung auf ein "Forschungsprojekt". Den Stichprobenumfang regele § 3 Abs. 1 StichprobenV lediglich bundesweit, für die Gebiete der Länder treffe § 3 Abs. 2 StichprobenV eine bloß vorläufige Festlegung, die in der Folge nicht eingehalten worden sei. Nachvollziehbare Dokumentationen seien ebenfalls nicht angefertigt worden. All dies sei mit rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbar.

III.

94

1. Die Bundesregierung hält die Anträge für unbegründet.

95

a) Die Ermittlung der Einwohnerzahl sei ein anspruchsvolles statistisches Unterfangen, der "wahre Wert" für einen Stichtag wegen unvermeidbarer Fehler bei keiner Zählung ermittelbar. Zwar könnten Fehlerquellen statistisch beherrschbar gemacht werden; zur Feststellung der richtigen Einwohnerzahl führe dies jedoch nicht. Insoweit sei die Feststellung der Einwohnerzahl stets Ergebnis statistischer Modellbildung, nicht eines schlichten Zählvorgangs.

96

Die Auswertung des Zensustests habe ergeben, dass ein registergestütztes Verfahren möglich sei. Da dabei auffallende Unterschiede zwischen der Registerqualität von Gemeinden mit mehr oder weniger als 10.000 Einwohnern festgestellt worden seien, hätten die statistischen Ämter von Bund und Ländern vorgeschlagen, die Registernutzung zur Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl um primärstatistische Verfahren zu ergänzen und dabei nach Gemeindegröße zu differenzieren. Auf dieser Grundlage sei das Verfahren für den Zensus 2011 entwickelt worden, wobei die Arbeiten durch die Zensuskommission und das Forschungsprojekt begleitet worden seien. Der Zwischenbericht des Forschungsprojekts habe bei der Ausgestaltung der Stichprobenverordnung Berücksichtigung gefunden; weitere Ergebnisse seien fortlaufend berücksichtigt worden.

97

Zwischen 2001 und 2011 seien umfangreiche Maßnahmen zur Qualitätssteigerung der Melderegister und der Datenbestände der Bundesagentur für Arbeit ergriffen worden. Die im Rahmen des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Melderechtsrahmengesetzes vom 28. August 2000 geschaffene Regelung zur Richtigkeit und Vollständigkeit des Melderegisters (§ 4a MRRG) sei bis zum 1. August 2000 von den Ländern umgesetzt worden (§ 23 Abs. 2 MRRG). Mit dem Gesetz zur Änderung des Melderechtsrahmengesetzes und anderer Gesetze vom 25. März 2002 seien die erforderlichen Rahmenbedingungen für die Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien im Meldewesen geschaffen worden. Mit Art. 7 des Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 15. Dezember 2003 sei die Vergabe eines Identifikationsmerkmals an jeden Steuerpflichtigen geregelt worden. Dies habe einen bundesweiten Abgleich der in den Melderegistern gespeicherten Daten ermöglicht, so dass Dubletten und andere Unstimmigkeiten hätten bereinigt werden können. Das Vierte Gesetz zur Änderung des Melderechtsrahmengesetzes vom 25. August 2004 habe festgelegt, dass die Rückmeldungen zwischen den Meldebehörden bei Umzügen ab 1. Januar 2007 nur noch elektronisch erfolgen dürften. Damit habe die Aktualität der Melderegister verbessert und gewährleistet werden sollen, dass die Abschaffung der Abmeldung für Inlandsumzüge ohne Informationsverluste erfolgen konnte. Zugleich sei die flächendeckende elektronische Vernetzung der Melderegister realisiert worden, die Doppelerfassungen habe vermeiden sollen. Mit dem Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 sei die Übermittlung ausländerrechtlich relevanter Daten von den Ausländerbehörden an die Meldebehörden geregelt worden, darunter eine Unterrichtungspflicht der Ausländerbehörden und ein gegenseitiger Datenaustausch, um Differenzen zwischen den Datenbeständen zu erkennen und zu bereinigen.

98

b) Die angegriffenen Vorschriften genügten den Anforderungen der Wesentlichkeitsdoktrin. Zu berücksichtigen sei insoweit auch, dass Entscheidungen möglichst richtig, das heißt von den Organen getroffen werden, die dafür nach Organisation, Zusammensetzung, Funktion und Verfahrensweise über die besten Voraussetzungen verfügten. Der Blick auf die Funktionsgerechtigkeit der Aufgabenverteilung führe zur Unterscheidung zwischen zentralen normativen Weichenstellungen und technisch-sachverständigen Detailregelungen: Während erstere dem Parlamentsgesetz vorbehalten seien, könnten Vorgaben, die sich durch ein hohes Maß an Technizität und Abhängigkeit von Expertise auszeichnen, der Exekutive überlassen werden.

99

Neben der detaillierten Ausgestaltung der Eingriffe in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung würden auch alle anderen wesentlichen Fragen im Gesetz geregelt. Der Aufteilung der Regelungsgegenstände zwischen Gesetzgeber, Verordnungsgeber und statistischen Ämtern liege eine funktionsadäquate Abschichtung zugrunde. § 7 Abs. 1 ZensG 2011 gebe das statistische Qualitätsziel vor, § 7 Abs. 2 Satz 1 ZensG 2011 den Richtwert für den maximalen Stichprobenumfang und § 7 Abs. 3 ZensG 2011 die Vorgaben für die Auswahleinheiten. Fragen des Stichprobendesigns wiesen einen so hohen Grad an Abhängigkeit von fachwissenschaftlicher Expertise auf, dass ihre Zuweisung an die Exekutive zulässig, wenn nicht geboten sei. Als "Frage der Staatsführung", die "in Rede und Gegenrede von einzelnen Abgeordneten zu erörtern" sei, lasse sich die Ausgestaltung des statistischen Methodendesigns nicht qualifizieren. Dass § 7 ZensG 2011 den Anforderungen der Wesentlichkeitsdoktrin genüge, belege auch der Vergleich mit anderen Statistikgesetzen und Regelungsbereichen, etwa beim Einsatz unbestimmter Rechtsbegriffe im Umweltrecht.

100

Das gelte auch für die Ermächtigungsnorm des § 7 Abs. 2 Satz 2 ZensG 2011, die die technischen Fragen des Stichprobenverfahrens und des Stichprobenumfangs der sachverständigen Exekutive zuweise, die Konkretisierung jedoch an wesentliche Eckwerte wie Genauigkeit und maximalen Stichprobenumfang binde. Mit der Festlegung des Qualitätsziels steuere der Gesetzgeber die weitere Methodenentwicklung; gesetzeskonform seien nur Methodendesigns, die die Einhaltung des Qualitätszieles erwarten ließen. Dass der Gesetzgeber lediglich das anzustrebende Qualitätsziel sowie eine Obergrenze beim Stichprobenumfang vorgegeben habe, sei Ausdruck sinnvoller Arbeitsteilung. Da Qualitätsziel und Stichprobenumfang voneinander abhingen, wäre eine verbindliche Festlegung vorab nicht möglich gewesen, weil die statistische Qualität stets nur ex post ermittelt werden könne.

101

§ 7 Abs. 2 Satz 2 ZensG 2011 genüge auch den Anforderungen des Art. 80 GG, der als Ausprägung des allgemeinen Gesetzesvorbehalts darauf angelegt sei, die Rechtsetzung durch die Exekutive nachvollziehbar auf eine parlamentarische Willensäußerung zurückzuführen. Die Anforderungen an die Bestimmtheit der Programmierung nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hingen von Regelungsgegenstand und Intensität der Maßnahme ab. Für den Gegenstand Statistik biete das Volkszählungsurteil allerdings keine Orientierung, weil dieses ganz auf die Rechtfertigung des Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ausgerichtet sei. Soweit dort davon die Rede sei, dass für "die Funktionsfähigkeit der amtlichen Statistik (…) ein möglichst hoher Grad an Genauigkeit und Wahrheitsgehalt der erhobenen Daten notwendig" sei, folge hieraus kein selbständiges Verfassungsgebot.

102

Aus der Bedeutung des Regelungsgegenstandes ergäben sich keine strengeren Anforderungen an die gesetzliche Determinierung. Die Ermächtigung beziehe sich von vornherein nur auf das methodische Design eines Korrekturmechanismus im Rahmen des registergestützten Erhebungsverfahrens. Die fachstatistisch zusammenhängenden Parameter des Stichprobenumfangs und des Qualitätsziels bildeten zudem einen engen gesetzlichen Rahmen.

103

c) Das Zensusgesetz 2011 und die Stichprobenverordnung genügten auch dem allgemeinen Bestimmtheitsgebot, das in Art. 80 Abs. 1 GG eine spezifische Konkretisierung erfahren habe. Dort verwendete Begriffe wie "einfacher relativer Standardfehler", "Stichprobenverfahren" oder "Stichprobenumfang" hätten einen klaren fachlichen Bedeutungsgehalt. Damit bestehe schon auf der Ebene des Gesetzes eine für die Durchführung des Zensus durch das Statistische Bundesamt ausreichende Regelungsdichte. Es sei unbedenklich, dass der Stichprobenumfang auf Ebene der Länder nur vorläufig festgelegt worden sei. Eine endgültige Festlegung habe insoweit nicht erfolgen können, weil den statistischen Ämtern bei Inkrafttreten der Stichprobenverordnung die für die Verteilung maßgebliche amtliche Einwohnerzahl zum Stichtag 31. Dezember 2009 (§ 3 Abs. 1 Satz 3 StichprobenV) sowie der Anschriftenbestand zum 1. September 2010 (vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 StichprobenV) noch nicht vorgelegen hätten. Empfehlungen zum Hochrechnungsverfahren seien bei Erlass der Verordnung noch nicht erforderlich gewesen. Entsprechendes gelte für die in § 2 Abs. 2 StichprobenV angeordnete Berücksichtigung der Ergebnisse des Forschungsprojekts.

104

§ 2 StichprobenV enthalte auch keine nach Art. 80 Abs. 1 GG unzulässige Subdelegation an das Statistische Bundesamt oder Private.

105

d) Die angegriffenen Vorschriften des Zensusgesetzes 2011 seien mit den Geboten der Gleichbehandlung der Länder und Gemeinden (Art. 20 Abs. 1 GG bzw. Art. 28 Abs. 2 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar, die prozeduralen Ungleichbehandlungen gerechtfertigt.

106

aa) Die Differenzierung zwischen Gemeinden mit mindestens beziehungsweise weniger als 10.000 Einwohnern diene der Minimierung des Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Der Gesetzgeber habe den Ansatz eines registergestützten Verfahrens gewählt, um entsprechend den Vorgaben des Volkszählungsurteils den besonders intensiven Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung bei einer Vollerhebung zu vermeiden. Das registergestützte Verfahren sei aus einer Erprobung sowie umfangreichen, mehrjährigen und wissenschaftlich begleiteten Arbeiten hervorgegangen und mit einer deutlich geringeren Zahl an Befragungen ausgekommen. Gleichzeitig sei die Verarbeitung von Daten aus Registern zu Zensuszwecken grundrechtsschonend ausgestaltet worden. Die Vorzugswürdigkeit des gewählten Verfahrens werde dadurch verstärkt, dass eine Vollerhebung angesichts der fehlenden Akzeptanz in der Bevölkerung trotz des schwerwiegenden Grundrechtseingriffs nur eine höchst ungewisse Ergebnisgenauigkeit hätte gewährleisten können.

107

Mit abnehmender Gemeindegröße könne eine Stichprobenerhebung ihre Zwecke aus methodischen Gründen allerdings nur erfüllen, wenn sie sich einer Vollerhebung annähere. Daher knüpfe die alternative Befragung nach § 16 ZensG 2011 für Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern an das Vorliegen von Unstimmigkeiten an. Eine Studie des Bayerischen Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung habe für die in den Anwendungsbereich von § 16 ZensG 2011 fallenden Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern und die Methode der primärstatistischen Bereinigung zudem einen Saldo von "Karteileichen" und Fehlbeständen von nur 0,17% ermittelt. Der Umfang der zu befragenden Personen sei mit nur 1,7 Millionen berechnet worden, so dass insgesamt 4,2 Millionen Personen weniger hätten befragt werden müssen als bei einer flächendeckenden Stichprobe.

108

Die Grenzziehung bei 10.000 Einwohnern sei zwar nicht zwingend, aber plausibel gewesen. Das gewählte Vorgehen habe überdies weniger Kosten verursacht als eine Vollerhebung und dennoch zu im Wesentlichen vergleichbaren Ergebnissen geführt. Durch die spätere Verwendung der Einwohnerzahlen ergäben sich keine besonderen Anforderungen an die Zulässigkeit der Differenzierung. Der Zensus 2011 ziele in erster Linie auf die Feststellung der amtlichen Einwohnerzahl von Ländern und Gemeinden sowie weiterer Erhebungsmerkmale. Die Einwohnerzahl werde allein in Art. 29 GG, für die Zuweisung von Stimmen der Länder im Bundesrat (Art. 59 GG) und für den Länderanteil am Umsatzsteueraufkommen (Art. 107 Abs. 1 Satz 4 GG) relevant. Soweit ihre Verwendung für Länder und Gemeinden darüber hinaus von Bedeutung sei, beruhe dies auf vom Zensusgesetz 2011 zu unterscheidenden gesetzlichen Anordnungen. Aus den Grundsätzen der Systemgerechtigkeit und der Folgerichtigkeit ließen sich ebenfalls keine weitergehenden Anforderungen ableiten.

109

bb) Die Differenzierung bei der Mehrfachfallprüfung gemäß § 15 Abs. 2 und 3 ZensG 2011 sei verfassungsrechtlich unbedenklich. Die maschinelle Korrektur in Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern (§ 15 Abs. 2 ZensG 2011) beruhe auf der typisierenden Annahme, dass der spätere Registereintrag der für die tatsächliche Lage am Stichtag in der Regel maßgeblich sei, so dass die jeweils frühere Meldung gelöscht wurde. Um auch die Fälle zu erfassen, in denen diese Annahme nicht zutreffe, sei mit der Korrekturstichprobe automatisch ein statistisches "Sicherheitsnetz" gezogen worden. Für Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern sei auch für die Mehrfachfallprüfung dagegen ein Befragungsverfahren gewählt worden. Im Ergebnis seien mit beiden Verfahren Mehrfachfälle vollständig korrigiert worden.

110

cc) Soweit die Gebote der föderativen und interkommunalen Gleichbehandlung Transparenz gegenüber Ländern und Gemeinden verlangten, sei eine Verletzung des Transparenzgebots nicht ersichtlich. Das Methodendesign sei durch das Statistische Bundesamt im Benehmen mit den Landesämtern entwickelt worden. Zudem seien die Länder am Rechtsetzungsverfahren des Zensusgesetzes 2011 und der Stichprobenverordnung intensiv beteiligt gewesen.

111

e) Die angegriffenen Vorschriften verstießen auch nicht gegen den Anspruch von Ländern und Kommunen auf aufgabenadäquate Finanzausstattung. Sie regelten diese weder selbst noch beeinträchtigten sie entsprechende Ansprüche in rechtlich relevanter Weise. Dass der Bund von den in Art. 84 Abs. 1 Satz 5 und Art. 84 Abs. 2 GG eröffneten Möglichkeiten keinen Gebrauch gemacht habe, sei für die Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Vorschriften ohne Bedeutung.

112

f) Die Löschungsregelungen seien mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes vereinbar. Es sei schon zweifelhaft, ob sich Länder und Kommunen als juristische Personen des öffentlichen Rechts überhaupt auf Art. 19 Abs. 4 GG berufen könnten; soweit sich ein derartiger Anspruch auch aus dem Bundesstaatsprinzip oder Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG ergeben könne, sei er nicht schrankenlos. Die Löschungsregelungen des Zensusgesetzes 2011 und des Zensusvorbereitungsgesetzes stellten jedenfalls einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Rechtsschutzinteresse der Gebietskörperschaften, dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und dem verfassungsrechtlich legitimen Belang der Funktionsfähigkeit der amtlichen Statistik dar.

113

aa) Die von § 6 Abs. 3, § 7 Abs. 5, § 8 Abs. 1 Nr. 2, § 15 Abs. 4 Nr. 2 und § 16 Nr. 2 ZensG 2011 geforderte Erhebung und Speicherung personenbezogener Daten sei ein erheblicher Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, zu dessen Begrenzung es klarer Löschungsregelungen und einer möglichst frühzeitigen Löschung bedürfe. Eine Anknüpfung der Löschungsfristen an die rechtskräftige Feststellung der Einwohnerzahlen würde die Speicherung der Daten aller Betroffenen bis zur Rechtskraft der letzten gerichtlichen Einzelentscheidung erforderlich machen und den Eingriff in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG erheblich vertiefen.

114

Die mit einer frühzeitigen Löschung verbundenen Kontrollschwierigkeiten würden dadurch kompensiert, dass für die betroffenen Schritte Qualitätssicherungsmaßnahmen vorgeschrieben seien. Darüber hinaus seien Fehlerquellen im Verfahren minimiert worden. Eine höhere Kontrollgenauigkeit lasse sich auch nicht durch weitere Melderegisterabgleiche oder ähnliche Registerzugriffe erzielen, denn diese seien zwischenzeitlich fortgeschrieben worden und bildeten den maßgeblichen Stichtag nicht mehr ab. Im Übrigen stünde das sogenannte Rückspielverbot einem Abgleich mit den Melderegistern et cetera entgegen.

115

bb) Eine neue Festsetzung der Einwohnerzahl einer einzelnen Gemeinde setze regelmäßig eine Neuerhebung voraus und damit einen wesentlichen Teil eines neuen Zensus. Über die Einwohnerzahl zum Zensusstichtag 2011 könne damit aber keine Aussage getroffen werden. Auch eine Fortschreibung der Meldedaten komme nicht in Betracht, weil es sich dabei um Daten minderer Güte handele.

116

cc) Diese Eigenarten einer Volkszählung führten gleichwohl nicht zu einem Leerlaufen der Rechtsschutzinteressen von Ländern und Kommunen. Eine Berichtigung festgestellter Rechenfehler sei ebenso möglich wie die gerichtliche Kontrolle der verwendeten Erhebungsmethode und ihrer Anwendung im Einzelfall. So könnten etwa die Zahl der Stichprobenanschriften oder der Anschriften mit Sonderbereichen in einer Gemeinde auch ohne zeitliche Begrenzung anhand der nicht zu löschenden Daten ausgewertet werden. Auch lasse sich kontrollieren, ob Vorkehrungen zur Qualitätssicherung in den statistischen Verfahren eingehalten worden seien. Die Löschung der Erhebungsbögen und Hilfsmerkmale verhindere allenfalls die Überprüfung der ersten Verfahrensschritte im Korrekturverfahren.

117

2. Das Statistische Bundesamt hat erläutert, dass der Zensustest die Durchführbarkeit eines kombinierten Zensus aus Registerauswertung und primärstatistischen Erhebungen ergeben habe. Auf dieser Grundlage habe für den Zensus 2011 ein Verfahren vorgeschlagen werden können, das im Vergleich zu einer Vollerhebung zu einem geringeren Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung führe, deutlich kostengünstiger sei und eine vergleichbare Qualität wie eine Vollerhebung gewährleiste.

118

a) Die Einwohnerermittlung habe ausschließlich auf Bausteine zurückgegriffen, die im Zensustest 2001 erfolgreich erprobt und für den Zensus 2011 empfohlen worden seien. Wo die konkrete Ausgestaltung noch offen gelassen oder Nachbesserungsbedarf gesehen worden sei, sei durch das nachfolgende Forschungsprojekt sowie die Arbeiten der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft "Haushaltegenerierung, Auswertungsdatenbank, fachliche Schnittstellenkoordination" eine hinreichende Ertüchtigung der Korrekturinstrumente erfolgt. Das Forschungsprojekt habe gezeigt, dass die Qualitätsvorgaben auch bei Annahme einer hohen Streuung der Merkmale in den Anschriften mit wenigen Ausnahmen erfüllt seien und bei einer Auswahl von 10% der Bevölkerung erreicht würden. Die im Zensustest zugrunde gelegten Vergleichsgruppen für Gemeindegrößenklassen seien in der Arbeitsgruppe "Gemeinschaftsweiter Zensus 2001" durch Statistikexpertinnen und -experten aus Bund und Ländern erarbeitet worden. Dabei habe man sich an Größenklassen für Gemeinden orientiert, die auch in anderen Statistiken verwendet würden. Mit einer umfangreichen Studie des Bayerischen Landesamtes für Statistik und in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe sei die Befragung im Rahmen der Haushaltegenerierung als Korrekturinstrument weiterentwickelt worden. Dies habe für Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern eine Korrektur des dublettenbereinigten Melderegisterbestandes um -0,2% erwarten lassen.

119

Der registergestützte Zensus sei eine grundsätzlich geeignete und den aktuellen statistischen Standards entsprechende Methode zur Ermittlung der Einwohnerzahl. Seine Bausteine seien im Zensustest erprobt, als grundsätzlich geeignet empfohlen sowie daran anknüpfend weiterentwickelt und ausgestaltet worden. Die Haushaltsstichprobe folge den Empfehlungen aus dem Zensustest, das Stichprobendesign sei im Rahmen des Forschungsprojekts konzipiert, bei der Erstellung des Stichprobenplans und der Stichprobenziehung berücksichtigt worden und in die Stichprobenverordnung eingeflossen.

120

b) Das gewählte Verfahren habe sich auch aus heutiger Sicht bewährt, in der Zwischenzeit vorgenommene Qualitätsbeurteilungen seien durchweg positiv ausgefallen. Zwar habe der vom Bundesministerium des Innern beauftragte Evaluierer eine Angleichung der Verfahren für große und kleine Gemeinden empfohlen. Dies beruhe jedoch nicht auf einer methodischen Notwendigkeit, sondern auf dem Bestreben, die Ergebnisse eines registergestützten Zensus bei den Kommunen besser vermitteln zu können.

121

c) Insgesamt gehe die Entwicklung auch in der Europäischen Union hin zu einer verstärkten Registernutzung für Zensuszwecke. Nach einer 2014 durchgeführten Abfrage planten lediglich 8 von 27 antwortenden Mitgliedstaaten noch traditionelle Vollerhebungen, 13 ein kombiniertes Verfahren und 6 einen (rein) registerbasierten Zensus. Zwar habe es nur in Deutschland Korrekturen der Registerinformationen mittels eines statistischen Verfahrens gegeben; Grund dafür sei jedoch, dass Deutschland nicht auf einen zentralen Registerbestand zurückgreifen könne und eine Ermittlung der Einwohnerzahlen angesichts der nicht ausreichenden Qualität der kommunalen Melderegister ohne Korrekturmaßnahmen nicht möglich sei.

122

Die Methoden zur Korrektur von Registerfehlern in §§ 7 und 16 ZensG 2011 seien im Nachgang zum Zensus 2011 durch das Statistische Bundesamt evaluiert worden, wobei der tatsächliche Bereinigungseffekt der Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten mit circa -0,2% den Erwartungen des Zensustests entsprochen habe. Mit der Haushaltsstichprobe wäre die Einwohnerzahl mit durchschnittlich -1,1% allerdings stärker nach unten korrigiert worden, was aber immer noch unter dem Korrekturbedarf in großen Gemeinden liege (ca. -1,5%). Soweit statistische Landesämter im Nachgang des Zensus 2011 unter Nutzung der Zensusdaten ebenfalls Untersuchungen zur Wirksamkeit und möglichen Ertüchtigung der Befragungen zur Klärung von Unstimmigkeiten angestellt hätten, hätten sie festgestellt, dass sich diese nicht so ertüchtigen ließen, dass sie den erhöhten Korrekturbedarf ausgleichen könnten. Untersuchungen des Bayerischen Landesamtes für Statistik zeigten etwa, dass eine Ausweitung der Befragung auf Anschriften mit mehr als einer bewohnten Wohnung keinen ausreichenden Korrektureffekt in kleinen Gemeinden erwarten lasse, unter anderem weil der überwiegende Teil der Registerfehler an Anschriften vorliege, die beim Abgleich der Gebäude- und Wohnungszählung mit dem Melderegister nicht als unplausibel auffielen. Analysen des Landesbetriebs Information und Technik Nordrhein-Westfalen zeigten zudem, dass auch ein Wechsel von der 10.000-Einwohner-Grenze zu einer "strukturellen" Grenze wie dem Anteil an Einfamilienhäusern keine hinreichende Ertüchtigung der Befragung ermögliche.

123

Die Befragung zur Klärung des Wohnsitzes nach § 15 Abs. 3 ZensG 2011 mit dem Ziel der Bereinigung von Mehrfachfällen in Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern habe ergeben, dass Mehrfachfälle erfolgreich korrigiert werden könnten, doch stünden Aufwand und Belastung der Auskunftspflichtigen in keinem Verhältnis zum Nutzen. Ein entsprechendes Ergebnis lasse sich auch maschinell erreichen. Beide Verfahren hätten insoweit die gleiche Wirkung und eine Entscheidung für das eine oder andere keine Auswirkung auf die Qualität der Ermittlung.

124

d) Ob die Trennung von Hilfs- und Erhebungsmerkmalen rückgängig gemacht werden könne, hänge davon ab, ob bei der Trennung ein jedem Datensatz eindeutig zuzuordnender Identifikator verwendet worden sei.

125

Das Statistische Bundesamt habe die Hilfsmerkmale nach § 19 Abs. 1 Satz 1 ZensG 2011, für die es nach § 12 Abs. 8 ZensG 2011 die datenschutzrechtliche Verantwortung trage, bereits gelöscht. Dies könne nicht mehr rückgängig gemacht werden. Im Datenpool Nordrhein-Westfalen sei unmittelbar nach der Einwohnerermittlung mit der Löschung von Datenbeständen begonnen worden. Das Bayerische Landesamt für Statistik trage gemäß § 12 Abs. 7 und 8 ZensG 2011 die datenschutzrechtliche Verantwortung für die Auswertungsdatenbank und die Haushaltegenerierung. Dafür sei es methodisch erforderlich gewesen, Hilfs- und Erhebungsmerkmale nicht zu trennen. Um einerseits der gesetzlichen Löschungspflicht nach § 19 ZensG 2011 nachzukommen und andererseits eine eventuelle spätere gerichtliche Kontrolle sicherzustellen, habe sich das Bayerische Landesamt für Statistik dazu entschlossen, die gesetzlich vorgeschriebene Löschung der Daten zwar vorzunehmen, jedoch eine verschlüsselte Sicherungskopie zu erstellen und diese auf einem externen Datenspeicher abzulegen. In dem verschlüsselten Datenbestand seien die Hilfsmerkmale zusammen mit den Erhebungsmerkmalen noch vorhanden. Eine Wiederherstellung des Bestandes sei allerdings sehr aufwändig. Zudem enthalte das Datenmaterial nicht alle im Rahmen des Zensus 2011 vorgenommenen Korrekturschritte, so dass eine vollständige Überprüfung der einzelnen Korrekturmaßnahmen nicht mehr möglich sei. Für die Auswertungsdatenbank sei die Löschung der Hilfsmerkmale gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 ZensG 2011 rechtzeitig vor Ablauf der vier Jahre abgeschlossen worden. Diese enthalte seither nur noch Erhebungsmerkmale und keine Hilfsmerkmale. Eine Wiederherstellung der Hilfsmerkmale anhand des verschlüsselten Datenbestands der Haushaltegenerierung sei insoweit zwar nicht ausgeschlossen; die Erstellung des konsolidierten Melderegisterbestandes, die Dublettensuche und -bereinigung sowie die Anbindung primärstatistischer Erhebungsbefunde an das Melderegister seien aber nicht mehr reproduzierbar.

126

Mit der einstweiligen Anordnung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. August 2015 (vgl. BVerfGE 140, 99) sowie den einstweiligen Anordnungen mehrerer Verwaltungsgerichte seien die Löschungen - soweit nicht schon vollzogen - zwar ausgesetzt worden. Eine vollständige Reproduktion der für die Ermittlung der Einwohnerzahlen erforderlichen Zahlen sei gleichwohl nicht mehr möglich. Nicht mehr nachvollziehbar seien aufgrund des Zeitablaufs auch alle Primärerhebungen (Sonderbereichs-Vollerhebung, Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten, Haushaltsstichprobe). Dies gelte im Übrigen auch bei einer traditionellen Volkszählung in Form einer Vollerhebung.

127

Die Hilfsmerkmale nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 ZensG 2011 für die in § 8 Abs. 3 ZensG 2011 genannten Sonderbereiche seien schließlich im Juli 2012 gelöscht worden und die Ermittlung der Einwohnerzahlen für diese Sonderbereiche daher nicht mehr nachvollziehbar.

128

e) Die Angaben nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 ZensVorbG 2011 hätten dazu gedient, die Modellierung des Stichprobendesigns zu optimieren, seien nach Ermittlung der Anzahl unterschiedlicher Familiennamen gelöscht worden und hätten keinen Einfluss auf die Ermittlung der Einwohnerzahl und ihre Nachvollziehbarkeit. Die Daten nach § 6 ZensVorbG 2011 seien ins Anschriften- und Gebäuderegister integriert und danach gelöscht worden und hätten ebenfalls keinen Einfluss auf die Nachvollziehbarkeit der ermittelten Einwohnerzahl. Zwar seien Teile der Melderegisterlieferung vom April 2008 verwendet worden, um die Stichprobenorganisationsdatei (§ 5 Abs. 4 ZensVorbG 2011) aufzubauen, auf deren Grundlage das Stichprobendesign für den Zensus 2011 getestet und festgelegt worden sei. Die Umsetzung des Stichprobendesigns sei aber auf Basis der im Zensus selbst zur Verfügung stehenden Daten und Informationen erfolgt, so dass die Stichprobenorganisationsdatei keinen Einfluss auf die Ermittlung der Einwohnerzahl gehabt haben könne. Das Anschriften- und Gebäuderegister (§ 2 ZensVorbG 2011) sei zum frühestmöglichen Zeitpunkt gelöscht worden. Aufgrund gerichtlicher Vorgaben sei allerdings eine Sicherungskopie erstellt worden, die gesondert verwahrt werde. Die nachvollziehbare Ermittlung der Einwohnerzahlen könnte durch diese Informationen jedoch allenfalls unterstützt, nicht aber direkt abgeleitet werden, da hier keine personenbezogenen Daten abgelegt seien.

129

3. Die Antragsteller haben mit Schriftsätzen vom 7. April 2017 (Antragsteller zu I.) beziehungsweise vom 15. März 2017 (Antragsteller zu II.) ihr tatsächliches und rechtliches Vorbringen weiter vertieft. Die Bundesregierung hat hierzu mit Schriftsatz vom 17. September 2017 nochmals Stellung genommen.

IV.

130

Auf gesonderten Antrag des Antragstellers zu I. vom 12. August 2015 hat der Senat § 19 ZensG 2011 mit Beschluss vom 26. August 2015 bis zur Entscheidung in der Hauptsache, längstens für die Dauer von sechs Monaten, außer Vollzug gesetzt. Die einstweilige Anordnung wurde jeweils mit Beschlüssen vom 15. Februar 2016, 20. Juli 2016, 22. Dezember 2016, 13. Juni 2017, 1. Dezember 2017 und 14. Mai 2018 wiederholt.

V.

131

Der Senat hat am 24. Oktober 2017 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der die Verfahrensbeteiligten ihr Vorbringen weiter vertieft und ergänzt haben. Als sachkundige Auskunftspersonen zu Vorbereitung und Durchführung der Erhebung sowie zu Fragen der fachstatistischen Vertretbarkeit der den angegriffenen Normen zugrunde liegenden Annahmen hat der Senat den Präsidenten des Statistischen Bundesamtes, Herrn Dieter Sarreither, den Präsidenten des Bayerischen Landesamtes für Statistik, Herrn Dr. Thomas Gößl, als Vertreterin der Deutschen Statistischen Gesellschaft Frau Prof. Dr. Susanne Rässler, Herrn Prof. Dr. Ralf Münnich sowie - auf Anregung der Antragsteller - Herrn Prof. Dr. Björn Christensen und Herrn Dr. Tim Hoppe angehört.

B.

132

Der Senat hat über die vorliegenden Anträge in der aus dem Rubrum ersichtlichen Besetzung zu entscheiden. Dem steht nicht entgegen, dass er über die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung am 26. August 2015, am 15. Februar 2016 und am 20. Juli 2016 in der Besetzung durch den Präsidenten sowie die Richter Landau, Huber, Müller, die Richterin Kessal-Wulf und den Richter Maidowski, am 22. Dezember 2016, und am 13. Juni 2017 in seiner vollen Besetzung sowie am 1. Dezember 2017 und am 14. Mai 2018 ohne die Richterin Langenfeld entschieden hat. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts handelt es sich bei Hauptsacheverfahren und Anträgen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung um eigenständige Sachen im Sinne des § 15 Abs. 3 Satz 1 BVerfGG, so dass das Hinzutrittsverbot insoweit nicht gilt (vgl. BVerfGE 142, 5 <8 Rn. 8>; BVerfG, Einstweilige Anordnung vom 1. Dezember 2017 - 2 BvF 1/15 -, juris, Rn. 2).

133

Da der Richter Maidowski und die Richterin Langenfeld im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24. Oktober 2017 verhindert waren, muss die Entscheidung in der Hauptsache ohne ihre Mitwirkung ergehen (vgl. § 30 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 15 Abs. 3 Satz 1 BVerfGG).

C.

134

Die Normenkontrollanträge sind bei sachgerechter Auslegung (I.) zulässig (II.).

I.

135

Die Anträge richten sich in der Sache gegen § 15 ZensVorbG 2011, § 7 Abs. 1 bis 3, § 8 Abs. 3, § 15 Abs. 2 und 3, § 19 ZensG 2011 sowie § 2 Abs. 2 und 3, § 3 Abs. 2 StichprobenV, soweit sie das Verfahren zur Ermittlung amtlicher Einwohnerzahlen der Länder und Gemeinden und zur Bereitstellung der Grundlage für die Fortschreibung der amtlichen Einwohnerzahlen für die Zeit zwischen zwei Volkszählungen (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 ZensG 2011) zum Gegenstand haben.

136

Soweit die Anträge im Hinblick auf § 7 ZensG 2011 ausdrücklich nur die Verfassungswidrigkeit der Abs. 1 und 2 rügen, ist ihnen zu entnehmen, dass sie die Vorschrift insoweit zur verfassungsgerichtlichen Prüfung stellen wollen, als sie in Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 nur für Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis vorsieht und die konkrete Ausgestaltung des Stichprobenverfahrens in Abs. 2 Satz 2 dem Verordnungsgeber überlässt. Insoweit geht es ihnen nicht nur um die Verfassungsmäßigkeit von § 7 Abs. 1 und 2 ZensG 2011, sondern auch um § 7 Abs. 3 ZensG 2011, der aus ihrer Sicht nur unzureichende Vorgaben für die Ausgestaltung des Stichprobenverfahrens und die konkretisierende Rechtsverordnung enthält.

II.

137

1. Die Antragsteller sind angesichts des objektiven Charakters des Verfahrens der abstrakten Normenkontrolle (Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 13 Nr. 6, § 76 Abs. 1 BVerfGG) in Bezug auf Bundesrecht unabhängig davon antragsberechtigt, ob sie der zur Prüfung gestellten Norm im Bundesrat zugestimmt haben (vgl. BVerfGE 101, 158 <213>; 122, 1 <17>; 127, 165 <190>). Der Senat von Berlin (vgl. Art. 55 Abs. 1 BerlVerf) und der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg (vgl. Art. 33 Abs. 2 Satz 1 HambVerf) sind daher im Hinblick auf alle angegriffenen Regelungen des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011, des Zensusgesetzes 2011 und der Stichprobenverordnung 2011 antragsberechtigt.

138

2. Ein objektives Klarstellungsinteresse im Sinne von Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG und § 76 Abs. 1 BVerfGG (vgl. BVerfGE 6, 104 <110>; 52, 63 <80>; 88, 203 <334>; 96, 133 <137>; 100, 249 <257>; 101, 1 <30>; 103, 111 <124>; 106, 244 <250>; 108, 169 <178>; 110, 33 <44 f.>; 113, 167 <193>; 119, 394 <409>; 127, 293 <319>; 128, 1 <32>; stRspr) ist ebenfalls zu bejahen. Es wird schon dadurch indiziert, dass ein auf das Grundgesetz in besonderer Weise verpflichtetes Organ oder ein Organteil von der Unvereinbarkeit der Norm mit höherrangigem Bundesrecht überzeugt ist und eine diesbezügliche Feststellung beim Bundesverfassungsgericht beantragt (vgl. BVerfGE 52, 63 <80>; 96, 133 <137>; 103, 111 <124>; 106, 244 <250 f.>; 119, 394 <409>; 127, 293 <319>). Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Norm außer Kraft getreten oder auf andere Weise gegenstandslos geworden ist (vgl. BVerfGE 5, 25 <28>; 20, 56 <93 f.>; 97, 198 <213 f.>; 100, 249 <257>; 110, 33 <45>; 119, 394 <410>; 127, 293 <319>). Das objektive Klarstellungsinteresse entfällt lediglich dann, wenn von der zur Prüfung gestellten Norm unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr Rechtswirkungen ausgehen können (vgl. BVerfGE 97, 198 <213 f.>; 100, 249 <257>; 110, 33 <45>; 113, 167 <193>; 119, 394 <410>; 127, 293 <319>; stRspr).

139

Dass der Zensus 2011 und seine Vorbereitung bereits abgeschlossen sind, führt nicht dazu, dass die zugrunde liegenden Normen keine Rechtswirkungen mehr entfalten. Die verfahrensgegenständlichen Normen bilden nach wie vor die Grundlage für die im Rahmen des Zensus 2011 festgestellten und seither fortgeschriebenen Einwohnerzahlen von Bund, Ländern und Gemeinden und für die gerichtliche Überprüfung der im Rahmen des Zensus 2011 festgestellten Einwohnerzahlen in noch anhängigen Rechtsstreitigkeiten.

140

Dem Antrag des Antragstellers zu II. fehlt das objektive Klarstellungsinteresse auch nicht deshalb (teilweise), weil der Antragsteller zu I. ein (teilweise) gegenstandsgleiches Normenkontrollverfahren schon früher eingeleitet hat. Denn dieses hat bislang noch keine verfassungsrechtliche Klarstellung herbeiführen können (vgl. BVerfGE 101, 158 <160 f., 213>).

141

Die abstrakte Normenkontrolle ist nicht subsidiär gegenüber anderen Möglichkeiten der Antragsteller, die gerügten Verfassungsverstöße zu beseitigen (vgl. BVerfGE 8, 104 <110>; 20, 56 <95>). Daher mussten diese vor Einleitung des Verfahrens auch nicht den Ausgang der von ihnen ebenfalls angestrengten fachgerichtlichen Rechtsschutzverfahren gegen die ihre Einwohnerzahl feststellenden Bescheide abwarten.

D.

142

Die Anträge sind unbegründet.

I.

143

Die angegriffenen gesetzlichen Vorschriften sind formell verfassungsgemäß. Der durch das Zensusvorbereitungsgesetz 2011 sowie das Zensusgesetz 2011 angeordnete Zensus 2011 fällt unter die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Statistik für Bundeszwecke im Sinne von Art. 73 Abs. 1 Nr. 11 GG. Der Bund war daher für den Erlass der die Vorbereitung und Durchführung des Zensus 2011 regelnden Gesetze zuständig.

144

Unter Statistik im Sinne von Art. 73 Abs. 1 Nr. 11 GG ist die Erhebung, Sammlung, Darstellung und Auswertung von Daten und Fakten im Wege methodischen Vorgehens für staatliche Zwecke zu verstehen (vgl. Kunig, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2012, Art. 73 Rn. 47; Wittreck, in: Dreier, GG, Bd. 2, 3. Aufl. 2015, Art. 73 Rn. 79; Heintzen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 7. Aufl. 2018, Art. 73 Rn. 121). Eine Statistik erfolgt dann "für Bundeszwecke", wenn sie objektiv der Erfüllung einer Bundesaufgabe dient (vgl. BVerfGE 8, 104 <119>; 65, 1 <39>).

145

Eine staatliche Volkszählung durch Auswertung vorhandener Register und ergänzende Individualbefragungen unterfällt dem vorgenannten Statistikbegriff (vgl. BVerfGE 65, 1 <39>) und dient auch Zwecken des Bundes.

146

Das folgt allerdings noch nicht aus dem in § 1 Abs. 3 Nr. 3 ZensG 2011 geregelten Zweck des Zensus, die Berichtspflichten nach der Verordnung (EG) Nr. 763/2008 zu erfüllen. Auch wenn Art. 1, 3 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 763/2008 die Mitgliedstaaten verpflichten, der EU-Kommission alle zehn Jahre bestimmte Bevölkerungsdaten zu übermitteln, so sagt dies doch nichts darüber aus, welche Ebene im föderalen Staatsaufbau der Bundesrepublik Deutschland für die Übermittlung der entsprechenden Daten zuständig ist. Insoweit gilt vielmehr der Grundsatz der institutionellen und verfahrensmäßigen Autonomie der Mitgliedstaaten (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 7. Januar 2004, Wells, C-201/02, EU:C:2004:12, Rn. 65 ff.; Urteil vom 3. September 2009, Fallimento Olimpiclub, C-2/08, EU:C:2009:506, Rn. 24).

147

Die auf der Grundlage des Zensus 2011 erhobenen und ermittelten Daten dienen jedoch dadurch der Erfüllung von Aufgaben des Bundes, dass sie Informationen über die Einwohnerzahlen von Bund, Ländern und Gemeinden und damit die Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland sowie über weitere Strukturdaten auf den Gebieten Bevölkerung, Wirtschaft, Soziales, Wohnungswesen, Raumordnung, Verkehr, Umwelt und Arbeitsmarkt liefern. Auf ihrer Grundlage werden politische Entscheidungen des Bundes, die an bestehende Entwicklungen auf diesen Gebieten anknüpfen und insoweit steuernd eingreifen wollen, überhaupt erst möglich (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 ZensG 2011). § 1 Abs. 1 ZensG 2011 bezeichnet den Zensus vor diesem Hintergrund zu Recht als Bundesstatistik, wobei § 1 Satz 1 und § 3 Abs. 1 Nr. 1 BStatG diesen Begriff näher konkretisieren.

148

Dass die im Rahmen des Zensus 2011 gewonnenen Informationen auch für Planungsprozesse und politische Entscheidungen der Länder und Kommunen herangezogen werden, steht seiner Einordnung als Statistik für Bundeszwecke nicht entgegen. In Programmen für Bundesstatistiken kann auch statistischen Bedürfnissen der Länder Rechnung getragen werden, da sich Gesetzes-, Verwaltungs- und Planungszuständigkeiten von Bund und Ländern vielfältig überschneiden (vgl. BVerfGE 65, 1 <39>) und eine Trennung der objektiven Statistikzwecke insoweit nicht praktikabel ist (vgl. Heintzen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 7. Aufl. 2018, Art. 73 Rn. 123). Dies gilt unabhängig davon, dass Länder und Kommunen, die staatsorganisationsrechtlich Teil der Länder sind (vgl. BVerfGE 86, 148 <215, 218 f.>), für ihre Zwecke und ihre Aufgabenbereiche nicht an die in einer "Statistik für Bundeszwecke" erhobenen Daten gebunden sind - im Rahmen ihrer Kompetenzen - durchaus eigene, themengleiche Statistiken erstellen und verwenden können.

II.

149

Maßstäbe für die materielle verfassungsrechtliche Beurteilung der angegriffenen Regelungen ergeben sich vor allem aus der Bedeutung der Einwohnerzahlen für einzelne Regelungen des Grundgesetzes (1), dem Demokratie- und Rechtsstaatsgebot sowie Art. 80 Abs. 1 GG (2), dem föderativen und interkommunalen Gleichbehandlungsgebot (3), den Anforderungen an die Gewährung von Rechtsschutz zugunsten von Ländern und Gemeinden (4) sowie dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung der vom Zensus 2011 betroffenen Bürger (5).

150

1. Das Grundgesetz misst der Einwohnerzahl der Länder in einzelnen Regelungen eine spezifische Bedeutung zu (a). Insoweit muss der Gesetzgeber eine hinreichend realitätsnahe Ermittlung sicherstellen (b). Dabei muss insbesondere die Verfahrensgestaltung den an eine "gültige" Prognose zu stellenden Anforderungen genügen (c). Soweit sonstige Regelungen des Bundes- und Landesrechts an die Einwohnerzahl anknüpfen, vermag dies keine vergleichbare verfassungsrechtliche Vorwirkung zu begründen; das gilt auch mit Blick auf die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung (d).

151

a) Das Grundgesetz misst der Einwohnerzahl für die Stimmenanzahl der Länder im Bundesrat (aa), ihre Stellung im Bund-Länder-Finanzausgleich (bb) sowie die Anforderungen, unter denen sie einer Neugliederung unterzogen werden können (cc), eine spezifische Bedeutung zu.

152

aa) Nach Art. 51 Abs. 2 GG haben die Länder mindestens drei Stimmen im Bundesrat, Länder mit mehr als zwei Millionen Einwohnern vier, Länder mit mehr als sechs Millionen Einwohnern fünf und Länder mit mehr als sieben Millionen Einwohnern sechs Stimmen. In der Sache bringt die Verfassung damit zum Ausdruck, dass sich das Stimmgewicht der Länder im Prinzip an der Bevölkerungszahl orientiert. Der Bundesrat hat hierzu in § 27 seiner Geschäftsordnung bestimmt, dass der Stimmenzahl die Ergebnisse der amtlichen Bevölkerungsfortschreibung zugrunde zu legen sind, sofern nicht Ergebnisse einer amtlichen Volkszählung vorliegen. Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 BevStatG in Verbindung mit § 1 Abs. 3 Nr. 1 ZensG 2011 ist der jeweils letzte Zensus auch Grundlage der Fortschreibung.

153

Da schon eine geringfügige Verschiebung der Einwohnerzahlen Auswirkungen auf die Stimmenzahl eines Landes haben kann, lässt sich aus der "abgestuften" Gleichheit der Länder in Art. 51 Abs. 2 GG (vgl. Bauer, in: Dreier, GG, Bd. 2, 3. Aufl. 2015, Art. 51 Rn. 20 f.; Korioth, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 7. Aufl. 2018, Art. 51 Rn. 16) die verfassungsrechtliche Notwendigkeit einer den tatsächlichen Verhältnissen angenäherten Bestimmung der Einwohnerzahlen der Länder ableiten.

154

bb) Auch die Finanzverfassung setzt mit Blick auf den Bund-Länder-Finanzausgleich ersichtlich realitätsnahe Einwohnerzahlen voraus, und zwar unabhängig von der zum 20. Juli 2017 erfolgten Änderung von Art. 107 GG (durch Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 13. Juli 2017, BGBl I S. 2347). Im Bund-Länder-Finanzausgleich spielt die Einwohnerzahl von Ländern und Gemeinden an mehreren Stellen eine Rolle.

155

(1) Zwar ist für die horizontale Verteilung der der Ländergesamtheit gemäß Art. 106 GG zugewiesenen Finanzmasse gemäß Art. 107 Abs. 1 Satz 1 GG grundsätzlich das "örtliche Aufkommen" zugrunde zu legen (vgl. BVerfGE 72, 330 <384>; 101, 158 <221>; 116, 327 <379>). Dieser Maßstab gilt allerdings nur für die Landessteuern im Sinne von Art. 106 Abs. 2 GG und den Länderanteil am Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer.

156

(2) Der Anteil am Aufkommen der Umsatzsteuer wird den Ländern demgegenüber grundsätzlich nach Maßgabe der Einwohnerzahl zugeteilt (Art. 107 Abs. 1 Satz 4 GG). Damit soll durch typisierende Anknüpfung an einen Durchschnittskonsum (vgl. Siekmann, in: Sachs, GG, 8. Aufl. 2018, Art. 107 Rn. 14 f.) dem Grundsatz des "örtlichen Aufkommens" Rechnung getragen und gleichzeitig ein Bedarfselement in die Verteilung eingeführt werden (vgl. BVerfGE 72, 330 <384 f.>; 101, 158 <221>; 116, 327 <379>).

157

Abweichend davon ermächtigt Art. 107 Abs. 1 Satz 4 2. Halbsatz GG den Gesetzgeber noch bis zum 31. Dezember 2019 (Art. 143g GG), vom Anteil der Ländergesamtheit an der Umsatzsteuer bis zu ein Viertel als Ergänzungsanteile für solche Länder vorzusehen, deren Einnahmen aus Landessteuern, Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und dem Betrag nach Art. 106b GG unter Einbeziehung der Steuerkraft der Grunderwerbsteuer je Einwohner unter dem Durchschnitt der Länder liegen (sog. Umsatzsteuervorwegausgleich). Bei der Bestimmung des durchschnittlichen Einnahmeanteils knüpft auch Art. 107 Abs. 1 Satz 4 2. Halbsatz GG ausdrücklich an die Einwohnerzahl der Länder an und setzt damit deren realitätsnahe Ermittlung voraus.

158

(3) Nach Art. 107 Abs. 2 GG ist der Bundesgesetzgeber verpflichtet, die Voraussetzungen für die Durchführung eines (sekundären horizontalen) Länderfinanzausgleichs zu schaffen, sobald und soweit sich ergibt, dass zwischen der Finanzkraft der Länder unangemessen große Unterschiede bestehen (vgl. Heun/Thiele, in: Dreier, GG, Bd. 3, 3. Aufl. 2018, Art. 107 Rn. 23). Damit sollen die Ergebnisse der primären Steuerertragsverteilung zwischen den Ländern korrigiert werden, soweit sie unangemessen erscheinen (vgl. BVerfGE 72, 330 <386 f.>; 86, 148 <214>, 101, 158 <221>; 116, 327 <380>).

159

Maßstab für diesen Ausgleich sind die Einkünfte der Länder pro Kopf und damit mittelbar wiederum die jeweilige Einwohnerzahl (§ 6 Abs. 2 Satz 2, § 9 FAG 2001). Dieser Rückgriff liegt nahe und ist in der Rechtsprechung des Senats wiederholt gebilligt worden (vgl. BVerfGE 72, 330 <400 f.>; 86, 148 <238 f.>; 101, 158 <223>), weil dadurch ein Finanzkraftvergleich zwischen den Ländern möglich wird, der - ausgehend von der typisierenden, allerdings nicht zwingenden Annahme, dass in ganz Deutschland mit derselben Summe auch ein einheitliches Niveau öffentlicher Leistungen finanziert werden kann (vgl. Korioth, Der Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern, 1997, S. 579) - von ländereigenen Prioritäts- oder Dringlichkeitsentscheidungen unabhängig ist und eine allen Ländern gleichermaßen vorgegebene Bezugsgröße für die ihnen zugewiesenen Aufgaben enthält (vgl. BVerfGE 72, 330 <400 ff.>; 86, 148 <239>; 101, 158 <223, 228 f.>). Auch die für Stadtstaaten und dünn besiedelte Flächenländer vorgesehene Einwohnergewichtung (§ 9 Abs. 2 und 3 FAG 2001) setzt eine hinreichend genaue Ermittlung der Einwohnerzahlen voraus. Die Zugrundelegung der Finanzkraft pro Einwohner entspricht auch dem Gebot der föderativen Gleichbehandlung (vgl. BVerfGE 86, 148 <236 f.>; 101, 158 <230>).

160

Bei den Regelungen des Maßstäbe- wie des Finanzausgleichsgesetzes handelt es sich streng genommen zwar um selbständige Anknüpfungsentscheidungen des Gesetzgebers ohne Verfassungsrang. Art. 107 Abs. 2 GG setzt indes mit der Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe wie "Finanzkraft", "Finanzbedarf", "Ausgleich" und "Angemessenheit" einen Finanzkraftvergleich zwischen den Ländern voraus, der auch einen Vergleichsmaßstab benötigt. Dass es sich dabei naheliegenderweise um das - gegebenenfalls zu modifizierende - Einwohnerkriterium handelt, entspricht der Staatspraxis seit der Weimarer Reichsverfassung (vgl. Brecht, Internationaler Vergleich der öffentlichen Ausgaben, 1932, S. 6 ff.; Bühler, in: Anschütz/Thoma, Handbuch des Deutschen Staatsrechts, Bd. 1, 1930, S. 335 ff.; Popitz, Der künftige Finanzausgleich zwischen Reich, Ländern und Gemeinden, 1932, S. 262 ff.; sowie Hidien, Der bundesstaatliche Finanzausgleich in Deutschland, 1999, S. 245 f.; Pagenkopf, Der Finanzausgleich im Bundesstaat, 1981, S. 115 f., 120). Dieses Kriterium war dem Verfassungsgeber von 1948/49 ebenso geläufig wie dem verfassungsändernden Gesetzgeber seitdem (vgl. etwa BTDrucks II/480, Tz. 130 ff., 146) und liegt auch den aktuellen Regelungen des Art. 107 Abs. 2 GG zugrunde (vgl. BVerfGE 72, 330 <400 f.>; 86, 148 <239>; 101, 158 <223, 228 f.>; vgl. Korioth, Der Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern, 1997, S. 578 f.; Heun/Thiele, in: Dreier, GG, Bd. 3, 3. Aufl. 2018, Art. 107 Rn. 36).

161

(4) Art. 107 Abs. 2 Satz 3 GG a.F. beziehungsweise Art. 107 Abs. 2 Sätze 5 und 6 GG n.F. ermöglicht schließlich Ergänzungszuweisungen des Bundes für leistungsschwache Länder (vgl. BVerfGE 101, 158 <232>), wofür es ebenfalls auf das Verhältnis von Finanzkraft und Aufgabenlast ankommt (vgl. BVerfGE 72, 330 <402 f.>; 101, 158 <224>; 116, 327 <380, 384>). Auch insoweit hat der Gesetzgeber - mit Nuancen im Detail - die Einwohnerzahl der Länder durchwegs maßgeblich berücksichtigt: In §§ 10 f. MaßstG 2001 und § 11 FAG 2001 knüpft er jeweils an die unterdurchschnittliche Finanzkraft als Voraussetzung für Bundesergänzungszuweisungen an und nimmt damit die Einwohnerzahl mittelbar in Bezug. Auch Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen für Kosten politischer Führung kommen nach § 12 MaßstG 2001 nur in Betracht, wenn ein Land im Hinblick auf seine Einwohnerzahl mit solchen Kosten überproportional belastet ist.

162

(5) Die Einwohnerzahl spielt ferner eine Rolle, soweit es um die Verteilung der Lasten aus unionsrechtlichen Sanktionen wegen Verstoßes gegen die Anforderungen an die Haushaltsdisziplin geht. Art. 109 Abs. 5 Satz 2 1. Halbsatz GG bestimmt insoweit, dass die Ländergesamtheit solidarisch 35 vom Hundert der auf die Länder entfallenden Lasten entsprechend ihrer Einwohnerzahl trägt.

163

cc) Im Hinblick auf Neugliederungen des Bundesgebiets knüpft schließlich Art. 29 Abs. 4 und Abs. 7 Satz 1 GG an die Einwohnerzahl der betroffenen Gebiete an und bestimmt diese damit zu einer verfassungsunmittelbaren Voraussetzung für die Neugliederungsmaßnahme. Die Grenze von einer Million Einwohnern in Art. 29 Abs. 4 GG beschränkt dabei die Möglichkeit eines Volksbegehrens auf Verflechtungsräume mit einem Mindestmaß an Bedeutung (vgl. Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 29 Rn. 77 ; vgl. auch den Ablehnungsbescheid des Bundesministers des Innern vom 16. März 1994 - VI 1-110 920/15 - im Verfahren 2 BvP 1/94, wiedergegeben in BVerfGE 96, 139 <143>), während die 50.000-Einwohner-Grenze in Art. 29 Abs. 7 Satz 1 GG eine Art Geringfügigkeitsschwelle (vgl. Dietlein, in: Bonner Kommentar, Bd. 9, Art. 29 Rn. 79, Fn. 309 ; Wollenschläger, in: Dreier, GG, Bd. 2, 3. Aufl. 2015, Art. 29 Rn. 33) normiert. Insoweit kommen auch Gebietsteile innerhalb der Länder als Anknüpfungspunkt für die zur Ausfüllung des Tatbestands notwendige Feststellung von Einwohnerzahlen in Betracht. Dass die dabei verwendeten Zahlen hinreichend genau ermittelt sind, setzt das Grundgesetz voraus. Davon geht auch der einfache Gesetzgeber aus, der in § 18 des Gesetzes über das Verfahren bei Volksentscheid, Volksbegehren und Volksbefragung nach Art. 29 Abs. 6 des Grundgesetzes (BGBl I 1979 S. 1317) ohne Weiteres an die grundgesetzlich vorgegebene Zahl von einer Million Einwohnern anknüpft (mit Blick auf § 1 des Gesetzes über das Verfahren bei sonstigen Änderungen des Gebietsbestandes der Länder nach Artikel 29 Abs. 7 des Grundgesetzes hat der Gesetzgeber eine Anpassung an die 1994 vorgenommene Verfassungsänderung hingegen bislang nicht vorgenommen).

164

b) Soweit das Grundgesetz unmittelbar an die Einwohnerzahlen anknüpft, impliziert dies die Verpflichtung des Bundes, für die Bereitstellung eines geeigneten und realitätsgerechten Zahlenmaterials zu sorgen. In diesem Sinne hat der Senat für Zwecke des Bund-Länder-Finanzausgleichs etwa ein Abstellen auf die "tatsächliche" Einwohnerzahl als Regelfall und Abweichungen hiervon als rechtfertigungsbedürftig angesehen (vgl. BVerfGE 86, 148 <239>). Und im Schrifttum wird Art. 107 Abs. 1 Satz 4 GG richtigerweise das Verbot einer - von der tatsächlichen Einwohnerzahl abweichenden - einfachgesetzlichen Einwohnergewichtung entnommen (vgl. Korioth, Der Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern, 1997, S. 529; Wernsmann, in: Bonner Kommentar, Bd. 20, Art. 107 Rn. 152 ).

165

Auch wenn eine ausdrückliche verfassungsrechtliche Regelung, die den Bund - wie Art. I Sec. 3 Satz 2 US-Verfassung - zur Durchführung von Volkszählungen oder zur realitätsnahen Ermittlung der Einwohnerzahlen der Länder verpflichtete, fehlt, so ziehen die verfassungsunmittelbaren Anknüpfungen an die Einwohnerzahlen doch eine derartige Verpflichtung des Bundesgesetzgebers nach sich. Aus der Gesamtschau der vom Grundgesetz vorgegebenen - insbesondere der finanzverfassungsrechtlichen - Anknüpfungen folgt grundsätzlich ein Verfassungsauftrag an den Bund, die insoweit erforderlichen Einwohnerzahlen der Länder zu ermitteln.

166

Soweit die amtlichen Einwohnerzahlen unmittelbar verfassungsrelevant sind, muss der Gesetzgeber deren realitätsgerechte Ermittlung sicherstellen. Er muss deshalb insbesondere die für deren Ermittlung erforderlichen Grundlagen schaffen, ohne die eine realitätsnahe Ermittlung schon angesichts des Eingriffscharakters der Erhebung und der mangelnden Freiwilligkeit eines Teils der Bevölkerung aussichtslos erscheint. In der Sache erfordert dies die bundesgesetzliche Regelung eines den Zwecken der verfassungsrechtlichen Anknüpfungen genügenden Ermittlungsverfahrens sowie die Sicherstellung seiner ordnungsgemäßen Durchführung.

167

Die Ermittlung der "wahren" oder "richtigen" Einwohnerzahl fordert die Verfassung dagegen schon deshalb nicht, weil nach einhelliger Auffassung der insoweit maßgeblichen statistischen Wissenschaft kein praktisch durchführbares Verfahren die Gewähr hierfür bieten kann (vgl. insbesondere die Ausführungen des Präsidenten der Schweizerischen Bundesstatistikkommission in der Anhörung im Gesetzgebungsverfahren zum Zensusvorbereitungsgesetz (vgl. BT(A)Drucks 16(4)255 F, S. 4 ff.). Alle insoweit denkbaren Verfahren sind mit Unsicherheiten und Ungenauigkeiten behaftet und fehleranfällig. Vor diesem Hintergrund kann es allein um das zur Erfüllung der verfassungsrechtlichen Zwecke notwendige Maß an Genauigkeit gehen, so dass sich die Pflicht des Gesetzgebers darauf beschränkt, die für ein zur Ermittlung realitätsgerechter Einwohnerzahlen geeignetes Verfahren erforderlichen Regelungen zu erlassen.

168

Die dargestellten verfassungsunmittelbaren Anknüpfungen an die Einwohnerzahl enthalten selbst keine Maßstäbe für deren Genauigkeit oder das Verfahren ihrer Ermittlung. Diese lassen sich jedoch aus Ziel und Zweck der Anknüpfung ableiten. Während die Stimmverteilung im Bundesrat nach Art. 51 Abs. 2 Satz 2 GG jedenfalls eine grobe, an das Demokratieprinzip des Art. 20 Abs. 1 und 2 GG angelehnte Gewichtung der Länder bei ihrer Mitwirkung an der Gesetzgebung und Verwaltung des Bundes sowie in Angelegenheiten der Europäischen Union (Art. 50 GG) sicherstellen will, dient die Einwohnerzahl der Länder im Rahmen des Bund-Länder-Finanzausgleichs als zentraler Maßstab für die Verteilung des Steueraufkommens, die Ermittlung der Finanzkraft und des Finanzbedarfs und damit für die verfassungsrechtlich gebotene aufgabenadäquate Finanzausstattung von Ländern und Kommunen (vgl. BVerfGE 72, 330 <384 f., 400 f.>; 86, 148 <238 f.>; 101, 158 <221, 223, 228 f.>; Hidien, Die horizontale Steuerverteilung gem. Art. 107 Absatz 1 des Grundgesetzes, 1997, S. 207 ff., 220 ff., 231 ff.; Korioth, Der Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern, 1997, S. 528 f., 579). Hieraus folgt die Notwendigkeit, das zu regelnde Verfahren auf die Ermittlung möglichst angenäherter und bundesweit mit vergleichbarer Genauigkeit ermittelter Einwohnerzahlen auszurichten. Dementsprechend hat der Senat in seiner jüngeren Rechtsprechung zur sogenannten Einwohnerveredelung bei Stadtstaaten und dünn besiedelten Flächenländern den Gesetzgeber verpflichtet, sich auf empirisch ermittelbare und sachlich nachvollziehbare objektive Gesichtspunkte zu stützen (vgl. BVerfGE 72, 330 <415 f.>; 86, 148 <236, 239>; 101, 158 <230 ff.>).

169

Der Bund trägt ferner eine Mitverantwortung dafür, dass das von ihm vorgesehene Verfahren zur Ermittlung der Einwohnerzahl der Länder ordnungsgemäß durchgeführt wird. Dazu steht der Bundesregierung gegebenenfalls auch das Instrumentarium des Art. 84 Abs. 2 bis 5 GG zur Verfügung.

170

c) Bei der Regelung des Erhebungsverfahrens verfügt der Gesetzgeber über einen Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum (aa). Dabei muss der Gesetzgeber den an eine gültige Prognose zu stellenden Anforderungen genügen (bb). Weitergehende prozedurale Anforderungen an das Gesetzgebungsverfahren bestehen hingegen nicht (cc).

171

aa) Die Regelung des Erhebungsverfahrens stellt eine komplexe Abwägungsentscheidung dar, die mit einem substantiellen Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum für den Gesetzgeber verbunden ist. Bei der Ausgestaltung des Zensusverfahrens hat der Gesetzgeber vielfältige Zielkonflikte zu lösen, namentlich zwischen dem verfassungskräftigen Anspruch der Länder auf eine realitätsgerechte Einwohnerermittlung, dem durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Recht der Auskunftsverpflichteten auf informationelle Selbstbestimmung, dem Wirtschaftlichkeitsgebot und dem Zeitbedarf.

172

Schon den Begriffen des Einwohners und der Einwohnerzahl eignet eine gewisse Unschärfe und Konkretisierungsbedürftigkeit (vgl. etwa Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 29 Rn. 77 ). Zudem ist, wie Art. 4 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 763/2008 und die in anderen Staaten angewandten Verfahren der Volkszählung (vgl. etwa BT(A)Drucks 16(4)255 F, S. 1 f.) zeigen, eine Vielzahl von methodischen Herangehensweisen denkbar. Dabei dürften die Auswirkungen einer einzelnen Festlegung auf das Gesamtergebnis nicht ohne Weiteres voraussehbar sein. So kann etwa eine Erhöhung der Zahl der Befragungen zwar die Genauigkeit der Stichprobe verbessern; sie erhöht jedoch auch das Risiko von Befragungsfehlern. Ähnlich ambivalent wirkt die zeitliche Planung und Durchführung der Erhebung.

173

Bei der Beurteilung des gewählten Mittels sowie der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Einschätzung der dem Einzelnen oder der Allgemeinheit drohenden Risiken oder Gefahren steht dem Gesetzgeber, abhängig von der Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs, seinen Möglichkeiten, sich ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden, und der auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter, ein Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu, der vom Bundesverfassungsgericht nur in begrenztem Umfang überprüft werden kann (vgl. BVerfGE 77, 170 <215>; 88, 203 <262>; 90, 145 <173>). Die verfassungsgerichtliche Kontrolle kann dabei von einer bloßen Evidenzkontrolle über eine Vertretbarkeitskontrolle bis hin zu einer intensivierten inhaltlichen Kontrolle reichen (vgl. BVerfGE 50, 290 <332 f.>, m.w.N.; 123, 186 <241>). Je höher sich die Komplexität einer Materie dabei ausnimmt, desto größer ist der Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (vgl. BVerfGE 122, 1 <34>).

174

bb) Die Entscheidung des Gesetzgebers für ein registergestütztes Zensusverfahren weist im Hinblick auf die unterschiedlichen Parameter der Durchführung (Registerqualität, Verwaltungskapazität der Behörden, Kooperationsbereitschaft der Bevölkerung etc.) sowie die erforderliche Beurteilung fachbehördlicher und -wissenschaftlicher Erkenntnisse und Empfehlungen prognostischen Charakter auf. Im Regelfall genügt der Gesetzgeber den damit verbundenen Anforderungen, wenn er die ihm zugänglichen Erkenntnisquellen ausschöpft, um die voraussichtlichen Auswirkungen seiner Regelung so zuverlässig wie möglich abschätzen zu können und einen Verstoß gegen Verfassungsrecht zu vermeiden (vgl. BVerfGE 50, 290 <333 f.>; 57, 139 <160>; 65, 1 <55>). Dies setzt eine Einbeziehung und Auswertung sachverständiger Einschätzungen voraus. Äußere oder vom Gesetzgeber zu vertretende Umstände wie Zeitnot oder unzureichende Sachverhaltsermittlung sind grundsätzlich nicht geeignet, den Prognosespielraum zu erweitern (vgl. BVerfGE 71, 364 <392>; 106, 62 <151>).

175

Ob der gesetzgeberischen Entscheidung eine gültige Prognose zugrunde liegt, ist grundsätzlich aus einer ex-ante-Perspektive im Hinblick auf die verfügbaren Informationen und Erkenntnismöglichkeiten zu beurteilen. Die Prognose wird nicht dadurch ungültig und verfassungswidrig, dass sie sich im Nachhinein als falsch erweist (vgl. BVerfGE 25, 1 <12 f.>). Allerdings kann ein grob unzutreffendes Ergebnis ein Indiz für die Ungültigkeit einer Prognose sein (vgl. BVerfGE 119, 181 <236 f.>). Der Gesetzgeber darf gerade in komplexen Sachgebieten auch neue Konzepte praktisch erproben und Erfahrungen sammeln (vgl. BVerfGE 78, 249 <288>; 85, 80 <92>; 89, 365 <379>; 113, 167 <234>).

176

Kehrseite des Prognosespielraums ist eine mögliche Nachbesserungspflicht (vgl. BVerfGE 57, 139 <162>; 89, 365 <378 ff.>; 113, 167 <234>). Auch nach dem Erlass einer Regelung muss der Gesetzgeber die weitere Entwicklung beobachten, erlassene Normen überprüfen und gegebenenfalls revidieren, falls sich herausstellt, dass die ihnen zugrunde liegenden Annahmen fehlerhaft waren oder nicht mehr zutreffen (vgl. BVerfGE 56, 54 <79>; 65, 1 <56>; 88, 203 <309 f.>; 95, 267 <313>; 107, 266 <296>; 111, 333 <360>; 132, 334 <358 Rn. 67>; 143, 216 <244 Rn. 71>; stRspr). Auch wenn sich Beobachtungs- und Nachbesserungspflichten des Gesetzgebers regelmäßig nur bei Vorliegen konkreter Anhaltspunkte aktualisieren, darf er sich der Kenntnisnahme entsprechender Umstände doch nicht bewusst verschließen. Im Gesetzesvollzug nachträglich erkennbar gewordene Zweifel an der Eignung eines Verfahrens können für die Zukunft etwa Vorkehrungen in Gestalt einer wissenschaftlichen Begleitung oder Evaluationen des Gesetzesvollzugs erforderlich machen.

177

Nachbesserungspflichten scheiden allerdings grundsätzlich dort aus, wo sich gesetzliche Regelungen in einem einmaligen Vollzug erschöpfen, auch wenn sie in den Ergebnissen ihres Vollzugs fortwirken. Stellt sich bei einer solchen Regelung die Fehlerhaftigkeit der Prognose heraus, so können Beobachtungspflichten des Gesetzgebers regelmäßig nur für die Ausgestaltung von Nachfolgeregelungen Bedeutung erlangen und für die Gültigkeit der Prognose, auf der diese beruhen.

178

cc) Besondere prozedurale Anforderungen an das Gesetzgebungsverfahren oder entsprechende Begründungslasten des Gesetzgebers bestehen im vorliegenden Zusammenhang dagegen nicht. Soweit die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wie auch der Landesverfassungsgerichte im Bereich des Finanzausgleichs (vgl. BVerfGE 72, 330 <403 ff.>; StGH BW, Urteil vom 10. Mai 1999 - 2/97 -, DVBl 1999, S. 1351 <1357 f.>; BayVerfGH, Entscheidung vom 28. November 2007 - Vf. 15-VII-05 -, BayVBl 2008, S. 172 <176 ff.>; BrbVerfG, Urteil vom 18. Dezember 1997 - VfGBbg 47/96 -, LKV 1998, S. 195 <196 f.>; HessStGH, Urteil vom 21. Mai 2013 - P.St. 2361 -, NVwZ 2013, S. 1151 <1153>; NdsStGH, Beschluss vom 15. August 1995 - StGH 2/93 u.a. -, NVwZ 1996, S. 585 <587 f.>; NdsStGH, Urteil vom 25. November 1997 - StGH 14/95 u.a. -, NVwZ-RR 1998, S. 529 <530 f.>; VerfGH NRW, Urteil vom 10. Mai 2016 - VerfGH 24/13 -, juris, Rn. 44 ff.; RhPfVerfGH, Urteil vom 14. Februar 2012 - VGH N 3/11 -, NVwZ 2012, S. 1034 <1036 f.>; LVerfG SH, Urteil vom 27. Januar 2017 - LVerfG 4/15 -, juris, Rn. 94 ff.; ThürVerfGH, Urteil vom 21. Juni 2005 - 28/03 -, NVwZ-RR 2005, S. 665 <671>), von Neugliederungsmaßnahmen (vgl. BVerfGE 86, 90 <108 ff.>; RhPfVerfGH, Urteil vom 18. März 2016 - VGH N 9/14 -, juris, Rn. 109; SächsVerfGH, Urteil vom 25. November 2005 - Vf. 119-VIII-04 -, LKV 2006, S. 169 <169 f.>; ThürVerfGH, Urteil vom 18. Dezember 1996 - 2/95 -, NVwZ-RR 1997, S. 639 <644 f.>), Vorhabengesetzen (vgl. BVerfGE 95, 1 <22 f.>) und bei der Bezifferung grundrechtlich gewährleisteter Leistungsansprüche (vgl. BVerfGE 125, 175 <226>; 137, 34 <75>; vgl. StGH BW, Urteil vom 6. Juli 2015 - 1 VB 130/13 -, juris, Rn. 130 f.) oder in Besoldungsfragen (vgl. BVerfGE 130, 263 <300 ff.>; 139, 64 <126 f. Rn. 129 f.>; 140, 240 <296 Rn. 112 f.>; 145, 1 <13 Rn. 28 f.>; 145, 304 <326 Rn. 68>) besondere Anforderungen an die Begründungslast im Gesetzgebungsverfahren gestellt hat, betraf dies typischerweise die gesetzliche Ausgestaltung in der Verfassung selbst angelegter (Leistungs-)Rechte, die ohne entsprechende Anforderungen an Ermittlung und Begründung der Regelungsgrundlagen leerzulaufen drohen. Das ist beim Zensus nicht der Fall. Hier werden weder unbestimmte Verfassungsbegriffe in Zahlen oder Werte "übersetzt" noch materiell exekutivische Planungsentscheidungen getroffen.

179

d) Soweit darüber hinaus Bundesgesetze oder Landesrecht an die Einwohnerzahl anknüpfen, ist damit keine verfassungsrechtliche Vorwirkung verbunden (aa). Das gilt insbesondere für das Kommunalrecht (bb).

180

aa) Regelungen des Bundes- und des Landesrechts knüpfen vielfältig an die Einwohnerzahl von Gebietskörperschaften an - etwa beim Wahlrecht, bei Status und Organisation der Kommunen oder der Besoldung kommunaler Wahlbeamter (vgl. Martini, Der Zensus 2011 als Problem interkommunaler Gleichbehandlung, 2011, S. 36). Eine verfassungsrechtliche Vorwirkung ist damit jedoch nicht verbunden. Angesichts der Vielzahl von Regelungen, in denen an die Einwohnerzahl angeknüpft wird oder eine solche Anknüpfung möglich erscheint, wären einheitliche Anforderungen an die Genauigkeit der Ermittlung der Einwohnerzahl und ihre verfahrensmäßigen Absicherungen auch nicht sinnvoll bestimmbar.

181

So lassen sich auch aus der Bedeutung der amtlichen Einwohnerzahlen für die Wahlkreiseinteilung keine spezifischen Anforderungen an einen Zensus oder eine Volkszählung herleiten. Zwar fordert Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG, dass die Größe der Wahlkreise in etwa vergleichbar ist, da die Erfolgschance der Erststimmen von der Größe der Wahlkreise abhängt (vgl. BVerfGE 95, 335 <353, 363>; 130, 212 <230, 234 ff.>); welche Anforderungen sich an die Genauigkeit der Einwohnerermittlung ergeben, dürfte von der gesetzlichen Ausgestaltung des Wahlsystems abhängen. Bei einer personalisierten Verhältniswahl, wie sie dem derzeitigen Wahlrecht zugrunde liegt, dürften die Spielräume des Gesetzgebers größer sein als bei einem reinen Mehrheitswahlrecht (vgl. BVerfGE 13, 127 <128>; 16, 130 <136, 139 f.>; 95, 335 <354, 363 f.>; 131, 316 <355 f., 361>).

182

bb) Auch die Garantie kommunaler Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 GG) begründet keine besonderen Anforderungen an die Gestaltung einer Volkszählung.

183

(1) Zwar hat der verfassungsändernde Gesetzgeber des Jahres 1997 durch die Einfügung von Art. 28 Abs. 2 Satz 3 1. Halbsatz GG klargestellt, dass die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung auch die finanzielle Eigenverantwortung der Kommunen umfasst (vgl. BTDrucks 12/6000, S. 46, 48 sowie BVerfGE 101, 158 <230>; 120, 1 <25 f.>; 125, 141 <159 f.>; Martini, Der Zensus 2011 als Problem interkommunaler Gleichbehandlung, 2011, S. 30). Der Senat hat daher wiederholt festgestellt, dass Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG den Staat verpflichtet, den Kommunen gegebenenfalls die Mittel zur Verfügung zu stellen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen (vgl. BVerfGE 138, 1 <19 Rn. 53>; BVerfG, Urteil vom 21. November 2017 - 2 BvR 2177/16 -, juris, Rn. 78). Diese Aufgabe trifft jedoch zuvörderst die Länder.

184

Im zweistufigen Bundesstaat des Grundgesetzes sind die Kommunen - unbeschadet ihrer finanzverfassungsrechtlichen Absicherung durch Art. 28 Abs. 2 Satz 3, Art. 106 Abs. 5 bis 8 GG - grundsätzlich Teil der Länder (vgl. Art. 106 Abs. 9 GG; BVerfGE 39, 96 <109>; 119, 331 <364>; 137, 108 <147>). Ihre Aufgaben und ihr Finanzgebaren werden den Ländern zugerechnet (BVerfGE 137, 108 <147 Rn. 90>). Soweit Rechtsstellung, Finanzkraft und Finanzbedarf der Kommunen daher von ihrer Einwohnerzahl beeinflusst werden (vgl. etwa Obermann, LKV 2014, S. 66 <67>), beruht dies typischerweise auf landesrechtlichen Regelungen des Kommunal- oder Kommunalfinanzverfassungsrechts. Ein dem Bund zurechenbarer Eingriff in ihre Rechtsstellung liegt darin nicht.

185

Dies wird nicht zuletzt dadurch unterstrichen, dass Art. 73 Abs. 1 Nr. 11 GG dem Bund lediglich die Statistik für Bundeszwecke zuweist, während nach Art. 30 in Verbindung mit Art. 70 Abs. 1 GG die Kompetenz zur Regelung und Durchführung statistischer Erhebungen für ihre eigenen Zwecke bei den Ländern verbleibt (vgl. Uhle, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 70 Rn. 109 ). Sie haben auch eigene Statistikgesetze erlassen (vgl. etwa Bayerisches Statistikgesetz vom 10. August 1990, GVBl 1990, S. 270). Die grundgesetzliche Kompetenzverteilung legt daher nahe, dass die Statistikbehörden der Länder für eigene (Verwaltungs-)Zwecke auch eigene Erhebungen anstellen. Auch wenn die Praxis dadurch gekennzeichnet ist, dass die Länder wegen des hohen Aufwandes und der fachlichen und grundrechtlichen Hürden auch für ihre eigenen Angelegenheiten auf die vom Bund ermittelten Daten zurückgreifen (vgl. etwa Lenk/Hesse/Lück, Synoptische Darstellung der kommunalen Finanzausgleichssysteme der Länder aus finanzwissenschaftlicher Perspektive, Studie im Auftrag des Landesrechnungshofs Mecklenburg-Vorpommern, August 2013, S. 61), macht dies die in Rede stehenden Regelungen doch nicht zum Bestandteil des Bundesrechts.

186

(2) An der fehlenden Verantwortlichkeit des Bundes für die einfachgesetzlich vermittelten Folgen des Zensus ändert der Umstand nichts, dass die statistischen Ämter der Länder auf der Grundlage der Ausführungsgesetze zum Zensusgesetz 2011 amtliche Einwohnerzahlen der Gemeinden gegenüber diesen festgestellt haben (vgl. § 2 AGZensG 2011; Art. 26 Abs. 2 BayStatG; § 2 ZensusAGBln; § 1 Abs. 3 ZensusAGBbg; § 2 ZensAG; § 1 Hamburgisches Gesetz zur Ausführung des Zensusgesetzes 2011; § 2 Hessisches Ausführungsgesetz zum Zensusgesetz 2011; § 2 ZensAG M-V; § 1 Abs. 2 Nds. AG ZensG 2011; § 2 Satz 1 ZensG 2011 AG NRW; § 2 Landesgesetz zur Ausführung des Zensusgesetzes 2011; § 2 Gesetz Nr. 1713 zur Ausführung des Zensusgesetzes 2011; § 1 Abs. 3 SächsZensGAG; § 1 Abs. 4 ZensAG LSA; § 2 ZensGAG; § 2 ThürAGZensG 2011).

187

Zwar sind die Gemeinden insoweit Adressaten von Verwaltungsakten, deren Inhalt durch die angegriffenen Vorschriften des Zensusgesetzes 2011 entscheidend determiniert wird. Das Zensusgesetz 2011 regelt jedoch nicht die Rechtsverhältnisse zwischen den Kommunen und dem Bund oder Dritten und greift schon deshalb nicht in das von Art. 28 Abs. 2 GG garantierte Recht auf kommunale Selbstverwaltung ein (a.A. VGH BW, Beschluss vom 7. Dezember 1987 - Z 10 S 482/87 -, NJW 1988, S. 988; VG Bremen, Urteil vom 6. November 2014 - 4 K 841/13 -, juris, Rn. 29; Martini, Der Zensus 2011 als Problem interkommunaler Gleichbehandlung, 2011, S. 30 ff.; Obermann, LKV 2014, S. 66 <69>). Die verfassungsrechtliche Rechtsstellung der Gemeinden und Kreise wird durch die bundesgesetzlichen Regelungen des Zensus 2011 daher allenfalls reflexhaft berührt. Soweit (landesrechtliche) Regelungen an diese Zahlen anknüpfen, geschieht dies auf der Grundlage autonomer Entscheidung des Landesgesetzgebers.

188

Auch die Durchführung des kommunalen Finanzausgleichs ist Sache der Länder (vgl. Art. 106 Abs. 7 und 9 GG; BVerfGE 86, 148 <218 f.>) und wird vom Landesverfassungsrecht in der Regel detailliert ausgestaltet (Art. 73 LV BW; Art. 119 Abs. 2 SVerf; Art. 87 SächsVerf; Art. 93 ThürVerf; Art. 58 NdsVerf; Art. 49 Abs. 6 RP LV; ThürVerfGH, Urteil vom 21. Juni 2005 - 28/03 -, juris, Rn. 137). Gegen die Länder richtet sich - sollte er von Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG umfasst und nicht lediglich landesverfassungsrechtlich verbürgt sein - daher auch der Anspruch auf finanzielle Mindestausstattung, aufgabenangemessene Finanzausstattung oder einen Mehrbelastungsausgleich (vgl. BVerfGE 26, 172 <181>; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 14. Aufl. 2018, Art. 28 Rn. 136 ff.; Mehde, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 28 Abs. 2 Rn. 14, 85 ; Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 7. Aufl. 2018, Art. 106 Rn. 115). Werden die im Rahmen des Zensus ermittelten Zahlen als Grundlage für die Erfüllung von Landesaufgaben herangezogen, trägt der Landesgesetzgeber dafür die Verantwortung (vgl. z.B. Art. 122 BayGO i.V.m. Art. 55 Abs. 1 BayGLKrWG, Art. 23a BayFAG; § 143 Satz 1 GemO BW; § 148 Abs. 1 HessHGO; § 4 Abs. 7 GO NW; § 128 ThürKO i.V.m. § 37 Abs. 1 ThürKWG). Er ist grundsätzlich frei, Zweifeln an der für die Zwecke der jeweiligen Anknüpfung hinreichend genauen Ermittlung der Einwohnerzahlen in seinem Zuständigkeitsbereich zu begegnen. Dies wird teilweise auch tatsächlich so gehandhabt. § 29 Abs. 1 LFAG RP vom 30. November 1999 (GVBl 1999, S. 415) etwa hebt allein auf nach melderechtlichen Vorschriften ermittelte Einwohnerzahlen ab und gibt damit dem zentralen Melderegister des Landes den Vorzug gegenüber der Bevölkerungsfortschreibung nach bundesrechtlichen Regeln.

189

cc) Dass die Verwaltungsgerichte für Klagen von Gemeinden gegen die Feststellung der Einwohnerzahlen aufgrund von Volkszählungen die Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO und damit auch die Möglichkeit einer Verletzung in eigenen Rechten bejaht haben (vgl. Hess. VGH, Urteil vom 19. September 1991 - 6 UE 2588/89 -, juris, Rn. 1, 29 und 34; nicht beanstandet bzw. vorausgesetzt von BVerwG, Beschluss vom 17. März 1992 - 7 B 24/92 -, juris, Rn. 3; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 24. September 1992 - 7 C 33/91 -, juris; BayVGH, Urteil vom 21. Dezember 1994 - 4 B 93/244 -, juris, Rn. 29), zwingt jedenfalls nicht zu der Annahme, die Regelungen des Zensusgesetzes 2011 berührten die Rechtsstellung der Kommunen.

190

2. Demokratie- (Art. 20 Abs. 1 und 2 GG) und Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) gebieten, dass der Gesetzgeber die wesentlichen Fragen selbst regelt (a). Für eine Delegation auf den Verordnungsgeber sind die damit verbundenen Bestimmtheitsanforderungen in Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG ausdrücklich normiert (b). Art. 80 GG enthält zudem weitere Anforderungen an eine abgeleitete Rechtsetzung (c).

191

a) In der Ordnung des Grundgesetzes trifft die grundlegenden Entscheidungen das vom Volk gewählte Parlament. In ständiger Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht daher aus grundrechtlichen Gesetzesvorbehalten und dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) einerseits sowie dem Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1 und 2 GG) andererseits die Verpflichtung des Gesetzgebers abgeleitet, in allen grundlegenden normativen Bereichen die wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen (vgl. BVerfGE 49, 89 <126>; 77, 170 <230 f.>; 98, 218 <251>; 136, 69 <114 Rn. 102>).

192

aa) Die Entscheidung wesentlicher Fragen ist vor diesem Hintergrund dem parlamentarischen Gesetzgeber vorbehalten (vgl. BVerfGE 45, 400 <417 f.>; 47, 46 <78 ff.>; 48, 210 <221>; 49, 89 <126 f.>; 58, 257 <269 ff.>; 61, 260 <275>; 83, 130 <142, 151 f.>; 101, 1 <34>; 108, 282 <311>; 136, 69 <114 Rn. 102>; 139, 19 <45 Rn. 52>). Damit soll gewährleistet werden, dass Entscheidungen von besonderer Tragweite aus einem Verfahren hervorgehen, das der Öffentlichkeit Gelegenheit bietet, ihre Auffassungen auszubilden und zu vertreten, und das die Volksvertretung dazu anhält, Notwendigkeit und Ausmaß von Grundrechtseingriffen in öffentlicher Debatte zu klären. Geboten ist ein Verfahren, das sich durch Transparenz auszeichnet und das die Beteiligung der parlamentarischen Opposition gewährleistet (vgl. BVerfGE 139, 19 <46 Rn. 53>).

193

Wann und inwieweit es einer Regelung durch den Gesetzgeber bedarf, lässt sich nur mit Blick auf den jeweiligen Sachbereich und auf die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes bestimmen. Verfassungsrechtliche Anhaltspunkte sind dabei die tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere Art. 20 Abs. 1 bis 3 GG und die Grundrechte (vgl. BVerfGE 40, 237 <248 ff.>; 49, 89 <127>; 95, 267 <307 f.>; 98, 218 <251>; 136, 69 <114 Rn. 102>; 139, 19 <45 Rn. 52>).

194

"Wesentlich" bedeutet danach zum einen "wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte" (vgl. BVerfGE 47, 46 <79>; 98, 218 <251>; 139, 19 <45 Rn. 52>). Eine Pflicht des Gesetzgebers, die für den fraglichen Lebensbereich erforderlichen Leitlinien selbst zu bestimmen, kann insbesondere dann bestehen, wenn miteinander konkurrierende Freiheitsrechte aufeinandertreffen, deren Grenzen fließend und nur schwer auszumachen sind. Dies gilt vor allem dann, wenn die betroffenen Grundrechte nach dem Wortlaut der Verfassung vorbehaltlos gewährleistet sind und eine Regelung, welche diesen Lebensbereich ordnen will, damit notwendigerweise ihre verfassungsimmanenten Schranken bestimmen und konkretisieren muss. Hier ist der Gesetzgeber verpflichtet, die Schranken der widerstreitenden Freiheitsgarantien jedenfalls so weit selbst zu bestimmen, wie sie für die Ausübung dieser Freiheitsrechte erforderlich sind (vgl. BVerfGE 6, 32 <42>; 20, 150 <157 f.>; 80, 137 <161>; 83, 130 <142>; 108, 282 <311>; 139, 19 <46 Rn. 53>). Der Gesetzgeber ist zum anderen zur Regelung der Fragen verpflichtet, die für Staat und Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sind. Die Tatsache, dass eine Frage politisch umstritten ist, führt für sich genommen allerdings noch nicht dazu, dass die entsprechende Regelung auch als "wesentlich" verstanden werden müsste (vgl. BVerfGE 49, 89 <126>; 98, 218 <251>; 139, 19 <45 f. Rn. 52>).

195

bb) Die Qualifikation einer Regelung als "wesentlich" hat typischerweise ein Verbot der Normdelegation und ein Gebot größerer Regelungsdichte durch den parlamentarischen Gesetzgeber zur Folge (vgl. Brenner, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 7. Aufl. 2018, Art. 80 Rn. 37). Damit werden ergänzende Regelungen durch Rechtsverordnung zwar nicht völlig ausgeschlossen; die wesentlichen Entscheidungen müssen jedoch in einem formellen Gesetz enthalten sein (vgl. BVerfGE 136, 69 <113 ff. Rn. 102 ff.>; sowie insbesondere für den Anwendungsbereich von Art. 103 Abs. 2 GG vgl. BVerfGE 143, 38 <57 f. Rn. 47>).

196

Die Wesentlichkeitsdoktrin enthält insoweit auch Vorgaben für die Frage, in welchem Umfang (vgl. BVerfGE 34, 165 <192 f.>; 49, 89 <127, 129>; 83, 130 <142>; 101, 1 <34>; 139, 19 <47 Rn. 54>) und in welcher Bestimmtheit der Gesetzgeber selbst tätig werden muss (vgl. BVerfGE 83, 130 <152>; 101, 1 <34>; 123, 39 <78>). Das Bestimmtheitsgebot stellt sicher, dass Regierung und Verwaltung im Gesetz steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfinden und dass die Gerichte eine wirksame Rechtskontrolle durchführen können. Bestimmtheit und Klarheit der Norm erlauben es ferner, dass die betroffenen Bürgerinnen und Bürger sich auf mögliche belastende Maßnahmen einstellen können (vgl. BVerfGE 110, 33 <52 ff.>; 113, 348 <375 ff.>; 120, 378 <407 f.>; 133, 277 <336 Rn. 140>; 141, 220 <265 Rn. 94>; 145, 20 <69 Rn. 125>). Der Grad der verfassungsrechtlich gebotenen Bestimmtheit hängt dabei von den Besonderheiten des in Rede stehenden Sachbereichs und von den Umständen ab, die zu der gesetzlichen Regelung geführt haben (vgl. BVerfGE 28, 175 <183>; 131, 268 <307>; 134, 33 <81 f. Rn. 112>; 143, 38 <55 Rn. 41>). Dabei sind die Bedeutung des Regelungsgegenstandes und die Intensität der durch die Regelung oder aufgrund der Regelung erfolgenden Grundrechtseingriffe ebenso zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 86, 288 <311>; 93, 213 <238>; 102, 254 <337>; 131, 88 <123>; 133, 277 <336 f. Rn. 140>; 145, 20 <69 Rn. 125>) wie der Kreis der Anwender und Betroffenen der Norm (vgl. BVerfGE 128, 282 <317 f.>) sowie deren konkretes Bedürfnis, sich auf die Normanwendung einstellen zu können. Keinesfalls reicht der an Regelungsumfang und Detailgrad anzulegende Maßstab so weit, dass der rechtstaatliche Zweck des Bestimmtheitsgebots, die Vorhersehbarkeit der Rechtsordnung zu stärken, in sein Gegenteil verkehrt würde (vgl. auch BVerfGE 49, 89 <137>).

197

cc) Das Grundgesetz kennt allerdings keinen Gewaltenmonismus in Form eines umfassenden Parlamentsvorbehalts (vgl. BVerfGE 68, 1 <86 f.>; 98, 218 <251 f.>; 139, 19 <46 Rn. 53>). Die in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG normierte organisatorische und funktionelle Trennung und Gliederung der Gewalten zielt auch darauf ab, dass staatliche Entscheidungen möglichst richtig, das heißt von den Organen getroffen werden, die dafür nach ihrer Organisation, Zusammensetzung, Funktion und Verfahrensweise über die besten Voraussetzungen verfügen. Vor diesem Hintergrund kann auch die Komplexität der zu regelnden Sachverhalte den Umfang der Regelungspflicht des Gesetzgebers begrenzen (vgl. BVerfGE 79, 106 <120>).

198

b) Die Anforderungen der Wesentlichkeitsdoktrin werden durch Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG näher konkretisiert (aa). Zur Operationalisierung seiner Anforderungen sind unterschiedliche Formeln entwickelt worden, die sich einer generalisierenden Anwendung jedoch entziehen (bb).

199

aa) Die Anforderungen der Wesentlichkeitsdoktrin werden durch Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG näher konkretisiert (vgl. BVerfGE 7, 282 <301 f.>; 40, 237 <249 f.>; 49, 89 <126 f.>; 58, 257 <278>; 80, 1 <20 f.>; 139, 19 <47 Rn. 54 f.>). Mit Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG verwehrt das Grundgesetz dem Parlament - in bewusster Abkehr von der Weimarer Staatspraxis -, sich seiner Verantwortung als gesetzgebende Körperschaft zu entäußern (vgl. BVerfGE 1, 14 <59 f.>; stRspr). Wenn das Parlament die Exekutive zum Verordnungserlass ermächtigt, soll es die Grenzen der übertragenen Kompetenzen bedenken und diese nach Tendenz und Programm so genau umreißen, dass schon aus der Ermächtigung selbst erkennbar und vorhersehbar ist, was dem Bürger gegenüber zulässig sein soll (vgl. BVerfGE 1, 14 <60>; 23, 62 <73>; 34, 52 <60>; 41, 251 <265 f.>; 55, 207 <226>; 58, 257 <277>; 78, 249 <272>; 113, 167 <269>; 139, 19 <47 Rn. 55>; 143, 38 <60 Rn. 54>). Das Parlament darf sich nicht durch eine Blankoermächtigung an die Exekutive seiner Verantwortung für die Gesetzgebung entledigen und damit selbst entmachten. Es muss - entsprechend dem Grundsatz der Gewaltenteilung - stets Herr der Gesetzgebung bleiben (vgl. Brenner, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 7. Aufl. 2018, Art. 80 Rn. 13, 29). Indem Art. 80 GG die Rückbindung exekutiver Rechtsetzung an die Legislative sichert, stellt er sich als bereichsspezifische Konkretisierung des Rechtsstaats-, Gewaltenteilungs- (vgl. BVerfGE 18, 52 <59>; 20, 251 <258>; 34, 52 <60>; 41, 251 <266>; 55, 207 <226>) und Demokratieprinzips dar (vgl. BVerfGE 34, 52 <60>; 41, 251 <266>; 55, 207 <226>; Bauer, in: Dreier, GG, Bd. 2, 3. Aufl. 2015, Art. 80 Rn. 14, 32; Brenner, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 7. Aufl. 2018, Art. 80 Rn. 15; Dreier, in: Dreier, GG, Bd. 2, 3. Aufl. 2015, Art. 20 Rn. 117; Nierhaus, in: Bonner Kommentar, Bd. 12, Art. 80 Abs. 1 Rn. 265 ff. ; Wallrabenstein, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2012, Art. 80 Rn. 4).

200

Eine wesentliche Entscheidung setzt eine hinreichende Regelungsdichte und in der Regel eine nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmte Ermächtigung voraus, so dass sich die Anforderungen von Wesentlichkeitsdoktrin und Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG insoweit decken dürften (vgl. BVerfGE 58, 257 <274, 277>; 83, 130 <151 f.>; 91, 148 <162 ff.>; 101, 1 <33>; 123, 39 <78>). Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG gilt allerdings auch für Entscheidungen, die nicht unter die Wesentlichkeitsdoktrin fallen (vgl. Brenner, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 7. Aufl. 2018, Art. 80 Rn. 38, 41).

201

bb) Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß einer Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden. Diese Begriffe lassen sich nicht strikt voneinander abgrenzen; ihre Gehalte überschneiden sich und sind insgesamt durch eine gewisse Wertungsoffenheit geprägt. Inhalt, Zweck und Ausmaß einer konkreten Ermächtigungsnorm ergänzen, durchdringen und erläutern einander und ergeben erst auf diese Weise den vollen Sinngehalt der Norm (vgl. BVerfGE 38, 348 <357 f.>). Sie sind daher nicht als isoliert nachprüfbare Anforderungen zu verstehen, sondern in ihrer Gesamtheit als Gebot hinreichender Bestimmtheit (vgl. BVerfGE 38, 348 <357>; 55, 207 <226>; 137, 108 <180 Rn. 171>).

202

Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG soll unter anderem gewährleisten, dass der parlamentarische Gesetzgeber durch die Ermächtigung selbst entscheidet, welche Fragen durch Rechtsverordnung geregelt werden können oder sollen. Dazu muss er die Grenzen einer solchen Regelung festlegen und angeben, welchem Ziel sie dienen soll (sog. Selbstentscheidungsvorbehalt). Der Gesetzgeber muss der ermächtigten Stelle darüber hinaus ein "Programm" an die Hand geben, das mit der Ermächtigung verwirklicht werden soll (sog. Programmfestsetzungspflicht). Schließlich soll bereits aufgrund der Ermächtigung vorhersehbar sein, in welchen Fällen und mit welcher Tendenz von ihr Gebrauch gemacht werden wird und welchen Inhalt die aufgrund der Ermächtigung erlassenen Verordnungen haben können, so dass sich die Normunterworfenen mit ihrem Verhalten darauf einstellen können (sog. Vorhersehbarkeitsgebot, vgl. BVerfGE 1, 14 <60>; 2, 307 <334>; 139, 19 <47 Rn. 55>; stRspr).

203

Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG verlangt dagegen nicht, dass die Ermächtigung in ihrem Wortlaut so genau wie nur irgend möglich gefasst ist. Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung müssen auch nicht ausdrücklich im Gesetzestext bestimmt sein; sie müssen jedoch durch Auslegung des ermächtigenden Gesetzes zu ermitteln sein (vgl. BVerfGE 8, 274 <307>; 143, 38 <60 Rn. 55>; stRspr). Das Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit gesetzlicher Ermächtigungen verwehrt es dem Gesetzgeber daher nicht, in der Ermächtigungsnorm Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe zu verwenden (vgl. BVerfGE 101, 1 <32>; 106, 1 <19>). Vielmehr genügt es, dass sich die gesetzlichen Vorgaben mit Hilfe allgemeiner Auslegungsregeln erschließen lassen, insbesondere aus dem Zweck, dem Sinnzusammenhang und der Vorgeschichte des (gesamten) Gesetzes (vgl. BVerfGE 8, 274 <307>; 143, 38 <60 Rn. 55>; stRspr). Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG verbietet es daher nicht, dass zur näheren Bestimmung einer Verordnungsermächtigung auch Rechtsakte außerhalb der Ermächtigung herangezogen werden, einschließlich der Bestimmungen anderer Normgeber. Inhalt, Zweck und Ausmaß einer gesetzlichen Ermächtigung können daher auch anhand von Rechtsakten außerhalb der eigentlichen Verordnungsermächtigung, insbesondere mit Hilfe von Verweisungen oder Bezugnahmen bestimmt werden (vgl. BVerfGE 29, 198 <210>; 143, 38 <61 f. Rn. 58>).

204

Das im konkreten Fall erforderliche Maß an Bestimmtheit hängt daneben von der Eigenart des zu regelnden Sachverhalts ab, insbesondere davon, in welchem Umfang dieser einer genaueren begrifflichen Umschreibung überhaupt zugänglich ist (vgl. BVerfGE 56, 1 <13>). Ist dies nicht der Fall, so kann es geboten sein, die nähere Ausgestaltung des zu regelnden Sachbereichs dem Verordnungsgeber zu überlassen, der die Regelungen rascher und einfacher auf dem neuesten Stand zu halten vermag als der Gesetzgeber (vgl. BVerfGE 101, 1 <35>; 143, 38 <60 f. Rn. 57>). Bei vielgestaltigen, komplexen Lebenssachverhalten oder absehbaren Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse sind etwa geringere Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen als bei einfach gelagerten und klar vorhersehbaren Lebenssachverhalten. Dies ermöglicht sachgerechte, situationsbezogene Lösungen bei der Abgrenzung von Befugnissen des Gesetzgebers und der Exekutive (vgl. BVerfGE 58, 257 <278>; 80, 1 <22>; BVerwGE 89, 121 <131>).

205

Der Gesetzgeber kann Gestaltungsspielräume für die Verwaltung auch mit Blick auf den Vollzug vorsehen, etwa durch die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe und die Einräumung von Ermessen. Die Ausfüllung unbestimmter Gesetzesbegriffe ist eine herkömmliche und anerkannte Aufgabe der Rechtsanwendungsorgane. Entscheidend ist insoweit, dass sich die betreffenden Normen durch Auslegung hinreichend konkretisieren lassen und verbleibende Ungewissheiten nicht so weit gehen, dass die Vorhersehbarkeit und Justiziabilität des Verwaltungshandelns gefährdet werden (vgl. BVerfGE 21, 73 <79 f.>; 118, 168 <188>; 120, 274 <316>; 131, 88 <120, 125>; 133, 277 <355 f. Rn. 181>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. -, juris, Rn. 125; stRspr).

206

c) Soweit der Gesetzgeber der Exekutive die Befugnis zur Regelung von Sachverhalten durch Rechtsverordnung einräumt, sind Anforderungen an die Weiterübertragung der Regelungsbefugnis (aa) sowie die durch die Ermächtigungsgrundlage gezogenen Grenzen (bb) zu beachten.

207

aa) Art. 80 Abs. 1 Satz 4 GG erlaubt die Weiterübertragung der erteilten Verordnungsermächtigung durch Rechtsverordnung. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Gesetzgeber eine solche Subdelegation ausdrücklich zugelassen hat (vgl. hierzu BVerfGE 91, 148 <165>) oder sie dem Gesetz sonst hinreichend deutlich zu entnehmen ist. Dabei grenzt Art. 80 Abs. 1 Satz 4 GG den Kreis derer, die Delegatare einer Subdelegation sein können, nicht weiter ein.

208

Eine Subdelegation liegt allerdings nur dann vor, wenn auch die Befugnis zum Erlass einer Rechtsverordnung übertragen wird. Dies ist nicht der Fall, wenn der Verordnungsgeber lediglich ein Tätigwerden Dritter, zum Beispiel auch Privater, ermöglicht oder deren konsultative Einbindung in ein behördliches Verfahren vorsieht.

209

bb) Zwar stellt Art. 80 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG Anforderungen unmittelbar nur an das ermächtigende Gesetz (vgl. BVerfGE 101, 1 <30>). Eine Rechtsverordnung genügt den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 GG gleichwohl nur, wenn sie sich in den Grenzen der (wirksamen) gesetzlichen Ermächtigung hält; andernfalls würde Art. 80 Abs. 1 GG unterlaufen (BVerfGE 136, 69<92 Rn. 45>). Die Frage, ob eine Verordnung von der in Anspruch genommenen Ermächtigungsgrundlage gedeckt ist, hat daher verfassungsrechtliche Relevanz (vgl. BVerfGE 106, 1 <12>; 136, 69 <92 Rn. 45>).

210

3. Das Bundesstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) und die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 GG) in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgebot (Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) verpflichten den Gesetzgeber grundsätzlich zu einer Gleichbehandlung nachgeordneter Hoheitsträger (vgl. BVerfGE 23, 353 <372>; 86, 148 <251>; 101, 158 <230>). Für den Bund gilt in Bezug auf die Länder insoweit ein föderatives (a), für Bund und Länder hinsichtlich der Kommunen ein interkommunales Gleichbehandlungsgebot (b).

211

a) Das Gebot föderativer Gleichbehandlung ist in der bundesstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes anerkannt (vgl. BVerfGE 72, 330 <331 f., 404>; 119, 394 <410 f.>; 122, 1 <38>). In dieser Ordnung besitzen die Länder zwar Staatsqualität; sie sind dem Bund jedoch untergeordnet und in die bundesstaatliche Solidargemeinschaft eingebunden. Es ist grundsätzlich Aufgabe des Bundes - als Verfassungsgeber, verfassungsändernder oder einfacher Gesetzgeber -, die bundesstaatlichen Rechtsverhältnisse näher auszugestalten.

212

Das Gebot föderativer Gleichbehandlung lässt eine unterschiedliche Behandlung einzelner Länder nur zu, wenn sie durch Sachgründe gerechtfertigt ist (vgl. BVerfGE 39, 96 <119 f., 124>; 86, 148 <236 f., 275>). Das entspricht der Sache nach einem Willkürverbot (vgl. BVerfGE 23, 353 <373 f.>; 86, 148 <251>; Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 Teil 4 Rn. 117 ; Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HStR VI, 3. Aufl. 2008, § 126 Rn. 140). Allerdings kann der Gesetzgeber verpflichtet sein, eine Ungleichbehandlung zu begründen und damit (gerichtlich) kontrollierbar zu machen (vgl. BVerfGE 72, 330 <405 f.>; 101, 158 <225>; 116, 327 <382>; 122, 1 <38>).

213

b) Ferner folgt aus Art. 28 Abs. 2 GG ein an den Gesetzgeber von Bund und Ländern gerichtetes Gebot interkommunaler Gleichbehandlung. Dieses verbietet es, einzelne Gemeinden aufgrund sachlich nicht vertretbarer Differenzierungen zu benachteiligen oder zu bevorzugen. Zwar kommt dem Gesetzgeber insofern ein weiter Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum zu. Das Gebot der interkommunalen Gleichbehandlung wird jedoch verletzt, wenn für die unterschiedliche Behandlung kein sachlicher Grund ersichtlich ist. Bundes- und Landesgesetzgeber sind daher verpflichtet, Begünstigungen und Vorteile nach einheitlichen, sachlich vertretbaren Maßstäben auf die Kommunen zu verteilen; dabei dürfen auch die Modalitäten des Verteilungssystems nicht zu willkürlichen Ergebnissen führen (vgl. BVerfGE 137, 138 <154 f. Rn. 108>).

214

Das Gebot interkommunaler Gleichbehandlung fordert eine gleichmäßige Verteilung knapper Mittel oder Güter zwischen konkurrierenden Kommunen. Materielle Rechte der Kommunen werden dabei typischerweise auf einen Anspruch auf chancengerechte Teilhabe am Verteilungsverfahren reduziert, wobei die sachgerechte, rechtswahrende und faire Ausgestaltung des Verfahrens der Minderung der Eingriffsintensität dient. Prozedurale Vorkehrungen sind auch dort erforderlich, wo eine nachgelagerte gerichtliche Kontrolle etwaige Rechtsverletzungen nicht mehr korrigieren kann. Dieser aus der Grundrechtsdogmatik entlehnte Gedanke gilt auch für den Gewährleistungsbereich von Art. 28 Abs. 2 GG (vgl. BVerfGE 137, 108 <156 Rn. 112>; Gebhardt, Das kommunale Selbstverwaltungsrecht, 2007, S. 55 ff.).

215

4. Gegen Beeinträchtigungen ihrer Rechtspositionen durch den Bund sind Ländern und Kommunen grundsätzlich Rechtsschutzmöglichkeiten eröffnet. Für den Anspruch auf föderative Gleichbehandlung folgt dies unmittelbar aus Art. 20 Abs. 1 GG (a), für das Recht der Kommunen auf interkommunale Gleichbehandlung aus der subjektiven Rechtsstellungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG (b).

216

a) Soweit das Recht der Länder auf föderative Gleichbehandlung reicht, ist ihm auch ein im Bundesstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) wurzelnder Anspruch auf (verfassungs-)gerichtliche Durchsetzung eigen. Andernfalls wäre dieses Recht im Streitfall nicht durchsetzbar und insofern nutzlos (vgl. Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HStR VI, 3. Aufl. 2008, § 126 Rn. 136). Eines Rückgriffs auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG bedarf es insoweit nicht. Die Garantie effektiven Rechtsschutzes dient der Durchsetzung von Rechten natürlicher und juristischer Personen des Privatrechts und findet auf Gebietskörperschaften und deren Organe grundsätzlich keine Anwendung (BVerfGE 21, 362 <369 f.>; 45, 63 <78>; 61, 82 <105>; 129, 108 <118>; vgl. Dreier, in: Dreier, GG, Bd. 2, 3. Aufl. 2015, Art. 28 Rn. 95).

217

b) Den Kommunen garantiert Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG unter anderem auch das Recht, Eingriffe in den Gewährleistungsbereich von Art. 28 Abs. 2 GG mit Hilfe von Unterlassungs-, Beseitigungs- und Teilhabeansprüchen durch die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes überprüfen und gegebenenfalls untersagen zu lassen (sog. subjektive Rechtsstellungsgarantie, vgl. BVerfGE 140, 99 <109 f. Rn. 19>; Dreier, in: Dreier, GG, Bd. 2, 3. Aufl. 2015, Art. 28 Rn. 94; Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 7. Aufl. 2018, Art. 28 Rn. 158 f.; Röhl, in: Schoch, Besonderes Verwaltungsrecht, 15. Aufl. 2013, 1. Kap. Rn. 47 ff.). Das interkommunale Gleichbehandlungsgebot ist Teil der durch Art. 28 Abs. 2 GG gewährleisteten subjektiven Rechtsstellungsgarantie der Kommunen. Gemeinden und Gemeindeverbände können sich deshalb gegenüber dem Staat auf dieses Gebot berufen und seine Verletzung vor dem Bundesverfassungsgericht wie vor den Fachgerichten rügen (vgl. BVerfGE 23, 353 <372 f.>; 26, 228 <244>; 76, 107 <119>; 83, 363 <393>; 137, 108 <155 Rn. 109>; 138, 1 <14 Rn. 39>; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 14. Aufl. 2018, Art. 28 Rn. 56).

218

5. Bei Datenerhebungen zu statistischen Zwecken sind schließlich die aus dem Recht der betroffenen Bürger auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) folgenden Maßgaben zu berücksichtigen (a). Zwar kann dieses Grundrecht im Interesse des Gemeinwohls eingeschränkt werden (b); dies setzt im Interesse eines effektiven Grundrechtsschutzes jedoch organisatorische und verfahrensrechtliche Vorkehrungen des Gesetzgebers voraus (c). Für statistische Datenerhebungen ergeben sich insoweit besondere Maßstäbe (d), zu denen auch die Suche nach grundrechtsschonenderen Alternativen gehört (e).

219

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts umfasst das aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG abgeleitete allgemeine Persönlichkeitsrecht auch die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (vgl. BVerfGE 35, 202 <220>; 65, 1 <41 ff.>; 128, 1 <42>). Unter den Bedingungen der modernen Datenverarbeitung setzt die freie Entfaltung der Persönlichkeit daher den Schutz des Einzelnen gegen eine unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten voraus. Vor diesem Hintergrund gewährleistet Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG als Recht auf informationelle Selbstbestimmung die Befugnis jedes Einzelnen, selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen (vgl. BVerfGE 65, 1 <43>; 128, 1 <42>; 130, 1 <35>; 130, 151 <183>; 142, 234 <251 Rn. 30>; stRspr). Der Schutz dieses Rechts erstreckt sich auf alle Informationen, die etwas über die Bezugsperson aussagen können, und damit auch auf Basisdaten wie Namen und Anschrift (vgl. BVerfGE 65, 1 <45>; 128, 1 <44 f.>; 130, 151 <183 f.>).

220

b) Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist jedoch nicht schrankenlos gewährleistet. Jenseits des unantastbaren Kernbereichs privater Lebensgestaltung (vgl. hierzu BVerfGE 27, 344 <350 f.>; 120, 274 <335>; 130, 1 <22>; 141, 220 <276 Rn. 120, 278 Rn. 124>) kann es auf der Grundlage eines Gesetzes beschränkt werden, sofern dies im überwiegenden Allgemeininteresse liegt, sich Voraussetzungen und Umfang der Beschränkungen klar und für den Bürger erkennbar aus dem Gesetz ergeben und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist (vgl. BVerfGE 65, 1 <44>; 141, 220 <264 f. Rn. 91, 93 f.>).

221

c) Mit Blick auf die besonderen Gefährdungen, die sich durch die Nutzung der automatisierten Datenverarbeitung ergeben, hat der Gesetzgeber darüber hinaus organisatorische und verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu treffen, die einer Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung entgegenwirken (vgl. BVerfGE 53, 30 <65>; 65, 1 <44>; 141, 220 <275 ff. Rn. 117 f., 126 ff., 134 ff.>). Wie weit das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und im Zusammenhang damit der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit den Gesetzgeber zu derartigen Regelungen zwingen, hängt - wie die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ermächtigungsgrundlage und deren Bestimmtheit (vgl. BVerfGE 120, 378 <408>; 133, 277 <336 f. Rn. 140>) - vom Gewicht des Eingriffs ab, das heißt von Art, Umfang und denkbaren Verwendungen der erhobenen Daten, dem Anlass und den Umständen ihrer Erhebung, dem betroffenen Personenkreis sowie der Gefahr des Missbrauchs (vgl. BVerfGE 65, 1 <45 f.>; 141, 220 <269 Rn. 105, 271 Rn. 110>). Dabei ist zu unterscheiden zwischen personenbezogenen Daten, die in individualisierter, nicht anonymisierter Form erhoben und verarbeitet werden, und solchen, die für statistische Zwecke bestimmt sind und anonym ausgewertet werden (vgl. BVerfGE 27, 1 <7>; 65, 1 <45>; 120, 378 <399>). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass die Erhebung, Speicherung und Verwendung personenbezogener Daten in der Regel verschiedene, wenn auch aufeinander aufbauende Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellen (vgl. BVerfGE 65, 1 <43>; 130, 151 <184>; 141, 220 <261 Rn. 80, 323 Rn. 274, 327 Rn. 285>).

222

Eine angemessene Verfahrensgestaltung erfordert unter anderem, dass bei der Speicherung und Nutzung personenbezogener Daten Transparenz, aufsichtliche Kontrolle und ein effektiver Rechtsschutz sichergestellt werden (vgl. BVerfGE 133, 277 <365 f. Rn. 204 f.>; 141, 220 <282 ff. Rn. 134 ff.>). Auch ist ein organisatorischer oder verfahrensrechtlicher Schutz gegen Zweckentfremdung durch Weitergabe- und Verwertungsverbote erforderlich (vgl. BVerfGE 65, 1 <46>; 84, 239 <280>). Als weitere Schutzvorkehrungen sind Aufklärungs-, Auskunfts- und Löschungspflichten wesentlich (vgl. BVerfGE 65, 1 <46>; 113, 29 <58>; 100, 313 <361>; 120, 351 <360 ff.>; 141, 220 <285 f. Rn. 144>). Die erhobenen Daten sind zu löschen, sobald sie für die festgelegten Zwecke oder den gerichtlichen Rechtsschutz der Betroffenen nicht mehr benötigt werden (vgl. BVerfGE 100, 313 <362>; 113, 29 <58>; 120, 378 ; 125, 260 <332 f.>; 141, 220 <285 f. Rn. 144>).

223

d) Für eine Datenerhebung und -verarbeitung für statistische Zweckegelten besondere Anforderungen. Da es zum - vom Verfassungsgeber vorausgesetzten - Wesen der Statistik gehört, dass die Daten nach einer statistischen Aufbereitung für die verschiedensten, nicht von vornherein bestimmbaren Aufgaben verwendet werden, gelten für Volkszählungen Ausnahmen von den Erfordernissen einer konkreten Zweckumschreibung, vom Verbot, personenbezogene Daten auf Vorrat zu sammeln, sowie von den Anforderungen für Weitergabe und Verwertung (vgl. BVerfGE 65, 1 <47>).

224

Die Datenerhebung und -verarbeitung zu statistischen Zwecken darf allerdings nur als Hilfe zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben erfolgen. Auch darf nicht jede Angabe verlangt werden; vielmehr muss geprüft werden, ob das Ziel der Erhebung nicht auch durch eine anonymisierte Ermittlung erreicht werden kann. Darüber hinaus bedarf es besonderer Vorkehrungen für die Durchführung und Organisation der Datenerhebung und -verarbeitung, da die Daten während der Erhebung und auch noch nach der Speicherung zumindest teilweise individualisierbar bleiben. Zu den verfahrensrechtlichen Vorkehrungen zum Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung gehört es, dass die der Identifizierung der befragten Personen dienenden Daten zum frühestmöglichen Zeitpunkt gelöscht und bis zu diesem Zeitpunkt Namen und Anschrift von den übrigen Angaben getrennt und unter besonderem Verschluss gehalten werden (vgl. BVerfGE 65, 1 <59>; 140, 99 <111 f. Rn. 21>). Schließlich bedarf es wirksamer Abschottungsregelungen nach außen. Schon während der Erhebung ist eine strikte Geheimhaltung der zu statistischen Zwecken erhobenen Einzelangaben geboten, solange noch ein Personenbezug besteht oder herstellbar ist (Statistikgeheimnis); das gleiche gilt für das Gebot einer möglichst frühzeitigen (faktischen) Anonymisierung, verbunden mit Vorkehrungen gegen eine Deanonymisierung (vgl. BVerfGE 65, 1 <49>). Im Übrigen gefährdet eine Weiterleitung von zu statistischen Zwecken erhobenen personenbezogenen Daten gegen den Willen oder ohne Kenntnis der Betroffenen die amtliche Statistik selbst. Für deren Funktionsfähigkeit ist ein möglichst hoher Grad an Genauigkeit und Wahrheit der erhobenen Daten erforderlich, der nur erreicht werden kann, wenn bei den Auskunftspflichtigen das notwendige Vertrauen in die Abschottung der für statistische Zwecke erhobenen Daten besteht (vgl. BVerfGE 65, 1 <50>).

225

Im Volkszählungsurteil hat das Bundesverfassungsgericht die Erhebung von Daten zu ausschließlich statistischen Zwecken für verfassungsrechtlich unbedenklich gehalten, wenn sie nach ihrer Anonymisierung oder statistischen Aufbereitung von den statistischen Ämtern anderen staatlichen Organen oder sonstigen Stellen zur Verfügung gestellt werden (vgl. BVerfGE 65, 1 <51>). Eine Übermittlung weder anonymisierter noch statistisch aufbereiteter, also noch personenbezogener Daten zum Zwecke des Verwaltungsvollzugs stellt sich dagegen als unzulässiger Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar (vgl. BVerfGE 65, 1 <51 f., 61>). Der im Volkszählungsgesetz 1983 vorgesehene Melderegisterabgleich war daher unzulässig (vgl. BVerfGE 65, 1 <64 f.>). In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist hieraus der - häufig als "Rückspielverbot" bezeichnete - Schluss gezogen worden, dass Überprüfungen eines Volkszählungsergebnisses in Rechtsbehelfsverfahren, die auf einen solchen Abgleich hinauslaufen würden, ebenfalls unzulässig sind (vgl. Hess. VGH, Urteil vom 19. September 1991 - 6 UE 2588/89, NVwZ 1993, S. 497 <498>; BayVGH, Urteil vom 21. Dezember 1994 - 4 B 93.244 -, juris, Rn. 37; VG Bremen, Urteil vom 6. November 2014 - 4 K 841/13 -, juris, Rn. 84; VG Potsdam, Beschluss vom 21. April 2015 - 12 L 450/15 -, juris, Rn. 15; VG Regensburg, Urteil vom 6. August 2015 - RO 5 K 13.2149 -, juris, Rn. 277). Dies steht auch einer Akteneinsicht in nicht anonymisierte Erhebungsunterlagen und deren unmittelbarer gerichtlicher Überprüfung entgegen.

226

e) Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfordert schließlich die Prüfung, ob aufgrund der Fortentwicklung der statistischen Wissenschaft Möglichkeiten einer grundrechtsschonenderen Datenerhebung bestehen. Veränderte Umstände können den Gesetzgeber zur Nachbesserung ursprünglich verfassungsgemäßer Regelungen verpflichten (vgl. BVerfGE 56, 54 <78 f.>; 65, 1 <56>; allgemein dazu jüngst BVerfGE 143, 216 <240 Rn. 56 ff.>).

227

Das Bundesverfassungsgericht ist mit Blick auf das Volkszählungsgesetz 1983 davon ausgegangen, dass Stichproben auf freiwilliger Basis oder eine Kombination von Voll- und Stichprobenerhebung eine traditionelle Volkszählung nicht ersetzen konnten. Es hat dem Gesetzgeber jedoch aufgegeben, sich vor künftigen Entscheidungen über die Durchführung einer Volkszählung mit dem dann erreichten Stand der Methodendiskussion auseinanderzusetzen und festzustellen, ob eine Totalerhebung noch verhältnismäßig ist (vgl. BVerfGE 65, 1 <56>).

III.

228

Nach diesen Maßstäben sind die angegriffenen Vorschriften des Zensusgesetzes 2011 und des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 mit dem Grundgesetz vereinbar. § 7 Abs. 1 bis 3 ZensG 2011 verstößt weder gegen die sich aus Art. 20 Abs. 1 bis 3 GG ergebenden Anforderungen der Wesentlichkeitsdoktrin noch gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG (1). Die dort sowie in § 15 Abs. 2 und 3, § 16 ZensG 2011 angeordneten Verfahren zur Korrektur von Unrichtigkeiten der Melderegisterdaten genügen den Anforderungen, die sich aus der verfassungsrechtlichen Radizierung der Einwohnerzahlen an eine gültige Prognose ergeben (2). Eine mit den Vorschriften des Zensusgesetzes 2011 über die Korrektur von Registerfehlern entlang der 10.000-Einwohner-Schwelle möglicherweise verbundene Ungleichbehandlung von Ländern verstößt nicht gegen das Gebot föderativer Gleichbehandlung (3). Die angegriffenen Vorschriften verstoßen auch nicht gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (4) und verletzen weder verfassungsrechtlich geschützte Interessen der Länder noch der Kommunen an einer (verfassungs-)gerichtlichen Kontrolle sie belastender Maßnahmen (5).

229

1. Die verfassungsrechtliche Beurteilung von § 7 Abs. 1 bis 3 ZensG 2011, der die wesentlichen Grundlagen für die Haushaltsstichprobe, das Programm der Stichprobenverordnung und den Verwaltungsvollzug enthält, muss den Bedingungen eines Zensus Rechnung tragen (a). Vor diesem Hintergrund ist die Regelung im Hinblick auf Regelungsdichte und Bestimmtheit nicht zu beanstanden (b). Dies gilt auch, soweit die nähere Ausgestaltung des Verfahrens im Rahmen des Vollzugs getroffen werden musste (c).

230

a) Aus den Bedingungen eines Zensus ergeben sich keine erhöhten Bestimmtheitsanforderungen an die gesetzliche Ausgestaltung eines Zensusgesetzes. Die angegriffenen Bestimmungen über die Haushaltsstichprobe bilden einen zusammenhängenden Regelungskomplex, der in seiner Gesamtheit sowie im Zusammenspiel mit weiteren Vorschriften die Vorgaben des Gesetzgebers für die Entwicklung des Stichprobenverfahrens und die dabei verbleibenden Gestaltungsmöglichkeiten festlegt. Dem Interesse an einer realitätsnahen Ermittlung der Einwohnerzahlen wird dabei durch das vom Gesetzgeber vorgegebene Ziel einer hinreichend genauen, mit einer Vollerhebung vergleichbaren Erhebung Rechnung getragen (vgl. etwa BTDrucks 16/12219, S. 31).

231

aa) Zwar stellt die Durchführung der Haushaltsstichprobe für die Betroffenen - schon angesichts der Zahl und der Sensibilität der nach § 7 Abs. 4 und 5 ZensG 2011 erfassten Erhebungs- und Hilfsmerkmale - einen nicht unerheblichen Eingriff in deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Mit Blick auf den Zweck der Bestimmtheitsanforderungen aus Art. 20 Abs. 1 bis 3 und Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG ist jedoch zum einen zu berücksichtigen, dass die Stichprobe sich lediglich auf circa 10% der Bevölkerung erstreckt und dass sie zum anderen als eine auf einem mathematischen Zufallsverfahren beruhende Auswahl für die Betroffenen nicht konkret vorhersehbar sein kann. Es liegt daher auch nicht nahe, dass die Betroffenen ihr Verhalten an der Wahrscheinlichkeit ausrichten, befragt zu werden.

232

Länder und Kommunen sind in den Rechtsverhältnissen zu den von der Erhebung Betroffenen nicht mit eigenen Rechtspositionen ausgestattete und den Bürgern gleichgeordnete Dritte, deren konkurrierender Freiheitsgebrauch durch eine Erhöhung der Bestimmtheitsanforderungen zu berücksichtigen wäre. Sie sind vielmehr integraler Teil des Staatsaufbaus (vgl. - für die Kommunen - BVerfGE 73, 118 <191>; 83, 37 <54>; 107, 1 <11>; 138, 1 <18 Rn. 52>) und der grundrechtsverpflichteten öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 128, 226 <244>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 7. November 2017 - 2 BvE 2/11 -, juris, Rn. 238 f.; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Juli 2016 - 2 BvR 470/08 -, juris, Rn. 26) und als solcher gehalten, die Nachteile einer möglichst grundrechtsschonenden Ermittlung der Einwohnerzahlen hinzunehmen.

233

bb) Vor allem aber sprechen bereichsspezifische Besonderheiten der Statistik gegen erhöhte Bestimmtheitsanforderungen an die gesetzliche Ausgestaltung des Zensus 2011. Der Zensus 2011 ist das Ergebnis eines über ein Jahrzehnt angelegten komplexen Prozesses, in dem normative und fachliche Anforderungen kontinuierlich miteinander abgeglichen worden sind und der Spielraum des Gesetzgebers hinsichtlich der verfahrensrechtlichen Ausgestaltung nach und nach verengt wurde. Diese Pfadabhängigkeit prägt auch Auslegung und Anwendung des Zensusgesetzes 2011:

234

(1) Mit dem Zensusgesetz 2011 sollte die Grundlage für einen registergestützten Zensus im Jahr 2011 und damit für eine Momentaufnahme der Bevölkerungsstruktur geschaffen werden. Aus dem Gesamtzusammenhang der gesetzlichen Regelungen, insbesondere aus den in § 12 ZensG 2011 zusammengefassten Bestimmungen zur zentralen Datenverarbeitung und -aufbereitung, ergibt sich, dass der Vollzug des Zensus 2011 als ein einmaliges, in einem engen zeitlichen Rahmen ablaufendes gemeinsames und koordiniertes Projekt angelegt war, dessen Durchführung nur auf der Grundlage einer kontinuierlichen Zusammenarbeit der statistischen Ämter des Bundes und der Länder möglich war. Angesichts des Projektcharakters des Zensus 2011 ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass aufgrund fortlaufender Abstimmung der Sachverstand aller Statistikbehörden in die Organisation des Gesamtprojekts einfließen und dadurch jedenfalls die Einhaltung allgemein anerkannter statistikfachlicher Standards erreicht würde, zumal auch für die übrigen Bundesstatistiken die Sicherstellung der Einhaltung fachlicher Qualitätsstandards durch verwaltungsinterne Regelungen auf Grundlage der Aufgabenzuweisung in § 3 Abs. 1 Nr. 2 BStatG erfolgt.

235

(2) Die Durchführung eines registergestützten Zensus erfordert eine Bewertung mathematisch-statistischer Verfahren, wobei Aussagen zu Vor- und Nachteilen von Alternativen vor der tatsächlichen Durchführung wegen des ungesicherten Erkenntnisstandes nur vorläufig möglich sind (vgl. BVerfGE 101, 1 <35>). Der Gesetzgeber ist in einer derartigen Situation verpflichtet, die ihm zugänglichen Erkenntnisquellen zur Bewertung der unterschiedlichen Verfahren auszuschöpfen, um deren Auswirkungen so zuverlässig wie möglich abschätzen zu können (vgl. BVerfGE 50, 290 <333 ff.>). Er muss sich die erforderlichen Erkenntnisquellen so rechtzeitig beschaffen und auswerten, dass er auf dieser Grundlage selbst ein Programm für die beabsichtigte Regelung festlegen kann. Vor künftigen Entscheidungen für eine Erhebung der Bevölkerungszahl muss er sich mit dem erreichten Stand der Diskussion über Methoden der Informationserhebung und -verarbeitung auseinandersetzen, die sich stetig weiterentwickelnden Methoden der amtlichen Statistik und Sozialforschung berücksichtigen und die ihm zugänglichen Erkenntnisquellen ausschöpfen, um die ungewissen Auswirkungen eines Gesetzes so zuverlässig wie möglich abschätzen zu können (vgl. BVerfGE 65, 1 <55>). Dass sich die auf der Grundlage der dem Gesetzgeber zugänglichen Erkenntnisquellen angestellte Prognose später als unzutreffend erweisen kann, ändert daran nichts.

236

Aufgrund der Erfahrungen mit dem Zensustest gab es zum Zeitpunkt des Gesetzesbeschlusses in Kreisen der amtlichen Statistik bereits konkretisierte Vorstellungen über die im Rahmen der Erhebung zu verwendenden Methoden und mögliche Richtungen für ihre Fortentwicklung. Diese waren auch dem Gesetzgeber zugänglich. Wesentliche Elemente des späteren Zensusverfahrens waren in ihren Grundzügen bereits Teil der auf der Grundlage des Zensustestgesetzes durchgeführten Erhebung (vgl. Stellungnahme des Statistischen Bundesamtes vom 7. November 2016, S. 5 f.). Aus der Sicht des Gesetzgebers wie auch der mit der Erhebung betrauten Behörden war damit schon aus Gründen der Pfadabhängigkeit und des Zeitablaufs einerseits die Bandbreite möglicher Verfahrensgestaltungen begrenzt. Andererseits konnten die Beteiligten insbesondere im Zusammenhang mit der Entwicklung und Durchführung von Stichprobenerhebungen auf die bereits vorliegenden Erfahrungen des Zensustests und anderer von den statistischen Ämtern des Bundes und der Länder durchgeführter Erhebungen - wie etwa des Mikrozensus - zurückgreifen.

237

(3) Die - oben unter (2) - geschilderten Aufgaben darf der Gesetzgeber grundsätzlich nicht gemäß Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG auf den Verordnungsgeber delegieren. Allerdings kann er auch bei der Regelung eines punktuellen Sachverhaltes - wenn dies zur sachgemäßen Bewältigung des Regelungsgegenstandes erforderlich ist - befugt sein, die Berücksichtigung von Erkenntnissen, die erst im Verfahrensablauf gewonnen werden oder die aus fachlichen Gründen erst zu einem nach dem Regelungszeitpunkt liegenden Zeitpunkt ermittelt werden können, auf den Verordnungsgeber zu delegieren oder die Verwaltung hiermit zu betrauen.

238

So beruhte das endgültige Stichprobendesign auf wissenschaftlichen Untersuchungen anhand der gemäß § 5 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 1 ZensVorbG 2011 erst im Jahre 2008 vorliegenden Daten der Stichprobenorganisationsdatei sowie den nach § 3 ZensG 2011 erhobenen Daten der Meldebehörden. Gesetz- und Verordnungsgeber haben den als Auswahlgrundlage für die Stichprobe maßgeblichen Datenbestand - die Auswahlgrundlage für die Stichprobe (Bevölkerungszahlen zum 31. Dezember 2009) und den maßgeblichen Anschriftenbestand (Stichtag 1. September 2010 gem. § 2 Abs. 3 Nr. 1 StichprobenV) - so festgelegt, dass sie erst während des Vollzugs des Zensus 2011 gewonnen wurden, obwohl sie teilweise Voraussetzung für die endgültige Festlegung des Stichprobenverfahrens waren (vgl. Stellungnahme der Bundesregierung vom 9. November 2016, S. 61). Denn von der Verwendung möglichst nahe am Zensusstichtag liegender Ausgangsdaten erwartete man sich eine Verbesserung der Qualität von Stichproben- und Hochrechnungsverfahren sowie der Realitätsnähe ihrer Ergebnisse (vgl. Statistisches Bundesamt, Haushaltebefragung beim Zensus 2011. Erläuterungen zum Stichprobenverfahren, 2010, S. 12, Fn. 11).

239

cc) Die unionsrechtliche Verpflichtung zur Durchführung einer Volkszählung (Verordnung Nr. 763/2008) entbindet grundsätzlich nicht von den Anforderungen aus Art. 20 Abs. 1 bis 3 und Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG (offen gelassen in BVerfGE 45, 142<166>; vgl. Brenner, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 7. Aufl. 2018, Art. 80 Rn. 43; Remmert, in: Maunz/Dürig, GG, Bd. 5, Art. 80 Rn. 115 ; a.A. Bauer, in: Dreier, GG, Bd. 2, 3. Aufl. 2015, Art. 80 Rn. 37; Scheuing, Rechtsprobleme bei der Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts in der Bundesrepublik Deutschland, in: Müller-Graff/Ritzer , Europäisches öffentliches Recht: ausgewählte Beiträge, 2006, S. 467 <472>). Ein besonderer Zeitdruck ergab sich aus dem durch die Verordnung (EG) Nr. 763/2008 gesetzten Zeitpunkt für den Zensus 2011 nicht. Es war daher Aufgabe des Gesetzgebers, die für den Erlass eines Gesetzes erforderlichen Vorbereitungen so früh zu beginnen, dass diese auch rechtzeitig vor Erlass des Gesetzes abgeschlossen werden konnten und die nötigen Erkenntnisse für den Erlass eines hinreichend bestimmten Gesetzes vorlagen.

240

(1) Bereits für die Jahrtausendwende 2000/2001 hatte die Europäische Union den Mitgliedstaaten eine Volkszählung nahe- (vgl. BRDrucks 222/07, S. 12; BTDrucks 16/12219, S. 19) und 1996 einen (Vor-)Entwurf für eine Verordnung zur Einführung eines unionsweiten Zensus vorgelegt (Statistisches Amt der Europäischen Gemeinschaften: Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Durchführung der allgemeinen Zählungen der Bevölkerung und der Wohnungen im Jahr 2001, Frühjahr 1996 , zitiert nach: Grohmann, in: Grohmann/Sahner/Wiegert , Volkszählung 2001, 1999, S. 26 <31>; vgl. Anding/Fürnrohr, BayVBl 2014, S. 709 <710>). Vor diesem Hintergrund beschloss die Innenministerkonferenz schon Ende 1998, bei einem künftigen Zensus einen Methodenwechsel von einer primärstatistischen Vollerhebung zu einer hauptsächlich registergestützten Datengewinnung vorzunehmen.

241

(2) Auch wenn eine Beschleunigung des gesamten Verfahrens aus heutiger Sicht nicht ausgeschlossen erscheint, ist unter Berücksichtigung der zahlreichen Arbeitsschritte bei der Vorbereitung und Durchführung des registergestützten Zensus doch nicht ersichtlich, dass das Normsetzungsverfahren unter einem seine Ordnungsmäßigkeit in Frage stellenden Zeitdruck gestanden hätte. Hinzu kommt, dass gerade zur Gewährleistung einer höheren Genauigkeit der Ergebnisse zum Teil bewusst auf nahe am Stichtag liegende Daten - etwa des Anschriften- und Gebäuderegisters und die für das Verfahren von den Meldebehörden übermittelten Daten - zurückgegriffen wurde, deren Ermittlung nicht beliebig in das Vorfeld der Erhebung verschoben werden konnte und in der Folge auch eine Weiterverarbeitung zu einem nach dem Erlass des Zensusgesetzes 2011 liegenden Zeitpunkt erforderlich machte, etwa bei der endgültigen Festlegung des Stichprobendesigns (vgl. oben Rn. 63 ff.).

242

dd) Es entspricht schließlich der im Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) angelegten Zielsetzung funktionsgerechter Aufgabenverteilung, staatliche Entscheidungen den Organen zuzuordnen, die dafür nach Organisation, Zusammensetzung, Funktion und Verfahrensweise am besten geeignet sind. Auch im Rahmen einer nicht auf dynamische Fortentwicklung angelegten Rechtsmaterie ist der Gesetzgeber nicht gehalten, jedes behördliche Handeln bis ins Einzelne vorzubestimmen. Je stärker eine Festlegung durch einen hohen Grad an Technizität geprägt wird, je mehr sie durch äußere - sachverständig feststellbare - Umstände und die gesetzlichen Zielvorgaben begrenzt ist und je weniger sie mit einem Spielraum zur eigenen Gewichtung widerstreitender Interessen einhergeht, desto eher kann sie auf den Verordnungsgeber übertragen oder der eigenverantwortlichen Verfahrensgestaltung im Rahmen des Vollzugs überlassen werden. Die besondere Transparenz (vgl. dazu BVerfGE 85, 386 <403 f.>; 95, 267 <307 f.>; 130, 318 <344>; 131, 152 <205 f.>) und diskursive Rationalität, auf die das parlamentarische Verfahren angelegt ist, können bei kleinteiligen technischen Festlegungen nur bedingt erreicht werden. Auch mit Blick auf die Funktionsfähigkeit des Parlaments kann die vom Gesetzgeber selbst zu leistende Regelungsdichte nicht unbegrenzt ausgedehnt werden (vgl. etwa Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 7. Aufl. 2018, Art. 20 Abs. 3 Rn. 274).

243

Bei der Regelung stark technisch geprägter Sachverhalte darf sich der Gesetzgeber im Grundsatz darauf beschränken, hinreichend genaue Zielvorgaben zu machen. Er muss lediglich diejenigen Regelungen erlassen, aus denen ein bestimmt umrissenes Handlungsprogramm für die Exekutive abgeleitet werden kann und die die erforderlichen Abwägungsentscheidungen hinsichtlich konkurrierender Rechtspositionen enthalten. Die fachlich-technischen, die Zielvorgaben nachvollziehenden, Konkretisierungen kann er demgegenüber dem Verordnungsgeber und gegebenenfalls auch den Vollzugsbehörden überlassen. Bei den Einzelheiten eines Zensusverfahrens handelt es sich um dermaßen stark technisch geprägte Sachverhalte, deren technische Konkretisierung dem Verordnungsgeber überlassen werden darf (vgl. BT(A)Drucks 16(4)255 F, S.3). Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verlagerung auf den Vollzug auch für Statistiken, die den Inhalt gesetzlicher Regelungen beeinflussen können, daher mehrfach implizit akzeptiert (vgl. BVerfGE 113, 167 <250 ff.> - § 267 Abs. 3, § 268 SGB V; 125, 175 <235 ff.> - SGB II; 137, 34 <82> - § 28 Abs. 3 Satz 4 SGB XII).

244

b) § 7 Abs. 1 bis 3 ZensG 2011 enthält in Verbindung mit dem Zensusvorbereitungsgesetz 2011 die wesentlichen Festlegungen für die Haushaltsstichprobe, für das Programm der Stichprobenverordnung und das Verwaltungsverfahren. Er regelt insbesondere Erhebungsgegenstand, Stichprobenbasiseinheiten, Auswahleinheit, die Gliederung nach dem Anschriften- und Gebäuderegister, den Umgang mit Sonderbereichen, die ergänzende Stichprobe, den Stichprobenumfang, die Verwendung geschichteter Stichproben mit Auswahl nach einem mathematischen Zufallsverfahren sowie die Nutzung von Daten aus der Stichprobenorganisationsdatei und dem Melderegister.

245

aa) Bereits im Zensusvorbereitungsgesetz 2011 finden sich einzelne Vorgaben im Hinblick auf das Verfahren der Haushaltsstichprobe. So hat der Gesetzgeber in § 5 ZensVorbG 2011 Regelungen über die Entwicklung der Stichprobenpläne und Hochrechnungsverfahren getroffen. Gemäß § 5 Abs. 4 Satz 2 ZensVorbG 2011 wurden die in der sogenannten Stichprobenorganisationsdatei gespeicherten Daten von den statistischen Ämtern des Bundes und der Länder für die Entwicklung von Stichprobenplänen und Hochrechnungsverfahren verwendet. Nach der Gesetzesbegründung ging der Gesetzgeber bereits zu diesem Zeitpunkt davon aus, dass Details der Stichprobenmodellierung lediglich durch methodische Untersuchungen anhand von im Rahmen der Zensusvorbereitung zu erhebenden Daten festgelegt werden konnten und dass die Federführung hierfür bereits nach § 3 BStatG beim Statistischen Bundesamt liegen sollte (vgl. BTDrucks 16/5525, S. 17). Schon daran zeigt sich die gesetzgeberische Konzeption aufeinander aufbauender Schritte zur Durchführung eines registergestützten Zensus und insbesondere die frühzeitige Billigung der in diesem Zusammenhang notwendigen Zuweisung eines Teils der Entscheidungen an die statistischen Ämter des Bundes und der Länder.

246

bb) § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 sowie § 7 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 1 Abs. 3 ZensG 2011 ist zu entnehmen, dass das Stichprobenverfahren in Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400.000 Einwohnern für Stadtteile mit durchschnittlich etwa 200.000 Einwohnern der Feststellung von Über- und Untererfassungen in den Melderegistern dienen sollte. Diese Fehler sollten statistisch korrigiert und die amtliche Einwohnerzahl der Städte beziehungsweise Gemeinden auf dieser Grundlage ermittelt werden (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 und 3 ZensG 2011; vgl. BTDrucks 16/12219, S. 30). Mit dem Stichprobenverfahren gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 1 Abs. 3 Nr. 2 und 3 ZensG 2011 sollten in Gemeinden ab 10.000 Einwohnern, in Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz, in Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400.000 Einwohnern für Stadtteile mit durchschnittlich etwa 200.000 Einwohnern weitere, vorhandenen Registern nicht zu entnehmende Merkmale erhoben werden, die für das Gesamtsystem der amtlichen Statistik und für politische Entscheidungen (§ 1 Abs. 3 Nr. 2 ZensG 2011) sowie zur Erfüllung unionsrechtlicher Verpflichtungen aus der Verordnung (EG) Nr. 763/2008 benötigt wurden (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 ZensG 2011; vgl. BT(A)Drucks 16(4)255, S. 3; BT(A)Drucks 16(4)255 C, S. 5; Forgó/Heermann, K & R 2010, S. 617 <617, 621 f.>). Erhebungs- und Hilfsmerkmale sind in § 7 Abs. 4 und 5 ZensG 2011 festgelegt.

247

cc) Die gesetzlichen Festlegungen - insbesondere zum anzustrebenden Stichprobenfehler und zum Stichprobenumfang (§ 7 Abs. 1 und 2 ZensG 2011) - legen auch die Verfahrensschritte hinreichend deutlich fest.

248

So gibt § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 ZensG 2011 eine (angestrebte) maximal zulässige Fehlerquote für den Stichprobenfehler vor, mit der die amtliche Einwohnerzahl und die nicht aus Verwaltungsregistern gewinnbaren Zensusmerkmale mit Hilfe des Stichprobenverfahrens ermittelt werden sollen. Dabei hat der Gesetzgeber die anzustrebende Genauigkeit in § 7 Abs. 1 Satz 2 ZensG 2011 schon dem Wortlaut nach auf die genannten Erhebungseinheiten bezogen. Diese Genauigkeit sollte mit einem Stichprobenumfang von maximal 10% der Bevölkerung erreicht werden (§ 7 Abs. 2 Satz 1 ZensG 2011). Dem Wort "soll" sowie § 7 Abs. 3 Satz 6 ZensG 2011 ist zudem zu entnehmen, dass die angestrebte Genauigkeit der durch die Haushaltsstichprobe zu ermittelnden Informationen bei der Ausgestaltung des Stichprobenverfahrens Vorrang gegenüber einem möglichst geringen Stichprobenumfang haben sollte. Hieraus lässt sich bereits eine allgemeine Leitlinie für die Entwicklung der weiteren erforderlichen Verfahrensschritte ableiten:

249

Diese mussten die ex ante zu erwartende Einhaltung der Fehlergrenzen von 0,5 beziehungsweise 1% (§ 7 Abs. 1 Satz 2 ZensG 2011) mit dem zur Verfügung stehenden Stichprobenumfang sicherstellen. Die Verknüpfung der "Soll"-Vorgabe nach § 7 Abs. 2 Satz 1 ZensG 2011 mit dem Qualitätsziel macht dabei deutlich, dass eine Überschreitung des festgelegten maximalen Stichprobenumfangs nur in dem vom Gesetzgeber für unwahrscheinlich erachteten Fall erfolgen durfte, dass eine Einhaltung der Genauigkeitsvorgaben anders nicht erreichbar gewesen wäre. Eine Reduzierung des Stichprobenumfangs war im Gegenzug nur so weit möglich, wie noch eine gültige Prognose über die Einhaltung der Genauigkeitsvorgabe angestellt werden konnte.

250

Aus der Sollvorgabe für den Stichprobenumfang lässt sich ferner entnehmen, dass eine Reduzierung des Stichprobenumfangs durch den Zuschnitt des Stichprobendesigns zwar zulässig, gegenüber der Einhaltung der Genauigkeitsvorgabe aber nachrangig sein sollte; der Gesetzgeber hat einer Absenkung des Stichprobenumfangs damit eine durch nicht beliebig gestaltbare fachliche und tatsächliche Gegebenheiten bestimmte - verhältnismäßig enge - untere Grenze gezogen. Diese Leitlinien haben - wie die sachverständigen Auskunftspersonen Prof. Dr. Rässler und Prof. Dr. Münnich in der mündlichen Verhandlung dargelegt haben - einen engen Rahmen für die abschließende sachverständige Konkretisierung des Verfahrens der Haushaltsstichprobe gebildet.

251

dd) § 7 ZensG 2011 enthält darüber hinaus eine Reihe weiterer inhaltlicher Vorgaben für das Stichprobenverfahren, die den Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers nach § 7 Abs. 2 Satz 2 ZensG 2011 maßgeblich begrenzt haben. So hat der Gesetzgeber den möglichst nicht zu überschreitenden Stichprobenumfang mit 10% der Bevölkerung bestimmt (§ 7 Abs. 2 Satz 1 ZensG 2011). Stichprobenbasiseinheiten sollten in Städten mit mehr als 400.000 Einwohnern Stadtteile mit durchschnittlich 200.000 Einwohnern, in sonstigen Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern die Gemeinden selbst, in den Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz ab 10.000 Einwohnern die Verbandsgemeinde sowie für alle anderen Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern die Kreise sein. Für das Stichprobenverfahren mussten die Gemeinden daher diesen Kategorien zugeordnet werden.

252

§ 7 Abs. 3 Satz 1 ZensG 2011 bestimmt darüber hinaus, dass Auswahleinheiten Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister - nicht etwa Personen, einzelne Wohnungen oder ähnliches - sein sollten. Daraus ergab sich wiederum, dass die einzelnen Erhebungseinheiten in Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister gegliedert werden mussten. Bei Anschriften von sensiblen Sonderbereichen schloss § 7 Abs. 3 Satz 3 in Verbindung mit § 8 Abs. 5 ZensG 2011 Stichprobenerhebungen aus, so dass diese Anschriften aus dem Stichprobenverfahren ausgesondert werden mussten.

253

Aus § 7 Abs. 3 Satz 2 ZensG 2011 folgt außerdem, dass für Anschriften von Neuzugängen mit Wohnraum, die zwischen der (ersten) Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen wurden, eine ergänzende Stichprobe zu ziehen war.

254

§ 7 Abs. 3 Satz 4 ZensG 2011 bestimmt die Ziehung der Anschriften, an denen die Bewohner individuell befragt werden sollten, ferner, dass diese geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters zu erfolgen hatte. Dem ist zu entnehmen, dass die in den jeweiligen Stichprobenbasiseinheiten enthaltenen Anschriften vor der Stichprobenziehung in Schichten zu unterteilen waren, aus denen dann nach einem mathematischen Zufallsverfahren die Stichproben gezogen werden sollten. Zugleich wurde die Nutzung von Angaben aus der Stichprobenorganisationsdatei und der von den Meldebehörden gemäß § 3 Abs. 1 ZensG 2011 übermittelten Daten vorgesehen (§ 7 Abs. 3 Satz 5 ZensG 2011; vgl. BTDrucks 16/12219, S. 32). Für die Schichtung der Erhebungseinheiten benennt die Gesetzesbegründung unterschiedliche Kriterien und erläutert, dass, obgleich aufgrund des Zufallsverfahrens jedes Element der Grundgesamtheit eine Chance haben solle, ausgewählt zu werden (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 31), die Festlegung der Stichprobengröße nicht zu einem für alle Gemeinden einheitlichen Auswahlsatz führen sollte, sondern dass sie in regionaler und fachlicher Hinsicht - insbesondere im Hinblick auf die Variabilität der Merkmale in den Erhebungseinheiten (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 33) - differenziert und optimiert werden sollte, um die Genauigkeitsvorgaben des Gesetzes zu erfüllen (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 32).

255

Das Verfahren zur Hochrechnung der mittels Haushaltsstichprobe erhobenen Informationen auf die Gesamtbevölkerung wird im Zensusgesetz 2011 zwar nicht ausdrücklich bestimmt. Seine Notwendigkeit ergibt sich jedoch bereits aus der Anordnung eines Stichprobenverfahrens. Aus der Gesetzesbegründung folgt zudem, dass das zu entwickelnde Hochrechnungsverfahren bezogen auf die beiden Zwecke der Haushaltsstichprobe gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 ZensG 2011 kohärent sein sollte (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 33).

256

c) Soweit das Verfahren zur Ausgestaltung der Haushaltsstichprobe nach dem Vorstehenden noch der Konkretisierung durch den Verordnungsgeber bedurfte oder Spielräume für den Verwaltungsvollzug enthält, betrifft dies keine Festlegungen, die einer Regelung durch den Gesetzgeber bedurft hätten.

257

aa) Zwar lässt sich aus § 7 Abs. 3 Satz 3 in Verbindung mit § 8 Abs. 5 ZensG 2011 nicht eindeutig entnehmen, ob die Anschriften von sensiblen Sonderbereichen bereits vor der Stichprobenziehung aus den Erhebungseinheiten auszusondern waren oder für den Fall, dass sie gezogen wurden, eine (Ersatz-)Anschrift zu ziehen war. Dies betrifft jedoch lediglich ein Detail der Verfahrensgestaltung, das keine spürbare Auswirkung auf das Ergebnis haben konnte.

258

Soweit dagegen geltend gemacht wird, dass aus dem Gesetz nicht ableitbar sei, ob die Mehrfachfalluntersuchung im Sinne von § 15 Abs. 2 ZensG 2011 bereits vor Ziehung der Stichproben oder erst danach, aber vor Abschluss des Stichprobenverfahrens durchzuführen war, kann § 9 Abs. 1 und 2 ZensG 2011 entnommen werden, dass Daten aus der Stichprobe mit den Ergebnissen der Mehrfachfallprüfung nach § 15 ZensG 2011 zusammengeführt werden sollten und der Datenbestand nach der Mehrfachfallprüfung die Grundlage für die Feststellung von Über- und Untererfassungen bilden sollte (§ 15 Abs. 2 Satz 2 ZensG 2011). Dies wird in § 2 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 und Nr. 3 Satz 1 StichprobenV konkretisiert, der den für die primäre Ziehung maßgeblichen Datenbestand des Anschriften- und Gebäuderegisters auf den 1. September 2010 festlegt, das heißt auf einen Zeitpunkt, der vor dem Berichtszeitpunkt und den für die Mehrfachfallprüfung herangezogenen Melderegisterbeständen lag.

259

bb) Die Vorgabe einer lediglich "angestrebten" Genauigkeit in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ZensG 2011 führt nicht zu einer unzulässigen Unbestimmtheit der Vorschrift. § 7 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 6 ZensG 2011 erheben die Genauigkeit des Stichprobenverfahrens zu einer wichtigen Maxime des gesamten Verfahrens (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 32). Dass Werte hierbei lediglich "angestrebt" werden, ist der Verwendung des gewählten statistischen Verfahrens inhärent und bedeutet nicht, dass der Gesetzgeber insoweit lediglich unverbindliche Vorgaben aufgestellt hätte. Da es allein um eine prognostische Begrenzung systembedingter Fehler geht, kann die tatsächliche Fehlerquote aus fachlichen Gründen nicht ex ante bestimmt werden, sondern - wie auch die mündliche Verhandlung gezeigt hat - notwendigerweise erst auf der Grundlage der tatsächlich erhobenen Daten (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 31 f.). Die mündliche Verhandlung hat insoweit deutlich gemacht, dass eine gleichzeitige feste Vorgabe von Stichprobenumfang und relativem Standardfehler das registergestützte Zensusverfahren praktisch unmöglich gemacht hätte und dass die gewählte Vorgehensweise fachlich üblich ist.

260

Bei der Festlegung der anzustrebenden Genauigkeit hat sich der Gesetzgeber zudem an (konventionellen) Volkszählungen orientiert und berücksichtigt, dass neben dem Zufallsfehler eine Reihe sonstiger Fehlerquellen besteht (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 31). Diese waren im Voraus jedoch kaum zu prognostizieren und konnten allenfalls grob geschätzt werden. Der Gesetzgeber ist wegen der - verglichen mit früheren Vollerhebungen - erheblichen Reduzierung der Befragungen, der Möglichkeit einer besseren Schulung der Erhebungsbeauftragten oder genauerer statistikinterner Plausibilitätsprüfungen jedenfalls von einer Verringerung der nicht stichprobenbedingten systemischen Fehlerquellen ausgegangen. Ausweislich der Gesetzesbegründung ist er ferner davon ausgegangen, dass durch die seinerzeit noch ausstehende Optimierung des Stichprobendesigns keine bedeutenden Abweichungen vom Stichprobenumfang mehr eintreten würden (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 32). Das haben § 3 Abs. 1 Satz 1 StichprobenV und der Vollzug im Ergebnis bestätigt.

261

Zudem greift das Zensusgesetz 2011 in § 3 Abs. 7, § 12 Abs. 4 und 5 und § 19 Abs. 1 Satz 2 ZensG 2011 die allgemeinen statistischen Qualitätssicherungsmechanismen implizit auf. Die Festlegung weiterer Qualitätsvorgaben lag vor diesem Hintergrund fern. Eine Regelung, die die statistischen Ämter bei der Vorbereitung und Durchführung der Haushaltsstichprobe an die allgemein anerkannten Standards der statistischen Wissenschaft gebunden und verpflichtet hätte, mögliche Fehlerquellen zu berücksichtigen und erkannte Fehler zu korrigieren, wäre über eine Paraphrasierung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nicht hinausgegangen. Eine Auflistung denkbarer Fehlerquellen oder zu deren Vermeidung vorzusehender Maßnahmen lag angesichts der vom Gesetzgeber getroffenen Regelungen nicht nahe.

262

cc) Auch die gesetzliche Regelung der Schichtung von Erhebungseinheiten im Rahmen der Stichprobenauswahl nach § 7 Abs. 3 Satz 4 ZensG 2011 und das Fehlen weiterer Regelungen zur Verteilung des Stichprobenumfangs auf die Schichten sind im Ergebnis nicht zu beanstanden.

263

Zwar enthält das Gesetz keine ausdrücklichen Vorgaben für die bei der Schichtung zugrunde zu legenden Kriterien sowie die Anzahl der Schichten. Auch die Gesetzesbegründung spricht nur denkbare Kriterien - Gemeindestrukturen, Anzahl der an einer Anschrift gemeldeten Personen, Wohndauer - an (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 32). Die konkrete Konfiguration der Schichtung sollte dagegen auf der Grundlage des vom Statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen, bei Erlass des Zensusgesetzes 2011 noch nicht abgeschlossenen Forschungsprojekts zur Optimierung des Stichprobendesigns erfolgen (BTDrucks 16/12219, S. 32). Der Gesetzgeber ist indes bereits bei Erlass des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 von einer Schichtung der Haushaltsstichprobe ausgegangen und hat in § 5 Abs. 4 ZensVorbG 2011 die Speicherung konkreter hierfür in Betracht kommender Merkmale in der sogenannten Stichprobenorganisationsdatei angeordnet. Dadurch waren die für die Schichtung in Betracht kommenden Anknüpfungsmerkmale bei Erlass des Zensusgesetzes 2011 begrenzt. Durch die Vorgaben für die angestrebte Genauigkeit des Stichprobenverfahrens (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 ZensG 2011) und die maximale Stichprobengröße (§ 7 Abs. 2 Satz 1 ZensG 2011) wurde der verbleibende Spielraum weiter beschränkt. Auch war eine Schichtung in Abhängigkeit von Gemeinde- und Adressgröße bereits in den Empfehlungen aufgrund des Zensustests angelegt (vgl. Statistisches Bundesamt, Ergebnisse des Zensustests, S. 315) und trägt der allgemeinen Erfahrung Rechnung, dass die Zahl von Registerfehlern mit der Zahl der an einer Anschrift gemeldeten Personen steigt (vgl. Martini, Der Zensus 2011 als Problem interkommunaler Gleichbehandlung, 2011, S. 42).

264

Dass die "Anschriftengröße" letztlich auch als maßgebliches Kriterium ausgewählt und die Anzahl der Schichten durch den Verordnungsgeber auf acht festgelegt wurde, stellt vor diesem Hintergrund lediglich die folgerichtige Umsetzung eines in der gesetzlichen Regelung bereits hinreichend vorgezeichneten Schritts dar.

265

Die Verteilung des Stichprobenumfangs auf die Schichten erfolgte durch ein komplexes statistisches Optimierungsverfahren (Statistisches Bundesamt, Haushaltebefragung beim Zensus 2011. Erläuterungen zum Stichprobenverfahren, 2010, S. 11; vgl. Berg/Bihler, Das Stichprobendesign der Haushaltsstichprobe des Zensus 2011, Wirtschaft und Statistik, 2011, S. 317 <320 ff.>). Dabei waren die Informationen zur Anschriftengröße aus dem Anschriften- und Gebäuderegister und die Varianz innerhalb der Erhebungsgebiete und Schichten von zentraler Bedeutung.

266

Als Gegenstand einer parlamentarischen Abwägungsentscheidung ist die konkrete Gestaltung der Schichtung und des Verteilungsverfahrens praktisch kaum vorstellbar. Die Ausführungen der sachverständigen Auskunftspersonen Prof. Dr. Rässler und Prof. Dr. Münnich haben vielmehr gezeigt, dass eine noch umfangreichere gesetzliche Determinierung der Stichprobe jedenfalls aus der Sicht der an der Vorbereitung der Erhebung Beteiligten kaum denkbar gewesen ist. Sie hätte es auch ausgeschlossen, während des Verfahrens gewonnene neue Erkenntnisse zu berücksichtigen, und letztlich die Genauigkeit der Ergebnisse beeinträchtigt.

267

dd) Keinen Einwänden begegnet es ferner, dass die Auswahl der einzelnen Stichproben nach § 7 Abs. 3 Satz 4 ZensG 2011 mittels eines "mathematischen Zufallsverfahrens" zu erfolgen hatte. Dieses Zufallsverfahren wird zwar weder im Gesetz noch in der Gesetzesbegründung näher spezifiziert. Der Gesetzesbegründung ist vielmehr zu entnehmen, dass der Gesetzgeber bei Erlass des Zensusgesetzes 2011 davon ausging, dass insoweit die Ergebnisse des vom Statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsprojekts zur Optimierung des Stichprobendesigns abgewartet werden sollten (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 32). Auch dabei handelt es sich jedoch lediglich um eine technische Festlegung, die in einem untrennbaren Gesamtzusammenhang mit dem Stichprobendesign stand und mit deren Regelung jedenfalls kein wesentlicher Spielraum zur Gestaltung und Interessenabwägung mehr verbunden war.

268

ee) Dass sich das Zensusgesetz 2011 nicht bereits auf ein Hochrechnungsverfahren für die im Rahmen des Stichprobenverfahrens erzielten Ergebnisse festlegt, ist ebenso wenig zu beanstanden. Die Notwendigkeit eines solchen Verfahrens ergibt sich allerdings zwingend aus der Festlegung des Gesetzgebers auf ein Stichprobenverfahren. Aus der Gesetzesbegründung ist zudem ersichtlich, dass das zu "entwickelnde" Hochrechnungsverfahren weitestgehend kohärent sein sollte, so dass die hochgerechneten Ergebnisse der beiden in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 ZensG 2011 festgelegten Kategorien - amtliche Einwohnerzahlen und die nicht aus Verwaltungsregistern zu gewinnenden Merkmale - übereinstimmen sollten. Dadurch wurde der Spielraum für die Auswahl des Hochrechnungsverfahrens ebenso begrenzt wie durch die Vorgabe, dass die Hochrechnung auf einer geschichteten Zufallsstichprobe mit begrenztem Umfang aufbauen und vorgegebene Fehlergrenzen einhalten musste. Das reicht im Hinblick auf Bestimmtheit und Regelungsdichte aus.

269

Vor diesem Hintergrund konnte die konkrete Konfiguration des Hochrechnungsverfahrens dem Verwaltungsvollzug überlassen werden. Auch wenn das gewählte Hochrechnungsverfahren (der sog. GREG-Schätzer) für das konkrete Ergebnis der Haushaltsstichprobe eine Rolle gespielt hat, ist seine Auswahl doch im Hinblick auf die Erfüllung der gesetzlich vorgegebenen Parameter erfolgt. In der mündlichen Verhandlung haben Prof. Dr. Rässler und Prof. Dr. Münnich dargelegt, dass es sich bei den geprüften Hochrechnungsmethoden ("Schätzer") um in der Fachwelt teilweise seit Jahrzehnten bekannte und erprobte Verfahren handelt, die für das konkrete Verfahren lediglich anzupassen und weiterzuentwickeln waren. So seien auf der Grundlage der gesetzlichen Zielvorgaben nur noch äußerst geringe Spielräume bei der Wahl des Hochrechnungsverfahrens verblieben.

270

ff) Soweit die Antragsteller bemängeln, dass keine detaillierten gesetzlichen Regelungen darüber getroffen worden seien, wie die ergänzende Stichprobe nach § 7 Abs. 3 Satz 2 ZensG 2011 ablaufen sollte, insbesondere ob und gegebenenfalls nach welchen Kriterien hierfür auch eine Schichtung stattfinden und wie groß der Stichprobenumfang sein sollte, begegnet dies schon deshalb keinen Bedenken, weil sich dieser Teil der Stichprobe allein auf die Neuzugänge an möglichen Stichprobenadressen bezog, die notwendigerweise erst in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Berichtszeitpunkt angefallen sind (vgl. Berg/Bihler, Wirtschaft und Statistik, 2014, S. 151 <151 f.>). Die Regelung der ergänzenden Stichprobe setzte Kenntnisse voraus, die erst im Laufe des Vollzugs überhaupt ermittelbar waren, und konnte daher nicht zu einem früheren Zeitpunkt erfolgen. Ein Verzicht auf diese Daten hätte demgegenüber die Vollständigkeit der Auswahlgrundlage beeinträchtigt. Zudem durfte der Gesetzgeber davon ausgehen, dass die Anzahl der hinzukommenden Adressen zahlenmäßig erheblich hinter der Stichprobengesamtheit zurückbleiben würde. Tatsächlich betraf die ergänzende Stichprobe weniger als 1% der in die Stichprobe gelangten Anschriften (vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Zensus 2011. Methoden und Verfahren, 2015, S. 31).

271

GG) Die Vorschriften über die Haushaltsstichprobe enthalten auch eine hinreichende Festlegung von Zuständigkeit und Verfahren bei der Durchführung des Zensus 2011. Diese oblag nach § 1 Abs. 1 ZensG 2011 den statistischen Ämtern des Bundes und der Länder, die dabei gemäß § 5 Abs. 4 Satz 2 ZensVorbG 2011 die Stichprobenorganisationsdatei für die Entwicklung von Stichprobenplänen und Hochrechnungsverfahren verwenden sollten. Die Federführung für die methodischen Untersuchungen zur Festlegung der Stichprobengestaltung sollte beim Statistischen Bundesamt liegen (vgl. BRDrucks 222/07, S. 25 ff.). Die Durchführung der Haushaltsstichprobe selbst war nach § 7 Abs. 1 Satz 1 ZensG 2011 Sache der statistischen Ämter der Länder, während das Statistische Bundesamt nach § 12 Abs. 2 ZensG 2011 und § 2 ZensVorbG 2011 für die Führung des Anschriften- und Gebäuderegisters und - wegen der notwendigerweise zentralen Verteilung des bundesweiten Stichprobenumfangs auf die einzelnen Erhebungsgebiete und Schichten - auch für die Vorbereitung und Ziehung der Stichproben zuständig war (vgl. auch § 2 Abs. 1 StichprobenV).

272

hh) Soweit die endgültige zahlenmäßige Festlegung des Stichprobenumfangs auf den Verordnungsgeber delegiert worden ist, ist auch dies nicht zu beanstanden. § 7 Abs. 2 Satz 2 ZensG 2011 entspricht den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG im Hinblick auf die inhaltlichen Vorgaben zur Ausgestaltung des Stichprobenverfahrens.

273

§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2, Abs. 4 ZensG 2011 ist zu entnehmen, dass die amtliche Einwohnerzahl und bestimmte, nicht aus den Verwaltungsregistern gewinnbare Zensusmerkmale durch das Stichprobenverfahren festgestellt werden sollten. Die Genauigkeit dieser Ermittlung wird zu einer maßgeblichen Maxime für das Stichprobenverfahren erklärt, und für das Stichprobendesign finden sich Vorgaben darüber, welche Genauigkeit dabei angestrebt wurde. Für den Fall, dass die Genauigkeitsvorgaben anders nicht erreichbar gewesen wären, ließ § 7 Abs. 2 Satz 1 ZensG 2011 eine Ausweitung des maximalen Stichprobenumfangs ausnahmsweise zu ("soll"). Hinsichtlich der Methodik des Stichprobenverfahrens beschränkt sich das Zensusgesetz 2011 auf die Vorgabe der Erhebungs- und Auswahleinheiten sowie die Benennung der Verfahrenselemente der Schichtung der Erhebungseinheiten, der Auswahl der einzelnen Stichproben - das heißt von Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister - nach einem mathematischen Zufallsverfahren; zudem verweist es auf die Ausgestaltungsmaxime der (angestrebten) Ergebnisgenauigkeit (§ 7 Abs. 3 Satz 6 ZensG 2011). Gleichzeitig heißt es in der Gesetzesbegründung, dass das konkrete Stichprobendesign erst auf der Grundlage des zum Zeitpunkt seines Erlasses noch nicht abgeschlossenen, vom Statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsprojekts zur Optimierung des Stichprobendesigns festgelegt werden könne, womit vorausgesetzt wird, dass die endgültige Festlegung des Stichprobenumfangs erst aufgrund der sachverständigen Ergebnisse des Forschungsprojekts erfolgen konnte.

274

ii) Es verstößt entgegen der Ansicht des Antragstellers zu II. auch nicht gegen die Verfassung, dass der Gesetzgeber weder eine Abweichungsfestigkeit des Gesetzes gemäß Art. 84 Abs. 1 Satz 5 GG vorgesehen noch eine Pflicht der Bundesregierung zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften gemäß Art. 84 Abs. 2 GG in das Gesetz aufgenommen hat. Selbst wenn man eine verfassungsrechtliche Pflicht zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften unterstellen wollte, folgt hieraus keine Notwendigkeit, eine diese Verpflichtung lediglich wiederholende Regelung in das Gesetz aufzunehmen. Ob in der tatsächlichen Durchführung ein einheitliches Verfahren hinreichend sichergestellt war und auf welchem Wege dies geschehen ist, mag die Rechtmäßigkeit des Vollzugs betreffen, nicht aber die verfassungsrechtliche Würdigung der verfahrensgegenständlichen Normen. Der Gesetzgeber war daher auch nicht gehalten, die Anträge von FDP und BÜNDNIS 90/Die Grünen wie auch des Bundesrats (BTDrucks 16/5525, S. 23 f.; BTDrucks 16/6455, S. 7) aufzugreifen.

275

jj) § 7 Abs. 1 bis 3 ZensG 2011 werden den Anforderungen von Art. 20 Abs. 1 bis 3 und Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG nach alledem gerecht.Die Vorschrift weist eine den Vorgaben der Wesentlichkeitsdoktrin entsprechende Regelungsdichte auf; hierdurch werden zugleich die aus Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG abzuleitenden Anforderungen für die in § 7 Abs. 2 Satz 2 ZensG 2011 enthaltene Verordnungsermächtigung gewahrt. Die für den Verordnungsgeber und den Vollzug durch die statistischen Ämter des Bundes und der Länder hiernach noch verbleibenden Schritte stellen sich - trotz verschiedener Ausgestaltungsmöglichkeiten - als Optimierungsprozess vorwiegend technischer Details auf der Grundlage einer sachverständigen Beurteilung der über die Stichprobengesamtheit vor der Ziehung vorhandenen Informationen dar. Aufgrund des engen inhaltlichen Zusammenhangs der Verfahrensgestaltung im Hinblick auf das Verhältnis von Schichtung, Verfahren der Stichprobenziehung und Hochrechnungsverfahren untereinander und mit erst im Verfahrensverlauf erkennbar werdenden Tatsachen war eine umfassende Detailregelung des Zensusverfahrens durch den Gesetzgeber praktisch ausgeschlossen.

276

Eine mangelnde Bestimmtheit und Vorhersehbarkeit ergibt sich auch nicht aus der Verwendung der von den Antragstellern teilweise für unklar gehaltenen Begriffe, insbesondere des "einfachen relativen Standardfehlers" und des "Stichprobenverfahrens". Insoweit nimmt das Gesetz lediglich im fachlichen Sprachgebrauch verwendete Begriffe auf, die außerdem bereits durch die Pfadabhängigkeit im Rahmen der konkreten Verfahrensentwicklung für die am Vollzug der Regelung Beteiligten hinreichend konturiert waren.

277

Ein Vergleich mit anderen - etwa durch das Mikrozensusgesetz - angeordneten statistischen Erhebungen belegt zudem eine erheblich höhere Regelungsdichte des Zensusgesetzes 2011. In den dortigen Regelungen finden sich neben Verweisen auf das Bundesstatistikgesetz regelmäßig vor allem allgemein gehaltene Bestimmungen über die Art der Erhebung, ihre Periodizität, ihre Erhebungsmerkmale und mitunter Höchstumfänge für zu erhebende Stichproben.

278

2. Die durch § 7 Abs. 1 bis 3 und § 15 Abs. 2 und 3 Alt. 1 ZensG 2011 angeordneten Verfahren zur Korrektur von Unrichtigkeiten der Melderegisterdaten im Rahmen der Feststellung der amtlichen Einwohnerzahlen der großen Gemeinden genügen den verfassungsrechtlichen Anforderungen (a). Dem Gesetzgeber kommt insoweit ein Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu (b), dessen Grenzen er beachtet hat (c). Im Nachhinein erkennbar gewordene Abweichungen von der Prognose hinsichtlich der Tauglichkeit der eingesetzten Instrumente zur Fehlerkorrektur stellen deren Gültigkeit nicht in Frage (d), müssen bei der Regelung zukünftiger Erhebungen jedoch berücksichtigt werden (e).

279

a) Eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Ermittlung der Einwohnerzahlen setzt ein Verfahren voraus, das einen hinreichenden Bezug des Ergebnisses zur Realität erwarten lässt. Andernfalls würde den an die Einwohnerzahl anknüpfenden Bestimmungen der Verfassung in Art. 29, Art. 51 Abs. 2 und Art. 107 GG und den hinter ihnen stehenden Wertungen der Boden entzogen.

280

Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber mit seiner Anknüpfung an die für traditionelle Vollerhebungen zu erwartende Genauigkeit der Einwohnerzahlenfeststellung den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprochen. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Vollerhebung als traditionelle Erhebungsweise auch die Vorstellungen des Verfassungsgebers im Hinblick auf die Genauigkeit der Ermittlung der von ihm vorausgesetzten Einwohnerzahlen geprägt hat. Daher kann von einem neuen mathematisch-statistischen Verfahren jedenfalls nicht mehr verlangt werden als von der wesentlich aufwendigeren Vollerhebung.

281

Die Begründung des Gesetzentwurfs bringt insoweit die Absicht des Gesetzgebers zum Ausdruck, sich bei der von ihm angestrebten Genauigkeit des Zensusverfahrens an derjenigen einer Vollerhebung zu orientieren (vgl. etwa BTDrucks 16/12219, S. 31). Dieses Ziel prägte ersichtlich bereits die auf der Grundlage des Zensustests formulierten Empfehlungen, an die das parlamentarische Verfahren angeknüpft hat. Die Begründung zeigt ferner, dass der Gesetzgeber mit der Festlegung in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 allein den Stichprobenzufallsfehler adressiert hat; gleichzeitig hat er auch deutlich gemacht, dass ihm die Möglichkeit zusätzlicher Fehlerquellen zwar bewusst war, er aber davon ausging, dass diese aufgrund der geringeren Zahl der Befragungen deutlich niedriger ausfallen würden als bei einer Vollerhebung.

282

Das Ausmaß dieser sogenannten "systematischen Fehler" wurde bei den Volkszählungen 1970 und 1987 durch nachträgliche Stichprobenbefragungen festgestellt. Bei der Volkszählung 1970 wurden für das Bundesgebiet insgesamt ein Untererfassungsfehler von 1,4% und ein Übererfassungsfehler von 0,8% ermittelt (Statistisches Bundesamt, Haushaltebefragung beim Zensus 2011. Erläuterungen zum Stichprobenverfahren, 2010, S. 8). Die Gesetzesbegründung gibt für 1970 insoweit Gesamtfehler von -1,7% und +0,8% an. Ein Vergleich mit ähnlichen Erhebungen in anderen Ländern zeige außerdem, dass mit durchschnittlichen Untererfassungsquoten von ein bis zu zwei Prozent zu rechnen sei (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 31). Die Festlegung des einfachen relativen Standardfehlers von 0,5% hat nach der gesetzgeberischen Konzeption für den Regelfall von 95% der Stichprobenziehungen eine Abweichung in Höhe von höchstens 1% (bezogen auf die Registerbevölkerung) von der tatsächlichen Einwohnerzahl zur Folge. Selbst unter Berücksichtigung zusätzlicher systematischer Fehlerquellen bleibt dies im Rahmen der auch bei Vollerhebungen typischerweise auftretenden Verzerrungen.

283

Soweit von den Antragstellern Fehler bei der Durchführung der primärstatistischen Erhebungen (non-response-Error, Messfehler) sowie bei der Weiterverarbeitung der Daten (Prozessfehler) ins Feld geführt werden, handelt es sich dabei um Mängel, die nicht nur bei Durchführung eines registergestützten Zensus auftreten. Ihnen kann jedoch durch statistikimmanente Qualitätssicherungsmechanismen entgegengewirkt werden, wovon auch der Gesetzgeber grundsätzlich in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgegangen ist. Das gilt insbesondere für den sogenannten "coverage error", der im Wesentlichen die Vollständigkeit des Anschriften- und Gebäuderegisters betrifft. Dass der Gesetzgeber bei Erlass der angegriffenen Vorschriften mit einer einen ordnungsgemäßen Zensus ausschließenden Fehlerhaftigkeit dieses Registers hätte rechnen müssen, ist nicht erkennbar.

284

b) Das Gebot, eine hinreichend genaue Ermittlung der Einwohnerzahl zu einem bestimmten Stichtag nach einem rechtlich geregelten Verfahren vorzunehmen, stellt eine komplexe Gestaltungsaufgabe dar und kollidiert mit rechtlich geschützten Interessen anderer Beteiligter. Eine solche Regelung ist daher notwendigerweise mit einer Abwägung unterschiedlicher Belange verbunden, bei der dem Gesetzgeber ein Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zukommt. Sowohl die Auswahl des Verfahrenstypus als auch die konkrete Ausgestaltung des Verfahrens müssen unterschiedliche Gesichtspunkte wie Genauigkeit, die Erforderlichkeit von Grundrechtseingriffen oder den Ressourcenaufwand berücksichtigen. Dabei darf der Gesetzgeber Verwaltungsaufwand, der in keinem angemessenen Verhältnis zur erreichbaren Verbesserung der Genauigkeit der statistischen Ergebnisse steht, vermeiden. Auch muss er die zukünftige Methodenentwicklung daraufhin beobachten, ob sie grundrechtsschonendere Verfahren ermöglicht (vgl. BVerfGE 65, 1 <55 f.>).

285

Eine klare Überlegenheit der Vollerhebung gegenüber einer registergestützten Erhebung ist nach dem gegenwärtigen Stand der statistischen Wissenschaft nicht feststellbar. Sie kann zwar eine verhältnismäßig hohe und wenig verzerrte Genauigkeit der Einwohnerzahlermittlung sicherstellen, da sie ein einheitliches Verfahren über den ganzen Erhebungsbereich anwendet und eine bloße Auszählung der primärstatistisch erhobenen Ergebnisse verfahrensmäßig geringe Komplexität aufweist (vgl. Statistisches Bundesamt, Ergebnisse des Zensustests, S. 322 ff.). Demgegenüber birgt das registergestützte Verfahren durch die Verwendung von vorhandenen Daten aus Verwaltungsregistern und durch die Zufälligkeiten der Stichprobe zwar zusätzliche Fehlerquellen; es weist aber auch die Genauigkeit erhöhende Vorzüge auf. So kommt es bei Vollerhebungen erfahrungsgemäß zu Ungenauigkeiten im Rahmen der primärstatistischen Befragungen, zu im Massengeschäft nicht vermeidbaren Komplikationen sowie zu Schwierigkeiten bei der Gewährleistung der Einheitlichkeit des Verfahrens und der hinreichenden Schulung einer größeren Zahl von Erhebungsbeauftragten (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 22). Auch der aufgrund der Zahl der Befragungen größere Zeitbedarf kann die Stichtagsnähe der erhobenen Daten und damit die Genauigkeit der Erhebung gegenüber einer stichprobenbasierten Erhebung beeinträchtigen.

286

Vor allem aber ist das gewählte Verfahren mit erheblich geringeren Belastungen der Befragten in ihren durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Interessen verbunden. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung kann durch die im Rahmen einer Vollerhebung vorgenommenen umfassenden persönlichen Befragungen der gesamten Bevölkerung zu allen Zensusmerkmalen besonders intensiv beeinträchtigt werden. Zwar beinhaltet die registergestützte Erhebung auch Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, soweit sie Datenübermittlungen aus Verwaltungsregistern vorsieht. Diese sind jedoch von erheblich geringerem Gewicht als die unmittelbare Befragung, weil sie lediglich Daten betrifft, die in Registern vorliegen und insoweit bereits erhoben wurden. Im Rahmen einer Vollerhebung werden die Daten zudem regelmäßig in Anwesenheit des Erhebungsbeauftragten erhoben, was die Kenntnisnahme von Umständen aus dem persönlichen Bereich mit sich bringen kann, die nicht Gegenstand der Erhebung sind. Hinzu kommt, dass die Zahl der mit den personenbezogenen Daten in Kontakt kommenden Personen im staatlichen Bereich für die registergestützten Zensuselemente erheblich geringer ist. Weder müssen Erhebungsbeauftragte die ursprünglichen Erhebungsunterlagen generieren, noch sind deren Transport, Auswertung und Übernahme in die statistikinterne Datenverarbeitung erforderlich, was die Möglichkeiten zum - auch versehentlichen - unsachgemäßen Umgang mit den betroffenen Daten erheblich reduziert. Die übermittelten Registerdaten befinden sich zudem ab der Übermittlung im besonders abgeschirmten Bereich der amtlichen Statistik. Spätere Verarbeitungsschritte innerhalb dieses Bereichs fügen dem - eine Abschirmung durch Statistikgeheimnis und Rückspielverbot vorausgesetzt - keine zusätzliche Beeinträchtigung hinzu. Diese grundrechtsschonendere Verfahrensweise ermöglicht - wie auch die praktische Erfahrung mit dem verfahrensgegenständlichen Zensus 2011 gezeigt hat - eine höhere Akzeptanz der Bevölkerung, was das Risiko von fehlerhaften oder unvollständigen Antworten sowie von Antwortverweigerungen verringert und damit gleichzeitig die Präzision der Erhebung verbessert. Der Genauigkeit der Einwohnerzahlermittlung können dabei auch verfahrenstechnische Differenzierungen dienen. So hat der Gesetzgeber auf die im Zensustest festgestellte besonders hohe Fehlerdichte an Adressen mit Sondergebäuden (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 22) dadurch reagiert, dass er an diesen Adressen in Abweichung vom allgemeinen Verfahren Vollerhebungen vorgesehen hat.

287

Angesichts der Gleichwertigkeit von Vollerhebung und registergestütztem Zensus aus fachwissenschaftlicher Sicht lässt das Unionsrecht den Mitgliedstaaten ausdrücklich die Wahl zwischen beiden Vorgehensweisen sowie kombinierten Methoden (Art. 4 Abs. 1 VO Nr. 763/2008). Zahlreiche Staaten haben sich daher ebenfalls für einen registergestützten Zensus entschieden. So ist etwa in Frankreich bereits seit geraumer Zeit ein Verfahren im Einsatz, das auf der Kombination von Vollerhebungen und Stichproben basiert und sich für die Differenzierung der Methoden ebenfalls an der 10.000-Einwohner-Schwelle orientiert (vgl. Huter, Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 6/2006, S. 12 <14 f.>).

288

c) Die Entscheidung des Gesetzgebers für das mit dem Zensusgesetz 2011 geregelte Verfahren eines registergestützten Zensus beruht auch auf einer gültigen Prognose.

289

aa) Sowohl Dauer und Umfang der im Vorfeld und im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens vorgenommenen Ermittlungen als auch die verarbeiteten Informationen gehen über ein durchschnittliches Gesetzgebungsverfahren erheblich hinaus. Diskussion und Entwicklung des registergestützten Zensus erstreckten sich über mehr als zehn Jahre. Der politischen Entscheidung für seine Erprobung war bereits eine längere Diskussion vorangegangen, die sich ausführlich mit den Vor- und Nachteilen verschiedener Modelle befasst hatte. Im Anschluss an die politischen Grundsatzentscheidungen in den Jahren 1997/98 wurde mit dem Zensustest eine - mit erheblichem finanziellen und personellen Aufwand betriebene - empirische Untersuchung eines entsprechenden Modells vorgenommen, wobei verschiedene Verfahrenselemente sowie die Eignung der Register für eine solche Erhebung erprobt wurden. Auf dieser Grundlage wurden verschiedene Modelle verglichen und letztlich eine Empfehlung für eine Erhebungsmethode - ergänzt durch konkrete Hinweise auf noch weiter zu entwickelnde Verfahrenselemente - abgegeben, die in weiten Teilen dem letztlich verwirklichten Modell entsprach.

290

Im Rahmen der Vorbereitungen des Zensus 2011 gab es außerdem eine wissenschaftliche Begleitung durch eine mit unabhängigen Fachwissenschaftlern besetzte Zensuskommission sowie zwei Sachverständigenanhörungen in den Gesetzgebungsverfahren. Es fanden insgesamt 18 Sitzungen der Zensuskommission statt, welche auch mehrfach die Erörterung des Stichprobenforschungsprojekts zum Gegenstand hatten, unter anderem am 5. Juni 2008, also noch deutlich im Vorfeld des Gesetzesbeschlusses vom 24. April 2009. Dem Gesetzgeber stand überdies die Expertise der statistischen Ämter des Bundes und der Länder zur Verfügung, welche das gesamte Verfahren begleitet haben. Insoweit haben die Präsidenten des Statistischen Bundesamtes und des Bayerischen Landesamtes für Statistik in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend betont, dass die maßgeblichen Entscheidungen zur Verfahrensgestaltung im Verbund aller statistischen Ämter des Bundes und der Länder getroffen und in insgesamt elf Bund-Länder-Arbeitsgruppen - teilweise unter Beteiligung von Vertretern der amtlichen Statistik auf kommunaler Ebene - vorbereitet worden seien. Letztlich seien keine wesentlichen streitigen Punkte geblieben. Im Bundesrat oder durch einzelne Sachverständige vorgebrachte Einwände im Detail änderten daran nichts.

291

bb) Soweit der Gesetzgeber, auf die Erfahrungen des Zensustests aufbauend, davon ausgegangen ist, dass sich auf die dort untersuchte Weise - bei Fortentwicklung des Verfahrens - Zensusdaten in der erforderlichen Qualität gewinnen ließen, ist dies nicht zu beanstanden. Sämtliche Bausteine des registergestützten Zensus 2011 - mit Ausnahme der abschließenden Verfahren zur Registerfehlerkorrektur nach § 7 und § 16 ZensG 2011 - waren bereits im Rahmen des Zensustests erprobt und als grundsätzlich geeignet eingeschätzt worden. Diese Einschätzung erfolgte zwar unter der Bedingung, dass die Qualität der Melderegister und der Datenbestände der Bundesagentur für Arbeit verbessert würde (vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Ergebnisse des Zensustests, Wirtschaft und Statistik, 8/2004, S. 813 <824, 832>; Hin, EU-weite Volkszählung 2010/11: Stand der Vorbereitungsarbeiten in Deutschland und auf europäischer Ebene, Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 4/2006, S. 3 <8>; Smigoc, Anforderungen an das Melderecht zur Melderegisterertüchtigung vor dem Hintergrund des Paradigmenwechsels hin zu einem registergestützten Zensus, Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 11/2008, S. 326 <326>). Dass und welche Maßnahmen zur Steigerung der Melderegisterqualität und zur Verbesserung der Qualität der Datenbestände der Bundesagentur für Arbeit ergriffen worden sind, hat die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme aber dargelegt.

292

Der Gesetzgeber war nicht gehalten, das vollständige Verfahren erst in einer weiteren, für den Verwaltungsvollzug nicht verwertbaren, Testerhebung zu untersuchen. Mit dem Zensustest lag für weite Teile des letztlich verwirklichten Verfahrens eine solche Erprobung bereits vor. Stichprobenerhebungen und deren Auswertung sind für die amtliche Statistik auch keine neue oder ungewöhnliche Aufgabe, sondern werden regelmäßig in einer Reihe von bundesgesetzlich geregelten Statistiken - insbesondere für den Mikrozensus - beanstandungsfrei eingesetzt. Daher konnte der Gesetzgeber grundsätzlich darauf vertrauen, dass die statistischen Ämter des Bundes und der Länder - gegebenenfalls mit Unterstützung externen Sachverstands - zur Entwicklung eines geeigneten Verfahrens in der Lage sind.

293

cc) Die zur Registerfehlerkorrektur entwickelten ergänzenden Verfahren durfte der Gesetzgeber auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Informationen für geeignet halten, die Einwohnerzahl hinreichend genau zu ermitteln. Das gilt auch für die Kombination zweier Methoden.

294

Das gilt zunächst für das in Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern zum Einsatz gebrachte Verfahren der Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten nach § 16 ZensG 2011. Dieses war durch die Befragungen im Rahmen der Haushaltegenerierung im Zensustest bereits vorgezeichnet. Dabei ließen die erhobenen Daten schon nach Abschluss der Mehrfachfallprüfung nur noch geringen Korrekturbedarf erwarten. Die durchschnittlichen Registerfehlerquoten für Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern lagen bereits in der Größenordnung der bei Vollerhebungen zu erwartenden Fehlerraten (1,4% Übererfassungen, 1,3% Untererfassungen). Daher wurden unter Hinzunahme der neu entwickelten Methode in § 16 ZensG 2011 gegenüber Vollerhebungen vergleichbare Werte von 0,84% Übererfassungen und 1% Untererfassungen erwartet.

295

Im Hinblick auf das für Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern zum Einsatz gebrachte Stichprobenverfahren konnte sich der Gesetzgeber zunächst auf die prinzipielle Einschätzung der amtlichen Statistik berufen, die ein derartiges Verfahren als für die Korrektur von Registerfehlern generell geeignet eingeschätzt hatte. Auf Grundlage des Zensustests lag zudem nahe, dass eine mit der für die kleinen Gemeinden vorgesehenen vergleichbare Befragung für größere Gemeinden keine hinreichende Korrektur von Registerfehlern bewirken würde. Der Zensustest hatte auch indiziert, dass maschinelle Mehrfachfallprüfungen für große Gemeinden hinreichend genaue Ergebnisse liefern konnten. Für die Beherrschung des Stichprobenzufallsfehlers wurde mit der Regelung in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ZensG 2011 Vorsorge getroffen.

296

d) Im Nachhinein erkennbar gewordene Abweichungen von der gesetzgeberischen Prognose stellen deren Gültigkeit nicht in Frage. Die nach Abschluss des Zensus 2011 vorgenommene amtliche Evaluation spricht vielmehr für einen hohen Grad der Zielerreichung.

297

Für eine Vielzahl von Gemeinden haben sich bei der Durchführung der Stichprobe allerdings Abweichungen von dem in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 niedergelegten Wert von höchstens 0,5% ergeben: Durchschnittlich lag der tatsächliche Abweichungswert bei 0,56% (Statistisches Bundesamt, Qualitätsbericht Zensus nach § 17 Zensusgesetz 2011, S. 7). Diese Abweichung erreicht freilich noch kein Ausmaß, das die Gültigkeit der gesetzgeberischen Prognose in Frage stellen würde. Zu gravierenden Abweichungen (über 1%) kam es auch auf Gemeindeebene nur in verhältnismäßig wenigen Fällen.

298

Soweit die Antragsteller ferner einen stark verzerrenden Effekt durch den Methodenwechsel an der 10.000-Einwohner-Grenze rügen, mag dies im Hinblick auf zukünftige Erhebungen Anlass zu Korrekturen sein. Die Gültigkeit der dem Zensusgesetz 2011 zugrunde liegenden Prognose wird dadurch jedoch nicht in Frage gestellt, zumal eine spätere Untersuchung zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die behauptete Verzerrung für Länder mit zentralem Melderegister nicht nachweisbar ist (vgl. Rendtel, Warum im Zensus die Ergebnisse der Stichprobenmethode keine Benachteiligung der großen Gemeinden darstellen: Eine Detektivarbeit, School of Business & Economics: Economics, No. 2015/24, S. 10). Letzteres ist jedenfalls ein Indiz dafür, dass die von den Antragstellern beanstandeten Effekte möglicherweise (auch) auf der Aussagekraft der Melderegister beruhen können, der Gesetzgeber damit jedoch nicht ohne Weiteres rechnen musste.

299

Mittlerweile hat das Statistische Bundesamt die Ergebnisse der Wiederholungsbefragungen sowie den nach § 17 Abs. 5 ZensG 2011 zu erstellenden Qualitätsbericht veröffentlicht (Statistisches Bundesamt, Qualitätsbericht Zensus nach § 17 Zensusgesetz 2011). In Wiederholungsbefragungen wurde eine durchschnittliche Übererfassung von 0,24% in kleinen Gemeinden und von 0,6% in großen Gemeinden festgestellt (Statistisches Bundesamt, Qualitätsbericht Zensus nach § 17 Zensusgesetz 2011, S. 10 f.). Das belegt, dass sich die durchschnittlichen Abweichungen in vergleichbaren oder unterhalb der für Vollerhebungen in der Vergangenheit festgestellten Größenordnungen bewegt haben. Der Qualitätsbericht stellt Übereinstimmungsquoten von durchgängig über 90% fest und bescheinigt den Existenzfeststellungen durch die Erhebungsbeauftragten außerdem eine gute Qualität (Statistisches Bundesamt, Qualitätsbericht Zensus nach § 17 Zensusgesetz 2011, S. 34). Für die Zukunft empfiehlt die Evaluation allerdings ein einheitliches Verfahren zur Korrektur von Registerfehlern.

300

e) Dass die dem Zensusgesetz 2011 zugrunde liegende Prognose gültig ist, entbindet den Gesetzgeber indes nicht davon, bei der Gestaltung zukünftiger Volkszählungen die Erfahrungen mit dem verfahrensgegenständlichen Zensus zu berücksichtigen und die Erforderlichkeit von Anpassungen zu prüfen.

301

3. Die unterschiedliche Regelung der in §§ 7 und 16 sowie in § 15 Abs. 2 und 3 ZensG 2011 normierten Verfahren zur Korrektur von Registerfehlern entlang der 10.000-Einwohner-Schwelle ist am Gebot föderativer Gleichbehandlung, nicht jedoch am interkommunalen Gleichbehandlungsgebot zu messen (a). Soweit sie das Gebot föderativer Gleichbehandlung beeinträchtigen sollte (b), ist sie sachlich gerechtfertigt (c). Für ein strukturelles Vollzugsdefizit, das zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung und deshalb bereits zur Verfassungswidrigkeit des Gesetzes führen könnte, ist nichts ersichtlich (d). Der Gesetzgeber ist allerdings verpflichtet, die bestehende Ungleichbehandlung im Hinblick auf zukünftige Zensusverfahren zu überprüfen (e).

302

a) Die in den angegriffenen Vorschriften enthaltene Differenzierung im Verfahren für die Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahlen entlang der 10.000-Einwohner-Schwelle kann in den Ländern zu unterschiedlich hohen Fehlerraten bei der Über- und Untererfassung führen, da sich die Bevölkerungsstruktur der Länder teilweise erheblich unterscheidet (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 57; BRDrucks 3/1/09, S. 18; BRDrucks 3/09, S. 17). Da die durch den Zensus ermittelten Einwohnerzahlen Auswirkungen auf die Rechtsstellung der Länder insbesondere im Bereich des Bund-Länder-Finanzausgleichs haben (vgl. oben Rn. 154 ff.), ist diese Differenzierung deshalb am Gebot föderativer Gleichbehandlung (Art. 20 Abs. 1 GG) zu messen.

303

Das aus der Garantie kommunaler Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 GG) abgeleitete interkommunale Gleichbehandlungsgebot ist für den vorliegenden Zusammenhang dagegen ohne Belang, denn es setzt voraus, dass die in Rede stehende Regelung die kommunale Selbstverwaltung - dem Gesetzgeber zurechenbar - beeinträchtigt. Daran fehlt es jedoch. Zwar war ein Ziel des Zensus 2011 auch die Ermittlung amtlicher Einwohnerzahlen für kommunale Gebietskörperschaften. Damit wurden jedoch nicht die Rechtsverhältnisse der Gemeinden (und Kreise) geregelt, sondern den Ländern lediglich mögliche Anknüpfungstatsachen für ihre in eigener Verantwortung vorgenommenen Regelungen der kommunalen Rechtsverhältnisse zur Verfügung gestellt (vgl. oben Rn. 182 ff.).

304

b) In § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und § 15 Abs. 2 ZensG 2011 sieht das Gesetz für Gemeinden ab 10.000 Einwohnern Verfahren vor, die von denjenigen für Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern abweichen. Diese Differenzierung kann mittelbar eine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung der Länder bewirken.

305

In Gemeinden ab 10.000 Einwohnern erfolgte die Korrektur von Registerfehlern gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 mittels der Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis unter Einbeziehung aller Anschriften. Dagegen sieht § 16 ZensG 2011 für Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern eine Individualbefragung aller Personen vor, die an Anschriften mit nur einer bewohnten Wohnung leben und bei denen sich - zum Beispiel aufgrund der im Rahmen der Gebäude- und Wohnungszählung erhobenen Daten oder weil sie anhand ihrer Meldedaten keiner Wohnung zuzuordnen sind (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 44) - Unstimmigkeiten im Hinblick auf die Richtigkeit der Registerdaten ergeben haben (§ 16 ZensG 2011).

306

Gemäß § 15 Abs. 3 ZensG 2011 war - neben der für alle Gemeindegrößen vorgesehenen Befragung nur mit Nebenwohnsitz gemeldeter Personen - in Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern zur Klärung von sogenannten Mehrfachfällen eine Individualbefragung all der Personen vorzunehmen, die ausweislich der Melderegisterdaten mit mehr als einer alleinigen Wohnung oder Hauptwohnung gemeldet waren. Derartige Mehrfachfälle wurden in Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern gemäß § 15 Abs. 2 ZensG 2011 maschinell bereinigt, indem die Wohnung, in die die Person ausweislich der Registerdaten zuletzt eingezogen war, als alleinige Hauptwohnung behandelt wurde.

307

Diese Differenzierungen behandeln zwar die Länder nicht ungleich, weil die Anwendung des Schwellenwertes auf ihre jeweiligen Gemeinden in identischer Weise erfolgt. Im Rahmen eines Verfahrens, dessen Ziel die Ermittlung vergleichbarer Ergebnisse ist, stellt die Anwendung unterschiedlicher Methoden jedoch dann eine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung dar, wenn nicht nur geringfügige Auswirkungen auf die Vergleichbarkeit der Ergebnisse naheliegend erscheinen. In der Tat kann sich die Differenzierung in der Verfahrensgestaltung auf die einzelnen Länder unterschiedlich auswirken, da sich der Anteil der in großen und kleinen Gemeinden lebenden Bevölkerung aufgrund der unterschiedlichen Siedlungsstruktur in den Ländern zum Teil erheblich unterscheidet (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 57; BRDrucks 3/1/09, S. 18; BRDrucks 3/09, S. 17) und die Genauigkeit beider Verfahren jedenfalls nicht identisch ist. Die Differenzierung im Verfahren kann daher mittelbar zu einer rechtfertigungsbedürftigen Ungleichbehandlung einzelner Länder führen.

308

c) Die in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 sowie § 15 Abs. 2 und 3 ZensG 2011 angelegte Unterscheidung hinsichtlich der Korrekturverfahren entlang der 10.000-Einwohner-Schwelle ist jedoch gerechtfertigt, weil sie aus sachlichen Gründen erfolgte und jedenfalls bei der gebotenen ex-ante-Betrachtung zu hinreichend vergleichbaren Ergebnissen zu kommen versprach. Dies gilt sowohl für die Verfahren zur Korrektur von Registerfehlern nach § 7 und § 16 ZensG 2011 (aa) als auch für die unterschiedlichen Verfahren der Mehrfachfalluntersuchung nach § 15 Abs. 2 beziehungsweise Abs. 3 ZensG 2011 (bb). Der Gesetzgeber hat auch die zahlenmäßige Festlegung der Grenze für die Verfahrensdifferenzierung nicht willkürlich getroffen (cc).

309

aa) Die Differenzierung zwischen der Anwendung der Haushaltsstichprobe nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 und der Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten nach § 16 ZensG2011 ist im Ergebnis gerechtfertigt. Die Erwägungen des Gesetzgebers beruhen auf einer hinreichenden Tatsachengrundlage (1) und der Heranziehung sachlicher Gründe (2). Die Prognose des Gesetzgebers ist insoweit nicht zu beanstanden (3).

310

(1) Der Gesetzgeber ist von der grundsätzlichen Eignung beider Verfahren zur Ermittlung von wirklichkeitsnahen Einwohnerzahlen ausgegangen und hat sich dabei vornehmlich auf die Ergebnisse des Zensustests gestützt (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 30, 44). Dieser hatte die Varianten einer Vollerhebung, einer Kombination von registergestütztem Zensus für Gemeinden mit weniger als 100.000 Einwohnern und einer Vollerhebung in Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern, einem registergestützten Zensus mit Stichproben in allen Gemeinden und einem registergestützten Zensus mit Stichproben nur in Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern untersucht und die letzte Variante empfohlen. Es hatte sich gezeigt, dass Über- und Untererfassungen wie auch der Saldo zwischen beiden gegenläufigen Fehlern in Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern im Durchschnitt geringer waren als in größeren Gemeinden. Zudem hatte sich eine allgemeine Tendenz der - auch relativen - Zunahme von Registerfehlern bei steigender Einwohnerzahl ergeben. Auch Möglichkeiten, die Genauigkeit des registergestützten Zensus zu verbessern, unter anderem durch die Ergänzung um eine Stichprobenerhebung, wurden erörtert. Geprüft wurde ferner, ob mit einer Stichprobe auch weitere Merkmale erhoben werden konnten. Für die Methodendifferenzierung sprach ferner, dass für die Gewinnung zusätzlicher Informationen aufgrund der Stichprobe in Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern nur ein verhältnismäßig geringer Mehraufwand erforderlich war, während eine Erstreckung auf alle Gemeinden eine Verdoppelung des Stichprobenumfangs erfordert hätte. Eine denkbare Einschränkung der Vergleichbarkeit der Genauigkeit bei den festgestellten Einwohnerzahlen zwischen den Gemeinden musste nach Auffassung der statistischen Ämter des Bundes und der Länder hingenommen werden. Da man im Durchschnitt hierdurch eine leichte Unterschätzung der Einwohnerzahlen der kleinen Gemeinden erwartete, sollten noch Verfahren zur Reduzierung von Untererfassungen in Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern entwickelt werden (vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Ergebnisse des Zensustests, Wirtschaft und Statistik, 8/2004, S. 813 <832>). Mit Blick auf die individuelle Befragung bei Unstimmigkeiten ergab sich, dass dieses Verfahren nur für den Bereich von Ein- und Zweifamilienhäusern einen akzeptablen Wirkungsgrad aufweist und der damit erreichbare Bereinigungseffekt für die Gemeinden unter 10.000 Einwohnern eine deutliche Absenkung der Untererfassungen bewirkt, da dort ein großer Teil der Bevölkerung in Ein- oder Zweifamilienhäusern wohnt (vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Ergebnisse des Zensustests, Wirtschaft und Statistik, 8/2004, S. 813 <818>). Gleichzeitig wiesen die Ergebnisse des Zensustests darauf hin, dass dieses Verfahren in Gemeinden ab 10.000 Einwohnern nicht mehr sinnvoll zum Einsatz gebracht werden konnte.

311

Der Gesetzgeber hat dieses Ergebnis des Zensustests in § 7 Abs. 1 Satz 2 ZensG 2011 aufgegriffen und den registergestützten Zensus in Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern um ein Stichprobenverfahren ergänzt, das auch der Ermittlung zusätzlicher Zensusmerkmale diente. Gleichzeitig sah er in § 16 ZensG 2011 für Gemeinden unter 10.000 Einwohnern eine Individualbefragung zur Klärung von Unstimmigkeiten zwischen den Angaben im Rahmen der Gebäude- und Wohnungszählung und den Registerdaten vor (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 30, 44). Dass entgegen der Empfehlung des Zensustests Zweifamilienhäuser, also Anschriften mit zwei bewohnten Wohnungen, nicht in das Korrekturverfahren nach § 16 ZensG 2011 einbezogen wurden, begründete er unter Hinweis auf eine Simulationsberechnung des Bayerischen Landesamtes für Statistik in der Sache damit, dass die Einbeziehung des Bereichs der Zweifamilienhäuser gegenüber der vorgesehenen Beschränkung nur eine geringfügige Verbesserung der Über- (0,72% statt 0,84%) und Untererfassungen (0,87% statt 1%) sowie einen erheblichen Befragungsmehraufwand ergeben habe (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 44), ohne zu einer merklichen Änderung im saldierten Korrektureffekt zu führen.

312

(2) Die Verwendung unterschiedlicher Verfahren zur Korrektur von Über- und Untererfassungen in den Melderegistern gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und § 16 ZensG 2011 erscheint vor dem Hintergrund des dem Gesetzgeber zur Verfügung stehenden Erkenntnisstandes jedenfalls vertretbar.Die in der mündlichen Verhandlung befragten sachverständigen Auskunftspersonen haben ausgeführt, dass das Ziel einer wesentlichen Reduktion des Verwaltungsaufwands, vor allem aber einer geringeren Belastung der Bevölkerung durch primärstatistische Befragungen ohne eine entsprechende Grenze für die Anwendung des Stichprobenverfahrens nicht erreichbar gewesen wäre. Wäre das Stichprobenverfahren auf sämtliche Gemeinden erstreckt worden, wäre es organisatorisch und technisch nicht mehr handhabbar gewesen.

313

Die Beschränkung der Haushaltsstichprobe auf Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern ermöglichte neben einer Verringerung des Verwaltungsaufwandes insbesondere die Verschonung weiter Teile der Bevölkerung von erheblichen Grundrechtseingriffen durch die geringere Zahl der zu befragenden Personen. Nach den im Rahmen des Zensustests geltenden Annahmen war insoweit von einer Reduktion von 11,8 Millionen auf 7,6 Millionen Personen auszugehen (vgl. Statistisches Bundesamt, Ergebnisse des Zensustests, S. 330; Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Ergebnisse des Zensustests, Wirtschaft und Statistik, 8/2004, S. 813 <827 f., 833>). Dagegen hätte eine Ausdehnung der Haushaltsstichprobe auf Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern dort besonders hohe - häufig weit über dem Bundesdurchschnitt liegende - Auswahlsätze zur Folge gehabt (vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Ergebnisse des Zensustests, Wirtschaft und Statistik, 8/2004, S. 813 <827>). Damit wäre das Risiko der Erfassung in kleinen Gemeinden noch weiter vergrößert worden. In einzelnen Gemeinden wären der Sache nach weitgehend vollständige Datensätze geschaffen und der zufällige Charakter der Erfassung für die Einzelnen damit praktisch aufgehoben worden, was sowohl im Hinblick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als auch für die Akzeptanz der Erhebung problematisch erschien. Dass Stichprobenerhebungen sich prinzipiell für die Registerkorrektur in kleinen Gemeinden nicht eignen würden und dass die Methode nach § 16 ZensG 2011 nach den Ergebnissen des Zensustests in den kleinen Gemeinden eine hohe Angleichung der Ergebnisse an die Realität erwarten ließ, wurde demgegenüber im Vorbereitungsstadium des Gesetzgebungsverfahrens nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht in Zweifel gezogen; nach den Ausführungen des Präsidenten des Bayerischen Landesamtes für Statistik in der mündlichen Verhandlung waren die letztlich zum Einsatz gekommenen Regelungen zur Klärung von Unstimmigkeiten und der damit verbundenen primärstatistischen Mehrfachfallprüfung zwischen den statistischen Ämtern von Bund und Ländern nicht umstritten.

314

Sachgerecht ist schließlich auch die zusätzliche Erwägung des Gesetzgebers, dass ein durch die Beschränkung des Stichprobenverfahrens verringerter Erhebungsumfang - etwa durch bessere Schulungsmöglichkeiten der Erhebungsbeauftragten oder zusätzliche Möglichkeiten zur Korrektur von Fehlern - eine, verglichen mit der Totalerhebung, höhere Ergebnisqualität der primärstatistisch erhobenen Daten erwarten lasse (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 31). Der Gesetzgeber ist auch insoweit ersichtlich Einschätzungen gefolgt, die auf Erfahrungswerten der amtlichen Statistik beruhen.

315

(3) Mit der Einschätzung, dass die nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 und § 16 ZensG 2011 vorgesehenen Verfahren zur Aufdeckung von Über- und Untererfassungen eine Ermittlung der Einwohnerzahlen der Länder erwarten lassen, die eine der Funktionsfähigkeit der amtlichen Statistik entsprechende Genauigkeit erreicht, hat der Gesetzgeber den ihm zukommenden Prognosespielraum nicht überschritten. Der Differenzierung lag ersichtlich die Vorstellung zugrunde, dass die je nach Gemeindegröße unterschiedlichen Verfahren zur Korrektur von Fehlern in den Melderegistern trotz unterschiedlicher Gemeindestruktur in den Ländern geeignet waren, deren Einwohnerzahlen zumindest in vergleichbarer Genauigkeit zu bestimmen. Den im Rahmen des Zensustests angestellten Methodenvergleichen lassen sich Aussagen zur gleichen statistischen Genauigkeit der Ermittlung der Einwohnerzahlen in Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern durch das Stichprobenverfahren und zur angeglichenen Genauigkeit der Ermittlung der Einwohnerzahlen in Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern durch eine Individualbefragung im Fall von Unstimmigkeiten zwischen den Angaben im Rahmen der Gebäude- und Wohnungszählung und den Registerdaten im Ein- und Zweifamilienhausbereich entnehmen. Damit ist zwar nicht festgestellt, dass durch die Korrektur der Melderegister mittels eines Stichprobenverfahrens in Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern die Einwohnerzahl mit identischer mathematischer Genauigkeit ermittelt werden kann wie mittels einer Individualbefragung im Fall von Unstimmigkeiten in Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern. Der Zensustest hatte vielmehr ergeben, dass für die Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern eine eingeschränkte Vergleichbarkeit der festgestellten Einwohnerzahlen hingenommen werden müsse und es im Durchschnitt dieser Gemeinden zu einer geringen Unterschätzung der Einwohnerzahlen kommen dürfte, weshalb insoweit noch Verfahren zur Reduzierung der Fehlbestände entwickelt werden sollten (vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Ergebnisse des Zensustests, Wirtschaft und Statistik, 8/2004, S. 813 <832>). Andererseits ergaben sich aber gerade keine Anhaltspunkte für eine signifikante Überschätzung der Einwohnerzahlen kleiner Gemeinden.

316

Die Anordnung des Verfahrens nach § 16 ZensG 2011 beruht auf fachstatistischen Empfehlungen auf der Grundlage hierfür durchgeführter Berechnungen (vgl. Stellungnahme des Statistischen Bundesamtes vom 7. November 2016, S. 6 und Anlage 2 zur Stellungnahme), die in der Sache nicht zu beanstanden sind. Hinzu kommt die Annahme einer hinreichenden Vergleichbarkeit der Ergebnisse beider Verfahren aufgrund der Ergebnisse des Zensustests, die nach der Bewertung durch die statistischen Ämter des Bundes und der Länder darauf hindeuteten, dass für die Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern die Fehlerrate der Register bereits ohne Stichprobe auf ein akzeptables Maß gesenkt werden könne (Stellungnahme des Statistischen Bundesamtes vom 7. November 2016, Anlage 1 S. I). Gleiches gilt mit Blick auf das Stichprobenverfahren für Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern. Diese Wertung wird durch die fachliche Expertise der statistischen Ämter des Bundes und der Länder unterstützt.

317

Keinen Bedenken begegnet es schließlich, dass der Gesetzgeber - insoweit abweichend von den Empfehlungen des Zensustests - die Individualbefragung gemäß § 16 ZensG 2011 auf den Einfamilienhausbereich beschränkt hat. Diese Abweichung hat er in der Gesetzesbegründung mit einer Bezugnahme auf Untersuchungen des Bayerischen Landesamtes für Statistik nachvollziehbar begründet. Diese hatten ergeben, dass sich die zusätzlich aufgedeckten Über- und Untererfassungen im Ergebnis (nahezu) ausglichen, so dass bei einem Verzicht auf deren Korrektur allenfalls eine geringfügige Auswirkung auf das Ergebnis erwartet wurde.

318

Soweit eine Verzerrung der Ergebnisgenauigkeit nach dem damaligen Stand in der Tat nicht völlig auszuschließen war, ändert dies nichts an der verfassungsrechtlichen Beurteilung. Zum einen war sie gering, weil der überwiegende Teil der Bevölkerung auch in den Flächenländern in Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern lebt und daher der Haushaltsstichprobe unterfiel. Nach dem dem Zensustest zugrunde liegenden Melderegisterbestand zum 5. Dezember 2001 waren nur knapp 23 Millionen Deutsche mit Hauptwohnung in Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern gemeldet, was einem Anteil von weniger als einem Drittel der Bevölkerung der Flächenländer entsprach; dieser dürfte zwischen 2001 und 2011 weiter zurückgegangen sein. Zum anderen hat der Gesetzgeber für die Länder mit überdurchschnittlichem Bevölkerungsanteil in besonders großen Gemeinden mögliche negative Auswirkungen dadurch begrenzt, dass in Gemeinden mit mehr als 400.000 Einwohnern gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 7 ZensG 2011 Stadtteile mit durchschnittlich etwa 200.000 Einwohnern als eigenständige Erhebungsgebiete vorgesehen wurden. Das ermöglichte eine bessere Anpassung der Stichprobe an die Gemeindestruktur und im Ergebnis auch eine Absenkung des Stichprobenzufallsfehlers (vgl. Präsident des Statistischen Landesamtes Rheinland-Pfalz, BT(A)Drucks 16(4)586 C, S. 2 f.). Von vornherein war damit ein einfacher relativer Standardfehler erheblich unterhalb der für andere Gemeinden ab 10.000 Einwohnern vorgegebenen Höchstgrenze von 0,5% zu erwarten. Diese Erwartung hat sich auch erfüllt. So betrug der einfache relative Standardfehler für Berlin 0,13%, für die Stadtgemeinde Bremen als Teil der Freien Hansestadt Bremen 0,26% sowie für Hamburg 0,21% (vgl. Tabelle "Genauigkeit der Ergebnisse der Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis zur Ermittlung der neuen Einwohnerzahl ").

319

Verbleibende, aus der Methodendifferenzierung resultierende Verzerrungen hat der Gesetzgeber, soweit sie auf der Grundlage der beim Normerlass vorliegenden Erkenntnisse vorhersehbar waren, aus den geschilderten Gründen in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise in Kauf genommen (vgl. Ziekow, BT(A)Drucks 16(4)586 B, S. 2 ff.; Präsident des Statistischen Landesamtes Rheinland-Pfalz, BT(A)Drucks 16(4)586 C, S. 4 ff.; Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik NRW, BT(A)Drucks 16(4)255 C, S. 6 ff.). Auch bei Vollerhebungen lassen sich im Übrigen derartige Verzerrungen nicht vollständig ausschließen. So wurden - wie bereits ausgeführt - bei der Volkszählung 1970 für das Bundesgebiet insgesamt eine Untererfassung von 1,4% und eine Übererfassung von 0,8% ermittelt (Statistisches Bundesamt, Haushaltebefragung beim Zensus 2011. Erläuterungen zum Stichprobenverfahren, 2010, S. 8). Dabei sind erheblich größere regionale Streuungen nicht ausgeschlossen, wie die Bundesregierung unter Bezugnahme auf Erfahrungen mit Vollerhebungen in Kanada und dem Vereinigten Königreich dargelegt hat. Vor diesem Hintergrund können jedenfalls nachträglich festgestellte Verzerrungen in einer Größenordnung von 1 bis 1,5% für sich genommen noch nicht als durchgreifendes Indiz für eine aus der ex-ante-Perspektive willkürliche Ungleichbehandlung angesehen werden.

320

Dass die Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten nach den Erkenntnissen der Auswertung der Zensuserhebung einen durchschnittlich um 0,9 Prozentpunkte geringeren Korrektureffekt hatte als die hypothetisch durch eine Ausdehnung der Stichprobe auf die Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern bewirkte Korrektur, stellt diese Einschätzung ebenso wenig in Frage wie die Tatsache, dass nachträgliche Untersuchungen der statistischen Landesämter bislang keine Ansatzpunkte für eine "Ertüchtigung" dieser Methode erbringen konnten. Nach den Ausführungen der sachkundigen Dritten in der mündlichen Verhandlung hat die Befragung nach § 16 ZensG 2011 im Durchschnitt die nach dem Zensustest erwarteten Ergebnisse erbracht; das Defizit an Korrekturwirkung beruht demgegenüber auf Umständen, die für den Gesetzgeber nicht vorhersehbar waren.

321

bb) Für die unterschiedliche Regelung der Mehrfachfallprüfung in § 15 Abs. 2 und 3 ZensG 2011gelten vergleichbare Erwägungen.

322

Der Gesetzgeber hat die Verwendung unterschiedlicher Methoden zur Korrektur von Mehrfachfällen in § 15 Abs. 2 und 3 ZensG 2011 damit begründet, dass für Personen mit mehr als einer Wohnung oder Hauptwohnung, die in Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern gemeldet sind, eine Überprüfung im Rahmen der Haushaltsstichprobe genüge (vgl. BTDrucks 16/12219, S. 43), und hat damit im Ausgangspunkt konsequent an die Verfahrensdifferenzierung nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und § 16 ZensG 2011 angeknüpft. Er ist ersichtlich davon ausgegangen, dass die Differenzierung im Rahmen der Mehrfachfallprüfung einer vergleichbaren realitätsgerechten Ermittlung der Einwohnerzahlen nicht entgegensteht, da die Differenzierung der zur Korrektur von Mehrfachfällen eingesetzten Verfahren nicht zu einer wesentlichen Verfälschung des Ergebnisses führen würde (BTDrucks 16/12219, S. 43), und dass daher auf die bei Erstreckung des Verfahrens nach § 15 Abs. 3 ZensG 2011 auf die größeren Gemeinden erforderlichen zusätzlichen Befragungen verzichtet werden könne.

323

Das ist nicht zu beanstanden. Dem Gesetzgeber stand nach den Ergebnissen des Zensustests vor Augen, dass für die Gemeinden unterhalb der 10.000-Einwohner-Schwelle im Wesentlichen das dort erprobte Verfahren verwendet werden konnte, das eine individuelle Mehrfachfallprüfung beinhaltete und auf dieser Grundlage als prinzipiell geeignet eingeschätzt wurde, während für die größeren Gemeinden eine umfassende Registerfehlerkorrektur im Stichprobenverfahren erfolgen musste. Vor diesem Hintergrund durfte er davon ausgehen, dass für beide Verfahren ein jeweils passendes Verfahren zur Mehrfachfallprüfung vorzusehen war und dass in Gemeinden ab 10.000 Einwohnern mit Blick auf das vorgesehene, alle Registerfehler betreffende Stichprobenverfahren eine Prüfung von Mehrfachfällen durch individuelle Befragung für das Gesamtergebnis eine geringere Rolle spielen und einen geringeren Beitrag zur Genauigkeit leisten würde. Die Bewertung des Zensustests hatte insbesondere auch ergeben, dass der weitaus größte Teil der in der Mehrfachfallprüfung auffällig gewordenen Fälle ohne Rückfragen bei den Bürgern geklärt werden konnte und telefonische oder postalische Rückfragen zur Personenfeststellung nur bei einem kleinen Teil der entdeckten Mehrfacheintragungen erforderlich waren (vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Ergebnisse des Zensustests, Wirtschaft und Statistik, 8/2004, S. 813 <818>). Nach fachstatistischer Einschätzung konnten 95,02% der primärstatistisch zu erfassenden Mehrfachfälle auch maschinell bereinigt werden (Statistisches Bundesamt, Ergebnisse des Zensustests, S. 100). Die Evaluation des Zensus 2011 bestätigt diese Einschätzung. So hat ein Vergleich zwischen einer Befragung zur Bereinigung von Mehrfachfällen mit einer parallel vorgenommenen maschinellen Klärung nach Auskunft des statistischen Bundesamtes eine Übereinstimmung von 99,1% ergeben. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse gibt es auch im Nachhinein keine Anhaltspunkte dafür, dass durch die Methodendifferenzierung im Rahmen der Mehrfachfallüberprüfung nach § 15 Abs. 2 und 3 ZensG 2011 mit einer nennenswerten Verzerrung der Ergebnisgenauigkeit zwischen Gemeinden ab und unterhalb der 10.000-Einwohner-Schwelle gerechnet werden musste.

324

cc) Auch die Festlegung der maßgeblichen Schwelle für die Methodendifferenzierung auf 10.000 Einwohner beruht auf sachlichen Erwägungen.

325

Der Zensustest hat Registerfehlerquoten für Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern, mit von 10.000 bis unter 50.000 Einwohnern, mit ab 50.000 bis weniger als 800.000 Einwohnern und mit ab 800.000 Einwohnern ermittelt. Zudem sind den Auswertungen Registerfehlerquoten für einen Bereich von 50.000 bis 100.000 Einwohnern zu entnehmen. Auf dieser Grundlage haben die statistischen Ämter des Bundes und der Länder insbesondere die Ergänzung des registergestützten Zensus um Stichprobenerhebungen in allen Gemeinden sowie in Gemeinden ab 10.000 Einwohnern untersucht und dabei letzteres empfohlen.

326

Zwar wurde bei der Untersuchung der Fehlerquoten der Melderegister in Abhängigkeit von der Gemeindegröße erst ab der Gruppe von 50.000 bis unter 800.000 Einwohnern eine deutliche Steigerung der Fehlerquoten festgestellt, während diese beim Vergleich mit Gemeinden ab 10.000, aber unter 50.000 Einwohnern erkennbar weniger ausgeprägt war. Zudem lagen nicht nur bei Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern, sondern auch bei Gemeinden ab 10.000 bis unter 50.000 Einwohnern die saldierten Fehlerquoten noch unter dem Bundesdurchschnitt und erreichten erst bei Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern überdurchschnittliche Werte. Die Ergebnisse des Zensustests belegen gleichwohl die vom Gesetzgeber in Bezug genommene Annahme einer positiven Korrelation zwischen Gemeindegröße und (unbereinigten) Registerfehlerquoten - insbesondere im Hinblick auf Übererfassungen (sog. "Karteileichen"). Eine positive Korrelation lässt sich ebenso - wenn auch in geringerem Umfang - für die Fehlbestandsquoten feststellen. Der Gesetzgeber hat ferner berücksichtigt, dass sich eine Stichprobenerhebung bei abnehmender Gemeindegröße immer mehr einer Totalerhebung annähern muss, um hinreichend genaue Ergebnisse liefern zu können. Eine Ausweitung der Stichprobe auf die Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern hätte daher nach damaliger Bewertung eine Ausweitung des Stichprobenumfangs auf 11,8 Millionen (statt 7,6 Millionen) Personen zur Folge gehabt. Hinzu kommt, dass die Methode der Individualbefragungen gerade jenseits der Grenze von 10.000 Einwohnern als ungeeignet eingeschätzt wurde.

327

Der Gesetzgeber ist ferner nachvollziehbar davon ausgegangen, dass jedenfalls im Durchschnitt ein erheblich geringerer Korrekturbedarf der Melderegister in Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern bestand. Die vorgelegten Ergebnisse ließen im unbereinigten Melderegisterbestand auf einen Zusammenhang zwischen Gemeindegröße und Fehlbestands- und "Karteileichen"-Raten schließen (Statistisches Bundesamt, Ergebnisse des Zensustests, S. 54 ff.). Ferner ergab sich für diese Gemeinden nach der Mehrfachfallprüfung ein besonders günstiger Saldo von "Karteileichen" und Fehlbeständen (vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Ergebnisse des Zensustests, Wirtschaft und Statistik, 8/2004, S. 813 <818>).

328

Die Grenzziehung bei 10.000 Einwohnern beruhte somit auf hinreichenden tatsächlichen Ansatzpunkten. Dass auch eine andere Grenzziehung denkbar gewesen wäre, stellt dies nicht in Frage.

329

d) Für ein strukturelles Vollzugsdefizit, das zur Verfassungswidrigkeit bereits des Gesetzes wegen einer dadurch verursachten nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung führen könnte, ist nichts ersichtlich. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Länder in den Zensus 2011 über ihre zuständigen Behörden eng eingebunden waren und ein solches Defizit vor allem in ihrem Zuständigkeitsbereich aufgetreten sein müsste.

330

Von Anfang an standen den Ländern ausreichende Kontroll- und Mitwirkungsmöglichkeiten zu Gebote, um ihre Interessen an einem ordnungsgemäßen Vollzug des ZensG 2011 zu wahren. Der Vollzug lag im Wesentlichen in ihren Händen (Art. 83 f. GG). Dies gilt auch für die Feststellung der amtlichen Einwohnerzahlen von Ländern und Gemeinden und die Bestimmung der dafür zuständigen Behörden. Sie haben eigene Gesetze zur Ausführung des Zensusgesetzes 2011 erlassen und darin unter anderem Regelungen über die Feststellung der amtlichen Einwohnerzahlen der Gemeinden (in den Stadtstaaten: der Bezirke) und des Landes getroffen (vgl. § 2 AGZensG 2011; Art. 26 Abs. 2 BayStatG; § 2 ZensusAGBln; § 1 Abs. 3 ZensusAGBbg; § 2 ZensAG; § 1 Hamburgisches Gesetz zur Ausführung des Zensusgesetzes 2011; § 2 Hessisches Ausführungsgesetz zum Zensusgesetz 2011; § 2 ZensAG M-V; § 1 Abs. 2 Nds. AG ZensG 2011; § 2 Satz 1 ZensG 2011 AG NRW; § 2 Landesgesetz zur Ausführung des Zensusgesetzes 2011; § 2 Gesetz Nr. 1713 zur Ausführung des Zensusgesetzes 2011; § 1 Abs. 3 SächsZensGAG; § 1 Abs. 4 ZensAG LSA; § 2 ZensGAG; § 2 ThürAGZensG 2011). Ihnen obliegt die Führung der Melderegister, die eine wesentliche Grundlage des registergestützten Zensus 2011 bildeten, einschließlich der Bestimmung der hierfür zuständigen Behörden (vgl. § 1 Abs. 1 MRRG in der bis zum 31. Oktober 2015 geltenden Fassung, nunmehr geregelt in § 1 BMG). Sie hatten es daher in der Hand, durch Weisungen oder im Rahmen der Kommunalaufsicht dafür zu sorgen, dass diese Register ordnungsgemäß und so realitätsnah wie rechtlich möglich geführt wurden.

331

Für den Aufbau des Anschriften- und Gebäuderegisters hatten die Meldebehörden den statistischen Landesämtern und diese dem Statistischen Bundesamt bestimmte Daten aus den Melderegistern zu übermitteln (§ 5 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 ZensVorbG 2011). Die statistischen Landesämter konnten gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 ZensVorbG 2011 auch auf die das jeweilige Land betreffenden, zusammengeführten Daten der Vermessungsämter, der Melderegister und der Bundesagentur für Arbeit zugreifen, diese Daten auf ihre Vollzähligkeit und Schlüssigkeit überprüfen (§ 7 Abs. 2 Satz 2 ZensVorbG 2011), möglicherweise fehlerhafte Daten durch die Meldebehörden nochmals prüfen lassen (§ 7 Abs. 2 Satz 2 ZensVorbG 2011) und dabei Korrekturen vornehmen, die gemäß § 7 Abs. 2 Satz 6 ZensVorbG 2011 an das Statistische Bundesamt übermittelt wurden. Darüber hinaus konnten sie die aus unterschiedlichen Registern im Anschriften- und Gebäuderegister zusammengestellten Anschriften daraufhin überprüfen, ob es sich dabei tatsächlich um Anschriften mit Wohnraum handelte (§ 14 ZensG 2011). Schließlich lieferten sie dem Statistischen Bundesamt zur Aktualisierung des von ihm geführten Anschriften- und Gebäuderegisters weitere Daten aus den Melderegistern zu (§ 3 Abs. 1 und 2 ZensG 2011), die nochmals auf ihre Vollzähligkeit und Vollständigkeit überprüft werden konnten (§ 3 Abs. 7 ZensG 2011). Die Länder haben insofern intensiv an Aufbau (§ 2 ZensVorbG 2011) und Aktualisierung (§ 3 ZensG 2011) des Anschriften- und Gebäuderegisters mitgewirkt. Auf dessen Grundlage wurden unter anderem die zu befragenden Personen ausgewählt, der Ablauf aller primärstatistischen Erhebungen gesteuert und die in den Zensus 2011 einzubeziehenden Gebäude, Wohnungen und Personen auf ihre Vollzähligkeit überprüft (§ 2 Abs. 2 ZensVorbG 2011).

332

Die Länder hatten auch die Kontrolle über alle erforderlichen Befragungen und primärstatistischen Erhebungen im Vollzug des ZensG 2011. Die statistischen Ämter der Länder haben die Gebäude- und Wohnungszählung durchgeführt (§ 6 ZensG 2011). Den Ländern stand es dabei frei, für die notwendigen Befragungen (spezielle) Erhebungsstellen einzurichten oder Erhebungsbeauftragte einzusetzen (§§ 10 und 11 ZensG 2011); sie konnten so für die Gesetzeskonformität des Vollzugs sorgen. Das gilt auch für die Durchführung der Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (§ 7 ZensG 2011), die Ermittlung der Einwohnerzahlen an Anschriften mit Sonderbereichen (§ 8 ZensG 2011), die Befragung im Rahmen der Mehrfachfalluntersuchung und zur Ermittlung der Hauptwohnung gemäß § 15 Abs. 3 und 4 ZensG 2011 und die Befragung gemäß § 16 ZensG 2011. Die inhaltliche Richtigkeit der primärstatistischen Befunde lag somit im Verantwortungsbereich der Länder. Gegen Fehler bei der Übernahme der Daten gab es statistikinterne Kontrollmaßnahmen wie die in § 19 Abs. 1 Satz 2 ZensG 2011 vorausgesetzte Überprüfung auf Plausibilität und Vollständigkeit.

333

Außerhalb des Verantwortungsbereichs der Länder liegende Kontrolllücken sind daher nur mit Blick auf die zentralisierten Vorgänge denkbar: Die konkrete Stichprobenziehung fand ohne Beteiligung der Länder beim Statistischen Bundesamt statt; sie war "lediglich" zu dokumentieren (§ 2 Abs. 1 StichprobenV). Dasselbe gilt für die Ermittlung der Mehrfachfälle gemäß § 15 Abs. 1 ZensG 2011 und deren maschinelle Bereinigung gemäß § 15 Abs. 2 ZensG 2011. Es ist jedoch weder ersichtlich, dass die Statistikbehörden der Länder Zweifel an der Nachvollziehbarkeit der Verfahrensschritte geäußert hätten, noch, dass entsprechende Nachfragen nicht innerhalb des Bereichs der amtlichen Statistik hätten geklärt werden können.

334

e) Die vor allem auf der Grundlage der Ergebnisse des Zensustests gerechtfertigte Methodendifferenzierung bei der Bereinigung von Registerfehlern (§§ 7 und 16 ZensG 2011) und der Mehrfachfallprüfung (§ 15 Abs. 2 und 3 ZensG 2011) entbindet den Gesetzgeber allerdings für die Regelung zukünftiger Erhebungen nicht davon, ihm zwischenzeitlich zur Kenntnis gelangte Informationen - insbesondere aus der Evaluation des verfahrensgegenständlichen Zensus 2011 - auszuwerten und sie daraufhin zu überprüfen, ob sie Anlass zu einer abweichenden Bewertung ihrer Eignung zur Ermittlung vergleichbarer und realitätsgerechter Einwohnerzahlen der Länder geben.

335

4. Die angegriffenen Vorschriften verstoßen ferner nicht gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

336

Das Zensusgesetz 2011 ermächtigt zu Eingriffen in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Es war Grundlage dafür, dass vorhandene personenbezogene Registerdaten über die Einwohner der Bundesrepublik Deutschland in nicht anonymisierter Form an die Statistischen Landesämter weitergeleitet, dort jedenfalls zunächst weiterhin in nicht anonymisierter Form verarbeitet und ausgewertet wurden und ein Teil der Einwohner - unter anderem im Rahmen der Haushaltsstichprobe gemäß § 7 Abs. 1 ZensG 2011 - zu einzelnen Aspekten seiner persönlichen Verhältnisse befragt wurde.

337

Rechtsgrundlage für die Datenerhebung im Rahmen der Haushaltsstichprobe war § 18 Abs. 3 in Verbindung mit § 7 Abs. 4 und 5 ZensG 2011, während § 7 Abs. 1 bis 3 ZensG 2011 vor allem die Auswahl der Befragten und die Weiterverarbeitung betraf. Soweit die nähere Ausgestaltung der Stichprobenauswahl nicht bereits in der gesetzlichen Regelung enthalten ist, sondern erst durch die Stichprobenverordnung und das auf ihr aufbauende Stichprobendesign konkretisiert wurde, berührt dies Zweck und Gegenstand der Datenerhebung nicht. Auch die Vorhersehbarkeit des Eingriffs ist auf der Grundlage der Höchstvorgabe von 1% der Bevölkerung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 ZensG 2011 noch hinreichend gewahrt. Die Zufälligkeit der Auswahl nach einem mathematischen Verfahren ist - wie oben ausgeführt - bereits auf der Grundlage der gesetzlichen Regelung sichergestellt, ebenso die Beschränkung des Stichprobenumfangs. Die weitere Entwicklung des Stichprobenverfahrens war in inhaltlicher Hinsicht auch durch die gesetzliche Regelung hinreichend vorgezeichnet (vgl. oben Rn. 244 ff.). Ebenfalls hinreichend bestimmt geregelt sind die in den Befragungen nach § 15 Abs. 3 und 4 sowie § 16 in Verbindung mit § 18 Abs. 6 beziehungsweise Abs. 7 ZensG 2011 liegenden Eingriffe.

338

Der mit dem Zensus 2011 verbundene Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung war geeignet, erforderlich und zumutbar. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass für die Aussagekraft der amtlichen Statistik ein möglichst hoher Grad an Genauigkeit der erhobenen Daten erforderlich ist (vgl. BVerfGE 65, 1 <50>). Das gewählte Stichprobenverfahren garantierte auf der einen Seite den erforderlichen Grad an Genauigkeit und Realitätsgerechtigkeit (vgl. oben Rn. 285 f.), begrenzte aber auf der anderen Seite dadurch, dass es gegenüber einer Vollerhebung die Zahl der zu befragenden Personen möglichst gering hielt (vgl. oben Rn. 312 f.), Eingriffe in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung auf ein möglichst geringes Maß.

339

5. Durch die angegriffenen Vorschriften werden schließlich weder verfassungsmäßige Rechtsschutzinteressen der Länder (a) noch der Kommunen (b) verletzt.

340

a) Soweit das Grundgesetz für den Bund eine Pflicht zur realitätsgerechten Ermittlung der Bevölkerungszahlen enthält, folgt aus dem Bundesstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG zumindest ein Anspruch der Länder auf föderative Gleichbehandlung durch den Bundesgesetzgeber (aa), nicht jedoch ein subjektives Recht auf einen die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung wahrenden Vollzug (bb). Weitergehender Rechtsschutzmöglichkeiten bedarf es von Verfassungs wegen nicht (cc).

341

aa) Die angegriffenen Regelungen, insbesondere die Löschungsvorschriften der § 15 ZensVorbG 2011, § 8 Abs. 3 und § 19 ZensG 2011 sind nicht geeignet, das aus Art. 20 Abs. 1 GG folgende Recht der Länder auf föderative Gleichbehandlung und ihren (akzessorischen) Anspruch auf (verfassungs-)gerichtliche Durchsetzung dieses Gebots (vgl. Rn. 217) zu verletzen.

342

Sie betreffen nicht die Verfahrensgestaltung des registergestützten Zensus, sondern den weiteren Umgang mit den im Vollzug erhobenen Daten und haben daher keinen unmittelbaren Bezug zum Gebot föderativer Gleichbehandlung. Die im Rahmen der § 8 Abs. 3 und § 19 ZensG 2011 zu löschenden Hilfsmerkmale und Erhebungsunterlagen beziehen sich ausschließlich auf Ergebnisse von primärstatistischen Erhebungen und Datenübermittlungen, die im Verantwortungsbereich der Länder durchzuführen waren. Die im Rahmen der Erstellung des Anschriften- und Gebäuderegisters und der Stichprobenbasisdatei verarbeiteten und von § 15 ZensVorbG 2011 erfassten Daten wurden ebenso - im Wesentlichen - von den statistischen Landesämtern sowie den Melde- und Vermessungsbehörden der Länder geliefert. Mangels Verletzung des Gebots der föderativen Gleichbehandlung durch die § 7 Abs. 1 bis 3, § 15 Abs. 2 und 3 ZensG 2011 werden die Daten auch nicht längerfristig benötigt, um den Anspruch der Länder auf Durchsetzung dieses Gebots zu realisieren.

343

Soweit die Antragsteller daneben geltend machen, es bestünden auf die Ausgestaltung des Verfahrens insgesamt zurückzuführende Schwierigkeiten mit der Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse und ihnen würde die Einsicht in bestimmte Verfahrensabschnitte betreffende Informationen verweigert, ist schon nicht ersichtlich, dass es sich dabei um eine unmittelbare Folge der Vorschriften des Zensusgesetzes 2011 handelt. Diese enthalten offensichtlich keine Regelung darüber, welche Aufzeichnungen im Rahmen der Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren zugänglich gemacht werden können, und stehen auch einer Anonymisierung von Unterlagen nicht entgegen. Der Antragsteller zu II. trägt selbst vor, dass ihm Akteneinsicht auf der Grundlage von § 16 BStatG verweigert werde (vgl. Antrag des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg vom 17. Dezember 2015, S. 35). Soweit der Antragsteller zu I. Beeinträchtigungen verwaltungsverfahrensrechtlicher und verwaltungsprozessualer Begründungs- und Akteneinsichtsrechte geltend macht (Antrag vom 22. Juli 2015, S. 63 ff.), ist deren Beschränkung durch die angegriffenen Vorschriften ebenfalls nicht ersichtlich. Die entsprechenden Fragestellungen betreffen im Wesentlichen die Rechtmäßigkeit des Vollzugs der angegriffenen Vorschriften sowie den Umfang der im Verwaltungs- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren bestehenden Akteneinsichtsrechte.

344

bb) Fehler in der Durchführung des Zensus 2011 sind grundsätzlich nicht geeignet, das Recht der Länder auf föderative Gleichbehandlung zu beeinträchtigen. Allein dem Vollzug und seiner Kontrolle aber dienen die angegriffenen Löschungsvorschriften der § 8 Abs. 3, § 19 Abs. 1 und 2 ZensG 2011 und § 15 ZensVorbG 2011. Ein allgemeiner Gesetzesvollziehungsanspruch lässt sich aus dem Gebot föderativer Gleichbehandlung - wie aus dem allgemeinen Gleichheitssatz auch (vgl. BVerfGE 132, 195 <235 Rn. 95>; 135, 317 <388 Rn. 130>) - dagegen ebenso wenig ableiten wie ein hierauf gerichteter Anspruch auf Rechtsschutz.

345

cc) Dass den Ländern grundsätzlich kein fachgerichtlicher Rechtsschutz gegen die Feststellung ihrer Einwohnerzahl zur Verfügung steht, ist verfassungsrechtlich unbedenklich.Die Feststellung der Einwohnerzahlen ist durch Behörden der Länder erfolgt. Es gehörte im Rahmen ihrer Zuständigkeiten daher zu ihren Aufgaben, bei der Erhebung Rechtmäßigkeit und Einheitlichkeit des Vollzugs sicherzustellen.

346

b) Die angegriffenen Löschungsregelungen verstoßen auch nicht gegen Art. 28 Abs. 2 GG.

347

Soweit es sich - wie bei den Antragstellern - um Stadtstaaten handelt, sind sie nicht Träger der Garantie kommunaler Selbstverwaltung. Ihre Stellung als Kommunen wird in dem vorliegend allein maßgeblichen Rechtsverhältnis zum Bund durch ihren staatsrechtlichen Status als Länder vollständig überlagert (vgl. Mehde, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 28 Abs. 2 Rn. 15 ; Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, 14. Aufl. 2016, Art. 28 Rn. 33).

348

Die anderen Kommunen werden hingegen nicht in ihrer durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützten Rechtsstellung beeinträchtigt. Wie oben dargelegt, regelt das Zensusgesetz 2011 weder die Rechtsverhältnisse der Kommunen zum Bund noch zu den Ländern. Insofern können auch die hier in Rede stehenden Löschungsvorschriften keine Auswirkungen auf die subjektive Rechtsstellungsgarantie der Kommunen haben.

349

Soweit die angegriffenen Löschungsregelungen gleichwohl den Rechtsschutz gegen die auf der Grundlage des Zensusgesetzes 2011 erlassenen Verwaltungsakte erschweren, beruht dies auf den Ausführungsgesetzen der Länder, die sich durchgängig dafür entschieden haben, die auf der Grundlage des Zensusgesetzes 2011 ermittelten Einwohnerzahlen gegenüber ihren Gemeinden durch Verwaltungsakte festzustellen, und die an diese Feststellung zum Teil weitreichende Rechtsfolgen knüpfen.

IV.

350

§ 2 Abs. 2 und 3 und § 3 Abs. 2 StichprobenV genügen den für sie geltenden verfassungsrechtlichen Anforderungen. Die Vorschriften der Stichprobenverordnung entsprechen den Vorgaben der Ermächtigungsgrundlage (1). Sie beinhalten keine unzulässige Subdelegation an die Verwaltung oder Private (2). § 2 Abs. 2 StichprobenV verstößt darüber hinaus auch nicht gegen Art. 20 Abs. 1 bis 3 GG (3).

351

1. Die angegriffenen Vorschriften der Stichprobenverordnung halten sich im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage.

352

Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 ZensG 2011 legt der Verordnungsgeber "den konkreten Stichprobenumfang" fest. Aus dem systematischen Zusammenhang zu Satz 1 ergibt sich zudem, dass sich die Ermächtigung auf den bundesweiten Stichprobenumfang bezieht. Diese Ermächtigung hat der Verordnungsgeber in § 3 Abs. 1 StichprobenV in Anspruch genommen; auch soweit in § 3 Abs. 2 StichprobenV eine Verteilung des Stichprobenumfangs auf die Länder vorgenommen wird, handelt es sich um eine konkretisierende Entscheidung des Verordnungsgebers über den Stichprobenumfang auf der Basis der zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Daten. Im Übrigen erfolgte die endgültige Verteilung der Stichprobe auf die Gemeinden (und damit auch die Länder) auf der Grundlage des im Rahmen des Zensus 2011 erhobenen Datenbestandes, der nach dem gesetzlichen Verfahrenskonzept zum Zeitpunkt des Erlasses der Stichprobenverordnung noch nicht vorliegen konnte (vgl. BRDrucks 114/10, S. 7 f.).

353

Auch die in § 2 Abs. 3 StichprobenV getroffenen Einzelregelungen sind als nähere Ausgestaltung des in § 7 ZensG 2011 angelegten Stichprobenverfahrens von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Sie wiederholen im Wesentlichen das gesetzliche Regelungsprogramm und gestalten das in § 7 ZensG 2011 geregelte Stichprobenverfahren näher aus. Vor allem aber enthalten sie keine Delegation der Verordnungsermächtigung auf das Statistische Bundesamt, auch wenn nach § 2 Abs. 1 StichprobenV einzelne Aspekte des Verfahrens erst im Rahmen des Vollzugs endgültig festgelegt werden sollten.

354

Die Ermächtigung zur Regelung des "Stichprobenverfahrens" beinhaltet nicht die Festlegung, dass sämtliche Einzelheiten der Haushaltsstichprobe und ihrer Durchführung unmittelbar in der Verordnung geregelt werden mussten. Der systematische Zusammenhang mit § 1 Abs. 1 ZensG 2011 und § 5 Abs. 4 Satz 2 ZensVorbG 2011 zeigt vielmehr, dass die detaillierte Ausgestaltung des Stichprobenverfahrens dem Statistischen Bundesamt verbleiben sollte. Zudem hat der Gesetzgeber durch die Vorgabe, den Entwurf der Verordnung bis zum 15. März 2010 dem Bundesrat zuzuleiten (§ 7 Abs. 2 Satz 3 ZensG 2011), deutlich gemacht, dass eine abschließende Regelung aller Details durch den Verordnungsgeber nicht möglich und nicht sinnvoll war.

355

Die für das Statistische Bundesamt verbleibenden weiteren Konkretisierungen betrafen - wie dargelegt - lediglich technische Details der Sachverhaltsermittlung, wie sie auch sonst dem Verwaltungsvollzug überlassen werden. Da Vorhersehbarkeit und Intensität des Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht entscheidend durch den Regelungsgegenstand der Stichprobenverordnung geprägt werden (vgl. Rn. 231), war eine präzisere Festlegung durch die Stichprobenverordnung nicht erforderlich.

356

2. Die Bezugnahme in § 2 Abs. 2 StichprobenV auf das für die Optimierung und Konfiguration des Zensus 2011 zentrale Forschungsprojekt stellt keine - ohne hinreichende gesetzliche Ermächtigung verfassungswidrige - Subdelegation von Regelungsbefugnissen auf Private dar, denn sie schreibt lediglich die Berücksichtigung von durch das Forschungsprojekt gutachterlich festgestellten Tatsachen und Wertungen bei der Entscheidung des Statistischen Bundesamtes vor.

357

3. § 2 Abs. 2 StichprobenV verstößt schließlich auch nicht gegen das aus dem Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Gebot der Klarheit und Widerspruchsfreiheit gesetzlicher Regelungen (Art. 20 Abs. 1 bis 3 GG). Nach dieser Bestimmung waren bei Erstellung des Stichprobenplans und der Stichprobenziehung die Qualitätsvorgaben aus dem Forschungsprojekt zur Entwicklung des Stichprobenverfahrens zu berücksichtigen. Dabei handelte es sich um eine über dreieinhalb Jahre (vgl. Münnich/Gabler u.a., Stichprobenoptimierung und Schätzung im Zensus 2011, Statistik und Wissenschaft, Bd. 21, 2012, S. 3) durchgeführte Untersuchung, deren Gegenstand Stichprobendesign und Schätzmethodik für die Haushaltsstichprobe waren (vgl. Berg/Bihler, Das Stichprobendesign der Haushaltsstichprobe des Zensus 2011, Wirtschaft und Statistik, April 2011, S. 317 <317>; sowie Münnich/Gabler u.a., Stichprobenoptimierung und Schätzung im Zensus 2011, Statistik und Wissenschaft, Bd. 21, 2012, S. 5, 16) und deren Ergebnisse sowie die daraus abgeleiteten Empfehlungen für den Zensus 2011 in Form eines Abschlussberichts bereits im November 2010 vorlagen. Im Hinblick auf die Einmaligkeit der Begutachtung, die bereits zum Zeitpunkt des Beschlusses des Zensusgesetzes 2011 erfolgte Beauftragung des Forschungsprojekts und die im Kreise der für den Vollzug der Regelung zuständigen Behörden bestehende Kenntnis hierüber war eine detailliertere Regelung zur Identität des Gutachtens und zum Inhalt des Auftrags nicht geboten.

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Tenor 1. Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt. 2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. 4. Der Streitwert wird auf 2.500,- Euro festgesetzt. Gründe I. 1 Die Antragstelleri

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(1) Die Hilfsmerkmale sind von den Erhebungsmerkmalen zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu trennen und gesondert aufzubewahren. Sie sind, soweit sich nicht aus § 22 Absatz 2 und § 23 etwas anderes ergibt, zu löschen, sobald bei den statistischen Ämtern die Überprüfung der Erhebungs- und Hilfsmerkmale auf ihre Schlüssigkeit und Vollständigkeit abgeschlossen ist. Sie sind spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu löschen.

(2) Die Erhebungsunterlagen sind nach Abschluss der Aufbereitung des Zensus, spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu vernichten.

(1) Das Statistische Bundesamt erstellt und führt zur Vorbereitung des Zensus ein Anschriften- und Gebäuderegister. Die nach Landesrecht für die Durchführung der Bundesstatistiken zuständigen Stellen (statistische Ämter der Länder) wirken bei Aufbau und Pflege des Anschriften- und Gebäuderegisters mit und nutzen es für die Vorbereitung des Zensus.

(2) Das Anschriften- und Gebäuderegister dient

1.
der Steuerung des Ablaufs der Gebäude- und Wohnungszählung sowie der Ablaufkontrolle aller primärstatistischen Erhebungen des Zensus,
2.
zur Vorbereitung und als Auswahlgrundlage für die beim Zensus vorgesehenen Stichprobenerhebungen,
3.
dazu, die Erhebungen für den Zensus zu koordinieren, im Rahmen der Durchführung des Zensus die aus verschiedenen Quellen stammenden Daten zusammenzuführen und die in den Zensus einzubeziehenden Gebäude, Wohnungen und Personen auf Vollzähligkeit zu prüfen,
4.
der Entwicklung eines Systems der raumbezogenen Analysen und Darstellungen von statistischen Ergebnissen und der Schaffung einer Grundlage für eine kleinräumige Auswertung des Zensus.

(3) Im Anschriften- und Gebäuderegister werden zu jeder Wohnanschrift folgende Angaben gespeichert:

1.
Ordnungsnummer,
2.
Postleitzahl,
3.
Ort oder Gemeinde,
4.
Ortsteil oder Gemeindeteil,
5.
Straße,
6.
Hausnummer,
7.
Anschriftenzusatz,
8.
Lage des Gebäudes,
9.
Amtlicher Gemeindeschlüssel,
10.
Schlüssel des Orts- oder Gemeindeteils,
11.
Schlüssel der Straße,
12.
Gemeindeeigener Schlüssel der Straße,
13.
Koordinatenwerte einschließlich Qualitätskennzeichen,
14.
Gemeindegrößenklasse,
15.
Gebäudefunktion,
16.
Gebäudestatus,
17.
Anzahl der Wohnungen,
18.
Anzahl bewohnter Wohnungen,
19.
Personenzahl Hauptwohnung je Anschrift,
20.
Personenzahl Nebenwohnung je Anschrift,
21.
Anzahl der Deutschen je Anschrift,
22.
Anzahl der Ausländer je Anschrift,
23.
Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten je Anschrift,
24.
Anzahl der Arbeitslosen je Anschrift,
25.
Kennzeichnung der Erhebungsstelle,
26.
Stichprobenkennzeichen,
27.
Anzahl unterschiedlicher Familiennamen je Anschrift,
28.
Fluktuationsrate je Anschrift,
für Sondergebäude zusätzlich:
29.
Art der Einrichtung,
30.
Name und Anschriften der Träger, Eigentümer oder Verwalter der Unterkunft,
31.
Erhebungsverfahren bei Sondergebäuden,
Auskunftspflichtige für die Gebäude- und Wohnungszählung:
32.
Familienname und Vornamen oder Bezeichnung und
33.
Anschrift der jeweiligen Eigentümer, Erbbauberechtigten, Verwalter oder sonstigen Verfügungsberechtigten der Gebäude und Wohnungen.

(4) Das Anschriften- und Gebäuderegister muss für die Durchführung des Zensus spätestens ab dem 31. Dezember 2010 nutzbar sein.

(1) Führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, so regeln sie die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren. Wenn Bundesgesetze etwas anderes bestimmen, können die Länder davon abweichende Regelungen treffen. Hat ein Land eine abweichende Regelung nach Satz 2 getroffen, treten in diesem Land hierauf bezogene spätere bundesgesetzliche Regelungen der Einrichtung der Behörden und des Verwaltungsverfahrens frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Artikel 72 Abs. 3 Satz 3 gilt entsprechend. In Ausnahmefällen kann der Bund wegen eines besonderen Bedürfnisses nach bundeseinheitlicher Regelung das Verwaltungsverfahren ohne Abweichungsmöglichkeit für die Länder regeln. Diese Gesetze bedürfen der Zustimmung des Bundesrates. Durch Bundesgesetz dürfen Gemeinden und Gemeindeverbänden Aufgaben nicht übertragen werden.

(2) Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen.

(3) Die Bundesregierung übt die Aufsicht darüber aus, daß die Länder die Bundesgesetze dem geltenden Rechte gemäß ausführen. Die Bundesregierung kann zu diesem Zwecke Beauftragte zu den obersten Landesbehörden entsenden, mit deren Zustimmung und, falls diese Zustimmung versagt wird, mit Zustimmung des Bundesrates auch zu den nachgeordneten Behörden.

(4) Werden Mängel, die die Bundesregierung bei der Ausführung der Bundesgesetze in den Ländern festgestellt hat, nicht beseitigt, so beschließt auf Antrag der Bundesregierung oder des Landes der Bundesrat, ob das Land das Recht verletzt hat. Gegen den Beschluß des Bundesrates kann das Bundesverfassungsgericht angerufen werden.

(5) Der Bundesregierung kann durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zur Ausführung von Bundesgesetzen die Befugnis verliehen werden, für besondere Fälle Einzelweisungen zu erteilen. Sie sind, außer wenn die Bundesregierung den Fall für dringlich erachtet, an die obersten Landesbehörden zu richten.

(1) Das Statistische Bundesamt erstellt und führt zur Vorbereitung des Zensus ein Anschriften- und Gebäuderegister. Die nach Landesrecht für die Durchführung der Bundesstatistiken zuständigen Stellen (statistische Ämter der Länder) wirken bei Aufbau und Pflege des Anschriften- und Gebäuderegisters mit und nutzen es für die Vorbereitung des Zensus.

(2) Das Anschriften- und Gebäuderegister dient

1.
der Steuerung des Ablaufs der Gebäude- und Wohnungszählung sowie der Ablaufkontrolle aller primärstatistischen Erhebungen des Zensus,
2.
zur Vorbereitung und als Auswahlgrundlage für die beim Zensus vorgesehenen Stichprobenerhebungen,
3.
dazu, die Erhebungen für den Zensus zu koordinieren, im Rahmen der Durchführung des Zensus die aus verschiedenen Quellen stammenden Daten zusammenzuführen und die in den Zensus einzubeziehenden Gebäude, Wohnungen und Personen auf Vollzähligkeit zu prüfen,
4.
der Entwicklung eines Systems der raumbezogenen Analysen und Darstellungen von statistischen Ergebnissen und der Schaffung einer Grundlage für eine kleinräumige Auswertung des Zensus.

(3) Im Anschriften- und Gebäuderegister werden zu jeder Wohnanschrift folgende Angaben gespeichert:

1.
Ordnungsnummer,
2.
Postleitzahl,
3.
Ort oder Gemeinde,
4.
Ortsteil oder Gemeindeteil,
5.
Straße,
6.
Hausnummer,
7.
Anschriftenzusatz,
8.
Lage des Gebäudes,
9.
Amtlicher Gemeindeschlüssel,
10.
Schlüssel des Orts- oder Gemeindeteils,
11.
Schlüssel der Straße,
12.
Gemeindeeigener Schlüssel der Straße,
13.
Koordinatenwerte einschließlich Qualitätskennzeichen,
14.
Gemeindegrößenklasse,
15.
Gebäudefunktion,
16.
Gebäudestatus,
17.
Anzahl der Wohnungen,
18.
Anzahl bewohnter Wohnungen,
19.
Personenzahl Hauptwohnung je Anschrift,
20.
Personenzahl Nebenwohnung je Anschrift,
21.
Anzahl der Deutschen je Anschrift,
22.
Anzahl der Ausländer je Anschrift,
23.
Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten je Anschrift,
24.
Anzahl der Arbeitslosen je Anschrift,
25.
Kennzeichnung der Erhebungsstelle,
26.
Stichprobenkennzeichen,
27.
Anzahl unterschiedlicher Familiennamen je Anschrift,
28.
Fluktuationsrate je Anschrift,
für Sondergebäude zusätzlich:
29.
Art der Einrichtung,
30.
Name und Anschriften der Träger, Eigentümer oder Verwalter der Unterkunft,
31.
Erhebungsverfahren bei Sondergebäuden,
Auskunftspflichtige für die Gebäude- und Wohnungszählung:
32.
Familienname und Vornamen oder Bezeichnung und
33.
Anschrift der jeweiligen Eigentümer, Erbbauberechtigten, Verwalter oder sonstigen Verfügungsberechtigten der Gebäude und Wohnungen.

(4) Das Anschriften- und Gebäuderegister muss für die Durchführung des Zensus spätestens ab dem 31. Dezember 2010 nutzbar sein.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

Die statistischen Ämter der Länder bereinigen Unstimmigkeiten, die in Bezug auf Anschriften mit nur einer bewohnten Wohnung in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern bestehen. Dazu erheben sie an den betroffenen Anschriften für jede dort wohnende Person folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Wohnungsstatus,
e)
Staatsangehörigkeiten,
f)
Zahl der in der Wohnung wohnhaften Personen,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Anschrift.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

Die statistischen Ämter der Länder bereinigen Unstimmigkeiten, die in Bezug auf Anschriften mit nur einer bewohnten Wohnung in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern bestehen. Dazu erheben sie an den betroffenen Anschriften für jede dort wohnende Person folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Wohnungsstatus,
e)
Staatsangehörigkeiten,
f)
Zahl der in der Wohnung wohnhaften Personen,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Anschrift.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Die statistischen Ämter des Bundes und der Länder führen eine Bevölkerungs-, Gebäude- und Wohnungszählung (Zensus) mit Stand vom 9. Mai 2011 (Berichtszeitpunkt) als Bundesstatistik durch.

(2) Die benötigten Angaben werden erhoben im Wege von:

1.
Datenübermittlungen der nach Landesrecht für das Meldewesen zuständigen Stellen (Meldebehörden) und oberster Bundesbehörden (§ 3),
2.
Datenübermittlungen der Bundesagentur für Arbeit (§ 4),
3.
Datenübermittlungen der nach dem Finanz- und Personalstatistikgesetz auskunftspflichtigen Stellen (§ 5),
4.
Erhebungen zur Gewinnung der Gebäude- und Wohnungsdaten (§ 6),
5.
Stichprobenerhebungen zur Sicherung der Datenqualität und zur Erfassung ergänzender Angaben über die Bevölkerung (§ 7),
6.
Erhebungen von Angaben über Bewohner an Anschriften mit Gemeinschaftsunterkünften, Anstalten, Notunterkünften, Wohnheimen und ähnlichen Einrichtungen (§ 8),
7.
ergänzenden Ermittlungen von Anschriften von Gebäuden mit Wohnraum und bewohnten Unterkünften (§ 14),
8.
Erhebungen zur Bewertung der Qualität der Zensusergebnisse (§ 17).

(3) Der Zensus dient:

1.
der Feststellung der amtlichen Einwohnerzahlen von Bund, Ländern und Gemeinden und der Bereitstellung der Grundlage für die Fortschreibung der amtlichen Einwohnerzahlen für die Zeit zwischen zwei Volkszählungen,
2.
der Gewinnung von Grunddaten für das Gesamtsystem der amtlichen Statistik sowie von Strukturdaten über die Bevölkerung als Datengrundlage insbesondere für politische Entscheidungen von Bund, Ländern und Kommunen auf den Gebieten Bevölkerung, Wirtschaft, Soziales, Wohnungswesen, Raumordnung, Verkehr, Umwelt und Arbeitsmarkt sowie
3.
der Erfüllung der Berichtspflichten nach der Verordnung (EG) Nr. 763/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über Volks- und Wohnungszählungen (ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 14).

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Zur Aktualisierung des Anschriften- und Gebäuderegisters nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 vom 8. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2808) sowie zur Vorbereitung und Durchführung des Zensus übermitteln die Meldebehörden den statistischen Ämtern der Länder für jede gemeldete Person elektronisch die folgenden Daten:

1.
Ordnungsnummer im Melderegister,
2.
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
3.
Straße, Straßenschlüssel, Hausnummer und Anschriftenzusätze,
4.
Wohnort, Postleitzahl und amtlicher Gemeindeschlüssel,
5.
Tag der Geburt,
6.
Standesamt und Nummer des Geburtseintrags,
7.
Geburtsort einschließlich erläuternder Zugehörigkeitsbezeichnungen,
8.
bei im Ausland Geborenen: Geburtsstaat,
9.
Geschlecht,
10.
Staatsangehörigkeiten,
11.
Familienstand,
12.
Wohnungsstatus (alleinige Wohnung, Haupt- oder Nebenwohnung),
13.
Anschrift und Wohnungsstatus in der Gemeinde, aus der die Person zugezogen ist,
14.
Anschrift der zuletzt bewohnten Wohnung in der Gemeinde,
15.
Tag des Beziehens der Wohnung,
16.
Tag des Zuzugs in die Gemeinde,
17.
Herkunftsstaat bei Zuzug aus dem Ausland,
18.
Tag der Anmeldung bei der Meldebehörde,
19.
Tag des Wohnungsstatuswechsels,
20.
Familienname, frühere Namen, Vornamen, Tag der Geburt und Ordnungsnummer des Ehegatten oder des eingetragenen Lebenspartners oder der eingetragenen Lebenspartnerin,
21.
Familienname, frühere Namen, Vornamen, Tag der Geburt und Ordnungsnummer der minderjährigen Kinder sowie Familienname, Vornamen, Tag der Geburt, Schlüssel und Ordnungsnummer der gesetzlichen Vertreter,
22.
Tag der letzten Eheschließung oder Begründung der letzten eingetragenen Lebenspartnerschaft,
23.
Tag der Auflösung der letzten Ehe oder letzten eingetragenen Lebenspartnerschaft,
24.
Anschrift des Wohnungsgebers,
25.
Information über freiwillige Anmeldung im Melderegister,
26.
Übermittlungssperre nebst Grund der Übermittlungssperre,
27.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft.

(2) Die Meldebehörden übermitteln die Daten nach Absatz 1:

1.
zum Stichtag 1. November 2010,
2.
zum Berichtszeitpunkt,
3.
zum Stichtag 9. August 2011
jeweils innerhalb von vier Wochen nach den genannten Zeitpunkten.

(3) Für die in das Ausland entsandten

1.
Angehörigen der Bundeswehr,
2.
Personen, die für die Bundeswehr tätig sind,
3.
Angehörigen der Polizeibehörden,
4.
Angehörigen des Auswärtigen Dienstes mit Ausnahme der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen
sowie für ihre dort ansässigen in Deutschland nicht gemeldeten Familienangehörigen sind dem Statistischen Bundesamt innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt elektronisch folgende personenbezogene Daten zu übermitteln:
1.
Familienname, frühere Namen, Vornamen,
2.
Geschlecht,
3.
Tag der Geburt,
4.
Staat des gegenwärtigen Aufenthalts,
5.
Tag des Beginns des Auslandsaufenthaltes seit Versetzung aus dem Inland.

(4) Für die Übermittlung der Angaben nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2 ist das Bundesministerium der Verteidigung zuständig, für die Angaben nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 das Bundesministerium des Innern und für die Angaben nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 4 das Auswärtige Amt.

(5) Die nach Absatz 2 Nummer 1 übermittelten Daten werden als Hilfsmerkmale für die Durchführung des Zensus erfasst.

(6) Von den nach Absatz 2 Nummer 2 und 3 übermittelten Daten werden die Daten nach Absatz 1 Nummer 4 und 5 (Angabe des Monats und des Jahres aus dem Merkmal Tag der Geburt), 7 bis 12 sowie 15 bis 19 als Erhebungsmerkmale und die nach Absatz 1 Nummer 1 bis 3, 5 (Angabe des Tages aus dem Merkmal Tag der Geburt), 6, 13, 14 sowie 20 bis 26 als Hilfsmerkmale erfasst.

(7) Die statistischen Ämter der Länder übermitteln dem Statistischen Bundesamt die Daten nach Absatz 1 nach Abschluss der Vollzähligkeits- und Vollständigkeitsüberprüfung jeweils spätestens acht Wochen nach den in Absatz 2 genannten Zeitpunkten.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Das Statistische Bundesamt prüft anhand der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten, ob Personen für mehr als eine alleinige Wohnung oder Hauptwohnung (Mehrfachfälle) oder nur für Nebenwohnungen gemeldet sind.

(2) Mehrfachfälle in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern werden vom Statistischen Bundesamt maschinell bereinigt. Maßgebliche Entscheidungskriterien sind dabei die Einzugsdaten der betroffenen Person. Der sich daraus ergebende Datenbestand bildet die Grundlage für die Zusammenführungen nach § 9 Absatz 1 sowie für die Feststellung von Über- und Untererfassungen nach § 9 Absatz 2. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für alle Personen, die nur mit Nebenwohnungen gemeldet sind und für Personen mit mehr als einer alleinigen Wohnung oder Hauptwohnung, die in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern gemeldet sind, stellen die statistischen Ämter der Länder den Wohnungsstatus zum Berichtszeitpunkt fest. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(4) Zur Feststellung des Wohnungsstatus nach Absatz 3 erheben die statistischen Ämter der Länder bei den betroffenen Personen folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Wohnungsstatus der betroffenen Person in Bezug auf jede Anschrift,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort,
d)
Anschriften aller Haupt- und Nebenwohnungen der betroffenen Person.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Das Statistische Bundesamt prüft anhand der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten, ob Personen für mehr als eine alleinige Wohnung oder Hauptwohnung (Mehrfachfälle) oder nur für Nebenwohnungen gemeldet sind.

(2) Mehrfachfälle in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern werden vom Statistischen Bundesamt maschinell bereinigt. Maßgebliche Entscheidungskriterien sind dabei die Einzugsdaten der betroffenen Person. Der sich daraus ergebende Datenbestand bildet die Grundlage für die Zusammenführungen nach § 9 Absatz 1 sowie für die Feststellung von Über- und Untererfassungen nach § 9 Absatz 2. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für alle Personen, die nur mit Nebenwohnungen gemeldet sind und für Personen mit mehr als einer alleinigen Wohnung oder Hauptwohnung, die in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern gemeldet sind, stellen die statistischen Ämter der Länder den Wohnungsstatus zum Berichtszeitpunkt fest. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(4) Zur Feststellung des Wohnungsstatus nach Absatz 3 erheben die statistischen Ämter der Länder bei den betroffenen Personen folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Wohnungsstatus der betroffenen Person in Bezug auf jede Anschrift,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort,
d)
Anschriften aller Haupt- und Nebenwohnungen der betroffenen Person.

(1) Die Hilfsmerkmale sind von den Erhebungsmerkmalen zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu trennen und gesondert aufzubewahren. Sie sind, soweit sich nicht aus § 22 Absatz 2 und § 23 etwas anderes ergibt, zu löschen, sobald bei den statistischen Ämtern die Überprüfung der Erhebungs- und Hilfsmerkmale auf ihre Schlüssigkeit und Vollständigkeit abgeschlossen ist. Sie sind spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu löschen.

(2) Die Erhebungsunterlagen sind nach Abschluss der Aufbereitung des Zensus, spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu vernichten.

(1) Hilfsmerkmale sind, soweit Absatz 2, § 10 Absatz 2, § 13 oder eine sonstige Rechtsvorschrift nichts anderes bestimmen, zu löschen, sobald bei den statistischen Ämtern die Überprüfung der Erhebungs- und Hilfsmerkmale auf ihre Schlüssigkeit und Vollständigkeit abgeschlossen ist. Sie sind von den Erhebungsmerkmalen zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu trennen und gesondert aufzubewahren oder gesondert zu speichern.

(2) Bei periodischen Erhebungen für Zwecke der Bundesstatistik dürfen die zur Bestimmung des Kreises der zu Befragenden erforderlichen Hilfsmerkmale, soweit sie für nachfolgende Erhebungen benötigt werden, gesondert aufbewahrt oder gesondert gespeichert werden. Nach Beendigung des Zeitraumes der wiederkehrenden Erhebungen sind sie zu löschen.

(1) Die statistischen Ämter der Länder stellen für alle Anschriften mit Sonderbereichen die dort wohnenden Personen fest. Dafür werden für jede dort wohnende Person folgende Daten erhoben:

1.
als Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Tag des Bezugs der Wohnung oder des Beginns der Unterbringung,
f)
Geburtsstaat,
g)
ob die Person unter der Anschrift in einem Haushalt nach § 2 Absatz 1 Satz 4 bis 6 lebt,
h)
Wohnungsstatus,
2.
als Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort.

(2) Für die nach Absatz 1 festgestellten Personen findet ein Abgleich mit den nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten statt. Die statistischen Ämter der Länder klären anhand der Merkmale nach § 8 Absatz 1, an welchem Ort die Personen mit Haupt- und Nebenwohnung zu zählen sind. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für Personen in Sonderbereichen, die nicht in einem Haushalt nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe g wohnen, werden die Hilfsmerkmale nach Absatz 1 Nummer 2 nach erfolgtem Abgleich unverzüglich gelöscht.

(4) In sensiblen Sonderbereichen werden bei der Gebäude- und Wohnungszählung nur die Erhebungsmerkmale nach § 6 Absatz 2 und als Hilfsmerkmale die Familiennamen, die Vornamen, die Anschriften und die Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen erhoben.

(5) In sensiblen Sonderbereichen darf keine Haushaltsstichprobe nach § 7 durchgeführt werden. In den übrigen nach § 7 ausgewählten Sonderbereichen werden die dort wohnenden Personen zu den Merkmalen nach § 7 Absatz 4 und 5 befragt.

(1) Zur Aktualisierung des Anschriften- und Gebäuderegisters nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 vom 8. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2808) sowie zur Vorbereitung und Durchführung des Zensus übermitteln die Meldebehörden den statistischen Ämtern der Länder für jede gemeldete Person elektronisch die folgenden Daten:

1.
Ordnungsnummer im Melderegister,
2.
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
3.
Straße, Straßenschlüssel, Hausnummer und Anschriftenzusätze,
4.
Wohnort, Postleitzahl und amtlicher Gemeindeschlüssel,
5.
Tag der Geburt,
6.
Standesamt und Nummer des Geburtseintrags,
7.
Geburtsort einschließlich erläuternder Zugehörigkeitsbezeichnungen,
8.
bei im Ausland Geborenen: Geburtsstaat,
9.
Geschlecht,
10.
Staatsangehörigkeiten,
11.
Familienstand,
12.
Wohnungsstatus (alleinige Wohnung, Haupt- oder Nebenwohnung),
13.
Anschrift und Wohnungsstatus in der Gemeinde, aus der die Person zugezogen ist,
14.
Anschrift der zuletzt bewohnten Wohnung in der Gemeinde,
15.
Tag des Beziehens der Wohnung,
16.
Tag des Zuzugs in die Gemeinde,
17.
Herkunftsstaat bei Zuzug aus dem Ausland,
18.
Tag der Anmeldung bei der Meldebehörde,
19.
Tag des Wohnungsstatuswechsels,
20.
Familienname, frühere Namen, Vornamen, Tag der Geburt und Ordnungsnummer des Ehegatten oder des eingetragenen Lebenspartners oder der eingetragenen Lebenspartnerin,
21.
Familienname, frühere Namen, Vornamen, Tag der Geburt und Ordnungsnummer der minderjährigen Kinder sowie Familienname, Vornamen, Tag der Geburt, Schlüssel und Ordnungsnummer der gesetzlichen Vertreter,
22.
Tag der letzten Eheschließung oder Begründung der letzten eingetragenen Lebenspartnerschaft,
23.
Tag der Auflösung der letzten Ehe oder letzten eingetragenen Lebenspartnerschaft,
24.
Anschrift des Wohnungsgebers,
25.
Information über freiwillige Anmeldung im Melderegister,
26.
Übermittlungssperre nebst Grund der Übermittlungssperre,
27.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft.

(2) Die Meldebehörden übermitteln die Daten nach Absatz 1:

1.
zum Stichtag 1. November 2010,
2.
zum Berichtszeitpunkt,
3.
zum Stichtag 9. August 2011
jeweils innerhalb von vier Wochen nach den genannten Zeitpunkten.

(3) Für die in das Ausland entsandten

1.
Angehörigen der Bundeswehr,
2.
Personen, die für die Bundeswehr tätig sind,
3.
Angehörigen der Polizeibehörden,
4.
Angehörigen des Auswärtigen Dienstes mit Ausnahme der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen
sowie für ihre dort ansässigen in Deutschland nicht gemeldeten Familienangehörigen sind dem Statistischen Bundesamt innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt elektronisch folgende personenbezogene Daten zu übermitteln:
1.
Familienname, frühere Namen, Vornamen,
2.
Geschlecht,
3.
Tag der Geburt,
4.
Staat des gegenwärtigen Aufenthalts,
5.
Tag des Beginns des Auslandsaufenthaltes seit Versetzung aus dem Inland.

(4) Für die Übermittlung der Angaben nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2 ist das Bundesministerium der Verteidigung zuständig, für die Angaben nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 das Bundesministerium des Innern und für die Angaben nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 4 das Auswärtige Amt.

(5) Die nach Absatz 2 Nummer 1 übermittelten Daten werden als Hilfsmerkmale für die Durchführung des Zensus erfasst.

(6) Von den nach Absatz 2 Nummer 2 und 3 übermittelten Daten werden die Daten nach Absatz 1 Nummer 4 und 5 (Angabe des Monats und des Jahres aus dem Merkmal Tag der Geburt), 7 bis 12 sowie 15 bis 19 als Erhebungsmerkmale und die nach Absatz 1 Nummer 1 bis 3, 5 (Angabe des Tages aus dem Merkmal Tag der Geburt), 6, 13, 14 sowie 20 bis 26 als Hilfsmerkmale erfasst.

(7) Die statistischen Ämter der Länder übermitteln dem Statistischen Bundesamt die Daten nach Absatz 1 nach Abschluss der Vollzähligkeits- und Vollständigkeitsüberprüfung jeweils spätestens acht Wochen nach den in Absatz 2 genannten Zeitpunkten.

(1) Zur Durchführung des Zensus führen die statistischen Ämter der Länder zum Berichtszeitpunkt eine Gebäude- und Wohnungszählung als schriftliche Befragung durch.

(2) Erhebungsmerkmale sind:

1.
für Gebäude:
a)
Gemeinde, Postleitzahl und amtlicher Gemeindeschlüssel,
b)
Art des Gebäudes,
c)
Eigentumsverhältnisse,
d)
Gebäudetyp,
e)
Baujahr,
f)
Heizungsart,
g)
Zahl der Wohnungen,
2.
für Wohnungen:
a)
Art der Nutzung,
b)
Eigentumsverhältnisse,
c)
Wohnung nicht meldepflichtiger Personen, soweit bekannt,
d)
Fläche der Wohnung,
e)
WC,
f)
Badewanne oder Dusche,
g)
Zahl der Räume.

(3) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname, frühere Namen, Vornamen und Anschrift der Auskunftspflichtigen,
2.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen Person, die für Rückfragen zur Verfügung steht,
3.
Namen und Vornamen von bis zu zwei Wohnungsnutzern je Wohnung,
4.
soweit bekannt: Zahl der Bewohner je Wohnung,
5.
Straße, Hausnummer und Anschriftenzusätze der Wohnung.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Das Statistische Bundesamt prüft anhand der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten, ob Personen für mehr als eine alleinige Wohnung oder Hauptwohnung (Mehrfachfälle) oder nur für Nebenwohnungen gemeldet sind.

(2) Mehrfachfälle in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern werden vom Statistischen Bundesamt maschinell bereinigt. Maßgebliche Entscheidungskriterien sind dabei die Einzugsdaten der betroffenen Person. Der sich daraus ergebende Datenbestand bildet die Grundlage für die Zusammenführungen nach § 9 Absatz 1 sowie für die Feststellung von Über- und Untererfassungen nach § 9 Absatz 2. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für alle Personen, die nur mit Nebenwohnungen gemeldet sind und für Personen mit mehr als einer alleinigen Wohnung oder Hauptwohnung, die in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern gemeldet sind, stellen die statistischen Ämter der Länder den Wohnungsstatus zum Berichtszeitpunkt fest. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(4) Zur Feststellung des Wohnungsstatus nach Absatz 3 erheben die statistischen Ämter der Länder bei den betroffenen Personen folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Wohnungsstatus der betroffenen Person in Bezug auf jede Anschrift,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort,
d)
Anschriften aller Haupt- und Nebenwohnungen der betroffenen Person.

Die statistischen Ämter der Länder bereinigen Unstimmigkeiten, die in Bezug auf Anschriften mit nur einer bewohnten Wohnung in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern bestehen. Dazu erheben sie an den betroffenen Anschriften für jede dort wohnende Person folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Wohnungsstatus,
e)
Staatsangehörigkeiten,
f)
Zahl der in der Wohnung wohnhaften Personen,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Anschrift.

(1) Führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, so regeln sie die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren. Wenn Bundesgesetze etwas anderes bestimmen, können die Länder davon abweichende Regelungen treffen. Hat ein Land eine abweichende Regelung nach Satz 2 getroffen, treten in diesem Land hierauf bezogene spätere bundesgesetzliche Regelungen der Einrichtung der Behörden und des Verwaltungsverfahrens frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Artikel 72 Abs. 3 Satz 3 gilt entsprechend. In Ausnahmefällen kann der Bund wegen eines besonderen Bedürfnisses nach bundeseinheitlicher Regelung das Verwaltungsverfahren ohne Abweichungsmöglichkeit für die Länder regeln. Diese Gesetze bedürfen der Zustimmung des Bundesrates. Durch Bundesgesetz dürfen Gemeinden und Gemeindeverbänden Aufgaben nicht übertragen werden.

(2) Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen.

(3) Die Bundesregierung übt die Aufsicht darüber aus, daß die Länder die Bundesgesetze dem geltenden Rechte gemäß ausführen. Die Bundesregierung kann zu diesem Zwecke Beauftragte zu den obersten Landesbehörden entsenden, mit deren Zustimmung und, falls diese Zustimmung versagt wird, mit Zustimmung des Bundesrates auch zu den nachgeordneten Behörden.

(4) Werden Mängel, die die Bundesregierung bei der Ausführung der Bundesgesetze in den Ländern festgestellt hat, nicht beseitigt, so beschließt auf Antrag der Bundesregierung oder des Landes der Bundesrat, ob das Land das Recht verletzt hat. Gegen den Beschluß des Bundesrates kann das Bundesverfassungsgericht angerufen werden.

(5) Der Bundesregierung kann durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zur Ausführung von Bundesgesetzen die Befugnis verliehen werden, für besondere Fälle Einzelweisungen zu erteilen. Sie sind, außer wenn die Bundesregierung den Fall für dringlich erachtet, an die obersten Landesbehörden zu richten.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, daß eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.

(2) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung, Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers über Grundsätze und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Postwesens und der Telekommunikation, über die Grundsätze der Erhebung des Entgelts für die Benutzung der Einrichtungen der Eisenbahnen des Bundes, über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, sowie Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen oder die von den Ländern im Auftrage des Bundes oder als eigene Angelegenheit ausgeführt werden.

(3) Der Bundesrat kann der Bundesregierung Vorlagen für den Erlaß von Rechtsverordnungen zuleiten, die seiner Zustimmung bedürfen.

(4) Soweit durch Bundesgesetz oder auf Grund von Bundesgesetzen Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, sind die Länder zu einer Regelung auch durch Gesetz befugt.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Das Statistische Bundesamt erstellt und führt zur Vorbereitung des Zensus ein Anschriften- und Gebäuderegister. Die nach Landesrecht für die Durchführung der Bundesstatistiken zuständigen Stellen (statistische Ämter der Länder) wirken bei Aufbau und Pflege des Anschriften- und Gebäuderegisters mit und nutzen es für die Vorbereitung des Zensus.

(2) Das Anschriften- und Gebäuderegister dient

1.
der Steuerung des Ablaufs der Gebäude- und Wohnungszählung sowie der Ablaufkontrolle aller primärstatistischen Erhebungen des Zensus,
2.
zur Vorbereitung und als Auswahlgrundlage für die beim Zensus vorgesehenen Stichprobenerhebungen,
3.
dazu, die Erhebungen für den Zensus zu koordinieren, im Rahmen der Durchführung des Zensus die aus verschiedenen Quellen stammenden Daten zusammenzuführen und die in den Zensus einzubeziehenden Gebäude, Wohnungen und Personen auf Vollzähligkeit zu prüfen,
4.
der Entwicklung eines Systems der raumbezogenen Analysen und Darstellungen von statistischen Ergebnissen und der Schaffung einer Grundlage für eine kleinräumige Auswertung des Zensus.

(3) Im Anschriften- und Gebäuderegister werden zu jeder Wohnanschrift folgende Angaben gespeichert:

1.
Ordnungsnummer,
2.
Postleitzahl,
3.
Ort oder Gemeinde,
4.
Ortsteil oder Gemeindeteil,
5.
Straße,
6.
Hausnummer,
7.
Anschriftenzusatz,
8.
Lage des Gebäudes,
9.
Amtlicher Gemeindeschlüssel,
10.
Schlüssel des Orts- oder Gemeindeteils,
11.
Schlüssel der Straße,
12.
Gemeindeeigener Schlüssel der Straße,
13.
Koordinatenwerte einschließlich Qualitätskennzeichen,
14.
Gemeindegrößenklasse,
15.
Gebäudefunktion,
16.
Gebäudestatus,
17.
Anzahl der Wohnungen,
18.
Anzahl bewohnter Wohnungen,
19.
Personenzahl Hauptwohnung je Anschrift,
20.
Personenzahl Nebenwohnung je Anschrift,
21.
Anzahl der Deutschen je Anschrift,
22.
Anzahl der Ausländer je Anschrift,
23.
Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten je Anschrift,
24.
Anzahl der Arbeitslosen je Anschrift,
25.
Kennzeichnung der Erhebungsstelle,
26.
Stichprobenkennzeichen,
27.
Anzahl unterschiedlicher Familiennamen je Anschrift,
28.
Fluktuationsrate je Anschrift,
für Sondergebäude zusätzlich:
29.
Art der Einrichtung,
30.
Name und Anschriften der Träger, Eigentümer oder Verwalter der Unterkunft,
31.
Erhebungsverfahren bei Sondergebäuden,
Auskunftspflichtige für die Gebäude- und Wohnungszählung:
32.
Familienname und Vornamen oder Bezeichnung und
33.
Anschrift der jeweiligen Eigentümer, Erbbauberechtigten, Verwalter oder sonstigen Verfügungsberechtigten der Gebäude und Wohnungen.

(4) Das Anschriften- und Gebäuderegister muss für die Durchführung des Zensus spätestens ab dem 31. Dezember 2010 nutzbar sein.

(1) Die statistischen Ämter der Länder stellen für alle Anschriften mit Sonderbereichen die dort wohnenden Personen fest. Dafür werden für jede dort wohnende Person folgende Daten erhoben:

1.
als Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Tag des Bezugs der Wohnung oder des Beginns der Unterbringung,
f)
Geburtsstaat,
g)
ob die Person unter der Anschrift in einem Haushalt nach § 2 Absatz 1 Satz 4 bis 6 lebt,
h)
Wohnungsstatus,
2.
als Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort.

(2) Für die nach Absatz 1 festgestellten Personen findet ein Abgleich mit den nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten statt. Die statistischen Ämter der Länder klären anhand der Merkmale nach § 8 Absatz 1, an welchem Ort die Personen mit Haupt- und Nebenwohnung zu zählen sind. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für Personen in Sonderbereichen, die nicht in einem Haushalt nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe g wohnen, werden die Hilfsmerkmale nach Absatz 1 Nummer 2 nach erfolgtem Abgleich unverzüglich gelöscht.

(4) In sensiblen Sonderbereichen werden bei der Gebäude- und Wohnungszählung nur die Erhebungsmerkmale nach § 6 Absatz 2 und als Hilfsmerkmale die Familiennamen, die Vornamen, die Anschriften und die Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen erhoben.

(5) In sensiblen Sonderbereichen darf keine Haushaltsstichprobe nach § 7 durchgeführt werden. In den übrigen nach § 7 ausgewählten Sonderbereichen werden die dort wohnenden Personen zu den Merkmalen nach § 7 Absatz 4 und 5 befragt.

(1) Das Statistische Bundesamt legt den bundesweiten Stichprobenplan fest, zieht die Stichproben nach § 7 Absatz 3 des Zensusgesetzes 2011 bundesweit jeweils am gleichen Datum und dokumentiert das Auswahlverfahren sowie die einbezogenen Anschriften.

(2) Bei der Erstellung des Stichprobenplans und bei der Stichprobenziehung sind die Qualitätsvorgaben aus dem vom Statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsprojekt zur Entwicklung des Stichprobenverfahrens zu berücksichtigen.

(3) Für den Stichprobenplan und die Stichprobenziehung ist Folgendes maßgebend:

1.
Auswahlgrundlage ist der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum in dem nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 vom 8. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2808) erstellten Anschriften- und Gebäuderegister. Die Stichprobenziehung erfolgt mit Stand vom 1. September 2010. Für Anschriften mit Wohnraum, die zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt des Zensus 2011 (9. Mai 2011) neu in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen werden, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen.
2.
Der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum ist regional nach Erhebungsgebieten zu gliedern. Erhebungsgebiete sind Gemeinden mit mindestens10 000Einwohnern, in Städten mit mindestens400 000Einwohnern auch Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern und die auf der Kreisebene zusammengefassten Gemeinden unter10 000Einwohnern.
3.
Für jedes Erhebungsgebiet ist der jeweilige Anschriftenbestand zunächst aufsteigend nach der Zahl der an der Anschrift mit alleinigem Wohnsitz oder mit Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldeten Personen zu ordnen und anschließend in acht überschneidungsfreie Schichten mit etwa der gleichen Anzahl an Personen zu gliedern. Für Anschriften mit Sonderbereichen nach § 8 Absatz 5 Satz 2 des Zensusgesetzes 2011 wird zusätzlich eine eigene Schicht gebildet.
4.
Innerhalb der Schichten werden die Anschriften nach einem mathematischen Zufallsverfahren ausgewählt.
5.
Das Stichprobenverfahren wird so ausgerichtet, dass für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern die gleiche Auswahlwahrscheinlichkeit für alle Anschriften und Personen gegeben ist.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Das Statistische Bundesamt legt den bundesweiten Stichprobenplan fest, zieht die Stichproben nach § 7 Absatz 3 des Zensusgesetzes 2011 bundesweit jeweils am gleichen Datum und dokumentiert das Auswahlverfahren sowie die einbezogenen Anschriften.

(2) Bei der Erstellung des Stichprobenplans und bei der Stichprobenziehung sind die Qualitätsvorgaben aus dem vom Statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsprojekt zur Entwicklung des Stichprobenverfahrens zu berücksichtigen.

(3) Für den Stichprobenplan und die Stichprobenziehung ist Folgendes maßgebend:

1.
Auswahlgrundlage ist der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum in dem nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 vom 8. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2808) erstellten Anschriften- und Gebäuderegister. Die Stichprobenziehung erfolgt mit Stand vom 1. September 2010. Für Anschriften mit Wohnraum, die zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt des Zensus 2011 (9. Mai 2011) neu in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen werden, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen.
2.
Der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum ist regional nach Erhebungsgebieten zu gliedern. Erhebungsgebiete sind Gemeinden mit mindestens10 000Einwohnern, in Städten mit mindestens400 000Einwohnern auch Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern und die auf der Kreisebene zusammengefassten Gemeinden unter10 000Einwohnern.
3.
Für jedes Erhebungsgebiet ist der jeweilige Anschriftenbestand zunächst aufsteigend nach der Zahl der an der Anschrift mit alleinigem Wohnsitz oder mit Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldeten Personen zu ordnen und anschließend in acht überschneidungsfreie Schichten mit etwa der gleichen Anzahl an Personen zu gliedern. Für Anschriften mit Sonderbereichen nach § 8 Absatz 5 Satz 2 des Zensusgesetzes 2011 wird zusätzlich eine eigene Schicht gebildet.
4.
Innerhalb der Schichten werden die Anschriften nach einem mathematischen Zufallsverfahren ausgewählt.
5.
Das Stichprobenverfahren wird so ausgerichtet, dass für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern die gleiche Auswahlwahrscheinlichkeit für alle Anschriften und Personen gegeben ist.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Das Statistische Bundesamt legt den bundesweiten Stichprobenplan fest, zieht die Stichproben nach § 7 Absatz 3 des Zensusgesetzes 2011 bundesweit jeweils am gleichen Datum und dokumentiert das Auswahlverfahren sowie die einbezogenen Anschriften.

(2) Bei der Erstellung des Stichprobenplans und bei der Stichprobenziehung sind die Qualitätsvorgaben aus dem vom Statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsprojekt zur Entwicklung des Stichprobenverfahrens zu berücksichtigen.

(3) Für den Stichprobenplan und die Stichprobenziehung ist Folgendes maßgebend:

1.
Auswahlgrundlage ist der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum in dem nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 vom 8. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2808) erstellten Anschriften- und Gebäuderegister. Die Stichprobenziehung erfolgt mit Stand vom 1. September 2010. Für Anschriften mit Wohnraum, die zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt des Zensus 2011 (9. Mai 2011) neu in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen werden, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen.
2.
Der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum ist regional nach Erhebungsgebieten zu gliedern. Erhebungsgebiete sind Gemeinden mit mindestens10 000Einwohnern, in Städten mit mindestens400 000Einwohnern auch Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern und die auf der Kreisebene zusammengefassten Gemeinden unter10 000Einwohnern.
3.
Für jedes Erhebungsgebiet ist der jeweilige Anschriftenbestand zunächst aufsteigend nach der Zahl der an der Anschrift mit alleinigem Wohnsitz oder mit Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldeten Personen zu ordnen und anschließend in acht überschneidungsfreie Schichten mit etwa der gleichen Anzahl an Personen zu gliedern. Für Anschriften mit Sonderbereichen nach § 8 Absatz 5 Satz 2 des Zensusgesetzes 2011 wird zusätzlich eine eigene Schicht gebildet.
4.
Innerhalb der Schichten werden die Anschriften nach einem mathematischen Zufallsverfahren ausgewählt.
5.
Das Stichprobenverfahren wird so ausgerichtet, dass für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern die gleiche Auswahlwahrscheinlichkeit für alle Anschriften und Personen gegeben ist.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

Die Länder führen die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt oder zuläßt.

(1) Das Statistische Bundesamt erstellt und führt zur Vorbereitung des Zensus ein Anschriften- und Gebäuderegister. Die nach Landesrecht für die Durchführung der Bundesstatistiken zuständigen Stellen (statistische Ämter der Länder) wirken bei Aufbau und Pflege des Anschriften- und Gebäuderegisters mit und nutzen es für die Vorbereitung des Zensus.

(2) Das Anschriften- und Gebäuderegister dient

1.
der Steuerung des Ablaufs der Gebäude- und Wohnungszählung sowie der Ablaufkontrolle aller primärstatistischen Erhebungen des Zensus,
2.
zur Vorbereitung und als Auswahlgrundlage für die beim Zensus vorgesehenen Stichprobenerhebungen,
3.
dazu, die Erhebungen für den Zensus zu koordinieren, im Rahmen der Durchführung des Zensus die aus verschiedenen Quellen stammenden Daten zusammenzuführen und die in den Zensus einzubeziehenden Gebäude, Wohnungen und Personen auf Vollzähligkeit zu prüfen,
4.
der Entwicklung eines Systems der raumbezogenen Analysen und Darstellungen von statistischen Ergebnissen und der Schaffung einer Grundlage für eine kleinräumige Auswertung des Zensus.

(3) Im Anschriften- und Gebäuderegister werden zu jeder Wohnanschrift folgende Angaben gespeichert:

1.
Ordnungsnummer,
2.
Postleitzahl,
3.
Ort oder Gemeinde,
4.
Ortsteil oder Gemeindeteil,
5.
Straße,
6.
Hausnummer,
7.
Anschriftenzusatz,
8.
Lage des Gebäudes,
9.
Amtlicher Gemeindeschlüssel,
10.
Schlüssel des Orts- oder Gemeindeteils,
11.
Schlüssel der Straße,
12.
Gemeindeeigener Schlüssel der Straße,
13.
Koordinatenwerte einschließlich Qualitätskennzeichen,
14.
Gemeindegrößenklasse,
15.
Gebäudefunktion,
16.
Gebäudestatus,
17.
Anzahl der Wohnungen,
18.
Anzahl bewohnter Wohnungen,
19.
Personenzahl Hauptwohnung je Anschrift,
20.
Personenzahl Nebenwohnung je Anschrift,
21.
Anzahl der Deutschen je Anschrift,
22.
Anzahl der Ausländer je Anschrift,
23.
Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten je Anschrift,
24.
Anzahl der Arbeitslosen je Anschrift,
25.
Kennzeichnung der Erhebungsstelle,
26.
Stichprobenkennzeichen,
27.
Anzahl unterschiedlicher Familiennamen je Anschrift,
28.
Fluktuationsrate je Anschrift,
für Sondergebäude zusätzlich:
29.
Art der Einrichtung,
30.
Name und Anschriften der Träger, Eigentümer oder Verwalter der Unterkunft,
31.
Erhebungsverfahren bei Sondergebäuden,
Auskunftspflichtige für die Gebäude- und Wohnungszählung:
32.
Familienname und Vornamen oder Bezeichnung und
33.
Anschrift der jeweiligen Eigentümer, Erbbauberechtigten, Verwalter oder sonstigen Verfügungsberechtigten der Gebäude und Wohnungen.

(4) Das Anschriften- und Gebäuderegister muss für die Durchführung des Zensus spätestens ab dem 31. Dezember 2010 nutzbar sein.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Das Statistische Bundesamt legt den bundesweiten Stichprobenplan fest, zieht die Stichproben nach § 7 Absatz 3 des Zensusgesetzes 2011 bundesweit jeweils am gleichen Datum und dokumentiert das Auswahlverfahren sowie die einbezogenen Anschriften.

(2) Bei der Erstellung des Stichprobenplans und bei der Stichprobenziehung sind die Qualitätsvorgaben aus dem vom Statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsprojekt zur Entwicklung des Stichprobenverfahrens zu berücksichtigen.

(3) Für den Stichprobenplan und die Stichprobenziehung ist Folgendes maßgebend:

1.
Auswahlgrundlage ist der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum in dem nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 vom 8. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2808) erstellten Anschriften- und Gebäuderegister. Die Stichprobenziehung erfolgt mit Stand vom 1. September 2010. Für Anschriften mit Wohnraum, die zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt des Zensus 2011 (9. Mai 2011) neu in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen werden, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen.
2.
Der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum ist regional nach Erhebungsgebieten zu gliedern. Erhebungsgebiete sind Gemeinden mit mindestens10 000Einwohnern, in Städten mit mindestens400 000Einwohnern auch Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern und die auf der Kreisebene zusammengefassten Gemeinden unter10 000Einwohnern.
3.
Für jedes Erhebungsgebiet ist der jeweilige Anschriftenbestand zunächst aufsteigend nach der Zahl der an der Anschrift mit alleinigem Wohnsitz oder mit Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldeten Personen zu ordnen und anschließend in acht überschneidungsfreie Schichten mit etwa der gleichen Anzahl an Personen zu gliedern. Für Anschriften mit Sonderbereichen nach § 8 Absatz 5 Satz 2 des Zensusgesetzes 2011 wird zusätzlich eine eigene Schicht gebildet.
4.
Innerhalb der Schichten werden die Anschriften nach einem mathematischen Zufallsverfahren ausgewählt.
5.
Das Stichprobenverfahren wird so ausgerichtet, dass für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern die gleiche Auswahlwahrscheinlichkeit für alle Anschriften und Personen gegeben ist.

(1) Die statistischen Ämter der Länder stellen für alle Anschriften mit Sonderbereichen die dort wohnenden Personen fest. Dafür werden für jede dort wohnende Person folgende Daten erhoben:

1.
als Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Tag des Bezugs der Wohnung oder des Beginns der Unterbringung,
f)
Geburtsstaat,
g)
ob die Person unter der Anschrift in einem Haushalt nach § 2 Absatz 1 Satz 4 bis 6 lebt,
h)
Wohnungsstatus,
2.
als Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort.

(2) Für die nach Absatz 1 festgestellten Personen findet ein Abgleich mit den nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten statt. Die statistischen Ämter der Länder klären anhand der Merkmale nach § 8 Absatz 1, an welchem Ort die Personen mit Haupt- und Nebenwohnung zu zählen sind. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für Personen in Sonderbereichen, die nicht in einem Haushalt nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe g wohnen, werden die Hilfsmerkmale nach Absatz 1 Nummer 2 nach erfolgtem Abgleich unverzüglich gelöscht.

(4) In sensiblen Sonderbereichen werden bei der Gebäude- und Wohnungszählung nur die Erhebungsmerkmale nach § 6 Absatz 2 und als Hilfsmerkmale die Familiennamen, die Vornamen, die Anschriften und die Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen erhoben.

(5) In sensiblen Sonderbereichen darf keine Haushaltsstichprobe nach § 7 durchgeführt werden. In den übrigen nach § 7 ausgewählten Sonderbereichen werden die dort wohnenden Personen zu den Merkmalen nach § 7 Absatz 4 und 5 befragt.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Die statistischen Ämter der Länder stellen für alle Anschriften mit Sonderbereichen die dort wohnenden Personen fest. Dafür werden für jede dort wohnende Person folgende Daten erhoben:

1.
als Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Tag des Bezugs der Wohnung oder des Beginns der Unterbringung,
f)
Geburtsstaat,
g)
ob die Person unter der Anschrift in einem Haushalt nach § 2 Absatz 1 Satz 4 bis 6 lebt,
h)
Wohnungsstatus,
2.
als Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort.

(2) Für die nach Absatz 1 festgestellten Personen findet ein Abgleich mit den nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten statt. Die statistischen Ämter der Länder klären anhand der Merkmale nach § 8 Absatz 1, an welchem Ort die Personen mit Haupt- und Nebenwohnung zu zählen sind. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für Personen in Sonderbereichen, die nicht in einem Haushalt nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe g wohnen, werden die Hilfsmerkmale nach Absatz 1 Nummer 2 nach erfolgtem Abgleich unverzüglich gelöscht.

(4) In sensiblen Sonderbereichen werden bei der Gebäude- und Wohnungszählung nur die Erhebungsmerkmale nach § 6 Absatz 2 und als Hilfsmerkmale die Familiennamen, die Vornamen, die Anschriften und die Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen erhoben.

(5) In sensiblen Sonderbereichen darf keine Haushaltsstichprobe nach § 7 durchgeführt werden. In den übrigen nach § 7 ausgewählten Sonderbereichen werden die dort wohnenden Personen zu den Merkmalen nach § 7 Absatz 4 und 5 befragt.

(1) Das Statistische Bundesamt legt den bundesweiten Stichprobenplan fest, zieht die Stichproben nach § 7 Absatz 3 des Zensusgesetzes 2011 bundesweit jeweils am gleichen Datum und dokumentiert das Auswahlverfahren sowie die einbezogenen Anschriften.

(2) Bei der Erstellung des Stichprobenplans und bei der Stichprobenziehung sind die Qualitätsvorgaben aus dem vom Statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsprojekt zur Entwicklung des Stichprobenverfahrens zu berücksichtigen.

(3) Für den Stichprobenplan und die Stichprobenziehung ist Folgendes maßgebend:

1.
Auswahlgrundlage ist der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum in dem nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 vom 8. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2808) erstellten Anschriften- und Gebäuderegister. Die Stichprobenziehung erfolgt mit Stand vom 1. September 2010. Für Anschriften mit Wohnraum, die zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt des Zensus 2011 (9. Mai 2011) neu in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen werden, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen.
2.
Der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum ist regional nach Erhebungsgebieten zu gliedern. Erhebungsgebiete sind Gemeinden mit mindestens10 000Einwohnern, in Städten mit mindestens400 000Einwohnern auch Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern und die auf der Kreisebene zusammengefassten Gemeinden unter10 000Einwohnern.
3.
Für jedes Erhebungsgebiet ist der jeweilige Anschriftenbestand zunächst aufsteigend nach der Zahl der an der Anschrift mit alleinigem Wohnsitz oder mit Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldeten Personen zu ordnen und anschließend in acht überschneidungsfreie Schichten mit etwa der gleichen Anzahl an Personen zu gliedern. Für Anschriften mit Sonderbereichen nach § 8 Absatz 5 Satz 2 des Zensusgesetzes 2011 wird zusätzlich eine eigene Schicht gebildet.
4.
Innerhalb der Schichten werden die Anschriften nach einem mathematischen Zufallsverfahren ausgewählt.
5.
Das Stichprobenverfahren wird so ausgerichtet, dass für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern die gleiche Auswahlwahrscheinlichkeit für alle Anschriften und Personen gegeben ist.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Das Statistische Bundesamt prüft anhand der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten, ob Personen für mehr als eine alleinige Wohnung oder Hauptwohnung (Mehrfachfälle) oder nur für Nebenwohnungen gemeldet sind.

(2) Mehrfachfälle in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern werden vom Statistischen Bundesamt maschinell bereinigt. Maßgebliche Entscheidungskriterien sind dabei die Einzugsdaten der betroffenen Person. Der sich daraus ergebende Datenbestand bildet die Grundlage für die Zusammenführungen nach § 9 Absatz 1 sowie für die Feststellung von Über- und Untererfassungen nach § 9 Absatz 2. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für alle Personen, die nur mit Nebenwohnungen gemeldet sind und für Personen mit mehr als einer alleinigen Wohnung oder Hauptwohnung, die in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern gemeldet sind, stellen die statistischen Ämter der Länder den Wohnungsstatus zum Berichtszeitpunkt fest. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(4) Zur Feststellung des Wohnungsstatus nach Absatz 3 erheben die statistischen Ämter der Länder bei den betroffenen Personen folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Wohnungsstatus der betroffenen Person in Bezug auf jede Anschrift,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort,
d)
Anschriften aller Haupt- und Nebenwohnungen der betroffenen Person.

(1) Die statistischen Ämter der Länder stellen für alle Anschriften mit Sonderbereichen die dort wohnenden Personen fest. Dafür werden für jede dort wohnende Person folgende Daten erhoben:

1.
als Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Tag des Bezugs der Wohnung oder des Beginns der Unterbringung,
f)
Geburtsstaat,
g)
ob die Person unter der Anschrift in einem Haushalt nach § 2 Absatz 1 Satz 4 bis 6 lebt,
h)
Wohnungsstatus,
2.
als Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort.

(2) Für die nach Absatz 1 festgestellten Personen findet ein Abgleich mit den nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten statt. Die statistischen Ämter der Länder klären anhand der Merkmale nach § 8 Absatz 1, an welchem Ort die Personen mit Haupt- und Nebenwohnung zu zählen sind. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für Personen in Sonderbereichen, die nicht in einem Haushalt nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe g wohnen, werden die Hilfsmerkmale nach Absatz 1 Nummer 2 nach erfolgtem Abgleich unverzüglich gelöscht.

(4) In sensiblen Sonderbereichen werden bei der Gebäude- und Wohnungszählung nur die Erhebungsmerkmale nach § 6 Absatz 2 und als Hilfsmerkmale die Familiennamen, die Vornamen, die Anschriften und die Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen erhoben.

(5) In sensiblen Sonderbereichen darf keine Haushaltsstichprobe nach § 7 durchgeführt werden. In den übrigen nach § 7 ausgewählten Sonderbereichen werden die dort wohnenden Personen zu den Merkmalen nach § 7 Absatz 4 und 5 befragt.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Tenor

1. Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

4. Der Streitwert wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin möchte im Wege einer einstweiligen Anordnung erreichen, dass bestimmte Daten, die nach § 19 des Gesetzes über den registergestützten Zensus im Jahre 2011 (Zensusgesetz 2011 – ZensG 2011) spätestens am 9. Mai 2015 kraft Gesetzes zu löschen sind, nicht gelöscht und separat gespeichert werden. Außerdem möchte sie in Bezug darauf bestimmte Erklärungen der Antragsgegnerin erreichen.

2

Mit Bescheid vom 10. Juni 2013 stellte die Antragsgegnerin das Ergebnis des Zensus 2011 betreffend die Einwohnerzahl in Hamburg fest.

3

Hiergegen erhob die Antragstellerin am 3. Juli 2013 Widerspruch, den sie am 31. Oktober 2014 mit umfangreichen Ausführungen begründete. In der Begründung führte sie zunächst aus, der Widerspruch sei zulässig. Die Antragsgegnerin sei gegenüber der Freien und Hansestadt Hamburg ein eigenständiger Rechtsträger. Die festgestellte amtliche Einwohnerzahl habe auf die rechtliche und finanzielle Stellung der Antragstellerin erheblichen Einfluss. Diese Feststellung beeinträchtige sie in der Wahrnehmung ihrer gemeindlichen Aufgaben. Auch würde sie eine fehlerhaft zu niedrige Festsetzung der amtlichen Einwohnerzahl Hamburgs im Länderfinanzausgleich in nicht gerechtfertigter Weise benachteiligen. Die Möglichkeit, im Wege der Aufsicht über die Antragsgegnerin gegen den Feststellungsbescheid vorzugehen, bestehe nicht. Die Antragstellerin führte weiterhin ausführlich aus, dass der Widerspruch begründet sei, weil das ZensG 2011 verfassungswidrig sei. Durch den Zensus 2011 seien in verfassungswidriger Weise erstmals die amtlichen Einwohnerzahlen aller Städte und Gemeinden in Deutschland nicht aufgrund einer primärstatistischen Vollerhebung der Befragung aller Einwohner festgestellt worden, sondern es sei eine registergestützte Erhebung durchgeführt und die Bevölkerungsgröße in Städten ab 10.000 Einwohnern nach einer Stichprobenzählung lediglich hochgerechnet worden. Das Gesetz verstoße gegen das Bundesstaatsprinzip und den Gleichheitsgrundsatz, und es fehle dem Gesetz an der notwendigen Bestimmtheit. Darüber hinaus bestünden auch formale Verfahrensfehler, weil der Feststellungsbescheid keine aussagekräftige Begründung enthalte. Außerdem sei keine Akteneinsicht gewährt worden. Sie, die Antragstellerin, habe zuletzt im Februar 2014 Einsicht in die Verwaltungsvorgänge und die Erstellung des Anschriften- und Gebäuderegisters (AGR) begehrt. Die Antragsgegnerin habe dies unter Hinweis u.a. auf die Zweckbindung der statistischen Hilfsmerkmale nach § 10 Bundesstatistikgesetz und eine hieraus abgeleitete Pflicht zu besonderer Geheimhaltung abgelehnt. Darüber hinaus rügte die Antragstellerin materielle Verfahrensmängel bei der Ermittlung der Daten.

4

Die Antragsgegnerin hat den Widerspruch bisher nicht beschieden.

5

Am 16. April 2015 hat die Antragstellerin den vorliegenden Eilantrag gestellt. Diesen begründet sie damit, dass die Löschung der Daten die Gefahr berge, dass die für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 10. Juni 2013 erheblichen Unterlagen nicht mehr zur Verfügung stünden und effektiver Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) nicht mehr gewährleistet werden könne. Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis sei gegeben, da es ihr nicht möglich sei, im Wege der Fachaufsicht das mit dem Antrag begehrte Ziel zu erreichen. Die Antragsgegnerin sei passivlegitimiert, da sie die Entscheidung über die Löschung der für Hamburg erhobenen Daten zu treffen habe, und zwar unabhängig davon, wo die Daten vorgehalten würden. Die Bedeutung der zu speichernden Daten für den weiteren Verlauf des Hauptsacheverfahrens könne sie nicht hinreichend beurteilen. Weder der Umfang der verwendeten Daten noch deren Bedeutung für die Berechnung der Einwohnerzahl seien ihr jemals mitgeteilt worden. Hierauf beruhe auch die „offene“ Antragstellung im Eilverfahren.

6

Dem tritt die Antragsgegnerin entgegen. Der Antrag sei bereits unzulässig. Sie sei der falsche Antragsgegner, da sie nach dem Zensusgesetz 2011 nicht das für die Datenhaltung zuständige statistische Amt sei. Außerdem benötige die Antragstellerin nicht die begehrte Anordnung, um ihre Rechte zu wahren, da sie, die Antragsgegnerin, insoweit der Fachaufsicht der Antragstellerin unterstehe. Der Antrag sei auch unbegründet. Die Hilfsmerkmale seien von den beteiligten Statistikämtern gemäß § 19 ZensG 2011 zu löschen. Das die Antragstellerin betreffende Datenmaterial aus dem Zensus 2011 sei im Wesentlichen beim Bayerischen Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung sowie beim Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen gespeichert. Sie selbst habe hierfür auch nicht die geeignete Infrastruktur. Teilweise sei der Antrag auch nicht hinreichend bestimmt, da nicht durchweg klar werde, welche Daten konkret gemeint seien. Eine Speicherung der Daten über den 9. Mai 2015 hinaus sei auch nicht erforderlich, weil die Daten aus Gründen der Geheimhaltung nicht in ein gerichtliches Verfahren eingeführt werden könnten. Überdies sei eine vollumfängliche Überprüfung der Berechnung der Einwohnerzahlen anhand der zu löschenden Hilfsmerkmale nicht mehr möglich, da das noch vorhandene Datenmaterial nicht alle im Rahmen des Zensus 2011 vorgenommenen Korrekturschritte enthalte.

II.

7

Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.

8

1. Der Antrag zu 1) auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig (dazu unter a), aber unbegründet (dazu unter b).

9

a) Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Vorliegend würde die bevorstehende Löschung von Daten eine Veränderung des bestehenden Zustands bedeuten, wobei das Begehren der Antragstellerin zunächst unabhängig vom Ort der Speicherung das gesamte die Antragstellerin betreffende Datenmaterial aus dem Zensus 2011 erfasst, soweit es der Löschung nach § 19 ZensG 2011 (BGBl. I 2009, S. 1781) unterliegt. Bei Löschung der Daten – und damit korrespondierend bei Ablehnung der begehrten weiteren Speicherung – bestünde auch die Gefahr, dass die Verwirklichung von Rechten der Antragstellerin wesentlich erschwert werden könnte. Denn die fraglichen Daten könnten für die weitere, ggf. auch gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit des mit Widerspruch vom 3. Juli 2013 angefochtenen und noch nicht bestandskräftigen Bescheides der Antragsgegnerin vom 10. Juni 2013 von Bedeutung sein.

10

Die Antragstellerin ist antragsbefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog). Auch wenn sich die Antragstellerin als juristische Person des öffentlichen Rechts wohl nicht auf das verfassungsrechtliche Gebot des effektiven Rechtschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG berufen können dürfte (BVerfG, Beschl. v. 8.2.2006, 2 BvR 575/05, NJW 2006, 2907), ist jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sie in ihrer Eigenschaft als Einheitsgemeinde (vgl. Art. 4 Abs. 1 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 6.6.1952, zuletzt geändert durch Gesetz vom 13.12.2013, HmbGVBl. S. 499) die Betroffenheit eigener, durch Art. 28 Abs. 2 GG grundgesetzlich geschützter Rechtspositionen geltend machen kann (vgl. für Berlin als Einheitsgemeinde: BVerwG, Urt. v. 10.10.2012, 9 A 10/11, juris Rn. 11). Als solche verfassungsrechtlich geschützten Rechtspositionen der Antragstellerin kommen vorliegend finanzielle Belange in Betracht. So dient die nach dem Zensus 2011 bestandskräftig festgestellte Einwohnerzahl gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 ZensG 2011 der Bereitstellung der Grundlage für die Fortschreibung der amtlichen Einwohnerzahl. Diese ist u.a. für die Finanzausstattung der Antragstellerin von Bedeutung. In diesem Sinne will die Antragstellerin die Daten, die nach § 19 Abs. 1 Satz 3 ZensG gelöscht werden sollen, heranziehen, um gegen die Feststellung der Einwohnerzahl durch Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. Juni 2013 vorzugehen und ggf. auch den Rechtsweg zu beschreiten, so dass für die Antragstellerin eine Betroffenheit des Rechts aus Art. 28 Abs. 2 GG in Betracht kommt (vgl. hierzu VG Bremen, Urt. v. 6.11.2014, 4 K 841/13, juris Rn. 29). Im Hinblick darauf ist dann auch nicht ausgeschlossen, dass der Antragstellerin als Adressatin des o.g. Bescheides (vgl. zur Maßgeblichkeit der Form des Verwaltungshandelns BVerwG, Urt. v. 1.10.1963, IV C 9.63, BVerwGE 18, 1, 5) ein subjektives Verfahrensrecht zur Seite steht, um eine solche Rechtsposition auch durchsetzen zu können (vgl. hierzu auch VG Aachen, Beschl. v. 13.4.2015, 4 L 298/15, n.v., m.w.N.).

11

Der Antragstellerin steht auch ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis zur Seite. Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 123 VwGO fehlt in der Regel dann, wenn der Antragsteller nicht vorher bei der zuständigen Behörde sein Anliegen vorgetragen hat (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 123 Rn. 22). Diesem Erfordernis hat die Antragstellerin Rechnung getragen, indem sie zuletzt mit Schreiben vom 18. Juni 2014 an die Antragsgegnerin darum gebeten hat, dafür Sorge zu tragen, dass die datenspeichernden Stellen keine Löschung der dort vorgehaltenen Daten und Hilfsmerkmale zur Ermittlung der Einwohnerzahl der Freien und Hansestadt Hamburg für den Zensus 2011 vornehmen (Bl. 42 der Sachakte der Antragsgegnerin).

12

Der Zulässigkeit des Antrags steht auch nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 des Staatsvertrages zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und dem Land Schleswig-Holstein über die Errichtung eines gemeinsamen Statistischen Amtes als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts vom 27. August 2003 (veröffentlicht durch Gesetz vom 2.12.2003, HmbGVBl. S. 543) der Fachaufsicht der Antragstellerin unterliegt, soweit sie Aufgaben der amtlichen Statistik wahrnimmt. Die Antragstellerin kann der Antragsgegnerin im Rahmen ihrer Fachaufsicht keine Weisung erteilen, die Löschung nach § 19 Abs. 1 ZensG 2011 zu unterlassen. Eine derartige Weisungsbefugnis erscheint schon vor dem Hintergrund fraglich, dass der Antragsgegnerin als eigenständiger Anstalt des öffentlichen Rechts gemäß § 1 Abs. 1 des Staatsvertrages vom Gesetzgeber durch § 12 Abs. 8 Satz 1 ZensG 2011 die datenschutzrechtliche Verantwortung übertragen worden ist. Jedenfalls aber ist eine Weisung, die in § 19 Abs. 1 Satz 3 ZensG 2011 ausdrücklich vorgesehene Löschung entgegen dem Wortlaut der Norm nicht vorzunehmen, schon deshalb ausgeschlossen, weil sie von der Fachaufsicht der Antragstellerin nicht gedeckt wäre. Die Fachaufsicht erstreckt sich auf die rechtmäßige und zweckmäßige Wahrnehmung der Aufgaben (BVerwG, Urt. v. 29.8.1986, 7 C 51/84, juris Rn. 13). Eine Weisung der Antragstellerin entgegen der ausdrücklichen Regelung des Gesetzes verstieße gegen Art. 20 Abs. 3 GG, wonach die vollziehende Gewalt an Gesetz und Recht gebunden ist.

13

b) Der Antrag ist jedoch nicht begründet.

14

Der Antragstellerin steht zwar ein Anordnungsgrund zur Seite, da die vom Antragsbegehren umfassten Daten als Hilfsmerkmale gemäß §§ 19 Abs. 1 Satz 3, 1 Abs. 1 ZensG 2011 spätestens bis zum 9. Mai 2015 gelöscht werden müssen und dadurch eine Veränderung des bestehenden Zustandes, durch die die Verwirklichung der Rechte der Antragstellerin in einem Hauptsacheverfahren gegen den Bescheid vom 10. Juni 2013 erschwert werden könnte, unmittelbar bevorsteht.

15

Sie hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (vgl. § 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. § 920 ZPO).Insoweit kann dahinstehen, ob die Antragsgegnerin tatsächlich passivlegitimiert ist, also überhaupt in der Lage wäre, für das Unterlassen der Löschung und die begehrte Datenaufbewahrung Sorge zu tragen. Denn die Antragstellerin hat schon nicht glaubhaft gemacht, dass ihr ein Anspruch dergestalt zusteht, dass das angerufene Gericht eine weitere (separate) Speicherung der dort betroffenen Hilfsmerkmale über den 9. Mai 2015 hinaus zumindest vorläufig anordnet. Einem solchen Anspruch steht zunächst die Vorschrift des § 19 Abs. 1 ZensG entgegen (hierzu unter aa). Diese Vorschrift kann auch nicht im vorliegenden Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes unangewendet bleiben (hierzu unter bb).

16

aa) Einem Anspruch auf weitere Speicherung der Daten steht zunächst § 19 Abs. 1 ZensG 2011 entgegen. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZensG 2011 sind die Hilfsmerkmale von den Erhebungsmerkmalen zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu trennen und gesondert aufzubewahren. Sie sind, soweit sich nicht aus § 22 Abs. 2 und § 23 ZensG 2011 etwas anderes ergibt, zu löschen, sobald bei den statistischen Ämtern die Überprüfung der Erhebungs- und Hilfsmerkmale auf ihre Schlüssigkeit und Vollständigkeit abgeschlossen ist. Nach § 19 Abs. 1 Satz 3 ZensG 2011 sind sie spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu löschen. Da der Berichtszeitpunkt gemäß § 1 Abs. 1 ZensG 2011 der 9. Mai 2011 war, läuft diese Frist am 9. Mai 2015 ab.

17

bb) Da der eindeutige Wortlaut des § 19 Abs. 1 Satz 3 ZensG 2011 der von der Antragstellerin begehrten Anordnung entgegensteht, wäre eine solche Anordnung überhaupt nur möglich, wenn das Gericht § 19 Abs. 1 Satz 3 ZensG 2011 nicht für anwendbar hielte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Denn die Nichtanwendung der Löschungsregelung kommt vorliegend nur in Betracht, wenn das Gericht von der Verfassungswidrigkeit dieser Vorschrift überzeugt wäre, was nicht der Fall ist (hierzu unter (1)). Selbst wenn man abweichend davon im vorliegenden Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes davon ausginge, dass die Frage der Verfassungsgemäßheit der Löschungsfrist des § 19 Abs. 1 Satz 3 ZensG 2011 nicht abschließend beurteilt werden kann und angesichts dessen eine Interessenabwägung für geboten hielte, ergäbe dies nach Auffassung der Kammer kein anderes Ergebnis (hierzu unter (2)).

18

(1) Die Nichtanwendung der Löschungsregelung in § 19 Abs. 1 Satz 3 ZensG 2011 kommt nur in Betracht, wenn das Gericht von der Verfassungswidrigkeit dieser Vorschrift überzeugt wäre.

19

Die Nichtanwendung einer Norm durch ein Gericht kommt nur in Betracht, wenn das Gericht die Norm für verfassungswidrig und damit für nichtig hält. In einem solchen Fall ist das beschließende Gericht zwar durch Art. 100 Abs. 1 GG nicht gehindert, vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, auch wenn es in einem späteren Hauptsacheverfahren – vorliegend käme insoweit eine Klage gegen den Feststellungsbescheid vom 10. Juni 2013 in Betracht – eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einholen müsste. Eine einstweilige Anordnung im Hinblick auf eine mögliche Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes ist bei formellen Gesetzen aber auch nur unter den engen Voraussetzungen des Art. 100 Abs. 1 GG möglich. Das heißt, dass das beschließende Gericht von der Verfassungswidrigkeit der streitigen Vorschriften überzeugt sein müsste (vgl. zu diesem Maßstab OVG Hamburg, Beschluss vom 4.3.2014, 4 Bs 328/13, juris, Rn. 26 m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.

20

Die Kammer ist nicht davon überzeugt, dass mit der Löschungsregelung des § 19 Abs. 1 Satz 3 GG den verfassungsrechtlich geschützten Belangen der Gemeinden ein zu geringes Gewicht beigemessen wird. Insoweit stehen grundrechtlich geschützte Rechtspositionen anderer gegenüber, die gegen die Belange der Gemeinden abzuwägen sind. Namentlich steht die Frage des Löschungszeitpunktes im Hinblick auf die Rechtsschutzmöglichkeiten der Gemeinden zur Wahrung ihrer finanziellen Eigenverantwortung (hierzu unter (a)) im Spannungsverhältnis zum Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung der Bürger (hierzu unter (b)). Die gebotene Abwägung dieser widerstreitenden Rechtspositionen führt nicht dazu, dass die Kammer von der Verfassungswidrigkeit der Vorschrift des § 19 Abs. 1 Satz 3 ZensG 2011 überzeugt ist (hierzu unter (c)). Abgesehen davon bestehen Zweifel, dass, selbst wenn die Kammer von einer Verfassungswidrigkeit der maximalen Löschungsfrist in § 19 Abs. 1 Satz 3 ZensG 2011 überzeugt wäre, sie die begehrte Anordnung einer weiteren Speicherung der Daten überhaupt in rechtmäßiger Weise positiv treffen könnte (hierzu unter (d)).

21

(a) Durch eine Löschung der Hilfsmerkmale vor Abschluss anhängiger Hauptsacheverfahren, also vor Bestandskraft der Feststellungsbescheide betreffend die amtlichen Einwohnerzahlen, können die Möglichkeiten der vollumfänglichen Prüfung dieser Bescheide und damit die Verwirklichung der Rechte der Gemeinden beeinträchtigt sein. Insoweit steht eine Verletzung des Rechts auf kommunale Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs.2 GG im Raum, welches gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung umfasst. Zu den Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung gehört auch eine aufgabenadäquate Finanzausstattung der Gemeinden (BVerwG, Urt. v. 15.6.2011, 9 C 4/10, juris Rn. 22). Die Feststellung der Einwohnerzahl hat Auswirkungen auf die Finanzausstattung der Gemeinden (vgl. oben unter II.1.a) und wirkt sich mittelbar erheblich auf die Rechtsstellung der Gemeinden aus, weil sie die Grundlage für eine Vielzahl finanzwirksamer Entscheidungen darstellt (VG Bremen, Urt. v. 6.11.2014, 4 K 841/13, juris Rn. 29).

22

(b) Die Löschungsvorschrift betrifft auch das Recht der Bürger „auf informationelle Selbstbestimmung“. Dieses Grundrecht ist Teil des durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Denn die freie Entfaltung der Persönlichkeit setzt unter den modernen Bedingungen der Datenverarbeitung den Schutz des Einzelnen gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten voraus. Das Grundrecht gewährleistet insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen (zum Vorstehenden: BVerfG, Urt. v. 15.12.1983, 1 BvR 209/83 u.a., BVerfGE 65, 1 - Volkszählung -, juris Rn. 149 f.). Es enthält auch das Gebot der frühestmöglichen Vernichtung und Löschung von Daten (BVerfG, Kammerbeschl. v. 24.9.1987, 1 BvR 970/87, juris Rn. 11).

23

(c) Eine Abwägung der vorgenannten verfassungsrechtlich geschützten Rechtspositionen führt hier nicht zur Überzeugung der Kammer von der Verfassungswidrigkeit der Löschungsvorschrift in § 19 Abs. 1 Satz 3 ZensG 2011.

24

Die hier betroffenen Daten, die sog. Hilfsmerkmale, sind nach der Vorschrift des § 19 Abs. 1 Satz 2 ZensG zu löschen, sobald bei den statistischen Ämtern die Überprüfung der Erhebungs- und Hilfsmerkmale auf ihre Schlüssigkeit und Vollständigkeit abgeschlossen ist. Diese Löschung hat gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 ZensG spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt – dem 9. Mai 2011 (s. § 1 Abs. 1 ZensG) – zu erfolgen. Das heißt, es besteht eine Frist von maximal vier Jahren, innerhalb derer die Hilfsmerkmale – ungeachtet der Frage, ob sie der Geheimhaltung nach § 16 des Gesetzes über die Statistik für Bundeszwecke (Bundesstatistikgesetz – BStatG) vom 22. Januar 1987 (BGBl. I 1987, 462, 565) unterliegen – auch für Überprüfungen der Rechtmäßigkeit der Feststellungen der amtlichen Einwohnerzahlen zur Verfügung stehen. Diese Frist dient dem Schutz des Rechts der Bürger auf informationelle Selbstbestimmung (vgl. VG Gießen, Beschl. v. 23.2.2012, 4 L 4634/11.GI, juris Rn. 12; VG Regensburg, Beschl. v. 8.12.2011, RN 5 S 11.1740, juris Rn. 26). Dass der Gesetzgeber demgegenüber die Rechtsschutzinteressen der Gemeinden bei Schaffung der Löschungsregelung in § 19 Abs. 1 Satz 3 ZensG 2011 völlig unberücksichtigt gelassen hat, ist nicht ersichtlich. Aus der Gesetzesbegründung zum Zensusgesetz 2011, die sich im Wesentlichen in einer Wiederholung des Normtextes erschöpft (vgl. BT-Drucks. 16/122219 zu § 19, S. 48), ergibt sich insoweit nichts. Auch ein Vergleich zum Gesetz über eine Volks-, Berufs-, Gebäude-, Wohnungs- und Arbeitsstättenzählung (Volkszählungsgesetz 1987) vom 8. November 1985 (BGBl. I 1985, S. 2078) ergibt hierfür keine Hinweise. Zwar bestehen im Vergleich zum Volkszählungsgesetz 1987 insoweit Unterschiede im Hinblick auf die Ausgestaltung des Löschungszeitpunktes. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Volkszählungsgesetz 1987 waren die Erhebungsvordrucke einschließlich der Hilfsmerkmale zum frühestmöglichen Zeitpunkt, spätestens zwei Wochen nach Feststellung der amtlichen Bevölkerungszahl des Landes, zu vernichten. Nach der Begründung des Gesetzes sollte die amtliche Bevölkerungszahl erst dann vorliegen, wenn der Bescheid bestandskräftig, d.h. durch Rechtsbehelfe nicht mehr angreifbar war (BT-Drucks. 10/2814 S. 25). Ob der Gesetzgeber mit Schaffung der absoluten Löschungsfrist in § 19 Abs. 1 Satz 3 ZensG 2011 eine bewusste Abkehr von der Gesetzeslage zur Volkszählung von 1987 herbeiführen wollte (in diesem Sinne VG Potsdam, Beschl. v. 21.4.2105, VG 12 L 450/15) lässt sich aber mangels näherer Angaben in der Begründung des Zensusgesetzes 2011 nicht feststellen. Ebenso ergeben sich aber auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber den Rechtsschutz der Gemeinden überhaupt nicht berücksichtigt hat (so aber wohl VG Aachen, Beschl. v. 13.4.2015, Beschl. v. 13.4.2015, 4 L 298/15, n.v.).

25

Bei der weiteren Abwägung ist zu beachten, dass die Hilfsmerkmale, wie §§ 4 Nr. 4, 5 Nr. 2 und 6 Abs. 3 ZensG zeigen, Daten enthalten, die insbesondere im Zusammenspiel mit den anderen erhobenen Daten die Individualisierung und Personalisierung zahlreicher Angaben und Daten ermöglichen. Vor diesem Hintergrund schützt die Löschung gerade der Hilfsmerkmale das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, weil die damit noch vorhandenen Daten gerade nicht mehr so mit den Hilfsmerkmalen zusammengeführt werden können, dass Rückschlüsse auf einzelne Personen ohne weiteres möglich sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind deshalb zur Sicherung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung für Angaben, die als Hilfsangaben (Identifikationsmerkmale) verlangt wurden und die eine Deanonymisierung leicht ermöglichen würden, Löschungsregelungen erforderlich (BVerfG, Urt. v. 15.12.1983, a.a.O., juris Rn. 163) und als verfahrensrechtliche Schutzvorkehrungen wesentlich (BVerfG, Urt. v. 15.12.1983, a.a.O., juris Rn. 156). Die Länge der Aufbewahrungsfrist von vier Jahren ist vor diesem Hintergrund nicht offensichtlich unangemessen kurz. Deshalb liegt es aus Sicht der Kammer jedenfalls nicht auf der Hand, dass die Löschungsregelung des § 19 Abs. 1 Satz 3 ZensG verfassungswidrig ist.

26

(d) Abgesehen davon bestehen Zweifel, dass, selbst wenn die Kammer von einer Verfassungswidrigkeit der maximalen Löschungsfrist in § 19 Abs. 1 Satz 3 ZensG 2011 überzeugt wäre, sie in rechtmäßiger Weise die begehrte Anordnung einer weiteren Speicherung der Daten positiv treffen könnte. Denn erweist sich die Löschungsregelung als verfassungswidrig, könnte gleichzeitig die Ermächtigungsgrundlage für eine weitere Speicherung der betroffenen Hilfsmerkmale fehlen, es sei denn die Vorschrift wäre einer entsprechenden verfassungskonformen Auslegung zugänglich. Eine Ermächtigungsgrundlage dürfte aber bereits nach der Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. v. 8.8.1978, 2 BvL 8/77, BVerfGE 49, 89 - Kalkar I -, juris Rn. 77 und 80) Voraussetzung für eine Anordnung der Speicherung sein. Das Bundesverfassungsgericht hat auch zum Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung die Anforderung aufgestellt, dass Einschränkungen dieses Grundrechts einer (verfassungsmäßigen) gesetzlichen Grundlage bedürfen, aus der sich die Voraussetzungen und der Umfang der Beschränkungen klar und für den Bürger erkennbar ergeben und die damit dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entspricht (BVerfG, Urt. v. 15.12.1983, 1 BvR 209/83 u.a., BVerfGE 65, 1 - Volkszählung -, juris Rn. 151). Ohne eine solche gesetzliche Grundlage bleibt fraglich, ob eine Anordnung nach § 123 VwGO überhaupt in rechtmäßiger Weise getroffen werden könnte. Im Übrigen stünde nach Ablauf der vierjährigen Speicherungsfrist am 9. Mai 2015 auch nicht fest, wo und auf welche Art und Weise die Hilfsmerkmale weiter gespeichert werden würden. Die Antragstellerin begehrt in ihrem Antrag zu 1) insoweit eine „separate“ Speicherung. Das Bayerische Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung benennt sogar Anforderungen für einen möglichen Transfer der dort gespeicherten Daten (vgl. Antragserwiderung vom 22.4.2015, S. 5 = Bl. 63 d.A.). Auch im Hinblick auf diese – wesentliche – Frage der Art und Weise der weiteren Datenspeicherung ist zweifelhaft, worin hier nach dem 9. Mai 2015 eine hinreichend bestimmte gesetzliche Grundlage gesehen werden könnte.

27

(2) Selbst wenn man im vorliegenden Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes davon ausginge, dass die Frage der Verfassungsgemäßheit der Löschungsfrist des § 19 Abs. 1 Satz 3 ZensG 2011 nicht abschließend beurteilt werden kann und vor diesem Hintergrund – abweichend vom unter II. 1. b) bb) (1) angewendeten Maßstab – mit Blick auf das Gebot des effektiven Rechtsschutzes eine Interessenabwägung der betroffenen grundrechtlichen bzw. verfassungsrechtlichen Positionen für geboten hielte (Anwendung dieses Maßstabes: VG Aachen, Beschl. v. 13.4.2015, 4 L 298/15, n.v.), ergäbe dies nach Auffassung der Kammer kein Überwiegen des Interesses der Antragstellerin am Erlass der begehrten Anordnung, letztlich alle die Antragstellerin betreffenden Hilfsmerkmale weiter zu speichern.

28

Bei Beurteilung der Schwere der Folgen ist zu beachten, dass im Falle des Erlasses der begehrten Anordnung die Hilfsmerkmale aller betroffenen Bürger weiter gespeichert werden würden. Wird die begehrte Anordnung nicht erlassen, gingen die Daten endgültig verloren mit der Folge, dass der Antragstellerin im Rahmen ihres Vorgehens gegen den Bescheid vom 10. Juni 2013 einige Einwände abgeschnitten wären.

29

Im Rahmen der Abwägung dieser Folgen kann dahinstehen, auf welche verfassungsrechtlichen Rechtspositionen sich die Antragstellerin als Einheitsgemeinde im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg tatsächlich berufen kann. Insbesondere kann dahinstehen, ob gleichermaßen wie bei anderen Gemeinden im Rahmen von Art. 28 Abs. 2 GG finanzielle Interessen geschützt sind (s. obige Ausführungen unter II.1.a) und ob Nachteile im Rahmen des Länderfinanzausgleichs aus Art. 107 GG hier in die Abwägung eingestellt werden könnten. Denn selbst wenn man zugunsten der Antragstellerin solche verfassungsrechtlichen Rechtspositionen annähme, ergibt sich nach Auffassung der Kammer kein Vorrang der Interessen der Antragstellerin.

30

Der Eingriff in Rechtsschutzinteressen der Antragstellerin wiegt insoweit zunächst schwer, als hier der Totalverlust von Daten, den sog. Hilfsmerkmalen, droht, die eventuell zur vollumfassenden Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Feststellungsbescheides vom 10. Juni 2013 erforderlich sein könnten. Nach Löschung der gegenständlichen Hilfsmerkmale lassen sich diese naturgemäß nicht wieder herstellen. Allerdings ist bei der Beurteilung der Schwere des Eingriffs auch zu berücksichtigen, dass der Antragstellerin gerichtlicher Rechtsschutz gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. Juni 2013 gerade nicht vollständig verwehrt wird. In diesem Sinne macht die Antragstellerin mit ihrer Widerspruchsbegründung vom 31. Oktober 2014 auch selbst umfangreiche Ausführungen zu den Fragen einer möglichen Verfassungswidrigkeit des Zensusgesetzes 2011 sowie Ausführungen zu möglichen formellen Verfahrensmängeln des Bescheides vom 10. Juni 2013 aufgrund mangelnder Begründung. Diese Fragen sind auch nach Löschung der vom Antragsbegehren umfassten Daten noch vollumfänglich gerichtlich überprüfbar. Die Überprüfung von Fehlern bei der Anwendung des Zensusgesetzes 2011 wird dann insoweit erschwert oder möglicherweise unmöglich gemacht, als die nach § 19 Abs. 1 ZensG 2011 spätestens am 9. Mai 2015 zu löschenden Hilfsmerkmale für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides erheblich sein könnten. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass den im Rahmen des registergestützten Zensus 2011 erhobenen persönlichen Hilfsmerkmalen bei der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl bereits eine geringere Bedeutung zukommen dürfte als noch bei der Volkszählung 1987, die eine volle Erfassung der Einwohner zum Gegenstand hatte (VG Potsdam, Beschl. v. 21.4.2014, VG 12 L 450/15). Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass wohl nicht mehr alle vom Antragsbegehren umfassten Daten noch gespeichert sind, sondern zumindest in Teilen bereits gelöscht wurden (vgl. Statistisches Bundesamt, Überblick über die Hilfsmerkmale im Zensus 2011, S. 11 ff. = Bl. 20 ff. der Sachakte der Antragsgegnerin).

31

Diesen genannten Beeinträchtigungen des Rechtsschutzinteresses der Antragstellerin stehen gewichtige grundrechtliche Belange gegenüber, die nach Auffassung der Kammer im Rahmen einer Folgenabwägung gegenüber den Interessen der Antragstellerin überwiegen.

32

Die Kammer verkennt dabei nicht, dass vorliegend nicht die Beurteilung eines Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung durch eine erstmalige Erhebung oder erstmalige Speicherung zu treffen ist, sondern die Frage zu klären ist, ob die bereits erhobenen und gespeicherten Daten – ausgehend davon, dass beides verfassungsgemäß erfolgt ist – für einen zusätzlichen Zeitraum aufbewahrt bleiben können. Nach Auffassung der Kammer stellt in der vorliegenden Konstellation aber auch die Verlängerung der Speicherungsdauer einen schweren Eingriff in das auf Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gegründete Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Der Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist bereits deshalb von einigem Gewicht, weil die Speicherung der besonders sensiblen Hilfsmerkmale zu beurteilen ist. Dabei handelt es sich um Daten, die eine Identifizierung der betroffenen Personen und damit eine Zuordnung der Erhebungsmerkmale zulassen (s. hierzu oben unter II.1.b) bb) (1) (c)). Die (weitere) Aufbewahrung personenbezogener Daten, auch in einem geschützten und abgeschotteten Bereich, birgt die latente und nicht gänzlich auszuschließende Gefahr, dass diese Daten Unbefugten bekannt werden (VG Potsdam, Beschl. v. 21.4.2015, VG 12 L 450/15). Auch der tatsächliche Zeitraum der weiteren Speicherung ist insoweit nicht klar zu bestimmen, als ein konkretes Datum für die Löschung nicht benannt werden kann. Soweit sich das Begehren der Antragstellerin so auslegen lässt, dass die Speicherung bis zum rechtskräftigen Abschluss eines möglicherweise noch anzustrengenden Hauptsacheverfahrens erreicht werden soll, sind hier noch mehrere Verfahrensschritte denkbar, deren Dauer sich nicht abschätzen lässt. Problematisch ist auch das Begehren der Antragstellerin insoweit, als die Daten „separat“ gespeichert werden sollen, da für die Betroffenen nicht erkennbar ist, wo ihre Daten dann vorliegen. Auch diese Ungewissheiten hinsichtlich Dauer und Art und Weise der weiteren Datenspeicherung beeinträchtigen das Recht der Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung (vgl. BVerfG, Urt. v. 15.12.1983, a.a.O., juris Rn. 148) und stellen sich auch unter Gesichtspunkten von Vertrauensschutz und Rechtssicherheit als problematisch dar. Dem Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung kommt auch deshalb ein erhebliches Gewicht zu, weil es der Antragstellerin ihrem Begehren nach um sämtliche sie betreffenden Daten geht und damit letztlich auch die Daten sämtlicher Einwohner Hamburgs, so dass die Daten von 1,7 Millionen Bürgern oder mehr betroffen sein könnten. Diese Personen dürfen alle in berechtigter Weise darauf vertrauen, dass die von ihnen erhobenen und gespeicherten Hilfsmerkmale, die von § 19 Abs. 1 ZensG 2011 erfasst sind, spätestens am 9. Mai 2015 gelöscht werden. Eine weitere Speicherung über das im Bundesgesetz genannte Enddatum hinaus verletzt die Bürger in diesem Vertrauen und könnte es vor diesem Hintergrund erforderlich machen zur Wahrung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung die betroffenen Bürger über eine zeitlich längere Speicherung ihrer Daten zu informieren. Anderenfalls könnte auch die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG der Einwohner Hamburgs im Falle einer stattgebenden gerichtlichen Entscheidung im vorliegenden Verfahren nach § 123 VwGO betroffen sein, da die Personen, deren Daten über den 9. Mai 2015 hinaus weiter gespeichert werden, sich hiergegen naturgemäß nur wenden können, wenn sie von dieser Datenspeicherung Kenntnis haben. Der Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist letztlich auch nicht wieder gutzumachen. Denn im Falle einer Anordnung der weiteren Speicherung der Hilfsmerkmale könnte die Speicherung nicht rückwirkend beseitigt und damit der Eingriff auch nicht wieder ungeschehen gemacht werden.

33

Im Hinblick auf diese gewichtigen Grundrechtspositionen der betroffenen Bürger ergibt sich auch im Rahmen einer Interessenabwägung nicht, dass die Interessen der Antragstellerin am Erlass der mit ihrem Antrag zu 1) begehrten Anordnung Vorrang beizumessen wäre.

34

2. Die weiteren Anträge können schon deshalb keinen Erfolg haben, weil sie den Erfolg des Antrags zu 1) voraussetzen. Dieser Antrag ist jedoch unbegründet (s. Ausführungen unter II.1.).

III.

35

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes bestimmt sich nach §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG, wobei es angemessen erscheint, den Auffangwert im Eilverfahren zu halbieren.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Regensburg

Aktenzeichen: RO 5 K 13.2149

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 06. August 2015

5. Kammer

Sachgebiets-Nr: 536

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

Stadt A. vertreten durch den Oberbürgermeister Referat für Umwelt, Verbraucherschutz, Ordnung und Recht ...

- Klägerin -

gegen

..., vertreten durch die Regierung ...

- Beklagter -

wegen Zensus 2011

Az. RO 5 K 13.2149

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg, 5. Kammer,

unter Mitwirkung von Vorsitzendem Richter am Verwaltungsgericht Dr. Lohner Richter am Verwaltungsgericht Dr. Hohmann Richter Gallus ehrenamtlichem Richter R., ehrenamtlicher Richterin E. aufgrund mündlicher Verhandlung vom 6. August 2015 folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Feststellung ihrer amtlichen Einwohnerzahl, die aufgrund des Zensus 2011 festgesetzt wurde.

Die Verordnung (EG) Nr. 763/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 09.07.2008 über Volks- und Wohnungszählungen verpflichtete die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, im Jahr 2010/2011 und künftig alle 10-Jahre, zur Durchführung einer Volks-, Gebäude- und Wohnungszählung.

Deshalb wurde in Deutschland zum Stichtag 9. Mai 2011 mit dem „Zensus 2011“ eine Volkszählung durchgeführt. Im Vergleich zur letzten Volkszählung, auf dem Gebiet der alten Bundesländer aus dem Jahr 1987, fand ein grundlegender Methodenwechsel statt: Während bei früheren Volkszählungen für alle Erhebungseinheiten (Personen, Haushalte, Gebäude und Wohnungen) primärstatistische Vollerhebungen (Befragungen) durchgeführt wurden, wurde beim Zensus 2011 erstmals ein registergestütztes Verfahren eingesetzt. Dabei wurde auf bereits vorhandene Registerdaten zurückgegriffen und diese anschließend mit den Ergebnissen unterschiedlicher Befragungen ergänzt. Die dadurch ermittelten Ergebnisse stellen die Grundlage zur Feststellung der amtlichen Einwohnerzahl und zur Bevölkerungsfortschreibung zwischen zwei Volkszählungen dar.

Hintergrund dieser neuen Methode war das Gesetz zur Erprobung eines registergestützten Zensus vom 27.07.2001, mit dem der Gesetzgeber bundesweite Tests angeordnet hatte. Dabei wurden die Daten der Einwohnermelderegister mit den Ergebnissen verschiedener Interviewerbefragungen und einer postalisch durchgeführten Gebäude- und Wohnungsstichprobe verglichen und ausgewertet. Die Überprüfung der Qualität der Melderegister, die als vornehmliche Quelle alle Einwohner auf Gemeindeebene erfassen sollen (Registertest), war neben der Bewertung von verschiedenen statistischen Verfahren (Verfahrenstest) und der Mehrfachfallprüfung ein wesentliches Ziel des Zensustests. Der Test hatte gezeigt, dass bei den Melderegistern - abhängig von der Gemeindegröße - unterschiedliche Fehlerquoten bei den Über- und Untererfassungen bestehen:

Tabelle 1

Gemeindegröße (Einwohner):

Fehlbestände

Karteileichen (gesamt)

Karteileichen ohne „temporäre“

Durch Mehrfachfallprüfung geklärte Karteileichen

Verbleibende Karteileichen

< 10.000

1,3%

2,8%

2,0%

0,7%

1,4%

10.000 - 50.000

1,3%

3,5%

2,5%

0,6%

1,9%

50.000 - 800.000

2,1%

4,9%

3,4%

0,6%

2,8%

> 800.000

3,0%

7,6%

6,0%

0,6%

5,4%

Bundesweit

1,7%

4,1%

2,9%

0,6%

2,3%

Quelle: „Ergebnisse des Zensustest“, Statistisches Bundesamt, in: Wirtschaft und Statistik 8/2004, S. 816/819

Daneben zeigte der Zensustest (siehe obenstehende Tabelle), dass die Übererfassungen durch Aussonderung von „temporären“ Karteileichen und durch eine Mehrfachfallprüfung schrittweise reduziert werden können.

Als dritte Möglichkeit zur Aufdeckung von Registerfehlern wurde die Nutzung der Angaben aus der Gebäude- und Wohnungszählung im Rahmen der Haushaltsgenerierung erwogen. Unplausible Fälle sollten mit einer retrospektiven Befragung geklärt werden. Simulationsrechnungen mit den Daten des Zensustests ergaben jedoch, dass dieses Bereinigungsverfahren nur für den Bereich der Ein- und Zweifamilienhäuser einen hohen Wirkungsgrad aufweist, da hier durch eine Befragung von 7% der in diesem Gebäudetyp wohnenden Haushalte, rund 54,9% der Hauptwohnsitz-Karteileichen aufgelöst werden können. Da ein großer Teil der Bevölkerung in kleinen Gemeinden in Ein- und Zweifamilienhäuser wohnt, versprachen die Zahlen des Zensustests für kleine Gemeinden eine deutliche Absenkung der Karteileichenrate auf insgesamt 0,7% und eine Angleichung der Qualität der amtlichen Einwohnerzahl.

Daneben zeigte der Zensustest, dass für Mehrfamiliengebäude die Klärung unplausibler Fälle in der Haushaltsgenerierung ein sehr viel ungünstigeres Verhältnis zwischen Befragungsaufwand und Bereinigungseffekt aufweist: Bei Gebäuden mit 3-6 Wohnungen müssten 15% aller Gebäude dieser Kategorie befragt werden, um ca. 42% der dort registrierten Karteileichen aufzudecken. Bei Gebäuden mit 7 und mehr Wohnungen müssten 25% der Gebäude dieser Kategorie befragt werden, um die Karteileichenraten zu halbieren. Hinzu kam, dass bei großen Gebäuden wegen der dort üblicherweise hohen Fluktuationsrate eine retrospektive Befragung für wenig erfolgsversprechend gehalten wurde. (vgl. „Ergebnisse des Zensustest“, Statistisches Bundesamt, in: Wirtschaft und Statistik 8/2004, S. 818). Neben den Basisbausteinen des registergestützten Zensus (u. a. Abfrage und Verarbeitung der Melderegister, postalische Gebäude- und Wohnungszählung, primärstatistische Erhebung an Sonderbereichen, Befragung unplausibler Fälle im Rahmen der Haushaltsgenerierung) wurden verschiedene Modelle diskutiert, wie der registergestützte Zensus durch eine Stichprobe ergänzt werden kann. Dabei galt es zu entscheiden, ob mit der Stichprobe auch weitere zensustypische Merkmale erhoben werden, ob solche Zusatzmerkmale auch für kleine Gemeinden (<10.000 Einwohner) bereitgestellt werden sollen und in welchen Gemeinden die Stichprobe zur statistischen Bereinigung der Melderegister herangezogen wird. Die Beantwortung dieser Fragen hat nämlich entscheidenden Einfluss auf den Umfang der zu befragenden Personen. Folgende Tabelle stellt, im Hinblick auf das nun vorliegende Zensusgesetz und des darin geregelten Verfahrens, nur die Varianten dar, die sich bei der Unterscheidung von Gemeinden unter und über 10.000 Einwohnern ergeben.

Tabelle 2

Modellbeschreibung

Registerzensus und Stichprobe in allen Gemeinden

Registerzensus in allen Gemeinden und Stichprobe nur in Gemeinden mit >10.000 Einwohner

Modell 1

zu befragende Personen:

Modell 2

zu befragende Personen:

ohne Erhebung weiterer Merkmale

10,1 Mill. Personen

(Variante 1.1)

5,6 Mill. Personen

(Variante 2.1)

bei Erhebung weiterer Merkmale für Gemeinden ab 10.000 Einwohner

11,8 Mill. Personen

(Variante 1.2)

7,6 Mill. Personen

(Variante 2.2)

bei Erhebung weiterer Merkmale für

alle Gemeinden

20,4 Mill. Personen

(Variante 1.3)

-

Verzerrung der festgestellten Einwohnerzahl im Mittel

keine

geringe Unterschätzung bei Gemeinden <10.000 Einwohner

Streuung der Registerfehler zwischen den Gemeinden

keine

bis zu 10.000 Einwohner mittel, ab 10.000 Einwohner gering

Quelle: „Ergebnisse des Zensustest“, Statistisches Bundesamt, in: Wirtschaft und Statistik 8/2004, S. 833

Aufbauend auf diesen Erfahrungen gliederte sich das streitgegenständliche Verfahren in die beiden Verfahrensabschnitte Zensusvorbereitung und Zensusdurchführung.

A. Zensusvorbereitung:

Ziel der Zensusvorbereitung war der Aufbau des Anschriften- und Gebäuderegisters (AGR), das vom Statistischen Bundesamt geführt wurde. Dieses Register sollte einen Überblick über alle Anschriften im Bundesgebiet bieten, an denen Wohnraum bestand. Gleichzeitig stellte das Anschriften- und Gebäuderegister die Grundgesamtheit dar, aus der dann bei Durchführung des Zensus stichprobenmäßig Anschriften für die Haushaltsbefragung gezogen wurden. Zum Aufbau des AGR wurde das Zensusvorbereitungsgesetz (ZensVorbG) erlassen. Danach wurden die Daten der Landesvermessungsbehörden, der Meldebehörden, der Bundesagentur für Arbeit und die Daten der Personal- und Finanzstatistik der öffentlichen Arbeitgeber zusammengeführt und aus diesem Gesamtbestand alle Anschriften herausgefiltert, an denen Wohnraum bestand. Daneben hatten gemäß § 9 Abs. 2 ZensVorbG die Statistischen Landesämter die Pflicht, alle Anschriften mit Sonderbereichen zu kennzeichnen, damit an diesen Anschriften eine Vollerhebung durch primärstatistische Befragungen durchgeführt werden konnte. Schließlich ermittelten die Statistischen Landesämter die Namen und Anschriften der Eigentümer von Wohnraum, um mit deren Hilfe die Gebäude- und Wohnungszählung durch Fragebögen durchführen zu können. Dazu wurden die Daten der Stellen verwendet, die in den Ländern für die Grundsteuer, für die Führung der Grundbücher und für die Führung der Liegenschaftskataster zuständig sind, sowie Daten der Finanzbehörden und der Versorgungs- und Entsorgungsbetriebe (vgl. dazu: „Das registergestützte Verfahren beim Zensus 2011“, Hrsg.: Statistisches Bundesamt, S. 7).

B. Zensusdurchführung:

I.

Konsolidierter Melderegisterbestand:

Da die Daten aus den Melderegistern die Grundlage zur Feststellung der Einwohnerzahl waren, wurde bei Durchführung des Zensus als erster Teilschritt der „konsolidierte Melderegisterbestand“ aufgebaut. Dazu waren die Meldebehörden gemäß § 3 Abs. 2 des Zensusgesetzes (ZensG 2011) verpflichtet, den statistischen Landsämtern die in § 3 Abs. 1 ZensG 2011 festgelegten Daten zu übermitteln. Dabei erfolgten, neben der ersten Datenlieferung am 01.11.2010, hauptsächlich zwei weitere Lieferungen, zum Berichtszeitpunkt (09.05.2011) und nochmals zum 09.08.2011. Hintergrund der dritten Datenlieferung waren die Erfahrungen des Zensustests. Er hatte gezeigt, dass die gesetzliche Meldefrist oft überschritten wird und der Großteil der Anmeldungen in den ersten drei Monaten nach einem Umzug erfolgt. Durch die dritte Datenlieferung entstand der „konsolidierte Melderegisterbestand“, der um die stichtagsrelevanten Zuzüge in den jeweiligen Gemeinden erweitert wurde, welche im Zeitraum von drei Monaten erfolgten (vgl. dazu „Zensus 2011 - Ermittlung der Einwohnerzahl von Bund, Ländern und Kommunen“, BayVBl. 2014, S. 711). So konnten Zuzugsfälle und Geburten, die zwar stichtagsrelevant waren, aber erst später in die Melderegister eingeflossen sind, berücksichtigt werden.

Gemäß des streitgegenständlichen Bescheids wies der konsolidierte Melderegisterbestand für die Klägerin 2.013 Einwohner mit Nebenwohnung und 42.884 Einwohner mit alleiniger bzw. Hauptwohnung auf.

II.

Mehrfachfalluntersuchung:

Im Anschluss daran fand gemäß § 15 ZensG 2011 eine Mehrfachfalluntersuchung mit dem Ziel statt, jeder Person im Bundesgebiet zum Stichtag09.05.2011 nur eine Hauptwohnung zuzuordnen. Da die Melderegister dezentral auf kommunaler Ebene geführt werden, sollten dadurch Personen identifiziert werden, die in mehreren Melderegistern unterschiedlicher Gemeinden mit alleinigem Wohnsitz oder mit ihrem Hauptwohnsitz gemeldet waren. Um unzulässige Mehrfachzählungen beim Zensus zu vermeiden, prüfte das Statistische Bundesamt anhand der Meldedaten aller Kommunen, ob solche Mehrfachfälle vorliegen.

Dabei wurde zwischen temporären und dauerhaften Mehrfachfällen unterschieden:

1. Temporärer Mehrfachfall:

Ein temporärer Mehrfachfall lag dann vor, wenn eine Person von einer in eine andere Gemeinde vor oder am 09.05.2011 (Zensusstichtag) umgezogen war, dieser Umzug aber erst im Zeitraum vom 10.05.2011 bis 09.08.2011 (dritte Datenlieferung) in den jeweiligen Melderegistern nachvollzogen wurde. Während in den Zuzugsgemeinden diese stichtagsrelevanten Umzüge im Zensusdatenbestand als Zuzüge erfasst werden konnten, wurden sie aufgrund der fehlenden Übermittlung von inaktiven Personendatensätzen in den Fortzugsgemeinden nicht als Abgänge erfasst. Dies hatte zur Folge, dass solche Personen im Zensusdatenbestand nicht nur in der Zuzugsgemeinde, sondern auch in der Fortzugsgemeinde mit Haupt- oder alleiniger Wohnung erfasst waren. Die Datensätze dieser Personen wurden in der Gemeinde mit dem älteren Einzugsdatum - unabhängig von der Gemeindegröße - maschinell bereinigt, als Übererfassung verbucht und damit letztlich von der Einwohnerzahl abgezogen.

2. Dauerhafter Mehrfachfall:

Ein dauerhafter Mehrfachfall lag vor, wenn bezüglich Personen dauerhaft mehrfache Meldungen in den Melderegistern unterschiedlicher Gemeinden vorlagen. Hier wurde dann nach Gemeindegröße differenziert:

Ergaben sich für eine Person mehrere alleinige Wohnungen oder Hauptwohnungen ausschließlich in Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern, wurden die Mehrfachfälle maschinell bereinigt. Diejenige Anschrift mit dem älteren Einzugsdatum wurde gelöscht und die dort gemeldete Person in der Gemeinde als Übererfassung verbucht und von der Einwohnerzahl abgezogen. Bei mehreren Hauptwohnungen in mindestens einer Gemeinde mit weniger als 10.000 Einwohnern oder bei alleinigem Nebenwohnsitz, wurde der Wohnstatus zum Berichtszeitpunkt primärstatistisch mithilfe einer postalischen Befragung geklärt (siehe Fragebogen: „Befragung zur Klärung des Wohnsitzes“). In der Gemeinde, in der die Befragten angaben, ihre Hauptwohnung zu haben, wurden sie letztlich als Einwohner gezählt. Eventuell andere Hauptwohnsitze wurden gelöscht.

In Bezug auf Personen mit alleinigem Hauptwohnsitz führte die gesamte Mehrfachfalluntersuchung bei der Klägerin zum Abzug von 331 Übererfassungen und zum Hinzufügen von 6 Untererfassungen.

Wie viele temporäre bzw. dauerhafte Mehrfachfälle in Bezug auf die Klägerin vorlagen, konnte nach Abschluss der Mehrfachfallprüfung nicht mehr festgestellt werden, da die diesbezüglichen Daten nur temporär bis zum Abschluss der Prüfung gespeichert waren.

III.

Haushaltstichprobe:

Schließlich wurden stichprobenmäßig Haushaltsbefragungen mittels Fragebögen durchgeführt. Mit diesen Befragungen verfolgte man grundsätzlich zwei Ziele:

Zum einen dienten die Befragungen dazu, Zusatzinformationen zu gewinnen, die nicht oder nicht ausreichend in Registern vorhanden waren (z. B. Angaben zum Schul- oder beruflichen Bildungsabschluss, zur Erwerbstätigkeit, zum Migrationshintergrund, zur Religionszugehörigkeit usw.); zum anderen dienten die Befragungen bei Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern zur Aufdeckung und Korrektur von Fehlern der Melderegister, um letztlich die sich aus den Melderegistern ergebene Einwohnerzahl statistisch zu korrigieren. Dazu wurden die Übererfassungen (sog. „Karteileichen“) und die Untererfassungen (sog. „Fehlbestände“), die mittels der Haushaltsstichprobe ermittelt wurden, für die jeweilige Gemeinde hochgerechnet.

Diese Hochrechnung führte bei der Klägerin insgesamt zu 1.518 Übererfassungen und 573 Untererfassungen und damit zur Feststellung einer Einwohnerzahl zum 09.05.2011 i. H. v. 41.938 Personen, bei einem einfachen relativen Standardfehler von 0,6%.

1. Stichprobendesign:

a) Grundlagen:

Die Durchführung der Haushaltsbefragung auf Stichprobenbasis fand unter zwei wesentlichen gesetzlichen Vorgaben statt: Zum einen gab § 7 Abs. 2 Satz 1 ZensG 2011 vor, dass der Stichprobenumfang 10% der Bevölkerung nicht überschreiten soll; zum anderen wird bei der Korrektur der Registerfehler gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 ein einfacher relativer Standardfehler von höchstens 0,5% angestrebt. Um diese Vorgaben zu erfüllen sowie zur Entwicklung eines geeigneten Stichprobendesigns und einer genauen Hochrechnungsmethodik, initiierte das Statistische Bundesamt ein Stichprobenforschungsprojekt, das von der Universität T. und dem L.-Institut für Sozialwissenschaften in M. unter der Leitung von Prof. Dr. M. und PD Dr. G. bearbeitet wurde. Ergebnis dieses Forschungsprojektes war die Empfehlung, für die Ermittlung der Einwohnerzahl eine Version des verallgemeinerten Regressionsschätzers auf Anschriftenebene einzusetzen (vgl. Berg, in: „Das Hochrechnungsverfahren zur Ermittlung der Einwohnerzahl im Zensus 2011, Wirtschaft und Statistik, April 2014, S. 230). Dies bedeutet, dass die Korrektur der Melderegister und somit auch die Feststellung der Einwohnerzahl letzten Endes auf einer Schätzung beruhen. Die grundlegende Formel zur Ermittlung der Einwohnerzahl war dabei:

Einwohnerzahl = (ausgezählte) Melderegisterbestände + (geschätzte) Fehlbestände - (geschätzte) Karteileichen.

Nach den Empfehlungen des Stichprobenforschungsprojektes wurden die Fehlbestände und Karteileichen nicht direkt hochgerechnet. Vielmehr wurde zunächst jeweils die Zahl der mit Hauptwohnsitz existenten (= in der Stichprobe angetroffenen) und die Zahl der mit Hauptwohnsitz paarigen (= sowohl in der Stichprobe angetroffenen als auch im Melderegister gemeldeten) Personen geschätzt. Fehlbestände und Karteileichen berechneten sich dann wie folgt:

Karteileichen = Melderegisterbestand - paarige Personen

Fehlbestände = existente Person der Haushaltsstichprobe - paarige Person

b) Einteilung der Anschriften in Schichten:

Da die Regressionsschätzung auf Anschriftenebene erfolgte, war die Anschrift die maßgebliche Stichprobeneinheit d. h. bei der Auswahl der Stichproben wurden nicht bestimmte Personen ausgewählt, sondern ganze Anschriften. Wurde eine Anschrift in die Stichprobe gezogen, wurden alle Bewohner dieser Anschrift befragt. Wie viele Personen letzten Endes von der Stichprobenerhebung betroffen waren, hing deshalb vom Zufall ab und konnte vorab nicht exakt festgelegt werden. Bevor die Anschriften für die Stichproben ausgewählt wurden, wurden aus dem Anschriften- und Gebäuderegister alle sensiblen Sonderanschriften entfernt, weil gemäß § 8 Abs. 5 Satz 1 ZensG 2011 an diesen keine Haushaltsstichprobe durchgeführt werden durfte.

Da die Gemeinden im Bundesgebiet hinsichtlich ihrer regionalen Eigenschaften (z. B. ländlich oder städtisch) und folglich auch bezüglich bestimmter Schlüsselvariablen (z. B. Alter, Bildung, Migration, Beschäftigung usw.) eine heterogene Struktur aufweisen, wurden die Anschriften für die Haushaltsstichprobe nicht zufällig ausgewählt, sondern es fand eine geschichtete Stichprobe statt, d. h. vor Auswahl der Anschriften wurden diese auf zwei Ebenen in Schichten eingeteilt (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 2 ZensG 2011 und der darauf beruhenden Verordnung über Verfahren und Umfang der Haushaltsbefragung auf Stichprobenbasis zum Zensusgesetz 2011 (StichprobenV)).

Auf der ersten Ebene fand gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 StichprobenV eine regionale Schichtung statt. Dabei wurden folgende Erhebungsgebiete gebildet (vgl. auch Sinner-Bartels. in: „Die Ermittlung der Einwohnerzahlen beim Zensus 2011“, Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 3/2013, S. 14)

- Typ 1: Stadtteile, mit durchschnittlich 200.000 Einwohnern von Städten, die mindestens 400.000 Einwohner haben.

- Typ 2: Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern, sofern sie nicht bereits zum Typ 1 gehören.

- Typ 3: Zusammenfassung kleiner Gemeinden (unter 10.000 Einwohnern) innerhalb eines Kreises, wenn diese zu einem Gemeindezusammenschluss gehören und in der Summe mindestens 10.000 Einwohner haben.

- Typ 4: Zusammenfassung aller Gemeinden eines Kreises, die bis dahin noch nicht zugeordnet waren.

Auf der zweiten Ebene wurde für jedes Erhebungsgebiet gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 StichprobenV eine Einteilung der Anschriften entsprechend ihrer Größenklasse vorgenommen.

Dabei wurden alle „Normalanschriften“ (= kein Sonderbereich) aufsteigend nach der Zahl der an der Anschrift gemeldeten Personen geordnet und anschließend so in acht überschneidungsfreie Schichten eingeteilt, dass in jeder der acht Schichten in etwa die gleiche Anzahl an Personen enthaltenen war. Ergebnis war, dass zwar in jeder Schicht ungefähr gleich viele Personen zu finden waren, die Anzahl der in der Schicht zu findenden Anschriften jedoch mit ihrer Größe abnahm. Auf die bei der Klägerin vorgenommenen Schichtenbildung wird Bezug genommen (Blatt 12 GA). In einer neunten Schicht wurden alle nichtsensiblen Sonderanschriften eines Erhebungsgebiets einsortiert. An Anschriften aus dieser neunten Schicht wurden zwar Befragungen durchgeführt, jedoch nur mit dem Ziel, Zusatzinformationen zu gewinnen. Anschriften der neunten Schicht wurden dagegen nicht zur Korrektur von Registerfehlern herangezogen, da an diesen Anschriften die Einwohnerzahl ohnehin durch eine Vollerhebung erfasst wurde (Blatt 254 der GA).

c) Unterschiedlicher Auswahlsatz der einzelnen Schichten und Gemeinden:

Bei der Auswahl der Anschriften für die Befragungen gab es für jede Schicht einen individuellen Auswahlsatz d. h. in jeder Schicht wurde ein anderer Prozentsatz an Anschriften für die Befragungen ausgewählt. Hintergrund waren die Ergebnisse des Zensustests, der gezeigt hatte, dass die Abweichungen zum Melderegister mit der Zahl der an einer Anschrift gemeldeten Personen (Anschriftengröße) zunehmen (Blatt 32 der BA).

Wie hoch dieser Prozentsatz pro Schicht ausfiel, wurde durch einen spezifischen Aufteilungsalgorithmus unter Verwendung der optimalen Allokation ermittelt. Um extreme Gewichtungen einzelner Schichten im Vorfeld zu verhindern, wurde bereits vor Ziehung der Anschriften für jede Schicht ein minimaler und maximaler Auswahlsatz vorgegeben (sog. „Box Constraints“). Diese minimalen und maximalen Limitierungen wurden, abhängig von der Gemeindegrößenklasse, vorab von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder festgelegt. Durch die Abhängigkeit von der Gemeindegrößenklasse wurde der Vermutung Rechnung getragen, dass größere Gemeinden in der Regel einen relativ kleinen Auswahlsatz benötigen, um eine mit kleineren Gemeinden vergleichbare Präzision zu erreichen. Die Vorgaben waren wie folgt:

Gemeindegrößenklasse von…bis unter…Einwohner

Auswahlsatz:

Untergrenze:

Obergrenze:

10.000 bis 30.000

5%

50%

30.000 bis 100.000

4%

40%

100.000 und mehr

2%

40%

Quelle: „Das Stichprobendesign der Haushaltsstichprobe des Zensus 2011“; in: Wirtschaft und Statistik, April 2011, S. 323.

Nach dem Datenblatt zum streitgegenständlichen Bescheid wurden diese Grenzen in Bezug auf die Klägerin eingehalten.

Allgemein galt bei der Festlegung des Stichprobenumfangs pro Schicht folgender Grundsatz: Je heterogener eine Schicht war, d. h. je größer die Streuung (Varianz) der Anschriftengröße war, desto höher ist der Stichprobenumfang ausgefallen. Da in der achten Schicht (höchste Anschriftengrößenklasse, von 19 bis 92 Personen) meistens die höchste Streuung der Anschriftengröße vorlag, gab es in der Regel dort auch den höchsten Auswahlsatz und damit auch die höchsten Anteile von in die Stichprobe einbezogenen Personen. Auch in der ersten Schicht führten oft relativ viele Anschriften ohne gemeldete Personen am Rande des Wertebereichs zu einer relativ großen Streuung und damit zu einem höheren Auswahlsatz (Blatt 51 der BA). Dies war auch bei der Klägerin der Fall.

Der Verordnungsgeber legte in § 3 Abs. 1 Satz 2 StichprobenV den bundesweiten Stichprobenumfang auf 9,6% der Bevölkerung fest. Dabei wurde dieser Stichprobenumfang nicht auf alle Bundesländer und alle Gemeinden gleich umgelegt, sondern die Höhe des Auswahlsatzes hing von der Größe der Gemeinde ab. Je größer die Gemeinde war, desto geringer war der Auswahlsatz. Auch weil die Bundesländer untereinander große Unterschiede hinsichtlich der Größe ihrer Gemeinden aufweisen, wurden für diese jeweils unterschiedliche Auswahlsätze festgelegt. Dies soll dem statistischen Grundsatz geschuldet sein, dass der Informationsgehalt und die Qualität letztlich nicht vom prozentualen Auswahlsatz, sondern von der absoluten Zahl der erhobenen Einheiten abhängt (vgl. dazu „Zensus 2011 - Ermittlung der Einwohnerzahl von Bund, Ländern und Kommunen“, BayVBl. 2014, S. 713).

Bei der Klägerin wurde an insgesamt 8,37% ihrer Anschriften eine Stichprobe durchgeführt (Blatt 258 der GA). Das Datenblatt zum streitgegenständlichen Bescheid weist insgesamt 807 Anschriften aus, die in die Haushaltsstichprobe einbezogen waren.

2. Hauptziehung der Anschriften für die Haushaltsstichprobe:

Die Stichprobenanschriften wurden dabei in drei verschiedenen Ziehungen ausgewählt. Zum Stichtag 01.09.2010 fand die Hauptziehung statt. Bei dieser Hauptziehung wurden bezüglich der Klägerin 807 Anschriften ausgewählt. Bayernweit standen für die Auswahl im Rahmen der Hauptziehung 3.102.221 Anschriften zur Verfügung (Blatt 253 der GA).

Wie der Beklagte auf gerichtliche Nachfrage (Blatt 202 der GA) eingeräumt hat (Blatt 253ff. der GA), fand nur bei dieser Hauptziehung die oben beschriebene Schichtung der Adressen innerhalb des Stadtgebiets der Klägerin (regionale Schichtung, Typ 2), verteilt auf acht Größenklassen, statt (vgl. auch: „Der Auswahlplan für die Ziehung der Neuzugänge der Haushaltsstichprobe des Zensus 2011“, in: Wirtschaft und Statistik, März 2014, Seite 151ff.).

Da diese Hauptziehung auf Daten beruhte, die sich auf einen deutlich früheren Zeitpunkt als den Zensusstichtag (09.05.2011) bezogen hatten, konnten dabei nicht alle zum Stichtag bestehenden Wohnanschriften in die Auswahl einbezogen werden. Typischerweise handelte es sich bei den damals fehlenden Anschriften um diejenigen, die durch nachträgliche Neubaumaßnahmen, Ummeldungen von Personen, Umwidmungen von gewerblich benutzten Räumen in Wohnraum und anderen Korrekturen der Auswahlgrundlage (= Anschriften- und Gebäuderegister) nach der Hauptziehung zustande gekommen waren. Um dies berücksichtigen zu können, fanden zwei Nachziehungen statt: Die Neuzugangsziehung und die Ergänzungsziehung.

3. Neuzugangsziehung:

Die Neuzugangsziehung zum Stichtag 31.03.2011 war deshalb nötig, weil zum 01.11.2010 eine weitere Datenlieferung der Melderegister in das Anschriften- und Gebäuderegister eingearbeitet wurde.

Allgemein wurde das Schichtprinzip bei der Neuzugangsziehung wie folgt vereinfacht: Im Gegensatz zur Hauptziehung wurde nicht mehr zwischen Sonderanschriften und Normalanschriften unterschieden, sondern die Ziehung fand auf Grundlage der Vereinigungsmenge von Normalanschriften und Sonderanschriften statt. Daneben wurde die regionale Schichtung nach den oben beschriebenen Typen aufgegeben. Anstatt auf dem klägerischen Stadtgebiet zu schichten, fand nun eine Schichtung auf Regierungsbezirksebene statt. Des Weiteren wurde auf der zweiten Ebene die Anzahl der Schichten hinsichtlich der Anschriftengrößenklasse um die Hälfte von acht auf vier Schichten reduziert. In Hinblick auf die optimale Allokation veränderte man die Unter- und Obergrenzen auf 2% bzw. 50% (Blatt 254 der GA). Beibehalten wurde die Aufteilung, gleiche Anzahl von Personen in jeder Schicht, aufsteigend nach Anschriftengröße. Bei dieser Neuzugangsziehung wurden bezüglich der Klägerin 0,37% und damit 3 Anschriften ausgewählt.

Die Vereinfachung des Verfahrens war aus Sicht des Beklagten wegen der deutlich niedrigeren Fallzahlen notwendig. Da bei der Neuzugangsziehung bayernweit insgesamt nur 24.468 Neuzugangsanschriften für 325 Erhebungsgebiete zur Verfügung gestanden seien, wären im Schnitt auf jedes Erhebungsgebiet lediglich 75 Anschriften entfallen. Diese verteilt auf 8 Schichten, hätte lediglich 9 Anschriften pro Schicht ergeben, was für eine adäquate geschichtete Stichprobenziehung zu wenig gewesen wäre.

Hinsichtlich der unterschiedlichen Auswahlsätze bei den verschiedenen Ziehungen (Hauptziehung: 9,08%, Neuzugangsziehung: 10,76% und Ergänzungsziehung: 9,89%) müsse darauf hingewiesen werden, dass der Auswahlsatz eine Reaktion auf die regionalen Begebenheiten gewesen sei. Der Stichprobenumfang werde nämlich auch durch die Streuung der gemeldeten Personen pro Anschrift beeinflusst. Bei der Neuzugangsziehung habe sich gezeigt, dass tendenziell mehr Personen gemeldet waren als bei den Populationen der Haupt- und der Ergänzungsziehung, wodurch für die Neuzugangsziehung ein niedrigerer Auswahlsatz ausreichend gewesen sei. Aus stichprobentheoretischen Aspekten wäre es nicht sinnvoll gewesen, für die verschiedenen Ziehungen bei verschiedenen Grundgesamtheiten pauschal denselben Auswahlsatz anzusetzen (Blatt 255 der GA).

4. Ergänzungsziehung:

Bei der Ergänzungsziehung wurde das Aufteilungs- und Zufallziehungsverfahren noch weiter vereinfacht: Regional fand lediglich eine Schichtung nach Bundesländern statt und von einer Schichtung nach Anschriftengrößenklasse wurden ebenso abgesehen, wie von der Nutzung einer optimalen Allokation mit entsprechenden Ober- und Untergrenzen im Hinblick auf den Auswahlprozentsatz (Blatt 254 der GA). Da lediglich auf der Ebene der Bundesländer geschichtet wurde, wurde ein fester Auswahlsatz von 9,79% verwendet. Bezüglich der Klägerin wurden bei dieser Ergänzungsziehung 0,74% und damit 6 Anschriften ausgewählt. Bayernweit standen für die Auswahl im Rahmen der Ergänzungsziehung 13.586 Anschriften zur Verfügung (Blatt 253 der GA).

Aus Sicht des Beklagten sei die nochmalige Vereinfachung des Verfahrens, wegen der noch geringeren Anzahl von Anschriften notwendig gewesen. Innerhalb der Schichten sei eine systematische Ziehung vorgenommen worden, um extremen Stichproben, wie bspw. die Ziehung nur der größten bzw. kleinsten Anschrift einer Schicht, entgegenzuwirken. Sowohl bei der Neuzugangsziehung als auch bei der Ergänzungsziehung sei von den Vorgaben in § 2 Abs. 3 StichprobenV abgewichen worden, was jedoch auf zwingende fachliche Gründe zurückzuführen sei und keinerlei Nachteile für die Gemeinden bedeute. Bereits im Verordnungsgebungsverfahren sei absehbar gewesen, dass eine so differenzierte Schichtung wie für die Hauptziehung in der Neuzugangsziehung bzw. Ergänzungsziehung nicht sinnvoll sei. Der Verordnungsgeber habe es allerdings versäumt, für die Neuzugangsziehung und Ergänzungsziehung eine weniger differenzierte Schichtung zu regeln.

Insgesamt wurden bezüglich der Klägerin aus beiden Nachziehungen an 9 Anschriften 29 Hauptwohnsitzpersonen befragt. Von diesen 29 Personen wurden zwei Personen als Untererfassungen (Fehlbestand) und eine Person als Übererfassung (Karteileiche) identifiziert.

5. Konkrete Durchführung der Stichproben:

Im Rahmen der Erhebung der Haushaltsstichprobe wurde vom Erhebungsbeauftragten nach einer Vorbegehung an den zu befragenden Haushalt zunächst ein Anschreiben mit Terminvorschlag geschickt. Ist von diesem Haushalt kein anderer Termin genannt worden, erschien der Erhebungsbeauftragte zum vorgeschlagenen Termin, um die Befragung durchzuführen. Wurde ein Haushalt nicht angetroffen, wurde vom Erhebungsbeauftragen eine sog. Zweitankündigungskarte mit Nennung eines Zweittermins hinterlegt. Konnte der Haushalt auch zu diesem Termin nicht angetroffen werden, wurde dies vom Erhebungsbeauftragten in der Erhebungsliste vermerkt. Im Anschluss daran hat die örtliche Erhebungsstelle ein postalisches Schreiben an den Haushalt gerichtet und die entsprechenden Fragebögen mit der Bitte um Beantwortung beigelegt. Falls der Haushalt darauf nicht reagierte, wurden Erinnerungs- und Mahnschreiben aufgesetzt, zuletzt mit Postzustellungsurkunde. Wenn auch diese Zustellung erfolglos war, wurde mit dem Landesamt für Statistik und Datenschutz geprüft, ob die Personen des Haushalts im Melderegister zum Stand 09.05.2011 gemeldet waren oder nicht. Waren sie zum Stichtag gemeldet, wurden sie auch als existent gezählt. Nur falls dies letztendlich nicht der Fall war, wurden die Personen als definitiv nicht existent gewertet. Dadurch sollte sichergestellt werden, dass Personen, die sich für einen längeren Zeitraum im Ausland oder anderweitig nicht zuhause aufgehalten haben, nicht fälschlicherweise als nicht existent eingestuft wurden. Bei angetroffenen Haushalten war es möglich, dass volljährige Haushaltsmitglieder den Fragebogen auch für nicht anwesende Personen mit ausfüllen. Das Ausfüllen des Bogens durch Nachbarn bzw. Personen anderer Haushalte war dagegen nicht möglich gewesen.

Auf gerichtliche Nachfrage führt der Beklagte hinsichtlich der Klägerin aus, dass ihm auf dem klägerischen Stadtgebiet lediglich drei Haushalte bekannt seien, bei denen mittels PZU und einer ergänzenden Recherche die Existenzfeststellung durchgeführt worden sei. In diesen Fällen sei stets die Existenz der betroffenen Person festgestellt worden. Zwar könne generell nicht ausgeschlossen werden, dass möglicherweise ganze Anschriften bei der Stichprobe nicht erhoben werden konnten, dies sei auf dem klägerischen Stadtgebiet jedoch nicht eingetreten (Blatt 260 der GA).

Für jede Anschrift, die zu erheben war, wurde den Erhebungsbeauftragten eine Namensliste der Anschrift mit einem Melderegisterauszug zum 01.11.2010 ausgehändigt. Die Erhebungsbeauftragten wurden nach Aussage des Beklagten bei den Schulungen darauf hingewiesen, dass die Namensliste lediglich einen Anhaltspunkt für die anzutreffenden Personen liefern solle und sie lediglich die Funktion habe, die Anschrift zweifelsfrei zu identifizieren. Unabhängig von der Namensliste seien die Erhebungsbeauftragten dazu angehalten gewesen, alle an einer Anschrift wohnenden Personen zu identifizieren. Die Existenz der nach dem 09.05.2011 verzogenen oder verstorbenen Personen konnte dem Erhebungsbeauftragten durch die noch anwesenden Haushaltsmitglieder bestätigt werden. Zudem wurden Nachmieter nach der neuen Anschrift befragt und die Person dann unter ihrer neuen Anschrift angeschrieben (Blatt 133 der GA).

Bei der Feststellung der Einwohnerzahl waren die Angaben zum Wohnstatus, die bei den Stichproben erhoben wurden, nicht einwohnerzahlrelevant. Nur bei Personen, die in der Haushaltsstichprobe angetroffen wurden und die nicht bereits davor im Melderegister verzeichnet waren, wirkte sich die Angabe bei der Feststellung der Einwohnerzahl aus. Auf die Darstellung zum Datenfluss der Haushaltsbefragung auf Stichprobenbasis, zu den Sicherungsmaßnahmen zur Gewährleistung der Richtigkeit der Datenübertragung und zu den Datenbeständen für den Zensus 2011 wird Bezug genommen (Blatt 184-196 der GA).

6. Relativer Standardfehler:

Die vom Gesetzgeber angestrebte Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5% wurde bei der Klägerin nicht eingehalten. Bei ihr wies der relative Standardfehler einen Wert von 0,60% auf. Als Gütemaß kann aus dem relativen Standardfehler abgeleitet werden, wie hoch die durchschnittliche Abweichung der aus der Stichprobe geschätzten Einwohnerzahl von der tatsächlichen Einwohnerzahl ausfällt. Bundesweit lag der einfache relative Standardfehler im Mittel bei 0,56%.

Diese statistische Ungenauigkeit ist umso kleiner (und umso genauer ist die Güte der statistischen Schätzung), je größer der Stichprobenumfang und je kleiner die tatsächliche aus der Stichprobe geschätzte unbekannte Streuung der Daten in der Grundgesamtheit ist. Wesentliche Bestimmungsfaktoren bei der Entwicklung eines Stichprobendesigns sind also entweder der angestrebte Stichprobenumfang oder die angestrebte Qualität. Beide Bestimmungsfaktoren hängen unmittelbar zusammen: Je größer der Stichprobenumfang, desto geringer der relative Standardfehler und umgekehrt. Standardfehler und Stichprobenumfang stehen damit in einem direkten Wechselspiel zueinander und das Festhalten einer der beiden Größen hatte direkten Einfluss auf die jeweils andere Größe.

Bezogen auf die Klägerin bedeutet dies, dass die tatsächliche Einwohnerzahl von der im Zensus ermittelten Einwohnerzahl mit 95% Sicherheit um 503 Personen (2 x 0,006 [Standardfehler] x 41.938 [im Zensus ermittelte Einwohnerzahl]) nach oben oder unten abweichen kann (Konfidenzintervall). Mit 95% Sicherheit bewegt sich somit die tatsächliche Einwohnerzahl der Klägerin zwischen 41.435 und 42.441 Einwohner, was einer Intervallbreite von 1.006 Personen entspricht. Wäre beim relativen Standardfehler der gesetzliche Wert von 0,5% eingehalten worden, würde die Intervallbreite bei der Klägerin 838 Personen betragen.

Auf gerichtliche Nachfrage (Blatt 201ff. der GA) erklärte der Beklagte zum relativen Standardfehler weiter: Die gerichtliche Annahme, dass die unterschiedliche Verteilung der Einwohnerzahl pro Anschrift den relativen Standardfehler beeinflusse, sei zutreffend. In einer Gemeinde, in der z. B. fast ausschließlich zwei Personen pro Anschrift wohnen, wäre der relative Standardfehler nahezu Null, da - egal welche Anschriften bei einem bestimmten Stichprobenumfang in die Stichprobe gelangen - die Ergebnisse für die ermittelte Gesamteinwohnerzahl nahezu identisch wären. Weise jedoch eine andere gleichgroße Gemeinde eine große Streuung hinsichtlich der Einwohnerzahl pro Anschrift auf, wäre bei demselben Stichprobenumfang ein höherer relativer Standardfehler zu erwarten. Die Gesamteinwohnerzahl würde bei unterschiedlichen Stichproben stärker variieren. Dieser Verschiedenartigkeit der Gemeinden sei das beim Zensus verwendete Stichprobendesign mit unterschiedlichen Stichprobenumfängen pro Gemeinde entgegengetreten: Je größer die Streuung der Einwohnerzahl pro Anschrift gewesen sei, desto mehr Anschriften haben untersucht werden müssen, wobei diese unbekannte Streuung aus den Informationen des Melderegisters wiederum geschätzt werden musste. Die Stichprobenumfänge seien so auf die Gemeinden aufgeteilt worden, dass der relative Standardfehler für alle Gemeinden möglichst klein ausfalle.

Der relative Standardfehler falle deshalb bei unterschiedlichen Gemeinden auch unterschiedlich aus. Dies habe mehrere Gründe. Zudem basiere der auf den Datenblättern angegebene relative Standardfehler ebenfalls auf einer Schätzung. Neben der Streuung der Einwohnerzahl pro Anschrift, den Stichprobenumfängen und den Grundgesamtheiten je Schicht hänge der Wert des geschätzten relativen Standardfehlers im Wesentlichen von der Erklärungskraft der im Regressionsmodell verwendeten Einflussgrößen zur Prognose der tatsächlichen Einwohnerzahl ab. Haben sich in den primärstatistisch untersuchten Anschriften deutliche Unterschiede zwischen gemeldeter Einwohnerzahl pro Anschrift und tatsächlicher Einwohnerzahl pro Anschrift offenbart, so führe dies zu einer Erhöhung des relativen Standardfehles (vgl. Blatt 249 der GA).

7. Wiederholungsbefragungen:

Zur Prüfung der Qualität der Stichprobenergebnisse im Hinblick auf die amtliche Einwohnerzahl, fanden gemäß § 17 Abs. 2 ZensG 2011 Wiederholungsbefragungen bei 5% bis 10% der Anschriften statt, die bereits bei der Haushaltsstichprobe befragt wurden. Auf gerichtliche Nachfrage mit dem Ziel, eine quantitative Abschätzung von Messfehlern bei der Klägerin vornehmen zu können (Blatt 202 der GA), erklärte der Beklagte zu den Wiederholungsbefragungen:

Der geringe Stichprobenumfang von max. 10% der Stichprobenanschriften lasse nur den Nachweis von Ergebnissen für ganze Bundesländer zu, aber keine fachlich belastbaren Ergebnisse für einzelne Gemeinden. Um aber dennoch einen Eindruck für die Klägerin gewinnen zu können, habe man eine reine Fallzahlauswertung der Wiederholungsbefragungen vorgenommen.

Für die Wiederholungsbefragungen seien bei der Klägerin insgesamt 39 Anschriften ausgewertet worden. Aus dem Datenvergleich der Haushaltsstichproben und der Wiederholungsbefragungen seien die in Tabelle 1 aufgeführten Kenngrößen berechnet worden. Auf die Tabelle wird Bezug genommen (Blatt 251 der GA).

Für die Klägerin habe sich gezeigt, dass bei 227 Personen und damit bei 95,0% die Hauptwohnsitz-Paarigkeit einer Person von beiden Erhebungen festgestellt worden sei. Insgesamt würden beide Erhebungen bei 95,8% der Personen übereinstimmende Resultate zeigen, was angesichts des zeitlichen Abstands beider Erhebungen und der während dieses Zeitraums möglichen Umzüge für eine Bestätigung der Haushaltsstichprobe durch die Wiederholungsbefragung spreche. Zwei Personen (0,8%) seien in der Haushaltsstichprobe als Karteileiche gewertet, bei der Wiederholungsbefragung dagegen als paarig eingestuft worden. Hier lasse sich letztlich aber nicht aufklären, welche der beiden Erhebungen zutreffe. Diesen zwei Untererfassungen in der Haushaltsstichprobe stünden sechs Übererfassungen gegenüber. Von den bei der Haushaltsstichprobe als existent festgestellten, einwohnerzahlrelevanten Personen seien in den Wiederholungsbefragungen 97,4% ebenfalls als existent erkannt worden. Auch dies spreche dafür, dass die Ergebnisse der Haushaltsstichprobe im Wesentlichen durch die Wiederholungsbefragungen bestätigt werden konnten. Indizien für Erhebungsfehler seien nicht feststellbar.

IV.

Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten:

Im Gegensatz zu der eben beschriebenen Korrektur der Melderegister durch die Haushaltsstichprobe fand bei Gemeinden unter 10.000 Einwohnern keine Haushaltsstichprobe, sondern eine Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten statt. Befragt wurden bei dieser primärstatistischen Erhebung Personen an Anschriften, bei denen die Informationen aus der Gebäude- und Wohnungszählung zur Anzahl der an einer Anschrift wohnenden Personen mit den Eintragungen der Melderegister nicht übereinstimmten. Dieser Abgleich beschränkte sich auf Anschriften mit nur einer bewohnten Wohnung. Hintergrund war eine vorherige Recherche zur Qualität der Registerdaten. Dabei soll sich gezeigt haben, dass insbesondere bei Abweichungen an den Anschriften mit Einfamilienhäusern von Fehlern in den Melderegistern auszugehen sei (vgl. „Der Referenzdatenbestand im Zensus 2011“, in: Wirtschaft und Statistik, 01/2013, S. 31).

V.

Erhebungen an den Sonderbereichen:

Da aus früheren Volkszählungen und dem Zensustest bekannt war, dass an Sonderanschriften regelmäßig eine hohe Anzahl von Über- und Untererfassungen vorliegt (unzureichendes Meldeverhalten, hohe Fluktuation), entschied sich der Gesetzgeber bei diesen Anschriften dazu, alle dort wohnenden Personen durch eine primärstatistische Vollerhebung mittels Fragebögen zu erfassen (§ 8 Abs. 1 ZensG 2011). Ziel war eine ausreichende Qualität der Zensusergebnisse. Gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 ZensG 2011 sind Sonderbereiche Gemeinschafts-, Anstalts- und Notunterkünfte, Wohnheime und ähnliche Unterkünfte, die in der Regel der längerfristigen Unterbringung und Versorgung von Personen mit einem spezifischen Unterbringungsbedarf dienen (z. B. Klöster, Internate, Alten- und Pflegeheime, Arbeiterheime, Studentenwohnheime, Mutter-, Kind- und Jugendheime usw.).

Diese Sonderbereiche wurden dann nochmals in sensible und nichtsensible Bereiche unterteilt. Als sensibel galten gemäß § 2 Abs. 5 Satz 3 ZensG 2011 alle Anschriften, bei denen die Information über die Zugehörigkeit für Betroffene die Gefahr einer sozialen Benachteiligung hervorrufen konnte (z. B. Justizvollzugsanstalten, psychiatrische Einrichtungen, Palliativstationen, Maßregelvollzugseinrichtungen, Flüchtlingsunterkünfte, (Not-) Unterkünfte für Wohnungslose usw.).

Während grundsätzlich die dort wohnenden Personen selbst auskunftspflichtig waren (§ 18 Abs. 5 Satz 1 ZensG 2011), wurde bei sensiblen Bereichen nur die Einrichtungsleitung befragt. Nur sie war gemäß § 18 Abs. 5 Satz 4 ZensG 2011 auskunftspflichtig. Zur Handhabung wurde ein Sonderanschriftenregister aufgebaut und für die Erhebungen in den Sonderbereichen waren die lokalen Erhebungsstellen zuständig (nach Art. 27 Abs. 1 BayStatG die kreisfreien Gemeinden und die Landkreise). Bei der Realisierung der Erhebungen unterschied sich das Verfahren dahingehend, dass bei nichtsensiblen Sonderbereichen die Bewohner grundsätzlich mittels Interview durch einen Erhebungsbeauftragten befragt wurden. Nur wo dies nicht möglich war (z. B. bei Minderjährigen oder bei gesundheitlichen Problemen, insbesondere in Alten- und Pflegeheimen), fand eine Erhebung mittels der Einrichtungsleitung statt. Diese hatte stets die Möglichkeit, den Erfassungsbogen einem Erhebungsbeauftragten zu übergeben oder eine Online-Meldung vorzunehmen (vgl. Marion Geiger, in: „Zensus 2011: Erhebungsteil Sonderbereiche“, Bayern in Zahlen, Mai 2012, S. 280ff.).

Auf gerichtliche Nachfrage erläuterte der Beklagte die Sonderbereichserhebung dahingehend, dass durch die Befragungen für die Klägerin 1.565 Einwohner mit Hauptwohnsitz gezählt wurden (Blatt 439 GA), bei 1.663 befragten Personen (Blatt 259 der GA). Auf dem klägerischen Stadtgebiet hätten sich im Zensusbestand 32 als Sonderanschrift geführte Anschriften befunden, wobei es sich bei einer Anschrift um eine reine Meldeanschrift gehandelt habe, die nicht primärstatistisch habe überprüft werden können. An dieser Anschrift seien alle gemeldeten Personen als existent angenommen worden. Die weiteren 31 Sonderanschriften seien in 18 nichtsensible und 14 sensible Sonderbereiche eingeteilt gewesen, d. h. eine Sonderanschrift habe sich als Mischanschrift dargestellt (Blatt 259 der GA).

Nach Durchführung der Befragungen wurden die erhobenen Daten mit den Meldedaten der Sonderanschriften durch die Statistischen Landesämter abgeglichen. Dort wohnhafte Personen, die nicht im Melderegister geführt waren, wurden in den Zensusdatenbestand der Sonderbereichsgemeinde neu aufgenommen (Untererfassung). Umgekehrt wurden Personen, die nicht an der Anschrift wohnten, obgleich sie im Melderegister geführt waren, in den Meldedatenbeständen des Zensus gelöscht (Übererfassung).

Auf das vom Beklagten vorgelegte „Fachkonzept zur Erhebung an Sonderanschriften“ wird Bezug genommen (Blatt 273 - 395 der GA).

Um sicherzustellen, dass Personen aus Sonderbereichen nicht zusätzlich an einer anderen Anschrift im Bundesgebiet gemeldet und dort als Einwohner gezählt wurden, wurde auch hier zusätzlich eine Mehrfachfalluntersuchung durchgeführt. Ergab sich aus der Befragung eine Hauptwohnung in der Sonderbereichsgemeinde, wurden alle weiteren eventuell vorhandenen Wohnsitze der Person zur Nebenwohnung geändert. Ergab sich aus der Befragung eine Nebenwohnung, wurde weiter geprüft, ob für die Person im Bundesgebiet noch genau eine Hauptwohnung vorhanden war (neben eventuell vorhandenen weiteren Nebenwohnungen). War kein weiterer Wohnsitz vorhanden, wurde an der Sonderanschrift - entgegen der Information aus der Erhebung - die Hauptwohnung angenommen. Waren lediglich weitere Nebenwohnungen vorhanden, wurde anhand zusätzlicher Informationen (Zuzugsdatum, Verzeigerung an weiteren Wohnsitzen) entschieden, welche der vorhandenen Wohnungen als Hauptwohnung zu werten war. Somit wurde bei Personen in nichtsensiblen Sonderbereichen nicht zwangsläufig die Erhebungsinformation zum Wohnstatus auch tatsächlich umgesetzt.

Demgegenüber wurde der Wohnstatus bei Personen in sensiblen Sonderbereichen gänzlich mithilfe der Melderegisterinformationen unter Berücksichtigung des Zuzugsdatums aus der Erhebung und eventuell vorhandener weiterer Wohnsitze im restlichen Bundesgebiet festgelegt (Blatt 260 der GA). Zwar enthielt der Fragebogen für sensible Sonderbereiche (Blatt 220 der GA) auch die Frage nach dem Wohnstatus, bei der Durchführung stellte sich jedoch nach den Ausführungen des Beklagten heraus, dass in den häufigsten Fällen den Einrichtungsleitungen keine detaillierten Informationen dazu vorgelegen haben. Deshalb habe man sich im statistischen Verbund darauf verständigt, zur Feststellung des Wohnstatus lediglich die Melderegisterangaben mit Hilfe der Angaben zum Tag des Bezugs der Wohnung oder des Beginns der Unterbringung zu plausibilisieren (Blatt 446 der GA).

Im Vergleich zu den Melderegisterbeständen wurden bei der Klägerin so 209 Übererfassungen abgezogen und 533 Untererfassungen hinzugerechnet (Blatt 11 der GA).

Allerdings wich der Beklagte von dem gerade beschriebenen primärstatistischen Erhebungsverfahren ab, indem er nicht an allen Sonderanschriften auf dem klägerischen Stadtgebiet eine Befragung durch Fragebögen durchgeführt hat. Wie der Beklagte auf gerichtliche Nachfrage eingeräumt hat (Blatt 256 der GA), griff er bei Bundeswehrkasernen und Justizvollzugsanstalten auf zentrale Datenlieferungen des Bundesverteidigungsministeriums bzw. des Bayerischen Staatsministeriums für Justiz zurück. Da nach seiner Ansicht Justizvollzugsanstalten den sensiblen Sonderbereichen zuzurechnen und Kasernen nach der Gesetzesbegründung wie sensible Sonderbereiche zu behandeln seien (BR-Drucks. Nr. 3/09), wäre ohnehin die Einrichtungsleitung auskunftspflichtig gewesen. Nachdem die oben genannten Ministerien flächendeckend über aktuelle Register zu den „Bewohnern“ der Einrichtungen verfügt haben, sei lediglich ein effizienterer und kostengünstigerer Weg gewählt worden, um Daten in gleicher Qualität wie im Vergleich zu einer Befragung zu gewinnen. Diese Vorgehensweise komme einer Vollerhebung i. S. d. § 8 ZensG 2011 gleich. Falls die Person nicht in der zentralen Datenlieferung der Ministerien enthalten gewesen sei, sei auch kein Wohnsitz für diese Person an der Sonderanschrift festgestellt worden (Karteileiche). Der wesentliche Unterschied zur Ermittlung des Wohnstatus an anderen sensiblen Sonderanschriften liege darin, dass bei Personen in Kasernen keine Differenzierung danach vorgenommen worden sei, ob an einer weiteren Anschrift eine Verzeigerung dieser Person mit einer weiteren Person (z. B. Ehe) vorgelegen habe. Für jede Person, welche mit Hauptwohnsitz gemeldet und im Lieferumfang enthalten war, sei im Ergebnis auch ein Hauptwohnsitz an der Sonderanschrift festgestellt worden. Ansonsten sei stets der Zeitraum, den die Person bereits an der Sonderanschrift verbracht habe (mindestens sechs Monate) und die Informationen zu weiteren Wohnsitzen im Bundesgebiet bei der Feststellung des Wohnstatus an der Sonderanschrift berücksichtigt worden (Blatt 257 der GA).

In Bezug auf die von der Bundeswehr betriebenen Einrichtungen habe auf dem klägerischen Stadtgebiet bei keiner gemeldeten bzw. erhobenen Person der Wohnstatus korrigiert werden müssen. Ursprünglich seien im Melderegister der Klägerin an „Bundeswehranschriften“ 2 Hauptwohnsitzpersonen und 2 Nebenwohnsitzpersonen gemeldet gewesen. Nach Berücksichtigung der Erhebungsergebnisse habe man insgesamt 11 Hauptwohnsitzpersonen und 71 Nebenwohnsitzpersonen verzeichnen können. Bei „Justizvollzugsanschriften“ auf dem klägerischen Stadtgebiet sei bei insgesamt 7 Personen der Melderegisterwohnstatus korrigiert worden. Ursprünglich seien im klägerischen Melderegister 360 Hauptwohnsitzpersonen an „Justizvollzugsanschriften“ gemeldet gewesen. Nach Berücksichtigung der Erhebungsergebnisse habe man insgesamt 461 Hauptwohnsitzpersonen und 36 Nebenwohnsitzpersonen verzeichnen können (Blatt 257 der GA).

VI.

Referenzdatenbestand:

1. Aufnahme aller Informationen:

Der Referenzdatenbestand hatte als zentrale Datenbank die Funktion, die einzelnen Erhebungsteile zu koordinieren und deren Ergebnisse zusammenzuführen. Vereinfacht stellt sich dessen Aufbau und Handhabung wie folgt dar:

Grundlage des Referenzdatenbestandes waren die personenbezogenen Daten aus den drei Datenlieferungen der Melderegister. Diese Personendatensätze wurden anschließend mit den Anschriftendatensätzen aus dem Anschriften- und Gebäuderegister zusammengeführt und jedem Personendatensatz wurde auf diese Weise eine Anschrift-ID zugeordnet. Parallel dazu wurde jeder Personendatensatz mit einer personenbezogenen Ordnungsnummer, der PON, versehen. Die personenbezogene Ordnungsnummer war dabei ein Ordnungsmerkmal, das an der Anschrift den Datensatz einer Person eindeutig bezeichnet.

Bei der schrittweisen Integration der drei Melderegisterlieferungen wurde über die Merkmale Geburtsname, Vorname, Geburtsdatum, Geschlecht und Geburtsort geprüft, ob ein bestimmter Personendatensatz an einer Anschrift bereits existierte oder nicht. Diese Prüfung bezog sich ausschließlich auf die entsprechende Anschrift und im Gesamtbestand wurde dabei nicht nach identischen Personen gesucht. Zogen Personen zwischen den Datenlieferungen um, wurden sie jeweils an der gemeldeten Anschrift im Referenzdatenbestand integriert. Lag hinsichtlich der genannten Merkmale bereits ein identischer Personendatensatz an einer Anschrift vor, wurde kein neuer Datensatz im Referenzdatenbestand angelegt, sondern die Merkmale der Person wurden lediglich mit den Informationen aus der aktuelleren Datenlieferung aktualisiert. Anschließend wurde über die oben beschriebene Mehrfachfallprüfung sichergestellt, dass eine Person im Gesamtbestand nur einmal einwohnerzahlrelevant gezählt wurde.

Anschließend wurden die Informationen aus den Erwerbsregistern (Register der Bundesagentur für Arbeit über sozialversicherungspflichtig beschäftigte Personen und Registerangaben der öffentlichen Arbeitgeber zu Beamten, Richtern und Soldaten) integriert. Konnten dabei Datensätze zugeordnet werden, erweiterten die Informationen aus den Erwerbsregistern die bereits zur Person abgelegten Informationen im Referenzdatenbestand, in dem erwerbsstatistische Merkmale befüllt wurden. Durch die Anbindung der Erwerbsdaten änderte sich die Personenzahl im Referenzdatenbestand nicht, da durch diese Quellen keine neuen Personen im Referenzdatenbestand aufgenommen wurden. Die Erwerbsregister hatten damit keinen Einfluss auf die Ermittlung der Einwohnerzahl.

In der Zensusdurchführungsphase wurden die Erhebungsergebnisse der einzelnen primärstatistischen Erhebungen (Haushaltsstichprobe, Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten und Befragung an Sonderanschriften) in den Referenzdatenbestand integriert. Dabei wurden die Befragungsergebnisse mit dem Referenzdatenbestand auf Personenebene abgeglichen und wie folgt gekennzeichnet: Der Datensatz der Melderegister wurde bestätigt (paariger Datensatz), nicht bestätigt (Karteileichen im Melderegister) oder es wurde ein neuer Datensatz aus der Befragung ergänzt (Fehlbestand der Melderegister).

Im Referenzdatenbestand war es auch möglich, Informationen in Bezug auf die gesamte Anschrift wie beispielsweise den Grund für einen Befragungsausfall abzubilden. Dies war notwendig, wenn der Erhebungsbeauftragte z. B. an einer zu erhebenden Anschrift aus der Haushaltsbefragung feststellte, dass sich an dieser kein Wohnraum befindet (Baulücke, Anschrift ausschließlich gewerblich genutzt). In diesen Fällen konnten keine erhobenen Personen mit den Datensätzen des Referenzdatenbestandes abgeglichen werden. Dies führte im weiteren Prozess dazu, dass alle gemeldeten Personen an dieser Anschrift als nicht existent gekennzeichnet und damit als Karteileichen gewertet wurden.

2.Sicherstellung eines konsistenten Gesamtdatenbestands

Neben der Informationsaufnahme hatte der Referenzdatenbestand auch die Aufgabe, dass die integrierten Informationen widerspruchsfreie Ergebnisse für die Anschrift und die Person lieferten. Um vorhandene Unplausibilitäten feststellen zu können, wurden die Informationen aus den Erhebungen bei deren Integration mit den vorhandenen Daten der Melderegister abgeglichen und plausibilisiert.

Wie bereits oben beschrieben, wurde je Datensatz vermerkt, ob die Existenz einer Person an der Anschrift durch die Erhebung bestätigt wurde oder nicht bzw. ob eine Person neu aufgenommen wurde. Bei der Festlegung der Karteileichen und Fehlbestände war jedoch zu berücksichtigen, dass diese endgültig erst mit Abschluss der Mehrfachfallprüfung ausgewiesen werden konnten. Erst der Vergleich mit den bereinigten Melderegistern lieferte die endgültige Zahl an Karteileichen und Fehlbeständen. Damit war es zum Beispiel möglich, dass ein vom Erhebungsbeauftragten festgestellter Fehlbestand gegenüber der Melderegisterlieferung vom 01.11.2010 durch die beiden zensusrelevanten Melderegisterlieferungen zu einem paarigen Datensatz wurde.

Da die Abweichungen, die sich zwischen den Melderegistern und dem Ergebnis der Stichprobenbefragung gezeigt hatten, durch deren Hochrechnung einen besonders hohen Stellenwert hatten, wurden bei deren Integration Schwellenwerte für die Abweichungen festgelegt. Lagen die Abweichungen über den gesetzten Schwellenwerten, wurden die Erhebungsergebnisse als unplausibel markiert und erneut durch die statistischen Landesämter geprüft. Unplausible Ergebnisse lagen vor, wenn an einer Anschrift die Summe an Karteileichen und Fehlbeständen mindestens 5 betrug und der Anteil der Karteileichen und Fehlbestände im Verhältnis zur Zahl der gemeldeten Personen ≥ 0,2 war. Die statistischen Landesämter hatten dann die Möglichkeit, entweder das Erhebungsergebnis zu korrigieren oder die Abweichungen als plausibel zu bestätigen.

Neben den Ergebnissen der Stichprobenbefragung konnten auch die Ergebnisse aus der Sonderbereichserhebung und aus der Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten von den Daten der Melderegister abweichen. Obwohl die Meldedaten für die Sonderbereichsanschriften und für die Anschriften der Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten nicht immer für die Ermittlung der Einwohnerzahlen relevant waren, so wurden sie dennoch für eine Plausibilitätsprüfung der Erhebungsdaten genutzt. Damit fielen auch hier die Abweichungen zwischen der Anzahl der gemeldeten Personen im Melderegister und die Anzahl der existenten Personen nach Erhebung auf. Auffällige Anschriften konnten dann erneut geprüft und korrigiert werden (vgl. dazu „Der Referenzdatenbestand im Zensus 2011“, Hirner/Stiglmayer, in: Wirtschaft und Statistik, Januar 2013).

VII.

Anhörungsverfahren der Klägerin:

Mit Schreiben vom 04.06.2013 wendete sich der Beklagte an die Klägerin und übersandte ein erstes Datenblatt zur Feststellung der Einwohnerzahl, mit der Bitte dies klägerseits zu überprüfen. Gleichzeitig wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 01.09.2013 gegeben. Dieses erste Datenblatt wies, verglichen mit dem streitgegenständlichen Bescheid, bei der Erhebung an Sonderanschriften 27 Übererfassungen mehr auf und folglich wurden darin insgesamt auch 27 Einwohner weniger ausgewiesen. Im Zuge der Anhörung korrigierte der Beklagte aufgrund einer Recherche auffälliger Sonderanschriften die Einwohnerzahl um 27 Personen nach oben. Als auffällig wurden alle Sonder- und Stichprobenanschriften angesehen, die mehr als fünf Karteileichen aufgewiesen haben sowie Stichprobenanschriften, die als „Ausfall“ (im Widerspruch zum Melderegister nicht bewohnt oder gewerblich genutzt) gewertet worden seien. Im Ergebnis dieser Prüfung konnten mehrere Anschriften identifiziert werden, bei denen eine fehlerhafte Umsetzung des Erhebungskonzeptes durch die örtlichen Erhebungsbeauftragten vorlag.

Mit Bescheid vom 25.11.2013, gegen PZU am 26.11.2013 zugestellt, setzte der Beklagte, vertreten durch das Bayerische Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, die Einwohnerzahl für die Klägerin zum 09.05.2011 auf 41.938 Personen (Auszählungsteil: 1.565, Hochrechnungsteil: 40.373) fest. Auf die Bescheidsgründe wird Bezug genommen (Blatt 4-12 der GA).

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 18.12.2013 eingegangenen Klage. Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor:

C. Klägervortrag:

I.

Zulässigkeit der Klage:

Eine Klagebefugnis und damit die Zulässigkeit der Klage ergebe sich hier aus einer möglichen Verletzung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts. Die Klägerin habe kraft Verfassungsrechts einen Anspruch auf Gewährleistung der kommunalen Finanzhoheit und ein Recht auf interkommunale Gleichbehandlung. Deshalb müsse es ihr auch zustehen, Verfahrens- und Auswertungsfehler in Anwendung des ZensVorbG 2011, ZensG 2011 und der StichprobenV geltend zu machen. Der amtlichen Einwohnerzahl komme für den kommunalen Finanzausgleich entscheidende Bedeutung zu, weil sich insbesondere die Schlüsselzuweisungen, aber auch andere Geldleistungen an der hier streitigen Einwohnerzahl orientieren. Auch beinhalte Art. 26 Abs. 2 BayStatG einen Anspruch der Kommunen darauf, dass die amtliche Einwohnerzahl den formellen und materiellen Vorgaben der zugrunde liegenden Gesetze entsprechen müsse. Daneben werde auf die zutreffenden Ausführungen des VG Bremen (U.v. 06.11.2014 - 4 K 841/13) verwiesen.

Im Übrigen müsse auch die Fortschreibung der Einwohnerzahl als Verwaltungsakt angesehen werden. Sowohl der Regelungsgehalt als auch die Erstellung mit Hilfe von statistischen Rechenmethoden unterscheiden sich nicht vom Ausgangsbescheid. Die vom Beklagten zitierte Rechtsprechung beziehe sich auf die Fortschreibung eines früheren Zensusergebnisses und frühere Zensusergebnisse seien nicht mittels Verwaltungsakt festgestellt worden. Im Übrigen spiele diese Rechtsfrage ohnehin keine Rolle, da die Klage auf Feststellung einer bestimmten Einwohnerzahl zumindest als allgemeine Leistungsklage statthaft sei.

II.

Begründetheit der Klage:

Darüber hinaus sei die Klage auch begründet, da der Bescheid des Beklagten formell und materiell rechtswidrig sei. Es fehle zum einen an einer hinreichenden Begründung, die es der Klägerin ermöglichen würde nachzuvollziehen, warum ein Bescheid dieses Inhalts ergangen sei; zum anderen beruhe der Bescheid auf verfassungswidrigen Rechtsnormen und die Vorgaben dieser und anderer Rechtsnormen seien nicht eingehalten worden.

1. Mangelnde Begründung und Nachvollziehbarkeit:

Im Hinblick auf die Feststellung der Einwohnerzahl sei ihr lediglich in etwa bekannt, wie das Verfahren zur Einwohnerfeststellung nach den Vorstellungen des Gesetzgebers hätte ablaufen sollen. Unbekannt sei dagegen, ob es auch tatsächlich so abgelaufen sei. Mangels entsprechender Kenntnisse werde dies mit Nichtwissen bestritten. Auch wenn sie im Rahmen ihrer Anhörung zahlreiche Einzelfragen an den Beklagten gerichtet habe (siehe Blatt 19 - 24 der BA), seien diese nur unzureichend beantwortet worden, da insbesondere Einzelangaben zum tatsächlichen Sachverhalt weiterhin fehlen.

Auch leide der Bescheid an einem Begründungsmangel, da die Begründung den Empfänger grundsätzlich in die Lage versetzen solle, seine Rechte sachgemäß verteidigen zu können, damit er nicht zum bloßen Objekt des Verfahrens werde. Diesen Anforderungen werde der streitgegenständliche Bescheid jedoch nicht gerecht. Er enthalte zwar eine Begründung, diese mache aber die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Entscheidung nicht nachvollziehbar oder überprüfbar. Es sei weiterhin unklar, wie der Beklagte zu der von ihm festgesetzten Einwohnerzahl komme. Insbesondere fehlen jegliche Einzelangaben zu den Ergebnissen der durchgeführten Stichproben, was deshalb bedenklich sei, da sich Fehler bei der Durchführung der Stichproben und bei deren rechtlichen Bewertung durch die Hochrechnung über den Einzelfall hinaus auswirkten. Schon deshalb hätte die Begründung jeden Einzelfall und seine Hochrechnung offen legen müssen. Jedenfalls versetze die vorliegende Begründung die Klägerin nicht in die Lage, prüfen zu können, ob bei den Stichproben Fehler gemacht worden seien und folglich könne die Klägerin ihre Rechte nicht sachgerecht verteidigen. Selbst unter Berücksichtigung des Statistikgeheimnisses und des Rückspielverbots hätte man ein Verfahren wählen müssen, mit dessen Hilfe sie und das Gericht die Berechnungen hätten nachvollziehen und prüfen können.

Wegen der fehlenden bzw. unzureichenden Begründung, der unmöglichen gerichtlichen Kontrolle sowie der Nichtgewährleistung hinreichender verfahrensrechtlicher Kontrollmöglichkeiten liege auch ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip aus Art. 19 Abs. 4 GG vor. Nur weil die Feststellung der Einwohnerzahl auf einer statistischen Hochrechnung beruhe, folge daraus nicht zwangsläufig deren eingeschränkte Überprüfbarkeit. Letzteres hänge vielmehr von der Ausgestaltung des Verfahrens und von der Frage ab, ob und welche Daten bei der statistischen Erhebung geheim gehalten werden müssen. Hier müsse der Gesetzgeber seine Spielräume so nutzen, dass eine weitgehende Nachvollziehbarkeit ermöglicht werde. Der Gesetzgeber dürfe auf keinen Fall ein Verfahren wählen, das eine gerichtliche Überprüfung von vorne herein ausschließe.

Die kommunale Finanzhoheit sei ein Wesenskern der gemeindlichen Selbstverwaltungsgarantie. Deshalb haben Kommunen einen Anspruch auf eine eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft. Allgemein gelte, dass Gemeinden als Grundlage ihrer Handlungsfähigkeit eine gewisse Finanzmasse zur Verfügung stehen müsse, damit sie sowohl ihre übertragenen Aufgaben wie auch ihre Selbstverwaltungsaufgaben erfüllen können. Jede Gemeinde müsse daher über eine angemessene Finanzausstattung verfügen, wobei dem Gesetzgeber ein entsprechendes Ermessen zukomme. Soweit jedoch bei der Finanzausstattung auf die Einwohnerzahl abgestellt werde, haben die Kommunen einen Anspruch auf Feststellung der Einwohnerzahl unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sowie nach klaren und im Einzelfall nachvollziehbaren Regelungen innerhalb eines entsprechend kontrollierbaren Verfahrens. Dies entspreche auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das bei gesetzlichen Regelungen, die den Kernbereich gemeindlicher Selbstverwaltung tangieren, im Einzelfall eine verlässliche und substantiierte Tatsachenermittlung und Begründung des Gesetzgebers fordere (vgl. BVerfGE 86, 90, 108f.). Nichts anderes müsse für die Feststellung der Einwohnerzahl gelten, soweit sie Grundlage für die Gewährleistung der finanziellen Eigenverantwortung der Kommunen oder Basis für die nach dem Konnexitätsprinzip (Art. 83 Abs. 3 BV) zu leistenden Ausgleichszahlungen sei. Insoweit könne das Fehlen des prozeduralen Schutzes selbst zu einer Verletzung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts führen (vgl. BayVerfGH vom 28.11.2007, Vf. 15-VII-05, Rn. 224). Da die amtliche Einwohnerzahl die Rechengrundlage für nahezu alle Ausgleichszahlungen darstelle, dürfe sie nicht willkürlich festgesetzt werden. Eine nicht nachvollziehbare und gerichtlich nicht überprüfbare Festsetzung verfehle jedoch dieses Ziel und werde damit den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht. Das System des kommunalen Finanzausgleichs - dessen Grundlage die Einwohnerzahl sei - verbiete daneben nicht nur eine willkürliche Festsetzung, sondern auch vom Gleichheitssatz nicht gerechtfertigte Differenzierungen und nicht hinnehmbare, systemwidrige Benachteiligungen bestimmter Gemeinden (vgl. BayVerfGH vom 27.02.1997, Vf. 17-VII-94).

Die verwaltungsverfahrens- wie verfassungsrechtlich gebotene Transparenz, die Nachvollziehbarkeit und die gerichtliche Kontrolle stießen hier auf mehrere Hindernisse. Bis jetzt sei die Veröffentlichung des vom statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsprojektes zur Entwicklung des Stichprobenverfahrens unterblieben. Das Forschungsprojekt hätte aber die Funktion erfüllen sollen, die für die Erstellung des Stichprobenplans und des Verfahrens der Stichprobenziehung erforderlichen Qualitätsvorgaben bereit zu stellen, damit der Zensus in einem nachvollziehbaren, wissenschaftlichen Standards entsprechenden Verfahren verlässliche statistische Daten liefere. Diese Funktion zu erfüllen sei angesichts der erst für 2015 geplanten Veröffentlichung objektiv unmöglich geworden. Vor allem führe die Wahl eines Verfahrens, dem die Geheimhaltung der erhobenen Daten innewohnt, dazu, dass alle Akten und Daten, die für die gerichtliche Überprüfung nötig seien, schon vor Erlass des anzugreifenden Verwaltungsaktes vernichtet worden seien. Es sei von Verfassungs wegen nicht hinnehmbar, die Beantwortung von Fragen zur konkreten Durchführung unter Hinweis auf das Rückspielverbot, das Statistikgeheimnis und allgemeine datenschutzrechtliche Erwägungen zu verweigern. Mit dem Rückspielverbot solle lediglich verhindert werden, dass personenbezogene Informationen aus der Statistik an andere Verwaltungsstellen für deren Aufgabenerfüllung weitergegeben werden. Das Rückspielverbot könne sich im Übrigen nicht auf (Zwischen-) Ergebnisse der Statistik beziehen, die keinen Personenbezug aufweisen. Die Klägerin könne nichts dafür, dass der Gesetzgeber zusätzlich zu den für die Feststellung der Einwohnerzahl notwendigen Erhebungen zahlreiche weitere Fragen in den Zensus eingeführt habe, die die private Lebensführung der Bürgerinnen und Bürger betreffen und damit die Notwendigkeit eines erhöhten Datenschutzes auslösen. Bei rein melderechtlichen Feststellungen wäre eine solche Geheimhaltung gegenüber der Klägerin gar nicht notwendig gewesen, da die Klägerin selbst durch den Gesetzgeber mit noch weitergehenden Kompetenzen ausgestattet sei, um für den ordnungsgemäßen Vollzug des Melderechts sorgen zu können.

2. Verletzung der interkommunalen Gleichbehandlung:

Des Weiteren resultiere aus der kommunalen Finanzhoheit ein interkommunales Gleichbehandlungsgebot, welches es verbiete, bestimmte Gemeinden sachwidrig zu benachteiligen. Die Verletzung der interkommunalen Gleichbehandlung ergebe sich beim Zensus daraus, dass der Gesetzgeber auf die Anwendung eines einheitlichen Erhebungsverfahrens für alle Kommunen verzichtet habe und dafür unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes keine Rechtfertigung erkennbar sei. Eine solche Differenzierung lasse sich insbesondere nicht aus den Ergebnissen des Zensustests herleiten.

Der Zensustest habe im Ausgangsbestand für Gemeinden mit 10.000 Einwohnern bis unter 50.000 Einwohnern eine Fehlbestandsrate von 1,3% ergeben und damit den gleich großen Wert wie bei Gemeinden mit unter 10.000 Einwohnern, deren Fehlbestand ebenfalls mit 1,3% festgestellt worden sei. Unterschiede habe es bei der Karteileichenrate mit 3,5% für Gemeinden zwischen 10.000 und 50.000 Einwohnern gegeben. Hier seien die Gemeinden mit unter 10.000 Einwohnern mit 2,8% besser gewesen. Der Unterschied der Karteileichenrate zwischen Gemeinden mit 10.000 bis unter 50.000 Einwohnern und der von Gemeinden mit 50.000 bis unter 800.000 Einwohnern sei jedoch wesentlich größer gewesen. Daher sei allenfalls eine Grenzziehung zwischen Gemeinden unter 50.000 Einwohnern und Gemeinden über 50.000 Einwohnern sachlich angezeigt gewesen.

Das hier gewählte unterschiedliche Verfahren sei ausschließlich aus finanziellen Gründen festgesetzt worden. Die Wahl unterschiedlicher Verfahren habe aber zur Konsequenz, dass nicht gerechtfertigte Abstriche hinsichtlich der Zensusqualität durch den Gesetzgeber ersichtlich zulasten eines größeren Kreises an Kommunen billigend in Kauf genommen worden seien. Die Untersuchungen der Zensusergebnisse durch Hoppe/Spandel („Everything counts! - Warum kleine Gemeinden die Gewinner der Zensuserhebung 2011 sind?“) haben gezeigt, dass bei kleinen Gemeinden die festgestellte Einwohnerzahl im Vergleich zu deren Melderegister wesentlich geringer abweiche, weil im Durchschnitt wesentlich weniger Übererfassungen festgestellt worden seien. Dieser Umstand erkläre sich jedoch nicht aus der unterschiedlichen Qualität der Melderegister, sondern ausschließlich aus den unterschiedlich angewendeten Verfahren. Es bestehe die berechtigte Annahme, dass es beim Zensus zu einer unzutreffenden rechtlichen Anwendung der melderechtlichen Vorschriften gekommen sei. Wegen der unterschiedlichen Verfahren seien deshalb die großen Gemeinden systematisch benachteiligt worden.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Bremen sei nach Beweiserhebung durch das Gericht festgestellt worden, dass das gewählte Verfahren objektiv zu Ungleichbehandlungen zwischen den betroffenen Gemeinden geführt habe. Das Verwaltungsgericht Bremen sei allerdings der Ansicht gewesen, dass der Gesetzgeber eine Art „Freischuss“ habe und dieser verfassungswidrige Umstand erst beim nächsten Zensus ausgeräumt werden müsse. Einer solchen Rechtsauffassung könne unter keinen Umständen gefolgt werden.

Die Ergebnisse des Zensustests von 2001 können auch nicht (mehr) als Rechtfertigung für ein unterschiedliches Feststellungsverfahren herangezogen werden, weil sich die Rahmenbedingungen für die Schätzung der Melderegisterfehler grundlegend verändert haben. Noch nicht beim Zensustest, aber sehr wohl zum Zensusstichtag seien zum einen das Verfahren XMeld (ein Verfahren zum elektronischen Abgleich von Registereinträgen der Meldebehörden untereinander), zum anderen die Steuer-ID für alle in Deutschland wohnenden Personen eingeführt gewesen. Dass diese Änderungen wesentliche Auswirkungen auf die Karteileichen- und Fehlbestandsrate in den Melderegistern gehabt haben, habe die „AG-Zensustest“ schon in ihrem Bericht für die Innenministerkonferenz hervorgehoben (Bericht der länderoffenen Arbeitsgruppe „Zensustest“ an die ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder vom 20.09.2004, Seite 10). Der Anwendung unterschiedlicher Verfahren für kleine und große Gemeinden, die mit den Ergebnissen des Zensustests begründet werden, fehle deshalb die sachliche Grundlage.

Auch seien die Ergebnisse der Gebäude- und Wohnungszählung, einer Vollerhebung, für die Berechnung der Einwohnerzahlen in Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern überhaupt nicht genutzt worden. Deshalb sei davon auszugehen, dass eine Anwendung der „Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten“, so wie dies bei Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern gehandhabt worden sei, eine Einwohnerzahl ergeben hätte, die wesentlich mehr dem Melderegisterstand entsprochen hätte als das Ergebnis der Hochrechnung.

Keineswegs habe das Bundesverfassungsgericht in seinem Volkszählungsurteil die zukünftige Anwendung eines neuen Verfahrens oder gar eines Zensus mit statistischen Methoden gefordert. Vielmehr sei dem Gesetzgeber lediglich eine Überprüfung des Stands der Entwicklung von Methoden der Statistik und Sozialforschung auferlegt worden.

3. Einzelrügen:

a) Veraltete Listen bei den Stichprobenerhebungen:

Bei der konkreten Ausgestaltung habe die Stichprobenerhebung zwangsläufig zu unzutreffenden Ergebnissen bzgl. der amtlichen Einwohnerzahl führen müssen. Die Erhebungsbeauftragten seien nämlich mit Listen zum Stand 01.11.2010 ausgestattet gewesen. Systembedingt haben die Erhebungsbeauftragten deshalb beim Aufsuchen einer Stichprobenadresse Übererfassungen dann zutreffend feststellen können, wenn eine zum Stand 01.11.2010 gemeldete Person an der Adresse nicht vorgefunden worden sei. Demgegenüber sei eine präzise Dokumentation von Untererfassungen bereits durch praktische Hindernisse erschwert bzw. unmöglich gewesen, wenn es sich um zugezogene oder aber neu geborene Personen gehandelt habe bzw. wenn sonstige Hinweise praktischer Art an der jeweiligen Stichprobenadresse gefehlt haben (z. B. eigener Briefkasten, eigenes Türschild). Die Erhebungsbeauftragten hätten nämlich keinerlei rechtliche Handhabe zur Überprüfung der tatsächlichen Wohnsituation an der Stichprobenadresse gehabt. Dass die Verwendung von veralteten Listen Auswirkungen auf das Ergebnis haben, werde dadurch belegt, dass in Gemeinden des Bundeslandes Rheinland-Pfalz, in dem aktuelle Registerauszüge zur Verfügung gestanden hätten, die Differenzen der Zensusergebnisse zu den Melderegisterzahlen wesentlich geringer ausgefallen seien (vgl. Zensus 2011. „Die ersten Ergebnisse der Bevölkerungszählung im Überblick“, Statistische Monatshefte Rheinland-Pfalz 07, 2013, S. 645f.) (Blatt 85 der GA).

b) Dynamische Verweisung auf Stichprobenforschungsprojekt:

§ 2 Abs. 2 StichprobenV nehme Bezug auf ein Gutachten, das bei Gesetz- und Verordnungserlass noch nicht vorgelegen habe. Obwohl weder der Gesetzgeber noch der Verordnungsgeber dieses Gutachten gekannt haben, haben sie es als verbindlich für das Verfahren vorgeschrieben. Dies widerspreche dem Verbot dynamischer Verweisungen auf private Regelwerke aus Art. 80 Abs. 1 GG.

c) Konkrete Fehler bei den Erhebungen an Sonderanschriften:

Die vom Beklagten im Rahmen des Anhörungsverfahrens selbst festgestellten Fehler bei den Erhebungen an Sonderanschriften belegen eindrucksvoll die Fehleranfälligkeit der gewählten Vorgehensweise. Wenn schon eine solche Überprüfung zu der Feststellung geführt habe, dass der örtliche Erhebungsbeauftragte an zwei Anschriften insgesamt 27 Einwohner zu wenig gewertet habe, was erst würde dann eine vollständige Überprüfung erbringen.

In den vorgelegten Behördenakten finden sich daneben weitere Auffälligkeiten, die aufgrund der vorgenommenen Schwärzungen nicht mit ausreichender Sicherheit aufgeklärt werden können. Die Unterlagen genügen aber, um erhebliche Zweifel an der rechtmäßigen Beurteilung der Frage nach dem Hauptwohnsitz durch die Erhebungsbeauftragten aufkommen zu lassen:

Bei der Prüfung der Sonderanschriften 1, 2 und 5 sei festgehalten worden, dass bei einer Vielzahl von Personen der Hauptwohnsitz auf Nebenwohnsitz geändert worden sei. Eine Begründung dafür fehle jedoch. Nach dem Aktenvermerk solle es sich um einen „sensiblen Sonderbereich“ handeln. Aufgrund des Hinweises, dass sich wegen der unmittelbaren Nähe einer geschwärzten Adresse nicht ausschließen lasse, dass einige der Karteileichen an der einen Anschrift die Fehlbestände an einer anderen Anschrift seien, sei nach den örtlichen Gegebenheiten bei der Klägerin eigentlich nur möglich, dass es sich entweder um die GU für Asylbewerber oder um ein Seniorenheim mit angrenzendem „Betreuten Wohnen“ handele. In beiden Fällen sei es melderechtlich mit größter Wahrscheinlichkeit nicht korrekt, dort an der Stelle von Hauptwohnsitzen, lediglich Nebenwohnsitze anzunehmen. Davon seien 41, 31 bzw. 12 Personen betroffen, also insgesamt 84 Personen, deren gemeldeter Hauptwohnsitz zur Nebenwohnung erklärt worden sei.

Bei der geprüften Sonderanschrift Nr. 4 könnte es sich nach der Beschreibung und der hohen Anzahl an Personen um die JVA handeln. Hier stelle sich die Frage, ob die Sonderregelung beachtet worden sei, dass Inhaftierte bereits dann mit Hauptwohnsitz zu führen seien, wenn sie voraussichtlich mehr als 2-Monate inhaftiert werden. Der Beklagte führe dagegen in seinem Bescheid aus, dass bei Sonderanschriften der Hauptwohnsitz erst ab 6-Monaten angenommen worden sei. In diesem Zusammenhang möge der Beklagte die Rechtsgrundlage für die Annahme der 6-Monats-Frist benennen. In den von ihm im Bescheid zitierten § 12 und § 15 Abs. 2 MRRG finde sich eine solche Regelung jedenfalls nicht.

Nach den klägerischen Erkenntnissen gebe es 13 sensible und 17 nichtsensible Sonderanschriften. Auf die Auflistung der Klägerin wird Bezug genommen (Blatt 463 der GA). Nach dem jetzt vorgelegten Fachkonzept zur Erhebung an Sonderanschriften hätten sich die Zweifel weiter verstärkt. Auch in diesem Fachkonzept sei auf Seite 41 eine falsche Rechtslage dargestellt, denn es werde auf § 15 Abs. 2 Satz 2 MRRG Bezug genommen, obwohl es sich dabei nur um eine Ermächtigungsnorm für die jeweiligen Landesgesetzgeber handele. Dennoch werde diese Ermächtigungsnorm so angewendet, als sei sie von sämtlichen Landesgesetzgebern unter Übernahme der Frist von sechs Monaten umgesetzt worden. Aus Art. 22 MeldeG ergebe sich dagegen, dass beispielsweise der Bayerische Landesgesetzgeber die Ermächtigungsnorm nicht vollständig ausgeschöpft habe. Nach den Ausführungen auf den Seiten 40ff. des Fachkonzepts hätte es nur dann Korrekturen geben dürfen, wenn im Rahmen der Erhebungen festgestellt wurde, dass eine existente Person an zwei Orten jeweils mit Hauptwohnung gemeldet sei. Dies würde bei der Klägerin bedeuten, dass bei 170 von insgesamt 1.663 erhobenen Personen ein doppelter Hauptwohnsitz gegeben gewesen war. Dies sei aber schon wegen der gegenseitigen Mitteilungspflichten der Melderegister praktisch undenkbar. Die hohe Zahl an Korrekturen werde erst dann verständlich, wenn man die technische Umsetzung bzw. die dargestellten Prozessabläufe an Sonderanschriften auf den Seiten 126ff. des Fachkonzepts genauer betrachte. Dort werde abweichend von den Ausführungen auf Seite 40 nicht nur dann eine Überprüfung des gemeldeten Hauptwohnsitzes vorgenommen, wenn ein weiterer Hauptwohnsitz aufgetreten sei; vielmehr werden in jedem Fall die jeweiligen Angaben im Fragebogen zu den Wohnsitzen und insbesondere die Dauer dieses Wohnsitzes im Verfahren geprüft. Demnach sei in der praktischen Umsetzung der Tatsache, dass der Bewohner an der Wohnanschrift seinen Hauptwohnsitz gemeldet habe, nicht die entscheidende Aussagekraft zugemessen worden, obwohl auf Seite 40 des Fachkonzepts genau davon ausgegangen werde. In der praktischen Umsetzung sei dagegen auf die Fragen 7, 10, 11a oder 11b abgestellt worden. Daraus sei dann eine detaillierte Wohnsitzüberprüfung abgeleitet und durchgeführt worden. Von einem rechtmäßigen Bescheid könne unter diesen Voraussetzungen nur dann ausgegangen werden, wenn der Beklagte jeden Einzelfall darlege, bei dem der gemeldete Hauptwohnsitz in einen Nebenwohnsitz umgewidmet worden sei.

d) Zweifel an der Nachvollziehbarkeit der Hochrechnung:

Weiter bestehen konkrete Zweifel an der Nachvollziehbarkeit der bislang bekannten Darstellung der Stichprobe und der Hochrechnung. In der Schicht 3, 4 und 8 seien bei der Stichprobe jeweils mehr Übererfassungen als Untererfassungen festgestellt worden. Trotzdem seien nach Hochrechnung einmal weniger und zweimal mehr existente Personen im Vergleich zur Ausgangsbevölkerung aus dem Melderegister festgestellt worden. Dies sei nicht nachvollziehbar.

e) Nichteinhaltung der gesetzlichen Vorgaben:

Bezüglich des statistischen Verfahrens werden beim streitgegenständlichen Bescheid die vom Gesetz vorgegebenen Mindeststandards nicht eingehalten, weil der einfache Standardfehler gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 höchstens 0,5% betragen solle, dieser aber bei der Klägerin mit 0,6% höher ausgefallen sei. Damit bewege sich ihre Einwohnerzahl innerhalb eines Korridors von 1006 Personen, während bei Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben dieser Korridor lediglich 838 Personen betragen hätte, was ebenfalls zu hoch sei. Immerhin weichen die hier angegriffenen Zahlen des Zensus 2011 vom amtlichen Melderegister der Stadt A. auch nur um 946 Personen voneinander ab. Dies zeige, dass der Gesetzgeber die Zahlen der Melderegister mit einer Methode überprüfe, deren zugestandene Ungenauigkeit auch nicht geringer sei, als die jetzt angeblich festgestellte Fehlerhaftigkeit des Melderegisters. Zusätzlich bedeute der zugestandene Standardfehler auch, dass die Einwohnerzahl der Klägerin mit einer Wahrscheinlichkeit von immerhin 5% sogar noch stärker vom ermittelten Wert abweiche und demnach außerhalb des Korridors liege. Ein solcher Fall, der immerhin mit einer 5% Wahrscheinlichkeit vorliege, hätte eine Korrektur- oder zumindest eine gesonderte Überprüfungsmöglichkeit im Gesetz erfordert.

Mit den Gesetzesmaterialien sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit dem Adjektiv „angestrebt“ ein subjektivöffentliches Recht der betroffenen Gemeinden statuiert habe. Dies müsse schon deshalb gelten, weil ein gesetzlich „tolerierter“ einfacher relativer Standardfehler von über 0,5% mit der Folge einer Fehlerabweichung von mehr als 1% zur Abweichung der tatsächlichen von der errechneten Einwohnerzahl von mehr als 10% verfassungsrechtlich nicht hinnehmbar sei. Hoppe/Spandel weisen dazu in ihrer Untersuchung darauf hin, dass mit steigendem Standardfehler die relative Veränderung der amtlichen Einwohnerzahl schlechter ausfalle. Wende man auf diese Daten eine einfache lineare Regression an, so zeige sich, dass eine Erhöhung des Standardfehlers um eine Einheit zu einer relativen Veränderung der Einwohnerzahl von -2,80% führe. Dieser Effekt sei statistisch signifikant. Dies bedeute, dass Städte die einen hohen Standardfehler aufweisen, signifikant schlechtere Ergebnisse aus dem Zensus erhalten haben. Im Umkehrschluss bedeute dies: Bei einer anderen Methode bzw. bei einer anderen Konstruktion des Zensus mit einem geringeren Standardfehler für alle Kommunen hätte es mit hoher Wahrscheinlichkeit eine geringere Abweichung der relativen Veränderung der Einwohnerzahlen gegeben. Davon hätte auch das Ergebnis der Klägerin profitiert.

Mittlerweile seien entsprechende Untersuchungen auch für die konsolidierten Melderegisterzahlen von Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Niedersachsen durchgeführt worden. Diese Untersuchungen hätten die Ergebnisse der Studie von Hoppe/Spandel bestätigt. Der in Anlage 1 der Klageerwiderung abgedruckte Auszug aus einem Beitrag des statistischen Bundesamtes (Blatt 136 der GA) sei mehr als ein Jahr alt und die dort aufgeführten Kritikpunkte an der Studie seien mittlerweile vollständig entkräftet worden. Deshalb müsse an ihr festgehalten werden.

Auch seien die gesetzlichen Vorgaben des Melderechts in der zum Zeitpunkt der Zensus-Erhebungen geltenden Fassung nicht beachtet worden. Dies ergebe sich bereits aus dem angegriffenen Bescheid, denn dort werde bezüglich des angewendeten Einwohnerbegriffs auf die Regelung des § 12 i. V. m. § 15 Abs. 2 des MRRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.04.2002 Bezug genommen. Bei § 15 Abs. 2 MRRG habe die Fassung vom 19.04.2002 aber nur bis zum 04.06.2003 gegolten.

Aus keiner der geltenden Fassungen des § 15 Abs. 2 MRRG könne die Rechtsfolge abgeleitet werden, die der Beklagte in seinem Bescheid vom 25.11.2013 behaupte, wonach aus dieser Norm abgeleitet werden könne, dass die Hauptwohnung erst ab einem Aufenthalt von sechs Monaten an Sonderanschriften anzunehmen sei. Die Klägerin bleibe deshalb bei ihrer Rechtsauffassung, dass eine frühere Meldung an einer Sonderanschrift rechtlich zulässig gewesen sei und diesbezüglich keine Korrektur des Hauptwohnsitzes hätte erfolgen dürfen. Der diesbezügliche Sach- und Rechtsvortrag des Beklagten in der Klageerwiderung, das landesrechtliche Melderecht sei selbstverständlich beachtet worden, sei nicht ausreichend, zumal der Wortlaut des streitgegenständlichen Bescheids sowie die im Rahmen der Akteneinsicht deutlich erkennbaren Korrekturen bezüglich des Wohnsitzes an Sonderanschriften eine eindeutig andere Sprache sprechen. Der Wortlaut des Bescheids sei mindestens ein ausreichendes Indiz dafür, dass die dort ausgeführte unzutreffende Rechtsauffassung auch bei den Schulungen für die Erhebungsstellen vorgegeben worden seien. Der Beklagte möge erklären, warum für die Frage, wo der Hauptwohnsitz einer Person sei, nicht das komplette Melderecht in der zum Zeitpunkt der Befragung gültigen Form verwendet worden sei. Die Einwohnerzahlfestsetzung, welche auf Korrekturen beruhe, die nicht der aktuellen und nicht der vollständigen Gesetzeslage entsprechen, sei rechtswidrig. Wenn diese Korrekturen auch noch statistisch hochgerechnet werden, lassen sich die erheblichen Abweichungen zwischen dem amtlichen Melderegister und dem Zensusergebnis zwar erklären, nicht aber rechtfertigen.

Auffällig sei, dass der Beklagte in seiner Klageerwiderung, anders als im Bescheid, nicht mehr entscheidend auf § 15 Abs. 2 MRRG abstellen möchte, sondern nun § 12 MRRG als maßgebliche Rechtsnorm ansehe. Streitig sei die behauptete 6-Monatsfrist, wozu sich in § 12 MRRG keinerlei Anhaltspunkte finden lassen. Auffällig sei weiter, dass die mittlerweile vorgelegten Fragebögen nur bei den Sonderanschriften das Datum des Einzugs abgefragt haben. Ein Student, der in einer normalen Wohnung gewohnt habe, habe demnach nach der Rechtsauffassung des Beklagten seinen Hauptwohnsitz in A. anmelden dürfen; ein Student, der zum gleichen Datum in ein Studentenwohnheim eingezogen sei, wäre jedoch verpflichtet gewesen, 6-Monate zu warten, bis er seinen Hauptwohnsitz anmelden durfte. Für diese Rechtsauffassung gebe es keine Grundlage im Gesetz.

f) Konkrete Durchführung der Befragungen:

Die in der Klageerwiderung vorgenommene Erläuterung des Vorgehens zur Existenzfeststellung von Personen bei Durchführung der Stichprobe sei an entscheidender Stelle falsch, denn das vorgeschriebene Verfahren habe in Wahrheit anders ausgesehen: Im Fall von Personen, deren Existenz auf der Namensliste noch offen gewesen sei, habe das vorgeschriebene Verfahren nach telefonischer Kontaktaufnahme mit dem LfStaD die Zustellung eines Schreibens mittels PZU vorgesehen. Wenn dieser Brief nicht zugestellt werden konnte, sei die angeschriebene Person als nicht existent gekennzeichnet worden. Dies werde durch die Rundmail Nr. 75 des LfStaD bestätigt (Blatt 151 der GA). Auf die von der Klägerseite eingereichten Flussdiagramme (Blatt 152 - 155 der GA) und auf die „Arbeitsanleitung Existenzfeststellung Haushaltsstichprobe“ (Blatt 156-162) und auf die „Arbeitsanleitung Existenzfeststellung nichtsensible Sonderbereiche“ (Blatt 163-169 der GA) wird Bezug genommen.

g) Messfehler bei den Befragungen:

Bei der Durchführung der Stichprobe habe die beklagtenseits gewählte Durchführung zudem Messfehler begünstigt. Die Problematik der Messfehler sei deshalb besonders wichtig, weil diese bei den Stichprobenerhebungen Verzerrungen nur in eine Richtung bewirkt haben. Es könne nämlich ausgeschlossen werden, dass eine Person, die nicht an der Stichprobenadresse gewohnt habe, fälschlicherweise in die Zählung gekommen sei, in dem der Erhebungsbeauftragte ihre Existenz festgestellt und dann die Befragung durchgeführt habe. Schließlich hätte er in einem solchen Fall die Antworten in der Befragung erfinden müssen.

Die Messfehler betreffen also nur Personen, die zwar an einer Stichprobenadresse gewohnt haben, deren Existenz vom Erhebungsbeauftragten jedoch nicht festgestellt worden sei. Hintergrund sei auch der im Gutachten beschriebene, wissenschaftlich nachgewiesene „Confirmation-Bias“, also die Tendenz der Erhebungsbeauftragten, die ihnen vorliegenden Listen durch die Befragung zu bestätigen. Diese Verzerrungen wirken sich beim Zensus besonders stark aus, da die Listen der Erhebungsbeauftragten einen Stand vom 01.11.2010 aufgewiesen haben und dementsprechend alle Zuzüge, die sich in der Zeit vom 01.11.2010 bis zum 09.05.2011 in A. ergeben haben, nicht enthielten. Die Klägerin verzeichne jährlich 2.300 - 2.500 Zuzüge, die über einen Zeitraum von mehr als einem halben Jahr nicht haben berücksichtigt werden können. Den Erhebungsstellen wäre es jedoch leicht möglich gewesen, die Erhebungsbeauftragten mit aktuellen Listen auszustatten. Dies sei jedoch untersagt gewesen, so dass den Erhebungsstellen diese Messfehler quasi vorgeschrieben worden seien. Wenn der Erhebungsbeauftragte keinen Hinweis auf die Existenz einer Person gehabt habe, habe er auch weder eine Existenzüberprüfung noch eine Befragung durchführen können. Davon seien z. B. noch nicht geborene Kinder oder stichtagsrelevante Zuzüge betroffen gewesen, für deren Existenz es noch keine Hinweise wie Briefkastenbeschriftung oder Klingelschild gegeben habe. Es habe keine rechtliche Handhabe dazu gegeben, eine Überprüfung der Situation vor Ort durchzusetzen. Aufgrund des Fehlens eines Namens habe dann auch kein schriftliches Mahnverfahren durchgeführt werden können.

III.

Auswirkungen:

Eine erste Abschätzung der Kämmerei hinsichtlich der Auswirkungen der durch den Bescheid festgesetzten Einwohnerzahl habe ergeben, dass allein bei den Schlüsselzuweisungen (Art. 2 FAG) der Abzug von 1.591 Personen für das Jahr 2014 zu einem Unterschied von 348.641 EUR führen werde. Bis in 10 Jahren würden die Schlüsselzuweisungen unter Anwendung der streitigen Zahlen des Zensus 2011 auf 9.664.470 EUR sinken und der Klägerin würden somit jährlich 1.396.939 EUR im Haushalt fehlen. Auch bei den Finanzzuweisungen als Ersatz des Verwaltungsaufwands für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises würde der Einwohnerrückgang von 1.591 Einwohner zu Minuszuweisungen von ca. 53.000 EUR führen. Des Weiteren müsste die Klägerin auch Minderzuweisungen bei der Investitionspauschale und bei der Investitionsförderung hinnehmen.

IV.

Rechtsfolge:

In Bezug auf die gestellten Verpflichtungsanträge bestehen bei erfolgreicher Anfechtungsklage grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Die Einwohnerzahl könnte zum einen in Fortschreibung der Ergebnisse der Volkszählung 1987, zum anderen auf Grundlage des tagesaktuellen Melderegisters des klägerischen Einwohnermeldeamts festgestellt werden. Als Hauptantrag sei deshalb die näher liegende Annahme formuliert worden, dass bei Wegfall der Ergebnisse des Zensus 2011 dann auf die noch gültige alte gesetzliche Regelung und somit auf das Ergebnis des Zensus 1987 zurückzugreifen sei.

Der hilfsweise formulierte Antrag, der auf das Melderegister der Klägerin abstelle, sei deshalb vorgebracht worden, da möglicherweise die europarechtlichen Vorgaben einem Rückgriff auf die alten Zahlen des Zensus 1987 entgegenstehen. Andererseits biete das Melderegister Zahlen, die zumindest mit einer gleich hohen Wahrscheinlichkeit wie der fehlerbehaftete Zensus 2011 die tatsächliche Einwohnerzahl wiedergebe. Nach Überzeugung der Klägerin weise das Melderegister die exakte Einwohnerzahl sogar mit einer deutlich geringeren Fehlerquote aus. Dies ergebe sich bereits daraus, dass sich die gesetzliche Verpflichtung des Bürgers zu einem korrekten Meldeverhalten mit ordnungsrechtlichen Maßnahmen durchsetzen lasse, wohingegen eine Existenzfeststellung durch die Erhebungsbeauftragten nicht immer verwirklichbar gewesen sei. Des Weiteren werden die Melderegister auf Grundlage der aktuellen melderechtlichen Vorschriften geführt. Der Vollzug der melderechtlichen Aufgabe unterliege dabei einer ständigen Qualitätskontrolle z. B. bei Handhabung der Wahlbenachrichtigungskarten oder bei der Zusendung der Steuer-ID-Nummer. Bei Einführung der Steuer-ID im Jahr 2007 seien die Datenbestände des Melderegisters zum Bundesamt für Steuern transferiert und der Datenbestand anschließend nach Dubletten im Detail durchsucht worden. Danach seien Zugum-Zug alle Einwohner einzeln schriftlich über die Steuer-ID verständigt worden. Postrückläufe seien durch die Meldebehörde ausnahmslos aufgeklärt worden. Bei den Wahlbenachrichtigungskarten werde jeder Postrücklauf vor Ort überprüft. Soweit weitere Wohnsitze vorhanden seien, seien die betreffenden Personen zu Um-/Abmeldung angehalten worden. In Zweifelsfällen sei regelmäßig der städtische Ermittlungsdienst beauftragt gewesen, die neuen Adressen zu ermitteln. Die Ergebnisse der Ermittlungen seien dann mit dem Melderegister abgeglichen worden. Der Rücklauf der Wahlbenachrichtigungen habe z. B. beim Volksentscheid 2010 lediglich 134 von 33.464 versendeten Benachrichtigungen betragen und somit nur 0,4%. Außerdem seien die Meldebehörden nach dem OSCI-Rückmeldeverfahren und dem XMeld Standard (MESO) verpflichtet, Rückmeldungen, d. h. Um-/Wegzüge von anderen Kommunen, innerhalb von drei Tagen durchzuführen.

Die Klägerin beantragt,

der Bescheid des Bayerischen Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung vom 25.11.2013, Az.: 44-1063.12111 FB 09361 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, für die Klägerin eine amtliche Einwohnerzahl zum 09.05.2011 in Fortschreibung der Volkszählung 1987 auf der Grundlage von 43.529 Einwohnern (Stichtag: 31.12.2011), hilfsweise von 42.884 Einwohnern (Stichtag 09.05.2011) festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage wird abgewiesen.

Zur Begründung der Klageabweisung trägt der Beklagte im Wesentlichen vor:

D. Beklagtenvortrag:

I.

Zulässigkeit der Klage:

Hinsichtlich der Klagebefugnis sei der klägerische Vortrag dahingehend zu rügen, dass eine pauschale Nennung von Rechtsgebieten, die durch den streitgegenständlichen Verwaltungsakt möglicherweise verletzt sein könnten, nicht ausreiche. Daneben sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin Gebietskörperschaft und somit juristische Person des öffentlichen Rechts sei. Als solche sei sie nicht Grundrechtsträgerin. Eine Verletzung des Art. 3 GG sei deshalb auch nicht möglicherweise denkbar, da dieses Grundrecht juristischen Personen des öffentlichen Rechts von vornherein nicht zustehe. Eine Ausnahme bestehe lediglich hinsichtlich des Willkürverbots. Auch aus der institutionellen Garantie des kommunalen Selbstverwaltungsrechts könne die Klägerin keine subjektivöffentlichen Rechte ableiten, die über den Existenzschutz und die Garantie eines bestimmten Aufgabenkreises sowie die eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft hinausgehen. Eine solche Rechtsverletzung sei hier aber nicht denkbar, da der Zensus 2011 die institutionelle Selbstverwaltungsgarantie der Kommunen weder regele, noch im Ansatz tangiere. Darüber hinaus stellen die Regelungen des ZensVorbG 2011, des ZensG 2011 und der StichprobenV sowie Art. 26 Abs. 2 BayStatG lediglich Verfahrensvorschriften dar, die keinen Individualschutz vermitteln. Diese Gesetze seien lediglich im Interesse der Allgemeinheit kodifiziert worden.

Hinsichtlich des Verpflichtungsantrags sei darauf hinzuweisen, dass die Veröffentlichung der Fortschreibung des Bevölkerungsstands kein Verwaltungsakt, sondern lediglich die Veröffentlichung eines statistischen Ergebnisses sei (vgl. VG Cottbus, vom 27.06.2013, 1 K 951/10). Wenn die Klägerin eine amtliche Einwohnerzahl in Fortschreibung der Volkszählung 1987 begehre, wäre dieses Klagebegehren allenfalls als allgemeine Leistungsklage zulässig. Die Verpflichtungsanträge seien aber in jedem Fall unzulässig, da eine entsprechende Rechtsnorm auf Feststellung der beantragten Einwohnerzahl weder erkennbar noch von der Klägerin vorgetragen sei.

II.

Begründetheit der Klage:

1. Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse:

Der Einlassung der Klägerin, die ermittelte Einwohnerzahl sei nach wie vor nicht nachvollziehbar, könne nicht gefolgt werden. Bereits vor Durchführung des Anhörungsverfahrens sei die Klägerin vom LfStaD über das Zensus- und Stichprobenverfahren informiert worden. Im Rahmen des Anhörungsverfahrens seien die „Erläuterungen zum Datenblatt mit Angaben zur Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl der Gemeinden im Zensus 2011 und ergänzende Hinweise“ übersendet worden. Ergänzend sei seit dem 06.05.2013 für Bürgermeisterinnen und Bürgermeister eine Hotline mit 7 Mitarbeitern zu deren Information eingerichtet worden. Darüber hinaus seien dem LfStaD bundesweit Tagungen und Veranstaltungen der Kommunalen Spitzenverbände bekannt, in denen die Kommunen über die Rechtslage und das Zensusverfahren umfassend informiert worden seien. So seien der Deutsche Städtetag und auch der Bayerische Städte- und Landkreistag in Veranstaltungen des statistischen Bundesamtes am 26.07.2011 und am 22.05.2012 über die Methoden und das Verfahren zur Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl informiert worden. Am 30.07.2013 habe auf Einladung des Bayerischen Städtetages eine Informationsveranstaltung in München stattgefunden, in der ausführlich die Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl beim Zensus vorgestellt und das Datenblatt erklärt worden seien. An dieser Veranstaltung haben zahlreiche Gemeinden, u. a. auch die Klägerin, teilgenommen. Aus diesen Gründen könne ein vermeintliches Nichtwissen dem Beklagten nicht angelastet werden.

Auch die Behauptung der Klägerin, im Anhörungsverfahren seien zum tatsächlichen Sachverhalt keine Angaben gemacht worden, könne nicht nachvollzogen werden. Das LfStaD habe im Anhörungsverfahren das Hochrechnungsverfahren für die Klägerin im Detail erläutert und die dem Hochrechnungsverfahren zugrunde liegende Formel dargestellt. Auch seien in Anlage 2 die Zwischenergebnisse der Hochrechnungen für die Klägerin bekannt gegeben worden.

2. Formelle Rechtmäßigkeit:

Aus Sicht des Beklagten genüge der Bescheid der formellen Begründungspflicht und die festgestellte Einwohnerzahl sei sowohl nachvollziehbar als auch im Verwaltungsrechtsweg durch das In-Camera-Verfahren gemäß § 99 VwGO überprüfbar. Zwar habe die Klägerin im Rahmen ihrer subjektivöffentlichen Rechte einen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, der ein transparentes und nachvollziehbares Verwaltungsverfahren voraussetze; dieser Anspruch beinhalte jedoch kein Recht auf uneingeschränkte Auskunft oder Akteneinsicht, die über Art. 29 Abs. 2 BayVwVfG hinausgehen. Art. 29 Abs. 2 BayVwVfG bestimme, dass eine Behörde zur Gestattung der Akteneinsicht nicht verpflichtet sei, soweit die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach, namentlich wegen der berechtigten Interessen der Beteiligten oder dritter Personen, geheim gehalten werden müssen. Die Regeln zur statistischen Geheimhaltung und zum Rückspielverbot seien deshalb zwingend zu beachten gewesen.

Ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip liege nicht vor, da der Weg zu den Verwaltungsgerichten offen stehe und das Incamera-Verfahren gemäß § 99 VwGO eine umfassende gerichtliche Kontrolle gewährleiste. Darüber hinaus bestehen keine schützenswerten Rechte der Klägerin dahingehend, das Zensusverfahren selbst und unmittelbar zu kontrollieren. Die Begründung eines Verwaltungsakts müsse die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die an Inhalt und Umfang der Begründung zu stellenden Anforderungen richten sich dabei jedoch nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebiets, der Art des infrage stehenden Verwaltungsakts und der für die Entscheidung im konkreten Fall maßgeblichen Gründe. Angesichts der gesetzlichen Regelungen im ZensG 2011 sowie der statistischen Geheimhaltung sei hier nicht ersichtlich, dass über die im Feststellungsbescheid enthaltenen Darlegungen eine weitere Begründung notwendig sei; insbesondere seien die begehrten Einzelangaben entbehrlich. In dem Datenblatt werden die einzelnen Schritte des Zensus bei der Ermittlung der Einwohnerzahl hinsichtlich der Klägerin exakt dargestellt. Die von der Klägerin darüberhinausgehend gewünschte Offenlegung von Stichprobenergebnissen könne aus Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG nicht abgeleitet werden, weil eine Offenlegung wegen der einzelfallbezogenen Daten unzulässig wäre.

3. Materielle Rechtmäßigkeit:

a) Nutzung der Gebäude- und Wohnungszählung:

Der Einlassung der Klägerin, die Ergebnisse der Gebäude- und Wohnungszählung seien bei großen Gemeinden überhaupt nicht genutzt worden, könne nicht gefolgt werden. Auch das Stichprobenverfahren basiere auf einem Anschriften- und Gebäudebestand, der sowohl im Anschriften- und Gebäuderegister als auch in den Resultaten der Gebäude- und Wohnungszählung enthalten sei. Daneben übersehe die Klägerin, dass das Verfahren zur Korrektur bei kleinen Gemeinden gemäß § 16 ZensG 2011 lediglich bei Anschriften mit nur einer bewohnten Wohnung herangezogen worden sei, weil dieser Verfahrensansatz nur in dieser Gebäudekategorie zu sinnvollen Qualitätsverbesserungen geführt habe. In großen Gemeinden sei eine solche Anwendung deshalb nicht sinnvoll gewesen, weil diese Kommunen in ihrer Gebäudestruktur vermehrt Mehrfamilienhäuser haben.

b) Verfassungsmäßigkeit der Gesetze und der Durchführung des Zensus:

Was die Verletzung des Rechts auf kommunale Selbstverwaltung angehe, so handele es sich nicht um ein Grundrecht, sondern um eine sog. institutionelle Garantie, die nur im „Rahmen der Gesetze“ gewährleistet werde. Regelungen und Maßnahmen, die die gemeindliche Selbstverwaltung beschränkend betreffen, seien somit zu dulden, sofern das Willkürverbot beachtet und der Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung nicht verletzt werde. Die Klägerin könne sich also allein darauf berufen, dass im Rahmen der Einwohnerzahlermittlung nicht gegen das Willkürverbot verstoßen werde. Dieses sei jedoch erst dann verletzt, wenn sich kein vernünftiger oder aus der Natur der Sache ergebender Grund für eine gesetzliche Differenzierung oder Ungleichbehandlung finden lasse (vgl. BVerfGE 1, 14, 52). Was sachlich vertretbar oder sachfremd sei, lasse sich nicht abstrakt und allgemein feststellen, sondern könne stets nur in Bezug auf die Eigenart des Sachverhalts festgestellt werden.

Daneben führe der Zensus weder zu einer Verletzung der institutionellen Garantie der kommunalen Selbstverwaltung und Finanzhoheit, noch tangiere er diese, weil er weder ihren Bestand noch die finanzielle Eigenverantwortlichkeit regele. Aufgrund der im Zensusgesetz normierten Methodik zur Einwohnerzahlermittlung könne von einer willkürlichen Festsetzung ebenso wenig die Rede sein wie von einer systemwidrigen Benachteiligung bestimmter Gemeinden. Genauso wie der Zensus diene der Finanzausgleich lediglich dem Interesse der Bürger, also der Allgemeinheit und nicht dem Eigenzweck der Kommunen. Der kommunale Finanzausgleich diene schließlich dazu, die Bürger gleichmäßig mit öffentlichen Einrichtungen und Dienstleistungen zu versorgen. Weder aus dem Selbstverwaltungsrecht noch aus der Finanzhoheit könne die Anwendung einer bestimmten Methode oder eines bestimmten Verfahrens zur Feststellung der Einwohnerzahl abgeleitet werden. Das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden enthalte keine Garantie auf einen bestimmten Bevölkerungsstand, da es den Gemeinden an einer Einwirkungsmöglichkeit auf ihre Einwohner fehle, die im Rahmen der verfassungsrechtlich garantierten Freizügigkeit selbst bestimmen können, welcher Gemeinde sie angehören wollen (vgl. VG Cottbus - VG 1 K 951/10; VGH Baden-Württemberg, U.v. 21.07.1986 - 1 S 232/86 - DÖV 1987, 118).

c) Keine Verletzung der interkommunalen Gleichbehandlung:

Im Hinblick auf das unterschiedliche Verfahren müsse zunächst berücksichtigt werden, dass Art. 3 Abs. 1 GG keine Anwendung finde. Die Mittel der finanziellen Länderzuweisungen an Gemeinden sowie des Länderfinanzausgleichs dienen der Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Dies sei auch vor dem Hintergrund der institutionellen Garantie der kommunalen Selbstverwaltung nicht anders zu bewerten, da diese institutionelle Garantie die Gemeinden nicht zu Grundrechtsträgern mache. Das in landesverfassungsgerichtlichen Entscheidungen statuierte interkommunale Gleichbehandlungsgebot verbiete nur eine willkürliche und sachlich nicht vertretbare Differenzierung. Die im Zensusverfahren gemachten Differenzierungen entsprechen jedoch dem aktuellen Stand der statistischen Wissenschaft und seien methodisch abgesichert.

Unstreitig sei, dass den Gesetzgeber auch finanzielle Erwägungen zu seiner Entscheidung für ein differenziertes Modell der Einwohnerzahlermittlung geleitet haben. Die Behauptung der Klägerin, für diese Entscheidung gebe es keine hinreichenden fachlichen Gründe und Abstriche bei der Ergebnisqualität seien billigend in Kauf genommen worden, sei unzutreffend. Dass versucht worden sei, die Feststellung der amtlichen Einwohnerzahl mit einem möglichst geringen Kostenaufwand zu realisieren, gehöre zu den Grundprinzipien staatlichen Handelns. Daneben habe der Gesetzgeber eine weitere Randbedingung berücksichtigen müssen, da das Bundesverfassungsgericht im sog. Volkszählungsurteil den Gesetzgeber aufgefordert habe, bei der Planung künftiger Volkszählungen auch weichere Mittel als die vollständige Erhebung aller Bürgerinnen und Bürger zu prüfen. Im Urteil heiße es ausdrücklich: „(…) dass sich der Gesetzgeber vor künftigen Entscheidungen für eine Erhebung erneut mit dem dann erreichten Stand der Methodendiskussion auseinandersetzen muss, um festzustellen, ob und in welchem Umfang die herkömmlichen Methoden der Informationserhebung und -verarbeitung beibehalten werden können. Die Methoden der amtlichen Statistik und der Sozialforschung entwickeln sich stetig weiter. Diese Entwicklung darf der Gesetzgeber nicht unberücksichtigt lassen.Ebenso muss er bei der Anordnung einer statistischen Erhebung anhand des erreichbaren Materials prüfen, ob eine Totalerhebung trotz einer inzwischen fortgeschrittenen Entwicklung der statistischen und sozialwissenschaftlichen Methoden noch verhältnismäßig ist.“

Neben diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen habe der Gesetzgeber bei seiner Entscheidung für ein differenziertes Modell auch die Ergebnisse des Zensustests berücksichtigt. Dieser Test habe gezeigt, dass die Melderegister zur Ermittlung der Einwohnerzahlen zwar grundsätzlich geeignet seien, aber angesichts der im Test festgestellten Registerfehler (bundesweite Karteileichenrate von 2,9% und eine Fehlbestandsrate von 1,7%) Maßnahmen zur Qualitätssicherung unabdingbar seien, um die Ergebnisqualität traditioneller Volkszählungen zu erreichen. Weiter habe der Test auch gezeigt, dass die durchschnittliche Karteileichenrate in großen Gemeinden mit 3,3% um 65% über der Karteileichenrate von 2,0% in kleinen Gemeinden gelegen habe. Ein ähnliches Bild habe sich auch bei den Fehlbeständen gezeigt. Hier habe die Fehlbestandsrate in großen Gemeinden mit 1,9% um rund 50% über dem Wert von 1,3% in kleinen Gemeinden gelegen.

Mithilfe der Haushaltsstichprobe lassen sich diese Registerfehler quantifizieren und damit die aus dem Melderegister ausgezählten Einwohnerzahlen entsprechend dem Qualitätsniveau korrigieren. Untersuchungen aus dem Test haben gezeigt, dass bei Anwendung der Stichprobenmethodik auf alle Gemeinden, bei kleineren Gemeinden ein überproportional hoher Anteil der Einwohner hätte befragt werden müssen, um ein repräsentatives Stichprobenergebnis zu erhalten. Gemäß dem statistischen Grundsatz, dass nicht der proportionale Auswahlsatz, sondern die absolute Zahl der ausgewählten Einheiten zur Gewinnung belastbarer Stichprobenergebnisse ausschlaggebend sei, hätte der Anteil der zu befragenden Personen mit abnehmender Gemeindegröße merklich zunehmen müssen. Er hätte in Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern nahezu einer Vollerhebung entsprochen. Damit wäre die Zielsetzung eines die Bevölkerung weniger belastenden Zensusmodells und damit letztlich die Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts nach einem „milderen Mittel“ konterkariert worden.

Nach den Ergebnissen aus dem Stichprobenforschungsprojekt lasse sich durch eine Haushaltsstichprobe im Umfang von knapp 10% der Bevölkerung in Gemeinden mit 10.000 oder mehr Einwohnern die Einwohnerzahl in einer Qualität ermitteln, die vergleichbar mit traditionellen Volkszählungen sei. Die Untersuchungen aus dem Zensustest hätten daneben auch gezeigt, dass durch die Maßnahmen bei kleinen Gemeinden eine vergleichbare Qualitätssicherung erreichbar sei, wie durch die Haushaltsstichprobe bei großen Gemeinden.

Damit haben überzeugende sachliche und empirisch belegte Gründe für die Differenzierungen des Zensusmodells vorgelegen.

An der von der Klägerin angeführten Studie (Regressionsanalyse) von Hoppe/Spandel seien erhebliche Zweifel angebracht. So sei die Wahl der untersuchten Größen aus Sicht des Beklagten nicht unproblematisch. Hoppe/Spandel analysieren die Abweichungen zwischen den Einwohnerzahlen des Zensus und den Einwohnerzahlen der auf der Volkszählung 1987 basierenden Bevölkerungsfortschreibung. Hierbei fließen jedoch Effekte aus der Bevölkerungsfortschreibung ein, die mit der eigentlichen Problemstellung des Zensus nichts zu tun haben. Sehr viel aussagekräftiger wäre eine Analyse der Einwohnerzahlen aus dem Melderegister im Vergleich zu den Zensusergebnissen gewesen. Aber selbst wenn man dem Ansatz von Hoppe/Spandel folge, seien an den Schlussfolgerungen ebenfalls erhebliche Zweifel angebracht. Hierauf deuten die Auswertungen zu den Abweichungen zwischen den Ergebnissen der Volkszählung 1987 und der damaligen Fortschreibung sowie den aktuellen Abweichungen zwischen dem Zensus 2011 und den heutigen Fortschreibungen des Zensus 1987 hin. Bei Anwendung einer einheitlichen Methode in allen Gemeinden wiesen die Ergebnisse der Volkszählung 1987 für kleine Gemeinden mit +0,08% sogar ein geringfügiges Plus gegenüber den Ergebnissen der auf der Basis der Volkszählung 1970 basierenden Bevölkerungsfortschreibung auf. Demgegenüber mussten die Ergebnisse für große Gemeinden um 2,38% nach unten korrigiert werden. 2011 sei die Diskrepanz bei den Abweichungen zwischen dem Zensusergebnis 2011 und der Fortschreibung mit -0,75% bei den kleinen Gemeinden und -1,60% bei den großen Gemeinden merklich moderater ausgefallen. Obwohl seinerzeit in allen Gemeinden nach einer einheitlichen Methode vorgegangen worden sei, habe es sich also schon 1987 gezeigt, dass zwischen kleinen Gemeinden und großen Gemeinden erhebliche Qualitätsunterschiede bestehen. Auf Grundlage dieser Ergebnisse lasse sich die These von Hoppe/Spandel, das Zensusmodell 2011 benachteilige systematisch große Gemeinden, nicht aufrechterhalten. Auf jeden Fall handele es sich dabei um eine wissenschaftliche Einzelmeinung, zu der der wissenschaftliche Diskurs noch nicht abgeschlossen sei. Keineswegs habe das VG Bremen festgestellt, dass das gewählte Verfahren objektiv zu Ungleichbehandlungen führe. Das Gericht habe lediglich angemahnt, dass der Gesetzgeber aufgrund seiner Aufklärungspflicht untersuchen müsse, ob, abhängig von der Gemeindegröße, unterschiedliche Ergebnisgenauigkeiten zu verzeichnen seien. Nur wenn es tatsächlich zu erheblichen Unterschieden in der Ergebnisgenauigkeit gekommen sei, werde der Gesetzgeber dies beim nächsten Zensus berücksichtigen müssen.

d) Konkrete finanzielle Einbußen der Klägerin:

Auch die von der Klägerin dargestellten finanziellen Einbußen seien so nicht korrekt. Grundsätzlich werden bei den meisten Zuweisungen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs die im Staatshaushalt jeweils zur Verfügung gestellten Mittel vollständig unter den jeweils anspruchsberechtigten Körperschaften aufgeteilt. Die Zuweisungen an die einzelnen Körperschaften hängen in ihrer Höhe unmittelbar voneinander ab. Veränderungen bei den Berechnungsgrundlagen einer Körperschaft wirken sich grundsätzlich auch auf die Höhe der Zuweisungen aller anderen Leistungsempfänger aus. Verändere sich eine Einwohnerzahl, müsse ein neuer Rechenlauf durchgeführt werden und dabei nicht nur die Einwohnerzahlen der Klägerin, sondern auch die Einwohnerzahlen aller anderen Gemeinden miteinbezogen werden. In diesem Zusammenhang müsse deshalb beachtet werden, dass im Zensus 2011 64,64% der Kommunen eine Einwohnerzahlenminderung erfahren haben. Außerdem gebe es bei den Schlüsselzuweisungen als Kernstück des kommunalen Finanzausgleichs zum Ausgleich finanzieller Nachteile durch den Bevölkerungsrückgang in einigen Landesteilen seit 2006 einen sog. Demographiefaktor.

Deshalb sei insgesamt nicht vorhersehbar, ob alternative Einwohnerzahlen im Endergebnis überhaupt zu finanziellen Verbesserungen für die Klägerin führen würden.

e) Überprüfbarkeit der Zensusergebnisse:

Was die Überprüfbarkeit der Zensusergebnisse angehe, verkenne die Klägerin, dass die Beachtung des Rückspielverbots und der statistischen Geheimhaltung nicht auf der Auswahl eines bestimmten Zensusverfahrens oder einer speziellen Methode beruhe, sondern in der Materie selbst ihren Grund habe. Da personenbezogene Einzeldaten erhoben und verarbeitet worden seien, müsse der Beklagte statistische Geheimhaltungsregeln ungeachtet eines bestimmten Verfahrens zwingend beachten. Effektiver Rechtsschutz könne über das in § 99 VwGO geregelte Incamera-Verfahren gewährleistet werden. Von einer Verkürzung des Rechtsschutzes oder gar einem Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip könne keine Rede sein. Die Klägerin könne aus der Rechtsschutzgarantie keinen Anspruch auf Offenlegung personenbezogener Einzeldaten mit dem Ziel ableiten, ihr Melderegister abzugleichen und die Vorgehensweise des LfStaD im Verwaltungsverfahren zu kontrollieren. Im Hinblick auf die schutzwürdigen Belange der Auskunftspflichtigen im Zensus sei der Beklagte sogar zur Verweigerung der Akteneinsicht verpflichtet gewesen.

Die nochmalige Überprüfung von Anschriften im Rahmen des Anhörungsverfahrens sei nur bei wenigen Anschriften durchgeführt worden, weil z. B. eine hohe Zahl von Karteileichen vorgelegen habe. Bei allen anderen Anschriften haben sich die Ergebnisse der Erhebungen entweder mit den Informationen aus dem Melderegister gedeckt oder die Erhebungsergebnisse seien davon nur geringfügig abgewichen. Aus der Tatsache, dass zwei der auffälligen Anschriften fehlerhaft ausgewertet worden seien, könne nicht auf Fehler in entsprechender Größenordnung bei den unauffälligen Anschriften geschlossen werden. Beim Zusammenführen der Wohnstatusinformationen aus dem Melderegister und der Sonderbereichserhebung seien die landesrechtlichen Meldevorschriften beachtet und entsprechend umgesetzt worden.

Was die Hochrechnungsergebnisse bezüglich der einzelnen Schichten betreffe, sei darauf hinzuweisen, dass nicht die Differenz aus Fehlbeständen und Karteileichen hochgerechnet worden sei, sondern die als existent festgestellten Personen d. h. es sei an jeder Stichprobenanschrift die Anzahl der existenten Personen festgestellt und diese dann mit einem anschriftenspezifischen Hochrechnungsfaktor multipliziert worden. Die Hochrechnungsfaktoren seien letztlich durch das statistische Verfahren so bestimmt worden, dass die Einwohnerzahl bestmöglich bestimmt werde. Hierfür seien Anschriften aufgrund ihrer Struktur als bedeutender eingestuft und deswegen höher gewichtet worden als andere. Deshalb könne es passieren, dass in einer bestimmten Schicht Anschriften mit tendenziell höheren Hochrechnungsfaktoren versehen worden seien. In einem solchen Falle übertreffe die in dieser Schicht hochgerechnete Einwohnerzahl die Anzahl der gemeldeten Personen, selbst wenn es in den Stichprobenanschriften dieser Schicht weder Karteileichen noch Fehlbestände gegeben habe oder wenn es wie z. B. in Schicht 4 und 8 der Klägerin mehr Karteileichen als Fehlbestände gegeben habe.

d) Dynamische Verweisung auf das Stichprobenforschungsprojekt:

Die Ergebnisse des Forschungsprojekts haben im Zeitpunkt der Kodifizierung des Stichprobenverfahrens vorgelegen und sie seien der Kodifizierung auch zugrunde gelegt worden. Dies ergebe sich bereits aus Ziffer 3 der Begründung des „Entwurfs eines Gesetzes zur Anordnung des Zensus 2011 sowie zur Änderung des Statistikgesetzes“ (BR-Drucks. 3/09 vom 02.01.2009). Somit sei nicht auf ein noch unbekanntes zukünftiges Forschungsgutachten verwiesen worden. Die Ergebnisse des Forschungsprojektes in Bezug auf die Stichprobenziehung seien demgegenüber bekannt gewesen; es habe lediglich an ihrer Veröffentlichung gefehlt. Aus diesem Grund liege auch keine unzulässige dynamische Verweisung in § 2 Abs. 2 StichprobenV vor. Dem externen Auftragnehmer seien keine weitergehenden Befugnisse übertragen worden, sondern es sei lediglich die Berücksichtigung der sich aus dem Forschungsprojekt ergebenden Qualitätsvorgaben festgeschrieben worden. Hingegen sei die Entscheidung über das tatsächlich zur Anwendung kommende Stichprobenverfahren beim statistischen Bundesamt verblieben.

Auch müsse dem Einwand der Klägerin, die Stichprobenerhebung habe zwangsläufig zu unzutreffenden Ergebnissen geführt, generell entgegengetreten werden. Die Stichprobenerhebung sei eine geeignete Methode, da wegen der geringeren Zahl der zu befragenden Personen, auch relativ gesehen, deutlich niedrigere Fehlerquoten erreicht werden können, weil z. B. die Erhebungsbeauftragten besser geschult und betreut werden konnten und Fehler, die im Massengeschäft hingenommen werden müssen, so durch Nachbearbeitungen bereinigt werden konnten. Entsprechende Untersuchungen zu den Volkszählungen 1961 und 1970 haben gezeigt, dass auch bei Vollerhebungen mit einer Untererfassung von mindestens 1% bzw. 1,7% und einer Übererfassung von 0,5% bzw. 0,8% gerechnet werden müsse. Auch seien die deutschen Zensusergebnisse im internationalen Vergleich von hoher Genauigkeit und Güte. Qualitätsuntersuchungen für die Volkszählungen anderer Staaten (z. B. Großbritannien und Kanada) haben gezeigt, dass dort für einzelne Regionen Fehler von bis zu 3% aufgetreten seien. Durch die systembedingt höhere Genauigkeit einer Stichprobenerhebung können Zufallsfehler vermieden werden. Das durch die statistischen Landesämter entwickelte Schulungskonzept für die Interviewer und die damit verbundene Methodik zur Existenzfeststellung habe solche systematische Verzerrungen verhindern können.

e) Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften:

Hinsichtlich des relativen Standardfehlers werde auf § 7 Abs. 1 Nr. 1 ZensG 2011 hingewiesen, wonach die amtliche Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5% ermittelt werden solle. Schon aufgrund des Wortlauts der Vorschrift „angestrebt“ stehe fest, dass der Wert nicht zwingend einzuhalten sei. Die Schlussfolgerung der Klägerin, der Gesetzgeber gestehe eine Ungenauigkeit im Sinne einer Intervalllänge von 838 Personen zu, sei nicht korrekt. Des Weiteren basiere die Konstruktion der hier verwendeten Konfidenzintervalle in guter Näherung auf einer Nominalverteilung, die sich mit ihrer Glockenform durch besonders schmale Enden auszeichne. Damit seien kleine Abweichungen bei Feststellung der Einwohnerzahl viel wahrscheinlicher als große Abweichungen. Es sei daher nicht möglich, diese Intervallbreite mit der Abweichung zum Melderegister von 946 Personen zu vergleichen. Generell sei zu betonen, dass auch bei einem höheren oder niedrigeren Wert für den relativen Standardfehler derselbe Wert für die amtliche Einwohnerzahl im Zensus 2011 zu erwarten gewesen sei. Deshalb werde mit dem Adjektiv „angestrebt“ auch kein subjektivöffentliches Recht der Gemeinden begründet.

Die Forderung der Klägerin, dass der Gesetzgeber Korrektur- oder gesonderte Überprüfungsmöglichkeiten vorsehen müsse, sei geradezu abwegig. Zwar könne die tatsächliche Einwohnerzahl der Klägerin prinzipiell auch außerhalb des Bereichs von 41.435 bis 42.441 liegen, hierfür lasse sich aber keine Wahrscheinlichkeit angeben. Deshalb sei auch eine Überprüfung nicht möglich, da die tatsächliche Einwohnerzahl der Klägerin gerade nicht bekannt sei.

Unzutreffend sei schließlich der Vorwurf, die Vorgaben des Melderechts seien im Zensus nicht eingehalten worden. Aus der amtlichen Begründung zu § 8 ZensG 2011 (BT-Drucks. 16/12219, S. 35ff.) könne entnommen werden, dass bei der Erhebung der Sonderanschriften auf einen objektivierten Einwohnerbegriff abzustellen sei. Maßgebliche Rechtsnorm sei § 12 MRRG. § 15 MRRG regele Ausnahmen zum Melderecht und eröffne in Abs. 2 darüber hinaus landesrechtliche Regelungen. § 15 Abs. 2 MRRG sei in der Zeit vom 19.04.2002 bis zum Erlass des Zensusbescheids zwar mehrfach geändert worden, aber keinesfalls, wie die Klägerin meine, in der Fassung vom 19.04.2002 außer Kraft gesetzt worden. Selbstverständlich sei das landesrechtliche Melderecht in der am 09.05.2011 geltenden Fassung angewendet worden. Da eine Unterbringung an einer Sonderanschrift nicht bedeute, dass eine Person keinen weiteren Wohnsitz habe, habe sich an die Erhebung eine Mehrfachfalluntersuchung angeschlossen. Die genaue Schrittfolge könne der Gesetzesbegründung entnommen werden (BR-Drucks. Nr. 3/09, S. 62ff.). Weil in den Meldegesetzen der Länder unterschiedliche Regelungen für die Meldepflicht bzw. Ausnahmen von der Meldepflicht in Heimen und ähnlichen Einrichtungen aber auch in Justizvollzugsanstalten vorgelegen haben, sei bei der personenbezogenen Erhebung der Daten in Sonderbereichen von einem objektivierten Einwohnerbegriff ausgegangen worden. Auf diese melderechtliche Problematik würden sich auch die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid beziehen. Der objektivierte Einwohnerbegriff sei nur im Bereich der Datenerhebung in Sonderbereichen zur Anwendung gekommen.

f) Konkrete Durchführung der Befragung:

Hinsichtlich der klägerseits geltend gemachten Rundmail Nr. 75 habe die Klägerin übersehen, dass die dort zitierte Vorgehensweise nur dann zu Anwendung gekommen sei, wenn die Fälle des Fallbeispiels 1 abgearbeitet gewesen seien. Mit dem letztendlichen Verschicken einer PZU habe die Existenz oder die Nicht-Existenz dieser Person abschließend geklärt werden sollen. Wenn die Person weder auf dem Klingelschild, noch auf dem Briefkasten gestanden habe, noch in einem anderen „geklärten“ Haushalt gewohnt habe und zusätzlich auch noch die PZU unzustellbar gewesen sei, sei abschließend festgestellt worden, dass diese Person nicht mehr an der Anschrift wohne. Nichts anderes gehe aus der Rundmail vom 04.08.2011 hervor.

g) Qualitätssicherung bei den Haushaltsstichproben:

Neben der im Anhörungsverfahren durchgeführten systematischen Prüfung von Sonderanschriften, habe es auch parallel zur Erhebung qualitätssichernde Maßnahmen gegeben. Insbesondere sei bei auffälligen Befunden der Erhebungsbeauftragten hinsichtlich der primärstatistisch festgestellten Personenzahl an einer Anschrift (ungewöhnlich hoher Anteil an Über- bzw. Untererfassungen) oder auch bei Befragungsausfällen nochmals die örtliche Erhebungsstelle mit einer eingehenden Prüfung beauftragt worden. Konkret habe auf dem Stadtgebiet der Klägerin eine Anschrift einer zusätzlichen Prüfung durch die örtliche Erhebungsstelle unterzogen werden müssen. Hierbei habe es sich um einen ungewöhnlichen Befund hinsichtlich der primärstatistisch festgestellten Personenzahl gehandelt. Allerdings sei dieser Befund durch die örtliche Erhebungsstelle bestätigt worden. Bei einer weiteren Anschrift habe es ein Problem der Abgrenzbarkeit gegeben, so dass der örtlichen Erhebungsstelle angeraten worden sei, für diese Anschrift einen stichprobenneutralen Antwortausfall zu hinterlegen. Damit seien alle gemeldeten Personen auch als existent gewertet worden. Abgrenzungsprobleme bei Stichprobenanschriften habe es immer dann gegeben, wenn eine eindeutige bauliche Trennung von Gebäuden an zwei oder mehreren Anschriften nicht möglich gewesen sei. Hierbei hätte die Gefahr bestanden, dass der Erhebungsbeauftragte zusätzlich zu der zu befragenden Anschrift auch Personen befragt hätte, die eigentlich schon an der weiteren Anschrift zu zählen seien. Damit wären durch den Abgleich mit den Registern falsche Nicht-Übereinstimmungen vorgefunden worden. In der Konsequenz seien die Wertung als stichprobenneutraler Antwortenausfall und Übernahme der Melderegister als beste Lösung dieses Problems anzusehen.

Auf das dem Gericht und den Parteien vorliegende Gutachten von Prof. Dr. K. wird Bezug genommen (Blatt 398 - 404 der GA).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 06.08.2015 und auf die Gerichts- bzw. Behördenakten verwiesen, die dem Gericht vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet, da die Festsetzung der Einwohnerzahl im Bescheid vom 25.11.2013 rechtmäßig war und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Einwohnerzahl an den Normalanschriften wurde mittels Hochrechnung durch ein statistisches Verfahren ermittelt, welches dem aktuellen wissenschaftlichen Methodenstand entspricht. Die dabei vorgenommene unterschiedliche Behandlung von kleinen und großen Gemeinden ist durch sachliche Gründe gerechtfertigt und folglich wird das interkommunale Gleichbehandlungsgebot nicht verletzt. Des Weiteren enthält die Stichprobenverordnung mit deren Bezugnahme auf das Stichprobenforschungsprojekt keine verfassungswidrige Subdelegation. Die bei der Klägerin vorliegende geringfügige Überschreitung des relativen Standardfehlers um 0,1% macht die Einwohnerzahlfeststellung nicht rechtswidrig, weil den Gemeinden kein subjektivöffentliches Recht auf strikte Beschränkung des Standardfehlers zusteht und weil die gesetzlichen Qualitätsvorgaben an die Ergebnisgenauigkeit im Wesentlich eingehalten wurden. Weiter wurde die Vollerhebung an Sonderanschriften in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben des ZensG 2011 durchgeführt und dabei der Wohnstatus in weiten Teilen entsprechend dem gültigen Melderecht festgesetzt. Schließlich ist der Bescheid ausreichend begründet.

Im Einzelnen:

1. Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft und die Klägerin nach § 42 Abs. 2 VwGO auch klagebefugt, weil die Möglichkeit einer Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts nicht von vornherein ausgeschlossen ist.

a. Der Bescheid vom 25.11.2013 ist ein Verwaltungsakt nach Art. 35 Satz 1 BayVwVfG, was sich bereits aus seiner äußeren Gestaltung ergibt. Er wurde als „Bescheid“ bezeichnet, er enthielt eine entsprechende Rechtsbehelfsbelehrung und seine äußere Gliederung in Entscheidungsformel und Begründung entspricht einem gewöhnlichen Verwaltungsakt. Somit liegt bereits ein formeller Verwaltungsakt vor, gegen den die Anfechtungsklage statthaft ist (Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 35 Rn. 16).

Im Übrigen ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Festsetzung der Einwohnerzahl gegenüber der Klägerin eine verbindliche Regelung mit unmittelbarer Außenwirkung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts i. S. d. Art. 35 Satz 1 BayVwVfG ist. Dass die Festsetzung der Einwohnerzahl gegenüber den Gemeinden mittels Verwaltungsakt erfolgt, war bereits bei der letzten Volkszählung in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, obwohl es damals noch keine explizite Rechtsgrundlage zum Erlass eines Verwaltungsaktes gegeben hat (vgl. VGH Mannheim, U.v. 19.09.1991 - 6 UE 2588/89 - juris Rn. 28; BayVGH, U.v. 21.12.1994 - 4 B 93.244 - juris Rn. 29). Mittlerweile hat der bayerische Gesetzgeber reagiert und für diesen und künftige Zensus mit Art. 26 Abs. 2 BayStatG eine eigene Rechtsgrundlage für das Landesamt geschaffen, auf deren Grundlage die durch den Zensus ermittelte amtliche Einwohnerzahl gegenüber den Gemeinden verbindlich festgestellt wird. Mithin ist die Klage als Anfechtungsklage statthaft.

b. Hinsichtlich der Klagebefugnis kann sich die Klägerin auf eine mögliche Verletzung ihrer kommunalen Selbstverwaltungsgarantie aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 11 Abs. 2 Satz 1 BV berufen.

Das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden garantiert nicht nur deren generellen Bestand (sog. institutionelle Garantie) und eine eigenverantwortliche Aufgabenerfüllung, sondern sie umfasst gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 3 HS. 1 GG als Finanzhoheit auch das Recht der Gemeinden auf eine eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft (BVerfG, B.v. 27.11.1986 - 2 BvR 1241/82 - juris Rn. 12) und auf eine aufgabenadäquate Finanzausstattung (BayVerfGH, E.v. 28.11.2007 - Vf. 15-VII-05 - juris Rn. 202). Die Selbstverwaltungsgarantie erschöpft sich dabei aber nicht nur in einer objektivrechtlichen Garantie, sondern sie räumt den Gemeinden auch ein subjektivöffentliches Recht dahingehend ein, sich gegen jede Art von Eingriffen gerichtlich zur Wehr zu setzen (Mehde, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Mai 2015, Art. 28 Rn. 45). Diese subjektive Rechtsstellungsgarantie ist nicht zuletzt wegen Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG allgemein anerkannt.

Davon ausgehend ist der Beklagte fälschlicherweise der Ansicht, der Zensus habe keinerlei Einfluss auf den Aufgabenkreis der Klägerin und tangiere deshalb ihr Selbstverwaltungsrecht nicht einmal im Ansatz. Im Gegensatz dazu greift die Feststellung der Einwohnerzahl mittelbar in die oben umrissene Rechtsstellung der Klägerin ein, weil die Finanzausstattung der Gemeinde zwar mittelbar, aber maßgeblich von der amtlich festgestellten Einwohnerzahl abhängt.

Gemäß Art. 2 Abs. 2 des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Staat, Gemeinden und Gemeindeverbänden (FAG) richtet sich die Höhe der Schlüsselzuweisungen nach der Ausgangsmesszahl und diese wiederum gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 HS. 1 FAG nach der Einwohnerzahl. Somit hat die Einwohnerzahl unmittelbaren Einfluss auf die Finanzausstattung der Gemeinde. Hinzu kommt, dass die jeweils im letzten Zensus festgestellte Einwohnerzahl gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Statistik der Bevölkerungsbewegung und die Fortschreibung des Bevölkerungsstandes (BevStatG) die Grundlage für die Fortschreibung der Einwohnerzahlen zwischen zwei Zensus bildet. Der streitgegenständliche Bescheid beeinflusst somit über die darin festgestellte Einwohnerzahl die Schlüsselzuweisungen, die die Klägerin empfängt und dies wirkt sich auch langfristig bis zur nächsten Volkszählung aus. Schon allein deshalb berührt die Feststellung der Einwohnerzahl die Rechtsstellung der Klägerin. Neben diesen finanziellen Auswirkungen wirkt sich die Einwohnerzahl aber auch in anderen Bereichen auf die Rechtsstellung der Klägerin aus. Gemäß Art. 31 Abs. 2 Satz 2 BayGO bestimmt sich die Zahl der Gemeinderatsmitglieder nach der Einwohnerzahl und nach Art. 34 Abs. 3 BayGO wirkt sich diese auch auf die Rechtsstellung des Bürgermeisters aus. Beides sind Belege dafür, dass die festgestellte Einwohnerzahl die Klägerin sehr wohl in ihrer Rechtsstellung tangiert (vgl. dazu auch die amtliche Begründung zum Zensusgesetz, die von 50 Rechtsvorschriften spricht, bei denen die Einwohnerzahl als Bemessungsgrundlage herangezogen wird, BR-Drucks. 3/09, S. 20).

Aus diesen Gründen geht auch die Rechtsprechung zur letzten Volkszählung von 1987 davon aus, dass die Festsetzung der Einwohnerzahl einen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltungsgarantie darstellt, gegen den die betroffene Gemeinde mittels Anfechtungsklage vorgehen kann (vgl. BVerwG, U.v. 24.09.1992 - 7 C 33/91 - juris; VGH Mannheim, U.v. 19.09.1991 - 6 UE 2588/89 bzw. 6 UE 236 UE 2356/89 - juris Rn. 29 bzw. 30; BayVGH, U.v. 21.12.1994 - 4 B 93.244 - juris Rn. 29). Daneben ergibt sich die Klagebefugnis bei der Feststellung der Einwohnerzahl durch den Zensus auch noch mittelbar aus der Rechtsprechung zur konkreten Höhe der Finanzzuweisungen. Im Rahmen eines Streits über die Höhe konkreter Finanzzuweisungen kann nämlich die Gemeinde nach der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht mit dem Einwand gehört werden, die Ergebnisse der Volkszählung seien unrichtig und sie habe in Wahrheit eine höhere Einwohnerzahl. Diesen Einwand müssen die Gemeinden gegen das Ergebnis der Volkszählung erheben (vgl. BayVGH, U.v. 23.06.1994 - 4 B 92.3531 - juris Rn. 11). Wenn die Klägerin jedoch beim Streit über die Höhe der Zuweisungen keine höhere Einwohnerzahl geltend machen kann, muss sie dies wenigstens nach Durchführung des Zensus anbringen können. Ansonsten würden die Gemeinden bezüglich der Einwohnerzahlfestsetzung rechtsschutzlos gestellt werden. Dies wäre mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG nicht vereinbar. Auch deshalb geht das Bundesverwaltungsgericht von einer Obliegenheit der Gemeinde aus, die festgestellte Einwohnerzahl im Beanstandungsfall gerichtlich überprüfen zu lassen (vgl. BVerwG, B.v. 17.03.1992 - 7 B 24/92 - juris Rn. 3).

Letztendlich schließt sich die entscheidende Kammer der soeben dargestellten obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung an, die auch für den Zensus 2011 Geltung beansprucht, da sich alle Volkszählungen in ihren rechtlichen Auswirkungen auf die Stellung der Gemeinden nicht unterscheiden. Die zulässige Klage ist jedoch unbegründet, da der streitgegenständliche Bescheid auf verfassungsgemäßen Rechtsgrundlagen beruht und deren Anforderungen sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht gerecht wird.

2. Der Bescheid vom 25.11.2013 beruht auf §§ 1 Abs. 3 Nr. 1, 2 Abs. 2 Satz 1 ZensG 2011 i. V. m. Art. 26 Abs. 2 BayStatG. Danach stellt das Landesamt die zum Zensusstichtag gezählte amtliche Einwohnerzahl der Gemeinden fest und diese entspricht dabei der Gesamtzahl an Personen, die ihren üblichen Aufenthaltsort in der Gemeinde haben. Nachdem das Selbstverwaltungsrecht gemäß Art. 28 Abs. 2 GG dem einfachen Gesetzesvorbehalt unterliegt, war dies als Rechtsgrundlage für einen Eingriff notwendig aber auch ausreichend. Die Rechtsgrundlage erfüllt nach Ansicht der entscheidenden Kammer, wie die anderen Regelungen des Zensusgesetzes und der Stichprobenverordnung auch, die notwendigen verfassungsrechtlichen Anforderungen. Insbesondere liegt weder ein Verstoß gegen das interkommunale Gleichbehandlungsgebot vor noch enthält die Stichprobenverordnung eine verbotene Subdelegation.

3. Hinsichtlich der einzelnen Ausgestaltungen des Zensusgesetzes und der Stichprobenverordnung kommt dem Gesetzgeber ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Gestaltungs- und Einschätzungsspielraum zu.

Der Festsetzung der Einwohnerzahl kommt auf verschiedenen Gebieten erhebliches Gewicht zu. Sie ist nicht nur wegen ihrer Auswirkungen auf die finanzielle Ausstattung der Gemeinden im Rahmen des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG bedeutsam, sondern sie wirkt sich über die Einteilung der Wahlkreise beispielsweise auch auf die Wahlrechtsgleichheit nach Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG aus. Deshalb ist eine möglichst genaue Bestimmung der Einwohnerzahl das vornehmliche Ziel jeder Volkszählung. Dabei ist es unvermeidbar, dass der Staat von seinen Bürgern über Befragungen Auskünfte einholt, um so ein möglichst genaues Bild über Anzahl und Zusammensetzung der Bevölkerung zu bekommen. Traditionell wird diese Aufgabe über Totalerhebungen gelöst, bei denen jede Erhebungseinheit (z. B. Personen, Haushalte, Gebäude) primärstatistisch durch Befragungen erfasst wird. Diesem Ziel stehen die Interessen der Bürger entgegen, die zum einen nicht durch umfangreiche Befragungen belastet werden wollen und zum anderen befürchten, dass der Staat sie dadurch in ihrer gesamten Persönlichkeit erfasst. Letztere Interessen werden durch die Menschenwürde in Art. 1 Abs. 1 GG und das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit in Art. 2 Abs. 1 GG von der Verfassung geschützt. Somit stehen sich der Schutz der Bürger in ihrem informationellen Selbstbestimmungsrecht und das Ziel einer möglichst genauen Erfassung der Bevölkerung diametral entgegen. Deshalb muss der Gesetzgeber bei jeder Volkszählung diese beiden kollidierenden Verfassungspositionen in einen gerechten Ausgleich bringen. Dabei hat er mittels praktischer Konkordanz dafür zu sorgen, dass die gegensätzlichen verfassungsrechtlichen Positionen in ihrer Wechselwirkung erfasst und so begrenzt werden, dass sie alle möglichst weitgehend wirksam werden (BVerfG, B.v. 27.011998 - 27.01.1998 - 1 BvL 15/87 - juris Rn. 28).

Gerade im Hinblick auf die Belastung der Bevölkerung hat das Bundesverfassungsgericht zur Volkszählung 1987 in seinem richtungsweisenden Volkszählungsurteil ausdrücklich ausgeführt: „Vor künftigen Entscheidungen für eine Erhebung wird sich der Gesetzgeber erneut mit dem dann erreichten Stand der Methodendiskussion auseinandersetzen müssen, um festzustellen, ob und in welchem Umfang die herkömmlichen Methoden der Informationserhebung und Informationsverarbeitung beibehalten werden können. Die Methoden der amtlichen Statistik und der Sozialforschung entwickeln sich stetig weiter. Diese Entwicklung darf der Gesetzgeber nicht unberücksichtigt lassen (…) Ebenso muss er bei der Anordnung einer statistischen Erhebung anhand des erreichbaren Materials prüfen, ob eine Totalerhebung trotz einer inzwischen fortgeschrittenen Entwicklung der statistischen und sozialwissenschaftlichen Methoden noch verhältnismäßig ist. Es reicht insoweit zur Begründung nicht aus, lediglich darauf zu verweisen, dass Volkszählungen schon immer in Form von Totalerhebungen durchgeführt worden seien.“ (vgl. BVerfG, U.v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 - juris Rn. 179).

Anders als die Klägerin meint, ist darin ein ganz klarer verfassungsrechtlicher Auftrag an den Gesetzgeber enthalten, zu prüfen, ob die modernen Methoden der Statistik und der automatisierten Datenverarbeitung es möglich machen, andere Formen der Volkszählung zu realisieren als die der Totalerhebung. Dies hat der Gesetzgeber beim Zensus 2011 zum Anlass genommen, einen grundlegenden Methodenwechsel einzuleiten. Er hat mit dem Zensustest umfangreiche wissenschaftliche und statistische Untersuchungen durchgeführt, an deren Ende er die Erkenntnis gewonnen hat, dass auch in Deutschland ein registergestützter Zensus möglich ist, der eine mit traditionellen Totalerhebungen vergleichbare Ergebnisgenauigkeit aufweist. Es ist deshalb aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, wenn sich der Gesetzgeber im Rahmen seines Gestaltungsspielraums für einen registergestützten Zensus entschieden hat. Aus verfassungsrechtlichen Überlegungen heraus ist es sogar zum Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts begrüßenswert, wenn der Gesetzgeber alle Möglichkeiten ergreift, um die Belastung der Bevölkerung zu reduzieren. Dies zieht auch die Klägerin grundsätzlich nicht in Zweifel. Des Weiteren hat der Gesetzgeber im Rahmen des Zensustests verschiedene methodische Ansätze untersucht, welche Arbeitsschritte notwendig sind, um einen registergestützten Zensus zu realisieren.

Anhand aller vorliegender Erkenntnisse ist für das Gericht nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum überschritten hat. Dies ist erst dann der Fall, wenn eine verfassungsrechtliche Position einer anderen in einer Weise untergeordnet wurde, die in Anbetracht ihrer Bedeutung und Tragweite nicht mehr angemessenen ist (vgl. BverfG, B.v. 27.01.1998 - 1 BvL 15/87 - juris Rn. 29) oder wenn ein Verstoß gegen die interkommunale Gleichbehandlung vorliegen würde. Einen gerechten Ausgleich der kollidierenden Verfassungspositionen hat der Gesetzgeber hier dadurch geschaffen, dass der Zensus 2011 auf der einen Seite weitestgehend vorhandene Register auswertet und dadurch die Belastungen der Bevölkerung durch Befragungen auf ein Mindestmaß begrenzt; auf der anderen Seite hat er das registergestützte Erhebungsverfahren durch primärstatistische Elemente dort ergänzt, wo dies zur Qualitätssicherung notwendig war. Auch an dieser Vorgehendweise übt die Klägerin keine grundsätzliche Kritik, mit Ausnahme der Verletzung des interkommunalen Gleichbehandlungsgebots (vgl. dazu die Ausführungen unter Punkt 4).

Insgesamt hat der Gesetzgeber aufgrund umfangreicher Voruntersuchungen ein Verfahren zur Ermittlung der Einwohnerzahl entwickelt, welches aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten heraus nicht zu beanstanden ist (vgl. dazu auch die zutreffenden und überzeugenden Ausführungen des VG Bremen, U.v. 06.11.2014 - 4 K 841/13 - juris Rn. 37 bis 43).

4. Die unterschiedliche Verfahrensgestaltung zur Feststellung der Einwohnerzahl verstößt nicht gegen das interkommunale Gleichbehandlungsgebot.

a. Wie das Bundesverfassungsgericht in seiner neueren Rechtsprechung ausführt, verbietet das interkommunale Gleichbehandlungsgebot, einzelne Gemeinden aus sachlich nicht vertretbaren Differenzierungen heraus zu benachteiligen oder zu bevorzugen. Als Teil der subjektiven Rechtsstellungsgarantie der Kommunen nach Art. 28 Abs. 2 GG verpflichtet es den Gesetzgeber dazu, Begünstigungen und Vorteile nach einheitlichen und sachlich vertretbaren Maßstäben auf einzelne Kommunen zu verteilen. Notwendig ist dabei aber nicht die bestmögliche und gerechteste Lösung, sondern es kommt entscheidend darauf an, dass der Gesetzgeber bei Ausschöpfung seines Einschätzungs- und Beurteilungsspielraums eine nachvollziehbare und vertretbare Lösung wählt (vgl. BVerfG, U.v. 07.10.2014 - 2 BvR 1641/11 - juris Rn. 108f). Dabei ist es, gerade im Hinblick auf den kommunalen Finanzausgleich, zulässig, die sachlich vertretbaren Verteilungsmaßstäbe nicht an der einzelnen Gemeinde, sondern generalisierend und pauschalierend an der Gesamtheit der Gemeinden auszurichten (VerfGH NRW, U.v. 06.05.2014 - 14/11 - juris Rn. 48). Wie das Bundesverfassungsgericht ausführt, resultiert das interkommunale Gleichbehandlungsgebot letztlich aus dem Bundesstaatsprinzip und dem Rechtsstaatsgebot, welche Bund und Länder dazu verpflichten, nachgeordnete Hoheitsträger gleich zu behandeln. Deshalb kann der Beklagte nicht mit Erfolg einwenden, die Klägerin könne sich als juristische Person des öffentlichen Rechts nicht auf den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG berufen.

b. Das interkommunale Gleichbehandlungsgebot und damit die soeben referierte Rechtsprechung finden auch auf die Feststellung der Einwohnerzahl sinngemäß Anwendung. Zwar werden durch die Feststellung der Einwohnerzahl keine finanziellen Mittel zwischen den Gemeinden verteilt, gleichwohl ist die Einwohnerzahl unstreitig die wichtigste Messgröße im Rahmen verschiedener finanzieller Zuteilungsentscheidungen. Der Gesetzgeber ist dann seiner Pflicht, Begünstigungen nach einem sachlich vertretbaren Maßstab zu verteilen, nicht dadurch enthoben, dass er, unabhängig von einer konkreten Verteilungsentscheidung, eine dafür abstrakte Messgröße festlegt. Deshalb und weil der Einwohnerzahl im Rahmen des Finanzausgleichs erhebliches Gewicht zukommt, muss sich auch deren Feststellung an den oben genannten Maßstäben orientieren (so auch VG Bremen, U.v. 06.11.2014 - 4 K 841/13 - Rn. 45).

Die sinngemäße Anwendung des interkommunalen Gleichbehandlungsgebotes führt bei der Feststellung der Einwohnerzahl im Wesentlichen zu zwei Anforderungen, denen das Verfahren und das Ergebnis des Zensus gerecht werden muss:

Zum einen müssen die Unterschiede beim Verfahren zur Ermittlung der Einwohnerzahl sachlich gerechtfertigt sein und zum anderen darf die unterschiedliche Verfahrensgestaltung nicht zu einer wesentlich unterschiedlichen Ergebnisgenauigkeit bei der Einwohnerzahlermittlung führen. Im Hinblick auf die Bedeutung der Einwohnerzahl kommt diesem zweiten Ziel besonderes Gewicht zu. Das Gebot der Ergebnisgenauigkeit geht aber nicht soweit, dass der Zensus die Einwohnerzahl bei jeder Gemeinde mit der gleichen Fehlerquote feststellen muss. Unabhängig davon, dass dies aus faktischen Gründen nicht möglich ist, darf der Gesetzgeber Verteilungsentscheidungen pauschalierend an der Gesamtheit der Gemeinden ausrichten. Deshalb ist es ihm bei der Ermittlung der Einwohnerzahl auch nicht verwehrt ein Verfahren zu wählen, welches, generalisierend betrachtet, über alle Gemeinden hinweg zu einer im Wesentlichen gleichen Ergebnisgenauigkeit führt. Das Gebot der interkommunalen Gleichbehandlung wäre in diesem Zusammenhang erst dann verletzt, wenn gewichtige Anhaltspunkte dafür bestünden, dass das Ziel der wesentlich gleichen Ergebnisgenauigkeit bei der Klägerin verfehlt worden wäre.

Wenn es um eine unterschiedliche Verfahrensgestaltung bei der Ermittlung der Einwohnerzahlen geht, so tauchen solche Unterschiede an zwei Punkten auf. Zum einen wurde nur bei großen Gemeinden mit über 10.000 Einwohnern gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 eine stichprobenmäßige Haushaltsbefragung durchgeführt, um die sich aus den Melderegistern ergebende Einwohnerzahl statistisch zu korrigieren. Zum anderen fand eine unterschiedliche Behandlung beider Gemeindeklassen auch bei den dauerhaften Mehrfachfällen im Rahmen des § 15 Abs. 2 und 3 ZensG 2011 statt. Aus Sicht der entscheidenden Kammer sind diese Unterschiede sachlich gerechtfertigt .

c. Die unterschiedliche Verfahrensgestaltung hinsichtlich der stichprobenmäßigen Haushaltsbefragung ist sachlich gerechtfertigt, weil zwischen Gemeinden mit über und Kommunen unter 10.000 Einwohnern hinreichende Unterschiede bei der Qualität der Melderegister bestehen. Wie Tabelle 1 des Tatbestands zeigt, steigen mit zunehmender Gemeindegröße nicht nur die Fehlbestände, sondern auch die Karteileichen. Wenn jedoch mit zunehmender Gemeindegröße die Gesamtfehlerquote in den Melderegistern ansteigt, bedarf es geeigneter Korrekturverfahren, um die Einwohnerzahl zuverlässig zu ermitteln.

Der Gesetzgeber musste sich vor Durchführung des Zensus prognostisch entscheiden, bei welchen Gemeindeklassen welche Methoden am besten geeignet sind, um insgesamt die Registerfehler auf ein hinnehmbares Maß zu reduzieren. Maßgeblich für die Entscheidung des nun vorliegenden Verfahrens war u. a. die Erkenntnis, dass bei größeren Gemeinden mit einem höheren Anteil an Mehrfamilienhäusern eine retrospektive Befragung der Einwohner wenig erfolgversprechend wäre. Deshalb entschied sich der Gesetzgeber bei großen Gemeinden zur Durchführung der Haushaltsstichprobe. Dass bei kleinen Gemeinden eine Haushaltsstichprobe zur Erlangung vergleichbarer Ergebnisse nicht notwendig ist, ergibt sich aus den Simulationsrechnungen des Zensustests. Danach kann mithilfe einer nachträglichen Befragung von in der Haushaltsgenerierung auffällig gewordenen Wohnungen eine deutliche Absenkung der Übererfassungen erreicht werden, weil in kleinen Gemeinden ein großer Teil der Bevölkerung in Ein- und Zweifamilienhäusern wohnt. Im Übrigen eignet sich eine Stichprobe zur Fehlerkorrektur bei kleinen Gemeinden auch deshalb nicht, weil bei jeder Gemeinde ein Mindestmaß an Anschriften befragt werden muss und dies wiederum bei kleinen Gemeinden nahezu einer Totalerhebung gleich kommen würde (vgl. BT-Drucks. 16/12219, Seite 44), was wiederum zu einer unverhältnismäßigen Belastung der Bevölkerung geführt hätte.

i. Diese Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers kann die Klägerin nicht mit dem Argument in Zweifel ziehen, die Ergebnisse des Zensustests seien bei Durchführung desselben durch Verbesserungen der Melderegister mittlerweile überholt. Dieses Argument geht bereits deshalb im Ansatz fehl, weil bei einem so großen Projekt wie dem Zensus, dessen Vorbereitung und Umsetzung mehrere Jahre in Anspruch nimmt, die getroffenen Grundannahmen für wesentliche Weichenstellungen nicht ständig revidiert werden können. Eine Revision der Ergebnisse des Zensustests würde nämlich das gesamte Verfahren zur Einwohnerzahlermittlung in Frage stellen und nicht nur punktuelle Korrekturen nach sich ziehen. Der Gesetzgeber, der im Vorfeld eines Verfahrens umfangreiche wissenschaftliche und statistische Untersuchungen durchführen lässt, ist darauf angewiesen, die Untersuchungsergebnisse dem künftigen Gesetz zugrunde zu legen. Im Übrigen besteht aus Sicht der entscheidenden Kammer keine Notwendigkeit dafür, die Ergebnisse des Zensustests überhaupt in Frage zu stellen. Anders als die Klägerin meint, haben die Ergebnisse von ihrer Überzeugungskraft wenig bis gar nichts eingebüßt. Die Klägerin konnte durch ihre Einwände keine durchschlagenden Zweifel daran anbringen.

Das von ihr geltend gemachte Verfahren zum elektronischen Abgleich der Registerdaten zwischen den einzelnen Meldebehörden nach § 17 MRRG, von der Klägerin als XMeld bezeichnet, setzt nämlich ein korrektes Meldeverhalten der Bürger voraus. Die in § 17 Abs. 1 Satz 1 MRRG legal definierte Rückmeldung führt nämlich nur dann zu einer Übermittlung von Daten an die für weitere Wohnungen zuständigen Meldebehörden, wenn der Einwohner sich bei einer Meldebehörde angemeldet hat. Die im Zensustest ermittelten Fehlbestände und Karteileichen kommen dagegen hauptsächlich dadurch zustande, weil Bürger ihrer gesetzlichen Meldepflicht gerade nicht nachkommen. An dieser Hauptfehlerquelle ändert auch der elektronische Abgleich nichts. Es mag zwar sein, dass sich einige Karteileichen durch die elektronische Vernetzung aufgelöst haben, eine völlige Überholung der Ergebnisse des Zensustests ist damit aber sicher nicht verbunden. Genauso wenig kann die Klägerin die Ergebnisse des Zensustests durch die mittlerweile erfolgte Einführung der Steuer-ID in Frage stellen. In beiden Punkten beruft sich die Klägerin auf einen Bericht der länderoffenen Arbeitsgruppe „Zensustest“ an die ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder. Nach Einsicht des Gerichts in diesen Bericht, kommt die entscheidende Kammer aber zu der Auffassung, dass die klägerischen Einwände unbegründet sind. Der Bericht kommt nämlich keineswegs zu den von der Klägerin reklamierten Ergebnissen.

Hinsichtlich der von der Klägerin angesprochenen Verbesserungsmöglichkeiten der Melderegister führt der Bericht aus: „Die Projektgruppe Meldewesen (…) sieht (…) keine ständige Online-Verbindung aller Meldebehörden in einem gemeinsamen Netz vor, sondern eine aufgabenbezogene Verknüpfung der Meldebehörden über elektronische Netze unter Nutzung virtueller Poststellen mit Postfächern. Daraus folgt, dass die „Vernetzung“…keine „echte“ in dem Sinne ist, dass ein melderechtlich relevanter Vorgang sofort und synchron überprüft und berichtigt wird, weil dafür alle sonstigen Meldebehörden ebenfalls online sein müssten; vielmehr erfolgt die Kommunikation asynchron unter Nutzung von virtuellen Poststellen mit Postfächern und ist jeweils auf den Einzelfall und auf die einzeln anfallenden Aufgaben bezogen. Damit wird deutlich, dass von einer „Vernetzung“ in o.b. Sinne keine unmittelbare Berichtigungswirkung für die Melderegister zu erwarten ist.“ (vgl. Seite 6 des Berichts). Zu den Auswirkungen der elektronischen Vernetzung und der Einführung der Steuer-ID führt die Arbeitsgruppe aus: „Die „Vernetzung“ der Melderegister sowie die Einführung der Identifikationsnummer im Steuerrecht schaffen die Voraussetzungen dafür, dass neue Unrichtigkeiten vermieden und bisherige Mehrfacherfassungen in den Melderegistern erkannt werden können. Eine automatische Fehlerkorrektur ist damit aber in der Regel nicht möglich.“ (vgl. Seite 8 des Berichts). „Ob die erforderlichen Verbesserungen durch die elektronische „Vernetzung“ der Melderegister und die dadurch entstehenden Möglichkeiten zu erreichen sind, lässt sich gegenwärtig noch nicht beurteilen. Zwar bieten die zusätzlichen Verfahren (…) die Möglichkeit, auf der Ebene der Melderegister Dopplungen zu erkennen und zu beseitigen, sie reichen jedoch nicht aus, um die im Zensustest festgestellte Karteileichenrate von 2,3% im Bundesdurchschnitt zu reduzieren.“ (vgl. Seite 10 des Berichts). Wie diesen Ausführungen zu entnehmen ist, bieten die von der Klägerin angesprochenen Instrumentarien zwar Verbesserungsmöglichkeiten, deren Auswirkungen sind aber wohl nicht so groß, dass damit die umfangreichen Untersuchungsergebnisse des Zensustests ernsthaft in Frage gestellt werden können.

ii. Daneben kann die Klägerin keine Verletzung des interkommunalen Gleichbehandlungsgebots hinsichtlich der Zensusqualität rügen. Wie oben bereits ausgeführt wurde, führt das interkommunale Gleichbehandlungsgebot nicht dazu, dass bei allen Gemeinden die gleiche Fehlerquote erzielt werden muss. Es verpflichtet den Beklagten lediglich dazu, die Einwohnerzahl bei den Gemeinden mit einer im Wesentlichen gleichen Ergebnisgenauigkeit zu ermitteln. Die Klägerin sieht solche Defizite in der Ergebnisgenauigkeit durch die Studie „Everything counts! - Warum kleine Gemeinden die Gewinner der Zensuserhebung 2011 sind?“ von Hoppe/Spandel als belegt an. Dem kann sich die entscheidende Kammer nicht anschließen.

Dies liegt bereits daran, dass die Studie keine dezidierte Aussage über die Ergebnisqualität des Zensus enthält. Ausdrücklich definiert die Studie ihr Ziel dahingehend, zu klären, ob die unterschiedlichen Methoden zur Berechnung der amtlichen Bevölkerungszahl aus dem Zensus 2011 für Gemeinden unter 10.000 Einwohner und ab 10.000 Einwohnern keine signifikanten Unterschiede in der relativen Veränderung der amtlichen Einwohnerzahlen zur Folge hat (vgl. Seite 7). Ziel der Studie war es damit gerade nicht, die Qualität der Einwohnerzahlermittlung im Zensus zu untersuchen. Deshalb kann aus der Studie auch keine Aussage zur Verletzung der interkommunalen Gleichbehandlung abgeleitet werden (a.A. VG Bremen, U.v. 06.11.2014 - 4 K 841/13 - juris Rn. 47). Die Studie von Hoppe/Spandel stellt zwar die These in den Raum, die unterschiedlichen Methoden des Zensus bei Ermittlung der Einwohnerzahl führen zu einer systematischen Benachteiligung großer Gemeinden, aber die in der Studie dafür gegebene Begründung ist aus rechtlicher Sicht unbeachtlich. Die Studie leitet nämlich die systematische Benachteiligung großer Gemeinde daraus ab, dass große Gemeinden im Vergleich zu kleinen Gemeinden im Zensus größere relative Veränderungen ihrer Einwohnerzahl im Vergleich zu der Einwohnerzahl der bisherigen Bevölkerungsfortschreibung verkraften müssen. Daraus lässt sich aber nicht auf die Verletzung der interkommunalen Gleichbehandlung schließen, weil die Höhe der relativen Veränderungen dafür schlichtweg irrelevant ist. Entscheidend ist allein die Güte der neu festgestellten Einwohnerzahl und nicht, ob größere Gemeinden größere relative Veränderungen zu verkraften haben. Des Weiteren bestehen aus Sicht des Gerichts auch Zweifel an der Ursachenanalyse der Studie. Die Studie schließt nämlich die unterschiedliche Qualität der Melderegister als Ursache für den von ihr beobachteten Effekt deshalb aus, weil sich mit steigender Einwohnerzahl die relative Veränderung nicht weiter erhöht. Diese Analyse erscheint lückenhaft, weil sich die Qualität der Melderegister nicht nur durch abweichende Karteileichenraten auszeichnet, sondern die Ergebnisse des Zensustests daneben auch eine steigende Anzahl an Fehlbeständen belegt haben. Die durchgeführte Haushaltsstichprobe diente im Anschluss daran dazu, beiden Fehlerquellen zu begegnen. Die Klägerin hat bei der Haushaltsstichprobe nicht nur 1.518 Personen als Übererfassung abgezogen bekommen, sondern es wurden auch 573 Personen als Fehlbestände aufgedeckt. Da jedoch mit steigender Gemeindegröße nicht nur die Karteileichen, sondern auch die Fehlbestände ansteigen, die Stichprobe aber beiden Fehlerquellen entgegenwirkt, ist es aus Sicht der entscheidenden Kammer nur zu nachvollziehbar, wenn die relative Veränderung auch mit steigender Gemeindegröße konstant bleibt. Die Korrektur beider Fehlerquellen führt im Ergebnis eben zu einer konstant gleichen Veränderungsrate. Im Übrigen erscheint die Aussagekraft der Studie hinsichtlich der entscheidenden Beurteilung der Qualität des Zensus 2011 auch deshalb fragwürdig, weil überwiegend die fortgeschriebenen Bevölkerungszahlen der letzten Volkszählung von 1987 mit den nunmehr ermittelten Zahlen verglichen werden. Dadurch werden der Untersuchung aber Bevölkerungszahlen zugrunde gelegt, die über Jahrzehnte hinweg fortgeschrieben wurden und die deshalb mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine große Fehlerquote aufweisen. Daraus belastbare Aussagen zur Qualität der Einwohnerzahlermittlung des Zensus abzuleiten, kann nur bedingt überzeugen. Zwar kommt die Studie auch unter Verwendung der konsolidierten Melderegisterbestände vom 09.05.2011 zu gleichen Ergebnissen, hier lagen aber dann nur die Zahlen aus Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg zugrunde. Auch dabei hat das Gericht hinsichtlich der Allgemeingültigkeit der Aussagen Zweifel, weil Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg gerade die zwei Bundesländer sind, die mit jeweils 1% die beiden geringste Abweichungen des Zensusergebnisses zum konsolidierten Melderegister aufweisen (vgl. „Die ersten Ergebnisse der Bevölkerungszählung im Überblick“, Statistisches Monatsheft Rheinland-Pfalz 2013/07, Seite 646).

Vergleicht man hingegen die Abweichungen zwischen den Ergebnissen der Volkszählung von 1987 und der damaligen Fortschreibung mit den aktuellen Abweichungen zwischen dem Zensus 2011 und der heutigen Fortschreibung des Zensus 1987, so fallen die Ergebnisse ähnlich aus. Bei Anwendung einer einheitlichen Methode in allen Gemeinden haben kleine Gemeinden bei der Volkszählung 1987 einen Bevölkerungszuwachs von +0,08% verzeichnet, während große Gemeinden einen Bevölkerungsschwund von -2,38% verkraften mussten. Nach Durchführung des Zensus 2011 musste bei kleinen Gemeinden die Fortschreibung um Durchschnittlich -0,75% nach unten korrigiert werden, bei großen Gemeinden hingegen um -1,60%. Die Diskrepanz zwischen den Gemeindeklassen fiel also beim Zensus 2011 deutlich kleiner aus, als bei der Volkszählung 1987, bei der unstreitig ein einheitliches Verfahren zu Anwendung kam. Diese Zahlen stehen der von der Klägerin behaupteten systematischen Benachteiligung großer Gemeinden eindeutig entgegen und sie wurden von der Klägerin selbst auch nicht in Zweifel gezogen. Wenn sich deutschlandweit zeigt, dass kleine Gemeinden durchschnittlich einen Bevölkerungsschwund von -0,7% verkraften mussten, große Gemeinden hingegen von -1,60%, dann kann das Gericht nicht erkennen, wo der Zensus 2011 große Gemeinden systematisch benachteiligt. Dass in größeren Gemeinden eine höhere Korrektur der Zahlen notwendig ist, war bereits aus den Ergebnissen des Zensustests zu erwarten, weil die Melderegister großer Gemeinden eben eine höhere Gesamtfehlerquote aufweisen.

Letztlich konnte die Klägerin keine durchschlagenden Zweifel an dem Zensusverfahren hinsichtlich der Ergebnisqualität erwecken.

iii. Schließlich kann die Klägerin gegen die vom Gesetzgeber gewählte Verfahrensgestaltung nicht einwenden, die im Zensustest aufgedeckten Fehlerquoten der Melderegister würden, wenn überhaupt, eine unterschiedliche Verfahrensgestaltung bei Gemeinden ab 50.000 Einwohnern rechtfertigen.

Ausgangspunkt für die Rechtfertigung des gewählten Verfahrens bilden die Ergebnisse des Zensustests. Er hat gezeigt, dass mit zunehmender Gemeindegröße die Qualität der Melderegister sowohl bei den Fehlbeständen als auch bei den Karteileichen abnimmt (vgl. Tabelle 1). Dieses durch den Zensustest belegte Phänomen stellt auch die Klägerin grundsätzlich nicht in Abrede, sondern sie greift die Verfahrensgestaltung durch den Gesetzgeber mit dem Argument an, die unterschiedliche Qualität der Melderegister könnte höchstens eine Grenzziehung bei 50.000 Einwohnern rechtfertigen. Zwar ist der Klägerin dahingehend zuzugeben, dass Gemeinden ab 50.000 Einwohner tatsächlich eine noch höhere Fehlerquote aufweisen als Gemeinden ab 10.000 Einwohnern, dies führt aber gleichwohl nicht zur Verfassungswidrigkeit des Zensusgesetzes.

Zunächst ist es eine Frage der gesetzgeberischen Einschätzungsprärogative, wo er genau die Grenze für die Durchführung der Stichprobe zieht. Des Weiteren waren die unterschiedlichen Fehlerquoten in den Melderegistern nicht der einzige ausschlaggebende Grund für die Entscheidung, die Haushaltsstichprobe bei allen Gemeinden ab 10.000 Einwohnern durchzuführen. Die Haushaltsstichprobe diente nämlich nicht nur dazu, Fehler der Melderegister aufzudecken, sondern sie diente auch dazu, Zusatzinformationen über die Bevölkerung zu erlangen. Bereits die Verordnung (EG) Nr. 763/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 09.07.2008 über Volks- und Wohnungszählungen verpflichtete die Mitgliedstaaten dazu, nicht nur Bevölkerungszahlen, sondern auch Daten zu familiären, sozialen und wirtschaftlichen Merkmalen zu erheben (vgl. Erwägungsgrund 2). Aus diesem Grund legt die Verordnung in ihrem Anhang einen Mindestrahmen an zu erhebenden Zusatzdaten fest. Die Erhebung der Zusatzinformationen war aber nicht nur eine europarechtliche Notwendigkeit. Ein funktionierendes Staatswesen und die Politik sind darauf angewiesen, gesellschaftspolitische und wirtschaftspolitische Entscheidungen anhand aktueller Bevölkerungsdaten treffen zu können. Wie das Bundesverfassungsgericht betont, hat die Statistik erhebliche Bedeutung für die Politik, weil sie umfassende, kontinuierliche und laufend aktualisierte Informationen über wirtschaftliche, ökologische und soziale Zusammenhänge benötigt (vgl. BVerfG, U.v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 - juris Rn. 159). Dies setzt aber eben nicht nur die Kenntnis der Bevölkerungsanzahl als solche voraus. Deshalb hat sich der Gesetzgeber beim Zensus 2011 zu Recht dafür entschieden, auch andere Daten neben der Einwohnerzahl zu erheben. Um bundesweit ein hinreichend aussagekräftiges Bild über die Zusatzmerkmale zu erhalten, war eine Abwägungsentscheidung zu treffen, bei der die Zusatzinformationen zwar möglichst kleinteilig ausgewertet werden können, bei der aber die Belastung der Bevölkerung und der damit einhergehende Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht auf ein möglichst geringes Maß reduziert wird. Für den Nachweis der zusätzlichen Daten ist nämlich eine Stichprobe mit 550 Adressen pro Gemeinde notwendig (vgl. „Ergebnisse des Zensustest“, Statistisches Bundesamt, in: Wirtschaft und Statistik 8/2004, S. 827).

Im Rahmen seines Gestaltungsspielraums musste der Gesetzgeber somit einen gerechten Ausgleich zwischen einer möglichst detaillierten Auswertungsmöglichkeit der Zusatzinformationen und der damit verbundenen Belastung der Bevölkerung schaffen. Da mit jeder hoheitlich verbindlichen Befragung der Bevölkerung immer ein Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht einhergeht, genießt dieser Abwägungsaspekt ebenfalls Verfassungsrang. Unter Abwägung dieser beiden Rechtspositionen hat der Gesetzgeber verschiedene Modelle untersucht, die in Tabelle 2 des Tatbestands näher dargestellt sind. Daraus wird deutlich, dass die Belastung der Bevölkerung maßgeblich davon abhängt, ob die Stichprobe in allen Gemeinden durchgeführt werden soll, ob beim Zensus Zusatzmerkmale erhoben werden sollen und wie detailliert letztere auswertbar sein sollen. Schließlich hat sich der Gesetzgeber für die Variante 2.2 entschieden, weil bei Gemeinden unter 10.000 Einwohnern die Bevölkerungszahl auch ohne Stichprobe mit einer vergleichbaren Ergebnisqualität festgestellt werden kann und weil in Gemeinden ab 10.000 Einwohnern mithilfe der Stichprobe auch Zusatzinformationen mit einer vertretbaren Belastung der Bevölkerung gewonnen werden können.

Aus diesen Gründen kann die Klägerin nicht einwenden, die Grenzziehung für die Stichprobe hätte bei 50.000 Einwohner liegen müssen. Würde man sich dieser Meinung anschließen, so wären die gewonnenen Zusatzinformationen weit weniger aussagekräftig, da sie dann für eine große Anzahl an Städten und Gemeinden nicht zur Verfügung stehen würden. Die vom Gesetzgeber gewählte Grenzziehung ist somit nicht nur durch die unterschiedliche Fehlerquote der Melderegister, sondern auch durch eine sinnvolle Erlangung an Zusatzinformationen sachlich gerechtfertigt und folglich rechtlich nicht zu beanstanden.

d. Bezüglich der Mehrfachfalluntersuchung ist das Gebot der interkommunalen Gleichbehandlung ebenfalls nicht verletzt. Hier muss zunächst festgehalten werden, dass die Mehrfachfalluntersuchung feingliedriger abgelaufen ist, als es das Gesetz in § 15 Abs. 2 ZensG 2011 beschreibt.

i. Gemäß § 15 Abs. 2 ZensG 2011 findet eine maschinelle Bereinigung von Mehrfachfällen nämlich grundsätzlich nur bei großen Gemeinden statt, ohne zwischen temporären und dauerhaften Mehrfachfällen zu unterscheiden. Um jedoch eine ausreichende Qualität im gesamten Zensusdatenbestand zu erreichen, musste der Beklagte diese Mehrfachfalluntersuchung aus fachlich zwingenden Gründen weiter untergliedern. In den Gesamtdatenbestand des Zensus wurden nämlich gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 - 3 ZensG 2011 drei Datenlieferungen der Melderegister eingepflegt, weil der Zensustest gezeigt hat, dass Bürger bei einem Umzug die gesetzliche Meldefrist zwar oft überschreiten, gleichwohl der Großteil der Anmeldungen in den ersten drei Monaten nachgeholt wird. Da allerdings bei den Datenlieferungen keine inaktiven Personendatensätze der Fortzugsgemeinen übermittelt wurden, tauchten Personen, deren Umzug erst mithilfe der dritten Datenlieferung vom 09.08.2011 nachvollzogen werden konnte, im Gesamtdatenbestand zweimal auf und zwar sowohl in der Fortzugsgemeinde als auch in der Zuzugsgemeinde. Streng genommen handelt es sich dabei nicht um einen echten Mehrfachfall im Sinne der gesetzlichen Definition des § 15 Abs. 1 ZensG 2011, weil die Person ihrer Meldepflicht korrekt nachgekommen ist und damit nicht mehr als eine alleinige Wohnung oder Hauptwohnung vorlag. In dieser Fallkonstellation hat der Beklagte zu Recht die Datensätze mit dem älteren Einzugsdatum in allen Gemeinden - unabhängig von deren Größe - maschinell bereinigt (vgl. Sinner-Bartels, Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 3/2013, Seite 13).

Aus Sicht des Gerichts stellt dies auch einen Teil der prozeduralen Vorkehrungen dar, die der Beklagte von sich aus ergriffen hat, um eine ausreichende Qualität bei der Einwohnerzahlermittlung zu garantieren und damit das kommunale Selbstverwaltungsrecht der Klägerin im Zuge des komplexen Ermittlungsverfahrens flankierend zu schützen. Wie die Tabelle 1 des Tatbestands, Spalte 3 zeigt, leistet die Bereinigung der temporären Mehrfachfälle einen ersten wichtigen Schritt dazu, die Karteileichenquote der Melderegister insgesamt zu reduzieren, um so zu einer vergleichbaren Ergebnisqualität in allen Gemeinden zu kommen.

ii. Nachdem gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 ZensG 2011 in allen Gemeinden Personen mit alleiniger Nebenwohnung mittels primärstatischer Befragung erfasst wurden, besteht eine echte unterschiedliche Verfahrensgestaltung nur bei den dauerhaften Mehrfachfällen. Gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 ZensG 2011 fand nur bei großen Gemeinden eine maschinelle Bereinigung dieser Mehrfachfälle nach dem älteren Einzugsdatum statt. Was diese maschinelle Bereinigung der dauerhaften Mehrfachfälle angeht, hat der Gesetzgeber mit dem „älteren Einzugsdatum“ eine eindeutige Entscheidungsregel dafür geschaffen, in welcher Gemeinde die Person mit ihrem Hauptwohnsitz zu zählen ist. Mit dieser starren aber eindeutigen Entscheidungsregel hat sich der Gesetzgeber von dem eigentlich gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 ZensG 2011 maßgeblichen melderechtlichen Hauptwohnsitzbegriff gelöst und allein auf das Einzugsdatum abgestellt. Dies war auch deshalb sinnvoll, da ansonsten alle Mehrfachfälle im gesamten Bundesgebiet händisch mittels Befragungen hätten geklärt werden müssen, was eine registergestützte Erhebung bereits im Ansatz konterkariert hätte und auch dem verfassungsrechtlichen Auftrag, die Belastung der Bevölkerung zu reduzieren, zuwidergelaufen wäre. Bei mehreren Hauptwohnungen in mindestens einer kleinen Gemeinde fand hingegen keine maschinelle Bereinigung statt, sondern gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 ZensG 2011 wurden solche Personen mittels primärstatistischer Befragungen erfasst. Auch diese Ungleichbehandlung ist aus Sicht des Gerichts sachlich gerechtfertigt.

Wie der Zensustest gezeigt hat, unterscheiden sich kleine und große Gemeinden grundsätzlich in ihrer Wohnstruktur. Während ein Großteil der Bevölkerung in kleinen Gemeinden eher in Ein- und Zweifamilienhäusern wohnt, kommen in großen Gemeinden häufiger Mehrfamilienhäuser vor, die sich dann wiederum durch eine höhere Fluktuationsrate der Bewohner auszeichnen. Dies ist auch deshalb nachvollziehbar, da nach allgemeiner Lebenserfahrung Personen in ländlich geprägten kleineren Gemeinden, die in Ein- oder Zweifamilienhäusern wohnen, in der Regel stärker in der jeweiligen Gemeinde verwurzelt sind und sie deshalb weniger häufig ihren Hauptwohnsitz wechseln. Bei solchen kleinen Gemeinden erklärt sich die geringere Fluktuationsrate innerhalb der Hauptwohnsitze auch daraus, dass diesen Gemeinden die dafür typischen Bevölkerungsgruppen mit hoher Wechselrate wie z. B. Studenten fehlen. Dagegen trägt die Klägerin selbst vor, dass sie pro Jahr 2.300 - bis 2.500 Zuzüge verzeichnet. Mag diese Einschätzung auch nicht auf alle kleinen Gemeinden zutreffen, so ist sie dennoch nachvollziehbar und vor allem von der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers gedeckt.

iii. Unter diesen Voraussetzungen ist es weder willkürlich noch sachwidrig, wenn der Gesetzgeber bei großen Gemeinden den Hauptwohnsitz maschinell über das ältere Einzugsdatum festlegt, während er bei kleineren Gemeinden mit anderer Wohnstruktur und geringer Fluktuationsrate den Hauptwohnsitz durch eine Befragung klären lässt. Für ersteres Vorgehen streitet die Vermutung, dass Personen in Gemeinden mit höheren Schwankungen ihren Hauptwohnsitz dort haben, wo sie sich zuletzt gemeldet haben. Dieser Gedanke kann aber nicht automatisch auf kleinere Gemeinden übertragen werden. Wenn letztere sich durch eine größere Kontinuität auszeichnen und weil die Verlegung des Hauptwohnsitzes in eine kleine Gemeinde meist eine bewusste Entscheidung für einen längeren Zeitraum ist, dann ist es sogar geboten, hier kein automatisiertes Verfahren mehr anzuwenden, sondern diesen Mehrfachfall durch eine Befragung primärstatistisch zu bereinigen. Letztlich legen es die unterschiedlichen Bedingungen sogar nahe, das Verfahren an die veränderten Umstände verschiedener Gemeindeklassen anzupassen. Des Weiteren hat der Zensustest auch gezeigt, dass trotz Anwendung unterschiedlicher Verfahren im Rahmen der Mehrfachfallprüfung der Bereinigungseffekt der Karteileichen über die verschiedenen Gemeindeklassen hinweg nahezu gleich bleibt (siehe Tabelle 1, Spalte 5). Damit wird das Verfahren auch dem zweiten Gebot der interkommunalen Gleichbehandlung (vergleichbare Ergebnisqualität) gerecht.

5. Der Gesetzgeber hat mit § 2 Abs. 2 StichprobenV nicht gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 4 GG verstoßen, weil darin keine unzulässige Subdelegation enthalten ist.

a. Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 ZensG 2011 ist die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates dazu ermächtigt, das Stichprobenverfahren und den Stichprobenumfang durch Rechtsverordnung festzulegen. Zu diesem Zweck trat am 01.07.2010 die Stichprobenverordnung in Kraft, welche in § 3 StichprobenV für jedes Bundesland einen individuellen Stichprobenumfang festlegt. Diesbezüglich hat auch die Klägerin keinerlei Einwände. Bezüglich des Stichprobenverfahrens ordnet dagegen § 2 Abs. 2 StichprobenV an, dass bei der Erstellung des Stichprobenplans und der Stichprobenziehung die Qualitätsvorgaben aus dem vom Statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsprojekt zur Entwicklung des Stichprobenverfahrens zu berücksichtigen sind. Darin sieht die Klägerin zu Unrecht einen Verstoß gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 4 GG. Ihrer Ansicht nach habe der Gesetzgeber die Ergebnisse eines Gutachtens für verbindlich erklärt, obwohl er diese noch gar nicht gekannt habe.

b. Mit diesem Einwand kann die Klägerin schon deshalb nicht durchdringen, weil die Berechnungen und Ergebnisse des Stichprobenforschungsprojekts den Statistischen Landesämtern und dem Bundesministerium des Innern am 24.11.2009 und damit vor Inkrafttreten der Verordnung am 01.07.2010 übermittelt wurden (vgl. Schriftsatz des Beklagten vom 30.07.2015, Blatt 552 der GA). Dies deckt sich auch mit den Angaben in der Begründung zur Stichprobenverordnung, wonach die Vorschläge des Gutachtens zum Stichprobenforschungsprojekt von den Statistischen Ämtern der Länder und der Zensuskommission eingehend erörtert wurden (vgl. BR-Drucks. 114/10, Seite 5).

Im Übrigen regelt Art. 80 Abs. 1 Satz 4 GG nur, unter welchen Bedingungen ein durch Gesetz ermächtigter Erstdelegat seine Verordnungskompetenz anderen staatlichen Organen (Subdelegataren) zukommen lassen darf. Unabhängig von den konkreten Voraussetzungen an eine solche Weiterübertragung der Ermächtigung, ist es bereits umstritten, ob Private als Adressaten einer solchen Übertragung der Rechtssetzungskompetenz tatsächlich zwingend ausscheiden (dafür: Mann, in: Sachs, Grundgesetz, 7. Auflage 2014, Art. 80 Rn. 34) oder ob sie zumindest in der Funktion als Beliehene doch in Betracht kommen (vgl. Remmert, in: Maunz/Düring, Grundgesetz-Kommentar, Mai 2015, Art. 80 Rn. 84). Allerdings spielen die Vorgaben des Art. 80 Abs. 1 Satz 4 GG für den vorliegenden Rechtsstreit keine Rolle, da nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 StichprobenV keine Rechtssetzungsmacht auf den Empfänger des Gutachtenauftrags übertragen wurde.

c. § 7 Abs. 1 Satz 1 ZensG 2011 verpflichtet die Statistischen Landesämter dazu, eine Haushaltsstichprobe durchzuführen. Dabei müssen sie gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 ZensG 2011 die Qualitätsvorgaben der Stichprobenverordnung beachten. § 2 Abs. 2 StichprobenV gibt aber hinsichtlich des Stichprobenverfahrens nur vor, die Ergebnisse des Gutachtens zu „berücksichtigen“. Nach Ansicht der entscheidenden Kammer sind die Statistischen Landesämter danach aber nicht strikt an die Empfehlungen des Forschungsprojekts gebunden, wenn und soweit das Stichprobenverfahren anhand wissenschaftlich fundierter Standards durchgeführt wird. „Berücksichtigen“ meint nämlich seinem Wortsinn nach „bei seinen Überlegungen, seinem Handeln beachten“ und „in seine Überlegungen einbeziehen“. In diesem Zusammenhang ist es gesetzlich nicht ausgeschlossen, dass der Verbund der Landesämter bzw. das Bundesamt für Statistik als erfahrene Fachbehörden aus sachlich gerechtfertigten Gründen vom vorgeschlagenen Stichprobendesign abweichen. Die Fachbehörden müssen die Forschungsergebnisse nach dem Wortlaut eben nur berücksichtigen, nicht aber zwingend umsetzen. Keineswegs wird dadurch normative Rechtssetzungsmacht auf einen Privaten übertragen, womit auch ein Verstoß gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 4 GG eindeutig ausscheidet.

d. Diese rechtliche Einschätzung hat sich auch faktisch bei Durchführung der Stichprobe niedergeschlagen, weil das Bundesamt für Statistik kontinuierlich die bisherigen Forschungsergebnisse auf deren weitere Gültigkeit hin überprüft hat. Im Stichprobenforschungsprojekt waren nur Anschriften im Auswahlrahmen enthalten, an denen mindestens eine Person gemeldet war. Im Gegensatz dazu beobachtete das Bundesamt für Statistik bei Umsetzung des Zensus Anschriften, an denen laut Einwohnermelderegister keine Person gemeldet war (sog. „Nullanschriften“). Dies nahm das Bundesamt für Statistik zum Anlass, die bisherigen Forschungsergebnisse neu zu hinterfragen, um herauszufinden, ob mit dem bisherigen Stichprobendesign und der dort gefundenen Formel für den verallgemeinerten Regressionsschätzer weiter gearbeitet werden kann oder ob Anpassungen zur Qualitätssicherung notwendig sind. Zu diesem Zweck gab das Bundesamt während der Implementierungsphase des Zensus das „Validierungsprojekt zum deutschen Zensus 2011“ in Auftrag. Gegenstand des Auftrags war folgende Frage:

„Es ist vom Auftragnehmer zu untersuchen, inwieweit das Vorhandensein von Nullanschriften in der Stichprobe in Verbindung mit den realen Verteilungen von den Melderegister Übererfassungen (Karteileichen) und Untererfassungen (Fehlbeständen) eine Modifikation der im Stichprobenforschungsprojekt auf Basis von simulierten Verteilungen der Registerfehler ausgesprochenen Empfehlungen für ein Hochrechnungsverfahren angeraten sein lässt und damit zu einer Nachjustierung des derzeit in der Implementation befindlichen Hochrechnungsverfahrens führen würde.“ (vgl. M. et al., Validierungsprojekt zum deutschen Zensus 2011, Abschlussbericht vom 06.03.2013, Seite 1).

Ergebnis dieser Reevaluierung war, dass die Empfehlungen aus dem Stichprobenforschungsprojekt nicht revidiert werden müssen, auch wenn eine Verschlechterung der Qualität durch die unerwarteten Nullanschriften erkennbar ist (vgl. M. et al., Validierungsprojekt zum deutschen Zensus 2011, Abschlussbericht vom 06.03.2013, Seite 45). Das vom Gericht herangezogene Gutachten kommt diesbezüglich zu der Einschätzung, dass dieses Vorgehen insgesamt sinnvoll und die Quantifizierung des Schätzfehlers korrekt ist, auch wenn der Gutachter selbst ein Regressionsmodell mit einer zusätzlichen Dummyvariablen für die Nullanschriften bevorzugt hätte (vgl. Prof. Dr. K., Gutachten zur Verwaltungsrechtssache Stadt Bremerhaven gegen Freie Hansestadt Bremen, Seite 3, Blatt 399 der GA).

e. In der amtlichen Begründung zur Verordnungsermächtigung in § 7 Abs. 2 Satz 2 ZensG 2011 heißt es wörtlich: „Aus der gutachterlichen Begründung muss hervorgehen, dass das Stichprobenverfahren unter Nutzung der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse festgelegt wurde.“ (vgl. BR-Drucks. 3/09, Seite 20 a.E). Daraus wird erkennbar, dass der Gesetzgeber von Anfang an die Funktion des Privatgutachtens lediglich darin gesehen hat, wissenschaftliche Erkenntnisse zur Unterstützung der Fachbehörden zu liefern. Die Verantwortung für die Ausgestaltung und Geeignetheit des Verfahrens sollte unter diesen Umständen aber beim Bundesamt für Statistik und den entsprechenden Landesbehörden verbleiben. Das Privatgutachten war nicht dazu gedacht, den Vollzugsbehörden gegenüber rechtlich verbindliche Festlegungen zu treffen. Daran lehnt sich auch der von der Klägerin in Zweifel gezogene § 2 Abs. 2 StichprobenV an, der mit seiner offenen Formulierung lediglich die Berücksichtigung der Forschungsergebnisse fordert. Dadurch wird ebenfalls ein flankierender Grundrechtsschutz zugunsten der Klägerin gewährleistet, welcher die Fachbehörden auf der einen Seite dazu ermächtigt, auf der anderen Seite aber auch dazu verpflichtet, während des Zensusverfahrens ständig zu prüfen, ob die bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse aufgrund der Erfahrungen während der Umsetzungsphase noch weiterhin Gültigkeit haben können. Die gesamte Umsetzung des Zensus nahm bis zum streitgegenständlichen Bescheid ungefähr drei Jahre in Anspruch, betrachtet man den Zeitraum von der ersten Datenlieferung am 01.11.2010 bis zum Bescheidserlass am 25.11.2013. Dabei kann die Klägerin durch ihr verfassungsrechtlich verbürgtes Selbstverwaltungsrecht verlangen, dass die Ermittlung der Einwohnerzahl, die schlussendlich immer eine Schätzung bleiben wird, anhand fundierter wissenschaftlicher Methoden erfolgt. Wenn unter diesen Umständen § 2 Abs. 2 StichprobenV die Berücksichtigung von Forschungsergebnissen verlangt, damit aber gleichzeitig offen für Anpassungen bleibt, ist dies zum Schutz der Selbstverwaltungsgarantie wünschenswert.

f. Ein weiteres Beispiel dafür, dass die Fachbehörden von den Vorgaben des Forschungsprojektes zugunsten der Qualitätssicherung abgewichen sind, liefert die konkrete Umsetzung der Haushaltsstichprobe. Nach den ursprünglichen Vorgaben des Forschungsprojektes wurde zur Schätzung der Registerfehler eine Version des verallgemeinerten Regressionsschätzers gewählt und dabei eine geschichtete Stichprobe durchgeführt. Bei der Schichtung kam das Forschungsprojekt zu dem Ergebnis, dass der größte Präzisionsgewinn bei einer Aufteilung in acht Schichten festzustellen ist (vgl. Dr. B1... und B2..., „Das Stichprobendesign der Haushaltsstichprobe des Zensus 2011“, in: Wirtschaft und Statistik, April 2011). In Anlehnung daran schreibt § 2 Abs. 3 Nr. 3 Satz 1 StichprobenV grundsätzlich eine Einteilung der Anschriften für jedes Erhebungsgebiet in acht überschneidungsfreie Schichten vor. An diese Vorgabe hat sich der Zensus auch im Wesentlichen gehalten, aber nur im Rahmen der Hauptziehung. Da diese Hauptziehung auf Daten beruhte, die sich auf einen deutlich früheren Zeitpunkt als den Zensusstichtag bezogen hatten, fanden zwei ergänzende Ziehungen statt. Dies sieht auch das Gesetz in § 7 Abs. 3 Satz 2 ZensG 2011 vor. Danach ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen, wenn in das Anschriften- und Gebäuderegister Anschriften mit Wohnraum in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt aufgenommen wurden. Der Beklagte sah sich bei Umsetzung des Zensus nun aber mit dem Problem konfrontiert, dass bei den beiden ergänzenden Ziehungen deutlich weniger Anschriften zur Verfügung standen, als bei der Hauptziehung (zum Vergleich: ca. 3,1 Mio. Anschriften bayernweit bei der Hauptziehung, ca. 24 Tsd. bei der Neuzugangsziehung und ca. 13 Tsd. bei der Ergänzungsziehung). Deshalb hat er sich aus nachvollziehbaren Gründen dafür entschieden, die Schichtung sowohl bei der Neuzugangsziehung, als auch bei der Ergänzungsziehung zu vereinfachen (vgl. die Ausführungen im Tatbestand). Augenfällig dabei ist, dass er gerade der Empfehlung des Forschungsprojektes, zur Präzisionsmaximierung in acht Schichten einzuteilen, bei den beiden ergänzenden Ziehungen nicht mehr gefolgt ist. Dies geschah jedoch keineswegs willkürlich, sondern aus fachlich zwingenden Gründen zur Sicherstellung der Qualität. Wie der Beklagte nachvollziehbar und auch von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen erläutert hat, lieferten die beiden ergänzenden Ziehungen so wenig Anschriften, dass eine Verteilung auf acht Schichten fachlich nicht mehr sinnvoll möglich und deshalb eine weniger ausdifferenzierte Schichtung notwendig war.

Letztendlich muss festgehalten werden, dass der Wortlaut des § 2 Abs. 2 StichprobenV keine verfassungswidrige Subdelegation enthält und der Beklagte zur Sicherstellung der Ergebnisqualität die Forschungsergebnisse nicht nur ständig hinterfragt hat, sondern auch davon abgewichen ist, wenn dies aus fachlichen Gründen notwendig war.

6. Der streitgegenständliche Bescheid ist auch nicht wegen einer unzureichenden Begründung aus formellen Gesichtspunkten rechtswidrig. Wie die Klägerin zu Recht darlegt, muss ein Verwaltungsakt gemäß Art. 39 Abs. 1 Satz 1 und 2 BayVwVfG begründet werden und in der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Auch weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass wegen des Rechtsstaatsprinzips und wegen Art. 19 Abs. 4 GG die Begründung den Adressaten in die Lage versetzen soll, seine Rechte sachgemäß verteidigen zu können, um nicht nur zum bloßen Objekt des Verfahrens zu werden (vgl. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 39 Rn. 2). Diese Anforderungen werden von der Klägerin allerdings überspannt, wenn sie von der Bescheidsbegründung erwartet, die Einwohnerzahlfestsetzung für jeden einzelnen Einwohner nachvollziehen zu können. Zu Unrecht fordert die Klägerin deshalb in der Bescheidsbegründung Einzelangaben zu den Ergebnissen der Stichprobe und der Hochrechnung.

a. Zunächst muss an dieser Stelle festgestellt werden, dass aus dem Datenblatt des streitgegenständlichen Bescheids zu allen Teilen des Zensus hervorgeht, wie sich die einzelnen Bausteine auf die Einwohnerzahlfestsetzung bei der Klägerin ausgewirkt haben. Sowohl bei der Mehrfachfalluntersuchung, den Sonderbereichserhebungen als auch bei der Haushaltsstichprobe wird aufgelistet, wie viele Personen jeweils als Über- oder Untererfassungen verbucht wurden. Bezüglich der Stichprobe geht aus dem Datenblatt daneben hervor, wie viele Anschriften in die Stichprobe gezogen wurden, wie viele Personen befragt wurden und wie hoch die Anzahl an Fehlbeständen, Karteileichen und paarigen Personen vor der Hochrechnung war. Darüber hinaus kann der Verwaltungsakte die Formel zur Hochrechnung der Einwohnerzahl (Blatt 62), die Zwischenergebnisse der Hochrechnung (Blatt 64) und die Zwischenergebnisse der Hochrechnung pro Schicht (Blatt 65) entnommen werden. Zuzugeben ist der Klägerin darin, dass weder sie noch das Gericht anhand der einzelnen Einwohner nachvollziehen können, wie diese Zahlen genau zustande kommen. Dies war hier aber aus zwingenden tatsächlichen und verfassungsrechtlichen Gründen weder möglich noch rechtlich geboten.

b. Welchen Inhalt und Umfang die Begründung eines Bescheids haben muss, richtet sich nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebiets und den Umständen des Einzelfalls (BVerwG, U.v. 14.10.1965 - II C 3.63 - juris Rn. 31; BVerwG, U.v. 20.02.1990 - 1 C 42/83 - juris Rn. 34). Die Begründungsanforderungen an einen Bescheid erfüllen keinen Selbstzweck, sondern sie müssen sich immer an der jeweiligen Einzelmaterie orientieren. Letztlich können nur dort erhöhte Anforderungen an die Bescheidsbegründung gestellt werden, wo dies rechtlich zulässig ist und für den Bescheidsempfänger auch einen Erkenntnisgewinn bedeutet.

Vorliegend sind der Bescheidsbegründung verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt, weil der Zensus nicht nur die Rechte der Klägerin tangiert, sondern auch die Rechte der von der Volkszählung betroffenen Bürger. Wie das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich zur Volkszählung von 1987 entschieden hat, bedarf es bei Durchführung und Organisation der Datenerhebung und Datenverarbeitung besonderer Vorkehrungen, da die Informationen während der Phase der Erhebung und Verarbeitung noch individualisierbar sind. Von besonderer Bedeutung für statistische Erhebungen sind wirksame Abschottungsregeln nach außen. Für den Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ist die strikte Geheimhaltung der zu statistischen Zwecken erhobenen Einzelangaben unverzichtbar, solange ein Personenbezug noch besteht oder herstellbar ist. Gleiches gilt für das Gebot einer möglichst frühzeitigen Anonymisierung, verbunden mit Vorkehrungen gegen eine Deanonymisierung (vgl. BVerfG, U.v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 - juris Rn. 163).

Bereits an dieser Stelle wird deutlich, warum die klägerische Forderung nach Einzelangaben zu den Ergebnissen der Stichprobe rechtlich unhaltbar ist. Das Gebot der Abschottung der Statistik und das Gebot der möglichst frühzeitigen Anonymisierung stehen dieser Forderung eindeutig entgegen. Die Klägerin kann nicht ernsthaft für sich in Anspruch nehmen, durch die Hintertür der Begründungspflicht, das verfassungsrechtlich notwendige Statistikgeheimnis aufzuweichen. Wenn sie Einzelangaben zu den Erhebungsergebnissen für deren Nachvollziehbarkeit fordert, negiert sie insbesondere das Gebot der Anonymisierung, weil sie nur durch konkrete Angaben auf Personenebene die Ergebnisse tatsächlich kontrollieren könnte. Daneben würde die Preisgabe von personenbezogenen Daten an die Klägerin die wirksamen Abschottungsregeln der Statistik bedeutend aufweichen. Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Volkszählungsurteil ausgeführt hat, bedarf es zur Sicherung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Bürger bei Durchführung einer Volkszählung ergänzender verfahrensrechtlicher Vorkehrungen im Rahmen der Durchführung und Organisation (vgl. BVerfG, U.v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 - juris Rn. 191ff.). Die Daten müssen gelöscht werden, wenn sie nicht mehr zu statistischen Zwecken benötigt werden. Bis dahin müssen sie unter besonderem Verschluss gehalten werden, was sowohl Verschlüsselungspflichten als auch Zugangsbeschränkungen nach sich zieht. Insbesondere die letzten beiden Gebote wären erheblich gefährdet, wenn der Beklagte Einzelangaben zu den Erhebungen an die Klägerin weitergibt.

Zwar leidet darunter unstreitig die Nachvollziehbarkeit der Einwohnerzahlfeststellung, dies ist jedoch hinzunehmen. Unter Abwägung der Rechtsschutzgarantie der Klägerin mit dem Schutz der persönlichen Daten unzähliger Bürger, kann die Rechtsschutzgarantie der Klägerin zumindest nicht so weit gehen, dass sie Einblick in Einzelangaben zu den Erhebungsvorgängen bekommt. Aus diesem Grund war der Beklagte nicht dazu befugt, die von der Klägerin begehrten Einzelangaben zur Durchführung der Stichprobe preiszugeben. Des Weiteren ist unklar, welche Einzelangaben die Klägerin diesbezüglich überhaupt begehrt und welchen Erkenntnisgewinn sie sich davon verspricht. Wie oben im Tatbestand beschrieben, diente die Befragung der Haushaltsstichprobe grundsätzlich nicht dazu, den Wohnstatus der befragten Person festzulegen. Die Haushaltsstichprobe hatte bezüglich der Einwohnerzahlfeststellung lediglich die Aufgabe zu prüfen, ob die an einer Anschrift gemeldeten Person auch tatsächlich dort existent ist oder nicht. Deshalb fand, außer bei entdeckten Fehlbeständen, keine rechtliche Bewertung statt, die möglicherweise dann fehlerhaft hochgerechnet wurde. Die Klägerin würde auch bei Einsicht in die Fragebögen der Haushaltsstichprobe weiterhin nicht nachvollziehen können, wie die 1.518 Übererfassungen zustande gekommen sind und gerade diese Übererfassungen sind für die Klägerin erkennbar der wichtigste Punkt des Rechtsstreits. Um dies nachvollziehen zu können, müsste die Klägerin die Stichprobe quasi wiederholen, weil sie an jeder Stichprobenadresse die dort wohnhaften Personen erfassen müsste. Dies stößt aber schon aus faktischen Gründen auf erhebliche Probleme, weil die Klägerin zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses am 25.11.2013 nicht mehr flächendeckend nachvollziehen kann, ob eine Person zum Berichtszeitpunkt am 09.05.2011 an der Stichprobenanschrift wohnhaft war oder nicht. Erschwerend kommt noch hinzu, dass die Klägerin das Endergebnis selbst nach Aufsuchen der Stichprobenanschriften nicht nachvollziehen könnte, weil die endgültige Anzahl der Über- und Untererfassungen erst mit der Mehrfachfalluntersuchung feststeht. Um auch dies nachvollziehen zu können, bräuchte die Klägerin nicht nur einen Einblick in die Erhebungsunterlagen ihres Gemeindegebiets, sondern sie bräuchte Einblick in den Gesamtdatenbestand des Zensus, wo die Daten aller Melderegister des Bundesgebiets zusammengefasst wurden. Erst dann würde sich die von ihr geforderte Nachvollziehbarkeit des Ergebnisses erschließen. Hier wäre dann das informationelle Selbstbestimmungsrecht aller gemeldeter Bundesbürger betroffen. An diesem Punkt wird deshalb besonders deutlich, dass die Rechtsschutzgarantie der Klägerin nicht so weit reichen kann, weil ansonsten die widerstreitenden verfassungsrechtlichen Rechtspositionen nicht in einen gerechten Ausklang gebracht wären, sondern sich die Rechtsschutzgarantie zulasten der Bürgerrechte weitestgehend durchgesetzt hätte.

c. Auch wenn darunter die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung leidet, so ist die Klägerin nicht rechtsschutzlos gestellt. Zum einen kann die Klägerin schon aus dem Bescheid die einzelnen Rechenschritte nachvollziehen und zum anderen hat die Klägerin auch durch das gerichtliche Verfahren weitere Einblicke in die Einwohnerzahlfeststellung erhalten. So hat das gerichtliche Verfahren beispielsweise aufgeklärt, wie viele sensible und nichtsensible Sonderbereiche es auf dem klägerischen Gemeindegebiet gegeben hat, wie viele Personen dort befragt wurden und wie viele Personen dort mit Hauptwohnsitz gezählt wurden. Hier hat die Klägerin keine Einwände erhoben, sondern es hat sich herausgestellt, dass der Zensus mehr Sonderbereiche entdeckt hat, als die Klägerin selbst identifizieren konnte. Des Weiteren hat der Beklagte mitgeteilt, wie viele Personen vor und nach der Erhebung bei der Justizvollzugsanstalt und bei „Bundeswehranschriften“ gezählt wurden, an wie viel Prozent der Anschriften eine Haushaltsstichprobe durchgeführt wurde, wie viele Anschriften in der jeweiligen Ziehung ausgewählt wurden und bei wie vielen Haushalten im Rahmen der Stichprobe die Existenzfeststellung mittels Postzustellungsurkunde durchgeführt werden musste.

Daneben hat der Beklagte zum Ausgleich der statistischen Geheimhaltung prozedurale Vorkehrungen getroffen, um die Selbstverwaltungsgarantie der Klägerin bei Durchführung des Zensus zu schützen. Zum einen wurde die endgültige Anzahl an Karteileichen und Fehlbeständen erst durch einen Abgleich mit dem bereinigten Melderegister festgelegt. Dadurch konnte ein vom Erhebungsbeauftragten festgestellter Fehlbestand gegenüber der Melderegisterlieferung vom 01.11.2010 noch zu einem paarigen Datensatz werden. Zum anderen hat der Beklagte bei der Implementierung der Ergebnisse der Haushaltsstichprobe bestimmte Schwellenwerte eingezogen, ab denen die Anschriften nochmals überprüft wurden. Danach lagen auffällige Anschriften vor, wenn die Anzahl der nichtpaarigen ≥ 5 und der Anteil der nichtpaarigen ≥ 0,2 war oder wenn an der Anschrift kein paariger Datensatz vorlag. In diesen Fällen wurde die örtliche Erhebungsstelle nochmals mit einer Prüfung der Anschrift beauftragt. Daneben enthielt auch das Stichprobendesign Vorkehrungen, um bei der Auswahl der Anschriften extremen Gewichtungen einzelner Schichten vorzubeugen. Der prozentuale Auswahlsatz der jeweiligen Schicht wurde nämlich nicht nur unter Verwendung der optimalen Allokation festgelegt, sondern die statistischen Ämter des Bundes und der Länder haben, abhängig von der Gemeindegrößenklasse, vor Ziehung der Anschriften für jede Schicht einen minimalen und maximalen Auswahlsatz vorgegeben (sog. „Box Constraints“). Diese Vorgaben wurden bei der Klägerin eingehalten und sie sicherten auch eine gleichbleibende Präzision der Hochrechnung unter den verschiedenen Gemeinden ab. Des Weiteren hat der Beklagte Vorkehrungen in Bezug auf die Umsetzung des Zensus getroffen, indem er Erhebungsbeauftragte umfangreich geschult hat, Unterlagen auf Vollständigkeit und Vollzähligkeit geprüft hat und den Erhebungsbeauftragten Dokumentationspflichten auferlegt hat (vgl. dazu z. B. das Fachkonzept zur Erhebung an Sonderanschriften, II und III). Dort ist umfassend dargestellt, welche Vorbereitungsarbeiten unternommen wurden, wie die Vollzähligkeit der Fragebögen kontrolliert und logistisch bewältigt wurde, wie die konkrete Durchführung der Befragung mit evtl. notwendigen Mahnungen abzulaufen und wie die Aufbereitung der Ergebnisse mittels EDV zu erfolgen hat.

Aber nicht nur während der Durchführungsphase des Zensus, sondern auch danach hat der Beklagte die Ergebnisse überprüft. Während des Anhörungsverfahrens der Klägerin hat der Beklagte eine Recherche zu auffälligen Anschriften durchgeführt. Dabei wurden alle Sonder- und Stichprobenanschriften als auffällig angesehen, die mehr als fünf Karteileichen aufgewiesen haben sowie Stichprobenanschriften, die als „Ausfall“ (im Widerspruch zum Melderegister nicht bewohnt oder gewerblich genutzt) gewertet worden sind. Hier kam es dann zu einer Korrektur der Einwohnerzahl um 27 Personen.

d. Letztlich muss die Klägerin akzeptieren, dass der Nachvollziehbarkeit des Ergebnisses verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt sind. Der Gesetzgeber hat sich in rechtlich nicht zu beanstandender Weise beim Zensus 2011 dafür entschieden, über die Mehrfachfalluntersuchung sicherzustellen, dass jede Person im Bundesgebiet nur mit einem Hauptwohnsitz gezählt wird. Um dies sicherstellen zu können, war ein bundesweiter Abgleich notwendig, der nur mit einer Datenbank zu bewerkstelligen war, die Personendatensätze sämtlicher Bundesbürger enthielt. Nach Ansicht des Gerichts könnten die Gemeinden ihr jeweiliges Ergebnis nur dann tatsächlich nachvollziehen, wenn sie auch Einblick in diesen Datenbestand bekommen würden. Da aber der Aufbau eines bundesweiten Personenregisters einen tiefen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Bürger darstellt, ist diesbezüglich eine strikte Geheimhaltung verfassungsrechtlich geboten, die höher zu bewerten ist, als die weitere Aufklärung des Ergebnisses für die betroffenen Gemeinden. Nach Ansicht der entscheidenden Kammer waren die im Bescheid und im gerichtlichen Verfahren gemachten Einzelangaben zur Einwohnerzahlfeststellung ausreichend, um der Begründungspflicht nachzukommen.

7. Ferner kann die Klägerin die Rechtmäßigkeit der Einwohnerzahlermittlung auch nicht mit ihren Einwänden gegen die konkrete Durchführung der Stichprobe in Zweifel ziehen.

a. Zunächst rügt die Klägerin bei Durchführung der Stichprobe, dass es zur Verwendung von Registerauszügen mit dem Stand 01.11.2010 gekommen ist. Ihrer Ansicht nach konnten deshalb Untererfassungen nicht präzise dokumentiert werden. Dem muss bereits aus rechtlichen Gesichtspunkten heraus entgegengehalten werden, dass das Zensusgesetz und die Stichprobenverordnung keine rechtlichen Vorgaben bezüglich der Arbeitsweise der Erhebungsstellen machen. Aus diesem Grund unterliegt es grundsätzlich dem Verfahrensermessen der vollziehenden Behörden, wie sie die Stichproben konkret umsetzen (so auch VG Bremen, U.v. 06.11.2014 - 4 K 841/13 - juris Rn. 68). Gemäß Art. 10 Satz 1 BayVwVfG ist das Verwaltungsverfahren nicht an eine bestimmte Form gebunden, soweit keine besonderen Rechtsvorschriften bestehen. Steht jedoch damit die Gestaltung des Verfahrens im Ermessen der Behörde, besteht kein Anspruch auf eine bestimmte Verfahrensgestaltung, solange keine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt (Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage, 2014, § 10 Rn. 18). Eine solche Ermessensreduzierung auf Null behauptet jedoch auch die Klägerin hinsichtlich der Aktualität der Melderegisterauszüge nicht. Sie hält es zwar für zweckmäßiger, die Erhebungsbeauftragten mit aktuellen Listen auszustatten, dies reicht aber für eine Ermessensreduzierung nicht aus. Hinzu kommt, dass die statistischen Ämter der Länder und das Bundesamt für Statistik als Fachbehörden über einen großen Erfahrungsschatz bei Durchführung von Befragungen verfügen und deshalb ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn sie sich dafür entscheiden, die Erhebungsbeauftragten mit Melderegisterauszügen als Hilfsmittel auszustatten. Daneben muss an diesem Punkt berücksichtigt werden, dass die konkrete Umsetzung der Stichprobe einen längeren Zeitraum in Anspruch genommen hat. Schon aus organisatorischen Gründen heraus können die Erhebungsbeauftragten nicht jedes Mal für die aktuell anstehende Stichprobenadresse mit einem aktuellen Melderegisterauszug ausgestattet werden. Demgegenüber ist es nachvollziehbar, wenn die Erhebungsbeauftragten vor Durchführung der Stichprobe im Rahmen der Vorbereitungsarbeiten mit einem Melderegisterauszug ausgestattet werden, der bei allen Erhebungsbeauftragten den gleichen Stand aufweist. Im Übrigen ist die Kritik der Klägerin hinsichtlich der von ihr befürchteten unzureichenden Dokumentation von Untererfassungen nur wenig nachvollziehbar. Die Klägerin vermutet nämlich, dass bei ihr wegen der älteren Melderegisterauszüge die Stichprobe zu wenig Untererfassungen festgestellt hat, wenn an der Anschrift sonstige Hinweise auf die neu zugezogene Person gefehlt haben. Dies ist aus Sicht der entscheidenden Kammer deshalb praxisfern, weil in der Regel neu zugezogene Personen sehr rasch ihren Namen am Briefkasten, Klingelschild oder Türschild anbringen. Nur vernachlässigbar wenige Personen werden wohl an einer Anschrift wohnen und dies nicht einmal am Briefkasten kenntlich machen. Im Übrigen hätte die Klägerin in diesem Fall auch keinen Vorteil daraus ziehen können, wenn die Erhebungsbeauftragen mit neueren Listen ausgestattet gewesen wären. Wäre nämlich die neu zugezogene, aber an der Anschrift nach außen nicht erkennbare Person bereits gemeldet gewesen und damit auf der Liste vermerkt, hätten die Erhebungsbeauftragen diese Person als Übererfassung verbuchen müssen. Damit wäre der Klägerin zu Unrecht ein Einwohner abgezogen worden. Schließlich waren die Erhebungsbeauftragen ausdrücklich dahingehend geschult worden, die Listen lediglich als Hilfsmittel bei der Erfassung der Stichprobenadresse zu verwenden. Grundsätzlich waren sie angehalten, alle an einer Anschrift wohnenden Personen zu erfassen. Des Weiteren kann die Klägerin in diesem Zusammenhang nicht überzeugend anbringen, in Rheinland-Pfalz weisen die Zensusergebnisse deshalb geringere Differenzen zu den Melderegisterzahlen auf, weil dort den Erhebungsbeauftragen aktuelle Listen zur Verfügung gestanden hätten. Zum einen kann der klägerseits angegebenen Quelle nicht entnommen werden, welchen Stand die Listen in Rheinland-Pfalz tatsächlich hatten. Zum anderen ist Rheinland-Pfalz, neben Baden-Württemberg, das Land, mit der geringsten Abweichung der Bevölkerungszahl des Zensus gegenüber dem Melderegister. Dort weichen die Zahlen des Zensus nur um 1,0% von den Melderegistern ab, während der Bundesdurchschnitt bei 1,7% liegt (vgl. „Die ersten Ergebnisse der Bevölkerungszählung im Überblick“, Statistisches Monatsheft Rheinland-Pfalz 2013/07, Seite 646). Deshalb können daraus keine verallgemeinerbaren Aussagen abgeleitet werden.

b. Was die Verwendung von Melderegisterauszügen bei Durchführung der Stichprobe angeht, kritisiert die Klägerin weiter, dies habe die Erhebungsbeauftragen dazu verleitet, die Liste bei ihren Untersuchungen zu bestätigen und daneben weiter keine Nachforschungen mehr anzustellen. Dies habe sich ausschließlich zu ihren Lasten ausgewirkt, da davon nur Personen betroffen sein können, die zwar an der Stichprobenanschrift gewohnt haben, vom Erhebungsbeauftragen jedoch nicht festgestellt worden seien.

Zuzugeben ist der Klägerin dahingehend, dass das Phänomen des „Confirmation Bias“ tatsächlich besteht und auch von dem gerichtlich beigezogenen Gutachten beschrieben wird. Dieser Kritik muss aber zunächst entgegengehalten werden, dass niemand verlässlich das Ausmaß dieses Fehlers abschätzen kann. Letztlich sind alle Volkszählungen, sei es in Form traditioneller Vollerhebungen oder in registergestützter Form, fehlerbehaftet. Der „Confirmation Bias“ ist dabei nur ein Effekt, der wie andere Fehlerquellen auch, bei einer Massenerhebung ganzer Bevölkerungen hingenommen werden muss. Die Klägerin hat keinen rechtlichen Anspruch darauf, dass die Erhebung der Einwohnerzahl fehlerfrei abläuft, da dies faktisch nicht möglich ist. Aus Sicht der entscheidenden Kammer stehen diesem Nachteil auch Vorteile gegenüber, die die Verwendung der Listen als sinnvoll erscheinen lassen. Durch die Listen können die Erhebungsbeauftragen die zu untersuchende Anschrift eindeutig identifizieren und sie erhalten einen ersten Anhaltspunkt dafür, welche Personen sie voraussichtlich antreffen werden. Die Erhebungsbeauftragen wurden bei der Verwendung der Listen darauf aufmerksam gemacht, diese lediglich als Hilfsmittel einzusetzen. Natürlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Erhebungsbeauftragte die Liste lediglich „abgearbeitet“ haben, ohne nach weiteren Personen zu suchen. Ob sich dieser Effekt durch die Verwendung von aktuellen Melderegisterauszügen abgeschwächt hätte, kann ebenfalls nicht seriös beantwortet werden. Wie oben bereits dargelegt, liegt es nach Ansicht des Gerichts eher fern, dass neu eingezogene Personen gar nicht nach außen erkennbar sind. Zumindest wird dies wohl kein Phänomen sein, welches sich flächendeckend stellt. Dies vorausgeschickt, hätten auch neuere Listen nichts an dem Effekt des „Confirmation Bias“ geändert. Wenn sich ein Erhebungsbeauftragter tatsächlich nur auf die Abarbeitung seiner Liste beschränkt und eine Person nach außen nicht erkennbar ist, dann wird er diese Person entweder als Übererfassung verbuchen oder keinen Fehlbestand diesbezüglich erkennen. Aus diesem Grund hat das Datum der verwendeten Listen wohl keinen maßgeblichen Einfluss auf den „Confirmation Bias“.

Im Gegensatz dazu zeichnen die Auswertungen der Wiederholungsbefragungen auf dem klägerischen Gebiet ein positives Bild der Haushaltsstichprobe. Auch wenn der geringe Stichprobenumfang der Wiederholungsbefragungen keine belastbaren Rückschlüsse für einzelne Gemeinden zulässt, so können die vom Beklagten vorgenommen Fallzahlauswertungen gleichwohl als Indiz zur Abschätzung der Größe des Messfehlers bei der Klägerin herangezogen werden. Hinsichtlich des klägerischen Gemeindegebiets kommen die Haushaltsstichprobe und die Wiederholungsbefragung bei 95,8% der Personen zu übereinstimmenden Ergebnissen. Aus diesem Grund bestehen keine Indizien dafür, dass sich der „Confirmation Bias“ bei der Klägerin in einem nicht mehr hinzunehmenden Maße ausgewirkt hat. Diesbezüglich ist die Haushaltsstichprobe bei der Klägerin unauffällig und deshalb bestand auch unter Berücksichtigung des Amtsermittlungsgrundsatzes nach § 86 Abs. 1 VwGO kein Grund dafür, weitere Ermittlungsmaßnahmen seitens des Gerichts bezüglich der Haushaltsstichprobe durchzuführen.

c. Ebenso unbegründet ist das konkrete Vorbringen der Klägerin bezüglich der Existenzfeststellung von Personen. Sie versucht mit Hilfe der von ihr zitierten Rundmail Nr. 75 zu belegen, dass eine Person als nicht existent gekennzeichnet wurde, wenn ein Brief mittels Postzustellungsurkunde nicht zugestellt werden konnte. Dieser Kritikpunkt ist für den vorliegenden Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich. Der Beklagte hat auf gerichtliche Nachfrage ausgeführt, dass ihm auf dem klägerischen Stadtgebiet lediglich drei Haushalte bekannt seien, bei denen mittels Postzustellungsurkunde die Existenzfeststellung durchgeführt wurde. In allen diesen Fällen sei die Existenz der Person festgestellt worden. Aus diesem Grund hat die Klägerin bei Auszählung der Hauptwohnsitze keinen Nachteil erlitten, weswegen auch hier die genauen Arbeitsabläufe des Beklagten nicht näher aufzuklären waren.

Genauso unbegründet ist die Kritik der Klägerin, bei Durchführung der Haushaltsstichprobe sei der Hauptwohnsitz entgegen den einschlägigen Vorschriften des Meldegesetz festgelegt worden. An dieser Stelle muss zunächst auf § 7 Abs. 1 Satz 3 ZensG 2011 hingewiesen werden. Obwohl die bei der Haushaltsstichprobe zum Einsatz gekommenen Erhebungsbögen Fragen zum Haupt- und Nebenwohnsitz enthalten haben, wurde das Befragungsergebnis nicht dazu verwendet, den Wohnstatus im Melderegister der Person zu überprüfen bzw. zu korrigieren. Die Haushaltsstichprobe beschränkte sich vornehmlich darauf zu prüfen, ob die gemeldete Person an der Anschrift existent ist oder nicht. In diesen Fällen kam es nicht zu einer melderechtlichen Bewertung bei Auswertung der Erhebungsbögen. Nur bei Personen, die bislang nicht im Melderegister gemeldet waren, bei der Haushaltsstichprobe aber angetroffen wurden, wurde der Wohnstatus mithilfe der Erhebungsbögen festgelegt. Maßgeblich dafür waren die Fragen 12 und 13 (Frage nach weiteren Wohnungen, Frage nach dem Hauptwohnsitz). Hat die befragte Person angegeben, an der Stichprobenanschrift ihren Hauptwohnsitz zu haben, wurde sie auch mit Hauptwohnsitz gezählt. Gab sie hingegen an, dort nur einen Nebenwohnsitz zu führen, wurde sie nur mit Nebenwohnung gezählt. Die Haushaltsstichprobe hat diese Angaben nicht weiter überprüft und dies war rechtlich auch nicht notwendig. Wie bereits aus der obergerichtlichen Rechtsprechung zur Volkszählung von 1987 hervorgeht, sind die Erhebungsstellen nicht verpflichtet, bewusst oder unbewusst falsch erteilte Auskünfte der Auskunftspflichtigen zu überprüfen, wenn die Fragebögen so beschaffen sind, dass die gesetzlichen Merkmale korrekt abgefragt werden (vgl. BayVGH, U.v. 21.12.1994 - 4 B 93.244 - juris Rn. 35). Da die Fragebögen zur Haushaltsstichprobe die Merkmale Haupt- und Nebenwohnung eindeutig und korrekt abgefragt haben, fand die eigentliche rechtliche Bewertung durch die Auskunftspflichtigen selbst statt. Die Erhebungsstellen waren im Anschluss daran befugt, dieses Ergebnis zu übernehmen. Deshalb ist es bei der Haushaltsstichprobe ausgeschlossen, dass sich die von der Klägerin in Blick genommene 6-Monatsfrist des § 15 Abs. 2 Nr. 2 MRRG hier zu ihren Lasten ausgewirkt hat.

d. Zuletzt ist die Einwohnerzahlfestsetzung nicht deshalb rechtswidrig, weil der einfache relative Standardfehler bei der Klägerin im Rahmen der Hochrechnung unstreitig 0,6% beträgt. Die Klägerin sieht darin eine Rechtsverletzung, da ihrer Ansicht nach wegen § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 der Standardfehler höchstens 0,5% betragen dürfe.

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 dient die Haushaltsstichprobe der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5%. Dies ist aus verfassungsrechtlichen Gründen erstmal nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen rechtlich verbürgten Anspruch auf Festsetzung ihrer tatsächlichen Einwohnerzahl (vgl. VGH Hessen, U.v. 19.09.1991 - 6 UE 2588/89 - juris Rn. 41). Aus dem Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden kann nämlich keine Garantie auf einen bestimmten Bevölkerungsstand abgeleitet werden, weil die Einwohner im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen Freizügigkeit selbst bestimmen können, welcher Gemeinde sie angehören wollen (VGH Mannheim, U.v. 21.07.1986 - 1 S 232/86 - NVwZ 1987, 512, 513). Jede statistische Erhebung weist nämlich eine gewisse Fehlerquote auf. Selbst traditionelle Volkszählungen, bei denen jede Erhebungseinheit primärstatistisch erfasst wird, weisen Fehler auf. Nachuntersuchungen zu den letzten beiden traditionellen Volkszählungen haben bewiesen, dass bei der Volkszählung von 1970 ein Untererfassungsfehler von 1,4% und ein Übererfassungsfehler von 0,8% bestand. Bei der Volkszählung von 1987 wurden Über- und Untererfassungsfehler im Umfang von 0,4% festgestellt, wobei letztere Ergebnisse nicht voll belastbar sind, da sich nicht alle Bundesländer an den Nachbefragungen beteiligt haben (vgl. Fürnrohr/Anding, in: „Ermittlung der Einwohnerzahlen von Bund, Ländern und Kommunen, Seite 13).

Wie oben im Tatbestand bereits erläutert wurde, sind der relative Standardfehler und der Stichprobenumfang direkt miteinander verbunden. Der Gesetzgeber muss dabei einen Konflikt zweier diametraler Ziele in einen gerechten Ausgleich bringen. Mit steigendem Stichprobenumfang steigt zwar die Genauigkeit der darauf aufbauenden Hochrechnung, damit steigt aber auch die Belastung der Bevölkerung, die möglichst gering gehalten werden soll. In diesem Konflikt hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden, eine der beiden Größen verbindlich festzuschreiben. Dazu hat er in § 7 Abs. 2 Satz 1 ZensG 2011 geregelt, dass der erforderliche Stichprobenumfang 10% der Bevölkerung nicht überschreiten soll. Wie die Gesetzgebungshistorie zeigt, ist die Formulierung „soll“ aber als echte Obergrenze zu verstehen und nicht nur als bloßer Orientierungspunkt, der unter Umständen überschritten werden darf. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Zensusgesetzes lagen nämlich die Ergebnisse des Stichprobenforschungsprojektes noch nicht vor. Gleichwohl ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass voraussichtlich rund 7% der Bevölkerung zu befragen sind (vgl. BT-Drucks. 16/12219, Seite 32). Deshalb wurde in § 7 Abs. 2 Satz 2 ZensG 2011 eine Verordnungsermächtigung aufgenommen, um den genauen Stichprobenumfang festzulegen (vgl. BR-Drucks. 3/09, Seite 20). Die genaue Festlegung des Stichprobenumfangs erfolgte im Anschluss daran in § 3 Abs. 1 Satz 2 StichprobenV, wo der bundesweite Umfang auf 9,6% der Bevölkerung festgeschrieben wurde.

Anders als die Klägerin meint, hat der Gesetzgeber mit § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 kein subjektivöffentliches Recht der Gemeinden auf strikte Einhaltung des Standardfehlers statuiert. Inwieweit und für wen gesetzliche Vorschriften subjektive Rechte begründen, muss immer durch Auslegung der Norm ermittelt werden (Schmidt-Aßmann/Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 2015, Einleitung Rn. 20). Gemäß der dabei einschlägigen Schutznormtheorie muss die Norm einen objektivrechtlichen Schutz enthalten, einen abgrenzbaren Kreis an Personen begünstigen und schließlich nach ihrem sachlichen Zweck eine besondere Schutzwürdigkeit begründen (vgl. Schmidt-Kötters, in: Beck’scher Online-Kommentar zur VwGO, 35. Auflage, § 42 Rn. 152). Letzteres ist dabei aber nicht isoliert an einer Vorschrift festzumachen, sondern dabei muss das gesamte Regelungsgefüge betrachtet werden. Bei § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 kann in den Gemeinden der abgrenzbare Personenkreis erblickt werden, weil diese hauptsächlich vom Zensus betroffen sind. Auch dient die Festlegung des einfachen relativen Standardfehlers nicht nur öffentlichen Interessen, sondern sie schützt auch die Gemeinden, weil nur bei einer hinreichend guten Ergebnisqualität der Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht gerechtfertigt ist. Nach Ansicht der entscheidenden Kammer kann aber weder aus dem Wortlaut noch aus dem Regelungszusammenhang darauf geschlossen werden, dass die Norm den Gemeinden einen besonderen Schutz vermitteln will. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 vermittelt nach Ansicht des Gerichts kein einklagbares Recht auf Einhaltung des Standardfehlers.

Dies deutet bereits der Wortlaut der Norm an, auch wenn dieser nicht eindeutig ist. Zunächst spricht die Norm davon, dass die Genauigkeit der Hochrechnung mit 0,5% „angestrebt“ wird. Das Wort „anstreben“ hat seinem Wortsinn nach die Bedeutung „etwas zu erreichen suchen“ oder „etwas zum Ziel haben“. Schon aus diesem Grund verbietet es sich, den Gemeinden ein subjektivöffentliches Recht auf strikte Einhaltung der Grenze von 0,5% zuzugestehen (so auch VG Bremen, U.v. 06.11.2014 - 4 K 841/13 - Rn. 63). Diesem Verständnis steht entgegen, dass der Wortlaut in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 auch von „höchstens“ 0,5% spricht, was wiederum für eine absolute, nicht zu überschreitende Grenze spricht. Deshalb kann aus dem Wortlaut allein keine verbindliche Entscheidung darüber getroffen werden, ob aus § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 für die Gemeinden ein subjektivöffentliches Recht abgeleitet werden kann oder nicht. Ausschlaggebend gegen ein subjektivöffentliches Recht der Gemeinden spricht aber der Regelungszusammenhang des Zensusgesetzes.

Wie oben bereits dargestellt wurde, hat der Gesetzgeber den Stichprobenumfang eindeutig fixiert und damit einen der beiden Faktoren der Haushaltsstichprobe festgezurrt. Dieser zur Verfügung stehende Stichprobenumfang wird aber nicht auf alle Bundesländer oder Gemeinden gleich umgelegt, sondern die Höhe des Stichprobenumfangs je Gemeinde hängt von ihrer Größe ab. Je größer die Gemeinde ist, desto kleiner fällt der Stichprobenumfang aus. Dies ist dem statistischen Grundsatz geschuldet, dass die Qualität der Schätzung nicht vom prozentualen Auswahlsatz, sondern von der absoluten Zahl der erhobenen Einheiten abhängt. Die statistischen Landesämter und das Bundesamt für Statistik mussten demnach den vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellten Stichprobenumfang auf die Gemeinden möglichst so verteilen, dass es in allen beteiligten Gemeinden zu einem möglichst geringen relativen Standardfehler kommt. Dies führt aber unweigerlich dazu, dass der relative Standardfehler nicht in allen Gemeinden gleich ausfallen kann. Darauf weist auch das vom Gericht beigezogene Gutachten hin. Dort wird ausgeführt: „Der relative Standardfehler ist aufgrund der unterschiedlichen Verteilung der Einwohnerzahlen pro Adresse in den einzelnen Städten und Gemeinden unterschiedlich und nur nach der Erhebung genau abschätzbar.“ Wie der Beklagte auf gerichtliche Nachfrage weiter erklärt hat, liegt dies auch an der unterschiedlichen Verteilung der Einwohnerzahl pro Anschrift. In einer Gemeinde, in der z. B. fast ausschließlich zwei Personen pro Anschrift wohnen, wäre der relative Standardfehler nahezu Null, da - egal welche Anschriften bei einem bestimmten Stichprobenumfang in die Stichprobe gelangen - die Ergebnisse für die ermittelte Gesamteinwohnerzahl nahezu identisch wären. Weist jedoch eine andere gleichgroße Gemeinde eine große Streuung hinsichtlich der Einwohnerzahl pro Anschrift auf, ist bei demselben Stichprobenumfang ein höherer relativer Standardfehler zu erwarten. Dieser Verschiedenartigkeit der Gemeinden ist das beim Zensus verwendete Stichprobendesign mit unterschiedlichen Stichprobenumfängen pro Gemeinde entgegengetreten: Je größer die Streuung der Einwohnerzahl pro Anschrift war, desto mehr Anschriften mussten untersucht werden, wobei diese unbekannte Streuung aus den Informationen des Melderegisters wiederum geschätzt werden musste.

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen zur Arbeitsweise des Stichprobendesigns und zum Regelungszusammenhang der Vorschrift wird deutlich, dass den Gemeinden kein subjektivöffentliches Recht auf Einhaltung des einfachen relativen Standardfehlers von 0,5% zusteht. Deswegen und weil bei der Klägerin die Vorgabe des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 nur geringfügig überschritten wurde, ist die Einwohnerzahlfeststellung gegenüber der Klägerin rechtmäßig.

Zwar könnte man an dieser Stelle einwenden, der Gesetzgeber hätte den Stichprobenumfang mit einem so großen Sicherheitszuschlag festlegen müssen, dass der relative Standardfehler bei allein Gemeinden auf jeden Fall 0,5% nicht überschreitet. Dies war aber aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht geboten. Das interkommunale Gleichbehandlungsgebot verpflichtet den Gesetzgeber nicht dazu, die Einwohnerzahl bei allen Gemeinden mit gleicher Fehlerquote festzulegen. Dies wäre auch bei traditionellen Volkszählungen in Form einer Totalerhebung rein faktisch nicht möglich. Die Selbstverwaltungsgarantie und das interkommunale Gleichbehandlungsgebot verpflichten den Gesetzgeber nur dazu, die Einwohnerzahl mit einer hinreichenden Qualität festzustellen und dies mit einer im Wesentlichen gleichen Ergebnisgenauigkeit zu bewerkstelligen. Deshalb konnte der Gesetzgeber im Rahmen seines Gestaltungsspielraums einen Stichprobenumfang festlegen, bei dem er unter Abwägung der Selbstverwaltungsgarantie mit dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der Bürger berechtigterweise davon ausgehen durfte, dass die Qualitätsvorgabe von 0,5% im Wesentlichen eingehalten wurde. Die Festlegung des Stichprobenumfangs erfolgte weder willkürlich, noch aus sachfremden Erwägungen heraus, sondern die Festlegung in § 3 Abs. 1 StichprobenV beruht auf dem Stichprobenforschungsprojekt und damit auf wissenschaftlich fundierten Erwägungen. Vergleicht man den relativen Standardfehler der Klägerin (0,6%) mit dem bundesweiten Mittel (0,56%) so wird deutlich, dass der Zensus hinsichtlich des Ziels einer im Wesentlichen gleichen Ergebnisgenauigkeit bei der Klägerin erfolgreich war.

8. Schließlich hat der Beklagte auch hinsichtlich der Erhebung an Anschriften mit Sonderbereichen gemäß § 8 Abs. 1 ZensG 2011 die Einwohnerzahl rechtmäßig erhoben.

Nach der gesetzgeberischen Vorstellung, musste an allen Anschriften mit Sonderbereichen eine personenbezogene Totalerhebung durchgeführt werden. Dies war deshalb notwendig, weil aus früheren Volkszählungen und dem Zensustest bekannt war, dass an diesen Anschriften mit einer hohen Anzahl von Über- und Untererfassungen zu rechnen ist. Deshalb ordnete § 8 Abs. 1 Satz 1 ZensG 2011 an, dass die statistischen Ämter der Länder für alle Anschriften mit Sonderbereichen die dort wohnenden Personen feststellen. Hier sollte die Einwohnerzahlfestsetzung also nicht allein über das Melderegister durchgeführt werden, sondern es sollten alle Einwohner an Anschriften mit Sonderbereichen primärstatistisch gezählt werden. Dieser Pflicht ist der Beklagte dadurch nachgekommen, dass er alle Bewohner der Sonderbereiche mittels Fragebogen erfasst hat. Unabhängig von der Auswertung der Fragebögen und den daraus resultierenden rechtlichen Bewertungen hinsichtlich des Wohnstatus, hat der Beklagte dadurch in einem ersten Schritt alle Einwohner der Sonderbereiche ermittelt und registriert.

Dabei legt § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 bestimmte Merkmal fest, die bei den Befragungen erhoben werden müssen, u. a. „der Tag des Bezugs der Wohnung oder des Beginns der Unterbringung“ (Merkmal e) und der „Wohnstatus“ (Merkmal h). Nachdem die Personen primärstatistisch erfasst waren, fand gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 ZensG 2011 ein Abgleich der erhobenen Daten mit den Melderegistern statt. Durch diesen personenbezogenen Datenabgleich sollte insgesamt die Qualität der Erhebung abgesichert werden (vgl. BT-Drucks. 16/12219, Seite 36), weil nur durch den Datenabgleich auch Über- und Untererfassungen in den Sonderbereichen entdeckt werden konnten. Die Haushaltsstichprobe, die diese Funktion bei großen Gemeinden normalerweise übernommen hat, fand nämlich nur bei nichtsensiblen Sonderanschriften statt (vgl. § 8 Abs. 5 Satz 1 ZensG 2011) und dort auch nur zur Gewinnung der Zusatzinformationen. Die Haushaltsstichprobe wurde aber bei den Sonderbereichen generell nicht dazu herangezogen, Registerfehler aufzudecken.

In der Gemeinde mit der Sonderanschrift, mussten die primärstatistischen Daten mit dem Melderegister verglichen werden, um dort wohnhafte Personen, die nicht im Melderegister geführt waren, als Untererfassung neu aufzunehmen bzw. Personen, die nicht an der Anschrift wohnen, obgleich sie im Melderegister geführt waren, als Übererfassungen abzuziehen (vgl. dazu die Gesetzesbegründung BR-Drucks. 16/12219, Seite 37, Absatz 3). Allerdings wurden die primärstatistischen Daten nicht nur mit den Meldedaten der Sonderbereichsgemeinde, sondern auch mit dem bundesweiten Melderegisterbestand verglichen, so wie es § 8 Abs. 2 Satz 1 ZensG 2011 impliziert. Dadurch wurde sichergestellt, dass Personen der Sonderanschriften nicht zusätzlich in einer anderen Gemeinde gezählt wurden.

Zur praktischen Umsetzung dieser Vorgaben entwickelte das Bundesamt für Statistik komplexe Regelwerke, nach denen der Wohnstatus bestimmt wurde. Dabei gab es sowohl für sensible, als auch für nichtsensible Sonderbereiche jeweils eigene Regularien, mit deren Hilfe anhand der Befragungsergebnisse und den Meldedaten entschieden wurde, in welcher Gemeinde der Einwohner mit Haupt- und Nebenwohnsitz zu zählen ist (vgl. dazu die Tabellen 22-4, 22-5, 22-6, 22-7, 22-8 und 22-9 im Fachkonzept Erhebung an Sonderanschriften Seite 134-146, Blatt 339-345 der GA). Nach diesen Regularien war es auch möglich, dass sich der Wohnstatus von Bewohnern der Sonderbereichsgemeinde von Haupt- auf Nebenwohnsitz und umgekehrt verändert.

a. Das Regelwerk des Bundesamtes für Statistik beschäftigt sich dabei zunächst mit der Frage, welche Datenquelle mit welcher Priorität herangezogen wird, um den Wohnstatus festzulegen. Entsprechend der Tabelle 22-9 „Datenquellen der Wohnungsstatusfeststellung für Personen an nichtsensiblen Sonderbereichen“ wurde der Wohnstatus bei nichtsensiblen Sonderbereichen primär aufgrund der Antworten des Fragebogens festgelegt, auch weil bei nichtsensiblen Sonderbereichen gemäß § 18 Abs. 5 Satz 1 ZensG 2011 die Bewohner selbst zur Auskunft verpflichtet waren. Um den Wohnstatus festzulegen, wurden in den Erfassungsbögen folgende Daten abgefragt: Familienstand (Frage 7), ob in Deutschland weitere Wohnungen bewohnt werden (Frage 10) und ob die hiesige Wohnung die vorwiegend benutzte Wohnung der Familie ist (Frage 11a) bzw. ob die hiesige Wohnung die vorwiegend benutzte Wohnung ist (Frage 11b). Dies stellt grundsätzlich ein richtiges Vorgehen dar, um den Wohnstatus einer Person festzulegen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung muss für die Bestimmung der Hauptwohnung grundsätzlich auf die Angaben des Einwohners abgestellt werden (vgl. BVerwG, U.v. 15.10.1991 - 1 C 24/90 - juris Rn. 18). Bei Durchführung einer Volkszählung wird diese Rechtsprechung dahingehend weiter konkretisiert, dass die Erhebungsstellen nicht verpflichtet sind, bewusst oder unbewusst falsch erteilte Auskünfte der Auskunftspflichtigen zu überprüfen, wenn die Fragebögen so beschaffen sind, dass die gesetzlichen Merkmale korrekt abgefragt werden (vgl. BayVGH, U.v. 21.12.1994 - 4 B 93.244 - juris Rn. 35).

Entgegen der Kritik der Klägerin kam es hier also zunächst nicht darauf an, wie lange der Einwohner bereits an der Sonderanschrift wohnhaft war. Allein entscheidend für die Frage des Wohnstatus waren die Angaben des Auskunftspflichtigen. Die Erläuterungen des streitgegenständlichen Bescheids auf Seite 5 sind dabei missverständlich, da dort tatsächlich davon gesprochen wird, dass der Hauptwohnsitz erst bei einem Aufenthalt ab sechs Monaten angenommen wurde. Entscheidend für den vorliegenden Rechtsstreit ist aber nicht die missverständliche Beschreibung in den Bescheidsgründen, sondern die tatsächliche Umsetzung und die war deutlich differenzierter, als es die Bescheidsbegründung erahnen lässt. In der tatsächlichen Umsetzung wurde der Wohnstatus der Bewohner nichtsensibler Sonderbereiche in Übereinstimmung mit der ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung hauptsächlich anhand der Befragungsergebnisse festgestellt. Wegen des gesetzlich in § 8 Abs. 2 Satz 1 ZensG 2011 vorgeschriebenen Abgleichs der Befragungsergebnisse mit den Melderegistern konnte es aber auch vorkommen, dass der Wohnstatus von Personen geändert wurde. Ergab sich beispielsweise aus der Befragung ein Hauptwohnsitz in der Sonderbereichsgemeinde, wurden evtl. vorhandene andere Hauptwohnsitze im Bundesgebiet zum Nebenwohnsitz geändert. Ergab sich hingegen aus der Befragung ein Nebenwohnsitz, wurde für diese Person jedoch im Bundesgebiet kein Hauptwohnsitz gefunden, wurde die Person konsequenterweise mit Hauptwohnsitz in der Sonderbereichsgemeinde gezählt. Diese Beispiele dienen lediglich der Veranschaulichung der Arbeitsweise der Regularien, da sämtliche dort abgebildeten Fallkonstellationen hier nicht näher dargestellt werden können. Der Kritik der Klägerin, dass es bei ihren Befragungen zu zahlreichen und unberechtigten Änderungen des Wohnstatus gekommen ist, kann jedoch nicht gefolgt werden. Zum einen ist die Änderung des Wohnstatus durch den Abgleich mit den Melderegistern gesetzlich intendiert gewesen; zum anderen hat die Klägerin trotz Kenntnis der Regelwerke keine konkreten Einwände dagegen erhoben.

b. Anders verhielt es sich in den Fällen, in denen der Auskunftspflichtige bei den nichtsensiblen Sonderbereichen keine plausiblen Angaben im Fragebogen gemacht hatte. Hier waren die Landesämter für Statistik gezwungen, gleichwohl zu entscheiden, in welcher Gemeinde der Einwohner mit Hauptwohnsitz zu zählen ist. In diesen Fällen kamen die Melderegister als sekundäre Datenquelle zum Einsatz (vgl. Tabelle 22-9 des Fachkonzept Erhebung an Sonderanschriften). Die Angaben des Fragebogens wurde aber dennoch herangezogen: Zum einen, weil damit die Existenz der Person in der Sonderbereichsgemeinde primärstatistisch erfasst war und zum anderen, weil mit den vorhanden anderen Angaben des Fragebogens die bisherigen Eintragungen der Melderegister plausibilisiert wurden. Auch dieses Vorgehen ist nicht zu beanstanden. Wenn der Auskunftspflichtige unplausible Angaben macht, bleibt den statistischen Landesämtern nichts anderes übrig, als anhand des vorhandenen Datenmaterials - und dazu zählen auch die Melderegister - den Wohnstatus bestmöglich festzulegen. Darauf deutet auch die Gesetzesbegründung hin, wenn sie ausführt, dass die erhobenen Daten erfasst werden, ein Abgleich mit den Melderegisterdaten durchgeführt wird und dabei der Wohnstatus je Person eindeutig festgestellt wird (vgl. BT-Drucks. 16/12219, Seite 37, Absatz 2). Erst hier kam es nach dem Regelwerk des Bundesamtes für Statistik darauf an, wie lange eine Person bereits an einer Sonderanschrift wohnhaft ist. In diesen Fällen ist es nicht ausgeschlossen, dass es vereinzelt zu fehlerhaften Wohnstatusfeststellungen gekommen ist, da es bei der Frage nach dem Hauptwohnsitz eigentlich nicht auf die bisherige Verweildauer an der Anschrift ankommt, sondern auf die zukünftige Benutzung der Wohnung (vgl. BVerwG, U.v. 15.10.1991 - 1 C 24/90 - juris Rn. 13).

Dies macht die Einwohnerzahlfeststellung aber dennoch nicht rechtswidrig. Erstens kann bei Durchführung einer Volkszählung nur sehr eingeschränkt eine Zukunftsprognose hinsichtlich der künftigen Wohnungsnutzung vorgenommen werden, so wie es der objektivierte Hauptwohnsitzbegriff eigentlich erfordert. Zweitens kamen diese „Notfallregeln“ nur dann zum Einsatz, wenn der Auskunftspflichtige unplausible oder unvollständige Angaben gemacht hat. Aus Sicht der entscheidenden Kammer ist es in diesen Einzelfällen gerechtfertigt, die notwendige melderechtliche Prognose zukünftiger Benutzungszeiten durch eine Betrachtung der bisherigen Verweildauer zu ersetzen. Auch die Betrachtung bisheriger Benutzungsgewohnheiten kann für eine Zukunftsprognose fruchtbar gemacht werden, weil daraus eine Aussage über das vermutlich künftige Verhalten abgeleitet werden kann. Der Gesetzgeber hat die statistischen Landesämter eben nicht dazu verpflichtet, den Wohnstatus allein über das Merkmal h) festzulegen, sondern die Landesämter duften dabei alle Merkmal des § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 heranziehen und darunter fällt auch das Merkmal e) „Tag des Bezugs der Wohnung oder des Beginns der Unterbringung“. Wie oben bereits angedeutet, kann nicht ausgeschlossen werden, dass es dabei vereinzelt zu falschen Wohnstatusfestlegungen gekommen ist. Dies muss aber im Rahmen einer Massenerhebung hingenommen werden, denn es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Regularien des Bundesamtes den melderechtlichen Hauptwohnsitzbegriff grundlegend verkannt haben oder dass es zu flächendeckend falschen Wohnstatusfeststellungen gekommen ist.

Deshalb kann die Klägerin nicht mit Erfolg rügen, ihr sei zu Unrecht der Hauptwohnsitz bei Personen vorenthalten worden, wenn diese noch nicht 6-Monate an der Sonderanschrift gewohnt haben. Diese Kritik ist angesichts der komplexen Regelwerke viel zu pauschal, auch weil sie nicht beachtet, dass bei nichtsensiblen Sonderbereichen die bisherige Verweildauer nur in Ausnahmefällen und nur dann entscheidend war, wenn der Auskunftspflichtige unplausible oder unvollständige Angaben gemacht hatte. Mag es hier zwar vereinzelt zu Ungenauigkeiten bzw. Fehlern bei der Wohnstatusfeststellung gekommen sein, so fällt dies nach Ansicht des Gerichts zumindest bei der Klägerin noch in den Toleranzrahmen einer Massenerhebung. Insgesamt wurden an Sonderanschriften auf dem klägerischen Gemeindegebiet 1.663 Personen registriert. Nach Bewertung durch die oben angesprochenen Regularien erhielt die Klägerin dabei 1.565 Hauptwohnsitze. Die maximale Fehleranzahl zu Unrecht vorenthaltener Hauptwohnsitze beträgt somit 98 Wohnsitze. Vergleicht man diese Zahl mit der insgesamt festgestellten Einwohnerzahl von 41.938 Personen, dann fällt diese Fehlerquelle bei der Klägerin kaum ins Gewicht.

c. Bei sensiblen Sonderanschriften wurde der Wohnstatus wiederum grundlegend anders festgestellt, als bei nichtsensiblen Sonderanschriften. Wie bereits Tabelle 22-8 zu den Datenquellen zeigt, wurde die Wohnstatusfeststellung gänzlich mithilfe der Melderegister und unter Berücksichtigung des Zuzugsdatums festgelegt. Zwar enthielt der Fragebogen bei sensiblen Sonderbereichen ebenfalls die Frage nach dem Wohnstatus, allerdings stellten die statistischen Landesämter bei Durchführung des Zensus fest, dass in sehr vielen Fällen die Einrichtungsleitungen dazu keine brauchbaren Angaben machen konnten. Nach § 18 Abs. 5 Satz 5 ZensG 2011 waren die Einrichtungsleitungen jedoch auch gesetzlich nur dazu verpflichtet, über die ihr bekannten Daten Auskunft zu erteilen. Deshalb musste bei den sensiblen Bereichen der Wohnstatus grundlegend anders festgestellt werden.

Bei dieser Sach- und Rechtslage entschied sich der Beklagte aus nachvollziehbaren Gründen dafür, den Wohnstatus mit Hilfe der Melderegister und den verwertbaren Angabe des Fragebogens festzustellen. In Übereinstimmung mit der Kernforderung des § 8 Abs. 1 Satz 1 ZensG 2011 wurden auch bei sensiblen Sonderbereichen alle Einwohner über die Fragebögen personenbezogen registriert und somit sichergestellt, dass alle Einwohner bei der Volkszählung gezählt wurden. Die primärstatistische Totalerhebung hinsichtlich des Wohnstatus scheiterte jedoch daran, dass die auskunftsverpflichteten Einrichtungsleitungen zumeist keine Angaben dazu machen konnten. Die Entscheidung für Haupt- oder Nebenwohnsitz wurde nach dem Regelwerk zu den sensiblen Bereichen (Tabelle 22-6/22-7 des Fachkonzepts Erhebung an Sonderanschriften, Seite 142 - 145, Blatt 343 - 345 der GA) nun danach getroffen, ob und wie die Person im Melderegister der Sonderbereichsgemeinde registriert war, ob und wie die Person im Melderegister anderer Gemeinde registriert war, ob die Person mittels Fragebogen in der Sonderbereichsgemeinde erfasst wurde, wie lange sich die Person bereits an der Sonderanschrift aufhielt und ob die Person an einer anderen Anschrift verzeigert war. Wie oben bereits erläutert wurde, ist es aus Sicht der entscheidenden Kammer bei Durchführung der Volkszählung gerechtfertigt, die melderechtlich notwendige Prognose zukünftiger Benutzungsgewohnheiten durch eine Betrachtung der bisherigen Verweildauer zu ersetzen, wenn und soweit im Rahmen der Befragungen keine besseren Ergebnisse erzielt werden können. § 8 Abs. 2 Satz 2 ZensG 2011 erlaubt es eben, alle Erhebungsmerkmale des Absatz 1 für die Entscheidung nach dem Wohnstatus heranzuziehen.

Auch hierbei wird es letztlich zu Ungenauigkeiten bei der Wohnstatusfeststellung gekommen sein. In dem zur Entscheidung stehenden Einzelfall können diese eventuell vorhandenen Fehler aber maximal 0,23% ausmachen und dies ist wie oben bereits dargelegt bei einer Totalerhebung hinzunehmen. Entscheidend war, dass der Beklagte alle Einwohner der Sonderbereiche tatsächlich erfasst hat.

9. Nachdem der angefochtene Bescheid rechtmäßig ist, war über den Verpflichtungsantrag nebst Hilfsantrag nicht mehr zu entscheiden.

10. Da die Klage erfolglos war, war sie mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen gewesen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 708 ZPO.

Die Berufung war hier wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache nach §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Rechtmäßigkeit der Einwohnerzahlfeststellung in einem registergestützten Zensus bislang nicht Gegenstand der obergerichtlichen bzw. höchstrichterlichen Rechtsprechung war. Schon allein deswegen, weil die europarechtlichen Vorgaben die Mitgliedsstaaten dazu verpflichten, alle 10 Jahre einen Zensus durchzuführen, ist es von allgemeinem Interesse, die rechtlichen Anforderungen an einen solchen Zensus zu klären. Des Weiteren ergibt sich die grundsätzliche Bedeutung deshalb, weil es sich beim vorliegenden Verfahren um die „Musterklage“ aller gegen den Zensus klagenden bayrischen Gemeinden handelt.

Rechtsmittelbelehrung

Rechtsmittel: Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg schriftlich einzulegen (Haidplatz 1, 93047 Regensburg oder Postfach 110165, 93014 Regensburg). Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Berufungsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einzureichen (Ludwigstraße 23, 80539 München oder Postfach 340148, 80098 München). § 124 a Abs. 3 VwGO ist zu beachten.

Hinweis auf Vertretungszwang: Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich alle Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt bereits für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird, die aber noch beim Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder die anderen in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich auch durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; Einzelheiten ergeben sich aus § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG. Da der Sach- und Streitstand keine genügenden Anhaltspunkte zur Bestimmung des Streitwerts bietet, war hier der Auffangstreitwert i. H. v. 5.000,- EUR festzusetzen gewesen. Auf die von der Klägerin ins Feld geführten Auswirkungen der Einwohnerzahl auf verschiedene Finanzzuweisungen kann bei der Streitwertfestsetzung nicht abgestellt werden, weil die Höhe der Auswirkungen nicht feststeht.

Rechtsmittelbelehrung

Rechtsmittel: Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- EUR übersteigt, oder wenn die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg (Haidplatz 1, 93047 Regensburg oder Postfach 110165, 93014 Regensburg) einzulegen. Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Die Hilfsmerkmale sind von den Erhebungsmerkmalen zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu trennen und gesondert aufzubewahren. Sie sind, soweit sich nicht aus § 22 Absatz 2 und § 23 etwas anderes ergibt, zu löschen, sobald bei den statistischen Ämtern die Überprüfung der Erhebungs- und Hilfsmerkmale auf ihre Schlüssigkeit und Vollständigkeit abgeschlossen ist. Sie sind spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu löschen.

(2) Die Erhebungsunterlagen sind nach Abschluss der Aufbereitung des Zensus, spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu vernichten.

(1) Das Statistische Bundesamt legt den bundesweiten Stichprobenplan fest, zieht die Stichproben nach § 7 Absatz 3 des Zensusgesetzes 2011 bundesweit jeweils am gleichen Datum und dokumentiert das Auswahlverfahren sowie die einbezogenen Anschriften.

(2) Bei der Erstellung des Stichprobenplans und bei der Stichprobenziehung sind die Qualitätsvorgaben aus dem vom Statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsprojekt zur Entwicklung des Stichprobenverfahrens zu berücksichtigen.

(3) Für den Stichprobenplan und die Stichprobenziehung ist Folgendes maßgebend:

1.
Auswahlgrundlage ist der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum in dem nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 vom 8. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2808) erstellten Anschriften- und Gebäuderegister. Die Stichprobenziehung erfolgt mit Stand vom 1. September 2010. Für Anschriften mit Wohnraum, die zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt des Zensus 2011 (9. Mai 2011) neu in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen werden, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen.
2.
Der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum ist regional nach Erhebungsgebieten zu gliedern. Erhebungsgebiete sind Gemeinden mit mindestens10 000Einwohnern, in Städten mit mindestens400 000Einwohnern auch Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern und die auf der Kreisebene zusammengefassten Gemeinden unter10 000Einwohnern.
3.
Für jedes Erhebungsgebiet ist der jeweilige Anschriftenbestand zunächst aufsteigend nach der Zahl der an der Anschrift mit alleinigem Wohnsitz oder mit Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldeten Personen zu ordnen und anschließend in acht überschneidungsfreie Schichten mit etwa der gleichen Anzahl an Personen zu gliedern. Für Anschriften mit Sonderbereichen nach § 8 Absatz 5 Satz 2 des Zensusgesetzes 2011 wird zusätzlich eine eigene Schicht gebildet.
4.
Innerhalb der Schichten werden die Anschriften nach einem mathematischen Zufallsverfahren ausgewählt.
5.
Das Stichprobenverfahren wird so ausgerichtet, dass für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern die gleiche Auswahlwahrscheinlichkeit für alle Anschriften und Personen gegeben ist.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, daß eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.

(2) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung, Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers über Grundsätze und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Postwesens und der Telekommunikation, über die Grundsätze der Erhebung des Entgelts für die Benutzung der Einrichtungen der Eisenbahnen des Bundes, über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, sowie Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen oder die von den Ländern im Auftrage des Bundes oder als eigene Angelegenheit ausgeführt werden.

(3) Der Bundesrat kann der Bundesregierung Vorlagen für den Erlaß von Rechtsverordnungen zuleiten, die seiner Zustimmung bedürfen.

(4) Soweit durch Bundesgesetz oder auf Grund von Bundesgesetzen Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, sind die Länder zu einer Regelung auch durch Gesetz befugt.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Das Aufkommen der Landessteuern und der Länderanteil am Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer stehen den einzelnen Ländern insoweit zu, als die Steuern von den Finanzbehörden in ihrem Gebiet vereinnahmt werden (örtliches Aufkommen). Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, sind für die Körperschaftsteuer und die Lohnsteuer nähere Bestimmungen über die Abgrenzung sowie über Art und Umfang der Zerlegung des örtlichen Aufkommens zu treffen. Das Gesetz kann auch Bestimmungen über die Abgrenzung und Zerlegung des örtlichen Aufkommens anderer Steuern treffen. Der Länderanteil am Aufkommen der Umsatzsteuer steht den einzelnen Ländern, vorbehaltlich der Regelungen nach Absatz 2, nach Maßgabe ihrer Einwohnerzahl zu.

(2) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, ist sicherzustellen, dass die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen ausgeglichen wird; hierbei sind die Finanzkraft und der Finanzbedarf der Gemeinden (Gemeindeverbände) zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind in dem Gesetz Zuschläge zu und Abschläge von der jeweiligen Finanzkraft bei der Verteilung der Länderanteile am Aufkommen der Umsatzsteuer zu regeln. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Zuschlägen und für die Erhebung von Abschlägen sowie die Maßstäbe für die Höhe dieser Zuschläge und Abschläge sind in dem Gesetz zu bestimmen. Für Zwecke der Bemessung der Finanzkraft kann die bergrechtliche Förderabgabe mit nur einem Teil ihres Aufkommens berücksichtigt werden. Das Gesetz kann auch bestimmen, dass der Bund aus seinen Mitteln leistungsschwachen Ländern Zuweisungen zur ergänzenden Deckung ihres allgemeinen Finanzbedarfs (Ergänzungszuweisungen) gewährt. Zuweisungen können unabhängig von den Maßstäben nach den Sätzen 1 bis 3 auch solchen leistungsschwachen Ländern gewährt werden, deren Gemeinden (Gemeindeverbände) eine besonders geringe Steuerkraft aufweisen (Gemeindesteuerkraftzuweisungen), sowie außerdem solchen leistungsschwachen Ländern, deren Anteile an den Fördermitteln nach Artikel 91b ihre Einwohneranteile unterschreiten.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Das Aufkommen der Landessteuern und der Länderanteil am Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer stehen den einzelnen Ländern insoweit zu, als die Steuern von den Finanzbehörden in ihrem Gebiet vereinnahmt werden (örtliches Aufkommen). Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, sind für die Körperschaftsteuer und die Lohnsteuer nähere Bestimmungen über die Abgrenzung sowie über Art und Umfang der Zerlegung des örtlichen Aufkommens zu treffen. Das Gesetz kann auch Bestimmungen über die Abgrenzung und Zerlegung des örtlichen Aufkommens anderer Steuern treffen. Der Länderanteil am Aufkommen der Umsatzsteuer steht den einzelnen Ländern, vorbehaltlich der Regelungen nach Absatz 2, nach Maßgabe ihrer Einwohnerzahl zu.

(2) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, ist sicherzustellen, dass die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen ausgeglichen wird; hierbei sind die Finanzkraft und der Finanzbedarf der Gemeinden (Gemeindeverbände) zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind in dem Gesetz Zuschläge zu und Abschläge von der jeweiligen Finanzkraft bei der Verteilung der Länderanteile am Aufkommen der Umsatzsteuer zu regeln. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Zuschlägen und für die Erhebung von Abschlägen sowie die Maßstäbe für die Höhe dieser Zuschläge und Abschläge sind in dem Gesetz zu bestimmen. Für Zwecke der Bemessung der Finanzkraft kann die bergrechtliche Förderabgabe mit nur einem Teil ihres Aufkommens berücksichtigt werden. Das Gesetz kann auch bestimmen, dass der Bund aus seinen Mitteln leistungsschwachen Ländern Zuweisungen zur ergänzenden Deckung ihres allgemeinen Finanzbedarfs (Ergänzungszuweisungen) gewährt. Zuweisungen können unabhängig von den Maßstäben nach den Sätzen 1 bis 3 auch solchen leistungsschwachen Ländern gewährt werden, deren Gemeinden (Gemeindeverbände) eine besonders geringe Steuerkraft aufweisen (Gemeindesteuerkraftzuweisungen), sowie außerdem solchen leistungsschwachen Ländern, deren Anteile an den Fördermitteln nach Artikel 91b ihre Einwohneranteile unterschreiten.

(1) Die Hilfsmerkmale sind von den Erhebungsmerkmalen zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu trennen und gesondert aufzubewahren. Sie sind, soweit sich nicht aus § 22 Absatz 2 und § 23 etwas anderes ergibt, zu löschen, sobald bei den statistischen Ämtern die Überprüfung der Erhebungs- und Hilfsmerkmale auf ihre Schlüssigkeit und Vollständigkeit abgeschlossen ist. Sie sind spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu löschen.

(2) Die Erhebungsunterlagen sind nach Abschluss der Aufbereitung des Zensus, spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu vernichten.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Hilfsmerkmale sind von den Erhebungsmerkmalen zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu trennen und gesondert aufzubewahren. Sie sind, soweit sich nicht aus § 22 Absatz 2 und § 23 etwas anderes ergibt, zu löschen, sobald bei den statistischen Ämtern die Überprüfung der Erhebungs- und Hilfsmerkmale auf ihre Schlüssigkeit und Vollständigkeit abgeschlossen ist. Sie sind spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu löschen.

(2) Die Erhebungsunterlagen sind nach Abschluss der Aufbereitung des Zensus, spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu vernichten.

(1) Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, daß eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.

(2) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung, Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers über Grundsätze und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Postwesens und der Telekommunikation, über die Grundsätze der Erhebung des Entgelts für die Benutzung der Einrichtungen der Eisenbahnen des Bundes, über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, sowie Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen oder die von den Ländern im Auftrage des Bundes oder als eigene Angelegenheit ausgeführt werden.

(3) Der Bundesrat kann der Bundesregierung Vorlagen für den Erlaß von Rechtsverordnungen zuleiten, die seiner Zustimmung bedürfen.

(4) Soweit durch Bundesgesetz oder auf Grund von Bundesgesetzen Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, sind die Länder zu einer Regelung auch durch Gesetz befugt.

(1) Das Statistische Bundesamt legt den bundesweiten Stichprobenplan fest, zieht die Stichproben nach § 7 Absatz 3 des Zensusgesetzes 2011 bundesweit jeweils am gleichen Datum und dokumentiert das Auswahlverfahren sowie die einbezogenen Anschriften.

(2) Bei der Erstellung des Stichprobenplans und bei der Stichprobenziehung sind die Qualitätsvorgaben aus dem vom Statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsprojekt zur Entwicklung des Stichprobenverfahrens zu berücksichtigen.

(3) Für den Stichprobenplan und die Stichprobenziehung ist Folgendes maßgebend:

1.
Auswahlgrundlage ist der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum in dem nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 vom 8. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2808) erstellten Anschriften- und Gebäuderegister. Die Stichprobenziehung erfolgt mit Stand vom 1. September 2010. Für Anschriften mit Wohnraum, die zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt des Zensus 2011 (9. Mai 2011) neu in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen werden, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen.
2.
Der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum ist regional nach Erhebungsgebieten zu gliedern. Erhebungsgebiete sind Gemeinden mit mindestens10 000Einwohnern, in Städten mit mindestens400 000Einwohnern auch Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern und die auf der Kreisebene zusammengefassten Gemeinden unter10 000Einwohnern.
3.
Für jedes Erhebungsgebiet ist der jeweilige Anschriftenbestand zunächst aufsteigend nach der Zahl der an der Anschrift mit alleinigem Wohnsitz oder mit Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldeten Personen zu ordnen und anschließend in acht überschneidungsfreie Schichten mit etwa der gleichen Anzahl an Personen zu gliedern. Für Anschriften mit Sonderbereichen nach § 8 Absatz 5 Satz 2 des Zensusgesetzes 2011 wird zusätzlich eine eigene Schicht gebildet.
4.
Innerhalb der Schichten werden die Anschriften nach einem mathematischen Zufallsverfahren ausgewählt.
5.
Das Stichprobenverfahren wird so ausgerichtet, dass für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern die gleiche Auswahlwahrscheinlichkeit für alle Anschriften und Personen gegeben ist.

(1) Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, daß eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.

(2) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung, Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers über Grundsätze und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Postwesens und der Telekommunikation, über die Grundsätze der Erhebung des Entgelts für die Benutzung der Einrichtungen der Eisenbahnen des Bundes, über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, sowie Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen oder die von den Ländern im Auftrage des Bundes oder als eigene Angelegenheit ausgeführt werden.

(3) Der Bundesrat kann der Bundesregierung Vorlagen für den Erlaß von Rechtsverordnungen zuleiten, die seiner Zustimmung bedürfen.

(4) Soweit durch Bundesgesetz oder auf Grund von Bundesgesetzen Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, sind die Länder zu einer Regelung auch durch Gesetz befugt.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Das Statistische Bundesamt legt den bundesweiten Stichprobenplan fest, zieht die Stichproben nach § 7 Absatz 3 des Zensusgesetzes 2011 bundesweit jeweils am gleichen Datum und dokumentiert das Auswahlverfahren sowie die einbezogenen Anschriften.

(2) Bei der Erstellung des Stichprobenplans und bei der Stichprobenziehung sind die Qualitätsvorgaben aus dem vom Statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsprojekt zur Entwicklung des Stichprobenverfahrens zu berücksichtigen.

(3) Für den Stichprobenplan und die Stichprobenziehung ist Folgendes maßgebend:

1.
Auswahlgrundlage ist der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum in dem nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 vom 8. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2808) erstellten Anschriften- und Gebäuderegister. Die Stichprobenziehung erfolgt mit Stand vom 1. September 2010. Für Anschriften mit Wohnraum, die zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt des Zensus 2011 (9. Mai 2011) neu in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen werden, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen.
2.
Der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum ist regional nach Erhebungsgebieten zu gliedern. Erhebungsgebiete sind Gemeinden mit mindestens10 000Einwohnern, in Städten mit mindestens400 000Einwohnern auch Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern und die auf der Kreisebene zusammengefassten Gemeinden unter10 000Einwohnern.
3.
Für jedes Erhebungsgebiet ist der jeweilige Anschriftenbestand zunächst aufsteigend nach der Zahl der an der Anschrift mit alleinigem Wohnsitz oder mit Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldeten Personen zu ordnen und anschließend in acht überschneidungsfreie Schichten mit etwa der gleichen Anzahl an Personen zu gliedern. Für Anschriften mit Sonderbereichen nach § 8 Absatz 5 Satz 2 des Zensusgesetzes 2011 wird zusätzlich eine eigene Schicht gebildet.
4.
Innerhalb der Schichten werden die Anschriften nach einem mathematischen Zufallsverfahren ausgewählt.
5.
Das Stichprobenverfahren wird so ausgerichtet, dass für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern die gleiche Auswahlwahrscheinlichkeit für alle Anschriften und Personen gegeben ist.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Aufkommen der Landessteuern und der Länderanteil am Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer stehen den einzelnen Ländern insoweit zu, als die Steuern von den Finanzbehörden in ihrem Gebiet vereinnahmt werden (örtliches Aufkommen). Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, sind für die Körperschaftsteuer und die Lohnsteuer nähere Bestimmungen über die Abgrenzung sowie über Art und Umfang der Zerlegung des örtlichen Aufkommens zu treffen. Das Gesetz kann auch Bestimmungen über die Abgrenzung und Zerlegung des örtlichen Aufkommens anderer Steuern treffen. Der Länderanteil am Aufkommen der Umsatzsteuer steht den einzelnen Ländern, vorbehaltlich der Regelungen nach Absatz 2, nach Maßgabe ihrer Einwohnerzahl zu.

(2) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, ist sicherzustellen, dass die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen ausgeglichen wird; hierbei sind die Finanzkraft und der Finanzbedarf der Gemeinden (Gemeindeverbände) zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind in dem Gesetz Zuschläge zu und Abschläge von der jeweiligen Finanzkraft bei der Verteilung der Länderanteile am Aufkommen der Umsatzsteuer zu regeln. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Zuschlägen und für die Erhebung von Abschlägen sowie die Maßstäbe für die Höhe dieser Zuschläge und Abschläge sind in dem Gesetz zu bestimmen. Für Zwecke der Bemessung der Finanzkraft kann die bergrechtliche Förderabgabe mit nur einem Teil ihres Aufkommens berücksichtigt werden. Das Gesetz kann auch bestimmen, dass der Bund aus seinen Mitteln leistungsschwachen Ländern Zuweisungen zur ergänzenden Deckung ihres allgemeinen Finanzbedarfs (Ergänzungszuweisungen) gewährt. Zuweisungen können unabhängig von den Maßstäben nach den Sätzen 1 bis 3 auch solchen leistungsschwachen Ländern gewährt werden, deren Gemeinden (Gemeindeverbände) eine besonders geringe Steuerkraft aufweisen (Gemeindesteuerkraftzuweisungen), sowie außerdem solchen leistungsschwachen Ländern, deren Anteile an den Fördermitteln nach Artikel 91b ihre Einwohneranteile unterschreiten.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Das Statistische Bundesamt prüft anhand der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten, ob Personen für mehr als eine alleinige Wohnung oder Hauptwohnung (Mehrfachfälle) oder nur für Nebenwohnungen gemeldet sind.

(2) Mehrfachfälle in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern werden vom Statistischen Bundesamt maschinell bereinigt. Maßgebliche Entscheidungskriterien sind dabei die Einzugsdaten der betroffenen Person. Der sich daraus ergebende Datenbestand bildet die Grundlage für die Zusammenführungen nach § 9 Absatz 1 sowie für die Feststellung von Über- und Untererfassungen nach § 9 Absatz 2. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für alle Personen, die nur mit Nebenwohnungen gemeldet sind und für Personen mit mehr als einer alleinigen Wohnung oder Hauptwohnung, die in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern gemeldet sind, stellen die statistischen Ämter der Länder den Wohnungsstatus zum Berichtszeitpunkt fest. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(4) Zur Feststellung des Wohnungsstatus nach Absatz 3 erheben die statistischen Ämter der Länder bei den betroffenen Personen folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Wohnungsstatus der betroffenen Person in Bezug auf jede Anschrift,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort,
d)
Anschriften aller Haupt- und Nebenwohnungen der betroffenen Person.

(1) Die statistischen Ämter der Länder stellen für alle Anschriften mit Sonderbereichen die dort wohnenden Personen fest. Dafür werden für jede dort wohnende Person folgende Daten erhoben:

1.
als Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Tag des Bezugs der Wohnung oder des Beginns der Unterbringung,
f)
Geburtsstaat,
g)
ob die Person unter der Anschrift in einem Haushalt nach § 2 Absatz 1 Satz 4 bis 6 lebt,
h)
Wohnungsstatus,
2.
als Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort.

(2) Für die nach Absatz 1 festgestellten Personen findet ein Abgleich mit den nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten statt. Die statistischen Ämter der Länder klären anhand der Merkmale nach § 8 Absatz 1, an welchem Ort die Personen mit Haupt- und Nebenwohnung zu zählen sind. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für Personen in Sonderbereichen, die nicht in einem Haushalt nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe g wohnen, werden die Hilfsmerkmale nach Absatz 1 Nummer 2 nach erfolgtem Abgleich unverzüglich gelöscht.

(4) In sensiblen Sonderbereichen werden bei der Gebäude- und Wohnungszählung nur die Erhebungsmerkmale nach § 6 Absatz 2 und als Hilfsmerkmale die Familiennamen, die Vornamen, die Anschriften und die Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen erhoben.

(5) In sensiblen Sonderbereichen darf keine Haushaltsstichprobe nach § 7 durchgeführt werden. In den übrigen nach § 7 ausgewählten Sonderbereichen werden die dort wohnenden Personen zu den Merkmalen nach § 7 Absatz 4 und 5 befragt.

(1) Die Hilfsmerkmale sind von den Erhebungsmerkmalen zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu trennen und gesondert aufzubewahren. Sie sind, soweit sich nicht aus § 22 Absatz 2 und § 23 etwas anderes ergibt, zu löschen, sobald bei den statistischen Ämtern die Überprüfung der Erhebungs- und Hilfsmerkmale auf ihre Schlüssigkeit und Vollständigkeit abgeschlossen ist. Sie sind spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu löschen.

(2) Die Erhebungsunterlagen sind nach Abschluss der Aufbereitung des Zensus, spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu vernichten.

(1) Das Statistische Bundesamt legt den bundesweiten Stichprobenplan fest, zieht die Stichproben nach § 7 Absatz 3 des Zensusgesetzes 2011 bundesweit jeweils am gleichen Datum und dokumentiert das Auswahlverfahren sowie die einbezogenen Anschriften.

(2) Bei der Erstellung des Stichprobenplans und bei der Stichprobenziehung sind die Qualitätsvorgaben aus dem vom Statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsprojekt zur Entwicklung des Stichprobenverfahrens zu berücksichtigen.

(3) Für den Stichprobenplan und die Stichprobenziehung ist Folgendes maßgebend:

1.
Auswahlgrundlage ist der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum in dem nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 vom 8. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2808) erstellten Anschriften- und Gebäuderegister. Die Stichprobenziehung erfolgt mit Stand vom 1. September 2010. Für Anschriften mit Wohnraum, die zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt des Zensus 2011 (9. Mai 2011) neu in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen werden, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen.
2.
Der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum ist regional nach Erhebungsgebieten zu gliedern. Erhebungsgebiete sind Gemeinden mit mindestens10 000Einwohnern, in Städten mit mindestens400 000Einwohnern auch Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern und die auf der Kreisebene zusammengefassten Gemeinden unter10 000Einwohnern.
3.
Für jedes Erhebungsgebiet ist der jeweilige Anschriftenbestand zunächst aufsteigend nach der Zahl der an der Anschrift mit alleinigem Wohnsitz oder mit Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldeten Personen zu ordnen und anschließend in acht überschneidungsfreie Schichten mit etwa der gleichen Anzahl an Personen zu gliedern. Für Anschriften mit Sonderbereichen nach § 8 Absatz 5 Satz 2 des Zensusgesetzes 2011 wird zusätzlich eine eigene Schicht gebildet.
4.
Innerhalb der Schichten werden die Anschriften nach einem mathematischen Zufallsverfahren ausgewählt.
5.
Das Stichprobenverfahren wird so ausgerichtet, dass für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern die gleiche Auswahlwahrscheinlichkeit für alle Anschriften und Personen gegeben ist.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Das Statistische Bundesamt legt den bundesweiten Stichprobenplan fest, zieht die Stichproben nach § 7 Absatz 3 des Zensusgesetzes 2011 bundesweit jeweils am gleichen Datum und dokumentiert das Auswahlverfahren sowie die einbezogenen Anschriften.

(2) Bei der Erstellung des Stichprobenplans und bei der Stichprobenziehung sind die Qualitätsvorgaben aus dem vom Statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsprojekt zur Entwicklung des Stichprobenverfahrens zu berücksichtigen.

(3) Für den Stichprobenplan und die Stichprobenziehung ist Folgendes maßgebend:

1.
Auswahlgrundlage ist der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum in dem nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 vom 8. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2808) erstellten Anschriften- und Gebäuderegister. Die Stichprobenziehung erfolgt mit Stand vom 1. September 2010. Für Anschriften mit Wohnraum, die zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt des Zensus 2011 (9. Mai 2011) neu in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen werden, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen.
2.
Der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum ist regional nach Erhebungsgebieten zu gliedern. Erhebungsgebiete sind Gemeinden mit mindestens10 000Einwohnern, in Städten mit mindestens400 000Einwohnern auch Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern und die auf der Kreisebene zusammengefassten Gemeinden unter10 000Einwohnern.
3.
Für jedes Erhebungsgebiet ist der jeweilige Anschriftenbestand zunächst aufsteigend nach der Zahl der an der Anschrift mit alleinigem Wohnsitz oder mit Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldeten Personen zu ordnen und anschließend in acht überschneidungsfreie Schichten mit etwa der gleichen Anzahl an Personen zu gliedern. Für Anschriften mit Sonderbereichen nach § 8 Absatz 5 Satz 2 des Zensusgesetzes 2011 wird zusätzlich eine eigene Schicht gebildet.
4.
Innerhalb der Schichten werden die Anschriften nach einem mathematischen Zufallsverfahren ausgewählt.
5.
Das Stichprobenverfahren wird so ausgerichtet, dass für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern die gleiche Auswahlwahrscheinlichkeit für alle Anschriften und Personen gegeben ist.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Der Ertrag der Finanzmonopole und das Aufkommen der folgenden Steuern stehen dem Bund zu:

1.
die Zölle,
2.
die Verbrauchsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 2 den Ländern, nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam oder nach Absatz 6 den Gemeinden zustehen,
3.
die Straßengüterverkehrsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer und sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel bezogene Verkehrsteuern,
4.
die Kapitalverkehrsteuern, die Versicherungsteuer und die Wechselsteuer,
5.
die einmaligen Vermögensabgaben und die zur Durchführung des Lastenausgleichs erhobenen Ausgleichsabgaben,
6.
die Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer,
7.
Abgaben im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften.

(2) Das Aufkommen der folgenden Steuern steht den Ländern zu:

1.
die Vermögensteuer,
2.
die Erbschaftsteuer,
3.
die Verkehrsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 1 dem Bund oder nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam zustehen,
4.
die Biersteuer,
5.
die Abgabe von Spielbanken.

(3) Das Aufkommen der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer steht dem Bund und den Ländern gemeinsam zu (Gemeinschaftsteuern), soweit das Aufkommen der Einkommensteuer nicht nach Absatz 5 und das Aufkommen der Umsatzsteuer nicht nach Absatz 5a den Gemeinden zugewiesen wird. Am Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer sind der Bund und die Länder je zur Hälfte beteiligt. Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer werden durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, festgesetzt. Bei der Festsetzung ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:

1.
Im Rahmen der laufenden Einnahmen haben der Bund und die Länder gleichmäßig Anspruch auf Deckung ihrer notwendigen Ausgaben. Dabei ist der Umfang der Ausgaben unter Berücksichtigung einer mehrjährigen Finanzplanung zu ermitteln.
2.
Die Deckungsbedürfnisse des Bundes und der Länder sind so aufeinander abzustimmen, daß ein billiger Ausgleich erzielt, eine Überbelastung der Steuerpflichtigen vermieden und die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet gewahrt wird.
Zusätzlich werden in die Festsetzung der Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer Steuermindereinnahmen einbezogen, die den Ländern ab 1. Januar 1996 aus der Berücksichtigung von Kindern im Einkommensteuerrecht entstehen. Das Nähere bestimmt das Bundesgesetz nach Satz 3.

(4) Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer sind neu festzusetzen, wenn sich das Verhältnis zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Bundes und der Länder wesentlich anders entwickelt; Steuermindereinnahmen, die nach Absatz 3 Satz 5 in die Festsetzung der Umsatzsteueranteile zusätzlich einbezogen werden, bleiben hierbei unberücksichtigt. Werden den Ländern durch Bundesgesetz zusätzliche Ausgaben auferlegt oder Einnahmen entzogen, so kann die Mehrbelastung durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, auch mit Finanzzuweisungen des Bundes ausgeglichen werden, wenn sie auf einen kurzen Zeitraum begrenzt ist. In dem Gesetz sind die Grundsätze für die Bemessung dieser Finanzzuweisungen und für ihre Verteilung auf die Länder zu bestimmen.

(5) Die Gemeinden erhalten einen Anteil an dem Aufkommen der Einkommensteuer, der von den Ländern an ihre Gemeinden auf der Grundlage der Einkommensteuerleistungen ihrer Einwohner weiterzuleiten ist. Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Es kann bestimmen, daß die Gemeinden Hebesätze für den Gemeindeanteil festsetzen.

(5a) Die Gemeinden erhalten ab dem 1. Januar 1998 einen Anteil an dem Aufkommen der Umsatzsteuer. Er wird von den Ländern auf der Grundlage eines orts- und wirtschaftsbezogenen Schlüssels an ihre Gemeinden weitergeleitet. Das Nähere wird durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt.

(6) Das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer steht den Gemeinden, das Aufkommen der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern steht den Gemeinden oder nach Maßgabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbänden zu. Den Gemeinden ist das Recht einzuräumen, die Hebesätze der Grundsteuer und Gewerbesteuer im Rahmen der Gesetze festzusetzen. Bestehen in einem Land keine Gemeinden, so steht das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer sowie der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern dem Land zu. Bund und Länder können durch eine Umlage an dem Aufkommen der Gewerbesteuer beteiligt werden. Das Nähere über die Umlage bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Nach Maßgabe der Landesgesetzgebung können die Grundsteuer und Gewerbesteuer sowie der Gemeindeanteil vom Aufkommen der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer als Bemessungsgrundlagen für Umlagen zugrunde gelegt werden.

(7) Von dem Länderanteil am Gesamtaufkommen der Gemeinschaftsteuern fließt den Gemeinden und Gemeindeverbänden insgesamt ein von der Landesgesetzgebung zu bestimmender Hundertsatz zu. Im übrigen bestimmt die Landesgesetzgebung, ob und inwieweit das Aufkommen der Landessteuern den Gemeinden (Gemeindeverbänden) zufließt.

(8) Veranlaßt der Bund in einzelnen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) besondere Einrichtungen, die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) unmittelbar Mehrausgaben oder Mindereinnahmen (Sonderbelastungen) verursachen, gewährt der Bund den erforderlichen Ausgleich, wenn und soweit den Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) nicht zugemutet werden kann, die Sonderbelastungen zu tragen. Entschädigungsleistungen Dritter und finanzielle Vorteile, die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) als Folge der Einrichtungen erwachsen, werden bei dem Ausgleich berücksichtigt.

(9) Als Einnahmen und Ausgaben der Länder im Sinne dieses Artikels gelten auch die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden (Gemeindeverbände).

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, daß eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.

(2) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung, Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers über Grundsätze und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Postwesens und der Telekommunikation, über die Grundsätze der Erhebung des Entgelts für die Benutzung der Einrichtungen der Eisenbahnen des Bundes, über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, sowie Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen oder die von den Ländern im Auftrage des Bundes oder als eigene Angelegenheit ausgeführt werden.

(3) Der Bundesrat kann der Bundesregierung Vorlagen für den Erlaß von Rechtsverordnungen zuleiten, die seiner Zustimmung bedürfen.

(4) Soweit durch Bundesgesetz oder auf Grund von Bundesgesetzen Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, sind die Länder zu einer Regelung auch durch Gesetz befugt.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, so regeln sie die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren. Wenn Bundesgesetze etwas anderes bestimmen, können die Länder davon abweichende Regelungen treffen. Hat ein Land eine abweichende Regelung nach Satz 2 getroffen, treten in diesem Land hierauf bezogene spätere bundesgesetzliche Regelungen der Einrichtung der Behörden und des Verwaltungsverfahrens frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Artikel 72 Abs. 3 Satz 3 gilt entsprechend. In Ausnahmefällen kann der Bund wegen eines besonderen Bedürfnisses nach bundeseinheitlicher Regelung das Verwaltungsverfahren ohne Abweichungsmöglichkeit für die Länder regeln. Diese Gesetze bedürfen der Zustimmung des Bundesrates. Durch Bundesgesetz dürfen Gemeinden und Gemeindeverbänden Aufgaben nicht übertragen werden.

(2) Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen.

(3) Die Bundesregierung übt die Aufsicht darüber aus, daß die Länder die Bundesgesetze dem geltenden Rechte gemäß ausführen. Die Bundesregierung kann zu diesem Zwecke Beauftragte zu den obersten Landesbehörden entsenden, mit deren Zustimmung und, falls diese Zustimmung versagt wird, mit Zustimmung des Bundesrates auch zu den nachgeordneten Behörden.

(4) Werden Mängel, die die Bundesregierung bei der Ausführung der Bundesgesetze in den Ländern festgestellt hat, nicht beseitigt, so beschließt auf Antrag der Bundesregierung oder des Landes der Bundesrat, ob das Land das Recht verletzt hat. Gegen den Beschluß des Bundesrates kann das Bundesverfassungsgericht angerufen werden.

(5) Der Bundesregierung kann durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zur Ausführung von Bundesgesetzen die Befugnis verliehen werden, für besondere Fälle Einzelweisungen zu erteilen. Sie sind, außer wenn die Bundesregierung den Fall für dringlich erachtet, an die obersten Landesbehörden zu richten.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Das Statistische Bundesamt prüft anhand der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten, ob Personen für mehr als eine alleinige Wohnung oder Hauptwohnung (Mehrfachfälle) oder nur für Nebenwohnungen gemeldet sind.

(2) Mehrfachfälle in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern werden vom Statistischen Bundesamt maschinell bereinigt. Maßgebliche Entscheidungskriterien sind dabei die Einzugsdaten der betroffenen Person. Der sich daraus ergebende Datenbestand bildet die Grundlage für die Zusammenführungen nach § 9 Absatz 1 sowie für die Feststellung von Über- und Untererfassungen nach § 9 Absatz 2. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für alle Personen, die nur mit Nebenwohnungen gemeldet sind und für Personen mit mehr als einer alleinigen Wohnung oder Hauptwohnung, die in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern gemeldet sind, stellen die statistischen Ämter der Länder den Wohnungsstatus zum Berichtszeitpunkt fest. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(4) Zur Feststellung des Wohnungsstatus nach Absatz 3 erheben die statistischen Ämter der Länder bei den betroffenen Personen folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Wohnungsstatus der betroffenen Person in Bezug auf jede Anschrift,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort,
d)
Anschriften aller Haupt- und Nebenwohnungen der betroffenen Person.

(1) Die statistischen Ämter der Länder stellen für alle Anschriften mit Sonderbereichen die dort wohnenden Personen fest. Dafür werden für jede dort wohnende Person folgende Daten erhoben:

1.
als Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Tag des Bezugs der Wohnung oder des Beginns der Unterbringung,
f)
Geburtsstaat,
g)
ob die Person unter der Anschrift in einem Haushalt nach § 2 Absatz 1 Satz 4 bis 6 lebt,
h)
Wohnungsstatus,
2.
als Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort.

(2) Für die nach Absatz 1 festgestellten Personen findet ein Abgleich mit den nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten statt. Die statistischen Ämter der Länder klären anhand der Merkmale nach § 8 Absatz 1, an welchem Ort die Personen mit Haupt- und Nebenwohnung zu zählen sind. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für Personen in Sonderbereichen, die nicht in einem Haushalt nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe g wohnen, werden die Hilfsmerkmale nach Absatz 1 Nummer 2 nach erfolgtem Abgleich unverzüglich gelöscht.

(4) In sensiblen Sonderbereichen werden bei der Gebäude- und Wohnungszählung nur die Erhebungsmerkmale nach § 6 Absatz 2 und als Hilfsmerkmale die Familiennamen, die Vornamen, die Anschriften und die Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen erhoben.

(5) In sensiblen Sonderbereichen darf keine Haushaltsstichprobe nach § 7 durchgeführt werden. In den übrigen nach § 7 ausgewählten Sonderbereichen werden die dort wohnenden Personen zu den Merkmalen nach § 7 Absatz 4 und 5 befragt.

(1) Die Hilfsmerkmale sind von den Erhebungsmerkmalen zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu trennen und gesondert aufzubewahren. Sie sind, soweit sich nicht aus § 22 Absatz 2 und § 23 etwas anderes ergibt, zu löschen, sobald bei den statistischen Ämtern die Überprüfung der Erhebungs- und Hilfsmerkmale auf ihre Schlüssigkeit und Vollständigkeit abgeschlossen ist. Sie sind spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu löschen.

(2) Die Erhebungsunterlagen sind nach Abschluss der Aufbereitung des Zensus, spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu vernichten.

(1) Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse, die für eine Bundesstatistik gemacht werden, sind von den Amtsträgern und Amtsträgerinnen und für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten, die mit der Durchführung von Bundesstatistiken betraut sind, geheim zu halten, soweit durch besondere Rechtsvorschrift nichts anderes bestimmt ist. Die Geheimhaltungspflicht besteht auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit fort. Die Geheimhaltungspflicht gilt nicht für

1.
Einzelangaben, in deren Übermittlung oder Veröffentlichung die Betroffenen schriftlich eingewilligt haben, soweit nicht wegen besonderer Umstände eine andere Form der Einwilligung angemessen ist,
2.
Einzelangaben aus allgemein zugänglichen Quellen, wenn sie sich auf die in § 15 Absatz 1 genannten öffentlichen Stellen beziehen, auch soweit eine Auskunftspflicht aufgrund einer eine Bundesstatistik anordnenden Rechtsvorschrift besteht,
3.
Einzelangaben, die vom Statistischen Bundesamt oder den statistischen Ämtern der Länder mit den Einzelangaben anderer Befragter zusammengefasst und in statistischen Ergebnissen dargestellt sind,
4.
Einzelangaben, wenn sie den Befragten oder Betroffenen nicht zuzuordnen sind.
Die §§ 93, 97, 105 Absatz 1, § 111 Absatz 5 in Verbindung mit § 105 Absatz 1 sowie § 116 Absatz 1 der Abgabenordnung vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 613; 1977 I S. 269), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 19. Dezember 1985 (BGBl. I S. 2436), gelten nicht für Personen und Stellen, soweit sie mit der Durchführung von Bundes- , Landes- oder Kommunalstatistiken betraut sind.

(2) Die Übermittlung von Einzelangaben zwischen den mit der Durchführung einer Bundesstatistik betrauten Personen und Stellen ist zulässig, soweit dies zur Erstellung der Bundesstatistik erforderlich ist. Darüber hinaus ist die Übermittlung von Einzelangaben zwischen den an einer Zusammenarbeit nach § 3a beteiligten statistischen Ämtern und die zentrale Verarbeitung und Nutzung dieser Einzelangaben in einem oder mehreren statistischen Ämtern zulässig.

(3) Das Statistische Bundesamt darf an die statistischen Ämter der Länder die ihren jeweiligen Erhebungsbereich betreffenden Einzelangaben für Sonderaufbereitungen auf regionaler Ebene übermitteln. Für die Erstellung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen und sonstiger Gesamtsysteme des Bundes und der Länder dürfen sich das Statistische Bundesamt und die statistischen Ämter der Länder untereinander Einzelangaben aus Bundesstatistiken übermitteln.

(4) Für die Verwendung gegenüber den gesetzgebenden Körperschaften und für Zwecke der Planung, jedoch nicht für die Regelung von Einzelfällen, dürfen den obersten Bundes- oder Landesbehörden vom Statistischen Bundesamt und den statistischen Ämtern der Länder Tabellen mit statistischen Ergebnissen übermittelt werden, auch soweit Tabellenfelder nur einen einzigen Fall ausweisen. Die Übermittlung nach Satz 1 ist nur zulässig, soweit in den eine Bundesstatistik anordnenden Rechtsvorschriften die Übermittlung von Einzelangaben an oberste Bundes- oder Landesbehörden zugelassen ist.

(5) Für ausschließlich statistische Zwecke dürfen vom Statistischen Bundesamt und den statistischen Ämtern der Länder Einzelangaben an die zur Durchführung statistischer Aufgaben zuständigen Stellen der Gemeinden und Gemeindeverbände übermittelt werden, wenn die Übermittlung in einem eine Bundesstatistik anordnenden Gesetz vorgesehen ist sowie Art und Umfang der zu übermittelnden Einzelangaben bestimmt sind. Die Übermittlung ist nur zulässig, wenn durch Landesgesetz eine Trennung dieser Stellen von anderen kommunalen Verwaltungsstellen sichergestellt und das Statistikgeheimnis durch Organisation und Verfahren gewährleistet ist.

(6) Für die Durchführung wissenschaftlicher Vorhaben dürfen das Statistische Bundesamt und die statistischen Ämter der Länder Hochschulen oder sonstigen Einrichtungen mit der Aufgabe unabhängiger wissenschaftlicher Forschung

1.
Einzelangaben übermitteln, wenn die Einzelangaben nur mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft zugeordnet werden können (faktisch anonymisierte Einzelangaben),
2.
innerhalb speziell abgesicherter Bereiche des Statistischen Bundesamtes und der statistischen Ämter der Länder Zugang zu formal anonymisierten Einzelangaben gewähren, wenn wirksame Vorkehrungen zur Wahrung der Geheimhaltung getroffen werden.
Berechtigte können nur Amtsträger oder Amtsträgerinnen, für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete oder Verpflichtete nach Absatz 7 sein.

(7) Personen, die Einzelangaben nach Absatz 6 erhalten sollen, sind vor der Übermittlung zur Geheimhaltung zu verpflichten, soweit sie nicht Amtsträger oder Amtsträgerinnen oder für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete sind. § 1 Absatz 2, 3 und 4 Nummer 2 des Verpflichtungsgesetzes vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469, Artikel 42), das durch Gesetz vom 15. August 1974 (BGBl. I S. 1942) geändert worden ist, gilt entsprechend.

(8) Die aufgrund einer besonderen Rechtsvorschrift oder der Absätze 4, 5 oder 6 übermittelten Einzelangaben dürfen nur für die Zwecke verwendet werden, für die sie übermittelt wurden. In den Fällen des Absatzes 6 Satz 1 Nummer 1 sind sie zu löschen, sobald das wissenschaftliche Vorhaben durchgeführt ist. Bei den Stellen, denen Einzelangaben übermittelt werden, muss durch organisatorische und technische Maßnahmen sichergestellt sein, dass nur Amtsträger, für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete oder Verpflichtete nach Absatz 7 Satz 1 Empfänger von Einzelangaben sind.

(9) Die Übermittlung aufgrund einer besonderen Rechtsvorschrift oder nach den Absätzen 4, 5 oder 6 ist nach Inhalt, Stelle, der übermittelt wird, Datum und Zweck der Weitergabe von den statistischen Ämtern aufzuzeichnen. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre aufzubewahren.

(10) Die Pflicht zur Geheimhaltung nach Absatz 1 besteht auch für die Personen, die Empfänger von Einzelangaben aufgrund einer besonderen Rechtsvorschrift, nach den Absätzen 5, 6 oder von Tabellen nach Absatz 4 sind. Dies gilt nicht für offenkundige Tatsachen bei einer Übermittlung nach Absatz 4.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Das Statistische Bundesamt legt den bundesweiten Stichprobenplan fest, zieht die Stichproben nach § 7 Absatz 3 des Zensusgesetzes 2011 bundesweit jeweils am gleichen Datum und dokumentiert das Auswahlverfahren sowie die einbezogenen Anschriften.

(2) Bei der Erstellung des Stichprobenplans und bei der Stichprobenziehung sind die Qualitätsvorgaben aus dem vom Statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsprojekt zur Entwicklung des Stichprobenverfahrens zu berücksichtigen.

(3) Für den Stichprobenplan und die Stichprobenziehung ist Folgendes maßgebend:

1.
Auswahlgrundlage ist der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum in dem nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 vom 8. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2808) erstellten Anschriften- und Gebäuderegister. Die Stichprobenziehung erfolgt mit Stand vom 1. September 2010. Für Anschriften mit Wohnraum, die zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt des Zensus 2011 (9. Mai 2011) neu in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen werden, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen.
2.
Der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum ist regional nach Erhebungsgebieten zu gliedern. Erhebungsgebiete sind Gemeinden mit mindestens10 000Einwohnern, in Städten mit mindestens400 000Einwohnern auch Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern und die auf der Kreisebene zusammengefassten Gemeinden unter10 000Einwohnern.
3.
Für jedes Erhebungsgebiet ist der jeweilige Anschriftenbestand zunächst aufsteigend nach der Zahl der an der Anschrift mit alleinigem Wohnsitz oder mit Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldeten Personen zu ordnen und anschließend in acht überschneidungsfreie Schichten mit etwa der gleichen Anzahl an Personen zu gliedern. Für Anschriften mit Sonderbereichen nach § 8 Absatz 5 Satz 2 des Zensusgesetzes 2011 wird zusätzlich eine eigene Schicht gebildet.
4.
Innerhalb der Schichten werden die Anschriften nach einem mathematischen Zufallsverfahren ausgewählt.
5.
Das Stichprobenverfahren wird so ausgerichtet, dass für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern die gleiche Auswahlwahrscheinlichkeit für alle Anschriften und Personen gegeben ist.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, daß eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.

(2) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung, Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers über Grundsätze und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Postwesens und der Telekommunikation, über die Grundsätze der Erhebung des Entgelts für die Benutzung der Einrichtungen der Eisenbahnen des Bundes, über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, sowie Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen oder die von den Ländern im Auftrage des Bundes oder als eigene Angelegenheit ausgeführt werden.

(3) Der Bundesrat kann der Bundesregierung Vorlagen für den Erlaß von Rechtsverordnungen zuleiten, die seiner Zustimmung bedürfen.

(4) Soweit durch Bundesgesetz oder auf Grund von Bundesgesetzen Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, sind die Länder zu einer Regelung auch durch Gesetz befugt.

(1) Das Statistische Bundesamt legt den bundesweiten Stichprobenplan fest, zieht die Stichproben nach § 7 Absatz 3 des Zensusgesetzes 2011 bundesweit jeweils am gleichen Datum und dokumentiert das Auswahlverfahren sowie die einbezogenen Anschriften.

(2) Bei der Erstellung des Stichprobenplans und bei der Stichprobenziehung sind die Qualitätsvorgaben aus dem vom Statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsprojekt zur Entwicklung des Stichprobenverfahrens zu berücksichtigen.

(3) Für den Stichprobenplan und die Stichprobenziehung ist Folgendes maßgebend:

1.
Auswahlgrundlage ist der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum in dem nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 vom 8. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2808) erstellten Anschriften- und Gebäuderegister. Die Stichprobenziehung erfolgt mit Stand vom 1. September 2010. Für Anschriften mit Wohnraum, die zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt des Zensus 2011 (9. Mai 2011) neu in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen werden, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen.
2.
Der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum ist regional nach Erhebungsgebieten zu gliedern. Erhebungsgebiete sind Gemeinden mit mindestens10 000Einwohnern, in Städten mit mindestens400 000Einwohnern auch Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern und die auf der Kreisebene zusammengefassten Gemeinden unter10 000Einwohnern.
3.
Für jedes Erhebungsgebiet ist der jeweilige Anschriftenbestand zunächst aufsteigend nach der Zahl der an der Anschrift mit alleinigem Wohnsitz oder mit Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldeten Personen zu ordnen und anschließend in acht überschneidungsfreie Schichten mit etwa der gleichen Anzahl an Personen zu gliedern. Für Anschriften mit Sonderbereichen nach § 8 Absatz 5 Satz 2 des Zensusgesetzes 2011 wird zusätzlich eine eigene Schicht gebildet.
4.
Innerhalb der Schichten werden die Anschriften nach einem mathematischen Zufallsverfahren ausgewählt.
5.
Das Stichprobenverfahren wird so ausgerichtet, dass für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern die gleiche Auswahlwahrscheinlichkeit für alle Anschriften und Personen gegeben ist.

(1) Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, daß eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.

(2) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung, Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers über Grundsätze und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Postwesens und der Telekommunikation, über die Grundsätze der Erhebung des Entgelts für die Benutzung der Einrichtungen der Eisenbahnen des Bundes, über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, sowie Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen oder die von den Ländern im Auftrage des Bundes oder als eigene Angelegenheit ausgeführt werden.

(3) Der Bundesrat kann der Bundesregierung Vorlagen für den Erlaß von Rechtsverordnungen zuleiten, die seiner Zustimmung bedürfen.

(4) Soweit durch Bundesgesetz oder auf Grund von Bundesgesetzen Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, sind die Länder zu einer Regelung auch durch Gesetz befugt.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Die statistischen Ämter der Länder bereinigen Unstimmigkeiten, die in Bezug auf Anschriften mit nur einer bewohnten Wohnung in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern bestehen. Dazu erheben sie an den betroffenen Anschriften für jede dort wohnende Person folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Wohnungsstatus,
e)
Staatsangehörigkeiten,
f)
Zahl der in der Wohnung wohnhaften Personen,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Anschrift.

(1) Das Aufkommen der Landessteuern und der Länderanteil am Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer stehen den einzelnen Ländern insoweit zu, als die Steuern von den Finanzbehörden in ihrem Gebiet vereinnahmt werden (örtliches Aufkommen). Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, sind für die Körperschaftsteuer und die Lohnsteuer nähere Bestimmungen über die Abgrenzung sowie über Art und Umfang der Zerlegung des örtlichen Aufkommens zu treffen. Das Gesetz kann auch Bestimmungen über die Abgrenzung und Zerlegung des örtlichen Aufkommens anderer Steuern treffen. Der Länderanteil am Aufkommen der Umsatzsteuer steht den einzelnen Ländern, vorbehaltlich der Regelungen nach Absatz 2, nach Maßgabe ihrer Einwohnerzahl zu.

(2) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, ist sicherzustellen, dass die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen ausgeglichen wird; hierbei sind die Finanzkraft und der Finanzbedarf der Gemeinden (Gemeindeverbände) zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind in dem Gesetz Zuschläge zu und Abschläge von der jeweiligen Finanzkraft bei der Verteilung der Länderanteile am Aufkommen der Umsatzsteuer zu regeln. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Zuschlägen und für die Erhebung von Abschlägen sowie die Maßstäbe für die Höhe dieser Zuschläge und Abschläge sind in dem Gesetz zu bestimmen. Für Zwecke der Bemessung der Finanzkraft kann die bergrechtliche Förderabgabe mit nur einem Teil ihres Aufkommens berücksichtigt werden. Das Gesetz kann auch bestimmen, dass der Bund aus seinen Mitteln leistungsschwachen Ländern Zuweisungen zur ergänzenden Deckung ihres allgemeinen Finanzbedarfs (Ergänzungszuweisungen) gewährt. Zuweisungen können unabhängig von den Maßstäben nach den Sätzen 1 bis 3 auch solchen leistungsschwachen Ländern gewährt werden, deren Gemeinden (Gemeindeverbände) eine besonders geringe Steuerkraft aufweisen (Gemeindesteuerkraftzuweisungen), sowie außerdem solchen leistungsschwachen Ländern, deren Anteile an den Fördermitteln nach Artikel 91b ihre Einwohneranteile unterschreiten.

(1) Das Statistische Bundesamt prüft anhand der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten, ob Personen für mehr als eine alleinige Wohnung oder Hauptwohnung (Mehrfachfälle) oder nur für Nebenwohnungen gemeldet sind.

(2) Mehrfachfälle in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern werden vom Statistischen Bundesamt maschinell bereinigt. Maßgebliche Entscheidungskriterien sind dabei die Einzugsdaten der betroffenen Person. Der sich daraus ergebende Datenbestand bildet die Grundlage für die Zusammenführungen nach § 9 Absatz 1 sowie für die Feststellung von Über- und Untererfassungen nach § 9 Absatz 2. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für alle Personen, die nur mit Nebenwohnungen gemeldet sind und für Personen mit mehr als einer alleinigen Wohnung oder Hauptwohnung, die in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern gemeldet sind, stellen die statistischen Ämter der Länder den Wohnungsstatus zum Berichtszeitpunkt fest. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(4) Zur Feststellung des Wohnungsstatus nach Absatz 3 erheben die statistischen Ämter der Länder bei den betroffenen Personen folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Wohnungsstatus der betroffenen Person in Bezug auf jede Anschrift,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort,
d)
Anschriften aller Haupt- und Nebenwohnungen der betroffenen Person.

(1) Führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, so regeln sie die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren. Wenn Bundesgesetze etwas anderes bestimmen, können die Länder davon abweichende Regelungen treffen. Hat ein Land eine abweichende Regelung nach Satz 2 getroffen, treten in diesem Land hierauf bezogene spätere bundesgesetzliche Regelungen der Einrichtung der Behörden und des Verwaltungsverfahrens frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Artikel 72 Abs. 3 Satz 3 gilt entsprechend. In Ausnahmefällen kann der Bund wegen eines besonderen Bedürfnisses nach bundeseinheitlicher Regelung das Verwaltungsverfahren ohne Abweichungsmöglichkeit für die Länder regeln. Diese Gesetze bedürfen der Zustimmung des Bundesrates. Durch Bundesgesetz dürfen Gemeinden und Gemeindeverbänden Aufgaben nicht übertragen werden.

(2) Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen.

(3) Die Bundesregierung übt die Aufsicht darüber aus, daß die Länder die Bundesgesetze dem geltenden Rechte gemäß ausführen. Die Bundesregierung kann zu diesem Zwecke Beauftragte zu den obersten Landesbehörden entsenden, mit deren Zustimmung und, falls diese Zustimmung versagt wird, mit Zustimmung des Bundesrates auch zu den nachgeordneten Behörden.

(4) Werden Mängel, die die Bundesregierung bei der Ausführung der Bundesgesetze in den Ländern festgestellt hat, nicht beseitigt, so beschließt auf Antrag der Bundesregierung oder des Landes der Bundesrat, ob das Land das Recht verletzt hat. Gegen den Beschluß des Bundesrates kann das Bundesverfassungsgericht angerufen werden.

(5) Der Bundesregierung kann durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zur Ausführung von Bundesgesetzen die Befugnis verliehen werden, für besondere Fälle Einzelweisungen zu erteilen. Sie sind, außer wenn die Bundesregierung den Fall für dringlich erachtet, an die obersten Landesbehörden zu richten.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Zur Durchführung des Zensus führen die statistischen Ämter der Länder zum Berichtszeitpunkt eine Gebäude- und Wohnungszählung als schriftliche Befragung durch.

(2) Erhebungsmerkmale sind:

1.
für Gebäude:
a)
Gemeinde, Postleitzahl und amtlicher Gemeindeschlüssel,
b)
Art des Gebäudes,
c)
Eigentumsverhältnisse,
d)
Gebäudetyp,
e)
Baujahr,
f)
Heizungsart,
g)
Zahl der Wohnungen,
2.
für Wohnungen:
a)
Art der Nutzung,
b)
Eigentumsverhältnisse,
c)
Wohnung nicht meldepflichtiger Personen, soweit bekannt,
d)
Fläche der Wohnung,
e)
WC,
f)
Badewanne oder Dusche,
g)
Zahl der Räume.

(3) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname, frühere Namen, Vornamen und Anschrift der Auskunftspflichtigen,
2.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen Person, die für Rückfragen zur Verfügung steht,
3.
Namen und Vornamen von bis zu zwei Wohnungsnutzern je Wohnung,
4.
soweit bekannt: Zahl der Bewohner je Wohnung,
5.
Straße, Hausnummer und Anschriftenzusätze der Wohnung.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Die statistischen Ämter der Länder stellen für alle Anschriften mit Sonderbereichen die dort wohnenden Personen fest. Dafür werden für jede dort wohnende Person folgende Daten erhoben:

1.
als Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Tag des Bezugs der Wohnung oder des Beginns der Unterbringung,
f)
Geburtsstaat,
g)
ob die Person unter der Anschrift in einem Haushalt nach § 2 Absatz 1 Satz 4 bis 6 lebt,
h)
Wohnungsstatus,
2.
als Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort.

(2) Für die nach Absatz 1 festgestellten Personen findet ein Abgleich mit den nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten statt. Die statistischen Ämter der Länder klären anhand der Merkmale nach § 8 Absatz 1, an welchem Ort die Personen mit Haupt- und Nebenwohnung zu zählen sind. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für Personen in Sonderbereichen, die nicht in einem Haushalt nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe g wohnen, werden die Hilfsmerkmale nach Absatz 1 Nummer 2 nach erfolgtem Abgleich unverzüglich gelöscht.

(4) In sensiblen Sonderbereichen werden bei der Gebäude- und Wohnungszählung nur die Erhebungsmerkmale nach § 6 Absatz 2 und als Hilfsmerkmale die Familiennamen, die Vornamen, die Anschriften und die Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen erhoben.

(5) In sensiblen Sonderbereichen darf keine Haushaltsstichprobe nach § 7 durchgeführt werden. In den übrigen nach § 7 ausgewählten Sonderbereichen werden die dort wohnenden Personen zu den Merkmalen nach § 7 Absatz 4 und 5 befragt.

(1) Das Statistische Bundesamt prüft anhand der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten, ob Personen für mehr als eine alleinige Wohnung oder Hauptwohnung (Mehrfachfälle) oder nur für Nebenwohnungen gemeldet sind.

(2) Mehrfachfälle in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern werden vom Statistischen Bundesamt maschinell bereinigt. Maßgebliche Entscheidungskriterien sind dabei die Einzugsdaten der betroffenen Person. Der sich daraus ergebende Datenbestand bildet die Grundlage für die Zusammenführungen nach § 9 Absatz 1 sowie für die Feststellung von Über- und Untererfassungen nach § 9 Absatz 2. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für alle Personen, die nur mit Nebenwohnungen gemeldet sind und für Personen mit mehr als einer alleinigen Wohnung oder Hauptwohnung, die in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern gemeldet sind, stellen die statistischen Ämter der Länder den Wohnungsstatus zum Berichtszeitpunkt fest. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(4) Zur Feststellung des Wohnungsstatus nach Absatz 3 erheben die statistischen Ämter der Länder bei den betroffenen Personen folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Wohnungsstatus der betroffenen Person in Bezug auf jede Anschrift,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort,
d)
Anschriften aller Haupt- und Nebenwohnungen der betroffenen Person.

Die statistischen Ämter der Länder bereinigen Unstimmigkeiten, die in Bezug auf Anschriften mit nur einer bewohnten Wohnung in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern bestehen. Dazu erheben sie an den betroffenen Anschriften für jede dort wohnende Person folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Wohnungsstatus,
e)
Staatsangehörigkeiten,
f)
Zahl der in der Wohnung wohnhaften Personen,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Anschrift.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

Die statistischen Ämter der Länder bereinigen Unstimmigkeiten, die in Bezug auf Anschriften mit nur einer bewohnten Wohnung in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern bestehen. Dazu erheben sie an den betroffenen Anschriften für jede dort wohnende Person folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Wohnungsstatus,
e)
Staatsangehörigkeiten,
f)
Zahl der in der Wohnung wohnhaften Personen,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Anschrift.

(1) Das Statistische Bundesamt prüft anhand der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten, ob Personen für mehr als eine alleinige Wohnung oder Hauptwohnung (Mehrfachfälle) oder nur für Nebenwohnungen gemeldet sind.

(2) Mehrfachfälle in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern werden vom Statistischen Bundesamt maschinell bereinigt. Maßgebliche Entscheidungskriterien sind dabei die Einzugsdaten der betroffenen Person. Der sich daraus ergebende Datenbestand bildet die Grundlage für die Zusammenführungen nach § 9 Absatz 1 sowie für die Feststellung von Über- und Untererfassungen nach § 9 Absatz 2. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für alle Personen, die nur mit Nebenwohnungen gemeldet sind und für Personen mit mehr als einer alleinigen Wohnung oder Hauptwohnung, die in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern gemeldet sind, stellen die statistischen Ämter der Länder den Wohnungsstatus zum Berichtszeitpunkt fest. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(4) Zur Feststellung des Wohnungsstatus nach Absatz 3 erheben die statistischen Ämter der Länder bei den betroffenen Personen folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Wohnungsstatus der betroffenen Person in Bezug auf jede Anschrift,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort,
d)
Anschriften aller Haupt- und Nebenwohnungen der betroffenen Person.

(1) Die Hilfsmerkmale sind von den Erhebungsmerkmalen zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu trennen und gesondert aufzubewahren. Sie sind, soweit sich nicht aus § 22 Absatz 2 und § 23 etwas anderes ergibt, zu löschen, sobald bei den statistischen Ämtern die Überprüfung der Erhebungs- und Hilfsmerkmale auf ihre Schlüssigkeit und Vollständigkeit abgeschlossen ist. Sie sind spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu löschen.

(2) Die Erhebungsunterlagen sind nach Abschluss der Aufbereitung des Zensus, spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu vernichten.

(1) Die erhobenen Daten werden nach Maßgabe der folgenden Vorschriften zentral verarbeitet und aufbereitet.

(2) Das Statistische Bundesamt ist für die Führung des Anschriften- und Gebäuderegisters im Rahmen der Durchführung des Zensus und die damit verbundene Erfüllung der Aufgaben nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 zuständig. Bei den Zusammenführungen nach § 9 sind die im Anschriften- und Gebäuderegister gespeicherten Angaben zu nutzen.

(3) Das Statistische Bundesamt stellt das Metadatensystem für den Zensus bereit.

(4) Das Statistische Bundesamt stellt die Informationstechnik für die Übernahme und Zusammenführung der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten sowie der Angaben aus den erwerbsstatistischen Registern nach den §§ 4 und 5 in das dort für den Zensus betriebene Datenbanksystem bereit. Die Übernahme und Zusammenführung der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten und der erwerbsstatistischen Angaben nach § 5 Satz 2 obliegt den statistischen Ämtern der Länder. Die melde- und erwerbsstatistischen Angaben werden mit dem Anschriften- und Gebäuderegister verbunden und bilden zusammen einen Referenzdatenbestand, der vom Statistischen Bundesamt bereitgehalten wird. Der Referenzdatenbestand ist im Zusammenwirken mit den statistischen Ämtern der Länder zu nutzen, um Erhebungs- und Hilfsmerkmale erhebungsteilübergreifend durch automatisierten Abgleich auf ihre Schlüssigkeit und Vollständigkeit zu prüfen; die Fachkonzepte sind abzustimmen.

(5) Der Referenzdatenbestand nach Absatz 4 Satz 3 wird um das Ergebnis der Abgleiche ergänzt. Dabei festgestellte Unstimmigkeiten, insbesondere zwischen den Angaben aus unterschiedlichen Erhebungsteilen, werden von den statistischen Ämtern geklärt und in den Referenzdatenbestand eingearbeitet.

(6) Das Statistische Bundesamt gewährt den statistischen Ämtern der Länder zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz Zugriff auf den Referenzdatenbestand nach Absatz 4 Satz 3 sowie Absatz 5. Die statistischen Ämter der Länder nutzen diese Daten für die Durchführung und Aufbereitung der Angaben aus der Gebäude- und Wohnungszählung sowie den Datenerhebungen nach den §§ 7, 8, 15 Absatz 4 und § 16.

(7) Die statistischen Ämter der Länder nehmen die informationstechnischen Aufgaben für die primärstatistische Erhebung, Aufbereitung und Auswertung der Angaben nach den §§ 6 bis 8 Absatz 4 und 5 arbeitsteilig im Sinne einer zentralen Verarbeitung und Datenhaltung wahr. Dies gilt auch für die Aufgabe nach § 9 Absatz 3. Verantwortlich für die Stichproben und Erhebungen in Sondergebäuden (§§ 7 und 8) ist der Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen, für die Gebäude- und Wohnungszählung (§ 6) das Statistische Landesamt des Freistaates Sachsen, für die Haushaltegenerierung (§ 9 Absatz 3) und für die Auswertungsdatenbank das Bayerische Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung.

(8) Die datenschutzrechtliche Verantwortung für die zentral gespeicherten Daten trägt das nach den Absätzen 1 bis 7 zuständige statistische Amt. Es hat insbesondere zu gewährleisten, dass die Daten von den anderen statistischen Ämtern nur im Rahmen ihrer jeweiligen Aufgaben nach diesem Gesetz abgerufen werden können. Die Verantwortung für die Zulässigkeit des Abrufs im automatisierten Verfahren trägt der Empfänger.

(1) Die Hilfsmerkmale sind von den Erhebungsmerkmalen zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu trennen und gesondert aufzubewahren. Sie sind, soweit sich nicht aus § 22 Absatz 2 und § 23 etwas anderes ergibt, zu löschen, sobald bei den statistischen Ämtern die Überprüfung der Erhebungs- und Hilfsmerkmale auf ihre Schlüssigkeit und Vollständigkeit abgeschlossen ist. Sie sind spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu löschen.

(2) Die Erhebungsunterlagen sind nach Abschluss der Aufbereitung des Zensus, spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu vernichten.

(1) Die statistischen Ämter der Länder stellen für alle Anschriften mit Sonderbereichen die dort wohnenden Personen fest. Dafür werden für jede dort wohnende Person folgende Daten erhoben:

1.
als Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Tag des Bezugs der Wohnung oder des Beginns der Unterbringung,
f)
Geburtsstaat,
g)
ob die Person unter der Anschrift in einem Haushalt nach § 2 Absatz 1 Satz 4 bis 6 lebt,
h)
Wohnungsstatus,
2.
als Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort.

(2) Für die nach Absatz 1 festgestellten Personen findet ein Abgleich mit den nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten statt. Die statistischen Ämter der Länder klären anhand der Merkmale nach § 8 Absatz 1, an welchem Ort die Personen mit Haupt- und Nebenwohnung zu zählen sind. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für Personen in Sonderbereichen, die nicht in einem Haushalt nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe g wohnen, werden die Hilfsmerkmale nach Absatz 1 Nummer 2 nach erfolgtem Abgleich unverzüglich gelöscht.

(4) In sensiblen Sonderbereichen werden bei der Gebäude- und Wohnungszählung nur die Erhebungsmerkmale nach § 6 Absatz 2 und als Hilfsmerkmale die Familiennamen, die Vornamen, die Anschriften und die Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen erhoben.

(5) In sensiblen Sonderbereichen darf keine Haushaltsstichprobe nach § 7 durchgeführt werden. In den übrigen nach § 7 ausgewählten Sonderbereichen werden die dort wohnenden Personen zu den Merkmalen nach § 7 Absatz 4 und 5 befragt.

(1) Das Statistische Bundesamt erstellt und führt zur Vorbereitung des Zensus ein Anschriften- und Gebäuderegister. Die nach Landesrecht für die Durchführung der Bundesstatistiken zuständigen Stellen (statistische Ämter der Länder) wirken bei Aufbau und Pflege des Anschriften- und Gebäuderegisters mit und nutzen es für die Vorbereitung des Zensus.

(2) Das Anschriften- und Gebäuderegister dient

1.
der Steuerung des Ablaufs der Gebäude- und Wohnungszählung sowie der Ablaufkontrolle aller primärstatistischen Erhebungen des Zensus,
2.
zur Vorbereitung und als Auswahlgrundlage für die beim Zensus vorgesehenen Stichprobenerhebungen,
3.
dazu, die Erhebungen für den Zensus zu koordinieren, im Rahmen der Durchführung des Zensus die aus verschiedenen Quellen stammenden Daten zusammenzuführen und die in den Zensus einzubeziehenden Gebäude, Wohnungen und Personen auf Vollzähligkeit zu prüfen,
4.
der Entwicklung eines Systems der raumbezogenen Analysen und Darstellungen von statistischen Ergebnissen und der Schaffung einer Grundlage für eine kleinräumige Auswertung des Zensus.

(3) Im Anschriften- und Gebäuderegister werden zu jeder Wohnanschrift folgende Angaben gespeichert:

1.
Ordnungsnummer,
2.
Postleitzahl,
3.
Ort oder Gemeinde,
4.
Ortsteil oder Gemeindeteil,
5.
Straße,
6.
Hausnummer,
7.
Anschriftenzusatz,
8.
Lage des Gebäudes,
9.
Amtlicher Gemeindeschlüssel,
10.
Schlüssel des Orts- oder Gemeindeteils,
11.
Schlüssel der Straße,
12.
Gemeindeeigener Schlüssel der Straße,
13.
Koordinatenwerte einschließlich Qualitätskennzeichen,
14.
Gemeindegrößenklasse,
15.
Gebäudefunktion,
16.
Gebäudestatus,
17.
Anzahl der Wohnungen,
18.
Anzahl bewohnter Wohnungen,
19.
Personenzahl Hauptwohnung je Anschrift,
20.
Personenzahl Nebenwohnung je Anschrift,
21.
Anzahl der Deutschen je Anschrift,
22.
Anzahl der Ausländer je Anschrift,
23.
Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten je Anschrift,
24.
Anzahl der Arbeitslosen je Anschrift,
25.
Kennzeichnung der Erhebungsstelle,
26.
Stichprobenkennzeichen,
27.
Anzahl unterschiedlicher Familiennamen je Anschrift,
28.
Fluktuationsrate je Anschrift,
für Sondergebäude zusätzlich:
29.
Art der Einrichtung,
30.
Name und Anschriften der Träger, Eigentümer oder Verwalter der Unterkunft,
31.
Erhebungsverfahren bei Sondergebäuden,
Auskunftspflichtige für die Gebäude- und Wohnungszählung:
32.
Familienname und Vornamen oder Bezeichnung und
33.
Anschrift der jeweiligen Eigentümer, Erbbauberechtigten, Verwalter oder sonstigen Verfügungsberechtigten der Gebäude und Wohnungen.

(4) Das Anschriften- und Gebäuderegister muss für die Durchführung des Zensus spätestens ab dem 31. Dezember 2010 nutzbar sein.

(1) Die Hilfsmerkmale sind von den Erhebungsmerkmalen zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu trennen und gesondert aufzubewahren. Sie sind, soweit sich nicht aus § 22 Absatz 2 und § 23 etwas anderes ergibt, zu löschen, sobald bei den statistischen Ämtern die Überprüfung der Erhebungs- und Hilfsmerkmale auf ihre Schlüssigkeit und Vollständigkeit abgeschlossen ist. Sie sind spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu löschen.

(2) Die Erhebungsunterlagen sind nach Abschluss der Aufbereitung des Zensus, spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu vernichten.

(1) Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts und der Vizepräsident führen den Vorsitz in ihrem Senat. Sie werden von dem dienstältesten, bei gleichem Dienstalter von dem lebensältesten anwesenden Richter des Senats vertreten.

(2) Jeder Senat ist beschlußfähig, wenn mindestens sechs Richter anwesend sind. Ist ein Senat in einem Verfahren von besonderer Dringlichkeit nicht beschlußfähig, ordnet der Vorsitzende ein Losverfahren an, durch das so lange Richter des anderen Senats als Vertreter bestimmt werden, bis die Mindestzahl erreicht ist. Die Vorsitzenden der Senate können nicht als Vertreter bestimmt werden. Das Nähere regelt die Geschäftsordnung.

(3) Nach Beginn der Beratung einer Sache können weitere Richter nicht hinzutreten. Wird der Senat beschlußunfähig, muß die Beratung nach seiner Ergänzung neu begonnen werden.

(4) Im Verfahren gemäß § 13 Nummer 1, 2, 2a, 4 und 9 bedarf es zu einer dem Antragsgegner nachteiligen Entscheidung in jedem Fall einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Senats. Im übrigen entscheidet die Mehrheit der an der Entscheidung mitwirkenden Mitglieder des Senats, soweit nicht das Gesetz etwas anderes bestimmt. Bei Stimmengleichheit kann ein Verstoß gegen das Grundgesetz oder sonstiges Bundesrecht nicht festgestellt werden.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Die statistischen Ämter der Länder stellen für alle Anschriften mit Sonderbereichen die dort wohnenden Personen fest. Dafür werden für jede dort wohnende Person folgende Daten erhoben:

1.
als Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Tag des Bezugs der Wohnung oder des Beginns der Unterbringung,
f)
Geburtsstaat,
g)
ob die Person unter der Anschrift in einem Haushalt nach § 2 Absatz 1 Satz 4 bis 6 lebt,
h)
Wohnungsstatus,
2.
als Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort.

(2) Für die nach Absatz 1 festgestellten Personen findet ein Abgleich mit den nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten statt. Die statistischen Ämter der Länder klären anhand der Merkmale nach § 8 Absatz 1, an welchem Ort die Personen mit Haupt- und Nebenwohnung zu zählen sind. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für Personen in Sonderbereichen, die nicht in einem Haushalt nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe g wohnen, werden die Hilfsmerkmale nach Absatz 1 Nummer 2 nach erfolgtem Abgleich unverzüglich gelöscht.

(4) In sensiblen Sonderbereichen werden bei der Gebäude- und Wohnungszählung nur die Erhebungsmerkmale nach § 6 Absatz 2 und als Hilfsmerkmale die Familiennamen, die Vornamen, die Anschriften und die Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen erhoben.

(5) In sensiblen Sonderbereichen darf keine Haushaltsstichprobe nach § 7 durchgeführt werden. In den übrigen nach § 7 ausgewählten Sonderbereichen werden die dort wohnenden Personen zu den Merkmalen nach § 7 Absatz 4 und 5 befragt.

(1) Das Statistische Bundesamt prüft anhand der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten, ob Personen für mehr als eine alleinige Wohnung oder Hauptwohnung (Mehrfachfälle) oder nur für Nebenwohnungen gemeldet sind.

(2) Mehrfachfälle in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern werden vom Statistischen Bundesamt maschinell bereinigt. Maßgebliche Entscheidungskriterien sind dabei die Einzugsdaten der betroffenen Person. Der sich daraus ergebende Datenbestand bildet die Grundlage für die Zusammenführungen nach § 9 Absatz 1 sowie für die Feststellung von Über- und Untererfassungen nach § 9 Absatz 2. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für alle Personen, die nur mit Nebenwohnungen gemeldet sind und für Personen mit mehr als einer alleinigen Wohnung oder Hauptwohnung, die in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern gemeldet sind, stellen die statistischen Ämter der Länder den Wohnungsstatus zum Berichtszeitpunkt fest. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(4) Zur Feststellung des Wohnungsstatus nach Absatz 3 erheben die statistischen Ämter der Länder bei den betroffenen Personen folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Wohnungsstatus der betroffenen Person in Bezug auf jede Anschrift,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort,
d)
Anschriften aller Haupt- und Nebenwohnungen der betroffenen Person.

(1) Die Hilfsmerkmale sind von den Erhebungsmerkmalen zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu trennen und gesondert aufzubewahren. Sie sind, soweit sich nicht aus § 22 Absatz 2 und § 23 etwas anderes ergibt, zu löschen, sobald bei den statistischen Ämtern die Überprüfung der Erhebungs- und Hilfsmerkmale auf ihre Schlüssigkeit und Vollständigkeit abgeschlossen ist. Sie sind spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu löschen.

(2) Die Erhebungsunterlagen sind nach Abschluss der Aufbereitung des Zensus, spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu vernichten.

(1) Das Statistische Bundesamt legt den bundesweiten Stichprobenplan fest, zieht die Stichproben nach § 7 Absatz 3 des Zensusgesetzes 2011 bundesweit jeweils am gleichen Datum und dokumentiert das Auswahlverfahren sowie die einbezogenen Anschriften.

(2) Bei der Erstellung des Stichprobenplans und bei der Stichprobenziehung sind die Qualitätsvorgaben aus dem vom Statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsprojekt zur Entwicklung des Stichprobenverfahrens zu berücksichtigen.

(3) Für den Stichprobenplan und die Stichprobenziehung ist Folgendes maßgebend:

1.
Auswahlgrundlage ist der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum in dem nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 vom 8. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2808) erstellten Anschriften- und Gebäuderegister. Die Stichprobenziehung erfolgt mit Stand vom 1. September 2010. Für Anschriften mit Wohnraum, die zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt des Zensus 2011 (9. Mai 2011) neu in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen werden, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen.
2.
Der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum ist regional nach Erhebungsgebieten zu gliedern. Erhebungsgebiete sind Gemeinden mit mindestens10 000Einwohnern, in Städten mit mindestens400 000Einwohnern auch Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern und die auf der Kreisebene zusammengefassten Gemeinden unter10 000Einwohnern.
3.
Für jedes Erhebungsgebiet ist der jeweilige Anschriftenbestand zunächst aufsteigend nach der Zahl der an der Anschrift mit alleinigem Wohnsitz oder mit Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldeten Personen zu ordnen und anschließend in acht überschneidungsfreie Schichten mit etwa der gleichen Anzahl an Personen zu gliedern. Für Anschriften mit Sonderbereichen nach § 8 Absatz 5 Satz 2 des Zensusgesetzes 2011 wird zusätzlich eine eigene Schicht gebildet.
4.
Innerhalb der Schichten werden die Anschriften nach einem mathematischen Zufallsverfahren ausgewählt.
5.
Das Stichprobenverfahren wird so ausgerichtet, dass für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern die gleiche Auswahlwahrscheinlichkeit für alle Anschriften und Personen gegeben ist.

(1) Die statistischen Ämter des Bundes und der Länder führen eine Bevölkerungs-, Gebäude- und Wohnungszählung (Zensus) mit Stand vom 9. Mai 2011 (Berichtszeitpunkt) als Bundesstatistik durch.

(2) Die benötigten Angaben werden erhoben im Wege von:

1.
Datenübermittlungen der nach Landesrecht für das Meldewesen zuständigen Stellen (Meldebehörden) und oberster Bundesbehörden (§ 3),
2.
Datenübermittlungen der Bundesagentur für Arbeit (§ 4),
3.
Datenübermittlungen der nach dem Finanz- und Personalstatistikgesetz auskunftspflichtigen Stellen (§ 5),
4.
Erhebungen zur Gewinnung der Gebäude- und Wohnungsdaten (§ 6),
5.
Stichprobenerhebungen zur Sicherung der Datenqualität und zur Erfassung ergänzender Angaben über die Bevölkerung (§ 7),
6.
Erhebungen von Angaben über Bewohner an Anschriften mit Gemeinschaftsunterkünften, Anstalten, Notunterkünften, Wohnheimen und ähnlichen Einrichtungen (§ 8),
7.
ergänzenden Ermittlungen von Anschriften von Gebäuden mit Wohnraum und bewohnten Unterkünften (§ 14),
8.
Erhebungen zur Bewertung der Qualität der Zensusergebnisse (§ 17).

(3) Der Zensus dient:

1.
der Feststellung der amtlichen Einwohnerzahlen von Bund, Ländern und Gemeinden und der Bereitstellung der Grundlage für die Fortschreibung der amtlichen Einwohnerzahlen für die Zeit zwischen zwei Volkszählungen,
2.
der Gewinnung von Grunddaten für das Gesamtsystem der amtlichen Statistik sowie von Strukturdaten über die Bevölkerung als Datengrundlage insbesondere für politische Entscheidungen von Bund, Ländern und Kommunen auf den Gebieten Bevölkerung, Wirtschaft, Soziales, Wohnungswesen, Raumordnung, Verkehr, Umwelt und Arbeitsmarkt sowie
3.
der Erfüllung der Berichtspflichten nach der Verordnung (EG) Nr. 763/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über Volks- und Wohnungszählungen (ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 14).

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet:

1.
über die Auslegung dieses Grundgesetzes aus Anlaß von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Bundesorgans oder anderer Beteiligter, die durch dieses Grundgesetz oder in der Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind;
2.
bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die förmliche und sachliche Vereinbarkeit von Bundesrecht oder Landesrecht mit diesem Grundgesetze oder die Vereinbarkeit von Landesrecht mit sonstigem Bundesrechte auf Antrag der Bundesregierung, einer Landesregierung oder eines Viertels der Mitglieder des Bundestages;
2a.
bei Meinungsverschiedenheiten, ob ein Gesetz den Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 entspricht, auf Antrag des Bundesrates, einer Landesregierung oder der Volksvertretung eines Landes;
3.
bei Meinungsverschiedenheiten über Rechte und Pflichten des Bundes und der Länder, insbesondere bei der Ausführung von Bundesrecht durch die Länder und bei der Ausübung der Bundesaufsicht;
4.
in anderen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten zwischen dem Bunde und den Ländern, zwischen verschiedenen Ländern oder innerhalb eines Landes, soweit nicht ein anderer Rechtsweg gegeben ist;
4a.
über Verfassungsbeschwerden, die von jedermann mit der Behauptung erhoben werden können, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, 33, 38, 101, 103 und 104 enthaltenen Rechte verletzt zu sein;
4b.
über Verfassungsbeschwerden von Gemeinden und Gemeindeverbänden wegen Verletzung des Rechts auf Selbstverwaltung nach Artikel 28 durch ein Gesetz, bei Landesgesetzen jedoch nur, soweit nicht Beschwerde beim Landesverfassungsgericht erhoben werden kann;
4c.
über Beschwerden von Vereinigungen gegen ihre Nichtanerkennung als Partei für die Wahl zum Bundestag;
5.
in den übrigen in diesem Grundgesetze vorgesehenen Fällen.

(2) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet außerdem auf Antrag des Bundesrates, einer Landesregierung oder der Volksvertretung eines Landes, ob im Falle des Artikels 72 Abs. 4 die Erforderlichkeit für eine bundesgesetzliche Regelung nach Artikel 72 Abs. 2 nicht mehr besteht oder Bundesrecht in den Fällen des Artikels 125a Abs. 2 Satz 1 nicht mehr erlassen werden könnte. Die Feststellung, dass die Erforderlichkeit entfallen ist oder Bundesrecht nicht mehr erlassen werden könnte, ersetzt ein Bundesgesetz nach Artikel 72 Abs. 4 oder nach Artikel 125a Abs. 2 Satz 2. Der Antrag nach Satz 1 ist nur zulässig, wenn eine Gesetzesvorlage nach Artikel 72 Abs. 4 oder nach Artikel 125a Abs. 2 Satz 2 im Bundestag abgelehnt oder über sie nicht innerhalb eines Jahres beraten und Beschluss gefasst oder wenn eine entsprechende Gesetzesvorlage im Bundesrat abgelehnt worden ist.

(3) Das Bundesverfassungsgericht wird ferner in den ihm sonst durch Bundesgesetz zugewiesenen Fällen tätig.

Das Bundesverfassungsgericht entscheidet

1.
über die Verwirkung von Grundrechten (Artikel 18 des Grundgesetzes),
2.
über die Verfassungswidrigkeit von Parteien (Artikel 21 Abs. 2 des Grundgesetzes),
2a.
über den Ausschluss von Parteien von staatlicher Finanzierung (Artikel 21 Absatz 3 des Grundgesetzes),
3.
über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundestages, die die Gültigkeit einer Wahl oder den Erwerb oder Verlust der Mitgliedschaft eines Abgeordneten beim Bundestag betreffen (Artikel 41 Abs. 2 des Grundgesetzes),
3a.
über Beschwerden von Vereinigungen gegen ihre Nichtanerkennung als Partei für die Wahl zum Bundestag (Artikel 93 Absatz 1 Nummer 4c des Grundgesetzes),
4.
über Anklagen des Bundestages oder des Bundesrates gegen den Bundespräsidenten (Artikel 61 des Grundgesetzes),
5.
über die Auslegung des Grundgesetzes aus Anlaß von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Bundesorgans oder anderer Beteiligter, die durch das Grundgesetz oder in der Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind (Artikel 93 Abs. 1 Nr. 1 des Grundgesetzes),
6.
bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die förmliche oder sachliche Vereinbarkeit von Bundesrecht oder Landesrecht mit dem Grundgesetz oder die Vereinbarkeit von Landesrecht mit sonstigem Bundesrecht auf Antrag der Bundesregierung, einer Landesregierung oder eines Viertels der Mitglieder des Bundestages (Artikel 93 Abs. 1 Nr. 2 des Grundgesetzes),
6a.
bei Meinungsverschiedenheiten, ob ein Gesetz den Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 des Grundgesetzes entspricht, auf Antrag des Bundesrates, einer Landesregierung oder der Volksvertretung eines Landes (Artikel 93 Abs. 1 Nr. 2a des Grundgesetzes),
6b.
darüber, ob im Falle des Artikels 72 Abs. 4 die Erforderlichkeit für eine bundesgesetzliche Regelung nach Artikel 72 Abs. 2 nicht mehr besteht oder Bundesrecht in den Fällen des Artikels 125a Abs. 2 Satz 1 nicht mehr erlassen werden könnte, auf Antrag des Bundesrates, einer Landesregierung oder der Volksvertretung eines Landes (Artikel 93 Abs. 2 des Grundgesetzes),
7.
bei Meinungsverschiedenheiten über Rechte und Pflichten des Bundes und der Länder, insbesondere bei der Ausführung von Bundesrecht durch die Länder und bei der Ausübung der Bundesaufsicht (Artikel 93 Abs. 1 Nr. 3 und Artikel 84 Abs. 4 Satz 2 des Grundgesetzes),
8.
in anderen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten zwischen dem Bund und den Ländern, zwischen verschiedenen Ländern oder innerhalb eines Landes, soweit nicht ein anderer Rechtsweg gegeben ist (Artikel 93 Abs. 1 Nr. 4 des Grundgesetzes),
8a.
über Verfassungsbeschwerden (Artikel 93 Abs. 1 Nr. 4a und 4b des Grundgesetzes),
9.
über Richteranklagen gegen Bundesrichter und Landesrichter (Artikel 98 Abs. 2 und 5 des Grundgesetzes),
10.
über Verfassungsstreitigkeiten innerhalb eines Landes, wenn diese Entscheidung durch Landesgesetz dem Bundesverfassungsgericht zugewiesen ist (Artikel 99 des Grundgesetzes),
11.
über die Vereinbarkeit eines Bundesgesetzes oder eines Landesgesetzes mit dem Grundgesetz oder die Vereinbarkeit eines Landesgesetzes oder sonstigen Landesrechts mit einem Bundesgesetz auf Antrag eines Gerichts (Artikel 100 Abs. 1 des Grundgesetzes),
11a.
über die Vereinbarkeit eines Beschlusses des Deutschen Bundestages zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses mit dem Grundgesetz auf Vorlage nach § 36 Abs. 2 des Untersuchungsausschussgesetzes,
12.
bei Zweifeln darüber, ob eine Regel des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den einzelnen erzeugt, auf Antrag des Gerichts (Artikel 100 Abs. 2 des Grundgesetzes),
13.
wenn das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder des Verfassungsgerichts eines anderen Landes abweichen will, auf Antrag dieses Verfassungsgerichts (Artikel 100 Abs. 3 des Grundgesetzes),
14.
bei Meinungsverschiedenheiten über das Fortgelten von Recht als Bundesrecht (Artikel 126 des Grundgesetzes),
15.
in den ihm sonst durch Bundesgesetz zugewiesenen Fällen (Artikel 93 Abs. 3 des Grundgesetzes).

(1) Der Antrag der Bundesregierung, einer Landesregierung oder eines Viertels der Mitglieder des Bundestages gemäß Artikel 93 Abs. 1 Nr. 2 des Grundgesetzes ist nur zulässig, wenn der Antragsteller Bundes- oder Landesrecht

1.
wegen seiner förmlichen oder sachlichen Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz oder dem sonstigen Bundesrecht für nichtig hält oder
2.
für gültig hält, nachdem ein Gericht, eine Verwaltungsbehörde oder ein Organ des Bundes oder eines Landes das Recht als unvereinbar mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht nicht angewendet hat.

(2) Der Antrag des Bundesrates, einer Landesregierung oder der Volksvertretung eines Landes gemäß Artikel 93 Abs. 1 Nr. 2a des Grundgesetzes ist nur zulässig, wenn der Antragsteller ein Bundesgesetz wegen Nichterfüllung der Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 des Grundgesetzes für nichtig hält; der Antrag kann auch darauf gestützt werden, daß der Antragsteller das Bundesgesetz wegen Nichterfüllung der Voraussetzungen des Artikels 75 Abs. 2 des Grundgesetzes für nichtig hält.

(1) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet:

1.
über die Auslegung dieses Grundgesetzes aus Anlaß von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Bundesorgans oder anderer Beteiligter, die durch dieses Grundgesetz oder in der Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind;
2.
bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die förmliche und sachliche Vereinbarkeit von Bundesrecht oder Landesrecht mit diesem Grundgesetze oder die Vereinbarkeit von Landesrecht mit sonstigem Bundesrechte auf Antrag der Bundesregierung, einer Landesregierung oder eines Viertels der Mitglieder des Bundestages;
2a.
bei Meinungsverschiedenheiten, ob ein Gesetz den Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 entspricht, auf Antrag des Bundesrates, einer Landesregierung oder der Volksvertretung eines Landes;
3.
bei Meinungsverschiedenheiten über Rechte und Pflichten des Bundes und der Länder, insbesondere bei der Ausführung von Bundesrecht durch die Länder und bei der Ausübung der Bundesaufsicht;
4.
in anderen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten zwischen dem Bunde und den Ländern, zwischen verschiedenen Ländern oder innerhalb eines Landes, soweit nicht ein anderer Rechtsweg gegeben ist;
4a.
über Verfassungsbeschwerden, die von jedermann mit der Behauptung erhoben werden können, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, 33, 38, 101, 103 und 104 enthaltenen Rechte verletzt zu sein;
4b.
über Verfassungsbeschwerden von Gemeinden und Gemeindeverbänden wegen Verletzung des Rechts auf Selbstverwaltung nach Artikel 28 durch ein Gesetz, bei Landesgesetzen jedoch nur, soweit nicht Beschwerde beim Landesverfassungsgericht erhoben werden kann;
4c.
über Beschwerden von Vereinigungen gegen ihre Nichtanerkennung als Partei für die Wahl zum Bundestag;
5.
in den übrigen in diesem Grundgesetze vorgesehenen Fällen.

(2) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet außerdem auf Antrag des Bundesrates, einer Landesregierung oder der Volksvertretung eines Landes, ob im Falle des Artikels 72 Abs. 4 die Erforderlichkeit für eine bundesgesetzliche Regelung nach Artikel 72 Abs. 2 nicht mehr besteht oder Bundesrecht in den Fällen des Artikels 125a Abs. 2 Satz 1 nicht mehr erlassen werden könnte. Die Feststellung, dass die Erforderlichkeit entfallen ist oder Bundesrecht nicht mehr erlassen werden könnte, ersetzt ein Bundesgesetz nach Artikel 72 Abs. 4 oder nach Artikel 125a Abs. 2 Satz 2. Der Antrag nach Satz 1 ist nur zulässig, wenn eine Gesetzesvorlage nach Artikel 72 Abs. 4 oder nach Artikel 125a Abs. 2 Satz 2 im Bundestag abgelehnt oder über sie nicht innerhalb eines Jahres beraten und Beschluss gefasst oder wenn eine entsprechende Gesetzesvorlage im Bundesrat abgelehnt worden ist.

(3) Das Bundesverfassungsgericht wird ferner in den ihm sonst durch Bundesgesetz zugewiesenen Fällen tätig.

(1) Der Antrag der Bundesregierung, einer Landesregierung oder eines Viertels der Mitglieder des Bundestages gemäß Artikel 93 Abs. 1 Nr. 2 des Grundgesetzes ist nur zulässig, wenn der Antragsteller Bundes- oder Landesrecht

1.
wegen seiner förmlichen oder sachlichen Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz oder dem sonstigen Bundesrecht für nichtig hält oder
2.
für gültig hält, nachdem ein Gericht, eine Verwaltungsbehörde oder ein Organ des Bundes oder eines Landes das Recht als unvereinbar mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht nicht angewendet hat.

(2) Der Antrag des Bundesrates, einer Landesregierung oder der Volksvertretung eines Landes gemäß Artikel 93 Abs. 1 Nr. 2a des Grundgesetzes ist nur zulässig, wenn der Antragsteller ein Bundesgesetz wegen Nichterfüllung der Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 des Grundgesetzes für nichtig hält; der Antrag kann auch darauf gestützt werden, daß der Antragsteller das Bundesgesetz wegen Nichterfüllung der Voraussetzungen des Artikels 75 Abs. 2 des Grundgesetzes für nichtig hält.

(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über:

1.
die auswärtigen Angelegenheiten sowie die Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung;
2.
die Staatsangehörigkeit im Bunde;
3.
die Freizügigkeit, das Paßwesen, das Melde- und Ausweiswesen, die Ein- und Auswanderung und die Auslieferung;
4.
das Währungs-, Geld- und Münzwesen, Maße und Gewichte sowie die Zeitbestimmung;
5.
die Einheit des Zoll- und Handelsgebietes, die Handels- und Schiffahrtsverträge, die Freizügigkeit des Warenverkehrs und den Waren- und Zahlungsverkehr mit dem Auslande einschließlich des Zoll- und Grenzschutzes;
5a.
den Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung ins Ausland;
6.
den Luftverkehr;
6a.
den Verkehr von Eisenbahnen, die ganz oder mehrheitlich im Eigentum des Bundes stehen (Eisenbahnen des Bundes), den Bau, die Unterhaltung und das Betreiben von Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes sowie die Erhebung von Entgelten für die Benutzung dieser Schienenwege;
7.
das Postwesen und die Telekommunikation;
8.
die Rechtsverhältnisse der im Dienste des Bundes und der bundesunmittelbaren Körperschaften des öffentlichen Rechtes stehenden Personen;
9.
den gewerblichen Rechtsschutz, das Urheberrecht und das Verlagsrecht;
9a.
die Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalpolizeiamt in Fällen, in denen eine länderübergreifende Gefahr vorliegt, die Zuständigkeit einer Landespolizeibehörde nicht erkennbar ist oder die oberste Landesbehörde um eine Übernahme ersucht;
10.
die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder
a)
in der Kriminalpolizei,
b)
zum Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes oder eines Landes (Verfassungsschutz) und
c)
zum Schutze gegen Bestrebungen im Bundesgebiet, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
sowie die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes und die internationale Verbrechensbekämpfung;
11.
die Statistik für Bundeszwecke;
12.
das Waffen- und das Sprengstoffrecht;
13.
die Versorgung der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen und die Fürsorge für die ehemaligen Kriegsgefangenen;
14.
die Erzeugung und Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken, die Errichtung und den Betrieb von Anlagen, die diesen Zwecken dienen, den Schutz gegen Gefahren, die bei Freiwerden von Kernenergie oder durch ionisierende Strahlen entstehen, und die Beseitigung radioaktiver Stoffe.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 9a bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Die statistischen Ämter des Bundes und der Länder führen eine Bevölkerungs-, Gebäude- und Wohnungszählung (Zensus) mit Stand vom 9. Mai 2011 (Berichtszeitpunkt) als Bundesstatistik durch.

(2) Die benötigten Angaben werden erhoben im Wege von:

1.
Datenübermittlungen der nach Landesrecht für das Meldewesen zuständigen Stellen (Meldebehörden) und oberster Bundesbehörden (§ 3),
2.
Datenübermittlungen der Bundesagentur für Arbeit (§ 4),
3.
Datenübermittlungen der nach dem Finanz- und Personalstatistikgesetz auskunftspflichtigen Stellen (§ 5),
4.
Erhebungen zur Gewinnung der Gebäude- und Wohnungsdaten (§ 6),
5.
Stichprobenerhebungen zur Sicherung der Datenqualität und zur Erfassung ergänzender Angaben über die Bevölkerung (§ 7),
6.
Erhebungen von Angaben über Bewohner an Anschriften mit Gemeinschaftsunterkünften, Anstalten, Notunterkünften, Wohnheimen und ähnlichen Einrichtungen (§ 8),
7.
ergänzenden Ermittlungen von Anschriften von Gebäuden mit Wohnraum und bewohnten Unterkünften (§ 14),
8.
Erhebungen zur Bewertung der Qualität der Zensusergebnisse (§ 17).

(3) Der Zensus dient:

1.
der Feststellung der amtlichen Einwohnerzahlen von Bund, Ländern und Gemeinden und der Bereitstellung der Grundlage für die Fortschreibung der amtlichen Einwohnerzahlen für die Zeit zwischen zwei Volkszählungen,
2.
der Gewinnung von Grunddaten für das Gesamtsystem der amtlichen Statistik sowie von Strukturdaten über die Bevölkerung als Datengrundlage insbesondere für politische Entscheidungen von Bund, Ländern und Kommunen auf den Gebieten Bevölkerung, Wirtschaft, Soziales, Wohnungswesen, Raumordnung, Verkehr, Umwelt und Arbeitsmarkt sowie
3.
der Erfüllung der Berichtspflichten nach der Verordnung (EG) Nr. 763/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über Volks- und Wohnungszählungen (ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 14).

Die Statistik für Bundeszwecke (Bundesstatistik) hat im föderativ gegliederten Gesamtsystem der amtlichen Statistik die Aufgabe, laufend Daten über Massenerscheinungen zu erheben, zu sammeln, aufzubereiten, darzustellen und zu analysieren. Für sie gelten die Grundsätze der Neutralität, Objektivität und fachlichen Unabhängigkeit. Sie gewinnt die Daten unter Verwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und unter Einsatz der jeweils sachgerechten Methoden und Informationstechniken. Durch die Ergebnisse der Bundesstatistik werden gesellschaftliche, wirtschaftliche und ökologische Zusammenhänge für Bund, Länder einschließlich Gemeinden und Gemeindeverbände, Gesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung aufgeschlüsselt. Die Bundesstatistik ist Voraussetzung für eine am Sozialstaatsprinzip ausgerichtete Politik. Die für die Bundesstatistik erhobenen Einzelangaben dienen ausschließlich den durch dieses Gesetz oder eine andere eine Bundesstatistik anordnende Rechtsvorschrift festgelegten Zwecken.

(1) Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, daß eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.

(2) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung, Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers über Grundsätze und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Postwesens und der Telekommunikation, über die Grundsätze der Erhebung des Entgelts für die Benutzung der Einrichtungen der Eisenbahnen des Bundes, über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, sowie Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen oder die von den Ländern im Auftrage des Bundes oder als eigene Angelegenheit ausgeführt werden.

(3) Der Bundesrat kann der Bundesregierung Vorlagen für den Erlaß von Rechtsverordnungen zuleiten, die seiner Zustimmung bedürfen.

(4) Soweit durch Bundesgesetz oder auf Grund von Bundesgesetzen Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, sind die Länder zu einer Regelung auch durch Gesetz befugt.

(1) Der Bundesrat besteht aus Mitgliedern der Regierungen der Länder, die sie bestellen und abberufen. Sie können durch andere Mitglieder ihrer Regierungen vertreten werden.

(2) Jedes Land hat mindestens drei Stimmen, Länder mit mehr als zwei Millionen Einwohnern haben vier, Länder mit mehr als sechs Millionen Einwohnern fünf, Länder mit mehr als sieben Millionen Einwohnern sechs Stimmen.

(3) Jedes Land kann so viele Mitglieder entsenden, wie es Stimmen hat. Die Stimmen eines Landes können nur einheitlich und nur durch anwesende Mitglieder oder deren Vertreter abgegeben werden.

(1) Die statistischen Ämter des Bundes und der Länder führen eine Bevölkerungs-, Gebäude- und Wohnungszählung (Zensus) mit Stand vom 9. Mai 2011 (Berichtszeitpunkt) als Bundesstatistik durch.

(2) Die benötigten Angaben werden erhoben im Wege von:

1.
Datenübermittlungen der nach Landesrecht für das Meldewesen zuständigen Stellen (Meldebehörden) und oberster Bundesbehörden (§ 3),
2.
Datenübermittlungen der Bundesagentur für Arbeit (§ 4),
3.
Datenübermittlungen der nach dem Finanz- und Personalstatistikgesetz auskunftspflichtigen Stellen (§ 5),
4.
Erhebungen zur Gewinnung der Gebäude- und Wohnungsdaten (§ 6),
5.
Stichprobenerhebungen zur Sicherung der Datenqualität und zur Erfassung ergänzender Angaben über die Bevölkerung (§ 7),
6.
Erhebungen von Angaben über Bewohner an Anschriften mit Gemeinschaftsunterkünften, Anstalten, Notunterkünften, Wohnheimen und ähnlichen Einrichtungen (§ 8),
7.
ergänzenden Ermittlungen von Anschriften von Gebäuden mit Wohnraum und bewohnten Unterkünften (§ 14),
8.
Erhebungen zur Bewertung der Qualität der Zensusergebnisse (§ 17).

(3) Der Zensus dient:

1.
der Feststellung der amtlichen Einwohnerzahlen von Bund, Ländern und Gemeinden und der Bereitstellung der Grundlage für die Fortschreibung der amtlichen Einwohnerzahlen für die Zeit zwischen zwei Volkszählungen,
2.
der Gewinnung von Grunddaten für das Gesamtsystem der amtlichen Statistik sowie von Strukturdaten über die Bevölkerung als Datengrundlage insbesondere für politische Entscheidungen von Bund, Ländern und Kommunen auf den Gebieten Bevölkerung, Wirtschaft, Soziales, Wohnungswesen, Raumordnung, Verkehr, Umwelt und Arbeitsmarkt sowie
3.
der Erfüllung der Berichtspflichten nach der Verordnung (EG) Nr. 763/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über Volks- und Wohnungszählungen (ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 14).

(1) Der Bundesrat besteht aus Mitgliedern der Regierungen der Länder, die sie bestellen und abberufen. Sie können durch andere Mitglieder ihrer Regierungen vertreten werden.

(2) Jedes Land hat mindestens drei Stimmen, Länder mit mehr als zwei Millionen Einwohnern haben vier, Länder mit mehr als sechs Millionen Einwohnern fünf, Länder mit mehr als sieben Millionen Einwohnern sechs Stimmen.

(3) Jedes Land kann so viele Mitglieder entsenden, wie es Stimmen hat. Die Stimmen eines Landes können nur einheitlich und nur durch anwesende Mitglieder oder deren Vertreter abgegeben werden.

(1) Das Aufkommen der Landessteuern und der Länderanteil am Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer stehen den einzelnen Ländern insoweit zu, als die Steuern von den Finanzbehörden in ihrem Gebiet vereinnahmt werden (örtliches Aufkommen). Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, sind für die Körperschaftsteuer und die Lohnsteuer nähere Bestimmungen über die Abgrenzung sowie über Art und Umfang der Zerlegung des örtlichen Aufkommens zu treffen. Das Gesetz kann auch Bestimmungen über die Abgrenzung und Zerlegung des örtlichen Aufkommens anderer Steuern treffen. Der Länderanteil am Aufkommen der Umsatzsteuer steht den einzelnen Ländern, vorbehaltlich der Regelungen nach Absatz 2, nach Maßgabe ihrer Einwohnerzahl zu.

(2) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, ist sicherzustellen, dass die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen ausgeglichen wird; hierbei sind die Finanzkraft und der Finanzbedarf der Gemeinden (Gemeindeverbände) zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind in dem Gesetz Zuschläge zu und Abschläge von der jeweiligen Finanzkraft bei der Verteilung der Länderanteile am Aufkommen der Umsatzsteuer zu regeln. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Zuschlägen und für die Erhebung von Abschlägen sowie die Maßstäbe für die Höhe dieser Zuschläge und Abschläge sind in dem Gesetz zu bestimmen. Für Zwecke der Bemessung der Finanzkraft kann die bergrechtliche Förderabgabe mit nur einem Teil ihres Aufkommens berücksichtigt werden. Das Gesetz kann auch bestimmen, dass der Bund aus seinen Mitteln leistungsschwachen Ländern Zuweisungen zur ergänzenden Deckung ihres allgemeinen Finanzbedarfs (Ergänzungszuweisungen) gewährt. Zuweisungen können unabhängig von den Maßstäben nach den Sätzen 1 bis 3 auch solchen leistungsschwachen Ländern gewährt werden, deren Gemeinden (Gemeindeverbände) eine besonders geringe Steuerkraft aufweisen (Gemeindesteuerkraftzuweisungen), sowie außerdem solchen leistungsschwachen Ländern, deren Anteile an den Fördermitteln nach Artikel 91b ihre Einwohneranteile unterschreiten.

(1) Der Ertrag der Finanzmonopole und das Aufkommen der folgenden Steuern stehen dem Bund zu:

1.
die Zölle,
2.
die Verbrauchsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 2 den Ländern, nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam oder nach Absatz 6 den Gemeinden zustehen,
3.
die Straßengüterverkehrsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer und sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel bezogene Verkehrsteuern,
4.
die Kapitalverkehrsteuern, die Versicherungsteuer und die Wechselsteuer,
5.
die einmaligen Vermögensabgaben und die zur Durchführung des Lastenausgleichs erhobenen Ausgleichsabgaben,
6.
die Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer,
7.
Abgaben im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften.

(2) Das Aufkommen der folgenden Steuern steht den Ländern zu:

1.
die Vermögensteuer,
2.
die Erbschaftsteuer,
3.
die Verkehrsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 1 dem Bund oder nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam zustehen,
4.
die Biersteuer,
5.
die Abgabe von Spielbanken.

(3) Das Aufkommen der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer steht dem Bund und den Ländern gemeinsam zu (Gemeinschaftsteuern), soweit das Aufkommen der Einkommensteuer nicht nach Absatz 5 und das Aufkommen der Umsatzsteuer nicht nach Absatz 5a den Gemeinden zugewiesen wird. Am Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer sind der Bund und die Länder je zur Hälfte beteiligt. Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer werden durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, festgesetzt. Bei der Festsetzung ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:

1.
Im Rahmen der laufenden Einnahmen haben der Bund und die Länder gleichmäßig Anspruch auf Deckung ihrer notwendigen Ausgaben. Dabei ist der Umfang der Ausgaben unter Berücksichtigung einer mehrjährigen Finanzplanung zu ermitteln.
2.
Die Deckungsbedürfnisse des Bundes und der Länder sind so aufeinander abzustimmen, daß ein billiger Ausgleich erzielt, eine Überbelastung der Steuerpflichtigen vermieden und die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet gewahrt wird.
Zusätzlich werden in die Festsetzung der Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer Steuermindereinnahmen einbezogen, die den Ländern ab 1. Januar 1996 aus der Berücksichtigung von Kindern im Einkommensteuerrecht entstehen. Das Nähere bestimmt das Bundesgesetz nach Satz 3.

(4) Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer sind neu festzusetzen, wenn sich das Verhältnis zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Bundes und der Länder wesentlich anders entwickelt; Steuermindereinnahmen, die nach Absatz 3 Satz 5 in die Festsetzung der Umsatzsteueranteile zusätzlich einbezogen werden, bleiben hierbei unberücksichtigt. Werden den Ländern durch Bundesgesetz zusätzliche Ausgaben auferlegt oder Einnahmen entzogen, so kann die Mehrbelastung durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, auch mit Finanzzuweisungen des Bundes ausgeglichen werden, wenn sie auf einen kurzen Zeitraum begrenzt ist. In dem Gesetz sind die Grundsätze für die Bemessung dieser Finanzzuweisungen und für ihre Verteilung auf die Länder zu bestimmen.

(5) Die Gemeinden erhalten einen Anteil an dem Aufkommen der Einkommensteuer, der von den Ländern an ihre Gemeinden auf der Grundlage der Einkommensteuerleistungen ihrer Einwohner weiterzuleiten ist. Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Es kann bestimmen, daß die Gemeinden Hebesätze für den Gemeindeanteil festsetzen.

(5a) Die Gemeinden erhalten ab dem 1. Januar 1998 einen Anteil an dem Aufkommen der Umsatzsteuer. Er wird von den Ländern auf der Grundlage eines orts- und wirtschaftsbezogenen Schlüssels an ihre Gemeinden weitergeleitet. Das Nähere wird durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt.

(6) Das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer steht den Gemeinden, das Aufkommen der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern steht den Gemeinden oder nach Maßgabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbänden zu. Den Gemeinden ist das Recht einzuräumen, die Hebesätze der Grundsteuer und Gewerbesteuer im Rahmen der Gesetze festzusetzen. Bestehen in einem Land keine Gemeinden, so steht das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer sowie der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern dem Land zu. Bund und Länder können durch eine Umlage an dem Aufkommen der Gewerbesteuer beteiligt werden. Das Nähere über die Umlage bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Nach Maßgabe der Landesgesetzgebung können die Grundsteuer und Gewerbesteuer sowie der Gemeindeanteil vom Aufkommen der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer als Bemessungsgrundlagen für Umlagen zugrunde gelegt werden.

(7) Von dem Länderanteil am Gesamtaufkommen der Gemeinschaftsteuern fließt den Gemeinden und Gemeindeverbänden insgesamt ein von der Landesgesetzgebung zu bestimmender Hundertsatz zu. Im übrigen bestimmt die Landesgesetzgebung, ob und inwieweit das Aufkommen der Landessteuern den Gemeinden (Gemeindeverbänden) zufließt.

(8) Veranlaßt der Bund in einzelnen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) besondere Einrichtungen, die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) unmittelbar Mehrausgaben oder Mindereinnahmen (Sonderbelastungen) verursachen, gewährt der Bund den erforderlichen Ausgleich, wenn und soweit den Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) nicht zugemutet werden kann, die Sonderbelastungen zu tragen. Entschädigungsleistungen Dritter und finanzielle Vorteile, die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) als Folge der Einrichtungen erwachsen, werden bei dem Ausgleich berücksichtigt.

(9) Als Einnahmen und Ausgaben der Länder im Sinne dieses Artikels gelten auch die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden (Gemeindeverbände).

(1) Das Aufkommen der Landessteuern und der Länderanteil am Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer stehen den einzelnen Ländern insoweit zu, als die Steuern von den Finanzbehörden in ihrem Gebiet vereinnahmt werden (örtliches Aufkommen). Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, sind für die Körperschaftsteuer und die Lohnsteuer nähere Bestimmungen über die Abgrenzung sowie über Art und Umfang der Zerlegung des örtlichen Aufkommens zu treffen. Das Gesetz kann auch Bestimmungen über die Abgrenzung und Zerlegung des örtlichen Aufkommens anderer Steuern treffen. Der Länderanteil am Aufkommen der Umsatzsteuer steht den einzelnen Ländern, vorbehaltlich der Regelungen nach Absatz 2, nach Maßgabe ihrer Einwohnerzahl zu.

(2) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, ist sicherzustellen, dass die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen ausgeglichen wird; hierbei sind die Finanzkraft und der Finanzbedarf der Gemeinden (Gemeindeverbände) zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind in dem Gesetz Zuschläge zu und Abschläge von der jeweiligen Finanzkraft bei der Verteilung der Länderanteile am Aufkommen der Umsatzsteuer zu regeln. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Zuschlägen und für die Erhebung von Abschlägen sowie die Maßstäbe für die Höhe dieser Zuschläge und Abschläge sind in dem Gesetz zu bestimmen. Für Zwecke der Bemessung der Finanzkraft kann die bergrechtliche Förderabgabe mit nur einem Teil ihres Aufkommens berücksichtigt werden. Das Gesetz kann auch bestimmen, dass der Bund aus seinen Mitteln leistungsschwachen Ländern Zuweisungen zur ergänzenden Deckung ihres allgemeinen Finanzbedarfs (Ergänzungszuweisungen) gewährt. Zuweisungen können unabhängig von den Maßstäben nach den Sätzen 1 bis 3 auch solchen leistungsschwachen Ländern gewährt werden, deren Gemeinden (Gemeindeverbände) eine besonders geringe Steuerkraft aufweisen (Gemeindesteuerkraftzuweisungen), sowie außerdem solchen leistungsschwachen Ländern, deren Anteile an den Fördermitteln nach Artikel 91b ihre Einwohneranteile unterschreiten.

(1) Der Ertrag der Finanzmonopole und das Aufkommen der folgenden Steuern stehen dem Bund zu:

1.
die Zölle,
2.
die Verbrauchsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 2 den Ländern, nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam oder nach Absatz 6 den Gemeinden zustehen,
3.
die Straßengüterverkehrsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer und sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel bezogene Verkehrsteuern,
4.
die Kapitalverkehrsteuern, die Versicherungsteuer und die Wechselsteuer,
5.
die einmaligen Vermögensabgaben und die zur Durchführung des Lastenausgleichs erhobenen Ausgleichsabgaben,
6.
die Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer,
7.
Abgaben im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften.

(2) Das Aufkommen der folgenden Steuern steht den Ländern zu:

1.
die Vermögensteuer,
2.
die Erbschaftsteuer,
3.
die Verkehrsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 1 dem Bund oder nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam zustehen,
4.
die Biersteuer,
5.
die Abgabe von Spielbanken.

(3) Das Aufkommen der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer steht dem Bund und den Ländern gemeinsam zu (Gemeinschaftsteuern), soweit das Aufkommen der Einkommensteuer nicht nach Absatz 5 und das Aufkommen der Umsatzsteuer nicht nach Absatz 5a den Gemeinden zugewiesen wird. Am Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer sind der Bund und die Länder je zur Hälfte beteiligt. Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer werden durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, festgesetzt. Bei der Festsetzung ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:

1.
Im Rahmen der laufenden Einnahmen haben der Bund und die Länder gleichmäßig Anspruch auf Deckung ihrer notwendigen Ausgaben. Dabei ist der Umfang der Ausgaben unter Berücksichtigung einer mehrjährigen Finanzplanung zu ermitteln.
2.
Die Deckungsbedürfnisse des Bundes und der Länder sind so aufeinander abzustimmen, daß ein billiger Ausgleich erzielt, eine Überbelastung der Steuerpflichtigen vermieden und die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet gewahrt wird.
Zusätzlich werden in die Festsetzung der Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer Steuermindereinnahmen einbezogen, die den Ländern ab 1. Januar 1996 aus der Berücksichtigung von Kindern im Einkommensteuerrecht entstehen. Das Nähere bestimmt das Bundesgesetz nach Satz 3.

(4) Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer sind neu festzusetzen, wenn sich das Verhältnis zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Bundes und der Länder wesentlich anders entwickelt; Steuermindereinnahmen, die nach Absatz 3 Satz 5 in die Festsetzung der Umsatzsteueranteile zusätzlich einbezogen werden, bleiben hierbei unberücksichtigt. Werden den Ländern durch Bundesgesetz zusätzliche Ausgaben auferlegt oder Einnahmen entzogen, so kann die Mehrbelastung durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, auch mit Finanzzuweisungen des Bundes ausgeglichen werden, wenn sie auf einen kurzen Zeitraum begrenzt ist. In dem Gesetz sind die Grundsätze für die Bemessung dieser Finanzzuweisungen und für ihre Verteilung auf die Länder zu bestimmen.

(5) Die Gemeinden erhalten einen Anteil an dem Aufkommen der Einkommensteuer, der von den Ländern an ihre Gemeinden auf der Grundlage der Einkommensteuerleistungen ihrer Einwohner weiterzuleiten ist. Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Es kann bestimmen, daß die Gemeinden Hebesätze für den Gemeindeanteil festsetzen.

(5a) Die Gemeinden erhalten ab dem 1. Januar 1998 einen Anteil an dem Aufkommen der Umsatzsteuer. Er wird von den Ländern auf der Grundlage eines orts- und wirtschaftsbezogenen Schlüssels an ihre Gemeinden weitergeleitet. Das Nähere wird durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt.

(6) Das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer steht den Gemeinden, das Aufkommen der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern steht den Gemeinden oder nach Maßgabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbänden zu. Den Gemeinden ist das Recht einzuräumen, die Hebesätze der Grundsteuer und Gewerbesteuer im Rahmen der Gesetze festzusetzen. Bestehen in einem Land keine Gemeinden, so steht das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer sowie der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern dem Land zu. Bund und Länder können durch eine Umlage an dem Aufkommen der Gewerbesteuer beteiligt werden. Das Nähere über die Umlage bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Nach Maßgabe der Landesgesetzgebung können die Grundsteuer und Gewerbesteuer sowie der Gemeindeanteil vom Aufkommen der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer als Bemessungsgrundlagen für Umlagen zugrunde gelegt werden.

(7) Von dem Länderanteil am Gesamtaufkommen der Gemeinschaftsteuern fließt den Gemeinden und Gemeindeverbänden insgesamt ein von der Landesgesetzgebung zu bestimmender Hundertsatz zu. Im übrigen bestimmt die Landesgesetzgebung, ob und inwieweit das Aufkommen der Landessteuern den Gemeinden (Gemeindeverbänden) zufließt.

(8) Veranlaßt der Bund in einzelnen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) besondere Einrichtungen, die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) unmittelbar Mehrausgaben oder Mindereinnahmen (Sonderbelastungen) verursachen, gewährt der Bund den erforderlichen Ausgleich, wenn und soweit den Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) nicht zugemutet werden kann, die Sonderbelastungen zu tragen. Entschädigungsleistungen Dritter und finanzielle Vorteile, die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) als Folge der Einrichtungen erwachsen, werden bei dem Ausgleich berücksichtigt.

(9) Als Einnahmen und Ausgaben der Länder im Sinne dieses Artikels gelten auch die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden (Gemeindeverbände).

(1) Das Aufkommen der Landessteuern und der Länderanteil am Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer stehen den einzelnen Ländern insoweit zu, als die Steuern von den Finanzbehörden in ihrem Gebiet vereinnahmt werden (örtliches Aufkommen). Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, sind für die Körperschaftsteuer und die Lohnsteuer nähere Bestimmungen über die Abgrenzung sowie über Art und Umfang der Zerlegung des örtlichen Aufkommens zu treffen. Das Gesetz kann auch Bestimmungen über die Abgrenzung und Zerlegung des örtlichen Aufkommens anderer Steuern treffen. Der Länderanteil am Aufkommen der Umsatzsteuer steht den einzelnen Ländern, vorbehaltlich der Regelungen nach Absatz 2, nach Maßgabe ihrer Einwohnerzahl zu.

(2) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, ist sicherzustellen, dass die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen ausgeglichen wird; hierbei sind die Finanzkraft und der Finanzbedarf der Gemeinden (Gemeindeverbände) zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind in dem Gesetz Zuschläge zu und Abschläge von der jeweiligen Finanzkraft bei der Verteilung der Länderanteile am Aufkommen der Umsatzsteuer zu regeln. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Zuschlägen und für die Erhebung von Abschlägen sowie die Maßstäbe für die Höhe dieser Zuschläge und Abschläge sind in dem Gesetz zu bestimmen. Für Zwecke der Bemessung der Finanzkraft kann die bergrechtliche Förderabgabe mit nur einem Teil ihres Aufkommens berücksichtigt werden. Das Gesetz kann auch bestimmen, dass der Bund aus seinen Mitteln leistungsschwachen Ländern Zuweisungen zur ergänzenden Deckung ihres allgemeinen Finanzbedarfs (Ergänzungszuweisungen) gewährt. Zuweisungen können unabhängig von den Maßstäben nach den Sätzen 1 bis 3 auch solchen leistungsschwachen Ländern gewährt werden, deren Gemeinden (Gemeindeverbände) eine besonders geringe Steuerkraft aufweisen (Gemeindesteuerkraftzuweisungen), sowie außerdem solchen leistungsschwachen Ländern, deren Anteile an den Fördermitteln nach Artikel 91b ihre Einwohneranteile unterschreiten.

(1) Der Ausgleichsmesszahl eines Landes wird die Einwohnerzahl (Wohnbevölkerung) zugrunde gelegt, die das Statistische Bundesamt zum 30. Juni des Ausgleichsjahres festgestellt hat.

(2) Bei der Ermittlung der Messzahlen zum Ausgleich der Einnahmen der Länder nach § 7 werden die Einwohnerzahlen der Länder Berlin, Bremen und Hamburg mit 135 Prozent und die Einwohnerzahlen der übrigen Länder mit 100 Prozent gewertet.

(3) Bei der Ermittlung der Messzahlen zum Ausgleich der Steuereinnahmen der Gemeinden nach § 8 werden die Einwohnerzahlen der Länder Berlin, Bremen und Hamburg mit 135 Prozent, die Einwohnerzahl des Landes Mecklenburg-Vorpommern mit 105 Prozent, die Einwohnerzahl des Landes Brandenburg mit 103 Prozent, die Einwohnerzahl des Landes Sachsen-Anhalt mit 102 Prozent und die Einwohnerzahlen der übrigen Länder mit 100 Prozent gewertet.

(1) Das Aufkommen der Landessteuern und der Länderanteil am Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer stehen den einzelnen Ländern insoweit zu, als die Steuern von den Finanzbehörden in ihrem Gebiet vereinnahmt werden (örtliches Aufkommen). Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, sind für die Körperschaftsteuer und die Lohnsteuer nähere Bestimmungen über die Abgrenzung sowie über Art und Umfang der Zerlegung des örtlichen Aufkommens zu treffen. Das Gesetz kann auch Bestimmungen über die Abgrenzung und Zerlegung des örtlichen Aufkommens anderer Steuern treffen. Der Länderanteil am Aufkommen der Umsatzsteuer steht den einzelnen Ländern, vorbehaltlich der Regelungen nach Absatz 2, nach Maßgabe ihrer Einwohnerzahl zu.

(2) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, ist sicherzustellen, dass die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen ausgeglichen wird; hierbei sind die Finanzkraft und der Finanzbedarf der Gemeinden (Gemeindeverbände) zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind in dem Gesetz Zuschläge zu und Abschläge von der jeweiligen Finanzkraft bei der Verteilung der Länderanteile am Aufkommen der Umsatzsteuer zu regeln. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Zuschlägen und für die Erhebung von Abschlägen sowie die Maßstäbe für die Höhe dieser Zuschläge und Abschläge sind in dem Gesetz zu bestimmen. Für Zwecke der Bemessung der Finanzkraft kann die bergrechtliche Förderabgabe mit nur einem Teil ihres Aufkommens berücksichtigt werden. Das Gesetz kann auch bestimmen, dass der Bund aus seinen Mitteln leistungsschwachen Ländern Zuweisungen zur ergänzenden Deckung ihres allgemeinen Finanzbedarfs (Ergänzungszuweisungen) gewährt. Zuweisungen können unabhängig von den Maßstäben nach den Sätzen 1 bis 3 auch solchen leistungsschwachen Ländern gewährt werden, deren Gemeinden (Gemeindeverbände) eine besonders geringe Steuerkraft aufweisen (Gemeindesteuerkraftzuweisungen), sowie außerdem solchen leistungsschwachen Ländern, deren Anteile an den Fördermitteln nach Artikel 91b ihre Einwohneranteile unterschreiten.

(1) Der Bund gewährt aus seinen Mitteln leistungsschwachen Ländern Bundesergänzungszuweisungen zur ergänzenden Deckung ihres allgemeinen Finanzbedarfs sowie zum Ausgleich von Sonderlasten nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6.

(2) Zur ergänzenden Deckung ihres allgemeinen Finanzbedarfs erhalten leistungsschwache Länder allgemeine Bundesergänzungszuweisungen. Leistungsschwach im Sinne von Satz 1 ist ein Land, dessen Summe aus Finanzkraftmesszahl und Zuschlag nach § 10 Fehlbeträge an 99,75 Prozent der Ausgleichsmesszahl des Ausgleichsjahres aufweist. Ein leistungsschwaches Land erhält 80 Prozent dieser Fehlbeträge als allgemeine Bundesergänzungszuweisungen.

(3) Zum Ausgleich von Sonderlasten durch die strukturelle Arbeitslosigkeit und der daraus entstehenden überproportionalen Lasten bei der Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für Erwerbsfähige erhalten nachstehende Länder jährlich folgende Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen:

Brandenburg15 580 000 Euro,
Mecklenburg-Vorpommern10 496 000 Euro,
Sachsen26 158 000 Euro,
Sachsen-Anhalt15 334 000 Euro,
Thüringen14 432 000 Euro.


Bund und Länder überprüfen gemeinsam in einem Abstand von drei Jahren, beginnend im Jahr 2022, in welcher Höhe die Sonderlasten dieser Länder ab dem jeweils folgenden Jahr auszugleichen sind. Die Sonderlasten sind entsprechend den im Jahr vor der Überprüfung gegebenen einwohnerbezogenen Verhältnissen der Bedarfsgemeinschaften und der Entwicklung der Kosten der Unterkunft im Durchschnitt der Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen im Verhältnis zum Durchschnitt der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein in Bezug zum Ausgangsjahr 2005 zu ermitteln.

(4) Wegen überdurchschnittlich hoher Kosten politischer Führung erhalten nachstehende Länder jährlich folgende Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen:

Berlin58 671 000 Euro,
Brandenburg80 674 000 Euro,
Bremen60 332 000 Euro,
Mecklenburg-Vorpommern71 959 000 Euro,
Rheinland-Pfalz48 337 000 Euro,
Saarland66 309 000 Euro,
Sachsen47 371 000 Euro,
Sachsen-Anhalt70 993 000 Euro,
Schleswig-Holstein66 308 000 Euro,
Thüringen71 432 000 Euro.


Bund und Länder überprüfen gemeinsam die Voraussetzungen der Vergabe in einem Abstand von fünf Jahren, erstmals im Jahr 2023, im Hinblick auf die Vergabe im jeweils übernächsten Jahr.

(5) Leistungsschwache Länder, in denen die kommunalen Steuereinnahmen gemäß § 8 Absatz 1 und 2 im Ausgleichsjahr je Einwohner weniger als 80 Prozent des Durchschnitts aller gemäß § 8 Absatz 1 und 2 ermittelten Steuereinnahmen der Gemeinden betragen, erhalten Bundesergänzungszuweisungen zum Ausgleich besonders geringer kommunaler Steuerkraft. Die Zuweisungen erfolgen in Höhe von 53,5 Prozent des zu 80 Prozent des Durchschnitts bestehenden Fehlbetrages. Für die Berechnung der Zuweisungen sind die nach § 9 Absatz 1 ermittelten Einwohnerzahlen maßgebend. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(6) Zuweisungen werden leistungsschwachen Ländern gewährt, die aus Mitteln der Forschungsförderung nach Artikel 91b des Grundgesetzes einen Forschungsnettozufluss in Höhe von weniger als 95 Prozent des den Ländern durchschnittlich gewährten Forschungsnettozuflusses erhalten haben. Diese Länder erhalten pro Einwohner Ergänzungszuweisungen des Bundes in Höhe von 35 Prozent des zu 95 Prozent des durchschnittlich von den Ländern vereinnahmten Forschungsnettozuflusses bestehenden Fehlbetrages. Forschungsnettozufluss ist der Nettozufluss pro Einwohner in der von der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz für das dem Ausgleichsjahr sieben Jahre vorausgehende Jahr festgestellten Höhe. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Die Bundesergänzungszuweisungen nach § 11 sind abweichend von § 10 Abs. 3, § 12 Abs. 1 und 4 des Haushaltsgrundsätzegesetzes sowie von § 13 Abs. 3, § 15 Abs. 1 und § 17 Abs. 1 der Bundeshaushaltsordnung bei den Einnahmen darzustellen.

(1) Das Aufkommen der Landessteuern und der Länderanteil am Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer stehen den einzelnen Ländern insoweit zu, als die Steuern von den Finanzbehörden in ihrem Gebiet vereinnahmt werden (örtliches Aufkommen). Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, sind für die Körperschaftsteuer und die Lohnsteuer nähere Bestimmungen über die Abgrenzung sowie über Art und Umfang der Zerlegung des örtlichen Aufkommens zu treffen. Das Gesetz kann auch Bestimmungen über die Abgrenzung und Zerlegung des örtlichen Aufkommens anderer Steuern treffen. Der Länderanteil am Aufkommen der Umsatzsteuer steht den einzelnen Ländern, vorbehaltlich der Regelungen nach Absatz 2, nach Maßgabe ihrer Einwohnerzahl zu.

(2) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, ist sicherzustellen, dass die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen ausgeglichen wird; hierbei sind die Finanzkraft und der Finanzbedarf der Gemeinden (Gemeindeverbände) zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind in dem Gesetz Zuschläge zu und Abschläge von der jeweiligen Finanzkraft bei der Verteilung der Länderanteile am Aufkommen der Umsatzsteuer zu regeln. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Zuschlägen und für die Erhebung von Abschlägen sowie die Maßstäbe für die Höhe dieser Zuschläge und Abschläge sind in dem Gesetz zu bestimmen. Für Zwecke der Bemessung der Finanzkraft kann die bergrechtliche Förderabgabe mit nur einem Teil ihres Aufkommens berücksichtigt werden. Das Gesetz kann auch bestimmen, dass der Bund aus seinen Mitteln leistungsschwachen Ländern Zuweisungen zur ergänzenden Deckung ihres allgemeinen Finanzbedarfs (Ergänzungszuweisungen) gewährt. Zuweisungen können unabhängig von den Maßstäben nach den Sätzen 1 bis 3 auch solchen leistungsschwachen Ländern gewährt werden, deren Gemeinden (Gemeindeverbände) eine besonders geringe Steuerkraft aufweisen (Gemeindesteuerkraftzuweisungen), sowie außerdem solchen leistungsschwachen Ländern, deren Anteile an den Fördermitteln nach Artikel 91b ihre Einwohneranteile unterschreiten.

(1) Der Bundesrat besteht aus Mitgliedern der Regierungen der Länder, die sie bestellen und abberufen. Sie können durch andere Mitglieder ihrer Regierungen vertreten werden.

(2) Jedes Land hat mindestens drei Stimmen, Länder mit mehr als zwei Millionen Einwohnern haben vier, Länder mit mehr als sechs Millionen Einwohnern fünf, Länder mit mehr als sieben Millionen Einwohnern sechs Stimmen.

(3) Jedes Land kann so viele Mitglieder entsenden, wie es Stimmen hat. Die Stimmen eines Landes können nur einheitlich und nur durch anwesende Mitglieder oder deren Vertreter abgegeben werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, so regeln sie die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren. Wenn Bundesgesetze etwas anderes bestimmen, können die Länder davon abweichende Regelungen treffen. Hat ein Land eine abweichende Regelung nach Satz 2 getroffen, treten in diesem Land hierauf bezogene spätere bundesgesetzliche Regelungen der Einrichtung der Behörden und des Verwaltungsverfahrens frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Artikel 72 Abs. 3 Satz 3 gilt entsprechend. In Ausnahmefällen kann der Bund wegen eines besonderen Bedürfnisses nach bundeseinheitlicher Regelung das Verwaltungsverfahren ohne Abweichungsmöglichkeit für die Länder regeln. Diese Gesetze bedürfen der Zustimmung des Bundesrates. Durch Bundesgesetz dürfen Gemeinden und Gemeindeverbänden Aufgaben nicht übertragen werden.

(2) Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen.

(3) Die Bundesregierung übt die Aufsicht darüber aus, daß die Länder die Bundesgesetze dem geltenden Rechte gemäß ausführen. Die Bundesregierung kann zu diesem Zwecke Beauftragte zu den obersten Landesbehörden entsenden, mit deren Zustimmung und, falls diese Zustimmung versagt wird, mit Zustimmung des Bundesrates auch zu den nachgeordneten Behörden.

(4) Werden Mängel, die die Bundesregierung bei der Ausführung der Bundesgesetze in den Ländern festgestellt hat, nicht beseitigt, so beschließt auf Antrag der Bundesregierung oder des Landes der Bundesrat, ob das Land das Recht verletzt hat. Gegen den Beschluß des Bundesrates kann das Bundesverfassungsgericht angerufen werden.

(5) Der Bundesregierung kann durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zur Ausführung von Bundesgesetzen die Befugnis verliehen werden, für besondere Fälle Einzelweisungen zu erteilen. Sie sind, außer wenn die Bundesregierung den Fall für dringlich erachtet, an die obersten Landesbehörden zu richten.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Tenor

§ 3 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2, § 4 Absatz 1 Satz 1, § 7 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 und § 9 Absatz 1 des Gesetzes über den kommunalen Finanzausgleich in Schleswig-Holstein vom 10. Dezember 2014 (Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 473) sind mit Artikel 57 Absatz 1 der Landesverfassung unvereinbar. Dies gilt auch für die nachfolgenden Änderungen.

Der Gesetzgeber ist verpflichtet, die verfassungswidrige Rechtslage spätestens bis zum 31. Dezember 2020 durch eine Neuregelung zu beseitigen. Bis dahin bleiben die vorgenannten Bestimmungen weiter anwendbar.

Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Gründe

A.

1

Die Antragstellerinnen wenden sich gegen verschiedene Vorschriften des als Artikel 1 des Gesetzes zur Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs vom 10. Dezember 2014 (GVOBl S. 473) verkündeten Gesetzes über den kommunalen Finanzausgleich in Schleswig-Holstein (Finanzausgleichsgesetz – FAG –; im Folgenden: FAG 2014). Nach Maßgabe dieses Gesetzes stellt das Land den Gemeinden, Kreisen und Ämtern im übergemeindlichen Finanzausgleich Finanzmittel zur Ergänzung ihrer eigenen Einnahmekraft zur Verfügung.

I.

2

1. In Schleswig-Holstein fallen den Gemeinden, Kreisen und Ämtern, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist, die durch die Erfüllung ihrer Aufgaben entstehenden Ausgaben oder Aufwendungen und Auszahlungen zur Last (§ 1 Abs. 2 FAG 2014). Da deren hieraus resultierender Finanzbedarf nicht allein durch ihre Einbeziehung in das System der vertikalen Steuerertragsaufteilung nach Art. 106 Abs. 3 Satz 1, Abs. 5 bis 8 des Grundgesetzes (GG) gleichmäßig gedeckt werden kann, muss ihre Finanzkraft durch finanzielle Zuweisungen ergänzt werden. Die Gemeinden, Kreise und Ämter erhalten vor diesem Hintergrund vom Land Finanzzuweisungen zur Ergänzung ihrer eigenen Einnahmen oder Erträge und Einzahlungen im Wege des kommunalen Finanzausgleichs. Insoweit regelt die Landesverfassung (LV):

Artikel 57

Kommunaler Finanzausgleich

(1) Um die Leistungsfähigkeit der steuerschwachen Gemeinden und Gemeindeverbände zu sichern und eine unterschiedliche Belastung mit Ausgaben auszugleichen, stellt das Land im Rahmen seiner finanziellen Leistungsfähigkeit den Gemeinden und Gemeindeverbänden im Wege des Finanzausgleichs Mittel zur Verfügung, durch die eine angemessene Finanzausstattung der Kommunen gewährleistet wird.

(2) Werden die Gemeinden oder Gemeindeverbände durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch Verordnung zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben verpflichtet, so sind dabei Bestimmungen über die Deckung der Kosten zu treffen. Führen diese Aufgaben zu einer Mehrbelastung der Gemeinden oder Gemeindeverbände, so ist dafür ein entsprechender finanzieller Ausgleich zu schaffen.

Artikel 54

Kommunale Selbstverwaltung

(1) Die Gemeinden sind berechtigt und im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit verpflichtet, in ihrem Gebiet alle öffentlichen Aufgaben in eigener Verantwortung zu erfüllen, soweit die Gesetze nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmen.

(2) Die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeit die gleichen Rechte und Pflichten.

(3) Das Land sichert durch seine Aufsicht die Durchführung der Gesetze. Das Nähere regelt ein Gesetz.

(4) Durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch Verordnung können die Gemeinden und Gemeindeverbände zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben verpflichtet werden.

3

2. Das zum Gegenstand der abstrakten Normenkontrolle gemachte Gesetz zur Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs vom 10. Dezember 2014 stellt eine Neukonzeption des kommunalen Finanzausgleichs dar. Im August 2012 begann insoweit ein umfangreicher Prozess zur grundlegenden Reform des kommunalen Finanzausgleichs in Schleswig-Holstein, der maßgeblich im Beirat für den kommunalen Finanzausgleich (vgl. § 36 FAG in der bis zum 31. Dezember 2014 geltenden Fassung vom 7. März 2011, GVOBl S. 76; jetzt § 29 FAG 2014) sowie in einer unterhalb des Beirats gegründeten Arbeitsgruppe „Kommunaler Finanzausgleich“ stattfand und an dem Vertreterinnen und Vertreter des Innenministeriums, des Finanzministeriums, der kommunalen Landesverbände und – mit Gaststatus – des Landesrechnungshofs teilnahmen. Allein zwischen Ende August 2012 und Ende November 2013 fanden insgesamt 24 Sitzungen der Arbeitsgruppe und sieben Sitzungen des Beirats statt. Im Zuge der Vorbereitung des Reformprozesses holte das Innenministerium zudem ein Gutachten des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung (NIW) zur Fortentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs in Schleswig-Holstein ein. Gegenstand des Gutachtens war die sachgerechte prozentuale Aufteilung der Finanzausgleichsmasse auf die verschiedenen kommunalen Aufgabenträger

(Niedersächsisches Institut für Wirtschaftsforschung, Gutachten zur Fortentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs in Schleswig-Holstein, 2013, S. 1).

Dieses Gutachten wurde im November 2013 hinsichtlich mehrerer im Beratungsprozess entstandener Fragestellungen erweitert

(Niedersächsisches Institut für Wirtschaftsforschung, Ergänzende gutachterliche Stellungnahme zur Fortentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs in Schleswig-Holstein, November 2013).

4

Im Gesetzentwurf der Landesregierung zur Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs vom 4. März 2014 heißt es dazu unter anderem:

A. Problem

Der kommunale Finanzausgleich bedarf einer gründlichen Überprüfung und Neuordnung. (…) Der kommunale Finanzausgleich ist (…) ein historisch gewachsenes System. Eingeführt 1955, wurde er 1970 grundlegend verändert und das Gesetz neu gefasst. Seitdem hat es unzählige weitere Änderungen gegeben. Typischerweise wird das Finanzausgleichsgesetz, das FAG 2014, jedes Jahr geändert. Viele der Anpassungen der letzten Jahre und Jahrzehnte hatten kleinere Auswirkungen, manche auch sehr große. Immer aber wurden lediglich eine oder mehrere einzelne Stellschrauben des komplexen Regelwerks betrachtet und verändert. Offen blieb daher zuletzt, ob die Finanzausstattung der einzelnen Kommunen noch in geeigneter Weise der kommunalen Wirklichkeit folgte. Eine vertiefte Betrachtung war geboten, ob der kommunale Finanzausgleich insgesamt noch schlüssig und zeitgemäß ist. Dringend erforderlich war deshalb eine umfassende Gesamtschau. Zum Beispiel war zu untersuchen, ob das Verhältnis der Gemeindeaufgaben zu den Aufgaben der Kreise und kreisfreien Städte noch angemessen berücksichtigt wird. Auch die Maßstäbe für die Mittelverteilung innerhalb dieser großen Blöcke gehörten auf den Prüfstand. (…)

B. Lösung

Der kommunale Finanzausgleich wird gründlich, umfassend, sachgerecht und nach intensivem und langem Dialog mit der kommunalen Familie neu geordnet. Er wird transparent, effizient und besser erklär- und nachvollziehbar. Das bietet die Chance, bei vielen Kommunen eine höhere Akzeptanz zu finden. Die großen Städte wie auch der ländliche Raum mit seinen vielen kleineren Gemeinden werden gestärkt. (…) (Landtags-Drucksache 18/1659, S. 2 ff.).

5

Der Gesetzentwurf wurde nach erster Lesung federführend dem Innen- und Rechtsausschuss sowie mitberatend dem Finanzausschuss überwiesen. Im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren gingen zahlreiche Stellungnahmen ein, es wurden schriftliche und mündliche Anhörungen durchgeführt, eine Vielzahl von Änderungsanträgen bearbeitet sowie ein Ergänzungsgutachten des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung hinsichtlich der Teilschlüsselmassenbildung

(Niedersächsisches Institut für Wirtschaftsforschung, Aktualisierung der Teilschlüsselmassen im Rahmen der Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs in Schleswig-Holstein, Oktober 2014)

eingeholt. Durch nicht datierten Vermerk des Innenministeriums wurde zudem der Soziallastenfaktor nach § 9 Abs. 4 FAG 2014-Entwurf neu ermittelt

(https://www.schleswig-holstein.de/DE/Fachinhalte/K/kommunales/nzen/Downloads​/FAG/​.?__blob=&v=1),

was letztlich ebenfalls Eingang in den Gesetzestext fand.

6

Die beiden Ausschüsse schlossen die Beratung in gemeinsamer Sitzung am 5. November 2014 ab und empfahlen dem Landtag mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SSW gegen die Stimmen von CDU, FDP und PIRATEN, den Gesetzentwurf der Landesregierung in der aus der Drucksache 18/2399 ersichtlichen Fassung anzunehmen. Der Landtag nahm den Gesetzentwurf in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung in seiner Sitzung vom 13. November 2014 mit 35 zu 33 Stimmen an. Das Gesetz wurde am 10. Dezember 2014 ausgefertigt, im Gesetz- und Verordnungsblatt vom 30. Dezember 2014 veröffentlicht und trat am 1. Januar 2015 in Kraft. Zur Umsetzung des Gesetzes folgte für das Haushaltsjahr 2015 unter dem 22. Januar 2015 und für das Haushaltsjahr 2016 unter dem 18. Januar 2016 ein entsprechender Erlass des Ministeriums für Inneres und Bundesangelegenheiten.

7

Im Rahmen des vorliegenden verfassungsgerichtlichen Verfahrens hat die Landesregierung zuletzt ein Gutachten des Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstituts an der Universität zu Köln (FiFo) zur Verteilungssymmetrie im vertikalen Teil des kommunalen Finanzausgleich Schleswig-Holsteins vom 23. Mai 2016 eingeholt

(Finanzwissenschaftliches Forschungsinstitut an der Universität zu Köln, Verteilungssymmetrie im vertikalen Teil des kommunalen Finanzausgleich Schleswig-Holsteins, 23. Mai 2016).

8

3. Die für das Verfahren bedeutsamen Vorschriften des Finanzausgleichsgesetzes 2014 lauten in der Fassung vom 10. Dezember 2014 im Zusammenhang:

§ 3

Finanzausgleichsmasse

(1) Das Land stellt für die in § 4 bezeichneten Zuweisungen jährlich eine Finanzausgleichsmasse in Höhe von 17,83 % (Verbundsatz) der Verbundgrundlagen nach Absatz 2 zur Verfügung. Der Verbundsatz wird angepasst, wenn sich das Belastungsverhältnis zwischen dem Land einerseits und den Gemeinden, Kreisen und Ämtern andererseits wesentlich verändert. In den Jahren 2015 bis 2018 wird die Finanzausgleichsmasse für die Konsolidierungshilfen nach § 11 jährlich um 15 Millionen Euro erhöht. Zudem wird die Finanzausgleichsmasse um 11,5 Millionen Euro für die Zuweisungen für Infrastrukturlasten nach § 15 Absatz 4 erhöht.

(2) Die Verbundgrundlagen umfassen

1. das dem Land zustehende Aufkommen aus der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer (Artikel 106 Absatz 3 und Artikel 107 Absatz 1 des Grundgesetzes) unter Berücksichtigung der Zuweisungen des Landes nach § 25 Absatz 1 und § 26 Absatz 1,

2. das Aufkommen aus der Vermögensteuer, der Erbschaftsteuer, der Grunderwerbsteuer, der Biersteuer und der Rennwett- und Lotteriesteuern mit Ausnahme der Totalisatorsteuer (Landessteuern nach Artikel 106 Absatz 2 des Grundgesetzes),

3. den dem Land zustehenden Kompensationsbetrag für die Übertragung der Ertragshoheit der Kraftfahrzeugsteuer auf den Bund (Artikel 106b des Grundgesetzes),

4. die Einnahmen des Landes aus den Ergänzungszuweisungen des Bundes (Artikel 107 Absatz 2 Satz 3 des Grundgesetzes),

5. die Einnahmen des Landes aus den Zuweisungen im Länderfinanzausgleich (Artikel 107 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Grundgesetzes).

Hat das Land im Länderfinanzausgleich Zahlungen zu leisten, ermäßigen sich die Verbundgrundlagen um diesen Betrag.

(3) Die Finanzausgleichsmasse wird für jedes Haushaltsjahr nach den Ansätzen im Landeshaushaltsplan festgesetzt. Eine Änderung der Ansätze durch Nachtragshaushaltspläne wird für den Finanzausgleich des laufenden Haushaltsjahres nicht berücksichtigt.

(4) Ein Unterschied zwischen den Ansätzen im ursprünglichen Landeshaushaltsplan und den Ist-Einnahmen wird spätestens bei der Finanzausgleichsmasse des nächsten Haushaltsjahres berücksichtigt, das dem Zeitpunkt der Feststellung der Ist-Einnahmen folgt. Bei einem Doppelhaushalt erfolgt die Berücksichtigung des Unterschiedes spätestens bei der Finanzausgleichsmasse des übernächsten Haushaltsjahres.

§ 4

Verwendung der Finanzausgleichsmasse

(1) Die Finanzausgleichsmasse wird, soweit sie nicht für Zuweisungen nach Absatz 2 benötigt wird, verwendet für

1. Schlüsselzuweisungen an die Gemeinden zum Ausgleich unterschiedlicher Steuerkraft nach den §§ 5 bis 7 sowie eine Finanzzuweisung an die Gemeinde Helgoland nach § 8 mit einem Anteil von 35,11 %,

2. Schlüsselzuweisungen an die Kreise und kreisfreien Städte zum Ausgleich unterschiedlicher Umlagekraft und sozialer Lasten nach § 9 mit einem Anteil von 49,33 %,

3. Schlüsselzuweisungen an die Zentralen Orte zum Ausgleich übergemeindlicher Aufgaben nach § 10 mit einem Anteil von 15,56 %.

Die erste Regelüberprüfung der Aufteilung findet vor dem Finanzausgleichsjahr 2016 statt. Sie wird auf dem Referenzzeitraum der Jahre 2010 bis 2013 basieren. Die weiteren Regelüberprüfungen sollen spätestens alle vier Jahre stattfinden. Dabei wird der entsprechende Referenzzeitraum zugrunde gelegt.

(2) Aus der Finanzausgleichsmasse werden jährlich bereitgestellt für

1. die Konsolidierungshilfen nach § 11

60,0 Millionen Euro in den Jahren 2015 bis 2018,

2. die Fehlbetragszuweisungen nach § 12

30,0 Millionen Euro in den Jahren 2015 bis 2018 sowie

50,0 Millionen Euro ab dem Jahr 2019,

3. die Sonderbedarfszuweisungen nach § 13

5,0 Millionen Euro,

4. die Zuweisungen für Theater und Orchester nach § 14

37,809 Millionen Euro im Jahr 2015,

38,376 Millionen Euro im Jahr 2016,

38,952 Millionen Euro im Jahr 2017 sowie

39,536 Millionen Euro im Jahr 2018,

5. a) die Zuweisungen für Straßenbau nach § 15 Absätze 1 bis 3

24,0 Millionen Euro,

b) die Zuweisungen für Infrastrukturlasten nach § 15 Absatz 4

11,5 Millionen Euro,

6. die Zuweisungen zur Förderung von Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen nach § 16

5,353 Millionen Euro,

7. die Zuweisungen zur Förderung des Büchereiwesens nach § 17

7,423 Millionen Euro im Jahr 2015,

7,534 Millionen Euro im Jahr 2016,

7,647 Millionen Euro im Jahr 2017 sowie

7,762 Millionen Euro im Jahr 2018,

8. die Zuweisungen zur Förderung von Kindertageseinrichtungen und Tagespflegestellen nach § 18

70,0 Millionen Euro

(Vorwegabzüge). Werden für Vorwegabzüge bereitgestellte Mittel nicht benötigt, sind sie im Folgejahr den Mitteln nach Absatz 1 zuzuführen, sofern im Einzelfall nichts Abweichendes bestimmt wird.

§ 5

Schlüsselzuweisungen an die Gemeinden zum Ausgleich unterschiedlicher Steuerkraft

(1) Jede Gemeinde erhält eine Schlüsselzuweisung zum Ausgleich unterschiedlicher Steuerkraft (Gemeindeschlüsselzuweisung), wenn ihre Steuerkraftmesszahl (§ 7) hinter ihrer Ausgangsmesszahl (§ 6) zurückbleibt.

(2) Die Gemeindeschlüsselzuweisung beträgt 70 % der Differenz zwischen Ausgangsmesszahl und Steuerkraftmesszahl (Schlüsselzahl).

(3) Erreicht die Summe aus Gemeindeschlüsselzuweisung und Steuerkraftmesszahl einer Gemeinde nicht 80 % der Ausgangsmesszahl, wird die Gemeindeschlüsselzuweisung um den Differenzbetrag erhöht (Mindestgarantie). Erreicht die Summe aus Gemeindeschlüsselzuweisung, Erhöhung auf die Mindestgarantie und Steuerkraftmesszahl einer Gemeinde nicht 85 % der Ausgangsmesszahl, wird die Gemeindeschlüsselzuweisung um 70 % des Differenzbetrages erhöht.

(4) Eine Gemeinde,

1. in die eine oder mehrere Gemeinden eingegliedert werden (Eingemeindung),

2. die durch Zusammenschluss mehrerer Gemeinden entsteht (Vereinigung) oder

3. in die Teile einer aufgeteilten Gemeinde eingehen (Auflösung),

erhält in den drei Finanzausgleichsjahren nach der Gebietsänderung abweichend von Absatz 1 und 2 eine Gemeindeschlüsselzuweisung in Höhe der Summe der Gemeindeschlüsselzuweisungen, die die beteiligten Gemeinden bei getrennter Betrachtung auf Basis der Steuerkraftmesszahlen und der Einwohnerzahlen (§30) im Jahr der Gebietsänderung erhalten hätten, sofern dies für die neugebildete Gemeinde im jeweiligen Finanzausgleichsjahr günstiger ist. Im Falle einer Auflösung wird die Steuerkraftmesszahl der aufgeteilten Gemeinde anteilig nach der übergegangenen Einwohnerzahl zum Zeitpunkt der Gebietsänderung berücksichtigt. Erfolgt die Gebietsänderung zum 1. Januar eines Jahres, gilt die Regelung nach Satz 1 für das Finanzausgleichsjahr der Änderung und die beiden folgenden Finanzausgleichsjahre.

§ 7

Ermittlung der Steuerkraftmesszahl

(1) Die Steuerkraftmesszahl einer Gemeinde wird ermittelt, indem die Steuerkraftzahlen der Grundsteuern, der Gewerbesteuer, des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer, des Gemeindeanteils an der Umsatzsteuer und der Zuweisung des Landes an die Gemeinden nach § 25 zusammengezählt werden.

(2) Als Steuerkraftzahlen werden angesetzt

1. bei der Grundsteuer von den land- und forstwirtschaftlichen Betrieben sowie bei der Grundsteuer von den Grundstücken die Messbeträge, multipliziert mit 92 % des gewogenen Durchschnitts des Hebesatzes für die Grundsteuer von den Grundstücken, der für den kreisangehörigen Bereich im vergangenen Jahr ermittelt wurde, mindestens jedoch 260 %,

2. bei der Gewerbesteuer die Messbeträge, multipliziert mit 92 % des gewogenen Durchschnitts des Hebesatzes für die Gewerbesteuer, der für den kreisangehörigen Bereich im vergangenen Jahr ermittelt wurde, mindestens jedoch 310 %, vermindert um den für die Ermittlung der Gewerbesteuerumlage maßgeblichen Prozentsatz, der im vorvergangenen Jahr Anwendung gefunden hat,

3. bei dem Gemeindeanteil an der Einkommensteuer das Ist-Aufkommen im Zeitraum vom 1. Juli des vorvergangenen Jahres bis zum 30. Juni des vergangenen Jahres,

4. bei dem Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer das Ist-Aufkommen im Zeitraum vom 1. Juli des vorvergangenen Jahres bis zum 30. Juni des vergangenen Jahres,

5. bei der Zuweisung des Landes an die Gemeinden nach § 25 der Zuweisungsbetrag für den Zeitraum vom 1. Juli des vorvergangenen Jahres bis zum 30. Juni des vergangenen Jahres.

Der Faktor, der sich aus der anteiligen Berücksichtigung des gewogenen Durchschnitts des Hebesatzes nach Satz 1 Nummer 1 und 2 ergibt, wird auf einen vollen Prozentsatz abgerundet.

(3) Als Messbeträge werden die Messbeträge der Grundsteuer von den land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, die Messbeträge der Grundsteuer von den Grundstücken und die Messbeträge der Gewerbesteuer angesetzt, die sich ergeben, wenn das Ist-Aufkommen dieser Steuern im Zeitraum vom 1. Juli des vorvergangenen Jahres bis zum 30. Juni des vergangenen Jahres durch den Hebesatz des vergangenen Jahres für diese Steuern geteilt wird.

(4) Lassen sich Messbeträge nach Absatz 3 für eine Steuer nicht feststellen, weil eine Gemeinde sie nicht erhoben hat, kann das für Inneres zuständige Ministerium die Steuerkraftzahl festsetzen. Sie ist für jede Steuer nach dem Landesdurchschnitt je Einwohnerin oder Einwohner der kreisangehörigen Gemeinden im vergangenen Finanzausgleichsjahr zu bemessen.

(5) Werden in einer Verbandssatzung oder in einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung nach den §§ 5 und 18 des Gesetzes über kommunale Zusammenarbeit in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Februar 2003 (GVOBl. Schl.-H. S. 122), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 22. Februar 2013 (GVOBl. Schl.-H. S. 72), Bestimmungen über die Aufteilung des Grundsteueraufkommens oder des Gewerbesteueraufkommens getroffen, können diese bei der Ermittlung der Steuerkraftmesszahl berücksichtigt werden, wenn sie mindestens für die Dauer von fünf Jahren gelten.

§ 9

Schlüsselzuweisungen an die Kreise und kreisfreien Städte

zum Ausgleich unterschiedlicher Umlagekraft und sozialer Lasten

(1) Jeder Kreis und jede kreisfreie Stadt erhält eine Schlüsselzuweisung zum Ausgleich unterschiedlicher Umlagekraft und sozialer Lasten, wenn die Umlagekraftmesszahl nach Absatz 3 vermindert um die Soziallastenmesszahl nach Absatz 4 (integrierte Messzahl) hinter der Ausgangsmesszahl nach Absatz 2 zurückbleibt. Die Schlüsselzuweisung zum Ausgleich unterschiedlicher Umlagekraft und sozialer Lasten beträgt 85 % der Differenz zwischen der Ausgangsmesszahl und der integrierten Messzahl (Schlüsselzahl).

(2) Die Ausgangsmesszahl wird ermittelt, indem die Einwohnerzahl der Gemeinden des Kreises oder der kreisfreien Stadt (§ 30) mit einem einheitlichen Grundbetrag vervielfältigt wird. Dieser für die Kreise und kreisfreien Städte einheitliche Grundbetrag ist durch das für Inneres zuständige Ministerium jährlich so festzusetzen, dass der Betrag nach § 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 für Schlüsselzuweisungen verwendet wird.

(3) Die Umlagekraftmesszahl des Kreises oder der kreisfreien Stadt wird ermittelt, indem die Umlagegrundlagen mit dem gewogenen Durchschnitt der Umlagesätze für die Kreisumlage (§ 31 Absatz 3) des vorvergangenen Jahres vervielfältigt werden. Die Umlagegrundlagen des Kreises ergeben sich aus der Summe der für die kreisangehörigen Gemeinden ermittelten Steuerkraftmesszahlen (§ 7) zuzüglich ihrer Gemeindeschlüsselzuweisungen (§ 5) und abzüglich ihrer Zahlungen in die Finanzausgleichsumlage (§ 21). Die Umlagegrundlagen der kreisfreien Stadt ergeben sich aus ihrer Steuerkraftmesszahl zuzüglich ihrer Gemeindeschlüsselzuweisung und abzüglich ihrer Zahlungen in die Finanzausgleichsumlage.

(4) Die Soziallastenmesszahl des Kreises oder der kreisfreien Stadt wird ermittelt, indem die Anzahl der Personen, die im Durchschnitt des vorvergangenen Jahres im Gebiet des Kreises oder der kreisfreien Stadt in Bedarfsgemeinschaften nach dem zweiten Buch des Sozialgesetzbuches lebten (§ 31 Absatz 4), mit 3.411 Euro vervielfältigt wird.

§ 10

Schlüsselzuweisungen an die Zentralen Orte zum Ausgleich übergemeindlicher Aufgaben

(1) Zentrale Orte erhalten Schlüsselzuweisungen für die Wahrnehmung von Aufgaben für die Einwohnerinnen und Einwohner ihres Verflechtungsbereichs. Übergemeindliche Aufgaben sind in den Zentralen Orten zu erfüllen.

(2) Zentrale Orte im Sinne dieses Gesetzes sind die Gemeinden, die durch die Verordnung nach § 24 Absatz 3 des Landesplanungsgesetzes vom 27. Januar 2014 (GVOBl. Schl.-H. S. 8) als Zentrale Orte und Stadtrandkerne, soweit letztere nicht Ortsteil eines Zentralen Ortes sind, festgelegt sind. Maßgebend für die Zahlung der Zuweisungen an die Zentralen Orte sind die Verhältnisse am 1. Januar des Finanzausgleichsjahres.

(3) Von den nach § 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bereitgestellten Mitteln werden verwendet für Zuweisungen an

1. die Oberzentren 56,3 %

2. die anderen Zentralen Orte 43,7 %.

(4) Die Mittel nach Absatz 3 Nummer 1 werden auf die Oberzentren im Verhältnis ihrer Einwohnerzahlen (§ 30 Absatz 1) aufgeteilt.

(5) Die Mittel nach Absatz 3 Nummer 2 werden so auf die anderen Zentralen Orte verteilt, dass die Zuweisung für

1. ein Mittelzentrum im Verdichtungsraum und ein Unterzentrum mit Teilfunktionen eines Mittelzentrums 60,0 %,

2. ein Unterzentrum und einen Stadtrandkern I. Ordnung mit Teilfunktionen eines Mittelzentrums 30,0 %,

3. einen ländlichen Zentralort und einen Stadtrandkern I. Ordnung 15,0 %,

4. einen Stadtrandkern II. Ordnung 7,5 %

der Zuweisung für ein Mittelzentrum beträgt, das nicht im Verdichtungsraum liegt.

(6) Sind Gemeinden nach der Verordnung nach § 24 Absatz 3 des Landesplanungsgesetzes vom 27. Januar 2014 (GVOBl. Schl.-H. S. 8) gemeinsam als Zentraler Ort oder Stadtrandkern eingestuft, wird die Zuweisung auf die Gemeinden aufgeteilt. Gehören die Gemeinden einem Kreis an und unterliegen der Kommunalaufsicht der Landrätin oder des Landrats, entscheidet diese oder dieser über die Aufteilung der Zuweisung. In allen anderen Fällen entscheidet das für Inneres zuständige Ministerium.

(7) Gemeinsame Zentrale Orte oder Stadtrandkerne nach Absatz 6 erhalten nach erfolgter gemeinsamer Einstufung in den drei folgenden Finanzausgleichsjahren eine Zuweisung mindestens in Höhe des Betrages, die den beteiligten Gemeinden ohne gemeinsame Einstufung zugestanden hätte. Absatz 6 gilt entsprechend.

(8) Zentrale Orte und Stadtrandkerne nach Absatz 2 oder 6 erhalten nach erfolgter Abstufung in den drei folgenden Finanzausgleichsjahren eine Zuweisung mindestens in Höhe des Betrages, die der Gemeinde oder den beteiligten Gemeinden ohne Abstufung zugestanden hätte. Dies gilt entsprechend

1. für den Wegfall von Einstufungen,

2. bei einer Eingliederung einer Gemeinde in eine andere Gemeinde (Eingemeindung),

3. bei einem Zusammenschluss einer oder mehrerer Gemeinden zu einer neuen Gemeinde (Vereinigung).

In den Fällen von Nummer 2 und 3 erhält der jeweilige Rechtsnachfolger die Zuweisung.

§ 14

Zuweisungen für Theater und Orchester

(1) Die Landeshauptstadt Kiel, die Hansestadt Lübeck und die Gemeinden und Kreise, die an der Schleswig-Holsteinischen Landestheater und Sinfonieorchester GmbH beteiligt sind, erhalten aus den nach § 4 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bereitgestellten Mitteln Zuweisungen zu den Betriebskosten oder zu den Finanzierungsanteilen an den Betriebskosten der Theater und Orchester.

(2) Über die Bewilligung der Zuweisungen entscheidet das für Kultur zuständige Ministerium.

§ 15

Zuweisungen für Straßenbau und weitere Infrastrukturlasten

(1) Von den nach § 4 Absatz 2 Satz 1 Nummer 5a bereitgestellten Mitteln erhalten die kreisangehörigen Gemeinden als Träger der Straßenbaulast für Gemeindestraßen Zuweisungen in Höhe von 3,6 Millionen Euro für die Unterhaltung und Instandsetzung sowie den Um- und Ausbau von Gemeindestraßen. Die Zuweisungen fließen den Kreisen schlüsselmäßig zu. Den Verteilungsschlüssel bestimmt das für Verkehr zuständige Ministerium. Die Landesverbände der Gemeinden und Kreise sind vorher zu hören. Die Verwendung der Zuweisungen kann auf die Unterhaltung und Instandsetzung sowie den Um- und Ausbau von Gemeindeverbindungsstraßen beschränkt werden. Die Kreise entscheiden über die Verteilung der Zuweisungen an die Gemeinden.

(2) Von den nach § 4 Absatz 2 Satz 1 Nummer 5a bereitgestellten Mitteln erhalten ferner

1. die Kreise und kreisfreien Städte als Träger der Straßenbaulast für Kreisstraßen

3.400 Euro,

2. die Gemeinden als Träger der Straßenbaulast für Ortsdurchfahrten im Zuge von Bundes-, Landes- und Kreisstraßen

4.900 Euro

für die Unterhaltung und Instandsetzung je Kilometer dieser Straßen oder Ortsdurchfahrten. Falls die Mittel von den Trägern der Straßenbaulast nicht in vollem Umfang für Unterhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen in Anspruch genommen werden, können sie für den Bau und Ausbau des unter den Nummern 1 und 2 genannten Straßennetzes verwandt werden.

(3) Die verbleibenden Mittel nach § 4 Absatz 2 Satz 1 Nummer 5a werden verwendet für

1. den Bau und Ausbau der in Absatz 2 genannten Straßen,

2. Deckenbaumaßnahmen der in Absatz 2 genannten Straßen,

3. den Bau und Ausbau von Gemeindestraßen, soweit sie nach § 2 Nummer 1 des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes Schleswig-Holstein vom 15. Dezember 2006 (GVOBI. Schi.-H. S. 358) gefördert werden, sowie von anderen verkehrswichtigen kommunalen Straßenbaumaßnahmen,

4. Maßnahmen des ruhenden Verkehrs, soweit sie nach § 2 Nummer 3 und 4 des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes Schleswig-Holstein vom 15. Dezember 2006 (GVOBI. Schi.-H. S. 358) gefördert werden, sowie

5. Kreuzungsmaßnahmen nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. März 1971 (BGBI. I S. 337), zuletzt geändert durch Artikel 281 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBI. I S. 2407), soweit Gemeinden und Kreise als Baulastträger der kreuzenden Straße Kostenanteile zu tragen haben.

Die Mittel werden den Trägern der Straßenbaulast auf Antrag bis zur Höhe von 85 % ihrer tatsächlichen Aufwendungen gewährt; andere Zuweisungen aus öffentlichen Haushalten, die nicht in diesem Gesetz geregelt sind, sind auf die Höchstgrenze anzurechnen. Über die Höhe der Zuweisungen entscheidet das für·Verkehr zuständige Ministerium.

(4) Von den nach § 4 Absatz 2 Satz 1 Nummer 5b bereitgestellten Mitteln erhalten die Kreise und kreisfreien Städte Zuweisungen für Maßnahmen in den Bereichen Straßenerhaltung, ÖPNV einschließlich Barrierefreiheit und Breitbandförderung in Abstimmung mit der Breitbandförderung des Landes. Die Aufteilung der Mittel erfolgt nach der Länge des jeweiligen Kreisstraßennetzes im jeweils vorvergangenen Jahr als Grundlage der Berechnung der Zuweisungen nach Absatz 2.

§ 16

Zuweisungen zur Förderung von Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen

(1) Die Kreise und kreisfreien Städte erhalten aus den nach § 4 Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 bereitgestellten Mitteln Zuweisungen zur Förderung

1. von Personal-, Sach- und Mietkosten von Frauenhäusern,

2. der regionalen Koordination des Kooperations- und Interventionskonzeptes bei häuslicher Gewalt sowie

3. von Frauenberatungsstellen.

(2) Statt der Mietkosten nach Absatz 1 Nummer 1 können für Kredite zur Finanzierung von Gebäuden für Frauenhäuser die tatsächlich gezahlten Zinsen und Tilgungen in vergleichbarer Höhe berücksichtigt werden.

(3) Zwischen dem Land und den jeweiligen Kreisen und kreisfreien Städten kann in Vereinbarungen geregelt werden, dass das Land die Zuweisungen nach Absatz 1 mit Wirkung für die Kommunen leistet und ihre Verwendung prüft.

(4) Über die Bewilligung der Zuweisungen entscheidet das für Soziales zuständige Ministerium.

§ 17

Zuweisungen zur Förderung des Büchereiwesens

(1) Die Gemeinden, Kreise und Ämter, die Mitglieder des Büchereivereins Schleswig-Holstein sind, erhalten aus den nach § 4 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 bereitgestellten Mitteln Zuweisungen zur Förderung des Büchereiwesens.

(2) Über die Bewilligung der Zuweisungen entscheidet das für Kultur zuständige Ministerium.

§ 18

Zuweisungen zur Förderung von Kindertageseinrichtungen und Tagespflegesteilen

(1) Die Kreise und kreisfreien Städte erhalten aus den nach § 4 Absatz 2 Satz 1 Nummer 8 bereitgestellten Mitteln Zuweisungen zur Betreuung und Förderung von Kindern in Kindertageseinrichtungen nach § 25 Absatz 1 des Kindertagesstättengesetzes vom 12. Dezember 1991 (GVOBI. Schl.-H. S. 651 ), zuletzt geändert durch Artikel 2 Nummer 13 des Gesetzes vom 12. November 2014 (GVOBI. Schl.-H. S. 328), und in Tagespflegesteilen nach § 30 des Kindertagesstättengesetzes.

(2) Über die Bewilligung der Zuweisungen entscheidet das für Soziales zuständige Ministerium. Bei der Verteilung an die einzelnen Kreise und kreisfreien Städte berücksichtigt es insbesondere die Zahl der betreuten Kinder vom vollendeten dritten Lebensjahr in Kindertageseinrichtungen und öffentlich geförderter Kindertagespflege, die Dauer der Betreuung sowie den Anteil der Kinder aus überwiegend nicht deutschsprechenden Familien im vergangenen Jahr.

(3) Die Kreise und kreisfreien Städte können den Anteil der Zuweisung für die Betreuung von Schulkindern sowohl an Träger von Kindertageseinrichtungen (Horte) als auch an Träger von Betreuungsangeboten an Schulen mit Primarstufe und von offenen Ganztagsschulen weiterleiten.

9

4. Bereits vor Eingang des verfahrensgegenständlichen Antrags wurde durch das Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2015 vom 17. Juni 2015 (GVOBl S. 163) § 3 Abs. 2 Nr. 1 FAG für das Jahr 2015 dahingehend modifiziert, dass bei den Verbundgrundlagen auch die vom Bund zur Entlastung von Ländern und Kommunen im Zusammenhang mit der Aufnahme, Unterbringung, Versorgung und Gesundheitsversorgung von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern bereit gestellten Mittel zu berücksichtigen sind.

10

Eine weitere Änderung erfuhr das Gesetz durch das Haushaltsbegleitgesetz 2016 vom 16. Dezember 2015 (GVOBl S. 500), mit dem die Finanzausgleichsmasse um Einzelbeträge für die Förderung von Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen erhöht (§ 3 Abs. 1 Satz 5 FAG 2014), die zunächst nur für 2015 erfolgte Modifizierung des § 3 Abs. 2 Nr. 1 FAG 2014 endgültig in das Finanzausgleichsgesetz übernommen sowie § 4 FAG 2014 in mehrfacher Hinsicht abgeändert wurden. Alle vorgenannten Änderungen wurden von den Antragstellerinnen nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

11

5. Das Finanzausgleichsystem des FAG 2014 besteht im Grundsatz aus drei zentralen Elementen: die Bestimmung des insgesamt aus dem Landeshaushalt zur Verfügung gestellten Betrages, das heißt der sogenannten Finanzausgleichsmasse, in § 3 FAG 2014 (sogenanntevertikale Dimension des Finanzausgleichs), die nicht zweckgebundene Verteilung eines Großteils der Finanzausgleichsmasse auf die verschiedenen kommunalen Körperschaften über § 4 Abs. 1, §§ 5 bis 10 FAG 2014 (sogenanntehorizontale Dimension) sowie die zweckgebundene Verteilung eines geringeren Betrages nach § 4 Abs. 2, §§ 11 ff. FAG 2014 (sogenannte paternalistische Dimension).

12

a) § 3 FAG 2014 steuert denvertikalen Finanzausgleich über die Bildung der Finanzausgleichsmasse. Die Effektivität des kommunalen Finanzkraftausgleichs wird vor allem durch die Höhe der als Verteilungsmasse insgesamt zur Verfügung stehenden Finanzausgleichsmasse bestimmt, da ein hohes Finanzausgleichsvolumen insgesamt gesehen zu einer Verbesserung der kommunalen Finanzausstattung führt. Die Höhe der Finanzausgleichsmasse ist dabei determiniert durch die in § 3 Abs. 2 FAG 2014 vorgegebenen Verbundgrundlagen und den in § 3 Abs. 1 FAG 2014 vorgegebenen Verbundsatz von 17,83 %. Nach § 3 Abs. 3 FAG 2014 wird die Finanzausgleichsmasse für jedes Haushaltsjahr im Landeshaushaltsplan festgesetzt. Mit Haushaltsgesetz 2015 vom 11. Dezember 2014 (GVOBl S. 440) hat der Landtag die Finanzausgleichsmasse im Rahmen des Haushalts des Landes für das Haushaltsjahr 2015 auf 1.526.587.900 Euro festgesetzt sowie mit Haushaltsgesetz 2016 vom 16. Dezember 2015 (GVOBl S. 474) für das Jahr 2016 auf 1.505.620.800 Euro.

13

b) § 4 FAG 2014 definiert in seinem Absatz 2 die für diepaternalistische Dimension des Finanzausgleichs zur Verfügung stehenden Teilbeträge und steuert in seinem Absatz 1 zentral die Binnenaufteilung der Finanzausgleichsmasse im horizontalen Finanzausgleich.

14

Dabei wird in § 4 Abs. 2 FAG 2014 festgelegt, welche absoluten Beträge jährlich zweckgebunden für Konsolidierungshilfen, Fehlbetragszuweisungen, Theater und Orchester, Straßenbau und Infrastrukturlasten, Frauenhäuser und Frauenberatungsstellen, für die Förderung des Büchereiwesens sowie für Kindertageseinrichtungen und Tagespflegestellen zu verwenden sind. Die individuelle Verteilung der Vorwegabzugsbeträge nach § 4 Abs. 2 FAG 2014 erfolgt nach §§ 11 ff. FAG 2014. Diese Vorwegabzüge – die im Jahr 2015 ungefähr 10 % der Finanzausgleichsmasse ausmachten – werden von der Finanzausgleichsmasse subtrahiert. Nur die verbleibende Differenz wird sodann zweckungebunden auf die kommunalen Körperschaften verteilt.

15

Für die Verteilung der nicht nach Absatz 2 verteilten Mittel werden gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 FAG 2014 drei sogenannte Teilschlüsselmassen gebildet. Nach der hier verfahrensgegenständlichen Fassung des Finanzausgleichsgesetzes wurden 35,11 % als „Schlüsselzuweisungen an die Gemeinden zum Ausgleich unterschiedlicher Steuerkraft“ (Nr. 1), 49,33 % als „Schlüsselzuweisung an die Kreise und kreisfreien Städte zum Ausgleich unterschiedlicher Umlagekraft und sozialer Lasten“ (Nr. 2) und 15,56 % als Schlüsselzuweisung „an die zentralen Orte zum Ausgleich übergemeindlicher Aufgaben“ (Nr. 3) verteilt. Das Gesetz folgt dabei dem sogenannten „Zwei-Ebenen-Modell“, nach dem keine spezifischen Teilschlüsselmassen für Körperschaften, sondern für Aufgabenträger gebildet werden. In der Konsequenz erhalten insbesondere kreisfreie Städte Zuweisungen aus allen drei genannten Teilschlüsselmassen, da sie sowohl Gemeindeaufgaben als auch Kreisaufgaben sowie zentralörtliche Aufgaben wahrnehmen.

16

Nach Abzug der Zweckzuweisungen gemäß § 4 Abs. 2 FAG 2014 verblieben im Jahr 2015 für zweckungebundene Schlüsselzuweisungen 1.275.502,90 Euro, welche entsprechend den Schlüsselzuweisungssätzen des § 4 Abs. 1 Satz 1 FAG 2014 für Gemeinden in Höhe von 447.829.100 Euro, für Kreise und kreisfreie Städte in Höhe von 629.205.600 Euro und für übergemeindliche Aufgaben in Höhe von 198.468.200 Euro eingeplant wurden.

17

c) Ob und in welcher Höhe individuelle Gemeinden, Kreise oder kreisfreie Städte Schlüsselzuweisungen aus den derart festgestellten zweckungebundenen Teilschlüsselmassen erhalten, ergibt sich für Gebietskörperschaften mit Gemeindeaufgaben aus §§ 5 bis 8 FAG 2014 (aa), für Gebietskörperschaften mit Kreisaufgaben aus § 9 i.V.m. § 7 FAG 2014 (bb) und für Gebietskörperschaften mit zentralörtlichen Funktionen aus § 10 FAG 2014 (cc). Die individuelle Verteilung der Vorwegabzugsbeträge nach § 4 Abs. 2 FAG 2014 richtet sich nach §§ 11 ff. FAG 2014.

18

aa) Die Verteilung der Teilschlüsselmasse für Gemeindeaufgaben erfolgt nach Maßgabe der §§ 5 ff. FAG 2014. Hiernach wird einer Steuerkraftmesszahl (§ 7 FAG 2014) eine Ausgangsmesszahl (§ 6 FAG 2014) gegenübergestellt. Die Höhe der jeweiligen Zuweisung beträgt dann im Grundsatz 70 % des Differenzbetrages (§ 5 Abs. 2 FAG 2014).

19

Der Steuerkraftmesszahl kommt in dieser Gleichung die Aufgabe zu, die Ertragskraft der Gemeinde abzubilden. Um zu verhindern, dass Gemeinden bewusst einen niedrigen und damit in der regionalen Konkurrenz niederlassungsfördernden Grund- beziehungsweise Gewerbesteuerhebesatz festlegen und die Steuereinbußen über den Kommunalfinanzausgleich kompensieren, wird bei der Festlegung der Steuerkraftmesszahlen nicht auf die jeweils tatsächlichen Steuereinnahmen abgestellt, sondern auf den in § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 FAG 2014 im Einzelnen definierten durchschnittlichen Hebesatz. Grundlage für die Bemessung der Schlüsselzuweisung ist damit nicht das tatsächliche Steueraufkommen, sondern ein fiktives Steuerausschöpfungspotential („Hebesatzanspannungspotential“). Datengrund-lage bei der Ermittlung dieses Durchschnitts sind die für den kreisangehörigen Bereich landesweit ermittelten Hebesätze des Vorjahres.

20

Die Ausgangsmesszahl ergibt sich aus der Multiplikation der jeweiligen Einwohnerzahl mit einem Grundbetrag nach § 6 FAG 2014. Dieser wird jährlich neu festgesetzt, und zwar so, dass die Teilschlüsselmasse für Gemeindeaufgaben insgesamt stets vollständig ausgeschöpft und an die Zuweisungsempfänger verteilt wird. Die Höhe des Grundbetrages ist damit keine selbständige Größe, sondern wie in einem System kommunizierender Röhren abhängig von den übrigen Parametern. Ist beispielsweise die Teilschlüsselmasse schlecht dotiert, reduziert sich entsprechend der Grundbetrag. Ist die Teilschlüsselmasse hingegen gut dotiert, erhöht sich der Grundbetrag.

21

bb) Auch die Zuteilung von Schlüsselzuweisungen aus der Teilmasse für Kreisaufgaben wird nach § 9 FAG 2014 anhand von mehreren Messzahlen ermittelt: der Umlagekraftmesszahl, der aus den Parametern Personen in Bedarfsgemeinschaften nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und Vervielfältigungsfaktor in Höhe von 3.411 Euro zusammengesetzten Soziallastenmesszahl, der aus den Parametern Einwohnerzahl und Grundbetrag zusammengesetzten Ausgangsmesszahl sowie ergänzend dem Erstattungsschlüssel in Höhe von 85 %. In einer rechnerischen Formel lässt sich der dem Gesetz zu entnehmende Mechanismus wie folgt darstellen:

Schlüsselzuweisung =

[(Einwohnerzahl x Grundbetrag) = Ausgangsmesszahl

(Umlagekraftmesszahl – nach SGB II x 3.411 Euro> = Soziallastenmesszahl)] x 0,85

22

Der Umlagekraftmesszahl kommt dabei die Aufgabe zu, die Ertragskraft der jeweils betroffenen Körperschaft abzubilden. Sie ergibt sich für die kreisfreien Städte maßgeblich aus deren jeweiligen Steuerkraftmesszahlen (§ 9 Abs. 3 Satz 3 FAG 2014), für die Kreise aus dem Produkt von Umlagegrundlagen und durchschnittlichen Umlagesätzen (§ 9 Abs. 3 Satz 1 FAG 2014). Die Umlagegrundlagen ergeben sich wiederum aus den Steuerkraftmesszahlen der kreisangehörigen Gemeinden (§ 9 Abs. 3 Satz 2 FAG 2014).

23

Der Soziallastenmesszahl kommt die Aufgabe zu, die Belastung der jeweiligen Körperschaft mit soziallastenbedingten Kosten abzubilden. § 9 Abs. 4 FAG 2014 definiert die Soziallastenmesszahl insoweit als Multiplikation der Zahl der in Bedarfsgemeinschaften von Grundsicherung für Arbeitsuchende lebenden Personen im Kreis-/ Stadtgebiet mit einem festgeschriebenen Betrag von 3.411 Euro (im Folgenden: Vervielfältigungsfaktor). Der Vervielfältigungsfaktor wurde aus dem Quotienten der durchschnittlichen Zuschussbedarfe für Soziallasten in den Jahren 2009 bis 2012 in den kommunalen Haushalten (778.051.902 Euro) und der durchschnittlichen Zahl an Personen in Bedarfsgemeinschaften im selben Betrachtungszeitraum (228.121,23) errechnet (vgl. ministerieller Vermerk, oben 2., Rn. 6).

24

Die Ausgangsmesszahl ergibt sich – wie bei den Gemeindeaufgaben – aus der Multiplikation der jeweiligen Einwohnerzahl mit einem Grundbetrag. Dieser Grundbetrag für die Berechnung der Zuweisungen nach § 9 FAG 2014 wird jährlich neu festgesetzt, und zwar ebenfalls so, dass die Teilschlüsselmasse für Kreisaufgaben insgesamt stets vollständig ausgeschöpft und an die Zuweisungsempfänger verteilt wird. Die Höhe dieses Grundbetrages ist damit ebenfalls keine selbständige Größe, sondern vollständig abhängig von den übrigen Parametern.

25

cc) Die Verteilung der Schlüsselmasse für zentralörtliche Aufgaben ist in § 10 FAG 2014 geregelt. Hiernach folgt die Einstufung der Gemeinden als „Zentrale Orte“ im Sinne des Finanzausgleichsgesetzes dem Landesplanungsrecht, namentlich der Verordnung nach § 24 Abs. 3 des Landesplanungsgesetzes vom 27. Februar 2014 (GVOBl S. 8). 56,3 % der Teilschlüsselmasse werden gemäß § 10 Abs. 3 FAG 2014 an die derart definierten Oberzentren vergeben, wobei die Mittel zwischen diesen nach Maßgabe der Einwohnerzahl aufgeteilt werden (§ 10 Abs. 3 FAG 2014). Die verbleibenden 43,7 % der Teilschlüsselmasse sind für die übrigen Zentralorte bestimmt und werden nach § 10 Abs. 5 FAG 2014 quotenmäßig mit absteigendem Umfang an die verschiedenen Zentralorte verteilt, beginnend bei den Mittelzentren außerhalb von Verdichtungsräumen bis hinab zu den Stadtrandkernen II. Ordnung. § 10 Abs. 6 bis 8 FAG 2014 enthalten weitere Spezialregelungen, insbesondere für Gemeinsame Zentrale Orte.

II.

26

1. Die Antragstellerinnen beantragen,

§ 2 Abs. 2, § 3, § 4, § 5 Abs. 2, § 7 Abs. 2, § 9, § 10, §§ 14 bis 18 des Gesetzes über den kommunalen Finanzausgleich in Schleswig-Holstein vom 10. Dezember 2014 (FAG 2014), verkündet als Artikel 1 des Gesetzes zur Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs vom 10. Dezember 2014 (GVOBl S. 473), wegen Verstoßes gegen Art. 54 und 57 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein für nichtig zu erklären.

27

2. Zur Begründung ihrer Anträge stellen die Antragstellerinnen zunächst die aus ihrer Sicht maßgeblichen verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Ausgestaltung des kommunalen Finanzausgleichs dar und führen sodann hieran anknüpfend zur Verfassungswidrigkeit des Finanzausgleichsgesetzes in vertikaler sowie horizontaler Hinsicht aus.

28

a) Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Maßstäbe meinen die Antragstellerinnen – nach einleitenden Ausführungen zu Art. 28 Abs. 2 und Art. 106 GG –, dass den kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften ein Anspruch auf „angemessene Finanzausstattung“ zustehe. Dieser beinhalte in seinem Kernbereich einen subjektiven Anspruch jeder einzelnen kommunalen Selbstverwaltungskörperschaft auf „finanzielle Mindestausstattung“. Dieser Mindestausstattungsanspruch stelle eine absolute, unantastbare und abwägungsfeste Untergrenze der kommunalen Finanzausstattung dar. Er sei verletzt, wenn den Kommunen nur noch die Wahrnehmung der pflichtigen Aufwendungen möglich sei, ohne ihnen einen Bereich eigenbestimmter Mittelverwendung zu belassen. Dieser Anspruch stehe nicht unter einem Leistungsfähigkeitsvorbehalt des Landes. Soweit das Land nicht in der Lage sei, den Mindestanspruch zu gewährleisten, könne es – anders als die Kommunen – die finanziellen Lasten der kommunalen Ebene durch Verringerung von Aufgaben oder Herabsetzung von Standards mildern.

29

Darüber hinausgehend gebiete die kommunale Selbstverwaltungsgarantie in ihrem Randbereich, die Kommunen in angemessenem Umfang an den Einnahmen des Landes zu beteiligen. Angesprochen sei hiermit das Gebot der Verteilungssymmetrie. Nur hinsichtlich dieses Randbereichs greife der Leistungsfähigkeitsvorbehalt des Art. 57 Abs. 1 LV. Das Gebot der Verteilungssymmetrie gebiete insbesondere eine umfassende Erhebung von Einnahmen und Ausgaben beider staatlicher Ebenen sowie eine wertende Korrektur der so ermittelten Ergebnisse.

30

Aus Art. 54 Abs. 1 und Art. 57 Abs. 1 LV folge eine mehrfache Begrenzung der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit bei der Normierung des kommunalen Finanzausgleichs. Zum einen ergebe sich eine Pflicht des Gesetzgebers, die Angemessenheit der zur Verfügung gestellten Mittel anhand der wahrgenommenen Aufgaben zu ermitteln. Des Weiteren setze das Gebot der interkommunalen Gleichbehandlung der Ausgestaltungsfreiheit objektive Grenzen. Erforderlich sei insbesondere eine willkürfreie Aufteilung der zur Verfügung gestellten Mittel nach einheitlichen und sachlich vertretbaren Maßstäben. Ergänzt werde dies durch das Gebot der Systemgerechtigkeit und Folgerichtigkeit. Zudem träfen den Gesetzgeber prozedurale Pflichten, insbesondere die Pflicht zur umfassenden und transparenten Tatsachenermittlung unter Einbeziehung finanzwissenschaftlichen Sachverstandes. Der Gesetzgeber müsse die Aufgabenbelastung und die Finanzkraft der Kommunen sowie – im Randbereich – die finanzielle Leistungskraft des Landes berücksichtigen und die sich ergebenden Belange gegeneinander abwägen. Dabei müsse er zwischen dem Bedarf für Pflichtaufgaben einerseits und für freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben andererseits differenzieren. Jedenfalls für die pflichtigen Selbstverwaltungs-aufgaben müsse der Bedarf realitätsgerecht ermittelt werden. Für die freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben könne hingegen ein angemessener zusätzlicher Betrag vorgesehen werden.

31

b) Nach diesen Maßstäben genüge die Bestimmung der Finanzausgleichsmasse in § 3 Abs. 1 FAG 2014 nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Es fehle bereits grundlegend an einer finanzwissenschaftlichen Ergründung der Auskömmlichkeit der zur Verfügung gestellten Mittel. Soweit in dem vorbereitenden Gutachten des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung für die verschiedenen Gruppen der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften Zuschussbedarfe erhoben worden seien, entspreche dies den Anforderungen an die Sachverhaltsermittlung nicht. Ermittelt worden seien nur die getätigten Ausgaben ohne Berücksichtigung von unterlassenen Investitionen oder unwirtschaftlichen Ausgaben. Zudem habe das Gutachten nur die horizontale Verteilung zum Gegenstand gehabt. Auch seien die so ermittelten Ausgaben in keiner Weise den Aufgaben oder finanziellen Mitteln des Landes gegenübergestellt worden. Die Gesetzesbegründung sei ebenfalls unzureichend und teilweise widersprüchlich, etwa indem dort zwar die dramatische Entwicklung der Finanzen zumindest einiger kommunaler Selbstverwaltungskörperschaften angesprochen werde, nicht aber die nötigen Konsequenzen, nämlich eine Anhebung der Finanzausgleichsleistungen, gezogen würden. Schließlich differenzierten weder die Gesetzesbegründung noch das zugrunde liegende Gutachten zwischen freiwilligen und pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben.

32

Das in § 4 FAG 2014 angelegte Verhältnis von Zweck- zu Schlüsselzuweisungen verstoße gleichfalls gegen die verfassungsrechtlichen Anforderungen. Für das Jahr 2015 seien (basierend auf der Steuerschätzung vom November 2013) etwa 10 % der Verbundmasse über Zweckzuweisungen gebunden. Hierdurch – sowie durch die reine Anzahl der zweckgebundenen Zuweisungstatbestände – würden die Kommunen im Übermaß in ihrem Selbstverwaltungsrecht beeinträchtigt. Das Ausmaß der Beeinträchtigung steige dabei durch den Umstand an, dass regelmäßig Komplementärmittel der kommunalen Finanzhoheit entzogen würden.

33

c) Die in vertikaler Hinsicht bestehenden Verfahrensmängel schlügen auf die horizontale Verteilung der Finanzausgleichsmasse in § 4 Abs. 1 FAG 2014 durch. Die Verteilung der Finanzausgleichsmasse auf die drei Schlüsselmassen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 FAG 2014 sei aber auch in sich fehlerhaft. Dem in dem Gesetzentwurf unterstellten Finanzbedarf der Kommunen liege ausdrücklich eine rein ausgabenbasierte und keine aufgabenorientierte Erhebung zugrunde, obwohl die tatsächlichen Ausgaben kein geeigneter Indikator für den objektiven Bedarf seien. Des Weiteren habe die gesetzgeberische Vorgehensweise nach dem Zwei-Säulen-Modell eine Abschichtung der Haushalte der kreisfreien Städte nach gemeindlichen Aufgaben und Kreisaufgaben erforderlich gemacht; es existiere jedoch keine abschließende Zuordnung einzelner Aufgaben zur Kreis- oder Gemeindeebene. Zudem unterschieden sich Gemeindeaufgaben in großen Gemeinden hinsichtlich Qualität und Quantität von denen im ländlichen Raum.

34

Zu § 10 FAG 2014 habe es ebenfalls keine Erhebung der tatsächlichen Aufgaben der Zentralen Orte gegeben. Das zugrunde liegende Gutachten greife wiederum nur auf Ausgaben und Zuschussbedarfe zurück. Die planerische Einordnung eines bestimmten Raumes sage wenig über den Bestand der tatsächlich wahrgenommenen Aufgaben aus. Zudem würden die so definierten Kategorien vom Gesetzgeber selbst nicht durchgehalten, etwa wenn die Kosten der Schülerbeförderung ausgeklammert würden. Das Beispiel der Krankenhäuser zeige, dass eine klare Abgrenzung zwischen zentralörtlichen Aufgaben und Kreisaufgaben schwierig sei. Denkbare positive Auswirkungen einzelner Aufgaben würden nicht berücksichtigt.

35

Die Zusammenfassung von Kreisen und kreisfreien Städten in einer Teilschlüsselmasse für Kreisaufgaben verletze das Gebot der interkommunalen Gleichbehandlung, weil diese Teilschlüsselmasse nach Kriterien verteilt werde, welche die kreisfreien Städte strukturell bevorzugten. Während die kreisfreien Städte durch die Berücksichtigung von Soziallasten privilegiert würden, werde der kostentreibende Faktor Fläche zugunsten der Kreise nicht berücksichtigt. Vielmehr habe es der Gesetzgeber ausdrücklich abgelehnt, flächeninduzierte Bedarfe in den Blick zu nehmen. Die Unvergleichbarkeit der Aufgabenerfüllung von Kreisen einerseits und kreisfreien Städten andererseits mache eine derartige Erhebung jedoch erforderlich.

36

Die Systematik und Gewichtung des Soziallastenansatzes des § 9 Abs. 1 FAG 2014 verstoße gleichfalls gegen das interkommunale Gleichbehandlungsgebot. Durch die gewählte Ausgestaltung würden die Soziallasten stets vollständig befriedigt, während alle anderen Bedarfe lediglich in Höhe von 85 % Berücksichtigung fänden. Zudem liege ein Systembruch vor, da mit den Soziallasten ein einzelnes ausgabenbezogenes Element bereits auf der Ebene der Einnahmen berücksichtigt werde. Insgesamt komme den Soziallasten durch die gewählte Ausgestaltung eine überproportionale Bedeutung für die innere Verteilung zu, da eine unterschiedliche Wertigkeit zwar verschiedener, aber allesamt pflichtiger Aufgaben zugrunde gelegt werde.

37

Bei den Vorgaben für die Ermittlung verschiedener Messzahlen habe der Gesetzgeber mehrfach gegen das Gebot interkommunaler Gleichbehandlung verstoßen:

38

So benachteilige die in § 9 Abs. 3 FAG 2014 enthaltene Definition der Umlagekraftmesszahl die Kreise faktisch, indem sie die Städte „arm rechne“. Die Finanzkraft der Kreise und kreisfreien Städte werde nach § 9 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 7 Abs. 2 FAG 2014 maßgeblich von den auf 92 % nivellierten Grundsteuer- beziehungsweise Gewerbesteuermessbeträgen mitbestimmt. Die Ergebnisse entsprächen im Falle der Kreise weitgehend den tatsächlichen Einnahmen der Kreise. Die Einnahmen der Städte seien jedoch zu deren Gunsten unrealistisch schwach gewichtet. Denn die Hebesätze der kreisfreien Städte seien üblicherweise höher als die Hebesätze im kreisangehörigen Raum, so dass es durch die gewählte Methodik bewusst zu einer Unterbewertung der tatsächlichen Steuereinnahmen der kreisfreien Städte komme.

39

Zudem werde bei der Bildung der durchschnittlichen Hebesätze nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 FAG 2014 nicht zwischen ländlichen und abgelegenen Räumen einerseits und zentralen, insbesondere städtischen Räumen andererseits differenziert. Hierdurch würden die kreisfreien Städte mit ihren hohen Hebesätzen bevorzugt. Der sich aus der Spreizung zwischen Nivellierung und Realität ergebende Effekt werde dabei durch die zu niedrige Ansetzung der Mindesthebesätze noch verstärkt. Eine weitere Benachteiligung der kreisangehörigen Gemeinden ergebe sich in diesem Zusammenhang schließlich aus den Vorgaben zur Bestimmung des maßgeblichen Durchschnitts der Hebesätze. Dieser Durchschnitt werde allein auf der Basis der Hebesätze der kreisangehörigen Gemeinden – und damit unter Ausblendung der (regelmäßig höheren) Hebesätze der kreisfreien Städte – gebildet. Dies begünstige erneut die kreisfreien Städte, deren tatsächlich höheres Steueraufkommen in der Folge teilweise unberücksichtigt bleibe.

40

Weiterhin liege eine Ungleichbehandlung der Gemeinde- und Kreisaufgaben bezogen auf die Ausgleichsquoten nach § 5 Abs. 2 beziehungsweise § 9 Abs. 1 Satz 2 FAG 2014 vor. Während bei den Gemeindeaufgaben nur ein Differenzausgleich in Höhe von 70 % erfolge (§ 5 Abs. 2 FAG 2014), betrage der Ausgleich bei den Kreisaufgaben 85 % (§ 9 Abs. 1 FAG 2014).

41

Die hinter den Positionen in § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 (Theater und Orchester), Nr. 6 (Frauenhäuser) und Nr. 7 (Büchereien) FAG 2014 stehenden Bedarfe seien zugunsten der Zentralen Orte „doppelt“ berücksichtigt. Durch die dementsprechende Verringerung der für Schlüsselzuweisungen zur Verfügung stehenden Beträge wirke sich dies zulasten der übrigen Körperschaften aus.

42

Bezogen auf das Gebot der Systemgerechtigkeit rügen die Antragstellerinnen zwei Verletzungen:

43

Ein Verstoß gegen das Gebot der Systemgerechtigkeit liege zum einen darin, dass die Aufteilung der Schlüsselmassen zwar grundsätzlich basierend auf den Zuschussbedarfen der Jahre 2009 bis 2011 berechnet worden sei. Abweichend hiervon seien die Kosten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung außer Betracht gelassen worden, da diese ab 2014 vollständig vom Bund übernommen würden. Demgegenüber seien vergleichbare künftige Entlastungen auf anderer Ebene unberücksichtigt geblieben, etwa die Entlastung der Gemeinden beim Ausbau der Betreuungsmöglichkeiten für unter Dreijährige. Ebenso seien feststehende Mehrbelastungen im Tarif der öffentlich Beschäftigten außer Betracht geblieben.

44

Zum anderen bevorzuge die Abschaffung der bisherigen Umlage nach § 4 des Ausführungsgesetzes zum Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches systemwidrig die kreisfreien Städte. Denn der Wegfall der Umlage werde zwar durch eine entsprechende Erhöhung des Schlüsselzuweisungsbetrages für Kreisaufgaben „kompensiert“. An dieser Schlüsselzuweisungsgruppe (und damit auch an der Erhöhung) partizipierten aber auch die kreisfreien Städte, obwohl bei diesen zuvor keine Umlage existierte, deren Wegfall zu kompensieren sein könnte.

III.

45

1. Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat von einer Stellungnahme abgesehen.

46

2. Nach Auffassung der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung sind die von den Antragstellerinnen angegriffenen Regelungen verfassungskonform.

47

a) Art. 57 Abs. 1 LV sei als Gebot der Verteilungsgerechtigkeit und Verteilungssymmetrie zu verstehen, so dass es auf das ausgewogene Verhältnis der möglichst weitgehend aufgabenangemessenen Finanzausstattung des Landes und der Kommunen ankomme. Die Grunddaten der finanziellen Entwicklung beider Ebenen müssten – soweit vergleichbar – in etwa parallel verlaufen. Dies schließe ein, dass in Situationen finanzieller Restriktionen auch das Land Spar- und Konsolidierungsanstrengungen unternehmen müsse. Von der Leistungsfähigkeit des Landes losgelöste, „absolute“ Rechtspositionen der Kommunen seien hiermit unvereinbar.

48

Bei der Ausgestaltung des Finanzausgleichs seien zudem das Gebot interkommunaler Gleichbehandlung sowie das Gebot der Systemgerechtigkeit und Folgerichtigkeit zu beachten. Grundsätzlich stehe es dem Gesetzgeber frei, von einem selbst gesetzten System mit hinreichenden Gründen abzuweichen. Die verfassungsgerichtliche Kontrolle sei insoweit auf eine Evidenzkontrolle begrenzt.

49

Verfahrensbezogene Pflichten träfen den Gesetzgeber im Übrigen bei der Ausgestaltung des Finanzausgleichs nicht. Insbesondere sei er weder verpflichtet, „wissenschaftlich“ vorzugehen, noch müsse er begründen, warum er ein Gesetz mit einem bestimmten Inhalt erlassen habe.

50

b) Gemessen an diesen Maßstäben sei das angegriffene Gesetz nicht zu beanstanden.

51

aa) Der Gesetzgeber habe die teilweise neue Technik der Verteilung der Finanzausgleichsmasse ausführlich beschrieben. Grundlage hierfür sei eine detaillierte und genaue Ermittlung der kommunalen Aufgaben und Ausgaben über einen für prognostische Betrachtungen ausreichend langen Zeitraum gewesen. Eine stärker aufgabenbezogene Betrachtung könne schon aufgrund des Wortlauts des Art. 57 Abs. 1 LV nicht verlangt werden. In die Bestimmung der erforderlichen Ausgaben flössen zudem derart viele Gestaltungs-, Ermessens- und Einschätzungsfaktoren ein, dass lediglich plausible, rational nachvollziehbare Erwägungen gefordert seien. Da es verschiedene Methoden der Bedarfserhebung gebe, stehe dem Gesetzgeber insoweit ein Spielraum zu. Der Gefahr, zu großzügiges Finanzgebaren unkritisch als Bedarf zu übernehmen beziehungsweise den Bedarf wegen finanzieller Engpässe zu niedrig anzusetzen, sei das Gutachten des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung durch Durchschnittswerte aus den Daten einer Vielzahl von Kommunen und durch eine intensive Quer- und Längsschnittbetrachtung der Ist-Zuschussbedarfe je Einwohner begegnet.

52

bb) Dementsprechend stehe die in § 3 FAG 2014 zum Ausdruck kommende vertikale Finanzverteilung im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben.

53

Sowohl die Einnahmenentwicklung als auch die Auskömmlichkeit der kommunalen Finanzausstattung seien ermittelt und begründet worden. Ergänzend sei darauf zu verweisen, dass der bis 2014 negative Finanzierungssaldo des Landes im Jahr 2015 +256 Millionen Euro betragen habe, während sich der Finanzierungssaldo der Gemeinden und Gemeindeverbände seit 2011 stetig von -40 Euro/ Einwohner auf -8 Euro/ Einwohner verbessert habe. Der Befund der vertikal auskömmlichen Dotierung des Finanzausgleichs werde außerdem durch das im Verfassungsgerichtsverfahren eingeholte Gutachten des Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstituts an der Universität zu Köln vom 23. Mai 2016 (zur „Verteilungssymmetrie im vertikalen Teil des kommunalen Finanzausgleich Schleswig-Holsteins“) belegt.

54

Es liege im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, den vertikalen Teil des kommunalen Finanzausgleichs nach dem Verbundquotenmodell zu organisieren. Im Übrigen werde diese Methode in den Folgejahren – verglichen mit der vorherigen Rechtslage – zu erhöhten Einnahmen der Kommunen führen.

55

Verfassungsrechtlich unproblematisch sei die Zusammensetzung der Finanzausgleichsmasse aus ungebundenen Schlüssel- und (gebundenen) Zweckzuweisungen; hierbei handele es sich um eine geläufige Regelungstechnik des kommunalen Finanzausgleichs. Zudem seien die Zuweisungstatbestände begrenzt und mit einer Höhe von 10 % ebenso unbedenklich wie die Kombination von Festbeträgen und prozentual festgelegten Beträgen.

56

cc) Bei der Ermittlung der in § 4 FAG 2014 enthaltenen Verteilungsquoten habe sich der Gesetzgeber gestützt auf das umfangreiche Gutachten des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung ein umfassendes Bild über die Einnahmen- und aufgabenbezogene Ausgabensituation der Kommunen verschafft. Die Grundentscheidung des § 4 FAG für das Zwei-Ebenen-Modell sei nicht zu beanstanden und würde auch in anderen Bundesländern (Baden-Württemberg, Brandenburg, Niedersachsen und Thüringen) praktiziert. Durch diese Vorgehensweise würden Ausgabenbedarfe bei einzelnen Aufgaben verortet und hierdurch Vergleichbarkeit hergestellt. Der Einwand der Unvergleichbarkeit von Gemeindeaufgaben im ländlichen und im städtischen Raum sei ohne Grundlage. Das Gutachten habe sich mit der Abgrenzung und Bewertung der in § 4 FAG 2014 vorgesehenen zentralörtlichen Aufgaben ausführlich befasst; die von ihm herangezogenen Kriterien für die Zentralörtlichkeit einer Aufgabe entsprächen anerkannten finanzwissenschaftlichen Grundsätzen. Die Bewertung des Bedarfs für zentralörtliche Aufgaben sei ebenfalls gutachterlich fundiert und plausibel begründet.

57

In der Herausnahme der Ausgaben für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung aus den Daten zur Ermittlung der durchschnittlichen Finanzbedarfe liege kein Verstoß gegen das Gebot der Systemgerechtigkeit, da bei diesen – anders als bei den anderen von den Antragstellerinnen angeführten künftigen Änderungen – festgestanden habe, dass der Bund ab 2014 diese Kosten übernehmen werde.

58

Durch die Berücksichtigung der wegfallenden Kosten der Unterkunft der Arbeitsuchenden (§ 22 Abs. 1 und 7 SGB II) bei der Ermittlung der Quoten des § 4 FAG 2014 sei erstmals überhaupt Systemgerechtigkeit zwischen den Kreisen und den kreisfreien Städten hergestellt worden. Denn zuvor hätten die kreisfreien Städte die Kosten allein getragen, während die Kreise über die Umlage anteilig Rückgriff bei den Gemeinden hätten nehmen können. Die Gemeinden würden gleichfalls nicht benachteiligt, da die Verringerung der gemeindlichen Teilschlüsselmasse geringer ausfalle als die Ersparnis der Gemeinden durch Wegfall der Kreisumlage.

59

Die nach §§ 14, 16 f. FAG 2014 berücksichtigten Aufgaben seien nicht „doppelt“ bedacht worden, wie sich aus dem Ergänzungsgutachten des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung aus November 2013, dort Seite 6 ergebe.

60

dd) Im Hinblick auf § 5 Abs. 2 FAG 2014 und die im Vergleich zu § 9 Abs. 1 Satz 2 FAG 2014 unterschiedlichen Ausgleichswerte finde keine Ungleich-, sondern eine Gleichbehandlung der einzelnen Kommunen bei der Ermittlung der Schlüsselzuweisungen aus derselben,aufgabenbezogenen Teilschlüsselmasse statt. Auch wenn es verfassungsrechtlich keine unterschiedliche Wertigkeit der verschiedenen Aufgaben gebe, sei der Gesetzgeber nicht gehindert, mit Blick auf verschiedene Aufgaben unterschiedliche Ausgleichswerte vorzusehen, zumal dann, wenn bestimmte Aufgaben relativ oder absolut besondere Belastungen verursachten.

61

ee) Fiktive Hebesätze wie in § 7 Abs. 2 Satz 1 FAG 2014 würden in allen Finanzausgleichssystemen verwendet. Eine Verpflichtung, differenziert gewogene Hebesätze in Anlehnung an die Größe der Gemeinden oder an andere Kriterien
– etwa an den Standort oder die Lage – zu bestimmen, bestehe nicht. Denn es gebe derzeit kein kohärentes Theoriedesign zur Abbildung nachweisbarer Hebesatzpotentiale. Die angesetzten fiktiven Mindesthebesätze (260 beziehungsweise 310 %) seien in der Höhe nicht zu beanstanden. Sie lägen deutlich unter den tatsächlichen Durchschnittssätzen.

62

Die kreisfreien Städte würden weder durch die Datengrundlagen noch durch den angesetzten Faktor gegenüber den Kreisen „relativ arm“ gerechnet, da die Ermittlung der Schlüsselzuweisungen nicht an kommunale Gruppen, sondern an Aufgaben anknüpfe. Im Übrigen hätten die kreisfreien Städte höhere Soziallasten zu tragen.

63

ff) Die Einführung des Soziallastenindikators in § 9 FAG 2014 sei sowohl dem Grundsatz nach als auch in der konkreten Ausgestaltung verfassungsrechtlich unbedenklich. Die Ermittlung der aus Finanzkraft und Soziallastenmesszahl bestehenden integrierten Messzahl stelle eine besondere Technik zur Ermittlung der Belastung aus den sozialen Aufgaben der Kreise und kreisfreien Städte dar und liege in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers. Es sei im Finanzausgleichssystem nicht unüblich, bereits auf der Finanzkraftseite Faktoren für Finanzbedarfe zu berücksichtigen. Zudem würden dabei alle Kommunen gleich behandelt und es sei sowohl eine Nivellierung als auch eine Vertauschung der Finanzkraftreihenfolge ausgeschlossen.

64

Das Fehlen eines Flächenansatzes korrespondiere schlüssig mit dem Verzicht auf eine sogenannte Einwohnerwertung. Der Gesetzgeber habe sich dafür entschieden, – behauptete – Kosten der Agglomeration nicht zu berücksichtigen, so dass er auch – behauptete – Kosten der Deglomeration unberücksichtigt lassen könne. Der Gesamtmechanismus sei so weniger streitanfällig und kompliziert, ohne an Genauigkeit einzubüßen. Aufgrund welcher konkreten Umstände bei der Erfüllung der jeweiligen Aufgabe aus dem Verhältnis von Einwohnerzahl und Fläche überproportional hohe Kosten entstehen könnten, erschließe sich im Übrigen nicht.

65

Nicht zu überzeugen vermöge die Übertragung der Kritik an § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 FAG 2014 auf das Verhältnis von Kreisen zu kreisfreien Städten. Die Antragstellerinnen könnten nicht zu Recht behaupten, dass bei der Berechnung der Umlagekraftmesszahlen die kreisfreien Städte „arm gerechnet“ würden, während die Einkommenssituation der Kreise realitätsnah abgebildet werde. Denn bei der Umlagekraft der Kreise würden die Steuereinnahmen der kreisangehörigen Gemeinden nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 FAG 2014 berücksichtigt. Im Übrigen müssten sich die kreisfreien Städte nach § 9 Abs. 1 Satz 1 FAG 2014 eine Kreisumlage anrechnen lassen, die sie gar nicht erzielten.

66

3. Der Schleswig-Holsteinische Gemeindetag, der Städteverband Schleswig-Holstein und der Schleswig-Holsteinische Landkreistag haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

67

a) Der Schleswig-Holsteinische Gemeindetag rügt, dass der Finanzausgleich insgesamt nicht auskömmlich dotiert sei, obwohl bereits während des Gesetzgebungsverfahrens eindeutige Indizien für die mangelhafte Finanzausstattung der Kommunen vorgelegen hätten und er ausdrücklich um Prüfung gebeten habe.

68

Leidtragende der Reform seien im Ergebnis in besonderem Maße die Gemeinden mit einer besonders geringen Steuerkraft von weniger als 500 Euro pro Einwohner. Die Erhöhung der Nivellierungssätze in § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 FAG 2014 habe zu einer weiteren Benachteiligung der kreisangehörigen Gemeinden zugunsten der Kreise geführt.

69

Soweit es um die Verteilung der Schlüsselzuweisungen für Gemeindeaufgaben gehe, sei bei der horizontalen Verteilung eine vertiefte Befassung mit gemeindlichen Aufgaben verfassungsrechtlich nicht geschuldet. Die Verteilung anhand der Parameter Steuerkraft und Einwohnerzahl habe sich bewährt. Es sei zulässig, bei der Aufteilung der Teilschlüsselmassen Zuschussbedarfe durch eine typisierende Betrachtung der Ausgaben zu ermitteln, da die Kommunen über das Ob (bei freiwilligen Aufgaben) und das Wie der Aufgabenerfüllung selbst entscheiden dürften.

70

Problematisch sei hingegen der gewählte Verteilungsmechanismus für die Teilmasse für zentralörtliche Aufgaben. Hier sei es bei der Ausgestaltung des § 10 FAG 2014 zu einer Beeinflussung des Ergebnisses durch das Ausgabeverhalten einzelner Kommunen gekommen. Zudem würden die Theater der kreisfreien Städte über eine Kombination von Vorwegabzug und Zuweisungen für zentralörtliche Aufgaben doppelt finanziert. Die Zuschussbedarfe für Berufsschulen seien unvertretbar gewichtet. Ferner seien die einheitlichen Hebesätze des § 7 Abs. 2 Satz 1 FAG 2014 zu kritisieren. Demgegenüber sei die Nichtberücksichtigung der Kosten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung geboten gewesen, um nicht bereits bei Inkrafttreten des Gesetzes offensichtlich unzutreffende Daten zugrunde gelegt zu haben. Eine derart sicher absehbare Kostenentlastung habe es bei keinem anderen Aufgabenbereich von vergleichbarem Gewicht gegeben.

71

b) Der Städteverband Schleswig-Holstein hebt in seiner Stellungnahme hervor, dass die Kommunen in Schleswig-Holstein seit Jahren strukturell unterfinanziert seien. Die Finanzprobleme konzentrierten sich bei den kreisfreien Städten, auf die allein knapp 2/3 aller aufgelaufenen Defizite entfielen, obwohl sie nur rund 22 % der Gesamtbevölkerung stellten. Den kreisfreien Städten fehle weitgehend die Möglichkeit zur Eigenfinanzierung. Daneben zeige sich, dass viele Städte im kreisangehörigen Raum strukturell unterfinanziert seien. Besondere Disparitäten ergäben sich in Bezug auf die Möglichkeit zur Eigenfinanzierung Zentraler Orte im ländlichen Raum. Im Gegensatz hierzu zeige sich bei den Kreisen eine weitgehend stabile Haushaltsentwicklung. Der Finanzausgleich könne nicht einmal eine Mindestfinanzausstattung sicherstellen, die alle Städte und Gemeinden in die Lage versetze, ein Mindestmaß an freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben wahrzunehmen, ohne weitere Defizite aufzubauen.

72

Der Verfassung sei ein solcher Anspruch auf Mindestausstattung zu entnehmen, bei dem die Finanzkraft des Landes unerheblich sei. Erst jenseits dieses Kernbereichs spiele die Leistungsfähigkeit des Landes eine Rolle. Das Beispiel der Krankenhausfinanzierung zeige, dass ein bereits auf den Mindestausstattungsanspruch durchschlagender Leistungsfähigkeitsvorbehalt mit den Aufgaben- und Ausgabenverpflichtungen unvereinbar sei. Im Übrigen habe das Land im Jahr 2015 einen Überschuss von 187 Millionen Euro erwirtschaftet, während die Kommunen per Saldo mit einem Defizit von 22,3 Millionen Euro abgeschlossen hätten. Bereits dies indiziere einen Verstoß gegen die kommunale Mindestfinanzierungsgarantie.

73

Bezogen auf den horizontalen Finanzausgleich sei jedoch kein Verstoß gegen das Gebot der interkommunalen Gleichbehandlung oder der Systemgerechtigkeit und Folgerichtigkeit festzustellen. Aufgrund des sehr heterogenen Aufgabenbestandes der verschiedenen Kommunen bedürfe es eines politischen Einschätzungsspielraumes. Vor diesem Hintergrund sei gerade bei der Regelung über den Soziallastenausgleich und beim Gewicht der paternalistischen Dimension des Finanzausgleichs ein Verfassungsverstoß nicht zu erkennen. Im Übrigen sei das Verfahren „vorbildhaft geführt“ worden. Insbesondere sei die Neubemessung der Teilschlüsselmassen in § 4 FAG 2014 ebenso wie die Nichteinbeziehung der Kosten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung positiv zu bewerten. Dass Zuschussbedarfe für Theater und Orchester doppelt angerechnet worden seien, sei nicht zu erkennen. Nur teilweise überzeuge hingegen der gewählte Zentrale-Orte-Ansatz in § 10 FAG 2014; insoweit wäre es vorteilhafter gewesen, den Status Quo vor der Reform beizubehalten.

74

c) Der Schleswig-Holsteinische Landkreistag beanstandet, dass das der Neukonzeption des Finanzausgleichs zugrunde liegende Gutachten ausschließlich von Ausgaben und nicht von Aufgaben ausgehe. Auf diesem Wege seien verhaltensgeprägte Werte und nicht objektivierte, notwendige Aufwendungen für Aufgaben Ausgangspunkt aller Überlegungen. Es hätte einer Bestandsaufnahme der tatsächlichen Kosten und ihrer Objektivierung durch ein anerkanntes Statistikverfahren bedurft. Derartige Verfahren seien verfügbar, etwa das Standardkostenmodell, ein Benchmarking, die Regressionsanalyse oder die Korridorbereinigung.

75

Unzulässig sei die Ausgestaltung der Schlüsselzuweisungen an Kreise und kreisfreie Städte zum Ausgleich unterschiedlicher Umlagekraft und sozialer Lasten nach § 9 FAG 2014. Im Prinzip werde so der typisierte Aufwand in Form der Ausgangsmesszahl mit der typisierten Finanzkraft in Form der Umlagekraftmesszahl beziehungsweise der Steuerkraftmesszahl verglichen. Durch den Abzug des typisierten Sozialaufwandes von der Ertragsseite – und nicht von der Aufwandsseite – werde dieses System durchbrochen. In der Folge werde dem vollen Aufwand in Form der Ausgangsmesszahl ein künstlich und damit systemwidrig und willkürlich verringerter Ertrag gegenübergestellt. Dadurch erhielten die Soziallasten ein doppeltes Gewicht.

76

Zu weiteren Verzerrungen führe der Umstand, dass die Ausgangsmesszahl und die Steuerkraftmesszahl nicht nach gleichen Kriterien bestimmt würden. Denn über die fiktiven Hebesätze nach § 7 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 FAG 2014 würden die Einnahmemöglichkeiten der kreisfreien Städte nur zu 73,32 %, die der Kreise aber zu 100 % angerechnet. Der einheitliche Nivellierungssatz sowohl für kreisfreie Städte als auch kreisangehörige Gemeinden trotz sehr unterschiedlicher tatsächlicher Steuerkraft führe im Ergebnis zu einer unterschiedlichen Berücksichtigung der tatsächlichen Einnahmekraft. Damit verstoße der Gesetzgeber gegen das Gleichbehandlungsgebot.

77

Zuletzt zeigten die Zahlen der Vierteljahresstatistik 2015, dass der ländliche Raum benachteiligt werde, indem er von der an sich positiven Entwicklung weniger profitiert habe als der städtische Raum. Die kreisfreien Städte hätten sich bei gleichzeitiger Rückführung der Kassenkredite um 10,6 % nur mit 3 % am Kreditmarkt neu verschulden müssen. Der ländliche Raum habe hingegen 10,8 % an neuen Kreditmarktmitteln bei gleichzeitiger Rückführung der Kassenkredite um 12,4 % benötigt.

B.

78

Der Antrag ist zulässig (I.), aber nur teilweise begründet (II.).

I.

79

Der Antrag ist gemäß Art. 51 Abs. 2 Nr. 2 LV i.V.m. § 3 Nr. 2, §§ 39 ff. Landesverfassungsgerichtsgesetz (LVerfGG) zulässig.

80

Für die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags ist es ohne Belang, dass das verfahrensgegenständliche Finanzausgleichsgesetz zwischenzeitlich in Teilbereichen abgeändert wurde. Zwar führen die Änderungen dazu, dass das Gericht nunmehr in Teilen über die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes entscheidet, welches zum Zeitpunkt der Entscheidung so nicht mehr wirksam ist. Maßgeblich ist insoweit allerdings, ob trotz Teiländerung ein objektives Interesse an der Klärung der aufgeworfenen Fragen bestehen bleibt

(vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. März 1999 - 2 BvF 1/94 -, BVerfGE 100, 249 ff., Juris Rn. 36; VerfGH Sachsen, Urteil vom 23. November 2000 - Vf. 53-II-97 -, SächsGVBl 2001, 61 ff., Juris Rn. 55).

81

Ein derartiges objektives Interesse ist im Kontext von Normen eines Finanzausgleichsgesetzes dann anzunehmen, wenn – wie hier – der Regelungsgehalt des angegriffenen Gesetzes lediglich leicht modifiziert wird, die Grundkonzeption jedoch für die nachfolgenden Fassungen gleich bleibt

(vgl. VerfG Brandenburg, Urteil vom 16. September 1999 - VfGBbg 28/98 -, LVerfGE 10, 237 ff., Juris Rn. 78; für Verfassungsbeschwerden: VerfG Brandenburg, Beschluss vom 18. Mai 2006 - VfGBbg 39/04 -, BeckRS 2006, 23349. Im Ergebnis ebenso: VerfGH Bayern, Entscheidung vom 28. November 2007
- Vf. 15-VII-05 -, VerfGHE BY 60, 184 ff., Juris Rn. 170).

So verhält es sich hier. Die geänderten Vorschriften der § 3 Abs. 1 und 2 Nr. 1, § 4 FAG 2014 lassen die angegriffene Grundkonzeption des Finanzausgleichs-gesetzes unberührt.

II.

82

Der Antrag ist nur teilweise begründet. Die zulässigerweise angegriffenen Vorschriften der § 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, § 4 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 und § 9 Abs. 1 FAG 2014 sind verfassungswidrig. Im Übrigen ist der Antrag unbegründet.

83

1. Bedenken hinsichtlich der formellen Verfassungsmäßigkeit des angegriffenen Gesetzes bestehen nicht. Verfahrensfehler im Gesetzgebungsprozess sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

84

Dies gilt auch für die die Beteiligung der kommunalen Ebene im Gesetzgebungsverfahren. Andere Verfassungsgerichte haben den jeweils einschlägigen Landesverfassungen zwar formelle Beteiligungsrechte entnommen

(StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Mai 1999 - GR 2/97 -, LVerfGE 10, 5 ff., Juris Rn. 90 ff.; VerfGH Bayern, Entscheidung vom 28. November 2007 - Vf. 15-VII-05 -, VerfGHE BY 60, 184 ff., Juris
Rn. 213; a.A.: LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 11. Mai 2006 - LVerfG 1/05 -, LVerfGE 17, 297 ff., Juris Rn. 126; StGH Niedersachsen, Urteil vom 7. März 2008 - StGH 02/05 -, NdsMBl 2008, ff., Juris Rn. 70; offen gelassen: StGH Hessen, Urteil vom 21. Mai 2013 - P.St. 2361 -, NVwZ 2013, 1151 ff., Juris Rn. 173).

85

Für eine entsprechende Auslegung der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein bestehen allerdings keine Anhaltspunkte. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Verfassungsreform vom 2. Dezember 2014 (GVOBl 344), in deren Rahmen keine Beteiligungsrechte aufgenommen wurden. Ferner ist zumindest fraglich, ob das Argument der vorgenannten Verfassungsgerichtshöfe, es sei unmöglich, auf anderem Wege einen Schutz der finanziellen Ausstattungsansprüche zu gewährleisten, (noch) greift. Denn in einer ganzen Reihe von Bundesländern (insbesondere Hessen, Niedersachsen, Thüringen) wurden mittlerweile von den jeweiligen Verfassungsgerichten praktikable Vorgaben für die gesetzgeberische Entscheidungsfindung und die Sachverhaltsermittlung eingefordert und in der Folge hierzu Modelle der Umsetzung entwickelt. Die Einführung der in § 29 FAG 2014 vorgesehenen, umfassenden kommunalen Beteiligungsrechte („Beirat für den kommunalen Finanzausgleich“) stellt sich vor diesem Hintergrund als autonome gesetzgeberische Entscheidung dar; von Verfassungs wegen erforderlich sind derartige Beteiligungsrechte nicht.

86

2. Im Hinblick auf die materielle Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Bestimmungen ist zwischen den jeweils als verletzt gerügten Art. 57 Abs. 1 LV (a) und Art. 54 Abs. 1 LV (b) zu differenzieren. Die beiden Verfassungsnormen enthalten eigenständig nebeneinander bestehende Gewährleistungsgehalte.

87

a) Art. 57 Abs. 1 LV normiert umfassende Vorgaben für die Ausgestaltung des schleswig-holsteinischen kommunalen Finanzausgleichs. Dabei ist zwischen dessen Aussagegehalt zum vertikalen und zum horizontalen Finanzausgleich zu trennen. Art. 57 Abs. 1 LV normiert in vertikaler Hinsicht einen dynamischen, an die Höhe der allgemeinen Finanzausstattung des Landes gekoppelten kommunalen Anspruch auf angemessene Partizipation der kommunalen Ebene an der naturgemäß schwankenden Finanzausstattung des Landes (aa). Komplettiert wird dieser Anspruch auf angemessene Finanzausstattung im Hinblick auf die horizontale Verteilung der Finanzausgleichsmasse durch finanzausgleichs-spezifische Ausformungen insbesondere des allgemeinen Gleichbehandlungs-grundsatzes aus Art. 57 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 LV, Art. 3 Abs. 1 GG (bb). Hinzu kommen allgemeine Beobachtungs- und Nachbesserungspflichten (cc).

88

aa) Bezogen auf die vertikale Dimension des Finanzausgleichs enthält Art. 57 Abs. 1 LV das Gebot der Verteilungssymmetrie zwischen der Landesebene und der kommunalen Ebene.

89

(1) Nach Art. 57 Abs. 1 LV stellt das Land im Rahmen seiner finanziellen Leistungsfähigkeit den Gemeinden und Gemeindeverbänden im Wege des Finanzausgleichs Mittel zur Verfügung, durch die eine angemessene Finanzausstattung der Kommunen gewährleistet wird. Ziel soll dabei sein, die Leistungsfähigkeit der steuerschwachen Gemeinden und Gemeindeverbände zu sichern und eine unterschiedliche Belastung mit Ausgaben auszugleichen. Hieraus folgt, dass die Kommunen in angemessenem Umfang an den Einnahmen des Landes zu beteiligen sind. Art. 57 Abs. 1 LV nimmt damit das Verhältnis der Finanzausstattung des Landes zur Finanzausstattung der kommunalen Ebene in den Blick und normiert das Gebot der Verteilungssymmetrie zwischen beiden Ebenen. Er konkretisiert damit – als finanzverfassungsrechtliche Kehrseite der staatsorganisatorischen Zugehörigkeit der Kommunen zu den Ländern –

(BVerfG, Urteil vom 27. Mai 1992 - 2 BvF 1/88 -, BVerfGE 86, 148 ff., Juris Rn. 272 f.)

die (Letzt-)Verantwortung des Landes für die Finanzausstattung der Kommunen.

90

Für ein derartiges, auf das Gebot der Verteilungssymmetrie fokussiertes, Verständnis spricht schon der Wortlaut mit seiner Gegenüberstellung von Leistungsfähigkeit der kommunalen Ebene einerseits und Leistungsfähigkeit des Landes andererseits. Bereits danach bestehen die Hauptfunktionen des kommunalen Finanzausgleichs darin, die Finanzmittel der Kommunen (vertikal) aufzustocken, damit sie ihre Aufgaben erfüllen können (fiskalische Funktion), sowie die Finanzkraftunterschiede zwischen den Kommunen (horizontal) auszugleichen (redistributive Funktion). Ausdrücklich bestätigt wird dies durch die Entstehungsgeschichte der aktuellen Fassung des Art. 57 Abs. 1 LV. Den derzeitigen Wortlaut nahm der Schleswig-Holsteinische Landtag in 2. Lesung am 19. Mai 2010 an. Vorangegangen war ein entsprechender Änderungsantrag der Fraktionen von CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW. In diesem wurde zugleich die Begründung neu gefasst. Sie stellt nun ausdrücklich klar,

dass für den kommunalen Finanzausgleich auch der Grundsatz der Verteilungssymmetrie im Sinne einer Verteilungsgerechtigkeit zwischen dem Land sowie den Gemeinden und Gemeindeverbänden gilt (Landtags-Drucksache 17/546, S. 3 f.).

91

Das Gebot der Verteilungssymmetrie fordert eine gerechte und gleichmäßige Verteilung der im Land insgesamt zur Verfügung stehenden Mittel auf die kommunale Ebene einerseits und die Landesebene andererseits. Dabei ist die Finanzausstattung beider Ebenen gleichermaßen in den Blick zu nehmen, so etwa der Umstand, dass das Land Schleswig-Holstein derzeit unverändert (neben Berlin, Bremen, dem Saarland, Sachsen-Anhalt) jährliche Finanzzuweisungen nach dem Konsolidierungshilfengesetz vom 10. August 2009 (BGBl I S. 2702, 2705) erhält und zu entsprechenden Konsolidierungsleistungen verpflichtet ist (§ 2 Konsolidierungshilfengesetz). Reichen die verfügbaren Mittel nicht aus, ist eine ausgewogene Aufteilung der Mangellage auf Land und Kommunen durch eine beiderseitige Reduzierung der zur Erfüllung der jeweiligen Aufgaben zur Verfügung stehenden Mittel geboten

(vgl. für die Parallelbestimmungen anderer Flächenländer: StGH Niedersachsen, Urteil vom 7. März 2008 - StGH 2/05 -, NdsMBl 2008, 488 ff., Juris Rn 68; LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 30. Juni 2011 - LVerfG 10/10 -, NordÖR 2011, 391 ff., Juris
Rn. 49 ff.; VerfGH Thüringen, Urteil vom 2. November 2011 - VerfGH 13/10 -, LVerfGE 22, 547 ff., Juris Rn. 82 ff.; VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Februar 2012 - VGH N 3/11 -, DVBl 2012, 432 ff., Juris Rn. 25; StGH Hessen, Urteil vom 21. Mai 2013 - P.St. 2361 -, GVBl Hessen 2013, 535 ff., Juris Rn. 92 ff.; VerfGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Mai 2016 - VerfGH 19/13 -, ZKF 2016, 139 ff., Juris Rn. 53).

92

(2) Ausgangspunkt der weiteren verfassungsrechtlichen Auslegung des Art. 57 Abs. 1 LV in vertikaler Hinsicht ist der Umstand, dass die darin enthaltenen prägenden Begriffe der „Angemessenheit“ und der „Leistungsfähigkeit des Landes“ dem Gesetzgeber bei der Umsetzung des Symmetriegebots nach Art. 57 Abs. 1 LV in der vertikalen Dimension einen weiten Einschätzungsspielraum belassen. Verfassungsgerichtlich überprüfbar ist dementsprechend nur die Frage, ob der Gesetzgeber sich bei der gefundenen Regelung innerhalb seines weiten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraumes bewegt hat oder aber dessen – im Folgenden zu bestimmenden – Grenzen überschritten hat

(vgl. VerfG Brandenburg, Urteil vom 22. November 2007 - VfGBbg 75/05 -, LVerfGE 18, 159 ff., Juris Rn. 125 ff.; StGH Niedersachsen, Urteil vom 7. März 2008 - StGH 2/05 -, NdsMBl 2008, 488 ff., Juris Rn 68; LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 30. Juni 2011
- LVerfG 10/10 -, NordÖR 2011, 391 ff., Juris Rn. 47; StGH Hessen, Urteil vom 21. Mai 2013 - P.St. 2361 -, NVwZ 2013, 1151 ff., Juris Rn. 112).

93

(a) Eine verfassungsgerichtliche Überprüfung des vom Gesetzgeber für richtig befundenen Ergebnisses kommt nicht in Betracht (). Die verfassungsgerichtliche Kontrolle beschränkt sich auf die Wahrung von Verfahrens-, insbesondere Sachverhaltsermittlungs- und Abwägungspflichten ().

94

(aa) Eine Ergebniskontrolle, das heißt eine inhaltliche Überprüfung, ob die konkret festgesetzte Finanzausgleichsmasse der Höhe nach „angemessen“ oder (mit Blick auf den Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum) jedenfalls „eindeutig unangemessen“ ist, scheidet aus. Das Landesverfassungsgericht trägt damit dem Umstand Rechnung, dass das Ergebnis der Festlegung der Finanzausgleichsmasse zu einem großen Teil Ausdruck politischer Wertungen ist, die sich direkter gerichtlicher Überprüfung entziehen. Hinzu kommt, dass sich die „angemessene“ Ausstattung nicht durch konkret bestimmbare Maßstäbe, Parameter, Kennziffern, Beträge oder Quoten quasi objektiv-wissenschaftlich festlegen lässt. Die verfassungsgerichtlichen Kontrollmöglichkeiten stoßen schließlich bei Berücksichtigung des Erfordernisses schwieriger Prognosen über den Umfang von Einnahmen, Ausgaben und Aufgaben an ihre Funktionsgrenze

(vgl. StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Mai 1999 - GR 2/97 -, LVerfGE 10, 5 ff., Juris Rn. 95; VerfGH Sachsen, Urteil vom 23. November 2000 - Vf. 53-II-97 -, SächsVBl 2001, 61 ff., Juris
Rn. 83 f.; VerfGH Bayern, Entscheidung vom 28. November 2007
- Vf. 15-VII-05 -, VerfGHE BY 60, 184 ff., Juris Rn. 209 ff.; StGH Niedersachsen, Urteil vom 7. März 2008 - StGH 2/05 -, NdsMBl 2008, 488 ff., Juris Rn. 69; VerfGH Thüringen, Urteil vom 2. November 2011 - VerfGH 13/10 -, ThürVBl 2012, 14 ff., Juris Rn. 83).

95

(bb) Dies kann jedoch nicht dazu führen, dass jedwede verfassungsgerichtliche Kontrolle der vertikalen Ausgestaltung des Finanzausgleichs entfiele. Verfassungsrechtlich geboten und möglich ist jedenfalls eine gerichtliche Überprüfung, ob dem Gesetzgeber bei der Ermittlung der Grundlagen seiner Berechnungen, seinen Prognosen und seinen Wertungen Fehler unterlaufen sind, die mit den Gewährleistungen des Art. 57 Abs. 1 LV nicht zu vereinbaren sind. Dasselbe gilt für die Frage, ob der Gesetzgeber den maßgeblichen Sachverhalt vertretbar ermittelt hat

(vgl. VerfGH Bayern, Entscheidung vom 28. November 2007
- Vf. 15-VII-05 -, a.a.O., Juris Rn. 212 ff.; StGH Niedersachsen, Urteil vom 7. März 2008 - StGH 2/05 -, a.a.O., Juris Rn. 69; VerfGH Thüringen, Urteil vom 2. November 2011 - VerfGH 13/10 -, a.a.O., Juris Rn. 83; VerfGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Mai 2016
- VerfGH 24/13 -, ZKF 2016, 139 ff., Juris Rn. 46 ff.).

96

Einer derartigen Konkretisierung der sich aus Art. 57 Abs. 1 LV ergebenden Anforderungen für das Verfahren der Ausgestaltung des vertikalen Finanzausgleichs stehen im Ergebnis nicht die verschiedentlich erhobenen Einwände gegen derartige Vorgaben für das „innere Gesetzgebungsverfahren“ entgegen, wie sie etwa vom ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts anlässlich seiner Entscheidung zum Asylbewerberleistungsgesetz oder aus der Rechtswissenschaft unter Verweis auf den politischen Charakter des Gesetzgebungsverfahrens geäußert wurden

(BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2012 - 1 BvL 10/10 -, BVerfGE 132, 134 ff., Juris Rn. 70 f; dabei in deutlicher Abgrenzung zur vorherigen Entscheidung desselben Senats vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09 -, BVerfGE 125, 175 ff., Juris Rn. 143 f. und ebenfalls im Dissens zum zweiten Senat, der unverändert von der Möglichkeit ausgeht, dem Gesetzgeber aus spezifischen Bestimmungen des Grundgesetzes heraus Ermittlungs- und Begründungspflichten aufzuerlegen, so etwa in den Urteilen vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 -, BVerfGE 130, 263 ff., Juris Rn. 164 f. und vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 u.a. -, BVerfGE 139, 64 ff., Juris Rn. 129 f.; vgl. hierzu auch: Sanders/ Preisner, DÖV 2015, 761 <764 f.> m.w.N.; Roßmüller, Schutz der kommunalen Finanzausstattung durch Verfahren, 2009, S. 112 ff.).

97

Denn jedenfalls im Kontext des kommunalen Finanzausgleichsrechts lassen sich aus der Struktur und dem Inhalt der Finanzgarantien des Art. 57 Abs. 1 LV Vorgaben für das der Normierung des kommunalen Finanzausgleichsgesetzes vorausgehende Gesetzgebungsverfahren ableiten, welche dieses strukturieren und inhaltlich bestimmen. Hierdurch kann der gesetzgeberische Entscheidungsprozess gerichtlich nachgeprüft und somit letztlich eine gewisse verfassungsrechtliche Bindung der Gestaltung des kommunalen Finanzausgleichs sichergestellt werden

(vgl. VerfGH Thüringen, Urteil vom 21. Juni 2005 - VerfGH 28/03 -, ThürVGRspr. 2006, 165 ff., Juris Rn. 155 ff.).

98

(b) Geprägt wird die verfahrensbezogene Kontrolle durch die verfassungsrechtlich vorgegebene Struktur des Art. 57 Abs. 1 LV (), durch weitere, sich aus Art. 57 Abs. 1 LV ergebende Vorgaben an die im Gesetzgebungsverfahren erforderliche Sachverhaltsermittlung () sowie durch das dieses ergänzende Transparenzgebot ().

99

(aa) Aus dem Symmetriegebot folgt, dass vom Gesetzgeber zu fordern – und entsprechend vom Landesverfassungsgericht zu prüfen – ist, dass er sich im Zuge der Normierung des kommunalen Finanzausgleichs die Finanzausstattung sowohl der Landesebene als auch der kommunalen Ebene vor Augen hält und diese mit dem Ziel einer verteilungsgerechten Abwägungsentscheidung einander gegenüber stellt. Gefordert ist damit ein substantieller Ebenenvergleich. Ein solcher Ebenenvergleich erfordert zumindest, dass

- die Finanzkraft von Kommunen und Land,

- der Finanzbedarf von Kommunen und Land und

- die sich aus der gegebenenfalls bestehenden Differenz ergebende Finanzentwicklung der kommunalen Ebene und der Landesebene

für alle an dem Finanzverbund Beteiligten nachvollziehbar unter Beachtung der Gleichrangigkeit der Aufgaben von Land und Kommunen fachkundig analysiert, bewertet, gewichtet und zueinander in Beziehung gesetzt werden

(vgl. StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Mai 1999 - GR 2/97 -, LVerfGE 10, 5 ff., Juris Rn. 84 ff., 95; VerfGH Bayern, Entscheidung vom 28. November 2007 - Vf. 15-VII-05 -, VerfGHE BY 60, 184 ff., Juris Rn. 217; VerfGH Thüringen, Urteil vom 2. November 2011
- VerfGH 13/10 -, ThürVBl 2012, 55 ff., Juris Rn. 89, 118, 126; VerfGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 6. Mai 2014 - VerfGH 14/11 -, DVBl 2014, 918 ff., Juris Rn. 49 ff.).

100

Dabei gelten die vorgenannten Anforderungen für die – hier vorliegende – grundlegende Neuausrichtung des kommunalen Finanzausgleichs. Inwieweit die Anforderungen abzuschwächen sind, wenn ein den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechender Gesetzgebungsprozess bereits abgeschlossen ist und lediglich eine Fortschreibung erfolgt, kann in diesem Verfahren dahinstehen. Jedenfalls erforderlich ist dann, dass sich der Gesetzgeber mit erkennbaren Veränderungen der Finanzbedarfe von Land und Kommunen auseinandersetzt und erforderlichenfalls die Finanzmittelverteilung im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten des Landes anpasst. Nur bei signifikanten Veränderungen sind erneute, gegebenenfalls auf die veränderten Faktoren beschränkte, Erhebungen nötig

(vgl. VerfGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 6. Mai 2014 - VerfGH 14/11 -, a.a.O., Juris Rn. 49 ff.; VerfG Brandenburg, Urteil vom 16. September 1999 - VfGBbg 28/98 -, LVerfGE 10, 237 ff.; Juris Rn. 93).

101

(bb) In der Durchführung dieses Ebenenvergleiches kommt dem Gesetzgeber ein weiter methodischer Gestaltungsspielraum zu. Art. 57 Abs. 1 LV legt den Gesetzgeber nicht auf ein bestimmtes methodisches Vorgehen fest. Im Grundsatz steht es dem Gesetzgeber frei zu entscheiden, welche Methodik er wählt und wie er diese im Einzelnen ausgestaltet. Dies gilt umso mehr, als es keine wissenschaftlich unumstrittenen Ansätze für den Symmetrievergleich gibt. Das Landesverfassungsgericht überschritte seine Kompetenzen, wenn es dem Gesetzgeber insoweit methodische Vorgaben setzen würde. Es ist nicht seine Aufgabe, eine Auswahl aus den verschiedenen denkbaren Prüfansätzen (etwa Gegenüberstellung der Kommunalisierungsgrade von Ausgaben und Einnahmen, Vergleich der Deckungsquoten auf Landes- und Kommunalebene, vergleichende Betrachtung der Finanzierungssalden und der jeweiligen Verschuldungssituation, Vergleich mit der finanziellen Lage der Kommunen in anderen Bundesländern) vorzugeben

(vgl. StGH Niedersachsen, Urteil vom 7. März 2008 - StGH 2/05 -, NdsMBl 2008, 488 ff., Juris Rn. 69 ff.; VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Februar 2012 - VGH N 3/11 -, DVBl 2012, 432 ff., Juris Rn. 26; VerfGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 6. Mai 2014
- VerfGH 14/11 -, a.a.O., Juris Rn. 49 ff.; wohl ebenso: VerfG Brandenburg, Urteil vom 22. November 2007 - VfGBbg 75/05 -, LVerfGE 18, 159 ff., Juris Rn. 125 ff.; Volkmann, DÖV 2001, 497 <502>).

102

Nicht zwingend ergibt sich aus Art. 57 Abs. 1 LV eine Verengung der Methodenfreiheit des Gesetzgebers auf bestimmte wissenschaftlich gestützte, „modellbasierte“ umfassende und empirische Bedarfsanalysen, wie sie von einigen Landesverfassungsgerichten mit dem Ziel einer umfassenden Ermittlung insbesondere des kommunalen Finanzbedarfs eingefordert wurden

(vgl. etwa VerfGH Thüringen, Urteil vom 2. November 2011 - VerfGH 13/10 -, ThürVBl 2012, 55 ff., Juris Rn. 86).

103

Dieser Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum findet seine Grenzen in dem aus der Struktur des Art. 57 Abs. 1 LV zu entnehmenden Gebot eines zumindestbedarfsorientierten Vorgehens. Erforderlich ist, dass der Gesetzgeber sich mit der jeweils gewählten Methodik den tatsächlichen Bedarfen der zu vergleichenden Ebenen substantiell annähert. Der Gesetzgeber ist damit in der Pflicht sicherzustellen, dass der anzustellende Ebenenvergleich auf einer bedarfsorientierten Erfassung der einzelnen aufgezeigten Vergleichselemente beruht. Je mehr sich der Gesetzgeber in der Wahl seiner Methodik auf abstrakte Kennzahlen und Statistiken, welche auf dem reinen Ausgabeverhalten beruhen, stützen will, desto intensiver muss er sich jeweils die hiermit verbundenen Nachteile und Risiken des gewählten Ansatzes verdeutlichen und erkennbare Schritte unternehmen, um diese auf ein vertretbares Maß abzumildern. Will sich der Gesetzgeber maßgeblich auf solche statistischen Angaben beziehen, so muss sich aus der durchgeführten Gesamtanalyse ergeben, dass er sich im Rahmen des Möglichen bemüht hat, den Schritt von der unkritischen Betrachtung rein ausgabenbezogenen Datenmaterials zu einer gewichteten und bewerteten Analyse echter Bedarfe zu vollziehen

(vgl. StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Mai 1999 - GR 2/97 -, LVerfGE 10, 5 ff., Juris Rn. 98; VerfG Brandenburg, Urteil vom 22. November 2007 - VfGBbg 75/05 -, LVerfGE 18, 159 ff., Juris Rn. 125 ff.; StGH Hessen, Urteil vom 21. Mai 2013 - P.St. 2361 -, NVwZ 2013, 1151 ff., Juris Rn. 116 ff.; Schmitt, DÖV 2013, 452 <459>).

104

Nicht den Vorgaben des Art. 57 Abs. 1 LV entspricht damit ein Vorgehen, das sich allein auf die nur das tatsächliche Ausgabeverhalten der Kommunen und des Landes wiedergebenden (Kommunal-) Statistiken stützt, ohne zumindest kontrollierend Betrachtungen des tatsächlichen Bedarfs einzuführen. Denn der damit vollzogene Schluss von Ausgaben in der Vergangenheit auf tatsächliche Bedarfe auf kommunaler- beziehungsweise Landesseite ist regelmäßig zur adäquaten Erfassung der Bedarfe nicht hinreichend, und zwar in mehrfacher Hinsicht:

105

Erstens können auf dieser Datenbasis chronische Unterfinanzierungen bestimmter Bereiche aus dem Blick geraten. Exemplarisch genannt sei die Möglichkeit, dass zur angemessenen Aufgabenerfüllung an sich erforderliche Personalausgaben aufgrund unbesetzter Stellen gar nicht (mehr) anfallen und entsprechend nicht als Bedarfe in Erscheinung treten. Gleiches gilt, wenn Aufgaben aufgrund nicht vorhandener Mittel nur noch unzureichend oder gar nicht mehr wahrgenommen werden können.

106

Zweitens können durch eine so geartete Herangehensweise unwirtschaftliche Mehrausgaben faktisch als „Bedarf“ anerkannt werden, obwohl die entsprechenden Ausgaben (oft historisch gewachsene) Resultate unwirtschaftlicher Haushaltsführung und nicht tatsächlicher Bedarfe sind. Nicht zuletzt die Berichte des Landesrechnungshofs Schleswig-Holstein zeigen, dass bei einer reinen Betrachtung des Ausgabeverhaltens jedenfalls das Risiko besteht, mit Daten zu operieren, die mit der Ausgangsfrage nach echten Bedarfen nicht zwingend verbunden sind.

107

Drittens können Situationen nicht erkannt werden, in denen sich eine Ebene bei der Erfüllung einer Aufgabe ein wesentlich höheres qualitatives Niveau erlaubt als die andere Ebene für dieselbe Aufgabe oder vergleichbare Bereiche; für beide erscheinen die faktischen Ausgaben als nicht reflektierter, feststehender „Bedarf“ in der Statistik.

108

Die Verpflichtung zu ergänzenden Erhebungen bezieht sich allerdings nur auf Umstände, die durch die an sich zulässigerweise gewählte Herangehensweise eindeutig übergangen oder verkannt zu werden drohen. Maßgeblich für die Frage, ob ergänzender Ermittlungsbedarf besteht, ist, dass die gewählte Herangehensweise objektiv methodenbedingte Schwächen aufweist und dass diese Schwächen erheblichen Einfluss auf die Bildung der Gesamtmasse haben können. Besonderer Betrachtung bedürfen damit insbesondere offenkundige oder allgemein bekannte Defizite der jeweiligen Methodik. Ebenso kann sich aus Stellungnahmen einzelner Beteiligter im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens Bedarf für weitere Erhebungen ergeben, vorausgesetzt, durch diese wird eine objektive Schwäche der vom Gesetzgeber gewählten Herangehensweise substantiiert belegt.

109

Diese Anforderungen folgen aus dem Inhalt und der Struktur des Art. 57 Abs. 1 LV. Bereits im Wortlaut des Art. 57 Abs. 1 LV ist das Spannungsverhältnis zwischen der Möglichkeit einer rein ausgabenbasierten Symmetriebetrachtung und dem Erfordernis ergänzender,bedarfsorientierter Erwägungen angelegt. Einerseits stellt Art. 57 Abs. 1 LV ausdrücklich auf den Begriff „Ausgaben“ ab und knüpft hieran die Ausgleichspflicht des Landes. Andererseits verwendet Art. 57 Abs. 1 LV diesen Begriff nicht isoliert, sondern in Verbindung mit dem Zusatz der „unterschiedlichen Belastung mit Ausgaben“. Der Begriff der „Belastung“ verweist dabei auf tatsächliche Umstände außerhalb des reinen, subjektiven Ausgabeverhaltens – und somit auf die sich aus den zu erfüllenden Aufgaben objektiv ergebenden Lasten. In die gleiche Richtung weist der ebenfalls in Art. 57 Abs. 1 LV als maßgeblicher Leitgedanke verwandte Begriff der „angemessenen“ Finanzausstattung der Kommunen. Bezugspunkt des Begriffs der Angemessenheit ist länderübergreifend – wie hier – der bei den Kommunen anfallende Aufgabenbestand. „Angemessen“ bedeutet „aufgabenadäquat“

(von Mutius, in: von Mutius/ Wuttke/ Hübner, Kommentar zur Landesverfassung Schleswig-Holstein, 1995, Art. 49 Rn. 8; vgl. VerfG Brandenburg, Urteil vom 16. September 1999 - VfGBbg 28/98 -, LVerfGE 10, 237 ff., Juris Rn. 83; VerfGH Thüringen, Urteil vom 21. Juni 2006 - VerfGH 28/03 - ThürVGRspr. 2006, 165 ff., Juris Rn. 134; VerfGH Sachsen, Urteil vom 26. August 2010 - Vf. 129-VIII-09 -, Juris Rn. 131; VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Februar 2012 - VGH N 3/11 -, AS RP-SL 41, 29 ff., Juris Rn. 23; LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 23. Februar 2012 - LVerfG 37/10 -, NordÖR 2012, 235 ff., Juris Rn. 97 ff.).

110

Für das Erfordernis einer zumindest bedarfsorientierten Ebenenanalyse sprechen zudem Sinn und Zweck derart verfassungsrechtlich fundierter Verfahrensvorgaben. Bezweckt werden soll einerseits eine gewisse Rationalität im Verfahren des Finanzausgleichs, andererseits eine Befriedung der mannigfaltigen vorstellbaren Konfliktlinien zwischen Land und Kommunen sowie unter den Kommunen selbst. Beides kann besser gelingen, wenn im Gesetzgebungsverfahren die tatsächlichen aufgabenbezogenen Bedarfe vor Ort in den Blick genommen werden und im weiteren Prozess Eingang in die vorzunehmende Abwägung finden

(vgl. VerfGH Bayern, Entscheidung vom 28. November 2007 - Vf. 15-VII-05 -, VerfGHE BY 60, 184 ff., Juris Rn. 217).

111

Zuletzt ist der enge Regelungszusammenhang mit Art. 54 Abs. 1 LV und dem dort enthaltenen Anspruch auf Mindestausstattung (siehe sogleich b), Rn. 126 ff.) zu berücksichtigen. Zwar kann im Rahmen des vorliegenden Verfahrens offen gelassen werden, wie diese Verfassungsbestimmung praktisch anwendbar zu machen ist. Es bestehen allerdings gute Gründe dafür, dass auch im Rahmen des Art. 54 Abs. 1 LV eine bedarfsorientierte Sachverhaltserhebung erforderlich sein dürfte. Im Hinblick auf die dort normierte Mindestausstattung läge es jedenfalls nahe, eine Befassung mit den mindestens notwendigen Bedarfen vor Ort als verpflichtend anzusehen. Im Ländervergleich zeigt sich insoweit, dass all jene Landesverfassungsgerichte, die – wie hier – einen eigenständigen Mindestanspruch anerkennen, im Weiteren letztlich bedarfsorientierte Analysen als erforderlich erkannt haben

(vgl. StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Mai 1999 - GR 2/97 -, LVerfGE 10, 5 ff., Juris Rn. 98; VerfG Brandenburg, Urteil vom 22. November 2007 - VfGBbg 75/05 -, LVerfGE 18, 159 ff., Juris
Rn. 125 ff.; VerfGH Sachsen, Urteil vom 26. August 2010, - 129-VIII -09 -, Juris Rn. 114; VerfGH Thüringen, Urteil vom 2. November 2011
- VerfGH 13/10 -, ThürVBl 2012, 55 ff., Juris Rn. 86; StGH Hessen, Urteil vom 21. Mai 2013 - P.St. 2361 -, NVwZ 2013, 1151 ff., Juris
Rn. 116 ff.; sowie wohl auch LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 11. Mai 2006 - LVerfG 1/05 -, LVerfGE 17, 297 ff., Juris Rn. 149).

112

Soweit hingegen gegen das Erfordernis bedarfsorientierter Betrachtungen teilweise eingewandt wird beziehungsweise wurde, dass es de facto unmöglich sei, methodensicher einen objektiven Bedarf zu ermitteln

(vgl. z.B. Maas, Die verfassungsrechtliche Entfaltung kommunaler Finanzgarantien, 2004, S. 141 ff.; kritisch auch: Volkmann, DÖV 2001, 497 <500 ff.>; a.A.: Lange, DVBl 2015, 457 <459>),

dürfte dies durch die Praxis nicht bestätigt werden. Zum einen wurden mittlerweile in einigen Flächenländern in Reaktion auf die entsprechende Rechtsprechung der jeweiligen Landesverfassungsgerichte fundierte Betrachtungen tatsächlicher Bedarfe durchgeführt

(vgl. StGH Hessen, Urteil vom 21. Mai 2013 - P.St. 2361 -, a.a.O., Juris Rn. 116 ff. m.w.N., sowie jüngst Duve/ Neumeister, DÖV 2016, 848 <851 ff.>).

Zum anderen sind aufgabenbezogene Kostenanalysen im Kontext der sogenannten Konnexitätsbestimmungen (Art. 57 Abs. 2 LV) mittlerweile regelmäßig durchzuführen, soweit neue Aufgaben auf die kommunale Ebene übertragen werden. Aus diesem Zusammenhang sind daher praktisch erprobte Methoden der aufgabenbezogenen Kostenanalyse verfügbar

(Boettcher, DÖV 2013, 460 <463>: „Eine sachlich begründete und politisch willkürfreie Abschätzung des kommunalen Ausgabenbedarfes ist methodisch durchaus möglich“).

113

(cc) Mit diesen Anforderungen gehen weitere Anforderungen an die Transparenz des zu wahrenden Verfahrens einher. Die benannten gesetzgeberischen Verfahrensschritte müssen nicht nur tatsächlich stattgefunden haben, sondern in den Gesetzesmaterialien (zum Beispiel in der Gesetzesbegründung oder in den Ausschussprotokollen) Niederschlag gefunden haben. Den Gesetzgeber trifft insoweit eine Dokumentations- und Begründungspflicht. Er hat näher auszuweisen, also transparent werden zu lassen, nach welchen Grundsätzen er die für den kommunalen Finanzausgleich zur Verfügung stehenden Mittel festgestellt hat beziehungsweise ob und wie er die ihm zustehenden Einschätzungs- und Gestaltungsspielräume gesehen und ausgefüllt hat. Denn erst dadurch werden Kommunen und Gericht überhaupt in die Lage versetzt, die Wahrung der verfassungsrechtlichen Vorgaben zu überprüfen

(vgl. BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 u.a. -, BVerfGE 139, 64 ff., Juris Rn. 129, 130; VerfGH Thüringen, Urteil vom 2. November 2011 - VerfGH 13/10 -, a.a.O., Juris Rn. 85; VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Februar 2012 - VGH N 3/11 -, a.a.O., Juris Rn. 36; StGH Hessen, Urteil vom 21. Mai 2013 - P.St. 2361 -, a.a.O., Juris Rn. 116 ff.).

114

bb) Für die horizontale Ebene des kommunalen Finanzausgleichs weist das in Art. 57 Abs. 1 LV enthaltene Gebot, „eine unterschiedliche Belastung“ der Kommunen „mit Ausgaben auszugleichen“, dem Gesetzgeber die Aufgabe der angemessenen Mittelverteilung innerhalb der kommunalen Ebene zu.

115

Dabei ist im Grundsatz davon auszugehen, dass dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der hier verfahrensgegenständlichen Bestimmungen des horizontalen Finanzausgleichs – ebenfalls – ein weiter Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zukommt. Das Verfassungsgericht hat insbesondere nicht zu prüfen, ob der Normgesetzgeber die „bestmögliche“ oder „gerechteste“ Lösung gewählt hat. In Respektierung der politischen Handlungs- und Entscheidungsfreiheit des Gesetzgebers ist auch nicht zu prüfen, ob die Regelung notwendig oder gar unabweisbar ist. Der Gesetzgeber darf innerhalb gewisser Grenzen im Rahmen der Gemeindefinanzierung ihm zweckmäßig Erscheinendes verfolgen

(vgl. StGH Niedersachsen, Urteil vom 15. April 2010 - StGH 1/08 -, NdsVBl 2010, 236 ff., Juris Rn. 63; VerfGH Sachsen, Urteil vom 26. August 2010 - Vf. 129-VIII-09 -, Juris Rn. 110; VerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 30. Juni 2011 - LVerfG 10/10 -, NordÖR 2011, 391 ff., Juris Rn. 50 ff.; VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 4. Mai 2016 - VGH N 22/15 -, KommJur 2016, 309 ff., Juris Rn. 54; VerfGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Mai 2016 - VerfGH 19/13 -, NWVBl 2017, 23 ff., Juris Rn. 54).

116

Grenzen des Einschätzungs- und Gestaltungsspielraumes ergeben sich allerdings aus dem Gebot interkommunaler Gleichbehandlung (<1>), dem – eng damit verknüpften – Gebot der Systemgerechtigkeit (<2>), dem Nivellierungs- beziehungsweise Übernivellierungsverbot (<3>) sowie dem Gebot der Aufgabengerechtigkeit (<4>).

117

(1) Das interkommunale Gleichbehandlungsgebot und das Gebot der Systemgerechtigkeit stellen sich als direkte Ausprägung des im Rechtsstaatsprinzip verankerten objektiven Willkürverbots in Verbindung mit dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht dar

(vgl. BVerfG, Urteil vom 7. Februar 1991 - 2 BvL 24/84 -, BVerfGE 83, 363 ff., Juris Rn. 99; BVerwG, Urteil vom 25. März 1998 - 8 C 11.97 -, BVerwGE 106, 280 ff., Juris Rn. 24; VerfG Brandenburg, Urteil vom 22. November 2007 - VfGBbg 75/05 -, LVerfGE 18, 159 ff., Juris Rn. 96; VerfGH Sachsen, Urteil vom 26. August 2010
- Vf. 129-VIII-09 -, Juris Rn. 111; LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 30. Juni 2011 - LVerfG 10/10 -, NordÖR 2011, 391 ff., Juris Rn. 51; VerfGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 6. Mai 2014 - VerfGH 9/12 -, NVwZ-RR 2014, 707, Juris Rn. 34; VerfGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Mai 2015 - VerfGH 24/12 -, NWVBl 2015, 336 ff., Juris Rn. 39).

118

Dabei kann an dieser Stelle dahinstehen, ob das rechtsstaatliche Willkürverbot und seine vorgenannten Ausprägungen im Kontext der Prüfung von Normen des horizontalen Finanzausgleichs in Art. 57 Abs. 1 LV aufgehen oder einen selbständigen verfassungsrechtlichen Maßstab bilden. Die zu diesen allgemeinen verfassungsrechtlichen Gewährleistungen entwickelten Maßgaben sind jedenfalls als integrierte Bestandteile des Art. 57 Abs. 1 LV bei der Überprüfung der angegriffenen Regelungen heranzuziehen

(so ausführlich für den dortigen Verfassungsraum: StGH Niedersachsen, Urteil vom 15. April 2010 - StGH 1/08 -, a.a.O., Juris Rn. 83 ff.).

119

Das Gebot der interkommunalen Gleichbehandlung verbietet es dem Gesetzgeber, bei der Finanzmittelverteilung bestimmte Gebietskörperschaften oder Gebietskörperschaftsgruppen sachwidrig zu benachteiligen oder zu bevorzugen. Das interkommunale Gleichbehandlungsgebot steht willkürlichen Ausgestaltungen des Verteilungssystems entgegen. Es ist verletzt, wenn für die getroffene Regelung jeder sachliche Grund fehlt. Nicht verletzt ist es hingegen, wenn sich der Gesetzgeber auf eine nachvollziehbare und vertretbare Einschätzung stützen kann

(vgl. StGH Niedersachsen, Urteil vom 15. April 2010 - StGH 1/08 -, a.a.O., Juris Rn. 83 ff.; LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 30. Juni 2011 - LVerfG 10/10 -, a.a.O., Juris Rn. 51 m.w.N.; VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Februar 2012 - VGH N 3/11 -, AS RP-SL 41, 29 ff., Juris Rn. 68; VerfGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Mai 2016 - VerfGH 19/13 -, a.a.O.).

120

(2) Das Gebot der Systemgerechtigkeit erfordert, dass die vom Gesetzgeber gewählten Maßstäbe, nach denen der Finanzausgleich erfolgen soll, nicht in Widerspruch zueinander stehen und nicht ohne einleuchtenden Grund verlassen werden. Zwar obliegt es der Entscheidung des Gesetzgebers, nach welchem System er eine bestimmte Materie ordnen will. Weicht er vom selbst bestimmten System ab, kann das jedoch einen Gleichheitsverstoß indizieren

(vgl. StGH Niedersachsen, Urteil vom 15. April 2010 - StGH 1/08 -, a.a.O., Juris Rn. 87 f.; LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 30. Juni 2011 - LVerfG 10/10 -, a.a.O.; VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 4. Mai 2016 - VGH N 22/15 -, KommJur 2016, 309 ff., Juris Rn. 56; VerfGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Mai 2016
- VerfGH 19/13 -, a.a.O., Rn. 56; vgl. zum Gebot der Systemgerechtigkeit außerhalb von Verfahren zum kommunalen Finanzausgleich: BVerfG, Urteil vom 23. Januar 1990 - 1 BvL 44/86 -, BVerfGE 81, 156 ff., Juris Rn. 170; Beschlüsse vom 19. Oktober 1982 - 1 BvL 39/80 -, BVerfGE 61, 138 ff., Juris Rn. 37 und vom 6. November 1984 - 2 BvL 16/83 -, BVerfGE 68, 237 ff., Juris Rn. 41).

121

(3) Das Nivellierungs- beziehungsweise Übernivellierungsverbot besagt, dass der Finanzausgleich vorhandene Finanzkraftunterschiede der Kommunen durch die Gewährung von Landesmitteln mildern, sie aber nicht völlig abbauen soll. Erst recht darf die tatsächliche Finanzkraftreihenfolge der Kommunen durch den Ausgleich nicht umgekehrt werden

(Urteil vom 3. September 2012 - LVerfG 1/12 - Rn. 61 m.w.N., SchlHA 2012, 431 ff. = LVerfGE 23, 361 ff. = NVwZ-RR 2012, 913 ff., Juris Rn. 66).

122

(4) Entsprechend den Maßgaben zum vertikalen Finanzausgleich gilt auch für die Ausgestaltung des horizontalen Finanzausgleichs das Gebot der Aufgabengerechtigkeit

(vgl. StGH Niedersachsen, Urteil vom 15. April 2010 - StGH 1/08 -, NdsVBl 2010, 236 ff., Juris Rn. 79; VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Februar 2012 - VGH N 3/11 -, a.a.O., Juris Rn. 79 ff.).

Dieser ist im Grundsatz ebenfalls aufgabenorientiert auszugestalten. Dies betrifft zunächst vorrangig die Aufteilung der Finanzausgleichsmasse insgesamt auf die verschiedenen Teilschlüsselmassen. Wie im vertikalen Ausgleich steht es dem Gesetzgeber beim horizontalen Finanzausgleich frei, die dieser Verteilungsentscheidung zugrunde zu legende Methodik zu wählen. Er ist allerdings verpflichtet, diese auf eventuelle Schwächen zu überprüfen und hat – insbesondere im Falle einer rein ausgabenbasierten Herangehensweise – sicherzustellen, dass gegebenenfalls nicht adäquat erfasste Bedarfe berücksichtigt und gewichtet werden. Gefordert ist damit eine aufgabenorientierte Betrachtung auch bei der Bildung der Teilschlüsselmassen. Nicht zuletzt um überhaupt eine verfassungsgerichtliche Kontrolle der Entscheidungsfindung zu ermöglichen, müssen die gesetzgeberischen Erwägungen Eingang in die Gesetzesmaterialien finden.

123

Keine weiteren Anforderungen ergeben sich hingegen auf der Ebene der Aufteilung der Teilschlüsselmassen auf die einzelnen Zuweisungsempfänger. Eine derartige Vorgabe zur Feinsteuerung auf individueller Zuweisungsempfängerebene wäre mit der Zulässigkeit von Pauschalisierungen bei der Ausgestaltung des Finanzausgleichs unvereinbar. Das Gebot bedarfsorientierter Ausgestaltung verlangt keine aufgabenorientierte Betrachtung der Kostenbelastung jedes einzelnen Zuweisungsempfängers. Insoweit ist den Vorgaben des Art. 57 Abs. 1 LV Genüge getan, wenn der gebildete Zuweisungsmechanismus das Gebot der Gleichbehandlung und Systemgerechtigkeit sowie das Verbot der Nivellierung- beziehungsweise Übernivellierung beachtet und für sich dennoch ergebende Härtefälle einen besonderen Ausgleichsmechanismus vorsieht.

124

cc) Zuletzt unterliegt der Gesetzgeber einer Beobachtungs- und gegebenenfalls Nachbesserungspflicht bei seiner Finanzausgleichsgesetzgebung. Erforderlich ist eine Überprüfung der Stimmigkeit des kommunalen Finanzierungssystems in angemessenen Abständen, unter besonderer Berücksichtigung eventueller Veränderungen der Aufgabenzuschnitte, der Aufgabenverteilung zwischen kommunaler Ebene und Landesebene sowie der für die Aufgabenerfüllung anfallenden Kosten. Der Gesetzgeber darf sich vor diesem Hintergrund nicht darauf beschränken, einmal festgesetzte Werte, Größenordnungen und Prozentzahlen in den folgenden Finanzausgleichsgesetzen fortzuschreiben, ohne sich erneut ihrer sachlichen Eignung zu vergewissern

(vgl. VerfG Brandenburg, Urteil vom 16. September 1999
- VfBbg 28/98 -, LVerfGE 10, 237 ff., Juris Rn. 93; StGH Hessen, Urteil vom 21. Mai 2013 - P.St. 2361 -, GVBl Hessen 2013, 535 ff., Juris
Rn. 116 ff.; VerfGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Mai 2016
- VerfGH 19/13 -, ZKF 2016, 139 ff., Juris Rn. 57).

125

b) Der Regelungsgehalt des Art. 54 Abs. 1 LV beschränkt sich im Kontext des kommunalen Finanzausgleichs auf eine Betrachtung allein der kommunalen Finanzausstattung und dort auf das Verhältnis der für Pflichtaufgaben und für freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben zur Verfügung stehenden Mittel

(für ihren jeweiligen Verfassungsraum mit vergleichbarer Abgrenzung zwischen Anspruch auf angemessene Finanzausstattung im Land-Kommunen-Vergleich einerseits und Mindestanspruch andererseits: VerfG Brandenburg, Urteil vom 22. November 2007 - VfGBbg 75/05 -, LVerfGE 18, 159 ff., Juris Rn. 116 ff.; VerfGH Thüringen, Urteil vom 2. November 2011 - VerfGH 13/10 -, ThürVBl 2012, 55 ff., Juris Rn. 82; StGH Hessen, Urteil vom 21. Mai 2013 - P.St. 2361 -, NVwZ 2013, 1151 ff., Juris Rn. 98 ff.; wohl auch: StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Mai 1999 - GR 2/97 -, LVerfGE 10, 5 ff., Juris Rn. 84 ff., 95; VerfGH Sachsen, Urteil vom 23. November 2000 - Vf. 53-II-97 -, SächsVBl 2001, 61 ff., Juris Rn. 58, 83; zustimmend: Schmitt, DÖV 2013, 452 <455>; Henneke, DÖV 2013, 825, <834>; Duve/ Neumeister, DÖV 2016, 848 <849>).

126

Durch Art. 54 Abs. 1 LV wird die kommunale Mindestausstattung gewährleistet, mit der die Lebensfähigkeit jedenfalls der kommunalen Ebene als solcher garantiert ist. Den Kommunen müssen gemäß Art. 54 Abs. 1 LV Mittel in einem Umfang zur Verfügung stehen, die es ihnen ermöglichen, neben den Pflichtaufgaben noch ein Mindestmaß an freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben zu erledigen

(von Mutius, in: von Mutius/ Wuttke/ Hübner, Kommentar zur Landesverfassung Schleswig-Holstein, 1995, Art. 46 Rn. 11; vgl. zu Art. 28 Abs. 2 GG: BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 8 C 1.12 -, BVerwGE 145, 378 ff., Juris Rn. 18 ff.; sowie zu den entsprechenden Bestimmungen anderer Bundesländer: StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Mai 1999 - GR 2/97 -, LVerfGE 10, 5 ff., Juris Rn. 86; VerfGH Sachsen, Urteil vom 23. November 2000 - Vf. 53-II-97 -, SächsVBl 2001, 61 ff., Juris Rn. 82 ff.; VerfGH Saarland, Urteil vom 13. März 2006 - LV 2/05 -, AS RP-SL 34, 1 ff., Juris Rn. 93; VerfGH Bayern, Entscheidung vom 28. November 2007 - Vf. 15-VII-05 -, VerfGHE BY 60, 184 ff., Juris Rn. 203; StGH Niedersachsen, Urteil vom 7. März 2008 - StGH 02/05 -, NdsVBl 2008, 152 ff., Juris Rn. 54 und 62; VerfGH Thüringen, Urteil vom 18. März 2010 - VerfGH 52/08 -, ThürVGRspr 2011, 153 ff., Juris Rn. 33 f.; LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 26. Januar 2012 - LVerfG 33/10 -, Juris Rn. 101).

127

Hintergrund ist, dass das in Art. 54 Abs. 1 und 2 LV verbürgte Selbstverwaltungsrecht die sogenannte Finanzhoheit als ein Kernelement der kommunalen Selbstverwaltung umfasst. Diese garantiert die Befugnis zu einer eigenverantwortlichen Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft im Rahmen eines gesetzlich geordneten Haushaltswesens

(Urteil vom 3. September 2012 - LVerfG 1/12 - Rn. 34, SchlHA 2012, 431 ff. = LVerfGE 23, 361 ff. = NVwZ-RR 2012, 913 ff., Juris Rn. 36; aus der Literatur statt aller: Tettinger/ Schwarz, in: von Mangoldt/ Klein/ Starck, Grundgesetz, 6. Aufl. 2010, Art. 28 Rn. 244 m.w.N.).

128

Die so verstandene, verfassungsmäßig verbürgte kommunale Finanzhoheit bedingt die Gewährleistung einer kommunalen Mindestausstattung. Denn ohne hinreichende finanzielle Ausstattung zur Erledigung nicht nur der pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben verbliebe den Kommunen keine substantielle Hoheit in Bezug auf die Finanzen. Wie das Selbstverwaltungsrecht wäre die Finanzhoheit nicht hinreichend davor geschützt, zu einer letztlich leeren Hülle ohne tatsächlich nennenswerte materielle Befugnisse absinken zu können.

129

3. Gemessen an Art. 57 Abs. 1 LV ist vorliegend die Verfassungswidrigkeit von § 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, § 4 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 und § 9 Abs. 1 des angegriffenen Finanzausgleichsgesetzes festzustellen. Die übrigen angegriffenen Vorschriften sind mit der Verfassung vereinbar.

130

a) Anhaltspunkte, die gegen die Verfassungsmäßigkeit von § 2 Abs. 2 FAG 2014 sprechen könnten, bestehen nicht. In § 2 Abs. 2 FAG 2014 ist lediglich der Grundsatz geregelt, dass das Land überhaupt Zweckzuweisungen vergibt. Die Zulässigkeit von Zweckzuweisungen als solchen – unabhängig von der Höhe und der konkreten Ausgestaltung – wird jedoch selbst in der Antragsschrift nicht weiter in Frage gestellt und ist an sich unumstritten. Dem Land steht es zu, in gewissem Umfang über das Instrument der Zweckzuweisungen seine Vorstellungen über die Priorität und Gewichtung einzelner Aufgabenbereiche in den kommunalen Raum einfließen zu lassen

(vgl. VerfGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 6. Juli 1993 - VerfGH 9/92 -, DÖV 1993, 1003 ff., Juris Rn. 61 ff.; VerfGH Thüringen, Urteil vom 21. Juni 2005 - VerfGH 28/03 -, NVwZ-RR 2005, 665 ff., Juris Rn.195 ff.; wohl auch StGH Niedersachsen, Urteil vom 25. November 1997 - StGH 14/95 u.a. -, NdsStGHE 3, 299 ff., Juris Rn. 116 ff.; vgl. zudem Lange, Kommunalrecht, 2013, § 15 Rn. 214; Rauber, Kommunale Steuer-Zeitschrift, 2012, S. 201, S. 205 ff.; Inhester, Kommunaler Finanzausgleich im Rahmen der Staatsverfassung, 1998, S. 181 f.).

131

b) Die in § 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 FAG 2014 enthaltenen Regelungen über die Höhe der Finanzausgleichsmasse, welche sich grundsätzlich aus dem in § 3 Abs. 1 Satz 1 FAG 2014 definierten Verbundsatz von 17,83 % in Verbindung mit den in § 3 Abs. 2 FAG 2014 definierten Verbundgrundlagen ergibt, stehen nicht im Einklang mit den Vorgaben aus Art. 57 Abs. 1 LV und sind daher verfassungswidrig (aa). Keine durchgreifenden Bedenken bestehen hingegen im Hinblick auf die übrigen Bestimmungen des § 3 FAG 2014 (bb).

132

aa) Das der Regelung der § 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 FAG 2014 zugrunde liegende Verfahren der gesetzgeberischen Entscheidungsfindung entspricht nicht den dargelegten verfassungsrechtlichen Erfordernissen. Die vorgenannten Regelungen sind daher gemessen an Art. 57 Abs. 1 LV als verfassungswidrig einzustufen.

133

(1) Aus der Gesetzesbegründung selbst ergibt sich nicht, dass im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens ein den Anforderungen des Art. 57 Abs. 1 LV genügender, zumindest vertretbarer Ebenenvergleich hinsichtlich der Bildung der vertikalen Finanzausgleichsmasse durchgeführt wurde.

134

Wie oben ausgeführt (siehe oben a) (2) (b), Rn. 98 ff.), setzt eine vertretbare Analyse zur Ausstattung der kommunalen Ebene im Vergleich zur Landesebene zumindest voraus, dass die Finanzkraft von Kommunen und Land, der Finanzbedarf von Kommunen und Land und die sich aus der Differenz ergebende Finanzentwicklung der kommunalen und der Landesebene betrachtet und zueinander in Beziehung gesetzt werden, wobei es weitgehend dem Gesetzgeber überlassen ist, wie und insbesondere anhand welchen Datenmaterials er diese Analyse im Einzelnen durchführt. Die damit für eine vertretbare Mindestanalyse nötigen Elemente wurden in dem hier zur verfassungsgerichtlichen Überprüfung gestellten Gesetzgebungsverfahren nur teilweise erhoben, fehlen aber im Übrigen.

135

Eine Analyse der Einnahmensituation des Landes und der Kommunen sowie eine vergleichende Betrachtung sind zwar gegeben.

136

Aussagen zur Aufgabenbelastung und/ oder zum Finanzbedarf des Landes fehlen hingegen. Insoweit kann dahinstehen, ob eine nachvollziehbare Analyse des Finanzbedarfs der Kommunen gegeben ist. In Ermangelung einer nachvollziehbaren Darstellung des Finanzbedarfs des Landes fehlt zwangsläufig der erforderliche Vergleich dieser beiden Ebenen zueinander. Insoweit kann eine Darstellung des Finanzbedarfs des Landes nicht durch den Hinweis auf die Verkündung der jeweiligen Haushaltsgesetze (Haushaltspläne) ersetzt werden. Aus dem Erfordernis des substantiellen Ebenenvergleiches im Gesetzgebungsverfahren folgt, dass sich der Gesetzgeber selbst und dokumentiert mit dem Vergleich der beiden Ebenen befassen muss. Dass eine Gegenüberstellung der Haushalte sowie gegebenenfalls die Beiziehung weiterer Erkenntnisquellen abstrakt möglich wären, genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen an das Verfahren der gesetzgeberischen Entscheidung zum vertikalen Finanzausgleich nicht.

137

Auch Aussagen zur Finanzentwicklung auf der Seite des Landes fehlen. Dargestellt wird lediglich zu Beginn der entsprechenden Passage der Gesetzesbegründung das „planmäßige strukturelle Defizit des Landes in Höhe von etwa 480 Millionen Euro (wohl: Stand 2014). Die kommunalen jährlichen Defizite werden hingegen für die Jahre 2005 bis 2011 benannt und im Folgenden in verschiedenen Szenarien geschätzt. Ein expliziter Vergleich der Finanzentwicklung von Land und Kommunen ist nicht enthalten und lässt sich aus den enthaltenen Daten auch nicht rückschließen, da den für den kommunalen Bereich für 2005 bis 2014 erhobenen beziehungsweise geschätzten Daten keine entsprechenden Daten für den Landeshaushalt gegenübergestellt werden. Wie sich die Entwicklung des kommunalen Defizits im Vergleich zum Defizit des Landes etwa im vom Land selbst gewählten Referenzzeitraum 2005 bis 2014 darstellt, bleibt offen. Dies ist umso erheblicher, als in der Gesetzesbegründung selbst Indizien benannt werden, die eine stetige Verschlechterung der kommunalen Situation zumindest nahe legen

(sich stetig verschlechternder Bestand an Kassenkrediten auf Seiten der Kommunen, vgl. Landtags-Drucksache 18/1659, S. 34),

und zwar bei einem sich seit 2010 stetig verbessernden Finanzierungssaldo des Landes

(vgl. zu Letzterem: Finanzministerium Schleswig-Holstein, Konsolidierungsbericht 2016 für das Jahr 2015 des Landes Schleswig-Holstein an den Stabilitätsrat, 31. März 2016, online abrufbar unter www.stabilitaetsrat.de).

138

In der Zusammenschau fehlen damit wesentliche Elemente einer substantiellen Ebenenbetrachtung. Die nach dem Symmetriegedanken erforderliche Aussage darüber, ob die Kommunen im Hinblick auf die Gleichwertigkeit von Landes- und kommunalen Aufgaben in angemessenem Umfang an der Finanzkraft des Landes partizipieren, lässt sich derart nicht treffen. Die gesamte Darstellung zielt ihrer Struktur nach im Übrigen gar nicht darauf ab, einen entsprechenden Vergleich des (finanziellen) Wohlergehens beider Ebenen anzustellen, sondern beschränkt sich ersichtlich auf die Anführung einiger Indizien, die die Auskömmlichkeit der Finanzierung der kommunalen Ebene an sich aufzeigen sollen.

139

(2) Dass im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens (oder vorbereitend) weitere Analysen im Sinne eines verfassungsgemäßen Ebenenvergleiches angestellt wurden, lässt sich nicht feststellen. Auf eine kleine Anfrage der CDU-Abgeordneten Nicolaisen zum „tatsächlichen Finanzbedarf“ der Kommunen in Schleswig-Holstein verwies die Landesregierung lediglich auf die allgemeine Gesetzesbegründung

(Landtags-Drucksache 18/1797, S. 1).

140

(3) Auch im weiteren Verlauf im Anschluss an das Gesetzgebungsverfahren vermag das Gericht keine Heilung der aufgezeigten Verfahrensmängel festzustellen. Dabei kann dahinstehen, ob eine derartige, dem Gesetzgebungsverfahren nachlaufende, insbesondere innerprozessuale Heilung überhaupt möglich ist

(ablehnend etwa: VerfGH Thüringen, Urteil vom 21. Juni 2005
- VerfGH 28/03 -, Juris Rn. 186; VerfGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. März 2011 - VerfGH 20/10 -, OVGE MüLü 53, 296 ff., Juris Rn. 89; StGH Hessen, Urteil vom 21. Mai 2013 - P.St. 2361 -, NVwZ 2013, 1151 ff., Juris Rn. 132, 180; a.A. wohl: Roßmüller, Schutz der kommunalen Finanzausstattung durch Verfahren, 2009, 129 ff.).

141

Jedenfalls liegen hier keine weiteren Erhebungen vor, die geeignet wären, die obigen Verfahrensmängel zu heilen. Dies gilt insbesondere für das innerprozessual beigebrachte Gutachten

(Finanzwissenschaftliches Forschungsinstitut an der Universität zu Köln, Gutachten zur Verteilungssymmetrie im vertikalen Teil des kommunalen Finanzausgleich Schleswig-Holsteins, 23. Mai 2016).

142

Dieses wurde zum einen von der Landesregierung eingeholt und nur zum Zwecke der Verifikation des Ergebnisses des Gesetzgebungsprozesses vorgelegt. Dafür dass der Gesetzgeber, also der Schleswig-Holsteinische Landtag, sich dieses zu Eigen gemacht hat, ist nichts ersichtlich. Dies wäre aber nötig, da insbesondere die Entscheidung über die anzuwendende Methodik gerade der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers unterliegt.

143

Zum anderen genügten die in dem Gutachten enthaltenen Abwägungen nicht den obigen Anforderungen. Die Frage der Verteilungssymmetrie wird in dem Gutachten maßgeblich anhand des sogenannten „Symmetriekoeffizienten“ überprüft, der seinerseits wiederum auf rein ausgabenbasierten Daten beruht. Eine den obigen Anforderungen genügende bedarfsorientierte Betrachtung ist damit aus den aufgezeigten Gründen nicht möglich. Dasselbe Institut räumt hierzu im Übrigen in anderen Gutachten (so etwa zum vertikalen Finanzausgleich in Brandenburg) ein, dass die „solitäre“ Verwendung des Symmetriekoeffizienten, wie hier vorgeschlagen, möglicherweise nicht hinreichend aussagekräftig ist:

Die Ausgabensymmetrie der Einnahmen kann als bestmögliche Annäherung an Aufgabensymmetrie verstanden werden, die aus Finanzdaten nicht unmittelbar ablesbar ist. Wegen des solitären Standes des Symmetriekoeffizienten werden allerdings fokussierte Teil- und Umfeldindikatoren als „Stressfaktoren“ betrachtet, die unter Umständen manche Trends schneller und pointierter aufzeigen und so zur ergänzenden Plausibilisierung und Validierung des Symmetriekoeffizienten genutzt werden können. Hierzu werden Ausgaben- und Einnahmenaggregate sowie die Entwicklung von Schulden und Finanzierungssaldi herangezogen, die mögliche Schieflagen einer staatlichen Ebene unmittelbar aufzeigen. Sollte sich eine Ebene systematisch schlechter entwickeln, wäre dies ein erstes Indiz dafür, dass es die Finanzmittelausstattung durch den Finanzausgleich anzupassen gilt. Derartige differenziertere Betrachtungen sollen Fehlentwicklungen frühzeitig offenlegen, die aus den aggregierten Zahlen mitunter (noch) nicht erkennbar sind. Die differenziertere Betrachtung ist zur Ergänzung des Symmetriekoeffizienten auch insofern bedeutsam, da ein alleiniges Abstellen auf die aggregierten Ausgabenanteile langfristig bedenkliche Anreize zu Mehrausgaben auf beiden Seiten des Vergleichs setzen kann. (Finanzwissenschaftliches Forschungsinstitut an der Universität zu Köln, Bericht Nr. 18 - Begutachtung des kommunalen Finanzausgleichs in Brandenburg, 2015, S. 64).

144

Dort wird entsprechend ein „angereicherter Symmetriekoeffizient“ verwandt, das heißt das Ergebnis wird anhand weiterer Indikatoren umfangreich validiert und differenzierter betrachtet

(Finanzwissenschaftliches Forschungsinstitut an der Universität zu Köln, Bericht Nr. 18 - Begutachtung des kommunalen Finanzausgleichs in Brandenburg, 2015, S. 64 ff.).

145

Weshalb für Schleswig-Holstein keine derartigen ergänzenden Betrachtungen anzustellen sein könnten, erschließt sich aus dem Gutachten nicht.

146

bb) Nicht erfasst von der Verfassungswidrigkeit der Bestimmung der Finanzausgleichsmasse werden § 3 Abs. 1 Satz 2 bis Satz 4 sowie Abs. 3 und 4 FAG 2014.

147

Durch § 3 Abs. 1 Satz 3 FAG 2014 wird die Finanzausgleichsmasse in den Jahren 2015 bis 2018 für die Konsolidierungshilfen nach § 11 FAG 2014 jährlich um 15 Millionen Euro erhöht. Quasi überobligatorische, freiwillige gesetzlich definierte „Zugaben“ des Landes an die kommunale Ebene sind ohne Weiteres, und zwar auch im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes, zulässig. Sie können insoweit allerdings nicht zur Begründung der Auskömmlichkeit der Finanzausgleichsmasse als solcher herangezogen werden. Um eine derartige, zulässige Zusatzleistung handelt es sich bei den in § 3 Abs. 1 Satz 3 FAG 2014 gewährten Zuführungsbeträgen. Wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt, ging der Gesetzgeber davon aus, dass die Finanzausgleichsmasse gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 FAG 2014 auch ohne die besonderen Zuführungsbeträge des § 3 Abs. 1 Satz 3 FAG 2014 auskömmlich sei. In der Gesetzesbegründung wird insoweit eine Darlegung der Auskömmlichkeit der Finanzausgleichsmasse ohne Berücksichtigung der fraglichen Zuführungsbeträge angestellt

(Landtags-Drucksache 18/1659, S. 40 oben sowie Anlage 3)

und bei der Einzelbegründung der Zusammensetzung und Höhe der Finanzausgleichsmasse nach § 3 FAG 2014 wird explizit darauf hingewiesen, dass die in Absatz 1 Satz 3 der Vorschrift enthaltenen zusätzlichen Zuführungsbeträge nicht Eingang in die Berechnungen gefunden haben

(Landtags-Drucksache 18/1659, S. 53 vorletzter Absatz).

148

Nichts anderes gilt im Übrigen hinsichtlich der in § 3 Absatz 1 Satz 4 FAG 2014 enthaltenen Regelung. Durch diese wird die Finanzausgleichsmasse unbefristet um 11,5 Millionen Euro für Zuweisungen für Infrastrukturlasten nach § 15 Abs. 4 FAG 2014 erhöht. Auch insoweit handelt es sich um im obigen Sinne zusätzliche Zuführungsbeträge, die als solche ohne Weiteres zulässig sind. Dies folgt hier schon aus dem Umstand, dass die fragliche Bestimmung in der maßgeblichen Gesetzesbegründung noch gar nicht enthalten war, entsprechend nicht zur Begründung der Auskömmlichkeit der Finanzausgleichsmasse insgesamt herangezogen wurde, da sie eine im politischen Prozess zugestandene Zusatzleistung des Landes an die kommunale Ebene umsetzt.

149

Nicht zu beanstanden sind zuletzt die noch verbleibenden Bestimmungen in § 3 Abs. 1 Satz 2 sowie Abs. 3 und 4 FAG 2014. Für die Verfassungswidrigkeit dieser Regelungen ist nichts vorgetragen oder sonst erkennbar.

150

c) § 4 Abs. 1 Satz 1 FAG 2014 verstößt gegen die zu Art. 57 Abs. 1 LV in seiner horizontalen Dimension entwickelten Vorgaben. Dabei greifen eine erhebliche Zahl der gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 FAG 2014 vorgebrachten Einwände im Ergebnis nicht durch (aa). Diese Vorschrift verstößt jedoch gegen die in Art. 57 Abs. 1 LV enthaltenen Gebote der Aufgabengerechtigkeit und der interkommunalen Gleichbehandlung (letzteres unter dem Aspekt fehlender Erwägungen zur Berücksichtigung rauminduzierter Bedarfe) (bb). § 4 Abs. 2 FAG 2014 verstößt hingegen nicht gegen Art. 57 Abs. 1 LV (cc). Nicht erfasst von der Verfassungswidrigkeit von § 4 Abs. 1 Satz 1 FAG 2014 werden § 4 Abs. 1
Satz 2 bis 5 FAG 2014. Für deren Verfassungswidrigkeit ist nichts vorgetragen oder ersichtlich.

151

Dahinstehen kann, welche Auswirkungen die Verfassungswidrigkeit der Bestimmung der Finanzausgleichsmasse nach § 3 FAG 2014 auf § 4 Abs. 1 Satz 1 FAG 2014 hat. Ob das Gebot der Systemgerechtigkeit erfordert, dass der Gesetzgeber bei der Bestimmung der Teilschlüsselmassen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 FAG 2014 nur an eine ihrerseits verfassungsmäßige Bestimmung der Finanzausgleichsmasse insgesamt anknüpfen darf, andernfalls die Festlegung der Teilschlüsselmassen bereits aus diesem Grunde zu beanstanden wäre, bedarf wegen der vorliegenden Verletzungen des Art. 57 Abs. 1 LV durch § 4 Abs. 1 Satz 1 FAG 2014 keiner Entscheidung.

152

aa) Keine verfassungsrechtlich erheblichen Einwände gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 FAG 2014 vermag das Gericht im Hinblick auf mehrere vorgetragene Verletzungen des interkommunalen Gleichbehandlungsgrundsatzes (<1>) und das Gebot der Systemgerechtigkeit (<2>) zu erkennen.

153

(1) Weder die Verteilung nach Aufgabenträgern (), die Ausgestaltung der Teilschlüsselmasse für Zentrale Orte () noch die angebliche Berücksichtigung von Zinslasten () bewirken eine Verletzung des interkommunalen Gleichbehandlungsgebots.

154

(a) Die Verteilung der Finanzausgleichsmasse im Wesentlichen anhand eines Zwei-Säulen-Modells nach Aufgabenträgern verstößt nicht gegen Art. 57 Abs. 1 LV. Insbesondere liegt keine Verletzung des interkommunalen Gleichbehandlungsgebots vor.

155

Hierfür ist – wie dargelegt (siehe oben 2. a) bb) (1), Rn. 117 ff.) – nicht maßgeblich, ob der Normgesetzgeber die „bestmögliche“ oder „gerechteste“ Lösung gewählt hat. Diesem steht vielmehr ein weiter (auch methodenbezogener) Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu. Maßgeblich ist nur, ob durch das gewählte Modell eine willkürliche, sachlich nicht vertretbare Differenzierung eingeführt wurde. Dies ist nicht der Fall.

156

Die Aufteilung in die beiden Gruppen Gemeinde- beziehungsweise Kreisaufgaben knüpft an allgemein anerkannte und im Kommunalrecht festgeschriebene Kategorien an. Dies ist nicht zu beanstanden. Hiergegen spricht auch nicht, dass Folge dieser Differenzierung ist, dass im Rahmen der Ermittlung der Höhe der jeweiligen Schlüsselzuweisungsmassen je Teilgruppe die Haushalte der kreisfreien Städte in Gemeinde- beziehungsweise Kreisaufgaben aufzuteilen sind. Diese Aufteilung mag methodisch anspruchsvoll sein. Der Gesetzgeber hat sich diese Problematik vergegenwärtigt und nach ausführlicher und jedenfalls nicht unvertretbarer Abwägung der Vor- und Nachteile dazu entschlossen, diesen Ansatz zu wählen. In dem hierzu eingeholten Gutachten heißt es:

Es wird deutlich, dass auf Basis der inhaltlichen Kriterien in Schleswig-Holstein die überwiegende Zahl der Argumente für die Beibehaltung der Aufteilung der Teilmassen nach dem Zwei-Ebenen-Modell in Kreis- und Gemeindeaufgaben spricht. Auch die Entwicklungen in anderen Bundesländern haben gezeigt, dass im Falle von Systemumstellungen ausschließlich Wechsel von Säulen- zu Ebenen-Modellen durchgeführt worden sind (Niedersächsisches Institut für Wirtschaftsforschung, Gutachten zur Fortentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs in Schleswig-Holstein, 2013, S. 21).

157

Die durch diese Entscheidung notwendig gewordene Aufteilung der Haushalte der kreisfreien Städte ist sodann in sich nachvollziehbar und schlüssig ausgestaltet worden (Aufteilung der Haushalte der kreisfreien Städte analog der faktischen Verteilung der Aufgabenzuständigkeit im kreisfreien Raum). Eine ausführliche Darstellung der sich ergebenden methodischen Probleme und deren – jeweils nachvollziehbarer – Auflösung ist in den Gesetzgebungsmaterialien enthalten:

Diese Aufteilung steht vor der Herausforderung, dass keine abschließende Zuordnung einzelner Aufgaben zur Kreis- oder Gemeindeebene existiert. Vielmehr ergibt sich die Aufgabenteilung zwischen den Kreisen und ihren Gemeinden meist aus praktischen, an den jeweiligen örtlichen Bedingungen orientierten Erwägungen bzw. ist das Verhältnis der Wahrnehmung einzelner Aufgaben z. T. auch historisch begründet und damit nicht ohne Ansicht des tatsächlichen Ausgabenverhaltens von außen zu bestimmen. Der Gutachter hat sich daher dazu entschieden, die Haushalte der kreisfreien Städte anhand der faktischen Aufgabenerfüllung im kreisangehörigen Raum aufzuteilen. Diese Methode wurde auch in früheren Gutachten des Auftragnehmers erfolgreich genutzt (u. a. Quellen: Hardt/Schmidt (1998), Niedersächsisches Landesamt für Statistik (2004), Hardt/Schiller (2006), Cordes et al. (2012a)). (…) (Niedersächsisches Institut für Wirtschaftsforschung, Gutachten zur Fortentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs in Schleswig-Holstein, 2013, S. 7).

158

Nicht gefolgt werden kann den Antragstellerinnen in diesem Zusammenhang mit der Behauptung, die gewählte Methodik der Aufteilung der Haushalte sei unzulässig, da „Gemeindeaufgaben in großen Gemeinden hinsichtlich Qualität und Quantität völlig andersartig seien als im ländlichen Raum“. Diese – von der Landesregierung bestrittene – Behauptung erschließt sich nicht aus sich selbst und ist auch in der Antragsschrift nicht weiter begründet. Die allein zu prüfende Vertretbarkeit der gutachterlichen Herangehensweise kann sie so nicht erschüttern.

159

(b) Keine durchgreifenden Bedenken bestehen des Weiteren gegen die Einführung einer Teilschlüsselmasse für zentralörtliche Aufgaben in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 FAG 2014. Die besondere Berücksichtigung zentralörtlicher Funktionen ist nach den verfassungsrechtlichen Anforderungen zulässig. Maßstab ist dabei wiederum das Gebot der interkommunalen Gleichbehandlung und damit die abstrakte Vertretbarkeit des gewählten Parameters.

160

Zweifel an der Zulässigkeit der Berücksichtigung von Zentralität könnten sich zwar beim Blick über die schleswig-holsteinischen Landesgrenzen ergeben. Sowohl auf Bundesebene als in der Rechtsprechung der anderen Landesverfassungsgerichte wird die Zulässigkeit von Zentralitätsindikatoren teilweise in Frage gestellt

(Ablehnend: LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 9. Oktober 2012
- LVG 23/10 -, DVBl 2012, 1494 ff.; jedenfalls kritisch: BVerfG, Urteil vom 27. Mai 1992 - 2 BvF 1/88 u.a. -, BVerfGE 86, 148 ff., Juris
Rn. 317 ff.; Inhester, Kommunaler Finanzausgleich im Rahmen der Staatsverfassung, 1998, S. 167 ff.; Henneke/ Pünder, Recht der Kommunalfinanzen, 2006, S. 505 f.; a.A.: VerfGH Sachsen, Urteil vom 23. November 2000 - Vf. 53-II-97 -, SächsVBl 2001, 61 ff., Juris Rn. 86; VerfG Brandenburg, Beschluss vom 18. Mai 2006
- VfGBbg 39/04 -, LKV 2006, 505 ff.).

161

Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass Zentralität üblicherweise an der Einwohnerzahl festgemacht wurde. Entsprechend verwenden die jeweiligen Gesetze regelmäßig Nebenansätze, die die Schlüsselzuweisungen abhängig von der Einwohnerzahl ansteigen lassen (Konzept der sogenannten „Einwohnerveredelung“). Vorrangig diese konkrete Ausgestaltungsform steht im Fokus der Kritik

(ausführlich: BVerfG, Urteil vom 27. Mai 1992 - 2 BvF 1/88 u.a. -, a.a.O., Juris Rn. 317 ff.; LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 9. Oktober 2012 - LVG 23/10 -, a.a.O.).

162

Eine derartige – an Einwohnerzahlen je Flächeneinheit anknüpfende – Regelung steht vorliegend jedoch nicht zur Prüfung. Abweichend vom üblichen Modell knüpft die schleswig-holsteinische Regelung an die Einstufung nach Maßgabe des Landesplanungsgesetzes als Oberzentrum, Mittelzentrum etc. an. Insoweit vermögen die vorgebrachten Einwände gegen die außerhalb Schleswig-Holsteins anzutreffenden Ausgestaltungen hier schon strukturell nicht durchzugreifen.

163

Bedenken gegen die allein maßgebliche Vertretbarkeit der so von anderen Regelungsmodellen abgegrenzten schleswig-holsteinischen Regelung bestehen nicht. In dem zugrunde liegenden Gutachten des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung (ab S. 33) ist plausibel dargelegt, dass eine Anlehnung an die Maßstäbe des Landesplanungsrechts sinnvoll ist, um Zentralitätskosten festzustellen:

Aus Sicht der Gutachter ist die Argumentation des schleswig-holsteinischen Gesetzgebers für eine Teilmasse für übergemeindliche Aufgaben plausibel und nachvollziehbar. Der Umfang übergemeindlicher Aufgaben, d. h. Aufgaben die für Einwohner des Verflechtungsbereichs erbracht werden, ist zunächst unabhängig von der eigenen Einwohnerzahl. Ein Zusammenhang besteht hier nur deshalb, weil größere Städte auch häufiger zentralörtliche Funktionen übernehmen als kleine Städte. Die Einwohnerzahl alleine bietet aber keine hinreichende Begründung für das Ausüben zentralörtlicher Funktionen. Eine solche ergibt sich ausschließlich aus einer entsprechenden zentralörtlichen Einstufung im Landesentwicklungsplan. Der Zuschussbedarf für übergemeindliche Aufgaben steigt mit der Größe des Verflechtungsbereichs und der Hierarchiestufe im zentralörtlichen System und wird durch die räumliche Nähe zu anderen zentralen Orten (Nachbarschaftseffekte) verringert. So ist zu erwarten, dass ein Mittelzentrum im ländlichen Raum einen umfassenderen Bestand an übergemeindlichen Angeboten vorhalten muss als ein Mittelzentrum in einem Verdichtungsraum. Im Verdichtungsraum werden viele Einwohner entsprechend spezialisierte Angebote auch im Oberzentrum wahrnehmen, da sie dieses z. B. als Berufspendler täglich frequentieren. Im ländlichen Raum gibt es die Möglichkeit zur Wahl zwischen verschiedenen zentralen Orten gleicher Stufe aufgrund der größeren Entfernungen häufig nicht. Das bisher genutzte Verfahren der finanzkraftunabhängigen Vergabe der Schlüsselzuweisungen für übergemeindliche Aufgaben ist ebenfalls nachvollziehbar und sollte aus Sicht des Gutachters beibehalten werden. Da hier Leistungen für den Verflechtungsbereich erbracht werden sollen, erscheint ein Rückgriff auf die eigene Finanzkraft nicht gerechtfertigt (Niedersächsisches Institut für Wirtschaftsforschung, Gutachten zur Fortentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs in Schleswig-Holstein, 2013, S. 33).

164

Gründe, die es rechtfertigen könnten, diese Erwägungen als unvertretbar oder willkürlich erscheinen zu lassen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere erscheint die Grundannahme, dass steigende Zentralität dazu führt, dass Angebote von Ortsfremden mitgenutzt werden, derart unmittelbar einleuchtend, dass es fern liegt, diese Annahme als völlig sachwidrig einzustufen. Auch von den Antragstellerinnen sind keine grundlegenden Einwände gegen die abstrakte Zulässigkeit eines so gefassten Zentralitätsindikators vorgebracht worden. Nicht durchzugreifen vermag in diesem Zusammenhang der in der mündlichen Verhandlung am 21. November 2016 vorgebrachte Hinweis der Antragstellerinnen auf das Gutachten des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung für das Land Niedersachsen aus dem Jahr 2015. Zwar ist es zutreffend, dass die Gutachter dort empfahlen, auf die Einführung eines Nebenansatzes für zentralörtliche Aufgaben zu verzichten. Dies erfolgte allerdings nur vor dem Hintergrund einer ausführlichen Erörterung, dass ein solcher Nebenansatz „keinen Mehrwert“ gegenüber dem in Niedersachsen verwandten, nach Einwohnerzahlen differenzierenden Hauptansatz, habe

(Gutachten des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung zur Novellierung des Horizontalen Finanzausgleichssystems in Niedersachsen, August 2015, S. 50 ff, insbesondere S. 53 unten).

165

Dass die Einführung eines zentralitätsabhängigen Nebenansatzes im Hinblick auf einen bereits bestehenden Hauptansatz mit Einwohnerstaffelung keinen signifikanten Vorteil hat, vermag keine Rückschlüsse auf die allein zu prüfende Vertretbarkeit der Einführung einer Teilschlüsselmasse für zentralitätsbedingte Aufgaben in einer Konstellation zu liefern, in der ein Hauptansatz wie in Niedersachsen eben nicht als bereits etablierte Alternative zur Verfügung steht.

166

In der Rechtsprechung der anderen Landesverfassungsgerichte, die sich mit den – wenigen – vergleichbaren Regelungen zu befassen hatten, besteht im Übrigen Einvernehmen, dass eine derart ausgestaltete Einbeziehung von Zentralitätskosten nicht zu beanstanden ist

(VerfG Brandenburg, Beschluss vom 18. Mai 2006 - VfGBbg 39/04 -, LKV 2006, 505 ff.; LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 23. Februar 2012 - LVerfG 37/10 -, NordÖR 2012, 235 ff., Juris Rn. 114 ff.).

167

(c) Keine Verletzung des interkommunalen Gleichbehandlungsgrundsatzes vermag das Gericht zuletzt bei Berücksichtigung der mehrfach im Gesetzgebungsverfahren sowie in dem Parallelverfahren LVerfG 5/15 erhobenen Beanstandung zu erkennen, dass bei der Berechnung zur Verteilung der Schlüsselmasse in § 4 Abs. 1 Satz 1 FAG 2014 die Leistungsfähigkeit der verschiedenen Körperschaften durch Erhebung der verfügbaren Deckungsmittel abzüglich der Zinslasten festgestellt und durch die Einbeziehung dieser „Vergangenheitslasten“ der städtische Raum in der Leistungsfähigkeit vermeintlich „ärmer“ gerechnet worden sei.

168

Das Gericht vermag schon dem Einwand an sich nicht zu folgen. Zwar ist der Befund zutreffend, dass sich in dem zugrunde liegenden Gutachten des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung aus Juli 2013 im Rahmen der allgemeinen Betrachtung der verfügbaren Daten eine Darstellung findet, in der die Zinsausgaben von den allgemeinen Deckungsmitteln abgezogen werden

(Niedersächsisches Institut für Wirtschaftsforschung, Gutachten zur Fortentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs in Schleswig-Holstein, 2013, S. 11 sowie Tabelle 2-2 auf S. 12).

169

Maßgeblich für die hier in Frage gestellte Bemessung der Teilschlüsselmassen ist aber, ob dieser Abzug der Zinslasten auch im Rahmen der Teilschlüsselmassenbildung durchgeführt worden ist. Dies ist entgegen der hierzu erhobenen Beanstandung nicht der Fall. Die prozentuale Aufteilung der Teilmassen ist nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung anhand verschiedener Parameter erfolgt, welche in Kapitel 5.1 des Gutachtens erläutert und in Tabelle 5-3 des Gutachtens aufgezählt sind

(Niedersächsisches Institut für Wirtschaftsforschung, Gutachten zur Fortentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs in Schleswig-Holstein, 2013, S. 41 ff.).

170

Die Zinsausgaben sind hier an keiner Stelle mit erfasst. Insbesondere wird auf der Einnahmenseite nicht auf die im Gutachten eingangs dargelegten Betrachtungen zu den – um Zinseffekte bereinigten – Deckungsmitteln rekurriert, sondern auf die statistischen Steuerkraftmesszahlen sowie die Kreisumlage abgestellt

(Niedersächsisches Institut für Wirtschaftsforschung, Gutachten zur Fortentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs in Schleswig-Holstein, 2013, S. 41).

171

Auch in den berücksichtigten Zuschussbedarfen sind die Zinsausgaben nicht enthalten, da die Zuschussbedarfe anhand der Einzelpläne 0 bis 8 definiert werden, Zinsausgaben aber nach den Ausführungen des Gutachtens im Einzelplan 9 enthalten sind

(Niedersächsisches Institut für Wirtschaftsforschung, Gutachten zur Fortentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs in Schleswig-Holstein, 2013, 44 sowie S. 12).

172

(2) § 4 Abs. 1 Satz 1 FAG 2014 verletzt Art. 57 Abs. 1 LV auch nicht im Hinblick auf das Gebot der Systemgerechtigkeit.

173

(a) Soweit die Antragstellerinnen beanstanden, dass die Abschaffung der bisherigen Umlage nach § 4 Ausführungsgesetz SGB II systemwidrig die kreisfreien Städte bevorzuge, begründet dies keine Verletzung verfassungsrechtlicher Maßstäbe.

174

Dabei ist vorab festzuhalten, dass die Streichung der Umlage in keinem kausalen Zusammenhang mit der Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe steht. Vielmehr wurde die nunmehr gestrichene Umlage überhaupt erst anlässlich der Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe (sogenannte „Hartz-IV“-Reformen) im Jahr 2005 geschaffen. Bis zum Inkrafttreten dieser Gesetzesänderungen im Jahr 2005 beteiligten sich die Gemeinden an den sozialhilfebedingten Kosten der Kreise sowie an den Kosten der Grundsicherung im Alter zu 30 %. Im Zuge der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für Arbeitslose im SGB II entstand hier Korrekturbedarf. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur Änderung des schleswig-holsteinischen Ausführungsgesetzes zum SGB II verständigten sich die kommunalen Landesverbände darauf, an Stelle der 30 %-igen Kostenbeteiligung eine 23 %-ige Beteiligung der kreisangehörigen Gemeinden an den Kreisleistungen nach § 22 SGB II in Form einer Kreisumlage zu übernehmen. Dies wurde schließlich in § 5 des Ausführungsgesetzes zum SGB II vom 14. Dezember 2004 (GVOBl S. 484) so übernommen und mit Änderungsgesetz vom 27. Mai 2011 (GVOBl S. 146) modifiziert. Im Zuge der Neufassung des nunmehr angegriffenen Finanzausgleichsgesetzes wurde diese Regelung gestrichen. Nach der Gesetzesbegründung soll eine Berücksichtigung der den Kreisen entstehenden Kosten nun nicht mehr über die Kreisumlage, sondern direkt über einen entsprechend erhöhten Schlüsselzuweisungsbetrag erfolgen.

175

Das Gericht vermag dem Grundansatz eines Vergleiches zwischen der jetzigen Rechtslage und der Rechtslage vor Inkrafttreten des reformierten Finanzausgleichsgesetzes nicht zu folgen. Dem Gesetzgeber steht es frei – wie geschehen –, das Finanzausgleichssystem grundlegend zu überarbeiten und zu ändern. Maßgeblich ist nach einer derartigen Novellierung, ob das neu geschaffene System in sich kohärent ist und den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt. Hält das Gesetz einer derartigen Überprüfung stand, kann sich die Verfassungswidrigkeit nicht daraus ergeben, dass die neugeschaffene Regelung Veränderungen des Status quo herbeiführt. Konkret für die hier aufgeworfene Frage folgt daraus, dass maßgeblich nur sein kann, ob die Aufteilung der gebildeten Teilschlüsselmassen für sich betrachtet verfassungsgemäß ist. Ist dies der Fall, so kann die Verfassungswidrigkeit nicht aus dem Umstand erwachsen, dass sich durch die neue Rechtslage, gemessen an der Rechtslage zuvor, Veränderungen in den Finanzzuweisungen, etwa im Verhältnis Kreise zu kreisfreien Städten, einstellen.

176

(b) Nicht durchzugreifen vermag des Weiteren der Einwand der Antragstellerinnen, der Gesetzgeber habe nicht isoliert nur die Kosten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung außer Betracht lassen dürfen. Insbesondere einen Verstoß gegen das Gebot der Systemgerechtigkeit kann das Gericht darin nicht erkennen.

177

Für die erfolgte Nichtberücksichtigung der Kosten der Grundsicherung an sich gibt es im Hinblick auf den feststehenden Wegfall dieser Kostenposition einen unmittelbar nachvollziehbaren und im Gesetzgebungsverfahren dargelegten, jedenfalls vertretbaren Grund. Der Gesetzgeber ist nicht gezwungen, bei der Verteilungsentscheidung Kostenpositionen zu berücksichtigen, die mit Sicherheit zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Gesetzes nicht mehr existieren. Dies war bei den Kosten der Grundsicherung aber der Fall.

178

Eine Verletzung des Gebots der Systemgerechtigkeit folgt auch nicht aus dem diesbezüglichen Vorgehen des Gesetzgebers im Übrigen. Das Gericht vermag nicht zu erkennen, dass der Gesetzgeber andere und mit dem Wegfall der Kosten der Grundsicherung vergleichbare künftige Entwicklungen zulasten vor allem der Träger der Kreisaufgaben in nicht vertretbarer Weise unberücksichtigt gelassen hätte.

179

Soweit die Antragstellerinnen insoweit auf die bereits absehbare Erhöhung der Mittel für den Ausbau von Kindertageseinrichtungen für Kinder unter drei Jahren verweisen, fehlt es an der Vergleichbarkeit. Zwar stand auch diese Maßnahme bereits mit erheblichem Vorlauf vor der Verabschiedung des hier verfahrensgegenständlichen Gesetzes fest. Das entsprechende Gesetz wurde Ende des Jahres 2013 verkündet

(Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Tagespflegestellen vom 3. Dezember 2013, ).

180

Jedoch war – anders als bei dem Wegfall der Kosten der Grundsicherung – damit noch nicht geklärt, wann und in welcher Größenordnung hierdurch tatsächlich Entlastungen auf der Ebene der Gemeinden eintreten. Denn durch das Gesetz wurde zunächst nur der Investitionsbank Schleswig-Holstein ein Betrag von 10 Millionen Euro zugeführt. Wie sich diese Mittelverschiebung zu welchem Zeitpunkt auf die kommunalen Haushalte auswirken würde, stand damit nicht zeitgleich mit der Verabschiedung des Gesetzes fest. Vielmehr bedarf es nach dem gewählten Förderansatz einer Reihe von Zwischenschritten (Antragstellung durch einzelne kommunale Körperschaften, Bewilligung etc.), bis die Mittel letztlich vor Ort wirksam werden. Dass die Beträge vor diesem spezifischen Hintergrund nicht bereits im Laufe des Jahres 2014 in die Bemessung der Teilschlüsselmassen nach § 4 FAG 2014 Eingang fanden, ist insoweit jedenfalls nicht unvertretbar.

181

Soweit die Antragstellerinnen des Weiteren auf die Nichtberücksichtigung der Tarifabschlüsse der vergangenen Jahre verweisen, genügen sie jedenfalls nicht ihrer Begründungspflicht. Aus § 20 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 LVerfGG folgt auch im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle, dass zu dem entscheidungserheblichen Sachverhalt substantiiert vorzutragen ist

(vgl. zu dem insoweit gleichlautenden § 23 BVerfGG in einem Verfahren der abstrakten Normenkontrolle: BVerfG, Urteil vom 24. November 2010 - 1 BvF 2/05 -, BVerfGE 128, 1 ff., Juris Rn. 116; ebenso: Graßhof, in: Umbach/ Clemens/ Dollinger-Graßhof beziehungsweise Puttler, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2005, § 76 Rn. 35, § 23 Rn. 17 ff.; Lenz/ Hansel, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2015, § 23 Rn. 12 ff., § 76 Rn. 16; von Coelln, in: Maunz/ Schmidt-Bleibtreu/ Klein/ Bethge, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, § 23 Rn. 54 ff., § 76 Rn. 61).

182

Es ist jedoch weder dargelegt noch selbsterklärend, dass die Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung von Tarifabschlüssen irgendeine signifikante Auswirkung auf das prozentuale Verhältnis der Teilschlüsselmassen des § 4 Abs. 1 Satz 1 FAG 2014 zueinander haben könnte. Insbesondere ist nicht dargelegt, dass die Träger der Kreisaufgaben insoweit unter einer stärkeren Kostenentwicklung zu leiden hätten als die Träger der gemeindlichen Aufgaben oder umgekehrt. Nur dann wäre ein Einfluss auf die Teilschlüsselmassenbildung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 FAG 2014 überhaupt denkbar. Gleiches gilt für den Verweis auf Belastungen aus dem Mindestlohn und den Verpflichtungen zur Tariftreue.

183

Zuletzt folgt nichts anderes aus der in der Gesetzesbegründung dokumentierten Nichtberücksichtigung der Erhöhung der Grunderwerbsteuer. Diese Maßnahme wurde zwar bereits im Laufe des hier verfahrensgegenständlichen Gesetzgebungsprozesses wirksam

(Haushaltsbegleitgesetz vom 13. Dezember 2013, dort Artikel 3 <Änderung des Gesetzes über die Festsetzung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer>, GVOBl S. 494 ff.).

Die Grunderwerbsteuer steht allerdings nach Art. 106 Abs. 2 Nr. 4 GG zunächst allein dem Land Schleswig-Holstein zu

(Hidien, in: Kahl/ Waldhoff/ Walter, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106, Rn. 1443; Kyrill-A. Schwarz, in: von Mangoldt/ Klein/ Starck, Grundgesetz-Kommentar, 6. Aufl. 2010, Art. 106,
Rn. 56; Hopfau, in: Schmidt-Bleibtreu/ Hofmann, Grundgesetz, 13. Aufl. 2014, Art. 106 Rn. 17).

Deren Erhöhung berührt damit zunächst nur das Symmetriegebot und damit die Ausgestaltung des § 3 FAG 2014. Die Einnahmen einzelner kommunaler Akteure erhöhen sich hierdurch nicht direkt, so dass Veränderungen dieser Steuer keinen weiteren Ermittlungsbedarf im Rahmen von § 4 FAG 2014 auslösen.

184

(c) Der Einwand doppelter Berücksichtigung verschiedener Bedarfe, insbesondere der Aufwände für die Theater greift nicht durch. Insoweit ist zunächst festzuhalten, dass die berücksichtigten Bedarfe für die Theater im Hinblick auf die absoluten Beträge nicht mehrfach Eingang in die Berechnungen gefunden haben. Denn die Beträge, die den Körperschaften für Theater über Vorwegabzüge nach § 4 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. § 14 FAG 2014 zukommen sollten, wurden bei der Bemessung der Bedarfe im Rahmen der Teilschlüsselmassenbildung nach § 4 Abs. 1 Abs. 1 Satz 1 FAG 2014 berücksichtigt, führten also zu einer Verringerung des Gewichts dieser Aufgabe bei der Bemessung der Schlüsselzuweisungen. Nur nach Verrechnung dieser Vorwegabzüge noch verbleibende Kosten gingen in die Teilschlüsselmassenbildung ein. Dies ist zwischen den Verfahrensbeteiligten unstreitig und wird zudem schlüssig und nachvollziehbar gutachterlich dargelegt

(Ergänzungsgutachten des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung, 2013, S. 6).

185

Eine verfassungsrechtlich fundierte Notwendigkeit zur vollständigen Herausnahme dieser verbleibenden Kostenpositionen ist nicht zu erkennen. Insbesondere stellt sich die angegriffene Regelungstechnik nicht als systemwidrig dar.

186

Ein genereller Rechtssatz derart, dass kommunale Bedarfe, die mit Vorwegabzügen bedacht werden, nicht im Übrigen noch bei der Bemessung der Teilschlüsselmassen Berücksichtigung finden dürfen, ist Art. 57 Abs. 1 LV nicht zu entnehmen und folgt insbesondere weder aus dem Gebot der Systemgerechtigkeit noch aus dem als verletzt gerügten Gebot interkommunaler Gleichbehandlung. Vielmehr steht es dem Gesetzgeber frei, mittels des Instruments der Vorwegabzüge – in jedoch dem Umfang nach begrenztem Maße – seine strukturpolitischen Ziele auf der Kommunalebene einzubringen und besondere landespolitisch motivierte Anliegen durchzusetzen. Es ist vor diesem Hintergrund nicht festzustellen, dass der Gesetzgeber gehindert sein könnte, einzelne Aufgabenbereiche zusätzlich über die Einstellung in die Berechnungen zur Feststellung der Teilschlüsselmassen durch weitergehende Zweckzuweisungen zu begünstigen. Dass sich hieraus für die entsprechende Aufgabe ein überdurchschnittlicher Deckungsgrad ergibt, ist nicht zu beanstanden. Dies gilt für die Theater im Übrigen in besonderer Weise, da deren Förderung ein Verfassungsauftrag ist (vgl. Art. 13 Abs. 1 und 3 LV).

187

Nicht zu folgen vermag das Gericht schließlich der insbesondere vom Gemeindetag aufgestellten Behauptung einer sich ergebenden Überdotierung der Bedarfe für Theater. Diese kann jedenfalls nicht allein damit begründet werden, dass die Schlüsselmasse für zentralörtliche Aufgaben nach § 4 Abs. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 FAG 2014 im Jahr 2015 mit mehr Mitteln dotiert war als im Gutachten des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung zugrunde gelegt und entsprechend auch der theoretische Anteil der Theater hieran steigt. Eine derartige Argumentation übersieht, dass die den Kommunen nach § 10 FAG 2014 zufließenden Schlüsselzuweisungen gerade nicht zweckgebunden vergeben werden. Aus höheren Schlüsselzuweisungen für eine nicht unerhebliche Anzahl zentralörtlicher Aufgaben kann nicht auf spezifische Deckungsschlüssel bestimmter Bedarfe geschlossen werden. Gerügt werden könnte damit allenfalls eine Überdotierung aller zentralörtlichen Aufgaben. Auch dies ist jedoch mit einem Vergleich der Zahlen etwa für das Jahr 2015 mit den Beträgen aus dem Gesetzgebungsverfahren nicht möglich. Denn dass die Teilschlüsselmassen in Zeiten höheren Steueraufkommens besser dotiert sind als in den vorherigen Zeiträumen, welche dem zitierten Gutachten zugrunde liegen (2009 bis 2011), ist Folge der prozentualen Anbindung der Teilschlüsselmassen an die Finanzausgleichsmasse insgesamt. Plausible Rückschlüsse auf eine willkürlich oder systemfremd zu hohe Dotierung einer bestimmten Teilschlüsselmasse ergeben sich hieraus nicht. Mit gleicher Argumentation ließe sich beispielsweise eine „Überfinanzierung“ der Teilschlüsselmasse für Kreisaufgaben begründen. Denn diese Teilschlüsselmasse beruht ebenfalls in ihrem prozentualen Gewicht im vorgenannten Gutachten des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung auf ermittelten durchschnittlichen Zuschussbedarfen in Höhe von 426 Millionen Euro (vgl. Tabelle 5-4), während nach der von den Antragstellerinnen genannten Schätzung für 2015 erheblich mehr, nämlich 642,50 Millionen Euro, eingeplant werden können.

188

bb) Letztlich ist jedoch aus zwei verbleibenden Gründen die Verfassungswidrigkeit der Aufteilung der Finanzausgleichsmasse durch § 4 Abs. 1 Satz 1 FAG 2014 festzustellen. Verletzt ist das Gebot bedarfsorientierter Sachverhaltsermittlung (<1>). Zudem genügen die Erwägungen zur Nichtberücksichtigung rauminduzierter Bedarfe nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben (<2>).

189

(1) Zum einen fehlt es bei der Bemessung der Schlüsselzuweisungen je gebildeter Gruppe an einer den Verfassungsvorgaben genügenden Bedarfserhebung. Die zur Überprüfung gestellten Regelungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 FAG 2014 verletzen das Gebot der Aufgabengerechtigkeit, welches für die horizontalen Verteilungsentscheidungen einenbedarfsorientierten und in sich schlüssigen Ansatz verlangt. Wie ausgeführt (siehe oben 2. a) aa) (2) (b) (bb), Rn. 101 ff.) verfügt der Gesetzgeber zwar in Bezug auf die Ausgestaltung der Teilschlüsselmassen über einen weiten Gestaltungsspielraum bei der Wahl der anzuwendenden Methodik. Auch auf dieser Ebene der Konzeption des kommunalen Finanzausgleichs ist er aber verpflichtet, die jeweilige Herangehensweise auf eventuelle Schwächen zu überprüfen und (insbesondere im Falle einer – wie hier – rein ausgabenbasierten Herangehensweise) sicherzustellen, dass gegebenenfalls methodenbedingt nicht adäquat erfasste Bedarfe durch ergänzende Erwägungen Eingang in die Ausgestaltung finden. Diese Anforderungen sind für § 4 Abs. 1 Satz 1 FAG 2014 und die dort vorgenommene Aufteilung der Gesamtmasse auf die Schlüsselzuweisungsgruppen nicht durchgehend erfüllt.

190

Keine durchgreifenden Bedenken im Hinblick auf die sich aus Art. 57 Abs. 1 LV ergebenden Vorgaben bestehen dabei gegen den vom Gesetzgeber für die Teilschlüsselmassenbildung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 FAG 2014 gewählten methodischen Grundansatz. Der Gesetzgeber hat seiner Entscheidung insoweit das Gutachten des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung aus Juli 2013 zugrunde gelegt. Dieses basiert auf einer rein ausgabenbasierten Betrachtung der Kommunalstatistiken und damit auf der Betrachtung des faktischen Ausgabeverhaltens der betroffenen Körperschaften in der Vergangenheit. Wie dargelegt steht es dem Gesetzgeber in Ausübung seines Einschätzungs- und Gestaltungsspielraumes frei, ein derartiges Konzept zugrunde zu legen. Entgegen den Ausführungen der Antragstellerinnen gilt diese Bewertung insbesondere auch für die konkrete Höhe der Teilschlüsselmasse für Zentrale Orte (15,56 %). Deren Höhe ermittelt das Gutachten in einem in sich schlüssigen Zweischrittverfahren. Zunächst legen die Gutachter fest, welche Aufgaben als „übergemeindlich“ einzuordnen sind. Hierzu wird – in Ermangelung einer abschließenden und anerkannten „Liste“ – ein Kriterienkatalog vorgestellt:

Aufbauend auf dieser Arbeit lassen sich folgende Kriterien aufstellen, die für eine Abgrenzung übergemeindlicher Aufgaben herangezogen werden können:

1. Die Nutzung erfolgt in nicht unerheblichem Maße durch Einwohner des Verflechtungsbereichs.

2. Die Aufgabe wird aus landesplanerischen Überlegungen nicht oder nicht in gleichem Umfang Orten mit niedrigerer Zentralitätseinstufung beigemessen.

3. Durch die Nutzung entstehen Kosten für die kommunale Ebene.

4. Eine Identifizierung der Aufgabe in der kommunalen Gliederungssystematik ist möglich.

Das erste Kriterium ist dabei das wichtigste. Es besitzt den Charakter einer notwendigen Bedingung. Die anderen Kriterien können als hinreichende Bedingungen bei der Abwägung einer Aufnahme der Aufgabe in die Liste der übergemeindlichen Aufgaben herangezogen werden, sofern die notwendige Bedingung (erstes Kriterium) erfüllt ist. Darüber hinaus werden unmittelbar aus übergemeindlichen Aufgaben abgeleitete Aufgaben ebenfalls als übergemeindliche Aufgaben eingeordnet (Niedersächsisches Institut für Wirtschaftsforschung, Gutachten zur Fortentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs in Schleswig-Holstein, 2013, S. 34).

und anhand dieser Kriterien eine Liste 34 „potentiell finanzausgleichsrelevanter übergemeindlicher Aufgaben“ ermittelt (von Hauptschulen über Volkshochschulen bis zu Straßenreinigung und Parkeinrichtungen) sowie ergänzend textlich begründet. Im Anschluss erfolgt die Berechnung der auf diese Aufgaben entfallenden Kostenpositionen. Auf die Ausführungen Seite 36 bis 40 des Gutachtens wird insoweit Bezug genommen. Gründe, die dafür sprechen könnten, dieses ausführlich erörterte und textlich wie mathematisch begründete Vorgehen als unvertretbar oder willkürlich einstufen zu müssen, erschließen sich nicht.

191

Soweit die Antragstellerinnen dem Gesetzgeber unter Verweis auf die Kosten der Schülerbeförderung „Inkonsistenz“ vorwerfen, verfängt dieser Einwand nicht. In sich unschlüssig wäre die Nichtaufnahme der Kosten der Schülerbeförderung nur dann, wenn der Einstufungsentscheidung ein starres – etwa streng am Planungsrecht ausgerichtetes – Vorgehen zugrunde läge, welches die Einstufung als übergemeindliche Aufgabe an sich zwingend geböte. So liegt es jedoch gerade nicht. Vielmehr folgt aus den gutachterlichen Erwägungen, dass bei jeder in Betracht kommenden Aufgabe eine Abwägungsentscheidung zu treffen ist. Dass im Rahmen einer derartigen Abwägung die Kosten der Schülerbeförderung letztlich nicht berücksichtigt wurden, ist nicht zu beanstanden, da – worauf die Landesregierung zutreffend hinweist – diese auf anderem Wege, nämlich über § 114 Schulgesetz abgewickelt werden. Vergleichbares gilt hinsichtlich der Frage der Kosten der Krankenhäuser. Es mag insofern richtig sein, dass die Einordnung der verschiedenen Aufgaben „schwierig“ ist. Maßgeblich für das Gericht ist jedoch nur, ob die entsprechend notwendigen Entscheidungen – mögen sie auch schwierig sein – nachvollziehbar getroffen wurden. Dies ist – wie gezeigt – der Fall.

192

Nicht hinreichend – und zwar bezogen auf alle Teilschlüsselmassen – sind jedoch die dann erforderlichen, ergänzenden Erwägungen zur Korrektur eventueller, mit dieser rein ausgabenbezogenen Methodik einher gehendender Schwachpunkte, um insgesamt eine realitätsbezogene Verteilungsentscheidung zu gewährleisten. Zwar haben die Gutachter die sich aus den erhobenen statistischen Daten ergebenden Zuschussbedarfe der verschiedenen Aufgabenträgergruppen tatsächlich – und insoweit den obigen Vorgaben entsprechend – einer kritischen Überprüfung auf Realitätsnähe unterzogen. So legen die Gutachter zunächst offen, dass sich aus dem vorliegenden statistischen Material „deutliche Unterschiede“ zwischen den Zuschussbedarfen der kreisfreien Städte und den Kreisen bei den Kreisaufgaben beziehungsweise zwischen den kreisfreien Städten und den übrigen Gemeinden bei den Gemeindeaufgaben zeigen. Die Gutachter überprüfen sodann nachvollziehbar, ob sich diese Unterschiede durch Besonderheiten der jeweiligen tatsächlichen Kostenstrukturen erklären lassen. So seien etwa die Unterschiede bei den Kreisaufgaben durch die Ballung sozialer Problemlagen in größeren Städten plausibel erklärbar. Bei den Gemeindeaufgaben seien die unterschiedlichen Ausgabenstrukturen nachvollziehbar und auf wenige Aufgabengebiete eingrenzbar. So ließen sich beispielsweise höhere Ausgaben der kreisfreien Städte im Bereich Brandschutz durch die dort greifende Verpflichtung zum Unterhalt von Berufsfeuerwehren (§ 7 Abs. 1 des Gesetzes über den Brandschutz und die Hilfeleistungen der Feuerwehren vom 10. Februar 1996 ) erklären. Höhere Kosten für Tageseinrichtungen für Kinder ließen sich etwa durch andere Sozialstrukturen in größeren Ballungsräumen (Erwerbsbeteiligung von Frauen, Betreuung von Kindern durch Großeltern) nachvollziehen

(Niedersächsisches Institut für Wirtschaftsforschung, Gutachten zur Fortentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs in Schleswig-Holstein, 2013, dort Kapitel 2 „Struktur und Entwicklung der kommunalen Finanzen in Schleswig-Holstein“, S. 5 ff., insbesondere S. 16).

193

Soweit sich aus den Erwägungen der Gutachter jedoch ergibt, dass tatsächliche Bedarfslagen durch die zugrunde gelegten Daten nicht adäquat abgebildet werden, belassen es die Gutachter – und dem folgend der Gesetzgeber – bei der bloßen Feststellung dieses Umstandes. Eine nach dem Gebot bedarfsorientierter Sachverhaltsermittlung dann erforderliche, wertende Modifikation der Datengrundlage des Gutachtens zur realitätsbezogenen Erfassung aller relevanten Bedarfe wird nicht in Betracht gezogen.

194

Dies betrifft etwa den Bereich der Investitionen. Wie aufgezeigt, liegt eine maßgebliche Schwäche des rein ausgabenbezogenen Ansatzes in dessen Untauglichkeit, Investitionsrückstände aufgrund fehlender finanzieller Ausstattung sachgerecht zu erfassen, da in der Vergangenheit unterlassene Investitionen fälschlich als fehlender Bedarf in der Zukunft interpretiert werden. Eine eben solche Situation legt das Gutachten des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung aus Juli 2013 für den Bereich der kreisfreien Städte explizit nahe. Wörtlich wird dort ausgeführt:

Es wird deutlich, dass sich die kommunale Investitionstätigkeit fast ausschließlich auf die Gemeindeebene beschränkt. In den Kreisaufgaben fallen lediglich marginale Investitionen im Bereich der weiterführenden Schulen, der Krankenhäuser und der Kreisstraßen an. Die gemeindliche Investitionstätigkeit konzentriert sich dagegen auf den Brandschutz, die Schulen, die Tageseinrichtungen für Kinder, die Sportstätten, die Gemeindestraßen, die Abwasserbeseitigung und die Verkehrsunternehmen.

Es ist auffallend, dass die kreisfreien Städte in deutlich geringerem Maße investive Ausgaben tätigen als die kreisangehörigen Gemeinden. Dies kann als Ergebnis der in Relation zu den laufenden Ausgaben geringen allgemeinen Deckungsmittel verstanden werden. Nach Abzug der laufenden Kosten verbleiben den kreisfreien Städten keine ausreichenden Mittel mehr, um Investitionen zu tätigen. Die Unterschiede in der Investitionstätigkeit zwischen den beiden Gruppen sind bei allen oben genannten investitionsstarken Gemeindeaufgaben augenfällig. Die einzigen Ausnahmen bilden die Abwasserbeseitigung und die Verkehrsunternehmen (Niedersächsisches Institut für Wirtschaftsforschung, Gutachten zur Fortentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs in Schleswig-Holstein, 2013, S. 17).

195

Diese damit in dem zugrunde liegenden Gutachten selbst offen gelegte Vermutung inadäquater Abbildung tatsächlich bestehender Investitionsbedarfe der kreisfreien Städte durch die verwendeten Zahlenwerke wird im Weiteren nicht entkräftet. Zwar stellen die Gutachter noch die Vermutung an, dass die festgestellten Ungleichheiten teilweise durch die Verlagerung von Aufgaben der kreisfreien Städte in Eigenbetriebe erklärbar sein könnten, mit der Folge, dass sich Investitionen hierdurch aus dem Vermögenshaushalt in den Verwaltungshaushalt verlagern könnten. Dieser bloßen Vermutung wird jedoch sodann nicht weiter empirisch nachgegangen, wie auch keine sonstigen Konsequenzen aus den obigen Feststellungen gezogen werden.

196

Solche wären aber nach den oben aufgezeigten verfassungsrechtlichen Maßstäben (siehe oben 2. a) bb) (4), Rn. 122) erforderlich, namentlich durch eine weitergehende Überprüfung der fundiert dargelegten Vermutung von nicht abgebildeten Investitionslücken sowie hieran anschließend durch wertende Korrektur der für Investitionen der kreisfreien Städte erforderlichen, in den allein verwandten statistischen Zahlen jedoch nicht adäquat abgebildeten Finanzmittel.

197

Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass die Gutachter in den obigen Ausführungen zu dem Schluss kommen, dass die – zudem nur vermuteten – eigenbetriebsbedingten Verlagerungen aus dem Vermögens- in den Verwaltungshaushalt „in der Summe“ keine Verzerrung der Zuschussbedarfe bewirkten. Dies mag auf Ebene der einzelnen Städte richtig sein, sagt aber für die hier maßgebliche Verteilung der Finanzausgleichsmasse auf Gemeinde- beziehungsweise Kreisaufgaben nichts aus. Denn in dem Umfang, in dem die festgestellten Unterschiede nicht aus den obigen Verlagerungen erklärbar sind, sondern ein echtes Investitionsdefizit im Vergleich zu den Gemeinden des kreisangehörigen Raumes indizieren, bedarf es dann in der Konsequenz einer wertenden Korrektur der Dotierung der Teilschlüsselmasse für Gemeindeaufgaben.

198

Nicht durchzugreifen vermag zuletzt der Hinweis der Landesregierung, dass Investitionen in der Durchschnittsbetrachtung über mehrere Jahre jedenfalls kein substantielles Gewicht hätten und zudem in der horizontalen Betrachtung in der Bedeutung vernachlässigbar seien. Das Argument fehlenden Gewichts lässt sich schon anhand der im Gutachten selbst dargelegten Größenordnungen nicht nachvollziehen. Hiernach liegen die Zuschussbedarfe im Vermögenshaushalt im Betrachtungszeitraum bei 115,88 Euro/ Einwohner (kreisfreie Städte) beziehungsweise 168,24 Euro/ Einwohner (kreisangehöriger Raum) und damit verglichen mit den Zuschussbedarfen im Verwaltungshaushalt von 1.357,07 Euro/ Einwohner (kreisfreie Städte) beziehungsweise 938,78 Euro/ Einwohner (kreisangehöriger Raum) jedenfalls nicht in einem vernachlässigbaren Bereich. Dass die festgestellten Divergenzen im Übrigen auch für den horizontalen Bereich relevant sind, folgt schon aus den obigen Erwägungen. Sollte der kreisfreie Bereich im Unterschied zum kreisangehörigen Bereich bei den Gemeindeaufgaben unter einem signifikanten Investitionsrückstau leiden, hat dies naturgemäß Auswirkungen auf die verfassungsmäßig geschuldete angemessene Verteilung der zur Verfügung stehenden Finanzausgleichsmasse.

199

Nur ergänzend ist anzufügen, dass die vorstehenden Erwägungen Relevanz für die nach allem anstehende Überprüfung der Finanzausgleichsmasse insgesamt haben dürften. Denn das Vorliegen erheblicher Indizien für ein tatsächlich bestehendes Investitionsdefizit jedenfalls auf Ebene der kreisfreien Städte dürfte nach dem Gebot bedarfsorientierter Sachverhaltsermittlung Erhebungsbedarf nicht nur in horizontaler, sondern auch in vertikaler Hinsicht auslösen.

200

(2) Zudem stellt sich § 4 Abs. 1 Satz 1 FAG 2014 mit Blick auf die gesetzgeberische Behandlung rauminduzierter Kosten als verfassungswidrig dar. Art. 57 Abs. 1 LV ist zwar insoweit keine Aussage dahingehend zu entnehmen, dass etwaige rauminduzierte Kosten der Aufgabenerfüllung – vor allem denkbare Mehrkosten der Aufgabenerledigung auf ausgedehnter Fläche oder aber etwaige Kosten aufgrund sonstiger naturräumlicher Besonderheiten wie etwa in Schleswig-Holstein mehrfach gegebener Insellagen – auf jeden Fall einer gesonderten Erhebung bedürfen. Maßstab der Prüfung ist vielmehr nur, ob der hier vorliegende Verzicht auf die Erhebung etwaiger raumbedingter Kosten sachlich zumindest vertretbar war.

201

In der einschlägigen landesverfassungsrechtlichen Rechtsprechung sowie in der veröffentlichten wissenschaftlichen Literatur wird insoweit nachvollziehbar davon ausgegangen, dass erhebliche Gründe für die Annahme sprechen, dass insbesondere Fläche ein kostenerhebliches Kriterium sein könnte, etwa hinsichtlich der Straßenbaulast, aber auch bezüglich zahlreicher anderer Kreisaufgaben (beispielsweise Naturschutz, Landwirtschaftswesen, Veterinärwesen, Abfallwirtschaft, Rettungswesen, ÖPNV)

(vgl. VerfG Brandenburg, Urteil vom 22. November 2007 - VfGBbg 75/05 -, LVerfGE 18, 159 ff., Juris Rn. 146 f.; VerfGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Mai 2016 - VerfGH 19/13 -, ZKF 2016, 139 ff., Juris Rn. 127 ff.; Henneke, NdsVBl 2013, 121 <126>, Wohltmann, Der Landkreis 2016, 501 <530>; weiterführend: Kirchhof/ Meyer, Kommunaler Finanzausgleich im Flächenbundesland, 1996).

Dieser Befund wird nicht zuletzt von dem zugrunde liegenden Gutachten selbst nahe gelegt. Das Gutachten geht davon aus, dass bestimmte Kostenarten im ländlichen Raum stärker ins Gewicht fallen als im Verdichtungsraum:

Die Zuschussbedarfe der Gemeindeebene sind vor allem in der allgemeinen Verwaltung höher als in den kreisfreien Städten. Dies liegt sehr wahrscheinlich an der stärker dezentralen Verwaltungsstruktur im kreisangehörigen Raum (Niedersächsisches Institut für Wirtschaftsforschung, Gutachten zur Fortentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs in Schleswig-Holstein, 2013, S. 16).

Dass gleiches für Insellagen gilt, liegt schon im Hinblick auf die Erreichbarkeit und den deshalb für die dortige Aufgabenerledigung erhöhten Aufwand nahe.

202

Hieraus folgt im Rahmen der von dem Gericht allein durchzuführenden Vertretbarkeitsprüfung, dass der Gesetzgeber zumindest eine vertiefte Auseinandersetzung mit dieser Problematik schuldet. Auf die Berücksichtigung des Parameters Raum kann er nur dann verzichten, wenn er hierfür nachvollziehbare Gründe erhoben und dokumentiert hat

(vgl. StGH Niedersachsen, Urteil vom 16. Mai 2001 - StGH 6/99 -, NdsVBl 2001, 184 ff., Juris Rn. 140; wohl ebenso: BVerfG, Urteil vom 27. Mai 1992 - 2 BvF 1/88 u.a. -, BVerfGE 86, 148 ff., Juris
Rn. 317 ff.).

203

Vorliegend befassen sich allerdings weder das zugrunde liegende Gutachten noch die Gesetzesbegründung eingehend mit der Materie. Im Gutachten des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung ist eine nachvollziehbare Auseinandersetzung insbesondere mit der Frage, ob ein Flächenindikator erforderlich ist, nicht enthalten. Auch die Gesetzesbegründung zeigt, dass eine substantielle Auseinandersetzung mit dem eventuell gegebenen Erfordernis der Einführung eines konkreten Flächenparameters nicht stattgefunden hat. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich vielmehr, dass man sich mit dieser Fragestellung allein deshalb nicht auseinandersetzte, um den Finanzausgleich nicht weiter zu verkomplizieren. Insoweit heißt es in der Gesetzesbegründung:

Es werden keine zusätzlichen Verteilungskriterien für Fläche bei den Kreisen oder für Bildungsaufwand bei den Gemeinden eingeführt. Solche Kriterien machten den Finanzausgleich komplizierter, ohne dass die Verteilungswirkung den kommunalen Bedarfen notwendigerweise besser gerecht würde. (…). Auch das Niedersächsische Institut für Wirtschaftsforschung empfiehlt, über den Soziallastenansatz auf der Ebene der Kreise und kreisfreien Städte hinaus mit weiteren Nebenansätzen zurückhaltend umzugehen (Landtags-Drucksache 18/1659, S. 47).

204

Diese Erwägung allein vermag jedoch keine hinreichende Begründung für die Nichtberücksichtigung abzugeben. Denn ob der in sich vertretbare Gesichtspunkt, die gesetzliche Regelung möglichst nicht weiter zu verkomplizieren, trägt, lässt sich nur in Abwägung mit den damit einhergehenden Nachteilen im Hinblick auf das Gebot einer dem Gleichheitssatz genügenden Ausgestaltung des Finanzausgleichs beantworten. Diese Abwägung erfordert, dass sich der Gesetzgeber die für einen Flächenansatz sprechenden Gesichtspunkte und die Ausgestaltungsmöglichkeiten zumindest im Ansatz vergegenwärtigt.

205

Für das Erfordernis einer substantiellen Auseinandersetzung mit der Frage der Berücksichtigung rauminduzierter Bedarfe spricht dabei im Übrigen die Argumentation der Landesregierung in dem vorliegenden Verfahren. Diese meint – wie dargestellt –, dass eine Berücksichtigung von Deglomerationskosten nur dann erforderlich sei, wenn auch Agglomerationskosten berücksichtigt würden

(so wohl: VerfG Brandenburg, Beschluss vom 18 Mai 2006 - VfGBbg 39/04 -, LKV 2006, 505 ff.).

Letzteres sei in Schleswig-Holstein aber nicht der Fall.

206

Dem vermag das Gericht nicht zu folgen. Entgegen den Ausführungen der Landesregierung sind Agglomerationseffekte durchaus berücksichtigt. Denn in seiner praktischen Wirkung stellt die Teilschlüsselmasse für Zentrale Orte (bis hinab zum Unterzentrum, vgl. § 10 FAG 2014) einen Indikator für Agglomerationseffekte dar. Dem kann nicht durchgreifend entgegengehalten werden, dass § 10 FAG 2014 nicht formell an die Bevölkerungsdichte anknüpft, sondern an Maßstäbe des Landesplanungsrechts. Denn im Ergebnis werden hier Agglomerationseffekte – wenn auch mit anderer Regelungstechnik – zur Mittelverteilung herangezogen. Dies zeigt sich schon bei Betrachtung der Ergebnisse der Verteilung der Teilschlüsselmasse nach § 10 FAG 2014. Hiernach werden etwa im Finanzausgleichsjahr 2016 über 70 % der Teilschlüsselmasse für zentralörtliche Aufgaben an die vier Oberzentren (Kiel, Lübeck, Flensburg, Neumünster) sowie die vierzehn Mittelzentren (Brunsbüttel, Heide, Mölln, Husum, Eutin, Elmshorn, Eckernförde, Rendsburg, Schleswig, Bad Segeberg, Kaltenkirchen, Itzehoe, Bad Oldesloe) vergeben. Nur ca. 6 % der Teilschlüsselmasse erreichen hingegen ländliche Zentralorte beziehungsweise Stadtrandkerne I. Ordnung, nur ca. 4% Stadtrandkerne II. Ordnung

(Erlass Kommunaler Finanzausgleich 2016 des Ministeriums für Inneres und Bundesangelegenheiten, 18. Januar 2016, Anlage 5 und 8).

207

Die Verknüpfung der Einstufung als Ober- und Mittelzentrum mit Agglomerationseffekten ist dabei nicht zu verkennen. Insoweit bestünde hier hinreichend Grund für eine fundierte Entscheidung, ob nicht im Flächenland Schleswig-Holstein begleitend die Einführung eines Flächen- oder sonstwie raumbezogenen Indikators geboten erscheint.

208

cc) § 4 Abs. 2 FAG 2014 verletzt hingegen Art. 57 Abs. 1 LV unter keinem Gesichtspunkt. Dies gilt sowohl für das Instrument der Zweckzuweisung als solches (<1>) als auch für das Gesamtgewicht der vorliegend geregelten Zweckzuweisungen (<2>) und schließlich für die Höhe der einzelnen Zweckzuweisungen (<3>).

209

(1) Die grundsätzliche Verwendung des Instruments der Zweckzuweisung ist – im Einklang mit der Rechtsprechung der anderen hiermit befassten Landesverfassungsgerichte – zulässig (siehe oben a), Rn. 130).

210

(2) Nicht zu beanstanden ist § 4 Abs. 2 FAG 2014 im Hinblick auf dessen Gesamtgewichtung. Zwar liegt es auf der Hand, dass bei der Normierung derartiger Zweckzuweisungen Grenzen einzuhalten sind, da ansonsten die kommunale Selbstverwaltungsfreiheit stark eingeschränkt würde. Insoweit kann sich ein Übermaß an potentiell selbstverwaltungsfeindlichen Zweckzuweisungen sowohl aus der Summe dieser Zuweisungen im Verhältnis zu den allgemeinen, zweckungebundenen Zuweisungen ergeben, als auch aus der reinen Zahl an ausdifferenzierten Zuweisungstatbeständen. Der Gesetzgeber muss bei beiden Zurückhaltung üben, um die kommunale Autonomie nicht in unverhältnismäßiger Weise einzuschränken

(vgl. VerfGH Thüringen, Urteil vom 21. Juni 2005 - VerfGH 28/03 -, LVerfGE 16, 593 ff., Juris Rn. 197 f.).

211

Mit der Anzahl der hier nach § 4 Abs. 2 FAG 2014 normierten Zweckzuweisungstatbestände (insbesondere Theater/ Orchester, Straßenbau, Infrastruktur, Frauenhäuser, Büchereien, Kindertagesstätten) ist dieser Bereich der Überregulierung nicht erreicht. Gleiches gilt hinsichtlich der Größenordnung von ca. 10 % der Finanzausgleichsmasse. Jedenfalls potentiell problematisch erscheint allerdings der Umstand der betragsmäßigen Festschreibung der Zweckzuweisungen im Gegensatz zur prozentualen Festlegung der Finanzausgleichsmasse im Übrigen. Bei etwaig einbrechenden Steuereinnahmen auf Landesebene stiege entsprechend der Anteil der Zweckzuweisungen auf (gegebenenfalls erheblich) über 10 % an. Im Einzelfall könnte hierdurch in dann verfassungsrechtlich relevanter Weise bewirkt werden, dass die nach Abzug der Zweckzuweisungen verbleibende Finanzausgleichsmasse nicht mehr zur Erfüllung originär kommunaler Aufgaben hinreichen könnte

(vgl. hierzu StGH Niedersachsen, Urteil vom 25. November 1997
- StGH 14/95 u.a. -, NdsStGHE 3, 299 ff., Juris Rn. 114).

212

Im Ergebnis führt dieser Aspekt allein jedoch nicht zur Verfassungswidrigkeit der fraglichen Regelung. Hiergegen spricht schon der relativ kurze Zeitraum, für den die Zweckzuweisungen geregelt sind (bis 2018). Dass es innerhalb dieses Zeitraumes zu derart schwerwiegenden Verzerrungen in dem ursprünglich geregelten Verteilungsverhältnis zwischen Zweckzuweisungen nach § 4 Abs. 2 FAG 2014 und Schlüsselzuweisungen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 FAG 2014 kommt, ist schon wenig wahrscheinlich. Vor allem aber ist insoweit auf die sowohl verfassungsrechtlich verbürgten als auch einfachgesetzlich (§ 4 Abs. 1 Satz 3 FAG 2014) festgeschriebenen Beobachtungspflichten des Gesetzgebers zu verweisen. Mögliche Verschiebungen im Verhältnis der vorgenannten Zuweisungen zueinander hat der Gesetzgeber hiernach laufend zu beobachten und gegebenenfalls zu korrigieren.

213

(3) Keine Verletzung von Art. 57 Abs. 1 LV durch § 4 Abs. 2 FAG 2014 folgt zuletzt aus der Höhe der einzelnen Zweckzuweisungen, und zwar insbesondere nicht unter dem Gesichtspunkt des Gebots der Aufgabengerechtigkeit.

214

Aus dem – zulässigen – Zweck der Vorwegabzüge, die Erfüllung bestimmter kommunaler Aufgaben in besonderer Weise zu priorisieren und zu fördern, folgt unmittelbar, dass der Gesetzgeber nicht gehalten ist, bereits auf dieser Ebene die zur vollständigen Erfüllung dieser Aufgaben nötigen Beträge realitätsnah zu ermitteln. Der Gesetzgeber ist innerhalb der aufgezeigten verfassungsrechtlichen Grenzen insoweit frei, welchen Aufgaben er in welchem Maße gesonderte Förderung zukommen lassen möchte. Dies gilt jedenfalls solange, wie die für die einzelnen Zuweisungsgruppen festgelegten Beträge in signifikantem Maße hinter den für die vollständige Aufgabenerfüllung erforderlichen Beträgen zurückbleiben, es mithin nicht zu einer vom Zweck der Vorwegabzüge nicht mehr gedeckten Überfinanzierung einzelner Bereiche zulasten der anderen Funktionen des kommunalen Finanzausgleichs kommt.

215

Dies ist hier der Fall. Aus den konkret festgesetzten Beträgen für die einzelnen Zweckzuweisungen nach § 3 Abs. 2 FAG 2014 (beispielsweise 24 Millionen Euro für Straßenbau, rund 5,3 Millionen Euro für Frauenhäuser und Frauenberatungsstellen, bis zu rund 7,7 Millionen Euro für Büchereien, jeweils für das gesamte Land Schleswig-Holstein) folgt offenkundig, dass es in keinem Bereich zu einer Voll- oder sogar Überfinanzierung der erfassten Aufgaben kommen kann. Zudem wird über die Auszahlungsmodalitäten der §§ 11 ff. FAG 2014 ergänzend weitgehend sichergestellt, dass nur tatsächlich benötigte Beträge ausgezahlt und eventuell verbleibende Beträge sodann gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 FAG 2014 im Folgejahr den Schlüsselzuweisungen nach § 4 Abs. 1 FAG 2014 zugeführt werden. Die vorstehenden Ausführungen insbesondere zur nicht gegebenen Überfinanzierung gelten dabei auch für die Zuweisungen für Theater und Orchester nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 FAG 2014 (siehe oben aa) (2) (c), Rn. 184).

216

d) Gründe für die Verfassungswidrigkeit von § 5 Abs. 2 FAG 2014 sind nicht ersichtlich. In der unterschiedlichen Behandlung gemeindlicher Bedarfe (Berücksichtigung im Rahmen von § 5 Abs. 2 FAG 2014 zu 70 %) und der Bedarfe für Kreisaufgaben (Einstellung im Rahmen von § 9 Abs. 1 FAG 2014 zu 85 %) liegt keine verfassungsrechtlich unzulässige Ungleichbehandlung (aa). Auch sonstige verfassungsrechtlich verbürgte Vorgaben an die Ausgestaltung des Finanzausgleichs wurden nicht verletzt (bb).

217

aa) Die unterschiedlichen Differenzausgleichsquoten von lediglich 70 % bei den Gemeindeaufgaben (§ 5 Abs. 2 FAG 2014) und 85 % bei den Kreisaufgaben (§ 9 Abs. 1 FAG 2014) stellen keine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung dar.

218

Eine Verletzung des Gleichheitssatzes setzt voraus, dass vergleichbare Sachverhalte in wesentlicher Hinsicht ungleich behandelt werden. Bei den hier von den Antragstellerinnen gebildeten Vergleichsgruppen muss es sich dementsprechend um im Wesentlichen gleiche Sachverhalte handeln

(vgl. etwa zuletzt BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 18. Mai 2016 - 1 BvR 2217/11 -, Juris Rn. 19 m.w.N., stRspr.).

219

Dies ist nicht der Fall. Die Antragstellerinnen gehen in ihrer Argumentation davon aus, dass mit den Regelungen in den §§ 5 beziehungsweise 9 FAG 2014 zwar nicht Körperschaften, wohl aber Aufgabenarten im vergleichbaren Kontext der Festlegung konkreter Schlüsselzuweisungen ungleich behandelt würden, indem
– verkürzt ausgedrückt – Gemeindeaufgaben „nur“ zu 70 %, Kreisaufgaben hingegen zu 85 % ersetzt würden. Diese Zusammenschau unterschiedlicher Quoten übergeht, dass die vom Gesetzgeber normierten Prozentzahlen gerade nicht in einem vergleichbaren Kontext verwandt werden. Es werden damit Sachverhalte verglichen, die nicht vergleichbar sind. Die beanstandeten Ausgleichsquoten sind Teil jeweils gesondert ausgestalteter und deshalb gesondert zu bewertender Verteilungsmechanismen. Die absolute Höhe der den einzelnen Aufgabenträgern jeweils zukommenden Schlüsselzuweisungen hängt bei den verschiedenen Aufgabenarten von verschiedenen und damit nicht vergleichbaren Parametern ab. Die in der Antragsschrift unterstellte Aussage, dass 70 % unzulässigerweise „weniger“ als 85 % sei, vernachlässigt, dass diese Prozentzahlen jeweils Teil unterschiedlicher Gleichungen und damit nicht direkt vergleichbar sind. Der Parameter „70 %“ als ein Parameter von vier weiteren Parametern mit jeweils eigener Gewichtung ist mit einem Parameter „85 %“ als einem Parameter von fünf ganz anderen Parametern mit anderer Gewichtung in einer anderen Gesamtgleichung nicht vergleichbar.

220

Für die Verteilung der Schlüsselmasse für Gemeindeaufgaben sind nach §§ 5 ff. FAG 2014 im Ergebnis die folgenden Parameter maßgeblich: Einwohnerzahl (§ 6 Abs. 1 FAG 2014), diverse Steueraufkommen (§ 7 FAG 2014), der jeweils festzusetzende Grundbetrag (§ 6 Abs. 2 FAG 2014) sowie die hier gerügte Differenzquote von 70 %.

221

Für die Verteilung der Schlüsselmasse für Kreisaufgaben auf die einzelnen Aufgabenträger sind hingegen nach § 9 FAG 2014 andere Parameter maßgeblich: die Einwohnerzahl (§ 9 Abs. 2 FAG 2014), eine Umlagekraftmesszahl (§ 9 Abs. 3 FAG 2014), die Zahl der Personen in Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II vor Ort (§ 9 Abs. 4 FAG 2014) sowie erneut ein (anderer) Grundbetrag (§ 9 Abs. 2 FAG 2014) und die hier gerügte Differenzquote von 85 %.

222

Die letztlich von den Antragstellerinnen aufgeworfene Frage, ob die Träger der Gemeindeaufgaben insgesamt im Verhältnis zu den Trägern der Kreisaufgaben insgesamt angemessen ausgestattet sind, ist eine Frage der Bildung der Teilschlüsselmassen nach § 4 FAG 2014 und keine Frage der Differenzausgleichswerte der §§ 7 und 9 FAG 2014. Das Problem einer eventuell ungleichen Behandlung von Trägern der Kreis- beziehungsweise Gemeindeaufgaben ist dort zu behandeln. Hinsichtlich der Frage der Verteilung der beiden Schlüsselmassen auf die Aufgabenträger im Einzelnen ist der Gesetzgeber im Rahmen seines Ausgestaltungsermessens hingegen frei. Da es sich definitionsgemäß um verschiedene Arten von Aufgaben handelt, steht es dem Gesetzgeber insbesondere frei, verschiedene Verteilmechanismen anhand verschiedener Parameter auszubilden.

223

bb) Schließlich wird durch die Ausgestaltung von § 5 FAG 2014 – wie durch die folgenden Vorschriften – keine Verletzung des Gebotsbedarfsorientierter Sachverhaltsermittlung bewirkt. Wie dargestellt (siehe oben 2. a) bb) (4), Rn. 123), ergeben sich aus diesem Gebot für die Ebene der Verteilung der Teilschlüsselmassen auf die einzelnen Zuweisungsempfänger keine weiteren, über die allgemeinen verfassungsrechtlichen Vorgaben hinausgehenden Vorgaben. Auch eine Verletzung des Verbots der Nivellierung beziehungsweise Übernivellierung ist nicht feststellbar. Dass die tatsächliche Finanzkraftreihenfolge der Kommunen durch § 5 FAG 2014 völlig abgebaut oder gar umgekehrt würde, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

224

e) Die in § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 FAG 2014 enthaltenen Regelungen zur Ermittlung der den Steuerkraftzahlen zugrunde liegenden fiktiven Hebesätze verletzen Art. 57 Abs. 1 LV, insbesondere in dem hierin integrierten Gebot der Systemgerechtigkeit.

225

aa) Keine Verletzung des Gebots der Systemgerechtigkeit oder des interkommunalen Gleichbehandlungsgrundsatzes vermag das Gericht allerdings in der Verwendung undifferenzierter fiktiver Hebesätze an sich zu erblicken. Maßgeblich ist dabei erneut nicht, ob der Normgesetzgeber die bestmögliche oder gerechteste Lösung gewählt hat. Vor dem Hintergrund des weiten gesetzgeberischen Einschätzungs- und Gestaltungsspielraumes prüft das Gericht nur, ob der vorliegende Verzicht auf die Bildung von typisierenden Untergruppen nachvollziehbar und vertretbar ist.

226

Die Verwendung fiktiver Hebesätze ist für sich betrachtet vertretbar. Das Land darf verhindern, dass sich eine Gemeinde durch besonders niedrige Hebesätze selbst „bedürftig macht“, um entweder Leistungen aus Landesmitteln zu erhalten oder einer Umlage zu entgehen

(Urteil vom 3. September 2012 - 1/12 - Rn. 40, LVerfGE 23, 361 ff., Rn. 28 = SchlHA 2012, 431 ff. = NVwZ-RR 2012, 913 ff., Juris Rn. 30; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 21. Mai 1968 - 2 BvL 2/61 -, BVerfGE 23, 353 ff., Juris Rn. 47 ff.; BVerwG, Urteil vom 25. März 1998 - 8 C 11.97 -, BVerwGE 106, 280 ff., Juris Rn. 26; VerfGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9. Juli 1998 - VerfGH 16/96 u.a. -, NWVBl 1998, 390 ff., Juris Rn. 109; LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13. Juni 2006 - LVG 7/05 -, LVerfGE 17, 410 ff., Juris Rn. 134; VerfGH Thüringen, Urteil vom 2. November 2011 - VerfGH 13/10 -, ThürVBl 2012, 55 ff., Juris Rn. 118 ff.; VerfG Brandenburg, Urteil vom 6. August 2013 - VfGBbg 53/11 -, DVBl 2013, 1180 ff., Juris Rn. 86 f.; Leisner-Egensperger, DÖV 2010, 705 <711>; Droege, NWVBl 2013, 41 <42>).

227

Es besteht keine verfassungsrechtlich unterlegte Pflicht des Gesetzgebers, bei der Ausbildung der fiktiven Sätze nach weiteren Kriterien (etwa Lage oder Größe der Kommunen) zu differenzieren. Ausgangspunkt der verfassungsgerichtlichen Kontrolle ist erneut ein gesetzgeberischer Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum bei der Ausgestaltung des Kommunalfinanzausgleichs. Das Gericht prüft vor diesem Hintergrund lediglich, ob der Gesetzgeber mit dem Verzicht auf ausdifferenzierte Hebesätze seinen Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum verlassen hat. Dies ist nicht der Fall.

228

Die gesetzgeberische Entscheidung, unter Verweis auf das Fehlen einer wissenschaftlich unumstrittenen Methode von einer Staffelung abzusehen, stellt sich jedenfalls nicht als unvertretbar dar. Tatsächlich ist es der Finanzwissenschaft bis heute nicht gelungen, eine allseits akzeptierte und hinreichend handhabbare, das heißt nicht übermäßig komplexe Methode eventueller Staffelungen von anzusetzenden Hebesätzen zu entwickeln. Insbesondere die Tauglichkeit der etwa denkbaren Parameter „Gemeindegröße“ oder „Industrialisierungsgrad“ zur realitätsnäheren Abbildung der Anspannungspotenziale der Hebesätze wird uneinheitlich bewertet. Auch eine mögliche Differenzierung nach Kernstädten, Umlandbereichen und ländlichem Raum findet keine uneingeschränkte Zustimmung

(vgl. VerfGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9. Juli 1998 – VerfGH 16/96 u.a. -, a.a.O., Juris Rn. 116; Droege, NWVBl 2013, 41 <43>).

229

Selbst die Verfechter der Vorzugswürdigkeit gestaffelter Hebesätze gehen vor diesem Hintergrund davon aus, dass – aus ihrer Sicht – Staffelungen zwar vorzugswürdig seien, dass der Gesetzgeber insoweit aber von Verfassungs wegen dazu nicht zwingend angehalten sei

(vgl. Droege, NWVBl 2013, 41 <43>, a.A.: Henneke, in: Henneke/ Pünder/ Waldhoff, Recht der Kommunalfinanzen, 2006, § 25 Rn. 39).

230

Ebenfalls nicht zu beanstanden ist in diesem Zusammenhang die Verwendung von Mindesthebesätzen in § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 FAG 2014. Diese stellen sich gleichfalls nicht als unvertretbar dar. Dem Gesetzgeber steht es zu, denkbaren Verzerrungen durch untypisch niedrige Hebesätze einzelner Kommunen bei der Ermittlung der Durchschnittswerte derart zu begegnen. Auch hier gilt, dass der Gesetzgeber möglichen Tendenzen entgegenwirken darf, sich hebesatzbedingte Standortvorteile zulasten der interkommunalen Solidarität zu verschaffen.

231

bb) Als jedenfalls anhand der Gesetzesbegründung nicht nachvollziehbar und damit willkürlich stellt sich hingegen die in § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 FAG 2014 festgeschriebene Ermittlung der jeweiligen durchschnittlichen Hebesätze auf der Grundlage der tatsächlichen Hebesätze des kreisangehörigen Bereiches dar, während die tatsächlichen Hebesätze des kreisfreien Raumes nach der Regelung vollständig unberücksichtigt bleiben sollen.

232

Entscheidungsmaßstab ist das Willkürverbot, hier insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Systemgerechtigkeit. Aus diesem folgt, dass der Verfassung zwar keine konkrete Herangehensweise zu entnehmen ist, der der Gesetzgeber zu folgen hätte, dass der Gesetzgeber aber von dem selbst gewählten System
– hier der Hebesatzberechnung als landesweitem Durchschnittswert – nicht ohne nachvollziehbaren Grund abweichen darf.

233

Für die konkrete Hebesatzbildung sind jedoch keine gesetzgeberischen Erwägungen erkennbar, die die Ausklammerung der Daten der kreisfreien Städte aus der ansonsten durchgehenden Hebesatzberechnung auf Basis aller Gemeinden des Landes als zumindest vertretbar erscheinen lassen könnte. Weshalb bei der Definition eines im Übrigen landeseinheitlichen Durchschnitts die Daten der kreisfreien Städte vollständig ausgeblendet werden, erschließt sich nicht aus dem Gesetz selbst und ist weder in der Gesetzesbegründung noch in den veröffentlichten Materialien oder im Verfahren näher begründet. Die Herangehensweise steht dabei in einem nicht nachvollziehbaren Gegensatz zu der gesetzgeberischen Grundentscheidung für das sogenannte Zwei-Säulen-Modell, welches eine Differenzierung nach Art der Körperschaft (hier: zwischen kreisangehörigen Gemeinden und kreisfreien Städten) gerade nicht vorsieht.

234

Auch im Vergleich mit der Rechtslage in anderen Bundesländern erscheint die gewählte Regelung begründungsbedürftig. In den Parallelregelungen der Länder mit fiktivem Hebesatz und vergleichbarer Regelungstechnik basiert die Durchschnittsberechnung auf den Daten aller Kommunen, das heißt auch der kreisfreien Städte

(vgl. etwa: § 9 Abs. 4 Brandenburgisches Finanzausgleichsgesetz vom 29. Juni 2004 , zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. März 2016 ; § 8 Sächsisches Finanzausgleichsgesetz vom 21. Januar 2013 , zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. Dezember 2016 ).

Zugunsten der schleswig-holsteinischen Regelung kann nicht angenommen werden, dass es sich um den Fall einer Typisierung oder Pauschalisierung handeln könnte, die für sich gesehen noch zu tolerieren sein könnte. Es ist nicht ersichtlich, dass die im selbstgewählten System an sich folgerichtige Einbeziehung der Werte der kreisfreien Städte einen irgendwie gearteten Mehraufwand bedeutet hätte, der das Abweichen von dem ansonsten konsequent angewandten System der Hebesatzberechnung rechtfertigen könnte. Soweit daneben weitere, möglicherweise vertretbare Gründe für die getroffene Regelung vorliegen sollten, sind diese jedenfalls nicht transparent gemacht worden.

235

Vor dem Hintergrund der damit ohnehin erforderlichen Neufassung der Bestimmungen zur Ermittlung der Hebesätze des § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 FAG 2014 kann dahinstehen, ob sich die – ebenfalls von den Antragstellerinnen angegriffene – Gewichtung des gewogenen Durchschnitts der Hebesätze mit dem Faktor 92 % als willkürlich darstellt. Dahingestellt bleiben kann insoweit insbesondere, ob die in der Gesetzesbegründung hierzu dokumentierte Überlegung ausreicht. Dort ist als Grund für die Erhöhung des Faktors von vormals 90 % auf 92 % angegeben, dass derart ein Gleichlauf der in den zugrunde liegenden Gutachten in die Berechnungen eingestellten Beträge mit den letztlich nach Berücksichtigung aller Reformergebnisse einzustellenden Beträgen (Vergleichsjahr 2014) erreicht würde. Ohne die Korrektur würde das Umlagevolumen im Vergleichsjahr 2014 um 12,6 Millionen Euro geringer ausfallen, als im Gutachtenergebnis zugrunde gelegt.

236

f) Die gegen § 9 FAG 2014 vorgebrachten Einwände greifen nur teilweise durch. Soweit die von § 5 FAG 2014 abweichenden Differenzausgleichswerte (aa), der Soziallastenfaktor (bb) oder die Berechnung der Finanzkraft von Kreisen und kreisfreien Städten (cc) in Frage stehen, vermag das Gericht keine Verletzungen der aufgezeigten Maßstäbe zu erkennen. Eine Verletzung von Art. 57 Abs. 1 LV durch § 9 Abs. 1 FAG 2014 ist jedoch im Hinblick auf fehlende Erwägungen zur Einführung eines Flächenparameters zu erblicken (dd).

237

aa) Die unterschiedlichen Differenzausgleichsquoten von 70 % bei den Gemeindeaufgaben (§ 5 Abs. 2 FAG 2014) und 85 % bei den Kreisaufgaben (§ 9 Abs. 1 FAG 2014) stellen keine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung dar. Auf die Ausführungen zu § 5 FAG 2014 wird verwiesen (siehe oben d),
Rn. 216 ff.).

238

bb) Die sich aus Art. 57 Abs. 1 LV ergebenden Anforderungen werden durch die Einführung des in § 9 FAG 2014 enthaltenen Soziallastenparameters nicht verletzt.

239

(1) Durchgreifende Bedenken gegen die Einführung eines Parameters für Soziallasten an sich bestehen nicht. Die Etablierung eines derartigen Parameters stellt sich jedenfalls als vertretbar dar. Der Gesetzgeber hat sich eingehend mit den Vor- und Nachteilen eines derartigen Parameters auseinandergesetzt. Auf die ausführlichen Ausführungen in dem Gutachten des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung aus Juli 2013 wird Bezug genommen

(Niedersächsisches Institut für Wirtschaftsforschung, Gutachten zur Fortentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs in Schleswig-Holstein, 2013, S. 59 ff.).

240

Gründe, die dort dokumentierten Erwägungen als willkürlich oder nicht mehr vertretbar einzustufen, liegen nicht vor. Dies gilt auch für die Zweifel der Antragstellerinnen am Zusammenhang zwischen der Quote der Personen in Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II einerseits und der Kosten der Jugend- und Eingliederungshilfe andererseits. Im vorgenannten Gutachten ist insoweit nachvollziehbar aufgezeigt, dass eine sehr starke Korrelation zwischen der Zahl an Personen in Bedarfsgemeinschaften und den Soziallasten nach dem Zweiten und dem Zwölften Buch des Sozialgesetzbuchs sowie der Jugendhilfe besteht. Im Übrigen wird in der Rechtsprechung anderer Landesverfassungsgerichte – dort ebenfalls vor dem Hintergrund entsprechender Gutachten – eine derartige Regelung für grundsätzlich zulässig erachtet

(vgl. VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Februar 2012 - VGH N 3/11 -, AS RP-SL 41, 29 ff., Juris Rn. 79 ff.; VerfGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Mai 2016 - VerfGH 24/13 -, Gemeindehaushalt 2016, 163 ff., Juris Rn. 66 ff.).

241

(2) Keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Vorbehalte bestehen des Weiteren im Hinblick auf die Gewichtung dieses zulässigerweise neu eingeführten Parameters. Das Landesverfassungsgericht vermag nicht festzustellen, dass der Gesetzgeber insoweit seinen Gestaltungsspielraum überschritten hätte. Gegenstand verfassungsgerichtlicher Kontrolle ist des Weiteren die Frage, welches Gewicht diesem Parameter bei der Verteilungsentscheidung zukommt, wobei dies zumindest willkürfrei und vertretbar gelöst werden muss

(vgl. VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Februar 2012 - VGH N 3/111 -, a.a.O., Juris Rn. 79 ff.; VerfGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Mai 2016 - VerfGH 24/13 -, a.a.O., Juris Rn. 69 ff.).

242

Dies ist hier geschehen, und zwar sowohl bezogen auf die absolute Höhe des die Soziallasten maßgeblich determinierenden Vervielfältigungsfaktors als auch bezogen auf das Gewicht der sich hieraus in Verbindung mit der Zahl der Personen in Bedarfsgemeinschaften ergebenden Soziallastenmesszahl im Gesamtsystem.

243

Die absolute Höhe des die Soziallasten wiedergebenden Vervielfältigungsfaktors von 3.411 Euro ist nicht willkürlich gegriffen, sondern beruht nachvollziehbar auf der Zusammenschau der im ganzen Land Schleswig-Holstein anfallenden Zuschussbedarfe für soziale Lasten im Bemessungszeitraum, welche nach dem in sich schlüssigen und nachvollziehbaren Erstgutachten des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung 56,7 % der Zuschussbedarfe insgesamt ausmachten, und der ministeriell erhobenen Anzahl der Personen in Bedarfsgemeinschaften von Empfängern von Grundsicherung für Arbeitsuchende.

244

Auch das relative Gewicht der Soziallastenmesszahl im Gesamtsystem des § 9 FAG 2014 erweist sich jedenfalls als nicht willkürlich. Dabei ist vorab festzustellen, dass sich bereits aus der gesetzlichen Konzeption ergibt, dass der Soziallastenmesszahl keine über die Jahre statische, etwa feste prozentuale Gewichtung zukommen soll. Insbesondere wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens offenkundig die zunächst erwogene Bildung von prozentual festgeschriebenen Teilmassen für Soziallasten einerseits und sonstige Ausgaben andererseits aufgegeben. Stattdessen wurde ein Modell gewählt, in dem die Gewichtung des Soziallastenfaktors im Verhältnis zu den anderen Parametern schwankt. Zur Veranschaulichung dieser Modellbildung sei auf die im Folgenden nochmals wiedergegebene Formel verwiesen:

Schlüsselzuweisung =

[(Einwohnerzahl x Grundbetrag) = Ausgangsmesszahl

(Umlagekraftmesszahl –

nach SGB II x 3.411 Euro> = Soziallastenmesszahl)] x 0,85

245

Setzt man in diese bei gleichbleibender Zahl an Personen in Bedarfsgemeinschaften etwa eine hohe Teilschlüsselmasse – und damit im Ergebnis einen hohen Grundbetrag – ein, ergibt sich eine im Verhältnis zur (betragsmäßig festgeschriebenen) Soziallastenmesszahl hohe Ausgangsmesszahl. Setzt man hingegen eine geringe Teilschlüsselmasse – und damit einen niedrigen Grundbetrag – an, schwindet die Bedeutung der Ausgangsmesszahl im Verhältnis zur (gleichbleibenden) Soziallastenmesszahl. Entsprechend schwankt das faktische Gewicht der Soziallastenmesszahl gegenüber dem Gewicht der Ausgangsmesszahl jährlich in Abhängigkeit von der Größe der anderen Parameter. Ist zum Beispiel die Teilschlüsselmasse – etwa rezessionsbedingt – schlecht dotiert, kommt der Soziallastenmesszahl ein größeres Gewicht zu; ist die Teilschlüsselmasse gut dotiert, schwindet das Gewicht der Soziallastenmesszahl.

246

Diese Ausgestaltung ist vertretbar. Ihr liegt die nicht zu beanstandende Einschätzung des Gesetzgebers zugrunde, dass es sich beim Vervielfältigungsfaktor um eine empirisch verhältnismäßig statische und wenig wandlungsanfällige Größe handelt, die entsprechend absolut festgeschrieben werden kann. Diese Einschätzung wird vom eingeholten Gutachten des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung gestützt, in dem die Gutachter nachvollziehbar darlegen, dass sich die soziallastenbedingten Kosten ganz überwiegend unmittelbar aus den gesetzlichen Vorgaben erklären und entsprechend stabil sind

(Niedersächsisches Institut für Wirtschaftsforschung, Gutachten zur Fortentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs in Schleswig-Holstein, 2013, S. 61, 3. und 4. Absatz).

247

Allerdings birgt der gebildete Mechanismus das Potential, dass in Zeiten steuereinnahmebedingt schlechter Ausstattung der Teilschlüsselmasse für Kreisaufgaben die Gewichtung des Soziallastenparameters über Gebühr steigt und es dann zu einer Sicherstellung der Deckung soziallastenbedingter Kosten auf Kosten der anderen, ebenfalls pflichtigen Aufgaben kommt. Infolge der Regelungssystematik würden dann nämlich die Soziallasten weiterhin in vollem Umfang berücksichtigt, während die übrigen kommunalen Angelegenheiten vergleichsweise unterfinanziert blieben. Im Ergebnis würden so erheblich mehr als die gutachterlich festgelegten 56,7 % der Teilschlüsselmasse über den Soziallastenfaktor verteilt. Wie ein derartiger Zustand im Hinblick auf das Konnexitätsprinzip (Art. 57 Abs. 2 LV) zu beurteilen wäre, kann jedoch für dieses Verfahren dahinstehen. Denn jedenfalls in den Finanzausgleichsjahren 2015 und 2016 wurden wegen einer Dotierung der Finanzausgleichsmasse, die im Vergleich zu der dem Gesetzentwurf zugrunde liegenden Prognose überdurchschnittlich ausgestattet war, wesentlich weniger als 56,7 % der Teilschlüsselmasse über den Soziallastenfaktor verteilt. Insoweit besteht aber eine besondere Beobachtungspflicht des Gesetzgebers.

248

Aus diesen Ausführungen folgt zugleich, dass der Vorwurf der Antragstellerinnen wie des Landkreistages, die Schlüsselzuweisungen an die Körperschaften mit vielen Personen in Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II fielen überproportional hoch aus, währendwegen der Begrenztheit der insgesamt zur Verfügung stehenden Mittel (§§ 3, 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FAG 2014) – die Schlüsselzuweisungen an die andere Gruppe unangemessen niedrig ausfielen, nicht zutrifft. Wie aufgezeigt ist in Folge der gewählten Ausgestaltung derzeit sogar das Gegenteil der Fall: Wegen der gegenwärtigen Dotierung der Teilschlüsselmasse mit höheren Beträgen als im Gesetzgebungsverfahren zugrunde gelegt, werden relativ mehr Mittel über die Ausgangsmesszahl – und nicht über die Soziallastenmesszahl – verteilt, als dies einer Verteilung mit zwei Sonderansätzen mit einer festgeschriebenen Gewichtung von 56,7 beziehungsweise 43,3 % entspräche. Richtig ist allenfalls, dass nach dem gewählten System Körperschaften mit einem hohen Anteil an Personen in Bedarfsgemeinschaften verhältnismäßig höhere Schlüsselzuweisungen erhalten als Körperschaften mit einem geringeren Anteil. Solange aber – wie derzeit – die Gewichtung des diesem Mechanismus zugrunde liegenden Soziallastenparameters vertretbar ist, ist dies für sich genommen nicht zu beanstanden. Denn, wie in dem der Gesetzesfassung zugrunde liegenden Gutachten nachvollziehbar dargelegt, korrelieren mit der Zahl an Personen, die Leistungen nach dem SGB II benötigen, auch in erheblichem Maße höhere Kosten.

249

Unzutreffend ist weiter der Einwand, der Abzug der Soziallasten von der Umlagekraftmesszahl stelle einen Systembruch dar, da derart ein einzelnes an sich aufgabenbezogenes Element fälschlich auf der Einnahmenseite in die Berechnung eingehe.

250

Dieser Argumentation liegt die intuitiv naheliegende, aber im Ergebnis unzutreffende Vorstellung zugrunde, der Mechanismus des § 9 FAG 2014 bestehe aus einer „Ausgabenseite“ und einer „Einnahmenseite“. Auf der „Ausgabenseite“ (dargestellt durch die Ausgangsmesszahl) gingen alle tatsächlichen Bedarfe in die Berechnung ein und würden sodann mit der Einnahmenseite zur Ermittlung des Defizits gespiegelt. Diese Vorstellung von der Wirkweise des § 9 FAG 2014 übersieht jedoch, dass die Ausgangsmesszahl nicht den kommunalen „Bedarf“ wiedergibt, sondern über die Determinierung durch den Grundbetrag lediglich eine bloße Recheneinheit darstellt. Die Ausgangsmesszahl ergibt sich aus der Multiplikation der jeweiligen Einwohnerzahl mit dem Grundbetrag. Die Ausgangsmesszahl hat damit nichts mit irgendwie gearteten „tatsächlichen kommunalen Bedarfen“ zu tun. Durch sie wird nur bewirkt, dass die jeweiligen Einwohnerzahlen in die Berechnungsgleichung eingehen sowie dass – über den vollständig von den anderen Parametern abhängigen Grundbetrag – sichergestellt ist, dass die sich ergebenden Schlüsselzuweisungen die hierfür verfügbare Teilschlüsselmasse voll ausschöpfen, aber nicht übersteigen. Die Ausgangsmesszahl ist damit keine echte „Bedarfsgröße“, sondern vielmehr eine reine Recheneinheit mit den Parametern Einwohnerzahl und Grundbetrag, wobei der Grundbetrag nicht durch irgendwie geartete Bedarfe für wie auch immer geartete Aufgabenbereiche unterlegt ist. Anschaulich wird dies, wenn man sich vor Augen hält, dass die Höhe des Grundbetrages und damit der Ausgangsmesszahl (auch) abhängig ist von der Höhe der Teilschlüsselmasse für Kreisaufgaben. Sinkt die Teilschlüsselmasse in einem gegebenen Jahr im Vergleich zum Vorjahr, sinkt damit qua Definition auch der Grundbetrag und damit die Ausgangsmesszahl. Mit den kommunalen Bedarfen hat dies aber offensichtlich nichts zu tun: Nur weil die Teilschlüsselmasse sinkt, vermindern sich nicht zugleich die kommunalen Bedarfe. Bereits dies verdeutlicht, dass die Ausgangsmesszahl Bedarfe nicht widerspiegelt und nicht beansprucht, dies zu tun

(zur vergleichbaren Situation in Nordrhein-Westfalen: „Der Grundbetrag (…) ist eine rechnerische Hilfsgröße und wird so festgelegt, dass die zu verteilende Schlüsselmasse vollständig ausgeschöpft wird. (…) Die Ausgangsmesszahl ist somit eine unechte Bedarfsgröße und darf daher nicht als Maß für die von einer Kommune zur Deckung der tatsächlichen Ausgaben benötigten Finanzmittel missverstanden werden“ (Finanzwissenschaftliches Forschungsinstitut an der Universität zu Köln, Gutachten zur Weiterentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs in Nordrhein-Westfalen, 2013, S. 23 ff.).

251

Entsprechend trägt die im Schriftsatz des Landkreistages vertretene Grundannahme nicht, der Bedarf für Soziallasten sei in der Ausgangsmesszahl „bereits abgebildet“ und werde daher „doppelt“ in Ansatz gebracht. Da die Ausgangsmesszahl keine Bedarfe und dementsprechend keine Sozialkostenbedarfe widerspiegelt, findet folglich auch keine doppelte Einbeziehung der Sozialkostenbedarfe statt. Diese gehen nur einmal (und das wie alle anderen Parameter mit einer Reduktion auf 85 %) in die Gesamtrechnung ein.

252

Vor diesem Hintergrund ist eine Verletzung des Verbots der Nivellierung beziehungsweise Übernivellierung durch § 9 FAG 2014 ebenfalls nicht erkennbar.

253

cc) Nicht durchgreifend ist weiter der Einwand der Antragstellerinnen zur vorgeblich ungleichen Berechnung der Finanzkraft von Kreisen und kreisfreien Städten über die – zudem auf 92 % nivellierten – Messbeträge des § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 FAG 2014. Eine den Vorstellungen der Antragstellerinnen entgegenkommende, insbesondere die tatsächliche Ertragskraft der kreisfreien Städte präziser abbildende Regelung müsste an eine Staffelung der zugrunde zu legenden Hebesätze anknüpfen. Eine solche ist jedoch verfassungsrechtlich nicht zwingend erforderlich. Auf die obigen Ausführungen zu § 7 FAG 2014 wird insoweit verwiesen (siehe oben e) aa), Rn. 225 ff.).

254

dd) Auch bei § 9 FAG 2014 führt die Nichtberücksichtigung rauminduzierter Kosten, beispielsweise über einen Flächenparameter, zur Verfassungswidrigkeit der Vorschrift. Im Rahmen der Festlegung des Gesamtausgleichsmechanismus in § 9 Abs. 1 FAG 2014 hätte es einer vertieften gesetzgeberischen Auseinandersetzung mit der Frage bedurft, ob es neben den oben dargestellten Parametern zur Verteilung dieser Teilschlüsselmasse ergänzend eines flächenabhängigen weiteren Parameters bedurft hätte. Auf die obigen Ausführungen zu § 4 FAG 2014 wird verwiesen (siehe oben c) bb) (2), Rn. 200 ff.). Entsprechend ist insoweit die Verfassungswidrigkeit von § 9 Abs. 1 FAG 2014 festzustellen. Einer darüberhinausgehenden Feststellung der Verfassungswidrigkeit von § 9 Abs. 2 ff. FAG 2014 bedarf es hingegen aus den vorgenannten Gründen nicht.

255

g) Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 10 FAG 2014 bestehen nicht.

256

Hinsichtlich der grundsätzlichen Zulässigkeit der Mittelzuweisung für zentralörtliche Aufgaben nach Maßgabe des Landesplanungsrechts und die Höhe des hierfür insgesamt zur Verfügung stehenden Betrages wird auf die obige Darstellung (siehe oben c) aa) (1) (b), Rn. 159 ff.) verwiesen.

257

Die in § 10 FAG 2014 geregelte Verteilung der derart vorgegebenen Teilschlüsselmasse auf die verschiedenen Kategorien Zentraler Orte genügt den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Gründe, die gegen die vor dem Hintergrund des interkommunalen Gleichbehandlungsgrundsatzes maßgebliche Vertretbarkeit der in § 10 FAG 2014 enthaltenen Verteilungsregelungen sprechen könnten, liegen nicht vor. Auch eine Verletzung des Verbots der Nivellierung beziehungsweise Übernivellierung ist nicht erkennbar. Bei der gefundenen Regelung bewegt sich der Gesetzgeber innerhalb des ihm bei der Ausübung seiner Ausgestaltungsfreiheit vorgegebenen Rahmens. Der Gesetzgeber hat sich bei der näheren Ausgestaltung insbesondere auch wissenschaftlichen Rates bedient

(Niedersächsisches Institut für Wirtschaftsforschung, Gutachten zur Fortentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs in Schleswig-Holstein, 2013, S. 52 bis 58 sowie Ergänzungsgutachten des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung aus Oktober 2014).

und die dort erhobenen Befunde sowie die hieraus entwickelten Empfehlungen zur Ausgestaltung bei seiner Entscheidung berücksichtigt. Die sachverständigen Ausführungen, die der Gesetzeskonzeption zugrunde liegen, sind nicht als unvertretbar einzustufen. Die dort enthaltenen Erläuterungen sind nachvollziehbar und in sich schlüssig.

258

Nichts anderes folgt aus dem Vorbringen der Antragstellerinnen hierzu. Insbesondere ist es jedenfalls nicht unvertretbar, bei der prozentualen Bemessung der Höhe der Untergruppen nach § 10 Abs. 3 FAG 2014 etwaige positive Auswirkungen der jeweiligen Zentralität außer Betracht zu lassen. Im Rahmen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers sind gewisse Pauschalisierungen zulässig. Insoweit steht es dem Gesetzgeber frei, bei der Festlegung der Untergruppen nicht noch weiter als ohnehin geschehen in Details der Kostenstrukturen vorzudringen, zumal die Gutachter nachvollziehbar darauf hinweisen, dass Fragen der Finanzkraftbestimmung im Zusammenhang mit Zentralität in Folge der Unkenntnis der Nutzerströme „wenig praktikabel“ sind

(Niedersächsisches Institut für Wirtschaftsforschung, Gutachten zur Fortentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs in Schleswig-Holstein, 2013, S. 33).

259

Auch der Einwand der Antragstellerinnen, der Gesetzgeber habe sich „blind“ auf die Angaben der Gutachter verlassen, greift nicht durch. Aus dem in diesem Zusammenhang vorgebrachten Zitat des Innenministers folgt schon nichts Aussagekräftiges in Bezug auf das Gesetzgebungsverfahren. Wie die Landesregierung zu dem Gutachten gestanden haben mag, lässt keine Rückschlüsse auf den Gesetzgeber, nämlich den Schleswig-Holsteinischen Landtag, zu.

260

Zuletzt ergibt sich nichts anderes aus der Stellungnahme des Schleswig-Holsteinischen Gemeindetages. Hinsichtlich der angeblichen Überdotierung der Ausgaben für Theater kann nach oben verwiesen werden (siehe oben c) aa) (2) (c), Rn. 184 ff.). Eine Verletzung verfassungsrechtlich erheblicher Maßstäbe ist auch nicht den Darlegungen des Schleswig-Holsteinischen Gemeindetages zu den Berufsschulen zu entnehmen. Es fehlt insoweit schon an hinreichenden Anhaltspunkten für eine systemwidrige Ungleichbehandlung der Kieler Fachschulen/ Berufsschulen. Ob die gerügte Berücksichtigung der zuvor inneren Verrechnungen nach der Gründung der Regionalen Bildungszentren zulässig war oder nicht, ließe sich nur überprüfen, wenn dem Gericht vorgetragen worden wäre, wie in sonstigen Fällen mit gleichgearteten Problemlagen umgegangen wurde. Hierzu fehlt von allen Beteiligten jedweder Vortrag.

261

h) Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit der §§ 14, 16, 17 und 18 FAG 2014 sprechen könnten, sind nicht ersichtlich und nicht vorgetragen. Hinsichtlich der grundsätzlichen Zulässigkeit derartiger Zweckzuweisungen kann auf die obige Darstellung verwiesen werden (siehe oben a), Rn. 130). Die Frage der Höhe der zur Verfügung stehenden Beträge beeinflusst allenfalls die Verfassungsmäßigkeit von § 4 FAG 2014, nicht aber die der hier zu prüfenden §§ 14, 16, 17 und 18 FAG 2014. Argumente gegen den in §§ 14, 16, 17 und 18 FAG 2014 festgeschriebenen Mechanismus der Verteilung auf die einzelnen Antragstellerinnen sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

262

4. Im Übrigen gibt das vorliegende Verfahren keinen Anlass, eine Überprüfung der vorgenannten Bestimmungen auch anhand des Art. 54 Abs. 1 LV vorzunehmen. Offen gelassen werden kann damit sowohl, ob die durch Art. 54 Abs. 1 LV gewährleistete Mindestausstattung (wie der Anspruch auf angemessene Ausstattung aus Art. 57 Abs. 1 LV) unter Leistungsfähigkeitsvorbehalt steht

(für den dortigen Verfassungsraum ablehnend: VerfGH Thüringen, Urteil vom 2. November 2011 - VerfGH 13/10 -, ThürVBl 2012, 55 ff., Juris Rn. 82; VerfG Brandenburg, Urteil vom 22. November 2007
- VfGBbg 75/05 -, LVerfGE 18, 159 ff., Juris Rn. 116 ff.; ebenso für Art. 28 GG: BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 8 C 1.12 -, BVerwGE 145, 378 ff., Juris Rn. 20 ff.; a.A. für den dortigen Verfassungsraum: StGH Niedersachsen, Urteil vom 7. März 2008
- StGH 2/05 -, NdsVBl 2008, 152 ff., Juris Rn. 54 und 62; VerfGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 6. Mai 2014 - VerfGH 14/11 -, DVBl 2014, 918 ff., Juris Rn. 41 ff.; VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom
14. Februar 2012 - VGH N 3/11 -, AS RP-SL 41, 29 ff., Juris Rn. 23 f.; LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 23. Februar 2012
- LVerfG 37/10 -, NordÖR 2012, 235 ff., Juris Rn. 97 ff.; VerfGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Mai 2016 - VerfGH 19/13 -, ZKF 2016, 139 ff., Juris Rn. 127 ff.),

als auch, ob Art. 54 Abs. 1 LV einen individuell justiziablen Mindestausstattungsanspruch jeder einzelnen Kommune oder lediglich eine institutionelle Garantie bezogen auf die Gesamtheit der Kommunen enthält

(lediglich institutionelle Garantie: VerfGH NRW, Urteil vom 6. Mai 2014 - VerfGH 14/11 -, DVBl 2014, 918 ff., Juris Rn. 38; wohl auch: VerfGH Bayern, Entscheidung vom 6. Februar 2007 - Vf. 14-VII-04 - VerfGHE BY 60, 30 ff., Juris Rn. 47; auch individueller Mindestanspruch: VerfG Brandenburg, Urteil vom 16. September 1999 - VfGBbg 28/98 -, LVerfGE 10, 237 ff, Juris Rn. 112, LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 11. Mai 2006 - LVerfG 1/05 -, LVerfGE 17, 297, Juris Rn. 110; StGH Hessen, Urteil vom 21. Mai 2013 - P.St. 2361 -, NVwZ 2013, 1151 ff., Juris Rn. 194; von Mutius, in: von Mutius/ Wuttke/ Hübner, Kommentar zur Landesverfassung Schleswig-Holstein, 1995, Art. 49 Rn. 13; weiterführend: Volkmann, DÖV 2001, 497 <504>).

263

Hinsichtlich §§ 3 und 4 FAG 2014 bedarf Art. 54 Abs. 1 LV keiner weiteren Prüfung, da sich bereits aus den vorstehenden Ausführungen zu Art. 57 Abs. 1 LV die Verfassungswidrigkeit sowohl der Bestimmung der Finanzausgleichsmasse insgesamt als auch der gebildeten Teilschlüsselmassen ergibt. Ob diese für die Gewährleistung der kommunalen Mindestausstattung zentralen Bestimmungen daneben zugleich gegen Art. 54 Abs. 1 LV verstoßen, kann insoweit dahinstehen.

264

Im Hinblick auf die §§ 5, 7, 9, 10, 14, 16, 17 und 18 FAG 2014 enthält Art. 54 Abs. 1 LV keine Anforderungen, die zur Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmungen führen könnten – und zwar selbst dann nicht, wenn Art. 54 Abs. 1 LV einen individuellen Mindestausstattungsanspruch enthalten sollte. Diesen Mindestausstattungsanspruch müsste der Gesetzgeber in Bezug auf Art. 54 Abs. 1 LV nicht notwendigerweise über eine ausnahmslos jedem Einzelfall gerecht werdende Ausgestaltung der Verteilungsbestimmungen der §§ 5 ff. FAG 2014 sicherstellen. Denn dann wären die in dem komplexen System des Finanzausgleichs zwingend notwendigen Generalisierungen und Pauschalisierungen zur Ermittlung der jeweils erforderlichen Finanzmittel erschwert bis unmöglich, zumal in Schleswig-Holstein mit seiner Vielzahl mit Blick auf Ausgabenbelastungen, Einnahmemöglichkeiten und spezifischen örtlichen Rahmenbedingungen höchst unterschiedlich strukturierter Kommunen. Die Gewährleistung der individuellen Mindestausstattung müsste dann allerdings über einen gesonderten Mechanismus zum Ausgleich sich gegebenenfalls aus dem Gesamtsystem der §§ 5 ff. FAG 2014 ergebender Unterfinanzierungen sichergestellt werden

(vgl. VerfG Brandenburg, Urteil vom 16. September 1999 - VfGBbg
28/98 -, a.a.O., Juris Rn. 112).

265

Ein solcher Mechanismus ist in Schleswig-Holstein über § 12 FAG gegeben, der von den Antragstellerinnen weder nach Höhe noch mit Blick auf seinen Regelungsinhalt angegriffen wird. Gemäß § 12 FAG 2014 können Gemeinden und Kreise, die ihren Haushalt nicht durch eigene Mittel und durch allgemeine Finanzzuweisungen nach dem Finanzausgleichsgesetz ausgleichen können, Fehlbetragszuweisungen erhalten. Die Bestimmung lautet auszugsweise wie folgt:

§ 12

Fehlbetragszuweisungen

(1) Gemeinden und Kreise die ihren Haushalt nicht durch eigene Mittel und durch allgemeine Finanzzuweisungen nach diesem Gesetz ausgleichen können, können Fehlbetragszuweisungen zum Ausgleich von unvermeidlichen Fehlbeträgen oder Jahresfehlbeträgen der abgelaufenen Haushaltsjahre erhalten. ln Ausnahmefällen können Fehlbetragszuweisungen zum Ausgleich eines voraussichtlichen unvermeidlichen Fehlbetrages oder Jahresfehlbetrages des laufenden Haushaltsjahres gewährt werden.

(2) Bei der Feststellung des unvermeidlichen Fehlbetrages oder Jahresfehlbetrages müssen diejenigen Beträge außer Ansatz bleiben, die durch Ausgaben oder Aufwendungen entstanden sind, die nicht als unbedingt notwendig anerkannt werden können, oder die durch eigene Einnahmen oder Erträge abgedeckt werden können, wenn alle Einnahme- oder Ertragsquellen in zumutbarem Umfang ausgeschöpft werden. Davon abweichend werden bei den Kreisen und Städten, die der Kommunalaufsicht des für Inneres zuständigen Ministeriums unterstehen, jeweils zwei Drittel der bis zum Ende des Jahres 2014 aufgelaufenen Fehlbeträge oder Jahresfehlbeträge sowie der ab 2015 entstehenden neuen Fehlbeträge oder Jahresfehlbeträge als unvermeidlich anerkannt.

(3) Gemeinden und Kreisen können Fehlbetragszuweisungen aus den nach § 4 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bereitgestellten Mitteln gewährt werden, wenn der in dem Haushaltsjahr entstandene oder voraussichtlich entstehende unvermeidliche Fehlbetrag oder Jahresfehlbetrag mindestens 80.000 Euro beträgt. Über die Bewilligung der Fehlbetragszuweisungen entscheidet das für Inneres zuständige Ministerium. Vor der Entscheidung sollen die Landesverbände der Gemeinden und Kreise gehört werden.

(4) Kreisangehörigen Gemeinden, die der Kommunalaufsicht der Landrätin oder des Landrats unterstehen, können aus eigenen Mitteln des Kreises Fehlbetragszuweisungen gewährt werden, wenn der in dem Haushaltsjahr entstandene oder voraussichtlich entstehende unvermeidliche Fehlbetrag oder Jahresfehlbetrag weniger als 80.000 Euro beträgt. Über die Bewilligung der Fehlbetragszuweisungen entscheidet der jeweilige Kreis. Zur Finanzierung der Fehlbetragszuweisungen nach Satz 1 stellt jeder Kreis einen Betrag in Höhe von mindestens 0,5 % seiner Einnahmen oder Erträge aus den Schlüsselzuweisungen an die Kreise und kreisfreien Städte zum Ausgleich unterschiedlicher Umlagekraft und sozialer Lasten (§ 9 Absatz 1) und der Kreisumlage (§ 19 Absatz 2) bereit.

(5) - (6) […]

III.

266

§ 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, § 4 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 und § 9 Abs. 1 FAG 2014 verstoßen danach gegen Art. 57 Abs. 1 LV. Dies führt jedoch nicht zur Nichtigkeit dieser Vorschriften, sondern zur Erklärung ihrer Unvereinbarkeit mit der Landesverfassung. Sie bleiben auch in Gestalt der zwischenzeitlichen Neufassungen, zuletzt durch das Haushaltsbegleitgesetz vom 16. Dezember 2015 (GVOBl S. 500) weiter anwendbar. Der Gesetzgeber ist bis zum 31. Dezember 2020 zu einer verfassungsmäßigen Neuregelung verpflichtet.

267

Die Verfassungswidrigkeit gesetzlicher Vorschriften führt im Regelfall zwar zu deren Nichtigkeit (§ 42 Satz 1, vgl. auch § 46 Satz 2 und § 48 LVerfGG). Aus-nahmsweise sind die Vorschriften jedoch nur für unvereinbar mit der Landesverfassung zu erklären

(Urteil vom 26. Februar 2010 - LVerfG 1/09 -, SchlHA 2010, 131 = NordÖR 2010, 155 ff. = VR 2011, 65 ff., Rn. 106).

268

Eine derartige Ausnahmesituation liegt hier vor. Eine – rückwirkende –Nichtigerklärung kommt schon aus Gründen der Rechtssicherheit nicht in Betracht. Hierdurch würden die bereits erfolgten Festsetzungen von Gemeinde- und Kreisschlüsselzuweisungen nach §§ 5 ff., 9 FAG 2014 ihre Rechtsgrundlage verlieren.

269

Auch die bloße Unvereinbarkeitserklärung hätte allerdings grundsätzlich zur Folge, dass die betroffenen Normen in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang nicht mehr angewendet werden dürfen. Ausnahmsweise sind verfassungswidrige Vorschriften aber ganz oder teilweise weiter anzuwenden, wenn die Besonderheit der für verfassungswidrig erklärten Norm es aus verfassungsrechtlichen Gründen, insbesondere aus solchen der Rechtssicherheit, notwendig macht, die verfassungswidrige Vorschrift als Regelung für die Übergangszeit fortbestehen zu lassen, damit in dieser Zeit nicht ein Zustand besteht, der von der verfassungsmäßigen Ordnung noch weiter entfernt ist als der bisherige

(Urteil vom 26. Februar 2010 - LVerfG 1/09 -, a.a.O., Juris Rn. 108).

270

So liegt es hier. Ohne weitere Anwendung der fraglichen Bestimmungen wären neue Festsetzungen über Zuweisungen an die kommunalen Aufgabenträger bis zum Abschluss des nunmehr erforderlichen Gesetzgebungsverfahrens nicht mehr möglich. Ein derartiges sofortiges Außerkrafttreten der angegriffenen Vorschriften wäre mit einer geordneten Finanz- und Haushaltswirtschaft unvereinbar. Bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung darf der kommunale Finanzausgleich auf der Grundlage der bestehenden Vorschriften des Finanzausgleichsgesetzes, auch soweit sie verfassungswidrig sind, weiterhin durchgeführt werden.

271

Für die Neuregelung steht dem Gesetzgeber eine Frist bis zum 31. Dezember 2020 zur Verfügung. Zwar kommt als angemessene Frist zur Beseitigung der verfassungswidrigen Rechtslage grundsätzlich die Dauer einer Legislaturperiode in Betracht

(Urteil vom 26. Februar 2010 - LVerfG 1/09 - Rn. 106, a.a.O., Juris Rn. 113).

Vor dem Hintergrund der im Jahr 2017 neu anlaufenden Legislaturperiode sowie unter Berücksichtigung der erheblichen Bedeutung einer verfassungskonformen Ausgestaltung des kommunalen Finanzausgleichs für alle schleswig-holsteinischen Kommunen ist jedoch ein kürzerer Zeitraum angemessen. Der gewählte Zeitraum erscheint insoweit erforderlich, aber auch ausreichend, um die zur Feststellung des finanziellen Mindestbedarfs der Kommunen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen und im Gesetzgebungsverfahren umzusetzen.

IV.

272

Das Verfahren ist kostenfrei (§ 33 Abs. 1 LVerfGG). Eine Kostenerstattung findet nicht statt (§ 33 Abs. 4 LVerfGG). Eine Entscheidung über die Vollstreckung entfällt (§ 34 LVerfGG).

V.

273

Das Urteil ist einstimmig ergangen.


(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nach Maßgabe der Gründe zurückgewiesen.

Gründe

A.

1

Die Beschwerdeführerinnen sind acht kreisangehörige Gemeinden in Sachsen-Anhalt. Sie waren gemäß § 3 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 und Abs. 2 des Gesetzes zur Förderung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege des Landes Sachsen-Anhalt (Kinderförderungsgesetz - KiFöG LSA) vom 5. März 2003 Verpflichtete des Anspruchs auf Kinderbetreuung. Mit Art. 1 Nr. 2 Buchstabe c des Gesetzes zur Änderung des Kinderförderungsgesetzes und anderer Gesetze vom 23. Januar 2013 hat der Landesgesetzgeber die Regelung neu gefasst und die Verpflichtung zur Erfüllung dieses Anspruchs in § 3 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 1 und Abs. 2 KiFöG LSA auf Landkreise und kreisfreie Städte als örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe übertragen.

2

Die Beschwerdeführerinnen sehen in der gesetzlichen Neuregelung einen verfassungswidrigen Entzug der Aufgaben und machen insoweit eine Verletzung von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG geltend.

I.

3

1. Das Kinderförderungsgesetz Sachsen-Anhalt vom 5. März 2003 trat am 8. März 2003 in Kraft (GVBl LSA S. 48 ff.). Darin wurden die Gemeinden statt der bis dahin für die Vergabe von Kinderbetreuungsplätzen zuständigen örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe zu Verpflichteten des Anspruchs auf Kinderbetreuung bestimmt und ihnen Pflichten im Zusammenhang mit der Finanzierung von Kindertagesstätten auferlegt. Das Gesetz wurde unter anderem am 12. November 2004 (GVBl LSA S. 774), am 5. November 2009 (GVBl LSA S. 514, 518) und am 17. Februar 2010 (GVBl LSA S. 69) geändert und enthielt in der bis zum Ablauf des 31. Juli 2013 geltenden Fassung unter anderem folgende Regelungen:

§ 3

Anspruch auf Kinderbetreuung

(Fassung vom 12. November 2004)

(1) Jedes Kind mit gewöhnlichem Aufenthalt im Land Sachsen-Anhalt hat bis zur Versetzung in den 7. Schuljahrgang Anspruch

1. auf einen ganztägigen Platz (§ 17 Abs. 2) in einer Tageseinrichtung,

a) bis zum Schuleintritt, wenn aus Gründen der Erwerbstätigkeit, der Aus-, Fort- und Weiterbildung oder der Teilnahme der Eltern an einer Maßnahme der Arbeitsförderung nach § 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch ein Bedarf für eine solche Förderung besteht,

b) vom Schuleintritt bis zur Versetzung in den 7. Schuljahrgang,

c) ausnahmsweise, wenn und solange das Jugendamt entscheidet, Leistungen nach § 3a Abs. 3 Satz 1 zu erbringen,

2. auf einen Halbtagsplatz von mindestens fünf Stunden täglich oder 25 Wochenstunden in allen anderen Fällen.

(…)

(2) Von der Versetzung in den 7. Schuljahrgang bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres hat jedes Kind mit gewöhnlichem Aufenthalt im Land Sachsen-Anhalt Anspruch auf Förderung und Betreuung in einer Tageseinrichtung, soweit Plätze vorhanden sind.

(3) Der Anspruch nach den Absätzen 1 und 2 richtet sich gegen die Gemeinde, in der das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Ist die Gemeinde Mitglied einer Verwaltungsgemeinschaft, richtet sich der Anspruch gegen diese, wenn ihr diese Aufgabe von allen Mitgliedsgemeinden zur Erfüllung übertragen wurde.

(…)

§ 3b

Wunsch- und Wahlrecht

(Fassung vom 12. November 2004)

(1) Die Leistungsberechtigten nach § 3 haben das Recht, im Rahmen freier Kapazitäten zwischen den verschiedenen Tageseinrichtungen am Ort ihres gewöhnlichen Aufenthaltes oder an einem anderen Ort zu wählen. Sie sind von der Leistungsverpflichteten auf dieses Recht hinzuweisen.

(2) Der Wahl soll entsprochen werden, sofern dies nicht mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist.

(…)

§ 9

Träger

(Fassung vom 5. März 2003)

(1) Träger von Tageseinrichtungen können sein:

1. Gemeinden, Zusammenschlüsse von Gemeinden, Verwaltungsgemeinschaften,

2. anerkannte Träger der freien Jugendhilfe oder

3. sonstige juristische Personen, deren Zweck das Betreiben einer Tageseinrichtung ist und die die Anforderungen des Steuerrechts an die Gemeinnützigkeit erfüllen.

(...)

(3) Die Einrichtung oder die Übernahme von Tageseinrichtungen durch Träger im Sinne von Absatz 1 Nrn. 2 oder 3 soll durch die Leistungsverpflichteten unterstützt werden.

§ 10

Sicherstellungsaufgabe der Landkreise und kreisfreien Städte

(Fassung vom 5. März 2003)

(1) Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe sind verantwortlich für die Vorhaltung einer an den Bedürfnissen von Familien und Kindern orientierten, konzeptionell vielfältigen, leistungsfähigen, zahlenmäßig ausreichenden und wirtschaftlichen Struktur von Tageseinrichtungen.

(2) Die Tagespflegepersonen sollen durch die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe fachlich beraten werden. Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen die Gemeinden bei der Bereitstellung von Tagespflegestellen nach § 3 Abs. 4 in Verbindung mit § 4 Abs. 3 unterstützen, insbesondere durch den Nachweis geeigneter Tagespflegepersonen.

§ 11

Finanzierung der Tagesbetreuung in Tageseinrichtungen und in Tagespflege

(Fassung vom 17. Februar 2010)

(1) Das Land beteiligt sich an den Kosten der Tagesbetreuung in Tageseinrichtungen und in Tagespflegestellen nach § 3 Abs. 4 und Abs. 1 Satz 2 und 3, soweit diese den Umfang eines Betreuungsangebotes nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 übersteigt. Letztere sind auf den Kostenausgleich nach Absatz 5 anzurechnen.

(…)

(4) Wird eine Tageseinrichtung von einem freien Träger gemäß § 9 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 betrieben, erstattet die Leistungsverpflichtete, in deren Zuständigkeitsbereich die Tageseinrichtung ihren Sitz hat, auf Antrag die für den Betrieb notwendigen Kosten abzüglich der Elternbeiträge nach § 13 sowie eines Eigenanteils des Trägers von in der Regel bis zu 5 v. H. der Gesamtkosten. Für die Beurteilung der Notwendigkeit und Angemessenheit sind im Übrigen die Kosten maßgeblich, die die Leistungsverpflichtete selbst als Träger einer Tageseinrichtung aufzuwenden hätte. Die Leistungsverpflichteten sollen vertragliche Vereinbarungen mit den freien Trägern über den Umfang der Kostenerstattung abschließen, die auch Regelungen über die zu leistenden Abschlagszahlungen enthalten.

§ 13

Elternbeiträge

(Fassung vom 5. November 2009)

Hinsichtlich der Erhebung von Elternbeiträgen gelten die Regelungen in § 90 des Achten Buches Sozialgesetzbuch. (…) Träger gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1, in deren Gebiet ein Elternbeirat entsprechend § 19 Abs. 5 gebildet wurde, haben auch diesen Elternbeirat zu beteiligen.

4

2. Mit Gesetz zur Änderung des Kinderförderungsgesetzes und anderer Gesetze vom 23. Januar 2013 (GVBl LSA S. 38 ff.) hat der Gesetzgeber das Kinderbetreuungsrecht in Sachsen-Anhalt neu geordnet. Die meisten Änderungen sind gemäß Art. 6 Abs. 1 des Änderungsgesetzes mit Wirkung zum 1. August 2013 in Kraft getreten, der neu eingefügte § 11a KiFöG LSA erst zum 1. Januar 2015 (Art. 6 Abs. 3 des Änderungsgesetzes). Die Neuregelung betraf im Wesentlichen die Verlagerung der Leistungsverpflichtung zur Bereitstellung von Plätzen in der Tageseinrichtung auf den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die Einführung von Qualitätsstandards und die Finanzierung der Kinderbetreuung. Im Zuge dieser Gesetzesänderung wurden unter anderem folgende Bestimmungen neugefasst:

§ 3

Anspruch auf Kinderbetreuung

(1) Jedes Kind mit gewöhnlichem Aufenthalt im Land Sachsen-Anhalt hat bis zur Versetzung in den 7. Schuljahrgang Anspruch auf einen ganztägigen Platz in einer Tageseinrichtung.

(2) Von der Versetzung in den 7. Schuljahrgang bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres hat jedes Kind mit gewöhnlichem Aufenthalt im Land Sachsen-Anhalt Anspruch auf Förderung und Betreuung in einer Tageseinrichtung, soweit Plätze vorhanden sind.

(…)

(4) Der Anspruch nach den Absätzen 1 und 2 richtet sich gegen den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, in dessen Gebiet das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

(…)

§ 10

Sicherstellungsaufgabe und Bedarfsplanung

(1) Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe sind verantwortlich für die Vorhaltung einer an den Bedürfnissen von Familien und Kindern orientierten, konzeptionell vielfältigen, leistungsfähigen, zahlenmäßig ausreichenden und wirtschaftlichen Struktur von Tageseinrichtungen. Sie haben eine Bedarfsplanung gemäß § 80 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch aufzustellen. Mit den kreisangehörigen Gemeinden, Verbandsgemeinden, Verwaltungsgemeinschaften, den Trägern der freien Jugendhilfe und dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe ist in allen Phasen der Bedarfsplanung das Benehmen herzustellen.

(2) Die Tageseinrichtungen und die Tagespflegepersonen sollen durch die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe fachlich beraten werden.

§ 11

Grundsätze der Finanzierung

(1) Die Förderung und Betreuung in Tageseinrichtungen sowie in Tagespflegestellen wird gemeinsam durch das Land, die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die Gemeinden, Verbandsgemeinden und Verwaltungsgemeinschaften, in deren Gebiet die Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sowie die Eltern finanziert. Das Land und die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe beteiligen sich durch Zuweisungen.

(2) Soweit Kinder in Tageseinrichtungen oder in Tagespflegestellen Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 35a des Achten Buches Sozialgesetzbuch oder nach den §§ 53 und 54 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit § 55 Abs. 2 Nr. 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch erhalten, erfolgt die Finanzierung dieser Leistungen nach den §§ 78a bis 78g des Achten Buches Sozialgesetzbuch oder nach den §§ 75 bis 81 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch. Bei Inanspruchnahme von Hilfen zur Erziehung erfolgt die Finanzierung dieser Leistungen nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch.

§ 11a

Vereinbarungen, Rahmenvertrag

(1) Der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe schließt mit den Trägern von Tageseinrichtungen für seinen Zuständigkeitsbereich Vereinbarungen über den Betrieb der Tageseinrichtungen nach den §§ 78b bis 78e des Achten Buches Sozialgesetzbuch im Einvernehmen mit den Gemeinden, Verbandsgemeinden und Verwaltungsgemeinschaften.

(…)

§ 13

Kostenbeiträge

(1) Für die Inanspruchnahme von Angeboten der Förderung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflegestellen sind von den Eltern Kostenbeiträge zu erheben. Sie sind nach der Anzahl der vereinbarten Betreuungsstunden zu staffeln.

(2) Der Kostenbeitrag wird durch die Gemeinde oder Verbandsgemeinde, in deren Gebiet das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, nach Anhörung der Träger von Tageseinrichtungen und der Gemeindeelternvertretung, festgelegt. Die Festlegungen bedürfen der Zustimmung des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe.

(3) Der Kostenbeitrag wird durch die Gemeinde oder Verbandsgemeinde, in deren Gebiet das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, erhoben. Die Erhebung kann auf die Träger von Tageseinrichtungen übertragen werden.

5

3. Die Änderung des Kinderförderungsgesetzes Sachsen-Anhalt zum 1. August 2013 ging einher mit einer ebenfalls zu diesem Tag wirksam gewordenen Neufassung des § 24 SGB VIII. Demnach sind Kinder (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII) bedarfsgerecht in einer Tageseinrichtung (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII) oder einer Kindertagespflege (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII) zu fördern. Dabei handelt es sich in Bezug auf Kinder unter einem Jahr (§ 24 Abs. 1 SGB VIII) und auf schulpflichtige Kinder (§ 24 Abs. 4 SGB VIII) um eine objektiv-rechtliche Pflicht. Ein- bis zweijährige Kinder (§ 24 Abs. 2 SGB VIII) und dreijährige Kinder bis zum Schuleintritt (§ 24 Abs. 3 SGB VIII) haben dagegen einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz (vgl. BVerfGE 140, 65 <84 Rn. 43 f.>; BGH, Urteil vom 20. Oktober 2016 - III ZR 278/15 -, juris, Rn. 17; Rixen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 1. Aufl. 2014, § 24 Rn. 8 ff.). Nach § 24 Abs. 6 SGB VIII bleibt weitergehendes Landesrecht unberührt. Das Nähere über Inhalt und Umfang der in § 24 SGB VIII normierten Rechte und Pflichten regelt das Landesrecht (§ 26 Satz 1 SGB VIII). Der Rechtsanspruch richtet sich nach § 3 Abs. 2 Satz 2, § 85 Abs. 1 SGB VIII gegen den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Wer Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist, bestimmt ebenfalls das Landesrecht (§ 69 Abs. 1 SGB VIII). In Sachsen-Anhalt sind dies gemäß § 1 Kinder- und Jugendhilfegesetz des Landes Sachsen-Anhalt (KJHG LSA) die Landkreise und kreisfreien Städte.

6

4. Anlass für die Änderung des Kinderförderungsgesetzes Sachsen-Anhalt war ein befürchteter Interessenkonflikt bei den Gemeinden, der sich nach Auffassung des Gesetzgebers daraus ergeben sollte, dass die Gemeinden sowohl Verpflichtete des Betreuungsanspruchs waren als auch selbst Betreuungsplätze anboten und anbieten. Da diese auch von freien Trägern bereitgestellt werden, stehen sich Gemeinden und freie Träger als Wettbewerber gegenüber. Allerdings soll die öffentliche Jugendhilfe nach § 4 Abs. 2 SGB VIII von eigenen Maßnahmen absehen, soweit freie Träger ein ausreichendes Angebot bereitstellen. Daraus wird mitunter die Subsidiarität kommunaler Betreuungsangebote gegenüber jenen der freien Jugendhilfe abgeleitet, jedenfalls aber ein gewisser Vorrang der freien Träger (vgl. Luthe, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, § 4 Rn. 45). Zum Anlass für die Änderung des Kinderförderungsgesetzes Sachsen-Anhalt heißt es in der Gesetzesbegründung (LT-Drucks 6/1258 vom 4. Juli 2012):

Leistungsverpflichteter (§ 3 Abs. 4)

Leistungsverpflichtete werden wieder die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Auf Gemeindeebene kommt es zu einem Interessenkonflikt. Viele Gemeinden sind selbst Träger von Tageseinrichtungen. Bei abnehmenden Kinderzahlen könnten sie daher ihren Tageseinrichtungen den Vorrang geben, was wiederum gegen den Subsidiaritätsgrundsatz (§§ 3, 4 SGB VIII) verstoßen würde. Dieses kann allerdings nur auf der übergeordneten Ebene der Landkreise zuverlässig vermieden werden. Kommunale Einrichtungen und Einrichtungen freier Träger treten so in einen Wettbewerb.

7

5. Die Beschwerdeführerinnen erhoben im Januar 2014 zusammen mit über 50 anderen Gemeinden gemäß Art. 75 Nr. 7 Verf LSA, § 51 Abs. 1 des Gesetzes über das Landesverfassungsgericht (Landesverfassungsgerichtsgesetz - VerfGG LSA) eine Kommunalverfassungsbeschwerde zum Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt, mit der sie mehrere Vorschriften des Änderungsgesetzes zum Kinderförderungsgesetz und anderer Gesetze angriffen.

8

Die für eine Kommunalverfassungsbeschwerde zum Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt maßgeblichen Bestimmungen der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt vom 16. Juli 1992 (GVBl LSA 1992 S. 600, zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Dezember 2014, GVBl LSA S. 494) lauten:

Artikel 2 Verf LSA

Grundlagen

(…)

(3) Die kommunale Selbstverwaltung wird gewährleistet.

(…)

Artikel 75 Verf LSA

Zuständigkeiten

Das Landesverfassungsgericht entscheidet

(…)

7. über Verfassungsbeschwerden von Kommunen und Gemeindeverbänden wegen Verletzung des Rechts auf Selbstverwaltung nach Artikel 2 Abs. 3 und Artikel 87 durch ein Landesgesetz, (…)

Artikel 87 Verf LSA

Kommunale Selbstverwaltung

(1) Die Kommunen (Gemeinden und Landkreise) und die Gemeindeverbände verwalten ihre Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung.

(2) Die Kommunen sind berechtigt und im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit verpflichtet, in ihrem Gebiet alle öffentlichen Aufgaben selbständig wahrzunehmen, soweit nicht bestimmte Aufgaben im öffentlichen Interesse durch Gesetz anderen Stellen übertragen sind.

(3) Den Kommunen können durch Gesetz Pflichtaufgaben zur Erfüllung in eigener Verantwortung zugewiesen und staatliche Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung übertragen werden. Dabei ist gleichzeitig die Deckung der Kosten zu regeln. Führt die Aufgabenwahrnehmung zu einer Mehrbelastung der Kommunen, ist ein angemessener Ausgleich zu schaffen.

(4) Das Land sichert durch seine Aufsicht, dass die Gesetze beachtet und die nach Absatz 3 übertragenen Aufgaben weisungsgemäß ausgeführt werden.

(5) Andere Körperschaften des öffentlichen Rechts können für die Wahrnehmung bestimmter öffentlicher Aufgaben gegenüber ihren Mitgliedern durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes gebildet werden.

§ 51 VerfGG LSA

(1) Kommunen und Gemeindeverbände können die Verfassungsbeschwerde mit der Behauptung erheben, durch ein Landesgesetz in ihrem Recht auf Selbstverwaltung nach Artikel 2 Abs. 3 und Artikel 87 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt verletzt zu sein.

9

Die Beschwerdeführerinnen wandten sich unter anderem gegen die Neufassung in § 3 Abs. 4 KiFöG LSA und rügten eine Verletzung der durch die Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt gewährleisteten Garantie der kommunalen Selbstverwaltung.

10

Die Verfassungsbeschwerde hatte hinsichtlich einer die Aufgabenfinanzierung betreffenden Bestimmung Erfolg. Im Übrigen wurde sie durch Urteil des Landesverfassungsgerichts Sachsen-Anhalt vom 20. Oktober 2015 - LVG 2/14 -(DVBl 2015, S. 1535 ff.) zurückgewiesen. Dabei führte das Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt mit Blick auf die hier in Rede stehende Übertragung der Leistungsverpflichtung aus:

11

Es fehle bereits an einem Eingriff in ein durch die Landesverfassung gewährleistetes Recht der Gemeinden. Maßstab sei insoweit Art. 87 Verf LSA. Nach dessen Absatz 1 hätten die drei kommunalen Ebenen, das heißt die Kommunen (Gemeinden und Landkreise) und die Gemeindeverbände, gemeinsam gegenüber der staatlichen Ebene den Vorrang. Ein Vorrangverhältnis untereinander, welches die Gemeinden vor einer Verlagerung von Zuständigkeiten auf die Landkreise schütze, bestehe in der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt grundsätzlich nicht. Diese ordne vielmehr einen Dualismus der Selbstverwaltungsrechte von Landkreisen und Gemeinden an; danach sei die gemeindliche Selbstverwaltung nur eine Form der kommunalen Selbstverwaltung und stehe gleichrangig neben jener der Landkreise. Nach den landesverfassungsrechtlichen Vorgaben sei eine Verlagerung von Aufgaben von der Gemeinde- auf die Kreisebene daher grundsätzlich kein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 87 Abs. 1 Verf LSA. Ein solcher sei erst dann anzunehmen, wenn durch die Übertragung von Aufgaben und Befugnissen eine der beiden kommunalen Ebenen so ausgehöhlt werde, dass nur noch eine "leere Hülle" zurückbleibe und damit die sowohl für Gemeinden als auch für Landkreise bestehende "institutionelle Bestandsgarantie" in Frage stellte. Das sei vorliegend aber nicht der Fall (LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20. Oktober 2015 - LVG 2/14 -, DVBl 2015, S. 1535 <1538 f.>). Diese Auslegung von Art. 87 Abs. 1 Verf LSA stützte das Landesverfassungsgericht vor allem auf dessen Entstehungsgeschichte (LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20. Oktober 2015 - LVG 2/14 -, DVBl 2015, S. 1535 <1539>).

12

Zwar gewährleiste Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG einen Mindestschutz, den das Landesrecht nicht unterschreiten dürfe. Dieses Gebot richte sich jedoch nur an das Landesrecht insgesamt. Dem Landesverfassungsgeber schreibe es nicht vor, welches Schutzniveau die Landesverfassung vorsehen müsse. Das Grundgesetz enthalte keine Vorgaben dazu, durch Normen welchen Ranges seine Garantien landesrechtlich umgesetzt werden müssten. Gewähre es einen weitergehenden Schutz als die Landesverfassung, könne dies den landesverfassungsrechtlichen Schutzumfang nicht erweitern. In einer solchen Diskrepanz liege kein "geltungsvernichtender Widerspruch", sondern eine strukturbedingte Normalität in einer bundesstaatlichen Ordnung mit ihren getrennten und eigenständigen Verfassungsräumen. Maßstab für die Begründetheit einer Verfassungsbeschwerde zum Landesverfassungsgericht sei allein das Landesverfassungsrecht und nicht Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG (LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20. Oktober 2015, a.a.O.). Es entstünden dadurch auch keine Rechtsschutzlücken. Eine Prüfung am Maßstab des Art. 28 Abs. 2 GG sei dem Landesverfassungsgericht verwehrt, sie stehe allein dem Bundesverfassungsgericht zu (LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20. Oktober 2015, a.a.O.).

13

Im Übrigen erscheine der mit der angefochtenen Regelung verbundene Eingriff in das grundgesetzliche Aufgabenverteilungsprinzip auch im Lichte des - nicht maßgeblichen - Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gerechtfertigt. Insoweit dürften die vom Gesetzgeber angeführten Gründe für die Rückübertragung der erst 2003 auf die Gemeinden verlagerten Aufgaben bei der Erfüllung des Leistungsanspruches auf den Träger der öffentlichen Jugendhilfe ausreichen, um diese zu rechtfertigen (LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20. Oktober 2015, a.a.O.).

II.

14

Die Beschwerdeführerinnen rügen, die Übertragung der Leistungsverpflichtung von den Gemeinden auf die Landkreise und kreisfreien Städte verstoße gegen die kommunale Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG.

15

Der Zulässigkeit der Kommunalverfassungsbeschwerde stünden weder deren Subsidiarität gegenüber dem Rechtsweg zum Landesverfassungsgericht noch die für Rechtssatzverfassungsbeschwerden geltende Jahresfrist des § 93 Abs. 3 BVerfGG entgegen. Die Kommunalverfassungsbeschwerde des Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, § 91 BVerfGG sei nur gegenüber solchen landesverfassungsgerichtlichen Rechtsbehelfen subsidiär, die einen gegenüber den bundesrechtlichen Vorgaben materiell gleichwertigen Rechtsschutz gewährleisteten. Dies sei in Sachsen-Anhalt jedoch nicht der Fall. Indem das Landesverfassungsrecht von Sachsen-Anhalt in der Auslegung des Landesverfassungsgerichts Gemeinden und Landkreise als eine kommunalverfassungsrechtliche Einheit behandele, setze es sich zu Art. 28 Abs. 2 GG in Widerspruch, der den Gemeinden Eigenständigkeit auch und gerade gegenüber den Landkreisen garantiere. Unter diesem Blickwinkel sei auch die Jahresfrist gewahrt. Stelle sich, wie vorliegend, erst nach Durchführung eines landesverfassungsgerichtlichen Verfahrens heraus, dass ein gleichwertiger Rechtsschutz auf Landesebene nicht bestehe, beginne die Frist des § 93 Abs. 3 BVerfGG erst mit dem Abschluss dieses Verfahrens zu laufen.

16

Die Übertragung der Leistungsverpflichtung von den Gemeinden auf die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe greife in das Recht der kommunalen Selbstverwaltung ein. Mit der Leistungsverpflichtung seien von den Gemeinden bislang autonom wahrgenommene Aufgaben untrennbar verbunden gewesen. So hätte die Leistungsverpflichtung insbesondere die ortsbezogene Zuständigkeit zur Planung und Koordinierung eines nachfrageadäquaten Betreuungsangebots im jeweiligen Gemeindegebiet umfasst. Im Einzelnen habe hierzu gehört:

- die Koordinierung und Durchsetzung des Anspruchs auf Kinderbetreuung im Wege der Erarbeitung einer Bedarfsanalyse und Bedarfsplanung,

- die Erstellung und Fortschreibung einer Leitplanung im Zusammenhang mit der Kinderbetreuung zur Sicherung eines bedarfsgerechten Angebots an Plätzen in Kindertageseinrichtungen im Gemeindegebiet (unter Berücksichtigung der künftigen Auslastung mit Blick auf die demographische Entwicklung und etwaigen Sanierungsbedarf),

- die Entwicklung und konzeptionelle Planung des Platzangebots sowie des Bestandes an Kindertageseinrichtungen und Planumsetzung in engem Zusammenwirken mit den freien Trägern,

- die Vermittlung von Plätzen in Kindertagesstätten an die Leistungsberechtigten (Bescheiderstellung für die An-, Um- und Abmeldung), Entscheidung über Anträge auf Ausübung des Wunsch- und Wahlrechts,

- die Erstellung von Jahresstatistiken,

- die Federführung bei Haushalts- und Finanzplanung in den Einrichtungen,

- der Abschluss der vertraglichen Grundlagen für den Betrieb von Kindertageseinrichtungen freier Träger im Gemeindegebiet,

- die Abstimmung der Gebühren zwischen den Kindertageseinrichtungen einer Gemeinde,

- die Defizitabrechnungen mit den freien Trägern in Bezug auf Vorauszahlungen und Endabrechnungen.

17

Mit der Zuordnung der Leistungsverpflichtung zu den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe seien ihnen die genannten Selbstverwaltungsaufgaben entzogen worden. Bei der Verlagerung dieser mit der Leistungsverpflichtung zusammenhängenden örtlichen Planungs- und Koordinierungsaufgaben auf die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe habe es sich daher um einen echten Entzug örtlicher Aufgaben zu Lasten der kreisangehörigen Gemeinden gehandelt.

18

Dieser Eingriff sei nicht gerechtfertigt. Die Gesetzesänderung verfolge schon kein legitimes Ziel. Die Befürchtung, die Gemeinden könnten sich nicht an bundesgesetzliche Vorgaben halten, indem sie freie Träger rechtswidrig benachteiligten, entbehre jeder Grundlage und werde auch durch den zu beobachtenden stetigen Anstieg freier Träger bei den Betreuungseinrichtungen widerlegt. Der Landesgesetzgeber missverstehe außerdem die einschlägigen bundesgesetzlichen Vorgaben. Diese verlangten gerade keinen unbedingten Vorrang der freien Träger und forderten insbesondere nicht, dass das vorhandene Angebot öffentlicher Einrichtungen reduziert werden müsse. Ferner werde das mit der Gesetzesänderung verfolgte Ziel nicht folgerichtig und systemkonform umgesetzt. In jedem Fall sei die Änderung aber unverhältnismäßig. Sollten sich Gemeinden nicht rechtskonform verhalten - eine Annahme, für die im Übrigen jede empirische Grundlage fehle - sei dem mit Mitteln der Rechtsaufsicht zu begegnen.

III.

19

Der Deutsche Bundestag, der Bundesrat, die Bundesregierung (Bundeskanzleramt und Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend), der Landtag Sachsen-Anhalt, alle Landesregierungen, der Deutsche Städtetag, der Deutsche Städte- und Gemeindebund, der Deutsche Landkreistag, der Verband Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder, die Bundesvereinigung Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder e.V., die Landesvereinigung für Gesundheit Sachsen-Anhalt e.V., der Bundesverband für Kindertagespflege e.V., der Humanistische Verband Deutschlands und der Bundesverband der Natur- und Waldkindergärten in Deutschland e.V. hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Von dieser Möglichkeit haben die Landesregierung Sachsen-Anhalt, der Deutsche Landkreistag, der Deutsche Städtetag, der Deutsche Städte- und Gemeindebund und der Bundesverband für Kindertagespflege e.V. Gebrauch gemacht.

20

1. Die Landesregierung Sachsen-Anhalt hält die Kommunalverfassungsbeschwerde für unzulässig. Sie sei gegenüber der Verfassungsbeschwerde zum Landesverfassungsgericht subsidiär. Von dieser hätten die Beschwerdeführerinnen - teilweise erfolgreich - Gebrauch gemacht. Unerheblich sei dabei, ob die in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG und § 91 Satz 2 BVerfGG enthaltene Subsidiaritätsklausel nur voraussetze, dass auf Landesebene überhaupt ein verfassungsgerichtlicher Rechtsbehelf zur Verfügung stehe, oder ob darüber hinaus auch zu fordern sei, dass die in der Landesverfassung enthaltene Selbstverwaltungsgarantie den in Art. 28 Abs. 2 GG enthaltenen Gewährleistungen gleichwertig sein müsse. Im ersten Fall sei die Verfassungsbeschwerde unzulässig, weil in Sachsen-Anhalt vor dem Landesverfassungsgericht Rechtsschutz gegen förmliche Gesetze gewährt werde. Die zweite Alternative komme von vornherein nicht in Betracht, weil sie eine Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Bundesverfassungsgericht und den Landesverfassungsgerichten unmöglich mache und der Verfassungsautonomie der Länder nur unzureichend Rechnung trage. Sie liefe auf eine unzulässige bundesverfassungsgerichtliche Kontrolle landesverfassungsgerichtlicher Entscheidungen hinaus und würde so zu einer nicht gewollten Verdopplung des Rechtsschutzes führen. Beschwerdeführende Kommunen könnten im Falle des Misserfolgs einer Kommunalverfassungsbeschwerde zum Landesverfassungsgericht stets behaupten, der insoweit gewährte Rechtsschutz bleibe hinter den Gewährleistungen des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG zurück.

21

Auch die Beschwerdefrist sei nicht gewahrt. Die Rechtslage sei auch schon vor dem von den Beschwerdeführerinnen erwirkten Urteil des Landesverfassungsgerichts klar gewesen. Dies folge aus dem Wortlaut von Art. 87 Abs. 1 Verf LSA, in dem die in Art. 28 Abs. 2 GG verankerte Differenzierung zwischen Gemeinden und Landkreisen gerade nicht zum Ausdruck komme, sowie aus der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift. Das Landesverfassungsgericht habe sich zu keinem Zeitpunkt dahingehend geäußert, dass der Landesverfassung Sachsen-Anhalt ein dem Grundgesetz vergleichbares Konzept zugrunde liege. Um die Frist des § 93 Abs. 3 BVerfGG zu wahren, hätten die Beschwerdeführerinnen die vorliegende Kommunalverfassungsbeschwerde daher parallel zur Landesverfassungsbeschwerde erheben müssen.

22

Die Kommunalverfassungsbeschwerde sei aber auch unbegründet. Der mit der Übertragung der Leistungsverpflichtung auf die Landkreise gegebenenfalls verbundene Eingriff in die gemeindliche Selbstverwaltungsgarantie sei gerechtfertigt. Der Gesetzgeber habe dadurch Synergieeffekte mit den Aufgaben Kinderbetreuung, Kinderschutz und Hilfe zur Erziehung erzielen und zugleich Interessenkonflikte in den Gemeinden abbauen wollen. Die Gemeinden stünden mit Blick auf das Angebot von Tageseinrichtungen der Kinderbetreuung im Wettbewerb mit freien Trägern, denen nach § 4 Abs. 2 SGB VIII ein Vorrang zukomme. In Zeiten abnehmender Kinderzahlen habe eine Verzerrung des Wettbewerbs gedroht, weil die Gemeinden geneigt seien, ihren eigenen Tageseinrichtungen den Vorrang zu geben. Dies gelte besonders angesichts des stetig gestiegenen Anteils an freien Trägern, der im Jahr 2013 in Sachsen-Anhalt 45 % betragen habe; ein weiterer Anstieg sei zu erwarten gewesen. Diese Entwicklung habe einen strukturellen Anreiz für die Gemeinden dargestellt, ihre eigenen Einrichtungen zu bevorzugen. Das damit verbundene Konfliktpotential habe sich in der Vergangenheit bei Fragen der Kostenerstattung auch realisiert. Hier hätten Gemeinden bewusst zu niedrige Kosten angesetzt, wodurch freie Träger finanziell schlechter gestellt worden seien. Auch hätten Gemeinden ihre Pflicht zur Kostentragung sogar dem Grunde nach bestritten, obwohl sie zu deren Übernahme gesetzlich verpflichtet gewesen seien.

23

Die Übertragung der Leistungsverpflichtung sei geeignet, erforderlich und angemessen, um die dargestellten Zwecke zu erreichen. Ein Einschreiten im Wege der Rechtsaufsicht wäre nicht gleichermaßen wirksam gewesen, da dies eine konkrete Rechtsverletzung voraussetze und den strukturellen Konflikt daher nicht neutralisieren könne. Zudem habe die Aufgabenentziehung nur ein geringes Gewicht gehabt. In der Sache habe die Neuregelung keinerlei Veränderungen in Bezug auf die Vermittlung von Plätzen in freien und kommunalen Einrichtungen nach sich gezogen. Allein die diesbezügliche Planungs- und Gewährleistungsverpflichtung treffe nun Landkreise und kreisfreie Städte. Soweit Gemeinden bislang die Bedarfsplanung wahrgenommen hätten, sei dies keine ihnen zugewiesene Aufgabe gewesen. Die Pflicht habe vielmehr schon immer Landkreisen und kreisfreien Städten oblegen, die diese freilich teilweise nicht erfüllt und insoweit ein Vakuum geschaffen hätten, in das die Gemeinden hineingestoßen seien. Soweit die Bedarfsplanung betroffen sei, ändere die Neuregelung daher nichts am bisherigen Rechtszustand. Im Übrigen würden die Gemeinden von Planung und Gestaltung des Leistungsangebots nicht vollständig ausgeschlossen, sondern behielten bestimmenden Einfluss.

24

Soweit kreisfreie Städte und besonders ermächtigte Gemeinden zugleich Träger der Einrichtungen und der öffentlichen Jugendhilfe seien, bleibe der Interessenkonflikt zwar abstrakt bestehen; bei entsprechender Größe der Gemeinde könne dies aber durch eine hinreichend klare interne Kompetenzverteilung aufgefangen werden.

25

2. Der Deutsche Landkreistag führt aus, dass die in § 24 Abs. 2 und Abs. 3 SGB VIII normierte Verpflichtung der Landkreise als Träger der öffentlichen Jugendhilfe eine Pflicht zur sorgfältigen Planung der Jugendhilfe im Bereich der Kindertagesbetreuung begründe. Sie hätten ferner dafür zu sorgen, dass freie und öffentliche Träger die benötigten Plätze schüfen. Wenn dies nicht gelinge, seien sie verpflichtet, selbst eigene Plätze bereitzustellen. Dies sei allerdings bis heute nie der Fall gewesen.

26

Die Kindertagesbetreuung werde bundesweit nahezu flächendeckend von den kreisangehörigen Städten und Gemeinden gewährleistet. In Sachsen-Anhalt seien die Gemeinden durchweg hinreichend leistungsfähig, um die organisatorischen Aufgaben der Kindertagesbetreuung selbst wahrnehmen zu können. Davon blieben die Stellung der Landkreise als örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe und ihre Gesamtverantwortung jedoch unberührt. Im Übrigen habe die Wahrnehmung der den Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt im Bereich der Kindertagesbetreuung übertragenen Aufgaben nie Anlass zur Kritik gegeben.

27

3. Der Deutsche Städtetag erläutert, dass die Sicherstellung des Rechtsanspruchs aus § 24 Abs. 2 und Abs. 3 SGB VIII eine umfangreiche Bedarfsanalyse und Bedarfsplanung der öffentlichen Träger der Jugendhilfe voraussetze. Um ein bedarfsgerechtes, vielfältiges und wohnortnahes lokales Angebot sicherzustellen und den Wünschen der Eltern zu entsprechen, sei darauf zu achten, dass möglichst verschiedene Angebote vorhanden seien. Dabei seien vielfältige Kriterien zu berücksichtigen (Wohnort- oder Arbeitsplatznähe, Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln, pädagogische Ausrichtung, Betreuungszeiten) und eine kleinräumige Analyse und Planung erforderlich. Für diese würden unterschiedliche Instrumente (Elternbefragung, Auswertung von Informationen über die Entwicklung von Wohnraum und Arbeitsmarkt sowie zur demographischen Entwicklung, Zusammenarbeit mit freien, kirchlichen und gewerblichen Trägern) eingesetzt, die genaue Kenntnisse der lokalen Situation erforderten. Städte und Gemeinden hätten wichtige Aufgaben bei der Gewinnung, Aus- und Fortbildung von Pflegepersonen und bei der Vermittlung von Betreuungsplätzen. Zu ihren Aufgaben gehöre schließlich auch der Betrieb eigener Einrichtungen, die damit zusammenhängende Haushalts- und Finanzplanung, der Abschluss von Verträgen mit freien und gewerblichen Trägern, die Abrechnung mit diesen Trägern, die Erstellung von Jahresstatistiken und der Erlass einer Gebührenordnung.

28

Gründe, die einer Wahrnehmung dieser Aufgaben durch die kreisangehörigen Städte und Gemeinden entgegenstünden, seien nicht ersichtlich. Die Aufgaben hätten einen starken lokalen Bezug, der ihre Anbindung an die kommunale Ebene sinnvoll erscheinen lasse. Die Landkreise hätten durch Gebietsreformen zudem eine Größe erlangt, bei der sie Aufgaben der örtlichen Daseinsvorsorge nur noch schwer erfüllen könnten.

29

4. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund ist der Auffassung, aus Art. 28 Abs. 2 GG folge ein verfassungsunmittelbares Recht der Gemeinden, Kindertageseinrichtungen zu errichten, zu unterhalten und zu betreiben. Dies sei eine Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge und eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft. Zur Sicherstellung dieser Aufgabe würden von den Gemeinden umfangreiche Planungen zur Bedarfsermittlung der verschiedenen Anspruchsgruppen durchgeführt, müssten Plätze vermittelt, Anträge unter Wahrung des Wunsch- und Wahlrechts der Eltern bearbeitet und Verträge mit freien Trägern abgeschlossen werden. Es sei daher folgerichtig, wenn den kreisangehörigen Gemeinden eine Sicherstellungsfunktion zugesprochen werde, die neben die Pflichten des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe trete.

30

Es habe sich bewährt, dass in Sachsen-Anhalt bislang die Gemeinden den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung zu gewährleisten gehabt hätten. Nur so habe ein bedarfsgerechtes Angebot orts- und stadtteilgenau geplant und mit den freien Trägern im Gemeindegebiet koordiniert werden können. Gründe, diese Aufgabe auf die Landkreise zu übertragen, gebe es nicht. Im Gegenteil habe die Gebietsreform in Sachsen-Anhalt besonders große Gemeinden hervorgebracht, die auch entsprechend leistungsfähig seien. Die Landkreise seien dagegen zu groß und heterogen geworden, als dass eine ortsnahe, auf die Bedürfnisse von Eltern und Kindern ausgerichtete Planung noch möglich sei. Zwischen den Gemeinden und den freien Trägern habe sich ein partnerschaftliches Vertrauensverhältnis entwickelt. 45 % der Einrichtungen in Sachsen-Anhalt würden heute durch freie Träger betrieben, obwohl 1990 alle Einrichtungen noch von den Gemeinden betrieben worden seien. Dies allein belege, dass die Gemeinden ihren eigenen Einrichtungen weder den Vorrang gäben, noch diese bei der Finanzierung bevorzugten. Nach der Neuregelung habe den Gemeinden hinsichtlich der freien Träger zwar eine - vom Landesverfassungsgericht beanstandete - Restfinanzierungsverantwortung oblegen; sie dürften aber nicht mehr die Verhandlungen mit den freien Trägern führen.

31

5. Der Bundesverband für Kindertagespflege e.V. führt aus, dass diejenige Stelle, die die Gesamtverantwortung innehabe, für ein bedarfsgerechtes Angebot an Betreuungsplätzen sorgen müsse. Obwohl sich der Rechtsanspruch gegen den örtlichen Träger der Jugendhilfe und damit in der Regel gegen einen Landkreis oder eine kreisfreie Stadt richte, erfolge die konkrete Erfüllung und Bearbeitung des Rechtsanspruchs in der Regel auf kommunaler Ebene. Der örtliche Träger sei zwar für die Bereitstellung verantwortlich; Auswahl und Besichtigung der Einrichtungen erfolgten jedoch auf der lokalen Ebene. An die Einrichtungen wendeten sich in der Regel auch die Eltern, wenn sie einen Betreuungsplatz suchten. Entschieden sich die Eltern für eine kommunale Einrichtung, seien typischerweise die Einrichtung und die Kommune für Vermittlung und Bewilligung zuständig. Sehr häufig würden Kinder bei mehreren Einrichtungen angemeldet, um die Erfolgsaussichten auf einen Platz zu erhöhen, woraus sich Koordinationserfordernisse ergäben. Ohne die Mitwirkung des Leistungsträgers auf der kommunalen Ebene könne ein Betreuungsplatz daher in der Regel nicht bereitgestellt werden.

32

Die Befürchtung des Gesetzgebers, Gemeinden könnten ihre Einrichtungen bevorzugen, sei aus Sicht des Bundesverbands begründet. Dessen Mitglieder berichteten häufig, dass Gemeinden Eltern offensiv zu einer kommunalen Einrichtung rieten. Allerdings bedeute die Übertragung der Zuständigkeit auf die Landkreise als solche keine Abhilfe. Auch dort komme es häufig vor, dass "staatliche" Einrichtungen gegenüber solchen freier Träger bevorzugt würden. Diesem Mangel könne nur dadurch abgeholfen werden, dass auch Zusammenschlüsse freier Träger in der Planung frühzeitig beteiligt würden. Das sei bislang nicht der Fall. Die Fähigkeit zur Aufgabenerfüllung hänge daher nicht davon ab, ob sie von den Gemeinden oder den Kreisen erfüllt würden, sondern davon, ob alle Träger der verschiedenen Einrichtungen in die Bedarfsplanung einbezogen würden. Es bestehe schließlich kein Grund zur Annahme, dass dem Subsidiaritätsgebot für kommunale Einrichtungen durch eine Verlagerung der Aufgaben auf die Landkreise gedient sei. Sinnvoll seien allein landesrechtliche Vorgaben.

IV.

33

In der mündlichen Verhandlung vom 12. April 2017 haben die Beteiligten ihr schriftsätzliches Vorbringen vertieft und ergänzt.

34

Die Landesregierung Sachsen-Anhalt hat klarstellend ausgeführt, dass den Gemeinden mit der angegriffenen Gesetzesänderung vom 23. Januar 2013 keine Planungs- und Koordinierungsrechte entzogen worden seien. Die Neuregelung in § 3 Abs. 4 KiFöG LSA betreffe ausschließlich die Frage, wer Adressat des gesetzlichen Anspruchs auf Kinderbetreuung sei und diesen zu erfüllen habe. Es handele sich insoweit um die Auferlegung einer Gewährleistungspflicht, für die nunmehr die Jugendämter einzustehen hätten. Dies führe zu keinem Kompetenzzuwachs bei den Landkreisen, sondern begründe, im Gegenteil, neue Haftungsrisiken für diese, weil die Nichtbereitstellung eines Kinderbetreuungsplatzes einen Amtshaftungsanspruch auslösen könne. Auswirkungen habe die Neuregelung lediglich an drei Stellen: Unmittelbar regele sie, wer Verpflichteter des Anspruchs auf Kinderbetreuung sei, mittelbar wirke sie sich aber auf das Wunsch- und Wahlrecht (§ 3b Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 4 KiFöG LSA) und die Unterstützungspflicht zur Einrichtung oder Übernahme von Tageseinrichtungen durch Träger gemäß § 9 Abs. 3 KiFöG LSA aus. In der Sache diene sie der Stärkung der Jugendämter, die die von ihnen zu erbringenden Leistungen aus einer Hand anbieten könnten. Dies sei im Sinne einer kontinuierlichen Qualitätsentwicklung, für welche die örtlichen Träger der Jugendhilfe gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 79a SGB VIII zu sorgen hätten.

B.

35

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

36

Die Gemeinden wenden sich ausdrücklich gegen Art. 1 Nr. 2 Buchstabe c des Gesetzes zur Änderung des Kinderförderungsgesetzes und anderer Gesetze vom 23. Januar 2013. Dabei handelt es sich um einen tauglichen Beschwerdegegenstand im Sinne des Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, § 91 Satz 1 BVerfGG, durch den sie selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen sind (I.). Die Kommunalverfassungsbeschwerde genügt auch den Anforderungen des Subsidiaritätsgrundsatzes gemäß Art. 93 Nr. 4b GG, § 91 Satz 2 BVerfGG (II.) und wurde fristgemäß erhoben (III.).

I.

37

1. Mit ihrer kommunalen Verfassungsbeschwerde greifen die Beschwerdeführerinnen unmittelbar Art. 1 Nr. 2 Buchstabe c des Gesetzes zur Änderung des Kinderförderungsgesetzes und anderer Gesetze vom 23. Januar 2013 an, soweit mit diesem § 3 Abs. 3 KiFöG LSA 2004 geändert und als § 3 Abs. 4 KiFöG LSA 2013 neu gefasst wurde.

38

2. Die angegriffene Norm betrifft unmittelbar die Auswechslung des zur Erfüllung des Anspruchs auf Kinderbetreuung Verpflichteten gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 2 KiFöG LSA. Dem Beschwerdevorbringen ist darüber hinaus zu entnehmen, dass sich die Beschwerdeführerinnen auch gegen die Entziehung der mit der Leistungsverpflichtung typischerweise zusammenhängenden Aufgaben wenden.

39

a) Das betrifft insbesondere die Regelungen in § 3b Abs. 1 und § 9 Abs. 3 KiFöG LSA, die selbst zwar unverändert geblieben sind, jedoch auf den Leistungsverpflichteten im Sinne des § 3 Abs. 3 KiFöG LSA 2004 Bezug nehmen und daran rechtliche Wirkungen knüpfen.

40

Gemäß § 3b Abs.1 KiFöG LSA haben die Leistungsberechtigten nach § 3 KiFöG LSA das Recht, im Rahmen freier Kapazitäten zwischen den verschiedenen Einrichtungen am Ort ihres gewöhnlichen Aufenthalts oder einem anderen Ort zu wählen. Sie sind von den Leistungsverpflichteten auf dieses Recht hinzuweisen. Gemäß § 9 Abs. 3 KiFöG LSA soll die Einrichtung oder die Übernahme von Tageseinrichtungen durch Träger im Sinne von Abs. 1 Nr. 2 (anerkannte Träger der freien Jugendhilfe) oder Nr. 3 (sonstige juristische Personen, deren Zweck das Betreiben einer Tageseinrichtung ist und die die Anforderungen des Steuerrechts an die Gemeinnützigkeit erfüllen) durch die Leistungsverpflichteten unterstützt werden. Mit dem Fortfall der Leistungsverpflichtung sind damit auch die in § 3b Abs. 1 und § 9 Abs. 3 KiFöG LSA geregelten Aufgaben auf die örtlichen Träger der Jugendhilfe übergegangen. Da diese Vorschriften an die Stellung als Leistungsverpflichteter anknüpfen, sind sie ebenfalls Gegenstand der vorliegenden Verfassungsbeschwerde.

41

b) Das gilt auch für den behaupteten Entzug der mit der Leistungsverpflichtung verbundenen Planungs- und Koordinierungsaufgaben. Darunter fallen die von den Beschwerdeführerinnen angeführten Aufgaben der Koordinierung und Durchsetzung des Anspruchs auf Kinderbetreuung durch eine Bedarfsanalyse und Bedarfsplanung, die Erstellung und Fortschreibung einer Leitplanung zur Sicherung eines bedarfsgerechten Angebots an Plätzen in Kindertageseinrichtungen im Gemeindegebiet (unter Berücksichtigung der künftigen Auslastung mit Blick auf die demographische Entwicklung und etwaigen Sanierungsbedarf), die Entwicklung und konzeptionelle Planung des Platzangebots sowie des Bestandes an Kindertageseinrichtungen und die Umsetzung der Planung in engem Zusammenwirken mit den freien Trägern, die Erstellung von Jahresstatistiken, der Abschluss von Verträgen über den Betrieb von Kindertageseinrichtungen freier Träger im Gemeindegebiet und die Abstimmung der Gebühren zwischen den Kindertageseinrichtungen einer Gemeinde.

42

Soweit die Beschwerdeführerinnen die Entziehung der Federführung bei der Haushalts- und Finanzplanung in den Einrichtungen und, damit einhergehend, den Verlust der Zuständigkeit für die Defizitabrechnungen mit den freien Trägern in Bezug auf Vorauszahlungen und Endabrechnungen angreifen, wenden sie sich der Sache nach gegen die ersatzlose Streichung des § 11 Abs. 4 KiFöG LSA 2010 durch Art. 1 Nr. 11 des Gesetzes zur Änderung des Kinderförderungsgesetzes und anderer Gesetze vom 23. Januar 2013. Nach dieser Regelung oblag den Kommunen eine partielle und vorübergehende Finanzierungspflicht bezüglich der vom Land und den örtlichen Trägern der Jugendhilfe erhaltenen Pauschalzahlungen (LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 12. Juli 2005 - LVG 6/04 -, juris, Rn. 86; vgl. auch LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20. Oktober 2015 - LVG 2/14 -, DVBl 2015, S. 1535 <1536>). In diesem Rahmen waren die leistungsverpflichteten Gemeinden gemäß § 11 Abs. 4 Satz 1 KiFöG LSA 2010 verpflichtet, den freien Trägern von Kindertageseinrichtungen die für den Betrieb notwendigen Kosten abzüglich Elternbeiträge und eines Eigenanteils von in der Regel bis zu 5 v. H. der Gesamtkosten aus den ihnen zweckgebunden zugewandten Mitteln zu erstatten. Gemäß Satz 3 sollten die Leistungsverpflichteten vertragliche Vereinbarungen mit den freien Trägern über den Umfang der Kostenerstattung abschließen, die auch Regelungen über die zu leistenden Abschlagszahlungen enthielten.

43

3. Die Beschwerdeführerinnen sind durch die angegriffenen Rechtsnormen selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen. Sie haben ihre Rechtsstellung als Leistungsverpflichtete für die Kindertagesbetreuung und die unmittelbar daran anknüpfenden Aufgaben durch die angegriffene Regelung des Art. 1 Nr. 2 Buchstabe c und Nr. 11 des Gesetzes vom 23. Januar 2013 zur Änderung des Kinderförderungsgesetzes und anderer Gesetze verloren. Insoweit haben sie eine mögliche Verletzung von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG dargelegt (vgl. BVerfGE 71, 25 <36 f.>; 76, 107 <116>; 107, 1 <8>).

II.

44

Der Zulässigkeit der Kommunalverfassungsbeschwerde steht deren Subsidiarität gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, § 91 Satz 2 BVerfGG nicht entgegen. Zwar ist eine Kommunalverfassungsbeschwerde gegen Landesgesetze unzulässig, soweit eine solche auch beim Landesverfassungsgericht erhoben werden kann, Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, § 91 Satz 2 BVerfGG (1.). Der Grundsatz der Subsidiarität der Kommunalverfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, § 91 BVerfGG findet jedoch keine Anwendung, soweit die landesverfassungsrechtliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung hinter dem Gewährleistungsniveau des Art. 28 Abs. 2 GG zurückbleibt (2.). Dies ist hier der Fall (3.).

45

1. Das Grundgesetz eröffnet den Kommunen bei legislativen Eingriffen in ihr durch Art. 28 Abs. 2 GG garantiertes Selbstverwaltungsrecht den Weg zum Bundesverfassungsgericht (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, § 91 BVerfGG). Diese Zuständigkeit besteht allerdings nur, soweit die betroffenen Kommunen nicht Beschwerde zum Landesverfassungsgericht erheben können. Der den Landesverfassungsgerichten damit zukommende prinzipielle Vorrang bei der Gewährung von Rechtsschutz gegen Eingriffe in die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung ist Ausdruck der den Ländern zukommenden Verfassungsautonomie.

46

Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG genießen die Länder Verfassungsautonomie. Soweit das Grundgesetz nicht besondere Anforderungen statuiert, können sie ihr Verfassungsrecht und ihre Verfassungsgerichtsbarkeit nach eigenem Ermessen ordnen (vgl. BVerfGE 4, 178 <189>; 36, 342 <361>; 60, 175 <207 f.>; 96, 345 <368 f.>; 103, 332 <350>). Sie können in ihre Verfassung nicht nur Staatsfundamentalnormen aufnehmen, die das Grundgesetz nicht kennt, sondern auch Staatsfundamentalnormen, die mit den entsprechenden Staatsfundamentalnormen der Bundesverfassung nicht übereinstimmen (vgl. BVerfGE 36, 342 <361>). Sie sind auch weitgehend frei in der Entscheidung, ob sie Regelungen, die das Grundgesetz enthält, in ihre Landesverfassungen übernehmen oder nicht. Aufgrund ihrer Verfassungsautonomie sind sie nicht verpflichtet, in ihren Verfassungen bestimmte Regelungen vorzusehen. Sie sind nicht einmal verpflichtet, sich überhaupt eine formelle Verfassung zu geben (vgl. Dreier, in: ders., GG, Bd. 2, 3. Aufl. 2015, Art. 28 Rn. 43, m.w.N.).

47

Insbesondere der Bereich der Verfassungsgerichtsbarkeit der Länder soll vom Bundesverfassungsgericht möglichst unangetastet bleiben (vgl. BVerfGE 36, 342 <357>; 41, 88 <119>; 60, 175 <209>; 96, 231 <242>; 107, 1 <10>). Die Landesverfassungsgerichtsbarkeit soll nicht in größere Abhängigkeit gebracht werden, als es nach dem Bundesverfassungsrecht unvermeidbar ist (vgl. BVerfGE 36, 342 <357>; 41, 88 <119>; 60, 175 <209>; 96, 231 <242>; 107, 1 <10>). Dies bedeutet, dass die Länder - abgesehen von den Fällen der Art. 99 und Art. 100 Abs. 3 GG - durch eine eigene Verfassungsgerichtsbarkeit über die Vereinbarkeit von Landesgesetzen mit der Landesverfassung entscheiden und diese grundsätzlich ohne (inhaltliche) Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht auslegen können (vgl. BVerfGE 41, 88 <119>; 97, 298 <314>). Daraus folgt zugleich, dass für die Landesverfassungsgerichte - unbeschadet spezifischer Anforderungen an die Wirksamkeit landesverfassungsrechtlicher Bestimmungen im Einzelfall - ausschließlich die Landesverfassung den Maßstab ihrer Entscheidungsfindung bildet (vgl. BVerfGE 103, 332 <350 f.>; Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, § 91 Rn. 80 ff. ; Lechner/Zuck, BVerfGG, 7. Aufl. 2015, § 91 Rn. 38; vgl. zu den Fällen des Art. 93 Abs. 1 Nr. 5, Art. 99 GG: BVerfGE 6, 376<382>; 64, 301 <317>; 69, 112 <117>; 120, 82 <101>).

48

2. Grenzen der Verfassungsautonomie der Länder ergeben sich aus zwingenden Vorgaben des Grundgesetzes. Die Landesverfassungen müssen diese zwar nicht selbst repetitiv aufnehmen, dürfen ihnen aber auch nicht zuwider- oder sie unterlaufen (vgl. BVerfGE 103, 332 <347 f.>; 139, 321 <361 ff. Rn. 123 ff.).

49

Zu den für die Länder zwingenden Vorgaben des Grundgesetzes gehört auch Art. 28 Abs. 2 GG. In ständiger Rechtsprechung hat nicht nur das Bundesverfassungsgericht Bestimmungen des Landesrechts unmittelbar am Maßstab des Art. 28 Abs. 2 GG gemessen (zuletzt BVerfGE 138, 1<16 ff. Rn. 43 ff.>). Dass die Bestimmungen des Landesrechts einschließlich der Landesverfassung im Einklang mit Art. 28 Abs. 2 GG stehen müssen, entspricht auch der Rechtsprechung der Landesverfassungsgerichte (vgl. BremStGH, Entscheidung vom 4. Juli 1953 - St 1/1953 -, BremStGHE 1, 42 <44>; NdsStGH, Urteil vom 15. Februar 1973 - StGH 2/72 und 3/72 -, DVBl 1973, S. 310 <311 f.>; LVerfG Bbg, Urteil vom 19. Mai 1994 - VfgBbg 9/93 -, LVerfGE 2, 93 <101 f.>; vgl. auch ThürVerfGH, Urteil vom 18. Dezember 1996 - 2/95 und 6/95 -, LVerfGE 5, 391 <409>) und der überwiegenden Auffassung im Schrifttum (vgl. Tettinger/Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 28 Abs. 2 Rn. 136, 141; Dreier, in: ders., GG, Bd. 2, Art. 28 Rn. 83; Nierhaus, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 28 Rn. 39; Mehde, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 28 Abs. 2 Rn. 1, 48 ). Das Landesrecht darf daher keine Regelungen enthalten, die mit Art. 28 Abs. 2 GG nicht vereinbar sind. Aus der Sicht des Grundgesetzes macht es dabei keinen Unterschied, ob es sich um ein einfaches Landesgesetz oder eine Regelung der Landesverfassung handelt. Auch Letztere darf dem Grundgesetz nicht widersprechen. Bleiben die landesverfassungsrechtlichen Gewährleistungen hingegen hinter der Garantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG zurück, verstieße ein mit dieser Garantie unvereinbares Landesgesetz zwar nicht gegen die Landesverfassung; das Landesverfassungsgericht könnte einen entsprechenden Verstoß auch nicht feststellen. An der Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz ändert dies indes nichts.

50

3. Vor diesem Hintergrund findet der Grundsatz der Subsidiarität der Kommunalverfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, § 91 BVerfGG keine Anwendung, wenn die landesverfassungsrechtliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung hinter dem Gewährleistungsniveau des Art. 28 Abs. 2 GG zurückbleibt. Der Vorrang der Landesverfassungsgerichtsbarkeit reicht nur so weit, wie die Landesverfassung den Garantiegehalt von Art. 28 Abs. 2 GG auch im Wesentlichen abdeckt und seine Wahrung von der Landesverfassungsgerichtsbarkeit überprüft werden kann. Die Subsidiaritätsklausel greift daher zum einen nicht ein, wenn der landesverfassungsrechtliche Rechtsschutz hinter dem durch das Bundesverfassungsgericht gewährten Rechtsschutz zurückbleibt und keine Überprüfung untergesetzlicher Normen zulässt (a). Der Subsidiaritätsgrundsatz steht der Zulässigkeit einer Kommunalverfassungsbeschwerde zum andern dann nicht entgegen, wenn die landesverfassungsrechtliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung hinsichtlich ihres materiellen Gewährleistungsgehalts den aus Art. 28 Abs. 2 GG folgenden Gewährleistungsumfang nicht erreicht (b).

51

a) Durch Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, § 91 BVerfGG soll eine möglichst umfassende verfassungsgerichtliche Kontrolle von gesetzlichen Gestaltungen des kommunalen Selbstverwaltungsrechts gewährleistet werden (BVerfGE 107, 1<9>). Eine Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts ist daher nicht nur gegeben, wenn das Landesrecht überhaupt keine Kommunalverfassungsbeschwerde vorsieht, sondern auch dann, wenn der zulässige Verfahrensgegenstand durch das Landesrecht enger gefasst wird als dies gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, § 91 BVerfGG der Fall ist (vgl. BVerfGE 107, 1 <9>). Gemeinden und Gemeindeverbände können eine nach Landesrecht nicht angreifbare Norm dem Bundesverfassungsgericht daher zur Prüfung stellen, wenn diese nach Bundesrecht "Gesetz" (vgl. BVerfGE 71, 25 <34>; 76, 107 <114>; 137, 108 <137 Rn. 63>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 22. August 2016 - 2 BvR 2953/14 -, juris, Rn. 18) und damit zulässiger Beschwerdegegenstand der Kommunalverfassungsbeschwerde ist (vgl. BVerfGE 107, 1 <9 f.>). Die Kommunen könnten einen dem Bundesrecht gleichwertigen Rechtsschutz sonst nicht erlangen (vgl. BVerfGE 107, 1 <10>).

52

Eine solche Auslegung der Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, § 91 BVerfGG beeinträchtigt nicht die Verfassungsgerichtsbarkeit der Länder als Teil ihrer Verfassungsautonomie. Deren Vorrang reicht nur soweit wie die Kommunen im Land einen der bundesrechtlichen Kommunalverfassungsbeschwerde gleichwertigen Rechtsschutz erlangen können (vgl. BVerfGE 107, 1 <10 f.>). Ein eingeschränkter landesverfassungsgerichtlicher Rechtsschutz begründet dagegen die Reservezuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 107, 1 <11>; aus der Kammerrechtsprechung BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Oktober 2013 - 2 BvR 1961/13 u.a. -, juris, Rn. 4 und vom 25. Juni 2007 - 2 BvR 635/07 -, juris, Rn. 3).

53

b) An einem gleichwertigen Schutz der kommunalen Selbstverwaltung fehlt es auch dann, wenn die landesverfassungsrechtliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung in der Sache erkennbar hinter den Anforderungen des Art. 28 Abs. 2 GG zurückbleibt (aa). Das ist jedenfalls der Fall, wenn die Landesverfassung wesentliche Gewährleistungen von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG nicht enthält (bb). Eine eingeschränkte Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung auf Ebene der Landesverfassung nimmt das Grundgesetz zwar hin; es verzichtet jedoch nicht auf die Durchsetzung seiner eigenen Anforderungen an die Garantie kommunaler Selbstverwaltung (cc).

54

aa) Schon der Wortlaut des Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG ("wegen Verletzung des Rechts auf Selbstverwaltung nach Art. 28") deutet darauf hin, dass im - dann vorrangigen - Verfahren vor dem Landesverfassungsgericht zumindest eine Art. 28 Abs. 2 GG vergleichbare Garantie Maßstab sein muss. Art. 28 Abs. 2 GG will bestimmte Mindeststandards an bürgerschaftlicher Selbstbestimmung in ganz Deutschland einheitlich garantieren und tatsächlich gewährleisten. Ohne seine unmittelbare Geltung in den Ländern wäre dies nicht zu erreichen (vgl. BremStGH, Entscheidung vom 4. Juli 1953 - St 1/1953 -, BremStGHE 1, 42 <44>; NdsStGH, Urteil vom 15. Februar 1973 - StGH 2/72 und 3/72 -, DVBl 1973, S. 310 <311 f.>; LVerfG Bbg, Urteil vom 19. Mai 1994 - VfgBbg 9/93 -, LVerfGE 2, 93 <101 f.>; ThürVerfGH, Urteil vom 18. Dezember 1996 - 2/95 und 6/95 -, LVerfGE 5, 391 <409>; Tettinger/Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, Art. 28 Abs. 2 Rn. 136, 141; Dreier, in: ders., GG, Bd. 2, Art. 28 Rn. 83; Nierhaus, in: Sachs, GG, Art. 28 Rn. 39; Mehde, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 28 Abs. 2 Rn. 1, 48 ). Insoweit handelt es sich bei Art. 28 Abs. 2 GG um ein unmittelbar anwendbares, von der einzelnen Kommune im Rahmen ihrer subjektiven Rechtsstellungsgarantie individuell einklagbares Recht (vgl. BVerfGE 23, 353 <372 f.>; 26, 228 <244>; 76, 107 <119>; 83, 363 <393>; 137, 108 <155 Rn. 109>). Soll diese Garantie nicht leerlaufen, so müssen die Kommunen, wenn nicht wegen einer vergleichbaren landesverfassungsrechtlichen Gewährleistung Zugang zu einem Landesverfassungsgericht besteht, eine Verletzung ihrer Rechte vor dem Bundesverfassungsgericht rügen können.

55

Dieses Verständnis wird auch durch die Entstehungsgeschichte der Vorschriften über die Kommunalverfassungsbeschwerde gestützt. Mit dem Wort "soweit" in § 91 Satz 2 BVerfGG sollte nach dem Willen des Gesetzgebers eine Einschränkung formuliert werden, die Kompetenzen zwischen den Landesverfassungsgerichten und dem Bundesverfassungsgericht aufteilt. Damit sollte jedoch keine Verkürzung der Möglichkeit effektiven Rechtsschutzes für die Gemeinden und Gemeindeverbände hinsichtlich des durch Art. 28 Abs. 2 GG verbürgten Mindeststandards einhergehen (vgl. Redebeitrag des Abgeordneten Dr. Arndt (SPD) zu Tagesordnungspunkt 11 der 16. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 1. Februar 1951 - Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Bundesverfassungsgerichtsgesetz -, Plenarprotokoll vom 1. Februar 1951, S. 4413 f.).

56

bb) Soweit eine prinzipielle Gleichwertigkeit der Garantien kommunaler Selbstverwaltung auf Bundes- und Landesebene gegeben ist, können Entscheidungen der Landesverfassungsgerichte vom Bundesverfassungsgericht nicht am Maßstab von Art. 28 Abs. 2 GG überprüft werden. Die Kommunalverfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG eröffnet nicht den Weg zu deren mittelbarer Kontrolle (Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl. 2012, Rn. 654).

57

Gleichwertigkeit der Selbstverwaltungsgarantien setzt voraus, dass der landesrechtliche Schutz vergleichbar umfassend und effektiv ist. Der Schutz durch die Landesverfassungsgerichtsbarkeit muss wirksam und funktionsadäquat sein (vgl. Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl. 2012, Rn. 654; Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, § 91 Rn. 87 ).

58

Jedenfalls in Fällen, in denen der landesverfassungsrechtlichen Garantie der kommunalen Selbstverwaltung in der autoritativen Auslegung des Landesverfassungsgerichts wesentliche Gewährleistungsinhalte von Art. 28 Abs. 2 GG fehlen, steht die Eröffnung der Kommunalverfassungsbeschwerde zum Landesverfassungsgericht derjenigen zum Bundesverfassungsgericht insoweit nicht entgegen.

59

Wesentliche Gewährleistungsinhalte von Art. 28 Abs. 2 GG sind solche, die nicht hinweggedacht werden können, ohne dass die institutionelle Garantie der kommunalen Selbstverwaltung substantiell verändert würde. Dazu gehören unter anderem die Gewährleistung eines eigenen Aufgabenbereichs der Gemeinden sowie die Eigenverantwortlichkeit der Aufgabenerfüllung (vgl. BVerfGE 138, 1 <18 Rn. 52>). Zu den grundlegenden Strukturelementen von Art. 28 Abs. 2 GG gehört zudem die Eigenständigkeit der Gemeinden auch und gerade gegenüber den Landkreisen (vgl. BVerfGE 21, 117 <128 f.>; 23, 353 <365>; 79, 127 <150>). Ferner ist das durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG statuierte verfassungsrechtliche Aufgabenverteilungsprinzip hinsichtlich aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zugunsten der Gemeinden hierher zu rechnen (BVerfGE 79, 127<150 f.>; 83, 363 <383>; 91, 228 <236>; 110, 370 <400>; 137, 108 <156 f. Rn. 114>; 138, 1 <19 Rn. 54 ff.>), das auch der zuständigkeitsverteilende Gesetzgeber zu beachten hat (vgl. BVerfGE 79, 127 <150 ff.>; 107, 1 <12>; 110, 370 <399 ff.>; 137, 108 <156 f. Rn. 114>; 138, 1 <15 Rn. 41>) sowie die für die Entziehung einer solchen Angelegenheit geltenden strengen Rechtfertigungsanforderungen (vgl. BVerfGE 138, 1 <19 Rn. 54>).

60

cc) Zwar steht es den Ländern somit frei zu bestimmen, inwiefern sie die kommunale Selbstverwaltung durch eine landesrechtliche Garantie absichern, ob deren Verletzung mit einer Kommunalverfassungsbeschwerde zum Landesverfassungsgericht gerügt werden kann und welcher Prüfungsumfang dem Landesverfassungsgericht dabei auferlegt wird. Bleibt das so bestimmte Schutzniveau jedoch derart hinter den Gewährleistungen des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG zurück, dass wesentliche Gewährleistungsinhalte des Art. 28 Abs. 2 GG nicht existieren oder eingeklagt werden können, greift die Subsidiaritätsklausel des Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, § 91 Satz 2 BVerfGG nicht ein.

61

4. Hiernach steht das Subsidiaritätserfordernis der Zulässigkeit der Kommunalverfassungsbeschwerde nicht entgegen. Vorliegend besteht zwar die Möglichkeit, das Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt wegen Verletzung des Rechts auf Selbstverwaltung nach Art. 2 Abs. 3 und Art. 87 Verf LSA anzurufen (Art. 75 Nr. 7 Verf LSA, § 51 Abs. 1 VerfGG LSA), was die Beschwerdeführerinnen auch getan haben. Nach der insoweit bindenden Auslegung der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt, wie sie das Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt in seinem Urteil vom 20. Oktober 2015 - LVG 2/14 - vorgenommen hat, unterscheidet die landesverfassungsrechtliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung jedoch nicht zwischen Gemeinden und Landkreisen. Beide werden in den einschlägigen Bestimmungen vielmehr unter dem Begriff "Kommunen" zusammengefasst (LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20. Oktober 2015, DVBl 2015, S. 1535 <1538 f.>). Die Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt kennt danach auch kein verfassungsrechtliches Aufgabenverteilungsprinzip hinsichtlich der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, das der Gesetzgeber zu beachten hat und aus dem sich ein prinzipieller Vorrang der Gemeinde- vor der Kreisebene ableiten lässt, der auch bei kommunalrechtlichen Zuständigkeits- und Verfahrensregelungen Berücksichtigung verlangt (LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20. Oktober 2015, a.a.O.).

62

In Sachsen-Anhalt besteht somit kein gleichwertiger verfassungsrechtlicher Schutz der gemeindlichen Selbstverwaltung. In der Auslegung durch das Landesverfassungsgericht bleibt die in Art. 87 Verf LSA gewährleistete Garantie der kommunalen Selbstverwaltung in einem wesentlichen Gesichtspunkt hinter der Gewährleistung von Art. 28 Abs. 2 GG zurück, so dass auf Landesebene insoweit auch kein hinreichender Rechtsschutz gegen eine Verletzung der gemeindlichen Selbstverwaltungsgarantie besteht.

III.

63

1. Die Jahresfrist des § 93 Abs. 3 BVerfGG findet auch im Verfahren der Kommunalverfassungsbeschwerde Anwendung (BVerfGE 107, 1<8>). Sie beginnt allerdings nicht schon mit dem Inkrafttreten des angegriffenen Rechtssatzes, sondern erst mit dem Abschluss eines fachgerichtlichen Verfahrens, wenn die Durchführung dieses Verfahrens nach § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG geboten ist (vgl. BVerfGE 76, 107 <115 f.>; 107, 1 <8>). Entsprechendes gilt, wenn die Kommune, nachdem sie eine Kommunalverfassungsbeschwerde erhoben hat, auf einen solchen Rechtsbehelf oder auf ein Verfahren vor einem Landesverfassungsgericht verwiesen worden ist und nach Abschluss dieses Verfahrens erneut Kommunalverfassungsbeschwerde erhebt (vgl. BVerfGE 79, 127 <142>; 107, 1 <8>).

64

Dieser Rechtsprechung liegt der allgemeine Gedanke zugrunde, dass die Frist des § 93 Abs. 3 BVerfGG immer dann erst mit Abschluss eines - binnen Jahresfrist eingeleiteten - fach- oder landesverfassungsgerichtlichen Verfahrens beginnt, wenn dessen offensichtliche Erfolglosigkeit bei der gebotenen ex-ante-Betrachtung nicht von vornherein feststand. Erhebt eine Gemeinde unmittelbar eine Kommunalverfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, ohne sich zuvor an das Landesverfassungsgericht gewandt zu haben, muss das Bundesverfassungsgericht diese als unzulässig zurückweisen, wenn die dortige Kommunalverfassungsbeschwerde gleichwertig im Sinne von Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, § 91 Satz 2 BVerfGG erscheint. Stellt sich jedoch in dem Verfahren vor dem Landesverfassungsgericht heraus, dass das Landesverfassungsrecht kein dem Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gleichwertiges Schutzniveau verbürgt, greift der Subsidiaritätsgrundsatz nicht ein (vgl. Rn. 50 ff.). In diesem Fall kann die Gemeinde nicht rechtsschutzlos gestellt werden. Es kann letztlich keinen Unterschied machen, ob eine Kommune das Bundesverfassungsgericht direkt anruft und das nicht fern liegende Risiko in Kauf nimmt, dass die Kommunalverfassungsbeschwerde wegen des Subsidiaritätserfordernisses unzulässig ist, oder ob sie zunächst eine nicht von vornherein aussichtslos erscheinende Kommunalverfassungsbeschwerde vor dem Landesverfassungsgericht erhebt, sich diese jedoch mit Blick auf das Schutzgut des Art. 28 Abs. 2 GG als unzureichend erweist (vgl. BVerfGE 107, 1). Die Frist nach § 93 Abs. 3 BVerfGG kann im zweiten Fall nicht anders als im ersten erst mit Abschluss des landesverfassungsgerichtlichen Verfahrens beginnen.

65

2. Die Kommunalverfassungsbeschwerde wurde fristgerecht erhoben.

66

a) Die im Urteil des Landesverfassungsgerichts Sachsen-Anhalt vom 20. Oktober 2015 vorgenommene Auslegung von Art. 87 Verf LSA, die - soweit es für den vorliegenden Zusammenhang von Bedeutung ist - zur Erfolglosigkeit der kommunalen Verfassungsbeschwerde nach Landesrecht geführt hat, war in der bisherigen Rechtsprechung nicht angelegt. Die Beschwerdeführerinnen mussten daher nicht davon ausgehen, dass das Landesverfassungsgericht keinen dem Grundgesetz gleichwertigen Schutz der kommunalen Selbstverwaltung gewährleisten würde. Auch aus dem Wortlaut der Regelungen der Landesverfassung musste nicht zwingend der Schluss gezogen werden, dass das Landesverfassungsgericht wie geschehen entscheiden würde. Das lag schon deshalb nicht nahe, weil diese Auslegung nicht nur von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 28 Abs. 2 GG, sondern auch von derjenigen aller anderen Landesverfassungsgerichte, -gerichtshöfe und Staatsgerichtshöfe zu den entsprechenden landesverfassungsrechtlichen Gewährleistungen (vgl. HessStGH, Urteil vom 21. Mai 2013 - P.St. 2361 -, juris, Rn. 88 ff.; LVerfG Bbg, Urteil vom 17. Juli 1997 - 1/97 -, juris, Rn. 64 ff., 86 ff.; Urteil vom 19. Mai 1994 - 9/93 -, juris, Rn. 41 ff.; NdsStGH, Urteil vom 6. Dezember 2007 - 1/06 -, juris, Rn. 50 ff., 72 ff.; VerfGH NRW, Urteil vom 12. Oktober 2010 - 12/09 -, juris, Rn. 59 ff.; VerfGH RP, Beschluss vom 30. Oktober 2015 - VGH N 65/14 -, juris, Rn. 72 ff.; Urteil vom 28. März 2000 - VGH N 12/98 -, juris, Rn. 28; siehe auch StGH BW, Urteil vom 8. Mai 1976 - 2/75 und 8/75 -, juris, Orientierungssatz; BayVerfGH, Entscheidung vom 9. Mai 2016 - Vf. 14-VII-14 u.a. -, juris, Rn. 165 f.; Entscheidung vom 18. April 1996 - Vf. 13-VII-93 -, juris, Rn. 86 ff.) abgewichen und damit erstmals hinter dem Schutzniveau von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG zurückgeblieben ist. Bis dahin war die Rechtslage bundesweit ausnahmslos dadurch gekennzeichnet, dass die Landesverfassungsgerichte die kommunalen Selbstverwaltungsgarantien im Gleichlauf mit Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG ausgelegt haben oder darüber hinaus gegangen sind (siehe nur BayVerfGH, Entscheidung vom 9. Mai 2016 - Vf. 14-VII-14 u.a. -, juris, Rn. 165 f.; Entscheidung vom 18. April 1996 - Vf. 13-VII-93 -, juris, Rn. 86 ff., der Art. 11 BV ein - freilich nicht den Einzelnen schützendes - Grundrecht entnimmt). Die Verfassungsrechtslage in den Ländern wurde insoweit allgemein dahingehend bewertet, dass keine der 16 Landesverfassungen hinter den Vorgaben des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG zurückbleibe (Löwer, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 6. Aufl. 2012, Art. 28 Rn. 36, m.w.N.). Dass das Landesverfassungsgericht eine grundgesetzkonforme Auslegung der Landesverfassung nicht einmal in Betracht ziehen würde, war daher für die Beschwerdeführerinnen nicht vorauszusehen.

67

b) Die Änderung des § 3 Abs. 4 KiFöG LSA ist zum 1. August 2013 in Kraft getreten. Die Beschwerdeführerinnen haben die Kommunalverfassungsbeschwerde zum Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt am 28. Januar 2014 und damit innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des Gesetzes erhoben. Das Urteil des Landesverfassungsgerichts datiert vom 20. Oktober 2015 und ist den Beschwerdeführerinnen am 10. November 2015 zugestellt worden. Ihre am 18. Oktober 2016 beim Bundesverfassungsgericht eingegangene Kommunalverfassungsbeschwerde ist damit innerhalb der Jahresfrist des § 93 Abs. 3 BVerfGG erhoben.

C.

68

Die Verfassungsbeschwerde ist bei verfassungskonformer Auslegung von Art. 1 Nr. 2 Buchstabe c des Gesetzes zur Änderung des Kinderförderungsgesetzes und anderer Gesetze vom 23. Januar 2013 unbegründet. Die Übertragung der Verpflichtung zur Erfüllung des Anspruchs auf Kinderbetreuung auf die Landkreise und die Entziehung der damit verbundenen Aufgaben verletzen die Beschwerdeführerinnen nicht in ihren Rechten aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG.

I.

69

1. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG garantiert den Gemeinden einen grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft umfassenden Aufgabenbereich (a) sowie die Befugnis zur eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte (b).

70

a) Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG sind solche Aufgaben, die das Zusammenleben und -wohnen der Menschen vor Ort betreffen oder einen spezifischen Bezug darauf haben (vgl. BVerfGE 8, 122 <134>; 50, 195 <201>; 52, 95 <120>; 79, 127 <151 f.>; 110, 370 <400>; 138, 1 <16 Rn. 45>). Eine inhaltlich umrissene Aufgabengarantie enthält Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG allerdings nicht (vgl. BVerfGE 79, 127 <146>; 107, 1 <12>; 137, 108 <157 Rn. 114>; 138, 1 <16 Rn. 45>).

71

Die örtlichen Bezüge einer Aufgabe und deren Gewicht für die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung lassen sich nicht an scharf konturierten Merkmalen messen. Vielmehr muss bei ihrer Bestimmung der geschichtlichen Entwicklung und den historischen Erscheinungsformen der Selbstverwaltung Rechnung getragen werden (vgl. BVerfGE 59, 216 <226>; 91, 228 <238>; 125, 141 <167>; 138, 1 <16 f. Rn. 46>). Es kommt darauf an, ob eine Aufgabe für das Bild der typischen Gemeinde charakteristisch ist (BVerfGE 138, 1 <16 f. Rn. 46>).

72

Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG enthält jedoch keine Garantie des Status quo im Sinne eines einmal erreichten Aufgabenbestands (vgl. BVerfGE 78, 331 <340>; 138, 1 <17 Rn. 47>). Die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft bilden keinen ein für alle Mal feststehenden Aufgabenkreis, weil sich die örtlichen Bezüge einer Angelegenheit mit ihren sozialen, wirtschaftlichen oder technischen Rahmenbedingungen wandeln (BVerfGE 138, 1 <17 Rn. 47>).

73

Um in den Schutzbereich von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG zu fallen, muss eine Aufgabe nicht hinsichtlich aller ihrer Teilaspekte eine örtliche Angelegenheit darstellen; sie kann auch nur teilweise als eine solche der örtlichen Gemeinschaft anzusehen, im Übrigen jedoch überörtlicher Natur sein (BVerfGE 138, 1 <17 Rn. 48>; vgl. BVerfGE 110, 370 <401>). Weist eine Aufgabe örtliche und überörtliche Aspekte auf, muss der Gesetzgeber diese bei der Ausgestaltung der Selbstverwaltungsgarantie angemessen berücksichtigen (BVerfGE 138, 1 <17 Rn. 48>).

74

b) Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG garantiert den Gemeinden ferner die Befugnis zu eigenverantwortlicher Führung der Geschäfte. Eine umfassende staatliche Steuerung der kommunalen Organisation wäre mit dieser verfassungsrechtlich garantierten Eigenverantwortlichkeit unvereinbar (vgl. BVerfGE 91, 228 <239>; 137, 108 <158 Rn. 117>; 138, 1 <17 Rn. 49>). Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG garantiert den Gemeinden insbesondere die Organisationshoheit als das Recht, über die innere Verwaltungsorganisation einschließlich der bei der Aufgabenwahrnehmung notwendigen Abläufe und Zuständigkeiten eigenverantwortlich zu entscheiden. Dies schließt die Befugnis ein, selbst darüber zu befinden, ob eine bestimmte Aufgabe eigenständig oder gemeinsam mit anderen Verwaltungsträgern wahrgenommen wird (sog. Kooperationshoheit; BVerfGE 138, 1 <17 f. Rn. 49>; vgl. BVerfGE 119, 331 <362>).

75

2. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG garantiert die kommunale Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze. Bei der somit gebotenen gesetzlichen Ausgestaltung steht dem Gesetzgeber jedoch keine ungebundene Gestaltungsfreiheit zu (vgl. BVerfGE 110, 370 <400>; 138, 1 <18 Rn. 50>). Die Bedeutung der Gemeinden für den demokratischen Staatsaufbau (a) bedingt vielmehr einen grundsätzlichen Vorrang der kommunalen Aufgabenzuständigkeit im Bereich der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft (b).

76

a) Die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung ist Ausdruck der grundgesetzlichen Entscheidung für eine dezentral organisierte und bürgerschaftlich getragene Verwaltung (BVerfGE 138, 1 <18 Rn. 51>).

77

aa) Art. 28 Abs. 1 und Abs. 2 GG konstituieren die Gemeinden als einen wesentlichen Bestandteil der staatlichen Gesamtorganisation; sie sind ein Teil des Staates, in dessen Aufbau sie integriert und mit eigenen Rechten ausgestattet sind (vgl. BVerfGE 79, 127 <148 f.>; 83, 37 <54>; 138, 1 <18 Rn. 52>). Indem der Verfassungsgeber die gemeindliche Selbstverwaltung in den Aufbau des politisch-demokratischen Gemeinwesens des Grundgesetzes eingefügt und - anders als die Reichsverfassung von 1849 (§ 184), die Weimarer Reichsverfassung von 1919 (Art. 127) oder die Bayerische Verfassung (Art. 11) - nicht als Grundrecht, sondern als institutionelle Garantie ausgestaltet hat, hat er ihr eine spezifisch demokratische Funktion beigemessen (vgl. BVerfGE 47, 253 <275 ff.>; 91, 228 <244>; 138, 1 <18 Rn. 52>). Das Bild der Selbstverwaltung, wie sie der Gewährleistung des Art. 28 Abs. 2 GG zugrunde liegt, wird daher maßgeblich durch das Prinzip der Partizipation geprägt. Kommunale Selbstverwaltung bedeutet ihrer Intention nach Aktivierung der Beteiligten für ihre eigenen Angelegenheiten, die die örtliche Gemeinschaft zur eigenverantwortlichen Erfüllung öffentlicher Aufgaben zusammenschließt mit dem Ziel, das Wohl der Einwohner zu fördern und die geschichtliche und örtliche Eigenart zu wahren (vgl. BVerfGE 11, 266 <275 f.>; 138, 1 <18 Rn. 52>). Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG fordert für die örtliche Ebene insofern eine mit wirklicher Verantwortlichkeit ausgestattete Einrichtung der Selbstverwaltung, die den Bürgern eine effektive Mitwirkung an den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft ermöglicht (vgl. BVerfGE 79, 127 <150>; 91, 228 <238>; 107, 1 <12>; 138, 1 <18 f. Rn. 52>). Hierfür gewährleistet die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung den Gemeinden einen eigenen Aufgabenbereich sowie die Eigenverantwortlichkeit der Aufgabenerfüllung und sichert so die notwendigen Bedingungen einer wirksamen Selbstverwaltung (BVerfGE 138, 1 <18 f. Rn. 52>).

78

bb) Dem Wesen der institutionellen Garantie entsprechend bezieht sich der Schutz des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG nicht auf die individuelle Gemeinde, sondern ist abstrakt-generell zu verstehen. Vor diesem Hintergrund kommt es bei der Bestimmung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft nicht darauf an, ob die Verwaltungskraft einer Gemeinde für die Bewältigung der Aufgabe tatsächlich ausreicht (BVerfGE 138, 1 <19 Rn. 53>; vgl. auch BVerfGE 79, 127 <151 f.>; 110, 370 <400>). Entscheidend ist, ob eine Aufgabe in gemeindlicher Trägerschaft bei typisierender Betrachtung eine sachangemessene, für die spezifischen Interessen der Einwohner und die Wahrnehmung anderer Gemeindeaufgaben förderliche Erledigung finden kann. Auch die Finanzkraft einzelner Gemeinden hat auf die Bestimmung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft grundsätzlich keinen Einfluss; vielmehr muss der Staat gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG den Gemeinden gegebenenfalls die Mittel zur Verfügung stellen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen (vgl. BVerfGE 138, 1 <19 Rn. 53>).

79

b) Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG statuiert ein verfassungsrechtliches Aufgabenverteilungsprinzip hinsichtlich aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zugunsten der Gemeinden (BVerfGE 137, 108<156 f. Rn. 114>; 138, 1 <19 Rn. 54>; vgl. auch BVerfGE 79, 127 <150 f.>; 83, 363 <383>; 91, 228 <236>; 110, 370 <400>). Der Entzug einer solchen Angelegenheit unterliegt strengen Rechtfertigungsanforderungen (aa) und findet in einem unantastbaren Kernbereich kommunaler Selbstverwaltung (bb) seine Grenze (BVerfGE 138, 1 <19 Rn. 54>).

80

aa) Eingriffe in den von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG geschützten Aufgabenbestand unterliegen den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, der als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips (vgl. BVerfGE 76, 256 <359>; 80, 109 <119 f.>; 108, 129 <136>) auch im Staatsorganisationsrecht dort Bedeutung erlangen kann, wo Träger öffentlicher Gewalt mit Rechten gegenüber dem Staat ausgestattet sind. Das ist bei der Ausgestaltung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie durch den Gesetzgeber der Fall (BVerfGE 138, 1 <19 f. Rn. 55>; vgl. BVerfGE 79, 127 <143 ff., 154>; 103, 332 <367>; 119, 331 <363>; 125, 141 <167 f.>).

81

(1) Steht der Entzug einer Aufgabe der örtlichen Gemeinschaft im Raum, wandelt sich die für institutionelle Garantien typische Ausgestaltungsbefugnis des Gesetzgebers praktisch zum Gesetzesvorbehalt (BVerfGE 138, 1 <20 Rn. 56>; vgl. BVerfGE 79, 127 <143>; 107, 1 <12>; 110, 370 <402>). Gesetzliche Regelungen, die den Gemeinden Aufgaben entziehen, sind auf ihre Vereinbarkeit mit dem grundsätzlichen Zuständigkeitsvorrang zugunsten der Kommunen zu prüfen, wenn sie Bezüge zu den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft aufweisen. Die Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers ist dabei umso enger und die verfassungsgerichtliche Kontrolle umso intensiver, je mehr die Selbstverwaltungsgarantie der Gemeinden als Folge der gesetzlichen Regelung an Substanz verliert (BVerfGE 138, 1 <20 Rn. 56>; vgl. BVerfGE 79, 127 <154>).

82

Hat die Aufgabe einen relevanten örtlichen Charakter, so muss der Gesetzgeber berücksichtigen, dass sie insoweit an sich der gemeindlichen Ebene zuzuordnen ist. Will er die Aufgabe den Gemeinden gleichwohl entziehen, so kann er dies nur, wenn die den Aufgabenentzug tragenden Gründe gegenüber dem verfassungsrechtlichen Aufgabenverteilungsprinzip des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG überwiegen; sein Entscheidungsspielraum ist insoweit normativ gebunden (vgl. BVerfGE 79, 127 <154>).

83

(2) Der Gesetzgeber hat die widerstreitenden Belange der Verwaltungseffizienz und Bürgernähe in einen vertretbaren Ausgleich zu bringen. Dabei muss er nicht jeder einzelnen Gemeinde, auch nicht jeder insgesamt gesehen unbedeutenden Gruppe von Gemeinden, Rechnung tragen (vgl. BVerfGE 79, 127 <153 f.>). Auch wenn die Verwaltungskraft der einzelnen Gemeinde grundsätzlich ohne Bedeutung für die Bestimmung der örtlichen Angelegenheiten ist, können die Aufgaben nicht für alle Gemeinden unabhängig von ihrer Einwohnerzahl, Ausdehnung und Struktur gleich sein (vgl. BVerfGE 79, 127 <153 f.>). Die Gemeinden sind Teil der staatlichen Verwaltung und dem Gemeinwohl verpflichtet. Unbedingten Vorrang vor den Interessen des Gesamtstaats kann ihr Interesse an einer möglichst weit gehenden Zuständigkeitszuweisung nicht beanspruchen (vgl. BVerfGE 110, 370 <401>). Trotz örtlicher Bezüge ist es deshalb nicht ausgeschlossen, dass eine Aufgabe, die einzelne größere Gemeinden in einem Landkreis auf örtlicher Ebene zu erfüllen vermögen, für andere Teile des Landkreises nur überörtlich erfüllbar ist (BVerfGE 138, 1 <20 f. Rn. 57>).

84

(3) Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG konstituiert ein Regel-Ausnahme-Verhältnis, wonach der Gesetzgeber den Gemeinden örtliche Aufgaben nur aus Gründen des Gemeinwohls entziehen darf, vor allem wenn die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung anders nicht sicherzustellen wäre. Das bloße Ziel der Verwaltungsvereinfachung oder der Zuständigkeitskonzentration - etwa im Interesse der Übersichtlichkeit der öffentlichen Verwaltung - scheidet als Rechtfertigung eines Aufgabenentzugs aus; denn dies zielte ausschließlich auf die Beseitigung eines Umstandes, der gerade durch die vom Grundgesetz gewollte dezentrale Aufgabenansiedlung bedingt ist (BVerfGE 138, 1 <21 Rn. 58>; vgl. BVerfGE 79, 127 <153>). Gründe der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der öffentlichen Verwaltung rechtfertigen eine Hochzonung erst, wenn ein Belassen der Aufgabe bei den Gemeinden zu einem unverhältnismäßigen Kostenanstieg führen würde. Auch wenn eine zentralistisch organisierte Verwaltung rationeller und billiger arbeiten könnte, setzt die Verfassung diesen ökonomischen Erwägungen den politisch-demokratischen Gesichtspunkt der Teilnahme der örtlichen Bürgerschaft an der Erledigung ihrer öffentlichen Aufgaben entgegen und gibt ihm den Vorzug. Der Staat ist daher zunächst darauf beschränkt, sicherzustellen, dass die Gemeinden ihre Angelegenheiten nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit erfüllen; dass andere Aufgabenträger in größeren Erledigungsräumen dieselbe Aufgabe insgesamt wirtschaftlicher erledigen könnten, gestattet - jedenfalls grundsätzlich - keinen Aufgabenentzug (BVerfGE 138, 1 <21 Rn. 58>; vgl. BVerfGE 79, 127 <153 f.>).

85

Dieses Aufgabenverteilungsprinzip gilt zugunsten kreisangehöriger Gemeinden auch gegenüber den Kreisen. Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG sichert den Gemeindeverbänden - und damit den Kreisen - anders als Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG den Gemeinden gerade keinen bestimmten Aufgabenbereich (vgl. BVerfGE 21, 117 <128 f.>; 23, 353 <365>; 79, 127 <150>). Aus diesem verfassungsrechtlichen Aufgabenverteilungsprinzip folgt ein prinzipieller Vorrang der Gemeindeebene vor der Kreisebene (BVerfGE 138, 1 <15 Rn. 41>; vgl. BVerfGE 79, 127 <150 ff.>; 107, 1 <12>; 110, 370 <399 ff.>; 137, 108 <156 f. Rn. 114>).

86

Genügen Leistungsfähigkeit und Verwaltungskraft einer Gemeinde nicht, um kommunale Aufgaben wahrzunehmen, gewährleistet Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG den Kommunen das Recht, diese in kommunaler Zusammenarbeit zu erfüllen, bevor der Staat sie an sich zieht (BVerfGE 138, 1<28 Rn. 74>; vgl. BVerfGE 26, 228 <239>). Daher besteht grundsätzlich ein Vorrang der interkommunalen Zusammenarbeit vor der Hochzonung gemeindlicher Aufgaben auf die Landkreisebene. Erst wenn durch gemeindliche Kooperation die Erfüllung kommunaler Aufgaben nicht sichergestellt werden kann, darf der Staat den Gemeinden die davon betroffenen Zuständigkeiten entziehen.

87

Benehmenserfordernisse genügen grundsätzlich nicht, um den Entzug kommunaler Kompetenzen zu rechtfertigen, weil diese den Gemeinden kein wirksames Mitentscheidungsrecht gewähren. Sie stehen für eine verfahrensrechtliche Beteiligung, der nach dem Willen des Gesetzgebers keine materielle Rechtsposition des beteiligten Trägers öffentlicher Belange korrespondiert. Benehmenserfordernisse sind im Regelfall ausschließlich dem objektiv-rechtlichen Ziel einer breiteren Beurteilungsgrundlage und damit einer besseren Entscheidungsfindung verpflichtet (vgl. BVerfGE 138, 1 <31 Rn. 85>). Die Herstellung des Benehmens erfordert zwar eine Anhörung des Trägers öffentlicher Belange durch die entscheidende Behörde und verpflichtet diese, die Stellungnahme zu erwägen und Möglichkeiten einer Berücksichtigung auszuloten. Der beteiligte Träger öffentlicher Belange soll seinen Standpunkt darlegen, Einwände im Hinblick auf die von ihm vertretenen Interessen erheben und auf das Ergebnis der Entscheidung auch Einfluss nehmen können (BVerfGE 138, 1 <32 Rn. 87>). Eine Benehmensherstellung erfordert allerdings keine Einigung der beteiligten Verwaltungsträger, sondern gestattet es der entscheidenden, das Benehmen herstellenden Behörde, sich über das Vorbringen des beteiligten Trägers öffentlicher Belange hinwegzusetzen. Anders als bei Einvernehmens- oder Zustimmungserfordernissen gewährt das Benehmenserfordernis somit kein echtes Mitentscheidungsrecht (BVerfGE 138, 1 <32 Rn. 87>).

88

bb) Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers findet seine Grenze darüber hinaus im Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie. Mit Blick auf die Aufgabengarantie zählt zum Kernbereich allerdings kein gegenständlich bestimmter oder nach feststehenden Merkmalen bestimmbarer Aufgabenkatalog, wohl aber die Allzuständigkeit als die Befugnis, sich aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft anzunehmen, die nicht anderen Verwaltungsträgern zugeordnet sind (BVerfGE 138, 1 <21 f. Rn. 59>; vgl. BVerfGE 79, 127 <146>; 107, 1 <11 f.>). Im Hinblick auf die Eigenverantwortlichkeit der Aufgabenwahrnehmung zählen vor allem die gemeindlichen Hoheitsrechte (Gebiets-, Planungs-, Personal-, Organisations- und Finanzhoheit), die der Staat den Gemeinden im Interesse einer funktionsgerechten Aufgabenwahrnehmung garantieren muss, zu dem durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG verbürgten Kernbereich. Das gilt jedoch nur in ihrem Grundbestand. Insofern verbietet Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG auch Regelungen, die eine eigenständige organisatorische Gestaltungsfähigkeit der Kommunen ersticken würden (BVerfGE 138, 1<21 f. Rn. 59>; vgl. BVerfGE 91, 228 <239>).

II.

89

Die mit der Neuregelung in Art. 1 Nr. 2 Buchstabe c des Gesetzes zur Änderung des Kinderförderungsgesetzes und anderer Gesetze vom 23. Januar 2013 verbundene Übertragung der Leistungsverpflichtung zur Erfüllung des Anspruchs auf Kinderbetreuung auf die Landkreise und kreisfreien Städte als örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe genügt den Anforderungen des Art. 28 Abs. 2 GG. Die von den Gemeinden bislang wahrgenommenen Aufgaben betreffen zwar Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft und fallen somit in den Gewährleistungsbereich des Art. 28 Abs. 2 GG (1.). Soweit in der Übertragung der Verpflichtung zur Erfüllung des Betreuungsanspruchs auf Landkreise und kreisfreie Städte ein Eingriff in die kommunale Allzuständigkeit liegen sollte, ist die damit einhergehende Hochzonung der Aufgaben jedenfalls gerechtfertigt (2.).

90

1. Gemäß § 3 Abs. 3 KiFöG LSA 2004 waren die kreisangehörigen Gemeinden für die Erfüllung des Anspruchs auf Kinderbetreuung zuständig (a). Ihnen oblag ferner die Unterstützung der Träger von Tageseinrichtungen gemäß § 9 Abs. 3 KiFöG LSA 2003 (b). Daneben nahmen die Gemeinden mit der Erfüllung dieser Verpflichtungen zusammenhängende Planungs- und Koordinierungsaufgaben wahr (c). Bei sämtlichen dieser Aufgaben handelt es sich um Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft (d).

91

a) § 3 Abs. 3 KiFöG LSA 2004 regelte die Verpflichtung zur Erfüllung des Anspruchs auf Bereitstellung eines Kinderbetreuungsplatzes. Die Vorschrift legte fest, dass der Anspruch von der Gemeinde zu erfüllen war, in der das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Die Kommune konnte den Anspruch gemäß § 3 Abs. 4 KiFöG LSA 2004 bedienen, in dem sie einen Platz in einer für Kinder zumutbar erreichbaren Tageseinrichtung anbot (Satz 1). Bei Kindern bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres konnte der Anspruch auch durch das Angebot einer Tagespflegestelle erfüllt werden (Satz 2). Damit war der Gemeinde die Aufgabe übertragen, den Anspruchsberechtigten verfügbare Betreuungsplätze zuzuteilen und ihrer Gewährleistungs- und Erfüllungsverpflichtung nachzukommen.

92

Bei der Vergabe eines Betreuungsplatzes hatte die Gemeinde nicht nur das Kriterium einer zumutbar erreichbaren Tageseinrichtung (§ 3 Abs. 4 KiFöG LSA 2004), sondern auch das Wunsch- und Wahlrecht (§ 3b KiFöG LSA 2004) zu beachten. Diese Vorschrift räumte den Leistungsberechtigten das Recht ein, im Rahmen freier Kapazitäten zwischen den verschiedenen Tageseinrichtungen am Ort ihres gewöhnlichen Aufenthalts oder an einem anderen Ort zu wählen (Abs. 1 Satz 1). Hierauf waren diese von der Leistungsverpflichteten hinzuweisen (Abs. 1 Satz 2).

93

Als weiteres Kriterium bei der Vergabe von Betreuungsplätzen hatten die Kommunen den Vorrang der freien Träger (§ 4 Abs. 2 SGB VIII) zu beachten. Standen nach Berücksichtigung der für die Vergabe maßgeblichen Kriterien (zumutbare Erreichbarkeit der Einrichtung, Berücksichtigung des Wunsch- und Wahlrechts, Beachtung des Vorrangs der freien Träger) noch freie Betreuungsplätze zur Verfügung, verblieb den leistungsverpflichteten Gemeinden ein Spielraum, innerhalb dessen sie vorhandene Kapazitäten vergeben konnten.

94

b) Den Gemeinden oblag gemäß § 9 Abs. 3 in Verbindung mit § 3 Abs. 4 KiFöG LSA 2004 ferner die Pflicht zur Unterstützung der anerkannten freien Träger von Tageseinrichtungen (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 KiFöG LSA) und sonstigen juristischen Personen, deren Zweck das Betreiben einer Tageseinrichtung war und die die Anforderungen des Steuerrechts an die Gemeinnützigkeit erfüllten (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 KiFöG LSA). Der genaue Inhalt dieser Unterstützungspflicht war gesetzlich nicht definiert, wurde jedoch in Anlehnung an die Regelung des § 4 Abs. 3 SGB VIII als eine auf Kindertageseinrichtungen zugeschnittene spezielle Ausprägung der allgemeinen jugendhilferechtlichen Förderungspflicht zugunsten der freien Träger verstanden (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 17. Mai 2005 - 12 ME 93/05 -, juris, Rn. 5; VGH BW, Urteil vom 22. Mai 2013 - 9 S 889/11 -, juris, Rn. 38 f.; Neumann/Bieritz-Harder, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, Werks- stand 12/15, juris, § 4 Rn. 16). Gegenstand der Unterstützung waren etwa die Vergabe von Zuwendungen, die Bereitstellung von Räumen, die Hilfe bei der Beschaffung von Grundstücken, die Zulassung von Mitarbeitern der freien Träger zu Fortbildungsveranstaltungen oder auch eine fachliche Beratung, die die Gemeinden im Anwendungsbereich des § 9 Abs. 3 KiFöG LSA den freien Trägern zukommen lassen konnten.

95

c) Aus den Planungs- und Koordinierungsaufgaben, wie sie den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe aufgrund ihrer Gesamtverantwortung obliegen (aa), hatte der Landesgesetzgeber mit dem Kinderförderungsgesetz Sachsen-Anhalt 2003 Teilbereiche auf die kreisangehörigen Gemeinden übertragen (bb). Daneben nahmen diese Aufgaben der Kinderbetreuung auch im Rahmen ihrer Allzuständigkeit wahr (cc).

96

aa) Nach § 10 Abs. 1 KiFöG LSA 2003 in Verbindung mit § 1 KJHG LSA waren Landkreise und kreisfreie Städte als örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe für die Vorhaltung einer an den Bedürfnissen von Familien und Kindern orientierten, konzeptionell vielfältigen, leistungsfähigen, zahlenmäßig ausreichenden und wirtschaftlichen Struktur von Tageseinrichtungen verantwortlich. Diese landesrechtliche Vorschrift stand im Zusammenhang mit § 79 SGB VIII und sollte gewährleisten, dass zur Erfüllung der Aufgaben nach SGB VIII die erforderlichen und geeigneten Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen den verschiedenen Grundrichtungen der Erziehung entsprechend rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen (vgl. § 79 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII in der seit 1. Januar 2012 geltenden Fassung und § 79 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII in den seit 1. Juli 1998 und 1. Januar 2007 geltenden Fassungen, jeweils i.V.m. § 1 KJHG LSA). Ferner sollte eine kontinuierliche Qualitätsentwicklung nach Maßgabe von § 79a SGB VIII erfolgen (vgl. § 79 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII in der seit 1. Januar 2012 geltenden Fassung i.V.m. § 1 KJHG LSA). Die Gesamtverantwortung der Träger der öffentlichen Jugendhilfe, einschließlich ihrer Planungsverantwortung, wurde in § 15 KJHG LSA klargestellt.

97

(1) § 79 SGB VIII legt als eine Art "Fundamentalnorm" (Kunkel/Kepert, in: Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 6. Aufl. 2016, beck-online, § 79 Rn. 3; vgl. auch VGH BW, Urteil vom 4. Juni 2008 - 12 S 2559/06 -, juris, Rn. 64) die Gesamtverantwortung einschließlich der Planungsverantwortung der Träger der öffentlichen Jugendhilfe fest. Diese müssen gewährleisten, dass die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlichen und geeigneten Einrichtungen rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen (§ 79 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII).

98

Die Planungsverantwortung wird - als ein in die Zukunft gerichteter Gestaltungsprozess (vgl. Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, beck-online, § 79 Rn. 5) - als nicht trennbarer und wesentlicher Bestandteil der Gesamtverantwortung in § 79 Abs. 1 SGB VIII verstanden (Hilke, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, Werksstand 12/14, juris, § 79 Rn. 10). Erst auf der Grundlage einer Planung kann festgestellt werden, ob Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen ausreichen und geeignet sind. Um den Bedarf feststellen zu können, muss der Landkreis die kreisangehörigen Gemeinden in die Planung einbeziehen, wenn dort Einrichtungen und Dienste vorhanden sind oder aufgebaut werden sollen (Kunkel/Kepert, in: Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, beck-online, § 79 Rn. 6). Dabei stellt die Planung nach § 80 SGB VIII das entscheidende und umfassende (Steuerungs-)Instrument für die Erfüllung des Sicherstellungsauftrags dar (vgl. Hilke, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, Werksstand 12/14, juris, § 79 Rn. 10). Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben im Rahmen ihrer Planungsverantwortung den Bestand an Einrichtungen und Diensten festzustellen (Abs. 1 Nr. 1), den Bedarf unter Berücksichtigung der Wünsche, Bedürfnisse und Interessen der jungen Menschen und der Personensorgeberechtigten für einen mittelfristigen Zeitraum zu ermitteln (Abs. 1 Nr. 2) und die zur Befriedigung des Bedarfs notwendigen Vorhaben rechtzeitig und ausreichend zu planen; dabei ist Vorsorge zu treffen, dass auch ein unvorhergesehener Bedarf befriedigt werden kann (Abs. 1 Nr. 3). Einrichtungen und Dienste sollen so geplant werden, dass insbesondere Kontakte in der Familie und im sozialen Umfeld erhalten und gepflegt werden können (Abs. 2 Nr. 1), ein möglichst wirksames, vielfältiges und aufeinander abgestimmtes Angebot von Jugendhilfeleistungen gewährleistet ist (Abs. 2 Nr. 2), junge Menschen und Familien in gefährdeten Lebens- und Wohnbereichen besonders gefördert werden (Abs. 2 Nr. 3) und Mütter und Väter Aufgaben in der Familie und Erwerbstätigkeit besser miteinander vereinbaren können (Abs. 2 Nr. 4).

99

Bei der Planungsverantwortung im Sinne des § 80 SGB VIII handelt es sich um eine nicht delegierbare, gesetzliche Verpflichtung der Träger öffentlicher Jugendhilfe zur Planung (Eger, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, § 80 Rn. 8; vgl. Hilke, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, Werksstand 03/13, juris, § 80 Rn. 4), mit der diese ihre Gewährleistungsverpflichtung gemäß § 79 SGB VIII realisieren. Ihr haben sie kontinuierlich nachzukommen. Jugendhilfeplanung kann insofern nicht als eine nach einmaligem Geschehen abgeschlossene Aufgabe verstanden werden (Eger, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, § 80 Rn. 8).

100

Die Gesamtverantwortung schließt die Finanzverantwortung ein (Eger, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, § 79 Rn. 15; Kunkel/Kepert, in: Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, beck-online, § 79 Rn. 7; Hilke, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, Werksstand 12/14, juris, § 79 Rn. 13). Demnach haben die Jugendämter die Pflicht, die für die Erfüllung der Aufgaben erforderlichen Finanzmittel bereitzustellen (Wiesner, SGB VIII, beck-online, § 79 Rn. 6).

101

(2) Die Gewährleistungspflicht des § 79 Abs. 2 SGB VIII ist Bestandteil der umfassenden Gesamtverantwortung des öffentlichen Trägers (Eger, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, § 79 Rn. 19) und ermöglicht deren Wahrnehmung in struktureller und individueller Hinsicht (vgl. Kunkel/Kepert, in: Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, beck-online, § 79 Rn. 9). Sie verpflichtet die Jugendämter, zur Erfüllung ihrer Aufgaben die erforderlichen und geeigneten Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung zu stellen. Damit ist die Gewährleistungspflicht auf Bereitstellung einer zur Aufgabenerfüllung erforderlichen Infrastruktur gerichtet (vgl. Kunkel/Kepert, in: Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, beck-online, § 79 Rn. 13).

102

§ 79 Abs. 2 SGB VIII verpflichtet den Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Schaffung einer pluralen Angebotsstruktur, die Voraussetzung dafür ist, dass die Leistungsberechtigten ihr Wunsch- und Wahlrecht (§ 5) tatsächlich ausüben können (vgl. Kunkel/Kepert, in: Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, beck-online, § 79 Rn. 17 f.). Zur Erfüllung aller Aufgaben nach § 2 SGB VIII, also auch zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII), müssen Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen zur Verfügung stehen, die den unterschiedlichen Wertorientierungen in der Gesellschaft entsprechen (§ 3 Abs. 1 SGB VIII), soweit die Leistungsberechtigten dies wünschen (§ 5 Abs. 1 SGB VIII).

103

bb) Mit Inkrafttreten des Kinderförderungsgesetzes Sachsen-Anhalt am 8. März 2003 hat der Gesetzgeber einen Teilbereich der von den örtlichen Trägern der Jugendhilfe aufgrund ihrer Gesamtverantwortung wahrzunehmenden Aufgaben, soweit diese mit der Leistungsverpflichtung im Sinne von § 3 Abs. 3 KiFöG LSA 2004 einhergehen, auf die Gemeinden übertragen.

104

(1) Nach § 69 Abs. 5 Satz 1 und Satz 4 SGB VIII in der vom 8. Dezember 1998 bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung konnten kreisangehörige Gemeinden und Gemeindeverbände, die nicht örtliche Träger sind, kraft Landesrechts für den örtlichen Bereich Aufgaben der Jugendhilfe wahrnehmen. Demnach konnte der Gesetzgeber in Sachsen-Anhalt im Jahre 2003 die Gemeinden rechtswirksam zur Erfüllung des Anspruchs auf Kinderbetreuung verpflichten (vgl. LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 12. Juli 2005 - LVG 6/04 -, juris, Rn. 93). Im Zuge der Föderalismusreform I von 2006 wurde die Vorschrift grundlegend überarbeitet und die Bestimmung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe dem Landesrecht zugewiesen (§ 69 Abs. 1 SGB VIII). Seitdem ist der Landesgesetzgeber ohne Weiteres befugt, einzelne Aufgabenfelder den Gemeinden zuzuweisen (vgl. Kunkel/Vondung, in: Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, beck-online, § 69 Rn. 21-23; Weißenberger, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, § 69 Rn. 31).

105

Durch das Kinderförderungsgesetz Sachsen-Anhalt 2003 wurden die Aufgaben der Gemeinden im Bereich der Bereitstellung von Kindertageseinrichtungen wesentlich erweitert. Danach sollten sie in eigenen Einrichtungen eine ausreichende Zahl von Betreuungsplätzen vorhalten, soweit ansonsten die Betreuungsansprüche nach § 3 Abs. 1 KiFöG LSA 2004 im Gemeindegebiet nicht erfüllt werden konnten. Der bis dahin den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe durch § 12 des Gesetzes zur Förderung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen (KiBeG LSA) zugewiesene Sicherstellungsauftrag wurde auf die Gemeinden verlagert und ihnen als pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe zugewiesen (vgl. LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 12. Juli 2005 - LVG 6/04 -, juris, Rn. 84). Sie erhielten damit eine örtliche Gesamtverantwortung unabhängig von ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit. In Fällen zusätzlicher Nachfrage nach Betreuungsplätzen aufgrund des Zuzugs von Familien, der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit der Eltern, aber auch der Schließung von Einrichtungen freier Träger war die Gemeinde verpflichtet, kurzfristig die eigene Betreuungskapazität zu erhöhen, um die Rechtsansprüche aus § 3 Abs. 1 KiFöG LSA 2004 erfüllen zu können (vgl. LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 12. Juli 2005 - LVG 6/04 -, juris, Rn. 85).

106

(2) (a) Die Gemeinden waren für die Koordinierung und Durchsetzung des Anspruchs auf Kinderbetreuung und die Erarbeitung von Bedarfsplanungen ebenso zuständig wie für die Sicherung eines bedarfsgerechten Angebots an Plätzen in Kindertageseinrichtungen sowie die Umsetzung der Planung im Zusammenwirken mit den freien Trägern. Damit nahmen die Gemeinden Planungsaufgaben im Sinne des § 79 Abs. 1, § 80 SGB VIII wahr, die ihnen durch das KiFöG LSA 2003 mit der Verpflichtung zur Erfüllung des Betreuungsanspruchs und der damit verbundenen örtlichen Gesamtverantwortung in Gestalt einer subsidiären Erfüllungsverantwortung (vgl. LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 12. Juli 2005 - LVG 6/04 -, juris, Rn. 85) übertragen worden waren.

107

(b) Nach § 11 Abs. 4 Satz 1 KiFöG LSA 2010 waren die Gemeinden ferner verpflichtet, aus den zweckgebundenen Mitteln des Landes und der Träger der öffentlichen Jugendhilfe den freien Trägern von Kindertageseinrichtungen die für den Betrieb notwendigen Kosten abzüglich von Elternbeiträgen und eines Eigenanteils des Trägers von in der Regel bis zu 5 v. H. der Gesamtkosten zu erstatten. Gemäß Satz 3 sollten sie vertragliche Vereinbarungen mit den freien Trägern über den Umfang der Kostenerstattung abschließen. Etwaige Fehlbeträge mussten die Gemeinden selbst aufbringen.

108

(c) Die Gemeinden waren ferner für die Erstellung von Jahresstatistiken zuständig. Hierzu gehörten gemäß § 102 Abs. 2 Nr. 5 SGB VIII in der Fassung vom 8. Dezember 1998 in Verbindung mit § 99 Abs. 8 bis 10 SGB VIII in der Fassung vom 12. Oktober 2000 Erhebungen über die Einrichtungen, Behörden und Geschäftsstellen in der Jugendhilfe und die dort tätigen Personen (Abs. 9) sowie der Ausgaben und Einnahmen der öffentlichen Jugendhilfe (Abs. 10). Daneben mussten sie statistische Erhebungen durchführen, um ihre Betreuungsverpflichtungen erfüllen zu können. Zudem waren die Gemeinden gehalten, eine genaue Bedarfsanalyse und Bedarfsplanung für die örtliche Betreuungsplatzleitplanung durchzuführen und die hierfür erforderlichen Daten zu erfassen.

109

(d) Eine Zuständigkeit für die Schaffung der rechtlichen Grundlagen für den Betrieb von Kindertageseinrichtungen freier Träger im Gemeindegebiet stand den kreisangehörigen Gemeinden dagegen nicht zu. Die öffentliche Anerkennung der freien Träger nach § 75 SGB VIII oblag gemäß § 14 Abs. 1 KJHG LSA entweder den örtlichen Jugendämtern (Nr. 1), dem Landesjugendamt (Nr. 2) oder der obersten Landesjugendbehörde (Nr. 3). Für die Erteilung der Betriebserlaubnis für die konkrete Tageseinrichtung waren gemäß § 85 Abs. 2 Nr. 6, § 45 SGB VIII die überörtlichen Träger der Jugendhilfe zuständig.

110

cc) Im Übrigen haben die kreisangehörigen Gemeinden in Sachsen-Anhalt Aufgaben im Bereich der Kinderbetreuung auf der Grundlage von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG übernommen. Zum Kernbereich des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts gehört die Befugnis, sich aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, die nicht durch Gesetz bereits anderen Trägern öffentlicher Verwaltung übertragen sind, ohne besonderen Kompetenztitel anzunehmen (vgl. BVerfGE 79, 127 <146>; 107, 1 <11 f.>; 138, 1 <21 f. Rn. 59>). Diese Aufgaben standen gewissermaßen neben den ihnen übertragenen - jugendhilferechtlich determinierten - Aufgaben und haben sich mit diesen zum Teil überschnitten. So waren die kreisangehörigen Gemeinden in Sachsen-Anhalt - wie überall in Deutschland - auch für die Errichtung, den Betrieb und die Finanzierung eigener Kindertagesstätten, die "Mikroplanung" des kommunalen Betreuungsbedarfs, die Unterstützung der freien Träger und die Statistik zuständig.

111

d) Die von den kreisangehörigen Gemeinden aufgrund ihrer Verpflichtung zur Erfüllung des Anspruchs auf Kinderbetreuung gemäß § 3 Abs. 3 KiFöG LSA 2004, zur Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts (§ 3b KiFöG LSA 2004) und zur Unterstützung der freien Träger von Tageseinrichtungen gemäß § 9 Abs. 3 KiFöG LSA 2003 wahrgenommenen Aufgaben sowie die mit diesen zusammenhängenden Planungs- und Koordinierungsaufgaben sind Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft und insoweit durch Art. 28 Abs. 2 GG gegen eine rechtsgrundlose und unverhältnismäßige Entziehung geschützt. Ihr örtlicher Bezug (aa) wird weder durch die begrenzte Dauer der Aufgabenwahrnehmung (bb) noch durch die teilweise bundesrechtliche Determinierung der Aufgabe in Frage gestellt (cc).

112

aa) Die Gewährleistungsverpflichtung für die Kinderbetreuung hat einen örtlichen Bezug und ist für das Zusammenleben vor Ort von zentraler Bedeutung. Das Bedürfnis an Betreuungseinrichtungen für ihre nicht schulpflichtigen Kinder ist den Gemeindeeinwohnern gemeinsam, weil es das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der Gemeinde betrifft (vgl. BVerfGE 138, 1 <24 Rn. 65>). Insoweit zählen die wohnortnahe Bereitstellung von Betreuungsplätzen für Kinder und die damit zusammenhängenden Verwaltungsaufgaben zu den Bedürfnissen und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben.

113

Dass die Wahrnehmung der mit der Kinderbetreuung zusammenhängenden Verwaltungsaufgaben durch die Gemeinden in Sachsen-Anhalt nicht auf historische Vorläufer zurückblicken kann, ändert nichts an diesem Befund. Zwar wurde die Leistungsverpflichtung den Gemeinden erst im Jahre 2003 auferlegt. Daraus folgt indes nicht, dass diese Aufgaben aus dem Gewährleistungsgehalt des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG herausfielen. Für die Bestimmung des Gewährleistungsbereichs ist das historische Erscheinungsbild der Gemeinden insofern relevant, als der Umstand, dass eine Aufgabe schon seit jeher von den Gemeinden erfüllt wurde, ein - unter Umständen entscheidendes - Indiz für die Zugehörigkeit zur Garantie der kommunalen Selbstverwaltung sein kann (vgl. BVerfGE 138, 1 <23 ff. Rn. 63 ff.>). Das geschichtliche Erscheinungsbild ist insoweit ein gegebenenfalls hinreichendes, aber kein notwendiges Kriterium (vgl. Mehde, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 28 Abs. 2 Rn. 51 ). Denn die örtlichen Bezüge einer Angelegenheit wandeln sich mit ihren sozialen, wirtschaftlichen oder technischen Rahmenbedingungen (BVerfGE 138, 1 <17 Rn. 47>). Der erforderliche örtliche Bezug kann deshalb auch bei neuen Aufgaben gegeben sein, die keine historischen Vorläufer kennen.

114

Dies wird auch durch die rechtliche Ausgestaltung des Betreuungsanspruchs deutlich. Anspruch auf einen Betreuungsplatz haben alle Kinder bis zu einem bestimmten Alter, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Sachsen-Anhalt haben (§ 3 Abs. 1 und Abs. 2 KiFöG LSA). Dieser Anspruch ist auf eine zumutbar erreichbare Tageseinrichtung gerichtet (§ 3 Abs. 5 Satz 1 KiFöG LSA) und entspricht dem das Jugendhilferecht beherrschenden Prinzip der Wohnortnähe (§ 80 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII). Dasselbe folgt aus der Gesamtverantwortung des Jugendhilfeträgers für ein bedürfnis- und bedarfsgerechtes Angebot gemäß § 79, § 22 Abs. 3 SGB VIII (Kaiser, in: Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, § 24 Rn. 18). Daher wird der aus § 24 SGB VIII folgende Anspruch nur erfüllt, wenn die Betreuungseinrichtung vom Wohnsitz des Kindes aus in vertretbarer Zeit erreicht werden kann (vgl. BayVGH, Urteil vom 22. Juli 2016 - 12 BV 15.719 -, juris, Rn. 46 ff.). Das Bundesrecht verlangt, dass der örtliche Bedarf primär örtlich befriedigt wird und dass überörtliche Angebote den Anspruchsberechtigten nur in entsprechend gelagerten Einzelfällen zugemutet werden. Ein genereller Verweis auf alle in einem Landkreis bestehenden Angebote würde dem nicht gerecht.

115

Die Gewährleistungsverpflichtung zielt also darauf, dem lokalen Bedarf ein lokales Angebot gegenüberzustellen. Auch soweit es Bedarf daran gibt, Kinder auswärtig betreuen zu lassen, ändert dies nichts an der grundsätzlichen Zuordnung der Aufgabe zum örtlichen Bereich (vgl. BVerfGE 110, 370 <401>; 138, 1 <17 Rn. 48>).

116

Dieses Ergebnis wird durch einen Vergleich mit der Trägerschaft für Grund- und Hauptschulen bestätigt, die der Senat ebenfalls als Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft qualifiziert hat (vgl. BVerfGE 138, 1 <24 f. Rn. 65 f.). Hat das Bildungsangebot für schulpflichtige Kinder einen spezifisch örtlichen Bezug, muss dies erst recht für Kinder im Vorschulalter gelten, da deren Mobilität noch eingeschränkter ist und die Verwirklichung der insoweit bestehenden Ansprüche und Pflichten noch stärker vom Wohnort der Eltern abhängt.

117

Vor diesem Hintergrund war die Leistungsverpflichtung den Gemeinden durch Gesetz zugewiesen und zur Pflichtaufgabe gemacht worden. Es handelte sich insoweit um eine "pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe" (LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 12. Juli 2005 - LVG 6/04 -, juris, Rn. 81 und Rn. 84), die zum eigenen Wirkungskreis der Gemeinden gehörte und daher von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG erfasst ist (vgl. HessStGH, Urteil vom 6. Juni 2012 - P.St.2292 -, juris, Rn. 93 f.). Eine Fachaufsicht bestand nicht.

118

bb) Diese Rechtslage hat in Sachsen-Anhalt zwar nur in der Zeit von 2003 bis 2013 gegolten. Die begrenzte Dauer der Aufgabenwahrnehmung spielt für die Zuordnung zum Gewährleistungsbereich des Art. 28 Abs. 2 GG - anders als das Landesverfassungsgericht offenbar annimmt (vgl. LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20. Oktober 2015 - LVG 2/14 -, DVBl 2015, S. 1535 <1539>) - jedoch keine entscheidende Rolle, weil die historische Zuordnung einer Aufgabe für die Zugehörigkeit zum Begriff der örtlichen Angelegenheit und der Funktion der Selbstverwaltungsgarantie von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG nicht von ausschlaggebender Bedeutung ist.

119

cc) Etwas anderes folgt schließlich auch nicht aus der bundesrechtlichen Determinierung der Aufgabe. Zwar ergibt sich der Anspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder teilweise schon aus § 24 SGB VIII, auch ist für den in § 24 Abs. 1 bis Abs. 4 SGB VIII näher definierten Betreuungsanspruch der örtliche Träger zuständig, § 85 Abs. 1 SGB VIII. Eine Aufgabenzuweisung an die Kommunen ist damit jedoch nicht verbunden (§ 69 Abs. 1 SGB VIII) und darf es von Verfassungs wegen auch nicht sein (Art. 84 Abs.1 Satz 7 GG).

120

(1) Dass die Pflicht, eine bestimmte Aufgabe wahrzunehmen bundesgesetzlich geregelt ist, hindert ihre Einordnung als Selbstverwaltungsaufgabe nicht (vgl. Dreier, in: ders., GG, Bd. 2, Art. 28 Rn. 105; Tettinger/Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, Art. 28 Abs. 2 Rn. 174 f.; anders ist dies bei staatlichen Aufgaben: Mehde, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 28 Abs. 2 Rn. 44 ). Ob die Pflicht bundes- oder landesrechtlich normiert ist, ist eine Frage der Gesetzgebungskompetenz; davon unabhängig ist zu entscheiden, ob die Aufgabe dem Gewährleistungsbereich von Art. 28 Abs. 2 GG unterfällt. Begründet der Bund im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenzen eine (materielle) Aufgabe, die unter dem Blickwinkel von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft ist, liegt es an den Ländern, die Zuständigkeiten so zu regeln, dass die Direktiven des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewahrt sind (vgl. BVerfGE 79, 127 <152>). Das gilt auch für das Achte Buch Sozialgesetzbuch (vgl. Schellhorn, in: Schellhorn/Fischer/Mann, SGB VIII, 3. Aufl. 2007, § 69 Rn. 25).

121

(2) Die Wahrnehmung der Leistungsverpflichtung durch die Gemeinden kollidiert auch nicht mit bundesgesetzlichen Vorgaben über Zuständigkeiten im Bereich des Kinder- und Jugendhilferechts. Insbesondere stehen ihr nicht die Zuständigkeitsregelungen der § 69, § 85 SGB VIII entgegen.

122

Ein Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ist in § 24 Abs. 2 und Abs. 3 SGB VIII insoweit normiert, als es um den Anspruch auf Betreuung in einer Tageseinrichtung zwischen dem ersten Geburtstag und dem Schuleintritt geht. Nach § 24 Abs. 6 SGB VIII bleibt weitergehendes Landesrecht unberührt, was insbesondere die Rechtslage in den ostdeutschen Ländern sichern soll (statt aller Kaiser, in: Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, § 24 Rn. 41). Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII und § 85 Abs. 1 SGB VIII richtet sich der Rechtsanspruch gegen den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe (Winkler, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 4. Aufl. 2015, Sammelkommentierung zum SGB VIII Rn. 91; Struck, in: Wiesner, SGB VIII, § 24 Rn. 18; Wiesner/Grube/Kößler, Der Anspruch auf frühkindliche Förderung und seine Durchsetzung, 2013, S. 9). Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe werden durch Landesrecht bestimmt, § 69 Abs. 1 SGB VIII. Gleichzeitig bestimmt § 79 SGB VIII, dass die Gesamtverantwortung für die Erfüllung der Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch VIII beim Träger der öffentlichen Jugendhilfe liegt, der nach § 80 SGB VIII auch für die Bedarfsplanung zuständig ist.

123

Mit dem Verweis auf das Landesrecht verlangt § 69 Abs. 1 SGB VIII - anders als vor der Föderalismusreform I - nicht mehr, dass Landkreise und kreisfreie Städte örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe sein müssen (Weißenberger, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, § 69 Rn. 11). Der Vorschrift ist auch nicht zu entnehmen, dass die nach Bundesrecht dem örtlichen Träger zugewiesenen Aufgaben zwingend von demselben Verwaltungsträger wahrzunehmen sind. Dies folgt nicht nur aus einem Vergleich mit der früheren Rechtslage, in der die Übertragung der Trägerschaft als solche oder auch nur die Zuweisung einzelner Aufgaben durch die Landkreise an kreisangehörige Gemeinden ausdrücklich geregelt war. Dieses Verständnis ergibt sich auch aus Art. 84 Abs. 1 Satz 1 GG in seiner durch die Föderalismusreform I 2006 geschaffenen Fassung, der es grundsätzlich ausschließt, dass Bundesgesetze (verpflichtende) Regelungen über die Einrichtung der Landesbehörden enthalten. Regelungen über die Einrichtung der Behörden dürfen ausweislich des Art. 84 Abs. 1 Satz 3 GG nicht abweichungsfest ausgestaltet werden, und mit Blick auf Gemeinden und Gemeindeverbänden bestimmt Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG ausdrücklich, dass ihnen durch Bundesgesetz Aufgaben nicht übertragen werden dürfen. Dieses Durchgriffsverbot gilt ausnahmslos (vgl. BVerfGE 119, 331 <359>; Trute, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, Art. 84 Rn. 56; F. Kirchhof, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 84 Rn. 154 ).

124

Das Bundesrecht legt vorliegend weder fest, welche Verwaltungsebene die von ihm normierten materiell-rechtlichen Aufgaben erfüllen muss, noch regelt es, dass diese einheitlich von derselben Ebene wahrgenommen werden müssen. Eine zuständigkeitsbezogene Vorgabe besteht allerdings insoweit, als diejenige Körperschaft, die nach Landesrecht der örtliche Träger ist, die Gesamtverantwortung einschließlich der Planungsverantwortung zu tragen hat, § 79 Abs. 1 SGB VIII. Dazu gehört auch die Pflicht, für eine ausreichende Zahl an Betreuungsplätzen zu sorgen (Struck, in: Wiesner, SGB VIII, § 24 Rn. 20 f.). Daraus mögen sich Grenzen für die Möglichkeit ergeben, die Trägerschaft auf kreisangehörige Gemeinden zu übertragen; der Übertragung der Leistungsverpflichtung steht die Gesamtverantwortung des Trägers aber nicht entgegen.

125

2. Vor diesem Hintergrund stellt die Übertragung der Leistungsverpflichtung auf Landkreise und kreisfreie Städte durch Art. 1 Nr. 2 Buchstabe c des Gesetzes zur Änderung des Kinderförderungsgesetzes und anderer Gesetze vom 23. Januar 2013 beziehungsweise § 3 Abs. 4 KiFöG LSA 2013 eine Hochzonung von Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft dar (a). Der damit verbundene Eingriff in die kommunale Selbstverwaltungsgarantie ist jedoch von sachlichen Gründen getragen (b). Die Übertragung der Leistungsverpflichtung auf die Landkreise erscheint deshalb für die Gemeinden zumutbar (c).

126

a) Es sprechen gute Gründe dafür, dass die Auswechslung des Leistungsverpflichteten mit § 3 Abs. 4 KiFöG LSA 2013 und die damit verbundene Übertragung der mit der Erfüllung des Anspruchs auf einen Betreuungsplatz zusammenhängenden Verwaltungsaufgaben eine Hochzonung von Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft darstellt. Dies betrifft zunächst die Leistungsverpflichtung zur Erfüllung des Anspruchs auf Kinderbetreuung unter Berücksichtigung des Wunsch- und Wahlrechts gemäß § 3b, § 3 Abs. 4 KiFöG LSA 2013. Auch im Bereich der Finanzierung der Kinderbetreuung hat die gesetzliche Neuregelung Einschränkungen des Aufgabenfeldes der kreisangehörigen Gemeinden mit sich gebracht. So fiel den Kommunen nach der alten Gesetzeslage die Finanzierung der freien Träger im Rahmen einer partiellen und vorübergehenden Finanzierungspflicht als pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe (vgl. Rn. 105) zu. Sie konnten mit den im Gemeindegebiet ansässigen freien Trägern von Kindertageseinrichtungen vertragliche Vereinbarungen über den Umfang der Kostenerstattung nach § 11 Abs. 4 Satz 3 KiFöG LSA 2010 schließen (vgl. Rn. 107). Insoweit hatten sie aufgrund ihrer Leistungsverpflichtung eine ihrer örtlichen Gesamtverantwortung entspringende umfassende Finanzverantwortung für die Errichtung, den Betrieb und die Unterhaltung der in ihrem Gemeindegebiet vorhandenen oder zusätzlich aus Bedarfsgründen erforderlichen Kindertagesstätten (vgl. Rn. 105), die ihnen heute nicht mehr zusteht.

127

b) Die gesetzliche Regelung wird indes durch hinreichende sachliche Gründe getragen (vgl. BVerfGE 138, 1 <29 ff. Rn. 78 ff.>). Die Übertragung der Leistungsverpflichtung soll der Stärkung der staatlichen Jugendämter (aa), einer kontinuierlichen Qualitätsentwicklung (bb), sowie der Zusammenführung der haftungsbewehrten Gewährleistungspflicht zur Bereitstellung eines Kinderbetreuungsplatzes mit der landesrechtlichen Verpflichtung zur Erfüllung des Anspruchs auf Kinderbetreuung (cc) dienen.

128

aa) Das Anliegen, die staatlichen Jugendämter zu stärken, zielt auf die Konzentration der Aufgaben der Jugendhilfe bei den örtlichen Trägern. Es entspricht damit dem gesetzlichen Leitbild des § 79 Abs. 1 SGB VIII, der die Gesamtverantwortung einschließlich der Planungsverantwortung der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe begründet und sie verpflichtet zu gewährleisten, dass die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlichen und geeigneten Einrichtungen rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen (VGH BW, Urteil vom 4. Juni 2008 - 12 S 2559/06 -, juris, Rn. 64).

129

Diesem Leitbild entspricht, wie die Landesregierung in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, das Anliegen des sachsen-anhaltinischen Gesetzgebers, die Leistungen der Kinderbetreuung aus einer Hand anzubieten und sie bei den örtlichen Trägern der Jugendhilfe zu konzentrieren. Dem folgend, hat er die mit der Leistungsverpflichtung verbundene örtliche Gesamtverantwortung (vgl. LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 12. Juli 2005 - LVG 6/04 -, juris, Rn. 85) (wieder) den örtlichen Trägern der Jugendhilfe übertragen und ihnen auch die Bedarfsplanung gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 SGB VIII zugewiesen (§ 10 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 KiFöG LSA). Der Stärkung der staatlichen Jugendämter dient - wie die Vertreterin der Landesregierung in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat - ferner das Anliegen, durch die gemeinsame Wahrnehmung der Aufgaben der Kinderbetreuung, des Kinderschutzes und der Hilfe zur Erziehung Synergieeffekte zu erzielen.

130

bb) Der Bündelung der Kompetenzen bei den Jugendämtern liegt zugleich das Anliegen einer Qualitätssteigerung zugrunde. Die Gewährleistung einer kontinuierlichen Qualitätsentwicklung ist Teil der Gesamtverantwortung des örtlichen Trägers der Jugendhilfe (§ 79 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 79a SGB VIII) und war bereits vor ihrer ausdrücklichen gesetzlichen Verankerung zum 1. Januar 2012 als solcher anerkannt (Eger, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, § 79a Rn. 4).

131

Die Pflicht zur Qualitätsentwicklung bezieht sich nach § 79a Satz 1 Nr. 1 SGB VIII auf die Gewährung und Erbringung von Leistungen und gilt auch für die Aufgaben der Kinderbetreuung. Vor diesem Hintergrund wollte der Gesetzgeber die Gesamtverantwortung für die Vergabe von Kinderbetreuungsplätzen im Interesse der Qualitätssicherung bei den Jugendämtern konzentrieren. Zur Qualitätssicherung gehört die Einhaltung der maßgeblichen Vergabekriterien, also die Sicherstellung rechtmäßiger Vergabeentscheidungen. Bei diesen ist neben dem Kriterium der zumutbar erreichbaren Tageseinrichtung gemäß § 3 Abs. 5 KiFöG LSA 2013 sowie des Wunsch- und Wahlrechts gemäß § 3b KiFöG LSA 2013 auch der Vorrang der freien Träger gemäß § 4 Abs. 2 SGB VIII zu berücksichtigen.

132

Es ist darüber hinaus ein legitimes Anliegen der Qualitätsentwicklung bei der Vergabe von Kinderbetreuungsplätzen, einer möglichen Missbrauchsgefahr, die sich aus der Wettbewerbssituation zwischen Gemeinden und freien Trägern ergeben kann, und möglichen Fehlentscheidungen in der Zukunft zu begegnen. Ob die Konkurrenz zwischen kommunalen und freien Betreuungsangeboten zu einem strukturellen Interessenkonflikt geführt hat, kann an dieser Stelle dahinstehen. Ein solcher kann jedenfalls nicht allein damit begründet werden, dass kreisangehörige Gemeinden in der Vergangenheit mit freien Trägern über die Erstattung der nach § 11 Abs. 4 KiFöG LSA 2010 für den Betrieb der Tageseinrichtung notwendigen Kosten gestritten haben und es deshalb zu einigen wenigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren gekommen ist (vgl. VG Magdeburg, Urteil vom 22. Februar 2006 - 6 A 230/04 -, juris; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 9. Februar 2011 - 3 L 792/08 -, juris). Dessen ungeachtet ist die Prognose des Gesetzgebers nicht zu beanstanden, dass es aufgrund des Nebeneinanders von kommunalen und freien Einrichtungen einen Interessenkonflikt zwischen den Gemeinden und ihren privaten Wettbewerbern geben und der von der Landesregierung als Vorrangregelung für letztere verstandene § 4 Abs. 2 SGB VIII dadurch unterlaufen werden kann. Offen bleibt allerdings, warum ein solcher Interessenkonflikt bei kreisfreien Städten, bei denen Leistungsverpflichtung und die Trägerschaft von Kindertagesstätten weiterhin zusammenfallen, nicht möglich sein soll. Jedenfalls handelt es sich mit Blick auf die in § 79 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 79a SGB VIII normierte Pflicht zur Gewährleistung einer kontinuierlichen Qualitätsentwicklung um einen legitimen Zweck, wenn zum Schutz der freien Träger vor potentieller Benachteiligung bei der Vergabe von Betreuungsplätzen die maßgebliche Vergabeentscheidung auf die örtlichen Träger der Jugendhilfe übertragen wird.

133

cc) Die Zusammenführung der haftungsbewehrten unbedingten Gewährleistungspflicht zur Bereitstellung eines Kinderbetreuungsplatzes und der landesrechtlichen Leistungsverpflichtung auf der Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte stellt ebenfalls einen legitimen Zweck dar.

134

Die Änderung des Leistungsverpflichteten in § 3 Abs. 4 KiFöG LSA zum 1. August 2013 ging einher mit der am selben Tag in Kraft getretenen Änderung des § 24 SGB VIII. Dieser sieht zum einen objektiv-rechtliche Verpflichtungen zur Betreuung von Kindern ab der Geburt bis vor Vollendung des ersten Lebensjahres (Abs. 1) und im schulpflichtigen Alter (Abs. 4) vor (vgl. Rixen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, § 24 Rn. 8). Zum andern beinhaltet er in den Absätzen 2 und 3 Rechtsansprüche auf Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen oder in der Kindertagespflege von der Vollendung des ersten Lebensjahrs an bis zum Schuleintritt, bei deren Nichterfüllung Amtshaftungsansprüche aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG entstehen können (vgl. BGH, Urteil vom 20. Oktober 2016 - III ZR 302/15 -, juris, Leitsatz und Rn. 15 ff.). Aus der Regelung erwächst für den örtlich und sachlich zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe somit die (Amts-)Pflicht, im Rahmen seiner Gesamtverantwortung sicherzustellen, dass für jedes anspruchsberechtigte Kind, für das ein entsprechender Bedarf rechtzeitig angemeldet worden ist (§ 24 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII), ein Betreuungsplatz zur Verfügung steht; insoweit trifft ihn eine unbedingte Gewährleistungspflicht (vgl. BGH, Urteil vom 20. Oktober 2016 - III ZR 302/15 -, juris, Rn. 17). Die vorbezeichnete Amtspflicht besteht nicht nur im Rahmen der vorhandenen Kapazität; vielmehr trifft den gesamtverantwortlichen Jugendhilfeträger die unbedingte Pflicht, eine ausreichende Zahl von Betreuungsplätzen selbst zu schaffen oder durch geeignete Dritte - freie Träger der Jugendhilfe, Kommunen oder Tagespflegepersonen - bereitzustellen (vgl. BVerfGE 140, 65 <84 Rn. 43>; BGH, Urteil vom 20. Oktober 2016 - III ZR 302/15 -, juris, Rn. 18). Gesamtverantwortlich sind aufgrund der landesrechtlichen Regelung in § 1 KJHG LSA in Sachsen-Anhalt die Landkreise und kreisfreien Städte. Die gesetzliche Neuregelung sorgt für einen Gleichlauf der die Landkreise und kreisfreien Städte aus § 24 Abs. 2 und Abs. 3 SGB VIII in Verbindung mit dem Landesrecht treffenden haftungsbewehrten Gewährleistungspflicht zur Bereitstellung eines Kinderbetreuungsplatzes auf der einen Seite und der landesrechtlichen Verpflichtung zur Erfüllung des Anspruchs auf Kinderbetreuung gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 2 KiFöG LSA 2013 auf der anderen Seite.

135

c) Die angegriffene Regelung genügt auch den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Sie ist geeignet, erforderlich und zumutbar.

136

aa) Sie lässt das Recht der kreisangehörigen Gemeinden unberührt, sich aufgrund ihrer Allzuständigkeit freiwillig der örtlichen Aufgabe der Kinderbetreuung und insbesondere der damit zusammenhängenden Planungs- und Koordinierungsaufgaben für ihr Gemeindegebiet anzunehmen. Die Allzuständigkeit erlaubt den kreisangehörigen Gemeinden auch im Bereich der Jugendhilfe einzelne Aufgaben freiwillig zu übernehmen (vgl. Weißenberger, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, § 69 Rn. 32), solange diese nicht zum ausschließlichen gesetzlichen Aufgabenfeld der staatlichen Jugendämter gehören.

137

Ausgehend davon sind die kreisangehörigen Gemeinden nach der KiFöG-Reform des Jahres 2013 weiterhin für folgende Aufgaben im Rahmen der Kinderbetreuung zuständig:

138

Sie können Kindertageseinrichtungen in eigener Trägerschaft errichten, finanzieren und betreiben (vgl. VG Göttingen, Beschluss vom 21. August 1998 - 2 B 2297-98 -, NVwZ-RR 1999, S. 130; Weißenberger, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, § 69 Rn. 32; Kunkel/Vondung, in: Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, beck-online, § 69 Rn. 24; für Art. 11 Abs. 2 BayVerf: VG Augsburg, Urteil vom 22. Februar 2000 - Au 9 K 99.426 -, juris, Rn. 38; Wolff, in: Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2. Aufl. 2017, Art. 11 Rn. 32; für Art. 137 Abs. 3 HessVerf: HessStGH, Urteil vom 6. Juni 2012 - P.St. 2292 -, juris, Rn. 93). Dafür sind sie zwar auf die Erteilung einer Betriebserlaubnis gemäß § 85 Abs. 2 Nr. 6, § 45 SGB VIII durch die überörtlichen Träger der Jugendhilfe angewiesen. Sie haben zudem mit den örtlichen Trägern der Jugendhilfe eine Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarung gemäß § 11 Abs. 1 KiFöG LSA 2013 in Verbindung mit § 78b bis § 78e SGB VIII abzuschließen. Innerhalb dieses gesetzlichen Rahmens steht es ihnen jedoch frei, durch den Betrieb eigener Einrichtungen Kinderbetreuungsplätze in der Gemeinde zu schaffen oder durch deren Schließung das Angebot zu verringern.

139

Den Gemeinden steht ferner das Recht zu, für ihr Gemeindegebiet den Betreuungsbedarf zu planen und zu koordinieren. Dieses Recht zur "Mikroplanung" ist von der Jugendhilfeplanung gemäß § 80 SGB VIII zu unterscheiden, die im Bereich der Kinderbetreuung die Belange des gesamten Landkreises zu berücksichtigen hat. Auf den konkreten kommunalen Betreuungsbedarf bezogen können die Gemeinden deshalb freiwillig die Aufgaben wahrnehmen, die den staatlichen Jugendämtern für ihren Zuständigkeitsbereich obliegen, ohne hierzu aufgrund einer örtlichen Gesamtverantwortung in Gestalt einer subsidiären Erfüllungsverantwortung verpflichtet zu sein. Ihnen steht es deshalb insbesondere offen, lokale Kinderbetreuungsleitplanungen zu erstellen und fortzuschreiben, hierzu die demographische Entwicklung im Gemeindegebiet zu analysieren, das Platzangebot konzeptionell zu planen und mit den in ihrem Hoheitsgebiet ansässigen freien Trägern von Kindertageseinrichtungen zusammenzuarbeiten. Ebenso steht den Gemeinden ein Recht zur Kooperation mit Nachbargemeinden zu (sog. Kooperationshoheit, vgl. Rn. 74), um einen möglicherweise bestehenden gemeindeübergreifenden Betreuungsbedarf festzustellen und freiwillig abzudecken.

140

Innerhalb ihres Gemeindegebiets können die Kommunen die örtlich ansässigen freien Träger auch unterstützen. Dies gilt - ähnlich wie im Rahmen ihrer vormaligen Unterstützungspflicht gemäß § 9 Abs. 3 KiFöG LSA 2003 - für die Vergabe von Zuwendungen, die Bereitstellung von Räumen, Hilfe bei der Beschaffung von Grundstücken, bei der Fortbildung von Mitarbeitern der freien Träger oder auch nur für fachliche Beratung (vgl. Rn. 94). Im Gegensatz zur früheren Gesetzeslage sind die Gemeinden hierzu allerdings nicht mehr objektiv-rechtlich verpflichtet, sondern nehmen die Unterstützung der freien Träger bei Bedarf als freiwillige Aufgabe wahr.

141

Die Gemeinden können für ihr Gebiet ferner statistische Erhebungen durchführen, soweit diese für die Bereitstellung von Betreuungsplätzen und die konzeptionelle Planung des Betreuungsangebots erforderlich sind. Dieses Recht steht ihnen bereits als Ausfluss der allgemeinen kommunalen Informations- und Statistikhoheit zu. Davon unberührt bleibt ihre Verpflichtung, Meldungen zur Kinder- und Jugendhilfestatistik vorzunehmen, § 102 Abs. 2 Nr. 5 SGB VIII in Verbindung mit § 99 Abs. 7 bis Abs. 10 SGB VIII (vgl. Rn. 108).

142

bb) Gemäß § 13 KiFöG LSA 2013 haben die Gemeinden nunmehr die neue Aufgabe, für die Inanspruchnahme von Kinderbetreuungsleistungen Kostenbeiträge nach Anhörung der Träger von Tageseinrichtungen und Zustimmung des örtlichen Trägers der Jugendhilfe festzulegen (Abs. 2) sowie selbst zu erheben oder die Erhebung auf die Träger von Tageseinrichtungen zu übertragen (Abs. 3). Damit ist ihnen eine zusätzliche Pflichtaufgabe auferlegt und das von den Gemeinden vor der Gesetzesänderung im Jahr 2013 wahrgenommene Aufgabenfeld erweitert worden.

143

cc) Die angegriffene Regelung ist auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil der Gesetzgeber bei eventuellen Rechtsverstößen der kreisangehörigen Gemeinden zur Wahrnehmung ihrer subsidiären Gesamtverantwortung auf das Instrument der Rechtsaufsicht hätte zurückgreifen können.

144

Die Nichterfüllung von Aufgaben kann ebenso wenig wie die Überforderung einer Gemeinde bei der Aufgabenwahrnehmung einen Aufgabenentzug begründen, solange im Wege der Aufsicht ausreichend Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um die Beachtung der gesetzlichen Anforderungen sicherzustellen (vgl. BVerfGE 138, 1 <31 Rn. 84>). Daher kann die Gefahr einer rechtswidrigen Aufgabenerfüllung durch die Gemeinden eine Verlagerung kommunaler Aufgaben auf die Kreisebene grundsätzlich nicht rechtfertigen. Vielmehr kann das Land mit der Rechtsaufsicht die Rechtmäßigkeit des gemeindlichen Handelns überprüfen und die Kommunen zu einem gesetzesmäßigen Vollzug ihrer Aufgaben anhalten.

145

Das führt vorliegend jedoch nicht zur Unangemessenheit der angegriffenen Vorschriften. Denn die in der Gesetzesbegründung angeführte Missbrauchsgefahr im Hinblick auf die Benachteiligung der freien Träger ist nur einer von mehreren legitimen Zwecken, die der gesetzlichen Neuregelung zu Grunde liegen. Wesentlich ist, dass für die staatlichen Jugendämter die bundesrechtliche Verpflichtung zur Gewährleistung einer kontinuierlichen Qualitätsentwicklung gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 79a SGB VIII besteht, die sich nach der nicht zu widerlegenden Einschätzung des Gesetzgebers in der zentralen Wahrnehmung der Jugendämter besser verwirklichen lässt.

146

dd) Die Übertragung der Leistungsverpflichtung auf Landkreise und kreisfreie Städte und die damit verbundene Hochzonung von Aufgaben erscheint auch verhältnismäßig im engeren Sinne.

147

(1) Gesetzliche Regelungen, die den Gemeinden Aufgaben entziehen, sind auf ihre Vereinbarkeit mit dem grundsätzlichen Zuständigkeitsvorrang zugunsten der Kommunen zu prüfen, wenn sie Bezüge zu den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft aufweisen. Die Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers ist dabei umso enger und die verfassungsgerichtliche Kontrolle umso intensiver, je mehr die Selbstverwaltungsgarantie der Gemeinden als Folge der gesetzlichen Regelung an Substanz verliert (vgl. BVerfGE 79, 127 <154>; 138, 1 <20 Rn. 56>).

148

Vorliegend ist der mit der gesetzlichen Neuregelung einhergehende Substanzverlust für das kommunale Aufgabenfeld jedoch gering. Den kreisangehörigen Gemeinden geht zwar die Zuständigkeit zur Erfüllung des Betreuungsanspruchs unter Berücksichtigung des Wunsch- und Wahlrechts (§ 3b, § 3 Abs. 4 KiFöG LSA 2013) verloren (vgl. Rn. 126). Auch entfallen ihre partielle Verantwortung für die Finanzierung der freien Träger und das Recht, mit diesen Vereinbarungen über den durchzuführenden Defizitausgleich abzuschließen (vgl. Rn. 126), sowie die örtliche Gesamtverantwortung in Gestalt einer subsidiären Erfüllungsverantwortung, die mit der pflichtigen Wahrnehmung umfassender Planungs- und Koordinierungsaufgaben verbunden war (vgl. Rn. 126). Dem gegenüber stehen allerdings zahlreiche Zuständigkeiten im Bereich der Kinderbetreuung, die den Gemeinden nach der KiFöG-Novelle im Jahr 2013 verblieben sind (vgl. Rn. 137 ff.).

149

(2) Soweit Aufgabenbereiche auf die örtlichen Träger der Jugendhilfe übertragen wurden, bleiben die Interessen der Gemeinden zudem weitgehend gewahrt. Dies betrifft insbesondere die Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen gemäß § 78b bis § 78e SGB VIII, die zwischen den örtlichen Trägern der Jugendhilfe und den Trägern von Tageseinrichtungen geschlossen werden. Für deren Zustandekommen ist ein Einvernehmen der Gemeinden, Verbandsgemeinden und Verwaltungsgemeinschaften erforderlich (§ 11a Abs. 1 KiFöG LSA). Damit ist gesetzlich gesichert, dass ohne Beteiligung der kreisangehörigen Gemeinden keine neuen Tageseinrichtungen im Gemeindegebiet betrieben werden können. Dies sichert die aus der Allzuständigkeit fließende Befugnis der Kommunen, in ihrem Gemeindegebiet eigene Kindertagesstätten zu errichten, zu betreiben und zu finanzieren (vgl. Rn. 138).

150

Ferner ist im Hinblick auf die überörtliche Kinderbetreuungsplanung eine Beteiligung der Gemeinden über das Benehmenserfordernis des § 10 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 KiFöG LSA 2013 gesichert. Dieses ermöglicht den Gemeinden, ihren Standpunkt darzulegen, Einwände im Hinblick auf die von ihnen vertretenen Interessen zu erheben und so auf das Ergebnis der Entscheidung Einfluss zu nehmen (vgl. BVerfGE 138, 1 <32 Rn. 87>). Eine Benehmensherstellung erfordert keine Einigung der beteiligten Verwaltungsträger, sondern gestattet es der entscheidenden, das Benehmen herstellenden Behörde, sich über das Vorbringen des beteiligten Trägers öffentlicher Belange hinwegzusetzen (BVerfGE 138, 1 <32 Rn. 87>). Benehmenserfordernisse genügen deshalb grundsätzlich nicht, um die Entziehung kommunaler Kompetenzen zu rechtfertigen, weil diese den Gemeinden kein wirksames Mitentscheidungsrecht gewähren. Sie stehen lediglich für eine verfahrensrechtliche Beteiligung, mit der nach dem Willen des Gesetzgebers keine materielle Rechtsposition des beteiligten Trägers öffentlicher Belange korrespondiert. Benehmenserfordernisse sind im Regelfall ausschließlich dem objektiv-rechtlichen Ziel einer breiteren Beurteilungsgrundlage und damit einer besseren Entscheidungsfindung verpflichtet (BVerfGE 138, 1 <31 f. Rn. 85 f.>). Vorliegend geht es jedoch um die überörtliche Planung der Kinderbetreuung, die keine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft ist, sondern die "Mikroplanung" der Kommunen im Bereich der Kinderbetreuung lediglich beeinflusst. Insofern stellt sich das Benehmenserfordernis als ein Instrument für eine weitergehende Beteiligung der Gemeinden an der Aufgabe der Sicherung der Kinderbetreuung dar.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Der Ertrag der Finanzmonopole und das Aufkommen der folgenden Steuern stehen dem Bund zu:

1.
die Zölle,
2.
die Verbrauchsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 2 den Ländern, nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam oder nach Absatz 6 den Gemeinden zustehen,
3.
die Straßengüterverkehrsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer und sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel bezogene Verkehrsteuern,
4.
die Kapitalverkehrsteuern, die Versicherungsteuer und die Wechselsteuer,
5.
die einmaligen Vermögensabgaben und die zur Durchführung des Lastenausgleichs erhobenen Ausgleichsabgaben,
6.
die Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer,
7.
Abgaben im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften.

(2) Das Aufkommen der folgenden Steuern steht den Ländern zu:

1.
die Vermögensteuer,
2.
die Erbschaftsteuer,
3.
die Verkehrsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 1 dem Bund oder nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam zustehen,
4.
die Biersteuer,
5.
die Abgabe von Spielbanken.

(3) Das Aufkommen der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer steht dem Bund und den Ländern gemeinsam zu (Gemeinschaftsteuern), soweit das Aufkommen der Einkommensteuer nicht nach Absatz 5 und das Aufkommen der Umsatzsteuer nicht nach Absatz 5a den Gemeinden zugewiesen wird. Am Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer sind der Bund und die Länder je zur Hälfte beteiligt. Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer werden durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, festgesetzt. Bei der Festsetzung ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:

1.
Im Rahmen der laufenden Einnahmen haben der Bund und die Länder gleichmäßig Anspruch auf Deckung ihrer notwendigen Ausgaben. Dabei ist der Umfang der Ausgaben unter Berücksichtigung einer mehrjährigen Finanzplanung zu ermitteln.
2.
Die Deckungsbedürfnisse des Bundes und der Länder sind so aufeinander abzustimmen, daß ein billiger Ausgleich erzielt, eine Überbelastung der Steuerpflichtigen vermieden und die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet gewahrt wird.
Zusätzlich werden in die Festsetzung der Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer Steuermindereinnahmen einbezogen, die den Ländern ab 1. Januar 1996 aus der Berücksichtigung von Kindern im Einkommensteuerrecht entstehen. Das Nähere bestimmt das Bundesgesetz nach Satz 3.

(4) Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer sind neu festzusetzen, wenn sich das Verhältnis zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Bundes und der Länder wesentlich anders entwickelt; Steuermindereinnahmen, die nach Absatz 3 Satz 5 in die Festsetzung der Umsatzsteueranteile zusätzlich einbezogen werden, bleiben hierbei unberücksichtigt. Werden den Ländern durch Bundesgesetz zusätzliche Ausgaben auferlegt oder Einnahmen entzogen, so kann die Mehrbelastung durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, auch mit Finanzzuweisungen des Bundes ausgeglichen werden, wenn sie auf einen kurzen Zeitraum begrenzt ist. In dem Gesetz sind die Grundsätze für die Bemessung dieser Finanzzuweisungen und für ihre Verteilung auf die Länder zu bestimmen.

(5) Die Gemeinden erhalten einen Anteil an dem Aufkommen der Einkommensteuer, der von den Ländern an ihre Gemeinden auf der Grundlage der Einkommensteuerleistungen ihrer Einwohner weiterzuleiten ist. Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Es kann bestimmen, daß die Gemeinden Hebesätze für den Gemeindeanteil festsetzen.

(5a) Die Gemeinden erhalten ab dem 1. Januar 1998 einen Anteil an dem Aufkommen der Umsatzsteuer. Er wird von den Ländern auf der Grundlage eines orts- und wirtschaftsbezogenen Schlüssels an ihre Gemeinden weitergeleitet. Das Nähere wird durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt.

(6) Das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer steht den Gemeinden, das Aufkommen der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern steht den Gemeinden oder nach Maßgabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbänden zu. Den Gemeinden ist das Recht einzuräumen, die Hebesätze der Grundsteuer und Gewerbesteuer im Rahmen der Gesetze festzusetzen. Bestehen in einem Land keine Gemeinden, so steht das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer sowie der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern dem Land zu. Bund und Länder können durch eine Umlage an dem Aufkommen der Gewerbesteuer beteiligt werden. Das Nähere über die Umlage bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Nach Maßgabe der Landesgesetzgebung können die Grundsteuer und Gewerbesteuer sowie der Gemeindeanteil vom Aufkommen der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer als Bemessungsgrundlagen für Umlagen zugrunde gelegt werden.

(7) Von dem Länderanteil am Gesamtaufkommen der Gemeinschaftsteuern fließt den Gemeinden und Gemeindeverbänden insgesamt ein von der Landesgesetzgebung zu bestimmender Hundertsatz zu. Im übrigen bestimmt die Landesgesetzgebung, ob und inwieweit das Aufkommen der Landessteuern den Gemeinden (Gemeindeverbänden) zufließt.

(8) Veranlaßt der Bund in einzelnen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) besondere Einrichtungen, die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) unmittelbar Mehrausgaben oder Mindereinnahmen (Sonderbelastungen) verursachen, gewährt der Bund den erforderlichen Ausgleich, wenn und soweit den Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) nicht zugemutet werden kann, die Sonderbelastungen zu tragen. Entschädigungsleistungen Dritter und finanzielle Vorteile, die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) als Folge der Einrichtungen erwachsen, werden bei dem Ausgleich berücksichtigt.

(9) Als Einnahmen und Ausgaben der Länder im Sinne dieses Artikels gelten auch die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden (Gemeindeverbände).

(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über:

1.
die auswärtigen Angelegenheiten sowie die Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung;
2.
die Staatsangehörigkeit im Bunde;
3.
die Freizügigkeit, das Paßwesen, das Melde- und Ausweiswesen, die Ein- und Auswanderung und die Auslieferung;
4.
das Währungs-, Geld- und Münzwesen, Maße und Gewichte sowie die Zeitbestimmung;
5.
die Einheit des Zoll- und Handelsgebietes, die Handels- und Schiffahrtsverträge, die Freizügigkeit des Warenverkehrs und den Waren- und Zahlungsverkehr mit dem Auslande einschließlich des Zoll- und Grenzschutzes;
5a.
den Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung ins Ausland;
6.
den Luftverkehr;
6a.
den Verkehr von Eisenbahnen, die ganz oder mehrheitlich im Eigentum des Bundes stehen (Eisenbahnen des Bundes), den Bau, die Unterhaltung und das Betreiben von Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes sowie die Erhebung von Entgelten für die Benutzung dieser Schienenwege;
7.
das Postwesen und die Telekommunikation;
8.
die Rechtsverhältnisse der im Dienste des Bundes und der bundesunmittelbaren Körperschaften des öffentlichen Rechtes stehenden Personen;
9.
den gewerblichen Rechtsschutz, das Urheberrecht und das Verlagsrecht;
9a.
die Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalpolizeiamt in Fällen, in denen eine länderübergreifende Gefahr vorliegt, die Zuständigkeit einer Landespolizeibehörde nicht erkennbar ist oder die oberste Landesbehörde um eine Übernahme ersucht;
10.
die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder
a)
in der Kriminalpolizei,
b)
zum Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes oder eines Landes (Verfassungsschutz) und
c)
zum Schutze gegen Bestrebungen im Bundesgebiet, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
sowie die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes und die internationale Verbrechensbekämpfung;
11.
die Statistik für Bundeszwecke;
12.
das Waffen- und das Sprengstoffrecht;
13.
die Versorgung der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen und die Fürsorge für die ehemaligen Kriegsgefangenen;
14.
die Erzeugung und Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken, die Errichtung und den Betrieb von Anlagen, die diesen Zwecken dienen, den Schutz gegen Gefahren, die bei Freiwerden von Kernenergie oder durch ionisierende Strahlen entstehen, und die Beseitigung radioaktiver Stoffe.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 9a bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht.

(2) Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern bemißt sich nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes über die ausschließliche und die konkurrierende Gesetzgebung.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Der Ertrag der Finanzmonopole und das Aufkommen der folgenden Steuern stehen dem Bund zu:

1.
die Zölle,
2.
die Verbrauchsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 2 den Ländern, nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam oder nach Absatz 6 den Gemeinden zustehen,
3.
die Straßengüterverkehrsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer und sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel bezogene Verkehrsteuern,
4.
die Kapitalverkehrsteuern, die Versicherungsteuer und die Wechselsteuer,
5.
die einmaligen Vermögensabgaben und die zur Durchführung des Lastenausgleichs erhobenen Ausgleichsabgaben,
6.
die Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer,
7.
Abgaben im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften.

(2) Das Aufkommen der folgenden Steuern steht den Ländern zu:

1.
die Vermögensteuer,
2.
die Erbschaftsteuer,
3.
die Verkehrsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 1 dem Bund oder nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam zustehen,
4.
die Biersteuer,
5.
die Abgabe von Spielbanken.

(3) Das Aufkommen der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer steht dem Bund und den Ländern gemeinsam zu (Gemeinschaftsteuern), soweit das Aufkommen der Einkommensteuer nicht nach Absatz 5 und das Aufkommen der Umsatzsteuer nicht nach Absatz 5a den Gemeinden zugewiesen wird. Am Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer sind der Bund und die Länder je zur Hälfte beteiligt. Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer werden durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, festgesetzt. Bei der Festsetzung ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:

1.
Im Rahmen der laufenden Einnahmen haben der Bund und die Länder gleichmäßig Anspruch auf Deckung ihrer notwendigen Ausgaben. Dabei ist der Umfang der Ausgaben unter Berücksichtigung einer mehrjährigen Finanzplanung zu ermitteln.
2.
Die Deckungsbedürfnisse des Bundes und der Länder sind so aufeinander abzustimmen, daß ein billiger Ausgleich erzielt, eine Überbelastung der Steuerpflichtigen vermieden und die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet gewahrt wird.
Zusätzlich werden in die Festsetzung der Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer Steuermindereinnahmen einbezogen, die den Ländern ab 1. Januar 1996 aus der Berücksichtigung von Kindern im Einkommensteuerrecht entstehen. Das Nähere bestimmt das Bundesgesetz nach Satz 3.

(4) Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer sind neu festzusetzen, wenn sich das Verhältnis zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Bundes und der Länder wesentlich anders entwickelt; Steuermindereinnahmen, die nach Absatz 3 Satz 5 in die Festsetzung der Umsatzsteueranteile zusätzlich einbezogen werden, bleiben hierbei unberücksichtigt. Werden den Ländern durch Bundesgesetz zusätzliche Ausgaben auferlegt oder Einnahmen entzogen, so kann die Mehrbelastung durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, auch mit Finanzzuweisungen des Bundes ausgeglichen werden, wenn sie auf einen kurzen Zeitraum begrenzt ist. In dem Gesetz sind die Grundsätze für die Bemessung dieser Finanzzuweisungen und für ihre Verteilung auf die Länder zu bestimmen.

(5) Die Gemeinden erhalten einen Anteil an dem Aufkommen der Einkommensteuer, der von den Ländern an ihre Gemeinden auf der Grundlage der Einkommensteuerleistungen ihrer Einwohner weiterzuleiten ist. Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Es kann bestimmen, daß die Gemeinden Hebesätze für den Gemeindeanteil festsetzen.

(5a) Die Gemeinden erhalten ab dem 1. Januar 1998 einen Anteil an dem Aufkommen der Umsatzsteuer. Er wird von den Ländern auf der Grundlage eines orts- und wirtschaftsbezogenen Schlüssels an ihre Gemeinden weitergeleitet. Das Nähere wird durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt.

(6) Das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer steht den Gemeinden, das Aufkommen der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern steht den Gemeinden oder nach Maßgabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbänden zu. Den Gemeinden ist das Recht einzuräumen, die Hebesätze der Grundsteuer und Gewerbesteuer im Rahmen der Gesetze festzusetzen. Bestehen in einem Land keine Gemeinden, so steht das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer sowie der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern dem Land zu. Bund und Länder können durch eine Umlage an dem Aufkommen der Gewerbesteuer beteiligt werden. Das Nähere über die Umlage bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Nach Maßgabe der Landesgesetzgebung können die Grundsteuer und Gewerbesteuer sowie der Gemeindeanteil vom Aufkommen der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer als Bemessungsgrundlagen für Umlagen zugrunde gelegt werden.

(7) Von dem Länderanteil am Gesamtaufkommen der Gemeinschaftsteuern fließt den Gemeinden und Gemeindeverbänden insgesamt ein von der Landesgesetzgebung zu bestimmender Hundertsatz zu. Im übrigen bestimmt die Landesgesetzgebung, ob und inwieweit das Aufkommen der Landessteuern den Gemeinden (Gemeindeverbänden) zufließt.

(8) Veranlaßt der Bund in einzelnen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) besondere Einrichtungen, die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) unmittelbar Mehrausgaben oder Mindereinnahmen (Sonderbelastungen) verursachen, gewährt der Bund den erforderlichen Ausgleich, wenn und soweit den Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) nicht zugemutet werden kann, die Sonderbelastungen zu tragen. Entschädigungsleistungen Dritter und finanzielle Vorteile, die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) als Folge der Einrichtungen erwachsen, werden bei dem Ausgleich berücksichtigt.

(9) Als Einnahmen und Ausgaben der Länder im Sinne dieses Artikels gelten auch die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden (Gemeindeverbände).

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, daß eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.

(2) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung, Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers über Grundsätze und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Postwesens und der Telekommunikation, über die Grundsätze der Erhebung des Entgelts für die Benutzung der Einrichtungen der Eisenbahnen des Bundes, über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, sowie Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen oder die von den Ländern im Auftrage des Bundes oder als eigene Angelegenheit ausgeführt werden.

(3) Der Bundesrat kann der Bundesregierung Vorlagen für den Erlaß von Rechtsverordnungen zuleiten, die seiner Zustimmung bedürfen.

(4) Soweit durch Bundesgesetz oder auf Grund von Bundesgesetzen Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, sind die Länder zu einer Regelung auch durch Gesetz befugt.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, daß eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.

(2) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung, Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers über Grundsätze und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Postwesens und der Telekommunikation, über die Grundsätze der Erhebung des Entgelts für die Benutzung der Einrichtungen der Eisenbahnen des Bundes, über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, sowie Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen oder die von den Ländern im Auftrage des Bundes oder als eigene Angelegenheit ausgeführt werden.

(3) Der Bundesrat kann der Bundesregierung Vorlagen für den Erlaß von Rechtsverordnungen zuleiten, die seiner Zustimmung bedürfen.

(4) Soweit durch Bundesgesetz oder auf Grund von Bundesgesetzen Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, sind die Länder zu einer Regelung auch durch Gesetz befugt.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Regensburg

Aktenzeichen: RO 5 K 13.2149

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 06. August 2015

5. Kammer

Sachgebiets-Nr: 536

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

Stadt A. vertreten durch den Oberbürgermeister Referat für Umwelt, Verbraucherschutz, Ordnung und Recht ...

- Klägerin -

gegen

..., vertreten durch die Regierung ...

- Beklagter -

wegen Zensus 2011

Az. RO 5 K 13.2149

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg, 5. Kammer,

unter Mitwirkung von Vorsitzendem Richter am Verwaltungsgericht Dr. Lohner Richter am Verwaltungsgericht Dr. Hohmann Richter Gallus ehrenamtlichem Richter R., ehrenamtlicher Richterin E. aufgrund mündlicher Verhandlung vom 6. August 2015 folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Feststellung ihrer amtlichen Einwohnerzahl, die aufgrund des Zensus 2011 festgesetzt wurde.

Die Verordnung (EG) Nr. 763/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 09.07.2008 über Volks- und Wohnungszählungen verpflichtete die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, im Jahr 2010/2011 und künftig alle 10-Jahre, zur Durchführung einer Volks-, Gebäude- und Wohnungszählung.

Deshalb wurde in Deutschland zum Stichtag 9. Mai 2011 mit dem „Zensus 2011“ eine Volkszählung durchgeführt. Im Vergleich zur letzten Volkszählung, auf dem Gebiet der alten Bundesländer aus dem Jahr 1987, fand ein grundlegender Methodenwechsel statt: Während bei früheren Volkszählungen für alle Erhebungseinheiten (Personen, Haushalte, Gebäude und Wohnungen) primärstatistische Vollerhebungen (Befragungen) durchgeführt wurden, wurde beim Zensus 2011 erstmals ein registergestütztes Verfahren eingesetzt. Dabei wurde auf bereits vorhandene Registerdaten zurückgegriffen und diese anschließend mit den Ergebnissen unterschiedlicher Befragungen ergänzt. Die dadurch ermittelten Ergebnisse stellen die Grundlage zur Feststellung der amtlichen Einwohnerzahl und zur Bevölkerungsfortschreibung zwischen zwei Volkszählungen dar.

Hintergrund dieser neuen Methode war das Gesetz zur Erprobung eines registergestützten Zensus vom 27.07.2001, mit dem der Gesetzgeber bundesweite Tests angeordnet hatte. Dabei wurden die Daten der Einwohnermelderegister mit den Ergebnissen verschiedener Interviewerbefragungen und einer postalisch durchgeführten Gebäude- und Wohnungsstichprobe verglichen und ausgewertet. Die Überprüfung der Qualität der Melderegister, die als vornehmliche Quelle alle Einwohner auf Gemeindeebene erfassen sollen (Registertest), war neben der Bewertung von verschiedenen statistischen Verfahren (Verfahrenstest) und der Mehrfachfallprüfung ein wesentliches Ziel des Zensustests. Der Test hatte gezeigt, dass bei den Melderegistern - abhängig von der Gemeindegröße - unterschiedliche Fehlerquoten bei den Über- und Untererfassungen bestehen:

Tabelle 1

Gemeindegröße (Einwohner):

Fehlbestände

Karteileichen (gesamt)

Karteileichen ohne „temporäre“

Durch Mehrfachfallprüfung geklärte Karteileichen

Verbleibende Karteileichen

< 10.000

1,3%

2,8%

2,0%

0,7%

1,4%

10.000 - 50.000

1,3%

3,5%

2,5%

0,6%

1,9%

50.000 - 800.000

2,1%

4,9%

3,4%

0,6%

2,8%

> 800.000

3,0%

7,6%

6,0%

0,6%

5,4%

Bundesweit

1,7%

4,1%

2,9%

0,6%

2,3%

Quelle: „Ergebnisse des Zensustest“, Statistisches Bundesamt, in: Wirtschaft und Statistik 8/2004, S. 816/819

Daneben zeigte der Zensustest (siehe obenstehende Tabelle), dass die Übererfassungen durch Aussonderung von „temporären“ Karteileichen und durch eine Mehrfachfallprüfung schrittweise reduziert werden können.

Als dritte Möglichkeit zur Aufdeckung von Registerfehlern wurde die Nutzung der Angaben aus der Gebäude- und Wohnungszählung im Rahmen der Haushaltsgenerierung erwogen. Unplausible Fälle sollten mit einer retrospektiven Befragung geklärt werden. Simulationsrechnungen mit den Daten des Zensustests ergaben jedoch, dass dieses Bereinigungsverfahren nur für den Bereich der Ein- und Zweifamilienhäuser einen hohen Wirkungsgrad aufweist, da hier durch eine Befragung von 7% der in diesem Gebäudetyp wohnenden Haushalte, rund 54,9% der Hauptwohnsitz-Karteileichen aufgelöst werden können. Da ein großer Teil der Bevölkerung in kleinen Gemeinden in Ein- und Zweifamilienhäuser wohnt, versprachen die Zahlen des Zensustests für kleine Gemeinden eine deutliche Absenkung der Karteileichenrate auf insgesamt 0,7% und eine Angleichung der Qualität der amtlichen Einwohnerzahl.

Daneben zeigte der Zensustest, dass für Mehrfamiliengebäude die Klärung unplausibler Fälle in der Haushaltsgenerierung ein sehr viel ungünstigeres Verhältnis zwischen Befragungsaufwand und Bereinigungseffekt aufweist: Bei Gebäuden mit 3-6 Wohnungen müssten 15% aller Gebäude dieser Kategorie befragt werden, um ca. 42% der dort registrierten Karteileichen aufzudecken. Bei Gebäuden mit 7 und mehr Wohnungen müssten 25% der Gebäude dieser Kategorie befragt werden, um die Karteileichenraten zu halbieren. Hinzu kam, dass bei großen Gebäuden wegen der dort üblicherweise hohen Fluktuationsrate eine retrospektive Befragung für wenig erfolgsversprechend gehalten wurde. (vgl. „Ergebnisse des Zensustest“, Statistisches Bundesamt, in: Wirtschaft und Statistik 8/2004, S. 818). Neben den Basisbausteinen des registergestützten Zensus (u. a. Abfrage und Verarbeitung der Melderegister, postalische Gebäude- und Wohnungszählung, primärstatistische Erhebung an Sonderbereichen, Befragung unplausibler Fälle im Rahmen der Haushaltsgenerierung) wurden verschiedene Modelle diskutiert, wie der registergestützte Zensus durch eine Stichprobe ergänzt werden kann. Dabei galt es zu entscheiden, ob mit der Stichprobe auch weitere zensustypische Merkmale erhoben werden, ob solche Zusatzmerkmale auch für kleine Gemeinden (<10.000 Einwohner) bereitgestellt werden sollen und in welchen Gemeinden die Stichprobe zur statistischen Bereinigung der Melderegister herangezogen wird. Die Beantwortung dieser Fragen hat nämlich entscheidenden Einfluss auf den Umfang der zu befragenden Personen. Folgende Tabelle stellt, im Hinblick auf das nun vorliegende Zensusgesetz und des darin geregelten Verfahrens, nur die Varianten dar, die sich bei der Unterscheidung von Gemeinden unter und über 10.000 Einwohnern ergeben.

Tabelle 2

Modellbeschreibung

Registerzensus und Stichprobe in allen Gemeinden

Registerzensus in allen Gemeinden und Stichprobe nur in Gemeinden mit >10.000 Einwohner

Modell 1

zu befragende Personen:

Modell 2

zu befragende Personen:

ohne Erhebung weiterer Merkmale

10,1 Mill. Personen

(Variante 1.1)

5,6 Mill. Personen

(Variante 2.1)

bei Erhebung weiterer Merkmale für Gemeinden ab 10.000 Einwohner

11,8 Mill. Personen

(Variante 1.2)

7,6 Mill. Personen

(Variante 2.2)

bei Erhebung weiterer Merkmale für

alle Gemeinden

20,4 Mill. Personen

(Variante 1.3)

-

Verzerrung der festgestellten Einwohnerzahl im Mittel

keine

geringe Unterschätzung bei Gemeinden <10.000 Einwohner

Streuung der Registerfehler zwischen den Gemeinden

keine

bis zu 10.000 Einwohner mittel, ab 10.000 Einwohner gering

Quelle: „Ergebnisse des Zensustest“, Statistisches Bundesamt, in: Wirtschaft und Statistik 8/2004, S. 833

Aufbauend auf diesen Erfahrungen gliederte sich das streitgegenständliche Verfahren in die beiden Verfahrensabschnitte Zensusvorbereitung und Zensusdurchführung.

A. Zensusvorbereitung:

Ziel der Zensusvorbereitung war der Aufbau des Anschriften- und Gebäuderegisters (AGR), das vom Statistischen Bundesamt geführt wurde. Dieses Register sollte einen Überblick über alle Anschriften im Bundesgebiet bieten, an denen Wohnraum bestand. Gleichzeitig stellte das Anschriften- und Gebäuderegister die Grundgesamtheit dar, aus der dann bei Durchführung des Zensus stichprobenmäßig Anschriften für die Haushaltsbefragung gezogen wurden. Zum Aufbau des AGR wurde das Zensusvorbereitungsgesetz (ZensVorbG) erlassen. Danach wurden die Daten der Landesvermessungsbehörden, der Meldebehörden, der Bundesagentur für Arbeit und die Daten der Personal- und Finanzstatistik der öffentlichen Arbeitgeber zusammengeführt und aus diesem Gesamtbestand alle Anschriften herausgefiltert, an denen Wohnraum bestand. Daneben hatten gemäß § 9 Abs. 2 ZensVorbG die Statistischen Landesämter die Pflicht, alle Anschriften mit Sonderbereichen zu kennzeichnen, damit an diesen Anschriften eine Vollerhebung durch primärstatistische Befragungen durchgeführt werden konnte. Schließlich ermittelten die Statistischen Landesämter die Namen und Anschriften der Eigentümer von Wohnraum, um mit deren Hilfe die Gebäude- und Wohnungszählung durch Fragebögen durchführen zu können. Dazu wurden die Daten der Stellen verwendet, die in den Ländern für die Grundsteuer, für die Führung der Grundbücher und für die Führung der Liegenschaftskataster zuständig sind, sowie Daten der Finanzbehörden und der Versorgungs- und Entsorgungsbetriebe (vgl. dazu: „Das registergestützte Verfahren beim Zensus 2011“, Hrsg.: Statistisches Bundesamt, S. 7).

B. Zensusdurchführung:

I.

Konsolidierter Melderegisterbestand:

Da die Daten aus den Melderegistern die Grundlage zur Feststellung der Einwohnerzahl waren, wurde bei Durchführung des Zensus als erster Teilschritt der „konsolidierte Melderegisterbestand“ aufgebaut. Dazu waren die Meldebehörden gemäß § 3 Abs. 2 des Zensusgesetzes (ZensG 2011) verpflichtet, den statistischen Landsämtern die in § 3 Abs. 1 ZensG 2011 festgelegten Daten zu übermitteln. Dabei erfolgten, neben der ersten Datenlieferung am 01.11.2010, hauptsächlich zwei weitere Lieferungen, zum Berichtszeitpunkt (09.05.2011) und nochmals zum 09.08.2011. Hintergrund der dritten Datenlieferung waren die Erfahrungen des Zensustests. Er hatte gezeigt, dass die gesetzliche Meldefrist oft überschritten wird und der Großteil der Anmeldungen in den ersten drei Monaten nach einem Umzug erfolgt. Durch die dritte Datenlieferung entstand der „konsolidierte Melderegisterbestand“, der um die stichtagsrelevanten Zuzüge in den jeweiligen Gemeinden erweitert wurde, welche im Zeitraum von drei Monaten erfolgten (vgl. dazu „Zensus 2011 - Ermittlung der Einwohnerzahl von Bund, Ländern und Kommunen“, BayVBl. 2014, S. 711). So konnten Zuzugsfälle und Geburten, die zwar stichtagsrelevant waren, aber erst später in die Melderegister eingeflossen sind, berücksichtigt werden.

Gemäß des streitgegenständlichen Bescheids wies der konsolidierte Melderegisterbestand für die Klägerin 2.013 Einwohner mit Nebenwohnung und 42.884 Einwohner mit alleiniger bzw. Hauptwohnung auf.

II.

Mehrfachfalluntersuchung:

Im Anschluss daran fand gemäß § 15 ZensG 2011 eine Mehrfachfalluntersuchung mit dem Ziel statt, jeder Person im Bundesgebiet zum Stichtag09.05.2011 nur eine Hauptwohnung zuzuordnen. Da die Melderegister dezentral auf kommunaler Ebene geführt werden, sollten dadurch Personen identifiziert werden, die in mehreren Melderegistern unterschiedlicher Gemeinden mit alleinigem Wohnsitz oder mit ihrem Hauptwohnsitz gemeldet waren. Um unzulässige Mehrfachzählungen beim Zensus zu vermeiden, prüfte das Statistische Bundesamt anhand der Meldedaten aller Kommunen, ob solche Mehrfachfälle vorliegen.

Dabei wurde zwischen temporären und dauerhaften Mehrfachfällen unterschieden:

1. Temporärer Mehrfachfall:

Ein temporärer Mehrfachfall lag dann vor, wenn eine Person von einer in eine andere Gemeinde vor oder am 09.05.2011 (Zensusstichtag) umgezogen war, dieser Umzug aber erst im Zeitraum vom 10.05.2011 bis 09.08.2011 (dritte Datenlieferung) in den jeweiligen Melderegistern nachvollzogen wurde. Während in den Zuzugsgemeinden diese stichtagsrelevanten Umzüge im Zensusdatenbestand als Zuzüge erfasst werden konnten, wurden sie aufgrund der fehlenden Übermittlung von inaktiven Personendatensätzen in den Fortzugsgemeinden nicht als Abgänge erfasst. Dies hatte zur Folge, dass solche Personen im Zensusdatenbestand nicht nur in der Zuzugsgemeinde, sondern auch in der Fortzugsgemeinde mit Haupt- oder alleiniger Wohnung erfasst waren. Die Datensätze dieser Personen wurden in der Gemeinde mit dem älteren Einzugsdatum - unabhängig von der Gemeindegröße - maschinell bereinigt, als Übererfassung verbucht und damit letztlich von der Einwohnerzahl abgezogen.

2. Dauerhafter Mehrfachfall:

Ein dauerhafter Mehrfachfall lag vor, wenn bezüglich Personen dauerhaft mehrfache Meldungen in den Melderegistern unterschiedlicher Gemeinden vorlagen. Hier wurde dann nach Gemeindegröße differenziert:

Ergaben sich für eine Person mehrere alleinige Wohnungen oder Hauptwohnungen ausschließlich in Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern, wurden die Mehrfachfälle maschinell bereinigt. Diejenige Anschrift mit dem älteren Einzugsdatum wurde gelöscht und die dort gemeldete Person in der Gemeinde als Übererfassung verbucht und von der Einwohnerzahl abgezogen. Bei mehreren Hauptwohnungen in mindestens einer Gemeinde mit weniger als 10.000 Einwohnern oder bei alleinigem Nebenwohnsitz, wurde der Wohnstatus zum Berichtszeitpunkt primärstatistisch mithilfe einer postalischen Befragung geklärt (siehe Fragebogen: „Befragung zur Klärung des Wohnsitzes“). In der Gemeinde, in der die Befragten angaben, ihre Hauptwohnung zu haben, wurden sie letztlich als Einwohner gezählt. Eventuell andere Hauptwohnsitze wurden gelöscht.

In Bezug auf Personen mit alleinigem Hauptwohnsitz führte die gesamte Mehrfachfalluntersuchung bei der Klägerin zum Abzug von 331 Übererfassungen und zum Hinzufügen von 6 Untererfassungen.

Wie viele temporäre bzw. dauerhafte Mehrfachfälle in Bezug auf die Klägerin vorlagen, konnte nach Abschluss der Mehrfachfallprüfung nicht mehr festgestellt werden, da die diesbezüglichen Daten nur temporär bis zum Abschluss der Prüfung gespeichert waren.

III.

Haushaltstichprobe:

Schließlich wurden stichprobenmäßig Haushaltsbefragungen mittels Fragebögen durchgeführt. Mit diesen Befragungen verfolgte man grundsätzlich zwei Ziele:

Zum einen dienten die Befragungen dazu, Zusatzinformationen zu gewinnen, die nicht oder nicht ausreichend in Registern vorhanden waren (z. B. Angaben zum Schul- oder beruflichen Bildungsabschluss, zur Erwerbstätigkeit, zum Migrationshintergrund, zur Religionszugehörigkeit usw.); zum anderen dienten die Befragungen bei Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern zur Aufdeckung und Korrektur von Fehlern der Melderegister, um letztlich die sich aus den Melderegistern ergebene Einwohnerzahl statistisch zu korrigieren. Dazu wurden die Übererfassungen (sog. „Karteileichen“) und die Untererfassungen (sog. „Fehlbestände“), die mittels der Haushaltsstichprobe ermittelt wurden, für die jeweilige Gemeinde hochgerechnet.

Diese Hochrechnung führte bei der Klägerin insgesamt zu 1.518 Übererfassungen und 573 Untererfassungen und damit zur Feststellung einer Einwohnerzahl zum 09.05.2011 i. H. v. 41.938 Personen, bei einem einfachen relativen Standardfehler von 0,6%.

1. Stichprobendesign:

a) Grundlagen:

Die Durchführung der Haushaltsbefragung auf Stichprobenbasis fand unter zwei wesentlichen gesetzlichen Vorgaben statt: Zum einen gab § 7 Abs. 2 Satz 1 ZensG 2011 vor, dass der Stichprobenumfang 10% der Bevölkerung nicht überschreiten soll; zum anderen wird bei der Korrektur der Registerfehler gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 ein einfacher relativer Standardfehler von höchstens 0,5% angestrebt. Um diese Vorgaben zu erfüllen sowie zur Entwicklung eines geeigneten Stichprobendesigns und einer genauen Hochrechnungsmethodik, initiierte das Statistische Bundesamt ein Stichprobenforschungsprojekt, das von der Universität T. und dem L.-Institut für Sozialwissenschaften in M. unter der Leitung von Prof. Dr. M. und PD Dr. G. bearbeitet wurde. Ergebnis dieses Forschungsprojektes war die Empfehlung, für die Ermittlung der Einwohnerzahl eine Version des verallgemeinerten Regressionsschätzers auf Anschriftenebene einzusetzen (vgl. Berg, in: „Das Hochrechnungsverfahren zur Ermittlung der Einwohnerzahl im Zensus 2011, Wirtschaft und Statistik, April 2014, S. 230). Dies bedeutet, dass die Korrektur der Melderegister und somit auch die Feststellung der Einwohnerzahl letzten Endes auf einer Schätzung beruhen. Die grundlegende Formel zur Ermittlung der Einwohnerzahl war dabei:

Einwohnerzahl = (ausgezählte) Melderegisterbestände + (geschätzte) Fehlbestände - (geschätzte) Karteileichen.

Nach den Empfehlungen des Stichprobenforschungsprojektes wurden die Fehlbestände und Karteileichen nicht direkt hochgerechnet. Vielmehr wurde zunächst jeweils die Zahl der mit Hauptwohnsitz existenten (= in der Stichprobe angetroffenen) und die Zahl der mit Hauptwohnsitz paarigen (= sowohl in der Stichprobe angetroffenen als auch im Melderegister gemeldeten) Personen geschätzt. Fehlbestände und Karteileichen berechneten sich dann wie folgt:

Karteileichen = Melderegisterbestand - paarige Personen

Fehlbestände = existente Person der Haushaltsstichprobe - paarige Person

b) Einteilung der Anschriften in Schichten:

Da die Regressionsschätzung auf Anschriftenebene erfolgte, war die Anschrift die maßgebliche Stichprobeneinheit d. h. bei der Auswahl der Stichproben wurden nicht bestimmte Personen ausgewählt, sondern ganze Anschriften. Wurde eine Anschrift in die Stichprobe gezogen, wurden alle Bewohner dieser Anschrift befragt. Wie viele Personen letzten Endes von der Stichprobenerhebung betroffen waren, hing deshalb vom Zufall ab und konnte vorab nicht exakt festgelegt werden. Bevor die Anschriften für die Stichproben ausgewählt wurden, wurden aus dem Anschriften- und Gebäuderegister alle sensiblen Sonderanschriften entfernt, weil gemäß § 8 Abs. 5 Satz 1 ZensG 2011 an diesen keine Haushaltsstichprobe durchgeführt werden durfte.

Da die Gemeinden im Bundesgebiet hinsichtlich ihrer regionalen Eigenschaften (z. B. ländlich oder städtisch) und folglich auch bezüglich bestimmter Schlüsselvariablen (z. B. Alter, Bildung, Migration, Beschäftigung usw.) eine heterogene Struktur aufweisen, wurden die Anschriften für die Haushaltsstichprobe nicht zufällig ausgewählt, sondern es fand eine geschichtete Stichprobe statt, d. h. vor Auswahl der Anschriften wurden diese auf zwei Ebenen in Schichten eingeteilt (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 2 ZensG 2011 und der darauf beruhenden Verordnung über Verfahren und Umfang der Haushaltsbefragung auf Stichprobenbasis zum Zensusgesetz 2011 (StichprobenV)).

Auf der ersten Ebene fand gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 StichprobenV eine regionale Schichtung statt. Dabei wurden folgende Erhebungsgebiete gebildet (vgl. auch Sinner-Bartels. in: „Die Ermittlung der Einwohnerzahlen beim Zensus 2011“, Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 3/2013, S. 14)

- Typ 1: Stadtteile, mit durchschnittlich 200.000 Einwohnern von Städten, die mindestens 400.000 Einwohner haben.

- Typ 2: Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern, sofern sie nicht bereits zum Typ 1 gehören.

- Typ 3: Zusammenfassung kleiner Gemeinden (unter 10.000 Einwohnern) innerhalb eines Kreises, wenn diese zu einem Gemeindezusammenschluss gehören und in der Summe mindestens 10.000 Einwohner haben.

- Typ 4: Zusammenfassung aller Gemeinden eines Kreises, die bis dahin noch nicht zugeordnet waren.

Auf der zweiten Ebene wurde für jedes Erhebungsgebiet gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 StichprobenV eine Einteilung der Anschriften entsprechend ihrer Größenklasse vorgenommen.

Dabei wurden alle „Normalanschriften“ (= kein Sonderbereich) aufsteigend nach der Zahl der an der Anschrift gemeldeten Personen geordnet und anschließend so in acht überschneidungsfreie Schichten eingeteilt, dass in jeder der acht Schichten in etwa die gleiche Anzahl an Personen enthaltenen war. Ergebnis war, dass zwar in jeder Schicht ungefähr gleich viele Personen zu finden waren, die Anzahl der in der Schicht zu findenden Anschriften jedoch mit ihrer Größe abnahm. Auf die bei der Klägerin vorgenommenen Schichtenbildung wird Bezug genommen (Blatt 12 GA). In einer neunten Schicht wurden alle nichtsensiblen Sonderanschriften eines Erhebungsgebiets einsortiert. An Anschriften aus dieser neunten Schicht wurden zwar Befragungen durchgeführt, jedoch nur mit dem Ziel, Zusatzinformationen zu gewinnen. Anschriften der neunten Schicht wurden dagegen nicht zur Korrektur von Registerfehlern herangezogen, da an diesen Anschriften die Einwohnerzahl ohnehin durch eine Vollerhebung erfasst wurde (Blatt 254 der GA).

c) Unterschiedlicher Auswahlsatz der einzelnen Schichten und Gemeinden:

Bei der Auswahl der Anschriften für die Befragungen gab es für jede Schicht einen individuellen Auswahlsatz d. h. in jeder Schicht wurde ein anderer Prozentsatz an Anschriften für die Befragungen ausgewählt. Hintergrund waren die Ergebnisse des Zensustests, der gezeigt hatte, dass die Abweichungen zum Melderegister mit der Zahl der an einer Anschrift gemeldeten Personen (Anschriftengröße) zunehmen (Blatt 32 der BA).

Wie hoch dieser Prozentsatz pro Schicht ausfiel, wurde durch einen spezifischen Aufteilungsalgorithmus unter Verwendung der optimalen Allokation ermittelt. Um extreme Gewichtungen einzelner Schichten im Vorfeld zu verhindern, wurde bereits vor Ziehung der Anschriften für jede Schicht ein minimaler und maximaler Auswahlsatz vorgegeben (sog. „Box Constraints“). Diese minimalen und maximalen Limitierungen wurden, abhängig von der Gemeindegrößenklasse, vorab von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder festgelegt. Durch die Abhängigkeit von der Gemeindegrößenklasse wurde der Vermutung Rechnung getragen, dass größere Gemeinden in der Regel einen relativ kleinen Auswahlsatz benötigen, um eine mit kleineren Gemeinden vergleichbare Präzision zu erreichen. Die Vorgaben waren wie folgt:

Gemeindegrößenklasse von…bis unter…Einwohner

Auswahlsatz:

Untergrenze:

Obergrenze:

10.000 bis 30.000

5%

50%

30.000 bis 100.000

4%

40%

100.000 und mehr

2%

40%

Quelle: „Das Stichprobendesign der Haushaltsstichprobe des Zensus 2011“; in: Wirtschaft und Statistik, April 2011, S. 323.

Nach dem Datenblatt zum streitgegenständlichen Bescheid wurden diese Grenzen in Bezug auf die Klägerin eingehalten.

Allgemein galt bei der Festlegung des Stichprobenumfangs pro Schicht folgender Grundsatz: Je heterogener eine Schicht war, d. h. je größer die Streuung (Varianz) der Anschriftengröße war, desto höher ist der Stichprobenumfang ausgefallen. Da in der achten Schicht (höchste Anschriftengrößenklasse, von 19 bis 92 Personen) meistens die höchste Streuung der Anschriftengröße vorlag, gab es in der Regel dort auch den höchsten Auswahlsatz und damit auch die höchsten Anteile von in die Stichprobe einbezogenen Personen. Auch in der ersten Schicht führten oft relativ viele Anschriften ohne gemeldete Personen am Rande des Wertebereichs zu einer relativ großen Streuung und damit zu einem höheren Auswahlsatz (Blatt 51 der BA). Dies war auch bei der Klägerin der Fall.

Der Verordnungsgeber legte in § 3 Abs. 1 Satz 2 StichprobenV den bundesweiten Stichprobenumfang auf 9,6% der Bevölkerung fest. Dabei wurde dieser Stichprobenumfang nicht auf alle Bundesländer und alle Gemeinden gleich umgelegt, sondern die Höhe des Auswahlsatzes hing von der Größe der Gemeinde ab. Je größer die Gemeinde war, desto geringer war der Auswahlsatz. Auch weil die Bundesländer untereinander große Unterschiede hinsichtlich der Größe ihrer Gemeinden aufweisen, wurden für diese jeweils unterschiedliche Auswahlsätze festgelegt. Dies soll dem statistischen Grundsatz geschuldet sein, dass der Informationsgehalt und die Qualität letztlich nicht vom prozentualen Auswahlsatz, sondern von der absoluten Zahl der erhobenen Einheiten abhängt (vgl. dazu „Zensus 2011 - Ermittlung der Einwohnerzahl von Bund, Ländern und Kommunen“, BayVBl. 2014, S. 713).

Bei der Klägerin wurde an insgesamt 8,37% ihrer Anschriften eine Stichprobe durchgeführt (Blatt 258 der GA). Das Datenblatt zum streitgegenständlichen Bescheid weist insgesamt 807 Anschriften aus, die in die Haushaltsstichprobe einbezogen waren.

2. Hauptziehung der Anschriften für die Haushaltsstichprobe:

Die Stichprobenanschriften wurden dabei in drei verschiedenen Ziehungen ausgewählt. Zum Stichtag 01.09.2010 fand die Hauptziehung statt. Bei dieser Hauptziehung wurden bezüglich der Klägerin 807 Anschriften ausgewählt. Bayernweit standen für die Auswahl im Rahmen der Hauptziehung 3.102.221 Anschriften zur Verfügung (Blatt 253 der GA).

Wie der Beklagte auf gerichtliche Nachfrage (Blatt 202 der GA) eingeräumt hat (Blatt 253ff. der GA), fand nur bei dieser Hauptziehung die oben beschriebene Schichtung der Adressen innerhalb des Stadtgebiets der Klägerin (regionale Schichtung, Typ 2), verteilt auf acht Größenklassen, statt (vgl. auch: „Der Auswahlplan für die Ziehung der Neuzugänge der Haushaltsstichprobe des Zensus 2011“, in: Wirtschaft und Statistik, März 2014, Seite 151ff.).

Da diese Hauptziehung auf Daten beruhte, die sich auf einen deutlich früheren Zeitpunkt als den Zensusstichtag (09.05.2011) bezogen hatten, konnten dabei nicht alle zum Stichtag bestehenden Wohnanschriften in die Auswahl einbezogen werden. Typischerweise handelte es sich bei den damals fehlenden Anschriften um diejenigen, die durch nachträgliche Neubaumaßnahmen, Ummeldungen von Personen, Umwidmungen von gewerblich benutzten Räumen in Wohnraum und anderen Korrekturen der Auswahlgrundlage (= Anschriften- und Gebäuderegister) nach der Hauptziehung zustande gekommen waren. Um dies berücksichtigen zu können, fanden zwei Nachziehungen statt: Die Neuzugangsziehung und die Ergänzungsziehung.

3. Neuzugangsziehung:

Die Neuzugangsziehung zum Stichtag 31.03.2011 war deshalb nötig, weil zum 01.11.2010 eine weitere Datenlieferung der Melderegister in das Anschriften- und Gebäuderegister eingearbeitet wurde.

Allgemein wurde das Schichtprinzip bei der Neuzugangsziehung wie folgt vereinfacht: Im Gegensatz zur Hauptziehung wurde nicht mehr zwischen Sonderanschriften und Normalanschriften unterschieden, sondern die Ziehung fand auf Grundlage der Vereinigungsmenge von Normalanschriften und Sonderanschriften statt. Daneben wurde die regionale Schichtung nach den oben beschriebenen Typen aufgegeben. Anstatt auf dem klägerischen Stadtgebiet zu schichten, fand nun eine Schichtung auf Regierungsbezirksebene statt. Des Weiteren wurde auf der zweiten Ebene die Anzahl der Schichten hinsichtlich der Anschriftengrößenklasse um die Hälfte von acht auf vier Schichten reduziert. In Hinblick auf die optimale Allokation veränderte man die Unter- und Obergrenzen auf 2% bzw. 50% (Blatt 254 der GA). Beibehalten wurde die Aufteilung, gleiche Anzahl von Personen in jeder Schicht, aufsteigend nach Anschriftengröße. Bei dieser Neuzugangsziehung wurden bezüglich der Klägerin 0,37% und damit 3 Anschriften ausgewählt.

Die Vereinfachung des Verfahrens war aus Sicht des Beklagten wegen der deutlich niedrigeren Fallzahlen notwendig. Da bei der Neuzugangsziehung bayernweit insgesamt nur 24.468 Neuzugangsanschriften für 325 Erhebungsgebiete zur Verfügung gestanden seien, wären im Schnitt auf jedes Erhebungsgebiet lediglich 75 Anschriften entfallen. Diese verteilt auf 8 Schichten, hätte lediglich 9 Anschriften pro Schicht ergeben, was für eine adäquate geschichtete Stichprobenziehung zu wenig gewesen wäre.

Hinsichtlich der unterschiedlichen Auswahlsätze bei den verschiedenen Ziehungen (Hauptziehung: 9,08%, Neuzugangsziehung: 10,76% und Ergänzungsziehung: 9,89%) müsse darauf hingewiesen werden, dass der Auswahlsatz eine Reaktion auf die regionalen Begebenheiten gewesen sei. Der Stichprobenumfang werde nämlich auch durch die Streuung der gemeldeten Personen pro Anschrift beeinflusst. Bei der Neuzugangsziehung habe sich gezeigt, dass tendenziell mehr Personen gemeldet waren als bei den Populationen der Haupt- und der Ergänzungsziehung, wodurch für die Neuzugangsziehung ein niedrigerer Auswahlsatz ausreichend gewesen sei. Aus stichprobentheoretischen Aspekten wäre es nicht sinnvoll gewesen, für die verschiedenen Ziehungen bei verschiedenen Grundgesamtheiten pauschal denselben Auswahlsatz anzusetzen (Blatt 255 der GA).

4. Ergänzungsziehung:

Bei der Ergänzungsziehung wurde das Aufteilungs- und Zufallziehungsverfahren noch weiter vereinfacht: Regional fand lediglich eine Schichtung nach Bundesländern statt und von einer Schichtung nach Anschriftengrößenklasse wurden ebenso abgesehen, wie von der Nutzung einer optimalen Allokation mit entsprechenden Ober- und Untergrenzen im Hinblick auf den Auswahlprozentsatz (Blatt 254 der GA). Da lediglich auf der Ebene der Bundesländer geschichtet wurde, wurde ein fester Auswahlsatz von 9,79% verwendet. Bezüglich der Klägerin wurden bei dieser Ergänzungsziehung 0,74% und damit 6 Anschriften ausgewählt. Bayernweit standen für die Auswahl im Rahmen der Ergänzungsziehung 13.586 Anschriften zur Verfügung (Blatt 253 der GA).

Aus Sicht des Beklagten sei die nochmalige Vereinfachung des Verfahrens, wegen der noch geringeren Anzahl von Anschriften notwendig gewesen. Innerhalb der Schichten sei eine systematische Ziehung vorgenommen worden, um extremen Stichproben, wie bspw. die Ziehung nur der größten bzw. kleinsten Anschrift einer Schicht, entgegenzuwirken. Sowohl bei der Neuzugangsziehung als auch bei der Ergänzungsziehung sei von den Vorgaben in § 2 Abs. 3 StichprobenV abgewichen worden, was jedoch auf zwingende fachliche Gründe zurückzuführen sei und keinerlei Nachteile für die Gemeinden bedeute. Bereits im Verordnungsgebungsverfahren sei absehbar gewesen, dass eine so differenzierte Schichtung wie für die Hauptziehung in der Neuzugangsziehung bzw. Ergänzungsziehung nicht sinnvoll sei. Der Verordnungsgeber habe es allerdings versäumt, für die Neuzugangsziehung und Ergänzungsziehung eine weniger differenzierte Schichtung zu regeln.

Insgesamt wurden bezüglich der Klägerin aus beiden Nachziehungen an 9 Anschriften 29 Hauptwohnsitzpersonen befragt. Von diesen 29 Personen wurden zwei Personen als Untererfassungen (Fehlbestand) und eine Person als Übererfassung (Karteileiche) identifiziert.

5. Konkrete Durchführung der Stichproben:

Im Rahmen der Erhebung der Haushaltsstichprobe wurde vom Erhebungsbeauftragten nach einer Vorbegehung an den zu befragenden Haushalt zunächst ein Anschreiben mit Terminvorschlag geschickt. Ist von diesem Haushalt kein anderer Termin genannt worden, erschien der Erhebungsbeauftragte zum vorgeschlagenen Termin, um die Befragung durchzuführen. Wurde ein Haushalt nicht angetroffen, wurde vom Erhebungsbeauftragen eine sog. Zweitankündigungskarte mit Nennung eines Zweittermins hinterlegt. Konnte der Haushalt auch zu diesem Termin nicht angetroffen werden, wurde dies vom Erhebungsbeauftragten in der Erhebungsliste vermerkt. Im Anschluss daran hat die örtliche Erhebungsstelle ein postalisches Schreiben an den Haushalt gerichtet und die entsprechenden Fragebögen mit der Bitte um Beantwortung beigelegt. Falls der Haushalt darauf nicht reagierte, wurden Erinnerungs- und Mahnschreiben aufgesetzt, zuletzt mit Postzustellungsurkunde. Wenn auch diese Zustellung erfolglos war, wurde mit dem Landesamt für Statistik und Datenschutz geprüft, ob die Personen des Haushalts im Melderegister zum Stand 09.05.2011 gemeldet waren oder nicht. Waren sie zum Stichtag gemeldet, wurden sie auch als existent gezählt. Nur falls dies letztendlich nicht der Fall war, wurden die Personen als definitiv nicht existent gewertet. Dadurch sollte sichergestellt werden, dass Personen, die sich für einen längeren Zeitraum im Ausland oder anderweitig nicht zuhause aufgehalten haben, nicht fälschlicherweise als nicht existent eingestuft wurden. Bei angetroffenen Haushalten war es möglich, dass volljährige Haushaltsmitglieder den Fragebogen auch für nicht anwesende Personen mit ausfüllen. Das Ausfüllen des Bogens durch Nachbarn bzw. Personen anderer Haushalte war dagegen nicht möglich gewesen.

Auf gerichtliche Nachfrage führt der Beklagte hinsichtlich der Klägerin aus, dass ihm auf dem klägerischen Stadtgebiet lediglich drei Haushalte bekannt seien, bei denen mittels PZU und einer ergänzenden Recherche die Existenzfeststellung durchgeführt worden sei. In diesen Fällen sei stets die Existenz der betroffenen Person festgestellt worden. Zwar könne generell nicht ausgeschlossen werden, dass möglicherweise ganze Anschriften bei der Stichprobe nicht erhoben werden konnten, dies sei auf dem klägerischen Stadtgebiet jedoch nicht eingetreten (Blatt 260 der GA).

Für jede Anschrift, die zu erheben war, wurde den Erhebungsbeauftragten eine Namensliste der Anschrift mit einem Melderegisterauszug zum 01.11.2010 ausgehändigt. Die Erhebungsbeauftragten wurden nach Aussage des Beklagten bei den Schulungen darauf hingewiesen, dass die Namensliste lediglich einen Anhaltspunkt für die anzutreffenden Personen liefern solle und sie lediglich die Funktion habe, die Anschrift zweifelsfrei zu identifizieren. Unabhängig von der Namensliste seien die Erhebungsbeauftragten dazu angehalten gewesen, alle an einer Anschrift wohnenden Personen zu identifizieren. Die Existenz der nach dem 09.05.2011 verzogenen oder verstorbenen Personen konnte dem Erhebungsbeauftragten durch die noch anwesenden Haushaltsmitglieder bestätigt werden. Zudem wurden Nachmieter nach der neuen Anschrift befragt und die Person dann unter ihrer neuen Anschrift angeschrieben (Blatt 133 der GA).

Bei der Feststellung der Einwohnerzahl waren die Angaben zum Wohnstatus, die bei den Stichproben erhoben wurden, nicht einwohnerzahlrelevant. Nur bei Personen, die in der Haushaltsstichprobe angetroffen wurden und die nicht bereits davor im Melderegister verzeichnet waren, wirkte sich die Angabe bei der Feststellung der Einwohnerzahl aus. Auf die Darstellung zum Datenfluss der Haushaltsbefragung auf Stichprobenbasis, zu den Sicherungsmaßnahmen zur Gewährleistung der Richtigkeit der Datenübertragung und zu den Datenbeständen für den Zensus 2011 wird Bezug genommen (Blatt 184-196 der GA).

6. Relativer Standardfehler:

Die vom Gesetzgeber angestrebte Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5% wurde bei der Klägerin nicht eingehalten. Bei ihr wies der relative Standardfehler einen Wert von 0,60% auf. Als Gütemaß kann aus dem relativen Standardfehler abgeleitet werden, wie hoch die durchschnittliche Abweichung der aus der Stichprobe geschätzten Einwohnerzahl von der tatsächlichen Einwohnerzahl ausfällt. Bundesweit lag der einfache relative Standardfehler im Mittel bei 0,56%.

Diese statistische Ungenauigkeit ist umso kleiner (und umso genauer ist die Güte der statistischen Schätzung), je größer der Stichprobenumfang und je kleiner die tatsächliche aus der Stichprobe geschätzte unbekannte Streuung der Daten in der Grundgesamtheit ist. Wesentliche Bestimmungsfaktoren bei der Entwicklung eines Stichprobendesigns sind also entweder der angestrebte Stichprobenumfang oder die angestrebte Qualität. Beide Bestimmungsfaktoren hängen unmittelbar zusammen: Je größer der Stichprobenumfang, desto geringer der relative Standardfehler und umgekehrt. Standardfehler und Stichprobenumfang stehen damit in einem direkten Wechselspiel zueinander und das Festhalten einer der beiden Größen hatte direkten Einfluss auf die jeweils andere Größe.

Bezogen auf die Klägerin bedeutet dies, dass die tatsächliche Einwohnerzahl von der im Zensus ermittelten Einwohnerzahl mit 95% Sicherheit um 503 Personen (2 x 0,006 [Standardfehler] x 41.938 [im Zensus ermittelte Einwohnerzahl]) nach oben oder unten abweichen kann (Konfidenzintervall). Mit 95% Sicherheit bewegt sich somit die tatsächliche Einwohnerzahl der Klägerin zwischen 41.435 und 42.441 Einwohner, was einer Intervallbreite von 1.006 Personen entspricht. Wäre beim relativen Standardfehler der gesetzliche Wert von 0,5% eingehalten worden, würde die Intervallbreite bei der Klägerin 838 Personen betragen.

Auf gerichtliche Nachfrage (Blatt 201ff. der GA) erklärte der Beklagte zum relativen Standardfehler weiter: Die gerichtliche Annahme, dass die unterschiedliche Verteilung der Einwohnerzahl pro Anschrift den relativen Standardfehler beeinflusse, sei zutreffend. In einer Gemeinde, in der z. B. fast ausschließlich zwei Personen pro Anschrift wohnen, wäre der relative Standardfehler nahezu Null, da - egal welche Anschriften bei einem bestimmten Stichprobenumfang in die Stichprobe gelangen - die Ergebnisse für die ermittelte Gesamteinwohnerzahl nahezu identisch wären. Weise jedoch eine andere gleichgroße Gemeinde eine große Streuung hinsichtlich der Einwohnerzahl pro Anschrift auf, wäre bei demselben Stichprobenumfang ein höherer relativer Standardfehler zu erwarten. Die Gesamteinwohnerzahl würde bei unterschiedlichen Stichproben stärker variieren. Dieser Verschiedenartigkeit der Gemeinden sei das beim Zensus verwendete Stichprobendesign mit unterschiedlichen Stichprobenumfängen pro Gemeinde entgegengetreten: Je größer die Streuung der Einwohnerzahl pro Anschrift gewesen sei, desto mehr Anschriften haben untersucht werden müssen, wobei diese unbekannte Streuung aus den Informationen des Melderegisters wiederum geschätzt werden musste. Die Stichprobenumfänge seien so auf die Gemeinden aufgeteilt worden, dass der relative Standardfehler für alle Gemeinden möglichst klein ausfalle.

Der relative Standardfehler falle deshalb bei unterschiedlichen Gemeinden auch unterschiedlich aus. Dies habe mehrere Gründe. Zudem basiere der auf den Datenblättern angegebene relative Standardfehler ebenfalls auf einer Schätzung. Neben der Streuung der Einwohnerzahl pro Anschrift, den Stichprobenumfängen und den Grundgesamtheiten je Schicht hänge der Wert des geschätzten relativen Standardfehlers im Wesentlichen von der Erklärungskraft der im Regressionsmodell verwendeten Einflussgrößen zur Prognose der tatsächlichen Einwohnerzahl ab. Haben sich in den primärstatistisch untersuchten Anschriften deutliche Unterschiede zwischen gemeldeter Einwohnerzahl pro Anschrift und tatsächlicher Einwohnerzahl pro Anschrift offenbart, so führe dies zu einer Erhöhung des relativen Standardfehles (vgl. Blatt 249 der GA).

7. Wiederholungsbefragungen:

Zur Prüfung der Qualität der Stichprobenergebnisse im Hinblick auf die amtliche Einwohnerzahl, fanden gemäß § 17 Abs. 2 ZensG 2011 Wiederholungsbefragungen bei 5% bis 10% der Anschriften statt, die bereits bei der Haushaltsstichprobe befragt wurden. Auf gerichtliche Nachfrage mit dem Ziel, eine quantitative Abschätzung von Messfehlern bei der Klägerin vornehmen zu können (Blatt 202 der GA), erklärte der Beklagte zu den Wiederholungsbefragungen:

Der geringe Stichprobenumfang von max. 10% der Stichprobenanschriften lasse nur den Nachweis von Ergebnissen für ganze Bundesländer zu, aber keine fachlich belastbaren Ergebnisse für einzelne Gemeinden. Um aber dennoch einen Eindruck für die Klägerin gewinnen zu können, habe man eine reine Fallzahlauswertung der Wiederholungsbefragungen vorgenommen.

Für die Wiederholungsbefragungen seien bei der Klägerin insgesamt 39 Anschriften ausgewertet worden. Aus dem Datenvergleich der Haushaltsstichproben und der Wiederholungsbefragungen seien die in Tabelle 1 aufgeführten Kenngrößen berechnet worden. Auf die Tabelle wird Bezug genommen (Blatt 251 der GA).

Für die Klägerin habe sich gezeigt, dass bei 227 Personen und damit bei 95,0% die Hauptwohnsitz-Paarigkeit einer Person von beiden Erhebungen festgestellt worden sei. Insgesamt würden beide Erhebungen bei 95,8% der Personen übereinstimmende Resultate zeigen, was angesichts des zeitlichen Abstands beider Erhebungen und der während dieses Zeitraums möglichen Umzüge für eine Bestätigung der Haushaltsstichprobe durch die Wiederholungsbefragung spreche. Zwei Personen (0,8%) seien in der Haushaltsstichprobe als Karteileiche gewertet, bei der Wiederholungsbefragung dagegen als paarig eingestuft worden. Hier lasse sich letztlich aber nicht aufklären, welche der beiden Erhebungen zutreffe. Diesen zwei Untererfassungen in der Haushaltsstichprobe stünden sechs Übererfassungen gegenüber. Von den bei der Haushaltsstichprobe als existent festgestellten, einwohnerzahlrelevanten Personen seien in den Wiederholungsbefragungen 97,4% ebenfalls als existent erkannt worden. Auch dies spreche dafür, dass die Ergebnisse der Haushaltsstichprobe im Wesentlichen durch die Wiederholungsbefragungen bestätigt werden konnten. Indizien für Erhebungsfehler seien nicht feststellbar.

IV.

Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten:

Im Gegensatz zu der eben beschriebenen Korrektur der Melderegister durch die Haushaltsstichprobe fand bei Gemeinden unter 10.000 Einwohnern keine Haushaltsstichprobe, sondern eine Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten statt. Befragt wurden bei dieser primärstatistischen Erhebung Personen an Anschriften, bei denen die Informationen aus der Gebäude- und Wohnungszählung zur Anzahl der an einer Anschrift wohnenden Personen mit den Eintragungen der Melderegister nicht übereinstimmten. Dieser Abgleich beschränkte sich auf Anschriften mit nur einer bewohnten Wohnung. Hintergrund war eine vorherige Recherche zur Qualität der Registerdaten. Dabei soll sich gezeigt haben, dass insbesondere bei Abweichungen an den Anschriften mit Einfamilienhäusern von Fehlern in den Melderegistern auszugehen sei (vgl. „Der Referenzdatenbestand im Zensus 2011“, in: Wirtschaft und Statistik, 01/2013, S. 31).

V.

Erhebungen an den Sonderbereichen:

Da aus früheren Volkszählungen und dem Zensustest bekannt war, dass an Sonderanschriften regelmäßig eine hohe Anzahl von Über- und Untererfassungen vorliegt (unzureichendes Meldeverhalten, hohe Fluktuation), entschied sich der Gesetzgeber bei diesen Anschriften dazu, alle dort wohnenden Personen durch eine primärstatistische Vollerhebung mittels Fragebögen zu erfassen (§ 8 Abs. 1 ZensG 2011). Ziel war eine ausreichende Qualität der Zensusergebnisse. Gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 ZensG 2011 sind Sonderbereiche Gemeinschafts-, Anstalts- und Notunterkünfte, Wohnheime und ähnliche Unterkünfte, die in der Regel der längerfristigen Unterbringung und Versorgung von Personen mit einem spezifischen Unterbringungsbedarf dienen (z. B. Klöster, Internate, Alten- und Pflegeheime, Arbeiterheime, Studentenwohnheime, Mutter-, Kind- und Jugendheime usw.).

Diese Sonderbereiche wurden dann nochmals in sensible und nichtsensible Bereiche unterteilt. Als sensibel galten gemäß § 2 Abs. 5 Satz 3 ZensG 2011 alle Anschriften, bei denen die Information über die Zugehörigkeit für Betroffene die Gefahr einer sozialen Benachteiligung hervorrufen konnte (z. B. Justizvollzugsanstalten, psychiatrische Einrichtungen, Palliativstationen, Maßregelvollzugseinrichtungen, Flüchtlingsunterkünfte, (Not-) Unterkünfte für Wohnungslose usw.).

Während grundsätzlich die dort wohnenden Personen selbst auskunftspflichtig waren (§ 18 Abs. 5 Satz 1 ZensG 2011), wurde bei sensiblen Bereichen nur die Einrichtungsleitung befragt. Nur sie war gemäß § 18 Abs. 5 Satz 4 ZensG 2011 auskunftspflichtig. Zur Handhabung wurde ein Sonderanschriftenregister aufgebaut und für die Erhebungen in den Sonderbereichen waren die lokalen Erhebungsstellen zuständig (nach Art. 27 Abs. 1 BayStatG die kreisfreien Gemeinden und die Landkreise). Bei der Realisierung der Erhebungen unterschied sich das Verfahren dahingehend, dass bei nichtsensiblen Sonderbereichen die Bewohner grundsätzlich mittels Interview durch einen Erhebungsbeauftragten befragt wurden. Nur wo dies nicht möglich war (z. B. bei Minderjährigen oder bei gesundheitlichen Problemen, insbesondere in Alten- und Pflegeheimen), fand eine Erhebung mittels der Einrichtungsleitung statt. Diese hatte stets die Möglichkeit, den Erfassungsbogen einem Erhebungsbeauftragten zu übergeben oder eine Online-Meldung vorzunehmen (vgl. Marion Geiger, in: „Zensus 2011: Erhebungsteil Sonderbereiche“, Bayern in Zahlen, Mai 2012, S. 280ff.).

Auf gerichtliche Nachfrage erläuterte der Beklagte die Sonderbereichserhebung dahingehend, dass durch die Befragungen für die Klägerin 1.565 Einwohner mit Hauptwohnsitz gezählt wurden (Blatt 439 GA), bei 1.663 befragten Personen (Blatt 259 der GA). Auf dem klägerischen Stadtgebiet hätten sich im Zensusbestand 32 als Sonderanschrift geführte Anschriften befunden, wobei es sich bei einer Anschrift um eine reine Meldeanschrift gehandelt habe, die nicht primärstatistisch habe überprüft werden können. An dieser Anschrift seien alle gemeldeten Personen als existent angenommen worden. Die weiteren 31 Sonderanschriften seien in 18 nichtsensible und 14 sensible Sonderbereiche eingeteilt gewesen, d. h. eine Sonderanschrift habe sich als Mischanschrift dargestellt (Blatt 259 der GA).

Nach Durchführung der Befragungen wurden die erhobenen Daten mit den Meldedaten der Sonderanschriften durch die Statistischen Landesämter abgeglichen. Dort wohnhafte Personen, die nicht im Melderegister geführt waren, wurden in den Zensusdatenbestand der Sonderbereichsgemeinde neu aufgenommen (Untererfassung). Umgekehrt wurden Personen, die nicht an der Anschrift wohnten, obgleich sie im Melderegister geführt waren, in den Meldedatenbeständen des Zensus gelöscht (Übererfassung).

Auf das vom Beklagten vorgelegte „Fachkonzept zur Erhebung an Sonderanschriften“ wird Bezug genommen (Blatt 273 - 395 der GA).

Um sicherzustellen, dass Personen aus Sonderbereichen nicht zusätzlich an einer anderen Anschrift im Bundesgebiet gemeldet und dort als Einwohner gezählt wurden, wurde auch hier zusätzlich eine Mehrfachfalluntersuchung durchgeführt. Ergab sich aus der Befragung eine Hauptwohnung in der Sonderbereichsgemeinde, wurden alle weiteren eventuell vorhandenen Wohnsitze der Person zur Nebenwohnung geändert. Ergab sich aus der Befragung eine Nebenwohnung, wurde weiter geprüft, ob für die Person im Bundesgebiet noch genau eine Hauptwohnung vorhanden war (neben eventuell vorhandenen weiteren Nebenwohnungen). War kein weiterer Wohnsitz vorhanden, wurde an der Sonderanschrift - entgegen der Information aus der Erhebung - die Hauptwohnung angenommen. Waren lediglich weitere Nebenwohnungen vorhanden, wurde anhand zusätzlicher Informationen (Zuzugsdatum, Verzeigerung an weiteren Wohnsitzen) entschieden, welche der vorhandenen Wohnungen als Hauptwohnung zu werten war. Somit wurde bei Personen in nichtsensiblen Sonderbereichen nicht zwangsläufig die Erhebungsinformation zum Wohnstatus auch tatsächlich umgesetzt.

Demgegenüber wurde der Wohnstatus bei Personen in sensiblen Sonderbereichen gänzlich mithilfe der Melderegisterinformationen unter Berücksichtigung des Zuzugsdatums aus der Erhebung und eventuell vorhandener weiterer Wohnsitze im restlichen Bundesgebiet festgelegt (Blatt 260 der GA). Zwar enthielt der Fragebogen für sensible Sonderbereiche (Blatt 220 der GA) auch die Frage nach dem Wohnstatus, bei der Durchführung stellte sich jedoch nach den Ausführungen des Beklagten heraus, dass in den häufigsten Fällen den Einrichtungsleitungen keine detaillierten Informationen dazu vorgelegen haben. Deshalb habe man sich im statistischen Verbund darauf verständigt, zur Feststellung des Wohnstatus lediglich die Melderegisterangaben mit Hilfe der Angaben zum Tag des Bezugs der Wohnung oder des Beginns der Unterbringung zu plausibilisieren (Blatt 446 der GA).

Im Vergleich zu den Melderegisterbeständen wurden bei der Klägerin so 209 Übererfassungen abgezogen und 533 Untererfassungen hinzugerechnet (Blatt 11 der GA).

Allerdings wich der Beklagte von dem gerade beschriebenen primärstatistischen Erhebungsverfahren ab, indem er nicht an allen Sonderanschriften auf dem klägerischen Stadtgebiet eine Befragung durch Fragebögen durchgeführt hat. Wie der Beklagte auf gerichtliche Nachfrage eingeräumt hat (Blatt 256 der GA), griff er bei Bundeswehrkasernen und Justizvollzugsanstalten auf zentrale Datenlieferungen des Bundesverteidigungsministeriums bzw. des Bayerischen Staatsministeriums für Justiz zurück. Da nach seiner Ansicht Justizvollzugsanstalten den sensiblen Sonderbereichen zuzurechnen und Kasernen nach der Gesetzesbegründung wie sensible Sonderbereiche zu behandeln seien (BR-Drucks. Nr. 3/09), wäre ohnehin die Einrichtungsleitung auskunftspflichtig gewesen. Nachdem die oben genannten Ministerien flächendeckend über aktuelle Register zu den „Bewohnern“ der Einrichtungen verfügt haben, sei lediglich ein effizienterer und kostengünstigerer Weg gewählt worden, um Daten in gleicher Qualität wie im Vergleich zu einer Befragung zu gewinnen. Diese Vorgehensweise komme einer Vollerhebung i. S. d. § 8 ZensG 2011 gleich. Falls die Person nicht in der zentralen Datenlieferung der Ministerien enthalten gewesen sei, sei auch kein Wohnsitz für diese Person an der Sonderanschrift festgestellt worden (Karteileiche). Der wesentliche Unterschied zur Ermittlung des Wohnstatus an anderen sensiblen Sonderanschriften liege darin, dass bei Personen in Kasernen keine Differenzierung danach vorgenommen worden sei, ob an einer weiteren Anschrift eine Verzeigerung dieser Person mit einer weiteren Person (z. B. Ehe) vorgelegen habe. Für jede Person, welche mit Hauptwohnsitz gemeldet und im Lieferumfang enthalten war, sei im Ergebnis auch ein Hauptwohnsitz an der Sonderanschrift festgestellt worden. Ansonsten sei stets der Zeitraum, den die Person bereits an der Sonderanschrift verbracht habe (mindestens sechs Monate) und die Informationen zu weiteren Wohnsitzen im Bundesgebiet bei der Feststellung des Wohnstatus an der Sonderanschrift berücksichtigt worden (Blatt 257 der GA).

In Bezug auf die von der Bundeswehr betriebenen Einrichtungen habe auf dem klägerischen Stadtgebiet bei keiner gemeldeten bzw. erhobenen Person der Wohnstatus korrigiert werden müssen. Ursprünglich seien im Melderegister der Klägerin an „Bundeswehranschriften“ 2 Hauptwohnsitzpersonen und 2 Nebenwohnsitzpersonen gemeldet gewesen. Nach Berücksichtigung der Erhebungsergebnisse habe man insgesamt 11 Hauptwohnsitzpersonen und 71 Nebenwohnsitzpersonen verzeichnen können. Bei „Justizvollzugsanschriften“ auf dem klägerischen Stadtgebiet sei bei insgesamt 7 Personen der Melderegisterwohnstatus korrigiert worden. Ursprünglich seien im klägerischen Melderegister 360 Hauptwohnsitzpersonen an „Justizvollzugsanschriften“ gemeldet gewesen. Nach Berücksichtigung der Erhebungsergebnisse habe man insgesamt 461 Hauptwohnsitzpersonen und 36 Nebenwohnsitzpersonen verzeichnen können (Blatt 257 der GA).

VI.

Referenzdatenbestand:

1. Aufnahme aller Informationen:

Der Referenzdatenbestand hatte als zentrale Datenbank die Funktion, die einzelnen Erhebungsteile zu koordinieren und deren Ergebnisse zusammenzuführen. Vereinfacht stellt sich dessen Aufbau und Handhabung wie folgt dar:

Grundlage des Referenzdatenbestandes waren die personenbezogenen Daten aus den drei Datenlieferungen der Melderegister. Diese Personendatensätze wurden anschließend mit den Anschriftendatensätzen aus dem Anschriften- und Gebäuderegister zusammengeführt und jedem Personendatensatz wurde auf diese Weise eine Anschrift-ID zugeordnet. Parallel dazu wurde jeder Personendatensatz mit einer personenbezogenen Ordnungsnummer, der PON, versehen. Die personenbezogene Ordnungsnummer war dabei ein Ordnungsmerkmal, das an der Anschrift den Datensatz einer Person eindeutig bezeichnet.

Bei der schrittweisen Integration der drei Melderegisterlieferungen wurde über die Merkmale Geburtsname, Vorname, Geburtsdatum, Geschlecht und Geburtsort geprüft, ob ein bestimmter Personendatensatz an einer Anschrift bereits existierte oder nicht. Diese Prüfung bezog sich ausschließlich auf die entsprechende Anschrift und im Gesamtbestand wurde dabei nicht nach identischen Personen gesucht. Zogen Personen zwischen den Datenlieferungen um, wurden sie jeweils an der gemeldeten Anschrift im Referenzdatenbestand integriert. Lag hinsichtlich der genannten Merkmale bereits ein identischer Personendatensatz an einer Anschrift vor, wurde kein neuer Datensatz im Referenzdatenbestand angelegt, sondern die Merkmale der Person wurden lediglich mit den Informationen aus der aktuelleren Datenlieferung aktualisiert. Anschließend wurde über die oben beschriebene Mehrfachfallprüfung sichergestellt, dass eine Person im Gesamtbestand nur einmal einwohnerzahlrelevant gezählt wurde.

Anschließend wurden die Informationen aus den Erwerbsregistern (Register der Bundesagentur für Arbeit über sozialversicherungspflichtig beschäftigte Personen und Registerangaben der öffentlichen Arbeitgeber zu Beamten, Richtern und Soldaten) integriert. Konnten dabei Datensätze zugeordnet werden, erweiterten die Informationen aus den Erwerbsregistern die bereits zur Person abgelegten Informationen im Referenzdatenbestand, in dem erwerbsstatistische Merkmale befüllt wurden. Durch die Anbindung der Erwerbsdaten änderte sich die Personenzahl im Referenzdatenbestand nicht, da durch diese Quellen keine neuen Personen im Referenzdatenbestand aufgenommen wurden. Die Erwerbsregister hatten damit keinen Einfluss auf die Ermittlung der Einwohnerzahl.

In der Zensusdurchführungsphase wurden die Erhebungsergebnisse der einzelnen primärstatistischen Erhebungen (Haushaltsstichprobe, Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten und Befragung an Sonderanschriften) in den Referenzdatenbestand integriert. Dabei wurden die Befragungsergebnisse mit dem Referenzdatenbestand auf Personenebene abgeglichen und wie folgt gekennzeichnet: Der Datensatz der Melderegister wurde bestätigt (paariger Datensatz), nicht bestätigt (Karteileichen im Melderegister) oder es wurde ein neuer Datensatz aus der Befragung ergänzt (Fehlbestand der Melderegister).

Im Referenzdatenbestand war es auch möglich, Informationen in Bezug auf die gesamte Anschrift wie beispielsweise den Grund für einen Befragungsausfall abzubilden. Dies war notwendig, wenn der Erhebungsbeauftragte z. B. an einer zu erhebenden Anschrift aus der Haushaltsbefragung feststellte, dass sich an dieser kein Wohnraum befindet (Baulücke, Anschrift ausschließlich gewerblich genutzt). In diesen Fällen konnten keine erhobenen Personen mit den Datensätzen des Referenzdatenbestandes abgeglichen werden. Dies führte im weiteren Prozess dazu, dass alle gemeldeten Personen an dieser Anschrift als nicht existent gekennzeichnet und damit als Karteileichen gewertet wurden.

2.Sicherstellung eines konsistenten Gesamtdatenbestands

Neben der Informationsaufnahme hatte der Referenzdatenbestand auch die Aufgabe, dass die integrierten Informationen widerspruchsfreie Ergebnisse für die Anschrift und die Person lieferten. Um vorhandene Unplausibilitäten feststellen zu können, wurden die Informationen aus den Erhebungen bei deren Integration mit den vorhandenen Daten der Melderegister abgeglichen und plausibilisiert.

Wie bereits oben beschrieben, wurde je Datensatz vermerkt, ob die Existenz einer Person an der Anschrift durch die Erhebung bestätigt wurde oder nicht bzw. ob eine Person neu aufgenommen wurde. Bei der Festlegung der Karteileichen und Fehlbestände war jedoch zu berücksichtigen, dass diese endgültig erst mit Abschluss der Mehrfachfallprüfung ausgewiesen werden konnten. Erst der Vergleich mit den bereinigten Melderegistern lieferte die endgültige Zahl an Karteileichen und Fehlbeständen. Damit war es zum Beispiel möglich, dass ein vom Erhebungsbeauftragten festgestellter Fehlbestand gegenüber der Melderegisterlieferung vom 01.11.2010 durch die beiden zensusrelevanten Melderegisterlieferungen zu einem paarigen Datensatz wurde.

Da die Abweichungen, die sich zwischen den Melderegistern und dem Ergebnis der Stichprobenbefragung gezeigt hatten, durch deren Hochrechnung einen besonders hohen Stellenwert hatten, wurden bei deren Integration Schwellenwerte für die Abweichungen festgelegt. Lagen die Abweichungen über den gesetzten Schwellenwerten, wurden die Erhebungsergebnisse als unplausibel markiert und erneut durch die statistischen Landesämter geprüft. Unplausible Ergebnisse lagen vor, wenn an einer Anschrift die Summe an Karteileichen und Fehlbeständen mindestens 5 betrug und der Anteil der Karteileichen und Fehlbestände im Verhältnis zur Zahl der gemeldeten Personen ≥ 0,2 war. Die statistischen Landesämter hatten dann die Möglichkeit, entweder das Erhebungsergebnis zu korrigieren oder die Abweichungen als plausibel zu bestätigen.

Neben den Ergebnissen der Stichprobenbefragung konnten auch die Ergebnisse aus der Sonderbereichserhebung und aus der Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten von den Daten der Melderegister abweichen. Obwohl die Meldedaten für die Sonderbereichsanschriften und für die Anschriften der Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten nicht immer für die Ermittlung der Einwohnerzahlen relevant waren, so wurden sie dennoch für eine Plausibilitätsprüfung der Erhebungsdaten genutzt. Damit fielen auch hier die Abweichungen zwischen der Anzahl der gemeldeten Personen im Melderegister und die Anzahl der existenten Personen nach Erhebung auf. Auffällige Anschriften konnten dann erneut geprüft und korrigiert werden (vgl. dazu „Der Referenzdatenbestand im Zensus 2011“, Hirner/Stiglmayer, in: Wirtschaft und Statistik, Januar 2013).

VII.

Anhörungsverfahren der Klägerin:

Mit Schreiben vom 04.06.2013 wendete sich der Beklagte an die Klägerin und übersandte ein erstes Datenblatt zur Feststellung der Einwohnerzahl, mit der Bitte dies klägerseits zu überprüfen. Gleichzeitig wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 01.09.2013 gegeben. Dieses erste Datenblatt wies, verglichen mit dem streitgegenständlichen Bescheid, bei der Erhebung an Sonderanschriften 27 Übererfassungen mehr auf und folglich wurden darin insgesamt auch 27 Einwohner weniger ausgewiesen. Im Zuge der Anhörung korrigierte der Beklagte aufgrund einer Recherche auffälliger Sonderanschriften die Einwohnerzahl um 27 Personen nach oben. Als auffällig wurden alle Sonder- und Stichprobenanschriften angesehen, die mehr als fünf Karteileichen aufgewiesen haben sowie Stichprobenanschriften, die als „Ausfall“ (im Widerspruch zum Melderegister nicht bewohnt oder gewerblich genutzt) gewertet worden seien. Im Ergebnis dieser Prüfung konnten mehrere Anschriften identifiziert werden, bei denen eine fehlerhafte Umsetzung des Erhebungskonzeptes durch die örtlichen Erhebungsbeauftragten vorlag.

Mit Bescheid vom 25.11.2013, gegen PZU am 26.11.2013 zugestellt, setzte der Beklagte, vertreten durch das Bayerische Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, die Einwohnerzahl für die Klägerin zum 09.05.2011 auf 41.938 Personen (Auszählungsteil: 1.565, Hochrechnungsteil: 40.373) fest. Auf die Bescheidsgründe wird Bezug genommen (Blatt 4-12 der GA).

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 18.12.2013 eingegangenen Klage. Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor:

C. Klägervortrag:

I.

Zulässigkeit der Klage:

Eine Klagebefugnis und damit die Zulässigkeit der Klage ergebe sich hier aus einer möglichen Verletzung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts. Die Klägerin habe kraft Verfassungsrechts einen Anspruch auf Gewährleistung der kommunalen Finanzhoheit und ein Recht auf interkommunale Gleichbehandlung. Deshalb müsse es ihr auch zustehen, Verfahrens- und Auswertungsfehler in Anwendung des ZensVorbG 2011, ZensG 2011 und der StichprobenV geltend zu machen. Der amtlichen Einwohnerzahl komme für den kommunalen Finanzausgleich entscheidende Bedeutung zu, weil sich insbesondere die Schlüsselzuweisungen, aber auch andere Geldleistungen an der hier streitigen Einwohnerzahl orientieren. Auch beinhalte Art. 26 Abs. 2 BayStatG einen Anspruch der Kommunen darauf, dass die amtliche Einwohnerzahl den formellen und materiellen Vorgaben der zugrunde liegenden Gesetze entsprechen müsse. Daneben werde auf die zutreffenden Ausführungen des VG Bremen (U.v. 06.11.2014 - 4 K 841/13) verwiesen.

Im Übrigen müsse auch die Fortschreibung der Einwohnerzahl als Verwaltungsakt angesehen werden. Sowohl der Regelungsgehalt als auch die Erstellung mit Hilfe von statistischen Rechenmethoden unterscheiden sich nicht vom Ausgangsbescheid. Die vom Beklagten zitierte Rechtsprechung beziehe sich auf die Fortschreibung eines früheren Zensusergebnisses und frühere Zensusergebnisse seien nicht mittels Verwaltungsakt festgestellt worden. Im Übrigen spiele diese Rechtsfrage ohnehin keine Rolle, da die Klage auf Feststellung einer bestimmten Einwohnerzahl zumindest als allgemeine Leistungsklage statthaft sei.

II.

Begründetheit der Klage:

Darüber hinaus sei die Klage auch begründet, da der Bescheid des Beklagten formell und materiell rechtswidrig sei. Es fehle zum einen an einer hinreichenden Begründung, die es der Klägerin ermöglichen würde nachzuvollziehen, warum ein Bescheid dieses Inhalts ergangen sei; zum anderen beruhe der Bescheid auf verfassungswidrigen Rechtsnormen und die Vorgaben dieser und anderer Rechtsnormen seien nicht eingehalten worden.

1. Mangelnde Begründung und Nachvollziehbarkeit:

Im Hinblick auf die Feststellung der Einwohnerzahl sei ihr lediglich in etwa bekannt, wie das Verfahren zur Einwohnerfeststellung nach den Vorstellungen des Gesetzgebers hätte ablaufen sollen. Unbekannt sei dagegen, ob es auch tatsächlich so abgelaufen sei. Mangels entsprechender Kenntnisse werde dies mit Nichtwissen bestritten. Auch wenn sie im Rahmen ihrer Anhörung zahlreiche Einzelfragen an den Beklagten gerichtet habe (siehe Blatt 19 - 24 der BA), seien diese nur unzureichend beantwortet worden, da insbesondere Einzelangaben zum tatsächlichen Sachverhalt weiterhin fehlen.

Auch leide der Bescheid an einem Begründungsmangel, da die Begründung den Empfänger grundsätzlich in die Lage versetzen solle, seine Rechte sachgemäß verteidigen zu können, damit er nicht zum bloßen Objekt des Verfahrens werde. Diesen Anforderungen werde der streitgegenständliche Bescheid jedoch nicht gerecht. Er enthalte zwar eine Begründung, diese mache aber die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Entscheidung nicht nachvollziehbar oder überprüfbar. Es sei weiterhin unklar, wie der Beklagte zu der von ihm festgesetzten Einwohnerzahl komme. Insbesondere fehlen jegliche Einzelangaben zu den Ergebnissen der durchgeführten Stichproben, was deshalb bedenklich sei, da sich Fehler bei der Durchführung der Stichproben und bei deren rechtlichen Bewertung durch die Hochrechnung über den Einzelfall hinaus auswirkten. Schon deshalb hätte die Begründung jeden Einzelfall und seine Hochrechnung offen legen müssen. Jedenfalls versetze die vorliegende Begründung die Klägerin nicht in die Lage, prüfen zu können, ob bei den Stichproben Fehler gemacht worden seien und folglich könne die Klägerin ihre Rechte nicht sachgerecht verteidigen. Selbst unter Berücksichtigung des Statistikgeheimnisses und des Rückspielverbots hätte man ein Verfahren wählen müssen, mit dessen Hilfe sie und das Gericht die Berechnungen hätten nachvollziehen und prüfen können.

Wegen der fehlenden bzw. unzureichenden Begründung, der unmöglichen gerichtlichen Kontrolle sowie der Nichtgewährleistung hinreichender verfahrensrechtlicher Kontrollmöglichkeiten liege auch ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip aus Art. 19 Abs. 4 GG vor. Nur weil die Feststellung der Einwohnerzahl auf einer statistischen Hochrechnung beruhe, folge daraus nicht zwangsläufig deren eingeschränkte Überprüfbarkeit. Letzteres hänge vielmehr von der Ausgestaltung des Verfahrens und von der Frage ab, ob und welche Daten bei der statistischen Erhebung geheim gehalten werden müssen. Hier müsse der Gesetzgeber seine Spielräume so nutzen, dass eine weitgehende Nachvollziehbarkeit ermöglicht werde. Der Gesetzgeber dürfe auf keinen Fall ein Verfahren wählen, das eine gerichtliche Überprüfung von vorne herein ausschließe.

Die kommunale Finanzhoheit sei ein Wesenskern der gemeindlichen Selbstverwaltungsgarantie. Deshalb haben Kommunen einen Anspruch auf eine eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft. Allgemein gelte, dass Gemeinden als Grundlage ihrer Handlungsfähigkeit eine gewisse Finanzmasse zur Verfügung stehen müsse, damit sie sowohl ihre übertragenen Aufgaben wie auch ihre Selbstverwaltungsaufgaben erfüllen können. Jede Gemeinde müsse daher über eine angemessene Finanzausstattung verfügen, wobei dem Gesetzgeber ein entsprechendes Ermessen zukomme. Soweit jedoch bei der Finanzausstattung auf die Einwohnerzahl abgestellt werde, haben die Kommunen einen Anspruch auf Feststellung der Einwohnerzahl unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sowie nach klaren und im Einzelfall nachvollziehbaren Regelungen innerhalb eines entsprechend kontrollierbaren Verfahrens. Dies entspreche auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das bei gesetzlichen Regelungen, die den Kernbereich gemeindlicher Selbstverwaltung tangieren, im Einzelfall eine verlässliche und substantiierte Tatsachenermittlung und Begründung des Gesetzgebers fordere (vgl. BVerfGE 86, 90, 108f.). Nichts anderes müsse für die Feststellung der Einwohnerzahl gelten, soweit sie Grundlage für die Gewährleistung der finanziellen Eigenverantwortung der Kommunen oder Basis für die nach dem Konnexitätsprinzip (Art. 83 Abs. 3 BV) zu leistenden Ausgleichszahlungen sei. Insoweit könne das Fehlen des prozeduralen Schutzes selbst zu einer Verletzung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts führen (vgl. BayVerfGH vom 28.11.2007, Vf. 15-VII-05, Rn. 224). Da die amtliche Einwohnerzahl die Rechengrundlage für nahezu alle Ausgleichszahlungen darstelle, dürfe sie nicht willkürlich festgesetzt werden. Eine nicht nachvollziehbare und gerichtlich nicht überprüfbare Festsetzung verfehle jedoch dieses Ziel und werde damit den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht. Das System des kommunalen Finanzausgleichs - dessen Grundlage die Einwohnerzahl sei - verbiete daneben nicht nur eine willkürliche Festsetzung, sondern auch vom Gleichheitssatz nicht gerechtfertigte Differenzierungen und nicht hinnehmbare, systemwidrige Benachteiligungen bestimmter Gemeinden (vgl. BayVerfGH vom 27.02.1997, Vf. 17-VII-94).

Die verwaltungsverfahrens- wie verfassungsrechtlich gebotene Transparenz, die Nachvollziehbarkeit und die gerichtliche Kontrolle stießen hier auf mehrere Hindernisse. Bis jetzt sei die Veröffentlichung des vom statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsprojektes zur Entwicklung des Stichprobenverfahrens unterblieben. Das Forschungsprojekt hätte aber die Funktion erfüllen sollen, die für die Erstellung des Stichprobenplans und des Verfahrens der Stichprobenziehung erforderlichen Qualitätsvorgaben bereit zu stellen, damit der Zensus in einem nachvollziehbaren, wissenschaftlichen Standards entsprechenden Verfahren verlässliche statistische Daten liefere. Diese Funktion zu erfüllen sei angesichts der erst für 2015 geplanten Veröffentlichung objektiv unmöglich geworden. Vor allem führe die Wahl eines Verfahrens, dem die Geheimhaltung der erhobenen Daten innewohnt, dazu, dass alle Akten und Daten, die für die gerichtliche Überprüfung nötig seien, schon vor Erlass des anzugreifenden Verwaltungsaktes vernichtet worden seien. Es sei von Verfassungs wegen nicht hinnehmbar, die Beantwortung von Fragen zur konkreten Durchführung unter Hinweis auf das Rückspielverbot, das Statistikgeheimnis und allgemeine datenschutzrechtliche Erwägungen zu verweigern. Mit dem Rückspielverbot solle lediglich verhindert werden, dass personenbezogene Informationen aus der Statistik an andere Verwaltungsstellen für deren Aufgabenerfüllung weitergegeben werden. Das Rückspielverbot könne sich im Übrigen nicht auf (Zwischen-) Ergebnisse der Statistik beziehen, die keinen Personenbezug aufweisen. Die Klägerin könne nichts dafür, dass der Gesetzgeber zusätzlich zu den für die Feststellung der Einwohnerzahl notwendigen Erhebungen zahlreiche weitere Fragen in den Zensus eingeführt habe, die die private Lebensführung der Bürgerinnen und Bürger betreffen und damit die Notwendigkeit eines erhöhten Datenschutzes auslösen. Bei rein melderechtlichen Feststellungen wäre eine solche Geheimhaltung gegenüber der Klägerin gar nicht notwendig gewesen, da die Klägerin selbst durch den Gesetzgeber mit noch weitergehenden Kompetenzen ausgestattet sei, um für den ordnungsgemäßen Vollzug des Melderechts sorgen zu können.

2. Verletzung der interkommunalen Gleichbehandlung:

Des Weiteren resultiere aus der kommunalen Finanzhoheit ein interkommunales Gleichbehandlungsgebot, welches es verbiete, bestimmte Gemeinden sachwidrig zu benachteiligen. Die Verletzung der interkommunalen Gleichbehandlung ergebe sich beim Zensus daraus, dass der Gesetzgeber auf die Anwendung eines einheitlichen Erhebungsverfahrens für alle Kommunen verzichtet habe und dafür unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes keine Rechtfertigung erkennbar sei. Eine solche Differenzierung lasse sich insbesondere nicht aus den Ergebnissen des Zensustests herleiten.

Der Zensustest habe im Ausgangsbestand für Gemeinden mit 10.000 Einwohnern bis unter 50.000 Einwohnern eine Fehlbestandsrate von 1,3% ergeben und damit den gleich großen Wert wie bei Gemeinden mit unter 10.000 Einwohnern, deren Fehlbestand ebenfalls mit 1,3% festgestellt worden sei. Unterschiede habe es bei der Karteileichenrate mit 3,5% für Gemeinden zwischen 10.000 und 50.000 Einwohnern gegeben. Hier seien die Gemeinden mit unter 10.000 Einwohnern mit 2,8% besser gewesen. Der Unterschied der Karteileichenrate zwischen Gemeinden mit 10.000 bis unter 50.000 Einwohnern und der von Gemeinden mit 50.000 bis unter 800.000 Einwohnern sei jedoch wesentlich größer gewesen. Daher sei allenfalls eine Grenzziehung zwischen Gemeinden unter 50.000 Einwohnern und Gemeinden über 50.000 Einwohnern sachlich angezeigt gewesen.

Das hier gewählte unterschiedliche Verfahren sei ausschließlich aus finanziellen Gründen festgesetzt worden. Die Wahl unterschiedlicher Verfahren habe aber zur Konsequenz, dass nicht gerechtfertigte Abstriche hinsichtlich der Zensusqualität durch den Gesetzgeber ersichtlich zulasten eines größeren Kreises an Kommunen billigend in Kauf genommen worden seien. Die Untersuchungen der Zensusergebnisse durch Hoppe/Spandel („Everything counts! - Warum kleine Gemeinden die Gewinner der Zensuserhebung 2011 sind?“) haben gezeigt, dass bei kleinen Gemeinden die festgestellte Einwohnerzahl im Vergleich zu deren Melderegister wesentlich geringer abweiche, weil im Durchschnitt wesentlich weniger Übererfassungen festgestellt worden seien. Dieser Umstand erkläre sich jedoch nicht aus der unterschiedlichen Qualität der Melderegister, sondern ausschließlich aus den unterschiedlich angewendeten Verfahren. Es bestehe die berechtigte Annahme, dass es beim Zensus zu einer unzutreffenden rechtlichen Anwendung der melderechtlichen Vorschriften gekommen sei. Wegen der unterschiedlichen Verfahren seien deshalb die großen Gemeinden systematisch benachteiligt worden.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Bremen sei nach Beweiserhebung durch das Gericht festgestellt worden, dass das gewählte Verfahren objektiv zu Ungleichbehandlungen zwischen den betroffenen Gemeinden geführt habe. Das Verwaltungsgericht Bremen sei allerdings der Ansicht gewesen, dass der Gesetzgeber eine Art „Freischuss“ habe und dieser verfassungswidrige Umstand erst beim nächsten Zensus ausgeräumt werden müsse. Einer solchen Rechtsauffassung könne unter keinen Umständen gefolgt werden.

Die Ergebnisse des Zensustests von 2001 können auch nicht (mehr) als Rechtfertigung für ein unterschiedliches Feststellungsverfahren herangezogen werden, weil sich die Rahmenbedingungen für die Schätzung der Melderegisterfehler grundlegend verändert haben. Noch nicht beim Zensustest, aber sehr wohl zum Zensusstichtag seien zum einen das Verfahren XMeld (ein Verfahren zum elektronischen Abgleich von Registereinträgen der Meldebehörden untereinander), zum anderen die Steuer-ID für alle in Deutschland wohnenden Personen eingeführt gewesen. Dass diese Änderungen wesentliche Auswirkungen auf die Karteileichen- und Fehlbestandsrate in den Melderegistern gehabt haben, habe die „AG-Zensustest“ schon in ihrem Bericht für die Innenministerkonferenz hervorgehoben (Bericht der länderoffenen Arbeitsgruppe „Zensustest“ an die ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder vom 20.09.2004, Seite 10). Der Anwendung unterschiedlicher Verfahren für kleine und große Gemeinden, die mit den Ergebnissen des Zensustests begründet werden, fehle deshalb die sachliche Grundlage.

Auch seien die Ergebnisse der Gebäude- und Wohnungszählung, einer Vollerhebung, für die Berechnung der Einwohnerzahlen in Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern überhaupt nicht genutzt worden. Deshalb sei davon auszugehen, dass eine Anwendung der „Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten“, so wie dies bei Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern gehandhabt worden sei, eine Einwohnerzahl ergeben hätte, die wesentlich mehr dem Melderegisterstand entsprochen hätte als das Ergebnis der Hochrechnung.

Keineswegs habe das Bundesverfassungsgericht in seinem Volkszählungsurteil die zukünftige Anwendung eines neuen Verfahrens oder gar eines Zensus mit statistischen Methoden gefordert. Vielmehr sei dem Gesetzgeber lediglich eine Überprüfung des Stands der Entwicklung von Methoden der Statistik und Sozialforschung auferlegt worden.

3. Einzelrügen:

a) Veraltete Listen bei den Stichprobenerhebungen:

Bei der konkreten Ausgestaltung habe die Stichprobenerhebung zwangsläufig zu unzutreffenden Ergebnissen bzgl. der amtlichen Einwohnerzahl führen müssen. Die Erhebungsbeauftragten seien nämlich mit Listen zum Stand 01.11.2010 ausgestattet gewesen. Systembedingt haben die Erhebungsbeauftragten deshalb beim Aufsuchen einer Stichprobenadresse Übererfassungen dann zutreffend feststellen können, wenn eine zum Stand 01.11.2010 gemeldete Person an der Adresse nicht vorgefunden worden sei. Demgegenüber sei eine präzise Dokumentation von Untererfassungen bereits durch praktische Hindernisse erschwert bzw. unmöglich gewesen, wenn es sich um zugezogene oder aber neu geborene Personen gehandelt habe bzw. wenn sonstige Hinweise praktischer Art an der jeweiligen Stichprobenadresse gefehlt haben (z. B. eigener Briefkasten, eigenes Türschild). Die Erhebungsbeauftragten hätten nämlich keinerlei rechtliche Handhabe zur Überprüfung der tatsächlichen Wohnsituation an der Stichprobenadresse gehabt. Dass die Verwendung von veralteten Listen Auswirkungen auf das Ergebnis haben, werde dadurch belegt, dass in Gemeinden des Bundeslandes Rheinland-Pfalz, in dem aktuelle Registerauszüge zur Verfügung gestanden hätten, die Differenzen der Zensusergebnisse zu den Melderegisterzahlen wesentlich geringer ausgefallen seien (vgl. Zensus 2011. „Die ersten Ergebnisse der Bevölkerungszählung im Überblick“, Statistische Monatshefte Rheinland-Pfalz 07, 2013, S. 645f.) (Blatt 85 der GA).

b) Dynamische Verweisung auf Stichprobenforschungsprojekt:

§ 2 Abs. 2 StichprobenV nehme Bezug auf ein Gutachten, das bei Gesetz- und Verordnungserlass noch nicht vorgelegen habe. Obwohl weder der Gesetzgeber noch der Verordnungsgeber dieses Gutachten gekannt haben, haben sie es als verbindlich für das Verfahren vorgeschrieben. Dies widerspreche dem Verbot dynamischer Verweisungen auf private Regelwerke aus Art. 80 Abs. 1 GG.

c) Konkrete Fehler bei den Erhebungen an Sonderanschriften:

Die vom Beklagten im Rahmen des Anhörungsverfahrens selbst festgestellten Fehler bei den Erhebungen an Sonderanschriften belegen eindrucksvoll die Fehleranfälligkeit der gewählten Vorgehensweise. Wenn schon eine solche Überprüfung zu der Feststellung geführt habe, dass der örtliche Erhebungsbeauftragte an zwei Anschriften insgesamt 27 Einwohner zu wenig gewertet habe, was erst würde dann eine vollständige Überprüfung erbringen.

In den vorgelegten Behördenakten finden sich daneben weitere Auffälligkeiten, die aufgrund der vorgenommenen Schwärzungen nicht mit ausreichender Sicherheit aufgeklärt werden können. Die Unterlagen genügen aber, um erhebliche Zweifel an der rechtmäßigen Beurteilung der Frage nach dem Hauptwohnsitz durch die Erhebungsbeauftragten aufkommen zu lassen:

Bei der Prüfung der Sonderanschriften 1, 2 und 5 sei festgehalten worden, dass bei einer Vielzahl von Personen der Hauptwohnsitz auf Nebenwohnsitz geändert worden sei. Eine Begründung dafür fehle jedoch. Nach dem Aktenvermerk solle es sich um einen „sensiblen Sonderbereich“ handeln. Aufgrund des Hinweises, dass sich wegen der unmittelbaren Nähe einer geschwärzten Adresse nicht ausschließen lasse, dass einige der Karteileichen an der einen Anschrift die Fehlbestände an einer anderen Anschrift seien, sei nach den örtlichen Gegebenheiten bei der Klägerin eigentlich nur möglich, dass es sich entweder um die GU für Asylbewerber oder um ein Seniorenheim mit angrenzendem „Betreuten Wohnen“ handele. In beiden Fällen sei es melderechtlich mit größter Wahrscheinlichkeit nicht korrekt, dort an der Stelle von Hauptwohnsitzen, lediglich Nebenwohnsitze anzunehmen. Davon seien 41, 31 bzw. 12 Personen betroffen, also insgesamt 84 Personen, deren gemeldeter Hauptwohnsitz zur Nebenwohnung erklärt worden sei.

Bei der geprüften Sonderanschrift Nr. 4 könnte es sich nach der Beschreibung und der hohen Anzahl an Personen um die JVA handeln. Hier stelle sich die Frage, ob die Sonderregelung beachtet worden sei, dass Inhaftierte bereits dann mit Hauptwohnsitz zu führen seien, wenn sie voraussichtlich mehr als 2-Monate inhaftiert werden. Der Beklagte führe dagegen in seinem Bescheid aus, dass bei Sonderanschriften der Hauptwohnsitz erst ab 6-Monaten angenommen worden sei. In diesem Zusammenhang möge der Beklagte die Rechtsgrundlage für die Annahme der 6-Monats-Frist benennen. In den von ihm im Bescheid zitierten § 12 und § 15 Abs. 2 MRRG finde sich eine solche Regelung jedenfalls nicht.

Nach den klägerischen Erkenntnissen gebe es 13 sensible und 17 nichtsensible Sonderanschriften. Auf die Auflistung der Klägerin wird Bezug genommen (Blatt 463 der GA). Nach dem jetzt vorgelegten Fachkonzept zur Erhebung an Sonderanschriften hätten sich die Zweifel weiter verstärkt. Auch in diesem Fachkonzept sei auf Seite 41 eine falsche Rechtslage dargestellt, denn es werde auf § 15 Abs. 2 Satz 2 MRRG Bezug genommen, obwohl es sich dabei nur um eine Ermächtigungsnorm für die jeweiligen Landesgesetzgeber handele. Dennoch werde diese Ermächtigungsnorm so angewendet, als sei sie von sämtlichen Landesgesetzgebern unter Übernahme der Frist von sechs Monaten umgesetzt worden. Aus Art. 22 MeldeG ergebe sich dagegen, dass beispielsweise der Bayerische Landesgesetzgeber die Ermächtigungsnorm nicht vollständig ausgeschöpft habe. Nach den Ausführungen auf den Seiten 40ff. des Fachkonzepts hätte es nur dann Korrekturen geben dürfen, wenn im Rahmen der Erhebungen festgestellt wurde, dass eine existente Person an zwei Orten jeweils mit Hauptwohnung gemeldet sei. Dies würde bei der Klägerin bedeuten, dass bei 170 von insgesamt 1.663 erhobenen Personen ein doppelter Hauptwohnsitz gegeben gewesen war. Dies sei aber schon wegen der gegenseitigen Mitteilungspflichten der Melderegister praktisch undenkbar. Die hohe Zahl an Korrekturen werde erst dann verständlich, wenn man die technische Umsetzung bzw. die dargestellten Prozessabläufe an Sonderanschriften auf den Seiten 126ff. des Fachkonzepts genauer betrachte. Dort werde abweichend von den Ausführungen auf Seite 40 nicht nur dann eine Überprüfung des gemeldeten Hauptwohnsitzes vorgenommen, wenn ein weiterer Hauptwohnsitz aufgetreten sei; vielmehr werden in jedem Fall die jeweiligen Angaben im Fragebogen zu den Wohnsitzen und insbesondere die Dauer dieses Wohnsitzes im Verfahren geprüft. Demnach sei in der praktischen Umsetzung der Tatsache, dass der Bewohner an der Wohnanschrift seinen Hauptwohnsitz gemeldet habe, nicht die entscheidende Aussagekraft zugemessen worden, obwohl auf Seite 40 des Fachkonzepts genau davon ausgegangen werde. In der praktischen Umsetzung sei dagegen auf die Fragen 7, 10, 11a oder 11b abgestellt worden. Daraus sei dann eine detaillierte Wohnsitzüberprüfung abgeleitet und durchgeführt worden. Von einem rechtmäßigen Bescheid könne unter diesen Voraussetzungen nur dann ausgegangen werden, wenn der Beklagte jeden Einzelfall darlege, bei dem der gemeldete Hauptwohnsitz in einen Nebenwohnsitz umgewidmet worden sei.

d) Zweifel an der Nachvollziehbarkeit der Hochrechnung:

Weiter bestehen konkrete Zweifel an der Nachvollziehbarkeit der bislang bekannten Darstellung der Stichprobe und der Hochrechnung. In der Schicht 3, 4 und 8 seien bei der Stichprobe jeweils mehr Übererfassungen als Untererfassungen festgestellt worden. Trotzdem seien nach Hochrechnung einmal weniger und zweimal mehr existente Personen im Vergleich zur Ausgangsbevölkerung aus dem Melderegister festgestellt worden. Dies sei nicht nachvollziehbar.

e) Nichteinhaltung der gesetzlichen Vorgaben:

Bezüglich des statistischen Verfahrens werden beim streitgegenständlichen Bescheid die vom Gesetz vorgegebenen Mindeststandards nicht eingehalten, weil der einfache Standardfehler gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 höchstens 0,5% betragen solle, dieser aber bei der Klägerin mit 0,6% höher ausgefallen sei. Damit bewege sich ihre Einwohnerzahl innerhalb eines Korridors von 1006 Personen, während bei Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben dieser Korridor lediglich 838 Personen betragen hätte, was ebenfalls zu hoch sei. Immerhin weichen die hier angegriffenen Zahlen des Zensus 2011 vom amtlichen Melderegister der Stadt A. auch nur um 946 Personen voneinander ab. Dies zeige, dass der Gesetzgeber die Zahlen der Melderegister mit einer Methode überprüfe, deren zugestandene Ungenauigkeit auch nicht geringer sei, als die jetzt angeblich festgestellte Fehlerhaftigkeit des Melderegisters. Zusätzlich bedeute der zugestandene Standardfehler auch, dass die Einwohnerzahl der Klägerin mit einer Wahrscheinlichkeit von immerhin 5% sogar noch stärker vom ermittelten Wert abweiche und demnach außerhalb des Korridors liege. Ein solcher Fall, der immerhin mit einer 5% Wahrscheinlichkeit vorliege, hätte eine Korrektur- oder zumindest eine gesonderte Überprüfungsmöglichkeit im Gesetz erfordert.

Mit den Gesetzesmaterialien sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit dem Adjektiv „angestrebt“ ein subjektivöffentliches Recht der betroffenen Gemeinden statuiert habe. Dies müsse schon deshalb gelten, weil ein gesetzlich „tolerierter“ einfacher relativer Standardfehler von über 0,5% mit der Folge einer Fehlerabweichung von mehr als 1% zur Abweichung der tatsächlichen von der errechneten Einwohnerzahl von mehr als 10% verfassungsrechtlich nicht hinnehmbar sei. Hoppe/Spandel weisen dazu in ihrer Untersuchung darauf hin, dass mit steigendem Standardfehler die relative Veränderung der amtlichen Einwohnerzahl schlechter ausfalle. Wende man auf diese Daten eine einfache lineare Regression an, so zeige sich, dass eine Erhöhung des Standardfehlers um eine Einheit zu einer relativen Veränderung der Einwohnerzahl von -2,80% führe. Dieser Effekt sei statistisch signifikant. Dies bedeute, dass Städte die einen hohen Standardfehler aufweisen, signifikant schlechtere Ergebnisse aus dem Zensus erhalten haben. Im Umkehrschluss bedeute dies: Bei einer anderen Methode bzw. bei einer anderen Konstruktion des Zensus mit einem geringeren Standardfehler für alle Kommunen hätte es mit hoher Wahrscheinlichkeit eine geringere Abweichung der relativen Veränderung der Einwohnerzahlen gegeben. Davon hätte auch das Ergebnis der Klägerin profitiert.

Mittlerweile seien entsprechende Untersuchungen auch für die konsolidierten Melderegisterzahlen von Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Niedersachsen durchgeführt worden. Diese Untersuchungen hätten die Ergebnisse der Studie von Hoppe/Spandel bestätigt. Der in Anlage 1 der Klageerwiderung abgedruckte Auszug aus einem Beitrag des statistischen Bundesamtes (Blatt 136 der GA) sei mehr als ein Jahr alt und die dort aufgeführten Kritikpunkte an der Studie seien mittlerweile vollständig entkräftet worden. Deshalb müsse an ihr festgehalten werden.

Auch seien die gesetzlichen Vorgaben des Melderechts in der zum Zeitpunkt der Zensus-Erhebungen geltenden Fassung nicht beachtet worden. Dies ergebe sich bereits aus dem angegriffenen Bescheid, denn dort werde bezüglich des angewendeten Einwohnerbegriffs auf die Regelung des § 12 i. V. m. § 15 Abs. 2 des MRRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.04.2002 Bezug genommen. Bei § 15 Abs. 2 MRRG habe die Fassung vom 19.04.2002 aber nur bis zum 04.06.2003 gegolten.

Aus keiner der geltenden Fassungen des § 15 Abs. 2 MRRG könne die Rechtsfolge abgeleitet werden, die der Beklagte in seinem Bescheid vom 25.11.2013 behaupte, wonach aus dieser Norm abgeleitet werden könne, dass die Hauptwohnung erst ab einem Aufenthalt von sechs Monaten an Sonderanschriften anzunehmen sei. Die Klägerin bleibe deshalb bei ihrer Rechtsauffassung, dass eine frühere Meldung an einer Sonderanschrift rechtlich zulässig gewesen sei und diesbezüglich keine Korrektur des Hauptwohnsitzes hätte erfolgen dürfen. Der diesbezügliche Sach- und Rechtsvortrag des Beklagten in der Klageerwiderung, das landesrechtliche Melderecht sei selbstverständlich beachtet worden, sei nicht ausreichend, zumal der Wortlaut des streitgegenständlichen Bescheids sowie die im Rahmen der Akteneinsicht deutlich erkennbaren Korrekturen bezüglich des Wohnsitzes an Sonderanschriften eine eindeutig andere Sprache sprechen. Der Wortlaut des Bescheids sei mindestens ein ausreichendes Indiz dafür, dass die dort ausgeführte unzutreffende Rechtsauffassung auch bei den Schulungen für die Erhebungsstellen vorgegeben worden seien. Der Beklagte möge erklären, warum für die Frage, wo der Hauptwohnsitz einer Person sei, nicht das komplette Melderecht in der zum Zeitpunkt der Befragung gültigen Form verwendet worden sei. Die Einwohnerzahlfestsetzung, welche auf Korrekturen beruhe, die nicht der aktuellen und nicht der vollständigen Gesetzeslage entsprechen, sei rechtswidrig. Wenn diese Korrekturen auch noch statistisch hochgerechnet werden, lassen sich die erheblichen Abweichungen zwischen dem amtlichen Melderegister und dem Zensusergebnis zwar erklären, nicht aber rechtfertigen.

Auffällig sei, dass der Beklagte in seiner Klageerwiderung, anders als im Bescheid, nicht mehr entscheidend auf § 15 Abs. 2 MRRG abstellen möchte, sondern nun § 12 MRRG als maßgebliche Rechtsnorm ansehe. Streitig sei die behauptete 6-Monatsfrist, wozu sich in § 12 MRRG keinerlei Anhaltspunkte finden lassen. Auffällig sei weiter, dass die mittlerweile vorgelegten Fragebögen nur bei den Sonderanschriften das Datum des Einzugs abgefragt haben. Ein Student, der in einer normalen Wohnung gewohnt habe, habe demnach nach der Rechtsauffassung des Beklagten seinen Hauptwohnsitz in A. anmelden dürfen; ein Student, der zum gleichen Datum in ein Studentenwohnheim eingezogen sei, wäre jedoch verpflichtet gewesen, 6-Monate zu warten, bis er seinen Hauptwohnsitz anmelden durfte. Für diese Rechtsauffassung gebe es keine Grundlage im Gesetz.

f) Konkrete Durchführung der Befragungen:

Die in der Klageerwiderung vorgenommene Erläuterung des Vorgehens zur Existenzfeststellung von Personen bei Durchführung der Stichprobe sei an entscheidender Stelle falsch, denn das vorgeschriebene Verfahren habe in Wahrheit anders ausgesehen: Im Fall von Personen, deren Existenz auf der Namensliste noch offen gewesen sei, habe das vorgeschriebene Verfahren nach telefonischer Kontaktaufnahme mit dem LfStaD die Zustellung eines Schreibens mittels PZU vorgesehen. Wenn dieser Brief nicht zugestellt werden konnte, sei die angeschriebene Person als nicht existent gekennzeichnet worden. Dies werde durch die Rundmail Nr. 75 des LfStaD bestätigt (Blatt 151 der GA). Auf die von der Klägerseite eingereichten Flussdiagramme (Blatt 152 - 155 der GA) und auf die „Arbeitsanleitung Existenzfeststellung Haushaltsstichprobe“ (Blatt 156-162) und auf die „Arbeitsanleitung Existenzfeststellung nichtsensible Sonderbereiche“ (Blatt 163-169 der GA) wird Bezug genommen.

g) Messfehler bei den Befragungen:

Bei der Durchführung der Stichprobe habe die beklagtenseits gewählte Durchführung zudem Messfehler begünstigt. Die Problematik der Messfehler sei deshalb besonders wichtig, weil diese bei den Stichprobenerhebungen Verzerrungen nur in eine Richtung bewirkt haben. Es könne nämlich ausgeschlossen werden, dass eine Person, die nicht an der Stichprobenadresse gewohnt habe, fälschlicherweise in die Zählung gekommen sei, in dem der Erhebungsbeauftragte ihre Existenz festgestellt und dann die Befragung durchgeführt habe. Schließlich hätte er in einem solchen Fall die Antworten in der Befragung erfinden müssen.

Die Messfehler betreffen also nur Personen, die zwar an einer Stichprobenadresse gewohnt haben, deren Existenz vom Erhebungsbeauftragten jedoch nicht festgestellt worden sei. Hintergrund sei auch der im Gutachten beschriebene, wissenschaftlich nachgewiesene „Confirmation-Bias“, also die Tendenz der Erhebungsbeauftragten, die ihnen vorliegenden Listen durch die Befragung zu bestätigen. Diese Verzerrungen wirken sich beim Zensus besonders stark aus, da die Listen der Erhebungsbeauftragten einen Stand vom 01.11.2010 aufgewiesen haben und dementsprechend alle Zuzüge, die sich in der Zeit vom 01.11.2010 bis zum 09.05.2011 in A. ergeben haben, nicht enthielten. Die Klägerin verzeichne jährlich 2.300 - 2.500 Zuzüge, die über einen Zeitraum von mehr als einem halben Jahr nicht haben berücksichtigt werden können. Den Erhebungsstellen wäre es jedoch leicht möglich gewesen, die Erhebungsbeauftragten mit aktuellen Listen auszustatten. Dies sei jedoch untersagt gewesen, so dass den Erhebungsstellen diese Messfehler quasi vorgeschrieben worden seien. Wenn der Erhebungsbeauftragte keinen Hinweis auf die Existenz einer Person gehabt habe, habe er auch weder eine Existenzüberprüfung noch eine Befragung durchführen können. Davon seien z. B. noch nicht geborene Kinder oder stichtagsrelevante Zuzüge betroffen gewesen, für deren Existenz es noch keine Hinweise wie Briefkastenbeschriftung oder Klingelschild gegeben habe. Es habe keine rechtliche Handhabe dazu gegeben, eine Überprüfung der Situation vor Ort durchzusetzen. Aufgrund des Fehlens eines Namens habe dann auch kein schriftliches Mahnverfahren durchgeführt werden können.

III.

Auswirkungen:

Eine erste Abschätzung der Kämmerei hinsichtlich der Auswirkungen der durch den Bescheid festgesetzten Einwohnerzahl habe ergeben, dass allein bei den Schlüsselzuweisungen (Art. 2 FAG) der Abzug von 1.591 Personen für das Jahr 2014 zu einem Unterschied von 348.641 EUR führen werde. Bis in 10 Jahren würden die Schlüsselzuweisungen unter Anwendung der streitigen Zahlen des Zensus 2011 auf 9.664.470 EUR sinken und der Klägerin würden somit jährlich 1.396.939 EUR im Haushalt fehlen. Auch bei den Finanzzuweisungen als Ersatz des Verwaltungsaufwands für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises würde der Einwohnerrückgang von 1.591 Einwohner zu Minuszuweisungen von ca. 53.000 EUR führen. Des Weiteren müsste die Klägerin auch Minderzuweisungen bei der Investitionspauschale und bei der Investitionsförderung hinnehmen.

IV.

Rechtsfolge:

In Bezug auf die gestellten Verpflichtungsanträge bestehen bei erfolgreicher Anfechtungsklage grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Die Einwohnerzahl könnte zum einen in Fortschreibung der Ergebnisse der Volkszählung 1987, zum anderen auf Grundlage des tagesaktuellen Melderegisters des klägerischen Einwohnermeldeamts festgestellt werden. Als Hauptantrag sei deshalb die näher liegende Annahme formuliert worden, dass bei Wegfall der Ergebnisse des Zensus 2011 dann auf die noch gültige alte gesetzliche Regelung und somit auf das Ergebnis des Zensus 1987 zurückzugreifen sei.

Der hilfsweise formulierte Antrag, der auf das Melderegister der Klägerin abstelle, sei deshalb vorgebracht worden, da möglicherweise die europarechtlichen Vorgaben einem Rückgriff auf die alten Zahlen des Zensus 1987 entgegenstehen. Andererseits biete das Melderegister Zahlen, die zumindest mit einer gleich hohen Wahrscheinlichkeit wie der fehlerbehaftete Zensus 2011 die tatsächliche Einwohnerzahl wiedergebe. Nach Überzeugung der Klägerin weise das Melderegister die exakte Einwohnerzahl sogar mit einer deutlich geringeren Fehlerquote aus. Dies ergebe sich bereits daraus, dass sich die gesetzliche Verpflichtung des Bürgers zu einem korrekten Meldeverhalten mit ordnungsrechtlichen Maßnahmen durchsetzen lasse, wohingegen eine Existenzfeststellung durch die Erhebungsbeauftragten nicht immer verwirklichbar gewesen sei. Des Weiteren werden die Melderegister auf Grundlage der aktuellen melderechtlichen Vorschriften geführt. Der Vollzug der melderechtlichen Aufgabe unterliege dabei einer ständigen Qualitätskontrolle z. B. bei Handhabung der Wahlbenachrichtigungskarten oder bei der Zusendung der Steuer-ID-Nummer. Bei Einführung der Steuer-ID im Jahr 2007 seien die Datenbestände des Melderegisters zum Bundesamt für Steuern transferiert und der Datenbestand anschließend nach Dubletten im Detail durchsucht worden. Danach seien Zugum-Zug alle Einwohner einzeln schriftlich über die Steuer-ID verständigt worden. Postrückläufe seien durch die Meldebehörde ausnahmslos aufgeklärt worden. Bei den Wahlbenachrichtigungskarten werde jeder Postrücklauf vor Ort überprüft. Soweit weitere Wohnsitze vorhanden seien, seien die betreffenden Personen zu Um-/Abmeldung angehalten worden. In Zweifelsfällen sei regelmäßig der städtische Ermittlungsdienst beauftragt gewesen, die neuen Adressen zu ermitteln. Die Ergebnisse der Ermittlungen seien dann mit dem Melderegister abgeglichen worden. Der Rücklauf der Wahlbenachrichtigungen habe z. B. beim Volksentscheid 2010 lediglich 134 von 33.464 versendeten Benachrichtigungen betragen und somit nur 0,4%. Außerdem seien die Meldebehörden nach dem OSCI-Rückmeldeverfahren und dem XMeld Standard (MESO) verpflichtet, Rückmeldungen, d. h. Um-/Wegzüge von anderen Kommunen, innerhalb von drei Tagen durchzuführen.

Die Klägerin beantragt,

der Bescheid des Bayerischen Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung vom 25.11.2013, Az.: 44-1063.12111 FB 09361 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, für die Klägerin eine amtliche Einwohnerzahl zum 09.05.2011 in Fortschreibung der Volkszählung 1987 auf der Grundlage von 43.529 Einwohnern (Stichtag: 31.12.2011), hilfsweise von 42.884 Einwohnern (Stichtag 09.05.2011) festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage wird abgewiesen.

Zur Begründung der Klageabweisung trägt der Beklagte im Wesentlichen vor:

D. Beklagtenvortrag:

I.

Zulässigkeit der Klage:

Hinsichtlich der Klagebefugnis sei der klägerische Vortrag dahingehend zu rügen, dass eine pauschale Nennung von Rechtsgebieten, die durch den streitgegenständlichen Verwaltungsakt möglicherweise verletzt sein könnten, nicht ausreiche. Daneben sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin Gebietskörperschaft und somit juristische Person des öffentlichen Rechts sei. Als solche sei sie nicht Grundrechtsträgerin. Eine Verletzung des Art. 3 GG sei deshalb auch nicht möglicherweise denkbar, da dieses Grundrecht juristischen Personen des öffentlichen Rechts von vornherein nicht zustehe. Eine Ausnahme bestehe lediglich hinsichtlich des Willkürverbots. Auch aus der institutionellen Garantie des kommunalen Selbstverwaltungsrechts könne die Klägerin keine subjektivöffentlichen Rechte ableiten, die über den Existenzschutz und die Garantie eines bestimmten Aufgabenkreises sowie die eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft hinausgehen. Eine solche Rechtsverletzung sei hier aber nicht denkbar, da der Zensus 2011 die institutionelle Selbstverwaltungsgarantie der Kommunen weder regele, noch im Ansatz tangiere. Darüber hinaus stellen die Regelungen des ZensVorbG 2011, des ZensG 2011 und der StichprobenV sowie Art. 26 Abs. 2 BayStatG lediglich Verfahrensvorschriften dar, die keinen Individualschutz vermitteln. Diese Gesetze seien lediglich im Interesse der Allgemeinheit kodifiziert worden.

Hinsichtlich des Verpflichtungsantrags sei darauf hinzuweisen, dass die Veröffentlichung der Fortschreibung des Bevölkerungsstands kein Verwaltungsakt, sondern lediglich die Veröffentlichung eines statistischen Ergebnisses sei (vgl. VG Cottbus, vom 27.06.2013, 1 K 951/10). Wenn die Klägerin eine amtliche Einwohnerzahl in Fortschreibung der Volkszählung 1987 begehre, wäre dieses Klagebegehren allenfalls als allgemeine Leistungsklage zulässig. Die Verpflichtungsanträge seien aber in jedem Fall unzulässig, da eine entsprechende Rechtsnorm auf Feststellung der beantragten Einwohnerzahl weder erkennbar noch von der Klägerin vorgetragen sei.

II.

Begründetheit der Klage:

1. Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse:

Der Einlassung der Klägerin, die ermittelte Einwohnerzahl sei nach wie vor nicht nachvollziehbar, könne nicht gefolgt werden. Bereits vor Durchführung des Anhörungsverfahrens sei die Klägerin vom LfStaD über das Zensus- und Stichprobenverfahren informiert worden. Im Rahmen des Anhörungsverfahrens seien die „Erläuterungen zum Datenblatt mit Angaben zur Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl der Gemeinden im Zensus 2011 und ergänzende Hinweise“ übersendet worden. Ergänzend sei seit dem 06.05.2013 für Bürgermeisterinnen und Bürgermeister eine Hotline mit 7 Mitarbeitern zu deren Information eingerichtet worden. Darüber hinaus seien dem LfStaD bundesweit Tagungen und Veranstaltungen der Kommunalen Spitzenverbände bekannt, in denen die Kommunen über die Rechtslage und das Zensusverfahren umfassend informiert worden seien. So seien der Deutsche Städtetag und auch der Bayerische Städte- und Landkreistag in Veranstaltungen des statistischen Bundesamtes am 26.07.2011 und am 22.05.2012 über die Methoden und das Verfahren zur Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl informiert worden. Am 30.07.2013 habe auf Einladung des Bayerischen Städtetages eine Informationsveranstaltung in München stattgefunden, in der ausführlich die Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl beim Zensus vorgestellt und das Datenblatt erklärt worden seien. An dieser Veranstaltung haben zahlreiche Gemeinden, u. a. auch die Klägerin, teilgenommen. Aus diesen Gründen könne ein vermeintliches Nichtwissen dem Beklagten nicht angelastet werden.

Auch die Behauptung der Klägerin, im Anhörungsverfahren seien zum tatsächlichen Sachverhalt keine Angaben gemacht worden, könne nicht nachvollzogen werden. Das LfStaD habe im Anhörungsverfahren das Hochrechnungsverfahren für die Klägerin im Detail erläutert und die dem Hochrechnungsverfahren zugrunde liegende Formel dargestellt. Auch seien in Anlage 2 die Zwischenergebnisse der Hochrechnungen für die Klägerin bekannt gegeben worden.

2. Formelle Rechtmäßigkeit:

Aus Sicht des Beklagten genüge der Bescheid der formellen Begründungspflicht und die festgestellte Einwohnerzahl sei sowohl nachvollziehbar als auch im Verwaltungsrechtsweg durch das In-Camera-Verfahren gemäß § 99 VwGO überprüfbar. Zwar habe die Klägerin im Rahmen ihrer subjektivöffentlichen Rechte einen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, der ein transparentes und nachvollziehbares Verwaltungsverfahren voraussetze; dieser Anspruch beinhalte jedoch kein Recht auf uneingeschränkte Auskunft oder Akteneinsicht, die über Art. 29 Abs. 2 BayVwVfG hinausgehen. Art. 29 Abs. 2 BayVwVfG bestimme, dass eine Behörde zur Gestattung der Akteneinsicht nicht verpflichtet sei, soweit die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach, namentlich wegen der berechtigten Interessen der Beteiligten oder dritter Personen, geheim gehalten werden müssen. Die Regeln zur statistischen Geheimhaltung und zum Rückspielverbot seien deshalb zwingend zu beachten gewesen.

Ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip liege nicht vor, da der Weg zu den Verwaltungsgerichten offen stehe und das Incamera-Verfahren gemäß § 99 VwGO eine umfassende gerichtliche Kontrolle gewährleiste. Darüber hinaus bestehen keine schützenswerten Rechte der Klägerin dahingehend, das Zensusverfahren selbst und unmittelbar zu kontrollieren. Die Begründung eines Verwaltungsakts müsse die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die an Inhalt und Umfang der Begründung zu stellenden Anforderungen richten sich dabei jedoch nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebiets, der Art des infrage stehenden Verwaltungsakts und der für die Entscheidung im konkreten Fall maßgeblichen Gründe. Angesichts der gesetzlichen Regelungen im ZensG 2011 sowie der statistischen Geheimhaltung sei hier nicht ersichtlich, dass über die im Feststellungsbescheid enthaltenen Darlegungen eine weitere Begründung notwendig sei; insbesondere seien die begehrten Einzelangaben entbehrlich. In dem Datenblatt werden die einzelnen Schritte des Zensus bei der Ermittlung der Einwohnerzahl hinsichtlich der Klägerin exakt dargestellt. Die von der Klägerin darüberhinausgehend gewünschte Offenlegung von Stichprobenergebnissen könne aus Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG nicht abgeleitet werden, weil eine Offenlegung wegen der einzelfallbezogenen Daten unzulässig wäre.

3. Materielle Rechtmäßigkeit:

a) Nutzung der Gebäude- und Wohnungszählung:

Der Einlassung der Klägerin, die Ergebnisse der Gebäude- und Wohnungszählung seien bei großen Gemeinden überhaupt nicht genutzt worden, könne nicht gefolgt werden. Auch das Stichprobenverfahren basiere auf einem Anschriften- und Gebäudebestand, der sowohl im Anschriften- und Gebäuderegister als auch in den Resultaten der Gebäude- und Wohnungszählung enthalten sei. Daneben übersehe die Klägerin, dass das Verfahren zur Korrektur bei kleinen Gemeinden gemäß § 16 ZensG 2011 lediglich bei Anschriften mit nur einer bewohnten Wohnung herangezogen worden sei, weil dieser Verfahrensansatz nur in dieser Gebäudekategorie zu sinnvollen Qualitätsverbesserungen geführt habe. In großen Gemeinden sei eine solche Anwendung deshalb nicht sinnvoll gewesen, weil diese Kommunen in ihrer Gebäudestruktur vermehrt Mehrfamilienhäuser haben.

b) Verfassungsmäßigkeit der Gesetze und der Durchführung des Zensus:

Was die Verletzung des Rechts auf kommunale Selbstverwaltung angehe, so handele es sich nicht um ein Grundrecht, sondern um eine sog. institutionelle Garantie, die nur im „Rahmen der Gesetze“ gewährleistet werde. Regelungen und Maßnahmen, die die gemeindliche Selbstverwaltung beschränkend betreffen, seien somit zu dulden, sofern das Willkürverbot beachtet und der Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung nicht verletzt werde. Die Klägerin könne sich also allein darauf berufen, dass im Rahmen der Einwohnerzahlermittlung nicht gegen das Willkürverbot verstoßen werde. Dieses sei jedoch erst dann verletzt, wenn sich kein vernünftiger oder aus der Natur der Sache ergebender Grund für eine gesetzliche Differenzierung oder Ungleichbehandlung finden lasse (vgl. BVerfGE 1, 14, 52). Was sachlich vertretbar oder sachfremd sei, lasse sich nicht abstrakt und allgemein feststellen, sondern könne stets nur in Bezug auf die Eigenart des Sachverhalts festgestellt werden.

Daneben führe der Zensus weder zu einer Verletzung der institutionellen Garantie der kommunalen Selbstverwaltung und Finanzhoheit, noch tangiere er diese, weil er weder ihren Bestand noch die finanzielle Eigenverantwortlichkeit regele. Aufgrund der im Zensusgesetz normierten Methodik zur Einwohnerzahlermittlung könne von einer willkürlichen Festsetzung ebenso wenig die Rede sein wie von einer systemwidrigen Benachteiligung bestimmter Gemeinden. Genauso wie der Zensus diene der Finanzausgleich lediglich dem Interesse der Bürger, also der Allgemeinheit und nicht dem Eigenzweck der Kommunen. Der kommunale Finanzausgleich diene schließlich dazu, die Bürger gleichmäßig mit öffentlichen Einrichtungen und Dienstleistungen zu versorgen. Weder aus dem Selbstverwaltungsrecht noch aus der Finanzhoheit könne die Anwendung einer bestimmten Methode oder eines bestimmten Verfahrens zur Feststellung der Einwohnerzahl abgeleitet werden. Das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden enthalte keine Garantie auf einen bestimmten Bevölkerungsstand, da es den Gemeinden an einer Einwirkungsmöglichkeit auf ihre Einwohner fehle, die im Rahmen der verfassungsrechtlich garantierten Freizügigkeit selbst bestimmen können, welcher Gemeinde sie angehören wollen (vgl. VG Cottbus - VG 1 K 951/10; VGH Baden-Württemberg, U.v. 21.07.1986 - 1 S 232/86 - DÖV 1987, 118).

c) Keine Verletzung der interkommunalen Gleichbehandlung:

Im Hinblick auf das unterschiedliche Verfahren müsse zunächst berücksichtigt werden, dass Art. 3 Abs. 1 GG keine Anwendung finde. Die Mittel der finanziellen Länderzuweisungen an Gemeinden sowie des Länderfinanzausgleichs dienen der Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Dies sei auch vor dem Hintergrund der institutionellen Garantie der kommunalen Selbstverwaltung nicht anders zu bewerten, da diese institutionelle Garantie die Gemeinden nicht zu Grundrechtsträgern mache. Das in landesverfassungsgerichtlichen Entscheidungen statuierte interkommunale Gleichbehandlungsgebot verbiete nur eine willkürliche und sachlich nicht vertretbare Differenzierung. Die im Zensusverfahren gemachten Differenzierungen entsprechen jedoch dem aktuellen Stand der statistischen Wissenschaft und seien methodisch abgesichert.

Unstreitig sei, dass den Gesetzgeber auch finanzielle Erwägungen zu seiner Entscheidung für ein differenziertes Modell der Einwohnerzahlermittlung geleitet haben. Die Behauptung der Klägerin, für diese Entscheidung gebe es keine hinreichenden fachlichen Gründe und Abstriche bei der Ergebnisqualität seien billigend in Kauf genommen worden, sei unzutreffend. Dass versucht worden sei, die Feststellung der amtlichen Einwohnerzahl mit einem möglichst geringen Kostenaufwand zu realisieren, gehöre zu den Grundprinzipien staatlichen Handelns. Daneben habe der Gesetzgeber eine weitere Randbedingung berücksichtigen müssen, da das Bundesverfassungsgericht im sog. Volkszählungsurteil den Gesetzgeber aufgefordert habe, bei der Planung künftiger Volkszählungen auch weichere Mittel als die vollständige Erhebung aller Bürgerinnen und Bürger zu prüfen. Im Urteil heiße es ausdrücklich: „(…) dass sich der Gesetzgeber vor künftigen Entscheidungen für eine Erhebung erneut mit dem dann erreichten Stand der Methodendiskussion auseinandersetzen muss, um festzustellen, ob und in welchem Umfang die herkömmlichen Methoden der Informationserhebung und -verarbeitung beibehalten werden können. Die Methoden der amtlichen Statistik und der Sozialforschung entwickeln sich stetig weiter. Diese Entwicklung darf der Gesetzgeber nicht unberücksichtigt lassen.Ebenso muss er bei der Anordnung einer statistischen Erhebung anhand des erreichbaren Materials prüfen, ob eine Totalerhebung trotz einer inzwischen fortgeschrittenen Entwicklung der statistischen und sozialwissenschaftlichen Methoden noch verhältnismäßig ist.“

Neben diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen habe der Gesetzgeber bei seiner Entscheidung für ein differenziertes Modell auch die Ergebnisse des Zensustests berücksichtigt. Dieser Test habe gezeigt, dass die Melderegister zur Ermittlung der Einwohnerzahlen zwar grundsätzlich geeignet seien, aber angesichts der im Test festgestellten Registerfehler (bundesweite Karteileichenrate von 2,9% und eine Fehlbestandsrate von 1,7%) Maßnahmen zur Qualitätssicherung unabdingbar seien, um die Ergebnisqualität traditioneller Volkszählungen zu erreichen. Weiter habe der Test auch gezeigt, dass die durchschnittliche Karteileichenrate in großen Gemeinden mit 3,3% um 65% über der Karteileichenrate von 2,0% in kleinen Gemeinden gelegen habe. Ein ähnliches Bild habe sich auch bei den Fehlbeständen gezeigt. Hier habe die Fehlbestandsrate in großen Gemeinden mit 1,9% um rund 50% über dem Wert von 1,3% in kleinen Gemeinden gelegen.

Mithilfe der Haushaltsstichprobe lassen sich diese Registerfehler quantifizieren und damit die aus dem Melderegister ausgezählten Einwohnerzahlen entsprechend dem Qualitätsniveau korrigieren. Untersuchungen aus dem Test haben gezeigt, dass bei Anwendung der Stichprobenmethodik auf alle Gemeinden, bei kleineren Gemeinden ein überproportional hoher Anteil der Einwohner hätte befragt werden müssen, um ein repräsentatives Stichprobenergebnis zu erhalten. Gemäß dem statistischen Grundsatz, dass nicht der proportionale Auswahlsatz, sondern die absolute Zahl der ausgewählten Einheiten zur Gewinnung belastbarer Stichprobenergebnisse ausschlaggebend sei, hätte der Anteil der zu befragenden Personen mit abnehmender Gemeindegröße merklich zunehmen müssen. Er hätte in Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern nahezu einer Vollerhebung entsprochen. Damit wäre die Zielsetzung eines die Bevölkerung weniger belastenden Zensusmodells und damit letztlich die Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts nach einem „milderen Mittel“ konterkariert worden.

Nach den Ergebnissen aus dem Stichprobenforschungsprojekt lasse sich durch eine Haushaltsstichprobe im Umfang von knapp 10% der Bevölkerung in Gemeinden mit 10.000 oder mehr Einwohnern die Einwohnerzahl in einer Qualität ermitteln, die vergleichbar mit traditionellen Volkszählungen sei. Die Untersuchungen aus dem Zensustest hätten daneben auch gezeigt, dass durch die Maßnahmen bei kleinen Gemeinden eine vergleichbare Qualitätssicherung erreichbar sei, wie durch die Haushaltsstichprobe bei großen Gemeinden.

Damit haben überzeugende sachliche und empirisch belegte Gründe für die Differenzierungen des Zensusmodells vorgelegen.

An der von der Klägerin angeführten Studie (Regressionsanalyse) von Hoppe/Spandel seien erhebliche Zweifel angebracht. So sei die Wahl der untersuchten Größen aus Sicht des Beklagten nicht unproblematisch. Hoppe/Spandel analysieren die Abweichungen zwischen den Einwohnerzahlen des Zensus und den Einwohnerzahlen der auf der Volkszählung 1987 basierenden Bevölkerungsfortschreibung. Hierbei fließen jedoch Effekte aus der Bevölkerungsfortschreibung ein, die mit der eigentlichen Problemstellung des Zensus nichts zu tun haben. Sehr viel aussagekräftiger wäre eine Analyse der Einwohnerzahlen aus dem Melderegister im Vergleich zu den Zensusergebnissen gewesen. Aber selbst wenn man dem Ansatz von Hoppe/Spandel folge, seien an den Schlussfolgerungen ebenfalls erhebliche Zweifel angebracht. Hierauf deuten die Auswertungen zu den Abweichungen zwischen den Ergebnissen der Volkszählung 1987 und der damaligen Fortschreibung sowie den aktuellen Abweichungen zwischen dem Zensus 2011 und den heutigen Fortschreibungen des Zensus 1987 hin. Bei Anwendung einer einheitlichen Methode in allen Gemeinden wiesen die Ergebnisse der Volkszählung 1987 für kleine Gemeinden mit +0,08% sogar ein geringfügiges Plus gegenüber den Ergebnissen der auf der Basis der Volkszählung 1970 basierenden Bevölkerungsfortschreibung auf. Demgegenüber mussten die Ergebnisse für große Gemeinden um 2,38% nach unten korrigiert werden. 2011 sei die Diskrepanz bei den Abweichungen zwischen dem Zensusergebnis 2011 und der Fortschreibung mit -0,75% bei den kleinen Gemeinden und -1,60% bei den großen Gemeinden merklich moderater ausgefallen. Obwohl seinerzeit in allen Gemeinden nach einer einheitlichen Methode vorgegangen worden sei, habe es sich also schon 1987 gezeigt, dass zwischen kleinen Gemeinden und großen Gemeinden erhebliche Qualitätsunterschiede bestehen. Auf Grundlage dieser Ergebnisse lasse sich die These von Hoppe/Spandel, das Zensusmodell 2011 benachteilige systematisch große Gemeinden, nicht aufrechterhalten. Auf jeden Fall handele es sich dabei um eine wissenschaftliche Einzelmeinung, zu der der wissenschaftliche Diskurs noch nicht abgeschlossen sei. Keineswegs habe das VG Bremen festgestellt, dass das gewählte Verfahren objektiv zu Ungleichbehandlungen führe. Das Gericht habe lediglich angemahnt, dass der Gesetzgeber aufgrund seiner Aufklärungspflicht untersuchen müsse, ob, abhängig von der Gemeindegröße, unterschiedliche Ergebnisgenauigkeiten zu verzeichnen seien. Nur wenn es tatsächlich zu erheblichen Unterschieden in der Ergebnisgenauigkeit gekommen sei, werde der Gesetzgeber dies beim nächsten Zensus berücksichtigen müssen.

d) Konkrete finanzielle Einbußen der Klägerin:

Auch die von der Klägerin dargestellten finanziellen Einbußen seien so nicht korrekt. Grundsätzlich werden bei den meisten Zuweisungen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs die im Staatshaushalt jeweils zur Verfügung gestellten Mittel vollständig unter den jeweils anspruchsberechtigten Körperschaften aufgeteilt. Die Zuweisungen an die einzelnen Körperschaften hängen in ihrer Höhe unmittelbar voneinander ab. Veränderungen bei den Berechnungsgrundlagen einer Körperschaft wirken sich grundsätzlich auch auf die Höhe der Zuweisungen aller anderen Leistungsempfänger aus. Verändere sich eine Einwohnerzahl, müsse ein neuer Rechenlauf durchgeführt werden und dabei nicht nur die Einwohnerzahlen der Klägerin, sondern auch die Einwohnerzahlen aller anderen Gemeinden miteinbezogen werden. In diesem Zusammenhang müsse deshalb beachtet werden, dass im Zensus 2011 64,64% der Kommunen eine Einwohnerzahlenminderung erfahren haben. Außerdem gebe es bei den Schlüsselzuweisungen als Kernstück des kommunalen Finanzausgleichs zum Ausgleich finanzieller Nachteile durch den Bevölkerungsrückgang in einigen Landesteilen seit 2006 einen sog. Demographiefaktor.

Deshalb sei insgesamt nicht vorhersehbar, ob alternative Einwohnerzahlen im Endergebnis überhaupt zu finanziellen Verbesserungen für die Klägerin führen würden.

e) Überprüfbarkeit der Zensusergebnisse:

Was die Überprüfbarkeit der Zensusergebnisse angehe, verkenne die Klägerin, dass die Beachtung des Rückspielverbots und der statistischen Geheimhaltung nicht auf der Auswahl eines bestimmten Zensusverfahrens oder einer speziellen Methode beruhe, sondern in der Materie selbst ihren Grund habe. Da personenbezogene Einzeldaten erhoben und verarbeitet worden seien, müsse der Beklagte statistische Geheimhaltungsregeln ungeachtet eines bestimmten Verfahrens zwingend beachten. Effektiver Rechtsschutz könne über das in § 99 VwGO geregelte Incamera-Verfahren gewährleistet werden. Von einer Verkürzung des Rechtsschutzes oder gar einem Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip könne keine Rede sein. Die Klägerin könne aus der Rechtsschutzgarantie keinen Anspruch auf Offenlegung personenbezogener Einzeldaten mit dem Ziel ableiten, ihr Melderegister abzugleichen und die Vorgehensweise des LfStaD im Verwaltungsverfahren zu kontrollieren. Im Hinblick auf die schutzwürdigen Belange der Auskunftspflichtigen im Zensus sei der Beklagte sogar zur Verweigerung der Akteneinsicht verpflichtet gewesen.

Die nochmalige Überprüfung von Anschriften im Rahmen des Anhörungsverfahrens sei nur bei wenigen Anschriften durchgeführt worden, weil z. B. eine hohe Zahl von Karteileichen vorgelegen habe. Bei allen anderen Anschriften haben sich die Ergebnisse der Erhebungen entweder mit den Informationen aus dem Melderegister gedeckt oder die Erhebungsergebnisse seien davon nur geringfügig abgewichen. Aus der Tatsache, dass zwei der auffälligen Anschriften fehlerhaft ausgewertet worden seien, könne nicht auf Fehler in entsprechender Größenordnung bei den unauffälligen Anschriften geschlossen werden. Beim Zusammenführen der Wohnstatusinformationen aus dem Melderegister und der Sonderbereichserhebung seien die landesrechtlichen Meldevorschriften beachtet und entsprechend umgesetzt worden.

Was die Hochrechnungsergebnisse bezüglich der einzelnen Schichten betreffe, sei darauf hinzuweisen, dass nicht die Differenz aus Fehlbeständen und Karteileichen hochgerechnet worden sei, sondern die als existent festgestellten Personen d. h. es sei an jeder Stichprobenanschrift die Anzahl der existenten Personen festgestellt und diese dann mit einem anschriftenspezifischen Hochrechnungsfaktor multipliziert worden. Die Hochrechnungsfaktoren seien letztlich durch das statistische Verfahren so bestimmt worden, dass die Einwohnerzahl bestmöglich bestimmt werde. Hierfür seien Anschriften aufgrund ihrer Struktur als bedeutender eingestuft und deswegen höher gewichtet worden als andere. Deshalb könne es passieren, dass in einer bestimmten Schicht Anschriften mit tendenziell höheren Hochrechnungsfaktoren versehen worden seien. In einem solchen Falle übertreffe die in dieser Schicht hochgerechnete Einwohnerzahl die Anzahl der gemeldeten Personen, selbst wenn es in den Stichprobenanschriften dieser Schicht weder Karteileichen noch Fehlbestände gegeben habe oder wenn es wie z. B. in Schicht 4 und 8 der Klägerin mehr Karteileichen als Fehlbestände gegeben habe.

d) Dynamische Verweisung auf das Stichprobenforschungsprojekt:

Die Ergebnisse des Forschungsprojekts haben im Zeitpunkt der Kodifizierung des Stichprobenverfahrens vorgelegen und sie seien der Kodifizierung auch zugrunde gelegt worden. Dies ergebe sich bereits aus Ziffer 3 der Begründung des „Entwurfs eines Gesetzes zur Anordnung des Zensus 2011 sowie zur Änderung des Statistikgesetzes“ (BR-Drucks. 3/09 vom 02.01.2009). Somit sei nicht auf ein noch unbekanntes zukünftiges Forschungsgutachten verwiesen worden. Die Ergebnisse des Forschungsprojektes in Bezug auf die Stichprobenziehung seien demgegenüber bekannt gewesen; es habe lediglich an ihrer Veröffentlichung gefehlt. Aus diesem Grund liege auch keine unzulässige dynamische Verweisung in § 2 Abs. 2 StichprobenV vor. Dem externen Auftragnehmer seien keine weitergehenden Befugnisse übertragen worden, sondern es sei lediglich die Berücksichtigung der sich aus dem Forschungsprojekt ergebenden Qualitätsvorgaben festgeschrieben worden. Hingegen sei die Entscheidung über das tatsächlich zur Anwendung kommende Stichprobenverfahren beim statistischen Bundesamt verblieben.

Auch müsse dem Einwand der Klägerin, die Stichprobenerhebung habe zwangsläufig zu unzutreffenden Ergebnissen geführt, generell entgegengetreten werden. Die Stichprobenerhebung sei eine geeignete Methode, da wegen der geringeren Zahl der zu befragenden Personen, auch relativ gesehen, deutlich niedrigere Fehlerquoten erreicht werden können, weil z. B. die Erhebungsbeauftragten besser geschult und betreut werden konnten und Fehler, die im Massengeschäft hingenommen werden müssen, so durch Nachbearbeitungen bereinigt werden konnten. Entsprechende Untersuchungen zu den Volkszählungen 1961 und 1970 haben gezeigt, dass auch bei Vollerhebungen mit einer Untererfassung von mindestens 1% bzw. 1,7% und einer Übererfassung von 0,5% bzw. 0,8% gerechnet werden müsse. Auch seien die deutschen Zensusergebnisse im internationalen Vergleich von hoher Genauigkeit und Güte. Qualitätsuntersuchungen für die Volkszählungen anderer Staaten (z. B. Großbritannien und Kanada) haben gezeigt, dass dort für einzelne Regionen Fehler von bis zu 3% aufgetreten seien. Durch die systembedingt höhere Genauigkeit einer Stichprobenerhebung können Zufallsfehler vermieden werden. Das durch die statistischen Landesämter entwickelte Schulungskonzept für die Interviewer und die damit verbundene Methodik zur Existenzfeststellung habe solche systematische Verzerrungen verhindern können.

e) Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften:

Hinsichtlich des relativen Standardfehlers werde auf § 7 Abs. 1 Nr. 1 ZensG 2011 hingewiesen, wonach die amtliche Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5% ermittelt werden solle. Schon aufgrund des Wortlauts der Vorschrift „angestrebt“ stehe fest, dass der Wert nicht zwingend einzuhalten sei. Die Schlussfolgerung der Klägerin, der Gesetzgeber gestehe eine Ungenauigkeit im Sinne einer Intervalllänge von 838 Personen zu, sei nicht korrekt. Des Weiteren basiere die Konstruktion der hier verwendeten Konfidenzintervalle in guter Näherung auf einer Nominalverteilung, die sich mit ihrer Glockenform durch besonders schmale Enden auszeichne. Damit seien kleine Abweichungen bei Feststellung der Einwohnerzahl viel wahrscheinlicher als große Abweichungen. Es sei daher nicht möglich, diese Intervallbreite mit der Abweichung zum Melderegister von 946 Personen zu vergleichen. Generell sei zu betonen, dass auch bei einem höheren oder niedrigeren Wert für den relativen Standardfehler derselbe Wert für die amtliche Einwohnerzahl im Zensus 2011 zu erwarten gewesen sei. Deshalb werde mit dem Adjektiv „angestrebt“ auch kein subjektivöffentliches Recht der Gemeinden begründet.

Die Forderung der Klägerin, dass der Gesetzgeber Korrektur- oder gesonderte Überprüfungsmöglichkeiten vorsehen müsse, sei geradezu abwegig. Zwar könne die tatsächliche Einwohnerzahl der Klägerin prinzipiell auch außerhalb des Bereichs von 41.435 bis 42.441 liegen, hierfür lasse sich aber keine Wahrscheinlichkeit angeben. Deshalb sei auch eine Überprüfung nicht möglich, da die tatsächliche Einwohnerzahl der Klägerin gerade nicht bekannt sei.

Unzutreffend sei schließlich der Vorwurf, die Vorgaben des Melderechts seien im Zensus nicht eingehalten worden. Aus der amtlichen Begründung zu § 8 ZensG 2011 (BT-Drucks. 16/12219, S. 35ff.) könne entnommen werden, dass bei der Erhebung der Sonderanschriften auf einen objektivierten Einwohnerbegriff abzustellen sei. Maßgebliche Rechtsnorm sei § 12 MRRG. § 15 MRRG regele Ausnahmen zum Melderecht und eröffne in Abs. 2 darüber hinaus landesrechtliche Regelungen. § 15 Abs. 2 MRRG sei in der Zeit vom 19.04.2002 bis zum Erlass des Zensusbescheids zwar mehrfach geändert worden, aber keinesfalls, wie die Klägerin meine, in der Fassung vom 19.04.2002 außer Kraft gesetzt worden. Selbstverständlich sei das landesrechtliche Melderecht in der am 09.05.2011 geltenden Fassung angewendet worden. Da eine Unterbringung an einer Sonderanschrift nicht bedeute, dass eine Person keinen weiteren Wohnsitz habe, habe sich an die Erhebung eine Mehrfachfalluntersuchung angeschlossen. Die genaue Schrittfolge könne der Gesetzesbegründung entnommen werden (BR-Drucks. Nr. 3/09, S. 62ff.). Weil in den Meldegesetzen der Länder unterschiedliche Regelungen für die Meldepflicht bzw. Ausnahmen von der Meldepflicht in Heimen und ähnlichen Einrichtungen aber auch in Justizvollzugsanstalten vorgelegen haben, sei bei der personenbezogenen Erhebung der Daten in Sonderbereichen von einem objektivierten Einwohnerbegriff ausgegangen worden. Auf diese melderechtliche Problematik würden sich auch die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid beziehen. Der objektivierte Einwohnerbegriff sei nur im Bereich der Datenerhebung in Sonderbereichen zur Anwendung gekommen.

f) Konkrete Durchführung der Befragung:

Hinsichtlich der klägerseits geltend gemachten Rundmail Nr. 75 habe die Klägerin übersehen, dass die dort zitierte Vorgehensweise nur dann zu Anwendung gekommen sei, wenn die Fälle des Fallbeispiels 1 abgearbeitet gewesen seien. Mit dem letztendlichen Verschicken einer PZU habe die Existenz oder die Nicht-Existenz dieser Person abschließend geklärt werden sollen. Wenn die Person weder auf dem Klingelschild, noch auf dem Briefkasten gestanden habe, noch in einem anderen „geklärten“ Haushalt gewohnt habe und zusätzlich auch noch die PZU unzustellbar gewesen sei, sei abschließend festgestellt worden, dass diese Person nicht mehr an der Anschrift wohne. Nichts anderes gehe aus der Rundmail vom 04.08.2011 hervor.

g) Qualitätssicherung bei den Haushaltsstichproben:

Neben der im Anhörungsverfahren durchgeführten systematischen Prüfung von Sonderanschriften, habe es auch parallel zur Erhebung qualitätssichernde Maßnahmen gegeben. Insbesondere sei bei auffälligen Befunden der Erhebungsbeauftragten hinsichtlich der primärstatistisch festgestellten Personenzahl an einer Anschrift (ungewöhnlich hoher Anteil an Über- bzw. Untererfassungen) oder auch bei Befragungsausfällen nochmals die örtliche Erhebungsstelle mit einer eingehenden Prüfung beauftragt worden. Konkret habe auf dem Stadtgebiet der Klägerin eine Anschrift einer zusätzlichen Prüfung durch die örtliche Erhebungsstelle unterzogen werden müssen. Hierbei habe es sich um einen ungewöhnlichen Befund hinsichtlich der primärstatistisch festgestellten Personenzahl gehandelt. Allerdings sei dieser Befund durch die örtliche Erhebungsstelle bestätigt worden. Bei einer weiteren Anschrift habe es ein Problem der Abgrenzbarkeit gegeben, so dass der örtlichen Erhebungsstelle angeraten worden sei, für diese Anschrift einen stichprobenneutralen Antwortausfall zu hinterlegen. Damit seien alle gemeldeten Personen auch als existent gewertet worden. Abgrenzungsprobleme bei Stichprobenanschriften habe es immer dann gegeben, wenn eine eindeutige bauliche Trennung von Gebäuden an zwei oder mehreren Anschriften nicht möglich gewesen sei. Hierbei hätte die Gefahr bestanden, dass der Erhebungsbeauftragte zusätzlich zu der zu befragenden Anschrift auch Personen befragt hätte, die eigentlich schon an der weiteren Anschrift zu zählen seien. Damit wären durch den Abgleich mit den Registern falsche Nicht-Übereinstimmungen vorgefunden worden. In der Konsequenz seien die Wertung als stichprobenneutraler Antwortenausfall und Übernahme der Melderegister als beste Lösung dieses Problems anzusehen.

Auf das dem Gericht und den Parteien vorliegende Gutachten von Prof. Dr. K. wird Bezug genommen (Blatt 398 - 404 der GA).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 06.08.2015 und auf die Gerichts- bzw. Behördenakten verwiesen, die dem Gericht vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet, da die Festsetzung der Einwohnerzahl im Bescheid vom 25.11.2013 rechtmäßig war und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Einwohnerzahl an den Normalanschriften wurde mittels Hochrechnung durch ein statistisches Verfahren ermittelt, welches dem aktuellen wissenschaftlichen Methodenstand entspricht. Die dabei vorgenommene unterschiedliche Behandlung von kleinen und großen Gemeinden ist durch sachliche Gründe gerechtfertigt und folglich wird das interkommunale Gleichbehandlungsgebot nicht verletzt. Des Weiteren enthält die Stichprobenverordnung mit deren Bezugnahme auf das Stichprobenforschungsprojekt keine verfassungswidrige Subdelegation. Die bei der Klägerin vorliegende geringfügige Überschreitung des relativen Standardfehlers um 0,1% macht die Einwohnerzahlfeststellung nicht rechtswidrig, weil den Gemeinden kein subjektivöffentliches Recht auf strikte Beschränkung des Standardfehlers zusteht und weil die gesetzlichen Qualitätsvorgaben an die Ergebnisgenauigkeit im Wesentlich eingehalten wurden. Weiter wurde die Vollerhebung an Sonderanschriften in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben des ZensG 2011 durchgeführt und dabei der Wohnstatus in weiten Teilen entsprechend dem gültigen Melderecht festgesetzt. Schließlich ist der Bescheid ausreichend begründet.

Im Einzelnen:

1. Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft und die Klägerin nach § 42 Abs. 2 VwGO auch klagebefugt, weil die Möglichkeit einer Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts nicht von vornherein ausgeschlossen ist.

a. Der Bescheid vom 25.11.2013 ist ein Verwaltungsakt nach Art. 35 Satz 1 BayVwVfG, was sich bereits aus seiner äußeren Gestaltung ergibt. Er wurde als „Bescheid“ bezeichnet, er enthielt eine entsprechende Rechtsbehelfsbelehrung und seine äußere Gliederung in Entscheidungsformel und Begründung entspricht einem gewöhnlichen Verwaltungsakt. Somit liegt bereits ein formeller Verwaltungsakt vor, gegen den die Anfechtungsklage statthaft ist (Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 35 Rn. 16).

Im Übrigen ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Festsetzung der Einwohnerzahl gegenüber der Klägerin eine verbindliche Regelung mit unmittelbarer Außenwirkung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts i. S. d. Art. 35 Satz 1 BayVwVfG ist. Dass die Festsetzung der Einwohnerzahl gegenüber den Gemeinden mittels Verwaltungsakt erfolgt, war bereits bei der letzten Volkszählung in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, obwohl es damals noch keine explizite Rechtsgrundlage zum Erlass eines Verwaltungsaktes gegeben hat (vgl. VGH Mannheim, U.v. 19.09.1991 - 6 UE 2588/89 - juris Rn. 28; BayVGH, U.v. 21.12.1994 - 4 B 93.244 - juris Rn. 29). Mittlerweile hat der bayerische Gesetzgeber reagiert und für diesen und künftige Zensus mit Art. 26 Abs. 2 BayStatG eine eigene Rechtsgrundlage für das Landesamt geschaffen, auf deren Grundlage die durch den Zensus ermittelte amtliche Einwohnerzahl gegenüber den Gemeinden verbindlich festgestellt wird. Mithin ist die Klage als Anfechtungsklage statthaft.

b. Hinsichtlich der Klagebefugnis kann sich die Klägerin auf eine mögliche Verletzung ihrer kommunalen Selbstverwaltungsgarantie aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 11 Abs. 2 Satz 1 BV berufen.

Das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden garantiert nicht nur deren generellen Bestand (sog. institutionelle Garantie) und eine eigenverantwortliche Aufgabenerfüllung, sondern sie umfasst gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 3 HS. 1 GG als Finanzhoheit auch das Recht der Gemeinden auf eine eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft (BVerfG, B.v. 27.11.1986 - 2 BvR 1241/82 - juris Rn. 12) und auf eine aufgabenadäquate Finanzausstattung (BayVerfGH, E.v. 28.11.2007 - Vf. 15-VII-05 - juris Rn. 202). Die Selbstverwaltungsgarantie erschöpft sich dabei aber nicht nur in einer objektivrechtlichen Garantie, sondern sie räumt den Gemeinden auch ein subjektivöffentliches Recht dahingehend ein, sich gegen jede Art von Eingriffen gerichtlich zur Wehr zu setzen (Mehde, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Mai 2015, Art. 28 Rn. 45). Diese subjektive Rechtsstellungsgarantie ist nicht zuletzt wegen Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG allgemein anerkannt.

Davon ausgehend ist der Beklagte fälschlicherweise der Ansicht, der Zensus habe keinerlei Einfluss auf den Aufgabenkreis der Klägerin und tangiere deshalb ihr Selbstverwaltungsrecht nicht einmal im Ansatz. Im Gegensatz dazu greift die Feststellung der Einwohnerzahl mittelbar in die oben umrissene Rechtsstellung der Klägerin ein, weil die Finanzausstattung der Gemeinde zwar mittelbar, aber maßgeblich von der amtlich festgestellten Einwohnerzahl abhängt.

Gemäß Art. 2 Abs. 2 des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Staat, Gemeinden und Gemeindeverbänden (FAG) richtet sich die Höhe der Schlüsselzuweisungen nach der Ausgangsmesszahl und diese wiederum gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 HS. 1 FAG nach der Einwohnerzahl. Somit hat die Einwohnerzahl unmittelbaren Einfluss auf die Finanzausstattung der Gemeinde. Hinzu kommt, dass die jeweils im letzten Zensus festgestellte Einwohnerzahl gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Statistik der Bevölkerungsbewegung und die Fortschreibung des Bevölkerungsstandes (BevStatG) die Grundlage für die Fortschreibung der Einwohnerzahlen zwischen zwei Zensus bildet. Der streitgegenständliche Bescheid beeinflusst somit über die darin festgestellte Einwohnerzahl die Schlüsselzuweisungen, die die Klägerin empfängt und dies wirkt sich auch langfristig bis zur nächsten Volkszählung aus. Schon allein deshalb berührt die Feststellung der Einwohnerzahl die Rechtsstellung der Klägerin. Neben diesen finanziellen Auswirkungen wirkt sich die Einwohnerzahl aber auch in anderen Bereichen auf die Rechtsstellung der Klägerin aus. Gemäß Art. 31 Abs. 2 Satz 2 BayGO bestimmt sich die Zahl der Gemeinderatsmitglieder nach der Einwohnerzahl und nach Art. 34 Abs. 3 BayGO wirkt sich diese auch auf die Rechtsstellung des Bürgermeisters aus. Beides sind Belege dafür, dass die festgestellte Einwohnerzahl die Klägerin sehr wohl in ihrer Rechtsstellung tangiert (vgl. dazu auch die amtliche Begründung zum Zensusgesetz, die von 50 Rechtsvorschriften spricht, bei denen die Einwohnerzahl als Bemessungsgrundlage herangezogen wird, BR-Drucks. 3/09, S. 20).

Aus diesen Gründen geht auch die Rechtsprechung zur letzten Volkszählung von 1987 davon aus, dass die Festsetzung der Einwohnerzahl einen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltungsgarantie darstellt, gegen den die betroffene Gemeinde mittels Anfechtungsklage vorgehen kann (vgl. BVerwG, U.v. 24.09.1992 - 7 C 33/91 - juris; VGH Mannheim, U.v. 19.09.1991 - 6 UE 2588/89 bzw. 6 UE 236 UE 2356/89 - juris Rn. 29 bzw. 30; BayVGH, U.v. 21.12.1994 - 4 B 93.244 - juris Rn. 29). Daneben ergibt sich die Klagebefugnis bei der Feststellung der Einwohnerzahl durch den Zensus auch noch mittelbar aus der Rechtsprechung zur konkreten Höhe der Finanzzuweisungen. Im Rahmen eines Streits über die Höhe konkreter Finanzzuweisungen kann nämlich die Gemeinde nach der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht mit dem Einwand gehört werden, die Ergebnisse der Volkszählung seien unrichtig und sie habe in Wahrheit eine höhere Einwohnerzahl. Diesen Einwand müssen die Gemeinden gegen das Ergebnis der Volkszählung erheben (vgl. BayVGH, U.v. 23.06.1994 - 4 B 92.3531 - juris Rn. 11). Wenn die Klägerin jedoch beim Streit über die Höhe der Zuweisungen keine höhere Einwohnerzahl geltend machen kann, muss sie dies wenigstens nach Durchführung des Zensus anbringen können. Ansonsten würden die Gemeinden bezüglich der Einwohnerzahlfestsetzung rechtsschutzlos gestellt werden. Dies wäre mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG nicht vereinbar. Auch deshalb geht das Bundesverwaltungsgericht von einer Obliegenheit der Gemeinde aus, die festgestellte Einwohnerzahl im Beanstandungsfall gerichtlich überprüfen zu lassen (vgl. BVerwG, B.v. 17.03.1992 - 7 B 24/92 - juris Rn. 3).

Letztendlich schließt sich die entscheidende Kammer der soeben dargestellten obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung an, die auch für den Zensus 2011 Geltung beansprucht, da sich alle Volkszählungen in ihren rechtlichen Auswirkungen auf die Stellung der Gemeinden nicht unterscheiden. Die zulässige Klage ist jedoch unbegründet, da der streitgegenständliche Bescheid auf verfassungsgemäßen Rechtsgrundlagen beruht und deren Anforderungen sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht gerecht wird.

2. Der Bescheid vom 25.11.2013 beruht auf §§ 1 Abs. 3 Nr. 1, 2 Abs. 2 Satz 1 ZensG 2011 i. V. m. Art. 26 Abs. 2 BayStatG. Danach stellt das Landesamt die zum Zensusstichtag gezählte amtliche Einwohnerzahl der Gemeinden fest und diese entspricht dabei der Gesamtzahl an Personen, die ihren üblichen Aufenthaltsort in der Gemeinde haben. Nachdem das Selbstverwaltungsrecht gemäß Art. 28 Abs. 2 GG dem einfachen Gesetzesvorbehalt unterliegt, war dies als Rechtsgrundlage für einen Eingriff notwendig aber auch ausreichend. Die Rechtsgrundlage erfüllt nach Ansicht der entscheidenden Kammer, wie die anderen Regelungen des Zensusgesetzes und der Stichprobenverordnung auch, die notwendigen verfassungsrechtlichen Anforderungen. Insbesondere liegt weder ein Verstoß gegen das interkommunale Gleichbehandlungsgebot vor noch enthält die Stichprobenverordnung eine verbotene Subdelegation.

3. Hinsichtlich der einzelnen Ausgestaltungen des Zensusgesetzes und der Stichprobenverordnung kommt dem Gesetzgeber ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Gestaltungs- und Einschätzungsspielraum zu.

Der Festsetzung der Einwohnerzahl kommt auf verschiedenen Gebieten erhebliches Gewicht zu. Sie ist nicht nur wegen ihrer Auswirkungen auf die finanzielle Ausstattung der Gemeinden im Rahmen des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG bedeutsam, sondern sie wirkt sich über die Einteilung der Wahlkreise beispielsweise auch auf die Wahlrechtsgleichheit nach Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG aus. Deshalb ist eine möglichst genaue Bestimmung der Einwohnerzahl das vornehmliche Ziel jeder Volkszählung. Dabei ist es unvermeidbar, dass der Staat von seinen Bürgern über Befragungen Auskünfte einholt, um so ein möglichst genaues Bild über Anzahl und Zusammensetzung der Bevölkerung zu bekommen. Traditionell wird diese Aufgabe über Totalerhebungen gelöst, bei denen jede Erhebungseinheit (z. B. Personen, Haushalte, Gebäude) primärstatistisch durch Befragungen erfasst wird. Diesem Ziel stehen die Interessen der Bürger entgegen, die zum einen nicht durch umfangreiche Befragungen belastet werden wollen und zum anderen befürchten, dass der Staat sie dadurch in ihrer gesamten Persönlichkeit erfasst. Letztere Interessen werden durch die Menschenwürde in Art. 1 Abs. 1 GG und das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit in Art. 2 Abs. 1 GG von der Verfassung geschützt. Somit stehen sich der Schutz der Bürger in ihrem informationellen Selbstbestimmungsrecht und das Ziel einer möglichst genauen Erfassung der Bevölkerung diametral entgegen. Deshalb muss der Gesetzgeber bei jeder Volkszählung diese beiden kollidierenden Verfassungspositionen in einen gerechten Ausgleich bringen. Dabei hat er mittels praktischer Konkordanz dafür zu sorgen, dass die gegensätzlichen verfassungsrechtlichen Positionen in ihrer Wechselwirkung erfasst und so begrenzt werden, dass sie alle möglichst weitgehend wirksam werden (BVerfG, B.v. 27.011998 - 27.01.1998 - 1 BvL 15/87 - juris Rn. 28).

Gerade im Hinblick auf die Belastung der Bevölkerung hat das Bundesverfassungsgericht zur Volkszählung 1987 in seinem richtungsweisenden Volkszählungsurteil ausdrücklich ausgeführt: „Vor künftigen Entscheidungen für eine Erhebung wird sich der Gesetzgeber erneut mit dem dann erreichten Stand der Methodendiskussion auseinandersetzen müssen, um festzustellen, ob und in welchem Umfang die herkömmlichen Methoden der Informationserhebung und Informationsverarbeitung beibehalten werden können. Die Methoden der amtlichen Statistik und der Sozialforschung entwickeln sich stetig weiter. Diese Entwicklung darf der Gesetzgeber nicht unberücksichtigt lassen (…) Ebenso muss er bei der Anordnung einer statistischen Erhebung anhand des erreichbaren Materials prüfen, ob eine Totalerhebung trotz einer inzwischen fortgeschrittenen Entwicklung der statistischen und sozialwissenschaftlichen Methoden noch verhältnismäßig ist. Es reicht insoweit zur Begründung nicht aus, lediglich darauf zu verweisen, dass Volkszählungen schon immer in Form von Totalerhebungen durchgeführt worden seien.“ (vgl. BVerfG, U.v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 - juris Rn. 179).

Anders als die Klägerin meint, ist darin ein ganz klarer verfassungsrechtlicher Auftrag an den Gesetzgeber enthalten, zu prüfen, ob die modernen Methoden der Statistik und der automatisierten Datenverarbeitung es möglich machen, andere Formen der Volkszählung zu realisieren als die der Totalerhebung. Dies hat der Gesetzgeber beim Zensus 2011 zum Anlass genommen, einen grundlegenden Methodenwechsel einzuleiten. Er hat mit dem Zensustest umfangreiche wissenschaftliche und statistische Untersuchungen durchgeführt, an deren Ende er die Erkenntnis gewonnen hat, dass auch in Deutschland ein registergestützter Zensus möglich ist, der eine mit traditionellen Totalerhebungen vergleichbare Ergebnisgenauigkeit aufweist. Es ist deshalb aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, wenn sich der Gesetzgeber im Rahmen seines Gestaltungsspielraums für einen registergestützten Zensus entschieden hat. Aus verfassungsrechtlichen Überlegungen heraus ist es sogar zum Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts begrüßenswert, wenn der Gesetzgeber alle Möglichkeiten ergreift, um die Belastung der Bevölkerung zu reduzieren. Dies zieht auch die Klägerin grundsätzlich nicht in Zweifel. Des Weiteren hat der Gesetzgeber im Rahmen des Zensustests verschiedene methodische Ansätze untersucht, welche Arbeitsschritte notwendig sind, um einen registergestützten Zensus zu realisieren.

Anhand aller vorliegender Erkenntnisse ist für das Gericht nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum überschritten hat. Dies ist erst dann der Fall, wenn eine verfassungsrechtliche Position einer anderen in einer Weise untergeordnet wurde, die in Anbetracht ihrer Bedeutung und Tragweite nicht mehr angemessenen ist (vgl. BverfG, B.v. 27.01.1998 - 1 BvL 15/87 - juris Rn. 29) oder wenn ein Verstoß gegen die interkommunale Gleichbehandlung vorliegen würde. Einen gerechten Ausgleich der kollidierenden Verfassungspositionen hat der Gesetzgeber hier dadurch geschaffen, dass der Zensus 2011 auf der einen Seite weitestgehend vorhandene Register auswertet und dadurch die Belastungen der Bevölkerung durch Befragungen auf ein Mindestmaß begrenzt; auf der anderen Seite hat er das registergestützte Erhebungsverfahren durch primärstatistische Elemente dort ergänzt, wo dies zur Qualitätssicherung notwendig war. Auch an dieser Vorgehendweise übt die Klägerin keine grundsätzliche Kritik, mit Ausnahme der Verletzung des interkommunalen Gleichbehandlungsgebots (vgl. dazu die Ausführungen unter Punkt 4).

Insgesamt hat der Gesetzgeber aufgrund umfangreicher Voruntersuchungen ein Verfahren zur Ermittlung der Einwohnerzahl entwickelt, welches aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten heraus nicht zu beanstanden ist (vgl. dazu auch die zutreffenden und überzeugenden Ausführungen des VG Bremen, U.v. 06.11.2014 - 4 K 841/13 - juris Rn. 37 bis 43).

4. Die unterschiedliche Verfahrensgestaltung zur Feststellung der Einwohnerzahl verstößt nicht gegen das interkommunale Gleichbehandlungsgebot.

a. Wie das Bundesverfassungsgericht in seiner neueren Rechtsprechung ausführt, verbietet das interkommunale Gleichbehandlungsgebot, einzelne Gemeinden aus sachlich nicht vertretbaren Differenzierungen heraus zu benachteiligen oder zu bevorzugen. Als Teil der subjektiven Rechtsstellungsgarantie der Kommunen nach Art. 28 Abs. 2 GG verpflichtet es den Gesetzgeber dazu, Begünstigungen und Vorteile nach einheitlichen und sachlich vertretbaren Maßstäben auf einzelne Kommunen zu verteilen. Notwendig ist dabei aber nicht die bestmögliche und gerechteste Lösung, sondern es kommt entscheidend darauf an, dass der Gesetzgeber bei Ausschöpfung seines Einschätzungs- und Beurteilungsspielraums eine nachvollziehbare und vertretbare Lösung wählt (vgl. BVerfG, U.v. 07.10.2014 - 2 BvR 1641/11 - juris Rn. 108f). Dabei ist es, gerade im Hinblick auf den kommunalen Finanzausgleich, zulässig, die sachlich vertretbaren Verteilungsmaßstäbe nicht an der einzelnen Gemeinde, sondern generalisierend und pauschalierend an der Gesamtheit der Gemeinden auszurichten (VerfGH NRW, U.v. 06.05.2014 - 14/11 - juris Rn. 48). Wie das Bundesverfassungsgericht ausführt, resultiert das interkommunale Gleichbehandlungsgebot letztlich aus dem Bundesstaatsprinzip und dem Rechtsstaatsgebot, welche Bund und Länder dazu verpflichten, nachgeordnete Hoheitsträger gleich zu behandeln. Deshalb kann der Beklagte nicht mit Erfolg einwenden, die Klägerin könne sich als juristische Person des öffentlichen Rechts nicht auf den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG berufen.

b. Das interkommunale Gleichbehandlungsgebot und damit die soeben referierte Rechtsprechung finden auch auf die Feststellung der Einwohnerzahl sinngemäß Anwendung. Zwar werden durch die Feststellung der Einwohnerzahl keine finanziellen Mittel zwischen den Gemeinden verteilt, gleichwohl ist die Einwohnerzahl unstreitig die wichtigste Messgröße im Rahmen verschiedener finanzieller Zuteilungsentscheidungen. Der Gesetzgeber ist dann seiner Pflicht, Begünstigungen nach einem sachlich vertretbaren Maßstab zu verteilen, nicht dadurch enthoben, dass er, unabhängig von einer konkreten Verteilungsentscheidung, eine dafür abstrakte Messgröße festlegt. Deshalb und weil der Einwohnerzahl im Rahmen des Finanzausgleichs erhebliches Gewicht zukommt, muss sich auch deren Feststellung an den oben genannten Maßstäben orientieren (so auch VG Bremen, U.v. 06.11.2014 - 4 K 841/13 - Rn. 45).

Die sinngemäße Anwendung des interkommunalen Gleichbehandlungsgebotes führt bei der Feststellung der Einwohnerzahl im Wesentlichen zu zwei Anforderungen, denen das Verfahren und das Ergebnis des Zensus gerecht werden muss:

Zum einen müssen die Unterschiede beim Verfahren zur Ermittlung der Einwohnerzahl sachlich gerechtfertigt sein und zum anderen darf die unterschiedliche Verfahrensgestaltung nicht zu einer wesentlich unterschiedlichen Ergebnisgenauigkeit bei der Einwohnerzahlermittlung führen. Im Hinblick auf die Bedeutung der Einwohnerzahl kommt diesem zweiten Ziel besonderes Gewicht zu. Das Gebot der Ergebnisgenauigkeit geht aber nicht soweit, dass der Zensus die Einwohnerzahl bei jeder Gemeinde mit der gleichen Fehlerquote feststellen muss. Unabhängig davon, dass dies aus faktischen Gründen nicht möglich ist, darf der Gesetzgeber Verteilungsentscheidungen pauschalierend an der Gesamtheit der Gemeinden ausrichten. Deshalb ist es ihm bei der Ermittlung der Einwohnerzahl auch nicht verwehrt ein Verfahren zu wählen, welches, generalisierend betrachtet, über alle Gemeinden hinweg zu einer im Wesentlichen gleichen Ergebnisgenauigkeit führt. Das Gebot der interkommunalen Gleichbehandlung wäre in diesem Zusammenhang erst dann verletzt, wenn gewichtige Anhaltspunkte dafür bestünden, dass das Ziel der wesentlich gleichen Ergebnisgenauigkeit bei der Klägerin verfehlt worden wäre.

Wenn es um eine unterschiedliche Verfahrensgestaltung bei der Ermittlung der Einwohnerzahlen geht, so tauchen solche Unterschiede an zwei Punkten auf. Zum einen wurde nur bei großen Gemeinden mit über 10.000 Einwohnern gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 eine stichprobenmäßige Haushaltsbefragung durchgeführt, um die sich aus den Melderegistern ergebende Einwohnerzahl statistisch zu korrigieren. Zum anderen fand eine unterschiedliche Behandlung beider Gemeindeklassen auch bei den dauerhaften Mehrfachfällen im Rahmen des § 15 Abs. 2 und 3 ZensG 2011 statt. Aus Sicht der entscheidenden Kammer sind diese Unterschiede sachlich gerechtfertigt .

c. Die unterschiedliche Verfahrensgestaltung hinsichtlich der stichprobenmäßigen Haushaltsbefragung ist sachlich gerechtfertigt, weil zwischen Gemeinden mit über und Kommunen unter 10.000 Einwohnern hinreichende Unterschiede bei der Qualität der Melderegister bestehen. Wie Tabelle 1 des Tatbestands zeigt, steigen mit zunehmender Gemeindegröße nicht nur die Fehlbestände, sondern auch die Karteileichen. Wenn jedoch mit zunehmender Gemeindegröße die Gesamtfehlerquote in den Melderegistern ansteigt, bedarf es geeigneter Korrekturverfahren, um die Einwohnerzahl zuverlässig zu ermitteln.

Der Gesetzgeber musste sich vor Durchführung des Zensus prognostisch entscheiden, bei welchen Gemeindeklassen welche Methoden am besten geeignet sind, um insgesamt die Registerfehler auf ein hinnehmbares Maß zu reduzieren. Maßgeblich für die Entscheidung des nun vorliegenden Verfahrens war u. a. die Erkenntnis, dass bei größeren Gemeinden mit einem höheren Anteil an Mehrfamilienhäusern eine retrospektive Befragung der Einwohner wenig erfolgversprechend wäre. Deshalb entschied sich der Gesetzgeber bei großen Gemeinden zur Durchführung der Haushaltsstichprobe. Dass bei kleinen Gemeinden eine Haushaltsstichprobe zur Erlangung vergleichbarer Ergebnisse nicht notwendig ist, ergibt sich aus den Simulationsrechnungen des Zensustests. Danach kann mithilfe einer nachträglichen Befragung von in der Haushaltsgenerierung auffällig gewordenen Wohnungen eine deutliche Absenkung der Übererfassungen erreicht werden, weil in kleinen Gemeinden ein großer Teil der Bevölkerung in Ein- und Zweifamilienhäusern wohnt. Im Übrigen eignet sich eine Stichprobe zur Fehlerkorrektur bei kleinen Gemeinden auch deshalb nicht, weil bei jeder Gemeinde ein Mindestmaß an Anschriften befragt werden muss und dies wiederum bei kleinen Gemeinden nahezu einer Totalerhebung gleich kommen würde (vgl. BT-Drucks. 16/12219, Seite 44), was wiederum zu einer unverhältnismäßigen Belastung der Bevölkerung geführt hätte.

i. Diese Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers kann die Klägerin nicht mit dem Argument in Zweifel ziehen, die Ergebnisse des Zensustests seien bei Durchführung desselben durch Verbesserungen der Melderegister mittlerweile überholt. Dieses Argument geht bereits deshalb im Ansatz fehl, weil bei einem so großen Projekt wie dem Zensus, dessen Vorbereitung und Umsetzung mehrere Jahre in Anspruch nimmt, die getroffenen Grundannahmen für wesentliche Weichenstellungen nicht ständig revidiert werden können. Eine Revision der Ergebnisse des Zensustests würde nämlich das gesamte Verfahren zur Einwohnerzahlermittlung in Frage stellen und nicht nur punktuelle Korrekturen nach sich ziehen. Der Gesetzgeber, der im Vorfeld eines Verfahrens umfangreiche wissenschaftliche und statistische Untersuchungen durchführen lässt, ist darauf angewiesen, die Untersuchungsergebnisse dem künftigen Gesetz zugrunde zu legen. Im Übrigen besteht aus Sicht der entscheidenden Kammer keine Notwendigkeit dafür, die Ergebnisse des Zensustests überhaupt in Frage zu stellen. Anders als die Klägerin meint, haben die Ergebnisse von ihrer Überzeugungskraft wenig bis gar nichts eingebüßt. Die Klägerin konnte durch ihre Einwände keine durchschlagenden Zweifel daran anbringen.

Das von ihr geltend gemachte Verfahren zum elektronischen Abgleich der Registerdaten zwischen den einzelnen Meldebehörden nach § 17 MRRG, von der Klägerin als XMeld bezeichnet, setzt nämlich ein korrektes Meldeverhalten der Bürger voraus. Die in § 17 Abs. 1 Satz 1 MRRG legal definierte Rückmeldung führt nämlich nur dann zu einer Übermittlung von Daten an die für weitere Wohnungen zuständigen Meldebehörden, wenn der Einwohner sich bei einer Meldebehörde angemeldet hat. Die im Zensustest ermittelten Fehlbestände und Karteileichen kommen dagegen hauptsächlich dadurch zustande, weil Bürger ihrer gesetzlichen Meldepflicht gerade nicht nachkommen. An dieser Hauptfehlerquelle ändert auch der elektronische Abgleich nichts. Es mag zwar sein, dass sich einige Karteileichen durch die elektronische Vernetzung aufgelöst haben, eine völlige Überholung der Ergebnisse des Zensustests ist damit aber sicher nicht verbunden. Genauso wenig kann die Klägerin die Ergebnisse des Zensustests durch die mittlerweile erfolgte Einführung der Steuer-ID in Frage stellen. In beiden Punkten beruft sich die Klägerin auf einen Bericht der länderoffenen Arbeitsgruppe „Zensustest“ an die ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder. Nach Einsicht des Gerichts in diesen Bericht, kommt die entscheidende Kammer aber zu der Auffassung, dass die klägerischen Einwände unbegründet sind. Der Bericht kommt nämlich keineswegs zu den von der Klägerin reklamierten Ergebnissen.

Hinsichtlich der von der Klägerin angesprochenen Verbesserungsmöglichkeiten der Melderegister führt der Bericht aus: „Die Projektgruppe Meldewesen (…) sieht (…) keine ständige Online-Verbindung aller Meldebehörden in einem gemeinsamen Netz vor, sondern eine aufgabenbezogene Verknüpfung der Meldebehörden über elektronische Netze unter Nutzung virtueller Poststellen mit Postfächern. Daraus folgt, dass die „Vernetzung“…keine „echte“ in dem Sinne ist, dass ein melderechtlich relevanter Vorgang sofort und synchron überprüft und berichtigt wird, weil dafür alle sonstigen Meldebehörden ebenfalls online sein müssten; vielmehr erfolgt die Kommunikation asynchron unter Nutzung von virtuellen Poststellen mit Postfächern und ist jeweils auf den Einzelfall und auf die einzeln anfallenden Aufgaben bezogen. Damit wird deutlich, dass von einer „Vernetzung“ in o.b. Sinne keine unmittelbare Berichtigungswirkung für die Melderegister zu erwarten ist.“ (vgl. Seite 6 des Berichts). Zu den Auswirkungen der elektronischen Vernetzung und der Einführung der Steuer-ID führt die Arbeitsgruppe aus: „Die „Vernetzung“ der Melderegister sowie die Einführung der Identifikationsnummer im Steuerrecht schaffen die Voraussetzungen dafür, dass neue Unrichtigkeiten vermieden und bisherige Mehrfacherfassungen in den Melderegistern erkannt werden können. Eine automatische Fehlerkorrektur ist damit aber in der Regel nicht möglich.“ (vgl. Seite 8 des Berichts). „Ob die erforderlichen Verbesserungen durch die elektronische „Vernetzung“ der Melderegister und die dadurch entstehenden Möglichkeiten zu erreichen sind, lässt sich gegenwärtig noch nicht beurteilen. Zwar bieten die zusätzlichen Verfahren (…) die Möglichkeit, auf der Ebene der Melderegister Dopplungen zu erkennen und zu beseitigen, sie reichen jedoch nicht aus, um die im Zensustest festgestellte Karteileichenrate von 2,3% im Bundesdurchschnitt zu reduzieren.“ (vgl. Seite 10 des Berichts). Wie diesen Ausführungen zu entnehmen ist, bieten die von der Klägerin angesprochenen Instrumentarien zwar Verbesserungsmöglichkeiten, deren Auswirkungen sind aber wohl nicht so groß, dass damit die umfangreichen Untersuchungsergebnisse des Zensustests ernsthaft in Frage gestellt werden können.

ii. Daneben kann die Klägerin keine Verletzung des interkommunalen Gleichbehandlungsgebots hinsichtlich der Zensusqualität rügen. Wie oben bereits ausgeführt wurde, führt das interkommunale Gleichbehandlungsgebot nicht dazu, dass bei allen Gemeinden die gleiche Fehlerquote erzielt werden muss. Es verpflichtet den Beklagten lediglich dazu, die Einwohnerzahl bei den Gemeinden mit einer im Wesentlichen gleichen Ergebnisgenauigkeit zu ermitteln. Die Klägerin sieht solche Defizite in der Ergebnisgenauigkeit durch die Studie „Everything counts! - Warum kleine Gemeinden die Gewinner der Zensuserhebung 2011 sind?“ von Hoppe/Spandel als belegt an. Dem kann sich die entscheidende Kammer nicht anschließen.

Dies liegt bereits daran, dass die Studie keine dezidierte Aussage über die Ergebnisqualität des Zensus enthält. Ausdrücklich definiert die Studie ihr Ziel dahingehend, zu klären, ob die unterschiedlichen Methoden zur Berechnung der amtlichen Bevölkerungszahl aus dem Zensus 2011 für Gemeinden unter 10.000 Einwohner und ab 10.000 Einwohnern keine signifikanten Unterschiede in der relativen Veränderung der amtlichen Einwohnerzahlen zur Folge hat (vgl. Seite 7). Ziel der Studie war es damit gerade nicht, die Qualität der Einwohnerzahlermittlung im Zensus zu untersuchen. Deshalb kann aus der Studie auch keine Aussage zur Verletzung der interkommunalen Gleichbehandlung abgeleitet werden (a.A. VG Bremen, U.v. 06.11.2014 - 4 K 841/13 - juris Rn. 47). Die Studie von Hoppe/Spandel stellt zwar die These in den Raum, die unterschiedlichen Methoden des Zensus bei Ermittlung der Einwohnerzahl führen zu einer systematischen Benachteiligung großer Gemeinden, aber die in der Studie dafür gegebene Begründung ist aus rechtlicher Sicht unbeachtlich. Die Studie leitet nämlich die systematische Benachteiligung großer Gemeinde daraus ab, dass große Gemeinden im Vergleich zu kleinen Gemeinden im Zensus größere relative Veränderungen ihrer Einwohnerzahl im Vergleich zu der Einwohnerzahl der bisherigen Bevölkerungsfortschreibung verkraften müssen. Daraus lässt sich aber nicht auf die Verletzung der interkommunalen Gleichbehandlung schließen, weil die Höhe der relativen Veränderungen dafür schlichtweg irrelevant ist. Entscheidend ist allein die Güte der neu festgestellten Einwohnerzahl und nicht, ob größere Gemeinden größere relative Veränderungen zu verkraften haben. Des Weiteren bestehen aus Sicht des Gerichts auch Zweifel an der Ursachenanalyse der Studie. Die Studie schließt nämlich die unterschiedliche Qualität der Melderegister als Ursache für den von ihr beobachteten Effekt deshalb aus, weil sich mit steigender Einwohnerzahl die relative Veränderung nicht weiter erhöht. Diese Analyse erscheint lückenhaft, weil sich die Qualität der Melderegister nicht nur durch abweichende Karteileichenraten auszeichnet, sondern die Ergebnisse des Zensustests daneben auch eine steigende Anzahl an Fehlbeständen belegt haben. Die durchgeführte Haushaltsstichprobe diente im Anschluss daran dazu, beiden Fehlerquellen zu begegnen. Die Klägerin hat bei der Haushaltsstichprobe nicht nur 1.518 Personen als Übererfassung abgezogen bekommen, sondern es wurden auch 573 Personen als Fehlbestände aufgedeckt. Da jedoch mit steigender Gemeindegröße nicht nur die Karteileichen, sondern auch die Fehlbestände ansteigen, die Stichprobe aber beiden Fehlerquellen entgegenwirkt, ist es aus Sicht der entscheidenden Kammer nur zu nachvollziehbar, wenn die relative Veränderung auch mit steigender Gemeindegröße konstant bleibt. Die Korrektur beider Fehlerquellen führt im Ergebnis eben zu einer konstant gleichen Veränderungsrate. Im Übrigen erscheint die Aussagekraft der Studie hinsichtlich der entscheidenden Beurteilung der Qualität des Zensus 2011 auch deshalb fragwürdig, weil überwiegend die fortgeschriebenen Bevölkerungszahlen der letzten Volkszählung von 1987 mit den nunmehr ermittelten Zahlen verglichen werden. Dadurch werden der Untersuchung aber Bevölkerungszahlen zugrunde gelegt, die über Jahrzehnte hinweg fortgeschrieben wurden und die deshalb mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine große Fehlerquote aufweisen. Daraus belastbare Aussagen zur Qualität der Einwohnerzahlermittlung des Zensus abzuleiten, kann nur bedingt überzeugen. Zwar kommt die Studie auch unter Verwendung der konsolidierten Melderegisterbestände vom 09.05.2011 zu gleichen Ergebnissen, hier lagen aber dann nur die Zahlen aus Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg zugrunde. Auch dabei hat das Gericht hinsichtlich der Allgemeingültigkeit der Aussagen Zweifel, weil Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg gerade die zwei Bundesländer sind, die mit jeweils 1% die beiden geringste Abweichungen des Zensusergebnisses zum konsolidierten Melderegister aufweisen (vgl. „Die ersten Ergebnisse der Bevölkerungszählung im Überblick“, Statistisches Monatsheft Rheinland-Pfalz 2013/07, Seite 646).

Vergleicht man hingegen die Abweichungen zwischen den Ergebnissen der Volkszählung von 1987 und der damaligen Fortschreibung mit den aktuellen Abweichungen zwischen dem Zensus 2011 und der heutigen Fortschreibung des Zensus 1987, so fallen die Ergebnisse ähnlich aus. Bei Anwendung einer einheitlichen Methode in allen Gemeinden haben kleine Gemeinden bei der Volkszählung 1987 einen Bevölkerungszuwachs von +0,08% verzeichnet, während große Gemeinden einen Bevölkerungsschwund von -2,38% verkraften mussten. Nach Durchführung des Zensus 2011 musste bei kleinen Gemeinden die Fortschreibung um Durchschnittlich -0,75% nach unten korrigiert werden, bei großen Gemeinden hingegen um -1,60%. Die Diskrepanz zwischen den Gemeindeklassen fiel also beim Zensus 2011 deutlich kleiner aus, als bei der Volkszählung 1987, bei der unstreitig ein einheitliches Verfahren zu Anwendung kam. Diese Zahlen stehen der von der Klägerin behaupteten systematischen Benachteiligung großer Gemeinden eindeutig entgegen und sie wurden von der Klägerin selbst auch nicht in Zweifel gezogen. Wenn sich deutschlandweit zeigt, dass kleine Gemeinden durchschnittlich einen Bevölkerungsschwund von -0,7% verkraften mussten, große Gemeinden hingegen von -1,60%, dann kann das Gericht nicht erkennen, wo der Zensus 2011 große Gemeinden systematisch benachteiligt. Dass in größeren Gemeinden eine höhere Korrektur der Zahlen notwendig ist, war bereits aus den Ergebnissen des Zensustests zu erwarten, weil die Melderegister großer Gemeinden eben eine höhere Gesamtfehlerquote aufweisen.

Letztlich konnte die Klägerin keine durchschlagenden Zweifel an dem Zensusverfahren hinsichtlich der Ergebnisqualität erwecken.

iii. Schließlich kann die Klägerin gegen die vom Gesetzgeber gewählte Verfahrensgestaltung nicht einwenden, die im Zensustest aufgedeckten Fehlerquoten der Melderegister würden, wenn überhaupt, eine unterschiedliche Verfahrensgestaltung bei Gemeinden ab 50.000 Einwohnern rechtfertigen.

Ausgangspunkt für die Rechtfertigung des gewählten Verfahrens bilden die Ergebnisse des Zensustests. Er hat gezeigt, dass mit zunehmender Gemeindegröße die Qualität der Melderegister sowohl bei den Fehlbeständen als auch bei den Karteileichen abnimmt (vgl. Tabelle 1). Dieses durch den Zensustest belegte Phänomen stellt auch die Klägerin grundsätzlich nicht in Abrede, sondern sie greift die Verfahrensgestaltung durch den Gesetzgeber mit dem Argument an, die unterschiedliche Qualität der Melderegister könnte höchstens eine Grenzziehung bei 50.000 Einwohnern rechtfertigen. Zwar ist der Klägerin dahingehend zuzugeben, dass Gemeinden ab 50.000 Einwohner tatsächlich eine noch höhere Fehlerquote aufweisen als Gemeinden ab 10.000 Einwohnern, dies führt aber gleichwohl nicht zur Verfassungswidrigkeit des Zensusgesetzes.

Zunächst ist es eine Frage der gesetzgeberischen Einschätzungsprärogative, wo er genau die Grenze für die Durchführung der Stichprobe zieht. Des Weiteren waren die unterschiedlichen Fehlerquoten in den Melderegistern nicht der einzige ausschlaggebende Grund für die Entscheidung, die Haushaltsstichprobe bei allen Gemeinden ab 10.000 Einwohnern durchzuführen. Die Haushaltsstichprobe diente nämlich nicht nur dazu, Fehler der Melderegister aufzudecken, sondern sie diente auch dazu, Zusatzinformationen über die Bevölkerung zu erlangen. Bereits die Verordnung (EG) Nr. 763/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 09.07.2008 über Volks- und Wohnungszählungen verpflichtete die Mitgliedstaaten dazu, nicht nur Bevölkerungszahlen, sondern auch Daten zu familiären, sozialen und wirtschaftlichen Merkmalen zu erheben (vgl. Erwägungsgrund 2). Aus diesem Grund legt die Verordnung in ihrem Anhang einen Mindestrahmen an zu erhebenden Zusatzdaten fest. Die Erhebung der Zusatzinformationen war aber nicht nur eine europarechtliche Notwendigkeit. Ein funktionierendes Staatswesen und die Politik sind darauf angewiesen, gesellschaftspolitische und wirtschaftspolitische Entscheidungen anhand aktueller Bevölkerungsdaten treffen zu können. Wie das Bundesverfassungsgericht betont, hat die Statistik erhebliche Bedeutung für die Politik, weil sie umfassende, kontinuierliche und laufend aktualisierte Informationen über wirtschaftliche, ökologische und soziale Zusammenhänge benötigt (vgl. BVerfG, U.v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 - juris Rn. 159). Dies setzt aber eben nicht nur die Kenntnis der Bevölkerungsanzahl als solche voraus. Deshalb hat sich der Gesetzgeber beim Zensus 2011 zu Recht dafür entschieden, auch andere Daten neben der Einwohnerzahl zu erheben. Um bundesweit ein hinreichend aussagekräftiges Bild über die Zusatzmerkmale zu erhalten, war eine Abwägungsentscheidung zu treffen, bei der die Zusatzinformationen zwar möglichst kleinteilig ausgewertet werden können, bei der aber die Belastung der Bevölkerung und der damit einhergehende Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht auf ein möglichst geringes Maß reduziert wird. Für den Nachweis der zusätzlichen Daten ist nämlich eine Stichprobe mit 550 Adressen pro Gemeinde notwendig (vgl. „Ergebnisse des Zensustest“, Statistisches Bundesamt, in: Wirtschaft und Statistik 8/2004, S. 827).

Im Rahmen seines Gestaltungsspielraums musste der Gesetzgeber somit einen gerechten Ausgleich zwischen einer möglichst detaillierten Auswertungsmöglichkeit der Zusatzinformationen und der damit verbundenen Belastung der Bevölkerung schaffen. Da mit jeder hoheitlich verbindlichen Befragung der Bevölkerung immer ein Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht einhergeht, genießt dieser Abwägungsaspekt ebenfalls Verfassungsrang. Unter Abwägung dieser beiden Rechtspositionen hat der Gesetzgeber verschiedene Modelle untersucht, die in Tabelle 2 des Tatbestands näher dargestellt sind. Daraus wird deutlich, dass die Belastung der Bevölkerung maßgeblich davon abhängt, ob die Stichprobe in allen Gemeinden durchgeführt werden soll, ob beim Zensus Zusatzmerkmale erhoben werden sollen und wie detailliert letztere auswertbar sein sollen. Schließlich hat sich der Gesetzgeber für die Variante 2.2 entschieden, weil bei Gemeinden unter 10.000 Einwohnern die Bevölkerungszahl auch ohne Stichprobe mit einer vergleichbaren Ergebnisqualität festgestellt werden kann und weil in Gemeinden ab 10.000 Einwohnern mithilfe der Stichprobe auch Zusatzinformationen mit einer vertretbaren Belastung der Bevölkerung gewonnen werden können.

Aus diesen Gründen kann die Klägerin nicht einwenden, die Grenzziehung für die Stichprobe hätte bei 50.000 Einwohner liegen müssen. Würde man sich dieser Meinung anschließen, so wären die gewonnenen Zusatzinformationen weit weniger aussagekräftig, da sie dann für eine große Anzahl an Städten und Gemeinden nicht zur Verfügung stehen würden. Die vom Gesetzgeber gewählte Grenzziehung ist somit nicht nur durch die unterschiedliche Fehlerquote der Melderegister, sondern auch durch eine sinnvolle Erlangung an Zusatzinformationen sachlich gerechtfertigt und folglich rechtlich nicht zu beanstanden.

d. Bezüglich der Mehrfachfalluntersuchung ist das Gebot der interkommunalen Gleichbehandlung ebenfalls nicht verletzt. Hier muss zunächst festgehalten werden, dass die Mehrfachfalluntersuchung feingliedriger abgelaufen ist, als es das Gesetz in § 15 Abs. 2 ZensG 2011 beschreibt.

i. Gemäß § 15 Abs. 2 ZensG 2011 findet eine maschinelle Bereinigung von Mehrfachfällen nämlich grundsätzlich nur bei großen Gemeinden statt, ohne zwischen temporären und dauerhaften Mehrfachfällen zu unterscheiden. Um jedoch eine ausreichende Qualität im gesamten Zensusdatenbestand zu erreichen, musste der Beklagte diese Mehrfachfalluntersuchung aus fachlich zwingenden Gründen weiter untergliedern. In den Gesamtdatenbestand des Zensus wurden nämlich gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 - 3 ZensG 2011 drei Datenlieferungen der Melderegister eingepflegt, weil der Zensustest gezeigt hat, dass Bürger bei einem Umzug die gesetzliche Meldefrist zwar oft überschreiten, gleichwohl der Großteil der Anmeldungen in den ersten drei Monaten nachgeholt wird. Da allerdings bei den Datenlieferungen keine inaktiven Personendatensätze der Fortzugsgemeinen übermittelt wurden, tauchten Personen, deren Umzug erst mithilfe der dritten Datenlieferung vom 09.08.2011 nachvollzogen werden konnte, im Gesamtdatenbestand zweimal auf und zwar sowohl in der Fortzugsgemeinde als auch in der Zuzugsgemeinde. Streng genommen handelt es sich dabei nicht um einen echten Mehrfachfall im Sinne der gesetzlichen Definition des § 15 Abs. 1 ZensG 2011, weil die Person ihrer Meldepflicht korrekt nachgekommen ist und damit nicht mehr als eine alleinige Wohnung oder Hauptwohnung vorlag. In dieser Fallkonstellation hat der Beklagte zu Recht die Datensätze mit dem älteren Einzugsdatum in allen Gemeinden - unabhängig von deren Größe - maschinell bereinigt (vgl. Sinner-Bartels, Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 3/2013, Seite 13).

Aus Sicht des Gerichts stellt dies auch einen Teil der prozeduralen Vorkehrungen dar, die der Beklagte von sich aus ergriffen hat, um eine ausreichende Qualität bei der Einwohnerzahlermittlung zu garantieren und damit das kommunale Selbstverwaltungsrecht der Klägerin im Zuge des komplexen Ermittlungsverfahrens flankierend zu schützen. Wie die Tabelle 1 des Tatbestands, Spalte 3 zeigt, leistet die Bereinigung der temporären Mehrfachfälle einen ersten wichtigen Schritt dazu, die Karteileichenquote der Melderegister insgesamt zu reduzieren, um so zu einer vergleichbaren Ergebnisqualität in allen Gemeinden zu kommen.

ii. Nachdem gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 ZensG 2011 in allen Gemeinden Personen mit alleiniger Nebenwohnung mittels primärstatischer Befragung erfasst wurden, besteht eine echte unterschiedliche Verfahrensgestaltung nur bei den dauerhaften Mehrfachfällen. Gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 ZensG 2011 fand nur bei großen Gemeinden eine maschinelle Bereinigung dieser Mehrfachfälle nach dem älteren Einzugsdatum statt. Was diese maschinelle Bereinigung der dauerhaften Mehrfachfälle angeht, hat der Gesetzgeber mit dem „älteren Einzugsdatum“ eine eindeutige Entscheidungsregel dafür geschaffen, in welcher Gemeinde die Person mit ihrem Hauptwohnsitz zu zählen ist. Mit dieser starren aber eindeutigen Entscheidungsregel hat sich der Gesetzgeber von dem eigentlich gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 ZensG 2011 maßgeblichen melderechtlichen Hauptwohnsitzbegriff gelöst und allein auf das Einzugsdatum abgestellt. Dies war auch deshalb sinnvoll, da ansonsten alle Mehrfachfälle im gesamten Bundesgebiet händisch mittels Befragungen hätten geklärt werden müssen, was eine registergestützte Erhebung bereits im Ansatz konterkariert hätte und auch dem verfassungsrechtlichen Auftrag, die Belastung der Bevölkerung zu reduzieren, zuwidergelaufen wäre. Bei mehreren Hauptwohnungen in mindestens einer kleinen Gemeinde fand hingegen keine maschinelle Bereinigung statt, sondern gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 ZensG 2011 wurden solche Personen mittels primärstatistischer Befragungen erfasst. Auch diese Ungleichbehandlung ist aus Sicht des Gerichts sachlich gerechtfertigt.

Wie der Zensustest gezeigt hat, unterscheiden sich kleine und große Gemeinden grundsätzlich in ihrer Wohnstruktur. Während ein Großteil der Bevölkerung in kleinen Gemeinden eher in Ein- und Zweifamilienhäusern wohnt, kommen in großen Gemeinden häufiger Mehrfamilienhäuser vor, die sich dann wiederum durch eine höhere Fluktuationsrate der Bewohner auszeichnen. Dies ist auch deshalb nachvollziehbar, da nach allgemeiner Lebenserfahrung Personen in ländlich geprägten kleineren Gemeinden, die in Ein- oder Zweifamilienhäusern wohnen, in der Regel stärker in der jeweiligen Gemeinde verwurzelt sind und sie deshalb weniger häufig ihren Hauptwohnsitz wechseln. Bei solchen kleinen Gemeinden erklärt sich die geringere Fluktuationsrate innerhalb der Hauptwohnsitze auch daraus, dass diesen Gemeinden die dafür typischen Bevölkerungsgruppen mit hoher Wechselrate wie z. B. Studenten fehlen. Dagegen trägt die Klägerin selbst vor, dass sie pro Jahr 2.300 - bis 2.500 Zuzüge verzeichnet. Mag diese Einschätzung auch nicht auf alle kleinen Gemeinden zutreffen, so ist sie dennoch nachvollziehbar und vor allem von der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers gedeckt.

iii. Unter diesen Voraussetzungen ist es weder willkürlich noch sachwidrig, wenn der Gesetzgeber bei großen Gemeinden den Hauptwohnsitz maschinell über das ältere Einzugsdatum festlegt, während er bei kleineren Gemeinden mit anderer Wohnstruktur und geringer Fluktuationsrate den Hauptwohnsitz durch eine Befragung klären lässt. Für ersteres Vorgehen streitet die Vermutung, dass Personen in Gemeinden mit höheren Schwankungen ihren Hauptwohnsitz dort haben, wo sie sich zuletzt gemeldet haben. Dieser Gedanke kann aber nicht automatisch auf kleinere Gemeinden übertragen werden. Wenn letztere sich durch eine größere Kontinuität auszeichnen und weil die Verlegung des Hauptwohnsitzes in eine kleine Gemeinde meist eine bewusste Entscheidung für einen längeren Zeitraum ist, dann ist es sogar geboten, hier kein automatisiertes Verfahren mehr anzuwenden, sondern diesen Mehrfachfall durch eine Befragung primärstatistisch zu bereinigen. Letztlich legen es die unterschiedlichen Bedingungen sogar nahe, das Verfahren an die veränderten Umstände verschiedener Gemeindeklassen anzupassen. Des Weiteren hat der Zensustest auch gezeigt, dass trotz Anwendung unterschiedlicher Verfahren im Rahmen der Mehrfachfallprüfung der Bereinigungseffekt der Karteileichen über die verschiedenen Gemeindeklassen hinweg nahezu gleich bleibt (siehe Tabelle 1, Spalte 5). Damit wird das Verfahren auch dem zweiten Gebot der interkommunalen Gleichbehandlung (vergleichbare Ergebnisqualität) gerecht.

5. Der Gesetzgeber hat mit § 2 Abs. 2 StichprobenV nicht gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 4 GG verstoßen, weil darin keine unzulässige Subdelegation enthalten ist.

a. Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 ZensG 2011 ist die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates dazu ermächtigt, das Stichprobenverfahren und den Stichprobenumfang durch Rechtsverordnung festzulegen. Zu diesem Zweck trat am 01.07.2010 die Stichprobenverordnung in Kraft, welche in § 3 StichprobenV für jedes Bundesland einen individuellen Stichprobenumfang festlegt. Diesbezüglich hat auch die Klägerin keinerlei Einwände. Bezüglich des Stichprobenverfahrens ordnet dagegen § 2 Abs. 2 StichprobenV an, dass bei der Erstellung des Stichprobenplans und der Stichprobenziehung die Qualitätsvorgaben aus dem vom Statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsprojekt zur Entwicklung des Stichprobenverfahrens zu berücksichtigen sind. Darin sieht die Klägerin zu Unrecht einen Verstoß gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 4 GG. Ihrer Ansicht nach habe der Gesetzgeber die Ergebnisse eines Gutachtens für verbindlich erklärt, obwohl er diese noch gar nicht gekannt habe.

b. Mit diesem Einwand kann die Klägerin schon deshalb nicht durchdringen, weil die Berechnungen und Ergebnisse des Stichprobenforschungsprojekts den Statistischen Landesämtern und dem Bundesministerium des Innern am 24.11.2009 und damit vor Inkrafttreten der Verordnung am 01.07.2010 übermittelt wurden (vgl. Schriftsatz des Beklagten vom 30.07.2015, Blatt 552 der GA). Dies deckt sich auch mit den Angaben in der Begründung zur Stichprobenverordnung, wonach die Vorschläge des Gutachtens zum Stichprobenforschungsprojekt von den Statistischen Ämtern der Länder und der Zensuskommission eingehend erörtert wurden (vgl. BR-Drucks. 114/10, Seite 5).

Im Übrigen regelt Art. 80 Abs. 1 Satz 4 GG nur, unter welchen Bedingungen ein durch Gesetz ermächtigter Erstdelegat seine Verordnungskompetenz anderen staatlichen Organen (Subdelegataren) zukommen lassen darf. Unabhängig von den konkreten Voraussetzungen an eine solche Weiterübertragung der Ermächtigung, ist es bereits umstritten, ob Private als Adressaten einer solchen Übertragung der Rechtssetzungskompetenz tatsächlich zwingend ausscheiden (dafür: Mann, in: Sachs, Grundgesetz, 7. Auflage 2014, Art. 80 Rn. 34) oder ob sie zumindest in der Funktion als Beliehene doch in Betracht kommen (vgl. Remmert, in: Maunz/Düring, Grundgesetz-Kommentar, Mai 2015, Art. 80 Rn. 84). Allerdings spielen die Vorgaben des Art. 80 Abs. 1 Satz 4 GG für den vorliegenden Rechtsstreit keine Rolle, da nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 StichprobenV keine Rechtssetzungsmacht auf den Empfänger des Gutachtenauftrags übertragen wurde.

c. § 7 Abs. 1 Satz 1 ZensG 2011 verpflichtet die Statistischen Landesämter dazu, eine Haushaltsstichprobe durchzuführen. Dabei müssen sie gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 ZensG 2011 die Qualitätsvorgaben der Stichprobenverordnung beachten. § 2 Abs. 2 StichprobenV gibt aber hinsichtlich des Stichprobenverfahrens nur vor, die Ergebnisse des Gutachtens zu „berücksichtigen“. Nach Ansicht der entscheidenden Kammer sind die Statistischen Landesämter danach aber nicht strikt an die Empfehlungen des Forschungsprojekts gebunden, wenn und soweit das Stichprobenverfahren anhand wissenschaftlich fundierter Standards durchgeführt wird. „Berücksichtigen“ meint nämlich seinem Wortsinn nach „bei seinen Überlegungen, seinem Handeln beachten“ und „in seine Überlegungen einbeziehen“. In diesem Zusammenhang ist es gesetzlich nicht ausgeschlossen, dass der Verbund der Landesämter bzw. das Bundesamt für Statistik als erfahrene Fachbehörden aus sachlich gerechtfertigten Gründen vom vorgeschlagenen Stichprobendesign abweichen. Die Fachbehörden müssen die Forschungsergebnisse nach dem Wortlaut eben nur berücksichtigen, nicht aber zwingend umsetzen. Keineswegs wird dadurch normative Rechtssetzungsmacht auf einen Privaten übertragen, womit auch ein Verstoß gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 4 GG eindeutig ausscheidet.

d. Diese rechtliche Einschätzung hat sich auch faktisch bei Durchführung der Stichprobe niedergeschlagen, weil das Bundesamt für Statistik kontinuierlich die bisherigen Forschungsergebnisse auf deren weitere Gültigkeit hin überprüft hat. Im Stichprobenforschungsprojekt waren nur Anschriften im Auswahlrahmen enthalten, an denen mindestens eine Person gemeldet war. Im Gegensatz dazu beobachtete das Bundesamt für Statistik bei Umsetzung des Zensus Anschriften, an denen laut Einwohnermelderegister keine Person gemeldet war (sog. „Nullanschriften“). Dies nahm das Bundesamt für Statistik zum Anlass, die bisherigen Forschungsergebnisse neu zu hinterfragen, um herauszufinden, ob mit dem bisherigen Stichprobendesign und der dort gefundenen Formel für den verallgemeinerten Regressionsschätzer weiter gearbeitet werden kann oder ob Anpassungen zur Qualitätssicherung notwendig sind. Zu diesem Zweck gab das Bundesamt während der Implementierungsphase des Zensus das „Validierungsprojekt zum deutschen Zensus 2011“ in Auftrag. Gegenstand des Auftrags war folgende Frage:

„Es ist vom Auftragnehmer zu untersuchen, inwieweit das Vorhandensein von Nullanschriften in der Stichprobe in Verbindung mit den realen Verteilungen von den Melderegister Übererfassungen (Karteileichen) und Untererfassungen (Fehlbeständen) eine Modifikation der im Stichprobenforschungsprojekt auf Basis von simulierten Verteilungen der Registerfehler ausgesprochenen Empfehlungen für ein Hochrechnungsverfahren angeraten sein lässt und damit zu einer Nachjustierung des derzeit in der Implementation befindlichen Hochrechnungsverfahrens führen würde.“ (vgl. M. et al., Validierungsprojekt zum deutschen Zensus 2011, Abschlussbericht vom 06.03.2013, Seite 1).

Ergebnis dieser Reevaluierung war, dass die Empfehlungen aus dem Stichprobenforschungsprojekt nicht revidiert werden müssen, auch wenn eine Verschlechterung der Qualität durch die unerwarteten Nullanschriften erkennbar ist (vgl. M. et al., Validierungsprojekt zum deutschen Zensus 2011, Abschlussbericht vom 06.03.2013, Seite 45). Das vom Gericht herangezogene Gutachten kommt diesbezüglich zu der Einschätzung, dass dieses Vorgehen insgesamt sinnvoll und die Quantifizierung des Schätzfehlers korrekt ist, auch wenn der Gutachter selbst ein Regressionsmodell mit einer zusätzlichen Dummyvariablen für die Nullanschriften bevorzugt hätte (vgl. Prof. Dr. K., Gutachten zur Verwaltungsrechtssache Stadt Bremerhaven gegen Freie Hansestadt Bremen, Seite 3, Blatt 399 der GA).

e. In der amtlichen Begründung zur Verordnungsermächtigung in § 7 Abs. 2 Satz 2 ZensG 2011 heißt es wörtlich: „Aus der gutachterlichen Begründung muss hervorgehen, dass das Stichprobenverfahren unter Nutzung der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse festgelegt wurde.“ (vgl. BR-Drucks. 3/09, Seite 20 a.E). Daraus wird erkennbar, dass der Gesetzgeber von Anfang an die Funktion des Privatgutachtens lediglich darin gesehen hat, wissenschaftliche Erkenntnisse zur Unterstützung der Fachbehörden zu liefern. Die Verantwortung für die Ausgestaltung und Geeignetheit des Verfahrens sollte unter diesen Umständen aber beim Bundesamt für Statistik und den entsprechenden Landesbehörden verbleiben. Das Privatgutachten war nicht dazu gedacht, den Vollzugsbehörden gegenüber rechtlich verbindliche Festlegungen zu treffen. Daran lehnt sich auch der von der Klägerin in Zweifel gezogene § 2 Abs. 2 StichprobenV an, der mit seiner offenen Formulierung lediglich die Berücksichtigung der Forschungsergebnisse fordert. Dadurch wird ebenfalls ein flankierender Grundrechtsschutz zugunsten der Klägerin gewährleistet, welcher die Fachbehörden auf der einen Seite dazu ermächtigt, auf der anderen Seite aber auch dazu verpflichtet, während des Zensusverfahrens ständig zu prüfen, ob die bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse aufgrund der Erfahrungen während der Umsetzungsphase noch weiterhin Gültigkeit haben können. Die gesamte Umsetzung des Zensus nahm bis zum streitgegenständlichen Bescheid ungefähr drei Jahre in Anspruch, betrachtet man den Zeitraum von der ersten Datenlieferung am 01.11.2010 bis zum Bescheidserlass am 25.11.2013. Dabei kann die Klägerin durch ihr verfassungsrechtlich verbürgtes Selbstverwaltungsrecht verlangen, dass die Ermittlung der Einwohnerzahl, die schlussendlich immer eine Schätzung bleiben wird, anhand fundierter wissenschaftlicher Methoden erfolgt. Wenn unter diesen Umständen § 2 Abs. 2 StichprobenV die Berücksichtigung von Forschungsergebnissen verlangt, damit aber gleichzeitig offen für Anpassungen bleibt, ist dies zum Schutz der Selbstverwaltungsgarantie wünschenswert.

f. Ein weiteres Beispiel dafür, dass die Fachbehörden von den Vorgaben des Forschungsprojektes zugunsten der Qualitätssicherung abgewichen sind, liefert die konkrete Umsetzung der Haushaltsstichprobe. Nach den ursprünglichen Vorgaben des Forschungsprojektes wurde zur Schätzung der Registerfehler eine Version des verallgemeinerten Regressionsschätzers gewählt und dabei eine geschichtete Stichprobe durchgeführt. Bei der Schichtung kam das Forschungsprojekt zu dem Ergebnis, dass der größte Präzisionsgewinn bei einer Aufteilung in acht Schichten festzustellen ist (vgl. Dr. B1... und B2..., „Das Stichprobendesign der Haushaltsstichprobe des Zensus 2011“, in: Wirtschaft und Statistik, April 2011). In Anlehnung daran schreibt § 2 Abs. 3 Nr. 3 Satz 1 StichprobenV grundsätzlich eine Einteilung der Anschriften für jedes Erhebungsgebiet in acht überschneidungsfreie Schichten vor. An diese Vorgabe hat sich der Zensus auch im Wesentlichen gehalten, aber nur im Rahmen der Hauptziehung. Da diese Hauptziehung auf Daten beruhte, die sich auf einen deutlich früheren Zeitpunkt als den Zensusstichtag bezogen hatten, fanden zwei ergänzende Ziehungen statt. Dies sieht auch das Gesetz in § 7 Abs. 3 Satz 2 ZensG 2011 vor. Danach ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen, wenn in das Anschriften- und Gebäuderegister Anschriften mit Wohnraum in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt aufgenommen wurden. Der Beklagte sah sich bei Umsetzung des Zensus nun aber mit dem Problem konfrontiert, dass bei den beiden ergänzenden Ziehungen deutlich weniger Anschriften zur Verfügung standen, als bei der Hauptziehung (zum Vergleich: ca. 3,1 Mio. Anschriften bayernweit bei der Hauptziehung, ca. 24 Tsd. bei der Neuzugangsziehung und ca. 13 Tsd. bei der Ergänzungsziehung). Deshalb hat er sich aus nachvollziehbaren Gründen dafür entschieden, die Schichtung sowohl bei der Neuzugangsziehung, als auch bei der Ergänzungsziehung zu vereinfachen (vgl. die Ausführungen im Tatbestand). Augenfällig dabei ist, dass er gerade der Empfehlung des Forschungsprojektes, zur Präzisionsmaximierung in acht Schichten einzuteilen, bei den beiden ergänzenden Ziehungen nicht mehr gefolgt ist. Dies geschah jedoch keineswegs willkürlich, sondern aus fachlich zwingenden Gründen zur Sicherstellung der Qualität. Wie der Beklagte nachvollziehbar und auch von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen erläutert hat, lieferten die beiden ergänzenden Ziehungen so wenig Anschriften, dass eine Verteilung auf acht Schichten fachlich nicht mehr sinnvoll möglich und deshalb eine weniger ausdifferenzierte Schichtung notwendig war.

Letztendlich muss festgehalten werden, dass der Wortlaut des § 2 Abs. 2 StichprobenV keine verfassungswidrige Subdelegation enthält und der Beklagte zur Sicherstellung der Ergebnisqualität die Forschungsergebnisse nicht nur ständig hinterfragt hat, sondern auch davon abgewichen ist, wenn dies aus fachlichen Gründen notwendig war.

6. Der streitgegenständliche Bescheid ist auch nicht wegen einer unzureichenden Begründung aus formellen Gesichtspunkten rechtswidrig. Wie die Klägerin zu Recht darlegt, muss ein Verwaltungsakt gemäß Art. 39 Abs. 1 Satz 1 und 2 BayVwVfG begründet werden und in der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Auch weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass wegen des Rechtsstaatsprinzips und wegen Art. 19 Abs. 4 GG die Begründung den Adressaten in die Lage versetzen soll, seine Rechte sachgemäß verteidigen zu können, um nicht nur zum bloßen Objekt des Verfahrens zu werden (vgl. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 39 Rn. 2). Diese Anforderungen werden von der Klägerin allerdings überspannt, wenn sie von der Bescheidsbegründung erwartet, die Einwohnerzahlfestsetzung für jeden einzelnen Einwohner nachvollziehen zu können. Zu Unrecht fordert die Klägerin deshalb in der Bescheidsbegründung Einzelangaben zu den Ergebnissen der Stichprobe und der Hochrechnung.

a. Zunächst muss an dieser Stelle festgestellt werden, dass aus dem Datenblatt des streitgegenständlichen Bescheids zu allen Teilen des Zensus hervorgeht, wie sich die einzelnen Bausteine auf die Einwohnerzahlfestsetzung bei der Klägerin ausgewirkt haben. Sowohl bei der Mehrfachfalluntersuchung, den Sonderbereichserhebungen als auch bei der Haushaltsstichprobe wird aufgelistet, wie viele Personen jeweils als Über- oder Untererfassungen verbucht wurden. Bezüglich der Stichprobe geht aus dem Datenblatt daneben hervor, wie viele Anschriften in die Stichprobe gezogen wurden, wie viele Personen befragt wurden und wie hoch die Anzahl an Fehlbeständen, Karteileichen und paarigen Personen vor der Hochrechnung war. Darüber hinaus kann der Verwaltungsakte die Formel zur Hochrechnung der Einwohnerzahl (Blatt 62), die Zwischenergebnisse der Hochrechnung (Blatt 64) und die Zwischenergebnisse der Hochrechnung pro Schicht (Blatt 65) entnommen werden. Zuzugeben ist der Klägerin darin, dass weder sie noch das Gericht anhand der einzelnen Einwohner nachvollziehen können, wie diese Zahlen genau zustande kommen. Dies war hier aber aus zwingenden tatsächlichen und verfassungsrechtlichen Gründen weder möglich noch rechtlich geboten.

b. Welchen Inhalt und Umfang die Begründung eines Bescheids haben muss, richtet sich nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebiets und den Umständen des Einzelfalls (BVerwG, U.v. 14.10.1965 - II C 3.63 - juris Rn. 31; BVerwG, U.v. 20.02.1990 - 1 C 42/83 - juris Rn. 34). Die Begründungsanforderungen an einen Bescheid erfüllen keinen Selbstzweck, sondern sie müssen sich immer an der jeweiligen Einzelmaterie orientieren. Letztlich können nur dort erhöhte Anforderungen an die Bescheidsbegründung gestellt werden, wo dies rechtlich zulässig ist und für den Bescheidsempfänger auch einen Erkenntnisgewinn bedeutet.

Vorliegend sind der Bescheidsbegründung verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt, weil der Zensus nicht nur die Rechte der Klägerin tangiert, sondern auch die Rechte der von der Volkszählung betroffenen Bürger. Wie das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich zur Volkszählung von 1987 entschieden hat, bedarf es bei Durchführung und Organisation der Datenerhebung und Datenverarbeitung besonderer Vorkehrungen, da die Informationen während der Phase der Erhebung und Verarbeitung noch individualisierbar sind. Von besonderer Bedeutung für statistische Erhebungen sind wirksame Abschottungsregeln nach außen. Für den Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ist die strikte Geheimhaltung der zu statistischen Zwecken erhobenen Einzelangaben unverzichtbar, solange ein Personenbezug noch besteht oder herstellbar ist. Gleiches gilt für das Gebot einer möglichst frühzeitigen Anonymisierung, verbunden mit Vorkehrungen gegen eine Deanonymisierung (vgl. BVerfG, U.v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 - juris Rn. 163).

Bereits an dieser Stelle wird deutlich, warum die klägerische Forderung nach Einzelangaben zu den Ergebnissen der Stichprobe rechtlich unhaltbar ist. Das Gebot der Abschottung der Statistik und das Gebot der möglichst frühzeitigen Anonymisierung stehen dieser Forderung eindeutig entgegen. Die Klägerin kann nicht ernsthaft für sich in Anspruch nehmen, durch die Hintertür der Begründungspflicht, das verfassungsrechtlich notwendige Statistikgeheimnis aufzuweichen. Wenn sie Einzelangaben zu den Erhebungsergebnissen für deren Nachvollziehbarkeit fordert, negiert sie insbesondere das Gebot der Anonymisierung, weil sie nur durch konkrete Angaben auf Personenebene die Ergebnisse tatsächlich kontrollieren könnte. Daneben würde die Preisgabe von personenbezogenen Daten an die Klägerin die wirksamen Abschottungsregeln der Statistik bedeutend aufweichen. Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Volkszählungsurteil ausgeführt hat, bedarf es zur Sicherung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Bürger bei Durchführung einer Volkszählung ergänzender verfahrensrechtlicher Vorkehrungen im Rahmen der Durchführung und Organisation (vgl. BVerfG, U.v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 - juris Rn. 191ff.). Die Daten müssen gelöscht werden, wenn sie nicht mehr zu statistischen Zwecken benötigt werden. Bis dahin müssen sie unter besonderem Verschluss gehalten werden, was sowohl Verschlüsselungspflichten als auch Zugangsbeschränkungen nach sich zieht. Insbesondere die letzten beiden Gebote wären erheblich gefährdet, wenn der Beklagte Einzelangaben zu den Erhebungen an die Klägerin weitergibt.

Zwar leidet darunter unstreitig die Nachvollziehbarkeit der Einwohnerzahlfeststellung, dies ist jedoch hinzunehmen. Unter Abwägung der Rechtsschutzgarantie der Klägerin mit dem Schutz der persönlichen Daten unzähliger Bürger, kann die Rechtsschutzgarantie der Klägerin zumindest nicht so weit gehen, dass sie Einblick in Einzelangaben zu den Erhebungsvorgängen bekommt. Aus diesem Grund war der Beklagte nicht dazu befugt, die von der Klägerin begehrten Einzelangaben zur Durchführung der Stichprobe preiszugeben. Des Weiteren ist unklar, welche Einzelangaben die Klägerin diesbezüglich überhaupt begehrt und welchen Erkenntnisgewinn sie sich davon verspricht. Wie oben im Tatbestand beschrieben, diente die Befragung der Haushaltsstichprobe grundsätzlich nicht dazu, den Wohnstatus der befragten Person festzulegen. Die Haushaltsstichprobe hatte bezüglich der Einwohnerzahlfeststellung lediglich die Aufgabe zu prüfen, ob die an einer Anschrift gemeldeten Person auch tatsächlich dort existent ist oder nicht. Deshalb fand, außer bei entdeckten Fehlbeständen, keine rechtliche Bewertung statt, die möglicherweise dann fehlerhaft hochgerechnet wurde. Die Klägerin würde auch bei Einsicht in die Fragebögen der Haushaltsstichprobe weiterhin nicht nachvollziehen können, wie die 1.518 Übererfassungen zustande gekommen sind und gerade diese Übererfassungen sind für die Klägerin erkennbar der wichtigste Punkt des Rechtsstreits. Um dies nachvollziehen zu können, müsste die Klägerin die Stichprobe quasi wiederholen, weil sie an jeder Stichprobenadresse die dort wohnhaften Personen erfassen müsste. Dies stößt aber schon aus faktischen Gründen auf erhebliche Probleme, weil die Klägerin zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses am 25.11.2013 nicht mehr flächendeckend nachvollziehen kann, ob eine Person zum Berichtszeitpunkt am 09.05.2011 an der Stichprobenanschrift wohnhaft war oder nicht. Erschwerend kommt noch hinzu, dass die Klägerin das Endergebnis selbst nach Aufsuchen der Stichprobenanschriften nicht nachvollziehen könnte, weil die endgültige Anzahl der Über- und Untererfassungen erst mit der Mehrfachfalluntersuchung feststeht. Um auch dies nachvollziehen zu können, bräuchte die Klägerin nicht nur einen Einblick in die Erhebungsunterlagen ihres Gemeindegebiets, sondern sie bräuchte Einblick in den Gesamtdatenbestand des Zensus, wo die Daten aller Melderegister des Bundesgebiets zusammengefasst wurden. Erst dann würde sich die von ihr geforderte Nachvollziehbarkeit des Ergebnisses erschließen. Hier wäre dann das informationelle Selbstbestimmungsrecht aller gemeldeter Bundesbürger betroffen. An diesem Punkt wird deshalb besonders deutlich, dass die Rechtsschutzgarantie der Klägerin nicht so weit reichen kann, weil ansonsten die widerstreitenden verfassungsrechtlichen Rechtspositionen nicht in einen gerechten Ausklang gebracht wären, sondern sich die Rechtsschutzgarantie zulasten der Bürgerrechte weitestgehend durchgesetzt hätte.

c. Auch wenn darunter die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung leidet, so ist die Klägerin nicht rechtsschutzlos gestellt. Zum einen kann die Klägerin schon aus dem Bescheid die einzelnen Rechenschritte nachvollziehen und zum anderen hat die Klägerin auch durch das gerichtliche Verfahren weitere Einblicke in die Einwohnerzahlfeststellung erhalten. So hat das gerichtliche Verfahren beispielsweise aufgeklärt, wie viele sensible und nichtsensible Sonderbereiche es auf dem klägerischen Gemeindegebiet gegeben hat, wie viele Personen dort befragt wurden und wie viele Personen dort mit Hauptwohnsitz gezählt wurden. Hier hat die Klägerin keine Einwände erhoben, sondern es hat sich herausgestellt, dass der Zensus mehr Sonderbereiche entdeckt hat, als die Klägerin selbst identifizieren konnte. Des Weiteren hat der Beklagte mitgeteilt, wie viele Personen vor und nach der Erhebung bei der Justizvollzugsanstalt und bei „Bundeswehranschriften“ gezählt wurden, an wie viel Prozent der Anschriften eine Haushaltsstichprobe durchgeführt wurde, wie viele Anschriften in der jeweiligen Ziehung ausgewählt wurden und bei wie vielen Haushalten im Rahmen der Stichprobe die Existenzfeststellung mittels Postzustellungsurkunde durchgeführt werden musste.

Daneben hat der Beklagte zum Ausgleich der statistischen Geheimhaltung prozedurale Vorkehrungen getroffen, um die Selbstverwaltungsgarantie der Klägerin bei Durchführung des Zensus zu schützen. Zum einen wurde die endgültige Anzahl an Karteileichen und Fehlbeständen erst durch einen Abgleich mit dem bereinigten Melderegister festgelegt. Dadurch konnte ein vom Erhebungsbeauftragten festgestellter Fehlbestand gegenüber der Melderegisterlieferung vom 01.11.2010 noch zu einem paarigen Datensatz werden. Zum anderen hat der Beklagte bei der Implementierung der Ergebnisse der Haushaltsstichprobe bestimmte Schwellenwerte eingezogen, ab denen die Anschriften nochmals überprüft wurden. Danach lagen auffällige Anschriften vor, wenn die Anzahl der nichtpaarigen ≥ 5 und der Anteil der nichtpaarigen ≥ 0,2 war oder wenn an der Anschrift kein paariger Datensatz vorlag. In diesen Fällen wurde die örtliche Erhebungsstelle nochmals mit einer Prüfung der Anschrift beauftragt. Daneben enthielt auch das Stichprobendesign Vorkehrungen, um bei der Auswahl der Anschriften extremen Gewichtungen einzelner Schichten vorzubeugen. Der prozentuale Auswahlsatz der jeweiligen Schicht wurde nämlich nicht nur unter Verwendung der optimalen Allokation festgelegt, sondern die statistischen Ämter des Bundes und der Länder haben, abhängig von der Gemeindegrößenklasse, vor Ziehung der Anschriften für jede Schicht einen minimalen und maximalen Auswahlsatz vorgegeben (sog. „Box Constraints“). Diese Vorgaben wurden bei der Klägerin eingehalten und sie sicherten auch eine gleichbleibende Präzision der Hochrechnung unter den verschiedenen Gemeinden ab. Des Weiteren hat der Beklagte Vorkehrungen in Bezug auf die Umsetzung des Zensus getroffen, indem er Erhebungsbeauftragte umfangreich geschult hat, Unterlagen auf Vollständigkeit und Vollzähligkeit geprüft hat und den Erhebungsbeauftragten Dokumentationspflichten auferlegt hat (vgl. dazu z. B. das Fachkonzept zur Erhebung an Sonderanschriften, II und III). Dort ist umfassend dargestellt, welche Vorbereitungsarbeiten unternommen wurden, wie die Vollzähligkeit der Fragebögen kontrolliert und logistisch bewältigt wurde, wie die konkrete Durchführung der Befragung mit evtl. notwendigen Mahnungen abzulaufen und wie die Aufbereitung der Ergebnisse mittels EDV zu erfolgen hat.

Aber nicht nur während der Durchführungsphase des Zensus, sondern auch danach hat der Beklagte die Ergebnisse überprüft. Während des Anhörungsverfahrens der Klägerin hat der Beklagte eine Recherche zu auffälligen Anschriften durchgeführt. Dabei wurden alle Sonder- und Stichprobenanschriften als auffällig angesehen, die mehr als fünf Karteileichen aufgewiesen haben sowie Stichprobenanschriften, die als „Ausfall“ (im Widerspruch zum Melderegister nicht bewohnt oder gewerblich genutzt) gewertet worden sind. Hier kam es dann zu einer Korrektur der Einwohnerzahl um 27 Personen.

d. Letztlich muss die Klägerin akzeptieren, dass der Nachvollziehbarkeit des Ergebnisses verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt sind. Der Gesetzgeber hat sich in rechtlich nicht zu beanstandender Weise beim Zensus 2011 dafür entschieden, über die Mehrfachfalluntersuchung sicherzustellen, dass jede Person im Bundesgebiet nur mit einem Hauptwohnsitz gezählt wird. Um dies sicherstellen zu können, war ein bundesweiter Abgleich notwendig, der nur mit einer Datenbank zu bewerkstelligen war, die Personendatensätze sämtlicher Bundesbürger enthielt. Nach Ansicht des Gerichts könnten die Gemeinden ihr jeweiliges Ergebnis nur dann tatsächlich nachvollziehen, wenn sie auch Einblick in diesen Datenbestand bekommen würden. Da aber der Aufbau eines bundesweiten Personenregisters einen tiefen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Bürger darstellt, ist diesbezüglich eine strikte Geheimhaltung verfassungsrechtlich geboten, die höher zu bewerten ist, als die weitere Aufklärung des Ergebnisses für die betroffenen Gemeinden. Nach Ansicht der entscheidenden Kammer waren die im Bescheid und im gerichtlichen Verfahren gemachten Einzelangaben zur Einwohnerzahlfeststellung ausreichend, um der Begründungspflicht nachzukommen.

7. Ferner kann die Klägerin die Rechtmäßigkeit der Einwohnerzahlermittlung auch nicht mit ihren Einwänden gegen die konkrete Durchführung der Stichprobe in Zweifel ziehen.

a. Zunächst rügt die Klägerin bei Durchführung der Stichprobe, dass es zur Verwendung von Registerauszügen mit dem Stand 01.11.2010 gekommen ist. Ihrer Ansicht nach konnten deshalb Untererfassungen nicht präzise dokumentiert werden. Dem muss bereits aus rechtlichen Gesichtspunkten heraus entgegengehalten werden, dass das Zensusgesetz und die Stichprobenverordnung keine rechtlichen Vorgaben bezüglich der Arbeitsweise der Erhebungsstellen machen. Aus diesem Grund unterliegt es grundsätzlich dem Verfahrensermessen der vollziehenden Behörden, wie sie die Stichproben konkret umsetzen (so auch VG Bremen, U.v. 06.11.2014 - 4 K 841/13 - juris Rn. 68). Gemäß Art. 10 Satz 1 BayVwVfG ist das Verwaltungsverfahren nicht an eine bestimmte Form gebunden, soweit keine besonderen Rechtsvorschriften bestehen. Steht jedoch damit die Gestaltung des Verfahrens im Ermessen der Behörde, besteht kein Anspruch auf eine bestimmte Verfahrensgestaltung, solange keine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt (Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage, 2014, § 10 Rn. 18). Eine solche Ermessensreduzierung auf Null behauptet jedoch auch die Klägerin hinsichtlich der Aktualität der Melderegisterauszüge nicht. Sie hält es zwar für zweckmäßiger, die Erhebungsbeauftragten mit aktuellen Listen auszustatten, dies reicht aber für eine Ermessensreduzierung nicht aus. Hinzu kommt, dass die statistischen Ämter der Länder und das Bundesamt für Statistik als Fachbehörden über einen großen Erfahrungsschatz bei Durchführung von Befragungen verfügen und deshalb ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn sie sich dafür entscheiden, die Erhebungsbeauftragten mit Melderegisterauszügen als Hilfsmittel auszustatten. Daneben muss an diesem Punkt berücksichtigt werden, dass die konkrete Umsetzung der Stichprobe einen längeren Zeitraum in Anspruch genommen hat. Schon aus organisatorischen Gründen heraus können die Erhebungsbeauftragten nicht jedes Mal für die aktuell anstehende Stichprobenadresse mit einem aktuellen Melderegisterauszug ausgestattet werden. Demgegenüber ist es nachvollziehbar, wenn die Erhebungsbeauftragten vor Durchführung der Stichprobe im Rahmen der Vorbereitungsarbeiten mit einem Melderegisterauszug ausgestattet werden, der bei allen Erhebungsbeauftragten den gleichen Stand aufweist. Im Übrigen ist die Kritik der Klägerin hinsichtlich der von ihr befürchteten unzureichenden Dokumentation von Untererfassungen nur wenig nachvollziehbar. Die Klägerin vermutet nämlich, dass bei ihr wegen der älteren Melderegisterauszüge die Stichprobe zu wenig Untererfassungen festgestellt hat, wenn an der Anschrift sonstige Hinweise auf die neu zugezogene Person gefehlt haben. Dies ist aus Sicht der entscheidenden Kammer deshalb praxisfern, weil in der Regel neu zugezogene Personen sehr rasch ihren Namen am Briefkasten, Klingelschild oder Türschild anbringen. Nur vernachlässigbar wenige Personen werden wohl an einer Anschrift wohnen und dies nicht einmal am Briefkasten kenntlich machen. Im Übrigen hätte die Klägerin in diesem Fall auch keinen Vorteil daraus ziehen können, wenn die Erhebungsbeauftragen mit neueren Listen ausgestattet gewesen wären. Wäre nämlich die neu zugezogene, aber an der Anschrift nach außen nicht erkennbare Person bereits gemeldet gewesen und damit auf der Liste vermerkt, hätten die Erhebungsbeauftragen diese Person als Übererfassung verbuchen müssen. Damit wäre der Klägerin zu Unrecht ein Einwohner abgezogen worden. Schließlich waren die Erhebungsbeauftragen ausdrücklich dahingehend geschult worden, die Listen lediglich als Hilfsmittel bei der Erfassung der Stichprobenadresse zu verwenden. Grundsätzlich waren sie angehalten, alle an einer Anschrift wohnenden Personen zu erfassen. Des Weiteren kann die Klägerin in diesem Zusammenhang nicht überzeugend anbringen, in Rheinland-Pfalz weisen die Zensusergebnisse deshalb geringere Differenzen zu den Melderegisterzahlen auf, weil dort den Erhebungsbeauftragen aktuelle Listen zur Verfügung gestanden hätten. Zum einen kann der klägerseits angegebenen Quelle nicht entnommen werden, welchen Stand die Listen in Rheinland-Pfalz tatsächlich hatten. Zum anderen ist Rheinland-Pfalz, neben Baden-Württemberg, das Land, mit der geringsten Abweichung der Bevölkerungszahl des Zensus gegenüber dem Melderegister. Dort weichen die Zahlen des Zensus nur um 1,0% von den Melderegistern ab, während der Bundesdurchschnitt bei 1,7% liegt (vgl. „Die ersten Ergebnisse der Bevölkerungszählung im Überblick“, Statistisches Monatsheft Rheinland-Pfalz 2013/07, Seite 646). Deshalb können daraus keine verallgemeinerbaren Aussagen abgeleitet werden.

b. Was die Verwendung von Melderegisterauszügen bei Durchführung der Stichprobe angeht, kritisiert die Klägerin weiter, dies habe die Erhebungsbeauftragen dazu verleitet, die Liste bei ihren Untersuchungen zu bestätigen und daneben weiter keine Nachforschungen mehr anzustellen. Dies habe sich ausschließlich zu ihren Lasten ausgewirkt, da davon nur Personen betroffen sein können, die zwar an der Stichprobenanschrift gewohnt haben, vom Erhebungsbeauftragen jedoch nicht festgestellt worden seien.

Zuzugeben ist der Klägerin dahingehend, dass das Phänomen des „Confirmation Bias“ tatsächlich besteht und auch von dem gerichtlich beigezogenen Gutachten beschrieben wird. Dieser Kritik muss aber zunächst entgegengehalten werden, dass niemand verlässlich das Ausmaß dieses Fehlers abschätzen kann. Letztlich sind alle Volkszählungen, sei es in Form traditioneller Vollerhebungen oder in registergestützter Form, fehlerbehaftet. Der „Confirmation Bias“ ist dabei nur ein Effekt, der wie andere Fehlerquellen auch, bei einer Massenerhebung ganzer Bevölkerungen hingenommen werden muss. Die Klägerin hat keinen rechtlichen Anspruch darauf, dass die Erhebung der Einwohnerzahl fehlerfrei abläuft, da dies faktisch nicht möglich ist. Aus Sicht der entscheidenden Kammer stehen diesem Nachteil auch Vorteile gegenüber, die die Verwendung der Listen als sinnvoll erscheinen lassen. Durch die Listen können die Erhebungsbeauftragen die zu untersuchende Anschrift eindeutig identifizieren und sie erhalten einen ersten Anhaltspunkt dafür, welche Personen sie voraussichtlich antreffen werden. Die Erhebungsbeauftragen wurden bei der Verwendung der Listen darauf aufmerksam gemacht, diese lediglich als Hilfsmittel einzusetzen. Natürlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Erhebungsbeauftragte die Liste lediglich „abgearbeitet“ haben, ohne nach weiteren Personen zu suchen. Ob sich dieser Effekt durch die Verwendung von aktuellen Melderegisterauszügen abgeschwächt hätte, kann ebenfalls nicht seriös beantwortet werden. Wie oben bereits dargelegt, liegt es nach Ansicht des Gerichts eher fern, dass neu eingezogene Personen gar nicht nach außen erkennbar sind. Zumindest wird dies wohl kein Phänomen sein, welches sich flächendeckend stellt. Dies vorausgeschickt, hätten auch neuere Listen nichts an dem Effekt des „Confirmation Bias“ geändert. Wenn sich ein Erhebungsbeauftragter tatsächlich nur auf die Abarbeitung seiner Liste beschränkt und eine Person nach außen nicht erkennbar ist, dann wird er diese Person entweder als Übererfassung verbuchen oder keinen Fehlbestand diesbezüglich erkennen. Aus diesem Grund hat das Datum der verwendeten Listen wohl keinen maßgeblichen Einfluss auf den „Confirmation Bias“.

Im Gegensatz dazu zeichnen die Auswertungen der Wiederholungsbefragungen auf dem klägerischen Gebiet ein positives Bild der Haushaltsstichprobe. Auch wenn der geringe Stichprobenumfang der Wiederholungsbefragungen keine belastbaren Rückschlüsse für einzelne Gemeinden zulässt, so können die vom Beklagten vorgenommen Fallzahlauswertungen gleichwohl als Indiz zur Abschätzung der Größe des Messfehlers bei der Klägerin herangezogen werden. Hinsichtlich des klägerischen Gemeindegebiets kommen die Haushaltsstichprobe und die Wiederholungsbefragung bei 95,8% der Personen zu übereinstimmenden Ergebnissen. Aus diesem Grund bestehen keine Indizien dafür, dass sich der „Confirmation Bias“ bei der Klägerin in einem nicht mehr hinzunehmenden Maße ausgewirkt hat. Diesbezüglich ist die Haushaltsstichprobe bei der Klägerin unauffällig und deshalb bestand auch unter Berücksichtigung des Amtsermittlungsgrundsatzes nach § 86 Abs. 1 VwGO kein Grund dafür, weitere Ermittlungsmaßnahmen seitens des Gerichts bezüglich der Haushaltsstichprobe durchzuführen.

c. Ebenso unbegründet ist das konkrete Vorbringen der Klägerin bezüglich der Existenzfeststellung von Personen. Sie versucht mit Hilfe der von ihr zitierten Rundmail Nr. 75 zu belegen, dass eine Person als nicht existent gekennzeichnet wurde, wenn ein Brief mittels Postzustellungsurkunde nicht zugestellt werden konnte. Dieser Kritikpunkt ist für den vorliegenden Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich. Der Beklagte hat auf gerichtliche Nachfrage ausgeführt, dass ihm auf dem klägerischen Stadtgebiet lediglich drei Haushalte bekannt seien, bei denen mittels Postzustellungsurkunde die Existenzfeststellung durchgeführt wurde. In allen diesen Fällen sei die Existenz der Person festgestellt worden. Aus diesem Grund hat die Klägerin bei Auszählung der Hauptwohnsitze keinen Nachteil erlitten, weswegen auch hier die genauen Arbeitsabläufe des Beklagten nicht näher aufzuklären waren.

Genauso unbegründet ist die Kritik der Klägerin, bei Durchführung der Haushaltsstichprobe sei der Hauptwohnsitz entgegen den einschlägigen Vorschriften des Meldegesetz festgelegt worden. An dieser Stelle muss zunächst auf § 7 Abs. 1 Satz 3 ZensG 2011 hingewiesen werden. Obwohl die bei der Haushaltsstichprobe zum Einsatz gekommenen Erhebungsbögen Fragen zum Haupt- und Nebenwohnsitz enthalten haben, wurde das Befragungsergebnis nicht dazu verwendet, den Wohnstatus im Melderegister der Person zu überprüfen bzw. zu korrigieren. Die Haushaltsstichprobe beschränkte sich vornehmlich darauf zu prüfen, ob die gemeldete Person an der Anschrift existent ist oder nicht. In diesen Fällen kam es nicht zu einer melderechtlichen Bewertung bei Auswertung der Erhebungsbögen. Nur bei Personen, die bislang nicht im Melderegister gemeldet waren, bei der Haushaltsstichprobe aber angetroffen wurden, wurde der Wohnstatus mithilfe der Erhebungsbögen festgelegt. Maßgeblich dafür waren die Fragen 12 und 13 (Frage nach weiteren Wohnungen, Frage nach dem Hauptwohnsitz). Hat die befragte Person angegeben, an der Stichprobenanschrift ihren Hauptwohnsitz zu haben, wurde sie auch mit Hauptwohnsitz gezählt. Gab sie hingegen an, dort nur einen Nebenwohnsitz zu führen, wurde sie nur mit Nebenwohnung gezählt. Die Haushaltsstichprobe hat diese Angaben nicht weiter überprüft und dies war rechtlich auch nicht notwendig. Wie bereits aus der obergerichtlichen Rechtsprechung zur Volkszählung von 1987 hervorgeht, sind die Erhebungsstellen nicht verpflichtet, bewusst oder unbewusst falsch erteilte Auskünfte der Auskunftspflichtigen zu überprüfen, wenn die Fragebögen so beschaffen sind, dass die gesetzlichen Merkmale korrekt abgefragt werden (vgl. BayVGH, U.v. 21.12.1994 - 4 B 93.244 - juris Rn. 35). Da die Fragebögen zur Haushaltsstichprobe die Merkmale Haupt- und Nebenwohnung eindeutig und korrekt abgefragt haben, fand die eigentliche rechtliche Bewertung durch die Auskunftspflichtigen selbst statt. Die Erhebungsstellen waren im Anschluss daran befugt, dieses Ergebnis zu übernehmen. Deshalb ist es bei der Haushaltsstichprobe ausgeschlossen, dass sich die von der Klägerin in Blick genommene 6-Monatsfrist des § 15 Abs. 2 Nr. 2 MRRG hier zu ihren Lasten ausgewirkt hat.

d. Zuletzt ist die Einwohnerzahlfestsetzung nicht deshalb rechtswidrig, weil der einfache relative Standardfehler bei der Klägerin im Rahmen der Hochrechnung unstreitig 0,6% beträgt. Die Klägerin sieht darin eine Rechtsverletzung, da ihrer Ansicht nach wegen § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 der Standardfehler höchstens 0,5% betragen dürfe.

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 dient die Haushaltsstichprobe der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5%. Dies ist aus verfassungsrechtlichen Gründen erstmal nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen rechtlich verbürgten Anspruch auf Festsetzung ihrer tatsächlichen Einwohnerzahl (vgl. VGH Hessen, U.v. 19.09.1991 - 6 UE 2588/89 - juris Rn. 41). Aus dem Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden kann nämlich keine Garantie auf einen bestimmten Bevölkerungsstand abgeleitet werden, weil die Einwohner im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen Freizügigkeit selbst bestimmen können, welcher Gemeinde sie angehören wollen (VGH Mannheim, U.v. 21.07.1986 - 1 S 232/86 - NVwZ 1987, 512, 513). Jede statistische Erhebung weist nämlich eine gewisse Fehlerquote auf. Selbst traditionelle Volkszählungen, bei denen jede Erhebungseinheit primärstatistisch erfasst wird, weisen Fehler auf. Nachuntersuchungen zu den letzten beiden traditionellen Volkszählungen haben bewiesen, dass bei der Volkszählung von 1970 ein Untererfassungsfehler von 1,4% und ein Übererfassungsfehler von 0,8% bestand. Bei der Volkszählung von 1987 wurden Über- und Untererfassungsfehler im Umfang von 0,4% festgestellt, wobei letztere Ergebnisse nicht voll belastbar sind, da sich nicht alle Bundesländer an den Nachbefragungen beteiligt haben (vgl. Fürnrohr/Anding, in: „Ermittlung der Einwohnerzahlen von Bund, Ländern und Kommunen, Seite 13).

Wie oben im Tatbestand bereits erläutert wurde, sind der relative Standardfehler und der Stichprobenumfang direkt miteinander verbunden. Der Gesetzgeber muss dabei einen Konflikt zweier diametraler Ziele in einen gerechten Ausgleich bringen. Mit steigendem Stichprobenumfang steigt zwar die Genauigkeit der darauf aufbauenden Hochrechnung, damit steigt aber auch die Belastung der Bevölkerung, die möglichst gering gehalten werden soll. In diesem Konflikt hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden, eine der beiden Größen verbindlich festzuschreiben. Dazu hat er in § 7 Abs. 2 Satz 1 ZensG 2011 geregelt, dass der erforderliche Stichprobenumfang 10% der Bevölkerung nicht überschreiten soll. Wie die Gesetzgebungshistorie zeigt, ist die Formulierung „soll“ aber als echte Obergrenze zu verstehen und nicht nur als bloßer Orientierungspunkt, der unter Umständen überschritten werden darf. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Zensusgesetzes lagen nämlich die Ergebnisse des Stichprobenforschungsprojektes noch nicht vor. Gleichwohl ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass voraussichtlich rund 7% der Bevölkerung zu befragen sind (vgl. BT-Drucks. 16/12219, Seite 32). Deshalb wurde in § 7 Abs. 2 Satz 2 ZensG 2011 eine Verordnungsermächtigung aufgenommen, um den genauen Stichprobenumfang festzulegen (vgl. BR-Drucks. 3/09, Seite 20). Die genaue Festlegung des Stichprobenumfangs erfolgte im Anschluss daran in § 3 Abs. 1 Satz 2 StichprobenV, wo der bundesweite Umfang auf 9,6% der Bevölkerung festgeschrieben wurde.

Anders als die Klägerin meint, hat der Gesetzgeber mit § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 kein subjektivöffentliches Recht der Gemeinden auf strikte Einhaltung des Standardfehlers statuiert. Inwieweit und für wen gesetzliche Vorschriften subjektive Rechte begründen, muss immer durch Auslegung der Norm ermittelt werden (Schmidt-Aßmann/Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 2015, Einleitung Rn. 20). Gemäß der dabei einschlägigen Schutznormtheorie muss die Norm einen objektivrechtlichen Schutz enthalten, einen abgrenzbaren Kreis an Personen begünstigen und schließlich nach ihrem sachlichen Zweck eine besondere Schutzwürdigkeit begründen (vgl. Schmidt-Kötters, in: Beck’scher Online-Kommentar zur VwGO, 35. Auflage, § 42 Rn. 152). Letzteres ist dabei aber nicht isoliert an einer Vorschrift festzumachen, sondern dabei muss das gesamte Regelungsgefüge betrachtet werden. Bei § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 kann in den Gemeinden der abgrenzbare Personenkreis erblickt werden, weil diese hauptsächlich vom Zensus betroffen sind. Auch dient die Festlegung des einfachen relativen Standardfehlers nicht nur öffentlichen Interessen, sondern sie schützt auch die Gemeinden, weil nur bei einer hinreichend guten Ergebnisqualität der Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht gerechtfertigt ist. Nach Ansicht der entscheidenden Kammer kann aber weder aus dem Wortlaut noch aus dem Regelungszusammenhang darauf geschlossen werden, dass die Norm den Gemeinden einen besonderen Schutz vermitteln will. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 vermittelt nach Ansicht des Gerichts kein einklagbares Recht auf Einhaltung des Standardfehlers.

Dies deutet bereits der Wortlaut der Norm an, auch wenn dieser nicht eindeutig ist. Zunächst spricht die Norm davon, dass die Genauigkeit der Hochrechnung mit 0,5% „angestrebt“ wird. Das Wort „anstreben“ hat seinem Wortsinn nach die Bedeutung „etwas zu erreichen suchen“ oder „etwas zum Ziel haben“. Schon aus diesem Grund verbietet es sich, den Gemeinden ein subjektivöffentliches Recht auf strikte Einhaltung der Grenze von 0,5% zuzugestehen (so auch VG Bremen, U.v. 06.11.2014 - 4 K 841/13 - Rn. 63). Diesem Verständnis steht entgegen, dass der Wortlaut in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 auch von „höchstens“ 0,5% spricht, was wiederum für eine absolute, nicht zu überschreitende Grenze spricht. Deshalb kann aus dem Wortlaut allein keine verbindliche Entscheidung darüber getroffen werden, ob aus § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 für die Gemeinden ein subjektivöffentliches Recht abgeleitet werden kann oder nicht. Ausschlaggebend gegen ein subjektivöffentliches Recht der Gemeinden spricht aber der Regelungszusammenhang des Zensusgesetzes.

Wie oben bereits dargestellt wurde, hat der Gesetzgeber den Stichprobenumfang eindeutig fixiert und damit einen der beiden Faktoren der Haushaltsstichprobe festgezurrt. Dieser zur Verfügung stehende Stichprobenumfang wird aber nicht auf alle Bundesländer oder Gemeinden gleich umgelegt, sondern die Höhe des Stichprobenumfangs je Gemeinde hängt von ihrer Größe ab. Je größer die Gemeinde ist, desto kleiner fällt der Stichprobenumfang aus. Dies ist dem statistischen Grundsatz geschuldet, dass die Qualität der Schätzung nicht vom prozentualen Auswahlsatz, sondern von der absoluten Zahl der erhobenen Einheiten abhängt. Die statistischen Landesämter und das Bundesamt für Statistik mussten demnach den vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellten Stichprobenumfang auf die Gemeinden möglichst so verteilen, dass es in allen beteiligten Gemeinden zu einem möglichst geringen relativen Standardfehler kommt. Dies führt aber unweigerlich dazu, dass der relative Standardfehler nicht in allen Gemeinden gleich ausfallen kann. Darauf weist auch das vom Gericht beigezogene Gutachten hin. Dort wird ausgeführt: „Der relative Standardfehler ist aufgrund der unterschiedlichen Verteilung der Einwohnerzahlen pro Adresse in den einzelnen Städten und Gemeinden unterschiedlich und nur nach der Erhebung genau abschätzbar.“ Wie der Beklagte auf gerichtliche Nachfrage weiter erklärt hat, liegt dies auch an der unterschiedlichen Verteilung der Einwohnerzahl pro Anschrift. In einer Gemeinde, in der z. B. fast ausschließlich zwei Personen pro Anschrift wohnen, wäre der relative Standardfehler nahezu Null, da - egal welche Anschriften bei einem bestimmten Stichprobenumfang in die Stichprobe gelangen - die Ergebnisse für die ermittelte Gesamteinwohnerzahl nahezu identisch wären. Weist jedoch eine andere gleichgroße Gemeinde eine große Streuung hinsichtlich der Einwohnerzahl pro Anschrift auf, ist bei demselben Stichprobenumfang ein höherer relativer Standardfehler zu erwarten. Dieser Verschiedenartigkeit der Gemeinden ist das beim Zensus verwendete Stichprobendesign mit unterschiedlichen Stichprobenumfängen pro Gemeinde entgegengetreten: Je größer die Streuung der Einwohnerzahl pro Anschrift war, desto mehr Anschriften mussten untersucht werden, wobei diese unbekannte Streuung aus den Informationen des Melderegisters wiederum geschätzt werden musste.

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen zur Arbeitsweise des Stichprobendesigns und zum Regelungszusammenhang der Vorschrift wird deutlich, dass den Gemeinden kein subjektivöffentliches Recht auf Einhaltung des einfachen relativen Standardfehlers von 0,5% zusteht. Deswegen und weil bei der Klägerin die Vorgabe des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 nur geringfügig überschritten wurde, ist die Einwohnerzahlfeststellung gegenüber der Klägerin rechtmäßig.

Zwar könnte man an dieser Stelle einwenden, der Gesetzgeber hätte den Stichprobenumfang mit einem so großen Sicherheitszuschlag festlegen müssen, dass der relative Standardfehler bei allein Gemeinden auf jeden Fall 0,5% nicht überschreitet. Dies war aber aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht geboten. Das interkommunale Gleichbehandlungsgebot verpflichtet den Gesetzgeber nicht dazu, die Einwohnerzahl bei allen Gemeinden mit gleicher Fehlerquote festzulegen. Dies wäre auch bei traditionellen Volkszählungen in Form einer Totalerhebung rein faktisch nicht möglich. Die Selbstverwaltungsgarantie und das interkommunale Gleichbehandlungsgebot verpflichten den Gesetzgeber nur dazu, die Einwohnerzahl mit einer hinreichenden Qualität festzustellen und dies mit einer im Wesentlichen gleichen Ergebnisgenauigkeit zu bewerkstelligen. Deshalb konnte der Gesetzgeber im Rahmen seines Gestaltungsspielraums einen Stichprobenumfang festlegen, bei dem er unter Abwägung der Selbstverwaltungsgarantie mit dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der Bürger berechtigterweise davon ausgehen durfte, dass die Qualitätsvorgabe von 0,5% im Wesentlichen eingehalten wurde. Die Festlegung des Stichprobenumfangs erfolgte weder willkürlich, noch aus sachfremden Erwägungen heraus, sondern die Festlegung in § 3 Abs. 1 StichprobenV beruht auf dem Stichprobenforschungsprojekt und damit auf wissenschaftlich fundierten Erwägungen. Vergleicht man den relativen Standardfehler der Klägerin (0,6%) mit dem bundesweiten Mittel (0,56%) so wird deutlich, dass der Zensus hinsichtlich des Ziels einer im Wesentlichen gleichen Ergebnisgenauigkeit bei der Klägerin erfolgreich war.

8. Schließlich hat der Beklagte auch hinsichtlich der Erhebung an Anschriften mit Sonderbereichen gemäß § 8 Abs. 1 ZensG 2011 die Einwohnerzahl rechtmäßig erhoben.

Nach der gesetzgeberischen Vorstellung, musste an allen Anschriften mit Sonderbereichen eine personenbezogene Totalerhebung durchgeführt werden. Dies war deshalb notwendig, weil aus früheren Volkszählungen und dem Zensustest bekannt war, dass an diesen Anschriften mit einer hohen Anzahl von Über- und Untererfassungen zu rechnen ist. Deshalb ordnete § 8 Abs. 1 Satz 1 ZensG 2011 an, dass die statistischen Ämter der Länder für alle Anschriften mit Sonderbereichen die dort wohnenden Personen feststellen. Hier sollte die Einwohnerzahlfestsetzung also nicht allein über das Melderegister durchgeführt werden, sondern es sollten alle Einwohner an Anschriften mit Sonderbereichen primärstatistisch gezählt werden. Dieser Pflicht ist der Beklagte dadurch nachgekommen, dass er alle Bewohner der Sonderbereiche mittels Fragebogen erfasst hat. Unabhängig von der Auswertung der Fragebögen und den daraus resultierenden rechtlichen Bewertungen hinsichtlich des Wohnstatus, hat der Beklagte dadurch in einem ersten Schritt alle Einwohner der Sonderbereiche ermittelt und registriert.

Dabei legt § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 bestimmte Merkmal fest, die bei den Befragungen erhoben werden müssen, u. a. „der Tag des Bezugs der Wohnung oder des Beginns der Unterbringung“ (Merkmal e) und der „Wohnstatus“ (Merkmal h). Nachdem die Personen primärstatistisch erfasst waren, fand gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 ZensG 2011 ein Abgleich der erhobenen Daten mit den Melderegistern statt. Durch diesen personenbezogenen Datenabgleich sollte insgesamt die Qualität der Erhebung abgesichert werden (vgl. BT-Drucks. 16/12219, Seite 36), weil nur durch den Datenabgleich auch Über- und Untererfassungen in den Sonderbereichen entdeckt werden konnten. Die Haushaltsstichprobe, die diese Funktion bei großen Gemeinden normalerweise übernommen hat, fand nämlich nur bei nichtsensiblen Sonderanschriften statt (vgl. § 8 Abs. 5 Satz 1 ZensG 2011) und dort auch nur zur Gewinnung der Zusatzinformationen. Die Haushaltsstichprobe wurde aber bei den Sonderbereichen generell nicht dazu herangezogen, Registerfehler aufzudecken.

In der Gemeinde mit der Sonderanschrift, mussten die primärstatistischen Daten mit dem Melderegister verglichen werden, um dort wohnhafte Personen, die nicht im Melderegister geführt waren, als Untererfassung neu aufzunehmen bzw. Personen, die nicht an der Anschrift wohnen, obgleich sie im Melderegister geführt waren, als Übererfassungen abzuziehen (vgl. dazu die Gesetzesbegründung BR-Drucks. 16/12219, Seite 37, Absatz 3). Allerdings wurden die primärstatistischen Daten nicht nur mit den Meldedaten der Sonderbereichsgemeinde, sondern auch mit dem bundesweiten Melderegisterbestand verglichen, so wie es § 8 Abs. 2 Satz 1 ZensG 2011 impliziert. Dadurch wurde sichergestellt, dass Personen der Sonderanschriften nicht zusätzlich in einer anderen Gemeinde gezählt wurden.

Zur praktischen Umsetzung dieser Vorgaben entwickelte das Bundesamt für Statistik komplexe Regelwerke, nach denen der Wohnstatus bestimmt wurde. Dabei gab es sowohl für sensible, als auch für nichtsensible Sonderbereiche jeweils eigene Regularien, mit deren Hilfe anhand der Befragungsergebnisse und den Meldedaten entschieden wurde, in welcher Gemeinde der Einwohner mit Haupt- und Nebenwohnsitz zu zählen ist (vgl. dazu die Tabellen 22-4, 22-5, 22-6, 22-7, 22-8 und 22-9 im Fachkonzept Erhebung an Sonderanschriften Seite 134-146, Blatt 339-345 der GA). Nach diesen Regularien war es auch möglich, dass sich der Wohnstatus von Bewohnern der Sonderbereichsgemeinde von Haupt- auf Nebenwohnsitz und umgekehrt verändert.

a. Das Regelwerk des Bundesamtes für Statistik beschäftigt sich dabei zunächst mit der Frage, welche Datenquelle mit welcher Priorität herangezogen wird, um den Wohnstatus festzulegen. Entsprechend der Tabelle 22-9 „Datenquellen der Wohnungsstatusfeststellung für Personen an nichtsensiblen Sonderbereichen“ wurde der Wohnstatus bei nichtsensiblen Sonderbereichen primär aufgrund der Antworten des Fragebogens festgelegt, auch weil bei nichtsensiblen Sonderbereichen gemäß § 18 Abs. 5 Satz 1 ZensG 2011 die Bewohner selbst zur Auskunft verpflichtet waren. Um den Wohnstatus festzulegen, wurden in den Erfassungsbögen folgende Daten abgefragt: Familienstand (Frage 7), ob in Deutschland weitere Wohnungen bewohnt werden (Frage 10) und ob die hiesige Wohnung die vorwiegend benutzte Wohnung der Familie ist (Frage 11a) bzw. ob die hiesige Wohnung die vorwiegend benutzte Wohnung ist (Frage 11b). Dies stellt grundsätzlich ein richtiges Vorgehen dar, um den Wohnstatus einer Person festzulegen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung muss für die Bestimmung der Hauptwohnung grundsätzlich auf die Angaben des Einwohners abgestellt werden (vgl. BVerwG, U.v. 15.10.1991 - 1 C 24/90 - juris Rn. 18). Bei Durchführung einer Volkszählung wird diese Rechtsprechung dahingehend weiter konkretisiert, dass die Erhebungsstellen nicht verpflichtet sind, bewusst oder unbewusst falsch erteilte Auskünfte der Auskunftspflichtigen zu überprüfen, wenn die Fragebögen so beschaffen sind, dass die gesetzlichen Merkmale korrekt abgefragt werden (vgl. BayVGH, U.v. 21.12.1994 - 4 B 93.244 - juris Rn. 35).

Entgegen der Kritik der Klägerin kam es hier also zunächst nicht darauf an, wie lange der Einwohner bereits an der Sonderanschrift wohnhaft war. Allein entscheidend für die Frage des Wohnstatus waren die Angaben des Auskunftspflichtigen. Die Erläuterungen des streitgegenständlichen Bescheids auf Seite 5 sind dabei missverständlich, da dort tatsächlich davon gesprochen wird, dass der Hauptwohnsitz erst bei einem Aufenthalt ab sechs Monaten angenommen wurde. Entscheidend für den vorliegenden Rechtsstreit ist aber nicht die missverständliche Beschreibung in den Bescheidsgründen, sondern die tatsächliche Umsetzung und die war deutlich differenzierter, als es die Bescheidsbegründung erahnen lässt. In der tatsächlichen Umsetzung wurde der Wohnstatus der Bewohner nichtsensibler Sonderbereiche in Übereinstimmung mit der ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung hauptsächlich anhand der Befragungsergebnisse festgestellt. Wegen des gesetzlich in § 8 Abs. 2 Satz 1 ZensG 2011 vorgeschriebenen Abgleichs der Befragungsergebnisse mit den Melderegistern konnte es aber auch vorkommen, dass der Wohnstatus von Personen geändert wurde. Ergab sich beispielsweise aus der Befragung ein Hauptwohnsitz in der Sonderbereichsgemeinde, wurden evtl. vorhandene andere Hauptwohnsitze im Bundesgebiet zum Nebenwohnsitz geändert. Ergab sich hingegen aus der Befragung ein Nebenwohnsitz, wurde für diese Person jedoch im Bundesgebiet kein Hauptwohnsitz gefunden, wurde die Person konsequenterweise mit Hauptwohnsitz in der Sonderbereichsgemeinde gezählt. Diese Beispiele dienen lediglich der Veranschaulichung der Arbeitsweise der Regularien, da sämtliche dort abgebildeten Fallkonstellationen hier nicht näher dargestellt werden können. Der Kritik der Klägerin, dass es bei ihren Befragungen zu zahlreichen und unberechtigten Änderungen des Wohnstatus gekommen ist, kann jedoch nicht gefolgt werden. Zum einen ist die Änderung des Wohnstatus durch den Abgleich mit den Melderegistern gesetzlich intendiert gewesen; zum anderen hat die Klägerin trotz Kenntnis der Regelwerke keine konkreten Einwände dagegen erhoben.

b. Anders verhielt es sich in den Fällen, in denen der Auskunftspflichtige bei den nichtsensiblen Sonderbereichen keine plausiblen Angaben im Fragebogen gemacht hatte. Hier waren die Landesämter für Statistik gezwungen, gleichwohl zu entscheiden, in welcher Gemeinde der Einwohner mit Hauptwohnsitz zu zählen ist. In diesen Fällen kamen die Melderegister als sekundäre Datenquelle zum Einsatz (vgl. Tabelle 22-9 des Fachkonzept Erhebung an Sonderanschriften). Die Angaben des Fragebogens wurde aber dennoch herangezogen: Zum einen, weil damit die Existenz der Person in der Sonderbereichsgemeinde primärstatistisch erfasst war und zum anderen, weil mit den vorhanden anderen Angaben des Fragebogens die bisherigen Eintragungen der Melderegister plausibilisiert wurden. Auch dieses Vorgehen ist nicht zu beanstanden. Wenn der Auskunftspflichtige unplausible Angaben macht, bleibt den statistischen Landesämtern nichts anderes übrig, als anhand des vorhandenen Datenmaterials - und dazu zählen auch die Melderegister - den Wohnstatus bestmöglich festzulegen. Darauf deutet auch die Gesetzesbegründung hin, wenn sie ausführt, dass die erhobenen Daten erfasst werden, ein Abgleich mit den Melderegisterdaten durchgeführt wird und dabei der Wohnstatus je Person eindeutig festgestellt wird (vgl. BT-Drucks. 16/12219, Seite 37, Absatz 2). Erst hier kam es nach dem Regelwerk des Bundesamtes für Statistik darauf an, wie lange eine Person bereits an einer Sonderanschrift wohnhaft ist. In diesen Fällen ist es nicht ausgeschlossen, dass es vereinzelt zu fehlerhaften Wohnstatusfeststellungen gekommen ist, da es bei der Frage nach dem Hauptwohnsitz eigentlich nicht auf die bisherige Verweildauer an der Anschrift ankommt, sondern auf die zukünftige Benutzung der Wohnung (vgl. BVerwG, U.v. 15.10.1991 - 1 C 24/90 - juris Rn. 13).

Dies macht die Einwohnerzahlfeststellung aber dennoch nicht rechtswidrig. Erstens kann bei Durchführung einer Volkszählung nur sehr eingeschränkt eine Zukunftsprognose hinsichtlich der künftigen Wohnungsnutzung vorgenommen werden, so wie es der objektivierte Hauptwohnsitzbegriff eigentlich erfordert. Zweitens kamen diese „Notfallregeln“ nur dann zum Einsatz, wenn der Auskunftspflichtige unplausible oder unvollständige Angaben gemacht hat. Aus Sicht der entscheidenden Kammer ist es in diesen Einzelfällen gerechtfertigt, die notwendige melderechtliche Prognose zukünftiger Benutzungszeiten durch eine Betrachtung der bisherigen Verweildauer zu ersetzen. Auch die Betrachtung bisheriger Benutzungsgewohnheiten kann für eine Zukunftsprognose fruchtbar gemacht werden, weil daraus eine Aussage über das vermutlich künftige Verhalten abgeleitet werden kann. Der Gesetzgeber hat die statistischen Landesämter eben nicht dazu verpflichtet, den Wohnstatus allein über das Merkmal h) festzulegen, sondern die Landesämter duften dabei alle Merkmal des § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 heranziehen und darunter fällt auch das Merkmal e) „Tag des Bezugs der Wohnung oder des Beginns der Unterbringung“. Wie oben bereits angedeutet, kann nicht ausgeschlossen werden, dass es dabei vereinzelt zu falschen Wohnstatusfestlegungen gekommen ist. Dies muss aber im Rahmen einer Massenerhebung hingenommen werden, denn es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Regularien des Bundesamtes den melderechtlichen Hauptwohnsitzbegriff grundlegend verkannt haben oder dass es zu flächendeckend falschen Wohnstatusfeststellungen gekommen ist.

Deshalb kann die Klägerin nicht mit Erfolg rügen, ihr sei zu Unrecht der Hauptwohnsitz bei Personen vorenthalten worden, wenn diese noch nicht 6-Monate an der Sonderanschrift gewohnt haben. Diese Kritik ist angesichts der komplexen Regelwerke viel zu pauschal, auch weil sie nicht beachtet, dass bei nichtsensiblen Sonderbereichen die bisherige Verweildauer nur in Ausnahmefällen und nur dann entscheidend war, wenn der Auskunftspflichtige unplausible oder unvollständige Angaben gemacht hatte. Mag es hier zwar vereinzelt zu Ungenauigkeiten bzw. Fehlern bei der Wohnstatusfeststellung gekommen sein, so fällt dies nach Ansicht des Gerichts zumindest bei der Klägerin noch in den Toleranzrahmen einer Massenerhebung. Insgesamt wurden an Sonderanschriften auf dem klägerischen Gemeindegebiet 1.663 Personen registriert. Nach Bewertung durch die oben angesprochenen Regularien erhielt die Klägerin dabei 1.565 Hauptwohnsitze. Die maximale Fehleranzahl zu Unrecht vorenthaltener Hauptwohnsitze beträgt somit 98 Wohnsitze. Vergleicht man diese Zahl mit der insgesamt festgestellten Einwohnerzahl von 41.938 Personen, dann fällt diese Fehlerquelle bei der Klägerin kaum ins Gewicht.

c. Bei sensiblen Sonderanschriften wurde der Wohnstatus wiederum grundlegend anders festgestellt, als bei nichtsensiblen Sonderanschriften. Wie bereits Tabelle 22-8 zu den Datenquellen zeigt, wurde die Wohnstatusfeststellung gänzlich mithilfe der Melderegister und unter Berücksichtigung des Zuzugsdatums festgelegt. Zwar enthielt der Fragebogen bei sensiblen Sonderbereichen ebenfalls die Frage nach dem Wohnstatus, allerdings stellten die statistischen Landesämter bei Durchführung des Zensus fest, dass in sehr vielen Fällen die Einrichtungsleitungen dazu keine brauchbaren Angaben machen konnten. Nach § 18 Abs. 5 Satz 5 ZensG 2011 waren die Einrichtungsleitungen jedoch auch gesetzlich nur dazu verpflichtet, über die ihr bekannten Daten Auskunft zu erteilen. Deshalb musste bei den sensiblen Bereichen der Wohnstatus grundlegend anders festgestellt werden.

Bei dieser Sach- und Rechtslage entschied sich der Beklagte aus nachvollziehbaren Gründen dafür, den Wohnstatus mit Hilfe der Melderegister und den verwertbaren Angabe des Fragebogens festzustellen. In Übereinstimmung mit der Kernforderung des § 8 Abs. 1 Satz 1 ZensG 2011 wurden auch bei sensiblen Sonderbereichen alle Einwohner über die Fragebögen personenbezogen registriert und somit sichergestellt, dass alle Einwohner bei der Volkszählung gezählt wurden. Die primärstatistische Totalerhebung hinsichtlich des Wohnstatus scheiterte jedoch daran, dass die auskunftsverpflichteten Einrichtungsleitungen zumeist keine Angaben dazu machen konnten. Die Entscheidung für Haupt- oder Nebenwohnsitz wurde nach dem Regelwerk zu den sensiblen Bereichen (Tabelle 22-6/22-7 des Fachkonzepts Erhebung an Sonderanschriften, Seite 142 - 145, Blatt 343 - 345 der GA) nun danach getroffen, ob und wie die Person im Melderegister der Sonderbereichsgemeinde registriert war, ob und wie die Person im Melderegister anderer Gemeinde registriert war, ob die Person mittels Fragebogen in der Sonderbereichsgemeinde erfasst wurde, wie lange sich die Person bereits an der Sonderanschrift aufhielt und ob die Person an einer anderen Anschrift verzeigert war. Wie oben bereits erläutert wurde, ist es aus Sicht der entscheidenden Kammer bei Durchführung der Volkszählung gerechtfertigt, die melderechtlich notwendige Prognose zukünftiger Benutzungsgewohnheiten durch eine Betrachtung der bisherigen Verweildauer zu ersetzen, wenn und soweit im Rahmen der Befragungen keine besseren Ergebnisse erzielt werden können. § 8 Abs. 2 Satz 2 ZensG 2011 erlaubt es eben, alle Erhebungsmerkmale des Absatz 1 für die Entscheidung nach dem Wohnstatus heranzuziehen.

Auch hierbei wird es letztlich zu Ungenauigkeiten bei der Wohnstatusfeststellung gekommen sein. In dem zur Entscheidung stehenden Einzelfall können diese eventuell vorhandenen Fehler aber maximal 0,23% ausmachen und dies ist wie oben bereits dargelegt bei einer Totalerhebung hinzunehmen. Entscheidend war, dass der Beklagte alle Einwohner der Sonderbereiche tatsächlich erfasst hat.

9. Nachdem der angefochtene Bescheid rechtmäßig ist, war über den Verpflichtungsantrag nebst Hilfsantrag nicht mehr zu entscheiden.

10. Da die Klage erfolglos war, war sie mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen gewesen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 708 ZPO.

Die Berufung war hier wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache nach §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Rechtmäßigkeit der Einwohnerzahlfeststellung in einem registergestützten Zensus bislang nicht Gegenstand der obergerichtlichen bzw. höchstrichterlichen Rechtsprechung war. Schon allein deswegen, weil die europarechtlichen Vorgaben die Mitgliedsstaaten dazu verpflichten, alle 10 Jahre einen Zensus durchzuführen, ist es von allgemeinem Interesse, die rechtlichen Anforderungen an einen solchen Zensus zu klären. Des Weiteren ergibt sich die grundsätzliche Bedeutung deshalb, weil es sich beim vorliegenden Verfahren um die „Musterklage“ aller gegen den Zensus klagenden bayrischen Gemeinden handelt.

Rechtsmittelbelehrung

Rechtsmittel: Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg schriftlich einzulegen (Haidplatz 1, 93047 Regensburg oder Postfach 110165, 93014 Regensburg). Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Berufungsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einzureichen (Ludwigstraße 23, 80539 München oder Postfach 340148, 80098 München). § 124 a Abs. 3 VwGO ist zu beachten.

Hinweis auf Vertretungszwang: Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich alle Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt bereits für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird, die aber noch beim Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder die anderen in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich auch durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; Einzelheiten ergeben sich aus § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG. Da der Sach- und Streitstand keine genügenden Anhaltspunkte zur Bestimmung des Streitwerts bietet, war hier der Auffangstreitwert i. H. v. 5.000,- EUR festzusetzen gewesen. Auf die von der Klägerin ins Feld geführten Auswirkungen der Einwohnerzahl auf verschiedene Finanzzuweisungen kann bei der Streitwertfestsetzung nicht abgestellt werden, weil die Höhe der Auswirkungen nicht feststeht.

Rechtsmittelbelehrung

Rechtsmittel: Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- EUR übersteigt, oder wenn die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg (Haidplatz 1, 93047 Regensburg oder Postfach 110165, 93014 Regensburg) einzulegen. Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, daß eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.

(2) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung, Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers über Grundsätze und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Postwesens und der Telekommunikation, über die Grundsätze der Erhebung des Entgelts für die Benutzung der Einrichtungen der Eisenbahnen des Bundes, über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, sowie Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen oder die von den Ländern im Auftrage des Bundes oder als eigene Angelegenheit ausgeführt werden.

(3) Der Bundesrat kann der Bundesregierung Vorlagen für den Erlaß von Rechtsverordnungen zuleiten, die seiner Zustimmung bedürfen.

(4) Soweit durch Bundesgesetz oder auf Grund von Bundesgesetzen Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, sind die Länder zu einer Regelung auch durch Gesetz befugt.

(1) Das Statistische Bundesamt prüft anhand der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten, ob Personen für mehr als eine alleinige Wohnung oder Hauptwohnung (Mehrfachfälle) oder nur für Nebenwohnungen gemeldet sind.

(2) Mehrfachfälle in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern werden vom Statistischen Bundesamt maschinell bereinigt. Maßgebliche Entscheidungskriterien sind dabei die Einzugsdaten der betroffenen Person. Der sich daraus ergebende Datenbestand bildet die Grundlage für die Zusammenführungen nach § 9 Absatz 1 sowie für die Feststellung von Über- und Untererfassungen nach § 9 Absatz 2. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für alle Personen, die nur mit Nebenwohnungen gemeldet sind und für Personen mit mehr als einer alleinigen Wohnung oder Hauptwohnung, die in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern gemeldet sind, stellen die statistischen Ämter der Länder den Wohnungsstatus zum Berichtszeitpunkt fest. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(4) Zur Feststellung des Wohnungsstatus nach Absatz 3 erheben die statistischen Ämter der Länder bei den betroffenen Personen folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Wohnungsstatus der betroffenen Person in Bezug auf jede Anschrift,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort,
d)
Anschriften aller Haupt- und Nebenwohnungen der betroffenen Person.

Die statistischen Ämter der Länder bereinigen Unstimmigkeiten, die in Bezug auf Anschriften mit nur einer bewohnten Wohnung in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern bestehen. Dazu erheben sie an den betroffenen Anschriften für jede dort wohnende Person folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Wohnungsstatus,
e)
Staatsangehörigkeiten,
f)
Zahl der in der Wohnung wohnhaften Personen,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Anschrift.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, daß eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.

(2) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung, Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers über Grundsätze und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Postwesens und der Telekommunikation, über die Grundsätze der Erhebung des Entgelts für die Benutzung der Einrichtungen der Eisenbahnen des Bundes, über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, sowie Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen oder die von den Ländern im Auftrage des Bundes oder als eigene Angelegenheit ausgeführt werden.

(3) Der Bundesrat kann der Bundesregierung Vorlagen für den Erlaß von Rechtsverordnungen zuleiten, die seiner Zustimmung bedürfen.

(4) Soweit durch Bundesgesetz oder auf Grund von Bundesgesetzen Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, sind die Länder zu einer Regelung auch durch Gesetz befugt.

Tenor

1. Die Antragsgegnerin hat

a) den Antragsteller zu 1. und die Antragstellerin zu 5. sowie den Deutschen Bundestag durch die Antworten vom 27. Dezember 2010 auf die Schriftliche Frage Nummer 34 der Bundestagsdrucksache 17/4350, soweit diese sich auf den beim Verkauf der IKB Deutsche Industriebank AG erzielten Kaufpreis bezieht, und auf die Schriftliche Frage Nummer 35 der Bundestagsdrucksache 17/4350,

b) die Antragsteller zu 1. und zu 2. und die Antragstellerin zu 5. sowie den Deutschen Bundestag durch die Antworten auf die Fragen 1, 4, 6, 8, 11 und 18 der Kleinen Anfrage vom 11. November 2010 (Bundestagsdrucksache 17/3740),

c) den Antragsteller zu 3. und die Antragstellerin zu 5. sowie den Deutschen Bundestag durch die Antworten auf die Fragen 1 bis 5 und 13 der Kleinen Anfrage vom 11. November 2010 (Bundestagsdrucksache 17/3757), auf die Frage 16 der Kleinen Anfrage vom 11. November 2010 (Bundestagsdrucksache 17/3766) und auf die Fragen 1 bis 14 der Kleinen Anfrage vom 4. Oktober 2010 (Bundestagsdrucksache 17/3149)

in deren Rechten aus Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 und Artikel 20 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes verletzt.

2. Der Antrag zu 3. wird hinsichtlich des Antragstellers zu 4. insgesamt sowie hinsichtlich des Antragstellers zu 3. und der Antragstellerin zu 5. insoweit verworfen, als er sich auf die Beantwortung der Fragen 17, 18 und 19 der Kleinen Anfrage vom 11. November 2010 (Bundestagsdrucksache 17/3766) durch die Bundesregierung bezieht.

3. Die Anträge werden insoweit verworfen, als sie darauf abzielen, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die in den genannten parlamentarischen Anfragen erbetenen Auskünfte zu erteilen.

4. Im Übrigen wird der Antrag zu 2. der Antragsteller zu 1. und zu 2. und der Antragstellerin zu 5. hinsichtlich der Frage 14 der Kleinen Anfrage vom 11. November 2010 (Bundestagsdrucksache 17/3740) zurückgewiesen.

Gründe

A.

1

Die Antragsteller zu 1. bis 3. sind Abgeordnete des Deutschen Bundestages, der Antragsteller zu 4. war es bis zum 26. Mai 2011. Die Antragstellerin zu 5. ist eine Fraktion des Deutschen Bundestages. Die Antragsteller wenden sich dagegen, dass die Antragsgegnerin - die Bundesregierung - verschiedene parlamentarische Anfragen aus dem Zeitraum Oktober bis Dezember 2010 nicht, nur unzureichend oder unter Verkennung der Geheimhaltungsbedürfnisse nicht öffentlich beantwortet habe. Die Fragen betrafen zum einen Gespräche und Vereinbarungen zwischen der Bundesregierung und der Deutschen Bahn AG über Investitionen in das Schienennetz, ein von der Bundesregierung in Auftrag gegebenes Gutachten zum Projekt "Stuttgart 21" sowie Zugverspätungen und deren Ursachen und zum anderen aufsichtsrechtliche Maßnahmen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gegenüber mehreren Banken in den Jahren 2005 bis 2008.

I.

2

1. Gemäß Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG in der bis zum 22. Dezember 1993 geltenden Fassung waren die Bundeseisenbahnen in bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau zu führen. Hinsichtlich ihrer Wirtschaftsführung war die Deutsche Bundesbahn auf eine Doppelrolle als Wirtschaftsunternehmen einerseits und als eine dem Gemeinwohl verpflichtete Einrichtung andererseits festgelegt. Unter diesen rechtlichen Rahmenbedingungen zog ihre Tätigkeit eine erhebliche Belastung der öffentlichen Haushalte nach sich.

3

Mit dem Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 20. Dezember 1993 (BGBl I S. 2089) wurden die verfassungsrechtlichen Grundlagen für eine Neuordnung des Eisenbahnwesens des Bundes und der Länder, insbesondere für die Umwandlung der Bundeseisenbahnen in handelsrechtliche Gesellschaften, geschaffen. Ziel der Änderung war es, die Führung der bisherigen Bundeseisenbahnen als Wirtschaftsunternehmen in privatrechtlicher Form und die Übertragung der Aufgaben- und Finanzverantwortung für den Schienenpersonennahverkehr der bisherigen Bundeseisenbahnen auf die Länder sowie die Verwaltungszuständigkeit des Bundes für den Eisenbahnverkehr der bisherigen Bundeseisenbahnen sowie ausländischer Eisenbahnen auf den Schienennetzen deutscher Eisenbahnen im Grundgesetz zu verankern.

4

a) Nach dem ursprünglichen Gesetzentwurf der Regierungskoalition (BTDrucks 12/4610, BTDrucks 12/5015) wäre auch eine vollständige Kapitalprivatisierung der Deutschen Bahn AG zulässig gewesen. Da dies im Bundesrat auf Widerstand stieß, wurde im Gesetzgebungsverfahren eine Ergänzung dahingehend vorgenommen, dass die Mehrheit der Anteile beim Bund zu verbleiben hat. Zudem sollte die neue Grundgesetzbestimmung die "Sicherstellung einer politischen Verantwortung des Bundes für die Infrastruktur der Eisenbahnen des Bundes und dem Gemeinwohl dienende Verkehrsangebote des Bundes" bezwecken (vgl. BTDrucks 12/6280, S. 8). Der mit Wirkung vom 23. Dezember 1993 eingefügte Art. 87e GG lautet wie folgt:

(1) 1Die Eisenbahnverkehrsverwaltung für Eisenbahnen des Bundes wird in bundeseigener Verwaltung geführt. 2Durch Bundesgesetz können Aufgaben der Eisenbahnverkehrsverwaltung den Ländern als eigene Angelegenheit übertragen werden.

(2) Der Bund nimmt die über den Bereich der Eisenbahnen des Bundes hinausgehenden Aufgaben der Eisenbahnverkehrsverwaltung wahr, die ihm durch Bundesgesetz übertragen werden.

(3) 1Eisenbahnen des Bundes werden als Wirtschaftsunternehmen in privat-rechtlicher Form geführt. 2Diese stehen im Eigentum des Bundes, soweit die Tätigkeit des Wirtschaftsunternehmens den Bau, die Unterhaltung und das Betreiben von Schienenwegen umfaßt. 3Die Veräußerung von Anteilen des Bundes an den Unternehmen nach Satz 2 erfolgt auf Grund eines Gesetzes; die Mehrheit der Anteile an diesen Unternehmen verbleibt beim Bund. 4Das Nähere wird durch Bundesgesetz geregelt.

(4) 1Der Bund gewährleistet, daß dem Wohl der Allgemeinheit, insbesondere den Verkehrsbedürfnissen, beim Ausbau und Erhalt des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes sowie bei deren Verkehrsangeboten auf diesem Schienennetz, soweit diese nicht den Schienenpersonennahverkehr betreffen, Rechnung getragen wird. 2Das Nähere wird durch Bundesgesetz geregelt.

(5) 1Gesetze auf Grund der Absätze 1 bis 4 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates. 2Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen ferner Gesetze, die die Auflösung, die Verschmelzung und die Aufspaltung von Eisenbahnunternehmen des Bundes, die Übertragung von Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes an Dritte sowie die Stillegung von Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes regeln oder Auswirkungen auf den Schienenpersonennahverkehr haben.

5

Die Aufgaben der Eisenbahnverkehrsverwaltung, die nach Art. 87e Abs. 1 und Abs. 2 GG bei Bund und Ländern verbleiben, werden auf Bundesebene in erster Linie durch das Eisenbahn-Bundesamt (EBA), die Bundesnetzagentur und die Bundespolizei wahrgenommen.

6

Die Bahnstrukturreform wurde durch eine Reihe einfachrechtlicher Regelungen flankiert, die in dem Gesetz zur Neuordnung des Eisenbahnwesens vom 27. Dezember 1993 (BGBl I S. 2378) zusammengefasst wurden.

7

b) Für das parlamentarische Fragerecht hat der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung in seiner Beschlussempfehlung zur Auslegung und Handhabung des parlamentarischen Fragerechts einschließlich der Petitionsinformationsrechte vom 10. Oktober 1996 (BTDrucks 13/6149, S. 3; Zustimmung des Bundestages Prot. 13/194, S. 17508 [C]) als Abgrenzungskriterium allgemein festgehalten, dass parlamentarische Anfragen (Kleine und Große Anfragen, mündliche und schriftliche Fragen, Anfragen aufgrund des Petitionsinformationsrechtes usw.) zu Bereichen zulässig sind, für die die Bundesregierung unmittelbar oder mittelbar verantwortlich ist. Parlamentarische Anfragen aus Bereichen, für die die Länder oder juristische oder natürliche Personen des Privatrechts allein verantwortlich sind, werden der Bundesregierung nicht zugeleitet. Als Hilfsmittel für die Abgrenzung zulässiger und unzulässiger Anfragen an die Bundesregierung im Bereich privatisierter Unternehmen wird auf die Kriterienkataloge in den Anlagen 1 bis 3 verwiesen.

8

Anlage 1 zur "Abgrenzung der Zuständigkeiten Bund/Deutsche Bahn AG/ Länder infolge der Bahnreform" (BTDrucks 13/6149, S. 4) unterscheidet zwischen der "staatlichen Verantwortung (Bund)" und der "unternehmerischen Verantwortung (DB AG)". Zur staatlichen Verantwortung gehören demnach die Gesetzgebung, Eisenbahnverwaltung und Gewährleistung der Gemeinwohlverpflichtung nach Art. 87e GG. Dies umfasst insbesondere die Aufstellung des Bedarfsplans für den Ausbau des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes, die Finanzierung der Investitionsmaßnahmen des Bedarfsplans in die Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes einschließlich Finanzierungsvereinbarung, die Verwaltung der Beteiligung des Bundes an der Deutschen Bahn AG im Rahmen der Kompetenzen des Aufsichtsrates beziehungsweise der Hauptversammlung nach Aktiengesetz sowie die Verhaltensweise der Aufsichtsratsmitglieder des Bundes im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG und die Finanzierungsvereinbarungen nach dem Schienenwegeausbaugesetz zwischen Bund und Deutscher Bahn AG. Demgegenüber liegen sämtliche Geschäftstätigkeiten im Zusammenhang mit der Erbringung und Vermarktung von Eisenbahnverkehrsleistungen und dem Betreiben und Vermarkten der Eisenbahninfrastruktur in der alleinigen Verantwortung der Deutschen Bahn AG. Hierzu zählen unter anderem die Bemessung der Entgelte für die Nutzung des Fahrwegs, die Gestaltung des Angebots im Einzelnen wie Fahrpläne oder Pünktlichkeit, die Investitionsplanung im Unternehmen und der Bau von Trassen sowie deren Unterhaltung.

9

Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung hat im Jahr 2008 empfohlen, an dieser Abgrenzung festzuhalten (BTDrucks 16/8467).

10

2. Die streitgegenständlichen Fragen zur Finanzmarktaufsicht sind vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise zu sehen, die mit der sogenannten Subprime-Krise in den Vereinigten Staaten von Amerika begann und in der Folge auch bei einer Reihe großer Banken in Europa zu staatlichen Stützungsmaßnahmen in erheblichem Umfang führte.

11

a) In Deutschland wurde für diese Maßnahmen mit dem Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes vom 17. Oktober 2008 (Finanzmarktstabilisierungsgesetz - FMStG [BGBl I S. 1982]) ein entsprechendes Instrumentarium geschaffen. Insbesondere wurde mit dem in Artikel 1 dieses Gesetzes enthaltenen Gesetz zur Errichtung eines Finanzmarktstabilisierungsfonds (Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz - FMStFG) der sogenannte Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) errichtet, der im Wesentlichen die Übernahme staatlicher Garantien für neu begründete Refinanzierungsverbindlichkeiten, die Beteiligung des Bundes an Unternehmen des Finanzsektors und die Übernahme von Risikopositionen (wie etwa wertberichtigungsbedürftige Forderungen oder Wertpapierpositionen) durch den Bund finanzieren konnte.

12

Ausführungsbestimmungen zum FMStFG wurden mit der Verordnung zur Durchführung des Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetzes (Finanzmarktstabilisierungsfonds-Verordnung - FMStFV) vom 20. Oktober 2008 erlassen (eBAnz 2008, AT123 V1), die neben Regelungen über die Verwaltung des SoFFin Verfahrensregelungen für Garantieübernahmen, Rekapitalisierungen oder Risikoübernahmen sowie die dabei mit den dortigen Antragstellern zu vereinbarenden Bedingungen und Auflagen enthält. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 FMStFV sollen an Unternehmen des Finanzsektors, die Stabilisierungsmaßnahmen des Fonds in Anspruch nehmen, bestimmte Anforderungen gestellt werden, um eine solide und umsichtige Geschäftspolitik zu gewährleisten. Gemäß § 5 Abs. 2 FMStFV soll bei Stabilisierungsmaßnahmen nach § 7 FMStFG (Rekapitalisierungen) den Unternehmen insbesondere aufgegeben werden, während der Dauer der Stabilisierungsmaßnahme grundsätzlich keine Dividenden zu leisten (Nr. 5), keine Bonifikationen zu zahlen (Nr. 4c) und die Vergütung ihrer Organmitglieder und Geschäftsleiter auf ein angemessenes Maß zu begrenzen, wobei eine monetäre Vergütung, die 500.000 Euro pro Jahr übersteigt, grundsätzlich als unangemessen gilt (Nr. 4a).

13

b) Infolge der Finanzmarktkrise wurden zudem die Informations- und Eingriffsbefugnisse der BaFin gegenüber den ihrer Aufsicht unterliegenden Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten (§ 1 Abs. 1b Gesetz über das Kreditwesen [Kreditwesengesetz - KWG]) erweitert.

14

Die BaFin hat nach § 6 Abs. 2 KWG Missständen im Kredit- und Finanzdienstleistungswesen entgegenzuwirken, welche die Sicherheit der den Instituten anvertrauten Vermögenswerte gefährden, die ordnungsmäßige Durchführung der Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen beeinträchtigen oder erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft herbeiführen können. Hierzu sieht das KWG für die Institute bestimmte Anzeigepflichten vor und räumt der BaFin Befugnisse ein, die von Auskunfts- und Prüfungsrechten (§§ 44 ff. KWG) über die Verhängung von Bußgeldern (§§ 56 ff. KWG) bis zu konkreten, vollstreckbaren Anordnungen reichen, wie etwa Anweisungen an die Geschäftsführung des Instituts und die Untersagung von Verfügungen von einem bei dem Institut geführten Konto oder Depot (§ 6a Abs. 1 KWG) in bestimmten Fällen. Weitere Aufgaben und Befugnisse ergeben sich aus Spezialgesetzen.

15

Durch das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarkt- und der Versicherungsaufsicht vom 29. Juli 2009 (BGBl I S. 2305) hat die BaFin die weitergehenden Möglichkeiten erhalten, zum einen in bestimmten individuellen Risikosituationen zusätzliche Eigenmittelanforderungen an Institute zu stellen oder unter bestimmten Bedingungen einen Liquiditätsaufschlag anzuordnen, zum anderen Maßnahmen bei unzureichenden Eigenmitteln oder unzureichender Liquidität sowie bei Gefahr zu ergreifen. Schließlich wurden besondere Qualifikationsanforderungen für die Mitglieder der Verwaltungs- oder Aufsichtsorgane von Instituten aufgestellt und der BaFin die Möglichkeit eingeräumt, von den Instituten zu verlangen, unzuverlässige Mitglieder oder Mitglieder ohne die erforderliche Sachkunde abzuberufen oder ihnen die Organtätigkeit zu untersagen.

II.

16

Dem Verfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

17

1. Die Antragsteller stellten mehrere Kleine Anfragen zu Gesprächen und Vereinbarungen zwischen der Bundesregierung und der Deutschen Bahn AG über Investitionen in das Schienennetz, ein von der Bundesregierung in Auftrag gegebenes Gutachten zum Projekt "Stuttgart 21" sowie Zugverspätungen und deren Ursachen.

18

a) Am 11. November 2010 stellten unter anderem die Antragsteller zu 3. und zu 4. sowie die Antragstellerin zu 5. eine Kleine Anfrage zum Thema "Fulda-Runden der Deutschen Bahn AG und Finanzierungsvereinbarungen zu Bedarfsplanprojekten" (BTDrucks 17/3757). Für die Antragsgegnerin antwortete das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung mit Schreiben vom 26. November 2010 (BTDrucks 17/4005 vom 30. November 2010).

19

Den Fragen war zu ihrem Hintergrund eine Vorbemerkung vorangestellt, in der unter anderem ausgeführt wurde:

"Der Bedarfsplan Schiene wird vom Bundesgesetzgeber aufgestellt, zuletzt mit dem Ersten Gesetz zur Änderung des Bundesschienenwegeausbaugesetzes vom 22. September 2004. Der Bedarfsplan enthält insgesamt 58 Vorhaben, die ein Gesamtvolumen von rund 75 Mrd. Euro ausmachen. Für die Finanzierung dieser Bedarfsplanprojekte stehen im langjährigen Mittel ca. 1,1 bis 1,2 Mrd. Euro jährlich zur Verfügung. Daher muss unter diesen Maßnahmen, die gesetzlich alle den gleichen Rang als 'festgestellter Bedarf' genießen, eine Priorisierung vorgenommen werden. Gesetzlich vorgesehen ist dazu gemäß § 4 des Bundesschienenwegeausbaugesetzes, alle fünf Jahre die Prioritäten zu überprüfen. Der Investitionsrahmenplan (Fünfjahresplan) für den Ausbau der Schienenwege des Bundes bis 2010 vom April 2007, mit dem dieser gesetzlichen Verpflichtung nachgekommen wurde, enthält mit insgesamt 38 Bedarfsplanprojekten und einem Gesamtfinanzbedarf von ca. 28 Mrd. Euro aber weit mehr Projekte mit einem weitaus höheren Finanzbedarf, als in der Laufzeit des Fünfjahresplans tatsächlich realisiert werden können. Auch diese so genannte Bedarfsplanüberprüfung legt keine Reihenfolge der Projektrealisierung fest, aus der sich ableiten lässt, welche Projekte in den folgenden Jahren gebaut werden und welche nicht.

Die tatsächlichen Entscheidungen über die Priorisierung der gesetzlich als Bedarf festgestellten Projekte wird weitgehend vor dem Gesetzgeber geheim gehalten und wesentliche Angaben, die auch für seine Haushaltsplanung erforderlich sind, werden ihm vorenthalten. Dies betrifft sowohl die weitere Priorisierung im Rahmen der sogenannten Fulda-Runden (siehe Abschnitt I.) als auch die Finanzierungsvereinbarungen, die bei Bedarfsplanprojekten geschlossen werden (Abschnitt II.):

I. Im Rahmen der Priorisierung der Bedarfsplanvorhaben finden alljährlich gemeinsame Gespräche zwischen dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, dem Eisenbahn-Bundesamt und der Deutschen Bahn AG (DB AG) zum Sachstand der einzelnen Bedarfsplanvorhaben sowie zur Festlegung der weiteren Vorgehensweise bei der Abwicklung des Bedarfsplans statt. Bei diesen nach dem Tagungsort Fulda benannten Besprechungen unter Einbeziehung der regionalen Projektverantwortlichen der DB AG werden zu jedem einzelnen Bedarfsplanvorhaben Bau- bzw. Planungsverlauf, Finanzierung und bei der Realisierung aufgetretene Probleme eingehend erläutert, um bundesseitig ein umfassendes Bild von der aktuellen Situation bei der Umsetzung des Bedarfsplans zu erhalten und geeignete Schritte im Sinne einer effizienten und wirtschaftlichen Steuerung des Mitteleinsatzes abzustimmen. Dabei wird in der Regel auch ein Ausblick auf die kommenden Haushaltsjahre ('Fulda-Liste') diskutiert. Es ist verfassungsrechtlich nicht vertretbar, Informationen hierzu dem Haushaltsgesetzgeber vorzuenthalten.

II. Gleiches gilt für den Bereich der Finanzierungsvereinbarungen. Finanzierungsvereinbarungen für Bedarfsplanprojekte werden wie die 'Fulda-Listen' ebenfalls zwischen dem Bund und einem Unternehmen, das sich ausschließlich im Bundesbesitz befindet, der zur Deutschen Bahn AG gehörenden DB Netz AG, geschlossen. Ihr genauer Inhalt, insbesondere die Verpflichtungen, welchen Eigenanteil die DB Netz AG jeweils bringen soll, wird dem Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages bisher nicht zur Kenntnis gebracht. Diese Praxis steht im Gegensatz zu derjenigen bei Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung[en] für die Bestandsmittel zum Erhalt des Schienennetzes, die den beiden Ausschüssen nicht nur zur Kenntnis gebracht werden, sondern über die der Verkehrs- und Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages sogar abstimmen."

20

Die durch die Antragsteller zum Streitgegenstand dieses Verfahrens gemachten Fragen und Antworten lauteten:

Frage 1: "Welche Gesamtkosten sind in den Fulda-Runden I bis IX jeweils für die Bedarfsplanprojekte Verkehrsprojekt Deutsche Einheit 8.1 Neubaustrecke (NBS) Ausbaustrecke (ABS) Nürnberg-Erfurt und Verkehrsprojekt Deutsche Einheit 8.2 NBS Erfurt-Gröbers(-Leipzig/Halle) in den 'Fulda-Listen' eingestellt worden (bitte tabellarische Aufstellung nach Jahren und Projekten)?"

Frage 2: "Welche Gesamtkosten sind in den Fulda-Runden seit 2004 jeweils für die laufenden und fest disponierten Bedarfsplanprojekte des aktuellen Bundesverkehrswegeplans in den 'Fulda-Listen' eingestellt worden (bitte tabellarische Aufstellung nach Jahren und Projekten)?"

Frage 3: "Welche Gesamtkosten sind in den Fulda-Runden seit 2004 jeweils für die neuen Vorhaben der Bedarfsplanprojekte des aktuellen Bundesverkehrswegeplans in den 'Fulda-Listen' eingestellt worden (bitte tabellarische Aufstellung nach Jahren und Projekten)?"

Antwort: "Die Fragen 1 bis 3 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Die Vorlage einer entsprechenden Aufstellung ist nicht möglich. Entgegen den Annahmen des Fragestellers existieren weder einheitliche Listen für die stattgefundenen 'Fulda-Runden', noch wurden solche Listen überhaupt in jedem Jahr erstellt. So gibt es beispielsweise auch für die im März 2010 stattgefundene diesjährige Besprechung keine solche Liste.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den 'Fulda-Runden' lediglich um einen internen, auf Arbeitsebene stattfindenden Prozess handelt. Entscheidungen über die Priorisierung von Vorhaben werden dort nicht getroffen, sondern sind entsprechenden Gesprächen zwischen dem Vorstand der Deutschen Bahn AG und der Bundesregierung vorbehalten."

Frage 4: "Welche Finanzierungsvereinbarungen zum Neu- und Ausbau von Eisenbahninfrastruktur des aktuellen Bedarfsplans Schiene mit welchem Inhalt und welchem jeweiligen finanziellen Volumen hat die DB Netz AG seit dem Jahr 2004 mit dem Bund und möglichen weiteren Vertragsparteien (z. B. Bundesländern) abgeschlossen (tabellarische Aufstellung nach Projekten, Datum des Abschlusses, Vertragsparteien und Finanzvolumen pro Vertragspartei)?"

Frage 5: "Welcher Eigenanteil der DB Netz AG wurde dabei pro Finanzierungsvereinbarung jeweils festgelegt (tabellarische Aufstellung nach Projekten, Datum des Abschlusses und Finanzvolumen)?"

Antwort: "Die Fragen 4 und 5 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Grundsätzlich finanziert der Bund die zuwendungsfähigen Kosten und die Eisenbahninfrastrukturunternehmen die nicht zuwendungsfähigen Kosten eines Vorhabens. Daher variiert die Höhe der zuwendungsfähigen Kosten von Vorhaben zu Vorhaben. Eine entsprechende Statistik liegt der Bundesregierung jedoch nicht vor. In Anbetracht von rund 60 laufenden Finanzierungsvereinbarungen zu Bedarfsplanvorhaben sowie einer jährlichen Anpassungsvereinbarung, die eine Vielzahl der Vorhaben fortschreibt, ist die kurzfristige Erstellung einer solchen Statistik nicht möglich."

Frage 13: "Welche Gewinne sind laut aktueller Mittelfristplanung für die Jahre 2011 bis 2014 für die DB Netz AG, die DB Station & Service AG und die DB Energie GmbH geplant (bitte tabellarische Aufstellung)?"

Antwort: "Die Zahlen unterliegen der Verschwiegenheitspflicht nach den §§ 116, 395 des Aktiengesetzes."

21

Mit Schreiben vom 7. Januar 2011 wies der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Enak Ferlemann den vom Parlamentarischen Geschäftsführer der Antragstellerin zu 5. Volker Beck gegenüber der Antragsgegnerin erhobenen Vorwurf einer unzureichenden Beantwortung u.a. dieser Kleinen Anfrage zurück. Es entspreche den Tatsachen, dass

"die in ihrer Bedeutung tendenziell überbewerteten Fulda-Runden eben keine im hinterfragten Zeitraum sinnvoll vergleichbaren Listen hervorgebracht haben."

22

Denn der Schwerpunkt der "Fulda-Runden" habe sich "stärker in Richtung Finanzierung" verschoben. Dass "darüber hinaus in einigen Jahren überhaupt keine Ergebnislisten erstellt wurden", liege etwa im Jahr 2010 an auf den Bundeshaushalt bezogenen Unwägbarkeiten.

23

Aus diesem Grund seien die hinterfragten Informationen "nicht in der erforderlichen Form verfügbar", was neben den Fragen 1 bis 3 auch die Fragen 4, 5 und 9 betreffe. Eine nachträgliche statistische Aufbereitung würde

"den Zeitrahmen zur Beantwortung von Kleinen Anfragen bei weitem sprengen und erhebliche Teile der personellen Kapazitäten binden, ohne zu gewährleisten, dass aus den Ergebnissen tatsächlich die gewünschten Aussagen ableitbar sind."

24

Deshalb sei der "in den Antworten enthaltene Verweis auf die nicht verfügbaren Statistiken […] legitim". Die mit Frage 13 erbetenen Angaben zur Mittelfristplanung seien Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Deutschen Bahn AG beziehungsweise der Konzerntöchter, die gemäß §§ 116, 395 Aktiengesetz (AktG) der Verschwiegenheitspflicht unterfielen. Darüber hinaus seien sie dem unternehmerischen Bereich zuzuordnen und damit gemäß der verbindlichen Festlegung (BTDrucks 13/6149) dem Verantwortungsbereich der Regierung entzogen.

25

b) Wiederum am 11. November 2010 stellten unter anderem die Antragsteller zu 3. und zu 4. sowie die Antragstellerin zu 5. eine Kleine Anfrage zum Thema "Wirtschaftlichkeitsberechnung für Stuttgart 21" (BTDrucks 17/3766). Für die Antragsgegnerin antwortete das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung mit Schreiben vom 26. November 2010 (BTDrucks 17/4008 vom 30. November 2010).

26

Die durch die Antragsteller zum Streitgegenstand dieses Verfahrens gemachten Fragen und Antworten lauteten:

Frage 16: "Welche über die Wirtschaftlichkeitsrechnung hinausgehenden Daten hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft SUSAT & PARTNER OHG bei der Deutschen Bahn AG angefordert?"

Antwort: "Die durch den Wirtschaftsprüfer eingesehenen Daten sind Arbeitsunterlagen, die der berufsständischen Verschwiegenheitspflicht der Wirtschaftsprüfer nach § 43 der Wirtschaftsprüferordnung sowie der mit der DB AG abgeschlossenen Vertraulichkeitsvereinbarung unterliegen."

Frage 17: "Hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft den Schlussfolgerungen der Wirtschaftlichkeitsrechnungen der Deutschen Bahn AG uneingeschränkt zugestimmt, oder hat sie einzelne Ergebnisse der Untersuchung nicht geteilt? Wenn ja, welche Ergebnisse wurden mit welcher Begründung nicht geteilt?"

Frage 18: "Haben die Wirtschaftsprüfer auf Baukostenrisiken hingewiesen, und wenn ja, welche und in welcher Höhe?"

Frage 19: "Haben die Wirtschaftsprüfer Bedingungen formuliert, die eingehalten werden müssten, damit die Wirtschaftlichkeit des Projekts erreicht wird, und wenn ja, welche Bedingungen waren dies im Einzelnen?"

Antwort: "Die Fragen 17 bis 19 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Im Verlauf seiner Prüfung hat der Prüfer einige methodische Korrekturen vorgenommen. Die durch die Gutachter genannten Risiken einer Baupreiserhöhung über die 1 Mrd. Euro hinaus und einer geringeren EU-Förderung wurden in die Verhandlungen aufgenommen. Der Prüfer kam zu dem Schluss, dass die in der WR zusätzlich unterstellten Finanzierungsbeiträge verbindlich zu vereinbaren sind."

27

In seinem Schreiben vom 7. Januar 2011 führte der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Enak Ferlemann gegenüber dem Parlamentarischen Geschäftsführer der Antragstellerin zu 5. Volker Beck mit Bezug auf die Fragen 17 bis 19 ergänzend aus, dass die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsberechnung "grundsätzlich bestätigt" worden seien. Die in der Antwort benannten zusätzlichen Risiken (reduzierte EU-Fördermittel, Bauzeitverzögerungen, Kostensteigerungen) seien nicht quantifiziert worden. Die Empfehlung, die unterstellten zusätzlichen Finanzierungsbeiträge vertraglich festzuschreiben, sei umgesetzt worden.

28

c) Am 4. Oktober 2010 stellten unter anderem die Antragsteller zu 3. und zu 4. sowie die Antragstellerin zu 5. eine Kleine Anfrage zum Thema "Zugverspätungen" (BTDrucks 17/3149). Diese enthielt folgende Fragen:

Frage 1: "Wie viele Verspätungsminuten wurden in den letzten fünf Jahren erfasst (Auflistung bitte nach Jahren)?"

Frage 2: "Wie viele infrastrukturbedingte Verspätungsminuten fallen darunter?"

Frage 3: "Wie viele Verspätungsminuten fielen in den letzten fünf Jahren auf mängelbedingte Langsamfahrstellen im Fern- und Ballungsnetz (Auflistung bitte nach Jahren)?"

Frage 4: "Wie viele Verspätungsminuten entfielen auf das Warten von Anschlusszügen (bitte Auflistung der letzten fünf Jahre)?"

Frage 5: "Wie viele Verspätungsminuten entfielen auf Verzögerungen im Betriebsablauf (bitte Auflistung der letzten fünf Jahre)?"

Frage 6: "Wie viele Verspätungsminuten entfielen auf Gleisbelegungen (bitte Auflistung der letzten fünf Jahre)?"

Frage 7: "Wie viele Verspätungsminuten entfielen auf Überholungen (bitte Auflistung der letzten fünf Jahre)?"

Frage 8: "Wie viele Verspätungsminuten entfielen auf die verspätete Bereitstellung der Züge (bitte Auflistung der letzten fünf Jahre)?"

Frage 9: "Wie viele Verspätungsminuten entfielen auf Störungen am Triebwagen (bitte Auflistung der letzten fünf Jahre)?"

Frage 10: "Wie viele Verspätungsminuten entfielen auf technische Störungen an einem Wagen (bitte Auflistung der letzten fünf Jahre)?"

Frage 11: "Wie viele Verspätungsminuten entfielen auf Weichenstörungen, Signalstörungen und Stellwerkstörungen (bitte Auflistung der letzten fünf Jahre)?"

Frage 12: "Wie viele Verspätungsminuten entfielen auf Signalstörungen (bitte Auflistung der letzten fünf Jahre)?"

Frage 13: "Wie viele Verspätungsminuten sind auf die unzureichende Funktionalität der Bahnsteige der DB Station & Service AG zurückzuführen (Auflistung bitte der letzten fünf Jahre)?"

Frage 14: "Wie viele Verspätungsminuten wiesen welche Bahnhöfe der Kategorien 1 bis 3 in den letzten fünf Jahren auf (Auflistung bitte nach Jahr und Verspätungsreihenfolge)?"

Frage 15: "Wie hoch war die Gesamtsumme der Entschädigungszahlungen, die die Deutsche Bahn AG letztes Jahr an ihre Fahrgäste geleistet hat (Auflistung bitte nach Monaten)?"

29

Für die Antragsgegnerin antwortete das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung mit Schreiben vom 15. Oktober 2010 (BTDrucks 17/3336 vom 19. Oktober 2010).

30

In einer Vorbemerkung wurde ausgeführt:

"Der Bundesregierung liegen zu den Fragen 1 bis 14 keine Angaben vor. Die erfragten Informationen gehören vollständig in den Bereich der Geschäftstätigkeiten der DB AG. (Siehe dazu die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung, Bundestagsdrucksache 13/6149, vom 18. November 1996.)"

31

Die Frage 15 wurde wie folgt beantwortet:

"Im Zeitraum von Ende Juli bis Dezember 2009 nach Einführung der neuen Fahrgastrechte wurden 261 191 Anträge auf Fahrpreisentschädigung gestellt, das entspricht 0,5 Prozent der Reisenden. Die Anträge auf Fahrpreisentschädigung verteilten sich zu 68 Prozent (177 610 Anträge) auf einstündige und zu 32 Prozent (83 581 Anträge) auf zweistündige Verspätungen. Angaben zur Höhe der Entschädigungsleistungen liegen nicht vor. Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen."

32

Mit gesondertem Schreiben wies der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Jan Mücke den vom Parlamentarischen Geschäftsführer der Antragstellerin zu 5. Volker Beck gegenüber der Antragsgegnerin erhobenen Vorwurf, diese habe die Kleine Anfrage zu Unrecht inhaltlich nicht beantwortet, zurück. Nur bezüglich der mit Frage 15 begehrten Auskünfte hätten der Antragsgegnerin Informationen vorgelegen, die vollständig weitergeleitet worden seien. Die mit den Fragen 1 bis 14 erbetenen Informationen lägen der Antragsgegnerin nicht vor, sie wiesen auch keinen Bezug zu ihrem Verantwortungsbereich auf. Der Beschluss des Bundestagsausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung aus dem Jahre 1996 (BTDrucks 13/6149 vom 18. November 1996) enthalte eine "verbindliche konkrete Abgrenzung der Verantwortungsbereiche" nebst einem Kriterienkatalog, der im März 2008 (BTDrucks 16/8467 vom 10. März 2008) bestätigt worden sei. Darin sei die Thematik "Pünktlichkeit" ausdrücklich dem Verantwortungsbereich der Deutschen Bahn AG zugewiesen worden.

33

2. Darüber hinaus richteten die Antragsteller an die Antragsgegnerin Fragen zu aufsichtsrechtlichen Maßnahmen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht gegenüber mehreren Banken in den Jahren 2005 bis 2008.

34

a) Der Antragsteller zu 1. stellte der Antragsgegnerin am 20. Dezember 2010 zwei Schriftliche Fragen:

"Aus welchen Gründen wurde die IKB Deutsche Industriebank im August 2008 verkauft, und welcher Kaufpreis wurde erzielt?" (BTDrucks 17/4350, Nr. 34, S. 20).

"In welchen Fällen hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) Banken, die Hilfen von der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) oder anderen staatlichen Ebenen erhalten haben, den Rückerwerb eigener und am Markt mit Abschlägen notierter Verbindlichkeiten, insbesondere solcher nach § 10 Absatz 4, 5, 5a oder 7 des Kreditwesengesetzes (KWG), nicht genehmigt und aus welchen Gründen?" (BTDrucks 17/4350, Nr. 35, S. 21).

35

Für die Antragsgegnerin antwortete der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen Steffen Kampeter am 27. Dezember 2010 auf die erste Frage (BTDrucks 17/4350 vom 30. Dezember 2010, Nr. 34, S. 20 f.):

"Die bestehenden Alternativen zum Verkauf der IKB waren im Frühjahr und Sommer 2008 intensiv geprüft und aus folgenden Gründen letztendlich verworfen worden:

Eine Fortführung der IKB im Mehrheitsbesitz der KfW Bankengruppe, mit dem Ziel einer Veräußerung zu einem späteren Zeitpunkt nach einer Sanierung, hätte eine deutliche Risikoausweitung für die KfW Bankengruppe bedeutet. Zudem fehlte der KfW Bankengruppe neben der notwendigen Sanierungserfahrung auch die personelle Kapazität für eine solche Aufgabe. Auch EU-beihilferechtlich wäre mit größten Schwierigkeiten zu rechnen gewesen.

Eine 'geordnete Abwicklung' hätte ebenfalls vorübergehend das Risiko der KfW Bankengruppe deutlich erhöht und wäre nicht verträglich gewesen mit dem Ziel, einen wichtigen Finanzierungspartner für den Mittelstand zu erhalten. Ob damit am Ende ein substanziell besseres wirtschaftliches Ergebnis verbunden gewesen wäre, muss zumindest bezweifelt werden.

Die Insolvenz als mögliche Option war ebenfalls zu keinem Zeitpunkt eine realistische Alternative. Bereits bei Ausbruch der Krise entschieden sich KfW Bankengruppe, Bundesregierung und deutsche Kreditwirtschaft auf den Rat ausgewiesener Fachleute hin gegen diese Option. Eine Insolvenz der IKB hätte zu einem weitreichenden Vertrauensverlust und zu einem großen Schaden für den Finanzplatz Deutschland geführt - mit negativen Folgen für Wachstum und Beschäftigung.

Der Verkauf der IKB stellte unter den gegebenen schwierigen Marktbedingungen die bestmögliche Lösung dar. Mit dem Verkauf der IKB konnten die Risiken für Bund und KfW Bankengruppe aus damaliger Sicht weitestmöglich reduziert werden. Die IKB blieb als wichtiger Mittelstandsfinanzierer in Deutschland erhalten und die KfW Bankengruppe konnte sich wieder voll auf ihre Kernaufgabe als Förderbank konzentrieren.

Über den Kaufpreis wurde vertraglich Vertraulichkeit vereinbart. Sämtliche der Vertraulichkeit unterliegende Unterlagen zu IKB-Stützung und -Verkauf einschließlich des Kaufvertrags lagen von September 2008 bis Oktober 2009 in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Einsicht aus; das Bundesministerium der Finanzen hat im Haushalts- und im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages am 24. September 2008 in geheimer Sitzung hierzu, insbesondere auch zum Kaufpreis, berichtet."

36

Eine Antwort auf die zweite Frage verweigerte die Antragsgegnerin. Zur Begründung führte sie aus (BTDrucks 17/4350 vom 30. Dezember 2010, Nr. 35, S. 21 f.):

"Die von Ihnen angefragten Informationen unterliegen dem Offenbarungsverbot des § 9 KWG. Dieses Offenbarungsverbot leitet sich aus Artikel 12 des Grundgesetzes (GG) ab. Das in Artikel 12 GG verbriefte Grundrecht steht Ihrem Informationsanspruch als Abgeordneter entgegen und würde bei einer Bekanntgabe durch die Bundesregierung verletzt. Die Bundesregierung ist aber ebenso wie der Deutsche Bundestag zum Schutz der Grundrechte verpflichtet. Eine detaillierte Angabe, bei welchen Banken aus welchen Gründen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht den Rückerwerb eigener Verbindlichkeiten nicht genehmigt hat, kann daher in der für schriftliche Einzelfragen nach § 105 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages in Verbindung mit Nummer 14 der Anlage 4 zur Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (Richtlinien für die Fragestunde und für die schriftlichen Einzelfragen) vorgesehenen und zur Veröffentlichung in einer Bundestagsdrucksache bestimmten Weise nicht erfolgen. Ergänzend weise ich darauf hin, dass die Möglichkeit offensteht, auf einen Beschluss des Deutschen Bundestages oder eines seiner Ausschüsse über eine Übermittlung der von Ihnen begehrten Informationen unter Wahrung der Geheimhaltungspflicht gemäß § 353b Absatz 2 Nummer 1 des Strafgesetzbuchs hinzuwirken.

Nach Vorlage eines solchen Beschlusses könnten Ihnen nach VS-Eintrag und Hinterlegung in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages bzw. mündlicher Auskunft in eingestufter Sitzung (mit Beschluss nach § 2 der Geheimschutzordnung des Deutschen Bundestages) die begehrten Informationen zur Verfügung gestellt werden."

37

b) Am 11. November 2010 stellten unter anderem die Antragsteller zu 1. und zu 2. sowie die Antragstellerin zu 5. eine Kleine Anfrage mit dem Titel "Ausübung parlamentarischer Kontrollrechte im Bereich Finanzmarkt" (BTDrucks 17/3740).

38

Die verfahrensgegenständlichen Fragen lauteten:

"1. An welchen Aufsichtsrats- bzw. Verwaltungsratssitzungen oder sonstigen Sitzungen von Gremien mit Kontrollaufgaben (beispielsweise Kreditausschuss) haben jeweils Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Deutschen Bundesbank bzw. der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in den Jahren 2005 bis 2008 teilgenommen, und in wie vielen davon haben sie das Wort ergriffen (mit der Bitte um institutionsspezifische Angaben jeweils für BaFin und Bundesbank sowie um institutsspezifische Angaben für die Banken BayernLB, Sachsen LB, WestLB, HSH Nordbank, IKB Deutsche Industriebank, Düsseldorfer Hypothekenbank, Hypo Real Estate - HRE, Commerzbank bzw. Dresdner Bank)?

(…)

4. Wie viele Aufsichtsgespräche hat die BaFin bzw. die Bundesbank jeweils mit den Instituten gemäß Frage 1 in den Jahren 2005 bis 2008 durchgeführt (mit der Bitte um Angaben auf Jahresbasis, Differenzierung nach anlassbezogenen bzw. routinemäßigen Gesprächen sowie nach den Institutionen BaFin und Bundesbank)?

(…)

6. Wie viele Sonderprüfungen nach § 44 des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) hat die BaFin in den Jahren 2005 bis 2008 jeweils bei den in Frage 1 genannten Instituten veranlasst (mit der Bitte um jahres- und institutsspezifische Angaben)?

(…)

8. Inwiefern gab es Gespräche zwischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bundesbank bzw. der BaFin und den in Frage 1 genannten Instituten über die aufsichtliche Behandlung von außerbilanziellen Conduits (wie Rhineland Funding und Rhinebridge bei der IKB oder die Ormond-Quay-Struktur bei der Sachsen LB)?

Falls es Gespräche gab, wann fanden diese Gespräche statt, und welche Personen waren daran beteiligt?

War der deutschen Finanzaufsicht bei der Einschätzung, dass die Gestaltung der Conduits im Einklang mit der damaligen bankenaufsichtlichen Behandlung solcher Conduits stand (vgl. Antwort der Bundesregierung zu Frage 13 auf Bundestagsdrucksache 17/1118), jederzeit bewusst, dass die Conduits der Landesbanken - wie z. B. der Sachsen LB - über Garantie- und Patronatserklärungen sowie die Gewährträgerhaftung von den jeweiligen Landeshaushalten garantiert wurden und damit letztlich die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, nicht aber die Investoren die Risiken der Conduits trugen?

Falls nein, warum nicht, und inwiefern hat sich die damalige Einschätzung (vgl. Antwort zu Frage 13 auf Bundestagsdrucksache 17/1118) geändert?

Seit wann und durch welche konkreten Maßnahmen (wie Verordnungen, Rechtsänderungen etc.) ist sichergestellt, dass derartige Conduits heute nicht mehr in Einklang mit dem Bankenaufsichtsrecht stehen?

(…)

11. Inwiefern und mit welchen konkreten Maßnahmen haben die Bundesbank und die BaFin auf die HSH Nordbank eingewirkt, die internen Kontrollen und die Risikosteuerung auf neue Entwicklungen im Geschäftsmodell der HSH Nordbank (z. B. Schnellankaufverfahren und Omegageschäfte) auszurichten (mit der Bitte um institutionsspezifische Angaben jeweils für BaFin und Bundesbank)?

(…)

14. In welchen Feldern befanden sich die in Frage 1 genannten Institute in der Zwölf-Felder-Matrix der Risikoklassifizierungen jeweils in den Jahren 2005 bis 2008 (vgl. BaFin-Jahresbericht '06, S. 68; BaFin-Jahresbericht '07, S. 128; BaFin-Jahresbericht '08, S. 126; BaFin-Jahresbericht '09, S. 141)?

(…)

18. Welche Daten sind der Bundesregierung bekannt über Gehalts- und Bonuszahlungen von mehr als 500 000 Euro jährlich an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterhalb der Vorstandsebene von aus dem Bankenrettungsfonds Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) unterstützten (z. B. durch Garantien, Rekapitalisierungen, Risikoübernahmen, Bad-Bank-Auslagerungen) Finanzinstituten (bitte aufschlüsseln nach Finanzinstitut, Art der SoFFin-Hilfe, Jahr, Mitarbeiterzahl, Betrag)?"

39

Namens der Antragsgegnerin antwortete das Bundesministerium der Finanzen mit Schreiben vom 25. Januar 2011 (BTDrucks 17/4617 vom 27. Januar 2011). In einer Vorbemerkung wurde ausgeführt:

"Die Bundesregierung ist bei der Beantwortung von Fragen aus dem Parlament verfassungsrechtlich verpflichtet, die Grundrechte der von diesen Fragen betroffenen Grundrechtsträger zu wahren. Dies sind vor allem die von den Artikeln 12 und 14 des Grundgesetzes (GG) geschützten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der betroffenen Kreditinstitute. 'Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat' (BVerfGE 115, 205/230 zum Schutz aus Artikel 12 GG). Die erfragten Angaben betreffen Aktivitäten bzw. Einschätzungen der Bankenaufsicht mit Bezug zu einzelnen Kreditinstituten und sind somit nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich.

Ob ein Interesse ein 'berechtigtes' ist, hängt insbesondere davon ab, ob ein Bekanntwerden der betreffenden Information geeignet wäre, die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen (vgl. BVerwG NVwZ 2009, 1113 f.; BGHSt 41, 140/142). Dies ist hier der Fall, da Informationen über Aufsichtsmaßnahmen bzw. Einschätzungen der Bankenaufsicht in Bezug auf einzelne Institute grundsätzlich immer geeignet sind, die Wettbewerbsposition des jeweiligen Unternehmens nachteilig zu beeinflussen.

Darüber hinaus wird der Umfang der Antwortpflicht der Bundesregierung auch durch Umstände des Staatswohls begrenzt, da die öffentliche Bekanntgabe der erbetenen Informationen öffentliche Interessen gefährden kann. Gemäß § 6 des Kreditwesengesetzes (KWG) hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Aufgabe, Missständen im Kredit- und Finanzdienstleistungswesen entgegenzuwirken, welche die Sicherheit der den Instituten anvertrauten Vermögenswerte gefährden, die ordnungsmäßige Durchführung der Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen beeinträchtigen oder erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft herbeiführen können.

Dafür ist es von Bedeutung, dass das aufsichtliche Handeln oder Einschätzungen und Bewertungen der Aufsicht mit Bezug zu einzelnen Instituten nicht offengelegt werden, um die Funktionsfähigkeit der Bankenaufsicht nicht zu beeinträchtigen.

Konkret kann die öffentliche Beantwortung zu einem Reputationsschaden einzelner Kreditinstitute führen, der typischerweise aus dem Bekanntwerden bankenaufsichtlicher Maßnahmen folgt. Der Aufsicht steht ein gefächerter Maßnahmenkatalog zur Verfügung. Dabei entfalten die Maßnahmen der Bankenaufsicht grundsätzlich keine oder nur begrenzte Öffentlichkeitswirkung. Dies gilt z. B. für Eingriffe bei organisatorischen Mängeln (Anordnung nach § 25a Absatz 1 Satz 8 KWG). Nicht öffentlich werden daneben vor allem auch interne Einschätzungen der Bankenaufsicht hinsichtlich der Lage einzelner Institute (Beispiel: Risikoklassifizierung). Werden beispielsweise eine negative Risikoklassifizierung oder ein Einschreiten der BaFin gegen organisatorische Mängel bekannt, besteht die konkrete Gefahr, dass das Institut einen Vertrauensverlust erleidet, obwohl derzeit noch keine Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen des Instituts gegenüber seinen Gläubigern besteht. Ein solcher Vertrauensverlust kann - gerade in einer angespannten Marktsituation - diese Gefahr und damit durchaus auch die Insolvenz des Instituts herbeiführen und - vor allem soweit systemrelevante Institute betroffen sind - sogar erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft herbeiführen. Die besondere Bedeutung dieses Geheimnisschutzes hat der Gesetzgeber im Übrigen auch durch § 9 KWG zum Ausdruck gebracht.

Die hier erfragte Zusammenstellung der Teilnahme der Bankenaufsicht an den Sitzungen der Gremien mit Kontrollaufgaben bestimmter Banken über mehrere Jahre hinweg und die Dokumentation der Häufigkeit, mit der die Bankenaufsicht sich in den Gremien äußerte, ließe zudem Rückschlüsse auf das Verhältnis zwischen der betroffenen Bank, ihren Geschäften und der Bankenaufsicht zu. Die Verbreitung einer solchen Zusammenstellung wäre geeignet, in der Öffentlichkeit einen Eindruck zu vermitteln, ob und in welchem Umfang der Geschäftsbetrieb einer Bank aus Sicht der Bankenaufsicht einer gewissen Kontrolle bedürfte.

Eine solche Information kann die Position einer Bank gegenüber Kunden und Konkurrenten nachhaltig und irreversibel beeinflussen. So könnte eine Bank als nur noch bedingt vertrauenswürdig erscheinen, weil sie in besonderer Weise beaufsichtigt wird, oder im anderen Fall besonderes Vertrauen verdienen, weil sie anscheinend weniger als andere Banken im Fokus der Bankenaufsicht stand.

Zwar betreffen die angefragten Einzelinformationen einen mehrere Jahre zurückliegenden Zeitraum. Das Geheimhaltungsinteresse der betroffenen Institute besteht aber fort, da Marktteilnehmer typischerweise daraus Rückschlüsse auf die gegenwärtige und zukünftige wirtschaftliche Lage und Wettbewerbssituation der Institute ziehen.

Vor diesem Hintergrund ist es der Bundesregierung nach sorgfältiger Abwägung des Informationsinteresses der Abgeordneten einerseits und der angesprochenen Geheimschutzinteressen andererseits nicht möglich, die begehrten Informationen - soweit nicht im Folgenden anders gekennzeichnet - ohne Einstufung als VS-vertraulich herauszugeben."

40

Frage 1 wurde wie folgt beantwortet:

"Die BaFin hat nach § 44 Absatz 4 KWG ein Teilnahme- und Rederecht an Gremiensitzungen; betroffene Institute müssen das Entsende- und Rederecht der BaFin nach § 44 Absatz 4 Satz 3 KWG dulden. Die Teilnahme dient in erster Linie der aufsichtlichen Informationsgewinnung. BaFin-Vertreter ergreifen regelmäßig nur das Wort, um auf bankenaufsichtlich bedenkliche Sachverhalte hinzuweisen. Die bankenaufsichtliche Sachverhaltsaufklärung und -analyse setzt sich im Nachgang zu den Gremiensitzungen fort, sofern sich aufgrund der Sitzungsunterlagen bzw. der Gesprächsinhalte im Rahmen der Gremiensitzungen offengebliebene aufsichtsrechtliche Fragestellungen ergeben, die der weiteren Klärung bedürfen. Mitarbeiter der Bundesbank können von der BaFin als Vertreter im Sinne des § 44 Absatz 4 KWG entsandt werden. Auch besteht die Möglichkeit, dass Mitarbeiter der Aufsicht auf Einladung der Institute an den Gremiensitzungen teilnehmen.

Ein Wortprotokoll über diese Sitzungen wird regelmäßig nicht geführt. Wortmeldungen der Aufsicht sind damit für die Beantwortung der Anfrage nicht darstellbar.

Im gefragten Zeitraum haben Mitarbeiter von BaFin und/oder Bundesbank bei den genannten Kreditinstituten insgesamt an 193 Sitzungen von Gremien mit Kontrollaufgaben teilgenommen.

Die Teilnahme von Mitarbeitern der BaFin bzw. Bundesbank an Sitzungen von Gremien mit Kontrollaufgaben ist ein weitreichender Eingriff in die Grundrechte der Institute und äußerst sensibel. Eine Veröffentlichung detaillierter Informationen birgt daher schon deshalb die Gefahr eines irreversiblen Vertrauensverlustes in das jeweilige Institut mit entsprechender Reaktion des Marktes, insbesondere seiner Gläubiger.

Eine Auflistung der Teilnahme von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter[n] der Bundesbank bzw. der BaFin an Sitzungen der genannten Gremien kann nach sorgfältiger Abwägung mit den Informationsrechten der Abgeordneten des Deutschen Bundestages nicht in der für Kleine Anfragen nach § 104 i. V. m. § 75 Absatz 3 und § 76 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GO-BT) vorgesehenen, zur Veröffentlichung in einer Bundestagsdrucksache bestimmten Weise erfolgen. Die Antwort wird deshalb eingestuft in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Verfügung gestellt."

41

Die Antwort auf Frage 4 hinsichtlich der Aufsichtsgespräche lautete:

"Aufsichtsgespräche sind ein Instrument der Erkenntnisgewinnung für die Aufsicht. Routinemäßige Aufsichtsgespräche mit den einzelnen Instituten dienen insbesondere der regelmäßigen Erörterung der wirtschaftlichen Entwicklung, der Risikolage sowie der allgemeinen Geschäftslage der Institute auf Grundlage der ausgewerteten Jahresabschlussunterlagen. Die BaFin hat das Recht zur Teilnahme. Die Aufsichtsgespräche werden von der Bundesbank grundsätzlich jährlich durchgeführt; insbesondere bei kleinen Instituten, deren Solvenz gesichert ist und die bankenaufsichtlich unauffällig sind, kann auf eine jährliche Durchführung von Aufsichtsgesprächen verzichtet werden. Unter anderem bei personellen Veränderungen in Schlüsselpositionen kann es zu mehreren routinemäßigen Aufsichtsgesprächen pro Jahr kommen.

In den Jahren 2005 bis 2008 wurden routinemäßige Aufsichtsgespräche mit den in Frage 1 genannten Instituten wie nachfolgend dargestellt durchgeführt. In Bezug auf die Deutsche Bundesbank (BBk) sind dabei teilweise auch telefonische Aufsichtskontakte enthalten.

[wird tabellarisch ausgeführt]

Anlassbezogene Aufsichtsgespräche haben Sachverhalte oder Themen zum Gegenstand, die aufgrund bedeutender Entwicklungen beim Institut eine besondere bankenaufsichtliche Würdigung erfordern. Die Initiative zu anlassbezogenen Aufsichtsgesprächen kann von der Bundesbank oder der BaFin ausgehen; sie sind jeweils zwischen BaFin und Bundesbank abzustimmen. Die jeweils andere Institution hat ein Teilnahmerecht. Solche Aufsichtsgespräche haben deshalb eine andere Wertigkeit als routinemäßige Aufsichtsgespräche. Es besteht die Gefahr, dass durch die Offenlegung der Anzahl der anlassbezogenen Aufsichtsgespräche auf Einzelinstitutsbasis, selbst wenn dies, wie hier gefragt, für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum erfolgte, die Wettbewerbsposition der betroffenen Institute nachteilig beeinflusst wird. Nach sorgfältiger Abwägung mit den Informationsrechten der Abgeordneten des Deutschen Bundestages kann in der Sache daher keine Auskunft in der für Kleine Anfragen nach § 104 i. V. m. § 75 Absatz 3 und § 76 Absatz 1 GO-BT vorgesehenen, zur Veröffentlichung in einer Bundestagsdrucksache bestimmten Weise erfolgen. Die Antwort wird deshalb eingestuft in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Verfügung gestellt."

42

Auf die Frage 6 zu den Sonderprüfungen nach § 44 KWG antwortete die Antragsgegnerin wie folgt:

"Bei den in Frage 1 genannten Kreditinstituten ordnete die BaFin in den Jahren 2005 bis 2008 insgesamt 64 Prüfungen gemäß § 44 KWG an. Von diesen Prüfungsanordnungen entfielen zehn auf das Jahr 2005, 13 auf das Jahr 2006, 22 auf das Jahr 2007 und 19 auf das Jahr 2008.

Für die erfragten Detailinformationen gilt das in der Vorbemerkung der Bundesregierung erläuterte Geheimhaltungsinteresse bezüglich der Kontrollintensität der Bankenaufsicht im Hinblick auf einzelne Institute, da bereits aus der Kenntnis der Zahl von Sonderprüfungen der Bankenaufsicht bei einem Kreditinstitut ein irreversibler Vertrauensverlust in das jeweilige Institut mit entsprechender Reaktion des Marktes, insbesondere seiner Gläubiger, entstehen kann. Zumindest bei systemrelevanten Kreditinstituten kann dies zu erheblich negativen Auswirkungen auf die Stabilität des gesamten Finanzmarktes führen. Nach sorgfältiger Abwägung mit den Informationsrechten der Abgeordneten des Deutschen Bundestages kann in der Sache daher keine Auskunft in der für Kleine Anfragen nach § 104 i. V. m. § 75 Absatz 3 und § 76 Absatz 1 GO-BT vorgesehenen, zur Veröffentlichung in einer Bundestagsdrucksache bestimmten Weise erfolgen. Die Antwort wird deshalb eingestuft in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Verfügung gestellt."

43

Frage 8 beantwortete die Antragsgegnerin:

"Die deutsche Bankenaufsicht hat mit einigen der in Frage 1 genannten Kreditinstitute zu unterschiedlichen Zeiten Gespräche geführt, die auch das Thema der außerbilanziellen Conduits zum Gegenstand hatten. Darüber hinaus wurden auch schriftliche Stellungnahmen zu diesem Thema erbeten. Inhaltlich zielten die Gespräche auf den Umfang, die bilanzielle Behandlung, die Risikoüberwachung und die wirtschaftlichen Risiken der von den Vehikeln erworbenen Vermögensgegenstände ab. Zum Teil war auch die Refinanzierung dieser Konstrukte Gegenstand der Gespräche. Die Aufsicht ging regelmäßig davon aus, dass die Gestaltung der Conduits im Einklang mit den damals geltenden bankenaufsichtlichen Regelungen stand. Anhaltspunkte dafür, dass die damals geltenden bankenaufsichtlichen Regelungen, insbesondere in Bezug auf die Konsolidierung gemäß § 10a KWG bzw. Anrechnung von Liquiditätsfazilitäten im Grundsatz I bzw. gemäß §§ 13 bis 14 KWG nicht beachtet wurden, ergaben sich aus der Berichterstattung der Jahresabschlussprüfer sowie den geführten Gesprächen nicht.

Bankenaufsichtliche Vorschriften, wie die Eigenmittelanforderungen und Großkreditvorschriften, sollen das Abdecken bestimmter Risiken durch Eigenkapital und die Eindämmung von Klumpenrisiken mit dem Ziel sicherstellen, die Gläubiger eines Instituts zu schützen. Gestaltungen, die das Umgehen aufsichtsrechtlicher Regelungen bezwecken, können nicht immer ausgeschlossen werden. Hierzu gehört sicher auch die Nutzung von Conduit-Konstruktionen. Als Konsequenz aus der Finanzkrise sind verschiedene bankenaufsichtliche Anforderungen verschärft worden, um die Risikoerfassung und -abdeckung zu verbessern. Diese verteuern derartige Konstruktionen und können deren Nutzung so einschränken.

So wurde zum Beispiel die Nullanrechnung für Marktstörungsfazilitäten gestrichen und die laufzeitbezogene Unterscheidung der Höhe der anzusetzenden Konversionsfaktoren für die typischerweise im Conduit-Zusammenhang vergebenen Verbriefungs-Liquiditätsfazilitäten beseitigt. Bei der für die Großkreditbetrachtung bedeutsamen Zusammenfassung von Kreditnehmern wurde der Kreis der Zusammenfassungstatbestände erweitert. So können bereits einseitige wirtschaftliche Abhängigkeiten ebenso zur Bildung einer Risikoeinheit führen, wie die wirtschaftliche Abhängigkeit von einer gemeinsamen Refinanzierungsquelle. Die betrifft insbesondere auch Zweckgesellschaften oder Conduit-Strukturen. Die vom Committee of European Banking Supervisors (CEBS) veröffentlichten Leitlinien zur Bankenrichtlinie stellen nunmehr klar, dass ein Liquidität bereitstellendes Institut sämtliche Conduits, die von derselben Hauptrefinanzierungsquelle abhängig sind, zu einem einzigen Kreditnehmer zusammenzufassen hat. Die BaFin wird demnächst ein Rundschreiben veröffentlichen, in dem die Verwaltungspraxis zu diesen CEBS-Guidelines erläutert wird.

Handelsrechtlich sind seit Inkrafttreten des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes am 29. Mai 2009 zudem Zweckgesellschaften gemäß § 290 Absatz 2 Nummer 4 HGB in den bilanziellen Konsolidierungskreis des Unternehmens einzubeziehen, das nach wirtschaftlicher Betrachtung die Mehrheit der Risiken und/oder Chancen der Zweckgesellschaft trägt.

Für die erfragten Detailinformationen gilt das in der Vorbemerkung der Bundesregierung erläuterte Geheimhaltungsinteresse bezüglich der Kontrollintensität der Bankenaufsicht im Hinblick auf einzelne Institute, da auch hier bereits hieraus ein irreversibler Vertrauensverlust in das jeweilige Institut mit entsprechender Reaktion des Marktes, insbesondere seiner Gläubiger, entstehen kann. Bei der Frage nach der Behandlung außerbilanzieller Conduits ist daher auch zu berücksichtigen, dass die in der Vergangenheit abgeschlossenen Geschäfte bis heute Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Institute haben.

Nach sorgfältiger Abwägung mit den Informationsrechten der Abgeordneten des Deutschen Bundestages kann in der Sache daher keine Auskunft in der für Kleine Anfragen nach § 104 i. V. m. § 75 Absatz 3 und § 76 Absatz 1 der GO-BT vorgesehenen, zur Veröffentlichung in einer Bundestagsdrucksache bestimmten Weise erfolgen. Die Antwort wird deshalb eingestuft in der Geheimschutzstelle des Bundestages zur Verfügung gestellt."

44

Auf Frage 11 betreffend die HSH Nordbank führte die Antragsgegnerin unter Verweis auf die Vorbemerkung aus:

"Für die erfragten Detailinformationen gilt das in der Vorbemerkung der Bundesregierung erläuterte Geheimhaltungsinteresse bezüglich bankenaufsichtlicher Maßnahmen, da unabhängig vom Anlass der Maßnahme bereits hieraus ein irreversibler Vertrauensverlust in das jeweilige Institut mit entsprechender Reaktion des Marktes, insbesondere seiner Gläubiger, entstehen kann. Dies gilt insbesondere für Fragen nach der Ausrichtung der internen Kontrollen und der Risikosteuerung von Kreditinstituten. Nach sorgfältiger Abwägung mit den Informationsrechten der Abgeordneten des Deutschen Bundestages kann in der Sache daher keine Auskunft in der für Kleine Anfragen nach § 104 i. V. m. § 75 Absatz 3 und § 76 Absatz 1 GO-BT vorgesehenen, zur Veröffentlichung in einer Bundestagsdrucksache bestimmten Weise erfolgen. Die Antwort wird deshalb eingestuft in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Verfügung gestellt."

45

Die Antwort auf Frage 14 zur Zwölf-Felder-Matrix wurde als Verschlusssache VS-Vertraulich eingestuft und in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt. Im Schreiben vom 25. Januar 2011 wurde hierzu ausgeführt:

"Die Antwort wird eingestuft in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Verfügung gestellt. Das Geheimhaltungsinteresse ergibt sich daraus, dass der Matrixeintrag aus der Zusammenschau unterschiedlichen Faktoren entsteht, und aus dem Ergebnis keine Schlüsse auf einen einzelnen Faktor (etwa Liquiditätsrisiko) gezogen werden dürfen, aber genau dies seitens des Marktes zu befürchten ist. Zudem können durch den Vergleich der Einstufung verschiedener Institute durch die Bankenaufsicht negative Marktreaktionen noch verstärkt werden.

Nach sorgfältiger Abwägung mit den Informationsrechten der Abgeordneten des Deutschen Bundestages kann in der Sache daher keine Auskunft in der für Kleine Anfragen nach § 104 i. V. m. § 75 Absatz 3 und § 76 Absatz 1 GO-BT vorgesehenen, zur Veröffentlichung in einer Bundestagsdrucksache bestimmten Weise erfolgen."

46

Frage 18 über Gehalts- und Bonuszahlungen von mehr als 500.000 Euro jährlich beantwortete die Antragsgegnerin wie folgt:

"Informationen betreffend die Vertragsgestaltung zwischen den aus dem Bankenrettungsfonds SoFFin unterstützten Finanzinstituten und ihren Beschäftigten sind, auch wenn sie Mitarbeitern der Bundesregierung z. B. im Rahmen der Aufsichtsratstätigkeit bekannt werden, vertraulich zu behandeln. Eine Äußerung des Bundesministeriums der Finanzen gegenüber Dritten zu Einzelheiten der Vertragsgestaltung bzw. der Aufsichtsratstätigkeit ist nicht zulässig, § 116 Satz 2 des Aktiengesetzes. Dies gilt ebenso für Informationen, die der Bundesregierung durch die Tätigkeit der Finanzmarktstabilisierungsanstalt bekannt werden, § 3b des Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetzes. Diese Verschwiegenheitspflichten sind notwendiges Korrelat zur Pflicht der Geschäftsleitung, dem Aufsichtsrat, aber auch den Mitarbeitern des Finanzmarktstabilisierungsfonds, in Gesellschaftsangelegenheiten in voller Offenheit zu begegnen. Diese Offenheit ist für das gesetzlich vorgegebene Zusammenwirken der Unternehmensorgane, aber auch im Rahmen der Finanzmarktstabilisierung, unverzichtbar und letztlich Ausfluss der grundgesetzlich verbürgten Berufs-, Eigentums- und Unternehmensfreiheit, Artikel 12 Absatz 1, Artikel 14 Absatz 1 GG. Das Bekanntwerden der geforderten Informationen würde den betroffenen Unternehmen, die unverändert im Wettbewerb bestehen müssen, einen erheblichen Nachteil beibringen, da Vertragskonditionen von Mitbewerbern am Markt leicht unter- bzw. überboten werden können.

Daher kann in der Sache keine Auskunft in der für Kleine Anfragen nach § 104 i. V. m. § 75 Absatz 3 und § 76 Absatz 1 GO-BT vorgesehenen, zur Veröffentlichung in einer Bundestagsdrucksache bestimmten Weise erfolgen. Die Antwort wird deshalb eingestuft in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Verfügung gestellt."

III.

47

Mit ihrem am 18. März 2011 eingegangenen Antrag haben die Antragsteller zu 1. bis 4. und die Antragstellerin zu 5. ein Organstreitverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht eingeleitet. Sie begehren die Feststellung, dass die Antragsgegnerin die von ihnen erbetenen Auskünfte unter Berufung auf verfassungsrechtlich nicht tragfähige Erwägungen verweigert oder nur unzureichend beantwortet und sie sowie den Deutschen Bundestag in den Rechten aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 und Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt hat. Darüber hinaus begehren sie, die Bundesregierung zu verpflichten, die erbetenen Auskünfte zu erteilen.

IV.

48

1. In tatsächlicher Hinsicht bestreiten die Antragsteller, dass die vollständige Beantwortung ihrer finanzmarktbezogenen Fragen die Funktionsfähigkeit der Bankenaufsicht gefährden könne. Im Gegenteil dürfte die Funktionsfähigkeit einer Behörde durch öffentliche Beobachtung eher befördert als geschmälert werden. Auch die von der Antragsgegnerin angeführten "irreversiblen Vertrauensverluste" seien nicht zu befürchten. Die Vorgänge lägen zum Teil bereits Jahre zurück und es sei allgemein bekannt, dass sämtliche Banken, für die Informationen erfragt worden seien, mit Staatshilfen gerettet worden seien. Dass die Veröffentlichung der Kontrollpraxis der BaFin im Jahre 2008 bei spezifischen Banken geeignet sein solle, die Bankenkrise zu verstetigen und zu verschärfen, sei nicht nachvollziehbar. Entsprechendes gelte für das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Finanzmärkte.

49

In der mündlichen Verhandlung haben die Antragsteller auf eine extensive Praxis der Einstufung als Verschlusssache durch die Antragsgegnerin hingewiesen. Diese hinterlege zunehmend Informationen nur eingestuft in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages. Dies stelle keine Erfüllung des parlamentarischen Frage- und Informationsrechts dar, sondern ein aliud. Zwar sei ein Erkenntnisgewinn bei nicht öffentlichen Antworten nicht zu verneinen, das politische Gewicht der öffentlichen Information überwiege aber.

50

2. Die Antragsteller sehen ihre Anträge als zulässig an.

51

a) Die Antragsteller seien antragsbefugt. Die Antragsteller zu 1. bis 4. verteidigten eigene Rechte als Bundestagsabgeordnete, während die Antragstellerin zu 5. als Fraktion sowohl eigene als auch - in zulässiger Prozessstandschaft - Rechte des Deutschen Bundestages geltend machen könne. Die Antragsgegnerin habe die Fragen der Antragsteller entweder nicht, nicht vollständig oder nicht öffentlich beantwortet, wobei im letztgenannten Fall der Geheimnisschutz überspannt beziehungsweise die Geheimhaltungsbedürftigkeit unzureichend begründet werde.

52

b) Die in den Hauptanträgen formulierten Leistungsbegehren seien zulässig. Soweit es um das Verpflichtungsbegehren gehe, sei in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannt, dass in besonders gelagerten Konstellationen auch im Organstreitverfahren ein Verpflichtungsurteil erlassen werden könne. Ein solcher Fall liege vor. In dem Entscheidungsausspruch müsse ausdrücklich die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Beantwortung ihrer Fragen aufgenommen werden, weil dies zur effektiven Durchsetzung ihrer verfassungsrechtlichen Rechte erforderlich sei. Die Unzulänglichkeit eines Feststellungstenors habe sich im Nachgang zum eine Kleine Anfrage zur geheimdienstlichen Informationsbeschaffung, -speicherung und -weitergabe über Abgeordnete betreffenden Verfahren (BVerfGE 124, 161) gezeigt. Obgleich das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 1. Juli 2009 festgestellt habe, dass die Antragsgegnerin Auskünfte unter Berufung auf verfassungsrechtlich nicht tragfähige Erwägungen verweigert habe, sei die Frage nur zögerlich und lückenhaft beantwortet worden. Insbesondere sei die Antwort trotz mehrfacher Aufforderung erst Ende Oktober 2009 und damit nach den Wahlen zum Deutschen Bundestag erfolgt. Angesichts der Dauer eines verfassungsgerichtlichen Verfahrens würde die Möglichkeit einer gerichtlichen Beanstandung der unzureichenden Umsetzung der verfassungsgerichtlichen Feststellung dem politischen Interesse an einer zeitnahen Antwort nicht gerecht werden.

53

c) Den Antragstellern fehle es auch nicht am Rechtsschutzbedürfnis.

54

Das Rechtsschutzbedürfnis entfalle nicht deshalb, weil die Antragsgegnerin nach öffentlicher Berichterstattung über die Absicht der Antragsteller, ein Organstreitverfahren einzuleiten, ergänzende Erläuterungen übersandt beziehungsweise die Herabstufung einer Antwort von "geheim" auf "VS-Vertraulich" vorgenommen habe. Denn in der Antwortpraxis der Antragsgegnerin komme nach wie vor eine gefestigte Rechtsüberzeugung zum Ausdruck, die nach Auffassung der Antragsteller unzutreffend sei. Zur Klärung dieser Kontroverse bedürfe es einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.

55

Auch das Ausscheiden des Antragstellers zu 4. aus dem Deutschen Bundestag lasse sein Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen. Das Verfassungsprozessrecht kenne das Erfordernis einer Wiederholungsgefahr nicht, wie sich auch aus der Senatsrechtsprechung ergebe. In der mündlichen Verhandlung stützten sich die Antragsteller zudem auf das Argument einer Rechtsnachfolge und damit des fortbestehenden Feststellungsinteresses anderer Abgeordneter der Fraktion.

56

3. Zur Begründetheit führen die Antragsteller an, aus Art. 38 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG folge ein Recht des Deutschen Bundestages und seiner Abgeordneten auf erschöpfende und öffentliche Beantwortung parlamentarischer Anfragen, soweit keine Belange von Verfassungsrang entgegenstünden.

57

Das parlamentarische Frage- und Informationsrecht diene in der parlamentarischen Demokratie nicht allein der Kontrolle des Verhaltens von Regierung und nachgeordneten Stellen der unmittelbaren Staatsverwaltung, sondern auch der Vorbereitung verbesserter Gesetzgebung. Ohne Informationen über das Verhalten mittelbarer Staatsverwaltung und sonstiger Erscheinungsformen staatlichen Handelns könne das Parlament nicht entscheiden, ob es diese Organisationsform beibehalten oder verändern solle.

58

a) Vorbehaltlich entgegenstehender Gründe habe die Regierung verfügbares Wissen mitzuteilen oder sich die angefragten Informationen zu beschaffen, soweit sich bei den Fragen ein Bezug zum Verantwortungsbereich der Regierung ergebe. Ein solcher Bezug sei insbesondere auch bei der Ausübung von Aufsichtstätigkeit gegeben.

59

aa) Zum Verantwortungsbereich der Regierung zähle die Tätigkeit nachgeordneter Behörden sowohl hoheitlicher als auch nicht hoheitlicher Art. Die Auskunftspflicht werde dabei nicht durch die Reichweite der aufsichtsbehördlichen Befugnisse gegenüber Dritten begrenzt, sondern erstrecke sich auf das gesamte aktuelle Wissen der Behörde sowie auf dasjenige potentielle Wissen, das aufgrund bestehender Auskunftsrechte von Dritten zu erfragen sei. Zur Ausübung solcher Auskunftsrechte sei die Regierung gegenüber den Fragestellern verpflichtet.

60

bb) Entsende die Bundesregierung Vertreter in Unternehmensorgane privater Unternehmen, unterfielen deren Entscheidungen vollumfänglich der Auskunftspflicht, nicht aber die Meinungsbildung im Gremium oder die Umsetzung etwaiger Beschlüsse durch die Geschäftsführung. Wenn den Vertretern gesellschaftsrechtliche Auskunftsrechte zustünden, seien sie verpflichtet, diese Rechte zum Zwecke der Beantwortung einer parlamentarischen Frage auszuüben.

61

Hinsichtlich der Geschäftstätigkeit privatrechtlicher Unternehmen mit Bundesbeteiligung sei zwischen Eigengesellschaften und gemischtwirtschaftlichen Unternehmen zu unterscheiden.

62

Befinde sich die fragliche Gesellschaft vollständig im Eigentum des Bundes, erstrecke sich das parlamentarische Frage- und Informationsrecht auf die gesamte Geschäftstätigkeit. Insbesondere stehe bei Aktiengesellschaften auch die aus § 119 AktG fließende Befugnis des Vorstandes, die Geschäfte ohne Bindung an Weisungen der Aktionäre zu leiten, der Zurechnung nicht entgegen. Denn die Personalkompetenz des Aufsichtsrates sichere dem Alleineigentümer Bund einen umfassenden - wenn auch indirekten - Einfluss auf den Vorstand. Damit sei die Bundesregierung auch nicht darauf beschränkt, sich Informationen über Vertreter im Aufsichtsrat zu beschaffen.

63

Bei gemischtwirtschaftlichen Unternehmen, an denen der Bund neben privaten Anteilseignern beteiligt sei, hänge die Zurechenbarkeit zum Verantwortungsbereich der Regierung davon ab, welche Möglichkeiten der Einflussnahme ihr eröffnet seien. Stelle man auf das Merkmal der Beherrschung des Unternehmens durch den Bund ab und lege zur näheren Konkretisierung das aktienrechtliche Verständnis des § 17 AktG zu Grunde, komme es darauf an, ob der Bund in der Lage sei, die Geschäfte des Unternehmens zu bestimmen. Dieser Einfluss sei regelmäßig bei Mehrheitsbesitz gegeben, könne aber auch in anderen Herrschaftsmitteln begründet sein. Falls umgekehrt weder Weisungsrechte bestünden, noch der Bund mangels Mehrheitsbeteiligung indirekt über die Wahl des Aufsichtsrats auf die Besetzung des Vorstandes und damit dessen Verhalten einwirken könne, scheide eine Zurechnung der Geschäftstätigkeit des Unternehmens zum Verantwortungsbereich der Regierung aus. In diesem Fall beziehe sich die Auskunftspflicht (allein) auf diejenigen Informationen, über die die Regierung aufgrund der Minderheitenbeteiligung verfüge, sowie auf die Beweggründe für die Investition selbst.

64

b) Der Auskunft stehe nicht entgegen, dass es an einer einfachrechtlichen Rechtsgrundlage für die Informationsweitergabe an den Bundestag fehle. Gegen die gesetzliche Ausgestaltung der Informationsbeziehungen zwischen Bundesregierung und Bundestag spreche, dass das Verhältnis zweier Verfassungsorgane nicht den Standards grundrechtlicher Eingriffsvorbehalte unterfalle, weil andernfalls ein den demokratischen Prozess im parlamentarischen Regierungssystem konstituierender Willensbildungsprozess nicht möglich wäre.

65

c) Von Verfassungs wegen habe die Antwort auf parlamentarische Fragen öffentlich zu erfolgen. Die Hinterlegung einer Antwort als Verschlusssache bewirke einen Eingriff in den Prozess demokratischer Meinungsbildung, da es den Abgeordneten verwehrt sei, die erfragten Informationen in den demokratischen Meinungsbildungsprozess zu überspielen. Praktisch handele es sich deshalb weiterhin um privates Wissen, an das kein politisches Handeln anschließen könne. Diese schwerwiegende Beeinträchtigung des Fragerechts bedürfe einer spezifischen Rechtfertigung von Verfassungsrang, die in jedem Einzelfall dargelegt werden müsse.

66

d) Die Verweigerung der (öffentlichen) Beantwortung der streitgegenständlichen Fragen könne nicht unter Verweis auf den verfassungsrechtlich gebotenen Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gerechtfertigt werden.

67

aa) Dabei sei in den vorliegenden Fallkonstellationen zu beachten, dass nicht Persönlichkeitsrechte von Individuen, sondern allein Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse wirtschaftlicher Unternehmen in Rede stünden. Diese seien verfassungsrechtlich nur geschützt, wenn die Unternehmen grundrechtsfähig seien und die angefragten Informationen in den Schutzbereich eines Grundrechts fielen. Während ein lediglich teilweises Halten von Anteilen durch den Bund die Grundrechtsfähigkeit grundsätzlich unberührt lasse, fehle sie der Deutschen Bahn AG und der Hypo Real Estate Holding AG (HRE) deshalb, weil diese zu 100 % im Eigentum des Bundes stünden.

68

bb) Der Konflikt zwischen den Grundrechten der von der begehrten Auskunft mittelbar Betroffenen und dem verfassungsrechtlichen Auskunftsanspruch des Deutschen Bundestages sei im Wege der praktischen Konkordanz zu bewältigen. Die Bundesregierung könne die Antwort auf eine parlamentarische Frage verweigern, wenn die Informationsweitergabe unverhältnismäßig sei.

69

Aus der Herleitung des Schutzes der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse aus Art. 12 GG folge, dass die geheim zu haltenden Informationen einen spezifischen Wettbewerbsbezug aufweisen, also vor Konkurrenten verborgen werden müssten. Es komme entscheidend auf die Marktverhältnisse und die Wettbewerbsbedingungen an. So müssten für die betroffenen Kreditinstitute, die einen besonders sensiblen Markt bedienten, andere Maßstäbe gelten als für die Deutsche Bahn AG. Auch sei es in besonderem Maße begründungsbedürftig, die Auskunft hinsichtlich vergangener und abgeschlossener Sachverhalte mit Verweis auf den Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu verweigern. Keinesfalls dürften ganze Branchen pauschal vom parlamentarischen Informationsrecht ausgenommen werden, wie es die Antragsgegnerin mit Bezug auf die Kreditinstitute getan habe.

70

Als weiteres Kriterium müsse berücksichtigt werden, in welchem Umfang die Unternehmen staatliche Hilfen in Anspruch nähmen. Hierdurch bewegten sie sich aus der Sphäre des Wettbewerbs hinaus, dem sie gerade nicht standhalten könnten, und lehnten sich an den Staat an, dessen Handeln in weitergehendem Maße Gegenstand öffentlicher Erörterung sein müsse. So sei etwa im Sozialrecht anerkannt, dass sich die Empfänger staatlicher Leistungen staatlicher Kontrolle unterwerfen müssten, die ihre Berufsfreiheit stärker als sonst beschränke. Unhaltbar sei die Auffassung, wonach die Inanspruchnahme staatlicher Hilfen das grundrechtliche Schutzbedürfnis erhöhe. Dies wäre eine ungerechtfertigte Benachteiligung solcher Institute, die staatliche Hilfen nicht in Anspruch nehmen müssten.

71

cc) Weiterhin sei zu beachten, dass das verfassungsunmittelbare parlamentarische Informationsrecht zwar nicht durch Gesetz modifiziert werden könne. Gleichwohl könne sich die Bundesregierung aufgrund der aus Art. 20 Abs. 3 GG resultierenden Bindung an die geltenden Gesetze nicht unter Verweis auf den Vorrang der Verfassung von einfachrechtlichen Vorgaben lösen. Darüber hinaus könne sich die gesetzliche Regelung als hinreichend bestimmter Ausgleich mit kollidierenden verfassungsrechtlich geschützten politischen Prioritäten erweisen.

72

Die von der Antragsgegnerin bemühten aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflichten stünden demgegenüber einer öffentlichen Beantwortung der Fragen - zumindest in den streitgegenständlichen Fällen - nicht entgegen.

73

Die von der Bundesregierung in den Aufsichtsrat entsandten Vertreter seien aktienrechtlich über alle Belange der Gesellschaft zu informieren (§ 111 AktG) und, gleich ob Beamte oder im Übrigen weisungsfreie externe Sachverständige, hierüber der Bundesregierung berichtspflichtig. Dies folge unmittelbar aus der Verfassung, darüber hinaus auch aus der Prüfungspflicht nach § 53 Abs. 1 Gesetz über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder (Haushaltsgrundsätzegesetz - HGrG).

74

Gemäß § 394 Satz 1 AktG seien Berichte dieser Aufsichtsratsmitglieder von der Verschwiegenheitspflicht grundsätzlich ausgenommen, wobei mit Rücksicht auf das verfassungsrechtliche Informationsrecht nicht nur die Informationsweitergabe an die Regierung, sondern auch die an das Parlament zulässig sei. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse seien gemäß § 394 Satz 2 AktG durch das Aufsichtsratsmitglied nur zu offenbaren, wenn die Offenbarung nach dem Inhalt der parlamentarischen Anfrage erforderlich und das Auskunftsbegehren von einem objektiven öffentlichen Interesse getragen sei. Werde die Weitergabe von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen vom Informationsinteresse gedeckt, sei es gemäß § 395 AktG Aufgabe des Bundes, die erforderliche Geheimhaltung sicherzustellen.

75

Der in §§ 394, 395 AktG geregelte Bericht des entsandten Aufsichtsratsmitglieds sei keineswegs die einzige Informationsquelle für die Bundesregierung. Vielmehr obliege es gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG dem Vorstand, auf Anfrage über die Offenbarung eines Unternehmensinternums zu entscheiden. Diese Entscheidung habe der Vorstand allein am Interesse der Gesellschaft auszurichten. Bei einer Beteiligung der öffentlichen Hand flössen die öffentlichen Interessen als Ausdruck des Anteilseignerinteresses in das Unternehmensinteresse ein. Halte der Bund an der fraglichen Gesellschaft alle Anteile, entsprächen die Anteilseignerinteressen im Prinzip den Interessen der Öffentlichkeit. Es sei dem Vorstand daher grundsätzlich erlaubt, Interna an den staatlichen Alleinaktionär weiterzugeben. Beziehe sich die Frage hingegen auf ein Unternehmen, an dem der Bund neben Privaten beteiligt sei, müsse der Vorstand deren Interessen berücksichtigen. Nur wenn private Aktionäre zusammen weniger als 5% des Grundkapitals hielten und sie deshalb gemäß §§ 327a ff. AktG auch ausgeschlossen werden könnten, weil ihnen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keine verfassungsrechtlich geschützten Gestaltungsinteressen an der Gesellschaft zukämen, stünden ihre Interessen einer Informationsweitergabe an das Parlament nicht entgegen.

76

Auch aus § 9 KWG ergebe sich keine Verschwiegenheitspflicht, die die von der Antragsgegnerin angenommene pauschale Begrenzung der Antwortpflicht rechtfertige. So erfasse die Verschwiegenheitspflicht nur solche Informationen, die aus dem öffentlich-rechtlichen Aufsichtsverhältnis gewonnen würden, nicht aber solche, über die der Staat als Anteilseigner verfüge. § 9 KWG sehe zudem ausdrücklich eine Ausnahme für gesetzliche Offenbarungspflichten vor, zu denen auch der verfassungsrechtliche Informationsanspruch des Bundestages zähle.

77

Die Reichweite der berufsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht der Wirtschaftsprüfer gemäß § 43 Gesetz über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer (Wirtschaftsprüferordnung - WiPrO) sei gerade bei Kollision mit anderen gesetzlichen Pflichten umstritten. Wiederum sei die Auslegung der einfachrechtlichen Regelung auf die Ebene des Verfassungsrechts gehoben.

78

Auch § 3b FMStFG rechtfertige keine pauschale Antwortverweigerung. Die Norm stehe nicht nur unter dem Vorbehalt vorrangigen Verfassungsrechts, sondern belasse auch hinreichende Spielräume für eine angemessene Antwortpraxis. So sei nur die unbefugte Offenbarung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen untersagt, weshalb sich im Einzelfall aus verfassungsrechtlichen Gründen eine Befugnis zur Informationsweitergabe begründen lasse. Schließlich zeige § 3b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 FMStFG, dass Informationen an die Aufsichtsbehörden und damit in den Verantwortungsbereich der Bundesregierung gelangen könnten. Die Weitergabe von dort sei zulässig, wenn keine anderen verfassungsrechtlichen Belange entgegenstünden.

79

dd) Die Antragsgegnerin könne sich nicht auf vertraglich begründete Verschwiegenheitspflichten berufen. Die Regierung könne verfassungsrechtlich oder einfachgesetzlich bestehende Auskunftspflichten nicht beliebig abbedingen. Allerdings könne eine vertragliche Verschwiegenheitsverpflichtung den Anspruch auf Schutz der Geschäftsgeheimnisse konkretisieren. Ausnahmsweise könne bei Vorliegen einer spezifischen Rechtfertigung im Einzelfall die Möglichkeit von Wettbewerbsnachteilen und Schadensersatzpflichten die Reichweite der Antwortpflicht mitbestimmen. Den Privaten müsse jedoch bewusst sein, dass ihre vertraglichen Beziehungen wegen der besonderen Stellung ihres Vertragspartners besonderen Publizitätsanforderungen unterlägen.

80

e) Soweit sich parlamentarische Fragen auf die Deutsche Bahn AG bezögen, müsse dem Umstand Rechnung getragen werden, dass diese im Alleineigentum des Bundes stehe.

81

So verfüge die Antragsgegnerin durchaus über die angefragten Informationen, weil diese entweder den von ihr entsandten Aufsichtsratsmitgliedern, unter anderem beamteten Staatssekretären verschiedener Ministerien, bekannt seien oder von ihr auf dem aktienrechtlich vorgesehenen Wege beschafft werden könnten. Überdies unterstehe die Deutsche Bahn AG der Aufsicht verschiedener Bundesbehörden.

82

Aktienrechtlich seien die Vertreter im Aufsichtsrat berechtigt, unbeschränkt zu berichten. Selbst wenn Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse betroffen wären, hätte dies nur zur Konsequenz, dass im Folgenden der Deutsche Bundestag zur Geheimhaltung verpflichtet sei.

83

Als zu 100 % im Alleineigentum des Bundes stehende Gesellschaft sei die Deutsche Bahn AG nach den allgemeinen Grundrechtslehren vermittels Art. 1 Abs. 3 GG grundrechtsverpflichtet und könne daher nicht zugleich am grundrechtlichen Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse teilhaben. Das Bundesverfassungsgericht habe bereits festgestellt, dass Unternehmen im Alleineigentum des Staates selbst grundrechtsverpflichtet seien.

84

Die Grundrechtsfähigkeit folge auch nicht aus dem Gebot formeller Privatisierung in Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG. Der Norm sei allein zu entnehmen, dass die Deutsche Bahn AG in privatrechtlicher Form geführt werde und sich der Bund der Formen des Privatrechts bedienen müsse, um seinen Einfluss auf die Gesellschaft geltend zu machen. Der Wortlaut des Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG rechtfertige daher - anders als in der Literatur teilweise vertreten - keine unterschiedliche Behandlung der Deutschen Bahn AG im Vergleich zu anderen Eigengesellschaften des Staates. Bei dem jetzigen Stand der Bahnprivatisierung könne aus Art. 87e GG keine Schranke für das parlamentarische Informationsrecht hergeleitet werden. Denn gemäß Art. 87e Abs. 4 GG treffe den Bund weiterhin die Gewährleistungsverantwortung für die Schieneninfrastruktur, die ihrerseits Gegenstand parlamentarischer Kontrolle sein müsse. Weil es im Bereich der Deutschen Bahn AG keine strikte organisatorische Trennung zwischen Netz und Betrieb gebe, könne zwischen beiden Bereichen nicht trennscharf unterschieden werden, insbesondere sei eine Querfinanzierung möglich.

85

f) Bei Anwendung dieser Maßstäbe ergebe sich für die streitgegenständlichen Fragen, dass diese zu Unrecht nicht beantwortet worden seien.

86

aa) Hinsichtlich der Kleinen Anfrage "Fulda-Runden der Deutschen Bahn AG und Finanzierungsvereinbarungen zu Bedarfsplanprojekten" habe die Antragsgegnerin die Fragen zu den "Fulda-Runden" nicht hinreichend beantwortet. Sie habe die Frage wegen angeblich abweichender Entscheidungsstrukturen, die den Antragstellern unbekannt seien, "ins Leere laufen lassen". Die tatsächlich zur Verfügung stehenden Informationen habe sie nicht unter Verweis auf eine "faktische Unmöglichkeit" verweigern dürfen, weil sie verfassungsrechtlich verpflichtet sei, die erfragten Informationen zu beschaffen. Auch stünden die angeführten aktienrechtlichen Vorgaben einer Antwort nicht entgegen, da das Aktienrecht bei bedeutenden Gegenständen wie den hier erfragten faktisch bindenden Vorentscheidungen mit zentraler Bedeutung für die Verkehrswegeplanung keine Beschränkung der Antwortpflicht bewirke.

87

bb) Ziel der Kleinen Anfrage "Wirtschaftlichkeitsberechnung für Stuttgart 21" sei es gewesen, die Gesamtwirtschaftlichkeit des Projekts zu kontrollieren, an dem der Bund (rund 1,2 Mrd. Euro) beziehungsweise über die Deutsche Bahn AG das Bundesvermögen (rund 1,5 Mrd. Euro) einen hohen Anteil trage und bei dem es zu erheblichen Baukostensteigerungen gekommen sei. Eine Aufklärung in den parlamentarischen Ausschüssen sei gescheitert, weil jede Einsichtnahme in die Wirtschaftlichkeitsberechnung verweigert worden sei. Die Antwortverweigerung der Antragsgegnerin sei ohne hinreichend substantiierte Darlegung konkreter verfassungsrechtlicher Belange erfolgt.

88

cc) Die Beantwortung der Kleinen Anfrage "Zugverspätungen" habe die Antragsgegnerin unter Verweis auf fehlende Informationen zu Unrecht verweigert. Die Antragsgegnerin sei aktienrechtlich befugt, sich die erfragten Informationen zu beschaffen und an die Fragesteller weiterzuleiten. Der Verweis auf die Beschlüsse des Bundestagsausschusses zur Abgrenzung der Verantwortungsbereiche sei unbehelflich, weil verfassungsrechtlich unbeachtlich. Überdies falle die in Rede stehende Bedarfsplanung auch nach diesen Kriterien in den Bereich der Regierung.

89

dd) Bei der Beantwortung der Schriftlichen Fragen des Antragstellers zu 1. zur IKB/Finanzmarktaufsicht (Antrag zu 1.) bestehe ein erhebliches öffentliches Interesse an der Kenntnis des beim Verkauf der IKB erzielten Preises, um den Einsatz öffentlicher Mittel und das Vorgehen einer (haushalterischen) Kontrolle unterziehen zu können. Jedenfalls habe die Antragsgegnerin keine hinreichende Begründung dafür geliefert, warum die Fragen nicht öffentlich beantwortet werden könnten. Der pauschale Hinweis auf das Bestehen vertraglicher Abreden genüge den verfassungsrechtlichen Anforderungen ebenso wenig wie derjenige auf die erfolgte nicht öffentliche Auslegung beziehungsweise vertrauliche Berichterstattung. Der Verweis auf die Möglichkeit, einen Beschluss des Deutschen Bundestages herbeizuführen, verkenne schließlich die Bedeutung des Auskunftsrechts als Minderheitenrecht.

90

ee) Die Kleine Anfrage zur Ausübung parlamentarischer Kontrollrechte im Bereich Finanzmarkt (Antrag zu 2.) diene dazu, zum einen mögliche Missstände und normative Defizite im Bereich der Finanzmarktaufsicht und der Wirtschaftsprüfung (Frage 8) aufzuzeigen, und zum anderen, mögliche Fehler in der Finanzmarktaufsicht und die Verantwortlichkeit hierfür aufzudecken. Die Frage nach der Risikoklassifizierung der unterstützten Finanzinstitute vor der Krise (Frage 14) ziele darauf, mögliche Defizite offen zu legen, zumal dieses Instrument nach wie vor genutzt werde. An der Kenntnis der Gehälter des mittleren Managements bestehe ein öffentliches Interesse, weil nur so die Verwendung öffentlicher Mittel einer politischen Beurteilung unterzogen werden könne. Die entsprechende Frage 18 sei anonymisiert formuliert worden, um die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen nicht zu berühren. Als mittelbar vom Bund Alimentierte müssten diese es sich gefallen lassen, dass die Höhe der Gehälter - wie bei Beamten - öffentlich bekannt sei. Im Übrigen sei die Kenntnis dieser Informationen erforderlich, um überprüfen zu können, ob die getroffenen Maßnahmen ausreichten und die Anforderungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 FMStFG in Verbindung mit § 5 Abs. 2 FMStFV eingehalten würden.

V.

91

1. Die Antragsgegnerin trägt in tatsächlicher Hinsicht zur Fortdauer der Finanzkrise bis 2012 vor. Dieses Fortdauern zeige sich zunächst an der Nutzung der Einlagenfazilität der Europäischen Zentralbank. Liehen Banken überschüssige Liquidität nicht gewinnbringend anderen Banken, sondern legten sie stattdessen bei der Europäischen Zentralbank an, so deute dies darauf hin, dass sie einen Verlust ihrer Anlage befürchteten, mithin an der Solvenz der Mehrheit des Bankensektors zweifelten. Vor der Finanzkrise seien die EZB-Einlagen im Durchschnitt nicht höher gewesen als 10 Millionen Euro. Am Jahresende 2007 hätten sie bei 1,9 Milliarden Euro gelegen, Ende 2008 bei 250 Milliarden Euro, Ende 2009 bei 174 Milliarden Euro, Ende 2010 bei 89 Milliarden Euro, Ende 2011 bei 413 Milliarden Euro. Am 9. Mai 2012 habe der Wert bei 823 Milliarden Euro gelegen. Zweitens zeige sich die gesteigerte Risikobewertung an den Prämien für Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps). Der Preis für die Versicherung gegen den Ausfall einer Forderung von 1 Millionen Euro für einen Zeitraum von fünf Jahren habe am Interbankenmarkt am Jahresende 2006 noch 629 Euro betragen, Ende 2007 seien es 4.000 Euro gewesen, Ende 2009 rund 7.000 Euro, Ende 2010 knapp 15.000 Euro, Ende 2011 deutlich über 27.000 Euro und am 9. Mai 2012 habe der Wert bei 26.547 Euro gelegen. Schließlich sei die erhöhte Risikoeinschätzung auch an den Zinsunterschieden bei Staatsanleihen im Euro-Raum abzulesen.

92

2. Die Antragsgegnerin hält die Anträge für nur teilweise zulässig.

93

a) Die Anträge seien teilweise unsubstantiiert, so dass es an einer plausiblen Darlegung einer Rechtsverletzung fehle. Zum Antrag zu 3. hätten die Antragsteller keine konkreten Bezüge zwischen Fragen und Antwortbegründung hergestellt und es versäumt, sich substantiiert mit den darin vorgebrachten Argumenten auseinanderzusetzen. Hinsichtlich der Kleinen Anfrage zu den "Fulda-Runden" hätten sie sich nicht dazu verhalten, dass die Informationen nicht nur nicht vorhanden, sondern auch die Beschaffung und kurzfristige Aufbereitung der Antworten unmöglich sowie die aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflichten zu beachten gewesen seien.

94

b) Die Anträge seien ferner insofern unzulässig, als sie auf einen Verpflichtungsausspruch gerichtet seien. Die Antragsgegnerin sei sich der verfassungsrechtlichen Verantwortung bewusst und stets bereit, das Informationsbedürfnis des Parlaments zu befriedigen, soweit gegenläufige Interessen nicht entgegenstünden. Diese Haltung zeige sich auch in den Schreiben der Parlamentarischen Staatssekretäre Mücke und Ferlemann, in denen diese die Positionen der Antragsgegnerin gegenüber dem Parlamentarischen Geschäftsführer der Antragstellerin zu 5. Volker Beck ausführlich dargelegt hätten. Die Antwortpraxis im Nachgang zur Entscheidung BVerfGE 124, 161 sei, anders als von den Antragstellern behauptet, kein Beleg für die Unwilligkeit der Antragsgegnerin, ihren verfassungsrechtlichen Verpflichtungen umgehend nachzukommen. Die geschuldete Ergänzung der Antwort sei knapp drei Monate nach Bekanntgabe der Entscheidung erfolgt. Dieser Zeitraum entspreche dem Abstimmungsbedarf innerhalb der Regierung.

95

c) Mit Ausscheiden des Antragstellers zu 4. aus dem Deutschen Bundestag sei das Rechtsschutzbedürfnis für ihn entfallen, da sich die behauptete Rechtsverletzung in seiner Person nicht wiederholen werde und ein objektives Klarstellungsinteresse nicht bestehe.

96

3. Die Anträge seien unbegründet.

97

Die Antragsgegnerin sei nicht verpflichtet, Fragen nach unternehmensbezogenen Informationen, von denen sie als Gesellschafterin oder im Rahmen der Aufsicht Kenntnis erlangt habe, öffentlich zu beantworten. Die von ihr gemäß Art. 20 Abs. 3 GG zu beachtenden und im Übrigen auch verfassungsrechtlich unbedenklichen Regeln des Gesellschafts-, Aufsichts- und Regulierungsrechts stünden dem entgegen. Die Einstufung mancher Antworten als Verschlusssache entspreche der Parlament und Regierung gemeinsam obliegenden Gemeinwohlverantwortung, die vollständige Geheimhaltung anderer Antworten trage der Privatwirtschaftlichkeit betroffener Unternehmen Rechnung.

98

a) Die Antwortpflicht der Bundesregierung setze voraus, dass diese für den Gegenstand der Anfrage zumindest mittelbar verantwortlich zeichne. Weil das Interpellationsrecht allein die Kontrolle der Regierung durch das Parlament ermöglichen solle, sei dieses gegenständlich auf die in den Verantwortungsbereich der Regierung fallenden Vorgänge beschränkt. Nicht ausreichend zur Begründung einer Antwortpflicht sei folglich der Umstand, dass die erfragte Information von Bedeutung für die Gesetzgebung sein könne. Die Unterstützung des Deutschen Bundestages bei seiner Gesetzgebungstätigkeit sei nicht Aufgabe der Regierung und damit nicht Funktion des Frage- und Informationsrechts.

99

Demnach sei für die Reichweite des Frage- und Informationsrechts die Ausgestaltung der Beziehung zwischen Regierung und unmittelbar betroffener Stelle maßgeblich. Während die Regierung hinsichtlich eigenen Verhaltens ebenso wie desjenigen der unmittelbaren Staatsverwaltung voll verantwortlich sei, beschränke sich die Verantwortlichkeit für andere Stellen und private Unternehmen auf die gesetzlich eröffnete Einflussmöglichkeit. Dies habe zur Konsequenz, dass es für das Bestehen einer Antwortpflicht nicht ausreiche, dass die Regierung über die erfragten Informationen verfüge. Speziell mit Blick auf die Unternehmen, an denen der Bund beteiligt sei, beschränke sich das Frage- und Informationsrecht allein auf das Verhalten der Regierung und ihrer Vertreter im Aufsichtsrat. Wäre die Regierung verpflichtet, weitergehendes Wissen zu offenbaren oder zur Beantwortung der Frage von ihren gesellschaftsrechtlichen Informationsrechten Gebrauch zu machen, würde das Unternehmen Gegenstand der parlamentarischen Kontrolle, das Parlament so in den Aufsichtsrat integriert, Raum für exekutivisches Handeln genommen und würden Privatisierungsentscheidungen unterlaufen. Hinsichtlich der Deutschen Bahn AG bestünde zudem ein Widerspruch zur Wertentscheidung des Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG, die Eisenbahnen des Bundes als Wirtschaftsunternehmen zu führen.

100

Mit Blick auf die streitgegenständlichen Fragen unterfielen daher dem Verantwortungsbereich der Regierung zum einen die nachgeordneten Aufsichtsbehörden BaFin, die Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) sowie die Eisenbahnaufsichtsbehörden und zum anderen der Finanzmarktstabilisierungsfonds als öffentliche Einrichtung des Bundes. Im Bereich der Unternehmen des Privatrechts mit Beteiligung des Bundes sei die Regierung (nur) für die Ausübung der gesellschaftsrechtlich bestehenden Einflussmöglichkeiten, insbesondere für das Verhalten in Hauptversammlung und Aufsichtsrat verantwortlich.

101

b) Bei Vorliegen gegenläufiger Geheimhaltungsinteressen sei eine nicht öffentliche Antwort der Regierung zulässig. Die Beeinträchtigung der Fragesteller durch eine nicht öffentliche Antwort sei weniger gravierend als von den Antragstellern dargestellt. Sie hindere nicht daran, die gewonnenen Erkenntnisse zu kommunizieren und politisch zu nutzen. Die parlamentarische Untersuchung von möglichen Fehlentwicklungen oder Kontrollversagen sei auch auf Basis von als vertraulich eingestuften Informationen möglich.

102

c) Der Informationsanspruch finde seine Grenzen im Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, dem Staatswohl sowie der Grundrechts- und Gesetzesbindung der Regierung.

103

aa) Die Finanzdienstleistungsaufsicht diene der Stabilität des Finanzmarktes und damit dem vom Bundesverfassungsgericht anerkannten "Interesse der Allgemeinheit an einer funktionsfähigen Gesamtwirtschaft".

104

Zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben sei die BaFin zwar vom Gesetzgeber mit weitreichenden Ermittlungs-, Prüfungs- und Auskunftsrechten gegenüber den beaufsichtigten Instituten ausgestattet worden. Gleichwohl sei sie - weit mehr als andere Ordnungsbehörden - auf die freiwillige und bereitwillige Informationsweitergabe angewiesen. Die Kooperationsbereitschaft sei jedoch nur solange gegeben, wie die Institute Gewissheit darüber hätten, dass ihre Informationen nicht offengelegt würden. Ohne diese Kooperationsbereitschaft sei es nahezu unmöglich, problematische Entwicklungen frühzeitig zu erkennen, weil Aktualität, Qualität und Umfang der zur Verfügung gestellten Informationen leiden würden. Diese Defizite könnten nicht durch den Einsatz der gesetzlichen Mittel ausgeglichen werden. Die Veröffentlichung der erfragten Informationen hätte unabsehbare Folgen für die Effektivität der Aufgabenwahrnehmung durch die Aufsichtsbehörde.

105

Zudem wäre die Stabilität des Finanzmarktes gefährdet, wenn Informationen "mangels Hintergrundkenntnis (…) missverstanden, aus Spekulationsgründen entkontextualisiert oder von Wettbewerbern und Marktteilnehmern zu sonstigen Zwecken instrumentalisiert" würden. Weil der Finanzmarkt besonders sensibel reagiere, sei die Solvenz der betroffenen Institute auch dann gefährdet, wenn objektiv kein Anlass bestehe, an deren Zahlungsfähigkeit zu zweifeln.

106

Diese Nachteile seien auch nicht mit Blick auf die große Bedeutung des parlamentarischen Informationsrechts hinzunehmen.

107

bb) Mit Blick auf die streitgegenständlichen Fragen sei die Geheimhaltungsbedürftigkeit (noch) nicht durch Zeitablauf entfallen.

108

Da für die Entscheidung der Regierung eine Vielzahl von Faktoren relevant sei, müsse dieser ein Einschätzungsspielraum hinsichtlich der Abgeschlossenheit des Sachverhalts und der Risikoträchtigkeit der Veröffentlichung, das heißt im konkreten Fall der Gegenwärtigkeit und Intensität der Finanzkrise sowie der Sensibilität der Informationen für den Finanzmarkt, zugebilligt werden. Die Annahmen der Regierung, die Finanzkrise und die Neigung der Finanzmärkte zur Überinterpretation hielten an, so dass die Gesamtwirtschaft leicht beeinträchtigt werden könne und es im Interesse der Öffentlichkeit liege, Anleger nicht weiter zu verunsichern, seien nicht zu beanstanden.

109

cc) Die Veröffentlichung von Informationen der Finanzdienstleistungsaufsicht beeinträchtige nicht nur den Zweck der Aufsicht, für Stabilität am Finanzmarkt zu sorgen, sondern sei überdies mit den Grundrechten der betroffenen Institute, namentlich Art. 12 und 14 GG, nicht vereinbar. Die bestehenden, weitgehenden Informations- und Aufsichtsrechte der Finanzdienstleistungsaufsicht seien mit diesen Grundrechten nur vereinbar, weil gemäß § 9 KWG die Verschwiegenheit der Kontrolleure einschließlich der vorgesetzten Stellen gesetzlich gesichert sei. Allenfalls eine nicht öffentliche Antwort unter Geltung der Geheimschutzordnung des Deutschen Bundestages sei den Betroffenen zumutbar.

110

Müsste hingegen mit einer Veröffentlichung der Informationen infolge einer parlamentarischen Anfrage gerechnet werden, stiege die Eingriffsintensität der Maßnahmen der Finanzdienstleistungsaufsicht und machte diese häufig unverhältnismäßig. Grund hierfür sei die Gefahr überzogener Reaktionen der Marktteilnehmer bei der Veröffentlichung solcher Informationen, die (voreilige) Rückschlüsse auf die Verhältnisse der Institute zögen, weshalb ein ungerechtfertigter Vertrauensverlust eintreten könne.

111

Anders als die Antragsteller meinten, sei der Grundrechtsschutz der betroffenen Institute nicht dadurch geschmälert worden, dass diese staatliche Hilfen in Anspruch genommen hätten. Denn zum einen sei diesem Kriterium in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur unter den Voraussetzungen der Geheimhaltung oder bei Vorliegen einer besonderen "gemeinwirtschaftlichen Zielsetzung" ausschlaggebende Bedeutung beigemessen worden, zum anderen sei der Erfolg der staatlichen Unterstützung im Falle der Finanzkrise - anders als in anderen Zusammenhängen - gerade davon abhängig, dass keine umfassende Transparenz hergestellt werde. Insbesondere seien die Institute nicht durch die staatlichen Hilfen vor den geschilderten Reaktionen des Marktumfeldes abgeschirmt.

112

Überdies drohten im Falle der Finanzdienstleistungsaufsicht bei Veröffentlichung sachlicher, aber der Natur der Sache gemäß stets diffuser und interpretationsfähiger Informationen aufgrund des gegebenen Spekulationspotentials unvorhergesehene Vermögensverluste bei Gläubigern der betroffenen Institute. Vor diesem Hintergrund hätten auch die Gläubiger ein grundrechtlich fundiertes Interesse daran, dass Kenntnisse aus Aufsichtsmaßnahmen nicht ohne weiteres an die Öffentlichkeit gelangten.

113

d) Das Antwortverhalten der Antragsgegnerin sei auch insofern verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, als Informationen erfragt worden seien, die sich auf Unternehmen bezögen, an denen der Bund beteiligt sei. Aus den aktienrechtlichen Vorschriften, die mit der Verfassung in Einklang stünden, folge die Unzulässigkeit der öffentlichen Beantwortung der streitgegenständlichen Fragen.

114

Anders als von den Antragstellern vorgetragen, sei das Auskunftsrecht des Aufsichtsrats nicht unbeschränkt und zu beliebigen Zwecken einsetzbar. Vielmehr habe der Vorstand nur über die Geschäftsführung, das heißt über Führungsentscheidungen und wesentliche Einzelmaßnahmen zu berichten, wie sich aus § 111 und § 90 AktG ergebe. Die Ausübung des Informationsrechts sei missbräuchlich, wenn sie nicht an den Gesellschaftsinteressen, sondern an Eigeninteressen des Aufsichtsrats ausgerichtet sei.

115

Die Mitglieder des Aufsichtsrats seien gemäß § 93 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit § 116 AktG gegenüber den Aktionären und damit auch gegenüber der öffentlichen Hand zur Verschwiegenheit verpflichtet, soweit nicht (bundes-) gesetzliche Ausnahmen geschaffen worden seien. Zu diesen zähle die in §§ 394, 395 AktG geregelte Offenbarungsbefugnis für Aufsichtsratsmitglieder, die Gebietskörperschaften als Gesellschaftern Bericht erstatten müssten, was mit einer Ausweitung der Verschwiegenheitspflicht auf die Berichtsempfänger einhergehe. Damit habe der Gesetzgeber bewusst den Kreis der Informationsempfänger nur soweit ausweiten wollen, wie dies zu einer effektiven Beteiligungsverwaltung erforderlich sei. Die Verschwiegenheitspflicht der Antragsgegnerin als Berichtsempfängerin gemäß § 395 AktG umfasse, anders als die Antragsteller meinten, nicht nur Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, sondern alle vertraulichen Angaben, deren Weitergabe an Dritte zu Nachteilen für das Unternehmen führen könnte.

116

Bei der Feststellung, ob ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse mit Bezug auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse vorliege, sei allein auf eine mögliche Schädigung der Wettbewerbsposition abzustellen. Unrichtig sei die Auffassung der Antragsteller, das Gesellschaftsinteresse könne (bei Eigengesellschaften) mit dem öffentlichen Interesse gleichgesetzt werden. Vielmehr seien die Organe der (Aktien-)Gesellschaft nur insoweit befugt, Gemeinwohlbelange zu berücksichtigen, als diese im Gesellschaftszweck Niederschlag fänden.

117

e) Anders als von den Antragstellern vorgetragen, folge aus dem Eigentum des Bundes an der Deutschen Bahn AG keine Ausweitung der Antwortpflicht der Regierung.

118

Das Bundesverfassungsgericht habe in seiner Fraport-Entscheidung (BVerfGE 128, 226) festgestellt, dass es öffentlich beherrschten Unternehmen zwar verwehrt sei, sich auf die "Subjektivität gewillkürter Freiheit" zu berufen. Dennoch könnten sie sich nach der "Logik des Marktes" verhalten.

119

Im Übrigen sei die Festlegung des Art. 87e Abs. 3 Satz 1 und 2 GG auf den Betrieb der Deutschen Bahn AG als Wirtschaftsunternehmen zu beachten. Damit seien eine Ausrichtung nach den Grundsätzen der Privatwirtschaftlichkeit und eine Befreiung von Gemeinwohlbindungen verbunden, die einer Aufgabenprivatisierung gleichkomme. Wegen dieses Privatisierungsauftrages sei die Deutsche Bahn AG grundsätzlich wie jedes andere Wirtschaftsunternehmen zu behandeln. Der Bund sei daher nicht gehalten, sich über die Regeln des Gesellschaftsrechts hinaus Einwirkungsmöglichkeiten vorzubehalten. Schließlich habe das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss aus dem Jahre 2011 zum Nichtbestehen eines Parlamentsvorbehalts bei der Veräußerung von Vermögensgegenständen durch die Deutsche Bahn AG festgehalten, dass diese nach marktwirtschaftlicher Handlungsrationalität agieren könne (BVerfGE 129, 356). Zu dieser gehöre auch eine gewisse Autonomie gegenüber dem Bund, die unabhängig von der fehlenden Grundrechtsfähigkeit Schranken für die Beeinträchtigung von Unternehmensinteressen durch die Regierung setze und die Geheimhaltung von Unternehmensinterna umfasse. Die dadurch bewirkte Beschränkung des parlamentarischen Informationsrechts sei als Folge der Nutzung der privatrechtlichen Handlungsformen hinzunehmen.

120

f) Für die Anwendung dieser Maßstäbe auf die streitgegenständlichen Fragen bedeute dies:

121

aa) Bei der Beantwortung der Kleinen Anfrage "Fulda-Runden der Deutschen Bahn AG und Finanzierungsvereinbarungen zu Bedarfsplanprojekten" habe die Antragsgegnerin die Unwissenheit der Fragesteller über die tatsächlichen Strukturen der Priorisierung von Bedarfsplanvorhaben nicht ausgenutzt, sondern ein erkennbares Wissensdefizit beseitigt und ausgehend von den realen Entscheidungsstrukturen geantwortet.

122

Die mit den Fragen 4 und 5 erbetenen Statistiken lägen nicht vor, sie müssten mit großem Aufwand erstellt werden. Die Verpflichtung zu einer solchen Informationsbeschaffung stehe unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit, wobei der Regierung ein Einschätzungsspielraum zukomme. Vorliegend habe die Antragsgegnerin angesichts der großen Zahl der laufenden Projekte und deren jährlicher Anpassung darauf verzichtet, weil eine Antwort "auch unter Nutzung von in Einzelfällen möglichen kurzzeitigen Fristverlängerungen" einen nicht leistbaren Aufwand erfordert hätte.

123

Auskünfte über Mittelfristplanungen der Gewinne der DB Netz AG, der DB Service & Station AG und der DB Energie GmbH, auf die die Frage 13 ziele, seien zu Recht vollständig verweigert worden. Alleingesellschafterin dieser Unternehmen sei die Deutsche Bahn AG, weshalb der Bund nicht unmittelbar beteiligt sei und eine Verantwortlichkeit der Regierung ohnehin ausscheide. Informationen, die die Regierung mittelbar über diese Unternehmen erlange, unterlägen der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht, weil es sich um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse handele. Auch würde der in Art. 87e Abs. 3 und 4 GG nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts abschließend beschriebene Mitwirkungsbereich des Parlaments überschritten. Die Frage knüpfe nicht am durch das Parlament allein zu kontrollierenden Verhalten der Regierung, sondern am Unternehmen selbst an und mache dieses unmittelbar zum Gegenstand der parlamentarischen Kontrolle. Das Bundesverfassungsgericht habe festgestellt, dass die Deutsche Bahn AG von der öffentlichen Verwaltung verselbständigt, ihre kommerzielle Ausrichtung abgesichert und ihr unternehmerische Selbstbestimmung eingeräumt worden sei. Die einzelnen wirtschaftlichen Entscheidungen müssten daher einer parlamentarischen Kontrolle entzogen sein.

124

Der Bundestagsausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung habe in Ausübung der parlamentarischen Geschäftsordnungsautonomie, die auch den Nachvollzug und die Konkretisierung der Rechte der Abgeordneten und anderer Beteiligter umfasse, die Verantwortungsbereiche von Regierung und Deutscher Bahn AG in Folge der Bahnreform in einer Weise abgegrenzt, die dieser Rechtslage entspreche. Demnach falle die Mittelfristplanung als interne Planung in den unternehmerischen Verantwortungsbereich der Deutschen Bahn AG.

125

bb) Bei dem Projekt "Stuttgart 21" handele es sich um ein eigenwirtschaftliches Projekt der Deutschen Bahn AG und nicht um ein Bedarfsplanprojekt. Deshalb seien die Zugriffsmöglichkeiten des Bundes und damit der Verantwortungsbereich der Regierung stark beschränkt. Das Gutachten, auf das Frage 16 der Kleinen Anfrage "Wirtschaftlichkeitsberechnung für Stuttgart 21" gerichtet sei, habe die Regierung wegen möglicher mittelbarer Folgen für den Bund als Eigentümer der Deutschen Bahn AG ausnahmsweise in Auftrag gegeben. Es enthalte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Deutschen Bahn AG, die zum unternehmerischen Kernbereich zählten. Deshalb sei eine Weitergabe der Informationen ohne Einwilligung der Deutschen Bahn AG nicht zulässig. Das Wirtschaftsprüferprivileg des § 43 WiPrO und die vertragliche Verschwiegenheitsvereinbarung zeichneten diese Lage nach.

126

cc) Die auf die statistische Aufzählung und Aufschlüsselung von Verspätungsminuten zielenden Fragen der Kleinen Anfrage "Zugverspätungen" habe die Regierung zu Recht nicht beantwortet. Sie habe über die erfragten Daten nicht verfügt und sie auch nicht zum Zwecke der Weitergabe beschaffen können. Die genannten Verspätungstatbestände könnten nicht eindeutig einem bestimmten Unternehmen zugeordnet werden, weil sie sowohl im Bereich der Schieneninfrastruktur als auch des Schienenverkehrs verursacht werden könnten. Hinsichtlich der Fragen 9 und 10 sei der Verantwortungsbereich der Bundesregierung bereits deshalb nicht betroffen, weil sich die angegebenen Störungen auf alle Eisenbahnverkehrsunternehmen beziehungsweise alle Halter von Eisenbahnfahrzeugen bezögen. Schließlich könne die Regierung keine Auskünfte über solche Sachverhalte erteilen, die den Kernbereich unternehmerischer Tätigkeit der Eisenbahnverkehrs- und -infrastrukturunternehmen beträfen. Soweit die Deutsche Bahn AG betroffen sei, folge dies aus den beschränkten gesellschaftsrechtlichen Einflussmöglichkeiten. Aber auch die Aufsichts- und Regulierungsbehörden erhöben die angefragten Daten nicht. Vor diesem Hintergrund erweise sich die vom Deutschen Bundestag vorgenommene Abgrenzung der Verantwortungsbereiche, die Fragen der Pünktlichkeit der Deutschen Bahn AG zuordnet, als richtig.

127

dd) Die Entscheidung der Antragsgegnerin, die mit der Kleinen Anfrage "Finanzmarktaufsicht" erfragten einzelinstitutsbezogenen Informationen nur unter Geltung der Geheimschutzordnung weiterzugeben, sei mit Blick auf die Sensibilität der Finanzmärkte in der noch immer anhaltenden Finanzkrise gerechtfertigt gewesen.

128

Auch habe die Begründung den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt. Die Begründung der Verweigerung einer (öffentlichen) Antwort müsse einerseits so genau sein, dass die Fragesteller entscheiden könnten, ob sie gegen die Verweigerung vorgehen sollten. Dabei seien für eine vollständige Antwortverweigerung andere Maßstäbe anzulegen als bei einer nicht öffentlichen Antwort. Andererseits dürfe der Zweck der Antwortverweigerung, die Geheimhaltung der erfragten Informationen, nicht durch die Begründungspflicht gefährdet werden.

129

Die Beantwortung der Frage 1 sei faktisch unmöglich, weil Wortprotokolle nicht geführt worden seien. Die Verweigerung einer öffentlichen Antwort auf die Frage nach der Anzahl der Teilnahmen von Mitarbeitern der Finanzaufsicht (BaFin und Bundesbank) an Gremiensitzungen sei gerechtfertigt, weil diese nur bei besonderem Anlass durchgeführt würden. Damit sei ihre Veröffentlichung geeignet, den Eindruck zu erwecken, das Institut bedürfe besonderer Aufsicht, was zu Vertrauensverlusten auf Seiten der Geschäftspartner und zur relativen Besserstellung der Konkurrenz führen könne. Diesen Verwerfungen könne eine gesamtwirtschaftliche Tragweite zukommen.

130

Gleiches gelte für die mit den Fragen 4 und 6 erbetenen institutsspezifischen Auskünfte zu Aufsichtsgesprächen und Sonderprüfungen. Während routinemäßige Aufsichtsgespräche keine Rückschlüsse auf die Lage des Instituts ermöglichten, sei dies bei anlassbezogenen Aufsichtsgesprächen und Sonderprüfungen anders. Das Bekanntwerden institutsspezifischer Angaben berge die Gefahr irreversibler Vertrauensverluste.

131

Frage 8, die auf die aufsichtsrechtliche Behandlung außerbilanzieller Conduits ziele, habe öffentlich nur in zusammengefasster Form beantwortet werden können. Die institutsspezifische Einschätzung der Eigenmittelausstattung und Liquiditätsvorsorge habe mit Rücksicht auf die sonst drohenden Vertrauensverluste und Nachteile im Wettbewerb nur nicht öffentlich mitgeteilt werden können.

132

Gleiches gelte für die nicht öffentliche Beantwortung der Frage 11 nach konkreten Einzelmaßnahmen gegenüber der HSH Nordbank, weil sie Angaben zur aufsichtsrechtlichen Einschätzung der internen Kontrolle und Risikosteuerung beinhalte.

133

Die gleiche Gefährdung der einzelnen Institute wie der Gesamtwirtschaft habe einer öffentlichen Beantwortung der Frage 14 nach der Einstufung der Institute in der Zwölf-Felder-Matrix der Risikoklassifizierung entgegengestanden. Dabei handele es sich um eine umfassende Gesamtaussage über die einzelnen Institute, in die alle verfügbaren Informationen einflössen, insbesondere auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die der Aufsicht offenbart worden seien.

134

Frage 18 nach der Vergütung von Angestellten durch die betroffenen Unternehmen betreffe einen Sachverhalt außerhalb des Verantwortungsbereichs der Antragsgegnerin. Die Entsendung von Aufsichtsratsmitgliedern ändere nichts daran. Es stehe dem Gesetzgeber frei, eine Pflicht zur Veröffentlichung dieser Informationen zu schaffen, wie er es für die Krankenkassen getan habe.

135

ee) Im Hinblick auf die Schriftlichen Fragen zur IKB sei der Antrag zu 1. insoweit unbegründet, als die erste Teilfrage nach den Beweggründen des Verkaufs der IKB ausführlich beantwortet worden und von den Antragstellern auch nicht gerügt worden sei. Gleiches gelte für die zweite Teilfrage nach dem Kaufpreis, die nur nicht öffentlich habe beantwortet werden können.

136

Die Beantwortung der zweiten Frage erfordere die Mitteilung aufsichtsbehördlicher Einschätzungen, deren Veröffentlichung die Wettbewerbsposition der betroffenen Institutionen schwächen würde. Eine öffentliche Beantwortung der Frage sei daher ausgeschlossen gewesen. Die Antragsgegnerin habe erst bei nochmaliger Durchsicht der Akten bemerkt, dass die Frage bedauerlicherweise gar nicht beantwortet worden sei. Sie werde dies unverzüglich nachholen und die Antwort dann in der Geheimschutzstelle hinterlegen.

VI.

137

Zu dem Antrag haben der Landtag Rheinland-Pfalz und als sachkundige Dritte gemäß § 27a BVerfGG die Deutsche Bahn AG, der Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands, die IKB Deutsche Industriebank AG, die Commerzbank AG, der Verband "Die Deutsche Kreditwirtschaft", die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und die Hypo Real Estate Holding AG (nun GmbH) schriftlich Stellung genommen.

138

1. Die Bundesregierung sei dem Deutschen Bundestag und dessen Abgeordneten und Fraktionen zur Auskunft über ihre Tätigkeit nur insoweit verpflichtet, als ihr Verantwortungsbereich betroffen sei. Dieser erstrecke sich auf sämtliche Informationen, die die Bundesministerien in Ausübung der Rechts- und Fachaufsicht über die nachgeordneten Behörden erlangten - wie etwa das Bundesministerium der Finanzen über die BaFin und die FMSA als bundesunmittelbare rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts. Bei privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen bestehe eine Verantwortlichkeit jedenfalls bei vollständig im Eigentum des Bundes stehenden Unternehmen. Bei gemischtwirtschaftlichen Unternehmen hänge die Verantwortlichkeit der Bundesregierung gegenüber dem Parlament vom Umfang der staatlichen Beteiligung sowie dem Maß der Steuerungs- und Einflussmöglichkeiten ab. Je größer die Beteiligung und die Einwirkungsmöglichkeiten seien, desto weiter reiche die grundsätzliche Verantwortlichkeit. Insoweit sei auf die bestehenden einfachrechtlichen Maßgaben abzuheben, die Umfang und Grenzen einer solchen Kontrolle festlegten. Nicht in den Aufgaben- und Verantwortungsbereich der Regierung fielen Informationen über privatwirtschaftlich organisierte Unternehmen, die vollständig in privater Hand seien. Gegenstand der parlamentarischen Kontrolle seien einerseits Bereiche, in denen die Regierung und ihre Mitglieder tätig geworden seien, andererseits Bereiche, in denen die Regierung kraft rechtlicher Vorschriften tätig werden könne, das heißt der tatsächlich wahrgenommene und der verantwortete Aufgabenbereich.

139

Soweit sich die Stellungnahmen mit der Grundrechtsfähigkeit der Institute und Unternehmen befassen, wird ausgeführt, das Bundesverfassungsgericht habe eine solche Grundrechtsfähigkeit von Unternehmen auch bei einer staatlichen Beteiligung von mehr als 30 % - in Bezug auf die Deutsche Telekom AG und die Deutsche Post AG - noch bejaht. Der Grundrechtsschutz sei vor allem bei börsennotierten Unternehmen von besonderer Relevanz. Die Überlegung der Antragsteller, der Grundrechtsschutz von Unternehmen nach Art. 12 Abs. 1 GG reduziere sich, wenn diese Unterstützung durch den Staat annähmen, treffe nicht zu.

140

2. Die Deutsche Bahn AG geht in ihrer Stellungnahme davon aus, dass die parlamentarische Verantwortung der Bundesregierung im Wesentlichen nur im Zusammenhang mit hoheitlichem Handeln von Bundesbehörden bestehe, während ihre Geschäftstätigkeit grundsätzlich nicht vom Informationsanspruch des Parlaments erfasst werde. Soweit sich der Bund an privatrechtlichen Unternehmen beteilige, beschränke sich die Verantwortlichkeit der Bundesregierung auf Aspekte der Beteiligungsverwaltung. Die Bundesregierung könne aus verfassungsrechtlichen Gründen (Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG) hingegen nicht für die Unternehmensführung bei der Deutschen Bahn AG verantwortlich sein.

141

a) Mit Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG habe der verfassungsändernde Gesetzgeber die Grundentscheidung für eine Privatisierung der Eisenbahnen des Bundes und ihrer Aufgaben getroffen. Im Einklang mit dieser Zielsetzung sei die Rechtsform der Aktiengesellschaft gewählt worden, in der das Prinzip der Trennung der Kapitaleigner und der Unternehmensleitung stärker als in anderen Gesellschaftsformen ausgeprägt sei. Durch die Wahl dieser Gesellschaftsform sei die in Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG angelegte Trennung von Verwaltungs- und Unternehmensaufgaben im deutschen Eisenbahnwesen abgesichert worden. Zugleich begründe die Vorschrift eine eigene wehrfähige Rechtsposition der Eisenbahnen des Bundes, die staatlichen Eingriffen in ihre unternehmerische Betätigung Grenzen setze. Der Schutzbereich der Unternehmensfreiheit gemäß Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG umfasse insbesondere die Organisationsfreiheit, das heißt die gesellschaftsrechtliche Organisation des Unternehmens sowie die konzerninterne Aufgabenverteilung. Geschützt seien ferner die Entwicklung neuer Verkehrsprodukte und ihre wirtschaftliche Verwertung auf den Verkehrsmärkten sowie die Wettbewerbsfreiheit und Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Gesellschaft. Schließlich schütze die Unternehmensfreiheit die auf Förderung des unternehmerischen Erfolges gerichtete Außendarstellung und Werbung.

142

Nach den eigenen Angaben der Antragsteller hätten die begehrten Informationen zur kurz- und mittelfristigen Budgetplanung dazu verwendet werden sollen, politische Forderungen im öffentlichen Raum an die Deutsche Bahn AG und die Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) des Konzerns zu adressieren, auch wenn unternehmerische Entscheidungen hierdurch negativ beeinflusst werden könnten. Von einer solchen direkten politischen Einflussnahme durch den Bundestag auf unternehmerische Entscheidungen wolle Art. 87e Abs. 3 GG die Eisenbahnen des Bundes gerade schützen. Auch das Bundesverfassungsgericht habe festgestellt, dass Beteiligungsrechte des Deutschen Bundestages an unternehmerischen Einzelentscheidungen jenseits der legislativen Mitgestaltungsmöglichkeit deren Fähigkeit zum verfassungsrechtlich gewollten Handeln nach marktwirtschaftlicher Handlungsrationalität in erheblichem Maße beeinträchtigen würden.

143

Eine Offenlegung vertraulicher Unternehmensdaten gegenüber dem Deutschen Bundestag greife in die Unternehmensfreiheit gemäß Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG ein. Solche Eingriffe seien nur gerechtfertigt, wenn sie aufgrund oder durch ein Gesetz erfolgten, dem Schutze eines Rechtsgutes von Verfassungsrang dienten und den Anforderungen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit genügten. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt, sofern der Eingriff in Ausübung des parlamentarischen Fragerechts erfolge.

144

Entgegen der Ansicht der Antragsteller werde der verfassungsrechtliche Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nicht dadurch gemindert, dass Investitionen in die Eisenbahninfrastruktur zum großen Teil mit öffentlichen Mitteln gefördert würden. Aus öffentlichen Mitteln finanzierte Vermögenswerte stellten nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kein Eigentum zweiter Klasse dar und genössen nicht einen minderen verfassungsrechtlichen Schutz. Sofern im Zusammenhang mit einer staatlichen Förderung weitergehende Eingriffsbefugnisse bestünden, beschränkten sich diese grundsätzlich auf die Kontrolle der zweckentsprechenden Verwendung staatlicher Mittel oder die Missbrauchs-prävention. Ein allgemein verringerter Geheimnisschutz gerade wegen einer staatlichen Förderung sei dagegen nicht zu erkennen.

145

b) Die Unternehmen des Konzerns Deutsche Bahn AG - die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) und die EIU - hätten ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung der begehrten Informationen.

146

Der Bedarfsplan Schiene werde vom Bundesgesetzgeber jeweils für einen Zeitraum von fünf Jahren aufgestellt. Im jährlichen Rhythmus fänden zwischen dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), dem Eisenbahnbundesamt (EBA) und den EIU, namentlich der DB Netz AG, der DB Energie GmbH und der DB Station & Service AG, Gespräche zur Eisenbahnbedarfsplanung statt, die sogenannten Fulda-Runden. Im Rahmen dieser Gespräche auf Arbeitsebene würden der aktuelle Sachstand und die Planungen für jedes Einzelprojekt erörtert und die künftige Planung und Finanzierung von Eisenbahninfrastrukturprojekten abgestimmt. Die Ergebnisse der Gespräche bildeten die Grundlage für die Planungs- und Finanzierungsentscheidungen des Bundes einerseits und der Deutschen Bahn AG sowie ihrer Tochtergesellschaften andererseits. Die Ergebnisse der Runden bildeten aber nur Zwischenschritte ab, die bis zur abschließenden Entscheidung auf Seiten des Bundes und des Unternehmens veränderlich blieben.

147

Der Herausgabe der begehrten Informationen zu den "Fulda-Runden" stünden Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Deutschen Bahn AG und deren EIU entgegen. Im Rahmen der "Fulda-Runden" würden Planungen und Kosten von Infrastrukturprojekten der EIU erörtert, insbesondere die voraussichtlichen Investitionskosten einschließlich der Eigenmittelanteile, die voraussichtlichen Projektlaufzeiten und der Sachstand in einzelnen Gerichtsverfahren, die Infrastrukturprojekte betreffen. Dabei handele es sich um die Geschäftstätigkeit der EIU betreffende unternehmensbezogene Informationen, die nur den Teilnehmern und außerhalb der betroffenen Unternehmen nur der zuständigen Fachabteilung des BMVBS und des EBA bekannt seien. An der Geheimhaltung dieser Informationen bestehe ein berechtigtes Interesse der Deutschen Bahn AG und der EIU. Öffentliche Informationen über die Projektplanung und die damit verbundenen Projektgesamtkosten könnten zu strategischen Angebotspreisen der Bauindustrie führen. Die Baufirmen könnten ihre Angebote an den veranschlagten Kosten ausrichten. Unmittelbare Folge wären steigende Baukosten zum wirtschaftlichen Nachteil der EIU. Aufgrund der begrenzten Haushaltsmittel würden die erhöhten Projektkosten mittelbar zu einem reduzierten oder verlangsamten Infrastrukturausbau führen. Zugleich würde die Wettbewerbsposition der EVU der Deutschen Bahn AG als Anbieter von Verkehrsleistungen gegenüber konkurrierenden Verkehrsträgern beeinträchtigt. Mit den durch das BMVBS jährlich veröffentlichten Verkehrsinvestitionsberichten würde den parlamentarischen Informationsbedürfnissen Genüge getan, ohne dass sensible Informationen offengelegt würden.

148

In den Finanzierungsvereinbarungen würden insbesondere die Höhe der zuwendungsfähigen Kosten, der Planungskostenpauschale und des Eigenmittelanteils der EIU geregelt. Sie enthielten Angaben darüber, welcher Anteil der zuwendungsfähigen Kosten als zuwendungsfähiges Darlehen und welcher Anteil als Baukostenzuschuss finanziert werde. Weiterhin wiesen sie die komplexe Berechnung der Vorfinanzierungskosten anhand des Kapitalbetrages, des Zinssatzes und der Zinsperiode aus. Darüber hinaus enthielten sie detaillierte Aufstellungen über die Kosten einzelner Gewerke und die Weiterentwicklung der Kostenstruktur. Die Anlagen enthielten Streckenübersichten nebst im Einzelnen ausgewiesener Kosten, detaillierte Kostenübersichten und Mittelabflussdiagramme. Unter Hinzuziehung der konkreten Maßnahmebeschreibung ließen diese Angaben den Rückschluss auf die Ermittlung dieser Kosten und damit auf die interne Kalkulation der DB Netz AG zu.

149

Die Mittelfristplanung der Deutschen Bahn AG und ihrer EIU falle nicht in den Verantwortungsbereich der Bundesregierung. In der Mittelfristplanung sei die grundlegende unternehmenspolitische Ausrichtung des Konzerns festgelegt. Zugleich sei die Planung von zentraler Bedeutung für die operative Steuerung des Unternehmens.

150

An der Geheimhaltung der nur einem begrenzten Personenkreis bekannten Wirtschaftlichkeitsberechnung 2006 bestehe ein berechtigtes Interesse. Aus den dort enthaltenen Angaben zu den Projektausgaben für die einzelnen Gewerke könnten Rückschlüsse auf die diesbezügliche Kostenkalkulation der Deutschen Bahn AG gezogen werden. Diese Erkenntnisse könnten Einfluss auf die Vergabepreise sowohl für "Stuttgart 21" als auch für andere Vorhaben haben. Auf der Grundlage dieser Informationen könnten potenzielle Bewerber ihre Angebote so gestalten, dass ein sparsamer und wirtschaftlicher Mitteleinsatz gerade nicht mehr gewährleistet sei.

151

Gegenstand des Gutachtens der Wirtschaftsprüfergesellschaft sei die Prüfung der rechnerischen und methodischen Richtigkeit der Wirtschaftlichkeitsberechnung der Deutschen Bahn AG zu "Stuttgart 21" gewesen. Allerdings sei die Prüfung der Gutachter teilweise darüber hinausgegangen, namentlich dort, wo die in die Wirtschaftlichkeitsberechnung eingeflossenen Angaben hinsichtlich des notwendigen Mengengerüstes und deren Bewertung hinterfragt worden seien. Insofern enthalte das Gutachten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Deutschen Bahn AG. Darüber hinaus lasse es Rückschlüsse auf die Ansätze zu projektbezogenen Ausgaben und Einnahmen zu, soweit die Gutachter hierzu Angaben gefordert hätten.

152

Die begehrten Informationen zu Zugverspätungen beträfen den Kernbereich der unternehmerischen Betätigung der EVU und EIU des Konzerns, nämlich die Erbringung von Eisenbahnverkehrsleistungen und den Betrieb der Eisenbahninfrastruktur. Dies sei insbesondere die Gestaltung des Angebotes im Einzelnen und schließe den Aspekt der Pünktlichkeit ein. Zugleich seien Zugverspätungen ein zentrales unternehmenspolitisches Thema mit Auswirkungen insbesondere auf Investitionsplanungen der EVU und EIU.

153

Eine detaillierte Mitteilung der Pünktlichkeitswerte und der Ursachen für Verspätungen außerhalb des Konzerns erfolge im Wesentlichen nur auf Grundlage der Verkehrsverträge für den öffentlichen Personennahverkehr. Diese Verträge pönalisierten schlechte Pünktlichkeitswerte zum Teil streckenscharf. Damit gingen teilweise sehr detaillierte Berichtspflichten gegenüber dem Aufgabenträger einher, zum Beispiel die Mitteilung der Pünktlichkeit je Zug und Haltestelle und der Verspätungsursache. Der jeweilige Vertragspartner müsse die übermittelten Daten vertraulich behandeln.

154

3. Die Stellungnahmen zu dem Schwerpunkt Finanzmarktaufsicht äußern sich zu der Verschwiegenheitspflicht der mit Aufsichts- und Kontrollaufgaben befassten Regierungs- und Behördenvertreter sowie zu der zu befürchtenden Gefährdung der Aufsichtstätigkeit bei Herausgabe von institutsspezifischen Tatsachen. Sie tragen vor, die einfachgesetzlich statuierten Verschwiegenheitspflichten der BaFin und des FMSA bildeten die Grundlage für das Zusammenwirken zwischen Aufsicht und Institut. Die Verschwiegenheitspflicht der mit Aufsichts- und Kontrollaufgaben befassten Regierungs- und Behördenvertreter sei als Grundvoraussetzung für eine effektive Beaufsichtigung und die Stabilität des Finanzmarktes anzusehen. Die Aufsichtsbehörden erlangten nicht nur allgemeine Kenntnisse über die Umsetzung aufsichtsrelevanter Vorschriften, sondern - insbesondere durch ihre Teilnahme an Gremiensitzungen der Institute - auch Einblick in die allgemeine Geschäftsentwicklung, die Risikotragfähigkeit und die Strategie des Instituts, von der Personalpolitik bis zur Vertriebssteuerung. Diese vertraulichen Informationen beinhalteten vielfach wettbewerbsrelevante Angaben, deren Veröffentlichung die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig beeinflussen könne. Der Gesetzgeber habe die Verschwiegenheitspflicht ausdrücklich mit der Absicht gefasst, das notwendige Vertrauen in die Integrität der Aufsichtspraxis und eine entsprechende Kooperationsbereitschaft sicherzustellen.

155

Der Aufsicht würden viele Informationen, gerade auch über kritische Entwicklungen, auf freiwilliger Basis und überobligatorisch übermittelt. Durch diese freiwilligen Informationen würden bankaufsichtliche Maßnahmen häufig erst veranlasst. Durch eine Verpflichtung der Bundesregierung, die im Rahmen der Rechts- und Fachaufsicht über BaFin und FMSA erhaltenen Informationen aufgrund parlamentarischer Anfragen offenzulegen, wäre das Vertrauensverhältnis gefährdet mit nicht unerheblichen Auswirkungen auf das künftige Informationsverhalten der Institute gegenüber diesen Aufsichtsbehörden. Diese wären so auf die Durchsetzung von Auskunftsansprüchen im förmlichen Verwaltungsverfahren angewiesen und auf nachträgliche ordnungsrechtliche Repressionen zurückgeworfen, die nicht gleichermaßen effektiv wären.

156

Zudem habe die Finanzmarktkrise die "seismographische Empfindlichkeit" des auf Vertrauen aufbauenden Finanzsystems gezeigt. Die Offenlegung vertraulicher Informationen über Kreditinstitute im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage könne verbunden mit einer verkürzten und unter Umständen verzerrten oder fehlerhaften Medienberichterstattung im Einzelfall das allgemeine Vertrauen der Einleger und anderer Marktteilnehmer in die Funktionsfähigkeit des Finanzsystems erschüttern.

157

Die Vertreter von Gebietskörperschaften seien nach §§ 116, 93 Abs. 1 Satz 2 AktG zur Verschwiegenheit über vertrauliche Angelegenheiten verpflichtet. Nichts anderes ergebe sich aus §§ 394, 395 AktG. Bei der Weitergabe von Informationen durch die Vertreter habe der jeweilige Berichtsempfänger nach § 395 AktG ebenfalls die Vertraulichkeit zu wahren. Hieran fehle es offenkundig, wenn vertrauliche Betriebsinterna ungeschützt gegenüber sämtlichen Abgeordneten des Deutschen Bundestages offengelegt würden. An eine Institution, bei der wie im Fall eines Parlaments die Geheimhaltung nicht gewährleistet sei, dürfe daher nicht berichtet werden. Die §§ 394, 395 AktG modifizierten die strengen aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflichten der § 116 Satz 1 in Verbindung mit § 93 Abs. 1 Satz 3, § 116 Satz 2 AktG lediglich für Zwecke der haushaltsrechtlichen Beteiligungsverwaltung und -prüfung öffentlicher Gebietskörperschaften.

158

Zu berücksichtigen sei die zwischen der Commerzbank AG und der FMSA am 19. Dezember 2008 abgeschlossene und im Jahr 2009 ergänzte vertragliche Vereinbarung, wonach das Parlament über die Angaben der Commerzbank AG nur unter Wahrung des Geheimschutzes unterrichtet werden dürfe. Diese vertragliche Vereinbarung konkretisiere die Regelungen des FMStFG über die Offenbarungspflichten der Bank gegenüber der Bundesanstalt einerseits und die Verschwiegenheitspflicht der Mitarbeiter der Behörde andererseits.

VII.

159

Mit Schreiben vom 9. Oktober 2012 teilte der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen Steffen Kampeter dem Antragsteller zu 1. mit, dass eine erneute Prüfung der Schriftlichen Frage Nr. 317 (BTDrucks 17/4350, S. 21) zu den von der BaFin nicht genehmigten Fällen eines Rückerwerbes eigener und am Markt mit Abschlägen notierter Verbindlichkeiten vorgenommen worden sei. Diese habe ergeben, dass die Frage zwar nach wie vor nicht öffentlich beantwortet, eine Antwort aber eingestuft in der Geheimschutzstelle zur Verfügung gestellt werden könne. Dies habe er veranlasst.

VIII.

160

Das Bundesverfassungsgericht hat am 9. und 10. Mai 2017 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Die Beteiligten haben ihren Vortrag vertieft und ergänzt. Als sachkundige Dritte gemäß § 27a BVerfGG hat das Bundesverfassungsgericht die Deutsche Bahn AG, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, die Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung, die Deutsche Bundesbank, die IKB Deutsche Industriebank AG, die Hypo Real Estate Holding GmbH, die Commerzbank AG und für den Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Herrn Prof. Dr. Volker Wieland sowie für das Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern Herrn Prof. Dr. Martin Hellwig angehört. Diese haben sich insbesondere zu Fragen der Gefährdung der Wettbewerbsfähigkeit der Deutschen Bahn AG sowie der Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Finanzmarktaufsicht und des Erfolges staatlicher Stützungsmaßnahmen durch die verfahrensgegenständlichen parlamentarischen Anfragen geäußert.

B.

161

Der Antrag zu 3. ist hinsichtlich des Antragstellers zu 4. insgesamt sowie hinsichtlich des Antragstellers zu 3. und der Antragstellerin zu 5. insoweit unzulässig, als er sich auf die Beantwortung der Fragen 17, 18 und 19 der Kleinen Anfrage vom 11. November 2010 (BTDrucks 17/3766, S. 2) durch die Bundesregierung bezieht. Unzulässig sind alle Anträge ferner insoweit, wie sie über die Feststellung der Rechtsverletzung hinaus darauf gerichtet sind, die Bundesregierung zu verpflichten, die erbetenen Auskünfte zu erteilen. Im Übrigen sind die Anträge zulässig.

I.

162

Die Parteifähigkeit der Antragsteller zu 1. bis 4. folgt aus Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG. Als Abgeordneten des Deutschen Bundestages kommt ihnen gemäß Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG ein eigener verfassungsrechtlicher Status zu, den sie im Organstreitverfahren als "andere Beteiligte" im Sinne des Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG verteidigen können (stRspr seit BVerfGE 2, 143<166 f.>; vgl. auch etwa BVerfGE 112, 363 <365>; 114, 121 <146>; 124, 161 <184>; 137, 185 <223 Rn. 104>; 140, 115 <138 Rn. 55>). Der Antragsteller zu 4. hat seine Parteifähigkeit nicht mit dem Ausscheiden aus dem Deutschen Bundestag am 26. Mai 2011 verloren. Maßgeblich für die Parteifähigkeit von Abgeordneten im Organstreit ist grundsätzlich ihr Status zu dem Zeitpunkt, zu dem sie den Verfassungsstreit anhängig gemacht haben (vgl. BVerfGE 4, 144 <152>; 102, 224 <231>; 108, 251 <270 f.>; 136, 277 <299 f. Rn. 60>; 139, 194 <220 Rn. 96>; 140, 115 <138 Rn. 55>) - hier am 18. März 2011.

163

Die Antragstellerin zu 5. ist als Fraktion des Deutschen Bundestages nach § 63 BVerfGG in Organstreitigkeiten parteifähig. Parlamentsfraktionen sind notwendige Einrichtungen des Verfassungslebens (vgl. BVerfGE 2, 143 <160>; 20, 56 <104>; 43, 142 <147>; 140, 115 <138 Rn. 56>). Sie sind zur Geltendmachung eigener Rechte befugt, wenn diese in der Verfassung verankert sind (vgl. BVerfGE 70, 324 <350 f.>; 124, 161 <187>; 139, 194 <220 Rn. 96>), und berechtigt, im Organstreit die Verletzung oder unmittelbare Gefährdung von Rechten des gesamten Parlaments geltend zu machen (vgl. BVerfGE 45, 1 <28 f.>; 67, 100 <125>; 68, 1 <69>; 140, 115 <138 f. Rn. 56>).

164

Die Bundesregierung als oberstes Bundesorgan (Art. 62 ff. GG) ist sowohl in Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG als auch in § 63 BVerfGG ausdrücklich als mögliche Antragsgegnerin genannt.

II.

165

Die Anträge beziehen sich auf taugliche Antragsgegenstände. Nach § 64 Abs. 1 BVerfGG kann Antragsgegenstand im Organstreitverfahren sowohl eine Maßnahme als auch ein Unterlassen sein. Es kommt somit nicht darauf an, ob es sich bei den gerügten Antworten der Antragsgegnerin jeweils um eine Maßnahme in Form der Verweigerung einer hinreichenden Antwort oder um ein Unterlassen in Form einer pflichtwidrigen Nichtbeantwortung oder einer nicht hinreichenden Beantwortung der jeweiligen Anfrage handelt. Die Antwortverweigerung, die schlichte Nichtbeantwortung und die nicht hinreichende Beantwortung der Anfragen der Antragsteller können diese konkret in ihrem jeweiligen Rechtskreis aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG betreffen. Dies gilt gleichermaßen für die nicht öffentliche Beantwortung. Somit sind die Maßnahmen oder Unterlassungen auch rechtserheblich (vgl. BVerfGE 96, 264 <277>; 103, 81 <86>; 104, 310 <324>; 137, 185 <223 Rn. 105>; 139, 194 <220 f. Rn. 98>).

III.

166

Die Antragsteller sind überwiegend antragsbefugt.

167

1. Ein die Antragsteller und die Antragsgegnerin umschließendes Verfassungsrechtsverhältnis (vgl. BVerfGE 1, 208 <221>; 84, 290 <297>; 124, 161 <185>; 137, 185 <224 Rn. 107>; 139, 194 <221 Rn. 99>; 140, 115 <144 Rn. 74>; stRspr) liegt vor. Die Antragsteller beanstanden Antworten der Antragsgegnerin auf an diese gerichtete parlamentarische Anfragen. Der Organstreit betrifft damit die Reichweite des verfassungsrechtlich verankerten Frage- und Informationsrechts sowie die grundsätzliche Verpflichtung der Bundesregierung, auf Fragen im Parlament Rede und Antwort zu stehen (vgl. BVerfGE 124, 161 <185>; 137, 185 <224 Rn. 107>; 139, 194 <221 Rn. 99>). Das Frage- und Informationsrecht wird verletzt, wenn auf berechtigte Fragen nicht oder nicht vollständig geantwortet wird. Eine Rechtsverletzung liegt auch vor, wenn unter Verkennung des Geheimnisschutzes eine öffentliche Antwort verweigert oder eine unzureichende Begründung der Geheimhaltungsbedürftigkeit gegeben wird (vgl. BVerfGE 124, 161 <185>).

168

An diesem Frage- und Informationsrecht haben die einzelnen Abgeordneten und die Fraktionen als Zusammenschlüsse von Abgeordneten nach Maßgabe der Ausgestaltung in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages teil (vgl. BVerfGE 124, 161 <188>; 137, 185 <230 f. Rn. 129>; 139, 194 <221 Rn. 99>). Ihnen steht folglich ein eigenes subjektiv-öffentliches organschaftliches Recht auf Beantwortung ihrer Fragen zur Seite. Eine unzureichende Antwort verletzt aufgrund dieses Ableitungszusammenhangs zugleich den Deutschen Bundestag in seinen Rechten (vgl. BVerfGE 139, 194 <221 Rn. 99>).

169

Daraus folgt für die Fraktionen im Deutschen Bundestag, dass sie nicht nur die Verletzung in eigenen Rechten rügen (vgl. BVerfGE 91, 246 <250 f.>; 100, 266 <270>; 124, 161 <187>), sondern darüber hinaus, unabhängig von ihrer Beteiligung an der Frage, ein Recht aus dem Rechtskreis des Deutschen Bundestages (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) in nach § 63 BVerfGG zulässiger Prozessstandschaft geltend machen können (vgl. BVerfGE 124, 161 <187>; 139, 194 <221 Rn. 99>).

170

2. a) Der Antrag zu 1. wäre deshalb unzulässig, als danach - wörtlich genommen - der Antragsteller zu 1. als Abgeordneter (auch) die Verletzung von Rechten des Deutschen Bundestages und die Antragstellerin zu 5. als Fraktion (auch) die Verletzung in eigenen Rechten rügt, obwohl sie - anders als bei den Anträgen zu 2. und zu 3. - an den Anfragen nicht beteiligt war. Sachgerecht ist der Antrag allerdings dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller zu 1. (nur) rügt, durch die angegriffene Maßnahme in seinem (derivativen) Frage- und Informationsrecht verletzt worden zu sein, und die Antragstellerin zu 5. (nur) eine Rechtsverletzung des Deutschen Bundestages geltend macht.

171

Weiterhin ist der Antrag zu 1. unter Heranziehung der Antragsschrift dahingehend zu verstehen und insoweit substantiiert, als die Antragsteller die Antwort der Antragsgegnerin auf die Frage Nummer 34 der BTDrucks 17/4350 ausschließlich im Hinblick auf die Verweigerung der Beantwortung der Teilfrage nach dem beim Verkauf der IKB Deutsche Industriebank AG erzielten Kaufpreis rügen.

172

b) Nicht hinreichend substantiiert ist das Vorbringen der Antragsteller zu dem Antrag zu 3., soweit die Fragen 17 bis 19 der Kleinen Anfrage zur Wirtschaftlichkeitsberechnung für das Projekt "Stuttgart 21" (BTDrucks 17/3766) betroffen sind. Die Fragen wurden durch die Bundesregierung - wenn auch knapp - beantwortet (BTDrucks 17/4008, S. 5). Die Antragsschrift enthält keine konkreten Ausführungen dazu, was hinsichtlich dieser Antworten gerügt wird. Obgleich die Antragsgegnerin dies in ihrer Antragserwiderung moniert hat, ist auch in der Replik hierzu keine Ergänzung vorgenommen worden.

173

c) Im Übrigen haben die Antragsteller hinreichend dargelegt, dass sie und der Deutsche Bundestag durch das angegriffene Verhalten der Antragsgegnerin in Rechten verletzt sein können, die ihnen durch das Grundgesetz übertragen worden sind. Sie machen geltend, dass die Antragsgegnerin die Fragen unter Verkennung ihrer verfassungsrechtlichen Antwortpflicht nicht oder mit unzureichender Begründung beantwortet habe. Zudem geht aus der Antragsbegründung hervor, dass die Antragsgegnerin unter Verkennung des Geheimnisschutzes wie auch einer unzureichenden Begründung der Geheimhaltungsbedürftigkeit die Fragen nicht in der für schriftliche Einzelfragen nach § 105 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GO-BT) in Verbindung mit Nummer 14 der Anlage 4 zur GO-BT vorgesehenen und zur Veröffentlichung in einer Bundestagsdrucksache bestimmten Weise beantwortet habe. Es kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass das beanstandete Verhalten der Antragsgegnerin Rechte des Deutschen Bundestages und eigene Rechte der Antragsteller, die aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten erwachsen, verletzt.

IV.

174

Unzulässig sind die Anträge ferner insoweit, als sie über die Feststellung der Rechtsverletzung hinaus darauf gerichtet sind, die Bundesregierung zu verpflichten, die erbetenen Auskünfte zu erteilen.

175

Gemäß § 67 Satz 1 BVerfGG stellt das Bundesverfassungsgericht im Fall eines begründeten Antrags fest, dass die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners gegen eine Bestimmung des Grundgesetzes verstößt. Damit stellt das Gesetz es grundsätzlich in das Ermessen des Antragsgegners, wie er eine verfassungsgemäße Lage herstellt. Dem Gericht ist deshalb im Regelfall ein Verpflichtungsausspruch verwehrt (grundlegend BVerfGE 20, 119 <129>; 124, 161 <188>; 136, 277 <301 Rn. 64>; zu einer Sonderkonstellation BVerfGE 112, 118 <147 f.>).

176

Dabei ist zu bedenken, dass die Verbindlichkeit der Feststellung nicht hinter einem Verpflichtungsausspruch zurückbleibt; insbesondere ist der Erlass einer Vollstreckungsanordnung gemäß § 35 BVerfGG nicht von einem Verpflichtungsausspruch abhängig. Für eine Abweichung von der - die Regelung des Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG konkretisierenden - Vorschrift des § 67 BVerfGG bestünde daher auch dann kein Anlass, wenn man die Besorgnis der Antragsteller hinsichtlich einer generell zögerlichen Antwortpraxis teilte.

V.

177

Die Antragsteller zu 1. bis 3. und die Antragstellerin zu 5. haben ein Rechtsschutzinteresse (1.). Das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers zu 4. ist entfallen, weil dieser am 26. Mai 2011 nach Niederlegung des Mandats aus dem Deutschen Bundestag ausgeschieden ist (2.). Die partielle nachträgliche Ergänzung beziehungsweise Änderung des Geheimhaltungsgrades einzelner Antworten hat das Rechtsschutzbedürfnis hingegen nicht (teilweise) entfallen lassen (3.).

178

1. Auch im Organstreitverfahren ist das Rechtsschutzbedürfnis des Organs grundsätzlich Voraussetzung für die Sachentscheidung (vgl. BVerfGE 62, 1 <33>; 67, 100 <127>; 68, 1 <77>; 119, 302 <307 f.>; 124, 78 <113>; 140, 115 <146 Rn. 80>). Das Organstreitverfahren ist eine kontradiktorische Parteistreitigkeit. Es dient maßgeblich der gegenseitigen Abgrenzung der Kompetenzen von Verfassungsorganen oder ihren Teilen in einem Verfassungsrechtsverhältnis, nicht der davon losgelösten Kontrolle der objektiven Verfassungsmäßigkeit eines bestimmten Organhandelns (vgl. BVerfGE 68, 1 <69 ff.>; 73, 1 <29 f.>; 80, 188 <212>; 104, 151 <193 f.>; 118, 244 <257>; 126, 55 <67 f.>; 134, 141 <194 Rn. 160>; 136, 190 <192 Rn. 5>; 140, 115 <146 Rn. 80>).

179

Da Bestand und Reichweite des parlamentarischen Frage- und Informationsrechts in Bezug auf Angelegenheiten der Deutschen Bahn AG und der Finanzmarktaufsicht zwischen den Beteiligten umstritten und klärungsbedürftig sind, ist das Rechtsschutzbedürfnis der Antragsteller zu 1. bis 3. und der Antragstellerin zu 5. zu bejahen. Es stellt sich die Frage, ob die Bundesregierung die Antwort auf die Fragen mit Verweis auf die Beschränkung des Frage- und Informationsrechts bei Beteiligungen des Bundes, die entgegenstehenden gesetzlichen oder vertraglichen Verschwiegenheitspflichten, die schutzwürdigen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der betroffenen Unternehmen und Institute sowie die möglichen Gefahren für die Funktionsfähigkeit der Aufsichtsbehörden und für die Gesamtwirtschaft verweigern beziehungsweise nicht öffentlich geben durfte. Andere gleichwertige verfassungsrechtliche oder parlamentarisch-politische Handlungsmöglichkeiten bestehen nicht.

180

2. Das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers zu 4. ist hingegen entfallen.

181

a) Das Ausscheiden eines Antragstellers aus dem Deutschen Bundestag führt grundsätzlich zum Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses im Organstreitverfahren, wenn und weil sich ein solcher oder ein ähnlicher Streit zwischen den Beteiligten nicht wiederholen kann, es sei denn, dass ein sonstiges schutzwürdiges Interesse an der Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage besteht (vgl. BVerfGE 87, 207 <209>; vgl. auch BVerfGE 102, 224 <232>; 119, 302 <307 f.>, allerdings mit der Besonderheit, dass zwischenzeitlich auch die jeweils angegriffene Norm geändert worden war; siehe BVerfGE 136, 190 <192 ff. Rn. 4 ff.> zum Ausscheiden des Antragsgegners aus dem Bundestag).

182

b) Ein subjektives (Fortsetzungs-)Feststellungsinteresse (vgl. BVerfGE 119, 302 <308>) liegt in der Person des Antragstellers zu 4. nicht vor. Im Verhältnis zwischen diesem und der Antragsgegnerin besteht keine Wiederholungsgefahr (vgl. BVerfGE 119, 302 <308>; 136, 190 <193 Rn. 7> m.w.N.), weil nicht zu erwarten ist, dass der Antragsteller alsbald wieder ein Bundestagsmandat erwirbt.

183

Auch kann der Antragsteller zu 4. aus dem Umstand, dass ihm - öffentlichkeitswirksam - Unrecht widerfahren sein könnte, nichts für sich herleiten. Denn ein "bloßes Rehabilitationsinteresse" genügt - anders als bei Grundrechtsverletzungen - nicht, um das Bedürfnis einer retrospektiven Feststellung von Rechtsverstößen zu begründen (vgl. BVerfGE 136, 190 <192 f. Rn. 6>).

184

Überdies hat der Antragsteller zu 4. keine präjudizielle Bedeutung der erstrebten Entscheidung für andere Rechtsverhältnisse geltend gemacht.

185

3. Auch die spätere Beantwortung beziehungsweise die Herabstufung des Geheimhaltungsgrades der Antworten hat das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen lassen.

186

a) Soweit die Antragsgegnerin in ihrer Antragserwiderung mitteilt, bei erneuter Durchsicht und Prüfung der Antworten festgestellt zu haben, dass Frage 35 nicht nur nicht öffentlich beantwortet, sondern eine Antwort gänzlich unterblieben sei, und sodann der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen mit Schreiben vom 9. Oktober 2012 an den Antragsteller zu 1. erklärt habe, dass nunmehr die Übersendung der Antwort an die Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages veranlasst worden sei, ist dem zu entnehmen, dass sie ihre eigene Vorgehensweise im Nachhinein nicht mehr als zulässig ansieht.

187

Dem ursprünglichen Begehr der Fragesteller wurde damit aber gleichwohl nicht vollständig entsprochen. Ein Rechtsschutzbedürfnis besteht zum einen fort, soweit die Antwort nicht öffentlich gegeben worden ist (siehe unten Rn. 190). Zum andern würde es erst dann entfallen, wenn die Antragsgegnerin über die bloße Ergänzung der Antworten hinaus auch die streitige Verpflichtung zur öffentlichen Beantwortung der Fragen nicht mehr in Abrede stellte. Eine Verpflichtung zur Beantwortung der Fragen hat die Antragsgegnerin bislang nicht anerkannt. Auch wenn man die Rechtsverletzung als abgeschlossen betrachten und für diesen Fall ein besonderes "Fortsetzungsfeststellungsinteresse" für das Organstreitverfahren fordern wollte, bestünde ein solches in Form einer Wiederholungsgefahr und eines objektiven Klarstellungsinteresses (vgl. BVerfGE 121, 135 <152>; 131, 152 <194>; vgl. auch BVerfGE 137, 185 <230 Rn. 126 f.> zur angekündigten Änderung der Antwortpraxis).

188

b) Soweit die Antragsteller in der Antragsschrift ausgeführt haben, die Antragsgegnerin habe nach Bekanntwerden der Einleitung des Organstreitverfahrens die "Beantwortung der Kleinen Anfragen in Bundestagsdrucksache von ˛VS-geheim' in ˛VS-vertraulich' durch eine Mitteilung des Bundesfinanzministeriums v. 2.2.2011" geändert, haben sie diese Mitteilung nicht vorgelegt und nicht näher angegeben, um welche Antworten es sich hierbei konkret gehandelt hat. Es bleibt daher unklar, in Bezug auf welche Antworten eine Herabstufung der Geheimhaltungsstufe erfolgt sein soll.

189

Darauf kommt es jedoch für das Rechtsschutzbedürfnis nicht an. Zwar unterliegen als "geheim" eingestufte Informationen und Dokumente nach der Geheimschutzordnung des Deutschen Bundestages strengeren Regelungen für die Einsichtnahme und Weitergabe. Die Antragsteller sehen sich aber bereits durch die Einstufung als solche in ihrem parlamentarischen Fragerecht verletzt. Ihnen geht es darum, dass sie Informationen, die durch die Bundesregierung mit einem Geheimhaltungsgrad versehen wurden, nicht "in den öffentlichen Meinungsbildungsprozess überspielen" können. Damit handele es sich praktisch weiterhin um Wissen, an das sich kein politisches Handeln anschließen könne.

190

Durch eine etwaige Änderung des Geheimhaltungsgrades ohne dessen Aufhebung entfällt das Rechtsschutzinteresse daher nicht.

VI.

191

Die Antragsteller haben entsprechend § 64 Abs. 2 BVerfGG die Bestimmungen des Grundgesetzes bezeichnet, gegen die die beanstandeten Maßnahmen ihrer Ansicht nach verstoßen.

VII.

192

Der am 18. März 2011 eingegangene Antrag wahrt die Sechsmonatsfrist des § 64 Abs. 3 BVerfGG. Die Antragsteller rügen Antworten der Antragsgegnerin vom 19. Oktober 2010 und 30. November 2010 (Antrag zu 3.), vom 30. Dezember 2010 (Antrag zu 1.) und vom 27. Januar 2011 (Antrag zu 2.).

VIII.

193

Die Bundesregierung ist die richtige Antragsgegnerin. Ihre zwischenzeitliche Neukonstituierung ist unerheblich, da hierdurch ihre Organidentität nicht berührt wird.

C.

194

Die Anträge sind - soweit zulässig - überwiegend begründet.

I.

195

1. Aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 und Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG folgt ein Frage- und Informationsrecht des Deutschen Bundestages gegenüber der Bundesregierung, an dem die einzelnen Abgeordneten und die Fraktionen als Zusammenschlüsse von Abgeordneten nach Maßgabe der Ausgestaltung in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages teilhaben und dem grundsätzlich eine Antwortpflicht der Bundesregierung korrespondiert (vgl. BVerfGE 124, 161 <188>; stRspr). Aus dem Frage- und Interpellationsrecht des Parlaments folgt für die Mitglieder der Bundesregierung die verfassungsrechtliche Verpflichtung, auf Fragen Rede und Antwort zu stehen. Die Antworten der Bundesregierung auf schriftliche Anfragen und auf Fragen in der Fragestunde des Deutschen Bundestages sollen dazu dienen, dem Bundestag und den einzelnen Abgeordneten die für ihre Tätigkeit nötigen Informationen auf rasche und zuverlässige Weise zu verschaffen. Die Bundesregierung schafft so mit ihren Antworten auf parlamentarische Anfragen die Voraussetzungen für eine sachgerechte Arbeit des Parlaments (vgl. zum Ganzen BVerfGE 13, 123 <125>; 57, 1 <5>; 105, 252 <270>; 105, 279 <306>; 124, 161 <187 ff.>; 137, 185 <230 f. Rn. 129>; 139, 194 <223 Rn. 104>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Juni 2017 - 2 BvE 1/15 -, juris, Rn. 85).

196

a) Das parlamentarische Regierungssystem wird auch durch die Kontrollfunktion des Parlaments geprägt. Die parlamentarische Kontrolle von Regierung und Verwaltung verwirklicht den Grundsatz der Gewaltenteilung, der für das Grundgesetz ein tragendes Funktions- und Organisationsprinzip darstellt. Der Gewaltenteilungsgrundsatz zielt dabei nicht auf eine vollständige Trennung der Funktionen der Staatsgewalt, sondern auf die politische Machtverteilung, das Ineinandergreifen der drei Gewalten und die daraus resultierende gegenseitige Kontrolle und Begrenzung mit der Folge der Mäßigung der Staatsgewalt (vgl. BVerfGE 3, 225 <247>; 7, 183 <188>; 9, 268 <279>; 22, 106 <111>; 34, 52 <59>; 95, 1 <15>; 137, 185 <231 Rn. 130>; 139, 194 <223 f. Rn. 105>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Juni 2017 - 2 BvE 1/15 -, juris, Rn. 86). Er gebietet gerade im Hinblick auf die starke Stellung der Regierung, zumal wegen mangelnder Eingriffsmöglichkeiten des Parlaments in den der Exekutive zukommenden Bereich unmittelbarer Handlungsinitiative und Gesetzesanwendung, eine Auslegung des Grundgesetzes dahin, dass parlamentarische Kontrolle auch tatsächlich wirksam werden kann. Ohne Beteiligung am Wissen der Regierung kann das Parlament sein Kontrollrecht gegenüber der Regierung nicht ausüben. Daher kommt dem parlamentarischen Informationsinteresse besonders hohes Gewicht zu, soweit es um die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße und vergleichbarer Missstände innerhalb von Regierung und Verwaltung geht (vgl. BVerfGE 67, 100 <130>; 110, 199 <219, 222>; 124, 78 <121>; 137, 185 <231 f. Rn. 130>; 139, 194 <223 f. Rn. 105>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Juni 2017 - 2 BvE 1/15 -, juris, Rn. 86).

197

Die Kontrollfunktion ist zugleich Ausdruck der aus dem Demokratieprinzip folgenden Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber dem Parlament. Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG gestaltet den Grundsatz der Volkssouveränität aus. Er legt fest, dass das Volk die Staatsgewalt, deren Träger es ist, außer durch Wahlen und Abstimmungen durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausübt. Das setzt voraus, dass das Volk einen effektiven Einfluss auf die Ausübung der Staatsgewalt durch diese Organe hat. Deren Akte müssen sich auf den Willen des Volkes zurückführen lassen und ihm gegenüber verantwortet werden (vgl. BVerfGE 83, 60 <72>; 93, 37 <66>; 130, 76 <123>; 137, 185 <232 Rn. 131>; 139, 194 <224 Rn. 106>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Juni 2017 - 2 BvE 1/15 -, juris, Rn. 87).

198

Dieser Zurechnungszusammenhang zwischen Volk und staatlicher Herrschaft wird außer durch die Wahl des Parlaments, die vom Parlament beschlossenen Gesetze als Maßstab der vollziehenden Gewalt und die grundsätzliche Weisungsgebundenheit der Verwaltung gegenüber der Regierung auch durch den parlamentarischen Einfluss auf die Politik der Regierung hergestellt. Das "Ausgehen" der Staatsgewalt vom Volk muss für das Volk wie auch für die Staatsorgane jeweils konkret erfahrbar und praktisch wirksam sein. Es muss ein hinreichender Gehalt an demokratischer Legitimation erreicht werden, ein bestimmtes Legitimationsniveau (vgl. BVerfGE 83, 60 <72>; 93, 37 <67>; 107, 59 <87>; 130, 76 <124>; 137, 185 <232 Rn. 131>; 139, 194 <224 f. Rn. 107>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Juni 2017 - 2 BvE 1/15 -, juris, Rn. 87). Nur das vom Volk gewählte Parlament kann den Organ- und Funktionsträgern der Verwaltung auf allen ihren Ebenen demokratische Legitimation vermitteln. Im Fall der nicht durch unmittelbare Volkswahl legitimierten Amtswalter und Organe setzt die demokratische Legitimation der Ausübung von Staatsgewalt regelmäßig voraus, dass sich die Bestellung der Amtsträger auf das Staatsvolk zurückführen lässt und ihr Handeln eine ausreichende sachlich-inhaltliche Legitimation erfährt. In personeller Hinsicht ist eine hoheitliche Entscheidung demokratisch legitimiert, wenn sich die Bestellung desjenigen, der sie trifft, durch eine ununterbrochene Legitimationskette auf das Staatsvolk zurückführen lässt. Die sachlich-inhaltliche Legitimation wird durch Gesetzesbindung und Bindung an Aufträge und Weisungen der Regierung vermittelt. Letztere entfaltet Legitimationswirkung aufgrund der Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber der Volksvertretung (vgl. BVerfGE 93, 37 <67 f.>; 107, 59 <87 f.>; 130, 76 <124>; 137, 185 <232 f. Rn. 131>; 139, 194 <225 Rn. 107>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Juni 2017 - 2 BvE 1/15 -, juris, Rn. 87).

199

Geheimhaltung gegenüber dem Parlament beschränkt die parlamentarischen Kontrollmöglichkeiten und kann deshalb den notwendigen demokratischen Legitimationszusammenhang beeinträchtigen oder unterbrechen (vgl. BVerfGE 130, 76 <128>; 137, 185 <233 Rn. 132>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Juni 2017 - 2 BvE 1/15 -, juris, Rn. 88).

200

b) Der parlamentarische Informationsanspruch ist auf Beantwortung gestellter Fragen in der Öffentlichkeit angelegt (vgl. BVerfGE 124, 161 <193>). Verhandeln von Argument und Gegenargument, öffentliche Debatte und öffentliche Diskussion sind wesentliche Elemente des demokratischen Parlamentarismus (vgl. BVerfGE 70, 324 <355>; vgl. auch BVerfGE 130, 318 <344>; siehe ferner BVerfGE 84, 304 <329>).

201

Das im parlamentarischen Verfahren gewährleistete Maß an Öffentlichkeit der Auseinandersetzung und Entscheidungssuche eröffnet nicht nur Möglichkeiten eines Ausgleichs widerstreitender Interessen, die bei einem weniger transparenten Verfahren sich so nicht ergäben (vgl. BVerfGE 70, 324 <355> unter Verweis auf BVerfGE 40, 237 <249>). Der Grundsatz der Parlamentsöffentlichkeit ermöglicht auch die Kontrolle durch die Bürger und dient damit der effektiven Verantwortlichkeit des Parlaments gegenüber dem Wähler (vgl. BVerfGE 125, 104 <124>; 130, 318 <344>). Diese parlamentarische Verantwortung gegenüber den Wählern ist ein zentraler Mechanismus des effektiven Einflusses des Volkes auf die Ausübung der Staatsgewalt (vgl. BVerfGE 83, 60 <71 f.>; 93, 37 <66>). Eine verantwortliche Teilhabe der Bürger an der politischen Willensbildung des Volkes setzt voraus, dass der Einzelne von den zu entscheidenden Sachfragen, von den durch die verfassten Staatsorgane getroffenen Entscheidungen, Maßnahmen und Lösungsvorschlägen genügend weiß, um sie beurteilen, billigen oder verwerfen zu können (vgl. BVerfGE 44, 125 <147>).

202

Gegebenenfalls sind allerdings Formen der Informationsvermittlung zu suchen, die geeignet sind, das Informationsinteresse des Parlaments unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen der Regierung zu befriedigen (vgl. BVerfGE 124, 161 <193>). Auch Grundrechte Betroffener können die Prüfung gebieten, ob eine öffentliche Erörterung gerechtfertigt ist oder ob die Grundrechte bestimmte Vorkehrungen parlamentarischer Geheimhaltung erfordern (vgl. BVerfGE 77, 1 <47>; 124, 78 <125>).

203

aa) So ist die Übernahme von Aufgaben des Plenums durch geheim tagende parlamentarische Untergremien in bestimmten Fällen möglich (vgl. BVerfGE 70, 324 <364>; 130, 318 <359 ff.>), allerdings muss dies auf wenige Ausnahmen mit eng begrenztem Anwendungsbereich beschränkt bleiben und zwingend erforderlich sein (vgl. BVerfGE 130, 318 <360>).

204

Es ist zu beachten, dass der Deutsche Bundestag seine Repräsentationsfunktion grundsätzlich in seiner Gesamtheit durch die Mitwirkung aller seiner Mitglieder wahrnimmt (BVerfGE 130, 318 <342>; vgl. auch schon BVerfGE 44, 308 <316>; 56, 396 <405>; 80, 188 <218>; ferner BVerfGE 131, 230 <235>). Daher ist jeder Abgeordnete berufen, an der Arbeit des Bundestages, seinen Verhandlungen und Entscheidungen teilzunehmen (vgl. BVerfGE 130, 318 <342>). Soweit Abgeordnete durch die Übertragung von Entscheidungsbefugnissen auf einen beschließenden Ausschuss von der Mitwirkung an der parlamentarischen Entscheidungsfindung ausgeschlossen werden, ist dies nur zum Schutz anderer Rechtsgüter mit Verfassungsrang und unter strikter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulässig (vgl. BVerfGE 131, 230 <235>). Es bedarf eines besonderen Grundes, der durch die Verfassung legitimiert und von einem Gewicht ist, das der Gleichheit der Abgeordneten die Waage halten kann (vgl. BVerfGE 131, 230 <235>; 137, 185 <241 f. Rn. 151>).

205

Überträgt der Deutsche Bundestag zur Wahrung anderer Rechtsgüter von Verfassungsrang einem von ihm aufgrund seiner Selbstorganisationsbefugnis eingerichteten Ausschuss oder einem anderen Untergremium einzelne der von ihm zu erfüllenden Aufgaben zur selbständigen und plenarersetzenden Wahrnehmung und bestehen dafür Gründe, die dem Gebot der gleichberechtigten Mitwirkung aller Abgeordneten die Waage halten, darf die Beschränkung der Statusrechte der gewählten Abgeordneten und die damit verbundene Ungleichbehandlung nicht weiter reichen, als dies unbedingt erforderlich ist (vgl. BVerfGE 130, 318 <353>). Auch Belange des Geheimschutzes im Interesse verfassungsrechtlich geschützter Güter sind als zwingende Gründe des Staatswohls grundsätzlich geeignet, die Einschränkung von Statusrechten der Abgeordneten zu rechtfertigen (vgl. BVerfGE 70, 324 <358 f.>; 130, 318 <359>; vgl. auch BVerfGE 131, 230 <235>). Die Staatspraxis kennt das aus elf Abgeordneten gebildete Parlamentarische Kontrollgremium, das unter anderem die nachrichtendienstliche Tätigkeit überwacht (BVerfGE 130, 318 <359>). Zudem hat es das Bundesverfassungsgericht gebilligt, dass über die Wirtschaftspläne der Geheimdienste des Bundes nicht das Plenum, sondern ein wesentlich kleineres, geheim verhandelndes und ausschließlich zu diesem Zwecke gebildetes Gremium berät, weil aus der Vielzahl der Informationen, die bei der Beratung bekannt werden, mosaikartig auch ein Bild von den konkreten Operationen der Geheimdienste gewonnen werden und dies darüber hinaus zur Gefährdung von Personen führen kann (BVerfGE 70, 324 <364>). Ebenso wie bei militärischen Geheimnissen oder sonstigen aus Gründen des Staatsschutzes geheim zu haltenden Informationen kann die Geheimschutzordnung möglicherweise auch dann keine ausreichende Vorsorge bieten, wenn über Maßnahmen entschieden werden muss, bei denen nicht nur der Inhalt der Beratung, sondern auch die Tatsache der Beratung und der Beschlussfassung an sich geheim gehalten werden müssen, um den Erfolg einer Maßnahme nicht von vornherein unmöglich zu machen (vgl. BVerfGE 130, 318 <362>; 137, 185 <242 f. Rn. 152>).

206

bb) Auch die Beantwortung parlamentarischer Anfragen unter Anwendung der Geheimschutzordnung kann geeignet sein, als milderes Mittel einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Fragerecht der Abgeordneten und konfligierenden Rechtsgütern zu schaffen.

207

Das Bundesverfassungsgericht erkennt die Anwendung der Geheimschutzordnung grundsätzlich als ein taugliches Instrument des Ausgleichs zwischen exekutivem Geheimhaltungsinteresse und parlamentarischem Informationsinteresse an (vgl. BVerfGE 67, 100 <135>; 70, 324 <359>; 124, 78 <124 f.>; 130, 318 <362>; 131, 152 <208>; 137, 185 <264 Rn. 199>; 143, 101 <143 Rn. 139>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Juni 2017 - 2 BvE 1/15 -, juris, Rn. 97). Diese Geheimschutzbestimmungen sind Ausdruck der Tatsache, dass das Parlament ohne eine Beteiligung am geheimen Wissen der Regierung weder das Gesetzgebungsrecht noch das Haushaltsrecht noch das parlamentarische Kontrollrecht gegenüber der Regierung auszuüben vermöchte (vgl. BVerfGE 143, 101 <143 Rn. 139>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Juni 2017 - 2 BvE 1/15 -, juris, Rn. 98).

208

Eine systematische Gesamtschau einer Reihe von Grundgesetzbestimmungen - etwa Art. 42 Abs. 1 Satz 2, Art. 44 Abs. 1 Satz 2, Art. 45a Abs. 3 und Art. 53a GG - zeigt, dass der Ausschluss der Öffentlichkeit in der Verfassung als eine Möglichkeit zur Wahrung von Geheimschutzinteressen unter gleichzeitiger Einbeziehung des Parlaments angelegt ist. Die Anwendung der Geheimschutzordnung konfligiert allerdings mit der Öffentlichkeitsfunktion des Parlaments. Die genannten Ausnahmevorschriften ändern nichts daran, dass die Öffentlichkeit der Beratungen nach Art. 42 Abs. 1 GG für die parlamentarische Entscheidungsfindung grundsätzlich unverzichtbar ist. Die Informationsrechte des Parlaments dürfen nicht dazu führen, dass sich über den parlamentarischen Geheimnisschutz die Arbeits- und Funktionsweise des Parlaments in den wichtigen Bereichen grundlegend verschiebt und diese spezifische Öffentlichkeitsfunktion ausgeblendet wird (vgl. BVerfGE 137, 185 <264 Rn. 199>).

209

Eine unter Bedingungen der Geheimschutzordnung erlangte Information können die Parlamentarier nicht in den öffentlichen Meinungsbildungsprozess überspielen. Wenn das Parlament unter Anwendung der Geheimschutzordnung informiert wird, ist daher zwar formal der Zurechnungszusammenhang zwischen Regierung und Parlament gewahrt. Der weitere Verantwortungszusammenhang zum Volk ist unterbrochen. Der Wahlvorgang sichert die Kontrolle des Volkes über die Benutzung der Macht durch die politische Mehrheit (BVerfGE 5, 85 <199>). Ohne die entsprechende Information kann die Wählerschaft weder das Handeln der Regierung noch die parlamentarische Reaktion auf die erlangte Information zur Kenntnis nehmen und bewerten. Beides ist aber für die demokratische Legitimation durch den Wahlakt essentiell (vgl. BVerfGE 137, 185 <264 Rn. 200>).

210

Aber auch im Verhältnis zwischen Regierung und Parlament wird der Kontrollzusammenhang durch die Anwendung der Geheimschutzordnung abgeschwächt. Öffentlichkeit ist essentiell für die Ausübung der Kontrollfunktion des Parlaments. Während die zur Vorbereitung von Gesetzgebung begehrten Informationen dem Parlament auch dann den gewünschten Sachverstand verschaffen und damit ihren Zweck erfüllen, wenn sie nicht öffentlich sind, verhält es sich mit Informationen zum Zweck der politischen oder der Rechtskontrolle anders. In der politischen Realität ist das Fragerecht in seiner Kontrolldimension ganz überwiegend ein Mittel der Opposition, welches zu seiner Wirksamkeit grundsätzlich auf Öffentlichkeit angewiesen ist. Fällt das Öffentlichkeitselement weg, so scheidet in der Praxis zumindest eine sanktionierende Kontrolle aus (vgl. BVerfGE 137, 185 <264 f. Rn. 201>).

211

2. Der Informationsanspruch des Deutschen Bundestages und der einzelnen Abgeordneten besteht gleichwohl nicht grenzenlos.

212

a) Das verfassungsrechtlich garantierte parlamentarische Frage- und Informationsrecht unterliegt Grenzen, die, auch soweit sie einfachgesetzlich geregelt sind, ihren Grund im Verfassungsrecht haben müssen (vgl. BVerfGE 124, 78 <118>; 143, 101 <135 Rn. 111> zum Beweiserhebungsrecht eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses).

213

Die vertraglich vereinbarten oder einfachgesetzlichen Verschwiegenheitsregelungen des Kreditwesengesetzes oder Aktiengesetzes sind daher für sich genommen nicht geeignet, das Frage- und Informationsrecht zu beschränken. Dies gilt auch für die Richtlinien, die der Deutsche Bundestag selbst in seinem Geschäftsordnungsrecht für parlamentarische Anfragen zu öffentlichen Unternehmen in Privatrechtsform erlassen hat. Einfachgesetzliche Regelungen können aber insoweit von Relevanz sein, als sie einen sich möglicherweise innerhalb des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers bewegenden Ausgleich konfligierender (Verfassungs-)Rechte darstellen.

214

b) Da das Interpellationsrecht aus der Kontrollfunktion des Parlaments herrührt und zugleich Ausdruck der aus dem Demokratieprinzip folgenden Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber dem Parlament ist, kann sich der Informationsanspruch des Bundestages und der einzelnen Abgeordneten von vornherein nicht auf Angelegenheiten beziehen, die nicht in die Zuständigkeit der Bundesregierung fallen. Insoweit fehlt es an einer Verantwortlichkeit der Bundesregierung gegenüber dem Deutschen Bundestag (vgl. BVerfGE 124, 161 <189, 196>; 137, 185 <233 Rn. 134>; 139, 194 <225 Rn. 107>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Juni 2017 - 2 BvE 1/15 -, juris, Rn. 90).

215

aa) Dem Verantwortungsbereich der Bundesregierung unterfällt die Tätigkeit der ihr unmittelbar nachgeordneten Behörden einschließlich der diesen von Dritten zur Verfügung gestellten Informationen, wenn und soweit sie für Entscheidungen oder sonstige Verwaltungsvorgänge relevant sind (vgl. BVerfGE 124, 161 <196 f.> zum Bundesamt für Verfassungsschutz; vgl. BVerfGE 139, 194 <225 ff. Rn. 108 ff.> zur Bundespolizei; vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Juni 2017 - 2 BvE 1/15 -, juris, Rn. 90 zu den Nachrichtendiensten des Bundes). Der Verantwortungsbereich der Bundesregierung umfasst demnach nicht nur das Regierungshandeln im engeren Sinn, sondern darüber hinaus auch die Regierungsverantwortung. Erfasst sind sowohl die von der Regierung selbst wahrgenommenen Aufgaben als auch der von ihr verantwortete Aufgabenbereich, mithin der Aufgabenbereich nachgeordneter Behörden (vgl. Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Entscheidung vom 26. Juli 2006 - Vf. 11-IVa-05 -, juris, Rn. 421 ff.; ebenso Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Entscheidung vom 20. März 2014 - Vf. 72-IVa-12 -, juris, Rn. 70 ff. zur Verantwortlichkeit der bayerischen Staatsregierung für die Tätigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz; Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19. August 2008 - 7/07 -, juris, Rn. 246).

216

bb) Die Tätigkeiten von mehrheitlich oder vollständig in der Hand des Bundes befindlichen Unternehmen in Privatrechtsform unterfallen ebenfalls dem Verantwortungsbereich der Bundesregierung.

217

(1) Dies ergibt sich aus der Legitimationsbedürftigkeit erwerbswirtschaftlicher Betätigung der öffentlichen Hand. Da das parlamentarische Fragerecht in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch als Instrument und Erfordernis der effektiven Herstellung demokratischer Legitimation angesehen wird, ist der Begriff der Verantwortlichkeit der Bundesregierung im Kontext demokratischer Legitimation zu verstehen.

218

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedarf alles amtliche Handeln mit Entscheidungscharakter der demokratischen Legitimation. Es muss sich auf den Willen des Volkes zurückführen lassen und ihm gegenüber verantwortet werden (vgl. BVerfGE 77, 1 <40>; 83, 60 <72>; 93, 37 <66>; 107, 59 <87>; 130, 76 <123>).

219

Ein solcher demokratischer Legitimationszusammenhang ist auch dann erforderlich, wenn sich der Staat bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben eines - vollständig oder mehrheitlich - in staatlicher Hand befindlichen Unternehmens in Privatrechtsform bedient. Die Mitglieder des Vertretungsorgans eines privatrechtlichen Unternehmens, an dem der Staat mehrheitlich beteiligt ist, unterliegen hinsichtlich ihrer Unternehmensführung besonderer Beobachtung der öffentlichen Hand, denn diese hat dem Volk gegenüber auch eine Mehrheitsbeteiligung an einem privatrechtlichen Unternehmen zu verantworten. Es ist Aufgabe des Parlaments, die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Regierung auch hinsichtlich der Betätigung der öffentlichen Hand im Rahmen ihrer Beteiligung an privatwirtschaftlichen Unternehmen zu kontrollieren (vgl. BVerfGE 98, 145 <162 f.>).

220

(2) Bei der Aufgabenwahrnehmung in privatrechtlichen Organisationsformen ist die Verantwortlichkeit der Regierung nicht auf die ihr gesetzlich eingeräumten Einwirkungs- und Kontrollrechte beschränkt. Die Reichweite des Fragerechts kann nicht mit der Reichweite bestehender Ingerenzbefugnisse oder mit dem bestimmenden Einfluss der Regierung gleichgesetzt werden. Die Regierung ist dem Parlament nicht nur für ihre Amtsführung im Sinne einer Rechenschafts- und Einstandspflicht für eigenes Handeln verantwortlich (so aber Landesverfassungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17. Januar 2000 - 6/99 -, NVwZ 2000, S. 671 <672>; Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Entscheidung vom 26. Juli 2006 - Vf. 11-IVa-05 -, juris, Rn. 421 ff.; Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen, Beschluss vom 5. November 2009 - 133-I-08 -, juris, Rn. 107 ff.).

221

Zwar kann die in eine ununterbrochene Legitimationskette eingebundene Ministerialverwaltung dem jeweiligen öffentlichen oder gemischtwirtschaftlichen Unternehmen demokratische Legitimation nur vermitteln, wenn sie auf dessen Tätigkeit Einfluss hat. Aus dem Erfordernis demokratischer Legitimation staatlichen Handelns (Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG) folgt daher eine Pflicht des Staates, sich hinreichende Einwirkungsrechte auf das Unternehmen vorzubehalten (vgl. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, 1984, S. 129 ff.; Dreier, Hierarchische Verwaltung im demokratischen Staat - Genese, aktuelle Bedeutung und funktionelle Grenzen eines Bauprinzips der Exekutive, 1991, S. 258 f.; Gersdorf, Öffentliche Unternehmen im Spannungsfeld zwischen Demokratie- und Wirtschaftlichkeitsprinzip - Eine Studie zur verfassungsrechtlichen Legitimation der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand, 2000, S. 171 ff., 225 ff.; vgl. auch schon Ipsen, JZ 1955, S. 593 <598 f.>).

222

Die Art der erforderlichen Einwirkungsrechte ist damit aber nicht vorgegeben. Demokratische Legitimation kann sowohl organisatorisch-personell, also durch eine ununterbrochene, auf das Volk zurückzuführende Legitimationskette für die mit der Wahrnehmung staatlicher Angelegenheiten betrauten Amtswalter, als auch sachlich-inhaltlich über eine strikte Bindung an die von der Volksvertretung erlassenen Gesetze oder durch eine sanktionierte demokratische Verantwortlichkeit, einschließlich der dazugehörigen Kontrolle, für die Wahrnehmung der zugewiesenen Aufgaben hergestellt werden. Insgesamt muss ein hinreichender Gehalt an demokratischer Legitimation erreicht werden, ein bestimmtes Legitimationsniveau (vgl. BVerfGE 83, 60 <72>; 93, 37 <67>; 107, 59 <87>; 130, 76 <124>; 137, 185 <232 f. Rn. 131>; 139, 194 <224 f. Rn. 107>).

223

Das erreichte Maß an demokratischer Legitimation bei Aktiengesellschaften, bei denen der Bund Alleineigentümer ist, hängt sowohl von der Auswahl, Bestellung und Abberufung der entsandten Vertreter (organisatorisch-personelle Legitimation) als auch von den diese treffenden Berichtspflichten und ihrer Weisungsgebundenheit (sachlich-inhaltliche Legitimation) ab.

224

Die Mitglieder des Vorstandes werden vom Aufsichtsrat bestellt. Die Mitglieder des Aufsichtsrats werden wiederum durch die mit Vertretern des Bundes besetzte Hauptversammlung gewählt oder durch den Bund entsandt (§ 101 Abs. 2 AktG) und damit allein nach dem Willen der Bundesregierung bestellt. Damit besitzen die Mitglieder des Vorstandes einer solchen Aktiengesellschaft nach den für die funktionale Selbstverwaltung entwickelten Kriterien in personeller Hinsicht die volle demokratische Legitimation, weil sie - gemäß dem "Prinzip der doppelten Mehrheit" - vom Aufsichtsrat bestellt werden (vgl. BVerfGE 107, 59 <88>), der seinerseits mehrheitlich mit Vertretern besetzt ist, die vom Bund als Alleinaktionär in der Hauptversammlung bestimmt worden sind. Besonders augenfällig ist die personelle Legitimation, wenn hohe Regierungsbeamte in den Aufsichtsrat entsandt werden.

225

Hinzu kommen - wenn auch beschränkte - Prüfungs- und Aufsichtsrechte des vom Bund personell beherrschten Aufsichtsrats (§ 111 AktG), wobei die Aufsichtsratsmitglieder, die auf Veranlassung einer Gebietskörperschaft in den Aufsichtsrat gewählt oder entsandt worden sind, gemäß § 394 AktG - bei Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen im Rahmen des Berichtszwecks - frei sind, (jedenfalls) den die Beteiligung verwaltenden Stellen der Ministerialverwaltung (vgl. § 395 Abs. 1 AktG) zu berichten. Zwar trifft es zu, dass die Mitglieder des Aufsichtsrates dem Interesse der Gesellschaft verpflichtet sind und im Grundsatz ohne Bindung an Weisungen agieren müssen (vgl. zum aktienrechtlichen Grundsatz BGHZ 36, 296 <306>; BGHZ 169, 98 <106 Rn. 18>; Habersack, in: Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 4. Aufl. 2014, § 111 Rn. 136 ff. m.w.N.). Die Wahl privater Unternehmensformen für die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben kann daher zu einem Kontroll-, Steuerungs- und Legitimationsdefizit führen. Dies bedeutet aber nicht, dass das Gesellschaftsrecht an die Steuerungsbedürfnisse des Staates als Anteilseigner anzupassen ist, sondern dass dieser selbst die Rechtsform für die ihm obliegende Aufgabenwahrnehmung zu wählen hat, die die erforderlichen Einwirkungsmöglichkeiten gewährleistet. Reichen die gesellschaftsrechtlichen Einwirkungsrechte nicht aus, um eine parlamentarische Verantwortlichkeit der Regierung für die Geschäftstätigkeit einer vollständig vom Bund gehaltenen Aktiengesellschaft sicherzustellen, beschränkt sich der verfassungsrechtliche Verantwortungsbereich der Regierung nicht etwa auf die Ausübung der gesellschaftsrechtlichen Befugnisse, die der Regierung aufgrund der Aktionärsstellung des Bundes zustehen, oder auf die Wahrnehmung einer etwaigen Gewährleistungsverantwortung. Wo - wie im Bereich funktionaler Selbstverwaltung, aber auch mit Blick auf öffentliche Unternehmen - die Möglichkeiten der Einflussnahme hinter dem fachaufsichtlichen Instrumentarium aus umfassenden Informations- und unbeschränkten Weisungsrechten zurückbleiben, kann sich die Regierung nicht ihrer Verantwortung begeben.

226

Auf die Frage, ob der Legitimationszusammenhang dann den Anforderungen des Demokratieprinzips genügt, kommt es nicht an. Denn eine parlamentarische Verantwortlichkeit der Regierung und damit eine Antwortpflicht bleibt - ähnlich wie bei Handlungen jenseits der rechtlichen (Zuständigkeits-)Grenzen - auch bei einer defizitären Legitimationskette bestehen.

227

c) Weitere Grenzen des Auskunftsanspruchs ergeben sich aus dem Gewaltenteilungsgrundsatz (vgl. BVerfGE 67, 100 <139>; 110, 199 <214>; 124, 78 <120>; 131, 152 <206>; 137, 185 <233 Rn. 135 ff.>; 143, 101 <136 Rn. 117>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Juni 2017 - 2 BvE 1/15 -, juris, Rn. 91).

228

Der Grundsatz der Gewaltenteilung zielt auf Machtverteilung und die sich daraus ergebende Mäßigung staatlicher Herrschaft. In seiner grundgesetzlichen Ausformung als Gebot der Unterscheidung zwischen gesetzgebender, vollziehender und rechtsprechender Gewalt (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) dient er zugleich einer funktionsgerechten Zuordnung hoheitlicher Befugnisse zu unterschiedlichen, jeweils aufgabenspezifisch ausgeformten Trägern öffentlicher Gewalt und sichert die rechtliche Bindung aller Staatsgewalt (Art. 20 Abs. 3 GG) (vgl. BVerfGE 124, 78 <120>; 137, 185 <233 Rn. 135>). In der Verfassungsordnung des Grundgesetzes ist die Teilung der Gewalten nicht als absolute Trennung realisiert und geboten. Die Zweige der Staatsgewalt sind aufeinander bezogen und miteinander verschränkt, dürfen aber ihrer jeweiligen Eigenheit und ihrer spezifischen Aufgaben und Zuständigkeiten nicht beraubt werden (vgl. BVerfGE 9, 268 <279 f.>; stRspr). Das Gewaltenteilungsprinzip ist damit zugleich Grund und Grenze des Informationsanspruchs des Parlaments gegenüber der Regierung (vgl. BVerfGE 110, 199 <219>; 124, 78 <122>; 137, 185 <233 Rn. 135>; 143, 101 <136 f. Rn. 118>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Juni 2017 - 2 BvE 1/15 -, juris, Rn. 91).

229

Die Verantwortung der Regierung gegenüber Parlament und Volk setzt notwendigerweise einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung voraus, der einen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich einschließt. Dazu gehört zunächst die Willensbildung der Regierung selbst, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, die sich vornehmlich in ressortübergreifenden und -internen Abstimmungsprozessen vollzieht (vgl. BVerfGE 67, 100 <139>; 110, 199 <214, 222>; 124, 78 <120>; 137, 185 <234 Rn. 136>; 143, 101 <137 Rn. 119>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Juni 2017 - 2 BvE 1/15 -, juris, Rn. 92). Bei dem einer konkreten Positionierung vorgelagerten Willensbildungsprozess der Bundesregierung handelt es sich um einen von verschiedenen innen- und außenpolitischen sowie innerorganschaftlichen Belangen, Erwägungen und Entwicklungen abhängigen Vorgang, der den Bereich der Bundesregierung noch nicht verlässt und über den der Bundestag von Verfassungs wegen grundsätzlich (noch) nicht zu informieren ist (BVerfGE 137, 185 <235 Rn. 136> mit Verweis auf BVerfGE 131, 152 <206>). Eine Pflicht der Regierung, parlamentarischen Informationswünschen zu entsprechen, besteht danach in der Regel nicht, wenn die Information zu einem Mitregieren Dritter bei Entscheidungen führen kann, die in der alleinigen Kompetenz der Regierung liegen. Diese Gefahr besteht bei Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen regelmäßig, solange die Entscheidung noch nicht getroffen ist. Die Kontrollkompetenz des Bundestages erstreckt sich demnach grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge; sie enthält nicht die Befugnis, in laufende Verhandlungen und Entscheidungsvorbereitungen einzugreifen (vgl. BVerfGE 143, 101 <137 Rn. 120>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Juni 2017 - 2 BvE 1/15 -, juris, Rn. 93).

230

Der aus dem Gewaltenteilungsprinzip folgende Schutz vor Eingriffen in den Bereich exekutiver Entscheidungsvorbereitung erschöpft sich jedoch nicht in dieser Abschirmung gegen unmittelbare Eingriffe in die autonome Kompetenzausübung der Regierung, sondern wirkt über den Zeitpunkt einer Entscheidung hinaus (vgl. BVerfGE 143, 101 <137 Rn. 121>). Zwar scheiden parlamentarische Informationsrechte in Bezug auf abgeschlossene Vorgänge nicht grundsätzlich immer dann aus, wenn es sich um Akte aus dem Bereich der Willensbildung der Regierung, einschließlich der vorbereitenden Willensbildung innerhalb der Ressorts und der Abstimmung zwischen ihnen handelt; grundsätzlich können auch Informationen aus dem Bereich der regierungsinternen Willensbildung dem parlamentarischen Zugriff unterliegen (vgl. BVerfGE 137, 185 <249 Rn. 168>).

231

Allerdings würde ein - sei es auch erst nach Abschluss des jeweiligen Entscheidungsprozesses einsetzender - schrankenloser parlamentarischer Anspruch auf Informationen aus diesem Bereich vor allem durch seine einengenden Vorwirkungen die Regierung in der selbständigen Funktion beeinträchtigen, die das Gewaltenteilungsprinzip ihr zuweist (vgl. BVerfGE 110, 199 <215>; 124, 78 <121>). Informationen aus dem Vorfeld von Regierungsentscheidungen sind danach zwar nach Abschluss der jeweiligen Entscheidung nicht mehr im selben Maße geschützt wie in der Phase, in der die Kenntnisnahme Dritter diesen einen unmittelbaren Einfluss auf die Entscheidung verschaffen würde (vgl. BVerfGE 137, 185 <249 f. Rn. 169>). Jedoch sind auch bei abgeschlossenen Vorgängen Fälle möglich, in denen die Regierung geheim zu haltende Tatsachen aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung mitzuteilen nicht verpflichtet ist (vgl. BVerfGE 67, 100 <139>; 110, 199 <216>; 124, 78 <121>; 137, 185 <250 Rn. 169>). Die Grenzen des parlamentarischen Informationsanspruchs lassen sich in Bezug auf abgeschlossene Vorgänge nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände feststellen (vgl. BVerfGE 110, 199 <219>; 124, 78 <122>; 137, 185 <250 Rn. 169>). Die Notwendigkeit, hier zwischen gegenläufigen Belangen abzuwägen, entspricht der doppelten Funktion des Gewaltenteilungsgrundsatzes als Grund und Grenze parlamentarischer Kontrollrechte (vgl. BVerfGE 110, 199 <219>; 124, 78 <122>; 137, 185 <250 Rn. 169>). In ihr kommt zum Ausdruck, dass die parlamentarische Kontrolle der Regierung einerseits gerade dazu bestimmt ist, eine demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechende Ausübung der Regierungsfunktion sicherzustellen, andererseits aber diese Funktion auch stören kann und daher der Begrenzung auf ein funktionsverträgliches Maß bedarf (vgl. BVerfGE 110, 199 <219>; 124, 78 <122>; 137, 185 <250 Rn. 169>).

232

Als funktioneller Belang fällt bei abgeschlossenen Vorgängen nicht mehr die Entscheidungsautonomie der Regierung, sondern vor allem die Freiheit und Offenheit der Willensbildung innerhalb der Regierung ins Gewicht. Unter diesem Aspekt sind Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen, die Aufschluss über den Prozess der Willensbildung geben, umso schutzwürdiger, je näher sie der gubernativen Entscheidung stehen (vgl. BVerfGE 110, 199 <221>; 124, 78 <122 f.>; 137, 185 <250 Rn. 170>).

233

d) Ferner können das Fragerecht der Abgeordneten und die Antwortpflicht der Bundesregierung dadurch begrenzt sein, dass diese gemäß Art. 1 Abs. 3 GG die Grundrechte zu beachten haben (vgl. BVerfGE 67, 100 <142>; 76, 363 <387>; 77, 1 <46>; 124, 78 <125>; 137, 185 <243 Rn. 153>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Juni 2017 - 2 BvE 1/15 -, juris, Rn. 100).

234

aa) Werden Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse durch den Staat offen gelegt oder verlangt er deren Offenlegung, so ist Art. 12 Abs. 1 GG in seinem Schutzbereich berührt (vgl. BVerfGE 115, 205 <230>; 128, 1 <56>; 137, 185 <243 Rn. 154>). Dabei ist das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 19 Abs. 3 GG auch auf juristische Personen anwendbar, soweit sie eine Erwerbszwecken dienende Tätigkeit ausüben, die ihrem Wesen und ihrer Art nach in gleicher Weise einer juristischen wie einer natürlichen Person offen steht (vgl. BVerfGE 50, 290 <363>; 115, 205 <229>; 137, 185 <243 Rn. 154>; stRspr).

235

Das Freiheitsrecht des Art. 12 Abs. 1 GG schützt das berufsbezogene Verhalten einzelner Personen oder Unternehmen am Markt. Erfolgt die unternehmerische Tätigkeit nach den Grundsätzen des Wettbewerbs, wird die Reichweite des Freiheitsschutzes auch durch die rechtlichen Regeln mitbestimmt, die den Wettbewerb ermöglichen und begrenzen (vgl. BVerfGE 105, 252 <265>; 115, 205 <229>; 137, 185 <243 Rn. 154>). Behindert eine den Wettbewerb beeinflussende staatliche Maßnahme eine juristische Person in ihrer beruflichen Tätigkeit, so stellt dies eine Beschränkung ihres Freiheitsrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG dar (vgl. BVerfGE 86, 28 <37>; 115, 205 <230>; 137, 185 <243 f. Rn. 154>). Denn durch eine Offenlegung kann die Ausschließlichkeit der Nutzung des betroffenen Wissens für den eigenen Erwerb beeinträchtigt werden. Wird exklusives wettbewerbserhebliches Wissen den Konkurrenten zugänglich, mindert dies die Möglichkeit, die Berufsausübung unter Rückgriff auf dieses Wissen erfolgreich zu gestalten. So können unternehmerische Strategien durchkreuzt werden. Auch kann ein Anreiz zu innovativem unternehmerischen Handeln entfallen, weil die Investitionskosten nicht eingebracht werden können, während gleichzeitig Dritte unter Einsparung solcher Kosten das innovativ erzeugte Wissen zur Grundlage ihres eigenen beruflichen Erfolgs in Konkurrenz mit dem Geheimnisträger nutzen (BVerfGE 115, 205 <230>; 137, 185 <244 Rn. 155>).

236

bb) Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gewährleistet die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (vgl. BVerfGE 65, 1 <43>; 78, 77 <84>; 84, 192 <194>; 96, 171 <181>; 103, 21 <32 f.>; 113, 29 <46>; 115, 320 <341>; 128, 1 <42>). Das Recht gewährt seinen Trägern insbesondere Schutz gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung oder Weitergabe der auf sie bezogenen, individualisierten oder individualisierbaren Daten (vgl. BVerfGE 65, 1 <43>; 67, 100 <143>; 84, 239 <279>; 103, 21 <33>; 115, 320 <341>; 128, 1 <42>). Ein Eingriff in dieses Recht liegt etwa vor, wenn die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag Auskunft über die Einkünfte von Bankmitarbeitern erteilt und diese dabei "bestimmbar" oder "identifizierbar" sind (vgl. BVerfGE 128, 1 <46>; BVerfGK 13, 336 <340>).

237

Juristische Personen sind über Art. 19 Abs. 3 GG ebenfalls Trägerinnen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, soweit es auf Art. 2 Abs. 1 GG gestützt ist (vgl. BVerfGE 118, 168 <202 f.>; 128, 1 <43>). Eine grundrechtlich erhebliche Gefährdungslage besteht allerdings nicht stets bereits deshalb, weil eine staatliche Stelle Kenntnisse erlangt, die einen Bezug zu einer bestimmten juristischen Person und ihrer Tätigkeit aufweisen (vgl. BVerfGE 118, 168 <204>). Die informationelle Maßnahme muss vielmehr die betroffene juristische Person einer Gefährdung hinsichtlich ihrer spezifischen Freiheitsausübung aussetzen (vgl. BVerfGE 118, 168 <204>).

238

cc) Inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts und juristische Personen des Privatrechts, die vollständig oder mehrheitlich vom Staat beherrscht werden, können sich nicht auf materielle Grundrechte berufen.

239

(1) Inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich nicht auf die materiellen Grundrechte berufen (vgl. BVerfGE 4, 27 <30>; 15, 256 <262>; 21, 362 <368 ff.>; 35, 263 <271>; 45, 63 <78>; 61, 82 <100 f.>; zuletzt BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 2821/11 u.a. -, juris, Rn. 187). Das Fehlen ihrer Grundrechtsfähigkeit hat das Bundesverfassungsgericht auf eine Reihe verschiedener, sich zum Teil ergänzender Gründe gestützt. So könne der nach Art. 1 Abs. 3 GG an die Grundrechte gebundene Staat nicht gleichzeitig Adressat und Berechtigter von Grundrechten sein (vgl. BVerfGE 15, 256 <262>; 21, 362 <369 f.>). Auch bei selbständigen öffentlich-rechtlichen Organisationseinheiten handele es sich, vom Menschen und Bürger als dem ursprünglichen Inhaber der Grundrechte her gesehen, jeweils nur um eine besondere Erscheinungsform der einheitlichen Staatsgewalt (vgl. BVerfGE 4, 27 <30>; 21, 362 <370>). Nur wenn die Bildung und Betätigung einer juristischen Person Ausdruck der freien Entfaltung von privaten, natürlichen Personen sei, wenn insbesondere der Durchgriff auf die hinter den juristischen Personen stehenden Menschen es als sinnvoll und erforderlich erscheinen lasse, sei es gerechtfertigt, juristische Personen als Grundrechtsinhaber anzusehen und sie kraft dessen auch in den Schutzbereich bestimmter materieller Grundrechte einzubeziehen (vgl. BVerfGE 21, 362 <369>; 61, 82 <101>; 68, 193 <206>). Die juristischen Personen öffentlichen Rechts stünden dem Staat bei Wahrnehmung ihrer öffentlichen Aufgaben nicht in der gleichen grundrechtstypischen Gefährdungslage gegenüber wie der einzelne Grundrechtsträger (vgl. BVerfGE 45, 63 <79>; 61, 82 <102>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 2821/11 u.a. -, juris, Rn. 188).

240

Abweichendes gilt für jene juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die unmittelbar einem durch bestimmte Grundrechte geschützten Lebensbereich zugeordnet sind oder ihm kraft ihrer Eigenart von vornherein zugehören, wie Rundfunkanstalten, Universitäten und deren Fakultäten (vgl. BVerfGE 31, 314 <321 f.>; 74, 297 <317 f.>; 93, 85 <93>; 107, 299 <309 f.>) oder Kirchen und sonstige öffentlich-rechtliche Weltanschauungsgemeinschaften (vgl. BVerfGE 19, 129 <132>; 30, 112 <119 f.>; 42, 312 <321 f.>; 70, 138 <160 f.>).

241

(2) Mit im Wesentlichen gleichen Erwägungen hat das Bundesverfassungsgericht auch juristischen Personen des Privatrechts, deren Anteile sich ausschließlich in den Händen des Staates befinden, die Grundrechtsfähigkeit im Hinblick auf materielle Grundrechte abgesprochen und sie der Grundrechtsbindung unterworfen, auch weil ansonsten die Frage der Grundrechtsfähigkeit der öffentlichen Hand in nicht geringem Umfang von der jeweiligen Organisationsform abhängig wäre (vgl. BVerfGE 45, 63 <79 f.>; 68, 193 <212 f.>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 2821/11 u.a. -, juris, Rn. 190). Entsprechendes gilt für sogenannte gemischtwirtschaftliche Unternehmen, sofern der Staat mehr als 50 % der Anteile an diesen juristischen Personen des Privatrechts hält (vgl. BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 2821/11 u.a. -, juris, Rn. 190; entsprechend zur Frage der Grundrechtsbindung BVerfGE 128, 226 <244, 246 f.>).

242

(a) Für öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, die vollständig im Eigentum der öffentlichen Hand stehen, ist anerkannt, dass die Grundrechtsbindung nicht nur den oder die Träger des jeweiligen Unternehmens trifft, sondern das Unternehmen selbst. Dies entspricht dem Charakter eines solchen Unternehmens als verselbständigter Handlungseinheit und stellt eine effektive Grundrechtsbindung unabhängig davon sicher, ob, wieweit und in welcher Form der oder die Eigentümer gesellschaftsrechtlich auf die Leitung der Geschäfte Einfluss nehmen können und wie - bei Unternehmen mit verschiedenen öffentlichen Anteilseignern - eine Koordination der Einflussrechte verschiedener öffentlicher Eigentümer zu gewährleisten wäre. Aktivitäten öffentlicher Unternehmen bleiben unabhängig von der Ausgestaltung der gesellschaftsrechtlichen Einflussrechte eine Form staatlicher Aufgabenwahrnehmung, bei der die Unternehmen selbst unmittelbar an die Grundrechte gebunden sind (vgl. BVerfGE 128, 226 <245 f.>).

243

(b) Nichts anderes hat für gemischtwirtschaftliche Unternehmen, an denen sowohl private als auch öffentliche Anteilseigner beteiligt sind, zu gelten, wenn diese von der öffentlichen Hand beherrscht werden (vgl. BVerfGE 128, 226 <246>). Auch bei gemischtwirtschaftlichen Unternehmen erfasst die Frage der Grundrechtsbindung das jeweilige Unternehmen insgesamt und kann nur einheitlich beantwortet werden. Sie sind gleichfalls als verselbständigte Handlungseinheiten tätig. Das Kriterium der Beherrschung mit seiner Anknüpfung an die eigentumsrechtlichen Mehrheitsverhältnisse stellt nicht auf konkrete Einwirkungsbefugnisse hinsichtlich der Geschäftsführung ab, sondern auf die Gesamtverantwortung für das jeweilige Unternehmen. Anders als in Fällen, in denen die öffentliche Hand nur einen untergeordneten Anteil an einem privaten Unternehmen hält, handelt es sich dann grundsätzlich nicht um private Aktivitäten unter Beteiligung des Staates, sondern um staatliche Aktivitäten unter Beteiligung von Privaten. Für sie gelten unabhängig von ihrem Zweck oder Inhalt die allgemeinen Bindungen staatlicher Aufgabenwahrnehmung. Bei der Entfaltung dieser Aktivitäten sind die öffentlich beherrschten Unternehmen unmittelbar durch die Grundrechte gebunden und können sich umgekehrt gegenüber Bürgern nicht auf eigene Grundrechte stützen (vgl. BVerfGE 128, 226 <246 f.>; vgl. auch BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 2821/11 u.a. -, juris, Rn. 204).

244

dd) Das verfassungsmäßige Frage- und Informationsrecht des Bundestages und die damit verbundene Auskunftspflicht der Bundesregierung stellen eine hinreichende Grundlage für einen in der Auskunftserteilung liegenden Grundrechtseingriff dar. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegt in der Aufgabenzuweisung grundsätzlich auch eine Ermächtigung zum Informationshandeln der Regierung (vgl. BVerfGE 105, 252 <268>; 105, 279 <301>). Einer weitergehenden gesetzlichen Regelung bedarf es insoweit nicht.

245

Hat der Gesetzgeber aber einen Weg zur Lösung des Konflikts zwischen dem Frage- und Informationsrecht des Deutschen Bundestages und seiner Abgeordneten einerseits und dem Schutz der Grundrechte der betroffenen Unternehmen andererseits durch eine einfachgesetzliche Regelung vorgezeichnet, ist sein Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Überlässt er die Entscheidung hingegen den Organen der Rechtsanwendung, so sind deren Eingriffshandlungen verfassungsrechtlich darauf zu überprüfen, ob die zugrunde gelegten Annahmen und Abwägungsregeln sowie ihre Abwägung im konkreten Fall den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen, das heißt auch, ob sie innerhalb des den Entscheidungsträgern gewährten Einschätzungsspielraums verbleiben und zur Herstellung praktischer Konkordanz im konkreten Streitfall führen (vgl. BVerfGE 137, 185 <258 Rn. 185> mit Verweis auf BVerfGE 115, 205 <233 f.>).

246

e) Eine weitere Grenze des Informationsanspruchs des Bundestages bildet das Wohl des Bundes oder eines Landes (Staatswohl), das durch das Bekanntwerden geheimhaltungsbedürftiger Informationen gefährdet werden kann (vgl. BVerfGE 67, 100 <134 ff.>; 124, 78 <123>; 137, 185 <240 Rn. 149>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Juni 2017 - 2 BvE 1/15 -, juris, Rn. 95).

247

Die Frage, welche Grenzen die Verfassung dem parlamentarischen Frage- und Informationsrecht setzt, ist unter Berücksichtigung seiner Bedeutung im Verfassungsgefüge zu beantworten. Dies gilt auch für die Auslegung und Anwendung des Begriffs der Gefährdung des Staatswohls (vgl. BVerfGE 124, 78 <123>; 137, 185 <204 Rn. 149>). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Bundestag in der Geheimschutzordnung in detaillierter Weise die Voraussetzungen für die Wahrung von Dienstgeheimnissen bei der Aufgabenerfüllung des Bundestages festgelegt hat (vgl. BVerfGE 67, 100 <135>; 77, 1 <48>; vgl. auch BVerfGE 70, 324 <359>). Die Verschwiegenheitspflicht aufgrund parlamentsrechtlicher Regelungen wird durch die strafrechtliche Sanktion des § 353b Abs. 2 Nr. 1 StGB bekräftigt. Diese Geheimschutzbestimmungen sind Ausdruck der Tatsache, dass das Parlament ohne eine Beteiligung am geheimen Wissen der Regierung weder das Gesetzgebungsrecht noch das Haushaltsrecht noch das parlamentarische Kontrollrecht gegenüber der Regierung auszuüben vermöchte (vgl. BVerfGE 67, 100 <135>; 70, 324 <359>; 137, 185 <240 f. Rn. 149>; 143, 101 <143 Rn. 139>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Juni 2017 - 2 BvE 1/15 -, juris, Rn. 97 f.). Zudem ist zu berücksichtigen, dass das Staatswohl im parlamentarischen Regierungssystem des Grundgesetzes nicht allein der Bundesregierung, sondern dem Bundestag und der Bundesregierung gemeinsam anvertraut ist (vgl. BVerfGE 67, 100 <136>; 124, 78 <124>; 137, 185 <241 Rn. 149>). Das Parlament und seine Organe können nicht als Außenstehende behandelt werden, die zum Kreis derer gehören, vor denen Informationen zum Schutz des Staatswohls geheim zu halten sind (vgl. BVerfGE 124, 78 <124>; 137, 185 <241 Rn. 149>). Mithin kann die Berufung auf das Wohl des Bundes gerade gegenüber dem Bundestag in aller Regel dann nicht in Betracht kommen, wenn beiderseits wirksam Vorkehrungen gegen das Bekanntwerden von Dienstgeheimnissen getroffen wurden. Dass auch die Beachtung von Vorschriften zur Wahrung von Dienstgeheimnissen deren Bekanntwerden nicht ausschließt, steht dem nicht entgegen, denn diese Tatsache betrifft alle drei Gewalten (vgl. BVerfGE 67, 100 <136>; 137, 185 <241 Rn. 149>; 143, 101 <143 Rn. 138>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Juni 2017 - 2 BvE 1/15 -, juris, Rn. 98).

248

Die Geheimschutzbestimmungen des Bundestages lassen allerdings die eigene, aus der ihr anvertrauten Regierungsgewalt herrührende Verantwortung der Bundesregierung für die Wahrung der Dienstgeheimnisse unberührt (BVerfGE 67, 100 <137>; 70, 324 <359>; 137, 185 <241 Rn. 150>). Die Bundesregierung ist daher nicht verpflichtet, Verschlusssachen, die Dienstgeheimnisse enthalten, dem Bundestag vorzulegen, wenn dieser nicht den von der Bundesregierung für notwendig gehaltenen Geheimschutz gewährleistet (vgl. BVerfGE 67, 100 <137>; 137, 185 <241 Rn. 150>).

249

f) Das parlamentarische Informationsrecht steht schließlich unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit. Es sind alle Informationen mitzuteilen, über die die Regierung verfügt oder die sie mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung bringen kann. Da sich der parlamentarische Informationsanspruch im Hinblick auf die mögliche politische Bedeutung auch länger zurückliegender Vorgänge auf Fragen erstreckt, die den Verantwortungsbereich früherer Bundesregierungen betreffen, können die Bundesregierung im Rahmen des Zumutbaren zudem Rekonstruktionspflichten treffen (vgl. BVerfGE 124, 161 <197>).

250

Die im Bereich der Regierung vorhandenen Informationen sind nicht auf die Gesamtheit der vorhandenen Dokumente beschränkt, sondern umfassen auch das persönliche, nicht aktenkundige Wissen der handelnden Personen. Eine erschwerte Zugänglichkeit oder Auswertbarkeit von Quellen mag im Einzelfall dazu führen, dass sich die Regierung auf eine Unzumutbarkeit fristgerechter Beantwortung berufen kann; sie vermögen aber nicht generell die Beschränkung der Antwortpflicht auf dokumentierte Gegenstände zu rechtfertigen (vgl. Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen, Beschluss vom 5. November 2009 - 133-I-08 -, juris, Rn. 102; Hamburgisches Verfassungsgericht, Urteil vom 21. Dezember 2010 - HVerfG 1/10 -, juris, Rn. 77). Die Bundesregierung muss daher alle ihr zu Gebote stehenden Möglichkeiten der Informationsbeschaffung ausschöpfen (vgl. Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19. August 2008 - 7/07 -, juris, Rn. 252).

251

3. Angesichts der hohen Bedeutung des parlamentarischen Fragerechts kann von dem Fragesteller eine sorgfältige Formulierung seiner Fragen erwartet werden (vgl. BVerfGE 137, 185 <229 Rn. 124>). Wo allerdings Ungenauigkeiten bei der Formulierung der Frage erkennbar aus einem Informationsdefizit des Fragestellers resultieren, hat die Bundesregierung bei der Beantwortung dem dahinter stehenden Informationsbedürfnis so weit wie möglich Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 137, 185 <229 Rn. 124>). Dabei gelten für die Auslegung einer parlamentarischen Anfrage grundsätzlich die allgemeinen Auslegungsregeln, somit ist zunächst insbesondere vom Wortlaut und vom Zusammenhang auszugehen, in den die Frage gestellt wurde (vgl. BVerfGE 110, 199 <213>; 137, 185 <228 f. Rn. 124>).

252

Daher muss die Bundesregierung bei der Bestimmung des Inhalts einer Frage den wesentlichen Inhalt der Frage und ihrer Begründung aufgreifen, den wirklichen Willen und das daraus erkennbare Informationsbedürfnis des Fragestellers ermitteln und danach Art und Umfang ihrer Antwort ausrichten. Die Auslegung ist im Zweifel so vorzunehmen, dass die Frage keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. Verbleiben nach der Auslegung der Frage Zweifel an deren Inhalt oder ist die Frage mehrdeutig, kann die Regierung bei der Antwort darauf hinweisen, dass sie die Frage in einem bestimmten Sinn versteht oder ihr zur Zeit eine Beantwortung nicht möglich ist (vgl. Niedersächsischer Staatsgerichtshof, Urteil vom 22. Oktober 2012 - StGH 1/12 -, juris, Rn. 56 f.).

253

4. Aus der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Pflicht der Bundesregierung, Informationsansprüche des Deutschen Bundestages zu erfüllen, folgt, dass sie die Gründe darlegen muss, aus denen sie die erbetenen Auskünfte verweigert (vgl. BVerfGE 124, 161 <193>; 137, 185 <244 Rn. 156>) oder in nicht öffentlicher Form erteilt.

254

a) Die Bundesregierung muss - auch im Hinblick auf das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme im Verhältnis zwischen Verfassungsorganen - den Bundestag in die Lage versetzen, seine Aufgabe der parlamentarischen Kontrolle des Regierungshandelns effektiv wahrzunehmen. Dies kann er nur dann, wenn er anhand einer der jeweiligen Problemlage angemessenen, ausführlichen Begründung beurteilen und entscheiden kann, ob er die Verweigerung der Antwort akzeptiert oder welche weiteren Schritte er unternimmt, sein Auskunftsverlangen ganz oder zumindest teilweise durchzusetzen. Hierzu muss er Abwägungen betroffener Belange, die zur Versagung von Auskünften geführt haben, auf ihre Plausibilität und Nachvollziehbarkeit überprüfen können. Eine Begründung der Antwortverweigerung ist nur dann entbehrlich, wenn die Geheimhaltungsbedürftigkeit evident ist (vgl. BVerfGE 124, 161 <193>; 137, 185 <244 Rn. 156>; 139, 194 <231 f. Rn. 121>; 143, 101 <144 Rn. 143>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Juni 2017 - 2 BvE 1/15 -, juris, Rn. 107).

255

Einer ausführlicheren Begründung bedarf es, wenn die Bundesregierung Auskünfte zu Umständen aus ihrem Verantwortungsbereich verweigern will, etwa weil es sich um einen Vorgang aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung handelt oder weil in seltenen Ausnahmefällen Gründe des Staatswohls der Auskunfterteilung entgegenstehen. In diesen Fällen bedarf der Fragesteller näherer Angaben, um die Abwägung zwischen dem parlamentarischen Informationsrecht einerseits und den betroffenen Belangen, die zur Versagung der Auskünfte geführt haben, andererseits auf ihre Plausibilität hin überprüfen zu können (vgl. BVerfGE 139, 194 <232 Rn. 123>).

256

Ein pauschales Berufen auf einen der verfassungsrechtlichen Gründe, die dem parlamentarischen Untersuchungsrecht Grenzen setzen, genügt in keinem Fall. Das Vorliegen der Voraussetzungen eines Informationsverweigerungsrechts ist substantiiert, nicht lediglich formelhaft, darzulegen. Eine substantiierte Begründung der ablehnenden Entscheidung ist unentbehrliche Grundlage auch der (verfassungs-)gerichtlichen Kontrolle, die andernfalls weitgehend zur Disposition der Bundesregierung stünde (vgl. BVerfGE 124, 78 <128>).

257

b) Einer besonderen Begründungspflicht unterliegt die Bundesregierung, soweit sie ihre Antwort nicht in der nach § 104 in Verbindung mit § 75 Absatz 3 und § 76 Absatz 1 GO-BT vorgesehenen, zur Veröffentlichung in einer Bundestagsdrucksache bestimmten Weise erteilt, sondern sie eingestuft in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Verfügung stellt. Denn der parlamentarische Informationsanspruch als solcher ist auf Beantwortung gestellter Fragen in der Öffentlichkeit angelegt.

258

Die Begründung der nicht öffentlichen Beantwortung muss so ausführlich und plausibel sein, wie es das Geheimhaltungsinteresse zulässt. Es ist Aufgabe der Bundesregierung, nachvollziehbar darzulegen, aus welchem Grund die angeforderten Informationen geheimhaltungsbedürftig sind und warum sie gegebenenfalls auch noch nach Jahren oder sogar nach Abschluss des betreffenden Vorgangs nicht Gegenstand einer öffentlichen Antwort sein können (vgl. BVerfGE 124, 78 <128 f.>).

259

c) Ein Nachschieben von Gründen kommt nicht in Betracht, da es den Zweck des Begründungserfordernisses verfehlen würde. Dieses soll gewährleisten, dass der Fragesteller die Gründe der Antwortverweigerung erfährt und so in die Lage versetzt wird, sie nachzuvollziehen und die Erfolgsaussichten einer Inanspruchnahme verfassungsgerichtlichen Rechtsschutzes abzuschätzen. Ist die Verschaffung vollständiger Information zunächst ohne zureichende Begründung abgelehnt worden, so vermag eine erst im Organstreitverfahren gegebene ergänzende Begründung nichts an dem darin liegenden Rechtsverstoß zu ändern (vgl. BVerfGE 124, 78 <147>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Juni 2017 - 2 BvE 1/15 -, juris, Rn. 108).

II.

260

Der Antrag zu 3. ist - soweit zulässig - in vollem Umfang begründet.

261

1. Der Verantwortungsbereich der Bundesregierung für die Deutsche Bahn AG ist eröffnet.

262

a) Die Verantwortung bezieht sich zunächst auf die Ausübung der Beteiligungsverwaltung durch die hierfür zuständige Regierung sowie auf die Regulierungstätigkeit der Bundesbehörden und die sachgerechte Erfüllung des Gewährleistungsauftrages aus Art. 87e Abs. 4 GG. Das Parlament benötigt für die Beurteilung der Frage, ob der Bund gewährleistet, dass dem Wohl der Allgemeinheit, insbesondere den Verkehrsbedürfnissen, beim Ausbau und Erhalt des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes sowie bei deren Verkehrsangeboten auf diesem Schienennetz hinreichend Rechnung getragen wird, Informationen über eben diese Verkehrsbedürfnisse und die Verkehrsangebote. Der Gesetzgeber muss bewerten können, ob und wie er bei einer dauerhaften Nicht- oder Schlechterfüllung des Gewährleistungsauftrages, die strukturell bedingt ist, namentlich auf einer nicht hinreichenden Steuerungsmöglichkeit der öffentlichen Hand beruht, eingreifen kann oder sogar eingreifen muss.

263

b) Darüber hinaus liegt auch die unternehmerische Tätigkeit der Deutschen Bahn AG im Verantwortungsbereich der Bundesregierung. Die Verantwortlichkeit der Regierung im Kontext demokratischer Legitimation erstreckt sich auf alle Vorgänge einschließlich des unternehmerischen Handelns als Alleineigentümerin einer Aktiengesellschaft - somit auch der Deutschen Bahn AG -, für die über die Regierung demokratische Legitimation des Deutschen Bundestages in Anspruch genommen wird.

264

Grundsätzlich ist von der Legitimationsbedürftigkeit der Geschäftstätigkeit öffentlicher Unternehmen auszugehen. Dabei genügt die maßgebliche Mitwirkung bei der Bestellung der Aufsichtsräte (und so mittelbar der Vorstände) sowie der Bestand von (auch nur mittelbaren) Einwirkungsmöglichkeiten, um die (parlamentarische) Verantwortlichkeit der Regierung zu begründen. Nicht erforderlich ist es demgegenüber, dass die Regierung in der Lage ist, Einfluss auf die konkret in Rede stehende Geschäftstätigkeit zu nehmen.

265

Nichts anderes ergibt sich für die unternehmerische Tätigkeit der Deutschen Bahn AG. Der Verantwortungszusammenhang wird nicht durch Art. 87e GG aufgehoben, der in seinen Absätzen 3 und 4 GG eine bestimmte Form der Privatisierung für die Eisenbahnen des Bundes und der verbleibenden staatlichen Aufgaben vorsieht, nämlich eine Organisationsprivatisierung bei derzeit voller Eigentümerstellung des Bundes.

266

Eine Freistellung vom Erfordernis demokratischer Legitimation wäre auch dann nicht anzunehmen, wenn der Wortlaut von Art. 87e GG und die Entstehungsgeschichte der Verfassungsänderung es nahelegten, dass über eine bloße Organisationsprivatisierung hinaus auch eine Aufgabenprivatisierung intendiert ist und die Erbringung von Eisenbahndiensten danach keine unmittelbar gemeinwohlgebundene Verwaltungsaufgabe des Bundes mehr sein soll, und zwar auch keine, die dieser mithilfe eines von ihm beherrschten Unternehmens zu erfüllen hätte, sondern eine privatwirtschaftliche, nach Marktgesetzen ohne besondere Gemeinwohlbindung und mit dem Ziel der Gewinnerzielung betriebene Aufgabe privatrechtlicher Unternehmen (vgl. Hommelhoff/Schmidt-Aßmann, Die Deutsche Bahn AG als Wirtschaftsunternehmen, ZHR 160 (1996), S. 521 <551 ff.>; Möstl, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87e Rn. 80 [Nov. 2006]; Gersdorf, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 87e Rn. 47; Hammer, Die unternehmerische Freiheit der Eisenbahnen des Bundes, DÖV 2011, S. 761 <766 f.>; Uerpmann-Wittzack, in: v. Münch/Kunig, GG, 6. Aufl. 2012, Art. 87e, Rn. 10; Heise, Die Deutsche Bahn AG zwischen Wirtschaftlichkeit und Gemeinwohlverantwortung, 2013, S. 338 ff.; 343 ff.; Windhorst, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 87e Rn. 42).

267

Denn solange der Bund eine Gewährleistungsverantwortung sowohl für die Schienenwege als auch für die Verkehrsangebote trägt und diese nicht nur über das Regulierungsrecht wahrnehmen, sondern zugleich als Alleineigentümer der Deutschen Bahn AG deren Geschäftspolitik im Rahmen der rechtlich bestehenden Einwirkungsmöglichkeiten und personellen Verflechtungen zumindest bis zu einem gewissen Grade beeinflussen kann, kann er nicht von jedweder Verantwortung für die Unternehmensführung freigestellt werden. Im Übrigen ist die Gewährleistungsverantwortung des Bundes nach Art. 87e Abs. 4 Satz 1 GG nicht immer klar von der grundsätzlich gewinnorientierten Unternehmensführung nach Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG zu trennen beziehungsweise ohne Kenntnisse über diese zu beurteilen.

268

Es bleibt dabei, dass jede staatliche Tätigkeit demokratischer Legitimation bedarf und demokratisch verantwortet werden muss, so dass bei dem derzeitigen Stand der Verflechtung von Staat und Unternehmen der Verantwortungsbereich der Bundesregierung im Rahmen des parlamentarischen Fragerechts für die Deutsche Bahn AG eröffnet ist.

269

2. Die Bundesregierung ist nicht berechtigt, die Antwort auf parlamentarische Anfragen im Einzelfall unter Verweis auf die Betroffenheit der Grundrechte der Deutschen Bahn AG (a) oder eine dieser zustehenden grundrechtsähnlichen Freiheit (b) zu verweigern.

270

a) Die Deutsche Bahn AG kann sich nicht auf Grundrechte, namentlich auf den Schutz ihrer Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse durch Art. 12 Abs. 1 oder Art. 14 Abs. 1 GG berufen, da sämtliche Anteile an ihr vom Staat gehalten werden. Als vom Staat vollständig beherrschte juristische Person dient sie nicht der Ausübung individueller Freiheit Einzelner.

271

Der Verweis auf die Festlegung der Deutschen Bahn AG auf erwerbswirtschaftliche Betätigung durch Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG und die fehlende unmittelbare Gemeinwohlverpflichtung gebieten keine andere Bewertung. Zwar ist nicht zu verkennen, dass die Regelung funktional auf das Marktprinzip und die damit verbundene wettbewerbliche Gleichstellung der Marktteilnehmer zielt. Hieraus lässt sich aber nicht ableiten und ist auch aus der Gesetzeshistorie nicht ersichtlich, dass der verfassungsändernde Gesetzgeber mit der Regelung selbst eine lex specialis zu Art. 1 Abs. 3 beziehungsweise Art. 19 Abs. 3 GG schaffen und der Deutschen Bahn AG Grundrechtsfähigkeit zusprechen wollte (vgl. Dreier, in: ders., GG, Bd. I, 3. Aufl. 2013, Art. 1 III Rn. 73; vgl. auch Masing, in: Isensee/Kirchhof, HStR IV, 3. Aufl. 2006, § 90 Rn. 34 zu Art. 87f GG).

272

Ursprüngliches Ziel der Bahnreform war es, die Eisenbahn den anderen Verkehrsträgern gleichzustellen, also eine strikte Trennung von staatlicher Gewährleistungsverantwortung und unternehmerischer Leistungserbringung vorzunehmen. Vieles spricht dafür, dass damit die Herstellung eines Antagonismus zwischen Staat und Bahnunternehmen gewollt war, der privatwirtschaftliche Handlungsrationalitäten im Eisenbahnsektor freisetzen sollte. Damit sollte gleichwohl keine subjektiv-rechtliche Emanzipation der Eisenbahnen des Bundes einhergehen, die ihnen allgemein Grundrechtsfähigkeit vermittelt.

273

Der Umstand, dass künftig hinter der Deutschen Bahn AG private Anteilseigner, also grundrechtsfähige natürliche Personen, stehen können, zeitigt keine Vorwirkung auf die derzeitige Rechtslage (vgl. Isensee, Schutz des staatsabhängigen Unternehmens vor Sonderbelastungen - Inpflichtnahme der Deutschen Bahn für die bahnpolizeilichen Kosten des Bundesgrenzschutzes, in: P. Kirchhof u.a. (Hrsg.), Festschrift für Klaus Vogel, 2000, S. 93 <105 f.>).

274

Aus der fehlenden Grundrechtsberechtigung der Deutschen Bahn AG dürften sich auch kaum wettbewerbliche Nachteile für diese ergeben. Denn die Wettbewerbsordnung des einfachen Rechts gilt grundsätzlich für alle Unternehmen gleichermaßen und in gleicher Auslegung. Wo etwaige Nachteile aber aus verfassungsrechtlichen Vorgaben - wie hier dem parlamentarischen Frage- und Informationsrecht - resultieren, sind sie Folge der derzeit vollen Eigentümerstellung des Bundes.

275

b) Auch stattet Art. 87e GG die Deutsche Bahn AG nicht mit eigenen Rechten gegenüber anderen staatlichen Stellen aus; ihr wird kein abwehrrechtlicher Status gegenüber (gemeinwohlorientierten) Einwirkungen des Staates auf ihre Unternehmensführung verschafft.

276

Es wird zwar vertreten, dass Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG in teleologischer Auslegung ein subjektiv-öffentliches Recht der Eisenbahnen des Bundes entnommen werden müsse (vgl. Hammer, Die unternehmerische Freiheit der Eisenbahnen des Bundes, DÖV 2011, S. 761 <767 f.>). Mit der Grundgesetzänderung seien die Eisenbahnen des Bundes aus der öffentlichen Verwaltung ausgegliedert und organisatorisch, wirtschaftlich und finanziell verselbständigt worden (vgl. Gersdorf, Entgeltregulierung im Eisenbahnsektor, 2015, S. 108 f.). Ihnen komme ein autonomer Entscheidungsspielraum bezüglich der Unternehmenspolitik, insbesondere auch des operativen Geschäfts zu, in den der Bund nicht eingreifen dürfe. Die Deutsche Bahn AG habe folglich eine grundrechtsähnliche Freiheit gegenüber dem Staat als Eigentümer, die die Grundrechtsbindung gegenüber dem Bürger unberührt lasse (so Jochum, Die Grundrechtsbindung der Deutschen Bahn, NVwZ 2005, S. 779 <781>; vgl. auch Windthorst, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 87e Rn. 48, 68).

277

Diese Sichtweise vermag jedoch nicht zu überzeugen.

278

Ursprünglich war bei der Bahn eine "Entlassung" in marktwirtschaftliche Strukturen gewollt. Eisenbahnverkehrs- und Eisenbahninfrastrukturdienstleistungen sollten, wie bei anderen Verkehrsträgern auch, nach den Regeln des Marktes bereitgestellt werden; auf die Leistungserbringung selbst sollte der Staat keinen unmittelbaren Einfluss haben (BTDrucks 12/5015, S. 6 f. - ursprünglicher Regierungsentwurf). Das Eigentum an der Schieneninfrastruktur sollte nicht beim Bund verbleiben, um eine unternehmerische Handhabung der Infrastruktur als Produktionsmittel zu ermöglichen (BTDrucks 12/5015, S. 16 - Gegenäußerung der Bundesregierung).

279

Allerdings ist dieses Konzept nicht Gesetz geworden. Der Bundesrat hat seinen Widerstand gegen eine vollständige Kapitalprivatisierung und seinen abweichenden Vorschlag, das Schienennetz im unmittelbaren Eigentum des Bundes zu belassen, mit dem zu geringen Einfluss auf private Eigentümer begründet (BTDrucks 12/5015, S. 11). Dies hat zu dem Kompromiss geführt, wonach zwar nicht das Eigentum am Schienennetz, wohl aber die Mehrheit an dem Unternehmen, auf das die Infrastruktur übergeht, beim Bund verbleiben muss (Art. 87e Abs. 3 Satz 2 und 3 GG) und diesen eine Gewährleistungsverantwortung trifft (Art. 87e Abs. 4 GG).

280

Die Vorschrift des Art. 87e GG wurde in erster Linie als Freistellung von staatsorganisatorischen Bindungen (Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG a.F.) verstanden (vgl. BTDrucks. 12/5015, S. 7); für eine beabsichtigte subjektiv-rechtliche Ermächtigung der Deutschen Bahn AG ist nichts ersichtlich. Die Regelung eines solchen Rechts wäre überdies unvollkommen, da eine Möglichkeit der verfassungsgerichtlichen Durchsetzung nicht geschaffen worden ist.

281

3. Das (fiskalische) Interesse des Staates am Schutz vertraulicher Informationen seiner (Beteiligungs-)Unternehmen stellt einen verfassungsrechtlichen Staatswohlbelang dar.

282

Der einfachrechtlich gewährte Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse kann das verfassungsrechtlich verankerte Frage- und Auskunftsrecht des Parlaments gegenüber der Regierung zwar nicht unmittelbar einschränken, mittelbar aber insoweit, als er seinerseits dem Schutz öffentlicher Belange, die verfassungsrechtlich anzuerkennen sind, dient. Die Offenlegung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen des in öffentlicher Hand befindlichen Unternehmens kann Auswirkungen auf den Wert der gehaltenen Anteile oder auf das Geschäftsergebnis haben, letzteres mit der Folge, dass sich die Gewinnabschöpfung mindert oder Zuschüsse aus dem öffentlichen Haushalt erforderlich oder umfänglicher werden. Auch wenn privatrechtlich organisierte Unternehmen, die sich ganz oder mehrheitlich in öffentlicher Hand befinden, keinen Grundrechtsschutz genießen, besteht doch zumindest ein auch verfassungsrechtlich anerkennenswertes öffentliches Interesse daran, dass deren Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse geschützt werden. Andernfalls könnte der Staat nicht über solche Gesellschaften mit dem Ziel wirtschaftlich erfolgreichen Handelns am Markt teilnehmen, was das Grundgesetz aber in den Art. 87e und 87f GG ausdrücklich vorsieht.

283

Das öffentliche Interesse an der möglichst effektiven Verwendung staatlicher Gelder ist zudem berührt, weil die Offenbarung von Kostenstrukturen und Budgets Auswirkungen auf die Angebote der Werkunternehmer haben kann. Eine Verteuerung von Infrastrukturmaßnahmen kann ebenfalls höhere Zuschüsse des Bundes erforderlich machen. Betroffen ist das Interesse an der Funktionsfähigkeit der EIU, das sich im Gewährleistungsauftrag des Art. 87e Abs. 4 GG niederschlägt.

284

Das Grundgesetz geht zwar, wie Art. 87e GG zeigt, davon aus, dass der Staat auch unternehmerisch im Wettbewerb am Markt tätig sein oder sich an privaten Unternehmen beteiligen kann. Damit ist offenbar die Vorstellung verbunden, dass sich der Staat bei der Erfüllung seiner Aufgaben die Kräfte des Marktes zunutze machen oder eine Aufgabe sogar ganz in den Markt entlassen kann. Durch eine hohe Transparenz seiner (Beteiligungs-)Unternehmen würden diese (nicht unumstrittenen) positiven Effekte möglicherweise beeinträchtigt oder beseitigt. Allerdings dürfte auszuschließen sein, dass der Staat hierdurch gehindert würde, die ihm obliegenden Aufgaben überhaupt noch zu erfüllen. Letztlich stehen also in erster Linie fiskalische Interessen im Raum, die zwar nicht unerheblich, aber mit einer Bedrohung der Sicherheit oder gar des Bestandes des Bundes oder eines Landes nicht vergleichbar sind.

285

4. Die Antragsgegnerin hat die Grenzen ihrer Antwortpflicht bei der Beantwortung der streitgegenständlichen Fragen betreffend den Themenkomplex Deutsche Bahn AG verkannt und hierdurch Rechte der Antragsteller und des Deutschen Bundestages aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 und Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt.

286

a) Die Antragsgegnerin hat ihrer Antwortpflicht in Bezug auf die Kleine Anfrage "Fulda-Runden der Deutschen Bahn AG und Finanzierungsvereinbarungen zu Bedarfsplanprojekten" (BTDrucks 17/3757) nicht genügt.

287

aa) Indem die Antragsgegnerin auf die Fragen 1 bis 3 dieser Kleinen Anfrage hinsichtlich der in den "Fulda-Runden" eingestellten Gesamtkosten für Bedarfsplanprojekte die Antwort unter Hinweis auf die Unmöglichkeit der Vorlage einer entsprechenden Aufstellung verweigert hat, hat sie das Fragerecht des Antragstellers zu 3. und der Antragstellerin zu 5. in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise verkürzt. Die Antwort kann nicht durch Verweis auf die Nichtexistenz jährlich und einheitlich erstellter Listen für die stattgefundenen "Fulda-Runden" verweigert werden.

288

(1) Hinsichtlich der Fulda-Listen ist zunächst festzuhalten, dass die Bundesregierung deren Existenz implizit einräumt, wenn sie mitteilt, es gebe "beispielsweise" für die Besprechung aus dem März 2010 keine solche Liste, und diese Listen seien im Übrigen nicht einheitlich. Erstmals mit der Antragserwiderung im Verfahren wurde behauptet, die Informationen existierten nicht und könnten von der Antragsgegnerin auch nicht beschafft werden. Diese Behauptung steht allerdings erneut im Widerspruch zu der schriftsätzlichen Erläuterung, aufgrund geänderter inhaltlicher Schwerpunkte der "Fulda-Konferenzen" sei die Form der vorhandenen Ergebnisdarstellung sehr unterschiedlich. Damit wird wiederum bestätigt, dass es durchaus Listen gibt, allerdings in unterschiedlicher Darstellungsform. Wenn 2010 keine Liste erstellt wurde, so ist hiermit nicht erläutert, weshalb die erbetenen Listen für die weiteren Jahre seit 2004 nicht vorgelegt werden können. Die Erteilung von Teilantworten steht nicht im freien Ermessen der Regierung. Diese ist vielmehr verpflichtet, eine solche Teilantwort zu geben, wenn eine vollständige Beantwortung der Frage nicht möglich ist (vgl. Hamburgisches Verfassungsgericht, Urteil vom 21. Dezember 2010 - HVerfG 1/10 -, juris, Rn. 94).

289

Auch der Einwand, die tatsächlich vorhandenen Listen seien nicht einheitlich und nicht in der erforderlichen Form verfügbar, kann für sich genommen eine vollständige Antwortverweigerung nicht rechtfertigen, schon weil damit weder eine rechtliche oder faktische Unmöglichkeit behauptet noch sonst auf einen anerkannten Antwortverweigerungsgrund Bezug genommen wird. Im Übrigen ist es Sache der Fragesteller, darüber zu befinden, ob sie diese für eine Beurteilung der anstehenden Priorisierungen der Bedarfsplanprojekte nutzen können.

290

(2) Soweit die Antragsgegnerin anführt, die "Fulda-Runden" würden lediglich auf Arbeitsebene geführt, während die Entscheidungen über die Priorisierung von Vorhaben in Gesprächen zwischen dem Vorstand der Deutschen Bahn AG und der Bundesregierung getroffen würden, ist in Rechnung zu stellen, dass die Antragsteller nicht nach den Entscheidungen selbst gefragt haben, sondern nach den diesen zugrunde liegenden Tatsachen, nämlich den sogenannten Fulda-Listen. Insoweit vermag der Hinweis der Antragsgegnerin auf den fehlenden Entscheidungscharakter der "Fulda-Runden" die Verweigerung einer Beantwortung der Fragen nicht zu rechtfertigen. Ungeachtet dessen setzt eine sachgerechte Bewertung von Entscheidungen gerade die Kenntnis des Kontexts und des Informationsstands voraus, an dem Entscheidungsträger ihr Verhalten ausrichten (vgl. Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen, Beschluss vom 5. November 2009 - 133-I-08 -, juris, Rn. 112).

291

bb) Die Antwort auf die Fragen 4 und 5 der Kleinen Anfrage "Fulda-Runden der Deutschen Bahn AG und Finanzierungsvereinbarungen zu Bedarfsplanprojekten" (BTDrucks 17/3757) hat die Antragsgegnerin ebenfalls zu Unrecht verweigert.

292

Die Antragsgegnerin hat die Antwort auf diese Fragen mit der Begründung abgelehnt, die Höhe der vom Bund finanzierten zuwendungsfähigen Kosten variiere von Vorhaben zu Vorhaben. Eine entsprechende Statistik liege der Bundesregierung nicht vor, und es sei in Anbetracht von rund 60 laufenden Finanzierungsvereinbarungen zu Bedarfsplanvorhaben sowie einer jährlichen Anpassungsvereinbarung, die eine Vielzahl der Vorhaben fortschreibe, nicht möglich, eine solche kurzfristig zu erstellen.

293

Mit dieser Begründung behauptet die Antragsgegnerin nicht die Unmöglichkeit der Beantwortung der Anfrage, sondern lediglich das Unvermögen, diese innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 104 Abs. 2 Halbs. 1 GO-BT zu beantworten. Dies stellt keine hinreichende Begründung für die Antwortverweigerung dar. Die Frist für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage kann nach § 104 Abs. 2 Halbs. 2 GO-BT durch den Präsidenten des Bundestages im Benehmen mit dem Fragesteller verlängert werden. Die Antragsgegnerin hat nicht vorgetragen, einen solchen Antrag erfolglos gestellt zu haben (vgl. BVerfGE 124, 161 <197>).

294

Soweit die Antragsgegnerin nachträglich mit Schreiben vom 7. Januar 2011 die Unzumutbarkeit der Aufbereitung behauptet, weil dies den Zeitrahmen zur Beantwortung von Kleinen Anfragen bei weitem sprengen und erhebliche Teile der personellen Kapazitäten binden würde, ohne zu gewährleisten, dass aus den Ergebnissen tatsächlich die gewünschten Aussagen ableitbar sind, wird dies dem Rang des parlamentarischen Auskunftsrechts nicht gerecht. Die Bundesregierung treffen im Rahmen des Zumutbaren grundsätzlich auch Rekonstruktionspflichten (vgl. BVerfGE 124, 161 <197 f.>). Schließlich darf die Regierung bei etwaiger Unzumutbarkeit einer vollständigen Antwort eine Teilantwort - im Sinne einer auf erkennbar unvollständiger Informationserhebung gründenden Antwort - nicht allein mit der Begründung verweigern, sie schulde nur vollständige Antworten. Sollte auch dies nicht möglich sein, müsste die Bundesregierung zumindest den Aufwand, der die Unzumutbarkeit begründen soll, so umschreiben, dass die Fragesteller diesen auf Plausibilität und den Schluss der Unzumutbarkeit auf seine Richtigkeit überprüfen können.

295

cc) Die Antragsgegnerin hat ferner ihrer Antwortpflicht in Bezug auf Frage 13 der Kleinen Anfrage "Fulda-Runden der Deutschen Bahn AG und Finanzierungsvereinbarungen zu Bedarfsplanprojekten" zu den Gewinnplanungen 2011 bis 2014 (BTDrucks 17/3757) nicht genügt, soweit sie angeführt hat, die Zahlen unterlägen der Verschwiegenheitspflicht nach §§ 116, 395 AktG.

296

Die schlichte Berufung auf die Verschwiegenheitspflichten des Aktienrechts ist zur Begründung der Antwortverweigerung nicht ausreichend. Die Frage, ob das aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG abgeleitete Frage- und Informationsrecht des Bundestages gegenüber der Regierung eine (verfassungskonforme) Auslegung der §§ 394, 395 AktG erfordert, wonach stets eine öffentliche Information des Bundestages zu erfolgen hat, die auch eine Veröffentlichung als Bundestagsdrucksache erlaubt, bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung, da die Antragsgegnerin die Antwort gänzlich verweigert hat.

297

b) Auch die Antwort auf die Frage 16 der Kleinen Anfrage zur Wirtschaftlichkeitsberechnung für das Projekt "Stuttgart 21" (BTDrucks 17/3766) hat die Antragsgegnerin in verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise verweigert. Die Antwort, wonach die durch den Wirtschaftsprüfer eingesehenen Daten Arbeitsunterlagen seien, die der berufsständischen Verschwiegenheitspflicht der Wirtschaftsprüfer nach § 43 der WiPrO sowie der mit der Deutschen Bahn AG abgeschlossenen Vertraulichkeitsvereinbarung unterliegen, stellt keine hinreichende Begründung für eine vollständige Antwortverweigerung dar.

298

Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 WiPrO hat der Wirtschaftsprüfer seinen Beruf unabhängig, gewissenhaft, verschwiegen und eigenverantwortlich auszuüben. Hieraus ergibt sich die Pflicht des Wirtschaftsprüfers, die Unterlagen des Auftraggebers Dritten gegenüber vertraulich zu behandeln. Die Regelung dient dem Schutz des Vertrauens der Mandanten und der Öffentlichkeit in den Berufsstand des Wirtschaftsprüfers (vgl. Keller, in: Hense/Ulrich, WPO, 2008, § 43 Rn. 54).

299

Es ist schon einfachrechtlich nicht ersichtlich, weshalb die allein den Wirtschaftsprüfer treffende Verschwiegenheitspflicht die Antragsgegnerin daran hindern sollte, mitzuteilen, welche Daten die Wirtschaftsprüfer bei der Deutschen Bahn AG angefordert haben. Dies gilt umso mehr, als die Antragsgegnerin nach eigenem Vorbringen das Gutachten zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeitsberechnung der Deutschen Bahn AG für das Projekt "Stuttgart 21" wegen möglicher Folgen für den Bund als Eigentümer selbst in Auftrag gegeben hat. Insofern vermag auch das - erst im Verfahren vorgebrachte - Argument nicht zu überzeugen, bei dem Projekt "Stuttgart 21" handele es sich um ein eigenwirtschaftliches Projekt der Deutschen Bahn AG und nicht um ein Bedarfsplanprojekt, so dass die Zugriffsmöglichkeiten des Bundes und damit der Verantwortungsbereich der Regierung stark beschränkt seien.

300

Soweit sich die Antragsgegnerin in ihrer Antwortverweigerung auf eine vertragliche Verschwiegenheitsvereinbarung zwischen der Deutschen Bahn AG und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft berufen hat, kann dies die Antwortverweigerung ebenfalls nicht rechtfertigen. Es ist schon nicht dargetan, dass sich die Deutsche Bahn AG ihrerseits gegenüber den Wirtschaftsprüfern vertraglich verpflichtet hat, über die gutachterliche Prüfung und deren Ergebnis Stillschweigen zu bewahren. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin nicht geltend gemacht, ihr lägen die erfragten Informationen nicht vor, etwa weil die Deutsche Bahn AG unter Berufung auf die Vereinbarung die Weitergabe verweigert hätte. Es erschiene auch nicht plausibel, dass ihr als Auftraggeberin des Gutachtens die erfragten Informationen nicht vorliegen.

301

Die erst im Organstreitverfahren vorgebrachte Behauptung, das Gutachten, auf das Frage 16 der Kleinen Anfrage "Wirtschaftlichkeitsberechnung für Stuttgart 21" gerichtet sei, enthalte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Deutschen Bahn AG, die zum unternehmerischen Kernbereich zählten, und deshalb sei eine Weitergabe der Informationen ohne Einwilligung der Deutschen Bahn AG nicht zulässig, vermag die Antwortverweigerung nicht nachträglich zu rechtfertigen. Zum einen hätte sie schon bei der Antwortverweigerung selbst aufgestellt werden müssen. Zum anderen ist sie unerheblich. Die streitgegenständliche Frage richtet sich nicht auf das Gutachten als Ganzes, sondern nur darauf, welche über die Wirtschaftlichkeitsberechnung hinausgehenden Daten die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bei der Deutschen Bahn AG angefordert hat. Es hätte näherer Darlegung bedurft, weshalb die Antwort auf diese Anfrage ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis beinhalten soll. Gegen die Behauptung, das Gutachten betreffe den unternehmerischen Kernbereich, spricht auch das eigene Vorbringen der Antragsgegnerin, die Regierung habe das Gutachten wegen möglicher mittelbarer Folgen für den Bund als Eigentümer der Deutschen Bahn AG ausnahmsweise in Auftrag gegeben.

302

c) Die Antragsgegnerin durfte die Antwort auf die Fragen 1 bis 14 der Kleinen Anfrage "Zugverspätungen" (BTDrucks 17/3149) nicht mit der Begründung verweigern, die erfragten Informationen gehörten vollständig in den Bereich der Geschäftstätigkeiten der Deutschen Bahn AG und ihr lägen diese nicht vor.

303

Die unternehmerische Tätigkeit der Deutschen Bahn AG fällt in den Verantwortungsbereich der Bundesregierung, die die 100%ige Beteiligung des Bundes an diesem Unternehmen verwaltet. Darüber hinaus betrifft die Problematik erheblicher Verspätungen im Zugverkehr der Deutschen Bahn AG auch den Gewährleistungsauftrag des Bundes nach Art. 87e Abs. 4 Satz 1 GG, dass dem Wohl der Allgemeinheit, insbesondere den Verkehrsbedürfnissen, beim Ausbau und Erhalt des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes sowie bei deren Verkehrsangeboten auf diesem Schienennetz, soweit diese nicht den Schienenpersonennahverkehr betreffen, Rechnung getragen wird.

304

Die Antwortverweigerung der Bundesregierung könnte allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Unmöglichkeit gerechtfertigt sein. Die Bundesregierung ist zunächst nur verpflichtet, die bei ihr tatsächlich vorhandenen Informationen mitzuteilen. Darüber hinaus ist sie verpflichtet, die ihr zur Verfügung stehenden rechtlichen und faktischen Einwirkungsrechte auf das privatrechtlich organisierte öffentliche Unternehmen zu nutzen, um die erfragten Informationen zu beschaffen. Bei ihrer Antwortverweigerung muss die Bundesregierung angeben, welche Bemühungen sie entfaltet hat, um entsprechende Informationen zu erlangen. Mit ihrer im vorliegenden Verfahren gerügten Antwort zeigt die Bundesregierung hingegen, dass sie bereits den sie treffenden Verantwortungsbereich verkannt und sich daher überhaupt nicht um die Erlangung der Angaben zu den Zugverspätungen und den diesbezüglichen Gründen bemüht hat.

III.

305

Die Anträge zu 1. und 2. sind - soweit zulässig - im Wesentlichen begründet.

306

1. Der Verantwortungsbereich der Bundesregierung erstreckt sich auf die Finanzmarktaufsicht und auf von ihr beherrschte Finanzinstitute.

307

a) Er ist im Rahmen des Hierarchieprinzips ohne weiteres eröffnet, soweit es um Informationen geht, die bei nachgeordneten Behörden vorliegen.

308

Die Bankenaufsicht wird in Deutschland von der BaFin und der Bundesbank gemeinsam ausgeübt (§ 7 KWG). Die BaFin ist gemäß § 1 Abs. 1 Gesetz über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz - FinDAG) im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen errichtet worden und untersteht nach § 2 FinDAG dessen Rechts- und Fachaufsicht.

309

Keine nachgeordnete Behörde - und damit nicht im Verantwortungsbereich der Bundesregierung tätig - ist hingegen die Deutsche Bundesbank, die nach § 2 Satz 1 Gesetz über die Deutsche Bundesbank (BundesbankG) eine bundesunmittelbare juristische Person des öffentlichen Rechts und nach § 12 Satz 1 BundesbankG bei der Ausübung ihrer Befugnisse von Weisungen der Bundesregierung unabhängig ist.

310

b) Der Verantwortungsbereich der Bundesregierung erstreckt sich auch auf von ihr beherrschte Finanzinstitute.

311

Die streitgegenständlichen Fragen beziehen sich zum Teil auf Banken, die im Zuge von Rettungsmaßnahmen in der Finanzkrise verstaatlicht wurden. So wird die Hypo Real Estate Holding AG (nun GmbH) seit dem 13. Oktober 2009 zu 100 % vom SoFFin gehalten und stellt ausweislich der Entsprechenserklärung des Vorstands und des Aufsichtsrats der Hypo Real Estate Holding AG zum Public Corporate Governance Kodex des Bundes vom 31. März 2016 eine 100%ige Beteiligung des Bundes dar. Der Anteil der staatlichen KfW an der IKB betrug vor dem Verkauf an den Investor Lone Star nach einer Kapitalerhöhung im August 2008 über 90,8 % (vgl. Jahresabschluss und Lagebericht der IKB Deutsche Industriebank AG 2008/2009, S. 18). An der Commerzbank AG hielt der Bund hingegen im streitgegenständlichen Zeitraum 2011 nur 25 % und eine Aktie (vgl. Geschäftsbericht 2011, S. 33); derzeit ist er nur noch mit etwa 15 % beteiligt (vgl. Geschäftsbericht 2016, S. 17).

312

2. Die Funktionsfähigkeit staatlicher Aufsicht über Finanzinstitute, die Stabilität des Finanzmarktes und der Erfolg staatlicher Stützungsmaßnahmen in der Finanzkrise sind Belange des Staatswohls, die die Antwortpflicht der Bundesregierung auf parlamentarische Fragen beschränken können.

313

a) Das Grundgesetz selbst enthält keine ausdrückliche Regelung, aus der sich die Funktionsfähigkeit der Aufsicht über die Banken und den Finanzmarkt als Rechts- beziehungsweise Schutzgut von Verfassungsrang ableiten lässt. Angesichts der Bedeutung des Finanzmarktes, dessen Probleme - wie sich im Zuge der Finanzkrise gezeigt hat - auch auf die Realwirtschaft durchschlagen, liegt aber auf der Hand, dass die staatliche Aufsicht über die auf diesem Markt tätigen Finanzinstitute und die Regulierung dieser Tätigkeit eine wichtige Funktion ist, die im elementaren Interesse des Staates liegt. Die Aufsicht dient der Bewältigung marktspezifischer Risiken und bildet eine wesentliche Rahmenbedingung desjenigen Marktes, auf dem die in Anspruch genommenen Unternehmen tätig sind. Die staatliche Aufsichtstätigkeit soll daher das Interesse der Allgemeinheit an einer funktionsfähigen Gesamtwirtschaft schützen (vgl. BVerfGE 124, 235 <246 f.>). Die Aufsicht über Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute dient insbesondere dazu, Missständen im Kredit- und Finanzdienstleistungswesen entgegenzuwirken, welche die Sicherheit der den Instituten anvertrauten Vermögenswerte gefährden, die ordnungsmäßige Durchführung der Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen beeinträchtigen oder erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft herbeiführen können (§ 6 Abs. 2 KWG).

314

Zwar bedarf es zur Geltendmachung eines Geheimhaltungsgrundes keiner im Einzelfall belegbaren Gefährdung der Kontroll- und Aufsichtstätigkeit der Behörde. Es genügt die durch Tatsachen belegte konkrete Möglichkeit, dass durch eine Informationsweitergabe an den Deutschen Bundestag generell die Ausübung der Kontroll- und Aufsichtsaufgaben der Behörde nachteilig beeinflusst wird. Erschwerungen der behördlichen Aufgabenwahrnehmung oder nicht auf konkreten Tatsachen beruhende Annahmen eines möglichen Rückgangs der Kooperationsbereitschaft der beaufsichtigten Unternehmen als Folge der Bekanntgabe der Informationen genügen aber nicht, zumal der Gesetzgeber davon ausgeht, dass auf der Grundlage der gesetzlichen Mitwirkungspflichten die Aufgaben effektiv zu bewältigen sind. Würde allein der in den Vordergrund der Überlegungen gestellte Umstand, dass die BaFin bei ihrer Aufgabenerfüllung auf die freiwillige Mitarbeit der beaufsichtigten Finanzinstitute angewiesen sei und folglich bei jedweder Einschränkung dieser Kooperation zwangsläufig in ihrer Tätigkeit behindert werde, als ausreichend betrachtet, käme dies letztlich einem vollständigen Ausschluss des Zugangs zu den der BaFin in ihrer Aufsichts- und Kontrolltätigkeit nach dem KWG übermittelten Informationen und damit in der Sache einer Bereichsausnahme gleich (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 23. Juni 2011 - 20 F 21.10 -, juris, Rn. 19 ff.; Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 2. März 2010 - 6 A 1684/08 -, juris, Rn. 9 ff., 15). Sollten die gesetzlichen Befugnisse der BaFin nicht ausreichen, um ihrer Aufgabe als Aufsichtsbehörde hinreichend nachzukommen, und sollte sie daher tatsächlich zwingend auf die freiwillige und überobligatorische Preisgabe von Informationen durch die beaufsichtigten Finanzinstitute angewiesen sein, so wäre hier jedenfalls gesetzgeberisch nachzusteuern.

315

Bei der Einschätzung, ob und in welchem Ausmaß nachteilige Auswirkungen tatsächlich zu erwarten sind, ist schließlich zu berücksichtigen, dass in anderen Staaten die dortigen Aufsichtsbehörden - ohne Funktionsbeeinträchtigungen - durchaus einer legislativen Kontrolle sowie damit verbundener Berichtspflichten unterfallen und daher weitgehende Transparenz hergestellt wird.

316

So sind das amerikanische Federal Reserve System (Fed) und dessen zentrales Führungsorgan, das Board of Governors of the Federal Reserve System (FRB), zwar rechtlich unabhängig und keinen Weisungen unterworfen. Die Fed beschreibt sich selbst aber als unabhängige Regierungsbehörde, die gegenüber der Öffentlichkeit und dem Kongress rechenschaftspflichtig ist. Eine Rückkopplung an den Kongress erfolgt über umfangreiche Berichtspflichten (https://www.federalreserve.gov/faqs/about_12798.htm [zuletzt abgerufen am 12. Juli 2017]; vgl. auch Heun, Die Zentralbank in den USA: das Federal Reserve System, in: Staatswissenschaften und Staatspraxis 9 [1998], S. 241 <259 f.>). Das FRB, dessen Mitglieder vom Präsidenten mit Zustimmung des Senates ("by and with the advice and consent of the Senate") ernannt werden, wird in der Literatur sogar als "independent agency des Kongresses" bezeichnet (vgl. Schäfer, Bankenaufsichtsrecht in Deutschland, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten, 2011, S. 110; siehe auch Heun, Die Zentralbank in den USA: das Federal Reserve System, in: Staatswissenschaften und Staatspraxis 9 [1998], S. 241 <245, 259 f.>).

317

Auch die Financial Services Authority (FSA) des Vereinigten Königreichs ist gegenüber dem Finanzministerium und damit mittelbar gegenüber dem Parlament verantwortlich. So wird der dem Finanzministerium vorzulegende Tätigkeitsbericht über dieses an das Parlament weitergeleitet. Die FSA wird regelmäßig zu Sitzungen des Finanzausschusses (Treasury Select Committee) geladen und dort angehört (http://www.fsa.gov.uk/about/who/accountability/parliament [zuletzt abgerufen am 12. Juli 2017]).

318

b) Charakteristisch für den Finanzmarkt ist, dass Fehlentwicklungen, denen die Aufsicht vorbeugen soll, nicht nur das einzelne Institut, sondern in besonderem Maße den Markt insgesamt betreffen. Es handelt sich um ein vernetztes Marktsystem wechselseitiger Abhängigkeiten, das in besonderem Maß vom Vertrauen der Marktteilnehmer in hinreichende Kontrollmechanismen abhängig ist (vgl. Kaufhold, Systemaufsicht: Anforderungen an die Ausgestaltung einer Aufsicht zur Abwehr systemischer Risiken entwickelt am Beispiel der Finanzaufsicht, 2016, S. 36 ff., 137 ff., 181 ff.). Die Begründung zum Regierungsentwurf des Kreditwesengesetzes (vgl. BTDrucks 3/1114, S. 19 f.) hebt hervor, dass der Finanzmarkt wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig für seine Tätigkeit das uneingeschränkte Vertrauen der Öffentlichkeit in die Sicherheit und das solide Geschäftsgebaren des gesamten Gewerbes zur Voraussetzung hat. Führen Schwierigkeiten eines Instituts zu Verlusten der Einleger, kann dadurch leicht auch das Vertrauen in die anderen Institute beeinträchtigt werden. Außerdem wirken sich ernstere Schwierigkeiten im Finanzmarkt wegen dessen volkswirtschaftlich zentraler Stellung erfahrungsgemäß auch auf andere Wirtschaftszweige aus (vgl. BVerfGE 124, 235 <246 f.>).

319

aa) Trotz des Einschätzungs- und Prognosespielraums der Bundesregierung hinsichtlich der Abgeschlossenheit der Finanzkrise und der in diesem Zusammenhang ergriffenen aufsichtlichen Maßnahmen sowie des Ausmaßes der mit einer Offenlegung einhergehenden Beeinträchtigung, insbesondere der ins Feld geführten irrationalen Reaktionen der hoch sensiblen Märkte, kann dies nicht dazu führen, dass Transparenz und demokratische Kontrolle während der Finanzkrise uneingeschränkt hintenan stehen müssen und gleichzeitig dieses Argument auf lange Zeit fortwirkt.

320

bb) Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass Transparenz als Mittel zur Marktdisziplinierung dient.

321

Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht hat bereits 1998 in seinem Bericht zur Bedeutung von Informationen für eine wirksame Marktdisziplin und eine wirksame Bankenaufsicht festgehalten, dass Transparenz Sicherheit und Solidität des Bankwesens schaffe. Die regelmäßige Offenlegung von aktuellen und verlässlichen Informationen habe für den Markt besondere Bedeutung, da Transparenz Vertrauen aufbauen, den Zugang zu den Kapitalmärkten verbessern und Marktunsicherheiten verringern könne. Wenn Marktteilnehmer "wohlinformierte" Entscheidungen treffen könnten, fördere dies ein "effizienteres und umsichtiges" Verhalten der Banken und aller Marktteilnehmer. Eine frühzeitige Offenlegung könne das Ausmaß von Marktstörungen verringern, da die Marktteilnehmer kontinuierlicher informiert würden und daher bei neuen Informationen über die aktuelle Lage nicht so leicht überreagieren dürften. Dabei sei zu beachten, dass etwa bei der Risikobeurteilung stets eine gewisse Unsicherheit bestehe, da die Rechnungslegungs- und Offenlegungsstandards der Länder sehr unterschiedlich seien und bei der Anwendung ein erheblicher Interpretations- und Ermessensspielraum bestehe sowie eine gewisse Vertraulichkeit zu wahren sei. Dass die Offenlegung für eine geschwächte Bank Probleme mit sich bringen könne, widerlege nicht das Argument, dass sie für solide Banken einen Anreiz biete, ihre Geschäfte auch weiterhin solide und effizient zu führen (vgl. Arbeitsgruppe "Transparenz" des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht, Verbesserung der Transparenz im Bankwesen - Offenlegung und aufsichtsrelevante Informationen zur Förderung eines sicheren und soliden Bankwesens, September 1998).

322

Im Bereich der Bankenaufsicht verpflichtet der deutsche Gesetzgeber mit § 26a KWG die Kreditinstitute, regelmäßig qualitative und quantitative Informationen über die Eigenmittelstruktur und -anforderungen, die Risiken ihrer Geschäftstätigkeit, das Risikomanagementverfahren, die angewandten Kreditrisikominderungstechniken, Verbriefungstransaktionen, Vergütung und Verschuldung zu veröffentlichen. § 26a KWG ergänzt die Transparenzanforderungen der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012 (CRR), die im Wesentlichen den bereits bisher bestehenden Offenlegungsanforderungen der mit der CRR aufgehobenen Bankenrichtlinie 2006/48/EG entsprechen. Die Offenlegungspflicht ermöglicht eine Beurteilung von Integrität und Tragfähigkeit einzelner Unternehmen und ihrer geschäftlichen Strategien (vgl. Ohler, Wirtschafts- und Finanzmarktberichterstattung zwischen Medienfreiheit und Regulierung, AfP 2010, S. 101 <101 f.>; Auerbach/Klotzbach, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, 3. Aufl. 2016, § 26a Rn. 1, 3; Hillen, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, CRR-VO, 5. Aufl. 2016, § 26a KWG Rn. 1 ff.).

323

c) Der Erfolg staatlicher Stützungsmaßnahmen in der Finanzkrise stellt einen Belang des Staatswohls dar.

324

Der Bund hat im Zuge der Finanzkrise der Jahre 2007/2008 Zuwendungen an Finanzinstitute vergeben, um das Banken- und Finanzsystem zu stabilisieren und vor einer existenzgefährdenden Entwicklung zu bewahren. Diese Zielsetzung könnte konterkariert werden, wenn ein Institut durch Preisgabe sensibler Informationen wirtschaftliche Nachteile erleidet oder gar in seiner Existenz bedroht wird. Damit wäre der Erfolg der unter Aufwendung von Steuergeldern in Milliardenhöhe vorgenommenen staatlichen Stützungsmaßnahmen gefährdet. Zudem würde auf diese Weise das Gebot missachtet, wirtschaftlich und sparsam mit staatlichen Mitteln umzugehen.

325

d) Das fiskalische Interesse an der Werterhaltung der Anteile der öffentlichen Hand an den Finanzinstituten kann hingegen allein und für sich genommen kein eigener Staatswohlbelang sein. Einen allgemeinen Anspruch des am Markt teilnehmenden Staates auf Werterhalt seiner Beteiligungen gibt es nicht und kann es nicht geben, da damit das Markt- und Wettbewerbsprinzip außer Kraft gesetzt würde. Für Institute, an denen der Staat aufgrund von Stützungsmaßnahmen alle oder die Mehrheit der Anteile hält, besteht aber ein auch verfassungsrechtlich anerkennenswertes öffentliches Interesse am Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse.

326

3. Die Antragsgegnerin hat die Grenze ihrer Antwortpflicht bei der Beantwortung der streitgegenständlichen Fragen zum Themenkomplex Finanzmarktaufsicht teilweise verkannt und hierdurch Rechte der Antragsteller aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 und Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt.

327

a) Die Antragsgegnerin hat ihrer Antwortpflicht in Bezug auf die Schriftlichen Fragen zur IKB/Finanzmarktaufsicht (BTDrucks 17/4350) nicht genügt.

328

aa) Die Antwort auf die in Frage 34 der BTDrucks 17/4350 enthaltene Teilfrage nach dem beim Verkauf der IKB erzielten Kaufpreis hat die Antragsgegnerin zu Unrecht verweigert.

329

Der Hinweis, über den Kaufpreis sei vertraglich Vertraulichkeit vereinbart worden, sämtliche der Vertraulichkeit unterliegende Unterlagen zu IKB-Stützung und -Verkauf einschließlich des Kaufvertrags hätten von September 2008 bis Oktober 2009 in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Einsicht ausgelegen und das Bundesministerium der Finanzen habe im Haushalts- und im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages in geheimer Sitzung hierzu berichtet, ist für eine Antwortverweigerung nicht hinreichend.

330

Der Umstand, dass an anderer Stelle und zu einem anderen Zeitpunkt geheim über den Kaufpreis berichtet wurde, kann die Beantwortung der Frage nicht ersetzen. Es wäre daher konkret anzugeben gewesen, weshalb die Antwort zum Zeitpunkt der Bearbeitung durch die Antragsgegnerin Ende 2010 verweigert wurde. Hierzu kann der schlichte Verweis auf (nicht vorgelegte) vertragliche Verschwiegenheitsvereinbarungen nicht ausreichen, zumal diese die Bundesregierung nach eigenem Vortrag in den Jahren 2008/2009 ersichtlich nicht gehindert haben, dem Bundestag über den Kaufpreis - unter Anwendung der Geheimschutzordnung - zu berichten.

331

bb) Die Antragsgegnerin war nicht berechtigt, die Antwort auf Frage 35 der BTDrucks 17/4350 zur Versagung der Genehmigung für den Rückerwerb eigener Verbindlichkeiten ohne hinreichende Begründung zu verweigern.

332

Der Verweis auf die Verschwiegenheitspflicht des § 9 KWG und die Möglichkeit, auf einen Beschluss des Deutschen Bundestages oder eines seiner Ausschüsse hin die Informationen nach VS-Eintrag in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zu hinterlegen beziehungsweise mündliche Auskunft in eingestufter Sitzung zu erteilen, genügt nicht.

333

§ 9 KWG kann als einfachrechtliche Regelung das verfassungsrechtliche Frage- und Informationsrecht des Deutschen Bundestages nicht begrenzen. Vielmehr ist er - auch im Lichte von Art. 38 GG - so auszulegen, dass er einer Auskunfterteilung dann nicht entgegensteht, wenn höherrangige öffentliche Interessen eine solche erfordern. Ein solches Interesse kann das parlamentarische Fragerecht darstellen. Ob dieses im Verhältnis zu den grundrechtlich oder über das Staatswohl geschützten Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen privater oder öffentlicher Banken als höherrangig anzusehen ist, muss die Bundesregierung jeweils im Einzelfall im Wege einer auf praktische Konkordanz und schonenden Ausgleich abzielenden Abwägung ermitteln. Die dabei anzustellenden Erwägungen sind von ihr in der Begründung zu ihrer Antwortverweigerung mitzuteilen, damit der Fragesteller anhand dieser Begründung entscheiden kann, ob sein verfassungsrechtlich verankertes Fragerecht hinreichend berücksichtigt und gewichtet worden ist. Der pauschale Verweis auf ein aus Art. 12 GG abzuleitendes Offenbarungsverbot reicht insoweit nicht aus. Vorliegend können zudem auch Banken betroffen sein, die im Zuge von Stützungsmaßnahmen verstaatlicht wurden und daher nicht grundrechtsfähig sind.

334

Soweit die Bundesregierung darauf verweist, die erfragten Informationen könnten nach Vorlage eines entsprechenden Beschlusses des Bundestages unter Anwendung der Geheimschutzordnung übermittelt werden, räumt sie implizit ein, dass sie zur vollständigen Antwortverweigerung nicht berechtigt war. Sie verkennt dabei jedoch, dass es nicht Sache der Fragesteller ist, einen Beschluss des Deutschen Bundestages herbeizuführen, um der Bundesregierung eine Antwort unter Anwendung der Geheimschutzordnung zu ermöglichen. Der Geheimhaltungsgrad nach § 3 Abs. 2 Satz 1 der Geheimschutzordnung des Deutschen Bundestages wird durch die herausgebende Stelle, vorliegend durch die Bundesregierung, bestimmt. Antworten, die auch aus verfassungsrechtlichen Gründen einer vertraulichen Behandlung im Deutschen Bundestag bedürfen, sind daher unter Angabe des Geheimhaltungsgrades an die Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zu übermitteln, wie dies in anderen hier streitgegenständlichen Fällen auch geschehen ist.

335

b) Die Antragsgegnerin hat ihre Antwortpflicht hinsichtlich der Fragen 1, 4, 6, 8, 11 und 18 der Kleinen Anfrage "Ausübung parlamentarischer Kontrollrechte im Bereich Finanzmarkt" (BTDrucks 17/3740) verkannt.

336

aa) In ihrer Vorbemerkung zur Antwort auf die Kleine Anfrage "Ausübung parlamentarischer Kontrollrechte im Bereich Finanzmarkt" (BTDrucks 17/3740) hat die Antragsgegnerin zunächst zutreffend ausgeführt, dass sie sich verpflichtet sieht, bei der Beantwortung von Fragen aus dem Parlament die Grundrechte der von diesen Fragen betroffenen Grundrechtsträger zu wahren, namentlich die durch Art. 12 (und Art. 14) GG geschützten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der betroffenen Kreditinstitute. Sie hat dabei die vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Definition des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses übernommen und darauf abgestellt, dass es wesentlich darauf ankommt, ob ein Bekanntwerden der betreffenden Information geeignet wäre, die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen. Der sodann gezogene Schluss, dies sei hier der Fall, da Informationen über Aufsichtsmaßnahmen oder Einschätzungen der Bankenaufsicht in Bezug auf einzelne Institute grundsätzlich immer geeignet seien, die Wettbewerbsposition des jeweiligen Unternehmens nachteilig zu beeinflussen, ist hingegen zu pauschal. Ob ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse besteht, hängt von den einzelnen erfragten Informationen ab.

337

Entsprechendes gilt für die Ausführungen zur Funktionsfähigkeit der Finanzmarktaufsicht als Staatswohlbelang. Die generelle Aussage, aufsichtliches Handeln oder Einschätzungen und Bewertungen der Aufsicht mit Bezug zu einzelnen Instituten dürften nicht offengelegt werden, um die Funktionsfähigkeit der Bankenaufsicht nicht zu beeinträchtigen, kann in dieser Pauschalität eine Antwortverweigerung nicht begründen, da sie dazu führte, die Tätigkeit der BaFin der parlamentarischen Kontrolle vollständig zu entziehen. Die drohende Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Aufsicht muss daher ebenso wie drohende Vertrauensverluste des Marktes in Bezug auf beaufsichtigte Institute konkret und nachvollziehbar dargelegt werden.

338

Dass die hier erfragte Zusammenstellung der Teilnahme der Bankenaufsicht an den Sitzungen der Gremien mit Kontrollaufgaben bestimmter Banken über mehrere Jahre hinweg ebenso wie die Dokumentation der Häufigkeit, mit der die Bankenaufsicht sich in den Gremien äußerte, Rückschlüsse auf das Verhältnis zwischen der betroffenen Bank und der Bankenaufsicht zuließe und der Öffentlichkeit einen Eindruck vermitteln könnte, ob und in welchem Umfang der Geschäftsbetrieb einer Bank aus Sicht der Bankenaufsicht einer gewissen Kontrolle bedurfte, kann als Antwortverweigerungsgrund nicht ausreichen. Auch eine generelle Beschränkung auf die nicht öffentliche Beantwortung der diesbezüglichen Fragen lässt sich so nicht rechtfertigen. Wenn schon die bloße Tatsache der Beaufsichtigung und ihrer Häufigkeit nicht der parlamentarischen Kontrolle zugänglich wären, dann verbliebe im Ergebnis kein relevanter kontrollierbarer Bereich der Aufsicht. Dies hätte zur Folge, dass die Finanzmarktaufsicht keine sachlich-inhaltliche demokratische Legitimation mehr in Anspruch nehmen könnte. Die Legitimationskette wäre zwar nicht zwischen BaFin und Bundesregierung, wohl aber zwischen dieser und dem Bundestag unterbrochen. Die dann verbleibende personelle und institutionelle Legitimation könnte angesichts der gesamtgesellschaftlichen Bedeutung des in Rede stehenden Verwaltungshandelns kein ausreichendes Legitimationsniveau herstellen.

339

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die erfragte Aufsichtstätigkeit zum Zeitpunkt der Fragen bereits mehrere Jahre zurücklag und schon damals allgemein bekannt war, dass sich die betroffenen Finanzinstitute in einer besonderen Schieflage befunden hatten und teilweise mit ganz erheblichen staatlichen Mitteln gerettet werden mussten. Der in den Vorbemerkungen angeführte Hinweis der Bundesregierung, das Geheimhaltungsinteresse der betroffenen Institute bestehe gleichwohl fort, da Marktteilnehmer typischerweise daraus Rückschlüsse auf die gegenwärtige und zukünftige wirtschaftliche Lage und Wettbewerbssituation der Institute zögen, genügt insoweit als Antwortverweigerungsgrund nicht. Zudem würde eine solche Argumentation dazu führen, dass die Aufsichtstätigkeit der BaFin nicht nur während, sondern auch noch Jahre nach einer Finanzkrise der parlamentarischen Kontrolle entzogen wäre, so dass auch eine Aufarbeitung etwaiger vergangener Versäumnisse und eine darauf gestützte Erarbeitung von Lösungen zur Vermeidung künftiger Krisen nicht möglich wäre.

340

bb) Die Antragsgegnerin hat die Antwort auf Frage 1 der Kleinen Anfrage "Ausübung parlamentarischer Kontrollrechte im Bereich Finanzmarkt" (BTDrucks 17/3740) zur Teilnahme der BaFin an Aufsichtsratssitzungen der (später) SoFFin-gestützten Finanzinstitute in den Jahren 2005 bis 2008 zu Unrecht verweigert.

341

Die von der Bundesregierung angeführten Gründe reichen nicht aus, um die öffentliche Beantwortung der Frage nach der Teilnahme der BaFin an den Gremiensitzungen zu verweigern und sich auf eine vertrauliche Antwort zu beschränken.

342

(1) Die Bundesregierung beruft sich anscheinend auf zwei verschiedene Grenzen des Fragerechts und ihrer Antwortpflicht. Soweit es heißt, die Teilnahme von Mitarbeitern der BaFin beziehungsweise der Bundesbank an Sitzungen von Gremien mit Kontrollaufgaben sei äußerst sensibel und ein weitreichender Eingriff in die Grundrechte der Finanzinstitute, könnte man dies so verstehen, dass sich die Bundesregierung auf Grundrechte Dritter als Grenze des Fragerechts berufen wolle. Allerdings wird hier der Grundrechtseingriff nicht in der öffentlichen Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage, sondern in der Gremienteilnahme selbst als Aufsichtsmittel gesehen. Insofern beschränken sich die Antwortverweigerungsgründe auf die mit der Veröffentlichung detaillierter Informationen verbundene Gefahr eines irreversiblen Vertrauensverlustes in das jeweilige Institut mit entsprechender Reaktion des Marktes, insbesondere seiner Gläubiger.

343

Die Bundesregierung hat in ihrer Antwort nicht klargestellt, wie sie diesen Belang in das Gefüge der anerkannten Antwortverweigerungsgründe einordnet, namentlich ob es hierbei um den Schutz von Grundrechten der (privaten) Banken oder um Belange des Staatswohls gehen soll.

344

Die Frage der Antragsteller zielte darauf zu erfahren, an wie vielen Gremiensitzungen bestimmter Finanzinstitute Mitarbeiter der BaFin in einem bestimmten Zeitraum teilgenommen haben. Zwar mögen die Finanzinstitute ein Interesse an der Geheimhaltung dieser Tatsachen haben. Es handelt sich hierbei aber weder um technisches noch um kaufmännisches Wissen des jeweiligen Finanzinstituts, mithin nicht um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Es geht allein um einen Umstand, der mit der externen Beaufsichtigung durch Behörden verbunden ist. Auch werden nicht Informationen erfragt, die die Banken der BaFin im Rahmen von Beaufsichtigungsmaßnahmen preisgeben mussten, so dass auch deren Kooperationsverhalten nicht in Rede steht. Vielmehr ist Fragegegenstand die Anzahl behördlicher Maßnahmen. Behördliches Handeln wird aber nicht dadurch zu einem Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, dass das hierdurch betroffene Unternehmen ein Interesse an der Geheimhaltung dieses Handelns hat.

345

Somit könnte allenfalls die Vermeidung irreversibler Vertrauensverluste in das jeweilige Finanzinstitut mit entsprechender Reaktion des Marktes als Staatswohlbelang geeignet sein, eine Antwortverweigerung zu rechtfertigen. Wenn die Veröffentlichung von Informationen über die staatliche Bankenaufsicht zu Vertrauensverlusten und entsprechenden Marktreaktionen führen sollte, dann wäre die Vermeidung dieser Reaktionen und der damit wiederum verbundenen Gefahr für den gesamten Bankensektor ein anerkennenswerter Staatswohlbelang, und zwar sowohl wegen der damit einhergehenden Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Aufsicht als auch wegen der durch Stützungsmaßnahmen betroffenen fiskalischen Interessen des Staates. Allerdings bedarf es angesichts des Verfassungsrangs und der Bedeutung des parlamentarischen Fragerechts für die demokratische Kontrolle des Handelns der Regierung und ihrer nachgeordneten Behörden einer konkreten Darlegung, aufgrund welcher genauen Umstände welche Art von Marktreaktion erwartbar und wahrscheinlich ist.

346

Vorliegend hätte es einer solchen konkreten Darlegung schon deshalb bedurft, weil nur Aufsichtsmaßnahmen der Jahre 2005 bis 2008, das heißt im Zeitraum vor Eintritt der Finanzkrise, erfragt wurden. Es ist allgemein bekannt, dass die Banken, auf die sich die Frage bezog, in den Folgejahren - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - in Schieflage gerieten und teilweise erheblich durch den Staat gestützt werden mussten, bis hin zu einer vollständigen Verstaatlichung etwa bei der HRE. Es hätte dargelegt werden müssen, warum die Informationen über die Aufsichtstätigkeit der BaFin und der Bundesbank in Bezug auf diese Finanzinstitute vor der Finanzkrise bei einer Veröffentlichung Ende 2010/Anfang 2011 noch geeignet sein sollten, das Vertrauen der Märkte zu erschüttern.

347

(2) Hinsichtlich der Wortmeldungen erscheint die Angabe der Bundesregierung, Wortprotokolle über diese Sitzungen würden regelmäßig nicht geführt, Wortmeldungen der Aufsicht seien damit für die Beantwortung der Anfrage nicht darstellbar, auslegungsbedürftig. Die Angabe "regelmäßig" bedeutet nicht, dass in den relevanten Sitzungen kein Wortprotokoll geführt wurde. Die Antragsgegnerin hätte darlegen müssen, dass in den konkret nachgefragten Sitzungen keine Wortprotokolle angefertigt wurden. Soweit die Antragsgegnerin sich darauf berufen wollte, dass es ihr unmöglich oder unzumutbar sei, nachträglich zu rekonstruieren, ob Wortprotokolle geführt wurden und ob sich jeweils Mitarbeiter der Aufsichtsbehörden zu Wort gemeldet haben, hätte es näherer Ausführungen zum Umfang des mit der Rekonstruktion verbundenen Aufwandes bedurft.

348

cc) Auch bei der Verweigerung einer öffentlichen Antwort auf Frage 4 der Kleinen Anfrage betreffend die Aufsichtsgespräche der BaFin beziehungsweise der Bundesbank mit den Finanzinstituten in den Jahren 2005 bis 2008 hat die Antragsgegnerin die Reichweite ihrer Begründungspflicht verkannt.

349

Die abstrakte Berufung auf die möglicherweise bestehende Gefahr, dass durch die Offenlegung der Anzahl der anlassbezogenen Aufsichtsgespräche auf Einzelinstitutsbasis die Wettbewerbsposition der betroffenen Finanzinstitute nachteilig beeinflusst werden könne, rechtfertigt für sich genommen die Verweigerung einer öffentlichen Antwort nicht. Die Anberaumung solcher Gespräche stellt kein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis der jeweiligen Finanzinstitute dar, sondern staatliches Aufsichtshandeln. Dass durch die öffentliche Mitteilung anlassbezogener Aufsichtsgespräche vor Ausbruch der Finanzkrise Grundrechte der Finanzinstitute - soweit diese überhaupt Grundrechtsschutz in Anspruch nehmen können - betroffen sind, ist nicht erkennbar. Auch geht es nicht um Angaben der Finanzinstitute gegenüber der BaFin, so dass eine mögliche Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Aufsicht aufgrund freiwilliger Kooperation nicht im Raume steht.

350

Die Wettbewerbsposition der einzelnen Finanzinstitute kann auch nicht als Staatswohlbelang anerkannt werden. Soweit das Funktionieren der Finanzmarktaufsicht und fiskalische Interessen des Staates an der Wirksamkeit erfolgter und der Vermeidung künftiger Stützungsmaßnahmen angesprochen sind, reicht die Begründung auch bei dieser Antwort nicht aus. Es liegen keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor und sind auch nicht dargetan, dass die Kenntnis der Öffentlichkeit von Aufsichtsmaßnahmen der Jahre 2005 bis 2008 bei danach bekanntermaßen in Schieflage geratenen und gestützten Finanzinstituten noch Ende 2010/Anfang 2011 tatsächlich zu negativen Reaktionen auf den Märkten hätte führen können.

351

dd) Die Antragsgegnerin hat die Verweigerung der Antwort auf Frage 6 der Kleinen Anfrage zu Sonderprüfungen der BaFin ebenfalls nicht hinreichend begründet. Die Begründung macht für sich genommen nicht plausibel, warum nur eine eingestufte, mithin nicht öffentliche Antwort erteilt werden konnte.

352

Auch bei dieser Frage sind keine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der beaufsichtigten Kreditinstitute betroffen, so dass der Schutz von Grundrechten dieser Institute nicht in Rede steht, ebenso wenig wie deren freiwillige Kooperation mit der BaFin. Es geht wiederum nur um (gesetzlich vorgesehene) Aufsichtsmaßnahmen des Staates.

353

Die Angaben der Bundesregierung zu den mit der Offenlegung der Sonderprüfungen der Jahre 2005 bis 2008 verbundenen Gefahren für das Vertrauen in die geprüften Finanzinstitute und zu möglichen Marktreaktionen reichen auch hier nicht aus, um die Verweigerung einer öffentlichen Antwort zu begründen. Die Bundesregierung hätte näher begründen müssen, weshalb bei so lange zurückliegenden Maßnahmen Ende 2010/Anfang 2011 noch negative Marktreaktionen in Bezug auf bekanntermaßen staatlich gestützte Finanzinstitute zu erwarten waren.

354

ee) Die Antragsgegnerin hat die Notwendigkeit, die Antwort auf Frage 8 der Kleinen Anfrage zur aufsichtlichen Behandlung außerbilanzieller Conduits nur eingestuft zu erteilen, nicht hinreichend begründet.

355

Auch diese Frage zielt nicht auf die Offenlegung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der beaufsichtigten Finanzinstitute. Gefragt wird vielmehr nach der Behandlung von sogenannten Conduits durch die Aufsichtsbehörden, nach den diesbezüglich mit den Banken geführten Gesprächen, nach dem damaligen Kenntnisstand der Behördenmitarbeiter und nach Rechtsänderungen in Bezug auf diese Conduits in Folge der Finanzkrise.

356

Wiederum verbleibt als Argument der Antragsgegnerin allein die nicht näher begründete oder gar belegte Annahme, schon das Bekanntwerden der Kontrollintensität der Bankenaufsicht im Hinblick auf einzelne Institute könne zu einem irreversiblen Vertrauensverlust in das jeweilige Finanzinstitut mit entsprechenden Reaktionen des Marktes führen. Sie macht jedoch keine konkreten und auf den Einzelfall bezogene Angaben dazu, weshalb und mit welchen Reaktionen genau zu rechnen sein soll. Im Ergebnis scheint sie der Ansicht zu sein, dass die Kontrollintensität der Bankenaufsicht der öffentlichen parlamentarischen Kontrolle generell entzogen sei. Eine solche Bereichsausnahme sehen aber weder die Verfassung noch das einfache Recht vor.

357

Soweit die Antragsgegnerin in ihrer Antwort auf Frage 8 ergänzend anführt, dass die in der Vergangenheit abgeschlossenen Geschäfte bis heute Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Finanzinstitute hätten, ist auch diese Angabe nicht bestimmt genug, um eine angemessene Abwägung zwischen den betroffenen Staatswohlbelangen - wenn man die Wettbewerbsfähigkeit der Banken als einen solchen ansehen wollte - und dem parlamentarischen Fragerecht zu ermöglichen. Sie ist überdies zu undifferenziert, soweit sich etwa einzelne Conduits in der Abwicklung befinden. Es bedürfte näherer Darlegung, dass selbst in einer solchen Situation mit der Offenlegung von früheren Maßnahmen der Bankenaufsicht nach wie vor die Gefahr "irreparabler Vertrauensverluste" und "irrationaler Marktreaktionen" einhergehen würde, die das parlamentarische Informationsinteresse zurücktreten ließe.

358

ff) Die Antragsgegnerin hat die Verweigerung der öffentlichen Beantwortung der Frage 11 zu Maßnahmen der BaFin beziehungsweise der Bundesbank gegenüber der HSH Nordbank nicht hinreichend begründet und damit ihre verfassungsrechtliche Pflicht verkannt.

359

Diese Frage bezieht sich mit den internen Kontrollen und der Risikosteuerung der HSH Nordbank auf unternehmensbezogene Tatsachen und Vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung die HSH Nordbank möglicherweise ein berechtigtes Interesse hat. Es kann offen bleiben, ob es sich bei den Techniken der Steuerung und Kontrolle um Betriebsgeheimnisse und bei den Organisationsstrukturen innerhalb der Bank sowie deren personeller und sächlicher Ausstattung um Geschäftsgeheimnisse handelt. Die HSH Nordbank ist eine Landesbank, die aus der Fusion der Landesbanken von Hamburg und Schleswig-Holstein hervorgegangen ist und deren Anteile sich im maßgeblichen Zeitraum ganz überwiegend in öffentlicher Hand befanden. Sie ist folglich nicht grundrechtsberechtigt und war es auch im fraglichen Zeitraum nicht.

360

Ein Interesse an der Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der HSH Nordbank als Staatswohlbelang kann sich daher zum einen als fiskalisches Interesse auf Länderebene auf Seiten der Eigentümer ergeben. Zum anderen könnte das fiskalische Interesse des Bundes berührt sein, wenn tatsächlich ein irreparabler Vertrauensverlust einträte und die Bank durch hieraus resultierende Marktreaktionen in eine Schieflage geriete, die die Leistungsfähigkeit der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein überstiege und Folgewirkungen auf dem gesamten Finanzsektor zeitigte. Dies bedürfte allerdings einer näheren Erläuterung durch die Antragsgegnerin im Rahmen der Verweigerung einer öffentlichen Antwort. Die HSH Nordbank musste aufgrund der Finanzkrise durch Garantien des SoFFin und durch Eigenkapitalhilfen und Garantien der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein in Milliardenhöhe gerettet werden (vgl. Konzerngeschäftsbericht 2010, S. 6 f.). Wenn die streitgegenständliche Frage nun darauf abzielt, zu erfahren, durch welche Maßnahmen Aufsichtsbehörden auf die HSH Nordbank eingewirkt haben, um die internen Kontrollen und die Risikosteuerung auf neue Entwicklungen im Geschäftsmodell auszurichten, dann ist nicht von vornherein ersichtlich, wie eine diesbezügliche Antwort zu Vertrauensverlusten führen könnte. Eher wäre eine Vertrauensstärkung zu erwarten, es sei denn, dass solche Aufsichtsmaßnahmen unterblieben sein sollten. In diesem Fall wäre die parlamentarische Aufklärung aber umso bedeutsamer.

361

gg) Die Antragsgegnerin hat zu Unrecht die Antwort auf Frage 18 zu den Gehalts- und Bonuszahlungen über 500.000 Euro bei SoFFin-gestützten Finanzinstituten nur eingestuft erteilt.

362

Der Verantwortungsbereich der Bundesregierung bezieht sich auf alles staatliche Handeln der Exekutive des Bundes, für das demokratische Legitimation erforderlich ist und in Anspruch genommen wird, also auch auf die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand durch die 100%ige oder mehrheitliche Beteiligung an privatrechtlich organisierten Unternehmen. Folglich konnte die Antragsgegnerin jedenfalls in Bezug auf die Banken, an denen der Bund - gegebenenfalls mittelbar über den SoFFin - mehrheitlich beteiligt ist, die Beantwortung der Frage nicht unter Verweis auf ihre fehlende Verantwortung verweigern. Es kann daher dahinstehen, ob sie dies mit ihrer vorliegenden Antwort überhaupt getan hat.

363

Offensichtlich stellen Vergütungsvereinbarungen Geschäftsgeheimnisse dar. Es handelt sich um unternehmensbezogene Tatsachen, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Es ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass mit der Offenlegung von Vergütungsstrukturen die Gefahr der Abwerbung von Mitarbeitern und der sinkenden Attraktivität des Arbeitgebers einhergehen kann.

364

Soweit es um das Grundrecht der betroffenen Mitarbeiter auf informationelle Selbstbestimmung geht, wurde zwar keine namentliche Aufschlüsselung erbeten. Allerdings erscheint es plausibel, dass Experten in der Lage sein könnten, die Angaben einzelnen Personen zuzuordnen. Dies gilt umso mehr, je kleiner der Kreis der für eine Vergütung von über 500.000 Euro in Betracht kommenden Personen ist.

365

Gleichwohl überwiegt das parlamentarische Interesse an einer öffentlichen Antwort mit dem Ziel der Kontrolle der Mitarbeitervergütung bei vom SoFFin gestützten Finanzinstituten das Interesse an der Geheimhaltung dieser Informationen. Denn es geht um die Verwendung der durch den öffentlichen Haushalt den Finanzinstituten zur Verfügung gestellten Mittel. Dabei ist die Wertung des Gesetz- und Verordnungsgebers zu berücksichtigen, dass bei Banken, die auf der Grundlage von § 7 FMStFG gestützt wurden, während der Dauer der Stabilisierungsmaßnahme gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 4a FMStFV eine Vergütung der Organmitglieder und Geschäftsleiter, die 500.000 Euro pro Jahr übersteigt, grundsätzlich als unangemessen gilt. Zwar hat der Verordnungsgeber von der Ermächtigungsgrundlage in § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 FMStFG, Anforderungen an die Vergütung der Organe, Angestellten und wesentlichen Erfüllungsgehilfen zu bestimmen, nur im Hinblick auf die Organmitglieder und Geschäftsleiter Gebrauch gemacht. Allerdings sollen nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 FMStFV die Institute über die konkrete Vergütung der Organmitglieder und Geschäftsleiter hinaus ihre Vergütungssysteme insgesamt auf ihre Anreizwirkung und Angemessenheit überprüfen. Vergütungssysteme sollen nicht zur Eingehung unangemessener Risiken verleiten, sondern an langfristigen und nachhaltigen Zielen ausgerichtet sein. Im Hinblick auf das parlamentarische Informationsinteresse kann es daher keinen Unterschied machen, auf welcher Ebene eine entsprechend hohe Vergütung gezahlt und staatliche Mittel eingesetzt werden. Insofern stellt die anonymisierte Veröffentlichung von Gehältern über 500.000 Euro bei gestützten Finanzinstituten eine Konsequenz der kontrollbedürftigen Vergabe von Finanzmarktstabilisierungsmaßnahmen dar. Zwar mag die Gefahr bestehen, dass die auf diese Weise kontrollierten Finanzinstitute Ziel verstärkter Personalabwerbebemühungen anderer Finanzinstitute werden. Das hiermit verbundene Maß an Transparenz ist vor dem Hintergrund der ohnehin geltenden normativen Vorgaben beschränkt; mögliche negative Effekte sind insofern hinzunehmen. Soweit mit der Frage lediglich eine Aufschlüsselung nach Finanzinstitut, Art der SoFFin-Hilfe, Jahr, Mitarbeiterzahl und Betrag erbeten wurde, ist hiermit ein für die einzelnen Mitarbeiter geringerer Eingriff in ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung verbunden als im Falle der Namensnennung, selbst wenn es für einige wenige Personen mit Expertenwissen möglich sein sollte, auf einzelne Personen rückzuschließen. Im Übrigen ist das allgemeine Bekanntwerden der Vergütung für die Betroffenen nicht der engeren Privatsphäre zuzuordnen, sondern dem beruflichen Bereich.

366

c) Die Antragsgegnerin hat die Antwort auf die Frage 14 der Kleinen Anfrage "Ausübung parlamentarischer Kontrollrechte im Bereich Finanzmarkt" (BTDrucks 17/3740) zur Einordnung der (später) SoFFin-gestützten Finanzinstitute in die Zwölf-Felder-Matrix in den Jahren 2005 bis 2008 berechtigterweise als VS-Vertraulich eingestuft in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Verfügung gestellt.

367

Ungeachtet der Frage, ob in Bezug auf die Zwölf-Felder-Matrix Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der beaufsichtigten privaten Kreditinstitute betroffen sein könnten, kann die Bekanntgabe der Risikoeinstufung eines privaten Kreditinstitutes durch die BaFin beziehungsweise durch die Antragsgegnerin in den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG eingreifen. Das Freiheitsrecht des Art. 12 Abs. 1 GG schützt das berufsbezogene Verhalten einzelner Personen oder Unternehmen am Markt. Behindert eine den Wettbewerb beeinflussende staatliche Maßnahme eine juristische Person in ihrer beruflichen Tätigkeit, so stellt dies eine Beschränkung ihres Freiheitsrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG dar (vgl. BVerfGE 86, 28 <37>; 115, 205 <230>; 137, 185 <243 f. Rn. 154>). Eine Information der Öffentlichkeit durch Offenlegung der Einstufung nur einiger Finanzinstitute in die Matrix kann die Gefahr begründen, dass der Markt mangels weiterer Anhaltspunkte jede Einstufung unterhalb der höchsten Stufe als negativ ansehen könnte.

368

Soweit öffentliche, verstaatlichte oder teilverstaatlichte Kreditinstitute wie die HRE betroffen sind, sind diese zwar nicht grundrechtsfähig, ihre Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind aber als Staatswohlbelang geschützt.

369

Dem steht das parlamentarische Interesse an der Kontrolle der Aufsichtstätigkeit der BaFin über die Kreditinstitute gegenüber. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Anfrage sich nur auf die Jahre 2005 bis 2008 richtet, also den Zeitraum (kurz) vor Beginn der Finanzkrise. Den Fragestellern geht es ersichtlich darum, festzustellen, ob die BaFin mit ihrer Zwölf-Felder-Matrix das Risiko, welches sich in den Folgejahren tatsächlich realisierte, angemessen erfasst und erkannt hat. Dieses Kontrollinteresse ist gewichtig, da es um die Aufarbeitung der Finanzkrise und ihrer Ursachen sowie um die Möglichkeiten zur Vermeidung künftiger Krisen durch gegebenenfalls verbesserte Aufsichtsmechanismen geht.

370

Die Annahme der Antragsgegnerin, dass die Veröffentlichung einer Risikoeinstufung von Kreditinstituten in den Jahren 2007 und 2008 auch Ende 2010/Anfang 2011 geeignet ist, Marktreaktionen auszulösen, die sowohl das jeweils betroffene Institut schädigen als auch im Extremfall eine neue Finanzkrise herbeiführen können, ist nicht von vornherein auszuschließen. Dabei besteht auch bei den nicht grundrechtsberechtigten verstaatlichten Finanzinstituten ein staatliches Interesse an der Vermeidung neuer Risiken bei diesen und in der Folge auf dem gesamten Finanzmarkt.

371

Vor diesem Hintergrund stellt die Anwendung der Geheimschutzordnung des Deutschen Bundestages ein Instrument eines angemessenen Ausgleichs zwischen den verfassungsrechtlich anzuerkennenden Geheimhaltungsinteressen der Kreditinstitute und der Antragsgegnerin einerseits und dem parlamentarischen Informations- und Kontrollinteresse andererseits dar.

D.

372

Besondere Billigkeitsgründe, die die Anordnung einer Auslagenerstattung nach § 34a Abs. 3 BVerfGG ausnahmsweise angezeigt erscheinen lassen (vgl. BVerfGE 96, 66 <67>), liegen nicht vor.

(1) Die erhobenen Daten werden nach Maßgabe der folgenden Vorschriften zentral verarbeitet und aufbereitet.

(2) Das Statistische Bundesamt ist für die Führung des Anschriften- und Gebäuderegisters im Rahmen der Durchführung des Zensus und die damit verbundene Erfüllung der Aufgaben nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 zuständig. Bei den Zusammenführungen nach § 9 sind die im Anschriften- und Gebäuderegister gespeicherten Angaben zu nutzen.

(3) Das Statistische Bundesamt stellt das Metadatensystem für den Zensus bereit.

(4) Das Statistische Bundesamt stellt die Informationstechnik für die Übernahme und Zusammenführung der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten sowie der Angaben aus den erwerbsstatistischen Registern nach den §§ 4 und 5 in das dort für den Zensus betriebene Datenbanksystem bereit. Die Übernahme und Zusammenführung der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten und der erwerbsstatistischen Angaben nach § 5 Satz 2 obliegt den statistischen Ämtern der Länder. Die melde- und erwerbsstatistischen Angaben werden mit dem Anschriften- und Gebäuderegister verbunden und bilden zusammen einen Referenzdatenbestand, der vom Statistischen Bundesamt bereitgehalten wird. Der Referenzdatenbestand ist im Zusammenwirken mit den statistischen Ämtern der Länder zu nutzen, um Erhebungs- und Hilfsmerkmale erhebungsteilübergreifend durch automatisierten Abgleich auf ihre Schlüssigkeit und Vollständigkeit zu prüfen; die Fachkonzepte sind abzustimmen.

(5) Der Referenzdatenbestand nach Absatz 4 Satz 3 wird um das Ergebnis der Abgleiche ergänzt. Dabei festgestellte Unstimmigkeiten, insbesondere zwischen den Angaben aus unterschiedlichen Erhebungsteilen, werden von den statistischen Ämtern geklärt und in den Referenzdatenbestand eingearbeitet.

(6) Das Statistische Bundesamt gewährt den statistischen Ämtern der Länder zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz Zugriff auf den Referenzdatenbestand nach Absatz 4 Satz 3 sowie Absatz 5. Die statistischen Ämter der Länder nutzen diese Daten für die Durchführung und Aufbereitung der Angaben aus der Gebäude- und Wohnungszählung sowie den Datenerhebungen nach den §§ 7, 8, 15 Absatz 4 und § 16.

(7) Die statistischen Ämter der Länder nehmen die informationstechnischen Aufgaben für die primärstatistische Erhebung, Aufbereitung und Auswertung der Angaben nach den §§ 6 bis 8 Absatz 4 und 5 arbeitsteilig im Sinne einer zentralen Verarbeitung und Datenhaltung wahr. Dies gilt auch für die Aufgabe nach § 9 Absatz 3. Verantwortlich für die Stichproben und Erhebungen in Sondergebäuden (§§ 7 und 8) ist der Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen, für die Gebäude- und Wohnungszählung (§ 6) das Statistische Landesamt des Freistaates Sachsen, für die Haushaltegenerierung (§ 9 Absatz 3) und für die Auswertungsdatenbank das Bayerische Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung.

(8) Die datenschutzrechtliche Verantwortung für die zentral gespeicherten Daten trägt das nach den Absätzen 1 bis 7 zuständige statistische Amt. Es hat insbesondere zu gewährleisten, dass die Daten von den anderen statistischen Ämtern nur im Rahmen ihrer jeweiligen Aufgaben nach diesem Gesetz abgerufen werden können. Die Verantwortung für die Zulässigkeit des Abrufs im automatisierten Verfahren trägt der Empfänger.

(1) Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, daß eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.

(2) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung, Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers über Grundsätze und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Postwesens und der Telekommunikation, über die Grundsätze der Erhebung des Entgelts für die Benutzung der Einrichtungen der Eisenbahnen des Bundes, über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, sowie Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen oder die von den Ländern im Auftrage des Bundes oder als eigene Angelegenheit ausgeführt werden.

(3) Der Bundesrat kann der Bundesregierung Vorlagen für den Erlaß von Rechtsverordnungen zuleiten, die seiner Zustimmung bedürfen.

(4) Soweit durch Bundesgesetz oder auf Grund von Bundesgesetzen Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, sind die Länder zu einer Regelung auch durch Gesetz befugt.

(1) Zur Aktualisierung des Anschriften- und Gebäuderegisters nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 vom 8. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2808) sowie zur Vorbereitung und Durchführung des Zensus übermitteln die Meldebehörden den statistischen Ämtern der Länder für jede gemeldete Person elektronisch die folgenden Daten:

1.
Ordnungsnummer im Melderegister,
2.
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
3.
Straße, Straßenschlüssel, Hausnummer und Anschriftenzusätze,
4.
Wohnort, Postleitzahl und amtlicher Gemeindeschlüssel,
5.
Tag der Geburt,
6.
Standesamt und Nummer des Geburtseintrags,
7.
Geburtsort einschließlich erläuternder Zugehörigkeitsbezeichnungen,
8.
bei im Ausland Geborenen: Geburtsstaat,
9.
Geschlecht,
10.
Staatsangehörigkeiten,
11.
Familienstand,
12.
Wohnungsstatus (alleinige Wohnung, Haupt- oder Nebenwohnung),
13.
Anschrift und Wohnungsstatus in der Gemeinde, aus der die Person zugezogen ist,
14.
Anschrift der zuletzt bewohnten Wohnung in der Gemeinde,
15.
Tag des Beziehens der Wohnung,
16.
Tag des Zuzugs in die Gemeinde,
17.
Herkunftsstaat bei Zuzug aus dem Ausland,
18.
Tag der Anmeldung bei der Meldebehörde,
19.
Tag des Wohnungsstatuswechsels,
20.
Familienname, frühere Namen, Vornamen, Tag der Geburt und Ordnungsnummer des Ehegatten oder des eingetragenen Lebenspartners oder der eingetragenen Lebenspartnerin,
21.
Familienname, frühere Namen, Vornamen, Tag der Geburt und Ordnungsnummer der minderjährigen Kinder sowie Familienname, Vornamen, Tag der Geburt, Schlüssel und Ordnungsnummer der gesetzlichen Vertreter,
22.
Tag der letzten Eheschließung oder Begründung der letzten eingetragenen Lebenspartnerschaft,
23.
Tag der Auflösung der letzten Ehe oder letzten eingetragenen Lebenspartnerschaft,
24.
Anschrift des Wohnungsgebers,
25.
Information über freiwillige Anmeldung im Melderegister,
26.
Übermittlungssperre nebst Grund der Übermittlungssperre,
27.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft.

(2) Die Meldebehörden übermitteln die Daten nach Absatz 1:

1.
zum Stichtag 1. November 2010,
2.
zum Berichtszeitpunkt,
3.
zum Stichtag 9. August 2011
jeweils innerhalb von vier Wochen nach den genannten Zeitpunkten.

(3) Für die in das Ausland entsandten

1.
Angehörigen der Bundeswehr,
2.
Personen, die für die Bundeswehr tätig sind,
3.
Angehörigen der Polizeibehörden,
4.
Angehörigen des Auswärtigen Dienstes mit Ausnahme der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen
sowie für ihre dort ansässigen in Deutschland nicht gemeldeten Familienangehörigen sind dem Statistischen Bundesamt innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt elektronisch folgende personenbezogene Daten zu übermitteln:
1.
Familienname, frühere Namen, Vornamen,
2.
Geschlecht,
3.
Tag der Geburt,
4.
Staat des gegenwärtigen Aufenthalts,
5.
Tag des Beginns des Auslandsaufenthaltes seit Versetzung aus dem Inland.

(4) Für die Übermittlung der Angaben nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2 ist das Bundesministerium der Verteidigung zuständig, für die Angaben nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 das Bundesministerium des Innern und für die Angaben nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 4 das Auswärtige Amt.

(5) Die nach Absatz 2 Nummer 1 übermittelten Daten werden als Hilfsmerkmale für die Durchführung des Zensus erfasst.

(6) Von den nach Absatz 2 Nummer 2 und 3 übermittelten Daten werden die Daten nach Absatz 1 Nummer 4 und 5 (Angabe des Monats und des Jahres aus dem Merkmal Tag der Geburt), 7 bis 12 sowie 15 bis 19 als Erhebungsmerkmale und die nach Absatz 1 Nummer 1 bis 3, 5 (Angabe des Tages aus dem Merkmal Tag der Geburt), 6, 13, 14 sowie 20 bis 26 als Hilfsmerkmale erfasst.

(7) Die statistischen Ämter der Länder übermitteln dem Statistischen Bundesamt die Daten nach Absatz 1 nach Abschluss der Vollzähligkeits- und Vollständigkeitsüberprüfung jeweils spätestens acht Wochen nach den in Absatz 2 genannten Zeitpunkten.

(1) Das Statistische Bundesamt legt den bundesweiten Stichprobenplan fest, zieht die Stichproben nach § 7 Absatz 3 des Zensusgesetzes 2011 bundesweit jeweils am gleichen Datum und dokumentiert das Auswahlverfahren sowie die einbezogenen Anschriften.

(2) Bei der Erstellung des Stichprobenplans und bei der Stichprobenziehung sind die Qualitätsvorgaben aus dem vom Statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsprojekt zur Entwicklung des Stichprobenverfahrens zu berücksichtigen.

(3) Für den Stichprobenplan und die Stichprobenziehung ist Folgendes maßgebend:

1.
Auswahlgrundlage ist der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum in dem nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 vom 8. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2808) erstellten Anschriften- und Gebäuderegister. Die Stichprobenziehung erfolgt mit Stand vom 1. September 2010. Für Anschriften mit Wohnraum, die zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt des Zensus 2011 (9. Mai 2011) neu in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen werden, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen.
2.
Der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum ist regional nach Erhebungsgebieten zu gliedern. Erhebungsgebiete sind Gemeinden mit mindestens10 000Einwohnern, in Städten mit mindestens400 000Einwohnern auch Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern und die auf der Kreisebene zusammengefassten Gemeinden unter10 000Einwohnern.
3.
Für jedes Erhebungsgebiet ist der jeweilige Anschriftenbestand zunächst aufsteigend nach der Zahl der an der Anschrift mit alleinigem Wohnsitz oder mit Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldeten Personen zu ordnen und anschließend in acht überschneidungsfreie Schichten mit etwa der gleichen Anzahl an Personen zu gliedern. Für Anschriften mit Sonderbereichen nach § 8 Absatz 5 Satz 2 des Zensusgesetzes 2011 wird zusätzlich eine eigene Schicht gebildet.
4.
Innerhalb der Schichten werden die Anschriften nach einem mathematischen Zufallsverfahren ausgewählt.
5.
Das Stichprobenverfahren wird so ausgerichtet, dass für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern die gleiche Auswahlwahrscheinlichkeit für alle Anschriften und Personen gegeben ist.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, daß eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.

(2) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung, Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers über Grundsätze und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Postwesens und der Telekommunikation, über die Grundsätze der Erhebung des Entgelts für die Benutzung der Einrichtungen der Eisenbahnen des Bundes, über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, sowie Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen oder die von den Ländern im Auftrage des Bundes oder als eigene Angelegenheit ausgeführt werden.

(3) Der Bundesrat kann der Bundesregierung Vorlagen für den Erlaß von Rechtsverordnungen zuleiten, die seiner Zustimmung bedürfen.

(4) Soweit durch Bundesgesetz oder auf Grund von Bundesgesetzen Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, sind die Länder zu einer Regelung auch durch Gesetz befugt.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Für die Durchführung und Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs übermitteln die Krankenkassen für jedes Jahr bis zum 15. August des jeweiligen Folgejahres je Versicherten

1.
die Versichertentage
a)
mit den Risikomerkmalen nach § 266 Absatz 2 mit Ausnahme der Morbidität und der regionalen Merkmale,
b)
mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt außerhalb des Gebietes der Bundesrepublik Deutschland einschließlich des Länderkennzeichens,
c)
mit Wahl der Kostenerstattung für den Bereich der ärztlichen Versorgung, differenziert nach § 13 Absatz 2 und § 53 Absatz 4,
2.
den amtlichen Gemeindeschlüssel des Wohnorts,
3.
die Leistungsausgaben in der Gliederung und nach den Bestimmungen des Kontenrahmens,
4.
die bei Krankenhausentlassung maßgeblichen Haupt- und Nebendiagnosen nach § 301 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 in der Verschlüsselung nach § 301 Absatz 2 Satz 1,
5.
die Diagnosen nach § 295 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 sowie die Angaben nach § 295 Absatz 1 Satz 4, bei der Abrechnung von Leistungen im Rahmen von Verträgen nach den §§ 73b und 140a einschließlich der Vertragsnummer nach § 293a Absatz 1 Satz 4,
6.
die Arzneimittelkennzeichen nach § 300 Absatz 3 Satz 1 einschließlich der vereinbarten Sonderkennzeichen sowie jeweils die Anzahl der Verordnungen,
7.
die Angabe über die Durchführung von extrakorporalen Blutreinigungsverfahren
nach Maßgabe dieser Vorschrift an das Bundesamt für Soziale Sicherung. Eine unmittelbare oder mittelbare Einwirkung der Krankenkassen auf den Inhalt der Leistungsdaten nach den §§ 294 bis 303 und die Art und Weise der Aufzeichnung insbesondere unter Verstoß gegen § 71 Absatz 6 Satz 10, § 73b Absatz 5 Satz 7, § 83 Satz 4, § 140a Absatz 2 Satz 10 und § 303 Absatz 4 ist unzulässig, soweit sie in diesem Buch nicht vorgeschrieben oder zugelassen ist.

(2) Für die Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs übermitteln die Krankenkassen für jedes Jahr bis zum 15. August des jeweiligen Folgejahres je Versicherten die Versichertentage mit Bezug einer Erwerbsminderungsrente an das Bundesamt für Soziale Sicherung.

(3) Die Krankenkassen übermitteln die Daten nach Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 in pseudonymisierter und maschinenlesbarer Form über den Spitzenverband Bund der Krankenkassen an das Bundesamt für Soziale Sicherung. Der Schlüssel für die Herstellung des Pseudonyms ist vom Beauftragten für den Datenschutz der Krankenkasse aufzubewahren und darf anderen Personen nicht zugänglich gemacht werden. Die Herstellung des Versichertenbezugs ist bei den Daten nach Absatz 1 Satz 1 zulässig, soweit dies für die Klärung doppelter Versicherungsverhältnisse oder für die Prüfung der Richtigkeit der Daten erforderlich ist. Über die Pseudonymisierung in der Krankenkasse und über jede Herstellung des Versichertenbezugs ist ein Protokoll anzufertigen, das bei dem Beauftragten für den Datenschutz der Krankenkasse aufzubewahren ist.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit bestimmt in der Rechtsverordnung nach § 266 Absatz 8 Satz 1 das Nähere zu den Fristen der Datenübermittlung und zum Verfahren der Verarbeitung der nach Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 zu übermittelnden Daten. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmt im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Soziale Sicherung das Nähere zum Verfahren nach Absatz 3 Satz 1.

(5) Die Kosten für die Datenübermittlung nach dieser Vorschrift werden von den betroffenen Krankenkassen getragen.

(6) Zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs analysiert das Bundesamt für Soziale Sicherung den Zusammenhang zwischen den Leistungsausgaben eines Versicherten in den vorangegangenen drei Jahren und den Leistungsausgaben eines Versicherten im Ausgleichsjahr 2019. Hierfür übermitteln die Krankenkassen bis zum 15. August 2020 für die Berichtsjahre 2016 bis 2018 die Daten nach § 7 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung an das Bundesamt für Soziale Sicherung; Absatz 3 gilt entsprechend. Das Nähere über das Verfahren der Datenmeldung bestimmt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Soziale Sicherung in der Bestimmung nach Absatz 4 Satz 2. Das Ergebnis der Untersuchung nach Satz 1 ist dem Bundesministerium für Gesundheit spätestens mit Übergabe des ersten Gutachtens nach § 266 Absatz 10 vorzulegen.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten nicht für die landwirtschaftliche Krankenkasse.

(1) Ergänzend zum Risikostrukturausgleich gemäß § 266 werden die finanziellen Belastungen für aufwendige Leistungsfälle teilweise über einen Risikopool ausgeglichen. Übersteigt die Summe der im Risikopool ausgleichsfähigen Leistungsausgaben eines Versicherten bei einer Krankenkasse innerhalb eines Ausgleichsjahres den Schwellenwert nach Satz 3, werden 80 Prozent des den Schwellenwert übersteigenden Betrags über den Risikopool ausgeglichen. Der Schwellenwert beträgt 100 000 Euro und ist in den Folgejahren anhand der jährlichen Veränderungsrate der im Risikopool ausgleichsfähigen Leistungsausgaben je Versicherten anzupassen.

(2) Im Risikopool sind die Leistungsausgaben ausgleichsfähig, die bei der Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben nach § 266 Absatz 3 zu berücksichtigen sind, abzüglich der Aufwendungen für Krankengeld nach den §§ 44 und 45.

(3) Bei der Ermittlung der Höhe der Zuweisungen nach § 266 Absatz 7 Satz 3 und 6 sind die Leistungsausgaben, die im Risikopool ausgeglichen werden, nicht bei der Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben nach § 266 Absatz 3 zu berücksichtigen.

(4) Das Bundesamt für Soziale Sicherung ermittelt für jede Krankenkasse den Ausgleichsbetrag nach Absatz 1 Satz 2 und weist die entsprechenden Mittel den Krankenkassen zu. § 266 Absatz 6 Satz 3, Absatz 7 Satz 3, 6 und 7 sowie Absatz 9 gilt für den Risikopool entsprechend.

(5) Das Bundesministerium für Gesundheit regelt in der Rechtsverordnung nach § 266 Absatz 8 Satz 1 das Nähere über

1.
die jährliche Anpassung des Schwellenwertes,
2.
die Berechnung und die Durchführung des Risikopoolverfahrens sowie
3.
die Art, den Umfang und den Zeitpunkt der Bekanntmachung der für die Durchführung des Risikopoolverfahrens erforderlichen Rechenwerte.

(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt.

(2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Absatz 2 sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen.

(3) Für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen beauftragt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Statistische Bundesamt mit Sonderauswertungen, die auf der Grundlage einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorzunehmen sind. Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen sind zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist festzulegen, welche Haushalte, die Leistungen nach diesem Buch und dem Zweiten Buch beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten.

(4) Die in Sonderauswertungen nach Absatz 3 ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach diesem oder dem Zweiten Buch bestreiten. Nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen sind Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach diesem Buch oder dem Zweiten Buch

1.
durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 oder § 11 des Zweiten Buches darstellen oder
2.
nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten.

(5) Die Summen der sich nach Absatz 4 ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Die nach Satz 1 für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen zugrunde zu legenden Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus den Sonderauswertungen sind jeweils mit der sich nach § 28a Absatz 2 ergebenden Veränderungsrate entsprechend fortzuschreiben. Die sich durch die Fortschreibung nach Satz 2 ergebenden Summenbeträge sind jeweils bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden und ergeben die Regelbedarfsstufen (Anlage).

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Die statistischen Ämter des Bundes und der Länder führen eine Bevölkerungs-, Gebäude- und Wohnungszählung (Zensus) mit Stand vom 9. Mai 2011 (Berichtszeitpunkt) als Bundesstatistik durch.

(2) Die benötigten Angaben werden erhoben im Wege von:

1.
Datenübermittlungen der nach Landesrecht für das Meldewesen zuständigen Stellen (Meldebehörden) und oberster Bundesbehörden (§ 3),
2.
Datenübermittlungen der Bundesagentur für Arbeit (§ 4),
3.
Datenübermittlungen der nach dem Finanz- und Personalstatistikgesetz auskunftspflichtigen Stellen (§ 5),
4.
Erhebungen zur Gewinnung der Gebäude- und Wohnungsdaten (§ 6),
5.
Stichprobenerhebungen zur Sicherung der Datenqualität und zur Erfassung ergänzender Angaben über die Bevölkerung (§ 7),
6.
Erhebungen von Angaben über Bewohner an Anschriften mit Gemeinschaftsunterkünften, Anstalten, Notunterkünften, Wohnheimen und ähnlichen Einrichtungen (§ 8),
7.
ergänzenden Ermittlungen von Anschriften von Gebäuden mit Wohnraum und bewohnten Unterkünften (§ 14),
8.
Erhebungen zur Bewertung der Qualität der Zensusergebnisse (§ 17).

(3) Der Zensus dient:

1.
der Feststellung der amtlichen Einwohnerzahlen von Bund, Ländern und Gemeinden und der Bereitstellung der Grundlage für die Fortschreibung der amtlichen Einwohnerzahlen für die Zeit zwischen zwei Volkszählungen,
2.
der Gewinnung von Grunddaten für das Gesamtsystem der amtlichen Statistik sowie von Strukturdaten über die Bevölkerung als Datengrundlage insbesondere für politische Entscheidungen von Bund, Ländern und Kommunen auf den Gebieten Bevölkerung, Wirtschaft, Soziales, Wohnungswesen, Raumordnung, Verkehr, Umwelt und Arbeitsmarkt sowie
3.
der Erfüllung der Berichtspflichten nach der Verordnung (EG) Nr. 763/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über Volks- und Wohnungszählungen (ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 14).

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Die statistischen Ämter der Länder stellen für alle Anschriften mit Sonderbereichen die dort wohnenden Personen fest. Dafür werden für jede dort wohnende Person folgende Daten erhoben:

1.
als Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Tag des Bezugs der Wohnung oder des Beginns der Unterbringung,
f)
Geburtsstaat,
g)
ob die Person unter der Anschrift in einem Haushalt nach § 2 Absatz 1 Satz 4 bis 6 lebt,
h)
Wohnungsstatus,
2.
als Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort.

(2) Für die nach Absatz 1 festgestellten Personen findet ein Abgleich mit den nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten statt. Die statistischen Ämter der Länder klären anhand der Merkmale nach § 8 Absatz 1, an welchem Ort die Personen mit Haupt- und Nebenwohnung zu zählen sind. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für Personen in Sonderbereichen, die nicht in einem Haushalt nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe g wohnen, werden die Hilfsmerkmale nach Absatz 1 Nummer 2 nach erfolgtem Abgleich unverzüglich gelöscht.

(4) In sensiblen Sonderbereichen werden bei der Gebäude- und Wohnungszählung nur die Erhebungsmerkmale nach § 6 Absatz 2 und als Hilfsmerkmale die Familiennamen, die Vornamen, die Anschriften und die Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen erhoben.

(5) In sensiblen Sonderbereichen darf keine Haushaltsstichprobe nach § 7 durchgeführt werden. In den übrigen nach § 7 ausgewählten Sonderbereichen werden die dort wohnenden Personen zu den Merkmalen nach § 7 Absatz 4 und 5 befragt.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Zur Aktualisierung des Anschriften- und Gebäuderegisters nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 vom 8. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2808) sowie zur Vorbereitung und Durchführung des Zensus übermitteln die Meldebehörden den statistischen Ämtern der Länder für jede gemeldete Person elektronisch die folgenden Daten:

1.
Ordnungsnummer im Melderegister,
2.
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
3.
Straße, Straßenschlüssel, Hausnummer und Anschriftenzusätze,
4.
Wohnort, Postleitzahl und amtlicher Gemeindeschlüssel,
5.
Tag der Geburt,
6.
Standesamt und Nummer des Geburtseintrags,
7.
Geburtsort einschließlich erläuternder Zugehörigkeitsbezeichnungen,
8.
bei im Ausland Geborenen: Geburtsstaat,
9.
Geschlecht,
10.
Staatsangehörigkeiten,
11.
Familienstand,
12.
Wohnungsstatus (alleinige Wohnung, Haupt- oder Nebenwohnung),
13.
Anschrift und Wohnungsstatus in der Gemeinde, aus der die Person zugezogen ist,
14.
Anschrift der zuletzt bewohnten Wohnung in der Gemeinde,
15.
Tag des Beziehens der Wohnung,
16.
Tag des Zuzugs in die Gemeinde,
17.
Herkunftsstaat bei Zuzug aus dem Ausland,
18.
Tag der Anmeldung bei der Meldebehörde,
19.
Tag des Wohnungsstatuswechsels,
20.
Familienname, frühere Namen, Vornamen, Tag der Geburt und Ordnungsnummer des Ehegatten oder des eingetragenen Lebenspartners oder der eingetragenen Lebenspartnerin,
21.
Familienname, frühere Namen, Vornamen, Tag der Geburt und Ordnungsnummer der minderjährigen Kinder sowie Familienname, Vornamen, Tag der Geburt, Schlüssel und Ordnungsnummer der gesetzlichen Vertreter,
22.
Tag der letzten Eheschließung oder Begründung der letzten eingetragenen Lebenspartnerschaft,
23.
Tag der Auflösung der letzten Ehe oder letzten eingetragenen Lebenspartnerschaft,
24.
Anschrift des Wohnungsgebers,
25.
Information über freiwillige Anmeldung im Melderegister,
26.
Übermittlungssperre nebst Grund der Übermittlungssperre,
27.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft.

(2) Die Meldebehörden übermitteln die Daten nach Absatz 1:

1.
zum Stichtag 1. November 2010,
2.
zum Berichtszeitpunkt,
3.
zum Stichtag 9. August 2011
jeweils innerhalb von vier Wochen nach den genannten Zeitpunkten.

(3) Für die in das Ausland entsandten

1.
Angehörigen der Bundeswehr,
2.
Personen, die für die Bundeswehr tätig sind,
3.
Angehörigen der Polizeibehörden,
4.
Angehörigen des Auswärtigen Dienstes mit Ausnahme der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen
sowie für ihre dort ansässigen in Deutschland nicht gemeldeten Familienangehörigen sind dem Statistischen Bundesamt innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt elektronisch folgende personenbezogene Daten zu übermitteln:
1.
Familienname, frühere Namen, Vornamen,
2.
Geschlecht,
3.
Tag der Geburt,
4.
Staat des gegenwärtigen Aufenthalts,
5.
Tag des Beginns des Auslandsaufenthaltes seit Versetzung aus dem Inland.

(4) Für die Übermittlung der Angaben nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2 ist das Bundesministerium der Verteidigung zuständig, für die Angaben nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 das Bundesministerium des Innern und für die Angaben nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 4 das Auswärtige Amt.

(5) Die nach Absatz 2 Nummer 1 übermittelten Daten werden als Hilfsmerkmale für die Durchführung des Zensus erfasst.

(6) Von den nach Absatz 2 Nummer 2 und 3 übermittelten Daten werden die Daten nach Absatz 1 Nummer 4 und 5 (Angabe des Monats und des Jahres aus dem Merkmal Tag der Geburt), 7 bis 12 sowie 15 bis 19 als Erhebungsmerkmale und die nach Absatz 1 Nummer 1 bis 3, 5 (Angabe des Tages aus dem Merkmal Tag der Geburt), 6, 13, 14 sowie 20 bis 26 als Hilfsmerkmale erfasst.

(7) Die statistischen Ämter der Länder übermitteln dem Statistischen Bundesamt die Daten nach Absatz 1 nach Abschluss der Vollzähligkeits- und Vollständigkeitsüberprüfung jeweils spätestens acht Wochen nach den in Absatz 2 genannten Zeitpunkten.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Die statistischen Ämter der Länder stellen für alle Anschriften mit Sonderbereichen die dort wohnenden Personen fest. Dafür werden für jede dort wohnende Person folgende Daten erhoben:

1.
als Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Tag des Bezugs der Wohnung oder des Beginns der Unterbringung,
f)
Geburtsstaat,
g)
ob die Person unter der Anschrift in einem Haushalt nach § 2 Absatz 1 Satz 4 bis 6 lebt,
h)
Wohnungsstatus,
2.
als Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort.

(2) Für die nach Absatz 1 festgestellten Personen findet ein Abgleich mit den nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten statt. Die statistischen Ämter der Länder klären anhand der Merkmale nach § 8 Absatz 1, an welchem Ort die Personen mit Haupt- und Nebenwohnung zu zählen sind. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für Personen in Sonderbereichen, die nicht in einem Haushalt nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe g wohnen, werden die Hilfsmerkmale nach Absatz 1 Nummer 2 nach erfolgtem Abgleich unverzüglich gelöscht.

(4) In sensiblen Sonderbereichen werden bei der Gebäude- und Wohnungszählung nur die Erhebungsmerkmale nach § 6 Absatz 2 und als Hilfsmerkmale die Familiennamen, die Vornamen, die Anschriften und die Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen erhoben.

(5) In sensiblen Sonderbereichen darf keine Haushaltsstichprobe nach § 7 durchgeführt werden. In den übrigen nach § 7 ausgewählten Sonderbereichen werden die dort wohnenden Personen zu den Merkmalen nach § 7 Absatz 4 und 5 befragt.

(1) Das Statistische Bundesamt prüft anhand der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten, ob Personen für mehr als eine alleinige Wohnung oder Hauptwohnung (Mehrfachfälle) oder nur für Nebenwohnungen gemeldet sind.

(2) Mehrfachfälle in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern werden vom Statistischen Bundesamt maschinell bereinigt. Maßgebliche Entscheidungskriterien sind dabei die Einzugsdaten der betroffenen Person. Der sich daraus ergebende Datenbestand bildet die Grundlage für die Zusammenführungen nach § 9 Absatz 1 sowie für die Feststellung von Über- und Untererfassungen nach § 9 Absatz 2. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für alle Personen, die nur mit Nebenwohnungen gemeldet sind und für Personen mit mehr als einer alleinigen Wohnung oder Hauptwohnung, die in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern gemeldet sind, stellen die statistischen Ämter der Länder den Wohnungsstatus zum Berichtszeitpunkt fest. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(4) Zur Feststellung des Wohnungsstatus nach Absatz 3 erheben die statistischen Ämter der Länder bei den betroffenen Personen folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Wohnungsstatus der betroffenen Person in Bezug auf jede Anschrift,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort,
d)
Anschriften aller Haupt- und Nebenwohnungen der betroffenen Person.

(1) Das Statistische Bundesamt legt den bundesweiten Stichprobenplan fest, zieht die Stichproben nach § 7 Absatz 3 des Zensusgesetzes 2011 bundesweit jeweils am gleichen Datum und dokumentiert das Auswahlverfahren sowie die einbezogenen Anschriften.

(2) Bei der Erstellung des Stichprobenplans und bei der Stichprobenziehung sind die Qualitätsvorgaben aus dem vom Statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsprojekt zur Entwicklung des Stichprobenverfahrens zu berücksichtigen.

(3) Für den Stichprobenplan und die Stichprobenziehung ist Folgendes maßgebend:

1.
Auswahlgrundlage ist der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum in dem nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 vom 8. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2808) erstellten Anschriften- und Gebäuderegister. Die Stichprobenziehung erfolgt mit Stand vom 1. September 2010. Für Anschriften mit Wohnraum, die zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt des Zensus 2011 (9. Mai 2011) neu in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen werden, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen.
2.
Der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum ist regional nach Erhebungsgebieten zu gliedern. Erhebungsgebiete sind Gemeinden mit mindestens10 000Einwohnern, in Städten mit mindestens400 000Einwohnern auch Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern und die auf der Kreisebene zusammengefassten Gemeinden unter10 000Einwohnern.
3.
Für jedes Erhebungsgebiet ist der jeweilige Anschriftenbestand zunächst aufsteigend nach der Zahl der an der Anschrift mit alleinigem Wohnsitz oder mit Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldeten Personen zu ordnen und anschließend in acht überschneidungsfreie Schichten mit etwa der gleichen Anzahl an Personen zu gliedern. Für Anschriften mit Sonderbereichen nach § 8 Absatz 5 Satz 2 des Zensusgesetzes 2011 wird zusätzlich eine eigene Schicht gebildet.
4.
Innerhalb der Schichten werden die Anschriften nach einem mathematischen Zufallsverfahren ausgewählt.
5.
Das Stichprobenverfahren wird so ausgerichtet, dass für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern die gleiche Auswahlwahrscheinlichkeit für alle Anschriften und Personen gegeben ist.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Zur Aktualisierung des Anschriften- und Gebäuderegisters nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 vom 8. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2808) sowie zur Vorbereitung und Durchführung des Zensus übermitteln die Meldebehörden den statistischen Ämtern der Länder für jede gemeldete Person elektronisch die folgenden Daten:

1.
Ordnungsnummer im Melderegister,
2.
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
3.
Straße, Straßenschlüssel, Hausnummer und Anschriftenzusätze,
4.
Wohnort, Postleitzahl und amtlicher Gemeindeschlüssel,
5.
Tag der Geburt,
6.
Standesamt und Nummer des Geburtseintrags,
7.
Geburtsort einschließlich erläuternder Zugehörigkeitsbezeichnungen,
8.
bei im Ausland Geborenen: Geburtsstaat,
9.
Geschlecht,
10.
Staatsangehörigkeiten,
11.
Familienstand,
12.
Wohnungsstatus (alleinige Wohnung, Haupt- oder Nebenwohnung),
13.
Anschrift und Wohnungsstatus in der Gemeinde, aus der die Person zugezogen ist,
14.
Anschrift der zuletzt bewohnten Wohnung in der Gemeinde,
15.
Tag des Beziehens der Wohnung,
16.
Tag des Zuzugs in die Gemeinde,
17.
Herkunftsstaat bei Zuzug aus dem Ausland,
18.
Tag der Anmeldung bei der Meldebehörde,
19.
Tag des Wohnungsstatuswechsels,
20.
Familienname, frühere Namen, Vornamen, Tag der Geburt und Ordnungsnummer des Ehegatten oder des eingetragenen Lebenspartners oder der eingetragenen Lebenspartnerin,
21.
Familienname, frühere Namen, Vornamen, Tag der Geburt und Ordnungsnummer der minderjährigen Kinder sowie Familienname, Vornamen, Tag der Geburt, Schlüssel und Ordnungsnummer der gesetzlichen Vertreter,
22.
Tag der letzten Eheschließung oder Begründung der letzten eingetragenen Lebenspartnerschaft,
23.
Tag der Auflösung der letzten Ehe oder letzten eingetragenen Lebenspartnerschaft,
24.
Anschrift des Wohnungsgebers,
25.
Information über freiwillige Anmeldung im Melderegister,
26.
Übermittlungssperre nebst Grund der Übermittlungssperre,
27.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft.

(2) Die Meldebehörden übermitteln die Daten nach Absatz 1:

1.
zum Stichtag 1. November 2010,
2.
zum Berichtszeitpunkt,
3.
zum Stichtag 9. August 2011
jeweils innerhalb von vier Wochen nach den genannten Zeitpunkten.

(3) Für die in das Ausland entsandten

1.
Angehörigen der Bundeswehr,
2.
Personen, die für die Bundeswehr tätig sind,
3.
Angehörigen der Polizeibehörden,
4.
Angehörigen des Auswärtigen Dienstes mit Ausnahme der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen
sowie für ihre dort ansässigen in Deutschland nicht gemeldeten Familienangehörigen sind dem Statistischen Bundesamt innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt elektronisch folgende personenbezogene Daten zu übermitteln:
1.
Familienname, frühere Namen, Vornamen,
2.
Geschlecht,
3.
Tag der Geburt,
4.
Staat des gegenwärtigen Aufenthalts,
5.
Tag des Beginns des Auslandsaufenthaltes seit Versetzung aus dem Inland.

(4) Für die Übermittlung der Angaben nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2 ist das Bundesministerium der Verteidigung zuständig, für die Angaben nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 das Bundesministerium des Innern und für die Angaben nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 4 das Auswärtige Amt.

(5) Die nach Absatz 2 Nummer 1 übermittelten Daten werden als Hilfsmerkmale für die Durchführung des Zensus erfasst.

(6) Von den nach Absatz 2 Nummer 2 und 3 übermittelten Daten werden die Daten nach Absatz 1 Nummer 4 und 5 (Angabe des Monats und des Jahres aus dem Merkmal Tag der Geburt), 7 bis 12 sowie 15 bis 19 als Erhebungsmerkmale und die nach Absatz 1 Nummer 1 bis 3, 5 (Angabe des Tages aus dem Merkmal Tag der Geburt), 6, 13, 14 sowie 20 bis 26 als Hilfsmerkmale erfasst.

(7) Die statistischen Ämter der Länder übermitteln dem Statistischen Bundesamt die Daten nach Absatz 1 nach Abschluss der Vollzähligkeits- und Vollständigkeitsüberprüfung jeweils spätestens acht Wochen nach den in Absatz 2 genannten Zeitpunkten.

(1) Die erhobenen Daten werden nach Maßgabe der folgenden Vorschriften zentral verarbeitet und aufbereitet.

(2) Das Statistische Bundesamt ist für die Führung des Anschriften- und Gebäuderegisters im Rahmen der Durchführung des Zensus und die damit verbundene Erfüllung der Aufgaben nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 zuständig. Bei den Zusammenführungen nach § 9 sind die im Anschriften- und Gebäuderegister gespeicherten Angaben zu nutzen.

(3) Das Statistische Bundesamt stellt das Metadatensystem für den Zensus bereit.

(4) Das Statistische Bundesamt stellt die Informationstechnik für die Übernahme und Zusammenführung der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten sowie der Angaben aus den erwerbsstatistischen Registern nach den §§ 4 und 5 in das dort für den Zensus betriebene Datenbanksystem bereit. Die Übernahme und Zusammenführung der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten und der erwerbsstatistischen Angaben nach § 5 Satz 2 obliegt den statistischen Ämtern der Länder. Die melde- und erwerbsstatistischen Angaben werden mit dem Anschriften- und Gebäuderegister verbunden und bilden zusammen einen Referenzdatenbestand, der vom Statistischen Bundesamt bereitgehalten wird. Der Referenzdatenbestand ist im Zusammenwirken mit den statistischen Ämtern der Länder zu nutzen, um Erhebungs- und Hilfsmerkmale erhebungsteilübergreifend durch automatisierten Abgleich auf ihre Schlüssigkeit und Vollständigkeit zu prüfen; die Fachkonzepte sind abzustimmen.

(5) Der Referenzdatenbestand nach Absatz 4 Satz 3 wird um das Ergebnis der Abgleiche ergänzt. Dabei festgestellte Unstimmigkeiten, insbesondere zwischen den Angaben aus unterschiedlichen Erhebungsteilen, werden von den statistischen Ämtern geklärt und in den Referenzdatenbestand eingearbeitet.

(6) Das Statistische Bundesamt gewährt den statistischen Ämtern der Länder zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz Zugriff auf den Referenzdatenbestand nach Absatz 4 Satz 3 sowie Absatz 5. Die statistischen Ämter der Länder nutzen diese Daten für die Durchführung und Aufbereitung der Angaben aus der Gebäude- und Wohnungszählung sowie den Datenerhebungen nach den §§ 7, 8, 15 Absatz 4 und § 16.

(7) Die statistischen Ämter der Länder nehmen die informationstechnischen Aufgaben für die primärstatistische Erhebung, Aufbereitung und Auswertung der Angaben nach den §§ 6 bis 8 Absatz 4 und 5 arbeitsteilig im Sinne einer zentralen Verarbeitung und Datenhaltung wahr. Dies gilt auch für die Aufgabe nach § 9 Absatz 3. Verantwortlich für die Stichproben und Erhebungen in Sondergebäuden (§§ 7 und 8) ist der Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen, für die Gebäude- und Wohnungszählung (§ 6) das Statistische Landesamt des Freistaates Sachsen, für die Haushaltegenerierung (§ 9 Absatz 3) und für die Auswertungsdatenbank das Bayerische Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung.

(8) Die datenschutzrechtliche Verantwortung für die zentral gespeicherten Daten trägt das nach den Absätzen 1 bis 7 zuständige statistische Amt. Es hat insbesondere zu gewährleisten, dass die Daten von den anderen statistischen Ämtern nur im Rahmen ihrer jeweiligen Aufgaben nach diesem Gesetz abgerufen werden können. Die Verantwortung für die Zulässigkeit des Abrufs im automatisierten Verfahren trägt der Empfänger.

(1) Die Hilfsmerkmale sind von den Erhebungsmerkmalen zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu trennen und gesondert aufzubewahren. Sie sind, soweit sich nicht aus § 22 Absatz 2 und § 23 etwas anderes ergibt, zu löschen, sobald bei den statistischen Ämtern die Überprüfung der Erhebungs- und Hilfsmerkmale auf ihre Schlüssigkeit und Vollständigkeit abgeschlossen ist. Sie sind spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu löschen.

(2) Die Erhebungsunterlagen sind nach Abschluss der Aufbereitung des Zensus, spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu vernichten.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Die statistischen Ämter des Bundes und der Länder führen eine Bevölkerungs-, Gebäude- und Wohnungszählung (Zensus) mit Stand vom 9. Mai 2011 (Berichtszeitpunkt) als Bundesstatistik durch.

(2) Die benötigten Angaben werden erhoben im Wege von:

1.
Datenübermittlungen der nach Landesrecht für das Meldewesen zuständigen Stellen (Meldebehörden) und oberster Bundesbehörden (§ 3),
2.
Datenübermittlungen der Bundesagentur für Arbeit (§ 4),
3.
Datenübermittlungen der nach dem Finanz- und Personalstatistikgesetz auskunftspflichtigen Stellen (§ 5),
4.
Erhebungen zur Gewinnung der Gebäude- und Wohnungsdaten (§ 6),
5.
Stichprobenerhebungen zur Sicherung der Datenqualität und zur Erfassung ergänzender Angaben über die Bevölkerung (§ 7),
6.
Erhebungen von Angaben über Bewohner an Anschriften mit Gemeinschaftsunterkünften, Anstalten, Notunterkünften, Wohnheimen und ähnlichen Einrichtungen (§ 8),
7.
ergänzenden Ermittlungen von Anschriften von Gebäuden mit Wohnraum und bewohnten Unterkünften (§ 14),
8.
Erhebungen zur Bewertung der Qualität der Zensusergebnisse (§ 17).

(3) Der Zensus dient:

1.
der Feststellung der amtlichen Einwohnerzahlen von Bund, Ländern und Gemeinden und der Bereitstellung der Grundlage für die Fortschreibung der amtlichen Einwohnerzahlen für die Zeit zwischen zwei Volkszählungen,
2.
der Gewinnung von Grunddaten für das Gesamtsystem der amtlichen Statistik sowie von Strukturdaten über die Bevölkerung als Datengrundlage insbesondere für politische Entscheidungen von Bund, Ländern und Kommunen auf den Gebieten Bevölkerung, Wirtschaft, Soziales, Wohnungswesen, Raumordnung, Verkehr, Umwelt und Arbeitsmarkt sowie
3.
der Erfüllung der Berichtspflichten nach der Verordnung (EG) Nr. 763/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über Volks- und Wohnungszählungen (ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 14).

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Die erhobenen Daten werden nach Maßgabe der folgenden Vorschriften zentral verarbeitet und aufbereitet.

(2) Das Statistische Bundesamt ist für die Führung des Anschriften- und Gebäuderegisters im Rahmen der Durchführung des Zensus und die damit verbundene Erfüllung der Aufgaben nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 zuständig. Bei den Zusammenführungen nach § 9 sind die im Anschriften- und Gebäuderegister gespeicherten Angaben zu nutzen.

(3) Das Statistische Bundesamt stellt das Metadatensystem für den Zensus bereit.

(4) Das Statistische Bundesamt stellt die Informationstechnik für die Übernahme und Zusammenführung der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten sowie der Angaben aus den erwerbsstatistischen Registern nach den §§ 4 und 5 in das dort für den Zensus betriebene Datenbanksystem bereit. Die Übernahme und Zusammenführung der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten und der erwerbsstatistischen Angaben nach § 5 Satz 2 obliegt den statistischen Ämtern der Länder. Die melde- und erwerbsstatistischen Angaben werden mit dem Anschriften- und Gebäuderegister verbunden und bilden zusammen einen Referenzdatenbestand, der vom Statistischen Bundesamt bereitgehalten wird. Der Referenzdatenbestand ist im Zusammenwirken mit den statistischen Ämtern der Länder zu nutzen, um Erhebungs- und Hilfsmerkmale erhebungsteilübergreifend durch automatisierten Abgleich auf ihre Schlüssigkeit und Vollständigkeit zu prüfen; die Fachkonzepte sind abzustimmen.

(5) Der Referenzdatenbestand nach Absatz 4 Satz 3 wird um das Ergebnis der Abgleiche ergänzt. Dabei festgestellte Unstimmigkeiten, insbesondere zwischen den Angaben aus unterschiedlichen Erhebungsteilen, werden von den statistischen Ämtern geklärt und in den Referenzdatenbestand eingearbeitet.

(6) Das Statistische Bundesamt gewährt den statistischen Ämtern der Länder zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz Zugriff auf den Referenzdatenbestand nach Absatz 4 Satz 3 sowie Absatz 5. Die statistischen Ämter der Länder nutzen diese Daten für die Durchführung und Aufbereitung der Angaben aus der Gebäude- und Wohnungszählung sowie den Datenerhebungen nach den §§ 7, 8, 15 Absatz 4 und § 16.

(7) Die statistischen Ämter der Länder nehmen die informationstechnischen Aufgaben für die primärstatistische Erhebung, Aufbereitung und Auswertung der Angaben nach den §§ 6 bis 8 Absatz 4 und 5 arbeitsteilig im Sinne einer zentralen Verarbeitung und Datenhaltung wahr. Dies gilt auch für die Aufgabe nach § 9 Absatz 3. Verantwortlich für die Stichproben und Erhebungen in Sondergebäuden (§§ 7 und 8) ist der Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen, für die Gebäude- und Wohnungszählung (§ 6) das Statistische Landesamt des Freistaates Sachsen, für die Haushaltegenerierung (§ 9 Absatz 3) und für die Auswertungsdatenbank das Bayerische Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung.

(8) Die datenschutzrechtliche Verantwortung für die zentral gespeicherten Daten trägt das nach den Absätzen 1 bis 7 zuständige statistische Amt. Es hat insbesondere zu gewährleisten, dass die Daten von den anderen statistischen Ämtern nur im Rahmen ihrer jeweiligen Aufgaben nach diesem Gesetz abgerufen werden können. Die Verantwortung für die Zulässigkeit des Abrufs im automatisierten Verfahren trägt der Empfänger.

(1) Das Statistische Bundesamt erstellt und führt zur Vorbereitung des Zensus ein Anschriften- und Gebäuderegister. Die nach Landesrecht für die Durchführung der Bundesstatistiken zuständigen Stellen (statistische Ämter der Länder) wirken bei Aufbau und Pflege des Anschriften- und Gebäuderegisters mit und nutzen es für die Vorbereitung des Zensus.

(2) Das Anschriften- und Gebäuderegister dient

1.
der Steuerung des Ablaufs der Gebäude- und Wohnungszählung sowie der Ablaufkontrolle aller primärstatistischen Erhebungen des Zensus,
2.
zur Vorbereitung und als Auswahlgrundlage für die beim Zensus vorgesehenen Stichprobenerhebungen,
3.
dazu, die Erhebungen für den Zensus zu koordinieren, im Rahmen der Durchführung des Zensus die aus verschiedenen Quellen stammenden Daten zusammenzuführen und die in den Zensus einzubeziehenden Gebäude, Wohnungen und Personen auf Vollzähligkeit zu prüfen,
4.
der Entwicklung eines Systems der raumbezogenen Analysen und Darstellungen von statistischen Ergebnissen und der Schaffung einer Grundlage für eine kleinräumige Auswertung des Zensus.

(3) Im Anschriften- und Gebäuderegister werden zu jeder Wohnanschrift folgende Angaben gespeichert:

1.
Ordnungsnummer,
2.
Postleitzahl,
3.
Ort oder Gemeinde,
4.
Ortsteil oder Gemeindeteil,
5.
Straße,
6.
Hausnummer,
7.
Anschriftenzusatz,
8.
Lage des Gebäudes,
9.
Amtlicher Gemeindeschlüssel,
10.
Schlüssel des Orts- oder Gemeindeteils,
11.
Schlüssel der Straße,
12.
Gemeindeeigener Schlüssel der Straße,
13.
Koordinatenwerte einschließlich Qualitätskennzeichen,
14.
Gemeindegrößenklasse,
15.
Gebäudefunktion,
16.
Gebäudestatus,
17.
Anzahl der Wohnungen,
18.
Anzahl bewohnter Wohnungen,
19.
Personenzahl Hauptwohnung je Anschrift,
20.
Personenzahl Nebenwohnung je Anschrift,
21.
Anzahl der Deutschen je Anschrift,
22.
Anzahl der Ausländer je Anschrift,
23.
Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten je Anschrift,
24.
Anzahl der Arbeitslosen je Anschrift,
25.
Kennzeichnung der Erhebungsstelle,
26.
Stichprobenkennzeichen,
27.
Anzahl unterschiedlicher Familiennamen je Anschrift,
28.
Fluktuationsrate je Anschrift,
für Sondergebäude zusätzlich:
29.
Art der Einrichtung,
30.
Name und Anschriften der Träger, Eigentümer oder Verwalter der Unterkunft,
31.
Erhebungsverfahren bei Sondergebäuden,
Auskunftspflichtige für die Gebäude- und Wohnungszählung:
32.
Familienname und Vornamen oder Bezeichnung und
33.
Anschrift der jeweiligen Eigentümer, Erbbauberechtigten, Verwalter oder sonstigen Verfügungsberechtigten der Gebäude und Wohnungen.

(4) Das Anschriften- und Gebäuderegister muss für die Durchführung des Zensus spätestens ab dem 31. Dezember 2010 nutzbar sein.

(1) Das Statistische Bundesamt legt den bundesweiten Stichprobenplan fest, zieht die Stichproben nach § 7 Absatz 3 des Zensusgesetzes 2011 bundesweit jeweils am gleichen Datum und dokumentiert das Auswahlverfahren sowie die einbezogenen Anschriften.

(2) Bei der Erstellung des Stichprobenplans und bei der Stichprobenziehung sind die Qualitätsvorgaben aus dem vom Statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsprojekt zur Entwicklung des Stichprobenverfahrens zu berücksichtigen.

(3) Für den Stichprobenplan und die Stichprobenziehung ist Folgendes maßgebend:

1.
Auswahlgrundlage ist der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum in dem nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 vom 8. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2808) erstellten Anschriften- und Gebäuderegister. Die Stichprobenziehung erfolgt mit Stand vom 1. September 2010. Für Anschriften mit Wohnraum, die zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt des Zensus 2011 (9. Mai 2011) neu in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen werden, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen.
2.
Der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum ist regional nach Erhebungsgebieten zu gliedern. Erhebungsgebiete sind Gemeinden mit mindestens10 000Einwohnern, in Städten mit mindestens400 000Einwohnern auch Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern und die auf der Kreisebene zusammengefassten Gemeinden unter10 000Einwohnern.
3.
Für jedes Erhebungsgebiet ist der jeweilige Anschriftenbestand zunächst aufsteigend nach der Zahl der an der Anschrift mit alleinigem Wohnsitz oder mit Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldeten Personen zu ordnen und anschließend in acht überschneidungsfreie Schichten mit etwa der gleichen Anzahl an Personen zu gliedern. Für Anschriften mit Sonderbereichen nach § 8 Absatz 5 Satz 2 des Zensusgesetzes 2011 wird zusätzlich eine eigene Schicht gebildet.
4.
Innerhalb der Schichten werden die Anschriften nach einem mathematischen Zufallsverfahren ausgewählt.
5.
Das Stichprobenverfahren wird so ausgerichtet, dass für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern die gleiche Auswahlwahrscheinlichkeit für alle Anschriften und Personen gegeben ist.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, daß eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.

(2) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung, Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers über Grundsätze und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Postwesens und der Telekommunikation, über die Grundsätze der Erhebung des Entgelts für die Benutzung der Einrichtungen der Eisenbahnen des Bundes, über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, sowie Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen oder die von den Ländern im Auftrage des Bundes oder als eigene Angelegenheit ausgeführt werden.

(3) Der Bundesrat kann der Bundesregierung Vorlagen für den Erlaß von Rechtsverordnungen zuleiten, die seiner Zustimmung bedürfen.

(4) Soweit durch Bundesgesetz oder auf Grund von Bundesgesetzen Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, sind die Länder zu einer Regelung auch durch Gesetz befugt.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, so regeln sie die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren. Wenn Bundesgesetze etwas anderes bestimmen, können die Länder davon abweichende Regelungen treffen. Hat ein Land eine abweichende Regelung nach Satz 2 getroffen, treten in diesem Land hierauf bezogene spätere bundesgesetzliche Regelungen der Einrichtung der Behörden und des Verwaltungsverfahrens frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Artikel 72 Abs. 3 Satz 3 gilt entsprechend. In Ausnahmefällen kann der Bund wegen eines besonderen Bedürfnisses nach bundeseinheitlicher Regelung das Verwaltungsverfahren ohne Abweichungsmöglichkeit für die Länder regeln. Diese Gesetze bedürfen der Zustimmung des Bundesrates. Durch Bundesgesetz dürfen Gemeinden und Gemeindeverbänden Aufgaben nicht übertragen werden.

(2) Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen.

(3) Die Bundesregierung übt die Aufsicht darüber aus, daß die Länder die Bundesgesetze dem geltenden Rechte gemäß ausführen. Die Bundesregierung kann zu diesem Zwecke Beauftragte zu den obersten Landesbehörden entsenden, mit deren Zustimmung und, falls diese Zustimmung versagt wird, mit Zustimmung des Bundesrates auch zu den nachgeordneten Behörden.

(4) Werden Mängel, die die Bundesregierung bei der Ausführung der Bundesgesetze in den Ländern festgestellt hat, nicht beseitigt, so beschließt auf Antrag der Bundesregierung oder des Landes der Bundesrat, ob das Land das Recht verletzt hat. Gegen den Beschluß des Bundesrates kann das Bundesverfassungsgericht angerufen werden.

(5) Der Bundesregierung kann durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zur Ausführung von Bundesgesetzen die Befugnis verliehen werden, für besondere Fälle Einzelweisungen zu erteilen. Sie sind, außer wenn die Bundesregierung den Fall für dringlich erachtet, an die obersten Landesbehörden zu richten.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, daß eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.

(2) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung, Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers über Grundsätze und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Postwesens und der Telekommunikation, über die Grundsätze der Erhebung des Entgelts für die Benutzung der Einrichtungen der Eisenbahnen des Bundes, über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, sowie Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen oder die von den Ländern im Auftrage des Bundes oder als eigene Angelegenheit ausgeführt werden.

(3) Der Bundesrat kann der Bundesregierung Vorlagen für den Erlaß von Rechtsverordnungen zuleiten, die seiner Zustimmung bedürfen.

(4) Soweit durch Bundesgesetz oder auf Grund von Bundesgesetzen Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, sind die Länder zu einer Regelung auch durch Gesetz befugt.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Der Bundesrat besteht aus Mitgliedern der Regierungen der Länder, die sie bestellen und abberufen. Sie können durch andere Mitglieder ihrer Regierungen vertreten werden.

(2) Jedes Land hat mindestens drei Stimmen, Länder mit mehr als zwei Millionen Einwohnern haben vier, Länder mit mehr als sechs Millionen Einwohnern fünf, Länder mit mehr als sieben Millionen Einwohnern sechs Stimmen.

(3) Jedes Land kann so viele Mitglieder entsenden, wie es Stimmen hat. Die Stimmen eines Landes können nur einheitlich und nur durch anwesende Mitglieder oder deren Vertreter abgegeben werden.

(1) Das Aufkommen der Landessteuern und der Länderanteil am Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer stehen den einzelnen Ländern insoweit zu, als die Steuern von den Finanzbehörden in ihrem Gebiet vereinnahmt werden (örtliches Aufkommen). Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, sind für die Körperschaftsteuer und die Lohnsteuer nähere Bestimmungen über die Abgrenzung sowie über Art und Umfang der Zerlegung des örtlichen Aufkommens zu treffen. Das Gesetz kann auch Bestimmungen über die Abgrenzung und Zerlegung des örtlichen Aufkommens anderer Steuern treffen. Der Länderanteil am Aufkommen der Umsatzsteuer steht den einzelnen Ländern, vorbehaltlich der Regelungen nach Absatz 2, nach Maßgabe ihrer Einwohnerzahl zu.

(2) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, ist sicherzustellen, dass die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen ausgeglichen wird; hierbei sind die Finanzkraft und der Finanzbedarf der Gemeinden (Gemeindeverbände) zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind in dem Gesetz Zuschläge zu und Abschläge von der jeweiligen Finanzkraft bei der Verteilung der Länderanteile am Aufkommen der Umsatzsteuer zu regeln. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Zuschlägen und für die Erhebung von Abschlägen sowie die Maßstäbe für die Höhe dieser Zuschläge und Abschläge sind in dem Gesetz zu bestimmen. Für Zwecke der Bemessung der Finanzkraft kann die bergrechtliche Förderabgabe mit nur einem Teil ihres Aufkommens berücksichtigt werden. Das Gesetz kann auch bestimmen, dass der Bund aus seinen Mitteln leistungsschwachen Ländern Zuweisungen zur ergänzenden Deckung ihres allgemeinen Finanzbedarfs (Ergänzungszuweisungen) gewährt. Zuweisungen können unabhängig von den Maßstäben nach den Sätzen 1 bis 3 auch solchen leistungsschwachen Ländern gewährt werden, deren Gemeinden (Gemeindeverbände) eine besonders geringe Steuerkraft aufweisen (Gemeindesteuerkraftzuweisungen), sowie außerdem solchen leistungsschwachen Ländern, deren Anteile an den Fördermitteln nach Artikel 91b ihre Einwohneranteile unterschreiten.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

Die statistischen Ämter der Länder bereinigen Unstimmigkeiten, die in Bezug auf Anschriften mit nur einer bewohnten Wohnung in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern bestehen. Dazu erheben sie an den betroffenen Anschriften für jede dort wohnende Person folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Wohnungsstatus,
e)
Staatsangehörigkeiten,
f)
Zahl der in der Wohnung wohnhaften Personen,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Anschrift.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Das Statistische Bundesamt prüft anhand der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten, ob Personen für mehr als eine alleinige Wohnung oder Hauptwohnung (Mehrfachfälle) oder nur für Nebenwohnungen gemeldet sind.

(2) Mehrfachfälle in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern werden vom Statistischen Bundesamt maschinell bereinigt. Maßgebliche Entscheidungskriterien sind dabei die Einzugsdaten der betroffenen Person. Der sich daraus ergebende Datenbestand bildet die Grundlage für die Zusammenführungen nach § 9 Absatz 1 sowie für die Feststellung von Über- und Untererfassungen nach § 9 Absatz 2. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für alle Personen, die nur mit Nebenwohnungen gemeldet sind und für Personen mit mehr als einer alleinigen Wohnung oder Hauptwohnung, die in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern gemeldet sind, stellen die statistischen Ämter der Länder den Wohnungsstatus zum Berichtszeitpunkt fest. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(4) Zur Feststellung des Wohnungsstatus nach Absatz 3 erheben die statistischen Ämter der Länder bei den betroffenen Personen folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Wohnungsstatus der betroffenen Person in Bezug auf jede Anschrift,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort,
d)
Anschriften aller Haupt- und Nebenwohnungen der betroffenen Person.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Das Statistische Bundesamt prüft anhand der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten, ob Personen für mehr als eine alleinige Wohnung oder Hauptwohnung (Mehrfachfälle) oder nur für Nebenwohnungen gemeldet sind.

(2) Mehrfachfälle in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern werden vom Statistischen Bundesamt maschinell bereinigt. Maßgebliche Entscheidungskriterien sind dabei die Einzugsdaten der betroffenen Person. Der sich daraus ergebende Datenbestand bildet die Grundlage für die Zusammenführungen nach § 9 Absatz 1 sowie für die Feststellung von Über- und Untererfassungen nach § 9 Absatz 2. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für alle Personen, die nur mit Nebenwohnungen gemeldet sind und für Personen mit mehr als einer alleinigen Wohnung oder Hauptwohnung, die in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern gemeldet sind, stellen die statistischen Ämter der Länder den Wohnungsstatus zum Berichtszeitpunkt fest. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(4) Zur Feststellung des Wohnungsstatus nach Absatz 3 erheben die statistischen Ämter der Länder bei den betroffenen Personen folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Wohnungsstatus der betroffenen Person in Bezug auf jede Anschrift,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort,
d)
Anschriften aller Haupt- und Nebenwohnungen der betroffenen Person.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

Die statistischen Ämter der Länder bereinigen Unstimmigkeiten, die in Bezug auf Anschriften mit nur einer bewohnten Wohnung in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern bestehen. Dazu erheben sie an den betroffenen Anschriften für jede dort wohnende Person folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Wohnungsstatus,
e)
Staatsangehörigkeiten,
f)
Zahl der in der Wohnung wohnhaften Personen,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Anschrift.

(1) Das Statistische Bundesamt prüft anhand der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten, ob Personen für mehr als eine alleinige Wohnung oder Hauptwohnung (Mehrfachfälle) oder nur für Nebenwohnungen gemeldet sind.

(2) Mehrfachfälle in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern werden vom Statistischen Bundesamt maschinell bereinigt. Maßgebliche Entscheidungskriterien sind dabei die Einzugsdaten der betroffenen Person. Der sich daraus ergebende Datenbestand bildet die Grundlage für die Zusammenführungen nach § 9 Absatz 1 sowie für die Feststellung von Über- und Untererfassungen nach § 9 Absatz 2. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für alle Personen, die nur mit Nebenwohnungen gemeldet sind und für Personen mit mehr als einer alleinigen Wohnung oder Hauptwohnung, die in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern gemeldet sind, stellen die statistischen Ämter der Länder den Wohnungsstatus zum Berichtszeitpunkt fest. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(4) Zur Feststellung des Wohnungsstatus nach Absatz 3 erheben die statistischen Ämter der Länder bei den betroffenen Personen folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Wohnungsstatus der betroffenen Person in Bezug auf jede Anschrift,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort,
d)
Anschriften aller Haupt- und Nebenwohnungen der betroffenen Person.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Das Statistische Bundesamt prüft anhand der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten, ob Personen für mehr als eine alleinige Wohnung oder Hauptwohnung (Mehrfachfälle) oder nur für Nebenwohnungen gemeldet sind.

(2) Mehrfachfälle in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern werden vom Statistischen Bundesamt maschinell bereinigt. Maßgebliche Entscheidungskriterien sind dabei die Einzugsdaten der betroffenen Person. Der sich daraus ergebende Datenbestand bildet die Grundlage für die Zusammenführungen nach § 9 Absatz 1 sowie für die Feststellung von Über- und Untererfassungen nach § 9 Absatz 2. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für alle Personen, die nur mit Nebenwohnungen gemeldet sind und für Personen mit mehr als einer alleinigen Wohnung oder Hauptwohnung, die in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern gemeldet sind, stellen die statistischen Ämter der Länder den Wohnungsstatus zum Berichtszeitpunkt fest. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(4) Zur Feststellung des Wohnungsstatus nach Absatz 3 erheben die statistischen Ämter der Länder bei den betroffenen Personen folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Wohnungsstatus der betroffenen Person in Bezug auf jede Anschrift,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort,
d)
Anschriften aller Haupt- und Nebenwohnungen der betroffenen Person.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

Die statistischen Ämter der Länder bereinigen Unstimmigkeiten, die in Bezug auf Anschriften mit nur einer bewohnten Wohnung in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern bestehen. Dazu erheben sie an den betroffenen Anschriften für jede dort wohnende Person folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Wohnungsstatus,
e)
Staatsangehörigkeiten,
f)
Zahl der in der Wohnung wohnhaften Personen,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Anschrift.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

Die statistischen Ämter der Länder bereinigen Unstimmigkeiten, die in Bezug auf Anschriften mit nur einer bewohnten Wohnung in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern bestehen. Dazu erheben sie an den betroffenen Anschriften für jede dort wohnende Person folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Wohnungsstatus,
e)
Staatsangehörigkeiten,
f)
Zahl der in der Wohnung wohnhaften Personen,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Anschrift.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

Die statistischen Ämter der Länder bereinigen Unstimmigkeiten, die in Bezug auf Anschriften mit nur einer bewohnten Wohnung in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern bestehen. Dazu erheben sie an den betroffenen Anschriften für jede dort wohnende Person folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Wohnungsstatus,
e)
Staatsangehörigkeiten,
f)
Zahl der in der Wohnung wohnhaften Personen,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Anschrift.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

Die statistischen Ämter der Länder bereinigen Unstimmigkeiten, die in Bezug auf Anschriften mit nur einer bewohnten Wohnung in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern bestehen. Dazu erheben sie an den betroffenen Anschriften für jede dort wohnende Person folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Wohnungsstatus,
e)
Staatsangehörigkeiten,
f)
Zahl der in der Wohnung wohnhaften Personen,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Anschrift.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

Die statistischen Ämter der Länder bereinigen Unstimmigkeiten, die in Bezug auf Anschriften mit nur einer bewohnten Wohnung in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern bestehen. Dazu erheben sie an den betroffenen Anschriften für jede dort wohnende Person folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Wohnungsstatus,
e)
Staatsangehörigkeiten,
f)
Zahl der in der Wohnung wohnhaften Personen,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Anschrift.

(1) Das Statistische Bundesamt prüft anhand der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten, ob Personen für mehr als eine alleinige Wohnung oder Hauptwohnung (Mehrfachfälle) oder nur für Nebenwohnungen gemeldet sind.

(2) Mehrfachfälle in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern werden vom Statistischen Bundesamt maschinell bereinigt. Maßgebliche Entscheidungskriterien sind dabei die Einzugsdaten der betroffenen Person. Der sich daraus ergebende Datenbestand bildet die Grundlage für die Zusammenführungen nach § 9 Absatz 1 sowie für die Feststellung von Über- und Untererfassungen nach § 9 Absatz 2. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für alle Personen, die nur mit Nebenwohnungen gemeldet sind und für Personen mit mehr als einer alleinigen Wohnung oder Hauptwohnung, die in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern gemeldet sind, stellen die statistischen Ämter der Länder den Wohnungsstatus zum Berichtszeitpunkt fest. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(4) Zur Feststellung des Wohnungsstatus nach Absatz 3 erheben die statistischen Ämter der Länder bei den betroffenen Personen folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Wohnungsstatus der betroffenen Person in Bezug auf jede Anschrift,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort,
d)
Anschriften aller Haupt- und Nebenwohnungen der betroffenen Person.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

Die statistischen Ämter der Länder bereinigen Unstimmigkeiten, die in Bezug auf Anschriften mit nur einer bewohnten Wohnung in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern bestehen. Dazu erheben sie an den betroffenen Anschriften für jede dort wohnende Person folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Wohnungsstatus,
e)
Staatsangehörigkeiten,
f)
Zahl der in der Wohnung wohnhaften Personen,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Anschrift.

(1) Das Statistische Bundesamt prüft anhand der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten, ob Personen für mehr als eine alleinige Wohnung oder Hauptwohnung (Mehrfachfälle) oder nur für Nebenwohnungen gemeldet sind.

(2) Mehrfachfälle in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern werden vom Statistischen Bundesamt maschinell bereinigt. Maßgebliche Entscheidungskriterien sind dabei die Einzugsdaten der betroffenen Person. Der sich daraus ergebende Datenbestand bildet die Grundlage für die Zusammenführungen nach § 9 Absatz 1 sowie für die Feststellung von Über- und Untererfassungen nach § 9 Absatz 2. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für alle Personen, die nur mit Nebenwohnungen gemeldet sind und für Personen mit mehr als einer alleinigen Wohnung oder Hauptwohnung, die in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern gemeldet sind, stellen die statistischen Ämter der Länder den Wohnungsstatus zum Berichtszeitpunkt fest. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(4) Zur Feststellung des Wohnungsstatus nach Absatz 3 erheben die statistischen Ämter der Länder bei den betroffenen Personen folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Wohnungsstatus der betroffenen Person in Bezug auf jede Anschrift,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort,
d)
Anschriften aller Haupt- und Nebenwohnungen der betroffenen Person.

(1) Zur Aktualisierung des Anschriften- und Gebäuderegisters nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 vom 8. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2808) sowie zur Vorbereitung und Durchführung des Zensus übermitteln die Meldebehörden den statistischen Ämtern der Länder für jede gemeldete Person elektronisch die folgenden Daten:

1.
Ordnungsnummer im Melderegister,
2.
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
3.
Straße, Straßenschlüssel, Hausnummer und Anschriftenzusätze,
4.
Wohnort, Postleitzahl und amtlicher Gemeindeschlüssel,
5.
Tag der Geburt,
6.
Standesamt und Nummer des Geburtseintrags,
7.
Geburtsort einschließlich erläuternder Zugehörigkeitsbezeichnungen,
8.
bei im Ausland Geborenen: Geburtsstaat,
9.
Geschlecht,
10.
Staatsangehörigkeiten,
11.
Familienstand,
12.
Wohnungsstatus (alleinige Wohnung, Haupt- oder Nebenwohnung),
13.
Anschrift und Wohnungsstatus in der Gemeinde, aus der die Person zugezogen ist,
14.
Anschrift der zuletzt bewohnten Wohnung in der Gemeinde,
15.
Tag des Beziehens der Wohnung,
16.
Tag des Zuzugs in die Gemeinde,
17.
Herkunftsstaat bei Zuzug aus dem Ausland,
18.
Tag der Anmeldung bei der Meldebehörde,
19.
Tag des Wohnungsstatuswechsels,
20.
Familienname, frühere Namen, Vornamen, Tag der Geburt und Ordnungsnummer des Ehegatten oder des eingetragenen Lebenspartners oder der eingetragenen Lebenspartnerin,
21.
Familienname, frühere Namen, Vornamen, Tag der Geburt und Ordnungsnummer der minderjährigen Kinder sowie Familienname, Vornamen, Tag der Geburt, Schlüssel und Ordnungsnummer der gesetzlichen Vertreter,
22.
Tag der letzten Eheschließung oder Begründung der letzten eingetragenen Lebenspartnerschaft,
23.
Tag der Auflösung der letzten Ehe oder letzten eingetragenen Lebenspartnerschaft,
24.
Anschrift des Wohnungsgebers,
25.
Information über freiwillige Anmeldung im Melderegister,
26.
Übermittlungssperre nebst Grund der Übermittlungssperre,
27.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft.

(2) Die Meldebehörden übermitteln die Daten nach Absatz 1:

1.
zum Stichtag 1. November 2010,
2.
zum Berichtszeitpunkt,
3.
zum Stichtag 9. August 2011
jeweils innerhalb von vier Wochen nach den genannten Zeitpunkten.

(3) Für die in das Ausland entsandten

1.
Angehörigen der Bundeswehr,
2.
Personen, die für die Bundeswehr tätig sind,
3.
Angehörigen der Polizeibehörden,
4.
Angehörigen des Auswärtigen Dienstes mit Ausnahme der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen
sowie für ihre dort ansässigen in Deutschland nicht gemeldeten Familienangehörigen sind dem Statistischen Bundesamt innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt elektronisch folgende personenbezogene Daten zu übermitteln:
1.
Familienname, frühere Namen, Vornamen,
2.
Geschlecht,
3.
Tag der Geburt,
4.
Staat des gegenwärtigen Aufenthalts,
5.
Tag des Beginns des Auslandsaufenthaltes seit Versetzung aus dem Inland.

(4) Für die Übermittlung der Angaben nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2 ist das Bundesministerium der Verteidigung zuständig, für die Angaben nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 das Bundesministerium des Innern und für die Angaben nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 4 das Auswärtige Amt.

(5) Die nach Absatz 2 Nummer 1 übermittelten Daten werden als Hilfsmerkmale für die Durchführung des Zensus erfasst.

(6) Von den nach Absatz 2 Nummer 2 und 3 übermittelten Daten werden die Daten nach Absatz 1 Nummer 4 und 5 (Angabe des Monats und des Jahres aus dem Merkmal Tag der Geburt), 7 bis 12 sowie 15 bis 19 als Erhebungsmerkmale und die nach Absatz 1 Nummer 1 bis 3, 5 (Angabe des Tages aus dem Merkmal Tag der Geburt), 6, 13, 14 sowie 20 bis 26 als Hilfsmerkmale erfasst.

(7) Die statistischen Ämter der Länder übermitteln dem Statistischen Bundesamt die Daten nach Absatz 1 nach Abschluss der Vollzähligkeits- und Vollständigkeitsüberprüfung jeweils spätestens acht Wochen nach den in Absatz 2 genannten Zeitpunkten.

(1) Das Statistische Bundesamt erstellt und führt zur Vorbereitung des Zensus ein Anschriften- und Gebäuderegister. Die nach Landesrecht für die Durchführung der Bundesstatistiken zuständigen Stellen (statistische Ämter der Länder) wirken bei Aufbau und Pflege des Anschriften- und Gebäuderegisters mit und nutzen es für die Vorbereitung des Zensus.

(2) Das Anschriften- und Gebäuderegister dient

1.
der Steuerung des Ablaufs der Gebäude- und Wohnungszählung sowie der Ablaufkontrolle aller primärstatistischen Erhebungen des Zensus,
2.
zur Vorbereitung und als Auswahlgrundlage für die beim Zensus vorgesehenen Stichprobenerhebungen,
3.
dazu, die Erhebungen für den Zensus zu koordinieren, im Rahmen der Durchführung des Zensus die aus verschiedenen Quellen stammenden Daten zusammenzuführen und die in den Zensus einzubeziehenden Gebäude, Wohnungen und Personen auf Vollzähligkeit zu prüfen,
4.
der Entwicklung eines Systems der raumbezogenen Analysen und Darstellungen von statistischen Ergebnissen und der Schaffung einer Grundlage für eine kleinräumige Auswertung des Zensus.

(3) Im Anschriften- und Gebäuderegister werden zu jeder Wohnanschrift folgende Angaben gespeichert:

1.
Ordnungsnummer,
2.
Postleitzahl,
3.
Ort oder Gemeinde,
4.
Ortsteil oder Gemeindeteil,
5.
Straße,
6.
Hausnummer,
7.
Anschriftenzusatz,
8.
Lage des Gebäudes,
9.
Amtlicher Gemeindeschlüssel,
10.
Schlüssel des Orts- oder Gemeindeteils,
11.
Schlüssel der Straße,
12.
Gemeindeeigener Schlüssel der Straße,
13.
Koordinatenwerte einschließlich Qualitätskennzeichen,
14.
Gemeindegrößenklasse,
15.
Gebäudefunktion,
16.
Gebäudestatus,
17.
Anzahl der Wohnungen,
18.
Anzahl bewohnter Wohnungen,
19.
Personenzahl Hauptwohnung je Anschrift,
20.
Personenzahl Nebenwohnung je Anschrift,
21.
Anzahl der Deutschen je Anschrift,
22.
Anzahl der Ausländer je Anschrift,
23.
Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten je Anschrift,
24.
Anzahl der Arbeitslosen je Anschrift,
25.
Kennzeichnung der Erhebungsstelle,
26.
Stichprobenkennzeichen,
27.
Anzahl unterschiedlicher Familiennamen je Anschrift,
28.
Fluktuationsrate je Anschrift,
für Sondergebäude zusätzlich:
29.
Art der Einrichtung,
30.
Name und Anschriften der Träger, Eigentümer oder Verwalter der Unterkunft,
31.
Erhebungsverfahren bei Sondergebäuden,
Auskunftspflichtige für die Gebäude- und Wohnungszählung:
32.
Familienname und Vornamen oder Bezeichnung und
33.
Anschrift der jeweiligen Eigentümer, Erbbauberechtigten, Verwalter oder sonstigen Verfügungsberechtigten der Gebäude und Wohnungen.

(4) Das Anschriften- und Gebäuderegister muss für die Durchführung des Zensus spätestens ab dem 31. Dezember 2010 nutzbar sein.

(1) Zur Aktualisierung des Anschriften- und Gebäuderegisters nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 vom 8. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2808) sowie zur Vorbereitung und Durchführung des Zensus übermitteln die Meldebehörden den statistischen Ämtern der Länder für jede gemeldete Person elektronisch die folgenden Daten:

1.
Ordnungsnummer im Melderegister,
2.
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
3.
Straße, Straßenschlüssel, Hausnummer und Anschriftenzusätze,
4.
Wohnort, Postleitzahl und amtlicher Gemeindeschlüssel,
5.
Tag der Geburt,
6.
Standesamt und Nummer des Geburtseintrags,
7.
Geburtsort einschließlich erläuternder Zugehörigkeitsbezeichnungen,
8.
bei im Ausland Geborenen: Geburtsstaat,
9.
Geschlecht,
10.
Staatsangehörigkeiten,
11.
Familienstand,
12.
Wohnungsstatus (alleinige Wohnung, Haupt- oder Nebenwohnung),
13.
Anschrift und Wohnungsstatus in der Gemeinde, aus der die Person zugezogen ist,
14.
Anschrift der zuletzt bewohnten Wohnung in der Gemeinde,
15.
Tag des Beziehens der Wohnung,
16.
Tag des Zuzugs in die Gemeinde,
17.
Herkunftsstaat bei Zuzug aus dem Ausland,
18.
Tag der Anmeldung bei der Meldebehörde,
19.
Tag des Wohnungsstatuswechsels,
20.
Familienname, frühere Namen, Vornamen, Tag der Geburt und Ordnungsnummer des Ehegatten oder des eingetragenen Lebenspartners oder der eingetragenen Lebenspartnerin,
21.
Familienname, frühere Namen, Vornamen, Tag der Geburt und Ordnungsnummer der minderjährigen Kinder sowie Familienname, Vornamen, Tag der Geburt, Schlüssel und Ordnungsnummer der gesetzlichen Vertreter,
22.
Tag der letzten Eheschließung oder Begründung der letzten eingetragenen Lebenspartnerschaft,
23.
Tag der Auflösung der letzten Ehe oder letzten eingetragenen Lebenspartnerschaft,
24.
Anschrift des Wohnungsgebers,
25.
Information über freiwillige Anmeldung im Melderegister,
26.
Übermittlungssperre nebst Grund der Übermittlungssperre,
27.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft.

(2) Die Meldebehörden übermitteln die Daten nach Absatz 1:

1.
zum Stichtag 1. November 2010,
2.
zum Berichtszeitpunkt,
3.
zum Stichtag 9. August 2011
jeweils innerhalb von vier Wochen nach den genannten Zeitpunkten.

(3) Für die in das Ausland entsandten

1.
Angehörigen der Bundeswehr,
2.
Personen, die für die Bundeswehr tätig sind,
3.
Angehörigen der Polizeibehörden,
4.
Angehörigen des Auswärtigen Dienstes mit Ausnahme der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen
sowie für ihre dort ansässigen in Deutschland nicht gemeldeten Familienangehörigen sind dem Statistischen Bundesamt innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt elektronisch folgende personenbezogene Daten zu übermitteln:
1.
Familienname, frühere Namen, Vornamen,
2.
Geschlecht,
3.
Tag der Geburt,
4.
Staat des gegenwärtigen Aufenthalts,
5.
Tag des Beginns des Auslandsaufenthaltes seit Versetzung aus dem Inland.

(4) Für die Übermittlung der Angaben nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2 ist das Bundesministerium der Verteidigung zuständig, für die Angaben nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 das Bundesministerium des Innern und für die Angaben nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 4 das Auswärtige Amt.

(5) Die nach Absatz 2 Nummer 1 übermittelten Daten werden als Hilfsmerkmale für die Durchführung des Zensus erfasst.

(6) Von den nach Absatz 2 Nummer 2 und 3 übermittelten Daten werden die Daten nach Absatz 1 Nummer 4 und 5 (Angabe des Monats und des Jahres aus dem Merkmal Tag der Geburt), 7 bis 12 sowie 15 bis 19 als Erhebungsmerkmale und die nach Absatz 1 Nummer 1 bis 3, 5 (Angabe des Tages aus dem Merkmal Tag der Geburt), 6, 13, 14 sowie 20 bis 26 als Hilfsmerkmale erfasst.

(7) Die statistischen Ämter der Länder übermitteln dem Statistischen Bundesamt die Daten nach Absatz 1 nach Abschluss der Vollzähligkeits- und Vollständigkeitsüberprüfung jeweils spätestens acht Wochen nach den in Absatz 2 genannten Zeitpunkten.

(1) Das Statistische Bundesamt erstellt und führt zur Vorbereitung des Zensus ein Anschriften- und Gebäuderegister. Die nach Landesrecht für die Durchführung der Bundesstatistiken zuständigen Stellen (statistische Ämter der Länder) wirken bei Aufbau und Pflege des Anschriften- und Gebäuderegisters mit und nutzen es für die Vorbereitung des Zensus.

(2) Das Anschriften- und Gebäuderegister dient

1.
der Steuerung des Ablaufs der Gebäude- und Wohnungszählung sowie der Ablaufkontrolle aller primärstatistischen Erhebungen des Zensus,
2.
zur Vorbereitung und als Auswahlgrundlage für die beim Zensus vorgesehenen Stichprobenerhebungen,
3.
dazu, die Erhebungen für den Zensus zu koordinieren, im Rahmen der Durchführung des Zensus die aus verschiedenen Quellen stammenden Daten zusammenzuführen und die in den Zensus einzubeziehenden Gebäude, Wohnungen und Personen auf Vollzähligkeit zu prüfen,
4.
der Entwicklung eines Systems der raumbezogenen Analysen und Darstellungen von statistischen Ergebnissen und der Schaffung einer Grundlage für eine kleinräumige Auswertung des Zensus.

(3) Im Anschriften- und Gebäuderegister werden zu jeder Wohnanschrift folgende Angaben gespeichert:

1.
Ordnungsnummer,
2.
Postleitzahl,
3.
Ort oder Gemeinde,
4.
Ortsteil oder Gemeindeteil,
5.
Straße,
6.
Hausnummer,
7.
Anschriftenzusatz,
8.
Lage des Gebäudes,
9.
Amtlicher Gemeindeschlüssel,
10.
Schlüssel des Orts- oder Gemeindeteils,
11.
Schlüssel der Straße,
12.
Gemeindeeigener Schlüssel der Straße,
13.
Koordinatenwerte einschließlich Qualitätskennzeichen,
14.
Gemeindegrößenklasse,
15.
Gebäudefunktion,
16.
Gebäudestatus,
17.
Anzahl der Wohnungen,
18.
Anzahl bewohnter Wohnungen,
19.
Personenzahl Hauptwohnung je Anschrift,
20.
Personenzahl Nebenwohnung je Anschrift,
21.
Anzahl der Deutschen je Anschrift,
22.
Anzahl der Ausländer je Anschrift,
23.
Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten je Anschrift,
24.
Anzahl der Arbeitslosen je Anschrift,
25.
Kennzeichnung der Erhebungsstelle,
26.
Stichprobenkennzeichen,
27.
Anzahl unterschiedlicher Familiennamen je Anschrift,
28.
Fluktuationsrate je Anschrift,
für Sondergebäude zusätzlich:
29.
Art der Einrichtung,
30.
Name und Anschriften der Träger, Eigentümer oder Verwalter der Unterkunft,
31.
Erhebungsverfahren bei Sondergebäuden,
Auskunftspflichtige für die Gebäude- und Wohnungszählung:
32.
Familienname und Vornamen oder Bezeichnung und
33.
Anschrift der jeweiligen Eigentümer, Erbbauberechtigten, Verwalter oder sonstigen Verfügungsberechtigten der Gebäude und Wohnungen.

(4) Das Anschriften- und Gebäuderegister muss für die Durchführung des Zensus spätestens ab dem 31. Dezember 2010 nutzbar sein.

(1) Zur Durchführung des Zensus führen die statistischen Ämter der Länder zum Berichtszeitpunkt eine Gebäude- und Wohnungszählung als schriftliche Befragung durch.

(2) Erhebungsmerkmale sind:

1.
für Gebäude:
a)
Gemeinde, Postleitzahl und amtlicher Gemeindeschlüssel,
b)
Art des Gebäudes,
c)
Eigentumsverhältnisse,
d)
Gebäudetyp,
e)
Baujahr,
f)
Heizungsart,
g)
Zahl der Wohnungen,
2.
für Wohnungen:
a)
Art der Nutzung,
b)
Eigentumsverhältnisse,
c)
Wohnung nicht meldepflichtiger Personen, soweit bekannt,
d)
Fläche der Wohnung,
e)
WC,
f)
Badewanne oder Dusche,
g)
Zahl der Räume.

(3) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname, frühere Namen, Vornamen und Anschrift der Auskunftspflichtigen,
2.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen Person, die für Rückfragen zur Verfügung steht,
3.
Namen und Vornamen von bis zu zwei Wohnungsnutzern je Wohnung,
4.
soweit bekannt: Zahl der Bewohner je Wohnung,
5.
Straße, Hausnummer und Anschriftenzusätze der Wohnung.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Die statistischen Ämter der Länder stellen für alle Anschriften mit Sonderbereichen die dort wohnenden Personen fest. Dafür werden für jede dort wohnende Person folgende Daten erhoben:

1.
als Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Tag des Bezugs der Wohnung oder des Beginns der Unterbringung,
f)
Geburtsstaat,
g)
ob die Person unter der Anschrift in einem Haushalt nach § 2 Absatz 1 Satz 4 bis 6 lebt,
h)
Wohnungsstatus,
2.
als Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort.

(2) Für die nach Absatz 1 festgestellten Personen findet ein Abgleich mit den nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten statt. Die statistischen Ämter der Länder klären anhand der Merkmale nach § 8 Absatz 1, an welchem Ort die Personen mit Haupt- und Nebenwohnung zu zählen sind. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für Personen in Sonderbereichen, die nicht in einem Haushalt nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe g wohnen, werden die Hilfsmerkmale nach Absatz 1 Nummer 2 nach erfolgtem Abgleich unverzüglich gelöscht.

(4) In sensiblen Sonderbereichen werden bei der Gebäude- und Wohnungszählung nur die Erhebungsmerkmale nach § 6 Absatz 2 und als Hilfsmerkmale die Familiennamen, die Vornamen, die Anschriften und die Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen erhoben.

(5) In sensiblen Sonderbereichen darf keine Haushaltsstichprobe nach § 7 durchgeführt werden. In den übrigen nach § 7 ausgewählten Sonderbereichen werden die dort wohnenden Personen zu den Merkmalen nach § 7 Absatz 4 und 5 befragt.

(1) Das Statistische Bundesamt prüft anhand der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten, ob Personen für mehr als eine alleinige Wohnung oder Hauptwohnung (Mehrfachfälle) oder nur für Nebenwohnungen gemeldet sind.

(2) Mehrfachfälle in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern werden vom Statistischen Bundesamt maschinell bereinigt. Maßgebliche Entscheidungskriterien sind dabei die Einzugsdaten der betroffenen Person. Der sich daraus ergebende Datenbestand bildet die Grundlage für die Zusammenführungen nach § 9 Absatz 1 sowie für die Feststellung von Über- und Untererfassungen nach § 9 Absatz 2. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für alle Personen, die nur mit Nebenwohnungen gemeldet sind und für Personen mit mehr als einer alleinigen Wohnung oder Hauptwohnung, die in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern gemeldet sind, stellen die statistischen Ämter der Länder den Wohnungsstatus zum Berichtszeitpunkt fest. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(4) Zur Feststellung des Wohnungsstatus nach Absatz 3 erheben die statistischen Ämter der Länder bei den betroffenen Personen folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Wohnungsstatus der betroffenen Person in Bezug auf jede Anschrift,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort,
d)
Anschriften aller Haupt- und Nebenwohnungen der betroffenen Person.

Die statistischen Ämter der Länder bereinigen Unstimmigkeiten, die in Bezug auf Anschriften mit nur einer bewohnten Wohnung in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern bestehen. Dazu erheben sie an den betroffenen Anschriften für jede dort wohnende Person folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Wohnungsstatus,
e)
Staatsangehörigkeiten,
f)
Zahl der in der Wohnung wohnhaften Personen,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Anschrift.

(1) Die Hilfsmerkmale sind von den Erhebungsmerkmalen zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu trennen und gesondert aufzubewahren. Sie sind, soweit sich nicht aus § 22 Absatz 2 und § 23 etwas anderes ergibt, zu löschen, sobald bei den statistischen Ämtern die Überprüfung der Erhebungs- und Hilfsmerkmale auf ihre Schlüssigkeit und Vollständigkeit abgeschlossen ist. Sie sind spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu löschen.

(2) Die Erhebungsunterlagen sind nach Abschluss der Aufbereitung des Zensus, spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu vernichten.

(1) Das Statistische Bundesamt legt den bundesweiten Stichprobenplan fest, zieht die Stichproben nach § 7 Absatz 3 des Zensusgesetzes 2011 bundesweit jeweils am gleichen Datum und dokumentiert das Auswahlverfahren sowie die einbezogenen Anschriften.

(2) Bei der Erstellung des Stichprobenplans und bei der Stichprobenziehung sind die Qualitätsvorgaben aus dem vom Statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsprojekt zur Entwicklung des Stichprobenverfahrens zu berücksichtigen.

(3) Für den Stichprobenplan und die Stichprobenziehung ist Folgendes maßgebend:

1.
Auswahlgrundlage ist der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum in dem nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 vom 8. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2808) erstellten Anschriften- und Gebäuderegister. Die Stichprobenziehung erfolgt mit Stand vom 1. September 2010. Für Anschriften mit Wohnraum, die zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt des Zensus 2011 (9. Mai 2011) neu in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen werden, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen.
2.
Der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum ist regional nach Erhebungsgebieten zu gliedern. Erhebungsgebiete sind Gemeinden mit mindestens10 000Einwohnern, in Städten mit mindestens400 000Einwohnern auch Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern und die auf der Kreisebene zusammengefassten Gemeinden unter10 000Einwohnern.
3.
Für jedes Erhebungsgebiet ist der jeweilige Anschriftenbestand zunächst aufsteigend nach der Zahl der an der Anschrift mit alleinigem Wohnsitz oder mit Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldeten Personen zu ordnen und anschließend in acht überschneidungsfreie Schichten mit etwa der gleichen Anzahl an Personen zu gliedern. Für Anschriften mit Sonderbereichen nach § 8 Absatz 5 Satz 2 des Zensusgesetzes 2011 wird zusätzlich eine eigene Schicht gebildet.
4.
Innerhalb der Schichten werden die Anschriften nach einem mathematischen Zufallsverfahren ausgewählt.
5.
Das Stichprobenverfahren wird so ausgerichtet, dass für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern die gleiche Auswahlwahrscheinlichkeit für alle Anschriften und Personen gegeben ist.

(1) Das Statistische Bundesamt prüft anhand der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten, ob Personen für mehr als eine alleinige Wohnung oder Hauptwohnung (Mehrfachfälle) oder nur für Nebenwohnungen gemeldet sind.

(2) Mehrfachfälle in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern werden vom Statistischen Bundesamt maschinell bereinigt. Maßgebliche Entscheidungskriterien sind dabei die Einzugsdaten der betroffenen Person. Der sich daraus ergebende Datenbestand bildet die Grundlage für die Zusammenführungen nach § 9 Absatz 1 sowie für die Feststellung von Über- und Untererfassungen nach § 9 Absatz 2. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für alle Personen, die nur mit Nebenwohnungen gemeldet sind und für Personen mit mehr als einer alleinigen Wohnung oder Hauptwohnung, die in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern gemeldet sind, stellen die statistischen Ämter der Länder den Wohnungsstatus zum Berichtszeitpunkt fest. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(4) Zur Feststellung des Wohnungsstatus nach Absatz 3 erheben die statistischen Ämter der Länder bei den betroffenen Personen folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Wohnungsstatus der betroffenen Person in Bezug auf jede Anschrift,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort,
d)
Anschriften aller Haupt- und Nebenwohnungen der betroffenen Person.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

Die statistischen Ämter der Länder bereinigen Unstimmigkeiten, die in Bezug auf Anschriften mit nur einer bewohnten Wohnung in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern bestehen. Dazu erheben sie an den betroffenen Anschriften für jede dort wohnende Person folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Wohnungsstatus,
e)
Staatsangehörigkeiten,
f)
Zahl der in der Wohnung wohnhaften Personen,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Anschrift.

(1) Das Statistische Bundesamt prüft anhand der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten, ob Personen für mehr als eine alleinige Wohnung oder Hauptwohnung (Mehrfachfälle) oder nur für Nebenwohnungen gemeldet sind.

(2) Mehrfachfälle in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern werden vom Statistischen Bundesamt maschinell bereinigt. Maßgebliche Entscheidungskriterien sind dabei die Einzugsdaten der betroffenen Person. Der sich daraus ergebende Datenbestand bildet die Grundlage für die Zusammenführungen nach § 9 Absatz 1 sowie für die Feststellung von Über- und Untererfassungen nach § 9 Absatz 2. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für alle Personen, die nur mit Nebenwohnungen gemeldet sind und für Personen mit mehr als einer alleinigen Wohnung oder Hauptwohnung, die in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern gemeldet sind, stellen die statistischen Ämter der Länder den Wohnungsstatus zum Berichtszeitpunkt fest. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(4) Zur Feststellung des Wohnungsstatus nach Absatz 3 erheben die statistischen Ämter der Länder bei den betroffenen Personen folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Wohnungsstatus der betroffenen Person in Bezug auf jede Anschrift,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort,
d)
Anschriften aller Haupt- und Nebenwohnungen der betroffenen Person.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die statistischen Ämter der Länder stellen für alle Anschriften mit Sonderbereichen die dort wohnenden Personen fest. Dafür werden für jede dort wohnende Person folgende Daten erhoben:

1.
als Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Tag des Bezugs der Wohnung oder des Beginns der Unterbringung,
f)
Geburtsstaat,
g)
ob die Person unter der Anschrift in einem Haushalt nach § 2 Absatz 1 Satz 4 bis 6 lebt,
h)
Wohnungsstatus,
2.
als Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort.

(2) Für die nach Absatz 1 festgestellten Personen findet ein Abgleich mit den nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten statt. Die statistischen Ämter der Länder klären anhand der Merkmale nach § 8 Absatz 1, an welchem Ort die Personen mit Haupt- und Nebenwohnung zu zählen sind. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für Personen in Sonderbereichen, die nicht in einem Haushalt nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe g wohnen, werden die Hilfsmerkmale nach Absatz 1 Nummer 2 nach erfolgtem Abgleich unverzüglich gelöscht.

(4) In sensiblen Sonderbereichen werden bei der Gebäude- und Wohnungszählung nur die Erhebungsmerkmale nach § 6 Absatz 2 und als Hilfsmerkmale die Familiennamen, die Vornamen, die Anschriften und die Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen erhoben.

(5) In sensiblen Sonderbereichen darf keine Haushaltsstichprobe nach § 7 durchgeführt werden. In den übrigen nach § 7 ausgewählten Sonderbereichen werden die dort wohnenden Personen zu den Merkmalen nach § 7 Absatz 4 und 5 befragt.

(1) Die Hilfsmerkmale sind von den Erhebungsmerkmalen zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu trennen und gesondert aufzubewahren. Sie sind, soweit sich nicht aus § 22 Absatz 2 und § 23 etwas anderes ergibt, zu löschen, sobald bei den statistischen Ämtern die Überprüfung der Erhebungs- und Hilfsmerkmale auf ihre Schlüssigkeit und Vollständigkeit abgeschlossen ist. Sie sind spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu löschen.

(2) Die Erhebungsunterlagen sind nach Abschluss der Aufbereitung des Zensus, spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu vernichten.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die statistischen Ämter der Länder stellen für alle Anschriften mit Sonderbereichen die dort wohnenden Personen fest. Dafür werden für jede dort wohnende Person folgende Daten erhoben:

1.
als Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Tag des Bezugs der Wohnung oder des Beginns der Unterbringung,
f)
Geburtsstaat,
g)
ob die Person unter der Anschrift in einem Haushalt nach § 2 Absatz 1 Satz 4 bis 6 lebt,
h)
Wohnungsstatus,
2.
als Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort.

(2) Für die nach Absatz 1 festgestellten Personen findet ein Abgleich mit den nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten statt. Die statistischen Ämter der Länder klären anhand der Merkmale nach § 8 Absatz 1, an welchem Ort die Personen mit Haupt- und Nebenwohnung zu zählen sind. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für Personen in Sonderbereichen, die nicht in einem Haushalt nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe g wohnen, werden die Hilfsmerkmale nach Absatz 1 Nummer 2 nach erfolgtem Abgleich unverzüglich gelöscht.

(4) In sensiblen Sonderbereichen werden bei der Gebäude- und Wohnungszählung nur die Erhebungsmerkmale nach § 6 Absatz 2 und als Hilfsmerkmale die Familiennamen, die Vornamen, die Anschriften und die Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen erhoben.

(5) In sensiblen Sonderbereichen darf keine Haushaltsstichprobe nach § 7 durchgeführt werden. In den übrigen nach § 7 ausgewählten Sonderbereichen werden die dort wohnenden Personen zu den Merkmalen nach § 7 Absatz 4 und 5 befragt.

(1) Die Hilfsmerkmale sind von den Erhebungsmerkmalen zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu trennen und gesondert aufzubewahren. Sie sind, soweit sich nicht aus § 22 Absatz 2 und § 23 etwas anderes ergibt, zu löschen, sobald bei den statistischen Ämtern die Überprüfung der Erhebungs- und Hilfsmerkmale auf ihre Schlüssigkeit und Vollständigkeit abgeschlossen ist. Sie sind spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu löschen.

(2) Die Erhebungsunterlagen sind nach Abschluss der Aufbereitung des Zensus, spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu vernichten.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Das Statistische Bundesamt prüft anhand der von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten, ob Personen für mehr als eine alleinige Wohnung oder Hauptwohnung (Mehrfachfälle) oder nur für Nebenwohnungen gemeldet sind.

(2) Mehrfachfälle in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern werden vom Statistischen Bundesamt maschinell bereinigt. Maßgebliche Entscheidungskriterien sind dabei die Einzugsdaten der betroffenen Person. Der sich daraus ergebende Datenbestand bildet die Grundlage für die Zusammenführungen nach § 9 Absatz 1 sowie für die Feststellung von Über- und Untererfassungen nach § 9 Absatz 2. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für alle Personen, die nur mit Nebenwohnungen gemeldet sind und für Personen mit mehr als einer alleinigen Wohnung oder Hauptwohnung, die in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern gemeldet sind, stellen die statistischen Ämter der Länder den Wohnungsstatus zum Berichtszeitpunkt fest. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(4) Zur Feststellung des Wohnungsstatus nach Absatz 3 erheben die statistischen Ämter der Länder bei den betroffenen Personen folgende Angaben:

1.
Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Wohnungsstatus der betroffenen Person in Bezug auf jede Anschrift,
2.
Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort,
d)
Anschriften aller Haupt- und Nebenwohnungen der betroffenen Person.

(1) Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse, die für eine Bundesstatistik gemacht werden, sind von den Amtsträgern und Amtsträgerinnen und für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten, die mit der Durchführung von Bundesstatistiken betraut sind, geheim zu halten, soweit durch besondere Rechtsvorschrift nichts anderes bestimmt ist. Die Geheimhaltungspflicht besteht auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit fort. Die Geheimhaltungspflicht gilt nicht für

1.
Einzelangaben, in deren Übermittlung oder Veröffentlichung die Betroffenen schriftlich eingewilligt haben, soweit nicht wegen besonderer Umstände eine andere Form der Einwilligung angemessen ist,
2.
Einzelangaben aus allgemein zugänglichen Quellen, wenn sie sich auf die in § 15 Absatz 1 genannten öffentlichen Stellen beziehen, auch soweit eine Auskunftspflicht aufgrund einer eine Bundesstatistik anordnenden Rechtsvorschrift besteht,
3.
Einzelangaben, die vom Statistischen Bundesamt oder den statistischen Ämtern der Länder mit den Einzelangaben anderer Befragter zusammengefasst und in statistischen Ergebnissen dargestellt sind,
4.
Einzelangaben, wenn sie den Befragten oder Betroffenen nicht zuzuordnen sind.
Die §§ 93, 97, 105 Absatz 1, § 111 Absatz 5 in Verbindung mit § 105 Absatz 1 sowie § 116 Absatz 1 der Abgabenordnung vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 613; 1977 I S. 269), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 19. Dezember 1985 (BGBl. I S. 2436), gelten nicht für Personen und Stellen, soweit sie mit der Durchführung von Bundes- , Landes- oder Kommunalstatistiken betraut sind.

(2) Die Übermittlung von Einzelangaben zwischen den mit der Durchführung einer Bundesstatistik betrauten Personen und Stellen ist zulässig, soweit dies zur Erstellung der Bundesstatistik erforderlich ist. Darüber hinaus ist die Übermittlung von Einzelangaben zwischen den an einer Zusammenarbeit nach § 3a beteiligten statistischen Ämtern und die zentrale Verarbeitung und Nutzung dieser Einzelangaben in einem oder mehreren statistischen Ämtern zulässig.

(3) Das Statistische Bundesamt darf an die statistischen Ämter der Länder die ihren jeweiligen Erhebungsbereich betreffenden Einzelangaben für Sonderaufbereitungen auf regionaler Ebene übermitteln. Für die Erstellung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen und sonstiger Gesamtsysteme des Bundes und der Länder dürfen sich das Statistische Bundesamt und die statistischen Ämter der Länder untereinander Einzelangaben aus Bundesstatistiken übermitteln.

(4) Für die Verwendung gegenüber den gesetzgebenden Körperschaften und für Zwecke der Planung, jedoch nicht für die Regelung von Einzelfällen, dürfen den obersten Bundes- oder Landesbehörden vom Statistischen Bundesamt und den statistischen Ämtern der Länder Tabellen mit statistischen Ergebnissen übermittelt werden, auch soweit Tabellenfelder nur einen einzigen Fall ausweisen. Die Übermittlung nach Satz 1 ist nur zulässig, soweit in den eine Bundesstatistik anordnenden Rechtsvorschriften die Übermittlung von Einzelangaben an oberste Bundes- oder Landesbehörden zugelassen ist.

(5) Für ausschließlich statistische Zwecke dürfen vom Statistischen Bundesamt und den statistischen Ämtern der Länder Einzelangaben an die zur Durchführung statistischer Aufgaben zuständigen Stellen der Gemeinden und Gemeindeverbände übermittelt werden, wenn die Übermittlung in einem eine Bundesstatistik anordnenden Gesetz vorgesehen ist sowie Art und Umfang der zu übermittelnden Einzelangaben bestimmt sind. Die Übermittlung ist nur zulässig, wenn durch Landesgesetz eine Trennung dieser Stellen von anderen kommunalen Verwaltungsstellen sichergestellt und das Statistikgeheimnis durch Organisation und Verfahren gewährleistet ist.

(6) Für die Durchführung wissenschaftlicher Vorhaben dürfen das Statistische Bundesamt und die statistischen Ämter der Länder Hochschulen oder sonstigen Einrichtungen mit der Aufgabe unabhängiger wissenschaftlicher Forschung

1.
Einzelangaben übermitteln, wenn die Einzelangaben nur mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft zugeordnet werden können (faktisch anonymisierte Einzelangaben),
2.
innerhalb speziell abgesicherter Bereiche des Statistischen Bundesamtes und der statistischen Ämter der Länder Zugang zu formal anonymisierten Einzelangaben gewähren, wenn wirksame Vorkehrungen zur Wahrung der Geheimhaltung getroffen werden.
Berechtigte können nur Amtsträger oder Amtsträgerinnen, für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete oder Verpflichtete nach Absatz 7 sein.

(7) Personen, die Einzelangaben nach Absatz 6 erhalten sollen, sind vor der Übermittlung zur Geheimhaltung zu verpflichten, soweit sie nicht Amtsträger oder Amtsträgerinnen oder für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete sind. § 1 Absatz 2, 3 und 4 Nummer 2 des Verpflichtungsgesetzes vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469, Artikel 42), das durch Gesetz vom 15. August 1974 (BGBl. I S. 1942) geändert worden ist, gilt entsprechend.

(8) Die aufgrund einer besonderen Rechtsvorschrift oder der Absätze 4, 5 oder 6 übermittelten Einzelangaben dürfen nur für die Zwecke verwendet werden, für die sie übermittelt wurden. In den Fällen des Absatzes 6 Satz 1 Nummer 1 sind sie zu löschen, sobald das wissenschaftliche Vorhaben durchgeführt ist. Bei den Stellen, denen Einzelangaben übermittelt werden, muss durch organisatorische und technische Maßnahmen sichergestellt sein, dass nur Amtsträger, für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete oder Verpflichtete nach Absatz 7 Satz 1 Empfänger von Einzelangaben sind.

(9) Die Übermittlung aufgrund einer besonderen Rechtsvorschrift oder nach den Absätzen 4, 5 oder 6 ist nach Inhalt, Stelle, der übermittelt wird, Datum und Zweck der Weitergabe von den statistischen Ämtern aufzuzeichnen. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre aufzubewahren.

(10) Die Pflicht zur Geheimhaltung nach Absatz 1 besteht auch für die Personen, die Empfänger von Einzelangaben aufgrund einer besonderen Rechtsvorschrift, nach den Absätzen 5, 6 oder von Tabellen nach Absatz 4 sind. Dies gilt nicht für offenkundige Tatsachen bei einer Übermittlung nach Absatz 4.

(1) Die statistischen Ämter der Länder stellen für alle Anschriften mit Sonderbereichen die dort wohnenden Personen fest. Dafür werden für jede dort wohnende Person folgende Daten erhoben:

1.
als Erhebungsmerkmale:
a)
Monat und Jahr der Geburt,
b)
Geschlecht,
c)
Familienstand,
d)
Staatsangehörigkeiten,
e)
Tag des Bezugs der Wohnung oder des Beginns der Unterbringung,
f)
Geburtsstaat,
g)
ob die Person unter der Anschrift in einem Haushalt nach § 2 Absatz 1 Satz 4 bis 6 lebt,
h)
Wohnungsstatus,
2.
als Hilfsmerkmale:
a)
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
b)
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
c)
Geburtsort.

(2) Für die nach Absatz 1 festgestellten Personen findet ein Abgleich mit den nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten statt. Die statistischen Ämter der Länder klären anhand der Merkmale nach § 8 Absatz 1, an welchem Ort die Personen mit Haupt- und Nebenwohnung zu zählen sind. Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.

(3) Für Personen in Sonderbereichen, die nicht in einem Haushalt nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe g wohnen, werden die Hilfsmerkmale nach Absatz 1 Nummer 2 nach erfolgtem Abgleich unverzüglich gelöscht.

(4) In sensiblen Sonderbereichen werden bei der Gebäude- und Wohnungszählung nur die Erhebungsmerkmale nach § 6 Absatz 2 und als Hilfsmerkmale die Familiennamen, die Vornamen, die Anschriften und die Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen erhoben.

(5) In sensiblen Sonderbereichen darf keine Haushaltsstichprobe nach § 7 durchgeführt werden. In den übrigen nach § 7 ausgewählten Sonderbereichen werden die dort wohnenden Personen zu den Merkmalen nach § 7 Absatz 4 und 5 befragt.

(1) Die Hilfsmerkmale sind von den Erhebungsmerkmalen zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu trennen und gesondert aufzubewahren. Sie sind, soweit sich nicht aus § 22 Absatz 2 und § 23 etwas anderes ergibt, zu löschen, sobald bei den statistischen Ämtern die Überprüfung der Erhebungs- und Hilfsmerkmale auf ihre Schlüssigkeit und Vollständigkeit abgeschlossen ist. Sie sind spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu löschen.

(2) Die Erhebungsunterlagen sind nach Abschluss der Aufbereitung des Zensus, spätestens vier Jahre nach dem Berichtszeitpunkt zu vernichten.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Das Statistische Bundesamt legt den bundesweiten Stichprobenplan fest, zieht die Stichproben nach § 7 Absatz 3 des Zensusgesetzes 2011 bundesweit jeweils am gleichen Datum und dokumentiert das Auswahlverfahren sowie die einbezogenen Anschriften.

(2) Bei der Erstellung des Stichprobenplans und bei der Stichprobenziehung sind die Qualitätsvorgaben aus dem vom Statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsprojekt zur Entwicklung des Stichprobenverfahrens zu berücksichtigen.

(3) Für den Stichprobenplan und die Stichprobenziehung ist Folgendes maßgebend:

1.
Auswahlgrundlage ist der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum in dem nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 vom 8. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2808) erstellten Anschriften- und Gebäuderegister. Die Stichprobenziehung erfolgt mit Stand vom 1. September 2010. Für Anschriften mit Wohnraum, die zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt des Zensus 2011 (9. Mai 2011) neu in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen werden, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen.
2.
Der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum ist regional nach Erhebungsgebieten zu gliedern. Erhebungsgebiete sind Gemeinden mit mindestens10 000Einwohnern, in Städten mit mindestens400 000Einwohnern auch Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern und die auf der Kreisebene zusammengefassten Gemeinden unter10 000Einwohnern.
3.
Für jedes Erhebungsgebiet ist der jeweilige Anschriftenbestand zunächst aufsteigend nach der Zahl der an der Anschrift mit alleinigem Wohnsitz oder mit Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldeten Personen zu ordnen und anschließend in acht überschneidungsfreie Schichten mit etwa der gleichen Anzahl an Personen zu gliedern. Für Anschriften mit Sonderbereichen nach § 8 Absatz 5 Satz 2 des Zensusgesetzes 2011 wird zusätzlich eine eigene Schicht gebildet.
4.
Innerhalb der Schichten werden die Anschriften nach einem mathematischen Zufallsverfahren ausgewählt.
5.
Das Stichprobenverfahren wird so ausgerichtet, dass für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern die gleiche Auswahlwahrscheinlichkeit für alle Anschriften und Personen gegeben ist.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Das Statistische Bundesamt legt den bundesweiten Stichprobenplan fest, zieht die Stichproben nach § 7 Absatz 3 des Zensusgesetzes 2011 bundesweit jeweils am gleichen Datum und dokumentiert das Auswahlverfahren sowie die einbezogenen Anschriften.

(2) Bei der Erstellung des Stichprobenplans und bei der Stichprobenziehung sind die Qualitätsvorgaben aus dem vom Statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsprojekt zur Entwicklung des Stichprobenverfahrens zu berücksichtigen.

(3) Für den Stichprobenplan und die Stichprobenziehung ist Folgendes maßgebend:

1.
Auswahlgrundlage ist der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum in dem nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 vom 8. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2808) erstellten Anschriften- und Gebäuderegister. Die Stichprobenziehung erfolgt mit Stand vom 1. September 2010. Für Anschriften mit Wohnraum, die zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt des Zensus 2011 (9. Mai 2011) neu in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen werden, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen.
2.
Der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum ist regional nach Erhebungsgebieten zu gliedern. Erhebungsgebiete sind Gemeinden mit mindestens10 000Einwohnern, in Städten mit mindestens400 000Einwohnern auch Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern und die auf der Kreisebene zusammengefassten Gemeinden unter10 000Einwohnern.
3.
Für jedes Erhebungsgebiet ist der jeweilige Anschriftenbestand zunächst aufsteigend nach der Zahl der an der Anschrift mit alleinigem Wohnsitz oder mit Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldeten Personen zu ordnen und anschließend in acht überschneidungsfreie Schichten mit etwa der gleichen Anzahl an Personen zu gliedern. Für Anschriften mit Sonderbereichen nach § 8 Absatz 5 Satz 2 des Zensusgesetzes 2011 wird zusätzlich eine eigene Schicht gebildet.
4.
Innerhalb der Schichten werden die Anschriften nach einem mathematischen Zufallsverfahren ausgewählt.
5.
Das Stichprobenverfahren wird so ausgerichtet, dass für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern die gleiche Auswahlwahrscheinlichkeit für alle Anschriften und Personen gegeben ist.

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Das Statistische Bundesamt legt den bundesweiten Stichprobenplan fest, zieht die Stichproben nach § 7 Absatz 3 des Zensusgesetzes 2011 bundesweit jeweils am gleichen Datum und dokumentiert das Auswahlverfahren sowie die einbezogenen Anschriften.

(2) Bei der Erstellung des Stichprobenplans und bei der Stichprobenziehung sind die Qualitätsvorgaben aus dem vom Statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsprojekt zur Entwicklung des Stichprobenverfahrens zu berücksichtigen.

(3) Für den Stichprobenplan und die Stichprobenziehung ist Folgendes maßgebend:

1.
Auswahlgrundlage ist der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum in dem nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 vom 8. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2808) erstellten Anschriften- und Gebäuderegister. Die Stichprobenziehung erfolgt mit Stand vom 1. September 2010. Für Anschriften mit Wohnraum, die zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt des Zensus 2011 (9. Mai 2011) neu in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen werden, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen.
2.
Der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum ist regional nach Erhebungsgebieten zu gliedern. Erhebungsgebiete sind Gemeinden mit mindestens10 000Einwohnern, in Städten mit mindestens400 000Einwohnern auch Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern und die auf der Kreisebene zusammengefassten Gemeinden unter10 000Einwohnern.
3.
Für jedes Erhebungsgebiet ist der jeweilige Anschriftenbestand zunächst aufsteigend nach der Zahl der an der Anschrift mit alleinigem Wohnsitz oder mit Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldeten Personen zu ordnen und anschließend in acht überschneidungsfreie Schichten mit etwa der gleichen Anzahl an Personen zu gliedern. Für Anschriften mit Sonderbereichen nach § 8 Absatz 5 Satz 2 des Zensusgesetzes 2011 wird zusätzlich eine eigene Schicht gebildet.
4.
Innerhalb der Schichten werden die Anschriften nach einem mathematischen Zufallsverfahren ausgewählt.
5.
Das Stichprobenverfahren wird so ausgerichtet, dass für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern die gleiche Auswahlwahrscheinlichkeit für alle Anschriften und Personen gegeben ist.

(1) Die statistischen Ämter des Bundes und der Länder führen eine Bevölkerungs-, Gebäude- und Wohnungszählung (Zensus) mit Stand vom 9. Mai 2011 (Berichtszeitpunkt) als Bundesstatistik durch.

(2) Die benötigten Angaben werden erhoben im Wege von:

1.
Datenübermittlungen der nach Landesrecht für das Meldewesen zuständigen Stellen (Meldebehörden) und oberster Bundesbehörden (§ 3),
2.
Datenübermittlungen der Bundesagentur für Arbeit (§ 4),
3.
Datenübermittlungen der nach dem Finanz- und Personalstatistikgesetz auskunftspflichtigen Stellen (§ 5),
4.
Erhebungen zur Gewinnung der Gebäude- und Wohnungsdaten (§ 6),
5.
Stichprobenerhebungen zur Sicherung der Datenqualität und zur Erfassung ergänzender Angaben über die Bevölkerung (§ 7),
6.
Erhebungen von Angaben über Bewohner an Anschriften mit Gemeinschaftsunterkünften, Anstalten, Notunterkünften, Wohnheimen und ähnlichen Einrichtungen (§ 8),
7.
ergänzenden Ermittlungen von Anschriften von Gebäuden mit Wohnraum und bewohnten Unterkünften (§ 14),
8.
Erhebungen zur Bewertung der Qualität der Zensusergebnisse (§ 17).

(3) Der Zensus dient:

1.
der Feststellung der amtlichen Einwohnerzahlen von Bund, Ländern und Gemeinden und der Bereitstellung der Grundlage für die Fortschreibung der amtlichen Einwohnerzahlen für die Zeit zwischen zwei Volkszählungen,
2.
der Gewinnung von Grunddaten für das Gesamtsystem der amtlichen Statistik sowie von Strukturdaten über die Bevölkerung als Datengrundlage insbesondere für politische Entscheidungen von Bund, Ländern und Kommunen auf den Gebieten Bevölkerung, Wirtschaft, Soziales, Wohnungswesen, Raumordnung, Verkehr, Umwelt und Arbeitsmarkt sowie
3.
der Erfüllung der Berichtspflichten nach der Verordnung (EG) Nr. 763/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über Volks- und Wohnungszählungen (ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 14).

(1) Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch. Die Erhebung dient:

1.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Feststellung, ob Personen, die im Melderegister verzeichnet sind, an der angegebenen Anschrift wohnen oder ob an einer Wohnanschrift Personen wohnen, die nicht im Melderegister verzeichnet sind, und damit der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5 Prozent,
2.
in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern in allen Kreisen sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern für Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern der Erhebung von Zensusmerkmalen, die nicht aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen absoluten Standardfehlers von höchstens 1 Prozent der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde oder der betreffenden Gebietseinheit; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Feststellung umfasst nicht die Berichtigung der aus den Melderegistern übernommenen Angaben zum Wohnungsstatus der Person.

(2) Der auf Grund der Qualitätsvorgaben des Absatzes 1 Satz 2 erforderliche Stichprobenumfang soll 10 Prozent der Bevölkerung nicht überschreiten. Die Bundesregierung legt zur Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 3 und der Qualitätsvorgaben des § 7 Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Stichprobenverfahren sowie den konkreten Stichprobenumfang fest. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung ist dem Bundesrat bis zum 15. März 2010 zuzuleiten.

(3) Auswahleinheiten der Stichprobe sind Anschriften mit Wohnraum nach dem Anschriften- und Gebäuderegister. Beziehen sich Anschriften auf Neuzugänge mit Wohnraum, die in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen worden sind, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen. Stichprobenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 sind bei Anschriften von Sonderbereichen nur nach Maßgabe von § 8 Absatz 5 zulässig. Die Auswahl erfolgt bei den Stichproben geschichtet nach einem mathematischen Zufallsverfahren auf der Grundlage des Anschriften- und Gebäuderegisters. Für die Stichprobenziehung dürfen die in der Stichprobenorganisationsdatei nach § 5 Absatz 4 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 gespeicherten Angaben sowie die von den Meldebehörden nach § 3 Absatz 1 übermittelten Daten verwendet werden. Das Auswahlverfahren wird im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung beider in Absatz 1 genannten Ziele der Stichprobe ausgestaltet. Die Auswahl erfolgt in Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Gemeinde, für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern auf der Ebene der Kreise sowie in Städten mit mindestens 400 000 Einwohnern auf der Ebene von Teilen der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern; als Gemeinden im Sinne dieser Vorschrift gelten auch die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz.

(4) Erhebungsmerkmale sind:

1.
Wohnungsstatus,
2.
Geschlecht,
3.
Staatsangehörigkeiten,
4.
Monat und Jahr der Geburt,
5.
Familienstand,
6.
nichteheliche Lebensgemeinschaften,
7.
für Personen, die selbst oder deren Elternteil nach dem 31. Dezember 1955 nach Deutschland zugezogen sind: früherer Wohnsitz im Ausland und Jahr der Ankunft in Deutschland des Befragten oder des Elternteils,
8.
Zahl der Personen im Haushalt,
9.
Erwerbsbeteiligung nach den Standards des Arbeitskräftekonzepts der Internationalen Arbeitsorganisation oder im Falle der Nichterwerbstätigkeit entsprechende Angaben zu der letzten ausgeübten Tätigkeit und für Nichterwerbspersonen sowie für alle Personen im Alter unter 15 Jahren zu ihrem überwiegenden Status in der Woche des Berichtszeitpunkts,
10.
Stellung im Beruf,
11.
ausgeübter Beruf,
12.
Wirtschaftszweig des Betriebes,
13.
Anschrift des Betriebes (nur Gemeinde),
14.
Haupterwerbsstatus,
15.
höchster allgemeiner Schulabschluss,
16.
höchster beruflicher Bildungsabschluss,
17.
aktueller Schulbesuch,
18.
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft,
19.
Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).

(5) Hilfsmerkmale sind:

1.
Familienname und Vornamen,
2.
Anschrift und Lage der Wohnung im Gebäude,
3.
Tag der Geburt (Tag ohne Monats- und Jahresangabe),
4.
Telekommunikationsnummern der Auskunftspflichtigen oder einer anderen für Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
5.
für Erwerbspersonen der überwiegende Status (Haupterwerbsstatus) in der Woche des Berichtszeitpunkts.

(6) Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung innerhalb von zwölf Wochen nach dem Berichtszeitpunkt abzuschließen. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Das Statistische Bundesamt legt den bundesweiten Stichprobenplan fest, zieht die Stichproben nach § 7 Absatz 3 des Zensusgesetzes 2011 bundesweit jeweils am gleichen Datum und dokumentiert das Auswahlverfahren sowie die einbezogenen Anschriften.

(2) Bei der Erstellung des Stichprobenplans und bei der Stichprobenziehung sind die Qualitätsvorgaben aus dem vom Statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsprojekt zur Entwicklung des Stichprobenverfahrens zu berücksichtigen.

(3) Für den Stichprobenplan und die Stichprobenziehung ist Folgendes maßgebend:

1.
Auswahlgrundlage ist der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum in dem nach § 2 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 vom 8. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2808) erstellten Anschriften- und Gebäuderegister. Die Stichprobenziehung erfolgt mit Stand vom 1. September 2010. Für Anschriften mit Wohnraum, die zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt des Zensus 2011 (9. Mai 2011) neu in das Anschriften- und Gebäuderegister aufgenommen werden, ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen.
2.
Der Bestand aller Anschriften mit Wohnraum ist regional nach Erhebungsgebieten zu gliedern. Erhebungsgebiete sind Gemeinden mit mindestens10 000Einwohnern, in Städten mit mindestens400 000Einwohnern auch Teile der Stadt mit durchschnittlich etwa 200 000 Einwohnern und die auf der Kreisebene zusammengefassten Gemeinden unter10 000Einwohnern.
3.
Für jedes Erhebungsgebiet ist der jeweilige Anschriftenbestand zunächst aufsteigend nach der Zahl der an der Anschrift mit alleinigem Wohnsitz oder mit Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldeten Personen zu ordnen und anschließend in acht überschneidungsfreie Schichten mit etwa der gleichen Anzahl an Personen zu gliedern. Für Anschriften mit Sonderbereichen nach § 8 Absatz 5 Satz 2 des Zensusgesetzes 2011 wird zusätzlich eine eigene Schicht gebildet.
4.
Innerhalb der Schichten werden die Anschriften nach einem mathematischen Zufallsverfahren ausgewählt.
5.
Das Stichprobenverfahren wird so ausgerichtet, dass für Gemeinden unter 10 000 Einwohnern die gleiche Auswahlwahrscheinlichkeit für alle Anschriften und Personen gegeben ist.