Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 22. Feb. 2011 - 1 BvR 409/09

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2011:rk20110222.1bvr040909
bei uns veröffentlicht am22.02.2011

Tenor

Der Beschluss des Landgerichts Köln vom 18. August 2008 - 5 O 120/08 - und der Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 27. Januar 2009 - 7 W 101/08 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Anspruch auf Rechtsschutzgleichheit aus Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes und werden aufgehoben.

Die Sache wird zur Entscheidung an das Landgericht Köln zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

...

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Zurückweisung eines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Amtshaftungsklage gegen das Land Nordrhein-Westfalen wegen menschenunwürdiger Haftunterbringung.

I.

2

1. Mit Schriftsatz vom 19. März 2008 beantragte der Beschwerdeführer die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und überreichte unter Beweisangebot seines Vorbringens den Entwurf einer Amtshaftungsklage gegen das Land Nordrhein-Westfalen wegen menschenunwürdiger Haftunterbringung in den Justizvollzugsanstalten K. und H., und zwar zunächst in seiner Eigenschaft als Untersuchungshäftling, dann als Strafgefangener.

3

Der Beschwerdeführer sei insgesamt 151 Tage unter menschenunwürdigen Haftbedingungen untergebracht worden.

4

Die Hafträume 227 und 213 in der Justizvollzugsanstalt K., in denen er in der Zeit vom 17. Januar 2007 bis zum 17. März 2007 mit jeweils einem Mitgefangenen untergebracht gewesen sei, hätten jeweils eine Grundfläche von lediglich 8 m 2 und einen Rauminhalt von 20 m 3 aufgewiesen. In den Hafträumen habe sich - neben der Grundausstattung - eine Toilette befunden, die nur durch eine verstellbare Holzwand (Schamwand) mit einer kleinen Sichtschutzfläche vom übrigen Raum abgetrennt gewesen sei. Der Tisch, an dem die Mahlzeiten eingenommen worden seien, sei nur einen Meter von der Toilette entfernt gewesen. Die Hafträume hätten nicht über eine gesonderte Belüftungsanlage verfügt.

5

Die Haftbedingungen in den Hafträumen 257 und 163 ebenfalls in der Justizvollzugsanstalt K., in denen der Beschwerdeführer im Anschluss daran in der Zeit vom 18. März 2007 bis zum 15. Mai 2007 untergebracht gewesen sei, und der Haftraum 205 in der Justizvollzugsanstalt H., in dem er vom 10. Oktober 2007 bis zum 10. November 2007 untergebracht gewesen sei, seien mit den vorgenannten - bis auf den höheren Rauminhalt von 24 m 3 - identisch gewesen. Der Beschwerdeführer habe gegen die Art der Haftunterbringung protestiert und Anträge auf Verlegung gestellt. Dem Beschwerdeführer sei jedoch jeweils mitgeteilt worden, dass eine Verlegung nicht möglich sei, da die Justizvollzugsanstalten überbelegt seien und es eine Warteliste gebe.

6

Der Beschwerdeführer habe lediglich in der Zeit vom 7. September 2007 bis zum 9. Oktober 2007 gearbeitet und den Haftraum - neben der täglichen Freistunde - für acht Stunden verlassen dürfen. Im Übrigen habe er sich dreiundzwanzig Stunden täglich zusammen mit jeweils wechselnden Mitgefangenen im Haftraum befunden. Die Mitgefangenen des Beschwerdeführers hätten keine Arbeit gehabt. Nicht arbeitende Gefangene hätten in den genannten Justizvollzugsanstalten nur zweimal wöchentlich duschen dürfen. Bei sämtlichen Mitgefangenen habe es sich zudem um starke Raucher gehandelt, was in den kleinen Hafträumen zu einem unerträglichen Gemisch aus Rauch, Körperausdünstungen und Toilettengerüchen geführt habe.

7

Im Hinblick auf den Schadensersatzanspruch sei zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer der die Gesundheit gefährdenden und die Privatsphäre negierenden Situation zwangsweise ausgesetzt gewesen sei und dass das Land diese Situation bewusst in Kauf genommen habe. Einfachgesetzliche Regelungen wie § 18 Abs. 2 Satz 2 des Strafvollzugsgesetzes (StVollzG) oder § 201 StVollzG könnten nichts an dem Anspruch eines Strafgefangenen auf Achtung seiner Menschenwürde ändern. Die sogenannte Junktim-Entscheidung des Bundesgerichtshofs, nach der eine menschenunwürdige Unterbringung nicht in jedem Fall auch eine Geldentschädigung zur Folge haben müsse, habe eine Haftdauer von lediglich zwei Tagen betroffen. Dagegen sei der Beschwerdeführer viel länger menschenunwürdig untergebracht worden.

8

2. Mit Schreiben vom 3. Juli 2008 beantragte das Land, den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zurückzuweisen. Dabei räumte das Land die seitens des Beschwerdeführers behauptete räumliche Ausgestaltung der Hafträume ein. Allerdings stellte es unter Beweisangebot teils hinsichtlich der Dauer der Unterbringung in den einzelnen Hafträumen abweichende Behauptungen auf, teils machte es ergänzende Ausführungen zu den Gründen für die Unterbringung in den jeweiligen Hafträumen.

9

So sei der Beschwerdeführer in dem Haftraum 227 in der Justizvollzugsanstalt K. nur vom 19. Januar 2007 bis zum 20. Februar 2007 mit einem Mitgefangenen, und zwar wegen seiner Suchtkrankheit zu seiner eigenen Sicherheit, untergebracht gewesen. Vom 28. Februar 2007 bis zum 17. März 2007 sei der Beschwerdeführer in dem Haftraum 213 in der Justizvollzugsanstalt K. zusammen mit einem Mitgefangenen untergebracht gewesen, weil der Beschwerdeführer selbst um Verlegung in diesen Haftraum gebeten habe. In dem Haftraum 257 der Justizvollzugsanstalt K. sei der Beschwerdeführer nur am 5. April 2007 untergebracht gewesen. In dem Haftraum 163 der Justizvollzugsanstalt K. sei der Beschwerdeführer überhaupt nicht untergebracht gewesen. Es treffe allerdings zu, dass der Beschwerdeführer vom 10. Oktober 2007 bis zum 24. Oktober 2007 in dem Haftraum 205 der Justizvollzugsanstalt H. mit einem weiteren Strafgefangenen untergebracht gewesen sei, danach jedoch allein. Jedenfalls aber scheitere der Anspruch des Beschwerdeführers insgesamt an § 839 Abs. 3 BGB, da er zumindest fahrlässig weder von dem nach dem nordrhein-westfälischen Vorschaltverfahrensgesetz eröffneten Widerspruch noch von dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß §§ 109 ff. StVollzG oder der Möglichkeit einstweiligen Rechtsschutzes gemäß § 114 Abs. 2 Satz 2 StVollzG Gebrauch gemacht habe, obwohl ihm dies möglich und zumutbar gewesen sei. Im Übrigen gebe es, wie die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zeige, zwischen einer Menschenwürdeverletzung und einem Anspruch auf Geldentschädigung kein Junktim.

10

3. Mit Schriftsatz vom 8. August 2008 erwiderte der Beschwerdeführer, dass es nur deshalb zu der Verlegung in den Haftraum 213 in der Justizvollzugsanstalt K. gekommen sei, weil die Anstaltsleitung ihm mitgeteilt habe, dass der neu zugewiesene Zellengenosse für Haftraum 227 heroinabhängig gewesen sei. Da keine Einzelzellen zur Verfügung gestanden hätten, habe der Beschwerdeführer beantragt, ihn in Haftraum 213 mit einem Mitgefangenen zu verlegen. Des Weiteren trug er unter Beweisangebot vor, dass er entgegen den Angaben des Landes durchaus in Haftraum 163 untergebracht worden sei. Im Übrigen wäre der Beschwerdeführer auch auf eine gerichtliche Entscheidung hin nicht sofort in eine Einzelzelle verlegt worden. Das Land ignoriere mangels räumlicher Kapazitäten kontinuierlich gerichtliche Entscheidungen. In der Vergangenheit hätten die Anstaltsleitungen gerichtliche Entscheidungen auch nach Monaten nicht umgesetzt. Dem Beschwerdeführer seien allein fünf Fälle aus der Justizvollzugsanstalt E. namentlich bekannt. Dazu zitierte der Beschwerdeführer aus der Strafvollzugsstatistik für Mehrfachbelegung in den Justizvollzugsanstalten des Landes. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass nach § 119 Abs. 1 und 2 StPO (in der für das Verfahren maßgeblichen Fassung vom 7. April 1987, BGBl I S. 1074 <1319>, gültig bis zum 31. Dezember 2009, geändert durch Gesetz zur Änderung des Untersuchungshaftrechts vom 29. Juli 2009, BGBl I S. 2274 <2275>; im Folgenden: a.F.) in Verbindung mit Nr. 23 Abs. 1 der Untersuchungshaftvollzugsordnung (UVollzO) bereits die gemeinschaftliche Unterbringung von zwei Untersuchungsgefangenen grundsätzlich ausgeschlossen gewesen sei.

11

4. Mit angegriffenem Beschluss vom 18. August 2008 wies das Landgericht den Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurück.

12

Seinen rechtlichen Erwägungen legte das Landgericht zugrunde, dass der Beschwerdeführer mündlich und schriftlich mehrere Anträge auf Einzelunterbringung gestellt habe. Darauf sei ihm mitgeteilt worden, dass eine Verlegung nicht in Betracht gekommen sei, da nicht genügend Einzelzellen frei gewesen seien, er jedoch auf eine Warteliste eingetragen würde.

13

Im Rahmen der rechtlichen Erwägungen kam das Landgericht sodann zu dem Ergebnis, dass dem Beschwerdeführer ein Entschädigungsanspruch aus § 839 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG nicht zustehe.

14

Ob und inwieweit einem von menschenunwürdiger Haftunterbringung betroffenen Strafgefangenen ein Entschädigungsanspruch zustehe, hänge nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (unter Verweis auf: BGHZ 161, 33 ff.; BGH, Beschluss vom 28. September 2006 - III ZB 89/05 -, NJW 2006, S. 3572) insbesondere von der Bedeutung und Tragweise des Eingriffs, ferner von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie vom Grad des Verschuldens ab. Außerdem stelle die gemeinsame Unterbringung von Strafgefangenen entgegen § 18 Abs. 1 Satz 1 StVollzG, der grundsätzlich eine Einzelunterbringung vorsehe, ohne das Hinzutreten erschwerender, den Strafgefangenen benachteiligender Umstände keine Verletzung der Menschenwürde dar. Das werde im Übrigen auch dadurch bestätigt, dass der Gesetzgeber ausdrücklich in § 201 Nr. 3 StVollzG eine Ausnahme für Vollstreckungsanstalten zugelassen habe, die - wie die Justizvollzugsanstalt K. - bereits vor Inkrafttreten des Strafvollzugsgesetzes am 1. Januar 1977 errichtet worden seien. Ob mit Rücksicht auf diese Übergangsbestimmung die Unterbringung des Beschwerdeführers mit anderen Gefangenen in den von ihm beschriebenen Zellen als menschenunwürdig zu werten sei, erscheine der Kammer daher schon durchaus zweifelhaft. Zwar möge die vom Beschwerdeführer angegebene Größe der Zellen die Vermutung für einen menschenunwürdigen Zustand nahelegen, allerdings setze die Gewährung einer Entschädigung nicht nur das Vorhandensein von besonders bedrückenden räumlichen Verhältnissen voraus, sondern der zu unterstellende beengte Zustand des Haftraums müsse den betroffenen Gefangenen seelisch oder körperlich nachhaltig und dauerhaft belastet haben. Dazu trage der Beschwerdeführer indes nur unsubstantiiert vor. Dass es sich bei den Mitgefangenen um Raucher gehandelt habe, reiche hierfür nicht aus. Bei der Bewertung der Haftbedingungen als menschenunwürdig sei zu beachten, dass durch die besondere Ausgestaltung des Vollzuges die Haftbedingungen insgesamt gemildert werden könnten. Dies sei etwa dann der Fall, wenn durch eine Arbeit in und außerhalb des Vollzuges der Aufenthalt in der Zelle zeitlich erheblich reduziert sei und auch durch sonstige Vollzugslockerungen wie etwa die Unterbringung im Gruppenvollzug der Aufenthalt in der geschlossenen Zelle im Wesentlichen auf die Nachtzeiten beschränkt sei. Solche Vergünstigungen habe der Beschwerdeführer jedenfalls in der Zeit vom 7. September 2007 bis zum 9. Oktober 2007 erhalten, als er einer Arbeit nachgegangen sei. Er habe zudem eine Stunde Freigang pro Tag gehabt und an Sport- und Freizeitgruppen teilnehmen können. Dadurch dass der Beschwerdeführer von den Rechtsbehelfen, die das Strafvollzugsgesetz beziehungsweise die für die Untersuchungshaft geltenden Vorschriften bereit stellten, keinen Gebrauch gemacht habe, habe er zu erkennen gegeben, dass er die gemeinsame Unterbringung nicht als menschenunwürdig empfunden habe.

15

Wegen der schuldhaften Nichteinlegung eines Rechtsbehelfs stehe dem Anspruch im Übrigen § 839 Abs. 3 BGB entgegen. Der Beschwerdeführer hätte durch den Gebrauch eines Rechtsbehelfs den von ihm jetzt geltend gemachten Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht durch menschenunwürdige Haftbedingungen abwenden können. Die mündlichen und schriftlichen Anträge auf Verlegung in eine Einzelzelle reichten hierfür nicht aus. Denn sonst würden sich zahlreiche Strafgefangene gegen die als menschenunwürdig empfundene Belegung der Hafträume nicht wehren, um dann später eine nicht unerhebliche finanzielle Entschädigung zu verlangen. Komme die Anstaltsleitung einem Antrag eines Strafgefangenen auf Einzelunterbringung nicht nach, habe der Strafgefangene nach § 109 StVollzG Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu stellen. Dieser Antrag sei gemäß § 112 Abs. 1 StVollzG innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu stellen. Soweit der Beschwerdeführer hierzu geltend mache, dass ein Antrag ohne Erfolgsaussichten gewesen wäre, weil die Anstaltsleitung geantwortet habe, keine Einzelzellen in ausreichender Zahl zur Verfügung zu haben, sei das zur Begründung nicht ausreichend, den Antrag auf gerichtliche Entscheidung erst gar nicht zu stellen. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass entweder - wenn ein Antrag sachlich begründet sei - dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung stattgegeben werde und daraufhin eine entsprechende Verlegung auf eine Einzelzelle erfolge oder aber - wenn der Antrag gegebenenfalls auch nach Ausschöpfung aller weiteren Rechtsbehelfe nicht begründet sei - dem Antrag auf Verlegung auch nicht nachgekommen zu werden brauche. Keinesfalls sei davon auszugehen, dass die Justizvollzugsanstalt der Anordnung der Vollstreckungskammer auf Verlegung in eine Einzelzelle nicht nachgekommen wäre. Dies gelte entsprechend für den Fall der Untersuchungshaft. Soweit in der Rechtsprechung Prozesskostenhilfe für eine Amtshaftungsklage wegen menschenunwürdiger Haftunterbringung im Hinblick auf den Zeitraum vor der mutmaßlichen Entscheidung der Vollstreckungskammer bewilligt worden sei, komme dies nicht zum Tragen, weil nach den vorstehenden Ausführungen schon gar nicht davon auszugehen sei, dass menschenunwürdige Haftbedingungen vorgelegen hätten.

16

5. Mit Schriftsatz vom 30. September 2009 legte der Beschwerdeführer hiergegen sofortige Beschwerde vor dem Oberlandesgericht ein. Dazu verwies der Beschwerdeführer auf die Rechtsprechung des benachbarten Oberlandesgerichts Hamm zur Haftunterbringung in dessen Gerichtsbezirk und zählte erneut Fälle auf, in denen die Justizvollzugsanstalt E. eine gerichtliche Entscheidung auch nach mehreren Monaten nicht umgesetzt habe.

17

Es sei Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn - wie hier - eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht komme und keine konkreten nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Beschwerdeführers ausgehen würde. Außerdem habe das Bundesverfassungsgericht in Bezug auf die Junktim-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs betont, dass die Unterbringung in dem Fall damals "aufgrund einer Notsituation" erfolgt sei. Die Unterbringungssituation der Gefangenen sei jedoch nicht schicksalhaft über das Land hereingebrochen. Wenn das Land mehr Personen zum Strafantritt lade als menschenwürdige Haftraumplätze zur Verfügung stünden, sei von einem vorsätzlichen Organisationsverschulden auszugehen. Nach der Strafvollzugsstatistik 2005 seien in dem Land circa 40 Prozent der Strafgefangenen gemeinschaftlich untergebracht. Beziehe man die Untersuchungsgefangenen mit ein, die nach § 119 Abs. 1 und 2 StPO a.F. (in der für das Verfahren maßgeblichen Fassung vom 7. April 1987) in Verbindung mit Nr. 23 Abs. 1 UVollzO nicht mit anderen Gefangenen untergebracht werden dürften, seien dort sogar 50 Prozent der Gefangenen gemeinschaftlich untergebracht. In Anbetracht dessen könne die bloße Behauptung des Landes, dass der Beschwerdeführer in eine Einzelzelle verlegt worden wäre, wenn er den Anspruch nur gerichtlich geltend gemacht hätte, nicht nachvollzogen werden. Anträge auf gerichtliche Entscheidung führten nicht zu einem "mehr" an Hafträumen. Das Land argumentiere selbst damit, dass es eine Warteliste geführt habe. Den Gefangenen sei bekannt, dass die Abarbeitung der Warteliste einen Zeitaufwand von mehreren Jahren erfordere. Außerdem habe der Beschwerdeführer sich anfangs in Untersuchungshaft befunden. Die Vorschrift des § 201 Nr. 3 StVollzG sei auf ihn zunächst nicht anwendbar gewesen.

18

6. Mit angegriffenem Beschluss vom 27. Januar 2009 wies das Oberlandesgericht die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers aus den Gründen des angegriffenen Beschlusses des Landgerichts zurück.

19

7. Mit seiner am 20. Februar 2009 eingelegten Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer - unter anderem - eine Verletzung seines Anspruchs auf Rechtsschutzgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.

20

8. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen hat sich in ihrer Stellungnahme auf den Standpunkt gestellt, dass die angegriffenen Entscheidungen den verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht würden. Der Bundesgerichtshof hat in der Stellungsnahme seine bisherige Rechtsprechung zur Geldentschädigung für immaterielle Schäden unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung wegen menschenunwürdiger Haftunterbringung referiert. Der Landtag Nordrhein-Westfalen hat von einer Stellungnahme abgesehen. Die Akte des Ausgangsverfahrens hat dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.

II.

21

Die Verfassungsbeschwerde ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung anzunehmen, da dies insoweit zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist.

22

1. Das Bundesverfassungsgericht hat die maßgeblichen Fragen zu Inhalt und Reichweite des aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Anspruchs auf Rechtsschutzgleichheit bereits geklärt (vgl. BVerfGE 81, 347 <356 ff.>; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Ersten Senats vom 7. Mai 1997 - 1 BvR 296/94 -, NJW 1997, S. 2745 <2746>; vom 14. April 2003 - 1 BvR 1998/02 -, NJW 2003, S. 2976 <2977>; vom 1. Juli 2009 - 1 BvR 560/08 -, juris Rn. 13; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 5. Februar 2003 - 1 BvR 1526/02 -, NJW 2003, S. 1857 <1858>; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 8. November 2004 - 1 BvR 2095/04 -, NJW-RR 2005, S. 500 <501>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 29. Mai 2006 - 1 BvR 430/03 -, juris Rn. 17).

23

2. Soweit der Beschwerdeführer durch den Beschluss des Landgerichts eine Verletzung seines Anspruchs auf Rechtsschutzgleichheit gemäß Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG rügt, ist die Verfassungsbeschwerde zulässig.

24

3. In dem vorgenannten Umfang ist sie auch im Sinne des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG offensichtlich begründet. Die angegriffene Entscheidung des Landgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Anspruch auf Rechtsschutzgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.

25

a) Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG gebietet eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Es ist verfassungsrechtlich unbedenklich, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll allerdings nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen (vgl. BVerfGE 81, 347 <356 f.>).

26

Es läuft dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, wenn ein Fachgericht § 114 Satz 1 ZPO dahin auslegt, dass auch schwierige, noch nicht geklärte Rechtsfragen im Prozesskostenhilfeverfahren "durchentschieden" werden können (vgl. BVerfGE 81, 347 <359>). Dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit widerstrebt es daher, wenn ein Fachgericht § 114 Satz 1 ZPO dahin auslegt, dass es eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage, obwohl dies erheblichen Zweifeln begegnet, als einfach oder geklärt ansieht und sie deswegen bereits im Verfahren der Prozesskostenhilfe zum Nachteil des Unbemittelten beantwortet (vgl. BVerfGE 81, 347 <359 f.>). Ein solcher Verstoß ist erst recht anzunehmen, wenn das Fachgericht bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage von der Auffassung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der herrschenden Meinung in der Literatur abweicht (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 5. Februar 2003 - 1 BvR 1526/02 -, NJW 2003, S. 1857 <1858>; Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom 8. November 2004 - 1 BvR 2095/04 -, NJW-RR 2005, S. 500 <501>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 29. Mai 2006 - 1 BvR 430/03 -, juris Rn. 17).

27

b) Gemessen an diesen Grundsätzen hält die angegriffene, Prozesskostenhilfe vollumfänglich versagende Entscheidung des Landgerichts einer Überprüfung anhand von Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG nicht stand.

28

aa) Dies gilt zunächst für die von dem Landgericht vorgenommene Beurteilung der Erfolgsaussichten der beabsichtigten Amtshaftungsklage in Bezug auf die anspruchsbegründende Voraussetzung der Menschenwürdeverletzung.

29

(1) Bei der Belegung und Ausgestaltung der Hafträume sind dem Ermessen der Justizvollzugsanstalt durch das Recht des Gefangenen auf Achtung seiner Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG Grenzen gesetzt (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Februar 2002 - 2 BvR 553/01 -, NJW 2002, S. 2699 <2700>). Die grundlegenden Voraussetzungen individueller und sozialer Existenz des Menschen müssen auch dann erhalten bleiben, wenn der Grundrechtsberechtigte seiner freiheitlichen Verantwortung nicht gerecht wird und die Gemeinschaft ihm wegen begangener Straftaten die Freiheit entzieht. Aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip folgt die Verpflichtung des Staates, den Strafvollzug menschenwürdig auszugestalten, mithin das Existenzminimum zu gewähren, das ein menschenwürdiges Dasein überhaupt erst ausmacht (vgl. BVerfGE 45, 187 <228>; 109, 133 <150>; BVerfGK 7, 120 <123>). Die Menschenwürde ist unantastbar und kann deshalb auch nicht auf Grund einer gesetzlichen Bestimmung wie die - hier nicht einschlägigen, weil sie nicht zu Eingriffen in die Menschenwürde ermächtigen - § 18 Abs. 2 Satz 2 StVollzG oder § 144 StVollzG eingeschränkt werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Februar 2002 - 2 BvR 553/01 -, NJW 2002, S. 2699 <2700>).

30

Als Faktoren, die eine aus den räumlichen Haftbedingungen resultierende Verletzung der Menschenwürde indizieren, kommen in erster Linie die Bodenfläche pro Gefangenen und die Situation der sanitären Anlagen, namentlich die Abtrennung und Belüftung der Toilette, in Betracht, wobei als ein die Haftsituation abmildernder Faktor die Verkürzung der täglichen Einschlusszeiten berücksichtigt werden kann.

31

So wird nach der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte die Unterbringung in einem mehrfach belegten Haftraum ohne das Hinzutreten weiterer Umstände als Verstoß gegen die Menschenwürde angesehen, wenn eine Mindestfläche von 6 m 2 und 7 m 2 pro Gefangenen nicht eingehalten wird und die Toilette nicht abgetrennt beziehungsweise nicht gesondert entlüftet ist (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 18. Juli 2003 - 3 Ws 578/03 -, NJW 2003, S. 2843 <2845>; OLG Naumburg, Beschluss vom 3. August 2004 - 4 W 20/04 -, NJW 2005, S. 514; OLG Karlsruhe, Urteil vom 19. Juli 2005 - 12 U 300/04 -, NJW-RR 2005, S. 1267; OLG Hamburg, Urteil vom 14. Januar 2005 - 1 U 43/04 -, juris Rn. 49; OLG Koblenz, Urteil vom 15. März 2006 - 1 U 1286/05 -, juris Rn. 11 ff.; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 9. Januar 2006 - 1 Ws 147/05 -, juris Rn. 2; OLG Hamm, Beschluss vom 13. Juni 2008 - 11 W 78/07 -, juris Rn. 20 ff.; OLG Hamm, Urteil vom 18. Februar 2009 - 11 U 88/08 -, juris Rn. 48). Der Bundesgerichtshof ließ die rechtliche Würdigung der Instanzgerichte unbeanstandet, nach der die Unterbringung von fünf Gefangenen in einem 16 m 2 großen Haftraum mit integrierter Toilette ohne räumliche Abtrennung menschenunwürdig sei (vgl. BGHZ 161, 33 <35>). In einer weiteren Entscheidung erkannte der Bundesgerichtshof als einen die Haftsituation abmildernden Faktor die Verkürzung der täglichen Einschlusszeit an (vgl. BGH, Beschluss vom 28. September 2006 - III ZB 89/05 -, NJW 2006, S. 3572). Ähnlich erachtete der Berliner Verfassungsgerichtshof in einer Entscheidung die Unterbringung eines Gefangenen in einer Einzelzelle mit einer Grundfläche von 5,25 m 2 ohne räumliche Abtrennung der in die Zelle integrierten, nicht gesondert gelüfteten Toilette über drei Monate hinweg als Verstoß gegen die Menschenwürde (vgl. VerfGH Berlin, Beschluss vom 3. November 2009 - 184/07 -, juris Rn. 2, Rn. 22 ff.). Schließlich hat auch das Bundesverfassungsgericht in mehreren Entscheidungen die Unterbringung von Gefangenen bei Nichteinhaltung der genannten Mindestflächen ohne räumliche Abtrennung der in die Zelle integrierten Toilette als Verstoß gegen die Menschenwürde qualifiziert (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Februar 2002 - 2 BvR 553/01 -, NJW 2002, S. 2699 <2700>; vom 13. März 2002 - 2 BvR 261/01 -, NJW 2002, S. 2700 <2701>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 13. November 2007 - 2 BvR 2201/05 -, juris Rn. 16 f.).

32

(2) Das Landgericht ist bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten der beabsichtigten Amtshaftungsklage in Bezug auf die anspruchsbegründende Voraussetzung der Menschenwürdeverletzung von der geschilderten fach- und verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen.

33

Die von dem Landgericht als gegeben unterstellten räumlichen Haftbedingungen erfüllen die oben genannten Kriterien für eine Menschenwürdeverletzung, da in den vom Beschwerdeführer bewohnten Hafträumen die üblicherweise veranschlagten Mindestflächen pro Gefangenen unterschritten wurden und die jeweils in die Zelle integrierte Toilette nicht räumlich abgetrennt und belüftet war. Deutet man die Ausführungen des Landgerichts dahin, dass es zum Ausdruck habe bringen wollen, für die anspruchsbegründende Voraussetzung einer Menschenwürdeverletzung seien - jenseits der Unterschreitung der Mindestfläche pro Gefangenen und einer in die Zelle integrierten Toilette ohne räumliche Abtrennung und Belüftung - zusätzliche Umstände erforderlich, können sich diese nicht auf die zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stützen. Denn auch die insoweit in Bezug genommene Junktim-Entscheidung des Bundesgerichtshofs lässt keinen Zweifel daran, dass derartige räumliche Haftbedingungen bereits für sich genommen eine menschenunwürdige Behandlung sein können (vgl. BGHZ 161, 33 <33 i.V.m. 35>). Der Bundesgerichtshof hat insofern Zusatzerfordernisse nicht für die Ebene der anspruchsbegründenden Voraussetzungen aufgestellt, sondern ausschließlich für die Ebene der Rechtsfolgen (vgl. BGHZ 161, 33 <37, 38>), und zwar um bei der Frage der Geldentschädigung den Besonderheiten des Falles gerecht zu werden (vgl. BVerfGK 7, 120 <124>). Auch die zweite als Referenz herangezogene Entscheidung des Bundesgerichtshofs kann hierfür nicht als Beleg dienen, da sie eine gänzlich andere Konstellation betraf. Zum einen ging es dort um eine bloße Doppelbelegung entgegen § 18 Abs. 1 Satz 1 StVollzG - eine Überschreitung der Mindestfläche pro Gefangenen ohne räumliche Abtrennung und Belüftung der Toilette stand nicht in Rede. Zum anderen hatte der betroffene Gefangene Arbeit und befand sich in der Zeit von 13.00 Uhr bis 19.00 Uhr jeweils in einer teilgelockerten Station mit offenem Bereich (vgl. BGH, Beschluss vom 28. September 2006 - III ZB 89/05 -, NJW 2006, S. 3572).

34

Versteht man die weiteren Ausführungen des Landgerichts dahin, dass es zum Ausdruck habe bringen wollen, im vorliegenden Fall hätten jedenfalls Umstände vorgelegen, welche die räumlichen Haftbedingungen abgemildert hätten, erweisen sich diese Erwägungen verfassungsrechtlich als nicht tragfähig. Der vom Landgericht angeführte Gesichtspunkt, der Beschwerdeführer sei in der Zeit vom 7. September 2007 bis zum 9. Oktober 2007 einer Arbeit nachgegangen, geht ins Leere, weil der Beschwerdeführer für diesen Zeitraum keine Ansprüche geltend gemacht hat. Soweit das Landgericht darauf verweist, dass der Beschwerdeführer täglich an Sport- und Freizeitgruppen habe teilnehmen können, ist bereits nicht ersichtlich, wie das Landgericht zu dieser Erkenntnis gelangt ist, da weder der Beschwerdeführer noch das Land dies im fachgerichtlichen Verfahren vorgetragen haben. Außerdem hat das Landgericht selbst seinen rechtlichen Ausführungen als unstreitige Tatsache zugrunde gelegt, dass sich der Beschwerdeführer täglich für dreiundzwanzig Stunden zusammen mit jeweils wechselnden Mitgefangenen in einem Haftraum befunden habe. Abgesehen davon ergibt sich aus den Ausführungen des Landgerichts nicht und ist auch sonst nicht erkennbar, wie sich die - nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Verfassungsbeschwerdeverfahren - in der Regel halbstündigen Sport- und Freizeitangebote maßgeblich auf die Einschlusszeit und damit die Haftbedingungen hätten auswirken können. Gleiches gilt, soweit das Landgericht auf die tägliche Stunde Hofgang rekurriert (vgl. BGHZ 161, 33 <33 f. i.V.m. 35>). Dessen ungeachtet kann die Frage, ab welcher Stundenzahl die Verkürzung der täglichen Einschlusszeit in der Zelle die räumlichen Haftbedingungen derart abmildert, dass nicht mehr von einer Menschenwürdeverletzung auszugehen ist, auch nicht als hinreichend geklärt im Sinne des oben erörterten Maßstabes der Rechtsschutzgleichheit für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe angesehen werden.

35

Das Landgericht durfte die Erfolgsaussichten des Rechtsschutzbegehrens schließlich nicht an der fehlenden Menschenwürdeverletzung mit der Begründung scheitern lassen, der Beschwerdeführer könne subjektiv nicht erheblich in seiner Menschenwürde betroffen gewesen sein, weil er keine Rechtsbehelfe eingelegt habe. Deutet man die Ausführungen des Landgerichts dahin, dass es zum Ausdruck habe bringen wollen, der Beschwerdeführer habe konkludent in die räumlichen Haftbedingungen eingewilligt, sei mithin aufgrund eines Grundrechtsverzichts nicht in seiner Menschenwürde verletzt worden, ist dies ebenfalls nicht tragfähig. Zum einen hat das Landgericht nicht geprüft, ob die Annahme einer konkludenten Einwilligung des Beschwerdeführers in seiner Eigenschaft als Untersuchungsgefangener schon einfachrechtlich durch § 119 Abs. 2 Satz 1 StPO a.F. (in der für das Verfahren maßgeblichen Fassung vom 7. April 1987, gültig bis zum 31. Dezember 2009) verstellt war beziehungsweise ob die von der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an eine konkludente Einwilligung des Beschwerdeführers in seiner Eigenschaft als Strafgefangener erfüllt waren (vgl. OLG Celle, Urteil vom 2. Dezember 2003 - 16 U 116/03 -, NJW-RR 2004, S. 380 <381>; OLG Karlsruhe, Urteil vom 19. Juli 2005 - 12 U 300/04 -, NJW-RR 2005, S. 1267 <1268>). Zum anderen hat das Landgericht nicht geprüft, ob die Menschenwürde überhaupt ein disponibles Grundrecht ist, das einen Grundrechtsverzicht zulässt (vgl. ablehnend: BVerwG,  Urteil vom 17. Oktober 2000 - BVerwG 2 WD 12/00, 13/00 -, NJW 2001 S. 2343 <2344>; BSG, Urteil vom 6. Mai 2009 - B 11 AL 11/08 -, juris Rn. 25). Auch diese Rechtsfragen können nicht als hinreichend - zu Lasten des Beschwerdeführers - geklärt im Sinne des oben erörterten Maßstabes der Rechtsschutzgleichheit für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe angesehen werden.

36

bb) Auch die von dem Landgericht vorgenommene Beurteilung der Erfolgsaussichten der beabsichtigten Amtshaftungsklage in Bezug auf die anspruchsvernichtende Einwendung des § 839 Abs. 3 BGB genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht.

37

Dabei kann offenbleiben, ob die Annahme des Landgerichts, der Beschwerdeführer habe die ihm mögliche und zumutbare Einlegung der Rechtsbehelfe, insbesondere im einstweiligen Rechtsschutz, nach dem Strafvollzugsgesetz für die Zeit als Strafgefangener (vgl. § 114 Abs. 2 Satz 2 StVollzG) und nach der Strafprozessordnung für die Zeit als Untersuchungsgefangener (vgl. § 119, § 126 Abs. 1 und 2 StPO a.F. in Verbindung mit Nrn. 73, 75 Abs. 1 UVollzO) im Sinne von § 839 Abs. 3 BGB schuldhaft versäumt, verfassungsrechtlich zu beanstanden ist. Denn das Landgericht hat jedenfalls die hypothetische Kausalität der versäumten Rechtsbehelfe für die Verhinderung des Schadenseintritts mit verfassungsrechtlich nicht tragfähiger Begründung vollumfänglich bejaht.

38

(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Schadensersatzpflicht gemäß § 839 Abs. 3 BGB nur dann vollumfänglich verneint werden, wenn die Einlegung eines gebotenen Rechtsbehelfs den Eintritt des Schadens gänzlich verhindert hätte. Wenn die Einlegung eines Rechtsbehelfs erst von einem bestimmten Zeitpunkt an weitere Schäden verhindert hätte, entfällt der Schadensersatzanspruch nur für diesen späteren Schäden, bleibt jedoch für die bereits vorher entstandenen bestehen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Januar 1986 - III ZR 77/84 -, NJW 1986, S. 1924; speziell für eine Amtshaftungsklage wegen menschenunwürdiger Haftbedingungen: OLG München, Beschluss vom 10. August 2006 - 1 W 1314/06 -, NJW 2007, S. 1986). Für die Kausalität zwischen der Nichteinlegung des Rechtsbehelfs und dem Schadenseintritt ist der Schädiger beweispflichtig (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 2003 - III ZR 342/02 -, NJW 2004, S. 1241 <1242>; Urteil vom 11. März 2010 - III ZR 124/09 -, NJW-RR 2010, S. 1465). Bei der Frage, welchen Verlauf die Sache genommen hätte, wenn der Rechtsbehelf eingelegt worden wäre, ist grundsätzlich auch zu berücksichtigen, wie nach der wirklichen Rechtspraxis entschieden worden wäre (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 2003 - III ZR 342/02 -, NJW 2004, S. 1241 <1242>).

39

(2) Das Landgericht ist zu Lasten des Beschwerdeführers von der nach der geschilderten höchstrichterlichen Rechtsprechung üblichen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast abgewichen.

40

Die Annahme des Landgerichts, dass einem Antrag des Beschwerdeführers auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 109 StVollzG, nicht zuletzt im einstweiligen Rechtsschutz nach § 114 StVollzG, - und wohl auch nach § 119, § 126 Abs. 1 und 2 StPO a.F. in Verbindung mit Nrn. 73, 75 Abs. 1 UVollzO - stattgegeben worden wäre und sofort eine entsprechende Verlegung auf eine Einzelzelle erfolgt wäre, mit der Folge, dass eine Menschenwürdeverletzung gänzlich verhindert worden wäre, kann sich nicht auf ein entsprechend substantiiertes Vorbringen des insofern darlegungspflichtigen Landes stützen. Zu der Frage der hypothetischen Kausalität der jeweils unterlassenen Rechtsbehelfe hat das Land überhaupt nicht Stellung genommen. Außerdem hat das Landgericht seinen rechtlichen Ausführungen als unstreitig zugrunde gelegt, dass es in den jeweiligen Justizvollzugsanstalten eine Warteliste für Verlegungen gegeben habe. Der Beschwerdeführer hat ferner ausdrücklich bestritten, dass die Einlegung eines Rechtsbehelfs den Schaden sofort und damit gänzlich verhindert hätte, und, obwohl ihm diesbezüglich nicht die Darlegungslast zufiel, auch konkrete tatsächliche Anhaltspunkte hierfür aufgezeigt, namentlich aus der Strafvollzugsstatistik 2005 zur Mehrfachbelegung in den Justizvollzugsanstalten des Landes zitiert, Beispielsfälle von Strafgefangenen aus einem benachbarten Oberlandesgerichtsbezirk des Landes benannt sowie auf eine Reihe von Beschlüssen des benachbarten Oberlandesgerichts verwiesen, die ein entsprechendes Vollzugsdefizit der Justizvollzugsanstalten mangels räumlicher Kapazitäten konstatierten (vgl. OLG Hamm, Beschlüsse vom 13. Juni 2008 - 11 W 54/08, 11 86/07, 11 W 77/07, 11 W 78/07, 11 W 85/07 -, juris). Danach wäre es an dem Land gewesen, nicht nur überhaupt zur hypothetischen Kausalität der jeweils nicht eingelegten Rechtsbehelfe vorzutragen, sondern substantiiert darzulegen, aus welchen Gründen und - hierbei allerdings unter Berücksichtigung des einstweiligen Rechtsschutzes - ab welchem Zeitpunkt diese im Hinblick auf die Haftbedingungen des Beschwerdeführers praktische Wirkung entfaltet hätten.

41

cc) Ferner hat das Landgericht bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten der beabsichtigten Amtshaftungsklage in Bezug auf die Rechtsfolgenseite des geltend gemachten Anspruchs, die Gewährung einer Geldentschädigung, eine schwierige entscheidungserhebliche Rechtsfrage durchentschieden.

42

(1) Der Bundesgerichtshof macht eine Geldentschädigung wegen menschenunwürdiger Haftbedingungen von Zusatzerfordernissen wie etwa der Bedeutung und der Tragweite des Eingriffs, ferner dem Anlass und dem Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens abhängig. Im Hinblick auf die Eingriffsintensität stellt er hierbei auf eine konkrete Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Wohles ab (vgl. BGHZ 161, 33 <37>). Allerdings hat der Bundesgerichtshof in dem entschiedenen Fall diese Zusatzerfordernisse erkennbar an der kurzen Dauer jener menschenunwürdigen Unterbringung von lediglich zwei Tagen festgemacht. Insofern hat auch das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass der der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegende Sachverhalt besondere Umstände aufwies, welche die dort aufgestellten Vorgaben für die Gewährung einer Geldentschädigung nicht ohne Weiteres verallgemeinerungsfähig erscheinen lassen (vgl. BVerfGK 7, 120 <121, 124>). Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte geht dementsprechend dahin, bei einer längeren Dauer der menschenunwürdigen Unterbringung auf Zusatzerfordernisse wie etwa eine Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Wohls zu verzichten beziehungsweise diese als gegeben anzusehen (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 14. Januar 2005 - 1 U 43/04 -, juris Rn. 60, 62; OLG Hamm, Urteil vom 18. Februar 2009 - 11 U 88/08 -, juris Rn. 70 a.E.).

43

(2) Das Landgericht hat in seinem Beschluss vernachlässigt, dass sich die Entscheidung des Bundesgerichtshofs insoweit mit einem wesentlich abweichenden Sachverhalt befasste und ihr Ergebnis nicht zweifelsfrei auf den vorliegenden Fall übertragen werden konnte (vgl. abgrenzend zu anderen Fallgestaltungen: BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Februar 2008 - 1 BvR 1807/07 -, juris Rn. 31).

44

Nach dem Vorbringen des Landes selbst im Prozesskostenhilfeverfahren hat der Beschwerdeführer jedenfalls circa zwei Wochen (vom 10. Oktober 2007 bis zum 24. Oktober 2007) durchgehend ohne das Hinzutreten mildernder Umstände unter den genannten Haftbedingungen im Haftraum 205 in der Justizvollzugsanstalt H. zugebracht.

45

Für die Zeit vom 19. Januar 2007 bis zum 20. Februar 2007 verteidigt sich das Land damit, dass die Unterbringung mit einem Mitgefangenen in dem Haftraum 227 in der Justizvollzugsanstalt K. wegen der Suchtkrankheit des Beschwerdeführers zu dessen eigener Sicherheit erfolgt sei, um der Gefahr eines Suizids vorzubeugen. Für die Zeit vom 28. Februar bis zum 17. März 2007 trägt das Land vor, dass die Verlegung in den Haftraum 213 in der Justizvollzugsanstalt K. auf Wunsch des Beschwerdeführers erfolgt sei, wobei dieser jedoch entgegnet, dass er den Wunsch nur geäußert habe, um der Unterbringung mit einem ihm neu zugewiesenen heroinsüchtigen Mitgefangenen zu entgehen. Hierbei ist jedoch zweifelhaft, ob diese von dem Land vorgetragenen Motive für die Unterbringung die räumlichen Haftbedingungen derart abzumildern geeignet sind, dass nicht mehr von einer Menschenwürdeverletzung auszugehen ist. Denn es ist fraglich, ob die Argumentation, man habe einen suchtkranken, unter Umständen suizidgefährdeten Menschen zu seinem Wohl unter objektiv menschenunwürdigen räumlichen Haftbedingungen untergebracht, in verfassungsrechtlicher Hinsicht trägt, scheint sie doch zunächst allenfalls den Mangel an räumlichen Kapazitäten in den jeweiligen Justizvollzugsanstalten zu akzentuieren. Dies kann jedoch letztendlich dahinstehen. Denn ungeachtet dessen ist nach dem eigenen Vortrag des Landes ein Zeitraum zu veranschlagen, welcher im Verhältnis zu der Entscheidung des Bundesgerichtshofs die dort zugrunde liegende Unterbringungsdauer um ein Vielfaches übersteigt.

46

Damit hat das Landgericht auch diesbezüglich eine schwierige, bislang ungeklärte Rechtsfrage, die, wie die geschilderte obergerichtliche Rechtsprechung zeigt, in vertretbarer Weise auch anders beantwortet werden kann, ohne Erörterung der Problematik in Vorwegnahme des Hauptsacheverfahrens abschließend im Prozesskostenhilfeverfahren entschieden.

47

c) Der angegriffene Beschluss des Landgerichts beruht auf den aufgezeigten verfassungsrechtlichen Fehlern. Es ist nicht auszuschließen, dass das Landgericht bei der erforderlichen Beachtung der verfassungsrechtlichen Maßstäbe in der Sache zumindest teilweise zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre.

48

4. Weiterhin steht nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit fest, dass der Beschwerdeführer auch im Fall einer Zurückverweisung an das Ausgangsgericht im Ergebnis keinen Erfolg haben würde (vgl. BVerfGE 90, 22 <26 f.>).

49

Zu einer anderen Prognose gelangt man auch nicht, wenn man die jüngere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur hypothetischen Kausalität im Rahmen des § 839 Abs. 3 BGB bei Amtshaftungsklagen wegen menschenunwürdiger Haftunterbringung berücksichtigt (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2010 - III ZR 124/09 -, NJW-RR 2010, S. 1465 <1466>). In der genannten Entscheidung hat der Bundesgerichtshof für die hypothetische Kausalität des unterlassenen Rechtsbehelfs ausdrücklich nicht auf die (hypothetische) Möglichkeit der Justizvollzugsanstalten abgestellt, den betroffenen Gefangenen anderweitig menschenwürdig unterzubringen, sondern an die aus dem Gebot der Achtung der Menschenwürde folgende rechtliche Erwägung angeknüpft, dass die Strafvollstreckung zu unterbrechen sei, wenn und solange eine weitere Unterbringung nur unter menschenunwürdigen Bedingungen in Betracht komme. Damit hat der Bundesgerichtshof nicht nur - in der Sache überzeugend - die Pflicht des Staates formuliert, im Falle menschenunwürdiger Haftbedingungen sofort auf die Durchsetzung des Strafanspruchs zu verzichten, sondern - weil dieser Pflicht das Recht des betroffenen Gefangenen korrespondieren dürfte, bei der Vollstreckungsbehörde die Unterbrechung beziehungsweise die Aufschiebung der Strafe zu beantragen (vgl. § 455 StPO) - auf diese Weise auch einen neuen Weg der Rechtsverteidigung offen gelegt. Allerdings haben weder die Parteien jenes Ausgangsverfahrens noch die des vorliegenden Ausgangsverfahrens noch sonst Rechtsprechung und Schrifttum in der Vergangenheit eine derartige Rechtsschutzmöglichkeit jemals erwogen. Damit steht im Fall der Zurückverweisung für die Beurteilung des hier allein in Frage stehenden Prozesskostenhilfeverfahrens nicht mit hinreichender Sicherheit fest, dass die vom Bundesgerichtshof entwickelten Rechtsschutzmöglichkeiten zu dem maßgeblichen Zeitpunkt in der Rechtspraxis tatsächlich effektiv umgesetzt worden wären und damit das Ergreifen der Rechtsschutzmöglichkeiten möglich, zumutbar und erfolgversprechend gewesen wäre. Dies wird sich nur mithilfe der Durchführung eines Hauptsacheverfahrens klären lassen, wobei das Land hierfür die Beweislast trägt. Angesichts dieser Ungewissheit obliegt es den Fachgerichten zu prüfen, ob und inwieweit die Nichteinlegung des Rechtsbehelfs bereits in der Vergangenheit entstandene Ansprüche aus § 839 BGB tangiert.

50

Im Hinblick auf die Rügen der Verletzung weiterer Grundrechte wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

51

5. Der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts teilt den festgestellten Mangel des landgerichtlichen Urteils. Das Oberlandesgericht hat sich die Gründe des Landgerichts ausdrücklich zu Eigen gemacht.

52

6. Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.

53

7. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 22. Feb. 2011 - 1 BvR 409/09

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 22. Feb. 2011 - 1 BvR 409/09

Referenzen - Gesetze

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 22. Feb. 2011 - 1 BvR 409/09 zitiert 20 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Gesetz über das Bundesverfassungsgericht


Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 839 Haftung bei Amtspflichtverletzung


(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Ansp

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 34a


(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen ein

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 14 Rahmengebühren


(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermöge

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 34


Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder g

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 93c


(1) Liegen die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b vor und ist die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, kann die Kammer der Verfassungsb

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 109 Antrag auf gerichtliche Entscheidung


(1) Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Strafvollzuges oder des Vollzuges freiheitsentziehender Maßregeln der Besserung und Sicherung kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden. Mit dem Antrag kann auch

Strafprozeßordnung - StPO | § 119 Haftgrundbezogene Beschränkungen während der Untersuchungshaft


(1) Soweit dies zur Abwehr einer Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr (§§ 112, 112a) erforderlich ist, können einem inhaftierten Beschuldigten Beschränkungen auferlegt werden. Insbesondere kann angeordnet werden, dass 1. der Empfang von B

Strafprozeßordnung - StPO | § 126 Zuständigkeit für weitere gerichtliche Entscheidungen


(1) Vor Erhebung der öffentlichen Klage ist für die weiteren gerichtlichen Entscheidungen und Maßnahmen, die sich auf die Untersuchungshaft, die Aussetzung ihres Vollzugs (§ 116), ihre Vollstreckung (§ 116b) sowie auf Anträge nach § 119a beziehen, da

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 114 Aussetzung der Maßnahme


(1) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keine aufschiebende Wirkung. (2) Das Gericht kann den Vollzug der angefochtenen Maßnahme aussetzen, wenn die Gefahr besteht, daß die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesen

Strafprozeßordnung - StPO | § 455 Strafausstand wegen Vollzugsuntauglichkeit


(1) Die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe ist aufzuschieben, wenn der Verurteilte in Geisteskrankheit verfällt. (2) Dasselbe gilt bei anderen Krankheiten, wenn von der Vollstreckung eine nahe Lebensgefahr für den Verurteilten zu besorgen ist.

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 112 Antragsfrist. Wiedereinsetzung


(1) Der Antrag muß binnen zwei Wochen nach Zustellung oder schriftlicher Bekanntgabe der Maßnahme oder ihrer Ablehnung schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des Gerichts gestellt werden. (2) War der Antragsteller ohne Verschulden verhind

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 18 Unterbringung während der Ruhezeit


(1) Gefangene werden während der Ruhezeit allein in ihren Hafträumen untergebracht. Eine gemeinsame Unterbringung ist zulässig, sofern ein Gefangener hilfsbedürftig ist oder eine Gefahr für Leben oder Gesundheit eines Gefangenen besteht. (2) Im offe

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 201 Übergangsbestimmungen für bestehende Anstalten


Für Anstalten, mit deren Errichtung vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen wurde, gilt folgendes: 1. Abweichend von § 10 dürfen Gefangene ausschließlich im geschlossenen Vollzug untergebracht werden, solange die räumlichen, personellen und organi

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 144 Größe und Ausgestaltung der Räume


(1) Räume für den Aufenthalt während der Ruhe- und Freizeit sowie Gemeinschafts- und Besuchsräume sind wohnlich oder sonst ihrem Zweck entsprechend auszugestalten. Sie müssen hinreichend Luftinhalt haben und für eine gesunde Lebensführung ausreichend

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 22. Feb. 2011 - 1 BvR 409/09 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 22. Feb. 2011 - 1 BvR 409/09 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 11. März 2010 - III ZR 124/09

bei uns veröffentlicht am 11.03.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 124/09 Verkündet am: 11. März 2010 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Sept. 2006 - III ZB 89/05

bei uns veröffentlicht am 28.09.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZB 89/05 vom 28. September 2006 in dem Prozesskostenhilfeverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 839 B, Fm; GG Art. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 34; StVollzG § 201 Nr. 3 Satz 1 Zur amtspflichtw

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Nov. 2006 - III ZB 89/05

bei uns veröffentlicht am 08.11.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZB 89/05 vom 8. November 2006 in dem Prozesskostenhilfeverfahren Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. November 2006 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Streck, Dörr, Galke und Dr. He

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Okt. 2003 - III ZR 342/02

bei uns veröffentlicht am 09.10.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 342/02 Verkündet am: 9. Oktober 2003 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja (zu Ziff. II) BGHR: ja B

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 19. Juli 2005 - 12 U 300/04

bei uns veröffentlicht am 19.07.2005

Tenor 1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 13. Juli 2004 - 2 O 104/04 im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert: Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger EUR 2.000,00, ne
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 22. Feb. 2011 - 1 BvR 409/09.

Oberlandesgericht München Beschluss, 12. Nov. 2014 - 1 W 2058/14

bei uns veröffentlicht am 12.11.2014

Tenor Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 23.09.2014 gegen den Beschluss des Landgerichts Augsburg vom 25.08.2014, Az. 023 0 1707/14, wird zurückgewiesen. Gründe l. Der Antragsteller begehrt Prozessk

Oberlandesgericht München Beschluss, 10. Nov. 2014 - 1 W 1314/14

bei uns veröffentlicht am 10.11.2014

Tenor Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 26.06.2014 gegen den Beschluss des Landgerichts Augsburg vom 26.05.2014, Az. 102 O 1356/14, wird zurückgewiesen. Gründe I. Der Antragsteller begehrt Prozessk

Referenzen

(1) Gefangene werden während der Ruhezeit allein in ihren Hafträumen untergebracht. Eine gemeinsame Unterbringung ist zulässig, sofern ein Gefangener hilfsbedürftig ist oder eine Gefahr für Leben oder Gesundheit eines Gefangenen besteht.

(2) Im offenen Vollzug dürfen Gefangene mit ihrer Zustimmung während der Ruhezeit gemeinsam untergebracht werden, wenn eine schädliche Beeinflussung nicht zu befürchten ist. Im geschlossenen Vollzug ist eine gemeinschaftliche Unterbringung zur Ruhezeit außer in den Fällen des Absatzes 1 nur vorübergehend und aus zwingenden Gründen zulässig.

Für Anstalten, mit deren Errichtung vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen wurde, gilt folgendes:

1.
Abweichend von § 10 dürfen Gefangene ausschließlich im geschlossenen Vollzug untergebracht werden, solange die räumlichen, personellen und organisatorischen Anstaltsverhältnisse dies erfordern.
2.
Abweichend von § 17 kann die gemeinschaftliche Unterbringung während der Arbeitszeit und Freizeit auch eingeschränkt werden, wenn und solange die räumlichen, personellen und organisatorischen Verhältnisse der Anstalt dies erfordern; die gemeinschaftliche Unterbringung während der Arbeitszeit jedoch nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 1988.
3.
Abweichend von § 18 dürfen Gefangene während der Ruhezeit auch gemeinsam untergebracht werden, solange die räumlichen Verhältnisse der Anstalt dies erfordern. Eine gemeinschaftliche Unterbringung von mehr als acht Personen ist nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 1985 zulässig.
4.
Abweichend von § 143 Abs. 1 und 2 sollen Justizvollzugsanstalten so gestaltet und gegliedert werden, daß eine auf die Bedürfnisse des einzelnen abgestellte Behandlung gewährleistet ist und daß die Gefangenen in überschaubaren Betreuungs- und Behandlungsgruppen zusammengefaßt werden können.
5.
Abweichend von § 145 kann die Belegungsfähigkeit einer Anstalt nach Maßgabe der Nummern 2 und 3 festgesetzt werden.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Das Gericht kann den Vollzug der angefochtenen Maßnahme aussetzen, wenn die Gefahr besteht, daß die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird und ein höher zu bewertendes Interesse an dem sofortigen Vollzug nicht entgegensteht. Das Gericht kann auch eine einstweilige Anordnung erlassen; § 123 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidungen sind nicht anfechtbar; sie können vom Gericht jederzeit geändert oder aufgehoben werden.

(3) Der Antrag auf eine Entscheidung nach Absatz 2 ist schon vor Stellung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung zulässig.

(1) Soweit dies zur Abwehr einer Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr (§§ 112, 112a) erforderlich ist, können einem inhaftierten Beschuldigten Beschränkungen auferlegt werden. Insbesondere kann angeordnet werden, dass

1.
der Empfang von Besuchen und die Telekommunikation der Erlaubnis bedürfen,
2.
Besuche, Telekommunikation sowie der Schrift- und Paketverkehr zu überwachen sind,
3.
die Übergabe von Gegenständen bei Besuchen der Erlaubnis bedarf,
4.
der Beschuldigte von einzelnen oder allen anderen Inhaftierten getrennt wird,
5.
die gemeinsame Unterbringung und der gemeinsame Aufenthalt mit anderen Inhaftierten eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.
Die Anordnungen trifft das Gericht. Kann dessen Anordnung nicht rechtzeitig herbeigeführt werden, kann die Staatsanwaltschaft oder die Vollzugsanstalt eine vorläufige Anordnung treffen. Die Anordnung ist dem Gericht binnen drei Werktagen zur Genehmigung vorzulegen, es sei denn, sie hat sich zwischenzeitlich erledigt. Der Beschuldigte ist über Anordnungen in Kenntnis zu setzen. Die Anordnung nach Satz 2 Nr. 2 schließt die Ermächtigung ein, Besuche und Telekommunikation abzubrechen sowie Schreiben und Pakete anzuhalten.

(2) Die Ausführung der Anordnungen obliegt der anordnenden Stelle. Das Gericht kann die Ausführung von Anordnungen widerruflich auf die Staatsanwaltschaft übertragen, die sich bei der Ausführung der Hilfe durch ihre Ermittlungspersonen und die Vollzugsanstalt bedienen kann. Die Übertragung ist unanfechtbar.

(3) Ist die Überwachung der Telekommunikation nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 angeordnet, ist die beabsichtigte Überwachung den Gesprächspartnern des Beschuldigten unmittelbar nach Herstellung der Verbindung mitzuteilen. Die Mitteilung kann durch den Beschuldigten selbst erfolgen. Der Beschuldigte ist rechtzeitig vor Beginn der Telekommunikation über die Mitteilungspflicht zu unterrichten.

(4) Die §§ 148, 148a bleiben unberührt. Sie gelten entsprechend für den Verkehr des Beschuldigten mit

1.
der für ihn zuständigen Bewährungshilfe,
2.
der für ihn zuständigen Führungsaufsichtsstelle,
3.
der für ihn zuständigen Gerichtshilfe,
4.
den Volksvertretungen des Bundes und der Länder,
5.
dem Bundesverfassungsgericht und dem für ihn zuständigen Landesverfassungsgericht,
6.
dem für ihn zuständigen Bürgerbeauftragten eines Landes,
7.
dem oder der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, den für die Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften über den Datenschutz in den Ländern zuständigen Stellen der Länder und den Aufsichtsbehörden nach § 40 des Bundesdatenschutzgesetzes,
8.
dem Europäischen Parlament,
9.
dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte,
10.
dem Europäischen Gerichtshof,
11.
dem Europäischen Datenschutzbeauftragten,
12.
dem Europäischen Bürgerbeauftragten,
13.
dem Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe,
14.
der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz,
15.
dem Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen,
16.
den Ausschüssen der Vereinten Nationen für die Beseitigung der Rassendiskriminierung und für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau,
17.
dem Ausschuss der Vereinten Nationen gegen Folter, dem zugehörigen Unterausschuss zur Verhütung von Folter und den entsprechenden Nationalen Präventionsmechanismen,
18.
den in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 genannten Personen in Bezug auf die dort bezeichneten Inhalte,
19.
soweit das Gericht nichts anderes anordnet,
a)
den Beiräten bei den Justizvollzugsanstalten und
b)
der konsularischen Vertretung seines Heimatstaates.
Die Maßnahmen, die erforderlich sind, um das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 festzustellen, trifft die nach Absatz 2 zuständige Stelle.

(5) Gegen nach dieser Vorschrift ergangene Entscheidungen oder sonstige Maßnahmen kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden, soweit nicht das Rechtsmittel der Beschwerde statthaft ist. Der Antrag hat keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann jedoch vorläufige Anordnungen treffen.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch, wenn gegen einen Beschuldigten, gegen den Untersuchungshaft angeordnet ist, eine andere freiheitsentziehende Maßnahme vollstreckt wird (§ 116b). Die Zuständigkeit des Gerichts bestimmt sich auch in diesem Fall nach § 126.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 89/05
vom
8. November 2006
in dem Prozesskostenhilfeverfahren
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. November 2006 durch den
Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Streck, Dörr, Galke und
Dr. Hermann

beschlossen:
Der Senatsbeschluss vom 28. September 2006 wird im Eingang auf Seite 2 gemäß § 319 Abs. 1 ZPO dahin berichtigt, dass es heißt: "Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. September 2006 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Streck, Dörr, Galke und Dr. Herrmann beschlossen:" Schlick Streck Dörr Galke Herrmann
Vorinstanzen:
LG Halle, Entscheidung vom 28.04.2005 - 4 O 143/04 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 14.07.2005 - 4 W 15/05 -

(1) Gefangene werden während der Ruhezeit allein in ihren Hafträumen untergebracht. Eine gemeinsame Unterbringung ist zulässig, sofern ein Gefangener hilfsbedürftig ist oder eine Gefahr für Leben oder Gesundheit eines Gefangenen besteht.

(2) Im offenen Vollzug dürfen Gefangene mit ihrer Zustimmung während der Ruhezeit gemeinsam untergebracht werden, wenn eine schädliche Beeinflussung nicht zu befürchten ist. Im geschlossenen Vollzug ist eine gemeinschaftliche Unterbringung zur Ruhezeit außer in den Fällen des Absatzes 1 nur vorübergehend und aus zwingenden Gründen zulässig.

Für Anstalten, mit deren Errichtung vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen wurde, gilt folgendes:

1.
Abweichend von § 10 dürfen Gefangene ausschließlich im geschlossenen Vollzug untergebracht werden, solange die räumlichen, personellen und organisatorischen Anstaltsverhältnisse dies erfordern.
2.
Abweichend von § 17 kann die gemeinschaftliche Unterbringung während der Arbeitszeit und Freizeit auch eingeschränkt werden, wenn und solange die räumlichen, personellen und organisatorischen Verhältnisse der Anstalt dies erfordern; die gemeinschaftliche Unterbringung während der Arbeitszeit jedoch nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 1988.
3.
Abweichend von § 18 dürfen Gefangene während der Ruhezeit auch gemeinsam untergebracht werden, solange die räumlichen Verhältnisse der Anstalt dies erfordern. Eine gemeinschaftliche Unterbringung von mehr als acht Personen ist nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 1985 zulässig.
4.
Abweichend von § 143 Abs. 1 und 2 sollen Justizvollzugsanstalten so gestaltet und gegliedert werden, daß eine auf die Bedürfnisse des einzelnen abgestellte Behandlung gewährleistet ist und daß die Gefangenen in überschaubaren Betreuungs- und Behandlungsgruppen zusammengefaßt werden können.
5.
Abweichend von § 145 kann die Belegungsfähigkeit einer Anstalt nach Maßgabe der Nummern 2 und 3 festgesetzt werden.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Strafvollzuges oder des Vollzuges freiheitsentziehender Maßregeln der Besserung und Sicherung kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden. Mit dem Antrag kann auch die Verpflichtung zum Erlaß einer abgelehnten oder unterlassenen Maßnahme begehrt werden.

(2) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, durch die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(3) Dient die vom Antragsteller begehrte oder angefochtene Maßnahme der Umsetzung des § 66c Absatz 1 des Strafgesetzbuches im Vollzug der Sicherungsverwahrung oder der ihr vorausgehenden Freiheitsstrafe, so ist dem Antragsteller für ein gerichtliches Verfahren von Amts wegen ein Rechtsanwalt beizuordnen, es sei denn, dass wegen der Einfachheit der Sach- und Rechtslage die Mitwirkung eines Rechtsanwalts nicht geboten erscheint oder es ersichtlich ist, dass der Antragsteller seine Rechte selbst ausreichend wahrnehmen kann. Über die Bestellung und einen Widerruf entscheidet der Vorsitzende des nach § 110 zuständigen Gerichts.

(1) Der Antrag muß binnen zwei Wochen nach Zustellung oder schriftlicher Bekanntgabe der Maßnahme oder ihrer Ablehnung schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des Gerichts gestellt werden.

(2) War der Antragsteller ohne Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(4) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag auf Wiedereinsetzung unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(1) Soweit dies zur Abwehr einer Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr (§§ 112, 112a) erforderlich ist, können einem inhaftierten Beschuldigten Beschränkungen auferlegt werden. Insbesondere kann angeordnet werden, dass

1.
der Empfang von Besuchen und die Telekommunikation der Erlaubnis bedürfen,
2.
Besuche, Telekommunikation sowie der Schrift- und Paketverkehr zu überwachen sind,
3.
die Übergabe von Gegenständen bei Besuchen der Erlaubnis bedarf,
4.
der Beschuldigte von einzelnen oder allen anderen Inhaftierten getrennt wird,
5.
die gemeinsame Unterbringung und der gemeinsame Aufenthalt mit anderen Inhaftierten eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.
Die Anordnungen trifft das Gericht. Kann dessen Anordnung nicht rechtzeitig herbeigeführt werden, kann die Staatsanwaltschaft oder die Vollzugsanstalt eine vorläufige Anordnung treffen. Die Anordnung ist dem Gericht binnen drei Werktagen zur Genehmigung vorzulegen, es sei denn, sie hat sich zwischenzeitlich erledigt. Der Beschuldigte ist über Anordnungen in Kenntnis zu setzen. Die Anordnung nach Satz 2 Nr. 2 schließt die Ermächtigung ein, Besuche und Telekommunikation abzubrechen sowie Schreiben und Pakete anzuhalten.

(2) Die Ausführung der Anordnungen obliegt der anordnenden Stelle. Das Gericht kann die Ausführung von Anordnungen widerruflich auf die Staatsanwaltschaft übertragen, die sich bei der Ausführung der Hilfe durch ihre Ermittlungspersonen und die Vollzugsanstalt bedienen kann. Die Übertragung ist unanfechtbar.

(3) Ist die Überwachung der Telekommunikation nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 angeordnet, ist die beabsichtigte Überwachung den Gesprächspartnern des Beschuldigten unmittelbar nach Herstellung der Verbindung mitzuteilen. Die Mitteilung kann durch den Beschuldigten selbst erfolgen. Der Beschuldigte ist rechtzeitig vor Beginn der Telekommunikation über die Mitteilungspflicht zu unterrichten.

(4) Die §§ 148, 148a bleiben unberührt. Sie gelten entsprechend für den Verkehr des Beschuldigten mit

1.
der für ihn zuständigen Bewährungshilfe,
2.
der für ihn zuständigen Führungsaufsichtsstelle,
3.
der für ihn zuständigen Gerichtshilfe,
4.
den Volksvertretungen des Bundes und der Länder,
5.
dem Bundesverfassungsgericht und dem für ihn zuständigen Landesverfassungsgericht,
6.
dem für ihn zuständigen Bürgerbeauftragten eines Landes,
7.
dem oder der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, den für die Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften über den Datenschutz in den Ländern zuständigen Stellen der Länder und den Aufsichtsbehörden nach § 40 des Bundesdatenschutzgesetzes,
8.
dem Europäischen Parlament,
9.
dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte,
10.
dem Europäischen Gerichtshof,
11.
dem Europäischen Datenschutzbeauftragten,
12.
dem Europäischen Bürgerbeauftragten,
13.
dem Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe,
14.
der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz,
15.
dem Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen,
16.
den Ausschüssen der Vereinten Nationen für die Beseitigung der Rassendiskriminierung und für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau,
17.
dem Ausschuss der Vereinten Nationen gegen Folter, dem zugehörigen Unterausschuss zur Verhütung von Folter und den entsprechenden Nationalen Präventionsmechanismen,
18.
den in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 genannten Personen in Bezug auf die dort bezeichneten Inhalte,
19.
soweit das Gericht nichts anderes anordnet,
a)
den Beiräten bei den Justizvollzugsanstalten und
b)
der konsularischen Vertretung seines Heimatstaates.
Die Maßnahmen, die erforderlich sind, um das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 festzustellen, trifft die nach Absatz 2 zuständige Stelle.

(5) Gegen nach dieser Vorschrift ergangene Entscheidungen oder sonstige Maßnahmen kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden, soweit nicht das Rechtsmittel der Beschwerde statthaft ist. Der Antrag hat keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann jedoch vorläufige Anordnungen treffen.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch, wenn gegen einen Beschuldigten, gegen den Untersuchungshaft angeordnet ist, eine andere freiheitsentziehende Maßnahme vollstreckt wird (§ 116b). Die Zuständigkeit des Gerichts bestimmt sich auch in diesem Fall nach § 126.

Für Anstalten, mit deren Errichtung vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen wurde, gilt folgendes:

1.
Abweichend von § 10 dürfen Gefangene ausschließlich im geschlossenen Vollzug untergebracht werden, solange die räumlichen, personellen und organisatorischen Anstaltsverhältnisse dies erfordern.
2.
Abweichend von § 17 kann die gemeinschaftliche Unterbringung während der Arbeitszeit und Freizeit auch eingeschränkt werden, wenn und solange die räumlichen, personellen und organisatorischen Verhältnisse der Anstalt dies erfordern; die gemeinschaftliche Unterbringung während der Arbeitszeit jedoch nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 1988.
3.
Abweichend von § 18 dürfen Gefangene während der Ruhezeit auch gemeinsam untergebracht werden, solange die räumlichen Verhältnisse der Anstalt dies erfordern. Eine gemeinschaftliche Unterbringung von mehr als acht Personen ist nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 1985 zulässig.
4.
Abweichend von § 143 Abs. 1 und 2 sollen Justizvollzugsanstalten so gestaltet und gegliedert werden, daß eine auf die Bedürfnisse des einzelnen abgestellte Behandlung gewährleistet ist und daß die Gefangenen in überschaubaren Betreuungs- und Behandlungsgruppen zusammengefaßt werden können.
5.
Abweichend von § 145 kann die Belegungsfähigkeit einer Anstalt nach Maßgabe der Nummern 2 und 3 festgesetzt werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Liegen die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b vor und ist die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, kann die Kammer der Verfassungsbeschwerde stattgeben, wenn sie offensichtlich begründet ist. Der Beschluß steht einer Entscheidung des Senats gleich. Eine Entscheidung, die mit der Wirkung des § 31 Abs. 2 ausspricht, daß ein Gesetz mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar oder nichtig ist, bleibt dem Senat vorbehalten.

(2) Auf das Verfahren finden § 94 Abs. 2 und 3 und § 95 Abs. 1 und 2 Anwendung.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Gefangene werden während der Ruhezeit allein in ihren Hafträumen untergebracht. Eine gemeinsame Unterbringung ist zulässig, sofern ein Gefangener hilfsbedürftig ist oder eine Gefahr für Leben oder Gesundheit eines Gefangenen besteht.

(2) Im offenen Vollzug dürfen Gefangene mit ihrer Zustimmung während der Ruhezeit gemeinsam untergebracht werden, wenn eine schädliche Beeinflussung nicht zu befürchten ist. Im geschlossenen Vollzug ist eine gemeinschaftliche Unterbringung zur Ruhezeit außer in den Fällen des Absatzes 1 nur vorübergehend und aus zwingenden Gründen zulässig.

(1) Räume für den Aufenthalt während der Ruhe- und Freizeit sowie Gemeinschafts- und Besuchsräume sind wohnlich oder sonst ihrem Zweck entsprechend auszugestalten. Sie müssen hinreichend Luftinhalt haben und für eine gesunde Lebensführung ausreichend mit Heizung und Lüftung, Boden- und Fensterfläche ausgestattet sein.

(2) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Näheres über den Luftinhalt, die Lüftung, die Boden- und Fensterfläche sowie die Heizung und Einrichtung der Räume zu bestimmen.

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 13. Juli 2004 - 2 O 104/04 im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger EUR 2.000,00, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.02.2004 zu zahlen.

2. Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung des beklagten Landes werden zurückgewiesen.

3. Von den Kosten beider Rechtszüge tragen der Kläger 89 % und das beklagte Land 11 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Der Kläger verlangt von dem beklagten Land „Schmerzensgeld“, da er während seiner Untersuchungshaft rechtswidrig unter menschenunwürdigen Haftbedingungen in einer doppelt belegten Zelle untergebracht gewesen sei.
Der Kläger befand sich auf Grund Haftbefehls des Amtsgerichts K vom 18.12.2002 bis 06.06.2003 (171 Tage) in Untersuchungshaft in der JVA K. Er war dort bis zum 23.05.2003 (157 Tage) in einer Gemeinschaftszelle mit einem weiteren Gefangenen untergebracht. Die Zelle hatte nach den von den Parteien nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts eine Grundfläche von 8,89 m² und einen Rauminhalt von etwa 25 m3. Sie war mit einem Etagenbett (ca. 2,00 m x 1,00 m), zwei Stühlen und zwei Arbeitstischen (ca. 0,35 m x 1,2 m) ausgestattet. Außerdem befanden sich in der Zelle Kartons, die der Kläger benötigte, um der von ihm beantragten Arbeitstätigkeit in der JVA Karlsruhe nachzugehen. Die nicht gesondert entlüftete Toilette und das Waschbecken waren lediglich durch einen Vorhang abgetrennt. An Freizeitveranstaltungen nahm der Kläger nicht teil, so dass er regelmäßig 23 Stunden pro Tag in seiner Zelle verbrachte.
Einen schriftlichen Antrag auf Unterbringung in einer Gemeinschaftszelle hatte der Kläger nicht gestellt. Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 14.02.2003 hatte die Unterbringung in einer Einzelzelle beantragt. Hilfsweise hatte er sich auch mit der Zusammenlegung mit seinem damaligen Mitbeschuldigten einverstanden erklärt. Dieser Antrag wurde durch die JVA K abgelehnt, da die Belegungssituation der Anstalt eine Einzelunterbringung derzeit nicht zulassen würde. In ihrem Bescheid wies die Vollzugsanstalt den Kläger aber darauf hin, dass ihm „unverzüglich ein Einzelhaftraum zugewiesen (werde)... falls sich die Belegungssituation ändern sollte“. Zum damaligen Zeitpunkt wurde die benachbarte JVA B umgebaut. Ein kompletter Flügel dieser Anstalt stand nicht zur Verfügung, so dass 100 Haftplätze fehlten. Die Gefangenen mussten daher in anderen Anstalten untergebracht werden, u.a. auch in der JVA K. Es kam dort zu einer Überbelegung, auf 111 Haftplätze kamen ca. 180 Gefangene.
Das Landgericht hat der auf Zahlung eines „Schmerzensgeldes“ von EUR 17.100,00 gerichteten Klage unter Klagabweisung im Übrigen in Höhe von EUR 650,00 stattgegeben. Wegen § 839 Abs. 3 BGB hat es lediglich die erste Haftwoche und die zwei auf den Antrag vom 14.02.2003 folgenden Wochen als entschädigungspflichtige Zeiträume angesetzt. Für die erste Woche hat es ein Schmerzensgeld von EUR 250,00 für die beiden anderen Wochen von je EUR 200,00 zugebilligt. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen. Mit ihren Berufungen verfolgen die Parteien ihr erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter.
Der Kläger trägt vor, er habe gegenüber den Bediensteten von Anfang an auf eine Einzelunterbringung gedrängt. Nachdem mündliche Proteste nichts gebracht hätten, habe er mit „Rapportzetteln“ darum gebeten. Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm pro Tag EUR 100,00 als Entschädigung zustünden. Der vom Landgericht festgesetzte „symbolische“ Betrag sei dem Ausmaß der Rechtsgutsverletzung und den schwerwiegenden Folgen nicht angemessen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 13. Juli 2004 - 2 O 1/04 - abzuändern, das Beklagte Land zur Zahlung von EUR 17.100,00 zu verurteilen und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Das beklagte Land beantragt,
10 
das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 13. Juli 2004 - 2 O 1/04 - abzuändern, die Klage abzuweisen und die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
11 
Das Land ist der Auffassung, dass bereits eine Amtspflichtverletzung nicht vorliege. Der Kläger habe in seinem Anwaltsschreiben einer Unterbringung in einer Zelle mit seinem Mitbeschuldigten zugestimmt und damit konkludent erklärt, dass er mit der Unterbringung in einer Gemeinschaftszelle einverstanden sei. Der Kläger habe auch gewusst, dass nur in einer Doppelzelle die Möglichkeit zur Arbeit bestanden habe. Er habe daher auch durch seinen Antrag auf „Arbeit“ konkludent seine Bereitschaft hierfür erklärt. Außer dem Anwaltsschreiben habe der Kläger zu keinem Zeitpunkt um die Unterbringung in einer Einzelzelle nachgesucht. Hätte er dies getan, so hätte man es auch ermöglichen können. Angesichts der engen Vollzugssituation sei das Verschulden des Landes auch gering. Im Übrigen sei eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Menschenwürde durch das Landgericht nicht festgestellt worden. Dass die Zivilkammer eine schwerwiegende Beeinträchtigung nicht angenommen habe, ergebe sich auch aus der sehr niedrigen Entschädigung.
12 
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen K, G, Ki, Wi, R, P, We und He und Einholung eines amtlichen Auskunft der RinAG H. Die Strafakten 8 Ns 14 Js 30871/99 waren beigezogen. Die Gefangenenpersonalakte des Klägers lag in der mündlichen Verhandlung zur Durchsicht vor.
13 
II.
14 
Die Berufung des Klägers hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Die Berufung des beklagten Landes ist hingegen unbegründet.
15 
1. Die Unterbringung des Klägers in einer Gemeinschaftszelle war rechtswidrig, da er sich in Untersuchungshaft befand und die Unterbringung in einer Gemeinschaftszelle nicht ausdrücklich beantragt hatte, § 119 StPO, § 23 Abs. 1 UVollzO. Dass er gleichwohl in einer Gemeinschaftszelle untergebracht wurde, erfüllt den objektiven Tatbestand der Amtspflichtverletzung, § 839 Abs. 1 BGB. Darüber hinaus ist die ohnehin rechtswidrige Unterbringung aufgrund der konkreten Gegebenheiten dem aus Art. 1 GG folgenden Gebot der Achtung der Menschenwürde nicht mehr gerecht geworden. Die doppelt - und auch wechselnd - belegte Zelle hatte eine Grundfläche von 8,83 m². Die Toilette war lediglich mit einem Vorhang abgetrennt und nicht mit einer separaten Entlüftung versehen. Innerhalb der Gemeinschaftszelle konnte der Kläger somit nicht einmal ein Mindestmaß an Intimsphäre wahren. Darüber hinaus war der zur Verfügung stehende Raum durch Arbeitsmaterialien und Arbeitsprodukte weiter eingeschränkt.
16 
Allerdings wurde durch die Unterbringung des Klägers in einer Gemeinschaftszelle die Haft nicht als solche unzulässig. Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass auch die Umstände des Vollzugs die Rechtmäßigkeit der Haft als solcher in Frage stellen können (vgl. BGHZ 122, 268 = NJW 1993, 2927, zu Art. 5 EMRK). Dies bedeutet aber nicht, dass bei jeder rechtswidrigen Unterbringung auch der Vollzug der Haft rechtswidrig ist. Mit der in der angesprochenen Entscheidung des BGH behandelten Fallgestaltung (Gefahr einer lebensgefährlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes) ist der vorliegende Sachverhalt nicht zu vergleichen. Hier gehen die Unannehmlichkeiten der Haft zwar über das hinaus, was einem Untersuchungsgefangenen zuzumuten ist, jedoch bestand für den Kläger aus der Art der Unterbringung keine Gefahr nachhaltiger, über die Beschwernisse der konkreten Situation hinausgehender Schäden.
17 
2. Eine rechtfertigende Einwilligung des Klägers lag nicht vor. Sie ergibt sich weder aus dem Schreiben des Verteidigers vom 14.02.03, noch aus seinem Antrag auf Zuweisung einer Arbeit. In dem Schreiben vom 14.02.03 verlangt der Kläger ausdrücklich die Unterbringung in einer Einzelzelle. Dass er „hilfsweise“ auch damit einverstanden gewesen wäre, wenn er mit seinem Mitbeschuldigten zusammengelegt würde, ändert hieran nichts. Es liegt auf der Hand, dass das Zusammenleben auf engem Raum mit einem bekannten Menschen, mit dem man sich versteht und mit dem man auch schon längere Zeit zusammen gelebt hat, weniger belastend ist, als die Einweisung in eine Gemeinschaftszelle mit mehrfach wechselnden, unbekannten Männern unterschiedlicher Herkunft.
18 
Entgegen der Auffassung des beklagten Landes kann auch im Antrag auf Zuweisung einer Arbeitsstelle keine konkludent erklärte Einwilligung gesehen werden. Als der Kläger am 07.01.03 um Zuweisung einer Arbeit nachsuchte, war er in einer Doppelzelle untergebracht. Ihm war zu diesem Zeitpunkt eine Einzelunterbringung nicht in Aussicht gestellt worden. Solange der Kläger aber nicht mit einer Einzelzelle rechnen konnte, kann sein Antrag auf Zuweisung einer Arbeit auch nicht als Verzicht auf die Einzelunterbringung ausgelegt werden. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die Behauptung des beklagten Landes, Arbeiten könnten in der JVA K nur in bzw. aus einer doppelt belegten Zelle durchgeführt werden, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht den Gegebenheiten entspricht. Der Zeuge G hat bekundet, dass es in der Vollzugsanstalt Karlsruhe durchaus Arbeitstätigkeiten gibt, die auch bei einer Einzelunterbringung ausgeübt werden können. Zu beachten ist ferner, dass einerseits der Zeuge K nach eigenem Bekunden dem Kläger lediglich eine Arbeit in einer Doppelzelle angeboten hat und andererseits der Zeuge Wi ihm bedeutet hat, er werde seinen Taschengeldanspruch verlieren, wenn er die angebotene Arbeit nicht annehme. Angesichts dieser Gesamtumstände kann von einer schlüssig erklärten Einwilligung in eine rechtswidrige und menschenunwürdige Unterbringung nicht ausgegangen werde.
19 
3. Die Amtspflicht wurde auch schuldhaft verletzt. Dabei ist nicht nur auf die an Ort und Stelle zuständigen Justizbediensteten abzustellen. Die Durchführung von Bauarbeiten in der JVA B war seit langem absehbar. Es war auch vorherzusehen, dass während der Durchführung der Bauarbeiten für einen längeren Zeitraum nicht ausreichend Einzelzellen für Untersuchungsgefangene zur Verfügung stehen werden. Auch die sonstigen Belegungsverhältnisse in den Haftanstalten des Landes waren bekannt und hätten hinreichenden Anlass zu vorsorglicher Abhilfe geboten. Um gleichwohl der sich aus § 119 StPO ergebenden Verpflichtung gerecht zu werden, hätte das Land geeignete Vorkehrungen treffen können und müssen. Insoweit ist zumindest der Vorwurf eines Organisationsverschuldens begründet, das dem beklagten Land auch dann zuzurechnen ist, wenn die „vor Ort“ tätig gewordenen Beamten selbst subjektiv nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt haben (BGH NJW 2005, 58 ff). Ein solches Organisationsverschulden kann sich auch darauf erstrecken, dass bei - will man den Angaben des Zeugen We folgen - landesweit bestehender Möglichkeit, Einzelunterbringungen zu bewerkstelligen, den Haftanstalten keine zentrale Zuweisungsstelle angeboten wird bzw. sie nicht nachdrücklich auf eine solche zur Vermeidung menschenunwürdiger Unterbringungen aufmerksam gemacht werden.
20 
4. Der geltend gemachte Anspruch des Klägers richtet sich nicht auf ein (bloßes) Schmerzensgeld. Es geht vielmehr um den Ausgleich einer Verletzung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG) und des aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG hergeleiteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers. Für die Entschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist anerkannt, dass es sich im eigentlichen Sinne nicht um ein Schmerzensgeld nach § 847 BGB a.F. (jetzt: § 253 Abs. 2 BGB n.F.) handelt, sondern um einen Rechtsbehelf, der auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht. Die Zubilligung einer Geldentschädigung beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktionen blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Anders als beim Schmerzensgeldanspruch steht bei dem Anspruch auf eine Geldentschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund (BGH aaO).
21 
Zwischen der Feststellung einer Verletzung des Art. 1 Abs. 1 GG einerseits und der Zuerkennung einer Geldentschädigung andererseits besteht allerdings kein zwingendes Junktim. Zwar trifft es zu, dass dem Recht auf Achtung der Menschenwürde in der Verfassung ein Höchstwert zukommt; es ist das tragende Konstitutionsprinzip im System der Grundrechte. Die solchermaßen festgestellte Menschenrechtsverletzung fordert indessen nicht in jedem Fall eine zusätzliche Wiedergutmachung durch Geldentschädigung. Ein Anspruch auf Geldentschädigung steht unter dem weiteren Erfordernis, dass die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Dies hängt - insoweit nicht anders als beim allgemeinen Persönlichkeitsrecht, auch wenn die Erheblichkeitsschwelle bei Verletzungen der Menschenwürde generell niedriger anzusetzen ist - insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab. Auch im Anwendungsbereich der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ist anerkannt, dass eine - eine Wiedergutmachung durch Geldersatz nach Art. 41 EMRK fordernde - unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK nur und erst vorliegt, wenn sie ein Mindestmaß an Schwere erreicht. Ob eine solche dieses Mindestmaß überschreitende schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, die die Zahlung einer Geldentschädigung erfordert, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, wie beispielsweise der Dauer der Behandlung, ihren physischen oder psychischen Folgen oder von Geschlecht, Alter oder Gesundheitszustand des Opfers, somit insbesondere auch von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, hier also von der konkreten Ausgestaltung der Zelle, der Dauer der Unterbringung, der Intensität der Beeinträchtigung, die durch Freizeitprogramme oder Arbeitstätigkeit tagsüber gemildert, sowie durch zusätzliche Beeinträchtigungen (z.B. Nichtraucher in der Zelle eines Rauchers) verstärkt werden kann.
22 
Da eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts Anspruchsvoraussetzung für eine Entschädigung ist, trägt der Geschädigte für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen auch die Darlegungs- und Beweislast. Da sich einerseits eine pauschale Abgeltung verbietet, andererseits gerade der Nachweis innerer Sachverhalte erheblichen Schwierigkeiten begegnet, kommt der Senat nicht umhin, bei der Feststellung einer eine Geldentschädigung erfordernden Beeinträchtigung der Menschenwürde des Klägers auf gewisse objektive Beweisanzeichen zurück zu greifen.
23 
Zutreffend weist in diesem Zusammenhang schon das Landgericht darauf hin, dass nicht wenige Gefangene die Unterbringung in einer - auch schlecht ausgestatteten - Gemeinschaftszelle einer Einzelzelle vorziehen. Bereits die rechtmäßige Inhaftierung als solche bringt für den einzelnen Gefangenen erhebliche Beeinträchtigungen mit sich. Gerade die Isolation von der Außenwelt und die fehlenden Möglichkeiten einer Kommunikation und eines zwischenmenschlichen Austausches veranlassen viele Betroffene, die Erschwernisse einer Gemeinschaftszelle - selbst in dem hier in Rede stehenden Zuschnitt - in Kauf zu nehmen, schon um den ihnen gemäßen gesellschaftlichen Kontakt pflegen zu können. Darüber hinaus empfinden die Betroffenen je nach Herkunft und Persönlichkeit die objektiv menschenunwürdigen Umstände ganz unterschiedlich.
24 
Bei seiner Gesamtbetrachtung berücksichtigt der Senat hier insbesondere, dass die objektiven Umstände der Unterbringung (Zellengröße, fehlende Entlüftung, ungenügende Wahrung der Intimsphäre durch die lediglich mit einem Vorhang abgetrennte Toilette, wechselnde Mitgefangene, nicht unerheblicher Zeitraum) für sich genommen sehr stark belastend waren, vom Kläger jedoch in erster Linie nicht als gezielten Angriff auf seine Menschenwürde und seine Rechte verstanden werden konnten, sondern als auch die Mehrzahl seiner Mitgefangenen treffende Folge baulicher und räumlicher Zustände in einer voll - bzw. überbelegten Anstalt. Dass er mit diesen Zuständen gleichwohl nicht einverstanden war und er sich nicht wohl fühlte, kann durchaus unterstellt werden. Ebenfalls kann unterstellt werden, dass der Kläger seinen Mitgefangenen gegenüber gesprächsweise seine Unzufriedenheit mit der Situation zum Ausdruck brachte. Damit kann gleichwohl noch nicht festgestellt werden, dass der Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers eine derartige Intensität erreichte, dass hierfür eine Geldentschädigung zu leisten ist.
25 
Als objektives Anzeichen dafür, dass der Kläger bei dem gegebenen Gemisch aus unterschiedlichsten persönlichen Motiven, objektiv und subjektiv empfundenen Vorteilen und Nachteilen der konkreten Situation dies als nicht weiter hinnehmbar empfand, bedarf es nach Auffassung des Senats einer entsprechenden Äußerung des Klägers gegenüber dem Personal der JVA, also einer gezielten Erklärung gegenüber dem Personenkreis, von dem eine Abhilfe erwartet werden konnte, zumal auch erst durch die Fruchtlosigkeit eines derartigen Ansinnens auf Abhilfe dem Kläger sich aufdrängen kann, dass seine individuellen und konkreten Rechte hinsichtlich seiner menschenwürdigen Behandlung von den für seine Unterbringung Verantwortlichen nicht in dem gebotenen Maße gewahrt werden.
26 
Die Beweisaufnahme hat die Behauptung des Klägers, er habe bereits vor dem 14.02.2003 seine Unzufriedenheit mit der Unterbringung in einer doppelt belegten Zelle gegenüber dem Personal der JVA zum Ausdruck gebracht bzw. den Wunsch nach einer Einzelzelle geäußert, nicht zur Überzeugung des Senats bestätigt. Der Zeuge He, der Mitbeschuldigte des Klägers, hat zwar bekundet, er habe für den Kläger mehrfach Eingaben, die eine Unterbringung des Klägers in einer Einzelzelle zum Gegenstand hatten, verfertigt, die dieser dann weitergeleitet habe. Zum Nachweis reicht diese Bekundung jedoch nicht aus, auch wenn der Senat sie angesichts des in der Verhandlung und in den Strafakten ersichtlichen werdenden Engagements des Zeugen nicht für gänzlich unglaubhaft hält. Keiner der vom Senat gehörten Bediensteten der JVA hat aber bestätigt, entsprechende Eingaben bzw. Rapportzettel zu Gesicht bekommen zu haben. Auch mündlich habe sich der Kläger ihnen gegenüber nie unzufrieden über seine Unterbringung geäußert. In den Personalakten des Klägers finden sich entsprechende Dokumente nicht, wie auch die vom Zeugen He erwähnte Eingabe an das Amtsgericht nebst angeblicher Entscheidung und Rechtsmittel sich in der Strafakte nicht finden. Die vom Zeugen He behauptete Praxis der Vollzugsanstalt, „Rapportzettel“ nicht zu der Akte zu nehmen, bestätigte sich ebenfalls nicht. Zwar hat der Zeuge He drei ihm zurückgegebene Rapportzettel vorgelegt, diese enthielten jedoch keine „Beschwerden“ oder „Anträge zum Vollzugsablauf“, sondern Bitten an die Anstalt, ihm diverse Anschriften mitzuteilen. In der Personalakte des Klägers befanden sich durchaus Rapportzettel, die sich allerdings nicht mit seiner Unterbringung beschäftigten. Der Kläger selbst hat eingeräumt, dass ihm Rapportzettel auch nie zurückgegeben worden seien.
27 
Demnach ist davon auszugehen, dass der Kläger ab dem 14.02.2003 bis zum 23.05.2003 sich auch subjektiv so nachhaltig in seinem Recht auf menschenwürdige Unterbringung verletzt sah, dass hierfür eine Wiedergutmachung durch Geldentschädigung geboten ist.
28 
5. Bei der Bemessung der Entschädigung ging der Senat daher von den konkreten Verhältnissen in der Gemeinschaftszelle und einer entschädigungspflichtigen Dauer vom 14.02.2003 - 23.05.2003 aus. Da in jedem Fall einer entschädigungspflichtigen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eine Gesamtwürdigung aller Umstände zu erfolgen hat (OLG Karlsruhe, NJW - RR 2003, 410, 411), verbietet sich im konkreten Fall jede schematische Festlegung oder Aufspaltung in zeitliche Abschnitte. Der Senat kann sich insbesondere nicht an der Wertung des Gesetzgebers in § 7 Abs. 3 StrEG orientieren, die für die „üblichen Unzuträglichkeiten“ (BGH NJW 1993, 2927, 2930) der Untersuchungshaft einen Entschädigungsbetrag von EUR 11,00 pro Tag vorsieht. Dieser Betrag wurde für eine sehr einschneidende, aber rechtmäßige staatliche Handlung festgesetzt, die grundsätzlich der im Allgemeininteresse liegenden Gewährleistung einer effektiven Strafverfolgung dient. Anhaltspunkte für die Bemessung einer Entschädigung für eine menschenrechtswidrige Unterbringung lassen sich hieraus nicht ableiten.
29 
Insgesamt hält der Senat aufgrund der bereits dargelegten Umstände eine Entschädigung von insgesamt EUR 2.000,00 für angemessen. Der Senat berücksichtigt dabei ferner, dass der Kläger mit seiner Klage nicht nur auf eine Geldentschädigung abzielt, sondern sich mit ihr auch in den Dienst der Bestrebungen seines Mitbeschuldigten - und wohl väterlichen Freundes -, des Zeugen He, stellt, deren Ziel die Anprangerung der gegenwärtigen Verhältnisse in den Vollzugsanstalten und deren Verbesserungen ist. Allein der vorliegende Rechtsstreit, die damit verbundene Publizität und auch die eindeutige Beurteilung der objektiven Umstände als rechtswidrig und menschenunwürdig, verschafft dem Kläger eine Teilentschädigung, die für einen höheren Geldausgleich keinen Raum lässt.
30 
6. Da der Kläger nach dem Schreiben seines Verteidigers vom 14.02.2003 auf die Zusage der Vollzugsanstalt, dass ihm „unverzüglich ein Einzelhaftraum zugewiesen (werde)... falls sich die Belegungssituation ändern sollte“, vertrauen durfte, und er nicht annehmen musste, mit weiteren Eingaben und Beschwerden bis zum Ende seiner Haftzeit mehr zu erreichen, scheitert der Anspruch hier auch nicht an 839 Abs. 3 BGB. Es kann daher dahinstehen, ob diese Vorschrift überhaupt zur Anwendung gelangt, wenn eine Geldentschädigung wegen menschenunwürdiger Unterbringung begehrt wird.
31 
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf die §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen einem Gefangenen ein Anspruch auf Entschädigung in Geld wegen menschenunwürdiger Unterbringung erwachsen kann, ist seit der Entscheidung des BGH vom 04.11.2004 (aaO) im Grundsatz geklärt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 89/05
vom
28. September 2006
in dem Prozesskostenhilfeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur amtspflichtwidrigen Verletzung der Menschenwürde und des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts bei der gemeinsamen Unterbringung von Strafgefangenen
in einem Haftraum.
BGH, Beschluss vom 28. September 2006 - III ZB 89/05 - OLG Naumburg
LG Halle
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. September 2006 durch
den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Streck, Dr. Kapsa, Galke und
Dr. Herrmann

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 14. Juli 2005 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
Wert des Beschwerdegegenstandes: 5.250 €

Gründe:


I.


1
Der Antragsteller verbüßt seit dem 2. Juli 2001 Strafhaft. Vom 17. Dezember 2002 bis zum 29. Januar 2003 und vom 5. März 2003 bis zum 6. Mai 2003 war er zusammen mit einem anderen Gefangenen in einem Haftraum untergebracht. Das Landgericht - Strafvollstreckungskammer - Halle stellte durch Beschlüsse vom 3. September 2003 (30 StVK 1085/02 und 30 StVK 244/03) fest, dass die zu den vorgenannten Zeiten erfolgte gemeinschaftliche Unterbringung des Antragstellers mit einem anderen Gefangenen rechtswidrig war.

2
Der Antragsteller macht geltend, durch die gemeinschaftliche Unterbringung seien sein Persönlichkeitsrecht und seine Menschenwürde verletzt worden. Er begehrt von dem die Strafanstalt unterhaltenden Land ein "Schmerzensgeld" und hat beantragt, ihm für die beabsichtigte Klage auf Zahlung von 50 € je Tag der rechtswidrigen Unterbringung in einem gemeinschaftlichen Haftraum Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
3
Landgericht und Beschwerdegericht haben die Prozesskostenhilfe verweigert. Mit der von dem Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein Prozesskostenhilfegesuch weiter.

II.


4
1. Die auch sonst in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Rechtsbeschwerde ist statthaft. Denn das Beschwerdegericht hat sie zugelassen (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Fall 1 ZPO). Das war zwar nicht zulässig. Denn in dem Verfahren der Prozesskostenhilfe kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) sowie dem der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) nur in Betracht, wenn es um Fragen des Verfahrens der Prozesskostenhilfe oder der persönlichen Voraussetzungen ihrer Bewilligung geht (vgl. Senatsbeschluss vom 31. Juli 2003 - III ZB 7/03 - NJW-RR 2003, 1438). Solche stehen hier indes - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - nicht inmitten; der Senat ist aber an die - rechtsfehlerhafte - Zulassung gebunden (vgl. Senatsbeschluss aaO).

5
2. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdegericht hat dem Antragsteller zu Recht die Prozesskostenhilfe verweigert, weil sein Rechtsverfolgungsbegehren keine Erfolgsaussicht hat (§ 114 Satz 1 ZPO).
6
Dem a) Antragsteller steht eine Entschädigung in Geld wegen amtspflichtwidriger Verletzung seiner Menschenwürde und seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts (§ 839 BGB i.V.m. Art. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 34 GG; vgl. Senatsurteil BGHZ 161, 33, 35 f) durch Bedienstete des Antragsgegners nicht zu. Denn eine solche Verletzung ist mit dem Beschwerdegericht zu verneinen; die Frage, ob der Verstoß gegen Art. 1, Art. 2 Abs. 1 GG eine Entschädigung in Geld gebietende Erheblichkeit erreichte (vgl. Senatsurteil aaO S. 36 ff; s. dazu ferner BVerfG, Beschluss vom 27. Dezember 2005 - 1 BvR 1359/05 - juris Rn. 14 ff), stellt sich im Streitfall nicht.
7
Aufgrund aa) der Beschlüsse der Strafvollstreckungskammer vom 3. September 2003 steht zwar mit Bindungswirkung auch für den Amtshaftungsprozess (vgl. Senatsurteil aaO S. 34) fest, dass der Antragsteller vom 17. Dezember 2002 bis zum 29. Januar 2003 und vom 5. März 2003 bis zum 6. Mai 2003 rechtswidrig, nämlich unter Verstoß gegen seinen Anspruch auf Einzelunterbringung gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 StVollzG, mit einem anderen Gefangenen in einem Haftraum untergebracht war.
8
Strafvollstreckungskammer Der sind bei der Rechtswidrigkeitsfeststellung allerdings Rechtsfehler unterlaufen. Sie hat die Übergangsbestimmung des § 201 Nr. 3 Satz 1 StVollzG, die abweichend von § 18 StVollzG bei bestehenden Anstalten die gemeinsame Unterbringung von Gefangenen unter gewissen Voraussetzungen erlaubt, nicht angewandt; der Gebäudekomplex, in dem der Antragsteller untergebracht gewesen sei, könne wegen grundlegender Umgestaltung nach 1990 nicht mehr als Altbau im Sinne des § 201 Nr. 3 StVollzG eingestuft werden. Diese Auffassung geht indes fehl, wie der Bundesgerichtshof (BGHSt 50, 234, 241 ff) inzwischen - gerade bezüglich der Justizvollzugsanstalt , in der der Antragsteller untergebracht war - entschieden hat: Bei einem nach Inkrafttreten des Strafvollzugsgesetzes umgebauten Einzelbauwerk einer aus mehreren Bauwerken bestehenden - wie der hier vor Inkrafttreten des Strafvollzugsgesetzes erbauten - Justizvollzugsanstalt ist im Rahmen des § 201 Nr. 3 Satz 1 StVollzG auf den Gesamtzustand der Justizvollzugsanstalt abzustellen mit der Folge, dass eine gemeinsame Unterbringung von Gefangenen nicht ohne weiteres rechtswidrig ist.
9
Der rechtliche Fehler ändert zwar nichts an der Bindungswirkung der Rechtswidrigkeitsfeststellung durch die Strafvollstreckungskammer. Die - von der Strafvollstreckungskammer verkannte - Anwendbarkeit des § 201 Nr. 3 Satz 1 StVollzG kann aber bei der Prüfung zu berücksichtigen sein, wie schwer der (festgestellte) Verstoß gegen § 18 Abs. 1 Satz 1 StVollzG wiegt und ob den Bediensteten des Landes ein Verschulden vorzuwerfen ist.
10
bb) Ungeachtet dessen steht mit der bindend ausgesprochenen Feststellung eines Verstoßes gegen den Anspruch auf Einzelunterbringung gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 StVollzG noch nicht zugleich fest, dass die gemeinsame Unterbringung auch das Gebot, Strafgefangene menschenwürdig zu behandeln (Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 2 Abs. 1 GG; s. ferner BVerfG aaO Rn. 15), verletzte. Die bloße gemeinsame Unterbringung entgegen § 18 Abs. 1 Satz 1 StVollzG kann ohne Hinzutreten erschwerender, den Gefangenen benachteiligender Umstände nicht als Verstoß gegen die Menschenwürde angesehen werden (vgl. BGHSt aaO S. 239 f). Das Beschwerdegericht hat demnach zutreffend auf die Umstände des Einzelfalls abgestellt und nach den konkreten Unterbringungsverhältnissen einen Verstoß gegen Art. 1, Art. 2 Abs. 1 GG verneint. Diese tatrichterliche Würdigung ist im Rechtsbeschwerdeverfahren hinzunehmen. Hier kommt im Übrigen hinzu, dass der mit der Doppelbelegung verbundene Eingriff in die Privatsphäre des Antragstellers durch die Gestaltung des Vollzugs gemildert wurde (vgl. BGHSt aaO S. 240): Der Antragsteller befand sich in einer teil-gelockerten Station mit einem offenen Bereich von 13.00 bis 16.00 Uhr. Er wurde in der Küche eingesetzt, so dass er nicht die gesamte Zeit in der Zelle verbringen musste. Darüber hinaus hatte ihm die Anstalt ermöglicht, bei der Auswahl des mit ihm untergebrachten Strafgefangenen mitzuwirken.
11
cc) Es ist weiter von Rechts wegen nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht gesundheitliche Beeinträchtigungen als Folge der gemeinsamen Unterbringung nicht festzustellen vermocht hat. Die Rechtsbeschwerde zeigt diese Würdigung in Frage stellenden substantiierten Parteivortrag nicht auf. Soweit der Antragsteller geltend gemacht hat, aufgrund der (rechtswidrigen ) Unterbringungsbedingungen gesundheitliche Beeinträchtigungen erlitten zu haben (Platzangst, Schweißausbrüche usw.), hat er noch nicht einmal behauptet , derartige Beschwerden gegenüber der Anstaltsleitung geäußert zu haben. Erst recht ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller im fraglichen Zeitraum ärztlichen Rat gesucht haben oder gar ärztlich behandelt worden sein könnte. Bei dieser Sachlage bestünde im ordentlichen Klageverfahren keine hinreichende Grundlage für die - von dem Antragsteller beantragte - Einholung eines Sachverständigengutachtens, noch weniger Anlass dafür, ihn als Partei zu vernehmen (§§ 447, 448 ZPO).
12
b) Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat schließlich nicht deshalb Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 114 ZPO, weil die Entscheidung von der Beant- wortung schwieriger Rechts- oder Tatfragen abhinge, die in das ordentliche Klageverfahren gehören. Aus der Tatsache, dass das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde - ohne Begründung - zugelassen hat, ergibt sich das nicht. Es geht im Streitfall um tatrichterliche Bewertungen (vgl. auch Senatsbeschluss vom 21. Dezember 2005 - III ZR 33/05 - NJW 2006, 1289 f). Das Beschwerdegericht hat auf die "Umstände(n) dieses konkreten Einzelfalles" abgehoben. Grundsatzfragen stehen nach dem vorgenannten Senatsurteil und dem zitierten Beschluss des 5. Strafsenats nicht offen.
Schlick Streck Dörr
Galke Herrmann
Vorinstanzen:
LG Halle, Entscheidung vom 28.04.2005 - 4 O 143/04 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 14.07.2005 - 4 W 15/05 -

(1) Gefangene werden während der Ruhezeit allein in ihren Hafträumen untergebracht. Eine gemeinsame Unterbringung ist zulässig, sofern ein Gefangener hilfsbedürftig ist oder eine Gefahr für Leben oder Gesundheit eines Gefangenen besteht.

(2) Im offenen Vollzug dürfen Gefangene mit ihrer Zustimmung während der Ruhezeit gemeinsam untergebracht werden, wenn eine schädliche Beeinflussung nicht zu befürchten ist. Im geschlossenen Vollzug ist eine gemeinschaftliche Unterbringung zur Ruhezeit außer in den Fällen des Absatzes 1 nur vorübergehend und aus zwingenden Gründen zulässig.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 89/05
vom
28. September 2006
in dem Prozesskostenhilfeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur amtspflichtwidrigen Verletzung der Menschenwürde und des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts bei der gemeinsamen Unterbringung von Strafgefangenen
in einem Haftraum.
BGH, Beschluss vom 28. September 2006 - III ZB 89/05 - OLG Naumburg
LG Halle
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. September 2006 durch
den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Streck, Dr. Kapsa, Galke und
Dr. Herrmann

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 14. Juli 2005 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
Wert des Beschwerdegegenstandes: 5.250 €

Gründe:


I.


1
Der Antragsteller verbüßt seit dem 2. Juli 2001 Strafhaft. Vom 17. Dezember 2002 bis zum 29. Januar 2003 und vom 5. März 2003 bis zum 6. Mai 2003 war er zusammen mit einem anderen Gefangenen in einem Haftraum untergebracht. Das Landgericht - Strafvollstreckungskammer - Halle stellte durch Beschlüsse vom 3. September 2003 (30 StVK 1085/02 und 30 StVK 244/03) fest, dass die zu den vorgenannten Zeiten erfolgte gemeinschaftliche Unterbringung des Antragstellers mit einem anderen Gefangenen rechtswidrig war.

2
Der Antragsteller macht geltend, durch die gemeinschaftliche Unterbringung seien sein Persönlichkeitsrecht und seine Menschenwürde verletzt worden. Er begehrt von dem die Strafanstalt unterhaltenden Land ein "Schmerzensgeld" und hat beantragt, ihm für die beabsichtigte Klage auf Zahlung von 50 € je Tag der rechtswidrigen Unterbringung in einem gemeinschaftlichen Haftraum Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
3
Landgericht und Beschwerdegericht haben die Prozesskostenhilfe verweigert. Mit der von dem Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein Prozesskostenhilfegesuch weiter.

II.


4
1. Die auch sonst in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Rechtsbeschwerde ist statthaft. Denn das Beschwerdegericht hat sie zugelassen (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Fall 1 ZPO). Das war zwar nicht zulässig. Denn in dem Verfahren der Prozesskostenhilfe kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) sowie dem der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) nur in Betracht, wenn es um Fragen des Verfahrens der Prozesskostenhilfe oder der persönlichen Voraussetzungen ihrer Bewilligung geht (vgl. Senatsbeschluss vom 31. Juli 2003 - III ZB 7/03 - NJW-RR 2003, 1438). Solche stehen hier indes - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - nicht inmitten; der Senat ist aber an die - rechtsfehlerhafte - Zulassung gebunden (vgl. Senatsbeschluss aaO).

5
2. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdegericht hat dem Antragsteller zu Recht die Prozesskostenhilfe verweigert, weil sein Rechtsverfolgungsbegehren keine Erfolgsaussicht hat (§ 114 Satz 1 ZPO).
6
Dem a) Antragsteller steht eine Entschädigung in Geld wegen amtspflichtwidriger Verletzung seiner Menschenwürde und seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts (§ 839 BGB i.V.m. Art. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 34 GG; vgl. Senatsurteil BGHZ 161, 33, 35 f) durch Bedienstete des Antragsgegners nicht zu. Denn eine solche Verletzung ist mit dem Beschwerdegericht zu verneinen; die Frage, ob der Verstoß gegen Art. 1, Art. 2 Abs. 1 GG eine Entschädigung in Geld gebietende Erheblichkeit erreichte (vgl. Senatsurteil aaO S. 36 ff; s. dazu ferner BVerfG, Beschluss vom 27. Dezember 2005 - 1 BvR 1359/05 - juris Rn. 14 ff), stellt sich im Streitfall nicht.
7
Aufgrund aa) der Beschlüsse der Strafvollstreckungskammer vom 3. September 2003 steht zwar mit Bindungswirkung auch für den Amtshaftungsprozess (vgl. Senatsurteil aaO S. 34) fest, dass der Antragsteller vom 17. Dezember 2002 bis zum 29. Januar 2003 und vom 5. März 2003 bis zum 6. Mai 2003 rechtswidrig, nämlich unter Verstoß gegen seinen Anspruch auf Einzelunterbringung gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 StVollzG, mit einem anderen Gefangenen in einem Haftraum untergebracht war.
8
Strafvollstreckungskammer Der sind bei der Rechtswidrigkeitsfeststellung allerdings Rechtsfehler unterlaufen. Sie hat die Übergangsbestimmung des § 201 Nr. 3 Satz 1 StVollzG, die abweichend von § 18 StVollzG bei bestehenden Anstalten die gemeinsame Unterbringung von Gefangenen unter gewissen Voraussetzungen erlaubt, nicht angewandt; der Gebäudekomplex, in dem der Antragsteller untergebracht gewesen sei, könne wegen grundlegender Umgestaltung nach 1990 nicht mehr als Altbau im Sinne des § 201 Nr. 3 StVollzG eingestuft werden. Diese Auffassung geht indes fehl, wie der Bundesgerichtshof (BGHSt 50, 234, 241 ff) inzwischen - gerade bezüglich der Justizvollzugsanstalt , in der der Antragsteller untergebracht war - entschieden hat: Bei einem nach Inkrafttreten des Strafvollzugsgesetzes umgebauten Einzelbauwerk einer aus mehreren Bauwerken bestehenden - wie der hier vor Inkrafttreten des Strafvollzugsgesetzes erbauten - Justizvollzugsanstalt ist im Rahmen des § 201 Nr. 3 Satz 1 StVollzG auf den Gesamtzustand der Justizvollzugsanstalt abzustellen mit der Folge, dass eine gemeinsame Unterbringung von Gefangenen nicht ohne weiteres rechtswidrig ist.
9
Der rechtliche Fehler ändert zwar nichts an der Bindungswirkung der Rechtswidrigkeitsfeststellung durch die Strafvollstreckungskammer. Die - von der Strafvollstreckungskammer verkannte - Anwendbarkeit des § 201 Nr. 3 Satz 1 StVollzG kann aber bei der Prüfung zu berücksichtigen sein, wie schwer der (festgestellte) Verstoß gegen § 18 Abs. 1 Satz 1 StVollzG wiegt und ob den Bediensteten des Landes ein Verschulden vorzuwerfen ist.
10
bb) Ungeachtet dessen steht mit der bindend ausgesprochenen Feststellung eines Verstoßes gegen den Anspruch auf Einzelunterbringung gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 StVollzG noch nicht zugleich fest, dass die gemeinsame Unterbringung auch das Gebot, Strafgefangene menschenwürdig zu behandeln (Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 2 Abs. 1 GG; s. ferner BVerfG aaO Rn. 15), verletzte. Die bloße gemeinsame Unterbringung entgegen § 18 Abs. 1 Satz 1 StVollzG kann ohne Hinzutreten erschwerender, den Gefangenen benachteiligender Umstände nicht als Verstoß gegen die Menschenwürde angesehen werden (vgl. BGHSt aaO S. 239 f). Das Beschwerdegericht hat demnach zutreffend auf die Umstände des Einzelfalls abgestellt und nach den konkreten Unterbringungsverhältnissen einen Verstoß gegen Art. 1, Art. 2 Abs. 1 GG verneint. Diese tatrichterliche Würdigung ist im Rechtsbeschwerdeverfahren hinzunehmen. Hier kommt im Übrigen hinzu, dass der mit der Doppelbelegung verbundene Eingriff in die Privatsphäre des Antragstellers durch die Gestaltung des Vollzugs gemildert wurde (vgl. BGHSt aaO S. 240): Der Antragsteller befand sich in einer teil-gelockerten Station mit einem offenen Bereich von 13.00 bis 16.00 Uhr. Er wurde in der Küche eingesetzt, so dass er nicht die gesamte Zeit in der Zelle verbringen musste. Darüber hinaus hatte ihm die Anstalt ermöglicht, bei der Auswahl des mit ihm untergebrachten Strafgefangenen mitzuwirken.
11
cc) Es ist weiter von Rechts wegen nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht gesundheitliche Beeinträchtigungen als Folge der gemeinsamen Unterbringung nicht festzustellen vermocht hat. Die Rechtsbeschwerde zeigt diese Würdigung in Frage stellenden substantiierten Parteivortrag nicht auf. Soweit der Antragsteller geltend gemacht hat, aufgrund der (rechtswidrigen ) Unterbringungsbedingungen gesundheitliche Beeinträchtigungen erlitten zu haben (Platzangst, Schweißausbrüche usw.), hat er noch nicht einmal behauptet , derartige Beschwerden gegenüber der Anstaltsleitung geäußert zu haben. Erst recht ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller im fraglichen Zeitraum ärztlichen Rat gesucht haben oder gar ärztlich behandelt worden sein könnte. Bei dieser Sachlage bestünde im ordentlichen Klageverfahren keine hinreichende Grundlage für die - von dem Antragsteller beantragte - Einholung eines Sachverständigengutachtens, noch weniger Anlass dafür, ihn als Partei zu vernehmen (§§ 447, 448 ZPO).
12
b) Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat schließlich nicht deshalb Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 114 ZPO, weil die Entscheidung von der Beant- wortung schwieriger Rechts- oder Tatfragen abhinge, die in das ordentliche Klageverfahren gehören. Aus der Tatsache, dass das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde - ohne Begründung - zugelassen hat, ergibt sich das nicht. Es geht im Streitfall um tatrichterliche Bewertungen (vgl. auch Senatsbeschluss vom 21. Dezember 2005 - III ZR 33/05 - NJW 2006, 1289 f). Das Beschwerdegericht hat auf die "Umstände(n) dieses konkreten Einzelfalles" abgehoben. Grundsatzfragen stehen nach dem vorgenannten Senatsurteil und dem zitierten Beschluss des 5. Strafsenats nicht offen.
Schlick Streck Dörr
Galke Herrmann
Vorinstanzen:
LG Halle, Entscheidung vom 28.04.2005 - 4 O 143/04 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 14.07.2005 - 4 W 15/05 -

(1) Soweit dies zur Abwehr einer Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr (§§ 112, 112a) erforderlich ist, können einem inhaftierten Beschuldigten Beschränkungen auferlegt werden. Insbesondere kann angeordnet werden, dass

1.
der Empfang von Besuchen und die Telekommunikation der Erlaubnis bedürfen,
2.
Besuche, Telekommunikation sowie der Schrift- und Paketverkehr zu überwachen sind,
3.
die Übergabe von Gegenständen bei Besuchen der Erlaubnis bedarf,
4.
der Beschuldigte von einzelnen oder allen anderen Inhaftierten getrennt wird,
5.
die gemeinsame Unterbringung und der gemeinsame Aufenthalt mit anderen Inhaftierten eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.
Die Anordnungen trifft das Gericht. Kann dessen Anordnung nicht rechtzeitig herbeigeführt werden, kann die Staatsanwaltschaft oder die Vollzugsanstalt eine vorläufige Anordnung treffen. Die Anordnung ist dem Gericht binnen drei Werktagen zur Genehmigung vorzulegen, es sei denn, sie hat sich zwischenzeitlich erledigt. Der Beschuldigte ist über Anordnungen in Kenntnis zu setzen. Die Anordnung nach Satz 2 Nr. 2 schließt die Ermächtigung ein, Besuche und Telekommunikation abzubrechen sowie Schreiben und Pakete anzuhalten.

(2) Die Ausführung der Anordnungen obliegt der anordnenden Stelle. Das Gericht kann die Ausführung von Anordnungen widerruflich auf die Staatsanwaltschaft übertragen, die sich bei der Ausführung der Hilfe durch ihre Ermittlungspersonen und die Vollzugsanstalt bedienen kann. Die Übertragung ist unanfechtbar.

(3) Ist die Überwachung der Telekommunikation nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 angeordnet, ist die beabsichtigte Überwachung den Gesprächspartnern des Beschuldigten unmittelbar nach Herstellung der Verbindung mitzuteilen. Die Mitteilung kann durch den Beschuldigten selbst erfolgen. Der Beschuldigte ist rechtzeitig vor Beginn der Telekommunikation über die Mitteilungspflicht zu unterrichten.

(4) Die §§ 148, 148a bleiben unberührt. Sie gelten entsprechend für den Verkehr des Beschuldigten mit

1.
der für ihn zuständigen Bewährungshilfe,
2.
der für ihn zuständigen Führungsaufsichtsstelle,
3.
der für ihn zuständigen Gerichtshilfe,
4.
den Volksvertretungen des Bundes und der Länder,
5.
dem Bundesverfassungsgericht und dem für ihn zuständigen Landesverfassungsgericht,
6.
dem für ihn zuständigen Bürgerbeauftragten eines Landes,
7.
dem oder der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, den für die Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften über den Datenschutz in den Ländern zuständigen Stellen der Länder und den Aufsichtsbehörden nach § 40 des Bundesdatenschutzgesetzes,
8.
dem Europäischen Parlament,
9.
dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte,
10.
dem Europäischen Gerichtshof,
11.
dem Europäischen Datenschutzbeauftragten,
12.
dem Europäischen Bürgerbeauftragten,
13.
dem Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe,
14.
der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz,
15.
dem Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen,
16.
den Ausschüssen der Vereinten Nationen für die Beseitigung der Rassendiskriminierung und für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau,
17.
dem Ausschuss der Vereinten Nationen gegen Folter, dem zugehörigen Unterausschuss zur Verhütung von Folter und den entsprechenden Nationalen Präventionsmechanismen,
18.
den in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 genannten Personen in Bezug auf die dort bezeichneten Inhalte,
19.
soweit das Gericht nichts anderes anordnet,
a)
den Beiräten bei den Justizvollzugsanstalten und
b)
der konsularischen Vertretung seines Heimatstaates.
Die Maßnahmen, die erforderlich sind, um das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 festzustellen, trifft die nach Absatz 2 zuständige Stelle.

(5) Gegen nach dieser Vorschrift ergangene Entscheidungen oder sonstige Maßnahmen kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden, soweit nicht das Rechtsmittel der Beschwerde statthaft ist. Der Antrag hat keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann jedoch vorläufige Anordnungen treffen.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch, wenn gegen einen Beschuldigten, gegen den Untersuchungshaft angeordnet ist, eine andere freiheitsentziehende Maßnahme vollstreckt wird (§ 116b). Die Zuständigkeit des Gerichts bestimmt sich auch in diesem Fall nach § 126.

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 13. Juli 2004 - 2 O 104/04 im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger EUR 2.000,00, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.02.2004 zu zahlen.

2. Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung des beklagten Landes werden zurückgewiesen.

3. Von den Kosten beider Rechtszüge tragen der Kläger 89 % und das beklagte Land 11 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Der Kläger verlangt von dem beklagten Land „Schmerzensgeld“, da er während seiner Untersuchungshaft rechtswidrig unter menschenunwürdigen Haftbedingungen in einer doppelt belegten Zelle untergebracht gewesen sei.
Der Kläger befand sich auf Grund Haftbefehls des Amtsgerichts K vom 18.12.2002 bis 06.06.2003 (171 Tage) in Untersuchungshaft in der JVA K. Er war dort bis zum 23.05.2003 (157 Tage) in einer Gemeinschaftszelle mit einem weiteren Gefangenen untergebracht. Die Zelle hatte nach den von den Parteien nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts eine Grundfläche von 8,89 m² und einen Rauminhalt von etwa 25 m3. Sie war mit einem Etagenbett (ca. 2,00 m x 1,00 m), zwei Stühlen und zwei Arbeitstischen (ca. 0,35 m x 1,2 m) ausgestattet. Außerdem befanden sich in der Zelle Kartons, die der Kläger benötigte, um der von ihm beantragten Arbeitstätigkeit in der JVA Karlsruhe nachzugehen. Die nicht gesondert entlüftete Toilette und das Waschbecken waren lediglich durch einen Vorhang abgetrennt. An Freizeitveranstaltungen nahm der Kläger nicht teil, so dass er regelmäßig 23 Stunden pro Tag in seiner Zelle verbrachte.
Einen schriftlichen Antrag auf Unterbringung in einer Gemeinschaftszelle hatte der Kläger nicht gestellt. Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 14.02.2003 hatte die Unterbringung in einer Einzelzelle beantragt. Hilfsweise hatte er sich auch mit der Zusammenlegung mit seinem damaligen Mitbeschuldigten einverstanden erklärt. Dieser Antrag wurde durch die JVA K abgelehnt, da die Belegungssituation der Anstalt eine Einzelunterbringung derzeit nicht zulassen würde. In ihrem Bescheid wies die Vollzugsanstalt den Kläger aber darauf hin, dass ihm „unverzüglich ein Einzelhaftraum zugewiesen (werde)... falls sich die Belegungssituation ändern sollte“. Zum damaligen Zeitpunkt wurde die benachbarte JVA B umgebaut. Ein kompletter Flügel dieser Anstalt stand nicht zur Verfügung, so dass 100 Haftplätze fehlten. Die Gefangenen mussten daher in anderen Anstalten untergebracht werden, u.a. auch in der JVA K. Es kam dort zu einer Überbelegung, auf 111 Haftplätze kamen ca. 180 Gefangene.
Das Landgericht hat der auf Zahlung eines „Schmerzensgeldes“ von EUR 17.100,00 gerichteten Klage unter Klagabweisung im Übrigen in Höhe von EUR 650,00 stattgegeben. Wegen § 839 Abs. 3 BGB hat es lediglich die erste Haftwoche und die zwei auf den Antrag vom 14.02.2003 folgenden Wochen als entschädigungspflichtige Zeiträume angesetzt. Für die erste Woche hat es ein Schmerzensgeld von EUR 250,00 für die beiden anderen Wochen von je EUR 200,00 zugebilligt. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen. Mit ihren Berufungen verfolgen die Parteien ihr erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter.
Der Kläger trägt vor, er habe gegenüber den Bediensteten von Anfang an auf eine Einzelunterbringung gedrängt. Nachdem mündliche Proteste nichts gebracht hätten, habe er mit „Rapportzetteln“ darum gebeten. Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm pro Tag EUR 100,00 als Entschädigung zustünden. Der vom Landgericht festgesetzte „symbolische“ Betrag sei dem Ausmaß der Rechtsgutsverletzung und den schwerwiegenden Folgen nicht angemessen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 13. Juli 2004 - 2 O 1/04 - abzuändern, das Beklagte Land zur Zahlung von EUR 17.100,00 zu verurteilen und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Das beklagte Land beantragt,
10 
das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 13. Juli 2004 - 2 O 1/04 - abzuändern, die Klage abzuweisen und die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
11 
Das Land ist der Auffassung, dass bereits eine Amtspflichtverletzung nicht vorliege. Der Kläger habe in seinem Anwaltsschreiben einer Unterbringung in einer Zelle mit seinem Mitbeschuldigten zugestimmt und damit konkludent erklärt, dass er mit der Unterbringung in einer Gemeinschaftszelle einverstanden sei. Der Kläger habe auch gewusst, dass nur in einer Doppelzelle die Möglichkeit zur Arbeit bestanden habe. Er habe daher auch durch seinen Antrag auf „Arbeit“ konkludent seine Bereitschaft hierfür erklärt. Außer dem Anwaltsschreiben habe der Kläger zu keinem Zeitpunkt um die Unterbringung in einer Einzelzelle nachgesucht. Hätte er dies getan, so hätte man es auch ermöglichen können. Angesichts der engen Vollzugssituation sei das Verschulden des Landes auch gering. Im Übrigen sei eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Menschenwürde durch das Landgericht nicht festgestellt worden. Dass die Zivilkammer eine schwerwiegende Beeinträchtigung nicht angenommen habe, ergebe sich auch aus der sehr niedrigen Entschädigung.
12 
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen K, G, Ki, Wi, R, P, We und He und Einholung eines amtlichen Auskunft der RinAG H. Die Strafakten 8 Ns 14 Js 30871/99 waren beigezogen. Die Gefangenenpersonalakte des Klägers lag in der mündlichen Verhandlung zur Durchsicht vor.
13 
II.
14 
Die Berufung des Klägers hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Die Berufung des beklagten Landes ist hingegen unbegründet.
15 
1. Die Unterbringung des Klägers in einer Gemeinschaftszelle war rechtswidrig, da er sich in Untersuchungshaft befand und die Unterbringung in einer Gemeinschaftszelle nicht ausdrücklich beantragt hatte, § 119 StPO, § 23 Abs. 1 UVollzO. Dass er gleichwohl in einer Gemeinschaftszelle untergebracht wurde, erfüllt den objektiven Tatbestand der Amtspflichtverletzung, § 839 Abs. 1 BGB. Darüber hinaus ist die ohnehin rechtswidrige Unterbringung aufgrund der konkreten Gegebenheiten dem aus Art. 1 GG folgenden Gebot der Achtung der Menschenwürde nicht mehr gerecht geworden. Die doppelt - und auch wechselnd - belegte Zelle hatte eine Grundfläche von 8,83 m². Die Toilette war lediglich mit einem Vorhang abgetrennt und nicht mit einer separaten Entlüftung versehen. Innerhalb der Gemeinschaftszelle konnte der Kläger somit nicht einmal ein Mindestmaß an Intimsphäre wahren. Darüber hinaus war der zur Verfügung stehende Raum durch Arbeitsmaterialien und Arbeitsprodukte weiter eingeschränkt.
16 
Allerdings wurde durch die Unterbringung des Klägers in einer Gemeinschaftszelle die Haft nicht als solche unzulässig. Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass auch die Umstände des Vollzugs die Rechtmäßigkeit der Haft als solcher in Frage stellen können (vgl. BGHZ 122, 268 = NJW 1993, 2927, zu Art. 5 EMRK). Dies bedeutet aber nicht, dass bei jeder rechtswidrigen Unterbringung auch der Vollzug der Haft rechtswidrig ist. Mit der in der angesprochenen Entscheidung des BGH behandelten Fallgestaltung (Gefahr einer lebensgefährlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes) ist der vorliegende Sachverhalt nicht zu vergleichen. Hier gehen die Unannehmlichkeiten der Haft zwar über das hinaus, was einem Untersuchungsgefangenen zuzumuten ist, jedoch bestand für den Kläger aus der Art der Unterbringung keine Gefahr nachhaltiger, über die Beschwernisse der konkreten Situation hinausgehender Schäden.
17 
2. Eine rechtfertigende Einwilligung des Klägers lag nicht vor. Sie ergibt sich weder aus dem Schreiben des Verteidigers vom 14.02.03, noch aus seinem Antrag auf Zuweisung einer Arbeit. In dem Schreiben vom 14.02.03 verlangt der Kläger ausdrücklich die Unterbringung in einer Einzelzelle. Dass er „hilfsweise“ auch damit einverstanden gewesen wäre, wenn er mit seinem Mitbeschuldigten zusammengelegt würde, ändert hieran nichts. Es liegt auf der Hand, dass das Zusammenleben auf engem Raum mit einem bekannten Menschen, mit dem man sich versteht und mit dem man auch schon längere Zeit zusammen gelebt hat, weniger belastend ist, als die Einweisung in eine Gemeinschaftszelle mit mehrfach wechselnden, unbekannten Männern unterschiedlicher Herkunft.
18 
Entgegen der Auffassung des beklagten Landes kann auch im Antrag auf Zuweisung einer Arbeitsstelle keine konkludent erklärte Einwilligung gesehen werden. Als der Kläger am 07.01.03 um Zuweisung einer Arbeit nachsuchte, war er in einer Doppelzelle untergebracht. Ihm war zu diesem Zeitpunkt eine Einzelunterbringung nicht in Aussicht gestellt worden. Solange der Kläger aber nicht mit einer Einzelzelle rechnen konnte, kann sein Antrag auf Zuweisung einer Arbeit auch nicht als Verzicht auf die Einzelunterbringung ausgelegt werden. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die Behauptung des beklagten Landes, Arbeiten könnten in der JVA K nur in bzw. aus einer doppelt belegten Zelle durchgeführt werden, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht den Gegebenheiten entspricht. Der Zeuge G hat bekundet, dass es in der Vollzugsanstalt Karlsruhe durchaus Arbeitstätigkeiten gibt, die auch bei einer Einzelunterbringung ausgeübt werden können. Zu beachten ist ferner, dass einerseits der Zeuge K nach eigenem Bekunden dem Kläger lediglich eine Arbeit in einer Doppelzelle angeboten hat und andererseits der Zeuge Wi ihm bedeutet hat, er werde seinen Taschengeldanspruch verlieren, wenn er die angebotene Arbeit nicht annehme. Angesichts dieser Gesamtumstände kann von einer schlüssig erklärten Einwilligung in eine rechtswidrige und menschenunwürdige Unterbringung nicht ausgegangen werde.
19 
3. Die Amtspflicht wurde auch schuldhaft verletzt. Dabei ist nicht nur auf die an Ort und Stelle zuständigen Justizbediensteten abzustellen. Die Durchführung von Bauarbeiten in der JVA B war seit langem absehbar. Es war auch vorherzusehen, dass während der Durchführung der Bauarbeiten für einen längeren Zeitraum nicht ausreichend Einzelzellen für Untersuchungsgefangene zur Verfügung stehen werden. Auch die sonstigen Belegungsverhältnisse in den Haftanstalten des Landes waren bekannt und hätten hinreichenden Anlass zu vorsorglicher Abhilfe geboten. Um gleichwohl der sich aus § 119 StPO ergebenden Verpflichtung gerecht zu werden, hätte das Land geeignete Vorkehrungen treffen können und müssen. Insoweit ist zumindest der Vorwurf eines Organisationsverschuldens begründet, das dem beklagten Land auch dann zuzurechnen ist, wenn die „vor Ort“ tätig gewordenen Beamten selbst subjektiv nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt haben (BGH NJW 2005, 58 ff). Ein solches Organisationsverschulden kann sich auch darauf erstrecken, dass bei - will man den Angaben des Zeugen We folgen - landesweit bestehender Möglichkeit, Einzelunterbringungen zu bewerkstelligen, den Haftanstalten keine zentrale Zuweisungsstelle angeboten wird bzw. sie nicht nachdrücklich auf eine solche zur Vermeidung menschenunwürdiger Unterbringungen aufmerksam gemacht werden.
20 
4. Der geltend gemachte Anspruch des Klägers richtet sich nicht auf ein (bloßes) Schmerzensgeld. Es geht vielmehr um den Ausgleich einer Verletzung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG) und des aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG hergeleiteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers. Für die Entschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist anerkannt, dass es sich im eigentlichen Sinne nicht um ein Schmerzensgeld nach § 847 BGB a.F. (jetzt: § 253 Abs. 2 BGB n.F.) handelt, sondern um einen Rechtsbehelf, der auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht. Die Zubilligung einer Geldentschädigung beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktionen blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Anders als beim Schmerzensgeldanspruch steht bei dem Anspruch auf eine Geldentschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund (BGH aaO).
21 
Zwischen der Feststellung einer Verletzung des Art. 1 Abs. 1 GG einerseits und der Zuerkennung einer Geldentschädigung andererseits besteht allerdings kein zwingendes Junktim. Zwar trifft es zu, dass dem Recht auf Achtung der Menschenwürde in der Verfassung ein Höchstwert zukommt; es ist das tragende Konstitutionsprinzip im System der Grundrechte. Die solchermaßen festgestellte Menschenrechtsverletzung fordert indessen nicht in jedem Fall eine zusätzliche Wiedergutmachung durch Geldentschädigung. Ein Anspruch auf Geldentschädigung steht unter dem weiteren Erfordernis, dass die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Dies hängt - insoweit nicht anders als beim allgemeinen Persönlichkeitsrecht, auch wenn die Erheblichkeitsschwelle bei Verletzungen der Menschenwürde generell niedriger anzusetzen ist - insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab. Auch im Anwendungsbereich der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ist anerkannt, dass eine - eine Wiedergutmachung durch Geldersatz nach Art. 41 EMRK fordernde - unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK nur und erst vorliegt, wenn sie ein Mindestmaß an Schwere erreicht. Ob eine solche dieses Mindestmaß überschreitende schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, die die Zahlung einer Geldentschädigung erfordert, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, wie beispielsweise der Dauer der Behandlung, ihren physischen oder psychischen Folgen oder von Geschlecht, Alter oder Gesundheitszustand des Opfers, somit insbesondere auch von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, hier also von der konkreten Ausgestaltung der Zelle, der Dauer der Unterbringung, der Intensität der Beeinträchtigung, die durch Freizeitprogramme oder Arbeitstätigkeit tagsüber gemildert, sowie durch zusätzliche Beeinträchtigungen (z.B. Nichtraucher in der Zelle eines Rauchers) verstärkt werden kann.
22 
Da eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts Anspruchsvoraussetzung für eine Entschädigung ist, trägt der Geschädigte für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen auch die Darlegungs- und Beweislast. Da sich einerseits eine pauschale Abgeltung verbietet, andererseits gerade der Nachweis innerer Sachverhalte erheblichen Schwierigkeiten begegnet, kommt der Senat nicht umhin, bei der Feststellung einer eine Geldentschädigung erfordernden Beeinträchtigung der Menschenwürde des Klägers auf gewisse objektive Beweisanzeichen zurück zu greifen.
23 
Zutreffend weist in diesem Zusammenhang schon das Landgericht darauf hin, dass nicht wenige Gefangene die Unterbringung in einer - auch schlecht ausgestatteten - Gemeinschaftszelle einer Einzelzelle vorziehen. Bereits die rechtmäßige Inhaftierung als solche bringt für den einzelnen Gefangenen erhebliche Beeinträchtigungen mit sich. Gerade die Isolation von der Außenwelt und die fehlenden Möglichkeiten einer Kommunikation und eines zwischenmenschlichen Austausches veranlassen viele Betroffene, die Erschwernisse einer Gemeinschaftszelle - selbst in dem hier in Rede stehenden Zuschnitt - in Kauf zu nehmen, schon um den ihnen gemäßen gesellschaftlichen Kontakt pflegen zu können. Darüber hinaus empfinden die Betroffenen je nach Herkunft und Persönlichkeit die objektiv menschenunwürdigen Umstände ganz unterschiedlich.
24 
Bei seiner Gesamtbetrachtung berücksichtigt der Senat hier insbesondere, dass die objektiven Umstände der Unterbringung (Zellengröße, fehlende Entlüftung, ungenügende Wahrung der Intimsphäre durch die lediglich mit einem Vorhang abgetrennte Toilette, wechselnde Mitgefangene, nicht unerheblicher Zeitraum) für sich genommen sehr stark belastend waren, vom Kläger jedoch in erster Linie nicht als gezielten Angriff auf seine Menschenwürde und seine Rechte verstanden werden konnten, sondern als auch die Mehrzahl seiner Mitgefangenen treffende Folge baulicher und räumlicher Zustände in einer voll - bzw. überbelegten Anstalt. Dass er mit diesen Zuständen gleichwohl nicht einverstanden war und er sich nicht wohl fühlte, kann durchaus unterstellt werden. Ebenfalls kann unterstellt werden, dass der Kläger seinen Mitgefangenen gegenüber gesprächsweise seine Unzufriedenheit mit der Situation zum Ausdruck brachte. Damit kann gleichwohl noch nicht festgestellt werden, dass der Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers eine derartige Intensität erreichte, dass hierfür eine Geldentschädigung zu leisten ist.
25 
Als objektives Anzeichen dafür, dass der Kläger bei dem gegebenen Gemisch aus unterschiedlichsten persönlichen Motiven, objektiv und subjektiv empfundenen Vorteilen und Nachteilen der konkreten Situation dies als nicht weiter hinnehmbar empfand, bedarf es nach Auffassung des Senats einer entsprechenden Äußerung des Klägers gegenüber dem Personal der JVA, also einer gezielten Erklärung gegenüber dem Personenkreis, von dem eine Abhilfe erwartet werden konnte, zumal auch erst durch die Fruchtlosigkeit eines derartigen Ansinnens auf Abhilfe dem Kläger sich aufdrängen kann, dass seine individuellen und konkreten Rechte hinsichtlich seiner menschenwürdigen Behandlung von den für seine Unterbringung Verantwortlichen nicht in dem gebotenen Maße gewahrt werden.
26 
Die Beweisaufnahme hat die Behauptung des Klägers, er habe bereits vor dem 14.02.2003 seine Unzufriedenheit mit der Unterbringung in einer doppelt belegten Zelle gegenüber dem Personal der JVA zum Ausdruck gebracht bzw. den Wunsch nach einer Einzelzelle geäußert, nicht zur Überzeugung des Senats bestätigt. Der Zeuge He, der Mitbeschuldigte des Klägers, hat zwar bekundet, er habe für den Kläger mehrfach Eingaben, die eine Unterbringung des Klägers in einer Einzelzelle zum Gegenstand hatten, verfertigt, die dieser dann weitergeleitet habe. Zum Nachweis reicht diese Bekundung jedoch nicht aus, auch wenn der Senat sie angesichts des in der Verhandlung und in den Strafakten ersichtlichen werdenden Engagements des Zeugen nicht für gänzlich unglaubhaft hält. Keiner der vom Senat gehörten Bediensteten der JVA hat aber bestätigt, entsprechende Eingaben bzw. Rapportzettel zu Gesicht bekommen zu haben. Auch mündlich habe sich der Kläger ihnen gegenüber nie unzufrieden über seine Unterbringung geäußert. In den Personalakten des Klägers finden sich entsprechende Dokumente nicht, wie auch die vom Zeugen He erwähnte Eingabe an das Amtsgericht nebst angeblicher Entscheidung und Rechtsmittel sich in der Strafakte nicht finden. Die vom Zeugen He behauptete Praxis der Vollzugsanstalt, „Rapportzettel“ nicht zu der Akte zu nehmen, bestätigte sich ebenfalls nicht. Zwar hat der Zeuge He drei ihm zurückgegebene Rapportzettel vorgelegt, diese enthielten jedoch keine „Beschwerden“ oder „Anträge zum Vollzugsablauf“, sondern Bitten an die Anstalt, ihm diverse Anschriften mitzuteilen. In der Personalakte des Klägers befanden sich durchaus Rapportzettel, die sich allerdings nicht mit seiner Unterbringung beschäftigten. Der Kläger selbst hat eingeräumt, dass ihm Rapportzettel auch nie zurückgegeben worden seien.
27 
Demnach ist davon auszugehen, dass der Kläger ab dem 14.02.2003 bis zum 23.05.2003 sich auch subjektiv so nachhaltig in seinem Recht auf menschenwürdige Unterbringung verletzt sah, dass hierfür eine Wiedergutmachung durch Geldentschädigung geboten ist.
28 
5. Bei der Bemessung der Entschädigung ging der Senat daher von den konkreten Verhältnissen in der Gemeinschaftszelle und einer entschädigungspflichtigen Dauer vom 14.02.2003 - 23.05.2003 aus. Da in jedem Fall einer entschädigungspflichtigen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eine Gesamtwürdigung aller Umstände zu erfolgen hat (OLG Karlsruhe, NJW - RR 2003, 410, 411), verbietet sich im konkreten Fall jede schematische Festlegung oder Aufspaltung in zeitliche Abschnitte. Der Senat kann sich insbesondere nicht an der Wertung des Gesetzgebers in § 7 Abs. 3 StrEG orientieren, die für die „üblichen Unzuträglichkeiten“ (BGH NJW 1993, 2927, 2930) der Untersuchungshaft einen Entschädigungsbetrag von EUR 11,00 pro Tag vorsieht. Dieser Betrag wurde für eine sehr einschneidende, aber rechtmäßige staatliche Handlung festgesetzt, die grundsätzlich der im Allgemeininteresse liegenden Gewährleistung einer effektiven Strafverfolgung dient. Anhaltspunkte für die Bemessung einer Entschädigung für eine menschenrechtswidrige Unterbringung lassen sich hieraus nicht ableiten.
29 
Insgesamt hält der Senat aufgrund der bereits dargelegten Umstände eine Entschädigung von insgesamt EUR 2.000,00 für angemessen. Der Senat berücksichtigt dabei ferner, dass der Kläger mit seiner Klage nicht nur auf eine Geldentschädigung abzielt, sondern sich mit ihr auch in den Dienst der Bestrebungen seines Mitbeschuldigten - und wohl väterlichen Freundes -, des Zeugen He, stellt, deren Ziel die Anprangerung der gegenwärtigen Verhältnisse in den Vollzugsanstalten und deren Verbesserungen ist. Allein der vorliegende Rechtsstreit, die damit verbundene Publizität und auch die eindeutige Beurteilung der objektiven Umstände als rechtswidrig und menschenunwürdig, verschafft dem Kläger eine Teilentschädigung, die für einen höheren Geldausgleich keinen Raum lässt.
30 
6. Da der Kläger nach dem Schreiben seines Verteidigers vom 14.02.2003 auf die Zusage der Vollzugsanstalt, dass ihm „unverzüglich ein Einzelhaftraum zugewiesen (werde)... falls sich die Belegungssituation ändern sollte“, vertrauen durfte, und er nicht annehmen musste, mit weiteren Eingaben und Beschwerden bis zum Ende seiner Haftzeit mehr zu erreichen, scheitert der Anspruch hier auch nicht an 839 Abs. 3 BGB. Es kann daher dahinstehen, ob diese Vorschrift überhaupt zur Anwendung gelangt, wenn eine Geldentschädigung wegen menschenunwürdiger Unterbringung begehrt wird.
31 
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf die §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen einem Gefangenen ein Anspruch auf Entschädigung in Geld wegen menschenunwürdiger Unterbringung erwachsen kann, ist seit der Entscheidung des BGH vom 04.11.2004 (aaO) im Grundsatz geklärt.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Das Gericht kann den Vollzug der angefochtenen Maßnahme aussetzen, wenn die Gefahr besteht, daß die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird und ein höher zu bewertendes Interesse an dem sofortigen Vollzug nicht entgegensteht. Das Gericht kann auch eine einstweilige Anordnung erlassen; § 123 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidungen sind nicht anfechtbar; sie können vom Gericht jederzeit geändert oder aufgehoben werden.

(3) Der Antrag auf eine Entscheidung nach Absatz 2 ist schon vor Stellung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung zulässig.

(1) Vor Erhebung der öffentlichen Klage ist für die weiteren gerichtlichen Entscheidungen und Maßnahmen, die sich auf die Untersuchungshaft, die Aussetzung ihres Vollzugs (§ 116), ihre Vollstreckung (§ 116b) sowie auf Anträge nach § 119a beziehen, das Gericht zuständig, das den Haftbefehl erlassen hat. Hat das Beschwerdegericht den Haftbefehl erlassen, so ist das Gericht zuständig, das die vorangegangene Entscheidung getroffen hat. Wird das vorbereitende Verfahren an einem anderen Ort geführt oder die Untersuchungshaft an einem anderen Ort vollzogen, so kann das Gericht seine Zuständigkeit auf Antrag der Staatsanwaltschaft auf das für diesen Ort zuständige Amtsgericht übertragen. Ist der Ort in mehrere Gerichtsbezirke geteilt, so bestimmt die Landesregierung durch Rechtsverordnung das zuständige Amtsgericht. Die Landesregierung kann diese Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen.

(2) Nach Erhebung der öffentlichen Klage ist das Gericht zuständig, das mit der Sache befaßt ist. Während des Revisionsverfahrens ist das Gericht zuständig, dessen Urteil angefochten ist. Einzelne Maßnahmen, insbesondere nach § 119, ordnet der Vorsitzende an. In dringenden Fällen kann er auch den Haftbefehl aufheben oder den Vollzug aussetzen (§ 116), wenn die Staatsanwaltschaft zustimmt; andernfalls ist unverzüglich die Entscheidung des Gerichts herbeizuführen.

(3) Das Revisionsgericht kann den Haftbefehl aufheben, wenn es das angefochtene Urteil aufhebt und sich bei dieser Entscheidung ohne weiteres ergibt, daß die Voraussetzungen des § 120 Abs. 1 vorliegen.

(4) Die §§ 121 und 122 bleiben unberührt.

(5) Soweit nach den Gesetzen der Länder über den Vollzug der Untersuchungshaft eine Maßnahme der vorherigen gerichtlichen Anordnung oder der gerichtlichen Genehmigung bedarf, ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Maßnahme durchgeführt wird. Unterhält ein Land für den Vollzug der Untersuchungshaft eine Einrichtung auf dem Gebiet eines anderen Landes, können die beteiligten Länder vereinbaren, dass das Amtsgericht zuständig ist, in dessen Bezirk die für die Einrichtung zuständige Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat. Für das Verfahren gilt § 121b des Strafvollzugsgesetzes entsprechend.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 124/09 Verkündet am:
11. März 2010
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage der Kausalität zwischen der Nichteinlegung eines Rechtsmittels und
dem Schadenseintritt bei menschenunwürdigen Haftbedingungen in einer Justizvollzugsanstalt.
BGH, Urteil vom 11. März 2010 - III ZR 124/09 - OLG Hamm
LG Detmold
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. März 2010 durch den Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter Dörr,
Wöstmann, Hucke und Seiters

für Recht erkannt:
Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. März 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger, der in der Zeit von Juni bis Oktober 2003 sowie von Juni 2006 bis März 2007 in der JVA D. inhaftiert war, verlangt Zahlung einer Entschädigung wegen menschenunwürdiger Haftbedingungen. Das Landgericht hat ihm wegen der Unterbringung im Jahre 2003 unter Berücksichtigung einer hilfsweise vom beklagten Land zur Aufrechnung gestellten Forderung aus einem Strafbefehl über 136,80 € insgesamt 863,20 € zugesprochen und die weitergehende Klage abgewiesen. Beide Parteien haben Rechtsmittel eingelegt. Das Oberlandesgericht hat in Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Kla- ge bezüglich der Inhaftierung im Jahre 2003 wegen Verjährung abgewiesen und im Übrigen wegen der Unterbringung von Juni 2006 bis März 2007 eine Entschädigung von 2.300 € zuerkannt. Hiergegen wendet sich das beklagte Land mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe


2
Die zulässige Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung an das Oberlandesgericht.

I.


3
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Unterbringung des Klägers in den Hafträumen B-216 (Grundfläche 17,74 m² bei einer Belegung mit vier Personen) sowie B-259 (Grundfläche 9,06 m² bei einer Belegung mit zwei Personen) sei menschenunwürdig gewesen. Jedem Insassen habe nur eine Grundfläche von rechnerisch lediglich 4,435 m² bzw. 4,53 m² zur Verfügung gestanden. Damit werde die Mindestgröße von Hafträumen, die in der Literatur als Untergrenze ernsthaft erwogen werde, deutlich unterschritten, wobei erschwerend hinzu komme, dass die Nutzfläche durch die Möblierung des Haftraums mit einer der Kopfzahl der untergebrachten Gefangenen entsprechenden Anzahl von Betten, Spinden, Stühlen und Tischen noch zusätzlich eingeschränkt werde, ebenso wie auch durch die im Haftraum installierte Toilettenkabine. Bei einer Grundfläche von weniger als 5 m² sei der dem Einzelnen unter Berücksichtigung des für die Möblierung notwendigen Flächenbedarfs verbleibende Bewegungsfreiraum so begrenzt, dass eine sinnvolle Freizeitbeschäfti- gung kaum noch möglich sei und der auch bei Strafhaft fortbestehende Anspruch des Gefangenen auf Wahrung eines Mindestmaßes an persönlicher Eigenständigkeit und Intimität in einer Weise beschnitten werde, die mit den Anforderungen an eine menschenwürdige Unterbringung unvereinbar sei.
4
dem Der Kläger zustehende Entschädigungsanspruch sei nicht nach § 839 Abs. 3 BGB ganz oder teilweise ausgeschlossen. Bereits nach dem eigenen Vortrag des beklagten Landes lasse sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass der Kläger im Falle der Ergreifung ihm zur Verfügung stehender Rechtsmittel die Fortdauer seiner menschenunwürdigen Unterbringung vorzeitig hätte beenden können. Dass einem schlichten Verlegungsantrag an die Anstaltsleitung entsprochen worden wäre, erscheine vor dem Hintergrund der im maßgeblichen Zeitraum stark angespannten Belegungssituation in der JVA D. ausgeschlossen. Auch für die Annahme, dass einem allein auf die als unzureichend bemängelte Zellengröße gestützten Eilantrag die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts D. stattgegeben hätte, fehle es an der erforderlichen Tatsachengrundlage. Zwar könne davon ausgegangen werden, dass diese bei einem Rechtsmittel des Klägers die ihr aus einem anderen Rechtsbeschwerdeverfahren zu einer Haftunterbringung in der JVA - bekannte Rechtsprechung des 1. Strafsenats des Oberlandesgerichts Hamm (Beschluss vom 20. Januar 2005, 1 Vollz (Ws) 147/04 OLG) berücksichtigt hätte. Ob die dortigen Ausführungen zur Zellengröße letztlich aber ausgereicht hätten, dem Kläger bereits vor dem Landgericht zum Erfolg zu verhelfen, sei fraglich. Näher liegender erscheine dem Senat ein Erfolg erst im Rahmen des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Dass eine solche Gerichtsentscheidung anschließend jedoch zeitnah umgesetzt worden wäre, lasse sich ungeachtet der gegenteiligen Behauptung des beklagten Landes nicht mit der gebotenen Sicherheit feststellen. Die allein auf die Person des Klägers zugeschnittene Dar- stellung des Landes lasse zu Unrecht offen, wie viele Gefangene im maßgeblichen Zeitraum in der JVA D. vergleichbaren und damit ebenfalls menschenunwürdigen Haftbedingungen ausgesetzt gewesen seien und deshalb wie der Kläger eine Verlegung in angemessene Zellen beanspruchten oder denen nunmehr aus Anlass einer ebenfalls geltend gemachten Entschädigung entgegengehalten werde, eine solche Verlegung nicht beansprucht zu haben. Zu berücksichtigen sei dabei, dass die Versäumung bestehender Rechtsmittel schon dann nicht als ursächlich für die Fortdauer der Haftsituation angesehen werden könne, wenn auch nur bei einem der betroffenen Gefangenen mangels ausreichender Kapazitäten der Anstalt eine zeitnahe Beendigung der menschenunwürdigen Unterbringung unmöglich gewesen sei. Denn in diesem Fall könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger derjenige gewesen wäre, dessen Lage die Anstalt nicht zu seinem Vorteil hätte verändern können.

II.


5
Dies hält der Nachprüfung nur teilweise stand.
6
1. Die Rüge des beklagten Landes, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft eine menschenunwürdige und grundsätzlich entschädigungspflichtige Haftsituation festgestellt, ist allerdings unbegründet.
7
a) Die Frage, wann die räumlichen Verhältnisse in einer Strafanstalt derart beengt sind, dass die Unterbringung eines Gefangenen die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) verletzt, lässt sich nicht abstrakt-generell klären, sondern muss der tatrichterlichen Beurteilung überlassen bleiben (vgl. Senat, BGHZ 161, 33, 35; Beschlüsse vom 21. Dezember 2005 - III ZR 33/05 - NJW 2006, 1289 Rn. 2, und 28. September 2006 - III ZB 89/05 - NJW 2006, 3572 Rn. 10). Deshalb kommt die vom beklagten Land geforderte "Klärung des verfassungsmäßigen Raummindestsolls" nicht in Betracht. In der Sache selbst hält die Annahme des Berufungsgerichts, die Haft sei menschenunwürdig gewesen, der eingeschränkten revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Soweit das beklagte Land in diesem Zusammenhang auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 12. Juli 2007 in Sachen Testa gegen Kroatien (EuGRZ 2008, 21, 23 Rn. 56 ff) hinweist, kann dahinstehen, ob unter Berücksichtigung des dieser Entscheidung zugrunde liegenden Maßstabs keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK vorgelegen hat. Denn die etwaige Einhaltung des dort niedergelegten und für die Konventionsstaaten verbindlichen Mindeststandards hindert nicht eine tatrichterliche Würdigung, dass bestimmte Haftbedingungen gegen das Grundgesetz verstoßen.
8
b) Auch die weitere Frage, wo im Rahmen der Bandbreite der in Betracht kommenden Fälle menschenunwürdiger Unterbringung die so genannte Erheblichkeitsschwelle liegt, bei deren Überschreiten eine Geldentschädigung zu gewähren ist, lässt sich nicht abstrakt-generell klären, sondern ist der tatrichterlichen , revisionsrechtlich nur beschränkt überprüfbaren Beurteilung überlassen (Senat, BGHZ 161, 33, 38; Beschluss vom 21. Dezember 2005, aaO). Rechtsfehler dieser Bewertung zeigt das beklagte Land nicht auf. Das Berufungsgericht hat nicht übersehen, dass zwischen der Feststellung einer Verletzung der Menschenwürde und der Zuerkennung einer Geldentschädigung kein zwingendes Junktim besteht (Senat, BGHZ 161, 33, 36). Genau so wenig hat das Berufungsgericht den Vortrag des beklagten Landes zu seinen Bemühungen zur Schaffung neuer Haftplätze und zur Steuerung der Belegungssituation ignoriert. Soweit es diesem Vorbringen im Rahmen der Bewertung des Organisationsver- schuldens des Landes keine die Erheblichkeitsschwelle tangierende Bedeutung beigemessen hat, bewegt sich dies im Rahmen des dem Tatrichter zustehenden Beurteilungsspielraums. Die Revision setzt bei ihrer abweichenden Würdigung letztlich nur in unzulässiger Weise ihre eigene Wertung an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts, ohne Verfahrens- oder materielle Rechtsfehler aufzeigen zu können.
9
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann sich das beklagte Land jedoch auf § 839 Abs. 3 BGB berufen. Danach tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Die Darlegungs- und Beweislast trägt insoweit der Schädiger (vgl. nur Senat, Urteil vom 16. Januar 1986 - III ZR 77/84 - NJW 1986, 1924, 1925; BGHZ 156, 294, 299; siehe auch Staudinger/Wurm, BGB, Neubearbeitung 2007, § 839 Rn. 350).
10
Die a) Revision rügt in diesem Zusammenhang zunächst zutreffend, dass sich das Berufungsgericht mit dem unter Beweis gestellten Vortrag in der Berufungserwiderung nur unzureichend auseinandergesetzt hat. Das beklagte Land hat dort unter anderem auch ausgeführt, dass die JVA D. im Falle der Einleitung eines gerichtlichen Überprüfungsverfahrens durch den Kläger nach §§ 109, 114 StVollzG binnen kürzester Zeit - zumindest innerhalb eines Zeitraums von weniger als zwei Wochen - Maßnahmen ergriffen hätte, mit denen es sofort zu einer Beendigung der gerügten menschenunwürdigen Unterbringung gekommen wäre. Die JVA hätte im Falle eines Antrags nach §§ 109, 114 StVollzG nicht den Ausgang des Verfahrens vor der Strafvollstreckungskammer abgewartet, sondern entsprechende Maßnahmen - die das beklagte Land dann im weiteren Schriftsatz erläutert hat - eingeleitet und den Kläger zeitnah in eine Einzelzelle verlegt. Das Berufungsgericht geht in seiner Urteils- begründung auf diese Behauptung nicht unmittelbar ein, sondern behandelt nur die Fragen, ob ein schlichter Verlegungsantrag des Klägers an die Anstaltsleitung im Vorfeld eines gerichtlichen Verfahrens Erfolg gehabt bzw. ob einem gerichtlichen Antrag des Klägers bereits die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts oder erst der Strafsenat des Oberlandesgerichts stattgegeben hätte.
11
b) Für die in letzterem Zusammenhang notwendigen Feststellungen über den hypothetischen Geschehensablauf bei Einlegung eines Rechtsmittels gilt nach der Rechtsprechung des Senats folgendes: Die Prüfung der Kausalität erfordert bei § 839 Abs. 3 BGB im Ansatz ähnliche Überlegungen wie bei § 839 Abs. 1 BGB. Allerdings kann der Grundsatz, wonach dann, wenn es bei der Feststellung der Ursächlichkeit einer Amtspflichtverletzung für den eingetretenen Schaden darauf ankommt, wie die Entscheidung eines Gerichts ausgefallen wäre, darauf abzustellen ist, wie nach Ansicht des über den Schadensersatzanspruch erkennenden Gerichts richtigerweise hätte entschieden werden müssen, im Rahmen des Absatzes 3 nicht uneingeschränkt Anwendung finden (vgl. Senat, Urteil vom 16. Januar 1986, aaO S. 1925). Vielmehr ist hier auch die Rechtspraxis hinsichtlich der in Rede stehenden Frage zu dem Zeitpunkt in Betracht zu ziehen, in dem das Rechtsmittel hätte eingelegt werden müssen (vgl. Senat, BGHZ 156, 294, 300; Staudinger/Wurm, aaO, Rn. 351).
12
Dementsprechend ist es im Ausgangspunkt richtig, wenn das Berufungsgericht bei seiner Würdigung die Rechtsprechung des für die JVA - als Rechtsbeschwerdegericht zuständigen 1. Strafsenats des Oberlandesgerichts Hamm in den Blick genommen hat. Weiterhin begegnet auch die Annahme keinen rechtlichen Bedenken, dass bei Zugrundelegung des in der zitierten Entscheidung vom 20. Januar 2005 angelegten Maßstabs davon auszuge- hen sei, der Strafsenat hätte die Haftsituation des Klägers beanstandet. Zwar betraf das dortige Verfahren, in dem eine menschenunwürdige Unterbringung in der JVA D. festgestellt wurde, eine Zelle, die sich bezüglich der - vom Strafsenat in seinem Beschluss gerügten - sanitären Ausstattung von den Räumlichkeiten unterschied, in denen sich der Kläger vormals befunden hat. Der Strafsenat hat jedoch unabhängig davon ausgeführt (Rn. 21, zitiert nach juris), dass die Zelle mit einer Größe von 8,8 m² bei einer Belegung mit zwei Gefangenen bereits den sich aus Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 3 EMRK ergebenden Mindestanforderungen an die Bodenfläche eines Haftraums nicht gerecht werde. Warum allerdings bei dieser Sachlage die erstinstanzlich zur Entscheidung berufene Strafvollstreckungskammer des Landgerichts D. bei ihrer rechtlichen Bewertung zu anderen Ergebnissen als der für sie zuständige Rechtsbeschwerdesenat hätte kommen sollen, dessen Rechtsprechung ihr bekannt sein musste, ist nicht ersichtlich und vom Berufungsgericht auch nicht nachvollziehbar dargelegt worden.
13
c) Die Entscheidung des Berufungsgerichts wird letztlich auch nicht von der Überlegung getragen, es lasse sich nicht feststellen, dass eine gerichtliche Entscheidung zugunsten des Klägers an dessen tatsächlicher Situation etwas geändert hätte.
14
aa) Unerheblich ist zunächst, ob die Anstaltsleitung in der Lage gewesen wäre, alle zum streitgegenständlichen Zeitraum (Juni 2006 bis März 2007) unter vergleichbaren Bedingungen in der JVA D. inhaftierten Gefangenen angemessen unterzubringen. Genauso wenig entscheidend ist, ob eine solche Möglichkeit bezüglich aller Insassen bestand, die damals - wie nach seiner Darstellung der Kläger - eine Verlegung beantragt hatten und deshalb auf der sogenannten Warteliste standen. Denn es kann davon ausgegangen werden, dass die Anstaltsleitung jedenfalls diejenigen, zu deren Gunsten eine Gerichtsentscheidung ergangen wäre, vorrangig berücksichtigt hätte. Des Weiteren ist die vom Berufungsgericht - erkennbar vor dem Hintergrund anhängiger Parallelverfahren - angestellte Überlegung, die Versäumung bestehender Rechtsmittel könne schon dann nicht als ursächlich für die Fortdauer der menschenunwürdigen Unterbringung angesehen werden, wenn nur bei einem der betroffenen Gefangenen mangels ausreichender Kapazitäten eine zeitnahe Beendigung seiner Haftsituation unmöglich gewesen wäre, (allzu) theoretischer Natur. Aus dem Umstand, dass zahlreiche Strafgefangene einer bestimmten Justizvollzugsanstalt - aus welchen Gründen auch immer - jetzt mehr oder weniger zeitgleich eine Haftentschädigung verlangen, kann bei lebensnaher Betrachtung nicht ohne weiteres geschlossen werden, alle Kläger hätten (bei gehöriger Überlegung ) vormals mehr oder weniger zeitgleich gerichtliche Anträge auf Änderung ihrer Haftbedingungen gestellt. Die tatsächlichen Gegebenheiten (allenfalls in einer verschwindend geringen Zahl von Fällen wurden von Häftlingen in Nordrhein-Westfalen Gerichtsentscheidungen herbeigeführt; in der - vom Kläger nicht bestrittenen - Auflistung des beklagten Landes im Schriftsatz vom 20. Oktober 2008 ist bezüglich der JVA D. lediglich ein Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts D. vom 27. Mai 2008 aufgeführt ) lassen eher das Gegenteil vermuten. Im übrigen ist in diesem Zusammenhang auch das Argument des Landes, ein Teil der Gefangenen wäre trotz der vorhandenen Platznot in den Gemeinschaftszellen bereit gewesen, sich zur "Vermeidung von Eintönigkeit, Langeweile oder Einsamkeit" mit anderen Häftlingen gemeinschaftlich unterbringen zu lassen, so dass Raum für die Umsetzung entsprechender Gerichtsentscheidungen bestanden hätte, nicht von der Hand zu weisen.
15
Entscheidend bb) kommt folgendes hinzu: In einem Rechtsstaat ist grundsätzlich davon auszugehen, dass Behörden gerichtliche Entscheidungen beachten. Insoweit hat das beklagte Land - vom Kläger nicht bestritten - mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2008 auch vorgetragen, es habe in der Vergangenheit die Beschlüsse der Strafvollstreckungskammern in Nordrhein-Westfalen , durch die eine menschenunwürdige Unterbringung eines Gefangenen festgestellt wurde, sofort umgesetzt. Aber selbst wenn unterstellt wird, dass sich die Haftanstalt - aus welchen Gründen auch immer - nicht in der Lage gesehen hätte, den Kläger umgehend in eine Einzelzelle zu verlegen, stünde dies dem Einwand des beklagten Landes aus § 839 Abs. 3 BGB nicht entgegen. Denn die Betrachtung der möglichen Umsetzung einer gerichtlichen Haftentscheidung kann nicht auf die Frage nach einer angemessenen Alternativunterbringung beschränkt werden; dies wäre ein verkürzter Blickwinkel. Sind die Haftbedingungen menschenunwürdig und kann eine Vollzugsanstalt auch unter Berücksichtigung aller ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten (einschließlich der Verlegung in eine andere Haftanstalt, gegebenenfalls auch in einem anderen Bundesland ) einer Gerichtsentscheidung, die dies feststellt, nicht nachkommen, muss notfalls die Strafvollstreckung unterbrochen werden. Die Aufrechterhaltung eines gegen Art. 1 Abs. 1 GG verstoßenden Zustands ist verboten. Eine Abwägung der unantastbaren Menschenwürde mit anderen - selbst verfassungsrechtlichen - Belangen ist nicht möglich (vgl. BVerfG, NJW 2006, 1580, 1581 Rn. 18). Die Vollzugsanstalt hat deshalb in letzter Konsequenz den Strafvollzug zu unterbrechen, wenn und solange eine weitere Unterbringung nur unter menschenunwürdigen Bedingungen in Betracht käme. Vor diesem Hintergrund erweist sich die Feststellung des Berufungsgerichts, der Kläger hätte auch im Falle eines Erfolgs seines Rechtsmittels an der Haftsituation nichts ändern können, als rechtsfehlerhaft.
16
d) Die in der Revisionserwiderung erhobene Gegenrüge des Klägers, ihm sei der Gebrauch eines solchen Rechtsmittels unzumutbar gewesen, da ihm immer wieder gesagt worden sei, dass es aufgrund der Überbelegung keinen Zweck habe zu versuchen, an der Warteliste vorbei früher eine Einzelzelle zu bekommen, und er angesichts der Unfähigkeit der Anstaltsleitung, trotz Art. 1 Abs. 1 GG menschenwürdige Haftbedingungen zu schaffen, nicht an den Erfolg eines Rechtsmittels habe glauben können, greift demgegenüber nicht durch. Zwar fehlt es am Verschulden im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB, wenn die Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels so gering oder zweifelhaft ist, dass dem Verletzten dessen Gebrauch nicht zugemutet werden kann (vgl. Senat, Urteil vom 20. Februar 2003 - III ZR 224/01 - NJW 2003, 1308, 1313, insoweit in BGHZ 154, 54 nicht abgedruckt; Beschluss vom 29. Januar 2009 - III ZR 182/08 - juris Rn. 2 f). Dies zu beurteilen obliegt aber grundsätzlich dem Tatrichter nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls. Die diesbezügliche Bewertung des Berufungsgerichts weist keine Rechtsfehler auf.
17
e) Soweit ein Rechtsmittel bzw. dessen Umsetzung erst von einem bestimmten Zeitpunkt an weitere Schäden verhindert hätte, führt dies im Übrigen nur dazu, dass bei schuldhafter Unterlassung der Einlegung des Rechtsmittels der Anspruch für die weiteren Schäden entfällt. Er bleibt jedoch für etwaige bereits vorher entstandene Schäden bestehen, d.h. hier hat eine zeitliche Differenzierung zu erfolgen (vgl. nur Senat, Urteile vom 16. Januar 1986, aaO, S. 1924 und 5. Februar 1987 - III ZR 16/86 - BGHR BGB § 839 Abs. 3 - Kausalität

1).


18
3. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zur weiteren Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass einem etwaigen Anspruch des Klägers auf Haftentschädigung nicht (teilweise) die Hilfsaufrechnung des beklagten Landes entgegensteht. Die Frage, ob es der Justizverwaltung unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) verwehrt ist, gegenüber dem Anspruch eines Gefangenen auf Geldentschädigung wegen menschenunwürdiger Haftbedingungen mit einer Gegenforderung auf Erstattung offener Kosten eines Strafverfahrens aufzurechnen, hat der Senat zwischenzeitlich durch Urteil vom 1. Oktober 2009 (III ZR 18/09 - VersR 2009, 1664) im Sinne des Berufungsgerichts entschieden.
Schlick Dörr Wöstmann
Hucke Seiters
Vorinstanzen:
LG Detmold, Entscheidung vom 08.05.2008 - 9 O 294/07 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 18.03.2009 - 11 U 88/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 342/02
Verkündet am:
9. Oktober 2003
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja (zu Ziff. II)
BGHR: ja
BGB § 839 (H, K); EG-Vertrag Art. 288

a) Unter den Voraussetzungen des § 839 Abs. 3 BGB tritt auch eine Ersatzpflicht
nach dem gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch nicht
ein.

b) Läßt sich nicht feststellen, daß ein Antrag des Geschädigten nach § 80
Abs. 5 VwGO Erfolg gehabt hätte, die aufschiebende Wirkung eines Gebührenbescheids
anzuordnen (hier Gebührenerhebung für Fleischuntersuchungen
oberhalb der in der Entscheidung des Rates vom 15. Juni
1988 - 88/408/EWG - vorgesehenen Pauschalbeträge), kann die Ersatzpflicht
für einen durch den Sofortvollzug eingetretenen Zinsschaden nicht
mit der Begründung verneint werden, der Geschädigte habe die Einlegung
eines solchen Rechtsmittels unterlassen (Fortführung des Senatsurteils
vom 16. Januar 1986 - III ZR 77/84 - NJW 1986, 1924).
BGH, Urteil vom 9. Oktober 2003 - III ZR 342/02 - OLG Karlsruhe
LG Mosbach
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Oktober 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 19. September 2002 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe eines Betrages von 78.351,41 DM (= 40.060,44 Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Klägerin nimmt als Rechtsnachfolgerin ihres während des Rechtsstreits verstorbenen Ehemanns die beklagte Gemeinde auf Ersatz eines in der Zeit vom 2. April 1991 bis 9. Dezember 1997 erlittenen Zinsschadens in geltend gemachter Höhe von 84.837,65 DM in Anspruch. Dieser beruht darauf, daß die Beklagte im Zeitraum von Januar 1991 bis Dezember 1992 für Fleisch-
untersuchungen Gebühren erhoben hatte, die um insgesamt 156.079,48 DM über den nach der Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 29. Januar 1985 über die Finanzierung der Untersuchungen und Hygienekontrollen von frischem Fleisch und Geflügelfleisch - 85/73/EWG - (ABlEG Nr. L 32/14) und der zu ihrer Ausführung ergangenen Entscheidung des Rates vom 15. Juni 1988 - 88/408/EWG - (ABlEG Nr. L 194/24) vorgesehenen Pauschalbeträgen lagen. Der Ehemann hatte die von ihm geforderten Gebühren ungeachtet der von ihm eingelegten Widersprüche gegen die Bescheide gezahlt. Durch Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 25. Juni 1997 wurden die Gebührenbescheide, soweit sie die EG-Pauschalbeträge überschritten, aufgehoben und die Beklagte antragsgemäß verurteilt, einen überzahlten Betrag von 150.056,18 DM nebst 4 % (Prozeß-)Zinsen an den Ehemann der Klägerin zu zahlen. Die Beklagte zahlte diesen Betrag und Zinsen in Höhe von 15.155,67 DM am 10. Dezember 1997. Die aus der Inanspruchnahme von Bankkredit folgenden höheren Zinsen sind Gegenstand der Klage.
Das Landgericht hat einen Schadensersatzanspruch auf der Grundlage der Art. 189, 215 des EWG-Vertrags in Höhe von 69.837,10 DM zuerkannt und im übrigen die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Ehemannes der Klägerin hat das Berufungsgericht im ersten Berufungsurteil der Klage in Höhe von insgesamt 78.351,41 DM entsprochen; die Berufung der Beklagten und die weitergehende Berufung des Ehemannes der Klägerin hat es zurückgewiesen. Der Senat hat auf die Revision der Beklagten durch Urteil vom 14. Dezember 2000 (BGHZ 146, 153) das Berufungsurteil aufgehoben, soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist. Er hat entschieden, das dem einzelnen durch die in Rede stehenden gemeinschaftsrechtlichen Regelungen verliehene Recht
stehe unter dem einer gerichtlichen Nachprüfung zugänglichen Vorbehalt (vgl. Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Ratsentscheidung 88/408/EWG), daß die Mitgliedstaaten , in denen die Lohnkosten, die Struktur der Betriebe und das Verhältnis zwischen Tierärzten und Fleischbeschauern von dem für die Berechnung der Pauschalbeträge zugrunde gelegten Gemeinschaftsdurchschnitt abweichen , die Pauschalbeträge auf den Stand der tatsächlichen Untersuchungskosten senken bzw. anheben dürften. Lägen diese Abweichungsvoraussetzungen - was noch ungeprüft sei - vor, sei ein gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftungsanspruch nicht gegeben. Soweit wegen der rechtswidrigen Gebührenbescheide Amtshaftungsansprüche in Betracht kämen, bedürfe die Frage der weiteren Klärung, ob den Amtswaltern der Beklagten ein Verschulden zur Last falle.
Das Berufungsgericht hat im zweiten Berufungsurteil die Voraussetzungen für einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch und einen Amtshaftungsanspruch verneint und die Klage insgesamt abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision der Klägerin ist überwiegend begründet; in diesem Umfang führt sie zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.



1. Das Berufungsgericht verneint einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch , weil die Voraussetzungen, unter denen von den EG-Pau- schalbeträgen für Fleischuntersuchungen abgewichen werden konnte, in den Jahren 1991 und 1992 in der Bundesrepublik vorgelegen hätten. Die Beklagte habe nämlich substantiiert vorgetragen und durch Zahlenmaterial hinreichend belegt, daß die Lohnkosten der Tierärzte in der Bundesrepublik höher gelegen hätten als diejenigen, die der Rat der Berechnung der Pauschalbeträge zugrunde gelegt habe. Auch das Verhältnis zwischen Tierärzten und Fleischbeschauern weiche erheblich von dem Gemeinschaftsdurchschnitt ab, wie die detaillierte Berechnung in Anlage 1c des von der Beklagten vorgelegten Ergebnisprotokolls vom 9. Oktober 1997 der Sitzung der Arbeitsgruppe "Gebühren" des Ausschusses für Fleischhygiene der Arbeitsgemeinschaft der Leitenden Veterinärbeamten der Länder zeige, das Grundlage für die Bekanntmachung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 24. Oktober 1997 (Bundesanzeiger Nr. 204 vom 31. Oktober 1997, S. 13298) gewesen sei. Schließlich habe die Beklagte substantiiert die Strukturen der Schlachtbetriebe in Deutschland dargestellt, in denen nur zu einem sehr kleinen Teil die Zahlen von Schlachttieren jährlich anfielen, wie sie bei der Berechnung der Pauschalgebühren berücksichtigt worden seien. Die Klägerin habe sich hiermit nicht näher auseinandergesetzt und die vom Bundesministerium für Gesundheit am 24. Oktober 1997 bekannt gemachten und im Vortrag der Beklagten übernommenen Vergleichswerte nicht hinreichend bestritten, so daß sie als unstreitig zugrunde zu legen seien.
2. Diese Beurteilung hält den Verfahrensrügen der Revision nicht stand. Wie das Berufungsgericht nicht verkennt, hat die Klägerin mit verschiedenen
Erwägungen bezweifelt und bestritten, daß die Voraussetzungen für eine Erhöhung der Pauschalgebühren in den Jahren 1991 und 1992 vorgelegen hätten. Unter diesen Umständen war es Sache des Berufungsgerichts, sich im Wege einer förmlichen Beweisaufnahme die erforderliche Gewißheit zu verschaffen. Von einem unstreitigen Sachverhalt durfte das Berufungsgericht nicht ausgehen.

a) Die Frage, ob die Voraussetzungen für eine Abweichung von den Pauschalgebühren vorlagen, ist nach dem Senatsurteil vom 14. Dezember 2000 entscheidend dafür, ob sich die Klägerin auf die gemeinschaftsrechtlichen Pauschalbeträge berufen kann und ob ihr im Ergebnis eine Rechtsstellung verliehen ist, deren Verletzung einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch auslösen kann (vgl. BGHZ 146, 153, 161 f). Durfte die Beklagte nämlich - gemessen an den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften - von den Pauschalgebühren abweichen, steht der Klägerin ein gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftungsanspruch nicht zu.

b) Ungeachtet dieser Ausgangslage ist die Klägerin jedoch nicht mit der Pflicht belastet, zur Begründung des geltend gemachten Staatshaftungsanspruchs in qualifizierter Weise darzulegen und im Streitfall den Nachweis zu führen, daß es in der Bundesrepublik am Vorliegen der Abweichungsvoraussetzungen gefehlt habe. Eine solche Betrachtung ließe außer acht, daß in der Ratsentscheidung 88/408/EWG mit Wirkung ab 31. Dezember 1990 eine unmittelbar wirksame gemeinschaftsrechtliche Bestimmung vorlag, die im Grundsatz die Anwendung der Gebührenregelung über die durchschnittlichen Pauschalbeträge von der Beklagten verlangte. Wie der Senat bereits entschieden hat, war die Heranziehung des Ehemannes der Klägerin zu den über die EG-
Pauschalbeträge hinausgehenden Gebühren rechtswidrig, weil die innerstaatlichen Voraussetzungen für eine solche Gebührenerhebung im Zeitpunkt des Erlasses der jeweiligen Bescheide nicht geschaffen waren (BGHZ 146, 153, 156 f); sie verstieß zugleich gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht (aaO S. 158). Unter diesen Umständen steht es zur Last der öffentlichen Hand, der auch die Beklagte auf gemeindlicher Ebene zuzurechnen ist, das Vorliegen der Abweichungsvoraussetzungen - wie bei einer entsprechenden Gebührenerhebung selbst - darzulegen und im Streitfall nachzuweisen. Es würde eine nicht hinnehmbare Verkürzung der Rechtsstellung des von den in Rede stehenden Gemeinschaftsrechtsakten betroffenen einzelnen darstellen, wenn er den Inhalt der Bekanntmachung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 24. Oktober 1997 ohne weiteres hinnehmen müßte oder in anderer Weise gehalten wäre, sich in bezug auf die Abweichungsvoraussetzungen zu Elementen der Rechtsanwendung substantiiert zu äußern, die in klassischer Weise mit der Frage verknüpft sind, ob die öffentliche Hand in dem ihr eigenen hoheitlichen Bereich berechtigt ist, Gebühren in einer die EG-Pauschalbeträge überschreitenden Höhe zu erheben. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die in der Ratsentscheidung vorgesehene Möglichkeit einer Abweichung von den Pauschalgebühren einer gerichtlichen Nachprüfung zugänglich ist (Urteil vom 10. November 1992 - Rs. C-156/91 - "Hansa Fleisch", Slg. 1992, I-5589, 5594 f = NJW 1993, 315 f Tz. 14-17). Es wäre mit der dem einzelnen grundsätzlich verliehenen Rechtsstellung und der Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts unvereinbar, wenn die gerichtliche Nachprüfung durch Anforderungen an die Vortragslast des einzelnen unzumutbar erschwert würde. Das Berufungsgericht durfte daher nicht mit dem Argument , der Klägerin habe selbst offensichtlich Datenmaterial zur Verfügung ge-
standen, über ihre grundsätzliche Aussage hinweggehen, nach der sie das Vorliegen der Abweichungsvoraussetzungen bestritten hat.

II.


Auch die weitere Begründung des Berufungsgerichts rechtfertigt die vollständige Abweisung der Klage nicht.
1. Das Berufungsgericht verneint einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch mit der zusätzlichen Erwägung, der Klägerin sei es entsprechend §§ 254, 839 Abs. 3 BGB verwehrt, die streitgegenständlichen Verzugszinsen geltend zu machen. Denn der Ehemann habe es schuldhaft unterlassen, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Er hätte nämlich - über die gegen die Gebührenbescheide eingelegten Widersprüche hinaus - nach § 80 Abs. 5 VwGO beantragen müssen, die aufschiebende Wirkung seiner Widersprüche anzuordnen. Ein solcher Antrag hätte Erfolg gehabt, soweit die Gebührenbescheide die EG-Pauschalbeträge überschritten hätten. Die gerichtliche Entscheidung hätte bewirkt, daß der Ehemann der Klägerin nur Gebühren in der zulässigen Höhe hätte zahlen müssen. Eine Zinsbelastung durch Aufnahme eines Darlehens wäre dann vermieden worden. Aus dem gleichen Grunde sei ein möglicher Amtshaftungsanspruch wegen der rechtswidrigen Gebührenbescheide nach § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen.
2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

a) Nicht zu beanstanden ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts , daß auch ein gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftungsanspruch
aus Gründen, die in den Regelungen der §§ 254 und 839 Abs. 3 BGB angesprochen sind, gemindert oder ausgeschlossen sein kann. Entgegen der Auffassung der Revision ist eine Anwendung der in diesen Regelungen enthaltenen Grundsätze nicht deshalb ausgeschlossen, weil der gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsanspruch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften nicht von einem Verschulden abhängig gemacht werden darf, das über den hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht hinausgeht. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat entschieden, die Mitgliedstaaten hätten die Folgen eines verursachten Schadens, für den sie nach dem Gemeinschaftsrecht einzustehen hätten, im Rahmen ihres nationalen Haftungsrechts zu beheben. Mangels einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung sei es Sache der nationalen Rechtsordnung , die zuständigen Gerichte zu bestimmen und das Verfahren für die Klagen auszugestalten, die den vollen Schutz der dem einzelnen aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Dabei dürften die im Schadensersatzrecht der einzelnen Mitgliedstaaten festgelegten Voraussetzungen nicht ungünstiger sein als bei ähnlichen Klagen, die nur nationales Recht betreffen, und nicht so ausgestaltet sein, daß sie die Erlangung einer Entschädigung praktisch unmöglich machten oder übermäßig erschwerten (vgl. EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - Rs. C-6/90 und C-9/90 - "Francovich", Slg. 1991, I-5403, 5415 f = NJW 1992, 165, 167 Tz. 42, 43). Diese Rechtsprechung hat er in seinem Urteil vom 5. März 1996 fortgeführt und dahingehend ergänzt, es sei, soweit es an Gemeinschaftsvorschriften fehle, Sache der nationalen Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats, die Kriterien festzulegen , anhand deren der Umfang der Entschädigung bestimmt werden könne. Insbesondere könne das nationale Gericht bei der Bestimmung des ersatzfähigen Schadens prüfen, ob sich der Geschädigte in angemessener Form
um die Verhinderung des Schadenseintritts oder um die Begrenzung des Schadensumfangs bemüht und ob er insbesondere rechtzeitig von allen ihm zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten Gebrauch gemacht habe. Nach einem allgemeinen, den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsamen Grundsatz müsse sich nämlich der Geschädigte in angemessener Form um die Begrenzung des Schadensumfangs bemühen, wenn er nicht Gefahr laufen wolle, den Schaden selbst tragen zu müssen (Rs. C-46/93 und C-48/93 - "Brasserie du Pêcheur" und "Factortame", Slg. 1996, I-1131, 1153, 1155, 1157 = NJW 1996, 1267, 1270 f zu Tz. 67, 74, 83-85). Es bestehen daher keine grundsätzlichen Bedenken, die den §§ 254, 839 Abs. 3 BGB zugrundeliegenden Rechtsgedanken auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch anzuwenden (in diesem Sinn auch Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Aufl. 1998, S. 516; Streinz, Europarecht, 5. Aufl. 2001, Rn. 374c; Fischer, Europarecht, 3. Aufl. 2001, § 7 Rn. 87; Staudinger/Wurm, 13. Bearb. 2002, § 839 Rn. 540).

b) Unbedenklich ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, daß neben dem eingelegten Widerspruch, der bei Gebührenbescheiden von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hat (§ 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), als Rechtsbehelf gegen einen möglichen Sofortvollzug, auf dem die Beklagte bestanden hatte, ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO in Betracht kam, die aufschiebende Wirkung der Bescheide anzuordnen. Für den Bereich des Amtshaftungsrechts hat der Senat wiederholt entschieden, daß das schuldhafte Unterlassen, einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung zu stellen oder sich gesondert gegen die Vollziehung eines Steuer- oder Haftungsbescheides zu wehren, nach § 839 Abs. 3 BGB zum Verlust des Amtshaftungsanspruchs führen kann
(vgl. Senatsbeschluß vom 13. Juli 1984 - III ZR 6/84 - WM 1984, 1276; Senatsurteile vom 19. September 1985 - III ZR 71/83 - NJW 1986, 1107, 1108 - insoweit ohne Abdruck in BGHZ 96, 1 -; BGHZ 130, 332, 338 f; vom 7. November 1996 - III ZR 283/95 - VIZ 1997, 247, 248; vom 16. November 2000 - III ZR 1/00 - NJW 2001, 1067, 1068).

c) Das Berufungsgericht hat im ersten Urteil in dieser Sache § 839 Abs. 3 BGB für nicht anwendbar gehalten, weil der Ehemann der Klägerin mit der rechtzeitigen Widerspruchserhebung und den Anfechtungsklagen zum Verwaltungsgericht aus seiner damaligen Sicht alles ihm Zumutbare getan habe, um einen Schaden abzuwehren. Ob dem zugestimmt werden könnte, erscheint insoweit zweifelhaft, als ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nach Lage der Dinge der gebotene Rechtsbehelf war, um sich gegen den Sofortvollzug der Gebührenbescheide zu wehren. Der Senat kann diese Frage jedoch offenlassen , weil eine Anwendung des § 839 Abs. 3 BGB aus anderen Gründen nicht in Betracht kommt.
aa) Die Ersatzpflicht kann nach § 839 Abs. 3 BGB nur verneint werden, wenn die Einlegung eines gebotenen Rechtsmittels den Eintritt des Schadens verhindert hätte. Für die Kausalität zwischen der Nichteinlegung des Rechtsmittels und dem Schadenseintritt ist der Schädiger beweispflichtig. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist bei der Frage, welchen Verlauf die Sache genommen hätte, wenn der Rechtsbehelf eingelegt worden wäre, nicht ohne weiteres - wie bei der Prüfung der Ursächlichkeit einer Amtspflichtverletzung - zugrunde zu legen, wie über den Rechtsbehelf richtigerweise hätte entschieden werden müssen (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 1986 - III ZR 77/84 - NJW 1986, 1924, 1925). Diese Erwägungen, die der Senat in der genannten
Entscheidung für eine Dienstaufsichtsbeschwerde angestellt hat, bei der es möglich erscheine, daß der Dienstvorgesetzte keinen Anlaß sehe, das Verhalten des Untergebenen zu korrigieren, sind jedoch auf solche Rechtsbehelfe im weiteren Sinne, die ein Verhalten der Behörde selbst auslösen sollen, nicht beschränkt. Geht es, wie hier, um einen Antrag, der zu einer gerichtlichen Entscheidung führen soll, wird die wirkliche Rechtslage grundsätzlich eine größere Rolle spielen. Dennoch muß auch die Rechtspraxis in der in Rede stehenden Frage zu dem Zeitpunkt in Betracht gezogen werden, in dem der Rechtsbehelf hätte angebracht werden müssen, wenn er den Eintritt des Schadens hätte verhindern sollen.
bb) Bei Anlegung dieser Maßstäbe kann nicht davon ausgegangen werden , daß Anträge des Ehemannes der Klägerin nach § 80 Abs. 5 VwGO zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung der eingelegten Widersprüche geführt hätte. Die gegenteilige Annahme des Berufungsgerichts berücksichtigt nicht hinreichend, daß die von ihm wiedergegebene Rechtslage, wie sie durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und vor allem der Verwaltungsgerichte in den letzten Jahren geklärt worden ist, in dem hier maßgeblichen Zeitraum 1991/1992 - namentlich in Ansehung eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens - noch nicht so der allgemeinen Rechtsüberzeugung entsprochen hat, daß ein Erfolg entsprechender Anträge zu erwarten war.
Daß sich ein einzelner gegenüber einem Mitgliedstaat auf Art. 2 Abs. 1 der Ratsentscheidung 88/408/EWG vom 15. Juni 1988 berufen kann, um sich höheren als den Pauschalgebühren zu widersetzen, hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften erst durch Urteil vom 10. November 1992 ent-
schieden (Rs. C-156/91 - "Hansa Fleisch", Slg. 1992, I-5589 = NJW 1993, 315), wobei er den einer gerichtlichen Nachprüfung zugänglichen Vorbehalt gemacht hat, daß die Voraussetzungen, die Gebühren auf die tatsächlichen Untersuchungskosten anzuheben, nicht erfüllt seien. Die Fragen des vorlegenden Verwaltungsgerichts Schleswig im Beschluß vom 15. März 1991 belegen den damaligen Klärungsbedarf. Innerstaatlich war mit der genannten Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften aber noch nicht geklärt , unter welchen Voraussetzungen Untersuchungsgebühren erhoben werden durften, die über die EG-Pauschalbeträge hinausgingen. Eine endgültige Klärung ist insoweit erst durch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. August 1996 (BVerwGE 102, 39) herbeigeführt worden, das entschieden hat, nach § 24 Abs. 2 Fleischhygienegesetz (FlHG) müsse die den Bundesländern überlassene Entscheidung durch Rechtssatz getroffen werden, ob von den in Art. 2 Abs. 1 der Ratsentscheidung 88/408/EWG genannten durchschnittlichen Pauschalbeträgen abgewichen werden solle, ob die Voraussetzungen für eine Abweichung erfüllt und wie gegebenenfalls höhere Beträge zu berechnen seien (vgl. Senatsurteil BGHZ 146, 153, 156). Für die hier zu beurteilende Frage, wie die Verwaltungsgerichte entschieden hätten, wenn sich der Ehemann der Klägerin gegen den Sofortvollzug als solchen im Zeitraum 1991/1992 gewehrt hätte, ist von Bedeutung, daß der angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Gebührenbescheide aus dem Jahr 1991 zugrunde lagen, die vom Verwaltungsgericht Schleswig und vom Oberverwaltungsgericht Schleswig noch im Jahr 1994 für rechtmäßig befunden waren. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte in seinem Beschluß vom 4. Februar 1992, der durch Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Februar 1993 (7 NB 7/92) aufgehoben wurde, in einem Normenkontrollverfahren ebenfalls keine Bedenken gegen die Gestaltung einer Gebührensatzung vom 18. Dezember 1991, in
der die Erhebung kostendeckender Gebühren unter Einbeziehung von Reisekosten für das Fleischbeschaupersonal bejaht wurde (vgl. zum Verfahrensgang BayVGH BayVBl. 1994, 593 und zum Inhalt der abschließenden Entscheidung vom 12. März 1997 BVerwG Buchholz 418.5 Fleischbeschau Nr. 17).
Wenn dem Berufungsgericht daher auch im Ausgangspunkt zu folgen ist, daß es bei der Begründetheit eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO in der hier vorliegenden Konstellation, bei der Rechtsfragen im Vordergrund standen, wesentlich darauf ankommt, ob die angefochtenen Gebührenbescheide rechtswidrig waren – bei offensichtlicher Erfolgsaussicht der eingelegten Widersprüche hätte das Aussetzungsinteresse überwogen - (vgl. hierzu allgemein Eyermann /Jörg Schmidt, VwGO, 11. Aufl. 2000, § 80 Rn. 69, 73; Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2003, § 80 Rn. 158 f) und ob sich ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit insbesondere aus der Ratsentscheidung 88/408/EWG ergaben , kann doch nicht übersehen werden, daß die Rechtspraxis diesen Stand in dem hier zu beurteilenden Zeitraum noch nicht erreicht hatte, so daß der Senat nicht davon ausgehen kann, der Ehemann der Klägerin hätte den Schadenseintritt durch Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO verhindern können.
3. Dieselben Erwägungen gelten für die Ausführungen des Berufungsgerichts , mit denen es einen auf der rechtswidrigen Gebührenerhebung möglicherweise beruhenden Amtshaftungsanspruch verneint. Zwar ist insoweit eine Rechtsfrage betroffen, die allein im nationalen Amtshaftungsrecht wurzelt, so daß die Anforderungen an einen Geschädigten, der Amtshaftungsansprüche verfolgt, in bezug auf den wahrzunehmenden Primärrechtsschutz strenger sein mögen als für jemanden, der sich wegen eines in der Vergangenheit erlittenen Schadens auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch beruft. Im
Ergebnis beruhte die Unsicherheit in der rechtlichen Beurteilung aber gerade auf der Frage, unter welchen innerstaatlichen Voraussetzungen in der Bundes- republik von den Pauschalbeträgen abweichende höhere Gebühren gefordert werden durften. Der Klägerin kann daher auch in bezug auf einen Amtshaftungsanspruch aus § 839 BGB nicht entgegengehalten werden, ihr Ehemann habe sich nicht gegen den Sofortvollzug gewehrt, weil der Senat von einem Erfolg eines solchen Rechtsmittels nicht ausgehen kann

III.


Die Revision der Klägerin hat jedoch insoweit keinen Erfolg, als sie einen Zinsschaden in Höhe von 6.486,24 DM weiterverfolgt. Dieser Teil des Schadensersatzanspruchs wurde dem Ehemann der Klägerin bereits durch das erste Berufungsurteil in dieser Sache aberkannt, ohne daß hiergegen ein Rechtsmittel geführt worden wäre. Dem entsprechend hat der Senat das erste Berufungsurteil nur insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Damit ist dieser Teil des geltend gemachten Zinsschadens rechtskräftig abgewiesen und kann von der Klägerin nicht erneut zur Entscheidung gestellt werden.

IV.


Soweit die Revision der Klägerin begründet ist, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die nach dem Senatsurteil vom 14. Dezember 2000 erforderlichen Feststellungen trifft und auf dieser Grundlage erneut entscheidet.

Rinne Wurm Kapsa Dörr Galke

(1) Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Strafvollzuges oder des Vollzuges freiheitsentziehender Maßregeln der Besserung und Sicherung kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden. Mit dem Antrag kann auch die Verpflichtung zum Erlaß einer abgelehnten oder unterlassenen Maßnahme begehrt werden.

(2) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, durch die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(3) Dient die vom Antragsteller begehrte oder angefochtene Maßnahme der Umsetzung des § 66c Absatz 1 des Strafgesetzbuches im Vollzug der Sicherungsverwahrung oder der ihr vorausgehenden Freiheitsstrafe, so ist dem Antragsteller für ein gerichtliches Verfahren von Amts wegen ein Rechtsanwalt beizuordnen, es sei denn, dass wegen der Einfachheit der Sach- und Rechtslage die Mitwirkung eines Rechtsanwalts nicht geboten erscheint oder es ersichtlich ist, dass der Antragsteller seine Rechte selbst ausreichend wahrnehmen kann. Über die Bestellung und einen Widerruf entscheidet der Vorsitzende des nach § 110 zuständigen Gerichts.

(1) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Das Gericht kann den Vollzug der angefochtenen Maßnahme aussetzen, wenn die Gefahr besteht, daß die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird und ein höher zu bewertendes Interesse an dem sofortigen Vollzug nicht entgegensteht. Das Gericht kann auch eine einstweilige Anordnung erlassen; § 123 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidungen sind nicht anfechtbar; sie können vom Gericht jederzeit geändert oder aufgehoben werden.

(3) Der Antrag auf eine Entscheidung nach Absatz 2 ist schon vor Stellung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung zulässig.

(1) Soweit dies zur Abwehr einer Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr (§§ 112, 112a) erforderlich ist, können einem inhaftierten Beschuldigten Beschränkungen auferlegt werden. Insbesondere kann angeordnet werden, dass

1.
der Empfang von Besuchen und die Telekommunikation der Erlaubnis bedürfen,
2.
Besuche, Telekommunikation sowie der Schrift- und Paketverkehr zu überwachen sind,
3.
die Übergabe von Gegenständen bei Besuchen der Erlaubnis bedarf,
4.
der Beschuldigte von einzelnen oder allen anderen Inhaftierten getrennt wird,
5.
die gemeinsame Unterbringung und der gemeinsame Aufenthalt mit anderen Inhaftierten eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.
Die Anordnungen trifft das Gericht. Kann dessen Anordnung nicht rechtzeitig herbeigeführt werden, kann die Staatsanwaltschaft oder die Vollzugsanstalt eine vorläufige Anordnung treffen. Die Anordnung ist dem Gericht binnen drei Werktagen zur Genehmigung vorzulegen, es sei denn, sie hat sich zwischenzeitlich erledigt. Der Beschuldigte ist über Anordnungen in Kenntnis zu setzen. Die Anordnung nach Satz 2 Nr. 2 schließt die Ermächtigung ein, Besuche und Telekommunikation abzubrechen sowie Schreiben und Pakete anzuhalten.

(2) Die Ausführung der Anordnungen obliegt der anordnenden Stelle. Das Gericht kann die Ausführung von Anordnungen widerruflich auf die Staatsanwaltschaft übertragen, die sich bei der Ausführung der Hilfe durch ihre Ermittlungspersonen und die Vollzugsanstalt bedienen kann. Die Übertragung ist unanfechtbar.

(3) Ist die Überwachung der Telekommunikation nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 angeordnet, ist die beabsichtigte Überwachung den Gesprächspartnern des Beschuldigten unmittelbar nach Herstellung der Verbindung mitzuteilen. Die Mitteilung kann durch den Beschuldigten selbst erfolgen. Der Beschuldigte ist rechtzeitig vor Beginn der Telekommunikation über die Mitteilungspflicht zu unterrichten.

(4) Die §§ 148, 148a bleiben unberührt. Sie gelten entsprechend für den Verkehr des Beschuldigten mit

1.
der für ihn zuständigen Bewährungshilfe,
2.
der für ihn zuständigen Führungsaufsichtsstelle,
3.
der für ihn zuständigen Gerichtshilfe,
4.
den Volksvertretungen des Bundes und der Länder,
5.
dem Bundesverfassungsgericht und dem für ihn zuständigen Landesverfassungsgericht,
6.
dem für ihn zuständigen Bürgerbeauftragten eines Landes,
7.
dem oder der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, den für die Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften über den Datenschutz in den Ländern zuständigen Stellen der Länder und den Aufsichtsbehörden nach § 40 des Bundesdatenschutzgesetzes,
8.
dem Europäischen Parlament,
9.
dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte,
10.
dem Europäischen Gerichtshof,
11.
dem Europäischen Datenschutzbeauftragten,
12.
dem Europäischen Bürgerbeauftragten,
13.
dem Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe,
14.
der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz,
15.
dem Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen,
16.
den Ausschüssen der Vereinten Nationen für die Beseitigung der Rassendiskriminierung und für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau,
17.
dem Ausschuss der Vereinten Nationen gegen Folter, dem zugehörigen Unterausschuss zur Verhütung von Folter und den entsprechenden Nationalen Präventionsmechanismen,
18.
den in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 genannten Personen in Bezug auf die dort bezeichneten Inhalte,
19.
soweit das Gericht nichts anderes anordnet,
a)
den Beiräten bei den Justizvollzugsanstalten und
b)
der konsularischen Vertretung seines Heimatstaates.
Die Maßnahmen, die erforderlich sind, um das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 festzustellen, trifft die nach Absatz 2 zuständige Stelle.

(5) Gegen nach dieser Vorschrift ergangene Entscheidungen oder sonstige Maßnahmen kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden, soweit nicht das Rechtsmittel der Beschwerde statthaft ist. Der Antrag hat keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann jedoch vorläufige Anordnungen treffen.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch, wenn gegen einen Beschuldigten, gegen den Untersuchungshaft angeordnet ist, eine andere freiheitsentziehende Maßnahme vollstreckt wird (§ 116b). Die Zuständigkeit des Gerichts bestimmt sich auch in diesem Fall nach § 126.

(1) Vor Erhebung der öffentlichen Klage ist für die weiteren gerichtlichen Entscheidungen und Maßnahmen, die sich auf die Untersuchungshaft, die Aussetzung ihres Vollzugs (§ 116), ihre Vollstreckung (§ 116b) sowie auf Anträge nach § 119a beziehen, das Gericht zuständig, das den Haftbefehl erlassen hat. Hat das Beschwerdegericht den Haftbefehl erlassen, so ist das Gericht zuständig, das die vorangegangene Entscheidung getroffen hat. Wird das vorbereitende Verfahren an einem anderen Ort geführt oder die Untersuchungshaft an einem anderen Ort vollzogen, so kann das Gericht seine Zuständigkeit auf Antrag der Staatsanwaltschaft auf das für diesen Ort zuständige Amtsgericht übertragen. Ist der Ort in mehrere Gerichtsbezirke geteilt, so bestimmt die Landesregierung durch Rechtsverordnung das zuständige Amtsgericht. Die Landesregierung kann diese Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen.

(2) Nach Erhebung der öffentlichen Klage ist das Gericht zuständig, das mit der Sache befaßt ist. Während des Revisionsverfahrens ist das Gericht zuständig, dessen Urteil angefochten ist. Einzelne Maßnahmen, insbesondere nach § 119, ordnet der Vorsitzende an. In dringenden Fällen kann er auch den Haftbefehl aufheben oder den Vollzug aussetzen (§ 116), wenn die Staatsanwaltschaft zustimmt; andernfalls ist unverzüglich die Entscheidung des Gerichts herbeizuführen.

(3) Das Revisionsgericht kann den Haftbefehl aufheben, wenn es das angefochtene Urteil aufhebt und sich bei dieser Entscheidung ohne weiteres ergibt, daß die Voraussetzungen des § 120 Abs. 1 vorliegen.

(4) Die §§ 121 und 122 bleiben unberührt.

(5) Soweit nach den Gesetzen der Länder über den Vollzug der Untersuchungshaft eine Maßnahme der vorherigen gerichtlichen Anordnung oder der gerichtlichen Genehmigung bedarf, ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Maßnahme durchgeführt wird. Unterhält ein Land für den Vollzug der Untersuchungshaft eine Einrichtung auf dem Gebiet eines anderen Landes, können die beteiligten Länder vereinbaren, dass das Amtsgericht zuständig ist, in dessen Bezirk die für die Einrichtung zuständige Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat. Für das Verfahren gilt § 121b des Strafvollzugsgesetzes entsprechend.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 124/09 Verkündet am:
11. März 2010
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage der Kausalität zwischen der Nichteinlegung eines Rechtsmittels und
dem Schadenseintritt bei menschenunwürdigen Haftbedingungen in einer Justizvollzugsanstalt.
BGH, Urteil vom 11. März 2010 - III ZR 124/09 - OLG Hamm
LG Detmold
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. März 2010 durch den Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter Dörr,
Wöstmann, Hucke und Seiters

für Recht erkannt:
Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. März 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger, der in der Zeit von Juni bis Oktober 2003 sowie von Juni 2006 bis März 2007 in der JVA D. inhaftiert war, verlangt Zahlung einer Entschädigung wegen menschenunwürdiger Haftbedingungen. Das Landgericht hat ihm wegen der Unterbringung im Jahre 2003 unter Berücksichtigung einer hilfsweise vom beklagten Land zur Aufrechnung gestellten Forderung aus einem Strafbefehl über 136,80 € insgesamt 863,20 € zugesprochen und die weitergehende Klage abgewiesen. Beide Parteien haben Rechtsmittel eingelegt. Das Oberlandesgericht hat in Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Kla- ge bezüglich der Inhaftierung im Jahre 2003 wegen Verjährung abgewiesen und im Übrigen wegen der Unterbringung von Juni 2006 bis März 2007 eine Entschädigung von 2.300 € zuerkannt. Hiergegen wendet sich das beklagte Land mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe


2
Die zulässige Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung an das Oberlandesgericht.

I.


3
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Unterbringung des Klägers in den Hafträumen B-216 (Grundfläche 17,74 m² bei einer Belegung mit vier Personen) sowie B-259 (Grundfläche 9,06 m² bei einer Belegung mit zwei Personen) sei menschenunwürdig gewesen. Jedem Insassen habe nur eine Grundfläche von rechnerisch lediglich 4,435 m² bzw. 4,53 m² zur Verfügung gestanden. Damit werde die Mindestgröße von Hafträumen, die in der Literatur als Untergrenze ernsthaft erwogen werde, deutlich unterschritten, wobei erschwerend hinzu komme, dass die Nutzfläche durch die Möblierung des Haftraums mit einer der Kopfzahl der untergebrachten Gefangenen entsprechenden Anzahl von Betten, Spinden, Stühlen und Tischen noch zusätzlich eingeschränkt werde, ebenso wie auch durch die im Haftraum installierte Toilettenkabine. Bei einer Grundfläche von weniger als 5 m² sei der dem Einzelnen unter Berücksichtigung des für die Möblierung notwendigen Flächenbedarfs verbleibende Bewegungsfreiraum so begrenzt, dass eine sinnvolle Freizeitbeschäfti- gung kaum noch möglich sei und der auch bei Strafhaft fortbestehende Anspruch des Gefangenen auf Wahrung eines Mindestmaßes an persönlicher Eigenständigkeit und Intimität in einer Weise beschnitten werde, die mit den Anforderungen an eine menschenwürdige Unterbringung unvereinbar sei.
4
dem Der Kläger zustehende Entschädigungsanspruch sei nicht nach § 839 Abs. 3 BGB ganz oder teilweise ausgeschlossen. Bereits nach dem eigenen Vortrag des beklagten Landes lasse sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass der Kläger im Falle der Ergreifung ihm zur Verfügung stehender Rechtsmittel die Fortdauer seiner menschenunwürdigen Unterbringung vorzeitig hätte beenden können. Dass einem schlichten Verlegungsantrag an die Anstaltsleitung entsprochen worden wäre, erscheine vor dem Hintergrund der im maßgeblichen Zeitraum stark angespannten Belegungssituation in der JVA D. ausgeschlossen. Auch für die Annahme, dass einem allein auf die als unzureichend bemängelte Zellengröße gestützten Eilantrag die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts D. stattgegeben hätte, fehle es an der erforderlichen Tatsachengrundlage. Zwar könne davon ausgegangen werden, dass diese bei einem Rechtsmittel des Klägers die ihr aus einem anderen Rechtsbeschwerdeverfahren zu einer Haftunterbringung in der JVA - bekannte Rechtsprechung des 1. Strafsenats des Oberlandesgerichts Hamm (Beschluss vom 20. Januar 2005, 1 Vollz (Ws) 147/04 OLG) berücksichtigt hätte. Ob die dortigen Ausführungen zur Zellengröße letztlich aber ausgereicht hätten, dem Kläger bereits vor dem Landgericht zum Erfolg zu verhelfen, sei fraglich. Näher liegender erscheine dem Senat ein Erfolg erst im Rahmen des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Dass eine solche Gerichtsentscheidung anschließend jedoch zeitnah umgesetzt worden wäre, lasse sich ungeachtet der gegenteiligen Behauptung des beklagten Landes nicht mit der gebotenen Sicherheit feststellen. Die allein auf die Person des Klägers zugeschnittene Dar- stellung des Landes lasse zu Unrecht offen, wie viele Gefangene im maßgeblichen Zeitraum in der JVA D. vergleichbaren und damit ebenfalls menschenunwürdigen Haftbedingungen ausgesetzt gewesen seien und deshalb wie der Kläger eine Verlegung in angemessene Zellen beanspruchten oder denen nunmehr aus Anlass einer ebenfalls geltend gemachten Entschädigung entgegengehalten werde, eine solche Verlegung nicht beansprucht zu haben. Zu berücksichtigen sei dabei, dass die Versäumung bestehender Rechtsmittel schon dann nicht als ursächlich für die Fortdauer der Haftsituation angesehen werden könne, wenn auch nur bei einem der betroffenen Gefangenen mangels ausreichender Kapazitäten der Anstalt eine zeitnahe Beendigung der menschenunwürdigen Unterbringung unmöglich gewesen sei. Denn in diesem Fall könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger derjenige gewesen wäre, dessen Lage die Anstalt nicht zu seinem Vorteil hätte verändern können.

II.


5
Dies hält der Nachprüfung nur teilweise stand.
6
1. Die Rüge des beklagten Landes, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft eine menschenunwürdige und grundsätzlich entschädigungspflichtige Haftsituation festgestellt, ist allerdings unbegründet.
7
a) Die Frage, wann die räumlichen Verhältnisse in einer Strafanstalt derart beengt sind, dass die Unterbringung eines Gefangenen die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) verletzt, lässt sich nicht abstrakt-generell klären, sondern muss der tatrichterlichen Beurteilung überlassen bleiben (vgl. Senat, BGHZ 161, 33, 35; Beschlüsse vom 21. Dezember 2005 - III ZR 33/05 - NJW 2006, 1289 Rn. 2, und 28. September 2006 - III ZB 89/05 - NJW 2006, 3572 Rn. 10). Deshalb kommt die vom beklagten Land geforderte "Klärung des verfassungsmäßigen Raummindestsolls" nicht in Betracht. In der Sache selbst hält die Annahme des Berufungsgerichts, die Haft sei menschenunwürdig gewesen, der eingeschränkten revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Soweit das beklagte Land in diesem Zusammenhang auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 12. Juli 2007 in Sachen Testa gegen Kroatien (EuGRZ 2008, 21, 23 Rn. 56 ff) hinweist, kann dahinstehen, ob unter Berücksichtigung des dieser Entscheidung zugrunde liegenden Maßstabs keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK vorgelegen hat. Denn die etwaige Einhaltung des dort niedergelegten und für die Konventionsstaaten verbindlichen Mindeststandards hindert nicht eine tatrichterliche Würdigung, dass bestimmte Haftbedingungen gegen das Grundgesetz verstoßen.
8
b) Auch die weitere Frage, wo im Rahmen der Bandbreite der in Betracht kommenden Fälle menschenunwürdiger Unterbringung die so genannte Erheblichkeitsschwelle liegt, bei deren Überschreiten eine Geldentschädigung zu gewähren ist, lässt sich nicht abstrakt-generell klären, sondern ist der tatrichterlichen , revisionsrechtlich nur beschränkt überprüfbaren Beurteilung überlassen (Senat, BGHZ 161, 33, 38; Beschluss vom 21. Dezember 2005, aaO). Rechtsfehler dieser Bewertung zeigt das beklagte Land nicht auf. Das Berufungsgericht hat nicht übersehen, dass zwischen der Feststellung einer Verletzung der Menschenwürde und der Zuerkennung einer Geldentschädigung kein zwingendes Junktim besteht (Senat, BGHZ 161, 33, 36). Genau so wenig hat das Berufungsgericht den Vortrag des beklagten Landes zu seinen Bemühungen zur Schaffung neuer Haftplätze und zur Steuerung der Belegungssituation ignoriert. Soweit es diesem Vorbringen im Rahmen der Bewertung des Organisationsver- schuldens des Landes keine die Erheblichkeitsschwelle tangierende Bedeutung beigemessen hat, bewegt sich dies im Rahmen des dem Tatrichter zustehenden Beurteilungsspielraums. Die Revision setzt bei ihrer abweichenden Würdigung letztlich nur in unzulässiger Weise ihre eigene Wertung an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts, ohne Verfahrens- oder materielle Rechtsfehler aufzeigen zu können.
9
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann sich das beklagte Land jedoch auf § 839 Abs. 3 BGB berufen. Danach tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Die Darlegungs- und Beweislast trägt insoweit der Schädiger (vgl. nur Senat, Urteil vom 16. Januar 1986 - III ZR 77/84 - NJW 1986, 1924, 1925; BGHZ 156, 294, 299; siehe auch Staudinger/Wurm, BGB, Neubearbeitung 2007, § 839 Rn. 350).
10
Die a) Revision rügt in diesem Zusammenhang zunächst zutreffend, dass sich das Berufungsgericht mit dem unter Beweis gestellten Vortrag in der Berufungserwiderung nur unzureichend auseinandergesetzt hat. Das beklagte Land hat dort unter anderem auch ausgeführt, dass die JVA D. im Falle der Einleitung eines gerichtlichen Überprüfungsverfahrens durch den Kläger nach §§ 109, 114 StVollzG binnen kürzester Zeit - zumindest innerhalb eines Zeitraums von weniger als zwei Wochen - Maßnahmen ergriffen hätte, mit denen es sofort zu einer Beendigung der gerügten menschenunwürdigen Unterbringung gekommen wäre. Die JVA hätte im Falle eines Antrags nach §§ 109, 114 StVollzG nicht den Ausgang des Verfahrens vor der Strafvollstreckungskammer abgewartet, sondern entsprechende Maßnahmen - die das beklagte Land dann im weiteren Schriftsatz erläutert hat - eingeleitet und den Kläger zeitnah in eine Einzelzelle verlegt. Das Berufungsgericht geht in seiner Urteils- begründung auf diese Behauptung nicht unmittelbar ein, sondern behandelt nur die Fragen, ob ein schlichter Verlegungsantrag des Klägers an die Anstaltsleitung im Vorfeld eines gerichtlichen Verfahrens Erfolg gehabt bzw. ob einem gerichtlichen Antrag des Klägers bereits die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts oder erst der Strafsenat des Oberlandesgerichts stattgegeben hätte.
11
b) Für die in letzterem Zusammenhang notwendigen Feststellungen über den hypothetischen Geschehensablauf bei Einlegung eines Rechtsmittels gilt nach der Rechtsprechung des Senats folgendes: Die Prüfung der Kausalität erfordert bei § 839 Abs. 3 BGB im Ansatz ähnliche Überlegungen wie bei § 839 Abs. 1 BGB. Allerdings kann der Grundsatz, wonach dann, wenn es bei der Feststellung der Ursächlichkeit einer Amtspflichtverletzung für den eingetretenen Schaden darauf ankommt, wie die Entscheidung eines Gerichts ausgefallen wäre, darauf abzustellen ist, wie nach Ansicht des über den Schadensersatzanspruch erkennenden Gerichts richtigerweise hätte entschieden werden müssen, im Rahmen des Absatzes 3 nicht uneingeschränkt Anwendung finden (vgl. Senat, Urteil vom 16. Januar 1986, aaO S. 1925). Vielmehr ist hier auch die Rechtspraxis hinsichtlich der in Rede stehenden Frage zu dem Zeitpunkt in Betracht zu ziehen, in dem das Rechtsmittel hätte eingelegt werden müssen (vgl. Senat, BGHZ 156, 294, 300; Staudinger/Wurm, aaO, Rn. 351).
12
Dementsprechend ist es im Ausgangspunkt richtig, wenn das Berufungsgericht bei seiner Würdigung die Rechtsprechung des für die JVA - als Rechtsbeschwerdegericht zuständigen 1. Strafsenats des Oberlandesgerichts Hamm in den Blick genommen hat. Weiterhin begegnet auch die Annahme keinen rechtlichen Bedenken, dass bei Zugrundelegung des in der zitierten Entscheidung vom 20. Januar 2005 angelegten Maßstabs davon auszuge- hen sei, der Strafsenat hätte die Haftsituation des Klägers beanstandet. Zwar betraf das dortige Verfahren, in dem eine menschenunwürdige Unterbringung in der JVA D. festgestellt wurde, eine Zelle, die sich bezüglich der - vom Strafsenat in seinem Beschluss gerügten - sanitären Ausstattung von den Räumlichkeiten unterschied, in denen sich der Kläger vormals befunden hat. Der Strafsenat hat jedoch unabhängig davon ausgeführt (Rn. 21, zitiert nach juris), dass die Zelle mit einer Größe von 8,8 m² bei einer Belegung mit zwei Gefangenen bereits den sich aus Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 3 EMRK ergebenden Mindestanforderungen an die Bodenfläche eines Haftraums nicht gerecht werde. Warum allerdings bei dieser Sachlage die erstinstanzlich zur Entscheidung berufene Strafvollstreckungskammer des Landgerichts D. bei ihrer rechtlichen Bewertung zu anderen Ergebnissen als der für sie zuständige Rechtsbeschwerdesenat hätte kommen sollen, dessen Rechtsprechung ihr bekannt sein musste, ist nicht ersichtlich und vom Berufungsgericht auch nicht nachvollziehbar dargelegt worden.
13
c) Die Entscheidung des Berufungsgerichts wird letztlich auch nicht von der Überlegung getragen, es lasse sich nicht feststellen, dass eine gerichtliche Entscheidung zugunsten des Klägers an dessen tatsächlicher Situation etwas geändert hätte.
14
aa) Unerheblich ist zunächst, ob die Anstaltsleitung in der Lage gewesen wäre, alle zum streitgegenständlichen Zeitraum (Juni 2006 bis März 2007) unter vergleichbaren Bedingungen in der JVA D. inhaftierten Gefangenen angemessen unterzubringen. Genauso wenig entscheidend ist, ob eine solche Möglichkeit bezüglich aller Insassen bestand, die damals - wie nach seiner Darstellung der Kläger - eine Verlegung beantragt hatten und deshalb auf der sogenannten Warteliste standen. Denn es kann davon ausgegangen werden, dass die Anstaltsleitung jedenfalls diejenigen, zu deren Gunsten eine Gerichtsentscheidung ergangen wäre, vorrangig berücksichtigt hätte. Des Weiteren ist die vom Berufungsgericht - erkennbar vor dem Hintergrund anhängiger Parallelverfahren - angestellte Überlegung, die Versäumung bestehender Rechtsmittel könne schon dann nicht als ursächlich für die Fortdauer der menschenunwürdigen Unterbringung angesehen werden, wenn nur bei einem der betroffenen Gefangenen mangels ausreichender Kapazitäten eine zeitnahe Beendigung seiner Haftsituation unmöglich gewesen wäre, (allzu) theoretischer Natur. Aus dem Umstand, dass zahlreiche Strafgefangene einer bestimmten Justizvollzugsanstalt - aus welchen Gründen auch immer - jetzt mehr oder weniger zeitgleich eine Haftentschädigung verlangen, kann bei lebensnaher Betrachtung nicht ohne weiteres geschlossen werden, alle Kläger hätten (bei gehöriger Überlegung ) vormals mehr oder weniger zeitgleich gerichtliche Anträge auf Änderung ihrer Haftbedingungen gestellt. Die tatsächlichen Gegebenheiten (allenfalls in einer verschwindend geringen Zahl von Fällen wurden von Häftlingen in Nordrhein-Westfalen Gerichtsentscheidungen herbeigeführt; in der - vom Kläger nicht bestrittenen - Auflistung des beklagten Landes im Schriftsatz vom 20. Oktober 2008 ist bezüglich der JVA D. lediglich ein Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts D. vom 27. Mai 2008 aufgeführt ) lassen eher das Gegenteil vermuten. Im übrigen ist in diesem Zusammenhang auch das Argument des Landes, ein Teil der Gefangenen wäre trotz der vorhandenen Platznot in den Gemeinschaftszellen bereit gewesen, sich zur "Vermeidung von Eintönigkeit, Langeweile oder Einsamkeit" mit anderen Häftlingen gemeinschaftlich unterbringen zu lassen, so dass Raum für die Umsetzung entsprechender Gerichtsentscheidungen bestanden hätte, nicht von der Hand zu weisen.
15
Entscheidend bb) kommt folgendes hinzu: In einem Rechtsstaat ist grundsätzlich davon auszugehen, dass Behörden gerichtliche Entscheidungen beachten. Insoweit hat das beklagte Land - vom Kläger nicht bestritten - mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2008 auch vorgetragen, es habe in der Vergangenheit die Beschlüsse der Strafvollstreckungskammern in Nordrhein-Westfalen , durch die eine menschenunwürdige Unterbringung eines Gefangenen festgestellt wurde, sofort umgesetzt. Aber selbst wenn unterstellt wird, dass sich die Haftanstalt - aus welchen Gründen auch immer - nicht in der Lage gesehen hätte, den Kläger umgehend in eine Einzelzelle zu verlegen, stünde dies dem Einwand des beklagten Landes aus § 839 Abs. 3 BGB nicht entgegen. Denn die Betrachtung der möglichen Umsetzung einer gerichtlichen Haftentscheidung kann nicht auf die Frage nach einer angemessenen Alternativunterbringung beschränkt werden; dies wäre ein verkürzter Blickwinkel. Sind die Haftbedingungen menschenunwürdig und kann eine Vollzugsanstalt auch unter Berücksichtigung aller ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten (einschließlich der Verlegung in eine andere Haftanstalt, gegebenenfalls auch in einem anderen Bundesland ) einer Gerichtsentscheidung, die dies feststellt, nicht nachkommen, muss notfalls die Strafvollstreckung unterbrochen werden. Die Aufrechterhaltung eines gegen Art. 1 Abs. 1 GG verstoßenden Zustands ist verboten. Eine Abwägung der unantastbaren Menschenwürde mit anderen - selbst verfassungsrechtlichen - Belangen ist nicht möglich (vgl. BVerfG, NJW 2006, 1580, 1581 Rn. 18). Die Vollzugsanstalt hat deshalb in letzter Konsequenz den Strafvollzug zu unterbrechen, wenn und solange eine weitere Unterbringung nur unter menschenunwürdigen Bedingungen in Betracht käme. Vor diesem Hintergrund erweist sich die Feststellung des Berufungsgerichts, der Kläger hätte auch im Falle eines Erfolgs seines Rechtsmittels an der Haftsituation nichts ändern können, als rechtsfehlerhaft.
16
d) Die in der Revisionserwiderung erhobene Gegenrüge des Klägers, ihm sei der Gebrauch eines solchen Rechtsmittels unzumutbar gewesen, da ihm immer wieder gesagt worden sei, dass es aufgrund der Überbelegung keinen Zweck habe zu versuchen, an der Warteliste vorbei früher eine Einzelzelle zu bekommen, und er angesichts der Unfähigkeit der Anstaltsleitung, trotz Art. 1 Abs. 1 GG menschenwürdige Haftbedingungen zu schaffen, nicht an den Erfolg eines Rechtsmittels habe glauben können, greift demgegenüber nicht durch. Zwar fehlt es am Verschulden im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB, wenn die Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels so gering oder zweifelhaft ist, dass dem Verletzten dessen Gebrauch nicht zugemutet werden kann (vgl. Senat, Urteil vom 20. Februar 2003 - III ZR 224/01 - NJW 2003, 1308, 1313, insoweit in BGHZ 154, 54 nicht abgedruckt; Beschluss vom 29. Januar 2009 - III ZR 182/08 - juris Rn. 2 f). Dies zu beurteilen obliegt aber grundsätzlich dem Tatrichter nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls. Die diesbezügliche Bewertung des Berufungsgerichts weist keine Rechtsfehler auf.
17
e) Soweit ein Rechtsmittel bzw. dessen Umsetzung erst von einem bestimmten Zeitpunkt an weitere Schäden verhindert hätte, führt dies im Übrigen nur dazu, dass bei schuldhafter Unterlassung der Einlegung des Rechtsmittels der Anspruch für die weiteren Schäden entfällt. Er bleibt jedoch für etwaige bereits vorher entstandene Schäden bestehen, d.h. hier hat eine zeitliche Differenzierung zu erfolgen (vgl. nur Senat, Urteile vom 16. Januar 1986, aaO, S. 1924 und 5. Februar 1987 - III ZR 16/86 - BGHR BGB § 839 Abs. 3 - Kausalität

1).


18
3. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zur weiteren Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass einem etwaigen Anspruch des Klägers auf Haftentschädigung nicht (teilweise) die Hilfsaufrechnung des beklagten Landes entgegensteht. Die Frage, ob es der Justizverwaltung unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) verwehrt ist, gegenüber dem Anspruch eines Gefangenen auf Geldentschädigung wegen menschenunwürdiger Haftbedingungen mit einer Gegenforderung auf Erstattung offener Kosten eines Strafverfahrens aufzurechnen, hat der Senat zwischenzeitlich durch Urteil vom 1. Oktober 2009 (III ZR 18/09 - VersR 2009, 1664) im Sinne des Berufungsgerichts entschieden.
Schlick Dörr Wöstmann
Hucke Seiters
Vorinstanzen:
LG Detmold, Entscheidung vom 08.05.2008 - 9 O 294/07 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 18.03.2009 - 11 U 88/08 -

(1) Die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe ist aufzuschieben, wenn der Verurteilte in Geisteskrankheit verfällt.

(2) Dasselbe gilt bei anderen Krankheiten, wenn von der Vollstreckung eine nahe Lebensgefahr für den Verurteilten zu besorgen ist.

(3) Die Strafvollstreckung kann auch dann aufgeschoben werden, wenn sich der Verurteilte in einem körperlichen Zustand befindet, bei dem eine sofortige Vollstreckung mit der Einrichtung der Strafanstalt unverträglich ist.

(4) Die Vollstreckungsbehörde kann die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe unterbrechen, wenn

1.
der Verurteilte in Geisteskrankheit verfällt,
2.
wegen einer Krankheit von der Vollstreckung eine nahe Lebensgefahr für den Verurteilten zu besorgen ist oder
3.
der Verurteilte sonst schwer erkrankt und die Krankheit in einer Vollzugsanstalt oder einem Anstaltskrankenhaus nicht erkannt oder behandelt werden kann
und zu erwarten ist, daß die Krankheit voraussichtlich für eine erhebliche Zeit fortbestehen wird. Die Vollstreckung darf nicht unterbrochen werden, wenn überwiegende Gründe, namentlich der öffentlichen Sicherheit, entgegenstehen.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung zu ersetzen.

(2) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten.

(3) In den übrigen Fällen kann das Bundesverfassungsgericht volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.