Bundessozialgericht Urteil, 29. Nov. 2017 - B 6 KA 33/16 R

ECLI:ECLI:DE:BSG:2017:291117UB6KA3316R0
bei uns veröffentlicht am29.11.2017

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen den Beschluss des Landessozialgerichts für das Saarland vom 11. Januar 2016 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Im Streit steht eine sachlich-rechnerische Richtigstellung vertragsärztlichen Honorars aufgrund zu umfangreich erbrachter belegärztlicher Leistungen.

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Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis (nunmehr: Berufsausübungsgemeinschaft - BAG), die im Quartal IV/2006 aus drei im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen HNO-Ärzten bestand. Eines ihrer Mitglieder, der zuvor im Bereich einer anderen KÄV niedergelassene Dr. K., erhielt mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 24.10.2001 eine Sonderzulassung (§ 103 Abs 7 SGB V) als Facharzt für HNO-Heilkunde mit Vertragsarztsitz in N. für die Dauer seiner belegärztlichen Tätigkeit am dortigen S. Krankenhaus. In dem zwischen Dr. K. und dem Krankenhausträger geschlossenen Belegarztvertrag war vereinbart, dass dem Belegarzt für die stationäre Behandlung seiner Patienten die im Krankenhausplan ausgewiesenen Planbetten der HNO-Abteilung zur Verfügung stünden, er bei Bedarf aber auch anderweitig nicht belegte Betten nutzen könne. Auf der Grundlage dieses Belegarztvertrags erteilte die Beklagte Dr. K. auch die Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung belegärztlicher Leistungen (Belegarztanerkennung nach § 40 Abs 2 BMV-Ä bzw § 32 Abs 2 EKV-Ä - Bescheid vom 17.10.2001). In dem Bescheid ist ua ausgeführt: "Für diese belegärztliche Tätigkeit stehen Ihnen die derzeit im Krankenhausbedarfsplan des Saarlandes für das S. Krankenhaus N. ausgewiesenen fünf HNO-heilkundlichen Belegbetten zur Verfügung". Bei der zuvor erfolgten Anhörung der Krankenkassen(verbände) hatte die Bundesknappschaft ihr Einvernehmen zur Erteilung der Belegarztanerkennung daran geknüpft, dass "gleichzeitig nie mehr als die im Krankenhausplan für den Bereich der HNO ausgewiesenen 5 Betten belegt werden" (Schreiben vom 10.9.2001); auch der BKK-Landesverband hatte sich in diesem Sinne geäußert.

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Für das hier streitbefangene Quartal IV/2006 setzte die Beklagte das vertragsärztliche Honorar der Klägerin für ambulante Behandlungen sowie für 196 abgerechnete stationäre Fälle auf 146 434,10 Euro fest (Bescheid vom 25.4.2007). Ohne die Klägerin zuvor anzuhören, hob die Beklagte gut zwei Jahre später diesen Bescheid wieder auf (Bescheid vom 24.6.2009). Die Klägerin habe ärztliches Honorar ohne Rechtsgrund erhalten, soweit es für stationäre Behandlungen von Patienten gezahlt worden sei, mit denen eine Belegung von fünf Betten überschritten wurde. Die Belegarztanerkennung von Dr. K. habe fünf Belegbetten umfasst, was bei 92 Tagen des Quartals maximal 460 Belegungstage ergebe. Dr. K. habe jedoch insgesamt 898 Bettentage belegt. Die Zahl der belegten Betten könne weder vom Krankenhaus noch vom Belegarzt einseitig erhöht werden.

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Nachdem die Klägerin Widerspruch erhoben hatte, erließ die Beklagte am 24.7.2009 einen weiteren Bescheid. Sie änderte darin den Bescheid "vom 25.4.2007" und reduzierte den Honoraranspruch der Klägerin für das Quartal IV/2006 um 22 005 Euro. Die Beklagte führte nunmehr unter Bezugnahme auf eine "beispielhafte Auflistung der Belegungsdaten" aus, Dr. K. habe in dem Quartal Leistungen für insgesamt 949 Betten(tage) abgerechnet, davon an mehreren Tagen für bis zu 21 Patienten gleichzeitig. Da er jedoch nur berechtigt gewesen sei, ärztliche Leistungen für fünf Belegbetten pro Tag zu erbringen, seien Leistungen vergütet worden, die mangels Genehmigung nicht hätten erbracht werden dürfen. Der Umfang der Überzahlung sei ermittelt worden, indem das insgesamt für belegärztliche Leistungen gezahlte Honorar in Höhe von 42 712,94 Euro durch die Zahl der belegten Betten(tage) geteilt worden sei, was ein Durchschnittshonorar je Bettentag von 45 Euro und einen rechtsgrundlos gezahlten Betrag von (949 ./. 460 = 489 x 45 Euro =) 22 005 Euro ergebe. Den von der Klägerin nicht weiter begründeten Widerspruch wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 26.7.2011).

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Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 10.10.2012). Der Bescheid vom 17.10.2001 habe zugunsten von Dr. K. eine Belegarztanerkennung "eindeutig und unmissverständlich" nur für fünf Belegbetten ausgesprochen; zur Erbringung und Abrechnung weiterer belegärztlicher Leistungen sei er nicht berechtigt gewesen. Diese Vorgaben könnten nicht unter Verweis auf den durch § 25 Abs 5 Saarländisches Krankenhausgesetz (KHG SL) ermöglichten Bettenausgleich zwischen einzelnen Fachabteilungen unterlaufen werden. Maßgeblich sei allein die Belegarztanerkennung. Vertrauensschutz aufgrund einer von der Beklagten über fast drei Jahre unbeanstandet gebliebenen gleichartigen Abrechnungspraxis komme der Klägerin nicht zugute.

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Das LSG hat die Berufung der Klägerin unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des SG zurückgewiesen (Beschluss vom 11.1.2016). Ergänzend hat es ausgeführt, die KÄV habe nach § 40 Abs 2 BMV-Ä über eine Anerkennung als Belegarzt im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen zu entscheiden. Da der den Landesverbänden zugeleitete Antrag des Dr. K. auf Anerkennung als Belegarzt ausdrücklich auf fünf HNO-heilkundliche Betten abgestellt habe, habe die Klägerin nicht davon ausgehen können, dass sie ohne eine entsprechende Erweiterung des Antrags eine beliebig große Anzahl von Belegbetten in Anspruch nehmen könne. Eine Akzessorietät zwischen dem Krankenhausbedarfsplan einerseits und dem Umfang der abrechnungsfähigen belegärztlichen Tätigkeit andererseits im Sinne eines Automatismus bestehe nicht.

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Die Klägerin rügt mit ihrer Revision eine Verletzung von § 103 Abs 7 SGB V sowie von § 25 Abs 5 KHG SL(in der bis zum 24.9.2015 geltenden Fassung des Gesetzes Nr 1573 vom 13.7.2005, ABl 1290). Eine Begrenzung der abrechenbaren Belegtage entsprechend der in der Belegarztanerkennung benannten Zahl an Belegbetten sei mit diesen Bestimmungen unvereinbar und widerspreche dem Sinn und Zweck des Belegarztwesens. Der Gesetzgeber habe das Belegarztwesen im Interesse einer effizienten, wirtschaftlichen und sektorenübergreifenden Verzahnung der Versorgungsbereiche fördern wollen. Das ergebe sich aus der Regelung in § 103 Abs 7 SGB V, aber auch aus § 115 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V. § 103 Abs 7 SGB V diene auch den Interessen der Krankenhäuser, deren Organisationsentscheidungen zur Errichtung oder Aufrechterhaltung einer Belegabteilung durch vertragsarztrechtliche Zulassungsbeschränkungen nicht beeinträchtigt werden sollten. Daher verbiete sich eine starre zahlenmäßige Begrenzung der belegbaren Betten; die im Anerkennungsbescheid genannte Bettenzahl könne allenfalls ein Richtwert sein. Die Zulassung als Belegarzt sei beschränkt auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit. Es bestehe aber nicht nur eine solche "Tätigkeitsakzessorietät", sondern auch eine "Vertragsakzessorietät", da das Bestehen eines Belegarztvertrags zwischen Krankenhausträger und Arzt Voraussetzung für dessen Zulassung sei. Diese "Vertragsakzessorietät" hätten die Vorinstanzen verkannt, indem sie ausschließlich auf den Wortlaut der Belegarztanerkennung abgestellt und die Regelungen des Belegarztvertrags außer Acht gelassen hätten.

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Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin in Absprache mit dem Krankenhausträger von der Möglichkeit eines "interdisziplinären Bettenausgleichs" gemäß § 25 Abs 5 KHG SL Gebrauch gemacht habe. Die Vorschrift sei als krankenhausrechtliche Rahmenbedingung auch bei der Ausgestaltung der belegärztlichen Tätigkeit zu beachten, da Dr. K. durch die Belegarztanerkennung die Berechtigung erhalten habe, die belegärztlichen Leistungen "nach den jeweils geltenden Bestimmungen abzurechnen". Dieses Zusammenspiel zwischen der Belegarztanerkennung und dem durch das Krankenhausrecht ermöglichten Bettenausgleich hätten die Vorinstanzen nicht beachtet.

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Eine Begrenzung der Abrechenbarkeit belegärztlich erbrachter Leistungen auf die in der Belegarztanerkennung benannte Bettenzahl sei auch mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. Sie verletze das Grundrecht der Berufsfreiheit gemäß Art 12 Abs 1 GG, weil sie nicht durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sei. Ein hierauf gestützter Regress verletzte sie - die Klägerin - zudem in ihren Rechten aus Art 14 GG, da er bei ihr zu massiven Umsatz- und Gewinneinbußen führe. Schließlich sei durch die rechtswidrigen Entscheidungen der Beklagten und der Vorinstanzen Art 3 Abs 1 GG in Gestalt des Willkürverbots verletzt.

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Der Regressbescheid der Beklagten sei aber auch wegen Missachtung des Vertrauensschutzes rechtswidrig. Die Beklagte habe einen Vertrauenstatbestand geschaffen, indem sie "auf der Grundlage eines Belegarztvertrages ohne Beschränkung der Bettenanzahl" eine Belegarztanerkennung erteilt habe, ohne darauf hinzuweisen, dass eine Abrechnung weiterer Belegbetten über eine bestimmte Anzahl hinaus nicht möglich sei. Ein solcher Hinweis sei auch später - trotz fehlerhafter Abrechnung über mehrere Jahre - unterblieben, was weiteres schützenswertes Vertrauen der Klägerin begründet habe. Gemäß den in der bisherigen Rechtsprechung herausgearbeiteten Fallgruppen für anzuerkennenden Vertrauensschutz sei hier eine nachträgliche Honorarkürzung ausgeschlossen.

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Die Klägerin beantragt,
den Beschluss des LSG für das Saarland vom 11.1.2016, das Urteil des SG für das Saarland vom 10.10.2012 sowie die Bescheide der Beklagten vom 24.6.2009 und 24.7.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.7.2011 aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend. Aus dem Ziel des Gesetzgebers, das Belegarztwesen zu fördern, könne nicht abgeleitet werden, dass der Adressat einer Belegarztanerkennung deren Umfang einseitig erweitern dürfe. Die von der Klägerin reklamierte Akzessorietät zwischen Belegarztvertrag und Belegarztanerkennung bestehe nicht. Die Klägerin könne sich im Hinblick darauf, dass der Genehmigungsbescheid in unmissverständlicher Weise eine quantitative Obergrenze ausweise, auch nicht mit Erfolg auf Vertrauensschutz berufen. Im Übrigen habe sie - die Beklagte - bei der Ermittlung der Höhe des Regresses das Honorar nur bis zur durchschnittlichen Anzahl von fünf Belegbetten gekürzt. Damit habe sie einen Ausgleich zwischen verschiedenen Belegungstagen zugestanden, obwohl auf der Grundlage einer taggenauen Betrachtung eine weit höhere Kürzung möglich gewesen wäre.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Klägerin ist nicht begründet (§ 170 Abs 1 SGG). Die Vorinstanzen haben ihre Klage zu Recht abgewiesen. Die nachträgliche Richtigstellung des vertragsärztlichen Honorars der Klägerin für das Quartal IV/2006 hinsichtlich jener belegärztlichen Behandlungen, die über den in der Belegarztanerkennung bestimmten Umfang des Versorgungsauftrags hinausgingen, ist nicht zu beanstanden.

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1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind der die Klageabweisung bestätigende Beschluss des LSG vom 11.1.2016 sowie die Bescheide der Beklagten vom 24.6.2009 und vom 24.7.2009 zur Korrektur des der Klägerin für das Quartal IV/2006 bewilligten vertragsärztlichen Honorars in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.7.2011. Im Bescheid vom 24.6.2009 verfügte die Beklagte die Aufhebung des ursprünglichen Honorarbescheids für das Quartal IV/2006. Nach Erhebung des Widerspruchs entschied sie im Bescheid vom 24.7.2009, dass der - zuvor aufgehobene - Honorarbescheid vom 25.4.2007 geändert, das Honorar um 22 005 Euro reduziert und das Honorarkonto der Klägerin mit diesem Betrag belastet werde. Mit diesen Regelungen wollte die Beklagte bei verständiger Würdigung ersichtlich nicht den Bescheid vom 25.4.2007, sondern - im Rahmen des § 86 SGG - den Bescheid vom 24.6.2009 ändern; die dort verfügte vollständige Aufhebung des Honorarbescheids wurde nunmehr durch eine lediglich teilweise Aufhebung hinsichtlich eines Honorarbetrags von 22 005 Euro ersetzt. Zugleich wurde mit der Ankündigung einer Belastung des Honorarkontos bei der nächstfolgenden Honorarabrechnung (= Aufrechnung) dieser Betrag von der Klägerin zurückgefordert (vgl § 50 Abs 1 S 1 SGB X). Gegen diese nachgehende Richtigstellung und Rückforderung bereits zuerkannten vertragsärztlichen Honorars wendet sich die Klägerin zutreffend mit einer reinen Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 Alt 1 SGG - s hierzu Clemens in juris-PK SGB V, 3. Aufl 2016, § 106a RdNr 52; Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, K § 106a RdNr 167, Stand der Einzelkommentierung Dezember 2015). Sie gilt als Gemeinschaftspraxis (BAG) in ihrer bei Erlass der Bescheide maßgeblichen Zusammensetzung insoweit als fortbestehend und ist weiterhin Beteiligte des gerichtlichen Verfahrens (BSG Urteil vom 5.5.2010 - B 6 KA 21/09 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 57 RdNr 15; BSG Urteil vom 23.3.2011 - B 6 KA 11/10 R - BSGE 108, 35 = SozR 4-2500 § 115b Nr 3, RdNr 33 mwN).

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2. Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Zwar wurde die Klägerin vor Erlass der Richtigstellungsbescheide nicht - wie erforderlich (§ 24 Abs 1 SGB X) - angehört, doch ist die Anhörung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens wirksam nachgeholt worden. Die Heilung eines Anhörungsmangels kann während des Widerspruchsverfahrens erfolgen, wenn dem Betroffenen hinreichende Gelegenheit gegeben wird, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (BSG Urteil vom 11.6.2003 - B 5 RJ 28/02 R - SozR 4-1300 § 24 Nr 1 RdNr 19). Die Beklagte hat in dem von ihr nach Einlegung des Widerspruchs erlassenen Bescheid vom 24.7.2009 der Klägerin alle entscheidungserheblichen Tatsachen mitgeteilt, sodass diese hinreichend Gelegenheit hatte, sich vor einer abschließenden Entscheidung sachgerecht zu äußern (vgl BSG Urteil vom 28.8.2013 - B 6 KA 50/12 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 12 RdNr 16; zur Nachholung einer Anhörung bis zur letzten gerichtlichen Tatsacheninstanz s BSG Urteil vom 16.3.2017 - B 10 LW 1/15 R - RdNr 15 ff, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-1300 § 41 Nr 3 vorgesehen).

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3. In der Sache hat die Beklagte den zugunsten der Klägerin für das Quartal IV/2006 erlassenen Honorarbescheid zu Recht hinsichtlich solcher Leistungen richtiggestellt, die deren Mitglied Dr. K. für belegärztlich (stationär) behandelte Patienten unter Inanspruchnahme von Krankenhausbetten erbrachte, welche über den in seiner Belegarztanerkennung auf fünf HNO-Belegbetten begrenzten Versorgungsauftrag hinausgingen.

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a) Rechtsgrundlage für die sachlich-rechnerische Richtigstellung der Honorarabrechnung und der darauf beruhenden Korrektur des bereits erteilten Honorarbescheids ist hier noch § 106a Abs 2 S 1 Halbs 1 SGB V(idF von Art 1 Nr 83 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung ; nunmehr inhaltsgleich § 106d Abs 2 S 1 Halbs 1 SGB V in der ab 1.1.2017 geltenden Fassung von Art 2 Nr 9 GKV-Versorgungsstärkungsgesetz vom 16.7.2015, BGBl I 1211). Nach dieser Vorschrift stellt die KÄV die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest.

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Eine solche Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit betrifft nicht nur die Frage, ob die Honorarabrechnung des Vertragsarztes mit den Abrechnungsvorgaben des Regelwerks - dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab, dem Honorarverteilungsmaßstab sowie weiteren Abrechnungsbestimmungen - übereinstimmt. Sie erstreckt sich auch darauf, ob aus anderen Gründen "zu Unrecht Honorare angefordert werden" (vgl Gesetzentwurf zum GMG, BT-Drucks 15/1525 S 117 - zu Nr 83 <§ 106a>). Sie zielt umfassend auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots - erbracht und abgerechnet worden sind (zuletzt BSG Urteil vom 28.6.2017 - B 6 KA 12/16 R - Juris RdNr 10, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; s auch BSG Urteil vom 23.6.2010 - B 6 KA 7/09 R - BSGE 106, 222 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 25 ff). Dementsprechend sehen auch die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung mit dem GKV-Spitzenverband vereinbarten "Richtlinien gemäß § 106a SGB V"(PrüfRL § 106a - in der ab 1.7.2008 geltenden Fassung, DÄ 2008, A-1925; ebenso bereits Fassung vom 17.9.2004, DÄ 2004, A-2555 - abgedruckt in Hauck/Noftz, SGB V, Stand September 2017, K § 106a Anhang I) in § 3 Abs 1 vor, dass die Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Abrechnung sowohl die formal richtige Abrechnung der erbrachten Leistungen als auch die rechtlich ordnungsgemäße Leistungserbringung umfasst. Die rechtlich ordnungsgemäße Leistungserbringung wird in § 4 Abs 1 PrüfRL § 106a als Gegenstand der Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit definiert. Gemäß § 6 Abs 2 1. Spiegelstrich PrüfRL § 106a sind Abrechnungen insbesondere auch dann rechtlich nicht ordnungsgemäß, wenn die Berechtigung zur Leistungsabrechnung fehlt.

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In diesem Sinne hat der Senat den Anwendungsbereich für sachlich-rechnerische Richtigstellungen des vertragsärztlichen Honorars als eröffnet angesehen im Fall der Erbringung fachfremder Leistungen (BSG Urteil vom 5.2.2003 - B 6 KA 15/02 R - SozR 4-2500 § 95 Nr 1 RdNr 6)oder von Leistungen, die das Mitglied einer versorgungsbereichsübergreifenden Gemeinschaftspraxis außerhalb seines hausärztlichen Versorgungsbereichs erbracht hat (BSG Urteil vom 14.12.2011 - B 6 KA 31/10 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 8 RdNr 10 ff), der Abrechnung ambulanter Operationen trotz anschließender Einweisung der Patienten in eine Privatklinik, was dazu führte, dass rechtlich eine stationäre Leistung vorlag (BSG Urteil vom 8.9.2004 - B 6 KA 14/03 R - SozR 4-2500 § 39 Nr 3 RdNr 8), der Abrechnung von Leistungen außerhalb des Rahmens der vom Krankenhaus zu erbringenden ambulanten Notfallversorgung (BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 5/12 R - SozR 4-2500 § 115 Nr 1 RdNr 13) oder auch von Leistungen, mit denen die vom Zulassungsausschuss festgesetzte quartalsbezogene Gesamtpunktzahl für Job-sharing-Partner überschritten wurde (BSG Urteil vom 28.8.2013 - B 6 KA 43/12 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 11 RdNr 13 f). Über die in § 6 Abs 2 PrüfRL § 106a beispielhaft aufgezählten Anlässe für eine sachlich-rechnerische Richtigstellung hinaus hat der Senat deren Anwendungsbereich dahingehend zusammengefasst, dass ihre einzige tatbestandliche Voraussetzung die Rechtswidrigkeit der Honorarabrechnung bzw - bei nachgehender Richtigstellung - des Honorarbescheids sei(BSG Urteil vom 28.8.2013 - aaO RdNr 14). Eine solche Rechtswidrigkeit der Honorarabrechnung ist auch gegeben, wenn die ihr zugrunde liegende Leistungserbringung rechtswidrig ist, weil mit ihr der Umfang des dem Vertragsarzt genehmigten Versorgungsauftrags zur Erbringung stationärer (belegärztlicher) Leistungen überschritten wird.

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b) Die genannte tatbestandliche Voraussetzung für eine sachlich-rechnerische Richtigstellung des Honorarbescheids für das Quartal IV/2006 lag hier vor. Die ursprüngliche Honorarbewilligung war teilweise rechtswidrig, soweit die Beklagte vertragsärztliches Honorar auch für Leistungen gewährte, welche die Klägerin durch ihr Mitglied Dr. K. für im Krankenhaus belegärztlich betreute Patienten erbracht hatte, deren Behandlungen über den Umfang des mit der Belegarztanerkennung eröffneten Versorgungsauftrags für fünf HNO-Belegbetten hinausgingen. Insoweit fehlte der Klägerin die Berechtigung zur Erbringung belegärztlicher Leistungen (zu einer solchen Konstellation s auch Ratzel/Luxenburger in Ratzel/Luxenburger , Handbuch Medizinrecht, 3. Aufl 2015, Kap 21 RdNr 20 Punkt 3).

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aa) Eine Beschränkung des belegärztlichen Versorgungsauftrags in quantitativer Hinsicht ergab sich hier bereits aus den Festlegungen des Bescheids der Beklagten vom 17.10.2001 über die Belegarztanerkennung des Dr. K. Die dortige Regelung, dass für die genehmigte belegärztliche Tätigkeit "die derzeit im Krankenhausbedarfsplan des Saarlandes für das S. Krankenhaus N. ausgewiesenen fünf HNO-heilkundlichen Belegbetten" zur Verfügung stehen, ist als Inhaltsbestimmung der erteilten Genehmigung anzusehen, die deren Reichweite näher umschreibt (zur Inhaltsbestimmung vgl BSG Urteil vom 28.9.2016 - B 6 KA 40/15 R - BSGE 122, 55 = SozR 4-2500 § 103 Nr 22, RdNr 14; BSG Urteil vom 25.1.2017 - B 6 KA 11/16 R - RdNr 27, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-5540 § 5 Nr 2 vorgesehen; s auch Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 32 RdNr 4). Sie definiert nach der Auslegung durch das LSG den Umfang des Versorgungsauftrags, den die Belegarztanerkennung Dr. K. im Rechtsverhältnis zu seiner KÄV über die originäre Aufgabe der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung hinaus (vgl § 95 Abs 3 S 1 SGB V)eröffnet hat. Das ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden (zu den Maßstäben einer Überprüfung der Auslegung durch das Revisionsgericht s BSG Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 38/13 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 47 RdNr 17 mwN). Die Bestimmung ist danach nicht - wie die Klägerin meint - lediglich als Festlegung einer Mindestzahl an zu versorgenden Betten zu verstehen, die bei Bedarf jederzeit in beliebigem Umfang aufgestockt werden kann. Im Rahmen einer Auslegung nach den Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen und hier zudem vertragsarztrechtlich informierten Empfängers des Bescheids (sog Empfängerhorizont - vgl BSG Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 38/13 R, aaO) kann vielmehr kein Verstoß gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze darin gesehen werden, dass das LSG angenommen hat, die Beklagte habe mit dieser Formulierung die gesetzlichen und vertraglichen Rahmenbedingungen einer belegärztlichen Tätigkeit nach den Vorgaben des Krankenhausplans umsetzen wollen. Das LSG hat das nachvollziehbar auch damit begründet, dass die Bundesknappschaft die Erteilung ihres (für die Belegarztanerkennung erforderlichen) Einvernehmens mit der Bedingung verknüpft hatte, "dass gleichzeitig nie mehr als die im Krankenhausplan für den Bereich der HNO ausgewiesenen 5 Betten belegt werden" (sinngemäß ebenso der BKK-Landesverband).

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Dr. K. hat diese Inhaltsbestimmung seiner Belegarztanerkennung bestandskräftig werden lassen; er hat auch später bei der Beklagten keine Änderung (Erweiterung) beantragt. Die quantitative Begrenzung der belegärztlichen Tätigkeit auf die Versorgung von fünf HNO-Betten war damit auch für seine belegärztliche Tätigkeit im Quartal IV/2006 bindend (§ 77 SGG). Das gilt nicht zuletzt auch im Hinblick darauf, dass die KÄV und die Landesverbände der Krankenkassen nur unter Zugrundelegung des Umfangs der erteilten Belegarztanerkennungen in der Lage sind, das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen (Gesamtvergütung) zu bestimmen, zu denen - ausnahmsweise - auch die von Belegärzten erbrachten stationären Behandlungen gehören (§ 85 Abs 1, Abs 2 S 2, Abs 3 S 1 iVm § 121 Abs 3 S 1 SGB V).

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bb) Auch ohne Berücksichtigung einer nur in genau definiertem (begrenztem) Umfang durch die KÄV erteilten vertragsärztlichen Belegarztanerkennung ist die Erbringung und Abrechnung belegärztlicher Leistungen nur statthaft, soweit diese stationären Behandlungen qualitativ und quantitativ vom Versorgungsauftrag des betreffenden Krankenhauses umfasst sind.

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Belegärztliche Leistungen werden ausschließlich im Rahmen von Krankenhausbehandlungen der Versicherten (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 5 SGB V)erbracht. Entsprechend ihrer sektorenübergreifenden "Zwitterstellung" müssen sie nicht nur den vertragsarztrechtlichen, sondern zugleich auch den krankenhausrechtlichen Vorgaben genügen. Versicherte können gemäß § 39 Abs 1 S 2 und 3 SGB V vollstationäre Krankenhausbehandlung nur durch ein nach § 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus und nur "im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses" beanspruchen. In einem zugelassenen Krankenhaus findet eine Versorgung nur statt, wenn sie sich - abgesehen von Notfällen - innerhalb des Versorgungsauftrags des Krankenhauses hält. Bei Plankrankenhäusern ergibt sich der Versorgungsauftrag aus den Festlegungen des Krankenhausplans in Verbindung mit den Bescheiden zu seiner Durchführung und gegebenenfalls ergänzenden - die Bettenzahl reduzierenden - Vereinbarungen gemäß § 109 Abs 1 S 4 SGB V(BSG Urteil vom 24.1.2008 - B 3 KR 17/07 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 7 RdNr 17, 19; BSG Urteil vom 23.6.2015 - B 1 KR 20/14 R - BSGE 119, 141 = SozR 4-2500 § 108 Nr 4, RdNr 8 ff, 14 mwN; s auch BVerwG Urteil vom 20.12.2007 - 3 C 53/06 - Buchholz 451.73 § 12 BPflVO Nr 1 = NZS 2008, 595 RdNr 24, 29 f).

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Entsprechendes kommt in der grundlegenden Bestimmung zur belegärztlichen Behandlung in § 38 BMV-Ä bzw § 30 EKV-Ä zum Ausdruck. Eine stationäre vertragsärztliche Behandlung (belegärztliche Behandlung) liegt nach Nr 1 dieser Bestimmungen nur vor, "wenn und soweit das Krankenhaus gemäß § 108 SGB V zur Krankenbehandlung zugelassen ist". Damit richtet sich in Plankrankenhäusern (§ 108 Nr 2 SGB V) der Umfang einer rechtskonformen belegärztlichen Tätigkeit nach den Festlegungen und Vorgaben der Landeskrankenhausplanung, insbesondere auch nach der dort für Krankenhausbehandlungen in der jeweiligen Fachabteilung zugelassenen Bettenzahl (vgl Bayerisches LSG Urteil vom 9.8.2006 - L 12 KA 268/04 - Juris RdNr 21 ff; zum Recht der RVO noch abweichend Bayerisches LSG Urteil vom 26.9.1984 - L 12 Ka 51/82 - Breith 1985, 283, 284; zur Bindung der Zulassungsgremien an die Festsetzungen der Landeskrankenhausplanung für die betroffene Belegabteilung im Rahmen der Entscheidung über Sonderzulassungen nach § 103 Abs 7 SGB V s Senatsurteile vom 2.9.2009 - B 6 KA 27/08 R - SozR 4-2500 § 103 Nr 5 RdNr 41 bzw B 6 KA 44/08 R - SozR 4-2500 § 103 Nr 6 RdNr 42). Soweit dem Urteil vom 15.5.1991 (6 RKa 11/90 - Juris RdNr 15 ff - die Entscheidung hatte allerdings keine sachlich-rechnerische Richtigstellung zum Gegenstand) möglicherweise entnommen werden kann, dass die Vorgaben des Krankenhausplans zur Bettenzahl für eine ordnungsgemäße belegärztliche Tätigkeit ohne Bedeutung sind, hält der Senat daran nicht fest.

27

Dass eine rechtmäßige belegärztliche Behandlung nur vorliegt, wenn sie qualitativ und quantitativ innerhalb des Versorgungsauftrags des betreffenden Krankenhauses erbracht wird, findet auch in dem Verfahren zur Anerkennung eines Vertragsarztes als Belegarzt seinen Niederschlag. Die KÄV darf eine solche Anerkennung nur im Einvernehmen mit den Verbänden der Krankenkassen erteilen (§ 40 Abs 2 S 1 BMV-Ä bzw § 32 Abs 2 S 1 EKV-Ä); ein zu Unrecht versagtes Einvernehmen kann nur durch ein positives sozialgerichtliches Urteil ersetzt werden (BSG Urteil vom 23.3.2011 - B 6 KA 15/10 R - SozR 4-2500 § 121 Nr 6 RdNr 16 f). Zudem ist bestimmt, dass die vom Vertragsarzt mit seinem Antrag einzureichende Erklärung des Krankenhauses über die Gestattung der belegärztlichen Tätigkeit und die Zahl der zur Verfügung gestellten belegärztlichen Betten auch den Krankenkassen zur Kenntnis zu geben ist (§ 40 Abs 3 S 2 BMV-Ä bzw § 32 Abs 3 S 2 EKV-Ä). Auf diese Weise werden die Krankenkassen in die Lage versetzt, die Begrenzung ihrer Leistungspflicht auf Krankenhausbehandlungen, die sich im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses halten, bereits bei der statusrechtlichen Belegarztanerkennung zur Geltung zu bringen.

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Nach alledem hat das Krankenhaus einen Vergütungsanspruch für die in einer Belegabteilung erbrachten stationären Leistungen, die mit Ausnahme der ärztlichen Verrichtungen unmittelbar von den Krankenkassen vergütet werden, nur hinsichtlich solcher Behandlungen, die innerhalb des qualitativ und quantitativ durch die Landeskrankenhausplanung definierten Versorgungsauftrags erbracht wurden (s auch § 8 Abs 1 S 3 KHEntgG); darüber hinausgehende Leistungen dürfen die Krankenkassen nicht erbringen (Stollmann, Urteilsanmerkung SGb 2016, 590; vgl auch Hauck, KrV 2017, 177, 180). Für die im Rahmen einer derartigen Krankenhausbehandlung erbrachten belegärztlichen Leistungen, die von der KÄV aus der von den Krankenkassen entrichteten Gesamtvergütung honoriert werden (§ 18 Abs 1 KHEntgG iVm § 121 Abs 3 S 1 SGB V), kann nichts anderes gelten.

29

c) Die Einwendungen der Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit einer solchen quantitativen Inhaltsbestimmung der Belegarztanerkennung greifen nicht durch. Sie sind schon deshalb unbeachtlich, weil - wie bereits ausgeführt - Dr. K. die Anerkennung in der Gestalt des Bescheids vom 17.10.2001 hat bestandskräftig werden lassen. Die Klägerin muss sich im Rahmen der Honorarfestsetzung für das Quartal IV/2006 am Inhalt der damals bestehenden Belegarztanerkennung festhalten lassen. Im Übrigen sind ihre Einwände aber auch in der Sache nicht berechtigt.

30

Die quantitative Begrenzung des belegärztlichen Versorgungsauftrags entsprechend den Festlegungen des Krankenhausplans zur Anzahl der dem Krankenhaus zur Verfügung stehenden Belegbetten steht nicht im Widerspruch zu den Regelungen in § 103 Abs 7 SGB V. Zwar trifft zu, dass der Gesetzgeber mit der Zulassungsmöglichkeit für Belegärzte trotz bestehender Zulassungssperre wegen Überversorgung die Ausübung der belegärztlichen Tätigkeit fördern wollte. Zur Erreichung dieses Ziels nahm er unter bestimmten Voraussetzungen - insbesondere einer Bindung der erteilten Sonderzulassung an die Ausübung belegärztlicher Tätigkeit für die Dauer von bis zu zehn Jahren - die Ausweitung einer bereits bestehenden Überversorgung in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung in Kauf (vgl BSG Urteil vom 14.3.2001 - B 6 KA 34/00 R - BSGE 88, 6, 9 = SozR 3-2500 § 103 Nr 6 S 41). Auch eine in dieser Weise geförderte belegärztliche Tätigkeit muss aber mit den sonstigen gesetzlichen Vorgaben in Übereinstimmung stehen (BSG Urteil vom 2.9.2009 - B 6 KA 27/08 R - SozR 4-2500 § 103 Nr 5 RdNr 24). Deshalb sind auch die vertragsärztlichen Zulassungsgremien bei ihrer Entscheidung über die Erteilung einer Sonderzulassung nach § 103 Abs 7 SGB V an die Vorgaben der Landeskrankenhausplanung für die betroffene Belegabteilung gebunden(BSG Urteil vom 2.9.2009 - B 6 KA 44/08 R - SozR 4-2500 § 103 Nr 6 RdNr 42). Sie können daher von Bewerbern nicht verlangen, dass sie - im Sinne einer absoluten Untergrenze für eine ernstlich gewollte belegärztliche Tätigkeit - zB mindestens zehn Belegbetten versorgen können, wenn der Krankenhausplan für die betroffene Belegstation nur eine geringere Zahl an Betten ausweist (BSG Urteil vom 2.9.2009 - B 6 KA 44/08 R, aaO RdNr 44). Eine trotz geringer Bettenzahl erteilte Sonderzulassung als Belegarzt bewirkt jedoch ihrerseits keinen Dispens von den allgemeinen Vorschriften über die Begrenzung der stationären belegärztlichen Tätigkeit auf den Versorgungsauftrag des jeweiligen Krankenhauses ("Versorgungsakzessorietät" - § 38 Nr 1 und 4 BMV-Ä bzw § 30 Nr 1 und 4 EKV-Ä bzw § 39 Abs 1 S 3 SGB V).

31

Soweit die Klägerin demgegenüber meint, maßgeblich sei eine "Vertragsakzessorietät" (zu diesem Begriff Kremer/Wittmann, Vertragsärztliche Zulassungsverfahren, 2012, RdNr 554) in dem Sinne, dass sich der Umfang des vertragsärztlichen Versorgungsauftrags eines nach § 103 Abs 7 SGB V zugelassenen Belegarztes allein nach der vom Krankenhausträger im Belegarztvertrag zur Verfügung gestellten Bettenzahl bemesse, stimmt das nicht mit den gesetzlichen Vorgaben überein. § 103 Abs 7 S 2 SGB V erfordert lediglich, dass für eine positive Zulassungsentscheidung ein Belegarztvertrag zwischen Arzt und Krankenhaus vorliegen muss, um sicherzustellen, dass die Ziele dieser gesetzlichen Regelung erreicht werden können(vgl BSG Urteil vom 2.9.2009 - B 6 KA 44/08 R - SozR 4-2500 § 103 Nr 6 RdNr 31). Der Umfang des vertragsärztlichen Versorgungsauftrags wird aber auch bei einer solchen Sonderzulassung nicht vom Inhalt des zwischen Arzt und Krankenhausträger geschlossenen Belegarztvertrags, sondern von der Reichweite der vertragsärztlichen Zulassung bestimmt (§ 95 Abs 3 S 1 SGB V iVm § 38 Nr 4 BMV-Ä bzw § 30 Nr 4 EKV-Ä). § 103 Abs 7 S 3 Halbs 1 SGB V verlangt für die weitere Wirksamkeit einer Sonderzulassung lediglich die Fortdauer der belegärztlichen Tätigkeit und damit zugleich das Fortbestehen eines durch Belegarztvertrag ausgestalteten Belegarztverhältnisses(so auch Kremer/Wittmann, aaO RdNr 556). Ein Vorrang aller Inhalte eines Belegarztvertrags gegenüber den gesetzlichen Rahmenbedingungen für die belegärztliche Tätigkeit - insbesondere deren "Versorgungsakzessorietät" - wird damit jedoch nicht angeordnet.

32

Die Begrenzung des belegärztlichen Versorgungsauftrags in der Belegarztanerkennung auf eine bestimmte Bettenzahl ist auch nicht etwa unbeachtlich, weil dadurch die Regelung in § 25 Abs 5 KHG SL(in der hier maßgeblichen Fassung vom 13.7.2005) verletzt würde. Mit diesem Einwand kann die Klägerin im Revisionsverfahren schon deshalb nicht durchdringen, weil auf die Verletzung einer Vorschrift des Landesrechts eine Revision grundsätzlich nicht gestützt werden kann (§ 162 SGG). Dass der saarländische Gesetzgeber die genannte Vorschrift bewusst zum Zweck der Vereinheitlichung übereinstimmend mit dem Krankenhausplanungsrecht anderer Länder erlassen habe und sie im Hinblick darauf revisibel sei, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich (s auch BSG Urteil vom 23.6.2015 - B 1 KR 20/14 R - BSGE 119, 141 = SozR 4-2500 § 108 Nr 4, RdNr 17). Im Übrigen hat diese Norm, die dem Krankenhausträger nur in engen Grenzen die Befugnis zu einem "interdisziplinären Bettenausgleich" einräumt (s C. Lafontaine, Saarländisches Krankenhausgesetz, 2007, § 25 RdNr 106: gestattet wird nur die vorübergehende Inanspruchnahme der Betten einer anderen Fachabteilung, aber keine dauerhafte Umwidmung über mehrere Monate hinweg), keine unmittelbar rechtsgestaltenden Wirkungen hinsichtlich des Inhalts einer Belegarztanerkennung im Rechtsverhältnis zwischen dem Belegarzt und der KÄV. Die Klägerin bzw Dr. K. haben auch die Regelung in § 25 Abs 5 KHG SL nicht zum Anlass genommen, bei der Beklagten einen Antrag auf entsprechende Anpassung des in der Belegarztanerkennung definierten Versorgungsauftrags zu stellen(zur Berücksichtigung eines veränderten Versorgungsbedarfs bei Job-Sharing-Praxen vgl BSG Urteil vom 28.8.2013 - B 6 KA 43/12 R - BSGE 114, 170 = SozR 4-2500 § 106a Nr 11, RdNr 17 ff). Ungeachtet dessen hat die Beklagte mit ihrer Vorgehensweise bei der Berechnung der Honorarkürzung im Ergebnis die vorübergehende Inanspruchnahme zusätzlicher Betten an einzelnen Tagen nicht beanstandet, soweit im Durchschnitt des Quartals eine Belegung von fünf Betten nicht überschritten wurde (dazu sogleich unter d).

33

Eine Begrenzung des belegärztlichen Versorgungsauftrags auf die nach den Festlegungen des Krankenhausplans für die stationäre Versorgung zur Verfügung stehende Belegbettenzahl ist auch mit Verfassungsrecht vereinbar. Die darin liegende Beschränkung der Freiheit der Berufsausübung (Art 12 Abs 1 S 2 GG) beruht auf einer gesetzlichen Grundlage (s oben RdNr 25) und ist durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt. Sie dient dem Ziel, die Krankenhausplanung effektiv abzusichern (vgl Hauck, KrV 2017, 177, 180), und damit im Kern der finanziellen Stabilität und Funktionsfähigkeit der GKV, einem Gemeinwohlbelang von überragend wichtiger Bedeutung (BVerfG Beschluss vom 7.5.2014 - 1 BvR 3571/13 ua - NJW 2014, 2340 RdNr 34, unter Bezugnahme auf BVerfG Beschluss vom 31.10.1984 - 1 BvR 35/82 ua - BVerfGE 68, 193, 218 = SozR 5495 Art 5 Nr 1 S 3). Hingegen wird der Schutzbereich des Grundrechts auf Eigentum (Art 14 Abs 1 S 1 GG) von einer Beschränkung der belegärztlichen Tätigkeit auf den Umfang des dem Krankenhaus zuerkannten Versorgungsauftrags von vornherein nicht berührt. Das Eigentumsgrundrecht schützt nur einen bereits vorhandenen Bestand an gesicherten Rechtspositionen, nicht jedoch bloße in der Zukunft liegende Verdienstmöglichkeiten sowie Chancen und Gegebenheiten, innerhalb derer ein Unternehmen seine Tätigkeit entfaltet (BVerfG Beschluss vom 26.6.2002 - 1 BvR 558/91 ua - BVerfGE 105, 252, 277 f; BVerfG Beschluss vom 16.5.2012 - 1 BvR 96/09 ua - BVerfGK 19, 388, 393 = Juris RdNr 23).

34

d) Die Beklagte hat im Korrekturbescheid vom 24.7.2009 in nicht zu beanstandender Weise den Honoraranspruch der Klägerin für belegärztliche Leistungen aufgrund der nachträglich festgestellten Überschreitung des belegärztlichen Versorgungsauftrags durch die stationären Behandlungen des Dr. K. im Quartal IV/2006 verringert.

35

Bei einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung ist im Grundsatz die Ermittlung des zu Unrecht gezahlten Honorars anhand der konkret unrechtmäßig abgerechneten Leistungen geboten (BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 6 KA 36/14 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 14 RdNr 36). Insbesondere im Falle grob fahrlässiger Falschabrechnungen, die zum Wegfall der Garantiefunktion der Abrechnungs-Sammelerklärung führen, ist die Neufestsetzung des Honorars jedoch auch im Wege einer pauschalierenden Schätzung statthaft (BSG Urteil vom 17.9.1997 - 6 RKa 86/95 - SozR 3-5550 § 35 Nr 1 S 6, 8; BSG Urteil vom 23.6.2010 - B 6 KA 7/09 R - BSGE 106, 222 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 69). Eine Schätzung des zustehenden Honorars unter Zugrundelegung des Verhältnisses zwischen der Zahl der abgerechneten und der Zahl der höchstens abrechnungsfähigen Pflegetage (Bettenbelegungstage) hat der Senat auch bei einer Überschreitung der im Honorarverteilungsmaßstab festgesetzten Obergrenze für die belegärztliche Tätigkeit gebilligt (BSG Urteil vom 16.3.1967 - 6 RKa 25/65 - BSGE 26, 164, 165, 169 = SozR Nr 10 zu § 368 f RVO, Juris RdNr 2, 23).

36

Die Berechnung des Honorarkürzungsbetrags von 22 005 Euro durch die Beklagte entspricht einer solchen Schätzung. Die Klägerin hat auch weder im Verwaltungs- noch im bisherigen sozialgerichtlichen Verfahren Einwendungen gegen die Art und Weise der Ermittlung der Überzahlung erhoben. Soweit sie erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die korrekte Ermittlung der tatsächlichen Bettenbelegungstage durch die Beklagte in Frage gestellt hat, kann sie mit diesem Vorbringen nicht mehr gehört werden (§ 164 Abs 2 S 1 SGG).

37

4. Die Befugnis der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung des fehlerhaften ursprünglichen Honorarbescheids war nicht durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes eingeschränkt.

38

Der Vertragsarzt kann auf den Bestand eines vor einer endgültigen Prüfung auf Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit von der KÄV erteilten Honorarbescheids grundsätzlich nicht vertrauen (stRspr, im Einzelnen hierzu zB BSG Urteil vom 28.8.2013 - B 6 KA 43/12 R - BSGE 114, 170 = SozR 4-2500 § 106a Nr 11, RdNr 23 ff). Der Senat hat aber zur generellen Sicherstellung eines sachgerechten Ausgleichs der Interessen des einzelnen Arztes und der Gesamtheit aller Vertragsärzte Fallgruppen herausgearbeitet, in denen die Befugnis der KÄV zu nachträglichen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen aus Gründen des Vertrauensschutzes begrenzt ist (BSG Urteil vom 28.8.2013 - B 6 KA 43/12 R - aaO RdNr 24 ff). Die Voraussetzungen einer dieser Fallgruppen liegen hier jedoch nicht vor.

39

Insbesondere war bei Erlass des Berichtigungsbescheids im Juli 2009 die Frist von vier Jahren seit Erlass des Honorarbescheids im April 2007 noch nicht abgelaufen. Aber auch aus dem von der Klägerin geltend gemachten Umstand, dass fehlerhafte Abrechnungen über mehrere Jahre von der Beklagten unbeanstandet geblieben seien, lässt sich ein Ausschluss der Befugnis zur nachträglichen Richtigstellung nicht ableiten. Denn die bloße fehlerhafte Zahlung von Honorar über einen längeren Zeitraum ist angesichts des Umstands, dass Honorarbescheide regelmäßig auf der Grundlage maschineller Bearbeitung großer Datenmengen im Rahmen eines massenhaft abzuwickelnden Verwaltungsverfahrens ergehen, nicht geeignet, Vertrauensschutz zu begründen (BSG Urteil vom 28.8.2013 - B 6 KA 50/12 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 12 RdNr 28). Darüber hinausgehende besondere Umstände, aus denen die Klägerin berechtigterweise hätte schließen können, dass die Beklagte die Beachtung der in der Belegarztanerkennung vorgegebenen Bettenzahl nicht für erforderlich halte, hat das LSG nicht festgestellt (§ 163 SGG); Anhaltspunkte dafür sind auch sonst nicht ersichtlich.

40

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 2 VwGO. Danach hat die Klägerin die Kosten des von ihr ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen.

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Bundessozialgericht Urteil, 29. Nov. 2017 - B 6 KA 33/16 R zitiert 32 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

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Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 50 Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen


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(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision eb

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(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt 1. Ärztliche Behandlung einsc

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(1) Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, stationsäquivalent, tagesstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht; sie umfasst auch Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bish

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 24 Anhörung Beteiligter


(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. (2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn 1. eine sof

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(1) An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen teil. Medizinische Versorgungszentren sind ärztlich geleitete Einrichtungen, in de

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 85 Gesamtvergütung


(1) Die Krankenkasse entrichtet nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der Kassenärzt

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 109 Abschluß von Versorgungsverträgen mit Krankenhäusern


(1) Der Versorgungsvertrag nach § 108 Nr. 3 kommt durch Einigung zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemeinsam und dem Krankenhausträger zustande; er bedarf der Schriftform. Bei den Hochschulkliniken gilt die Anerkennu

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Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

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Die Krankenkassen dürfen Krankenhausbehandlung nur durch folgende Krankenhäuser (zugelassene Krankenhäuser) erbringen lassen: 1. Krankenhäuser, die nach den landesrechtlichen Vorschriften als Hochschulklinik anerkannt sind,2. Krankenhäuser, die in de

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Wird während des Vorverfahrens der Verwaltungsakt abgeändert, so wird auch der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Vorverfahrens; er ist der Stelle, die über den Widerspruch entscheidet, unverzüglich mitzuteilen.

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Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 121 Belegärztliche Leistungen


(1) Die Vertragsparteien nach § 115 Abs. 1 wirken gemeinsam mit Krankenkassen und zugelassenen Krankenhäusern auf eine leistungsfähige und wirtschaftliche belegärztliche Behandlung der Versicherten hin. Die Krankenhäuser sollen Belegärzten gleicher F

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(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei der Feststellung einer Überversorgung nicht zu berücksichtigen. Wenn dies der Fall ist, hat der Landesausschuß nach den Vorschriften der Zulassungsverordnungen und unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Darüber hinaus treffen die Landesausschüsse eine Feststellung, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 40 Prozent überschritten ist.

(2) Die Zulassungsbeschränkungen sind räumlich zu begrenzen. Sie können einen oder mehrere Planungsbereiche einer Kassenärztlichen Vereinigung umfassen. Sie sind arztgruppenbezogen unter angemessener Berücksichtigung der Besonderheiten bei den Kassenarten anzuordnen. Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden können ländliche oder strukturschwache Teilgebiete eines Planungsbereichs bestimmen, die auf ihren Antrag für einzelne Arztgruppen oder Fachrichtungen von den Zulassungsbeschränkungen auszunehmen sind; in dem Antrag ist die Anzahl der zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten arztgruppenbezogen festzulegen. Die zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten sind an das nach Satz 4 bestimmte Teilgebiet gebunden. Für die Bestimmung der ländlichen und strukturschwachen Teilgebiete stellt der Landesausschuss im Einvernehmen mit der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörde allgemeingültige Kriterien auf, die den jeweiligen Entscheidungen zugrunde zu legen sind. Der Landesausschuss hat sich dabei an den laufenden Raumbeobachtungen und Raumabgrenzungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zu orientieren oder eine vergleichbare Abgrenzung ländlicher Gebiete durch die für die Landesplanung zuständigen Stellen zugrunde zu legen. Die zusätzlichen Arztsitze sind in den von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemäß § 99 aufzustellenden Bedarfsplänen auszuweisen.

(3) Die Zulassungsbeschränkungen sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind.

(3a) Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach Absatz 4 für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Satz 1 gilt auch bei Verzicht auf die Hälfte oder eines Viertels der Zulassung oder bei Entziehung der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung; Satz 1 gilt nicht, wenn ein Vertragsarzt, dessen Zulassung befristet ist, vor Ablauf der Frist auf seine Zulassung verzichtet. Der Zulassungsausschuss kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; dies gilt nicht, sofern die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4, 5 und 6 bezeichneten Personenkreis angehört oder der sich verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet des Planungsbereichs zu verlegen, in dem nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund einer zu geringen Ärztedichte ein Versorgungsbedarf besteht oder sofern mit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass dieser Nachfolger die vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat, nach dem 23. Juli 2015 erstmals aufgenommen hat. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 6 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb der Praxis mindestens drei Jahre lang angedauert haben muss. Satz 5 gilt nicht, wenn das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Praxisbetrieb vor dem 5. März 2015 begründet wurde. Hat der Landesausschuss eine Feststellung nach Absatz 1 Satz 3 getroffen, soll der Zulassungsausschuss den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Im Fall des Satzes 7 gelten Satz 3 zweiter Halbsatz sowie die Sätze 4 bis 6 entsprechend; Absatz 4 Satz 9 gilt mit der Maßgabe, dass die Nachbesetzung abgelehnt werden soll. Der Zulassungsausschuss beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit ist dem Antrag abweichend von § 96 Absatz 2 Satz 6 zu entsprechen. § 96 Absatz 4 findet keine Anwendung. Ein Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes) findet nicht statt. Klagen gegen einen Beschluss des Zulassungsausschusses, mit dem einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen wird, haben keine aufschiebende Wirkung. Hat der Zulassungsausschuss den Antrag abgelehnt, hat die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes ist auf den Verkehrswert abzustellen, der nach Absatz 4 Satz 8 bei Fortführung der Praxis maßgeblich wäre.

(4) Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, nach Absatz 3a einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die Kassenärztliche Vereinigung den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Satz 1 gilt auch bei hälftigem Verzicht oder bei hälftiger Entziehung der Zulassung oder bei der Festlegung zusätzlicher Zulassungsmöglichkeiten nach Absatz 2 Satz 4. Dem Zulassungsausschuß sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuß den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1.
die berufliche Eignung,
2.
das Approbationsalter,
3.
die Dauer der ärztlichen Tätigkeit,
4.
eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat,
5.
ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist,
6.
ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde,
7.
ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereinigung definiert worden sind, zu erfüllen,
8.
Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung,
9.
bei medizinischen Versorgungszentren die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit einem besonderen Versorgungsangebot.
Die Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 sind zu beachten. Ab dem 1. Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit nach Satz 5 Nummer 3 wird verlängert um Zeiten, in denen die ärztliche Tätigkeit wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung unterbrochen worden ist. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt. Kommt der Zulassungsausschuss in den Fällen des Absatzes 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bei der Auswahlentscheidung nach Satz 4 zu dem Ergebnis, dass ein Bewerber auszuwählen ist, der nicht dem in Absatz 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bezeichneten Personenkreis angehört, kann er die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes mit der Mehrheit seiner Stimmen ablehnen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; Absatz 3a Satz 10, 11, 13 und 14 gilt in diesem Fall entsprechend. Hat sich ein Bewerber nach Satz 5 Nummer 7 bereit erklärt, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen, kann der Zulassungsausschuss die Zulassung unter der Voraussetzung erteilen, dass sich der Bewerber zur Erfüllung dieser Versorgungsbedürfnisse verpflichtet.

(4a) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des medizinischen Versorgungszentrums durch den Arzt zu berücksichtigen. Der Arzt kann in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden medizinischen Versorgungszentrums in einem anderen Planungsbereich liegt. Nach einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem medizinischen Versorgungszentrum, dessen Sitz in einem Planungsbereich liegt, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, erhält ein Arzt unbeschadet der Zulassungsbeschränkungen auf Antrag eine Zulassung in diesem Planungsbereich; dies gilt nicht für Ärzte, die auf Grund einer Nachbesetzung nach Satz 5 oder erst seit dem 1. Januar 2007 in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Medizinischen Versorgungszentren ist die Nachbesetzung einer Arztstelle möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4b) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellter Arzt tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des anstellenden Vertragsarztes durch den anzustellenden Arzt zu berücksichtigen. Im Fall des Satzes 1 kann der angestellte Arzt in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden Vertragsarztes in einem anderen Planungsbereich liegt. Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Nachbesetzung der Stelle eines nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Arztes ist möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4c) Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Absätze 3a, 4 und 5 gelten entsprechend. Absatz 4 gilt mit der Maßgabe, dass bei der Auswahl des Praxisnachfolgers ein medizinisches Versorgungszentrum, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten liegt, die in dem medizinischen Versorgungszentrum als Vertragsärzte tätig sind, gegenüber den übrigen Bewerbern nachrangig zu berücksichtigen ist. Dieser Nachrang gilt nicht für ein medizinisches Versorgungszentrum, das am 31. Dezember 2011 zugelassen war und bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bei den dort tätigen Vertragsärzten lag.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen (Registerstelle) führen für jeden Planungsbereich eine Warteliste. In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, aufgenommen. Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen.

(6) Endet die Zulassung eines Vertragsarztes, der die Praxis bisher mit einem oder mehreren Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, so gelten die Absätze 4 und 5 entsprechend. Die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte sind bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen.

(7) In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, haben Krankenhausträger das Angebot zum Abschluß von Belegarztverträgen auszuschreiben. Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Absatz 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten nicht für Zahnärzte.

(1) Behandelt ein Krankenhaus zwischen dem 1. April 2020 und einschließlich dem 30. Juni 2020, zwischen dem 1. November 2020 und einschließlich dem 30. Juni 2021 sowie zwischen dem 1. November 2021 und einschließlich dem 19. März 2022 Patientinnen und Patienten, die mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert sind oder bei denen der Verdacht einer solchen Infektion besteht, darf der zuständige Kostenträger die ordnungsgemäße Abrechnung der von diesem Krankenhaus zwischen dem 1. April 2020 und einschließlich dem 30. Juni 2020, zwischen dem 1. November 2020 und einschließlich dem 30. Juni 2021 sowie zwischen dem 1. November 2021 und einschließlich dem 19. März 2022 erbrachten Leistungen nicht daraufhin prüfen oder prüfen lassen, ob die in der Liste nach Absatz 2 genannten Mindestmerkmale erfüllt sind. Die Ausnahme von der Prüfung der erbrachten Leistungen erstreckt sich jeweils auf den gesamten Behandlungsfall unabhängig vom Datum der Aufnahme, der Entlassung oder der Verlegung der Patientin oder des Patienten in ein anderes Krankenhaus.

(2) Das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information erstellt eine Liste der Mindestmerkmale der von ihm bestimmten Kodes des Operationen- und Prozedurenschlüssels nach § 301 Absatz 2 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, die nach Absatz 1 von der Prüfung ausgenommen sind, und veröffentlicht diese Liste barrierefrei bis zum 30. Mai 2020 auf seiner Internetseite. Das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information kann Anpassungen der Liste vornehmen und hat diese Anpassungen auf seiner Internetseite barrierefrei zu veröffentlichen. Ab dem 26. Mai 2020 nimmt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte die Anpassungen nach Satz 2 vor und veröffentlicht diese barrierefrei. Die barrierefreie Veröffentlichung nach den Sätzen 1 bis 3 erfolgt ab dem 26. Mai 2020 auf der Internetseite des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte. Ab dem 1. Januar 2021 kann die Liste nach Satz 1 auch Strukturmerkmale enthalten.

(3) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates von Absatz 1 abweichende Zeiträume regeln.

(4) Im Rahmen der Prüfung von Strukturmerkmalen sind die in Absatz 1 genannten Zeiträume von dem Nachweis auszunehmen, dass ein in Absatz 1 genanntes Krankenhaus die Strukturmerkmale einhält, die in der Liste nach Absatz 2 genannt sind. Das Nähere ist in der Richtlinie nach § 283 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zu regeln. Ist der Nachweis eines Strukturmerkmals wegen der Vorgaben in Satz 1 nicht zu erbringen, darf der Medizinische Dienst nicht nach § 275d Absatz 1 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch begutachten, ob das Krankenhaus dieses Strukturmerkmal einhält.

(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei der Feststellung einer Überversorgung nicht zu berücksichtigen. Wenn dies der Fall ist, hat der Landesausschuß nach den Vorschriften der Zulassungsverordnungen und unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Darüber hinaus treffen die Landesausschüsse eine Feststellung, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 40 Prozent überschritten ist.

(2) Die Zulassungsbeschränkungen sind räumlich zu begrenzen. Sie können einen oder mehrere Planungsbereiche einer Kassenärztlichen Vereinigung umfassen. Sie sind arztgruppenbezogen unter angemessener Berücksichtigung der Besonderheiten bei den Kassenarten anzuordnen. Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden können ländliche oder strukturschwache Teilgebiete eines Planungsbereichs bestimmen, die auf ihren Antrag für einzelne Arztgruppen oder Fachrichtungen von den Zulassungsbeschränkungen auszunehmen sind; in dem Antrag ist die Anzahl der zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten arztgruppenbezogen festzulegen. Die zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten sind an das nach Satz 4 bestimmte Teilgebiet gebunden. Für die Bestimmung der ländlichen und strukturschwachen Teilgebiete stellt der Landesausschuss im Einvernehmen mit der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörde allgemeingültige Kriterien auf, die den jeweiligen Entscheidungen zugrunde zu legen sind. Der Landesausschuss hat sich dabei an den laufenden Raumbeobachtungen und Raumabgrenzungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zu orientieren oder eine vergleichbare Abgrenzung ländlicher Gebiete durch die für die Landesplanung zuständigen Stellen zugrunde zu legen. Die zusätzlichen Arztsitze sind in den von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemäß § 99 aufzustellenden Bedarfsplänen auszuweisen.

(3) Die Zulassungsbeschränkungen sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind.

(3a) Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach Absatz 4 für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Satz 1 gilt auch bei Verzicht auf die Hälfte oder eines Viertels der Zulassung oder bei Entziehung der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung; Satz 1 gilt nicht, wenn ein Vertragsarzt, dessen Zulassung befristet ist, vor Ablauf der Frist auf seine Zulassung verzichtet. Der Zulassungsausschuss kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; dies gilt nicht, sofern die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4, 5 und 6 bezeichneten Personenkreis angehört oder der sich verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet des Planungsbereichs zu verlegen, in dem nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund einer zu geringen Ärztedichte ein Versorgungsbedarf besteht oder sofern mit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass dieser Nachfolger die vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat, nach dem 23. Juli 2015 erstmals aufgenommen hat. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 6 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb der Praxis mindestens drei Jahre lang angedauert haben muss. Satz 5 gilt nicht, wenn das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Praxisbetrieb vor dem 5. März 2015 begründet wurde. Hat der Landesausschuss eine Feststellung nach Absatz 1 Satz 3 getroffen, soll der Zulassungsausschuss den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Im Fall des Satzes 7 gelten Satz 3 zweiter Halbsatz sowie die Sätze 4 bis 6 entsprechend; Absatz 4 Satz 9 gilt mit der Maßgabe, dass die Nachbesetzung abgelehnt werden soll. Der Zulassungsausschuss beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit ist dem Antrag abweichend von § 96 Absatz 2 Satz 6 zu entsprechen. § 96 Absatz 4 findet keine Anwendung. Ein Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes) findet nicht statt. Klagen gegen einen Beschluss des Zulassungsausschusses, mit dem einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen wird, haben keine aufschiebende Wirkung. Hat der Zulassungsausschuss den Antrag abgelehnt, hat die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes ist auf den Verkehrswert abzustellen, der nach Absatz 4 Satz 8 bei Fortführung der Praxis maßgeblich wäre.

(4) Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, nach Absatz 3a einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die Kassenärztliche Vereinigung den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Satz 1 gilt auch bei hälftigem Verzicht oder bei hälftiger Entziehung der Zulassung oder bei der Festlegung zusätzlicher Zulassungsmöglichkeiten nach Absatz 2 Satz 4. Dem Zulassungsausschuß sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuß den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1.
die berufliche Eignung,
2.
das Approbationsalter,
3.
die Dauer der ärztlichen Tätigkeit,
4.
eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat,
5.
ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist,
6.
ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde,
7.
ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereinigung definiert worden sind, zu erfüllen,
8.
Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung,
9.
bei medizinischen Versorgungszentren die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit einem besonderen Versorgungsangebot.
Die Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 sind zu beachten. Ab dem 1. Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit nach Satz 5 Nummer 3 wird verlängert um Zeiten, in denen die ärztliche Tätigkeit wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung unterbrochen worden ist. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt. Kommt der Zulassungsausschuss in den Fällen des Absatzes 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bei der Auswahlentscheidung nach Satz 4 zu dem Ergebnis, dass ein Bewerber auszuwählen ist, der nicht dem in Absatz 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bezeichneten Personenkreis angehört, kann er die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes mit der Mehrheit seiner Stimmen ablehnen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; Absatz 3a Satz 10, 11, 13 und 14 gilt in diesem Fall entsprechend. Hat sich ein Bewerber nach Satz 5 Nummer 7 bereit erklärt, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen, kann der Zulassungsausschuss die Zulassung unter der Voraussetzung erteilen, dass sich der Bewerber zur Erfüllung dieser Versorgungsbedürfnisse verpflichtet.

(4a) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des medizinischen Versorgungszentrums durch den Arzt zu berücksichtigen. Der Arzt kann in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden medizinischen Versorgungszentrums in einem anderen Planungsbereich liegt. Nach einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem medizinischen Versorgungszentrum, dessen Sitz in einem Planungsbereich liegt, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, erhält ein Arzt unbeschadet der Zulassungsbeschränkungen auf Antrag eine Zulassung in diesem Planungsbereich; dies gilt nicht für Ärzte, die auf Grund einer Nachbesetzung nach Satz 5 oder erst seit dem 1. Januar 2007 in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Medizinischen Versorgungszentren ist die Nachbesetzung einer Arztstelle möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4b) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellter Arzt tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des anstellenden Vertragsarztes durch den anzustellenden Arzt zu berücksichtigen. Im Fall des Satzes 1 kann der angestellte Arzt in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden Vertragsarztes in einem anderen Planungsbereich liegt. Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Nachbesetzung der Stelle eines nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Arztes ist möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4c) Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Absätze 3a, 4 und 5 gelten entsprechend. Absatz 4 gilt mit der Maßgabe, dass bei der Auswahl des Praxisnachfolgers ein medizinisches Versorgungszentrum, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten liegt, die in dem medizinischen Versorgungszentrum als Vertragsärzte tätig sind, gegenüber den übrigen Bewerbern nachrangig zu berücksichtigen ist. Dieser Nachrang gilt nicht für ein medizinisches Versorgungszentrum, das am 31. Dezember 2011 zugelassen war und bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bei den dort tätigen Vertragsärzten lag.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen (Registerstelle) führen für jeden Planungsbereich eine Warteliste. In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, aufgenommen. Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen.

(6) Endet die Zulassung eines Vertragsarztes, der die Praxis bisher mit einem oder mehreren Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, so gelten die Absätze 4 und 5 entsprechend. Die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte sind bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen.

(7) In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, haben Krankenhausträger das Angebot zum Abschluß von Belegarztverträgen auszuschreiben. Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Absatz 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten nicht für Zahnärzte.

(1) Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und die Kassenärztlichen Vereinigungen schließen mit der Landeskrankenhausgesellschaft oder mit den Vereinigungen der Krankenhausträger im Land gemeinsam Verträge mit dem Ziel, durch enge Zusammenarbeit zwischen Vertragsärzten und zugelassenen Krankenhäusern eine nahtlose ambulante und stationäre Behandlung der Versicherten zu gewährleisten.

(2) Die Verträge regeln insbesondere

1.
die Förderung des Belegarztwesens und der Behandlung in Einrichtungen, in denen die Versicherten durch Zusammenarbeit mehrerer Vertragsärzte ambulant und stationär versorgt werden (Praxiskliniken),
2.
die gegenseitige Unterrichtung über die Behandlung der Patienten sowie über die Überlassung und Verwendung von Krankenunterlagen,
3.
die Zusammenarbeit bei der Gestaltung und Durchführung eines ständig einsatzbereiten Notdienstes; darüber hinaus können auf Grundlage des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen ergänzende Regelungen zur Vergütung vereinbart werden,
4.
die Durchführung einer vor- und nachstationären Behandlung im Krankenhaus nach § 115a einschließlich der Prüfung der Wirtschaftlichkeit und der Verhinderung von Mißbrauch; in den Verträgen können von § 115a Abs. 2 Satz 1 bis 3 abweichende Regelungen vereinbart werden,
5.
die allgemeinen Bedingungen der ambulanten Behandlung im Krankenhaus,
6.
ergänzende Vereinbarungen zu Voraussetzungen, Art und Umfang des Entlassmanagements nach § 39 Absatz 1a.
Sie sind für die Krankenkassen, die Vertragsärzte und die zugelassenen Krankenhäuser im Land unmittelbar verbindlich.

(3) Kommt ein Vertrag nach Absatz 1 ganz oder teilweise nicht zustande, entscheidet auf Antrag einer Vertragspartei das zuständige sektorenübergreifende Schiedsgremium gemäß § 89a.

(3a) (weggefallen)

(4) Kommt eine Regelung nach Absatz 1 bis 3 bis zum 31. Dezember 1990 ganz oder teilweise nicht zustande, wird ihr Inhalt durch Rechtsverordnung der Landesregierung bestimmt. Eine Regelung nach den Absätzen 1 bis 3 ist zulässig, solange und soweit die Landesregierung eine Rechtsverordnung nicht erlassen hat.

(5) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft oder die Bundesverbände der Krankenhausträger gemeinsam sollen Rahmenempfehlungen zum Inhalt der Verträge nach Absatz 1 abgeben.

(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei der Feststellung einer Überversorgung nicht zu berücksichtigen. Wenn dies der Fall ist, hat der Landesausschuß nach den Vorschriften der Zulassungsverordnungen und unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Darüber hinaus treffen die Landesausschüsse eine Feststellung, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 40 Prozent überschritten ist.

(2) Die Zulassungsbeschränkungen sind räumlich zu begrenzen. Sie können einen oder mehrere Planungsbereiche einer Kassenärztlichen Vereinigung umfassen. Sie sind arztgruppenbezogen unter angemessener Berücksichtigung der Besonderheiten bei den Kassenarten anzuordnen. Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden können ländliche oder strukturschwache Teilgebiete eines Planungsbereichs bestimmen, die auf ihren Antrag für einzelne Arztgruppen oder Fachrichtungen von den Zulassungsbeschränkungen auszunehmen sind; in dem Antrag ist die Anzahl der zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten arztgruppenbezogen festzulegen. Die zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten sind an das nach Satz 4 bestimmte Teilgebiet gebunden. Für die Bestimmung der ländlichen und strukturschwachen Teilgebiete stellt der Landesausschuss im Einvernehmen mit der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörde allgemeingültige Kriterien auf, die den jeweiligen Entscheidungen zugrunde zu legen sind. Der Landesausschuss hat sich dabei an den laufenden Raumbeobachtungen und Raumabgrenzungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zu orientieren oder eine vergleichbare Abgrenzung ländlicher Gebiete durch die für die Landesplanung zuständigen Stellen zugrunde zu legen. Die zusätzlichen Arztsitze sind in den von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemäß § 99 aufzustellenden Bedarfsplänen auszuweisen.

(3) Die Zulassungsbeschränkungen sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind.

(3a) Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach Absatz 4 für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Satz 1 gilt auch bei Verzicht auf die Hälfte oder eines Viertels der Zulassung oder bei Entziehung der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung; Satz 1 gilt nicht, wenn ein Vertragsarzt, dessen Zulassung befristet ist, vor Ablauf der Frist auf seine Zulassung verzichtet. Der Zulassungsausschuss kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; dies gilt nicht, sofern die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4, 5 und 6 bezeichneten Personenkreis angehört oder der sich verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet des Planungsbereichs zu verlegen, in dem nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund einer zu geringen Ärztedichte ein Versorgungsbedarf besteht oder sofern mit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass dieser Nachfolger die vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat, nach dem 23. Juli 2015 erstmals aufgenommen hat. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 6 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb der Praxis mindestens drei Jahre lang angedauert haben muss. Satz 5 gilt nicht, wenn das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Praxisbetrieb vor dem 5. März 2015 begründet wurde. Hat der Landesausschuss eine Feststellung nach Absatz 1 Satz 3 getroffen, soll der Zulassungsausschuss den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Im Fall des Satzes 7 gelten Satz 3 zweiter Halbsatz sowie die Sätze 4 bis 6 entsprechend; Absatz 4 Satz 9 gilt mit der Maßgabe, dass die Nachbesetzung abgelehnt werden soll. Der Zulassungsausschuss beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit ist dem Antrag abweichend von § 96 Absatz 2 Satz 6 zu entsprechen. § 96 Absatz 4 findet keine Anwendung. Ein Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes) findet nicht statt. Klagen gegen einen Beschluss des Zulassungsausschusses, mit dem einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen wird, haben keine aufschiebende Wirkung. Hat der Zulassungsausschuss den Antrag abgelehnt, hat die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes ist auf den Verkehrswert abzustellen, der nach Absatz 4 Satz 8 bei Fortführung der Praxis maßgeblich wäre.

(4) Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, nach Absatz 3a einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die Kassenärztliche Vereinigung den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Satz 1 gilt auch bei hälftigem Verzicht oder bei hälftiger Entziehung der Zulassung oder bei der Festlegung zusätzlicher Zulassungsmöglichkeiten nach Absatz 2 Satz 4. Dem Zulassungsausschuß sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuß den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1.
die berufliche Eignung,
2.
das Approbationsalter,
3.
die Dauer der ärztlichen Tätigkeit,
4.
eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat,
5.
ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist,
6.
ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde,
7.
ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereinigung definiert worden sind, zu erfüllen,
8.
Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung,
9.
bei medizinischen Versorgungszentren die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit einem besonderen Versorgungsangebot.
Die Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 sind zu beachten. Ab dem 1. Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit nach Satz 5 Nummer 3 wird verlängert um Zeiten, in denen die ärztliche Tätigkeit wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung unterbrochen worden ist. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt. Kommt der Zulassungsausschuss in den Fällen des Absatzes 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bei der Auswahlentscheidung nach Satz 4 zu dem Ergebnis, dass ein Bewerber auszuwählen ist, der nicht dem in Absatz 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bezeichneten Personenkreis angehört, kann er die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes mit der Mehrheit seiner Stimmen ablehnen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; Absatz 3a Satz 10, 11, 13 und 14 gilt in diesem Fall entsprechend. Hat sich ein Bewerber nach Satz 5 Nummer 7 bereit erklärt, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen, kann der Zulassungsausschuss die Zulassung unter der Voraussetzung erteilen, dass sich der Bewerber zur Erfüllung dieser Versorgungsbedürfnisse verpflichtet.

(4a) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des medizinischen Versorgungszentrums durch den Arzt zu berücksichtigen. Der Arzt kann in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden medizinischen Versorgungszentrums in einem anderen Planungsbereich liegt. Nach einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem medizinischen Versorgungszentrum, dessen Sitz in einem Planungsbereich liegt, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, erhält ein Arzt unbeschadet der Zulassungsbeschränkungen auf Antrag eine Zulassung in diesem Planungsbereich; dies gilt nicht für Ärzte, die auf Grund einer Nachbesetzung nach Satz 5 oder erst seit dem 1. Januar 2007 in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Medizinischen Versorgungszentren ist die Nachbesetzung einer Arztstelle möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4b) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellter Arzt tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des anstellenden Vertragsarztes durch den anzustellenden Arzt zu berücksichtigen. Im Fall des Satzes 1 kann der angestellte Arzt in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden Vertragsarztes in einem anderen Planungsbereich liegt. Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Nachbesetzung der Stelle eines nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Arztes ist möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4c) Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Absätze 3a, 4 und 5 gelten entsprechend. Absatz 4 gilt mit der Maßgabe, dass bei der Auswahl des Praxisnachfolgers ein medizinisches Versorgungszentrum, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten liegt, die in dem medizinischen Versorgungszentrum als Vertragsärzte tätig sind, gegenüber den übrigen Bewerbern nachrangig zu berücksichtigen ist. Dieser Nachrang gilt nicht für ein medizinisches Versorgungszentrum, das am 31. Dezember 2011 zugelassen war und bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bei den dort tätigen Vertragsärzten lag.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen (Registerstelle) führen für jeden Planungsbereich eine Warteliste. In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, aufgenommen. Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen.

(6) Endet die Zulassung eines Vertragsarztes, der die Praxis bisher mit einem oder mehreren Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, so gelten die Absätze 4 und 5 entsprechend. Die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte sind bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen.

(7) In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, haben Krankenhausträger das Angebot zum Abschluß von Belegarztverträgen auszuschreiben. Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Absatz 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten nicht für Zahnärzte.

(1) Behandelt ein Krankenhaus zwischen dem 1. April 2020 und einschließlich dem 30. Juni 2020, zwischen dem 1. November 2020 und einschließlich dem 30. Juni 2021 sowie zwischen dem 1. November 2021 und einschließlich dem 19. März 2022 Patientinnen und Patienten, die mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert sind oder bei denen der Verdacht einer solchen Infektion besteht, darf der zuständige Kostenträger die ordnungsgemäße Abrechnung der von diesem Krankenhaus zwischen dem 1. April 2020 und einschließlich dem 30. Juni 2020, zwischen dem 1. November 2020 und einschließlich dem 30. Juni 2021 sowie zwischen dem 1. November 2021 und einschließlich dem 19. März 2022 erbrachten Leistungen nicht daraufhin prüfen oder prüfen lassen, ob die in der Liste nach Absatz 2 genannten Mindestmerkmale erfüllt sind. Die Ausnahme von der Prüfung der erbrachten Leistungen erstreckt sich jeweils auf den gesamten Behandlungsfall unabhängig vom Datum der Aufnahme, der Entlassung oder der Verlegung der Patientin oder des Patienten in ein anderes Krankenhaus.

(2) Das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information erstellt eine Liste der Mindestmerkmale der von ihm bestimmten Kodes des Operationen- und Prozedurenschlüssels nach § 301 Absatz 2 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, die nach Absatz 1 von der Prüfung ausgenommen sind, und veröffentlicht diese Liste barrierefrei bis zum 30. Mai 2020 auf seiner Internetseite. Das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information kann Anpassungen der Liste vornehmen und hat diese Anpassungen auf seiner Internetseite barrierefrei zu veröffentlichen. Ab dem 26. Mai 2020 nimmt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte die Anpassungen nach Satz 2 vor und veröffentlicht diese barrierefrei. Die barrierefreie Veröffentlichung nach den Sätzen 1 bis 3 erfolgt ab dem 26. Mai 2020 auf der Internetseite des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte. Ab dem 1. Januar 2021 kann die Liste nach Satz 1 auch Strukturmerkmale enthalten.

(3) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates von Absatz 1 abweichende Zeiträume regeln.

(4) Im Rahmen der Prüfung von Strukturmerkmalen sind die in Absatz 1 genannten Zeiträume von dem Nachweis auszunehmen, dass ein in Absatz 1 genanntes Krankenhaus die Strukturmerkmale einhält, die in der Liste nach Absatz 2 genannt sind. Das Nähere ist in der Richtlinie nach § 283 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zu regeln. Ist der Nachweis eines Strukturmerkmals wegen der Vorgaben in Satz 1 nicht zu erbringen, darf der Medizinische Dienst nicht nach § 275d Absatz 1 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch begutachten, ob das Krankenhaus dieses Strukturmerkmal einhält.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

Wird während des Vorverfahrens der Verwaltungsakt abgeändert, so wird auch der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Vorverfahrens; er ist der Stelle, die über den Widerspruch entscheidet, unverzüglich mitzuteilen.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten.

(2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatten. §§ 45 und 48 gelten entsprechend.

(2a) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit eines Verwaltungsaktes, auf Grund dessen Leistungen zur Förderung von Einrichtungen oder ähnliche Leistungen erbracht worden sind, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet. Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Satz 1 verlangt werden; Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind; § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.

(3) Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden.

(4) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. § 52 bleibt unberührt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten bei Berichtigungen nach § 38 entsprechend.

Tatbestand

1

Im Streit stehen degressionsbedingte Honorarkürzungen.

2

Die Klägerin ist eine in G. zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassene Gemeinschaftspraxis (jetzt: Berufsausübungsgemeinschaft) von Vertragszahnärzten.

3

Der Kieferorthopäde drs. A., der im ersten Quartal 1999 (mit der Abrechnungs-Nr 1940-7) in Einzelpraxis tätig war, begründete im zweiten Quartal 1999 mit der - im ersten Quartal 1999 ebenfalls in Einzelpraxis zugelassenen - Zahnärztin L. eine Gemeinschaftspraxis (Abrechnungs-Nr 0099-5). Zu dieser Gemeinschaftspraxis trat - unter erneuter Änderung der Abrechnungsnummer 2722-2 - im vierten Quartal 1999 der Zahnarzt Dr. K. hinzu, welcher zuvor (in der Zeit vom 9.8. bis 30.9.1999) ebenfalls in Einzelpraxis tätig gewesen war. In der Folgezeit sind die Zahnärzte L. und Dr. K. aus der Gemeinschaftspraxis ausgeschieden und andere Zahnärzte eingetreten.

4

Die beklagte Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZÄV) nahm für das Jahr 1999 zunächst keine Degressionsberechnungen vor. Erst im Herbst 2001 machte sie mit der - an die "Gemeinschaftspraxis Zahnärzte drs. B. A., J. L. u. N. K." gerichteten und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen - "Vierteljahresabrechnung: II/2001" vom 29.10.2001 eine Honorarrückforderung in Höhe von 450 884,11 DM (umgerechnet 230 533,38 Euro) wegen Überschreitung der Degressionsgrenzwerte geltend. Zugleich übersandte die Beklagte einen "Zahnarzt-Punktekonto-Auszug 1999 bis 2.2001" vom 4.10.2001 sowie unter demselben Datum ein mit "Degressionsbedingte Honorarabzüge 1999 bis 2001.2" bezeichnetes, mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenes Schreiben. Danach waren von den drei an der Gemeinschaftspraxis beteiligten Zahnärzten (sowie von der in der Zeit vom 22.4.1999 bis zum Jahresende tätigen, genehmigten Assistentin) im Jahre 1999 insgesamt 2.049.792 Punkte abgerechnet worden; hiervon waren 899.929 Punkte degressionsfrei. Berücksichtigt wurden sämtliche Leistungen, die von den drei Zahnärzten sowie der Assistentin während ihrer gesamten Tätigkeit im Jahre 1999 abgerechnet worden waren. Die Gesamtpunktmenge beinhaltet 652.434 Punkte, die durch die im Quartal I/1999 bestehende Einzelpraxis drs. A., sowie 94.159 Punkte, die durch die Einzelpraxis Dr. K. im Quartal III/1999 abgerechnet worden waren; von Frau L. waren im Rahmen ihrer im Quartal I/1999 bestehenden Einzelpraxis keine Leistungen abgerechnet worden.

5

Widerspruch, Klage (Urteil des SG vom 12.12.2005) und Berufung der Klägerin, die zwischenzeitlich ihrer Zahlungsverpflichtung nachgekommen war, sind erfolglos geblieben. Das LSG hat ausgeführt, die Degressionsregelungen, die den angefochtenen Bescheiden der Beklagten zugrunde lägen, seien rechtmäßig. Nicht zu beanstanden sei auch die Umsetzung der Honorarkürzungen. Insbesondere komme der Klägerin kein Vertrauensschutz zu, denn über den reinen Zeitablauf hinaus seien Vertrauenstatbestände weder erkennbar noch konkret vorgetragen worden. Nicht zu beanstanden sei auch, dass die Honorarrückforderung gegenüber der Gemeinschaftspraxis drs. A./L./K. geltend gemacht worden sei, da das im Kalenderjahr 1999 insgesamt abgerechnete Honorar der Degressionsregelung unterliege und die für dieses Jahr der damaligen Gemeinschaftspraxis erteilten Honorarbescheide dieser gegenüber berichtigt würden. Ungeachtet der nachfolgenden personellen Änderungen sei auch die Kontinuität und rechtliche Identität der Gemeinschaftspraxis gewahrt und fortgeführt worden. Dass die Klägerin die Honorarrückforderung als Gemeinschaftspraxis unabhängig vom Wechsel in ihrem Mitgliederbestand schulde, könne nicht mit Berufung auf die Entscheidungen des BSG vom 21.5.2003 (B 6 KA 33/02 R) und vom 7.2.2007 (B 6 KA 6/06 R) in Abrede gestellt werden. Es liege keine vergleichbare Fallgestaltung vor, weil während der Tätigkeit von drs. A. in Einzelpraxis im Quartal I/1999 noch keine tatsächliche Grundlage für degressionsbedingte Honorarkürzungen entstanden sei (Urteil vom 13.2.2008).

6

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von Bundesrecht. Das Urteil des LSG berücksichtige nicht hinreichend den Vertrauensschutz nachträglich in die Gemeinschaftspraxis eingetretener Mitglieder. Diese müssten davor geschützt werden, für Rückforderungen und Regresse aus der Zeit vor ihrem Praxiseintritt in Anspruch genommen zu werden. Dies gelte unabhängig davon, ob es sich um einen nachträglich in eine Gemeinschaftspraxis eintretenden Partner handele oder ob zugleich mit dem Eintritt des Praxispartners eine Gemeinschaftspraxis überhaupt erst begründet werde. Es bestehe auch kein praktisches Bedürfnis für die umstrittene Vorgehensweise der Beklagten, weil angesichts der regelmäßigen Vergabe einer neuen Abrechnungsnummer Rückforderungen jeweils quartalsweise auch gegen die jeweilige Einzelpraxis bzw Gemeinschaftspraxis geltend gemacht werden könnten. Die Vergabe einer neuen Abrechnungsnummer stelle im Übrigen eine Zäsur im Sinne der Rechtsprechung des BSG dar. Es fehle auch an der erforderlichen Gegenseitigkeit der Forderungen. Im ersten Quartal 1999 sei sehr wohl eine tatsächliche Grundlage für degressionsbedingte Honorarkürzungen entstanden, denn die von drs. A. in diesem Quartal erbrachten Punkte hätten insgesamt Anteil an der festgestellten Überschreitung.

7

Die angefochtenen Bescheide seien auch deshalb rechtswidrig, weil sie - die Klägerin - Anspruch auf Vertrauensschutz habe. Vertrauensschutz sei auch in Fällen des erstmaligen Erlasses eines Degressionsbescheides zu gewähren. Dementsprechend wäre das Vorliegen der Tatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X zu prüfen gewesen. Ihr - der Klägerin - sei aber weder positiv bekannt gewesen noch sei von ihr infolge grober Fahrlässigkeit unbemerkt geblieben, dass die Degressionsgrenze überschritten worden sei. Es habe 1999 - anders als in früheren Jahren - auch keine degressionsbezogenen Vorwarnungen durch die Beklagte gegeben. Hierdurch habe sie - die Klägerin - sich in dem Vertrauen gestärkt gesehen, dass keine Honorarrückforderung erfolgen werde. Durch die Nichtberücksichtigung ihres diesbezüglichen Vortrags habe das LSG auch ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Schließlich sei die Degressionsregelung weder mit Art 12 Abs 1 und Art 3 Abs 1 GG noch mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar. Da umsatzstarke Praxen regelmäßig deswegen umsatzstark seien, weil sie dementsprechend qualitative Arbeit leisteten, führe es eher zu einer Verschlechterung der Qualität der zahnärztlichen Versorgung, wenn diese durch die Degressionsregelung "gezwungen" würden, Patienten an weniger umsatzstarke Praxen abzugeben.

8

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. Februar 2008 und des Sozialgerichts Münster vom 12. Dezember 2005 abzuändern sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. Oktober 2001 über die Festsetzung der degressionsbedingten Honorarabzüge aufzuheben und die Vierteljahresabrechnung II/2001 vom 29. Oktober 2001 abzuändern - beide in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 7. März 2005 - und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 230 533,38 Euro nebst 5% Punkten Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

hilfsweise, das Urteil des Landessozialgerichts vom 13. Februar 2008 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

9

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

10

Sie hält die Ausführungen des LSG für zutreffend. Die Argumentation des BSG in seinem Urteil vom 7.2.2007 (B 6 KA 6/06 R) sei auf degressionsbedingte Honorarrückforderungen nicht anwendbar. Jedem Partner stehe das gesetzlich definierte Jahreskontingent zur Verfügung, worauf sich die Berufsausübungsgemeinschaft einstellen könne und müsse. Da eine vertragszahnärztliche Gemeinschaftspraxis rechtlich gesehen unabhängig vom Mitgliederwechsel bestehe, sei auch die erforderliche Gegenseitigkeit der Forderungen gegeben. Bei Überschreitung der gemeinsam zuerkannten degressionsfreien Punktmenge sei ein gemeinsamer Degressionsbescheid zu erteilen.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin ist im Sinne einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht begründet.

12

1. Die Klägerin ist ungeachtet nachfolgender personeller Veränderungen für die Klage, die sie gegen den an sie in ihrer damaligen Zusammensetzung adressierten Kürzungsbescheid erhoben hat, klagebefugt und aktiv legitimiert (BSG SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 17). Den im Laufe des Verfahrens eingetretenen Änderungen in der Zusammensetzung der klagenden Gemeinschaftspraxis ist durch eine entsprechende Anpassung der Bezeichnung der Klägerin Rechnung zu tragen.

13

2. Rechtsgrundlage der nachträglichen degressionsbedingten Honorarkürzung sind hier noch die Vorschriften im Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) und im Ersatzkassenvertrag-Zahnärzte (EKV-Z) über die sachlich-rechnerische Richtigstellung (§ 19 Buchst a BMV-Z vom 13.11.1985 bzw § 12 Abs 1 EKV-Z in der ab 1.1.1989 bis 31.12.2004 geltenden Fassung ). Nach diesen Vorschriften der Bundesmantelverträge ( vgl nunmehr § 106a Abs 1 und 2 SGB V idF des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003, BGBl I 2190 ) obliegt es der KZÄV, von Amts wegen oder auf Antrag einer Krankenkasse die vom Vertragszahnarzt vorgelegten Honorarabrechnungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu überprüfen und im Falle ihrer Fehlerhaftigkeit richtig zu stellen. Die Befugnis zu Richtigstellungen besteht auch - als sog nachgehende Richtigstellung - für bereits erlassene Honorarbescheide (stRspr, vgl zum zahnärztlichen Bereich: BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 10 mwN; zum ärztlichen Bereich: BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 5 RdNr 13). Aus diesen Bestimmungen ergibt sich weiter, dass der Vertragsarzt das Honorar, das ihm nach sachlich-rechnerischer Abrechnungskorrektur nicht mehr zusteht, zurückzahlen muss (BSGE 103, 1 = SozR 4-2500 § 106a Nr 7, RdNr 13; BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11).

14

Die Anwendung der Vorschriften über die Richtigstellung der Abrechnungen ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil hier kein Verstoß gegen Abrechnungsbestimmungen im engeren Sinne in Rede steht, sondern eine Überschreitung der in § 85 Abs 4b Satz 1 SGB V normierten Degressionsgrenzwerte. Denn der Senat versteht die entsprechenden bundesmantelvertraglichen Vorschriften in ständiger Rechtsprechung in umfassendem Sinne und billigt deren Anwendung etwa bei Nichtbeachtung der bereichsspezifischen Vorschriften zur Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung im Rahmen der vertragsärztlichen Abrechnung (BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 15)sowie bei Missbrauch vertragsarztrechtlicher Kooperationsformen (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6). Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertrags(zahn)arztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots -, abgerechnet worden sind (BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 10; BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 15; s schon BSG SozR 5557 Nr 5451 Nr 1 S 2; vgl jetzt auch § 5 Abs 1 iVm Abs 3 der "Richtlinien der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen" nach § 106a SGB V, zm 2008, S 111 ff). Dies war vorliegend (teilweise) nicht der Fall, denn die Klägerin konnte in Höhe der gesetzlich vorgegebenen Degressionskürzungsbeträge kein vertragszahnärztliches Honorar beanspruchen.

15

3. Zu Recht hat die Beklagte ihre Rückforderung überzahlten Honorars gegen die Gemeinschaftspraxis in ihrer aktuellen Zusammensetzung gerichtet. Nach der Rechtsprechung des Senats ergibt sich aus der gesetzlichen Ausgestaltung der vertragsärztlichen Gemeinschaftspraxis (vgl § 33 Abs 2 S 1 Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte aF), dass diese etwaige Honorarkürzungen und/oder Regresse zu tragen hat (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 6 RdNr 21; BSG, Urteil vom 3.2.2010 - B 6 KA 37/08 R - RdNr 16, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; s auch BSG SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 17). Der Senat hat dies damit begründet, dass die Gemeinschaftspraxis durch die gemeinsame Ausübung der (zahn)ärztlichen Tätigkeit geprägt ist und rechtlich gesehen eine Praxis darstellt (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 6 RdNr 21). So wird die Wirtschaftlichkeit der Behandlungs- und Verordnungsweise einer Gemeinschaftspraxis nicht bezogen auf den einzelnen Arzt, sondern bezogen auf die Gemeinschaftspraxis als Einheit geprüft (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 6 aaO); ebenso treffen sie die wirtschaftlichen Folgen von Falschabrechnungen bzw rechtswidrigen Verordnungen (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 6 RdNr 22). Die Behandlungen, Abrechnungen und Verordnungen eines Vertragsarztes im Rechtssinne sind solche der Gemeinschaftspraxis, solange er seine Tätigkeit im Status einer Gemeinschaftspraxis ausübt; lösen diese Abrechnungen oder Verordnungen Rückzahlungs- und Regressansprüche der Institutionen der vertragsärztlichen Versorgung aus, hat dafür die Gemeinschaftspraxis und auch jedes ihrer Mitglieder einzustehen (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 6 aaO; BSG, Urteil vom 3.2.2010 aaO RdNr 16). Diese Einstandspflicht kann durch vertragliche Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern der Gemeinschaftspraxis nicht im Außenverhältnis zu diesen Institutionen ausgeschlossen oder eingeschränkt werden (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 6 aaO).

16

Nichts anderes gilt auch für die Folgen einer Überschreitung der Degressionsgrenzwerte, zumal das Gesetz ausdrücklich eine zusammenfassende Berechnung der Degressionsgrenzwerte bei Gemeinschaftspraxen fordert (vgl § 85 Abs 4b Satz 3 SGB V). Es ist aus Rechtsgründen ausgeschlossen, einer Gemeinschaftspraxis alle Vorteile dieser Form der Patientenbehandlung zu Gute kommen zu lassen, im Falle eines nicht den Bestimmungen des Vertragsarztrechtes entsprechenden Verhaltens jedoch den Status der Gemeinschaftspraxis außer Betracht zu lassen (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 6 RdNr 21). Nach den von der Klägerin im Revisionsverfahren nicht gerügten Feststellungen des LSG ist die seit dem Quartal II/1999 bestehende Gemeinschaftspraxis in Kontinuität und rechtlicher Identität fortgeführt worden, so dass es sich rechtlich gesehen um eine vertragsärztliche Gemeinschaftspraxis handelt. Dass sie ihre Zusammensetzung im Vergleich zum "Degressionsjahr" 1999 geändert hat und somit die Haftung - im Innenverhältnis - (auch) Vertragsärzte trifft, die seinerzeit an der "Verursachung" der Degressionsüberschreitung nicht beteiligt waren, ist ohne Bedeutung.

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4. Die Degressionsregelungen des § 85 Abs 4b bis 4f SGB V sind, wie das BSG und das BVerfG bereits wiederholt entschieden haben, mit Art 12 Abs 1 GG und Art 3 Abs 1 GG sowie mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar(grundlegend BSGE 80, 223 = SozR 3-2500 § 85 Nr 22 sowie dazu BVerfG NJW 2000, 3413 und NVwZ-RR 2002, 802; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 27 RdNr 11; zuletzt BSG, Urteile vom 16.12.2009, - B 6 KA 10/09 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 48 RdNr 12 f sowie - B 6 KA 39/08 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 49, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen). Wie in diesen Entscheidungen ausgeführt ist, ist die mit den Degressionsregelungen verbundene Begrenzung der vertragszahnärztlichen Vergütung rechtmäßig, weil sie wichtigen Gemeinwohlbelangen dient. Ihr Ziel ist es vor allem, Einsparungen bei den Krankenkassen zu erreichen und die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung zu sichern. Die Bestimmungen sollen zusätzlich Fehlentwicklungen bei der Qualität der zahnärztlichen Versorgung entgegensteuern, indem Zahnärzten mit umsatzstarken Praxen ein Anreiz gegeben wird, Patienten an andere, die Punktmengengrenzen nicht erreichende Zahnärzte abzugeben und so der Gefahr von Qualitätsdefiziten infolge übermäßiger Leistungserbringung entgegenzuwirken. Der Senat hat ferner darauf hingewiesen, dass große Umsätze im Allgemeinen Rationalisierungsmöglichkeiten und Kostenvorteile zur Folge haben. Die Betriebskosten entwickeln sich bei größeren Leistungsmengen degressiv, da die Mitarbeiter und die Geräte produktiver eingesetzt werden können. Der Senat hat im Rahmen der Gesamtabwägung dargelegt, dass bei Prüfung der Verfassungsmäßigkeit solcher Regelungen eine generalisierende Betrachtung von deren Auswirkungen auf den betroffenen Berufszweig insgesamt zugrunde zu legen ist (BSGE 80, 223, 226-229 = SozR 3-2500 § 85 Nr 22 S 136-140 und BSG MedR 2000, 49, 50; vgl auch BVerfG NJW 2000, 3413). Das BVerfG hat ausdrücklich ausgesprochen, dass die eine Punktwertdegression rechtfertigenden Zwecke, die Qualität vertragszahnärztlicher Leistungen zu verbessern und die Beitragssatzstabilität und damit die Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung zu erhalten, ausreichend gewichtige Gründe des Gemeinwohls sind (BVerfG NVwZ-RR 2002, 802).

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Die Bewertung als verfassungsgemäß gilt auch für die Neuregelungen ab dem 1.1.1999 (zuletzt BSG, Urteile vom 16.12.2009 - B 6 KA 10/09 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 48 RdNr 13 sowie - B 6 KA 39/08 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 49, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen). Daran ist auch unter Berücksichtigung der Argumentation der Klägerin festzuhalten. Mit den von ihr vorgebrachten Argumenten hat sich der Senat bereits in seinen Urteilen vom 14.5.1997 (BSGE 80, 223, 229 = SozR 3-2500 § 85 Nr 22 S 140) sowie vom 21.5.2003 (SozR 4-2500 § 85 Nr 2 RdNr 16)auseinandergesetzt.

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5. Vertrauensschutzgesichtspunkte stehen der degressionsbedingten Honorarrückforderung nicht entgegen.

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a) Hierfür fehlt es bereits an einer rechtlichen Grundlage. Dem Vertrauen der Vertragszahnärzte darauf, nicht unbegrenzt degressionsbedingten Honorarkürzungen ausgesetzt zu sein, wird dadurch Rechnung getragen, dass der eine solche Honorarkürzung umsetzende Bescheid innerhalb einer Ausschlussfrist von vier Jahren ergehen muss (BSG MedR 2008, 100 RdNr 15 ff und BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 15 ff - für degressionsbedingte Honorarminderungen). Diese Ausschlussfrist hat der das Jahr 1999 betreffende, im Herbst 2001 ergangene Kürzungsbescheid unzweifelhaft eingehalten.

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Die Klägerin kann sich auch nicht auf die zum Vertrauensschutz bei der nachträglichen Korrektur von Honorar- und Degressionsbescheiden ergangene Rechtsprechung des Senats (vgl ua BSGE 93, 69 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 14 ff; BSG Urteil vom 8.2.2006, B 6 KA 27/05 R = GesR 2006, 365 = USK 2006-88) berufen. Der Senat hat dazu entschieden, dass dann, wenn die ursprüngliche Fehlerhaftigkeit eines Degressionsbescheides nicht auf generellen Berechnungsfehlern, sondern auf einer individuell fehlerhaften Rechtsanwendung der KZÄV bei Erlass des ursprünglichen Honorarminderungsbescheides beruht, die KZÄV den inzwischen als rechtswidrig erkannten Degressionsbescheid zwar unter Anwendung der bundesmantelvertraglichen Vorschriften über die nachträgliche Korrektur von anfänglich rechtswidrigen Honorarbescheiden richtig stellen kann, aber im Rahmen des Richtigstellungsverfahrens die speziellen Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs 2 iVm Abs 4 SGB X entsprechend heranziehen muss(BSGE 93 aaO = SozR aaO, RdNr 18; BSG Urteil vom 8.2.2006 aaO, RdNr 13 ).

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Ein derartiger Fall ist jedoch nicht gegeben. Dabei kann offenbleiben, ob diese Rechtsprechung überhaupt auf den vorliegenden Fall übertragbar ist, da es vorliegend nicht um die Korrektur eines fehlerhaften Degressionsbescheides geht, sondern um dessen erstmaligen Erlass. Selbst wenn man sie unter dem Gesichtspunkt, dass im (nachträglichen) Erlass eines Degressionsbescheides zugleich die Korrektur des Honorarbescheides liegt, für anwendbar hielte, fehlte es am Vorliegen der vom Senat genannten Voraussetzungen. Denn ungeachtet des nicht zeitnahen Erlasses des Degressionsbescheides sind keine Anhaltspunkte für eine bis dahin individuell fehlerhafte Rechtsanwendung seitens der Beklagten gegeben. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass diese etwa rechtsirrig davon ausging, keine Degressionsberechnung vornehmen zu müssen. Bloße Verzögerungen im Verwaltungsablauf genügen insoweit (grundsätzlich) nicht.

23

b) Im Übrigen fehlte es auch an einer tatsächlichen Grundlage für die Annahme, dass die Klägerin (bzw ihre Mitglieder) darauf vertraut haben könnte, im Jahr 1999 keinen degressionsbedingten Honorarkürzungen zu unterliegen. Es ist davon auszugehen, dass ihnen bekannt war, dass die - bereits in der Zeit bis zum 30.6.1997 geltenden - Degressionsregelungen zum 1.1.1999 wieder Geltung erlangt hatten; denn die Klägerin macht ja gerade geltend, sie habe angesichts der fehlenden Vorwarnung seitens der Beklagten darauf vertrauen können, das diese - ihr somit bekannten - Regelungen auf sie im Jahr 1999 keine Anwendung finden werden. Angesichts der erheblichen Auswirkungen dieser Regelungen auf die vertragszahnärztliche Berufsausübung wäre es äußerst unwahrscheinlich, dass die Mitglieder der Klägerin die Degressionsgrenzwerte und den Umfang der von ihnen erbrachten Leistungen nicht im Blick gehabt haben sollten. Dies gilt umso mehr, als die Grenzwerte von ihnen ganz erheblich überschritten wurden. Im Übrigen lässt gerade der Umstand, dass sich drs. A. zum zweiten Quartal 1999 veranlasst sah, eine - seither fortbestehende - Gemeinschaftspraxis zu gründen, darauf schließen, dass diese Entscheidung durch die von ihm im Quartal I/1999 in Einzelpraxis abgerechneten extrem hohen Punktmengen wesentlich mitbestimmt war; denn dieses Quartalsergebnis überstieg selbst den Jahreswert einer Einzelpraxis noch um beinahe das Doppelte. Schließlich hat die Klägerin nicht plausibel darzulegen vermocht, inwiefern sich bei ihr bzw ihren Mitgliedern allein aufgrund der unterbliebenen Vorwarnung durch die Beklagte, jedoch entgegen der eindeutigen gesetzlichen Regelung ein Vertrauen darauf habe bilden können, trotz gravierender Überschreitung der Degressionsgrenzwerte im Jahre 1999 von einer Honorarkürzung verschont zu bleiben.

24

6. Allerdings hat die Beklagte die Vorschriften über die Punktwertminderung nicht zutreffend umgesetzt. Dabei hat sie im Grundsatz zu Recht vertragszahnärztliches Honorar zurückgefordert, da die betroffenen Zahnärzte im streitbefangenen Jahr 1999 die maßgeblichen Degressionsgrenzen überschritten. Jedoch hat die Beklagte die Höhe des Rückforderungsbetrages unzutreffend berechnet. Sie hat zwar die gesetzlichen Vorgaben über die degressionsfreie Gesamtpunktmenge und die Degressionsgrenzwerte zutreffend angewandt (a). Ebenso ist sie im Ausgangspunkt zu Recht davon ausgegangen, dass die Degressionsberechnung nicht quartalsbezogen, sondern jahresbezogen zu erfolgen hat (b). Sie hat jedoch nicht berücksichtigt, dass in Ausnahmefällen, zu denen die vorliegende Konstellation gehört, ein Abweichen von diesem Grundsatz geboten ist (c).

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a) Die Höhe der degressionsbedingten Honorarrückforderung ist anhand der gesetzlichen Vorgaben zu bestimmen. Nach § 85 Abs 4b Satz 1 SGB V in der hier maßgeblichen - ab dem 1.1.1999 geltenden - Fassung (vom 19.12.1998, BGBl I 3853) verringert sich ab einer Gesamtpunktmenge je Vertragszahnarzt aus vertragszahnärztlicher Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung von 350.000 Punkten je Kalenderjahr der Vergütungsanspruch für die weiteren vertragszahnärztlichen Behandlungen im Sinne des § 73 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB V um 20 vH, ab einer Punktmenge von 450.000 Punkten je Kalenderjahr um 30 vH und ab einer Punktmenge von 550.000 Punkten je Kalenderjahr um 40 vH Die Degressionsgrenzwerte bei Gemeinschaftspraxen (jetzt: Berufsausübungsgemeinschaften) richten sich nach der Zahl der gleichberechtigten zahnärztlichen Mitglieder (§ 85 Abs 4b Satz 3 SGB V); die Degressionsberechnung ist mithin nicht zahnarztbezogen, sondern (grundsätzlich) praxisbezogen durchzuführen.

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b) Die Beklagte hat im Grundsatz zu Recht eine das gesamte Jahr 1999 erfassende Berechnung der Punktmengen und Degressionsgrenzwerte vorgenommen. Denn die Degressionsberechnung hat jahresbezogen zu erfolgen; eine quartalsbezogene Degressionsberechnung der Art, dass die im jeweiligen Quartal erbrachte Leistungsmenge in Punkten den zeitanteiligen Degressionsgrenzwerten gegenübergestellt wird, ist im Gesetz nicht angelegt (ebenso Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand September 2007, K § 85 RdNr 273 ff; Freudenberg in jurisPK-SGB V, Stand Februar 2008, § 85 RdNr 186; s auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 10.5.2006, L 11 KA 52/04 und L 11 KAL 11 KA 53/04 - juris, dort RdNr 29 bzw 28). Im Regelfall ist daher die innerhalb eines Jahres vom Zahnarzt in Einzelpraxis bzw von der Gemeinschaftspraxis erbrachte Leistungsmenge den jahresbezogenen Degressionsgrenzwerten gegenüber zu stellen.

27

Schon nach dem Wortlaut des § 85 Abs 4b Satz 1 SGB V ("je Kalenderjahr") ist Bezugspunkt für die Anwendung der Degressionsvorschriften die Gesamtpunktmenge für alle vertragsärztlichen Leistungen, die im Laufe eines Kalenderjahres erbracht werden (vgl auch BSG Urteil vom 13.5.1998 - SozR 3-2500 § 85 Nr 25 S 181: "die gesetzliche Regelung des § 85 Abs 4b SGB V stellt auf die Jahresleistung des Zahnarztes ab"). Zudem hat der Gesetzgeber in Kenntnis des Umstandes, dass Abrechnungen im Vertrags(zahn)arztrecht üblicherweise quartalsweise erfolgen, die maßgeblichen Werte jahresbezogen festgelegt. Dass im Gesetz von einer jahresbezogenen Berechnung ausgegangen wird, bestätigt auch der Umkehrschluss aus § 85 Abs 4b Satz 5 SGB V(idF des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes vom 22.12.2006, BGBl I 3440 mit Wirkung vom 1.1.2007); danach hat bei nicht ganzjähriger Beschäftigung eine Verringerung der Punktmengengrenze zu erfolgen. Im Übrigen würde eine quartalsbezogene Degressionsberechnung Praxen mit stark schwankenden Umsätzen benachteiligen und zudem erheblichen Verwaltungsaufwand bedingen. Überschritte etwa eine Praxis im ersten Quartal den (anteiligen) degressionsfreien Betrag, so wäre sie mit entsprechenden Honorarkürzungen belastet und es müssten (zunächst) entsprechende Beträge an die Krankenkassen abgeführt werden. Ergäbe sich im Nachhinein, dass die Praxis im Jahresdurchschnitt die Degressionsgrenzwerte eingehalten hat, wären sowohl die Honorarkürzungen als auch die Abführungen an die Krankenkasse rückabzuwickeln.

28

Der Jahresbezogenheit der Degressionsberechnung steht nicht entgegen, dass die Verpflichtungen der KZÄVen im Verhältnis zu den Krankenkassen einen gewissen Quartalsbezug aufweisen. So haben die KZÄVen den Krankenkassen "bei jeder Rechnungslegung" (dh quartalsweise - vgl BSG USK 98151 S 901 f) mitzuteilen, welche Vertragszahnärzte die Punktmengengrenzen überschreiten (§ 85 Abs 4d Satz 1 SGB V). Zudem erfolgt die Durchführung der Vergütungsminderung (dh die Absenkung der Punktwerte) im Verhältnis KZÄVen-Krankenkassen gemäß § 85 Abs 4e Satz 2 SGB V "ab dem Zeitpunkt der jeweiligen Grenzwertüberschreitungen nach Absatz 4b", wobei die entsprechend abgesenkten Punktwerte bei den "folgenden Abrechnungen" zugrunde zu legen sind(§ 85 Abs 4e Satz 3 SGB V). Letztlich stützen jedoch auch diese Regelungen die Annahme einer Jahresbezogenheit der Degressionsberechnung. Denn sie sind so zu verstehen, dass Mitteilung und Vergütungsminderung (erst) dann zu erfolgen haben, wenn feststeht, dass ein Zahnarzt seinen jahresbezogenen degressionsfreien Betrag überschritten hat (also ggf erst im vierten Quartal eines Jahres). Bezüglich der Vergütungsminderung folgt dies zwingend aus der Inbezugnahme des § 85 Abs 4b SGB V ("Grenzwertüberschreitungen nach Absatz 4b"), der jahresbezogene Werte nennt. Auch wäre eine Verpflichtung zur Mitteilung quartalsbezogener Überschreitungen angesichts der jahresbezogenen Grenzwerte und der Möglichkeit, Überschreitungen in einzelnen Quartalen in anderen auszugleichen (siehe hierzu auch BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 15 RdNr 13, 16), wenig sinnvoll.

29

c) Der Jahresbezug der Degressionsberechnungen gilt jedoch nicht ausnahmslos. Vielmehr sind in Ausnahmefällen aus Sachgründen Abweichungen geboten.

30

aa) Entgegen der Auffassung der Klägerin erfordert allerdings die bloße Änderung der Abrechnungsnummer keine vom Regelfall abweichende Degressionsberechnung, weil dieser lediglich eine Ordnungsfunktion zukommt (Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand September 2007, K § 85 RdNr 276).

31

bb) Offen bleiben kann, ob bereits der Umstand einer formalen Änderung des Praxisstatus an sich - wozu auch die Begründung einer Gemeinschaftspraxis gehört (BSG, Urteil vom 21.5.2003 - B 6 KA 33/02 R = MedR 2004, 172 = USK 2003-135) - eine Abweichung vom Grundsatz der Jahresbezogenheit der Degressionsberechnung erfordert. Zwar hat der Senat mit Urteil vom 21.5.2003 (aaO) ausgeführt, auch der Schutz eines neuen Praxispartners spreche dafür, Einzel- und Gemeinschaftspraxis im Zeitablauf nicht als Einheit zu sehen, da sich andernfalls möglicherweise die Folgerung ergebe, dass der erst später eingetretene Praxispartner für eventuelle Regresse oder Honorarrückforderungen mit zu haften hätte. Abgesehen davon, dass der Senat diese Ausführungen in einem anderen Kontext - der Verrechnung von Über- mit Unterschreitungen im Rahmen von Honorarverteilungsmaßstabs-Kontingentgrenzen - gemacht hat, kann nicht außer Betracht bleiben, dass eine Berücksichtigung derartiger Statuswechsel auch Nachteile für Vertragszahnärzte mit sich brächte. So würde ihnen die Möglichkeit genommen, nach einem Statuswechsel etwaige Überschreitungen im ersten Quartal in nachfolgenden Quartalen auszugleichen.

32

cc) Einer Entscheidung dieser Frage bedarf es jedoch nicht, weil eine abweichende Berechnung ohnehin in bestimmten Konstellationen zur Beseitigung von Wertungswidersprüchen geboten ist. Dies betrifft auch die vorliegende Fallgestaltung.

33

(1) Wie der Senat bereits entschieden hat (SozR 4-2500 § 85 Nr 15), verbietet sich eine jahresbezogene Degressionsberechnung etwa dann, wenn die Degressionsvorschriften - wie im Jahr 1997 - nur für einen Teil eines Jahres Geltung beanspruchen. Ebenso steht außer Zweifel; dass bei nur zeitanteiliger Mitgliedschaft eines Partners in einer Gemeinschaftspraxis dessen degressionsfreier Betrag dort ebenfalls nur anteilig in Ansatz zu bringen ist (BSG Urteil vom 3.12.1997 - 6 RKa 79/96 - USK 97155 S 955 f; BSGE 93, 69 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 10; BSG Urteil vom 8.2.2006 - B 6 KA 27/05 R - GesR 2006, 365 f). Auch wenn ein Vertragszahnarzt erst im Laufe eines Jahres seine Tätigkeit aufnimmt oder vor Ablauf des Jahres aufgibt, kommt naturgemäß nur eine zeitanteilige Berücksichtigung bzw Degressionsberechnung in Betracht.

34

(2) Nichts anderes gilt in den Fällen, in denen ein Vertragszahnarzt im Laufe eines Kalenderjahres die Praxis wechselt, etwa von einer Einzelpraxis in eine Gemeinschaftspraxis oder zwischen verschiedenen Gemeinschaftspraxen. In derartigen Fällen bedarf es zwingend einer zeitanteiligen sowie nach Praxen getrennten Degressionsberechnung. So ist eine "Gesamtdegressionsberechnung" - dh eine jahresbezogene Berechnung unter Einbeziehung sämtlicher Leistungen aller im Laufe des Jahres in der Praxis tätigen Zahnärzte - von vornherein nicht durchführbar, wenn auch nur einer der Zahnärzte innerhalb desselben Jahres verschiedenen Gemeinschaftspraxen angehörte. Wäre er bei beiden Gemeinschaftspraxen mit seinen Jahreswerten zu berücksichtigen, würde die Degressionsberechnung durch die Mehrfachberücksichtigung insgesamt verfälscht. Aber auch bei einem im Laufe eines Kalenderjahres vorgenommenen Wechsel zwischen Einzelpraxis und Gemeinschaftspraxis steht einer "Gesamtdegressionsberechnung" entgegen, dass dieses Vorgehen - wie im vorliegenden Fall - dazu führt, dass die Gemeinschaftspraxis mit (anteiligen) Degressionsüberschreitungen belastet wird, die auf die Tätigkeit ihres Mitgliedes in Einzelpraxis zurückzuführen sind.

35

(3) Die Notwendigkeit einer Abweichung vom Grundsatz einer jahresbezogenen Degressionsberechnung ergibt sich in Fällen der vorliegenden Art zugleich daraus, dass die geltend gemachte Honorarrückforderung andernfalls - bezüglich der in die Gesamtforderung einbezogenen, tatsächlich jedoch von den Einzelpraxen geschuldeten Anteile - Teilforderungen beinhalten würde, bei denen es sich um Altschulden handelte, für die die Gemeinschaftspraxis keine Haftung träfe.

36

(a) Wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 7.2.2007 - B 6 KA 6/06 R - BSGE 98, 89 = SozR 4-2500 § 85 Nr 31), dürfen Honoraransprüche einer neu gegründeten Gemeinschaftspraxis nicht mit Forderungen verrechnet werden, die der K(Z)ÄV gegen einen der Praxispartner aus dessen vorangegangener Tätigkeit in Einzelpraxis zustehen. Dies würde zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Erweiterung des Kreises der Schuldner führen. Auch hätte der Umstand, dass in der vertragsärztlichen Versorgung Honorarrückforderungen und Regresse gegen einen Vertrags(zahn)arzt auch noch längere Zeit nach Ablauf des betreffenden Quartals festgesetzt werden können, andernfalls zur Folge, dass zum Zeitpunkt der Gründung einer Gemeinschaftspraxis für die Beteiligten überhaupt noch nicht feststellbare Verbindlichkeiten der Einzelvertragsärzte die gemeinschaftliche Berufsausübung belasten würden (BSG aaO RdNr 23 f).

37

Auch im Falle einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung aufgrund einer nachträglich durchgeführten Degressionsberechnung dürfen gegen eine Gemeinschaftspraxis nur Forderungen geltend gemacht werden, für die sie die Haftungsverantwortung trägt. Altverbindlichkeiten eines später in die Gemeinschaftspraxis eingetretenen Vertrags(zahn)arztes gehören nicht hierzu; die Gemeinschaftspraxis trifft insofern unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine Haftung (siehe BSGE 98, 89 = SozR 4-2500 § 85 Nr 31, RdNr 19 ff). Dies entspricht auch den weiteren in der Rechtsprechung für eine Haftung der Gemeinschaftspraxis herausgestellten Grundsätzen. So hat der Senat im Urteil vom 20.10.2004 (SozR 4-2500 § 106 Nr 6 RdNr 22) betont, dass die Behandlungen, Abrechnungen und Verordnungen eines Vertrags(zahn)arztes im Rechtssinne solche der Gemeinschaftspraxis sind, solange er seine Tätigkeit im Status einer Gemeinschaftspraxis ausübt. Die Haftung der Gemeinschaftspraxis erstreckt sich daher nicht auf vertragsärztliche Tätigkeiten, die vor dem Beitritt zu oder nach dem Austritt aus einer Gemeinschaftspraxis ausgeübt worden sind.

38

(b) Die streitbefangene Honorarrückforderung enthält derartige, als Altverbindlichkeiten zu qualifizierende Anteile. Denn in die - die Grundlage der Honorarrückforderung bildenden - "Gesamtdegressionsberechnung" für das Jahr 1999 sind auch die Punktmengen eingeflossen, die von drs. A. (im Quartal I/1999) und von Dr. K. (im Quartal III/1999) jeweils in Einzelpraxis abgerechnet wurden. Da diese Einzelpraxen ihre zeitanteiligen Degressionsgrenzwerte jeweils überschritten haben, haben auch sie anteilig Honorar zurückzuzahlen. Entgegen der Auffassung des LSG entfällt die Charakterisierung eines Teils der Rückforderung als "Altschulden" nicht etwa deshalb, weil während der Tätigkeit von drs. A. im Quartal I/1999 - trotz der von ihm abgerechneten 652.434 Punkte - überhaupt noch keine (Degressions-)Verbindlichkeiten entstanden seien. Wenn das LSG ausführt, dass damit die Degressionsgrenze im Quartal I/1999 noch nicht überschritten worden sei, weil diese für 1999 bei 899.929 Punkten gelegen habe, ist dies schon deshalb unzutreffend, weil es dabei den degressionsfreien Betrag aller Mitglieder der (späteren) Gemeinschaftspraxis zugrunde gelegt hat, obwohl - wie dargelegt - eine "Gesamtdegressionsberechnung" vorliegend unzulässig ist. Das LSG hätte die jahresbezogene Degressionsberechnung aber auch deshalb nicht akzeptieren dürfen, weil die dabei zugrunde gelegte Gesamtüberschreitung im Jahre 1999 durch den Tätigkeitsumfang des drs. A. im Quartal I/1999 wesentlich mit verursacht war, was im Ergebnis einer Anrechnung von Altschulden gleichkam.

39

7. Demgemäß ist die den angefochtenen Bescheiden zu Grunde liegende "Gesamtdegressionsberechnung" zu beanstanden. Die von den Einzelpraxen drs. A. und Dr. K. erbrachten Leistungen dürfen nicht mit den von der klagenden Gemeinschaftspraxis berechneten Leistungen zusammengefasst werden. Die degressionsfreien Punktmengen und die Degressionsbeträge müssen rechnerisch neu auf die Klägerin und auf die in den Quartalen I/1999 bzw III/1999 betriebenen Einzelpraxen der Zahnärzte drs. A. und Dr. K. verteilt werden; bezüglich der im Quartal I/1999 bestehenden Einzelpraxis der Zahnärztin L. erübrigt sich dies, weil von ihr keine Leistungen erbracht wurden. Dies erfordert eine andere Zuordnung der jeweiligen Beträge, zeitanteilig und getrennt nach Gemeinschaftspraxis sowie Einzelpraxen.

40

Soweit in den angefochtenen Bescheiden die degressionsbedingten Rückforderungsbeträge fehlerhaft berechnet worden sind, liegt zumindest ein Begründungsmangel iS des § 35 Abs 1 Satz 2 SGB X vor. Die Beklagte hat die Zuordnung der Honorarminderung zu den einzelnen Praxen und Ärzten jedenfalls anders begründet, als es der gesetzlichen Regelung entsprochen hätte. Ob das zur Rechtswidrigkeit und damit zur Aufhebung der Bescheide und weiterhin zu einer Beschwer der Klägerin im Sinne des § 54 Abs 1 Satz 2 SGG führt, kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen.

41

a) Eine Gemeinschaftspraxis (heute: Berufsausübungsgemeinschaft) kann - und wird auch regelmäßig - beschwert sein, wenn ihr gegenüber Vergütungsminderungen vorgenommen werden, die richtigerweise zumindest teilweise gegenüber einem ihrer ehemaligen oder aktuellen Mitglieder realisiert werden müssten. Hier besteht aber die Besonderheit, dass alle auch für die korrekte Verteilung der degressionsbedingten Honorarminderungen wichtigen Daten sowie alle von Rückforderungen betroffenen Zahnärzte mit ihren jeweiligen Abrechnungsergebnissen in den angefochtenen Bescheiden bezeichnet sind. Alle betroffenen Zahnärzte haben demnach erkennen können, von wem rein rechnerisch welcher Anteil an den von der Beklagten festgesetzten Honorarminderungen "verursacht" worden ist. Da zudem der streitbefangene Betrag schon an die Beklagte gezahlt worden ist, kann jedenfalls im Revisionsverfahren nicht ausgeschlossen werden, dass die Mitglieder der Klägerin - insbesondere drs. A. als Hauptverursacher der Honorarminderung - den Rückforderungsbetrag im Innenverhältnis bereits so aufgeteilt haben, wie es sich bei zutreffender Berechnung ergeben würde. Dann wäre die Nachlieferung dieser Berechnung durch die Beklagte als Nachholung der zutreffenden Begründung iS des § 41 Abs 2 SGB X eine bloße Förmlichkeit. In der Sache hätten die von den angefochtenen Verwaltungsakten betroffenen Zahnärzte erkennen können, wie diese sich wirtschaftlich auf sie auswirken.

42

b) Dem wird das LSG, an das der Rechtsstreit gemäß § 170 Abs 2 Satz 2 SGG zurückverwiesen wird, im wiedereröffneten Berufungsverfahren nachgehen müssen. Zu diesem Verfahren sind drs. A. sowie Dr. K. beizuladen, weil die streitbefangenen Honorarminderungen auch ihre Belange als zeitweilig in Einzelpraxis tätige Zahnärzte betreffen und ihnen die Möglichkeit gegeben werden muss, sich zur rechnerischen Aufteilung der degressionsbedingten Kürzungen auf die Klägerin und sie persönlich zu äußern. Unter Berücksichtigung einer neuen, von der Beklagten dem Berufungsgericht vorzulegenden Berechnung, der Äußerungen der beteiligten Zahnärzte und auf der Grundlage der erforderlichen Feststellungen des LSG zu den tatsächlichen Veränderungen der Neuberechnung im Verhältnis zur Berechnung der Rückforderung in den angefochtenen Bescheiden wird das Berufungsgericht dann zu beurteilen haben, ob nur ein heilbarer und nach § 41 Abs 2 SGB X geheilter Begründungsmangel vorliegt, oder ob die Auswirkungen der richtigen Berechnung so gravierend sind, dass der Bestand der Bescheide selbst betroffen ist. Dann wären diese aufzuheben und die Beklagte müsste neue Bescheide zur Auswirkung der Degressionsregelungen auf die betroffenen Praxen im Jahr 1999 erlassen.

43

Das Berufungsgericht ist - wenn es zur Annahme von Defiziten lediglich der Begründung der angefochtenen Bescheide gelangen sollte - nicht an einer Abweisung der Klage gehindert, weil die Quartalsabrechnung II/2001 vom 29.10.2001 in Verbindung mit dem "Degressionsbescheid" vom 4.10.2001, mit der die Beklagte die (Gesamt-)Degressionskürzung geltend gemacht hat, dem ersten Anschein nach allein an die "Gemeinschaftspraxis drs. A./L./K." bzw an die "Sozietät drs. A." gerichtet war. Adressat war jedoch, wie das LSG unter Inbezugnahme entsprechender Ausführungen des SG festgestellt hat, neben der Gemeinschaftspraxis selbst auch jedes einzelne ihrer Mitglieder. Dies ergibt sich nach den Feststellungen des LSG daraus, dass der Bescheid sämtliche in der Gemeinschaftspraxis im Jahre 1999 tätigen Zahnärzte mit ihrem Namen aufführt, und entspricht auch dem Willen der Beklagten. Zudem konnten die betroffenen Zahnärzte aus der detaillierten Degressionsberechnung im - dem "Degressionsbescheid" wie dem Honorarkürzungsbescheid beigefügten - "Zahnarzt-Punktekonto-Auszug" vom 4.10.2001, insbesondere anhand der dort aufgeführten Arztnummern, unzweifelhaft erkennen, dass auch ihre in Einzelpraxis (drs. A. im Quartal I/1999, Dr. K. in der Zeit vom 9.8. - 30.9.1999) erbrachten zahnärztlichen Leistungen in die Berechnung der Degressionsgrenzwerte wie auch des Überschreitungs- und Rückforderungsbetrages Eingang gefunden haben. Die Nennung (allein) der klagenden Gemeinschaftspraxis stellt sich somit als partielle, aber unschädliche Falschbezeichnung dar (zur revisionsgerichtlichen Befugnis, Verwaltungsakte auszulegen, s BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 16 mwN).

44

c) Sollte das LSG zu der Auffassung gelangen, die fehlerhafte Zuordnung der Honorarminderungen zu der klagenden Gemeinschaftspraxis und den Einzelpraxen führe zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide, muss es die Beklagte verpflichten, neu zu entscheiden. Einer solchen neuen Entscheidung stünde nicht die - auch im Falle degressionsbedingter Honorarkürzungen zu beachtende (vgl BSG MedR 2008, 100 RdNr 15 ff und BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 15 ff - für degressionsbedingte Honorarminderungen)- Ausschlussfrist von vier Jahren entgegen. Diese Ausschlussfrist hat die Beklagte durch den Erlass bezüglich der angefochtenen Bescheide gewahrt. Im Falle gerichtlicher Aufhebung des bisherigen Prüf- oder Richtigstellungsbescheides und der Verpflichtung zur Neubescheidung wirkt die Fristwahrung im bisherigen Verfahren für das neue Verfahren weiter (stRspr des Senats, vgl BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 39 S 215 f; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 53 S 294; BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 62; BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 12). Dies würde auch im Hinblick auf die beiden am Verfahren bislang nicht beteiligten Zahnärzte drs. A. und Dr. K. gelten. Auch die auf sie entfallenden Honorare sind der Sache nach Gegenstand der hier angefochtenen Bescheide, die die Beklagte durch neue, auf richtiger rechnerischer Grundlage erstellte Bescheide ersetzen würde.

45

8. Das Berufungsgericht wird bei seiner abschließenden Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 9. September 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob vertragsärztlich zugelassene Anästhesisten Auskunfts- und Schadensersatzansprüche gegen ein Krankenhaus geltend machen können, wenn die dort angestellten Anästhesisten in Kooperation mit vertragsärztlich zugelassenen Chirurgen ambulante Operationen im Krankenhaus durchgeführt haben.

2

Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis, der zwei Fachärzte für Anästhesiologie angehören. Sie hat ihren Vertragsarztsitz in der Stadt S.; ihrer Praxis ist ein ambulantes Operationszentrum angegliedert, in dem Chirurgen unter Mitwirkung dieser Anästhesisten ambulante Operationen durchführen.

3

Die Beklagte, eine gemeinnützige GmbH, betreibt - ebenfalls in S. - ein Krankenhaus, das im Krankenhausplan mit Hauptabteilungen für Gefäßchirurgie und für Unfallchirurgie ausgewiesen ist; Belegbetten und Belegärzte sind diesen Bereichen nicht zugeordnet. Das Krankenhaus teilte entsprechend den Vorgaben des § 115b Abs 2 Satz 2 SGB V seine Absicht mit, Operationen und stationsersetzende Eingriffe (im Folgenden zusammengefasst: ambulante Operationen) gemäß dem "Vertrag nach § 115b SGB V - Ambulantes Operieren und stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus -" (AOP-Vertrag) durchzuführen bzw daran mitzuwirken. In der Folgezeit - in der Zeit vom Quartal II/2005 bis August 2006 - ließ das Krankenhaus durch drei zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Chirurgen, die Gefäßchirurgen Dres. P. und S. sowie den Neurochirurgen Dr. B., unter Mitwirkung eines Anästhesisten des Krankenhauses ambulante Operationen durchführen. Dieses rechnete seine anästhesistischen Leistungen nach dem AOP-Vertrag bei den Krankenkassen ab, die Chirurgen erhielten die Vergütungen für ihre Leistungen von der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV).

4

Die Klägerin macht(e) gegenüber der Beklagten geltend, § 115b SGB V und der AOP-Vertrag sähen ambulante Operationen durch Vertragsärzte, die nicht belegärztlich mit dem Krankenhaus verbunden seien, in Kooperation mit Ärzten des Krankenhauses nicht vor. Ohne die Bereitstellung von Räumlichkeiten und Personal durch das Krankenhaus würden die Chirurgen die ambulanten Operationen in ihrem - der Klägerin - Operationszentrum unter Mitwirkung ihrer Anästhesisten durchgeführt haben. Es habe "begründete Erwartungen und Absprachen" dafür gegeben, dass die Chirurgen die ambulanten Operationen in ihrem Operationszentrum durchführen würden.

5

Die Klägerin beantragte im März 2006 beim SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung dahin, dass die Beklagte es unterlasse, in ihrem Krankenhaus aufgrund des § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag ambulante Operationen unter Heranziehung von solchen Vertragsärzten, die nicht belegärztlich mit ihm verbunden seien, durchzuführen bzw daran mitzuwirken. Die Beklagte gab im August 2006 eine entsprechende Unterlassungserklärung ab. Die Klägerin erklärte das Verfahren in der Hauptsache für erledigt; dem schloss sich die Beklagte sinngemäß an; das SG erlegte der Beklagten die Kosten des Verfahrens auf (Beschluss vom 16.11.2006).

6

Die Klägerin hat im November 2006 Klage erhoben mit dem Begehren, die Beklagte solle Auskunft über die von ihr - der Beklagten - für Dres. P., S. und B. durchgeführten Anästhesieleistungen geben, die im Zusammenhang mit den von diesen gegenüber der KÄV abgerechneten Leistungen stehen, sowie - beruhend auf dieser Auskunft - Ersatz für den daraus errechenbaren Schaden nebst Zinsen leisten. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 9.9.2009). Es hat ausgeführt, die Klägerin habe weder Anspruch auf Auskunft noch auf Schadensersatz. Mit der Bereitstellung anästhesiologischer Leistungen habe die Beklagte keine Rechtsverletzung begangen. In Abgrenzung zu den für die belegärztliche Tätigkeit geltenden Bestimmungen seien beim ambulanten Operieren gemäß § 115b SGB V dem Krankenhaus alle Handlungsmöglichkeiten und Kooperationsformen eröffnet, die weder § 115b SGB V noch der AOP-Vertrag verbiete. Das Verbot einer Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Vertragsärzten könne weder aus dem Wortlaut noch aus Sinn und Zweck der Bestimmungen des § 115b SGB V oder des AOP-Vertrages abgeleitet werden. Der Vertrag enthalte keine Regelung, wonach Krankenhäuser nur dann Vergütungen beanspruchen könnten, wenn angestellte Krankenhausärzte oder Belegärzte des Krankenhauses die ambulanten Operationen durchgeführt hätten. Der im AOP-Vertrag verwendete Begriff "Operateur des Krankenhauses" sei nicht eng zu verstehen. Davon sei jeder Arzt erfasst, den das Krankenhaus für die ambulanten Operationen heranziehe; dies könne auch ein niedergelassener Vertragsarzt sein, auch einer, der nicht Belegarzt des Krankenhauses sei. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Auskunft und ggf Schadensersatz scheitere auch daran, dass ihr kein Schaden entstanden sei. Es sei nicht sicher, dass die Operateure gerade die Klägerin zu den anästhesiologischen Leistungen herangezogen haben würden. Die Zahl der möglichen Konkurrenten für die Leistungserbringung sei nicht überschaubar. Ein möglicher Schaden käme im Übrigen nur bis zum August 2006 in Betracht, weil davon auszugehen sei, dass die Beklagte ab diesem Zeitpunkt entsprechend ihrer Unterlassungserklärung keine Leistungen der von der Klägerin beanstandeten Art mehr erbracht habe.

7

Mit ihrer (Sprung-)Revision macht die Klägerin geltend, dass sich ihr Begehren auf Auskunft darauf richte, welche Leistungen die Beklagte im Zusammenwirken mit den Chirurgen Dres. P., S. und B. erbracht habe. Den Zeitraum könne sie nicht exakt angeben, sie wisse nur, dass die Kooperation wohl im Quartal II/2005 begonnen und bis zur Unterlassungserklärung im August 2006 angedauert habe. Entsprechend dem Ergebnis der Auskunft werde sie dann ihr Begehren auf Schadensersatz konkretisieren können. Ihr seien die Vergütungen für anästhesistische Leistungen, jedenfalls aber diejenigen für die postoperative Überwachung entgangen. Dass die Chirurgen ihr Operationszentrum in Anspruch genommen hätten, sei hinreichend wahrscheinlich. Dies liege schon deshalb nahe, weil bei keinem anderen in S. niedergelassenen Facharzt für Anästhesiologie angefragt worden sei. Das Motiv der Beklagten, den Chirurgen ambulante Operationen im Krankenhaus - wohl zu besonders günstigen Konditionen oder gar unentgeltlich - zu ermöglichen, könne darin liegen, im Gegenzug bei Krankenhauseinweisungen möglichst bevorzugt berücksichtigt zu werden. Sie - die Klägerin - habe Anspruch auf die begehrte Auskunft und ggf auch auf Schadensersatz; denn die Handlungsweise der Beklagten, in ihrem Krankenhaus unter Mitwirkung ihrer Anästhesisten niedergelassene Vertragsärzte ambulante Operationen durchführen zu lassen, sei nicht durch § 115b SGB V und den AOP-Vertrag gedeckt. Diese Bestimmungen sähen ambulante Operationen durch Vertragsärzte, die nicht belegärztlich mit dem Krankenhaus verbunden seien, nicht vor. Ohne Ermächtigungsgrundlage dürften Krankenhäuser nicht an der ambulanten Versorgung teilnehmen. Dies verstoße gegen den Vorrang der niedergelassenen Vertragsärzte. Ambulante Operationen seien nur durch Operateure des Krankenhauses oder durch Belegärzte, jeweils in Verbindung mit einem Anästhesisten des Krankenhauses vorgesehen. Der Begriff des belegärztlich tätigen Vertragsarztes könne nicht dahin verstanden werden, dass auch solche Vertragsärzte, die nicht belegärztlich mit dem Krankenhaus verbunden seien, auf der Grundlage des AOP-Vertrages in dessen Räumen ambulant operieren dürften. Der Einbeziehung der Belegärzte in den Kreis der zugelassenen Operateure liege der Rechtsgedanke zugrunde, diese von unnötigen stationären Behandlungen abzuhalten. Eine erweiternde Auslegung könne auch nicht aus dem Begriff "insbesondere" in § 7 Abs 4 Satz 2 AOP-Vertrag abgeleitet werden. In dieselbe Richtung weise § 18 Abs 1 AOP-Vertrag, der "nur eine Rechnung" vorsehe und mit dem eine gesonderte Abrechnung des operierenden Vertragsarztes gegenüber der KÄV nicht vereinbar sei.

8

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 9. September 2009 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht zurückzuverweisen.

9

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückweisen.

10

Das SG habe das Auskunfts- und Schadensersatzbegehren der Klägerin zu Recht abgewiesen. Diese könne schon deshalb keinen Erfolg haben, weil eine Schadensverursachung durch sie - die Beklagte - nicht belegt und auch nicht einmal wahrscheinlich sei. Es könne nicht angenommen werden, dass das Abrechnungsvolumen, das die Beklagte mit den anästhesiologischen Leistungen erzielt habe, mit Wahrscheinlichkeit oder gar Sicherheit gerade der klägerischen Praxis zugute gekommen wäre; denn in S. und vor allem im näheren Umkreis gebe es weitere Fachärzte für Anästhesiologie. Das SG habe auch in der Sache zutreffend das Verhalten des Krankenhauses als rechtmäßig angesehen. Das Krankenhaus habe den niedergelassenen Chirurgen, die nicht Belegärzte gewesen seien, für ihre ambulanten Operationen in seinen Räumen anästhesiologische Leistungen zur Verfügung stellen dürfen. Der AOP-Vertrag verwende einen rechtstechnisch fehlerhaften Begriff des Belegarztes.

11

Die Beigeladenen zu 1. und 3. schließen sich - ohne Anträge zu stellen - den Ausführungen der Klägerin an. Die Beigeladene zu 7. macht ebenfalls Rechtsausführungen, positioniert sich aber nicht. Die übrigen Beigeladenen äußern sich nicht.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist zulässig und begründet. Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten (unten A. 1. und 2.) und die Zuständigkeit des Senats für das Vertragsarztrecht (unten A. 3. und 4.) sind gegeben. Die Zulassung der Sprungrevision ist wirksam erfolgt und die sonstigen Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Revision sind erfüllt (unten B.). Die rechtliche Würdigung in der Sache (s im Einzelnen unten C.) ergibt, dass das Begehren der Klägerin auf Zurückverweisung des Rechtsstreits an das SG begründet ist. Zur abschließenden Beurteilung ihrer Stufenklage auf Auskunft und ggf auf Schadensersatz, die sie beim SG geführt hat und die ihrem revisionsgerichtlichen Antrag auf Zurückverweisung des Rechtsstreits an das SG weiterhin zugrunde liegt, sind ergänzende Tatsachenfeststellungen des SG erforderlich. Ein Auskunfts- und ggf auch Schadensersatzanspruch kommt jedenfalls in Betracht.

13

A. Die Entscheidungszuständigkeit des erkennenden Senats ist sowohl vom Rechtsweg her (unten 1. und 2.) als auch von der Spruchkörperzuständigkeit her (unten 3. und 4.) gegeben.

14

1. Die Eröffnung des Rechtswegs zu den Sozialgerichten folgt bereits daraus, dass das SG ihn als gegeben erachtet hat und dies gemäß § 17a Abs 5 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) von den weiteren Instanzen im Rechtsmittelzug nicht mehr in Frage gestellt werden kann.

15

§ 17a Abs 5 GVG verbietet dem Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache zu entscheiden hat, die Prüfung der Zulässigkeit des Rechtswegs. Die Bindungswirkung besteht unabhängig davon, ob ein Beteiligter die Zulässigkeit des Rechtswegs vor dem SG in Frage gestellt hat (vgl BGH NJW 2008, 3572, 3573 RdNr 16; zur Reichweite der Bindungswirkung s zB auch BSGE 77, 119, 120 = SozR 3-2500 § 133 Nr 1 S 2; BSG SozR 3-1720 § 17a Nr 7 S 11 f; BSG vom 6.10.2008 - B 3 SF 2/08 R - Juris RdNr 19-21) . Sie gilt auch dann, wenn das SG den Rechtsweg nur inzident bejaht hat (BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 1 RdNr 5 und BGH aaO RdNr 10, 17, 19).

16

Diese Bindungswirkung des § 17a Abs 5 GVG greift hier ein; denn das SG hat über das Klagebegehren der Klägerin in der Sache entschieden und den Rechtsweg zu den Sozialgerichten (§ 51 SGG) somit inzident für gegeben erachtet (zum speziellen Fall des § 17a Abs 2 Satz 3 GVG vgl BSGE 83, 128 = SozR 3-2500 § 116 Nr 17: Verweisung der Schadensersatzklage eines Vertragsarztes gegen einen ermächtigten Arzt vom LG an das SG) .

17

2. Die Bejahung des Rechtsweges zu den Sozialgerichten ist auch inhaltlich zutreffend. Dies ergibt sich aus § 51 Abs 1 Nr 2, Abs 2 Satz 1 SGG. Danach entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung (SGB V) (Abs 1 Nr 2), dies auch dann, wenn die Streitigkeiten privatrechtliche Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung betreffen (Abs 2 Satz 1), und jeweils auch insoweit, als durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden (Abs 1 Nr 2 Halbsatz 2 und Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2). Damit sind die Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung nach dem SGB V umfassend, auch soweit die Rechtsbeziehungen der Leistungserbringer untereinander betroffen sind, den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesen (zum hierzu parallel formulierten Tatbestand des § 69 Satz 4 SGB V: vgl unten RdNr 43 am Ende).

18

3. Innerhalb der Sozialgerichte sind diejenigen Spruchkörper zuständig, die gemäß § 10 Abs 2 SGG(im Rechtsmittelzug iVm §§ 31 Abs 2, 40 Satz 2 SGG) für Angelegenheiten des Vertragsarztrechts bestehen. Eine Zuständigkeit der Spruchkörper für Rechtsstreitigkeiten des allgemeinen Krankenversicherungsrechts (Angelegenheit der Sozialversicherung gemäß § 10 Abs 1 SGG) steht nicht in Frage (unten a), und es besteht auch kein Anlass für eine Vorlage an den Großen Senat (unten b).

19

a) Die Zuordnung der vorliegenden Streitigkeit zu § 10 Abs 2 SGG entspricht der bisherigen Rechtsprechung(zur Abgrenzung s zuletzt BSGE 105, 243 = SozR 4-2500 § 116b Nr 2, RdNr 15 ff mwN - auch zur teilweise abweichenden Auffassung des 3. Senats -; jüngst auch LSG Nordrhein-Westfalen vom 9.2.2011 - L 11 KA 91/10 B ER - Juris RdNr 29 ff). Dies ergibt sich sowohl aus der Perspektive, welche Prozessparteien am Rechtsstreit beteiligt sind, als auch aus der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird.

20

Wird darauf abgestellt, zwischen welchen Beteiligten der Rechtsstreit geführt wird, so ist eine Konstellation gegeben, für die die Zuordnung zum Vertragsarztrecht iS des § 10 Abs 2 SGG vorgezeichnet ist. Kläger ist ein Vertragsarzt bzw eine vertragsärztliche Gemeinschaftspraxis. Beklagte ist zwar ein Krankenhaus, betroffen ist aber der Bereich ambulanter Tätigkeit. Die in § 115b SGB V vorgesehenen Leistungen gehören zur ambulanten Versorgung, wie auch § 39 Abs 1 Satz 1 SGB V ungeachtet der Zuordnung zur Krankenhausbehandlung ausdrücklich klarstellt("Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, teilstationär … sowie ambulant <§ 115b> erbracht."). Steht die Teilnahme von Krankenhäusern oder von Krankenhausärzten an der ambulanten Versorgung in Frage, so sind die Rechtsstreitigkeiten von oder gegen Krankenhäuser(n) nach der bisherigen Rechtsprechung dem Vertragsarztrecht zuzuordnen. Dies gilt nicht nur insoweit, als für die Eröffnung dieses Tätigkeitsfeldes eine Entscheidung des mit Vertragsärzten besetzten Zulassungsausschusses notwendig ist (so in den Fällen des § 116, des § 117 und des § 118 Abs 1 SGB V, vgl zB - zuletzt zu § 118 SGB V - BSGE 102, 219 = SozR 4-2500 § 118 Nr 1), sondern auch soweit einem Krankenhaus der ambulante Tätigkeitsbereich unmittelbar durch gesetzliche Regelung - ohne Erforderlichkeit einer ausdrücklichen behördlichen Entscheidung - eröffnet wird bzw worden ist: Dies betrifft die Konstellation des § 118 Abs 2 SGB V, aber auch Rechtsstreitigkeiten zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen um Vergütungen für ambulante Leistungen gemäß § 120 Abs 1 und 3 SGB V(vgl dazu BSGE 76, 48, 49 iVm 51 = SozR 3-2500 § 120 Nr 5 S 27 iVm 29; BSG USK 97 80 S 452, insoweit in SozR 3-1500 § 166 Nr 6 nicht abgedruckt; vgl ferner BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 26 S 71 mwN). Vergleichbar gelagert mit diesen Fällen, in denen Krankenhäuser im Bereich ihrer ambulanten Tätigkeit betroffen sind, sind Rechtsstreitigkeiten, die den Bereich ihrer ambulanten Tätigkeit gemäß § 115b SGB V betreffen. Entsprechend den von § 118 Abs 2 SGB V erfassten Verfahren ist auch hier die Zuordnung zum Vertragsarztrecht iS des § 10 Abs 2 SGG nicht zweifelhaft: Ebenso wie im Fall des § 118 Abs 2 SGB V ist auch hier unschädlich, dass es keiner gesonderten Entscheidung der mit Vertragsärzten besetzten Zulassungsausschüsse bedarf, damit das Krankenhaus an der ambulanten Versorgung gemäß § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag teilnehmen kann. Nach der Regelung des § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag muss das Krankenhaus lediglich eine "Mitteilung" gemäß § 115b Abs 2 Satz 2 SGB V iVm § 1 AOP-Vertrag abgeben, um zur Erbringung der in § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag umschriebenen ambulanten Leistungen berechtigt zu sein(vgl hierzu BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 19 S 92). Sind mithin schon generell Streitigkeiten von Krankenhäusern um die Teilnahme an der ambulanten Versorgung dem Vertragsarztrecht iS des § 10 Abs 2 SGG zuzuordnen, so gilt dies jedenfalls fraglos dann, wenn ein Vertragsarzt sich gegen die Betätigung eines Krankenhauses im ambulanten Bereich wendet. Eine solche Rechtsstreitigkeit zwischen einem Vertragsarzt und einem Krankenhaus ist schon wegen der Beteiligung des Vertragsarztes als Kläger gegen einen im ambulanten Bereich konkurrierenden Leistungserbringer dem Vertragsarztrecht zuzuordnen.

21

In der vorliegenden Konstellation ergibt sich die Zuordnung zum Vertragsarztrecht iS des § 10 Abs 2 SGG zusätzlich bei Abstellen auf den Kern des Rechtsstreits bzw - so vielfach die Terminologie - auf die Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird(zu diesem Kriterium vgl zB BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 26 S 70 f mit BGH-Angaben; ebenso GmSOGB SozR 1500 § 51 Nr 53 S 108; vgl auch derselbe in BGHZ 187, 105 = NJW 2011, 1211, 1212 RdNr 7 ff): Die klagende vertragsärztliche Gemeinschaftspraxis stützt ihr Klagebegehren auf ihren Zulassungsstatus und die in ständiger Rechtsprechung daraus abgeleiteten Abwehrrechte der niedergelassenen Vertragsärzte gegen andere Leistungserbringer, die rechtswidrigerweise in der ambulanten Versorgung tätig sind (so schon BSGE 83, 128 = SozR 3-2500 § 116 Nr 17). Nach dem System des SGB V ist die ambulante Versorgung primär durch Vertragsärzte sicherzustellen; die ambulante Versorgung ist als vertragsärztliche Versorgung konzipiert (vgl § 72 SGB V). Die Mitwirkung an der ambulanten Versorgung durch andere Leistungserbringer als Vertragsärzte bedarf entsprechender gesetzlicher Regelung. In welchem Umfang und zu welchen Bedingungen § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag den Krankenhäusern eine derartige Leistungsberechtigung einräumt, wie sie hier von der Beklagten in Anspruch genommen wird, und ob ein niedergelassener Vertragsarzt aufgrund seines Zulassungsstatus einen Unterlassungs- bzw Schadensersatzanspruch - und ggf auch Auskunftsanspruch - gegen ein Krankenhaus hat, wenn dieses seine ambulante Tätigkeit über das durch § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag gestattete Ausmaß hinaus ausdehnt, ist die zentrale Frage des vorliegenden Rechtsstreits. Auch der 3. Senat des BSG grenzt danach ab, ob wie hier der rechtliche Status des Vertragsarztes unmittelbar betroffen ist (vgl BSG - 3. Senat - BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 12: "Vertragsarztrecht … rechtlichen Status als Vertragsarzt … bloß mittelbare Betroffenheit … vertragsärztliche Leistungserbringung im Streit").

22

b) Ergibt sich somit unter mehreren Aspekten die Zuordnung des Rechtsstreits zu den Angelegenheiten des Vertragsarztrechts, so besteht auch kein Anlass für eine Vorlage an den Großen Senat gemäß § 41 SGG. Keiner der in § 41 Abs 2 und 4 SGG aufgeführten Tatbestände ist erfüllt.

23

aa) Eine Abweichung von der Entscheidung eines anderen Senats iS des § 41 Abs 2 SGG liegt nicht vor. Soweit sich der 1. und der 3. Senat des BSG zu Zuständigkeitsfragen geäußert haben, handelte es sich jeweils um nicht-tragende Ausführungen (s die Zusammenfassung in BSGE 105, 243 = SozR 4-2500 § 116b Nr 2, RdNr 19). Eine Vorlage wegen Divergenz erfordert aber eine Abweichung in entscheidungserheblichen Ausführungen (vgl hierzu BSGE 51, 23, 24 ff = SozR 1500 § 42 Nr 7 S 10 ff; BSGE 58, 183, 186 f = SozR 1500 § 42 Nr 10 S 14; im selben Sinne BAGE 53, 30, 32; 69, 134, 138 , 141; 97, 150, 152; BGHSt 19, 7, 9; BVerwG Buchholz 310 § 11 Nr 6 S 13 oben; BFHE 132, 244, 250 = BStBl II 1981, 164, 166 f; BFHE 144, 124, 127 = BStBl II 1985, 587, 588 f; BFHE 145, 147, 150 = BStBl II 1986, 207, 208; BFHE 154, 556, 560 f = BStBl II 1989, 164, 166 f; s ferner BGHSt 40, 138, 145; inhaltlich ebenso - zur Anrufung des Plenums des BVerfG gemäß § 16 Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGE 77, 84, 104; 96, 375, 404; BVerfGE 96, 409 f; BVerfGE 112, 1, 23; 112, 50, 63).

24

bb) Eine Vorlage an den Großen Senat ist auch nicht etwa wegen grundsätzlicher Bedeutung einer Rechtsfrage iS des § 41 Abs 4 SGG veranlasst. Die Grundsatzvorlage eines Senats setzt nach dieser Bestimmung zum einen voraus, dass sie "nach seiner Auffassung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts erforderlich ist", und zum anderen, dass der Senat sein Ermessen ("kann … vorlegen") im Sinne der Vorlegung ausübt. Mithin bestehen auf zwei Ebenen bei der Entscheidung über eine Vorlage Einschätzungs- bzw Entscheidungsspielräume (vgl hierzu zB BSGE 62, 255, 259 oben = SozR 5050 § 15 Nr 35 S 118 oben; das Ermessen hervorhebend zB BFHE 182, 506, 513 = BStBl II 1997, 787, 790; Pietzner in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Loseblatt-Kommentar , § 11 RdNr 56 mwN; A. Schmidt in Hennig, SGG, Loseblatt-Kommentar , § 41 RdNr 21). Unter welchen Voraussetzungen eine Vorlage "zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung" iS des § 41 Abs 4 Variante 2 SGG "erforderlich ist" bzw von ihr abgesehen werden kann, hängt nach der Rechtsprechung davon ab, ob eine Gefahr für die Einheitlichkeit der Rechtsprechung durch sich abzeichnende entscheidungstragende Divergenzen besteht(so das Paradebeispiel, vgl zB BSGE 62, 255, 259 oben = SozR 5050 § 15 Nr 35 S 118 oben; ebenso BSG - 3. Senat - GesR 2010, 415 RdNr 13, 16 am Ende, 26, 30). Ist dies noch nicht der Fall, so kann von einer Vorlage ermessensfehlerfrei abgesehen werden; zeichnen sich dagegen bereits entscheidungstragende Divergenzen ab, so kann das Vorlegungsermessen sogar auf Null reduziert sein.

25

Diese Voraussetzungen für eine Vorlage an den Großen Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung sind nicht gegeben. Sie ist schon nicht "zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts erforderlich", und überdies wäre eine Vorlage nicht ermessensgerecht.

26

Für die Annahme, im Sinne des Erfordernisses "zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung" (§ 41 Abs 4 Variante 2 SGG) könnten in absehbarer Zeit Konkurrenzstreitverfahren von Vertragsärzten gegen Krankenhäuser wegen gemäß § 115b SGB V unzulässiger Kooperation bei Spruchkörpern des allgemeinen Krankenversicherungsrechts anhängig werden, gibt es keinen realen Ansatzpunkt. In diese Richtung laufende Gerichtsverfahren sind nicht ersichtlich. Aus demselben Grund ist auch die andere Tatbestandsvariante, eine Vorlage an den Großen Senat "zur Fortbildung des Rechts" (§ 41 Abs 4 Variante 1 SGG), nicht einschlägig: Ein Fortbildungsbedürfnis ist dem Senat nicht ersichtlich, solange nicht entscheidungstragende divergente Zuständigkeitsentscheidungen vorliegen oder jedenfalls in greifbarer Nähe sind. Für eine Vorlage lässt sich auch nichts aus dem seit ca einem Jahr beim Großen Senat anhängigen Vorlageverfahren (Az GS 1/10) herleiten; dieses betrifft einen anderen Streitgegenstand, nämlich die Rechtmäßigkeit einer Schiedsstellenentscheidung gemäß § 18a Krankenhausfinanzierungsgesetz zur Vergütung von Leistungen einer zahnärztlichen Hochschulambulanz.

27

Auch aus dem im Vorlagebeschluss des 3. Senats (BSG vom 10.3.2010 - B 3 KR 36/09 B - GesR 2010, 415) angeführten Gesichtspunkt "prozessuales Querschnittsrecht" (aaO RdNr 12) lässt sich keine grundsätzliche Bedeutung herleiten. Konkurrenzstreitverfahren von Vertragsärzten gegen Krankenhäuser wie hier betreffen den Fall, dass ein Vertragsarzt aufgrund seines Zulassungsstatus und der daraus ableitbaren Abwehrrechte gegenüber einem anderen Leistungserbringer geltend macht, dieser sei in gemäß § 115b SGB V unzulässiger Kooperation in der ambulanten Versorgung tätig. Dies ist eine besondere Konstellation, die ein Problem prozessualen Querschnittsrechts im Rahmen von Zuständigkeitsfragen nicht erkennen lässt.

28

Eine Anrufung des Großen Senats kann auch nicht deshalb erfolgen, weil jedenfalls wegen weiterer Zuständigkeitsfragen - außerhalb von Klagen von Vertragsärzten wegen gemäß § 115b SGB V unzulässiger Kooperation - eine "umfassende Klärung der Problematik durch den Großen Senat" veranlasst sei(hierzu BSG - 3. Senat - GesR 2010, 415 RdNr 44). Eine Vorlage, die wie hier in einem Rechtsstreit an sich nicht veranlasst ist, zwecks Klärung von Zuständigkeitsfragen in anderen Bereichen zu beschließen (so die Zielrichtung in BSG - 3. Senat - aaO RdNr 37), wäre nicht zulässig. Dies liefe darauf hinaus, "bei der Gelegenheit" eines Rechtsstreits den Großen Senat dafür in Anspruch zu nehmen, dass er ein Rechtsgutachten mit umfassenden Ausführungen über zusätzliche weitere Fragen erstellen solle. Ein solches Ansinnen wäre unzulässig; denn der Große Senat hat nicht die Aufgabe, Rechtsgutachten zu erstatten, wie in der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte geklärt ist (BSGE 102, 166 = SozR 4-1500 § 41 Nr 1, RdNr 26; BFHE 91, 213, 215 = BStBl II 1968, 285, 286; BFHE 95, 31, 33 = BStBl II 1969, 291, 292; BAGE 20, 175, 183; 48, 122, 129; 69, 134, 145; inhaltlich ebenso BGHSt 19, 6, 9 ).

29

Scheitert eine Vorlage mithin schon am Fehlen der Tatbestandsvoraussetzungen, weil sie weder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch zur Fortbildung des Rechts erforderlich ist, so besteht keine tatbestandsmäßige Grundlage für eine Ausübung des Ermessens ("kann … vorlegen").

30

4. Der Senat entscheidet im vorliegenden Verfahren in der sich aus § 12 Abs 3 Satz 2 SGG(iVm §§ 33, 40 Satz 1 SGG) ergebenden Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Vertragsärzte. Dies folgt daraus, dass der vorliegende Rechtsstreit weder unmittelbar die Krankenkassen betrifft noch die Entscheidung eines Gremiums, in dem Vertreter von Krankenkassen mitgewirkt haben, angefochten wird. Allein der Gesichtspunkt, dass der Bereich der gemäß § 115b SGB V zugelassenen ambulanten Operationen im Krankenhaus durch einen dreiseitigen Vertrag unter Beteiligung der Krankenkassen umgrenzt wird und dass eine erweiternde Auslegung des § 115b SGB V bzw des AOP-Vertrages durch Einbeziehung zB aller Vertragsärzte zu höheren Ausgaben der gemäß § 115b Abs 2 Satz 4 SGB V vergütungsverpflichteten Krankenkassen führen würde, reicht nicht aus für eine Zuordnung des Rechtsstreits zu den Angelegenheiten des Vertragsarztrechts iS des § 12 Abs 3 Satz 1 SGG. In diesem Sinne hat der Senat bereits den Fall, dass ein Vertragsarzt einen ermächtigten Arzt, der bereits vor dem Wirksamwerden der ihm erteilten Ermächtigung Leistungen erbracht hatte, auf Schadensersatz in Anspruch nahm, als Angelegenheit der Vertragsärzte iS des § 12 Abs 3 Satz 2 SGG angesehen und seine Entscheidung unter Mitwirkung von zwei ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Vertragsärzte getroffen(s BSGE 83, 128 = SozR 3-2500 § 116 Nr 17).

31

B. 1. Die (Sprung-)Revision gegen das Urteil des SG ist statthaft (§ 161 SGG), denn dieses hat die Sprungrevision mit Beschluss vom 24.3.2010 zugelassen.

32

Dabei kann offen bleiben, ob der Beschluss des SG über die Zulassung der Sprungrevision unter ordnungsgemäßer Mitwirkung seiner ehrenamtlichen Richter zustande gekommen ist. Die Zweifel daran könnten sich darauf gründen, dass diese lediglich im Umlaufverfahren auf unterschiedlichen, ihnen per Fax übersandten Beschlussabschriften unterschrieben haben und insoweit keine einheitliche Urkunde vorliegt. Das stellt die Zulässigkeit der Sprungrevision aber nicht in Frage. Denn der Wirksamkeit der Zulassung der Sprungrevision stünde nicht einmal entgegen, wenn die ehrenamtlichen Richter überhaupt nicht mitgewirkt haben, sondern der Berufsrichter allein über die Zulassung der Revision entschieden hat. Der Zulassungsbeschluss ist dann zwar fehlerhaft, aber dennoch wirksam und das Revisionsgericht an ihn gebunden (so zuletzt BSG vom 18.8.2010 - B 6 KA 14/09 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 13 und vom 9.2.2011 - B 6 KA 3/10 R - RdNr 16, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; vgl zur früheren Rspr: BSG BSGE 51, 23, 26 ff, 29 f = SozR 1500 § 161 Nr 27 S 54 ff; BSGE 64, 296, 297 f = SozR 1500 § 161 Nr 33 S 69 f; BSG vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 13/06 R - Juris RdNr 9).

33

2. Die Parteistellung als Klägerin und Revisionsführerin kommt im vorliegenden Verfahren der Gemeinschaftspraxis zu, die die Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemäß §§ 705 ff BGB hat. Diese gilt für schwebende Auseinandersetzungen um Forderungen und Verbindlichkeiten als fortbestehend (vgl § 730 Abs 2 Satz 1 BGB; s dazu zuletzt BSG vom 8.12.2010 - B 6 KA 33/09 R - RdNr 11 mwN; BSG vom 9.2.2011 - B 6 KA 5/10 R - RdNr 23). Dementsprechend hat der Senat das Rubrum berichtigt (vgl hierzu BSG SozR 4-1500 § 86 Nr 2 RdNr 8; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 57 RdNr 12); seinem entsprechenden Hinweis in der mündlichen Verhandlung ist keiner der Beteiligten entgegengetreten.

34

3. Schließlich bestehen auch keine durchgreifenden Bedenken gegen die Zulässigkeit der mit der Revision verfolgten Klage. Diese ist auch in der Form der von der Klägerin erhobenen Stufenklage zulässig, mit der sie zunächst Auskunft und - erst auf der Grundlage der erhaltenen Auskunft - Schadensersatz begehrt. Diese beiden Begehren können, da sie miteinander im Zusammenhang stehen und das eine Begehren auf dem anderen aufbaut, im Wege der Klagehäufung zusammen verfolgt werden (objektive Klagehäufung, vgl § 56 SGG; zum speziellen Fall der Stufenklage gemäß § 202 SGG iVm § 254 ZPO: vgl Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 56 RdNr 5) . Dabei reicht es aus, dass die Klägerin erst nach Erlangung der Auskunft über die von der Beklagten abgerechneten Leistungen den Schadensersatzanspruch beziffern will (vgl Greger in: Zöller, ZPO, 28. Aufl 2010, § 254 RdNr 1; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl 2011, § 254 RdNr 4, 6; jeweils mit Rspr-Angaben).

35

C. Die rechtliche Würdigung in der Sache ergibt, dass das Begehren der Klägerin auf Zurückverweisung des Rechtsstreits an das SG begründet ist. Zur abschließenden Beurteilung der Stufenklage auf Auskunft und ggf auf Schadensersatz sind ergänzende Tatsachenfeststellungen des SG erforderlich, an das der Rechtsstreit deshalb gemäß § 170 Abs 2 Satz 2 SGG zurückzuverweisen ist.

36

Es ist nicht aus Rechtsgründen ausgeschlossen, dass die Klägerin mit ihrem Auskunfts- und ggf auch Schadensersatzbegehren Erfolg hat; denn in dem Verhältnis zwischen der klagenden Gemeinschaftspraxis und dem Krankenhaus bzw der beklagten Krankenhausträgerin können Auskunfts- und Schadensersatzansprüche bestehen (unten 1. a-c). Die Voraussetzungen, dass ein der Klägerin vom Krankenhaus zugefügter Schaden möglich bzw wahrscheinlich erscheint (unten 1. d) und dass die Handlungsweise des Krankenhauses gegen die Vorgaben des § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag verstieß(unten 2.), sind gegeben.

37

1. In dem Verhältnis zwischen der klagenden Gemeinschaftspraxis und dem Krankenhaus der Beklagten sind die allgemeinen Regelungen des Wettbewerbsrechts über Auskunfts- und Schadensersatzansprüche anzuwenden.

38

Auskunfts- und Schadensersatzbegehren hängen im Falle der Klägerin in der Weise zusammen, dass die Klägerin zunächst Auskunft von der Beklagten darüber fordert, wann Dres. P., S. und B. welche ambulanten Operationen in Kooperation mit Anästhesisten des Krankenhauses der Beklagten erbrachten. Nach Erhalt dieser Auskunft will sie den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch errechnen.

39

Ist mithin das Auskunftsbegehren ein Hilfsanspruch für das Schadensersatzbegehren, so ist für die Zuerkennung eines Auskunftsanspruchs notwendig, dass ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte überhaupt möglich erscheint, dh dass ein Schadensersatzanspruch rechtlich denkbar ist (unten a-c) und es nicht ausgeschlossen erscheint, dass die Klägerin durch das rechtswidrige Verhalten der Beklagten einen Schaden erlitt (unten d).

40

a) Aus dem vertragsärztlichen Status ist abzuleiten, dass der Vertragsarzt einen Schadensersatzanspruch gegen einen konkurrierenden Leistungserbringer haben kann, der die für seine Mitwirkung an der ambulanten Versorgung geltenden Vorgaben nicht beachtet hat. Davon ist der Senat bereits in seinem früheren Urteil vom 25.11.1998 - B 6 KA 75/97 R - ausgegangen (s BSGE 83, 128, 131 ff = SozR 3-2500 § 116 Nr 17 S 84 ff). In dieser Entscheidung hatte der Senat die Regelungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) für Schadensersatzansprüche eines Vertragsarztes gegen eine ermächtigte Ärztin herangezogen, die von ihrer Ermächtigung bereits Gebrauch gemacht hatte, ehe diese bestandskräftig war.

41

Dieselben Grundsätze gelten ebenso in anderen Fällen rechtswidriger Betätigung in der ambulanten Versorgung. Ein Vertragsarzt bzw eine vertragsärztliche Berufsausübungsgemeinschaft kann Schadensersatz nach wettbewerbsrechtlichen Grundsätzen beanspruchen, wenn er bzw sie geltend machen kann, ein Krankenhaus habe die ihm durch § 115b SGB V eingeräumten Möglichkeiten ambulanter Tätigkeit überschritten. Auch in dieser Konstellation stehen der Zulassungsstatus und das daraus ableitbare Abwehrrecht gegenüber anderen, in rechtswidriger Weise ambulant tätigen Leistungserbringern (vgl oben RdNr 21) in Frage. In einer solchen Lage muss dem betroffenen Vertragsarzt ein Mindestmaß an Rechtsschutz gewährt werden, dh die Möglichkeit der Abwehr und eines Schadensersatzes zuerkannt werden. Damit wird die Linie der Rechtsprechung von BVerfG und BSG zur Abwehr rechtswidrig tätiger Konkurrenten konsequent weitergeführt (vgl zur Konkurrentenabwehr zuletzt BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 17, 19 f mwN; vgl schon früher BSGE 83, 128, 131 ff = SozR 3-2500 § 116 Nr 17 S 84 ff). Würden die Möglichkeiten der Abwehr und eines Schadensersatzes nicht anerkannt, so bliebe eine empfindliche Rechtsschutzlücke, die der zentralen Funktion des Zulassungsstatus des Vertragsarztes im SGB V nicht entspräche.

42

b) Der Heranziehung der allgemeinen Grundsätze des Wettbewerbsrechts steht § 69 SGB V nicht entgegen. Zwar verweist diese Vorschrift nur auf bestimmte zivilrechtliche Regelungen, nämlich in § 69 Satz 3 SGB V(Fassung vom 14.11.2003, BGBl I 1412) - und später im neuen Abs 2 zusätzlich auf einige Bestimmungen des Gesetzes für Wettbewerbsbeschränkungen (GWB, s die Fassungen vom 15.12.2008, BGBl I 2426, und vom 22.12.2010, BGBl I 2262) -. Daraus folgt aber keine Anwendungssperre für allgemeine zivilrechtliche Regelungen und Grundsätze. Vielmehr gebieten das Erfordernis effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) - und ebenso der für Zivilrechtsbeziehungen einschlägige allgemeine Justizgewährleistungsanspruch (Art 2 Abs 1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip) -, dass in dem Fall rechtswidriger Schädigungen ein Mindestmaß an Primär- und/oder Sekundärrechtsschutz zuerkannt wird, dh Möglichkeiten der Abwehr und/oder eines Schadensersatzes bestehen (vgl dazu BVerfGE 116, 135, 154-159, und BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 31) .

43

Der Anwendung allgemeiner wettbewerbsrechtlicher Grundsätze iVm § 115b SGB V auf das vorliegende Streitverhältnis zwischen Vertragsarzt und Krankenhaus steht auch nicht entgegen, dass §§ 69 ff und § 115b SGB V gemäß der Überschrift zum Vierten Kapitel(§§ 69-140h SGB V) auf das Verhältnis zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern zugeschnitten sind. Heute ist anerkannt, dass die Regelungen der §§ 69 ff SGB V auch im Verhältnis der Leistungserbringer untereinander zu beachten sind(zur Rechtsprechungsentwicklung s Engelmann in Schlegel/Voelzke/Engelmann, jurisPraxisKommentar SGB V, 2008, § 69, insbesondere RdNr 57 ff, 119 ff, 210 ff) . Deren Geltung auch im Verhältnis der Leistungserbringer und die Anwendung der darauf bezogenen Schadensersatzregelungen auch in diesem Verhältnis ergibt sich zumal ausdrücklich aus dem den § 69(heute: Abs 1) SGB V abschließenden letzten Satz: "Die Sätze 1 bis 3 [die das gesamte Vierte Kapitel in Bezug nehmen] gelten auch, soweit durch diese Rechtsbeziehungen Rechte Dritter betroffen sind." In diesem Sinne hat der BGH wiederholt ausgeführt, dass "die Vorschrift des § 69 SGB V … auch auf die Beziehungen von Leistungserbringern untereinander" anzuwenden ist, "soweit es um Handlungen in Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrags der Krankenkassen geht"(BGH NJW-RR 2006, 1046, 1048 RdNr 23 am Ende; ebenso BGHZ 175, 333 RdNr 18 = NJW-RR 2008, 1426, 1427 RdNr 18 = NZS 2008, 653, 654 RdNr 18) . Dem ist zuzustimmen.

44

c) Wenn demnach allgemeine Schadensersatzregelungen auch für den Wettbewerb der Leistungserbringer untereinander gelten bzw gelten müssen, liegt es nahe, für nähere Einzelheiten die allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Grundsätze des UWG heranzuziehen (Ansätze in dieser Richtung auch bei Engelmann in Schlegel/Voelzke/Engelmann, jurisPraxisKommentar SGB V, 2008, § 69 RdNr 217 f). Das Rechtsinstitut des Schadensersatzes bei wettbewerbswidrigem Verhalten hat im UWG in dessen §§ 2, 3 iVm § 4 Nr 11 und §§ 9, 10 eine allgemeine Ausprägung erfahren(s dazu für die vorliegend betroffenen Jahre 2005/2006 die Fassung des UWG vom 3.7.2004, BGBl I 1414). In Anlehnung an diese Regelungen ergibt sich, dass ein Marktteilnehmer jedenfalls dann einem Konkurrenten Schadensersatz leisten muss, wenn er im geschäftlichen Verkehr gesetzlichen Vorschriften zuwiderhandelt, die dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (sog Rechtsbruchtatbestand, vgl dazu Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl 2011, § 4 RdNr 11.7; Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl 2010, § 4 RdNr 11/11 und 11/52; vgl auch Sosnitza in Piper/Ohly/Sosnitza aaO § 2 RdNr 7).

45

Bei entsprechender Anwendung der §§ 2, 3 iVm § 4 Nr 11 und §§ 9, 10 UWG sind im Sinne dieser UWG-Bestimmungen die Regelungen des § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag "dazu bestimmt, im Interesse der Leistungserbringer ihr Verhältnis zueinander zu regeln". Denn der zur Konkretisierung des § 115b SGB V vereinbarte AOP-Vertrag soll die Interessen der verschiedenen Gruppen der Leistungserbringer miteinander zum Ausgleich bringen(vgl die "Grundsätze" im Vorspann zum AOP-Vertrag). Dies kommt insbesondere darin zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber die Zusammenstellung des Katalogs, welche Operationen und Eingriffe ambulant durchgeführt werden können, und die Festlegung näherer Regelungen den Spitzenverbänden der betroffenen Leistungserbringer im Zusammenwirken mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen zugewiesen hat: Gemäß § 115b Abs 1 SGB V haben die Spitzenverbände der Krankenkassen (seit dem 1.7.2008: der Spitzenverband Bund der Krankenkassen), die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die Kassenärztliche Bundesvereinigung die Aufgabe, in einer dreiseitigen Vereinbarung entsprechende Regelungen zu normieren. Dies haben sie - bzw mangels Einigung ersatzweise das Bundesschiedsamt gemäß § 115b Abs 3 iVm § 89 SGB V - im AOP-Vertrag getan. Dies dient dem Interessenausgleich zwischen den Krankenhäusern und der Gruppe der Vertragsärzte insgesamt, zu der auch die Klägerin gehört, die sich mithin ebenfalls auf die Schutzwirkung des AOP-Vertrages berufen kann und damit befugt ist, auf Verletzungen des AOP-Vertrages gegründete Schadensersatzansprüche geltend zu machen.

46

Nach alledem ergibt sich - in Anlehnung an §§ 2, 3 iVm § 4 Nr 11 und §§ 9, 10 UWG(vgl oben RdNr 44) -, dass ein Leistungserbringer einem Konkurrenten zum Schadensersatz verpflichtet sein kann, wenn er bei der Krankenversorgung gegen eine Rechtsvorschrift wie § 115b SGB V - iVm dem AOP-Vertrag - verstößt, die auch das Wettbewerbsverhalten der Leistungserbringer untereinander betrifft.

47

d) Bestehen mithin hier anwendbare Regelungen über einen Schadensersatzanspruch, so ist aber zusätzlich erforderlich, dass ein solcher auch im vorliegenden Fall ernstlich in Betracht kommen kann. Es muss möglich erscheinen, dass die Klägerin durch die Handlungsweise der Beklagten einen Schaden erlitt. Nur dann ist ein Schadensersatzanspruch denkbar und kann auch der Hilfsanspruch der Klägerin gegeben sein, Auskunft darüber zu erhalten, bei welchen ambulanten Operationen - und mit welcher Vergütung - die Anästhesisten des Krankenhauses der Beklagten mit den Chirurgen Dres. P., S. und B. kooperierten (vgl dazu schon oben RdNr 39).

48

Die Anforderungen an die Darlegungen zur konkreten Schadensverursachung sind - entsprechend der Fundierung des Schadensersatzanspruchs in Anlehnung an die Regelungen des UWG - an den Maßstäben auszurichten, die die Rechtsprechung auch sonst bei Schadensersatzbegehren nach dem UWG zugrunde legt. Der BGH hat in einem Urteil vom 17.9.2009 - in einem Streit zwischen zwei laborärztlichen Gemeinschaftspraxen wegen unzulässiger Anlockhandlungen durch Angebote nicht kostendeckender Preise bei O I- und O II-Laborleistungen - herausgestellt, dass es keine Vermutung dafür gebe, dass die Anlockhandlung auch die angestrebte Anlockwirkung - mit Schädigung der Konkurrenten - entfalte; es gebe nicht einmal eine Vermutung dafür, dass Ärzte ihre O III-Laboraufträge denselben Laborärzten gäben, denen sie die O I- und O II-Aufträge geben (BGH NJW-RR 2010, 1059, RdNr 14 = GesR 2010, 197, RdNr 14) . Andererseits bedürfe es aber auch nicht des Nachweises eines strengen Kausalzusammenhangs. Ausreichend sei die Feststellung, dass die Ärzte tendenziell eher ihre O III-Aufträge denselben Laborärzten gäben, denen sie auch die O I- und O II-Aufträge geben; dies könne vom Tatrichter aufgrund seiner Lebenserfahrung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des jeweiligen Falles entschieden werden (BGH aaO RdNr 16, 21).

49

Nach diesem Maßstab bedarf es noch weiterer Tatsachenfeststellungen des SG für die Entscheidung, ob ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte ernstlich in Betracht kommt. Das SG hat im Tatbestand des angefochtenen Urteils einerseits ausgeführt, es habe "begründete Erwartungen und Absprachen" dafür gegeben, dass die Chirurgen ihre Operationen, wenn sie diese nicht im Krankenhaus der Beklagten hätten durchführen können, im Operationszentrum der Klägerin durchgeführt (und hier deren Anästhesisten herangezogen) haben würden. Hierfür könnte die örtliche Nähe zwischen der Klägerin und den niedergelassenen Chirurgen sprechen. Andererseits hat das SG in den Entscheidungsgründen dargelegt, es sei "in keinem Fall sicher", dass die Operateure die Anästhesisten der Klägerin herangezogen hätten: Denkbar ist, dass Missstimmigkeiten zwischen ihnen und den Ärzten der Klägerin aufgekommen waren und sie schon deshalb nicht das Operationszentrum der Klägerin in Anspruch genommen haben würden. Angesichts dieser ungeklärten Sachlage kann das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs weder sicher bejaht noch ausgeschlossen werden; daher bedarf es noch näherer Ermittlungen und Feststellungen des SG.

50

2. Schließlich war die Handlungsweise des Krankenhauses auch rechtswidrig. Sie war nicht vereinbar mit den Vorgaben des § 115b SGB V(zur hier maßgeblichen - bis zum 31.3.2007 unveränderten - Fassung s das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626) iVm dem AOP-Vertrag (hier zugrunde zu legen idF vom 18.3.2005, DÄ 2005, A 1232) .

51

Mit der Regelung des § 115b SGB V wurden neue Möglichkeiten für die Krankenhäuser geschaffen, ambulante Operationen durchzuführen bzw an ihnen mitzuwirken(unten a). Durch § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag sind aber nur bestimmte Kooperationsformen für ambulante Operationen im Krankenhaus geregelt worden(unten b und b aa). Die Bestimmungen des AOP-Vertrages können nicht in der von der Beklagten begehrten Weise erweiternd ausgelegt werden, allgemeine Wendungen in der Präambel reichen dafür nicht aus (unten b bb und cc). Dafür können auch nicht spätere Bestimmungen iS einer rückwirkenden Klarstellung herangezogen werden (unten b dd). Die daraus resultierenden Begrenzungen für die Durchführung ambulanter Operationen durch Krankenhäuser bzw für deren Mitwirkung an ihnen sind mit Art 12 und Art 14 GG vereinbar (unten b ee). Die Regelungen des § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag ergeben keine Grundlage für die von der Beklagten praktizierte - von der Klägerin beanstandete - Kooperation zwischen einem Vertragsarzt als Operateur und einem Anästhesisten des Krankenhauses(unten c und 3.).

52

a) Die Materialien aus dem Gesetzgebungsverfahren zum Gesundheitsstrukturgesetz sowie Sinn und Zweck des § 115b SGB V ergeben, dass mit dieser Regelung neue Möglichkeiten geschaffen wurden, in Krankenhäusern ambulante Operationen durchzuführen. Nach der Gesetzesbegründung zu § 115b SGB V sollten mit dieser Regelung die Möglichkeiten ambulanten Operierens - sowohl im Krankenhaus als auch in der Arztpraxis - ausgebaut werden(BT-Drucks 12/3608 S 71 und S 103 ). Dies sollte dazu beitragen, stationäre Behandlungen bei Patienten, die auch ambulant ausreichend und angemessen versorgt werden können, zu vermeiden (BT-Drucks 12/3608 S 103 , vgl auch S 67 und S 87 ; BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 19 S 92). Auf der Grundlage dieser Regelungen erhielten die Krankenhäuser, wie der Senat bereits ausgeführt hat, zusätzliche Möglichkeiten ambulanter Operationen, die sie zuvor nicht hatten (BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 19 S 92; ebenso BT-Drucks 12/3608 S 81 : "neues Leistungsspektrum"; ebenso S 103 ). Damit kommt der Regelung des § 115b SGB V eine konstitutive Funktion im Sinne einer Erweiterung des Rechtskreises der Krankenhäuser zu.

53

Der kompetenzerweiternde und nicht lediglich klarstellende Charakter des § 115b SGB V findet darin seine Bestätigung, dass das Krankenhaus die Zulassung zu den in § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag normierten Möglichkeiten ambulanter Operationen durch schlichte Mitteilung gemäß § 115b Abs 2 Satz 2 iVm Abs 4 Satz 2 SGB V erlangt. Das Krankenhaus führt in seiner Mitteilung diejenigen nach dem AOP-Vertrag zulässigen ambulanten Operationen auf, die es in seinem Krankenhaus durchzuführen beabsichtigt (vgl hierzu die Mitteilungen des Krankenhauses der Beklagten, zunächst vom 28.12.1993 und in der Folgezeit stetig aktualisiert). Aus dieser Mitteilung folgt unmittelbar kraft Gesetzes die Zulassung gemäß § 115b SGB V; diese bedarf nicht etwa erst noch einer Bestätigung durch den Zulassungsausschuss (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 19 S 92). Die Zulassung setzt vielmehr allein voraus, dass das Krankenhaus die entsprechende Mitteilung abgibt (zum Rechtscharakter der Mitteilung vgl Hess in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 115b RdNr 4; Köhler-Hohmann in jurisPraxisKommentar SGB V, 2008, § 115b RdNr 14). Dieses Konzept einer gesetzlichen, aber doch einer Mitteilung gemäß § 115b Abs 2 Satz 2 SGB V bedürftigen Zulassung zeigt, dass der Gesetzgeber nicht davon ausgegangen ist, die Krankenhäuser wären zur Durchführung solcher ambulanten Operationen schon bisher generell berechtigt gewesen.

54

b) Welche Arten ambulanter Operationen das Krankenhaus durchführen bzw in welcher Weise das Krankenhaus an ambulanten Operationen mitwirken darf, richtet sich nach dem Inhalt seiner Mitteilung gemäß § 115b Abs 2 Satz 2 SGB V und dem Katalog der in der Anlage zum AOP-Vertrag aufgeführten ambulanten Operationen iVm den sonstigen Regelungen des AOP-Vertrages. Der Katalog wird gemäß § 115b Abs 1 SGB V durch eine sog dreiseitige Vereinbarung zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen - bzw seit dem 1.7.2008: dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen -, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ausgeformt bzw, wenn diese Partner kein Einvernehmen erzielen können, durch das gemäß § 115b Abs 3 SGB V berufene - erweiterte - Bundesschiedsamt festgesetzt. Diejenige Fassung des AOP-Vertrages, die für die vorliegend umstrittene Leistungserbringung zwischen Frühjahr 2005 und August 2006 maßgebend ist, wurde vom Bundesschiedsamt am 18.3.2005 festgesetzt (DÄ 2005, A 1232; - zur Aktualisierung vom 20.10.2005 mit Wirkung zum 1.1.2006 s im Internet unter http://www.dkgev.de/pdf/1383.pdf - abgerufen im März 2011) . In der beigefügten Anlage 1 sind die ambulant durchführbaren Operationen aufgeführt. Zur Frage, wer diese ambulanten Operationen durchführen und an ihnen mitwirken darf, kann weder der Anlage selbst eine Regelung entnommen werden, noch enthält der Vorschriftenteil des AOP-Vertrages (§§ 1-22 AOP-Vertrag; heute: §§ 1-23) dazu eine eigenständige Bestimmung (vgl ebenso SächsLSG MedR 2009, 114, 114 f). Aus dem Gesamtzusammenhang des AOP-Vertrages, vor allem aus seinen Regelungen über die Abrechnungsverfahren, ergeben sich jedoch ausreichend deutliche Hinweise darauf, welche Konstellationen im Rahmen des § 115b SGB V als zulässig anzusehen sind, dh inwieweit und in welchen Konstellationen das Krankenhaus bzw seine Ärzte ambulante Operationen durchführen bzw an ihnen mitwirken dürfen. So werden in § 7 Abs 4 Satz 2 AOP-Vertrag(dessen Fassung vom 18.3.2005 im Übrigen mit der heutigen identisch ist) für die Abrechnung des Krankenhauses die Konstellationen genannt,

·       

dass "sowohl ein Operateur als auch ein Anästhesist des Krankenhauses beteiligt sind" oder

·       

dass die ambulante Operation "durch einen belegärztlich tätigen Vertragsarzt erfolgt und das Krankenhaus nur die Anästhesieleistung erbringt".

Letztere Konstellation wird in § 18 Abs 1 Satz 4 AOP-Vertrag aufgegriffen: Dort heißt es, dass "die ambulante Operation durch einen am Krankenhaus tätigen Belegarzt" erfolgt.

55

Damit geht der AOP-Vertrag davon aus, dass es im Rahmen des § 115b SGB V nur diese zwei Arten von Kooperationsformen gibt, wie ein Krankenhaus ambulante Operationen durchführen bzw an ihnen mitwirken darf: Die ambulante Operation muss entweder von einem "Operateur des Krankenhauses" oder von einem am Krankenhaus tätigen Belegarzt durchgeführt werden, wobei die Anästhesieleistungen jeweils von einem Arzt des Krankenhauses erbracht werden. Nicht aufgeführt ist die Konstellation, dass ein Anästhesist des Krankenhauses an ambulanten Operationen mitwirkt, die ein Vertragsarzt durchführt; diese Art der Kooperation würde zu einer der zwei genannten nur passen, wenn der Vertragsarzt zugleich - evtl teilzeitig beschäftigter - "Operateur des Krankenhauses" oder Belegarzt des Krankenhauses wäre. - Zur Auslegung dieser Begriffe ist im Einzelnen auszuführen:

56

aa) Soweit im AOP-Vertrag die Durchführung ambulanter Operationen durch einen "Operateur des Krankenhauses" angesprochen ist, muss es sich um einen Arzt des Krankenhauses handeln. Dies bedeutet, dass dieser im Krankenhaus - in Voll- oder Teilzeit - als Angestellter oder Beamter fest angestellt sein muss.

57

Der Begriff "Operateur des Krankenhauses" würde dagegen überdehnt, wenn man ihm auch einen Arzt zuordnen wollte, der vom Krankenhaus nur als freier Mitarbeiter herangezogen wird. Ein nur punktuell hinzugezogener Vertragsarzt, der nicht zugleich Beschäftigter des Krankenhauses ist (im Sinne einer Nebentätigkeit im Umfang von max 13 bzw 26 Wochenstunden, vgl hierzu zuletzt BSG vom 13.10.2010 - B 6 KA 40/09 R - RdNr 16 ff, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), ist kein "Operateur des Krankenhauses". Dem steht schon entgegen, dass im weiteren Text des § 7 Abs 4 Satz 2 AOP-Vertrag als Alternative zum "Operateur des Krankenhauses" nur der belegärztlich tätige Vertragsarzt genannt ist: Diese Eingrenzung würde unterlaufen, wenn jeder im Krankenhaus tätige Arzt bzw Vertragsarzt dem Begriff "Operateur des Krankenhauses" zugeordnet werden würde. Hierfür muss es sich vielmehr um einen wenigstens teilzeitig am Krankenhaus beschäftigten und sozialversicherten oder dort beamteten Arzt handeln (zu § 121 Abs 5 SGB V<"Honorararzt"> vgl unten RdNr 68).

58

Gegen die Auslegung, "Operateur des Krankenhauses" sei jeder im Krankenhaus tätige (Vertrags-)Arzt, spricht auch das Nebeneinander von "Krankenhausarzt" und "Vertragsarzt" in anderen Bestimmungen des AOP-Vertrages. So werden in dessen § 4 Abs 4 und Abs 5 die beiden Begriffe deutlich als nicht identisch zugrunde gelegt(ebenso SächsLSG MedR 2009, 114, 115).

59

Die Vorgabe, dass die Leistungserbringung des Krankenhauses grundsätzlich durch dessen eigenes Personal erfolgen soll, entspricht auch dem Ziel der Qualitätssicherung; denn bei eigenem Personal, das in die Organisations- und Weisungsstruktur des Krankenhauses eingebunden ist, kann am ehesten davon ausgegangen werden, dass dieses nach dem Maßstab höchstmöglicher Qualifikation ausgewählt, angeleitet und überwacht wird. Auch der Gesichtspunkt der Transparenz der Leistungserbringung aus der Perspektive des Patienten spricht für diese Sicht. Entscheidet dieser sich dafür, eine ambulante Operation im Krankenhaus und nicht in einer ambulanten Vertragsarztpraxis durchführen zu lassen, so dürfte er typischerweise die Erwartung haben, von einem Arzt des Krankenhauses operiert zu werden, der dort fest angestellt und an der stationären Versorgung beteiligt ist. Schließlich entspricht es auch dem gesetzlichen Regelfall, dass Krankenhäuser mit eigenem Personal arbeiten. Ausnahmen davon sind nur enumerativ normiert; so werden im stationären Bereich durch § 2 Abs 2 Satz 2 Nr 2 Krankenhausentgeltgesetz vom Krankenhaus veranlasste Leistungen Dritter miteinbezogen(zu dessen Ausnahmecharakter vgl ebenso SächsLSG MedR 2009, 114, 115 ; - zum Kriterium der Gesamtverantwortung vgl zB Wagener/Haag, MedR 2009, 72, 73). Diese Regelung ist weder im ambulanten Bereich anwendbar noch ist eine dem vergleichbare Ausnahmeregelung in § 115b SGB V oder im AOP-Vertrag enthalten. Im Übrigen könnte ein vorrangig seiner Praxistätigkeit verpflichteter Vertragsarzt auch nicht ohne Weiteres als "jederzeit verfügbares" Personal des Krankenhauses iS des § 107 Abs 1 Nr 3 SGB V angesehen werden.

60

Die Operationsleistung kann allerdings kraft ausdrücklicher Regelung alternativ auch durch einen "belegärztlich tätigen Vertragsarzt" (§ 7 Abs 4 Satz 2 AOP-Vertrag) bzw durch einen "am Krankenhaus tätigen Belegarzt" (§ 18 Abs 1 Satz 4 AOP-Vertrag) erfolgen. Mit beiden Formulierungen ist ersichtlich dasselbe gemeint, nämlich dass der ohnehin am Krankenhaus stationär tätige Belegarzt zusätzlich im Rahmen ambulanter Operationen gemäß § 115b SGB V tätig werden darf. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die Terminologie in § 7 Abs 4 Satz 2 AOP-Vertrag "belegärztlich tätiger Vertragsarzt" ungenau ist, weil der Belegarzt im Rahmen ambulanter Operationen gemäß § 115b SGB V gerade nicht belegärztlich-stationär tätig ist; präziser ist die Formulierung in § 18 Abs 1 Satz 4 AOP-Vertrag: "ambulante Operationen durch einen am Krankenhaus tätigen Belegarzt". Gerade dem Belegarzt das ambulante Operieren zu ermöglichen, soll entsprechend dem Sinn und Zweck des § 115b SGB V dazu beitragen, stationäre Behandlungen bei solchen Patienten zu vermeiden, die auch ambulant ausreichend und angemessen versorgt werden können(hierzu vgl oben RdNr 52): Dem Belegarzt soll der Anreiz gegeben werden, vorrangig ambulant zu operieren und nur diejenigen Patienten belegärztlich-stationär zu operieren, bei denen dies unerlässlich ist. Ist mithin die Ausrichtung des § 7 Abs 4 Satz 2 AOP-Vertrag gerade auf den Belegarzt sachgerecht, so kann dies nicht als vermeintliche redaktionelle Ungenauigkeit oder als nur technische Regelung außer Acht gelassen werden(zu Art 3 Abs 1 GG vgl unten RdNr 73).

61

Zurückzuweisen ist die Ansicht, der in § 7 Abs 4 Satz 2 letzter Satzteil AOP-Vertrag vorgenommenen Eingrenzung auf den Belegarzt komme deshalb keine Bedeutung zu, weil damit nur ein Streit über die separate Abrechenbarkeit anästhesiologischer Leistungen habe beigelegt werden sollen(so Wagener/Haag, MedR 2009, 72, 74; vgl auch Bohle in Huster/Kaltenborn, Krankenhausrecht, 2010, § 8 RdNr 27 am Ende). Hätte dies das Ziel der Vorschrift sein sollen, so hätte es nahegelegen, auf den angefügten Nebensatz ("sofern …") zu verzichten. Durch diesen Nebensatz wird indessen klargestellt, dass die separate Abrechenbarkeit überhaupt nur unter bestimmten, darin aufgeführten Voraussetzungen in Betracht kommen kann.

62

Eine erweiternde Auslegung des § 7 Abs 4 Satz 2 AOP-Vertrag kann auch nicht aus dem Wort "insbesondere" abgeleitet werden. Bei der Vergütung ambulanter Leistungen sind Krankenhäuser gemäß Satz 1 wie niedergelassene Vertragsärzte der entsprechenden Fachrichtung einzustufen. Dies gilt gemäß Satz 2 insbesondere auch für die separate Abrechenbarkeit anästhesiologischer Leistungen/Narkosen, sofern im Krankenhaus bei Eingriffen gemäß § 115b SGB V entweder sowohl ein Operateur als auch ein Anästhesist des Krankenhauses beteiligt sind oder die Operationsleistung durch einen Belegarzt erfolgt und das Krankenhaus nur die Anästhesieleistung erbringt. Das Wort "insbesondere" hat nach diesem grammatischen Kontext keinen Bezug zu den erst im nachfolgenden Nebensatz benannten Arzttypen Krankenhausarzt und Belegarzt.

63

Anders als bei der Operationsleistung, die gemäß § 7 Abs 4 Satz 2 AOP-Vertrag alternativ entweder durch einen Krankenhausarzt oder durch einen Belegarzt des Krankenhauses erbracht werden kann, geht § 7 Abs 4 Satz 2 AOP-Vertrag für die anästhesistischen Leistungen davon aus, dass diese stets durch einen Krankenhausarzt erbracht werden; dafür werden - inhaltlich austauschbar - die Formulierungen "Anästhesisten des Krankenhauses" und "Krankenhaus nur die Anästhesieleistung erbringt" verwendet. Der Rahmen des § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag ist mithin nur eingehalten, wenn die Anästhesieleistung von einem Arzt erbracht wird, der - entsprechend obigen Ausführungen(RdNr 56 f) - voll- oder teilzeitig am Krankenhaus beschäftigt und sozialversichert oder dort beamtet sein muss.

64

bb) Eine erweiternde Auslegung des § 7 Abs 4 Satz 2 AOP-Vertrag - mit Einbindung auch derjenigen Vertragsärzte, die nicht Belegärzte des Krankenhauses sind - lässt sich auch nicht auf die Präambel des AOP-Vertrages und die dort niedergelegten "Grundsätze" stützen. Darin wird als Ziel der Regelungen bezeichnet, "die Zusammenarbeit zwischen niedergelassenen Vertragsärzten und Krankenhäusern zu fördern" und "die Kooperation zwischen niedergelassenem Bereich und Krankenhausbereich zu verbessern, einschließlich der gemeinsamen Nutzung von Operationskapazitäten im Krankenhaus" (Satz 2 der "Grundsätze"). Indessen handelt es sich hierbei nur um den Vorspann des Vertrages, der lediglich allgemein die Zielrichtung vorgibt. Der daran anschließende Regelungstext selbst benennt bestimmte Konstellationen, durch die die allgemeinen Passagen der Präambel konkretisiert werden. Diese speziellen Regelungen werden durch die allgemeiner formulierte und ausgerichtete Präambel nicht erweitert.

65

Auch die Ansicht der Beklagten, die Vertragspartner des AOP-Vertrags hätten durch spätere zusätzliche Bestimmungen im AOP-Vertrag im Sinne einer Klarstellung die Richtigkeit einer erweiternden Auslegung deutlich gemacht bzw deutlich machen wollen, greift nicht durch. Solche "Klarstellungen" haben nicht stattgefunden, insbesondere nicht durch die später zusätzlich in die "Grundsätze" aufgenommene Bestimmung, dass "auch die nach dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz zulässigen neuen Kooperationsformen" "umfasst" seien (Satz 2 der dem Paragraphenteil vorangestellten "Grundsätze"). Durch dieses Gesetz ist zwar dem § 20 Abs 2 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) der Satz angefügt worden, dass "die Tätigkeit in oder die Zusammenarbeit mit einem zugelassenen Krankenhaus … mit der Tätigkeit des Vertragsarztes vereinbar" ist. Dies indessen beseitigt lediglich das bis dahin bestehende - insbesondere von der Rechtsprechung des BSG herausgestellte - weitgehende Verbot gleichzeitiger Tätigkeit im stationären wie im ambulanten Bereich (vgl hierzu BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 2 RdNr 18 mwN zum grundsätzlichen Verbot stationärer Patientenversorgung eines im Einzugsbereich praktizierenden Vertragsarztes; - zur Zielrichtung des Gesetzes s zB BT-Drucks 16/2474 S 29). Daraus kann aber nicht allgemein die Gestattung aller denkbaren Kooperationsformen zwischen Vertragsärzten und Krankenhäusern abgeleitet werden. Insbesondere gibt es keinen ausreichenden Anhaltspunkt, dass eine solche Gestattung gerade in die Regelungen des § 115b SGB V und des AOP-Vertrages hineinzuinterpretieren sei. Die Ergänzung des § 20 Abs 2 Ärzte-ZV durch Anfügung des Satzes 2 war nach den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens darauf ausgerichtet, den Vertragsärzten - über die Möglichkeiten hinaus, im stationären Bereich in nicht patientenbezogenen Bereichen wie der Pathologie oder als Konsiliararzt tätig zu werden - zusätzliche Betätigungen als angestellter Krankenhausarzt und in Medizinischen Versorgungszentren, die mit Krankenhäusern verzahnt sind, zu ermöglichen(s BT-Drucks aaO S 29). Nicht erkennbar ist eine gezielte Ausrichtung auf § 115b SGB V in dem Sinne, dass gerade auch die in § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag geregelten Kooperationsformen hätten erweitert werden sollen auf die Möglichkeit der Kooperation von Anästhesisten des Krankenhauses mit nicht belegärztlich tätigen Vertragsärzten(ebenso zB auch Dahm MedR 2010, 597, 600 iVm 607 f; differenzierend R. Clement in Rieger/Dahm/Steinhilper, Heidelberger Kommentar Arztrecht Krankenhausrecht Medizinrecht, Beitrag Nr 60 RdNr 64 - 66; zu weitgehend Quaas GesR 2009, 459, 460 ; aA zB Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztänderungsgesetz, 2. Aufl 2008, S 165 f; Bohle aaO § 8 RdNr 27). Eine "Erweiterung" des § 115b SGB V durch § 20 Abs 2 Satz 2 Ärzte-ZV wäre auch vom Normenrang her problematisch(zum bloßen Verordnungsrang auch solcher Rechtsverordnungen, die durch förmliches Gesetz geändert worden sind: BVerfGE 114, 303, 312 f).

66

cc) Fehl geht schließlich auch die These, durch den AOP-Vertrag ergebe sich keine "Beschränkung" des Kreises der im Krankenhaus "zulässigerweise tätigen" Ärzte (in diesem Sinne Kuhlmann, KH 2008, 1313, 1316; Quaas, GesR 2009, 459 ff, insbesondere 464; Volkmer/Karthus, KH 2010, 215, 218). Eine solche Argumentation setzt implizit voraus, dass von einer zunächst umfassenden Gestattung ambulanter Operationen im Krankenhaus im Rahmen des § 115b SGB V ausgegangen werden könnte. Dies lässt sich jedoch dem Konzept des § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag gerade nicht entnehmen: Hierdurch sind überhaupt erst Möglichkeiten für die Krankenhäuser, ambulante Operationen durchzuführen bzw an ihnen mitzuwirken, neu eröffnet worden(vgl oben RdNr 51 - 53).

67

dd) Auch weder aus dem später in § 20 Abs 2 Ärzte-ZV angefügten Satz 2 noch aus dem späteren § 121 Abs 5 SGB V noch aus der Krankenhausstatistik-Verordnung lässt sich ableiten, damit habe (auch rückwirkend) klargestellt werden sollen, dass jeder Vertragsarzt, auch der nicht belegärztlich tätige, zu ambulanten Operationen iS des § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag berechtigt sei. Zu § 20 Abs 2 Satz 2 Ärzte-ZV ist bereits oben das Erforderliche ausgeführt worden(oben RdNr 65). Zu § 121 Abs 5 SGB V und zur Krankenhausstatistik-Verordnung ist auf Folgendes hinzuweisen:

68

Die durch § 121 Abs 5 SGB V(durch Art 3 Krankenhausfinanzierungsreformgesetz vom 17.3.2009, BGBl I S 534) geschaffene Möglichkeit für die Krankenhäuser, zur Vergütung der Belegärzte nunmehr Honorarverträge mit ihnen zu schließen, betrifft nur Belegärzte, nicht auch sonstige Vertragsärzte. Die These, mit dieser Regelung sei den Krankenhäusern ermöglicht worden, jeden Vertragsarzt auf der Grundlage eines Honorarvertrages zu Leistungen heranzuziehen, ist weder mit dem klaren Wortlaut der Regelung noch mit der systematischen Verortung des Abs 5 innerhalb des § 121 SGB V vereinbar(aA Quaas, GesR 2009, 459, 460 iVm 461).

69

In der Krankenhausstatistik-Verordnung (Änderung vom 17.3.2009, BGBl I 534) sind in § 3 Satz 1 Nr 11 neben den hauptamtlichen Ärzten weiterhin nur die (sonstigen) angestellten und die Belegärzte erwähnt. Die Regelung des § 3 Satz 1 Nr 13, wonach nunmehr auch Personal ohne "direktes" Beschäftigungsverhältnis anzugeben ist, macht Sinn schon mit Blick auf das sog Outsourcing, bei dem Leistungen von Personen erbracht werden, die bei einem anderen Träger beschäftigt sind. Nur diese Konstellation wird auch in der Gesetzesbegründung erwähnt (vgl BT-Drucks 16/11429 S 49; zu weitgehend Quaas aaO S 464). Diesen Regelungen lässt sich eine Zielrichtung im Sinne einer Erweiterung der Regelungen des § 115b SGB V oder des AOP-Vertrages nicht entnehmen.

70

ee) Die dargestellte Auslegung des § 115b SGB V und des AOP-Vertrages verstößt auch nicht gegen Grundrechte der Beklagten(vgl Art 19 Abs 3 GG zur Grundrechtsfähigkeit juristischer Personen). Eine Verfassungsverletzung ergibt sich weder im Hinblick auf das Eigentumsgrundrecht des Art 14 GG noch im Hinblick auf die Berufsfreiheit des Art 12 GG noch im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG.

71

Die Möglichkeit für Krankenhäuser, auf der Grundlage des § 115b SGB V im ambulanten Bereich tätig zu werden, ist von vornherein nur in dem im AOP-Vertrag näher zu regelnden Ausmaß eröffnet worden(vgl oben RdNr 51 ff). Damit kann "Eigentum" von vornherein nur in diesem - nach Maßgabe des AOP-Vertrages - eingeschränkten Umfang entstanden sein; die durch § 115b SGB V ermöglichten Tätigkeiten können vom Eigentumsschutz nur in dem Umfang umfasst sein, wie der AOP-Vertrag dies näher ausführt(in demselben Sinne BVerfGE 126, 233, 256 = SozR 4-8570 § 6 Nr 5 RdNr 63 mwN). Ein Anspruch darauf, mehr Möglichkeiten zur Mitwirkung an ambulanten Operationen zu erhalten, als ihnen durch den AOP-Vertrag eingeräumt worden ist, kann nicht aus Art 14 Abs 1 GG hergeleitet werden, denn diesem lässt sich nur ein Schutz für bereits erlangte Rechtspositionen entnehmen.

72

Für das Vorbringen, die Regelungen des § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag ergäben keine ausreichende Erweiterung der Aktionsfelder der Krankenhäuser bzw die Regelungen seien nicht angemessen ausgestaltet worden, kann allenfalls Art 12 Abs 1 GG in Betracht kommen(zu dieser Abgrenzung zwischen Art 14 und Art 12 GG vgl zuletzt BVerfGE 126, 112, 135 f = SozR 4-1100 Art 12 Nr 21 RdNr 84; ebenso zB BSGE 100, 43 = SozR 4-2500 § 95 Nr 14, RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 73 Nr 4 RdNr 21). Indessen steht das Grundrecht des Art 12 GG unter dem Vorbehalt, dass die Berufsausübung durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt - auch beschränkt - werden kann (Art 12 Abs 1 Satz 2 GG). Diese Grenze ist im Falle von Regelungen der Berufsausübung unter leichteren Voraussetzungen eingehalten als bei Regelungen der Berufswahl. Dies ermöglicht aber auch dann, wenn - wie hier - nur die Berufsausübung betroffen ist, keine Beschränkungen in unbegrenztem Ausmaß; insbesondere dürfen Eingriffe nicht unverhältnismäßig schwer wiegen. Diese Grenzen sind im vorliegenden Fall gewahrt. Durch § 115b iVm dem AOP-Vertrag sind den Krankenhäusern, wie bereits mehrfach klargestellt, die hierin angelegten Möglichkeiten, ambulante Operationen durchzuführen bzw an ihnen mitzuwirken, überhaupt erst eröffnet worden(vgl oben RdNr 51 - 53). Greifbare Ansatzpunkte dafür, dass es keine angemessene Ausgestaltung bzw eine unverhältnismäßige Beschränkung für die Krankenhausträger darstelle, wenn diesen im Rahmen des § 115b SGB V die Durchführung ambulanter Operationen und die Mitwirkung an ihnen nur im Rahmen bestimmter Kooperationen und nicht in weitergehendem oder gar vollem Umfang eröffnet werde, bestehen nicht. Dem Krankenhaus verbleiben mit der Ausgestaltung des § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag genügend Spielräume; insbesondere hat es Dispositionsfreiheit bei der grundlegenden Entscheidung, welche ambulanten Leistungen es zu den Bedingungen des AOP-Vertrages erbringen will.

73

Im Übrigen liegt auch kein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG vor. Einem Krankenhaus im Rahmen des § 115b SGB V die Kooperation mit einem Belegarzt zu gestatten, nicht aber auch mit jedem sonstigen Vertragsarzt, stellt keine sachwidrige Differenzierung dar, wie sich aus obigen Ausführungen ergibt(vgl oben RdNr 60).

74
c) Damit ergibt sich zusammenfassend, dass der Rahmen des § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag nur eingehalten ist, wenn eine der beiden Kooperationsformen gegeben ist, nämlich

· 

entweder sowohl der Operateur als auch der Anästhesist Ärzte des Krankenhauses

  ·   

oder der Operateur ein an dem Krankenhaus tätiger Belegarzt und der Anästhesist ein Arzt des Krankenhauses

sind. Nur in diesen Kooperationsformen hat § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag den Krankenhäusern die Möglichkeiten zur Durchführung von ambulanten Operationen und zur Mitwirkung an ihnen eingeräumt. Kooperiert ein Krankenhaus dagegen mit einem Partner, der zu keiner der beiden aufgeführten Kooperationsformen passt, so stellt es sich außerhalb des Reglements des § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag - und hat dementsprechend auch keinen Honoraranspruch auf der Grundlage des § 115b SGB V -.
75

3. Sind die Bestimmungen des § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag mithin in der dargestellten Weise auszulegen, so folgt daraus für den vorliegenden Rechtsstreit, dass diese Regelungen keine Grundlage dafür bilden konnten, dass das Krankenhaus mit seinen Anästhesisten an ambulanten Operationen von nicht belegärztlich tätigen Vertragsärzten mitwirkte, die ihre Leistungen auf der Grundlage des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen mit ihrer KÄV abrechneten. Für eine derartige Kooperation mit einer solchen Abrechnungsweise ist auch keine andere Rechtsgrundlage ersichtlich; die Beklagte hat sich zur Rechtfertigung ihrer Handlungsweise auch allein auf § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag berufen. Es fehlt demnach an einer Rechtsgrundlage, und deshalb war die Handlungsweise der Beklagten rechtswidrig.

76

D. Das SG wird nunmehr zu überprüfen haben, ob die rechtswidrige Handlungsweise der Beklagten mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit die Klägerin geschädigt hat. Bei seiner erneuten Entscheidung wird es auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn

1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint,
2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde,
3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll,
4.
Allgemeinverfügungen oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl erlassen werden sollen,
5.
einkommensabhängige Leistungen den geänderten Verhältnissen angepasst werden sollen,
6.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen oder
7.
gegen Ansprüche oder mit Ansprüchen von weniger als 70 Euro aufgerechnet oder verrechnet werden soll; Nummer 5 bleibt unberührt.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits auch im Revisionsverfahren.

Tatbestand

1

Streitig sind sachlich-rechnerische Richtigstellungen wegen Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina in den Quartalen I/2006 bis IV/2007.

2

Die Klägerin, ein in E. befindliches Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ), ist zur vertragsärztlichen Tätigkeit in den Fachgebieten Allgemeinmedizin und Innere Medizin zugelassen.

3

Mit Beschluss vom 21.11.2003 ließ der Zulassungsausschuss (ZA) zunächst die praktische Ärztin Dr. S. mit Wirkung vom 1.1.2004 zur vertragsärztlichen Tätigkeit zu und genehmigte ebenfalls mit Wirkung ab dem 1.1.2004 die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit mit dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. R. und der Fachärztin für Innere Medizin Dr. Sch. gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB V iVm § 33 Abs 2 Ärzte-ZV und Nr 23a-h der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (BedarfsplRL) im Rahmen eines Job-Sharing. Mit der Genehmigung war die Festsetzung quartalsbezogener Gesamtpunktzahlen verbunden, die bei der Abrechnung als Leistungsobergrenze maßgeblich sein sollten.

4

Mit Beschluss vom 1.10.2004 gab der ZA dem Antrag auf Zulassung der Klägerin, dem MVZ Dres. R. und Sch., mit Wirkung ab dem 1.10.2004 bzw ab Eintritt der Rechtskraft dieses Bescheides statt. Der Klägerin wurde gemäß § 95 Abs 1 iVm § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB V die Genehmigung zur Beschäftigung von Dr. S. im Rahmen des sog Job-Sharing im Umfang von 40 Wochenstunden ab dem 1.10.2004 bzw ab Eintritt der Rechtskraft dieses Bescheides erteilt. In Analogie zu § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB V wurde die Fortgeltung der in dem Beschluss vom 21.11.2003 festgelegten Gesamtpunktzahlvolumina bestimmt.

5

Die Genehmigung der Klägerin zur Beschäftigung von Dr. S. wurde seitens des Zulassungsausschusses für Ärzte mit Beschluss vom 17.12.2008 zum 31.12.2008 beendet.

6

Mit Honorarbescheid vom 17.7.2006 setzte die Beklagte für das Quartal I/2006 ein Honorar in Höhe von 112 358,41 Euro, mit Honorarbescheid vom 16.10.2006 für das Quartal II/2006 ein Honorar in Höhe von 108 662,73 Euro, mit Honorarbescheid vom 15.1.2007 für das Quartal III/2006 ein Honorar in Höhe von 100 482,95 Euro und für das Quartal IV/2006 mit Honorarbescheid vom 16.4.2007 ein Honorar in Höhe von 127 832,34 Euro fest. Für das Jahr 2007 wurde mit Honorarbescheid vom 16.7.2007 für das erste Quartal ein Honorar in Höhe von 118 908,23 Euro, für das zweite Quartal mit Honorarbescheid vom 15.10.2007 ein Honorar in Höhe von 116 497,95 Euro, für das dritte Quartal mit Honorarbescheid vom 15.1.2008 ein Honorar in Höhe von 103 078,41 Euro und für das vierte Quartal mit Honorarbescheid vom 15.4.2008 ein Honorar in Höhe von 130 572,06 Euro festgesetzt. Eine Berücksichtigung der Gesamtpunktzahlvolumina erfolgte jeweils nicht.

7

Unter dem 10.2.2009 erließ die Beklagte einen Bescheid, mit dem sie wegen Überschreitungen der Gesamtpunktzahlvolumina in den Quartalen I/2006 bis IV/2006 in einem Umfang von insgesamt 3.042.024,5 Punkten einen Betrag in Höhe von insgesamt 113 196,97 Euro zurückforderte. Für die Quartale I/2007 bis IV/2007 wurde mit Bescheid vom 10.3.2009 bei einer Punktzahlüberschreitung von 2.067.732,3 Punkten ein Betrag in Höhe von 84 104,76 Euro zurückgefordert.

8

Die Widersprüche der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 30.11.2009 zurück. Die Einhaltung der Obergrenzen werde aus technischen Gründen stets erst im Nachhinein überprüft. Die Obergrenzen seien aber bekannt gewesen, sodass ein schutzwürdiges Vertrauen nicht entstanden sei.

9

Das SG hat die Klage hiergegen mit Urteil vom 10.11.2011 abgewiesen. Die für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit einer Abrechnung zuständige Beklagte habe zu Recht eine Begrenzung der abrechenbaren Leistungsmenge angenommen. Diese ergebe sich aus dem bestandskräftigen Bescheid vom 1.10.2004, der für die Beteiligten bindend sei. Eine Konstellation, in welcher im Falle einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung eines Honorarbescheides nach der Rechtsprechung des BSG Vertrauensschutz gewährt werden könne, liege nicht vor. Insbesondere sei dadurch, dass die Beklagte über längere Zeit hinweg das Honorar ohne Anwendung der Obergrenzen ausgezahlt habe, keine Situation entstanden, die mit der wissentlichen Duldung einer Leistungserbringung ohne die hierzu erforderliche Abrechnungsgenehmigung vergleichbar sei. Es sei zwar davon auszugehen, dass der Beklagten die für die Ermittlung der Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina notwendigen Zahlen nicht erst bei Erlass der streitgegenständlichen Bescheide bekannt gewesen seien, gleichwohl habe die Klägerin hieraus nicht schließen dürfen, dass die Gesamtpunktzahlvolumina ganz entfallen seien.

10

Mit dem angefochtenen Urteil vom 24.10.2012 hat das LSG die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Aufgrund der Überschreitung der bestandskräftig festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina seien die Honorarbescheide für die Quartale I/2006 bis IV/2007 sachlich-rechnerisch unrichtig und daher von der Beklagten zu berichtigen gewesen. Es sei keine der Fallkonstellationen einschlägig, in denen nach der Rechtsprechung des BSG Vertrauensschutz zu gewähren sei. Die sachlich-rechnerische Richtigstellung könne auch nicht unter dem Gesichtspunkt beanstandet werden, dass sich die Vorläufigkeit von Honorarbescheiden jeweils nur auf begrenzte Teile der Honorarforderung des Vertragsarztes beziehen dürfe. Umfasse die Rückforderung - wie vorliegend - wegen desselben Sachverhaltes mehrere Quartale, sei es nicht zu beanstanden, wenn der gemittelte Umfang der Überschreitung in den betroffenen Quartalen zugrunde gelegt werde; jedenfalls komme die Zugrundelegung eines höheren Toleranzwertes in Betracht. Nach der Rechtsprechung des BSG sei eine Größenordnung von 15 % noch als kleinerer Anteil zu werten, dieser Wert jedoch ausdrücklich nicht als Obergrenze festgelegt, sondern nur die Hälfte des sich aus dem Honorarbescheid ergebenden Betrages als inakzeptabel bezeichnet worden. Die vorliegend zwischen 16,84 % und 35,26 % liegenden Rückforderungen nötigten daher nicht dazu, die Richtigstellung den Anforderungen des § 45 SGB X zu unterwerfen. Die Praktizierung fehlerhafter Honorierung während einer längeren Zeit begründe für sich gesehen keinen Vertrauensschutz; hierfür sei nach der Rechtsprechung des BSG neben der Fallkonstellation, in der die Beklagte ihr Recht zur Richtigstellung bereits verbraucht habe, kein Raum. Selbst wenn eine der vorgenannten Fallgruppen einschlägig sei, könne dies für die Klägerin zu keinem positiven Ergebnis führen, weil den Vertragsärzten des klagenden MVZ jedenfalls die grob fahrlässige Unkenntnis von der Fehlerhaftigkeit der Honorarberechnungen vorzuwerfen sei. Schließlich führe auch ein eventuelles Mitverschulden der Beklagten an den eingetretenen Überzahlungen nicht zu einem Vertrauensschutz des klagenden MVZ.

11

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin. Die angefochtenen Bescheide seien schon formell rechtswidrig, da mangels Anhörung ein Verstoß gegen § 24 Abs 1 SGB X vorliege, der nicht gemäß § 41 SGB X geheilt worden sei. Für eine Nachholung genüge nicht, wenn nur innerhalb des Widerspruchsverfahrens die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt werde; ein Anhörungsschreiben habe sie zu keinem Zeitpunkt erhalten. Die streitgegenständlichen Bescheide seien aber auch materiell rechtswidrig. In der Rechtsprechung des BSG sei anerkannt, dass Vertrauensschutzgesichtspunkte greifen, wenn ein ausschließlich in die Risikosphäre der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) fallendes fehlerhaftes Verhalten vorliege und kein Hinweis auf eine etwaige Problematik erteilt worden sei. Der Beklagten sei aufgrund der Beteiligung an dem Verfahren vor dem ZA bekannt gewesen, dass eine Job-Sharing-Konstellation vorgelegen habe und folglich Gesamtpunktzahlvolumina zu berücksichtigen seien. Sie sei daher nach der Rechtsprechung verpflichtet gewesen, darauf hinzuweisen, dass bei Erlass der Honorarbescheide die Gesamtpunktzahlvolumina keine Anwendung gefunden hätten. Zudem habe die sachlich-rechnerische Berichtigung nur unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X vorgenommen werden können, weil nicht nur ein "kleinerer Anteil" von 15 % der Honorarforderung betroffen gewesen sei. Unter Zugrundelegung der abgerechneten Punkte, nicht der Eurobeträge, seien im Jahr 2006 Anteile zwischen 23,97 % und 35,26 % betroffen gewesen. Gemessen am Gesamthonorar habe die Rückforderung einen Anteil von 25,19 % erfasst. Gleiches gelte im Ergebnis für das Kalenderjahr 2007, in dem zwischen 24,64 % und 16,84 % der abgerechneten Punkte gekürzt worden seien. Bezogen auf das Gesamthonorar habe der Rückforderungsbetrag in Höhe von 84 104,76 Euro einen Anteil von 17,93 % ausgemacht. Es sei damit kein "kleinerer Anteil" mehr betroffen. Zudem sei das LSG im Rahmen seiner Hilfserwägungen zu Unrecht davon ausgegangen, dass sie, die Klägerin, die Rechtswidrigkeit der Honorarbescheide gekannt oder in Folge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Zutreffend sei zwar, dass ihr die Grenzleistungsvolumina bekannt gewesen seien. Jedoch sei ihr nicht bekannt gewesen, dass die Beklagte diese bei Erlass der Honorarbescheide nicht beachtet habe. Dies sei auch nicht ohne Weiteres erkennbar gewesen.

12

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. Oktober 2012 und des Sozialgerichts Stuttgart vom 10. November 2011 sowie die Bescheide der Beklagten vom 10. Februar 2009 und 10. März 2009 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 30. November 2009 aufzuheben.

13

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

14

Sie verteidigt die Urteile des SG und des LSG. Die fehlende Anhörung sei durch Nachholung im Widerspruchsverfahren geheilt worden. Die streitgegenständlichen Bescheide seien auch materiell rechtmäßig. Es sei keine der Fallgruppen einschlägig, in denen nach der Rechtsprechung des BSG im Falle der sachlich-rechnerischen Richtigstellung von Honorarbescheiden Vertrauensschutz gewährt werden könne. Die Berichtigungsbefugnis sei auch nicht deshalb beschränkt gewesen, weil sich die Vorläufigkeit von Honorarbescheiden nur auf "kleinere Anteile" der Honorarforderung beziehen dürfe. Das BSG habe offen gelassen, ob diese Begrenzung überhaupt für alle Fälle sachlich-rechnerischer Richtigstellungen gelte. Jedenfalls habe das LSG zutreffend ausgeführt, dass die Rechtsprechung des BSG nicht auf Fälle übertragbar sei, in denen der Fehler der Sphäre des Vertragsarztes zuzurechnen sei.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Beklagte war berechtigt, die Abrechnungen der Klägerin sachlich-rechnerisch richtig zu stellen, weil sie die für ihre Job-Sharing-Praxis geltenden Gesamtpunktzahlvolumina in den streitbefangenen Quartalen überschritten hat.

16

1. Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Soweit die Klägerin unter Bezugnahme auf ein Urteil des 4. Senats des BSG vom 9.11.2010 (B 4 AS 37/09 R - SozR 4-1300 § 41 Nr 2) das Fehlen der erforderlichen Anhörung rügt, greift dies nicht durch. Zwar ist die Klägerin vor Erlass der Richtigstellungsbescheide nicht angehört worden, die Anhörung ist aber mit dem Widerspruchsverfahrens nachgeholt worden. Eine Heilung des Verfahrensmangels kann nach den mit der Anhörung verfolgten Funktionen noch während des Widerspruchsverfahrens erfolgen, wenn dem Betroffenen während des Vorverfahrens - zB durch Einlegung des Widerspruchs - hinreichende Gelegenheit gegeben worden ist, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (BSG, aaO, RdNr 17 unter Bezugnahme auf BSGE 89, 111, 114 = SozR 3-1300 § 1 Nr 1; BSG SozR 4-1300 § 24 Nr 1). Für die Nachholung der fehlenden Anhörung während eines gerichtlichen Verfahrens hat der 4. Senat in der genannten Entscheidung gefordert, dass sichergestellt wird, dass die Nachholung der Verfahrenshandlung sich in einer dem Anhörungsverfahren möglichst vergleichbaren Situation vollzieht. Die Beklagt hat der Klägerin hier in den Ausgangsbescheiden alle entscheidungserheblichen Haupttatsachen mitgeteilt, sodass sie durch Einlegung des Widerspruchs hinreichend Gelegenheit hatte, sich zu diesen zu äußern.

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2. Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung und Rückforderung ist § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V(in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetztes vom 14.11.2003 , insofern in der Folgezeit unverändert). Danach stellt die KÄV die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots -, erbracht und abgerechnet worden sind. Die Befugnis zu Richtigstellungen besteht auch für bereits erlassene Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung). Sie bedeutet dann im Umfang der vorgenommenen Korrekturen eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheids. Die genannten Bestimmungen stellen Sonderregelungen dar, die gemäß § 37 Satz 1 SGB I in ihrem Anwendungsbereich die Regelung des § 45 SGB X verdrängen(stRspr, zB BSGE 89, 62, 66 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 345 f und BSGE 89, 90, 93 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 6 f; BSG SozR 4-5520 § 32 Nr 2 RdNr 10; BSGE 96, 1, 2 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 12). Eine nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil-)Rücknahme des Honorarbescheids mit Wirkung für die Vergangenheit löst nach § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der Leistung aus(BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 3; BSGE 89, 62, 75 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 355; BSGE 96, 1, 3 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 12; aaO, Nr 3 RdNr 18).

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Die Tatbestandsvoraussetzung für eine nachträgliche sachlich-rechnerische Richtigstellung nach § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V ist vorliegend erfüllt, weil die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina nicht berücksichtigt wurden und daher die Honorarbescheide für die streitbefangenen Quartale rechtswidrig sind. In wessen Verantwortungsbereich die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt, ist unerheblich; einzige tatbestandliche Voraussetzung ist die Rechtswidrigkeit des Honorarbescheides (vgl BSGE 93, 69, 71 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 7 - hierzu Engelhard, jurisPR-SozR 44/2004 Anm 1).

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Der ZA hat auf der Grundlage von Abschnitt 4a Nr 23a ff BedarfsplRL (idF vom 8.1.1999, BAnz Nr 61 S 5243 vom 30.3.1999; seit der Neufassung vom 15.2.2007 mit Wirkung ab dem 1.4.2007, BAnz Nr 64 S 3491 vom 31.3.2007, §§ 23a ff; zur weiteren BedarfsplRL-Änderung, die am 1.1.2013 in Kraft getreten ist, siehe die Neufassung der BedarfsplRL vom 20.12.2012, BAnz vom 31.12.2012, Bekanntmachung Nr 7, mit Neunummerierung der §§ 23a-23m als §§ 40-47, 58-62)mit Beschluss vom 1.10.2004 die Gesamtpunktzahlvolumina für die Job-Sharing-Praxis festgelegt (vgl zur Berechnung der Leistungsbegrenzung BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 12 RdNr 21 ff). Diesen Beschluss hat die Klägerin nicht angegriffen, sodass Bestandskraft eingetreten ist. Auch die Beklagte, die den Honoraranspruch des Vertragsarztes festsetzt, ist an die bestandskräftige Beschränkung des Leistungsumfangs aufgrund der Genehmigung der Anstellung einer Ärztin in der Praxis der Klägerin unter Job-Sharing-Bedingungen gebunden.

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Die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina hat die Klägerin in den streitbefangenen Quartalen überschritten. Die Überschreitungen der Gesamtpunktzahlvolumina in Höhe von insgesamt 3 042 024,5 Punkten für das Jahr 2006 und 2.067.732,3 Punkten für das Jahr 2007 wurden in den Honorarbescheiden zunächst nicht berücksichtigt.

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3. Die Befugnis der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der fehlerhaften Honorarbescheide war auch nicht durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes eingeschränkt.

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a) Der Vertragsarzt kann nach der Rechtsprechung des Senats auf den Bestand eines vor einer endgültigen Prüfung auf Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit erteilten Honorarbescheides grundsätzlich nicht vertrauen (stRspr zB BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 4; BSGE 89, 90, 94 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 7 mwN; zuletzt: BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 24 RdNr 18). Die Auskehrung der Gesamtvergütungsanteile durch die KÄV im Wege der Honorarverteilung ist nämlich dadurch gekennzeichnet, dass diese quartalsmäßig auf die Honoraranforderungen ihrer Vertragsärzte hin Bescheide zu erlassen hat, ohne dass sie - aus rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen - die Rechtmäßigkeit der Honoraranforderungen hinsichtlich ihrer sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Leistungserbringung bereits umfassend überprüfen konnte. Die Berechtigung der KÄV zur Rücknahme rechtswidriger Honorarbescheide ist nicht auf die Berichtigung von Fehlern aus der Sphäre des Vertragsarztes beschränkt, sondern besteht umfassend, unabhängig davon, in wessen Verantwortungsbereich die allein maßgebliche sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt.

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Die umfassende Berichtigungsbefugnis der KÄV, die den Besonderheiten und Erfordernissen der Honorarverteilung Rechnung trägt, ist daher im Hinblick auf den gebotenen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu begrenzen. Das gilt nach der Rechtsprechung des Senats sowohl für Unrichtigkeiten, die ihre Ursache in der Sphäre des Vertragsarztes finden, wie auch bei anderen Fehlern, etwa der Unwirksamkeit der generellen Grundlagen der Honorarverteilung. Insbesondere im letztgenannten Fall müssen die Interessen des einzelnen Arztes an der Kalkulierbarkeit seiner Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit einerseits und die Angewiesenheit der KÄV auf die Weitergabe nachträglicher Änderungen der rechtlichen Grundlagen der Honorarverteilung an alle Vertragsärzte andererseits zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden (BSGE 93, 69, 72 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 9 mwN). Zur generellen Sicherstellung dieses Interessenausgleichs und damit zur Beurteilung der Frage, in welchen Konstellationen das Vertrauen des Vertragsarztes auf den Bestand eines rechtswidrigen, ihn begünstigenden Verwaltungsaktes schutzwürdig ist, hat der Senat Fallgruppen herausgearbeitet, in denen die Befugnis zu sachlich-rechnerischen Richtigstellungen aus Gründen des Vertrauensschutzes begrenzt ist (zusammenfassend BSGE 96, 1, 4 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 14 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 16; vgl im Einzelnen zu den Fallgruppen Clemens, in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 106a SGB V RdNr 189 ff; Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: April 2012, K § 106a RdNr 33 ff; Harneit, in: Festschrift 10 Jahre Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, 2008, 361, 366 ff; Knopp, Die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, 2009, 180 ff).

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b) Die nachträgliche Korrektur eines Honorarbescheids nach den Vorschriften über die sachlich-rechnerische Richtigstellung ist nicht mehr möglich, wenn die Frist von vier Jahren seit Erlass des betroffenen Honorarbescheids bereits abgelaufen ist (BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16 mwN; vgl jüngst zur Hemmung der vierjährigen Ausschlussfrist BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 35/12 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 10; vgl im Hinblick auf die Durchführung einer Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V auch: BSG Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 27/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 19 ff; Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 45/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 16 ff). Eine Rücknahme des Honorarbescheides ist nach Ablauf der Frist nur noch unter Berücksichtigung der Vertrauensausschlusstatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1 SGB X möglich. Diese Fallgruppe ist vorliegend nicht einschlägig, da ersichtlich die Frist von vier Jahren, die nach der Rechtsprechung des Senats am Tag nach der Bekanntgabe des Honorarbescheides beginnt (vgl BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16; BSG Urteil vom 28.3.2007 - B 6 KA 26/06 R - Juris RdNr 16; BSGE 106, 222, 236 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 60 mwN), nicht abgelaufen ist.

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c) Weiterhin ist die Befugnis der KÄV zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung aus Vertrauensschutzgesichtspunkten eingeschränkt, soweit die KÄV ihre Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung bereits "verbraucht" hat, indem sie die Honoraranforderung des Vertragsarztes in einem der ursprünglichen Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft und vorbehaltlos bestätigt hat (BSGE 89, 90, 98 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 11 f; bekräftigt in BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 19). In diesem Fall ist die jedem Honorarbescheid innewohnende spezifische Vorläufigkeit und damit die Anwendbarkeit der Berichtigungsvorschriften entfallen (vgl BSGE 93, 69, 74 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 15). Auch eine solche Fallkonstellation ist hier nicht gegeben.

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d) Darüber hinaus ist nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu beachten, wenn die KÄV es unterlassen hatte, bei der Erteilung des Honorarbescheids auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung oder ihrer Auslegung (BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352; BSGE 93, 69, 75 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 16; BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 20) oder auf ein noch nicht abschließend feststehendes Gesamtvergütungsvolumen (BSGE 96, 1, 7 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 20)hinzuweisen und durch einen Vorläufigkeitshinweis zu manifestieren. Der Vorläufigkeitshinweis muss sich dabei nicht ausdrücklich aus dem Honorarbescheid selbst ergeben, es genügt vielmehr, dass sich der Vorbehalt aufgrund bestehender Ungewissheiten ausreichend deutlich aus den Gesamtumständen ergibt (zB BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352; BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 20; BSGE 96, 1, 7 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 20; BSGE 98, 169, 177 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 28). Hat die KÄV einen derartigen Hinweis in der notwendigen Form unterlassen, sind die Berichtigungsvorschriften zwar weiterhin anwendbar, wegen des durch das Verhalten der KÄV begründeten Vertrauensschutzes der Vertragsärzte ist für die Aufhebung eines Honorarbescheides aber nur Raum, wenn in entsprechender Anwendung des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1 SGB X Vertrauensausschlusstatbestände gegeben sind(BSGE 96, 1, 5 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 16). Eine solche Fallkonstellation liegt hier nicht vor. Im Hinblick auf den hier maßgeblichen Grund für die Richtigstellung, die Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina, bestand bei Erlass der Honorarbescheide keine Ungewissheit im genannten Sinn. Weder waren die normativen Grundlagen der Honorarverteilung betroffen, noch Unsicherheiten im Hinblick auf das Gesamtvergütungsvolumen. Die Richtigstellung resultierte vielmehr aus Besonderheiten der Honorarbegrenzung für Job-Sharing-Praxen, über die bei Erlass der Honorarbescheide auch keine Unsicherheit bestand.

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e) Schließlich ist die Richtigstellungsbefugnis der KÄV begrenzt, wenn die Besonderheiten der Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, die in der Rechtsprechung für die Verdrängung der Regelung des § 45 SGB X durch die Vorschriften über die sachlich-rechnerische Richtigstellung angeführt worden sind, nicht konkret tangiert sind(BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 18 ff; BSGE 96, 1, 6 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 19; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 26). Diese Fallgruppe erfasst die fehlerhafte Abrechnung im Einzelfall etwa infolge eines Rechenfehlers oder der versehentlichen Verwendung eines falschen Berechnungsfaktors. Auch in einem solchen Fall wird die Honorarberichtigung zwar nach den einschlägigen bundesmantelvertraglichen Regelungen durchgeführt, im Rahmen des Berichtigungsverfahrens sind indes die speziellen Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs 2 iVm Abs 4 SGB X entsprechend heranzuziehen(vgl BSGE 93, 69, 76 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 18). Ein solcher Sachverhalt gibt keinen Anlass, von den allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen abzuweichen, wonach die Behörde vorbehaltlich der besonderen Tatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 SGB X das Risiko dafür trägt, dass sie einen für den Bürger günstigen Verwaltungsakt erlässt, der sich nachträglich als teilweise rechtswidrig erweist(BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 20). Eine Beschränkung der Richtigstellungsbefugnis der Beklagten ergibt sich auch unter diesem Gesichtspunkt nicht. Die Umsetzung der Bescheide der Zulassungsgremien über die Punktzahlobergrenzen nach Zulassungen oder Arztanstellungen unter Job-Sharing-Bedingungen in den Honorarbescheiden der vertragsärztlichen Praxen betrifft spezifische Umstände der Honorierung der vertragsärztlichen Leistungen. Die ursprünglichen Honorarbescheide der Beklagten gegenüber der Klägerin enthielten dementsprechend keinen Rechenfehler oder vergleichbare Defizite, die Beklagte hatte sie vielmehr bewusst - wie bei allen anderen Job-Sharing-Praxen - zunächst ohne Anwendung der Regelungen über die Leistungsgrenzen erstellt. Ob das für diese Vorgehensweise angeführte Argument einer Entlastung der Verwaltung bei der zeitnahen Erstellung der Honorarbescheide das Gewicht hat, das die Beklagte ihm zumisst, kann auf sich beruhen. Jedenfalls vollzog die Richtigstellung mit der Umsetzung der Folgen einer Überschreitung der Abrechnungsgrenzen einen komplexen Berechnungsschritt bei Festsetzung des vertragsärztlichen Honorars nach. Mit den in der Entscheidung des Senats vom 30.6.2004 (BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 20) angesprochenen individuellen Rechtsanwendungsfehlern ohne Bezug zu den Besonderheiten der Honorierung vertragsärztlicher Leistungen hat das keine Berührungspunkte.

28

f) Ob daneben ein allgemeiner Vertrauensschutz weiterhin in Betracht kommt, wenn die KÄV die rechtswidrige Erbringung bestimmter Leistungen in Kenntnis aller Umstände längere Zeit geduldet hat, diese später jedoch insgesamt von einer Vergütung ausschließt, kann offen bleiben (vgl BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 16, hieran anknüpfend: Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: April 2012, K § 106a RdNr 33e; ebenso Harneit, in: Festschrift 10 Jahre Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, 2008, 361, 370 ff; Knopp, Die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, 2009, 181). Die bloße fehlerhafte Zahlung über einen längeren Zeitraum ist jedenfalls nicht geeignet, Vertrauensschutz zu begründen (BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 24). Es würde ansonsten die 4jährige Ausschlussfrist, innerhalb der die KÄV fehlerhafte Abrechnungen berichtigen kann, leer laufen. Eine vergleichbare Situation mit der wissentlichen Duldung systematisch fachfremder Tätigkeit oder einer Leistungserbringung ohne die hierzu erforderliche Abrechnungsgenehmigung (vgl BSGE 89, 90, 102 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 14; BSG SozR 3-2500 § 135 Nr 6 S 35) liegt nicht vor. Die Beklagte hat gegenüber allen Job-Sharing-Praxen zunächst Honorarbescheide ohne Berücksichtigung der Obergrenzen erteilt und später eine Neufestsetzung entsprechend der für die einzelne Praxis für das jeweilige Quartal maßgeblichen Punktzahlobergrenzen vorgenommen. Damit konnten für die betroffenen Praxen Unsicherheiten verbunden sein, insbesondere weil den ursprünglichen Honorarbescheiden kein Hinweis beigefügt war, wonach die Umsetzung der Punktzahlobergrenzen einem späteren Bescheid vorbehalten bleibe. Diese Verwaltungspraxis, die die Beklagte bereits seit längerem schon zugunsten einer quartalsgleichen Berücksichtigung der Leistungsgrenzen aufgegeben hat, rechtfertigt für die hier streitbefangenen Quartale jedoch nicht den Vorwurf eines widersprüchlichen Verhaltens. Ein solcher Vorwurf wäre nur gerechtfertigt, wenn die Beklagte zuvor einen Vertrauenstatbestand gesetzt hätte. Daran fehlt es aber. Die Begrenzung der Gesamtpunktzahl erfolgte im Zulassungsverfahren durch den Zulassungsausschuss und nicht die KÄV. Über diese Festsetzung kann die KÄV weder allein noch einvernehmlich mit dem Vertragsarzt disponieren. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die KÄV nach § 23f BedarfsplRL aF(heute § 45 BedarfsplRL) die Anpassungen der Gesamtpunktzahlvolumina vornimmt. Aus der Nichtberücksichtigung der Grenze bei der Honorarberechnung konnte mithin nicht gefolgert werden, dass die Punktzahlbegrenzung von der KÄV aufgehoben worden wäre. Nur dann hätte die KÄV sich mit der Richtigstellung aber zu ihrem früheren Verhalten in Widerspruch gesetzt.

29

g) Es besteht hier auch kein Anlass, über die in der Rechtsprechung des Senats anerkannten Konstellationen hinaus Vertrauensschutz zu gewähren. Ein Schutzbedürfnis der Klägerin, das mit demjenigen in den anerkannten Fallgruppen vergleichbar ist, besteht nicht.

30

4. Die Richtigstellung und Rückforderung kann schließlich nicht unter dem Gesichtspunkt beanstandet werden, dass die Richtigstellung von Honorarbescheiden sich jeweils nur auf kleinere Anteile der Honorarforderung des Vertragsarztes beziehen darf. Der Senat hat in zwei Entscheidungen, in denen ein Vorläufigkeitsvorbehalt zu beurteilen war, mit dem die KÄV unter Berufung auf umstrittene Regelungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen alle Honorarbescheide versehen hatte, ausgeführt, dass sich die Vorläufigkeit des Honorarbescheides ihrem Gegenstand nach nur auf begrenzte Teile des Honorarbescheides bzw - wirtschaftlich betrachtet - kleinere Anteile der Honorarforderung des Vertragsarztes beziehen darf. Eine Vorläufigkeit, die es ermöglichen würde, das vertragsärztliche Honorar für ein bestimmtes Quartal auf die Hälfte des Betrages zu reduzieren, der sich aus dem Honorarbescheid zunächst ergibt, nähme diesem Bescheid den Charakter als Regelung des Honoraranspruchs des Vertragsarztes für ein Kalendervierteljahr, weil dem Arzt in der Sache lediglich eine Abschlagzahlung zugebilligt würde (BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352; BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 20). Diese Aussage bezieht sich indes allein auf pauschale Richtigstellungsvorbehalte (vgl BSGE 93, 69, 73 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 13; BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352; BSGE 96, 1, 7 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 21; noch offengelassen im Beschluss vom 3.2.2010 - B 6 KA 22/09 B - Juris RdNr 16; ebenso Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand: November 2011, K § 85 RdNr 153c). Nur in diesem Fall liegt eine allein dem Verantwortungsbereich der Beklagten zuzurechnende Unsicherheit über die Höhe des zu leistenden Honorars vor, die nur in begrenztem Umfang an den Vertragsarzt weitergegeben werden darf. In allen anderen Fällen besteht eine solche Grenze nicht. Es liegt auf der Hand, dass die Beklagte nicht gehindert ist, etwa in Fällen umfangreicher Falschabrechnung die Abrechnung des Vertragsarztes in vollem Umfang und nicht nur hinsichtlich eines prozentualen Anteils richtigzustellen.

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Ob hier ein "kleinerer Anteil" des Gesamthonorars im Sinne der Rechtsprechung des Senats betroffen war, kann mithin offenbleiben. Es spricht aber viel dafür, dass dies der Fall war. In der Rechtsprechung des Senats ist eine Größenordnung von 15 % noch als "kleinerer Anteil" gewertet worden (vgl BSGE 96, 1, 7 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 21 mwN). Dieser Wert wurde jedoch ausdrücklich nicht als Obergrenze bezeichnet. Die Frage, ab welchem Prozentsatz eine Rückforderung dem Honorarbescheid seinen Regelungscharakter nimmt, entzieht sich nach der Rechtsprechung des Senats vielmehr einer generellen Festlegung, weil insoweit die näheren Umstände in die Beurteilung einzubeziehen sind (BSG Beschluss vom 3.2.2010 - B 6 KA 22/09 B - Juris RdNr 18). Zudem ist es, wenn eine Rückforderung wegen desselben Sachverhalts mehrere Quartale umfasst, nicht zu beanstanden, wenn der Beurteilung nicht die einzelne Überschreitung im Quartal, sondern der gemittelte Umfang der Überschreitung über die betroffenen Quartale hinweg zugrunde gelegt wird. Jedenfalls käme in derartigen Fällen die Zugrundelegung eines höheren Toleranzwertes in Betracht (BSG aaO). Gemessen an den Euro-Beträgen lag der durchschnittliche Anteil der Rückforderung am Honorar im Jahr 2006 bei 25,19 % und im Jahr 2007 bei 17,93 %, bezogen auf den gesamten Zeitraum bei 21,56 %. Diese Werte dürften noch nicht als zu hoch angesehen werden.

32

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung des § 154 Abs 2 VwGO. Danach hat die Klägerin auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 22. Juli 2015 wird zurückgewiesen.

Kosten für das erneute Revisionsverfahren sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Rücknahme eines Rentenbescheides sowie die Erstattung der gezahlten Rente, insbesondere über die Frage, ob die Beklagte eine zunächst unterbliebene Anhörung der Klägerin wirksam nachgeholt hat.

2

Mit Bescheid vom 23.6.2000 bewilligte die Beklagte der Klägerin nach der Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen in Oberbayern ab 1.7.2000 vorzeitige Altersrente an Landwirte gemäß § 12 Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG). Am 8.3.2007 erklärte der Ehemann der Klägerin gegenüber der Beklagten, die Klägerin sei noch Eigentümerin von circa 5 ha landwirtschaftlicher Nutzflächen in Niederbayern. Diese seien teilweise verpachtet und teilweise selbst genutzt worden.

3

Mit Schreiben vom 9.8.2007 hörte die Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 23.6.2000 an. Sie habe einen eigenen Betrieb in Niederbayern geführt, den sie nicht nach den Vorschriften des § 21 ALG abgegeben habe. Bis zur Abgabe dieses Betriebs bestehe kein Anspruch auf Rente.

4

Mit Bescheid vom 12.9.2007 hob die Beklagte den Bescheid vom 23.6.2000 gestützt auf § 45 Abs 1 und 2 SGB X für die Zeit ab dem 1.7.2000 auf. Die zu Unrecht erbrachte Leistung in Höhe von (noch nicht verrechneten) 14 191,77 Euro sei gemäß § 50 SGB X zu erstatten. Die Klägerin habe bei der Beantragung der Rente die Frage verneint, ob neben den durch den Ehegatten nachgewiesenen Flächen noch weitere Grundstücke im Eigentum oder Miteigentum beider Ehegatten stünden. Den Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 24.1.2008 zurück. Klage und Berufung der Klägerin sind ohne Erfolg geblieben (Urteil des SG vom 18.11.2008; Urteil des LSG vom 28.9.2011 - L 1 LW 3/09 -).

5

Auf die Revision der Klägerin hat der Senat das Urteil des LSG vom 28.9.2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen. Es sei unklar, ob eine ordnungsgemäße Anhörung iS des § 24 Abs 1 SGB X vorliege oder eine Heilung eingetreten sei. Darüber hinaus fehlten ausreichende Feststellungen, welche die Beurteilung zuließen, dass der Bescheid der Beklagten vom 23.6.2000 auf in wesentlicher Beziehung unrichtigen oder unvollständigen Angaben der Klägerin selbst beruhe und dass die Beklagte das ihr eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt habe.

6

Im Laufe des vom LSG fortgesetzten Verfahrens - L 1 LW 7/13 ZVW - hat die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 10.5.2013 zu der fehlenden Abgabe des landschaftlichen Unternehmens, dem Fehlen von schutzwürdigen Vertrauen und der von der Beklagten zu treffenden Ermessensentscheidung mit einer Frist zur Stellungnahme von sechs Wochen angehört. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat hierzu mit Schreiben vom 15.5.2013 Stellung genommen. Daraufhin hat die Beklagte mit Schreiben an die Klägerin vom 18.5.2015 erklärt, sie halte nach erneuter Prüfung unter Berücksichtigung der vorsorglich nachgeholten Anhörung am bisher erlassenen Verwaltungsakt vom 12.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.1.2008 fest. Anschließend hat das LSG die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte habe die Anhörung der Klägerin ordnungsgemäß und mit heilender Wirkung nachgeholt. Die Nachholung der Anhörung sei auch noch im wiedereröffneten Berufungsverfahren möglich gewesen (Urteil vom 22.7.2015).

7

Mit ihrer erneuten Revision rügt die Klägerin eine Verletzung materiellen Rechts. Der angefochtene Rücknahme- und Erstattungsbescheid sei formell rechtswidrig, weil die Beklagte die unterlassene Anhörung im wiedereröffneten Berufungsverfahren nicht mehr habe wirksam nachholen können.

8

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 22. Juli 2015 und das Urteil des Sozialgerichts München vom 18. November 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. September 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2008 aufzuheben.

9

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin war zurückzuweisen. Sie ist zulässig, aber unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG).

12

1. Streitgegenstand bildet der Rentenrücknahme- und Erstattungsbescheid vom 12.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.1.2008. Die Klägerin wendet sich dagegen zulässigerweise mit einer reinen Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 Alt 1 SGG; vgl BSG Urteil vom 20.12.2012 - B 10 LW 2/11 R - SozR 4-5868 § 12 Nr 1; BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 R 14/11 R - SozR 4-1300 § 45 Nr 15; BSG Urteil vom 2.11.2015 - B 13 R 27/14 R - SozR 4-1300 § 48 Nr 32).

13

2. Die Revision der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das LSG hat die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet, denn die streitgegenständlichen Bescheide sind formell (dazu unter a.) und materiell rechtmäßig (dazu unter b.).

14

a. Wie das LSG zutreffend angenommen hat, ist der Bescheid vom 12.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.1.2008 formell rechtmäßig.

15

Zwar hatte die Beklagte die Klägerin nicht - wie es nach § 24 Abs 1 SGB X geboten gewesen wäre - vor Erlass des Bescheides vom 12.9.2007 im erforderlichen Umfang angehört und die Anhörung auch weder im Widerspruchsverfahren noch im Widerspruchsbescheid nachgeholt. Dies hat der erkennende Senat mit bindender Wirkung (§ 170 Abs 5 SGG) für die Beteiligten und das Gericht bereits entschieden (BSG Urteil vom 20.12.2012 - B 10 LW 2/11 R - SozR 4-5868 § 12 Nr 1; zur Selbstbindung des Revisionsgerichts vgl BSG Urteil vom 25.10.1990 - 12 RK 19/90 - SozR 3-1500 SGG § 170 Nr 1).

16

Die Beklagte hat die erforderliche Anhörung aber nunmehr im wiedereröffneten Berufungsverfahren wirksam nachgeholt. Wie sich aus den tatsächlichen, mit durchgreifenden Revisionsrügen nicht angegriffenen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ergibt, hat die Beklagte im Laufe des wiedereröffneten Berufungsverfahrens das erforderliche Anhörungsverfahren mit Schreiben vom 10.5.2013 in Gang gesetzt und mit Schreiben vom 18.5.2015 abgeschlossen. Die rechtliche Beurteilung des LSG, damit habe die Beklagte in jeder Hinsicht den formellen und inhaltlichen Anforderungen genügt, die an eine im Gerichtsverfahren nachgeholte Anhörung zu stellen sind, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (zu diesen Anforderungen vgl BSG Urteil vom 23.1.2008 - B 10 LW 1/07 R - SozR 3-5868 § 3 Nr 3; BSG Urteil vom 9.11.2010 - B 4 AS 37/09 R - SozR 4-1300 § 41 Nr 2 RdNr 14 f). Diese Beurteilung wird insoweit auch von den Beteiligten nicht infrage gestellt.

17

Entgegen der Ansicht der Klägerin war die Nachholung der Anhörung im wiedereröffneten Berufungsverfahren auch in zeitlicher Hinsicht wirksam. Denn § 41 Abs 2 SGB X ist auch anwendbar, wenn das LSG die letzte Tatsacheninstanz zwar zunächst mit einer Endentscheidung abschließt, sich dieser Abschluss der Tatsacheninstanz aber nicht als dauerhaft erweist, sondern das Revisionsgericht die Sache (zumindest noch aus einem anderen Grund als dem der unterbliebenen Anhörung) an das LSG zurückverweist.

18

Dieses Ergebnis folgt aus Wortlaut (dazu unter aa.), Systematik (dazu unter bb.) und Sinn und Zweck der Vorschrift, wie er sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergibt (dazu unter cc.). Verfassungsrechtliche Erwägungen stehen dieser Auslegung nicht entgegen (dazu unter dd.). Der Einleitung eines Verfahrens zur Vorlage an den Großen Senat bedarf es trotz der anderslautenden Rechtsansicht des 14. Senats des BSG nicht (dazu unter ee.).

19

aa. Der Wortlaut von § 41 Abs 2 SGB X ermöglicht es, eine Handlung nach § 41 Abs 1 Nr 2 bis 6 SGB X, also auch die erforderliche Anhörung eines Beteiligten(§ 41 Abs 1 Nr 3 SGB X), bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachzuholen. Die letzte Tatsacheninstanz eines sozialgerichtlichen Verfahrens ist üblicherweise das Berufungsverfahren beim LSG, im Fall einer Sprungrevision ausnahmsweise das Klageverfahren beim SG. Sie endet regelmäßig mit dem die Instanz abschließenden Urteil des Berufungsgerichts. Indes steht jede gerichtliche Entscheidung, wenn und soweit ein Rechtsmittel gegeben ist, unter der Bedingung einer Bestätigung durch die höhere Instanz. Wird die gerichtliche Entscheidung von der höheren Instanz aufgehoben, so steht fest, dass die frühere Instanz rechtlich gesehen von Anfang an noch nicht abgeschlossen war. Eine Aufhebung des instanzbeendenden Berufungsurteils und eine Zurückverweisung der Sache durch das Revisionsgericht (§ 170 Abs 2 S 2 SGG) eröffnet daher die Berufungsinstanz nicht ganz neu, sondern ordnet die Fortsetzung des Verfahrens vor dem Berufungsgericht an (vgl schon RG Beschluss vom 27.9.1938 - VII B 10/38 - RGZ 158, 195, 196; BGH NJW 1967, 203; auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 170 SGG RdNr 9). Das frühere Verfahren vor dem Berufungsgericht bildet mit dem neuen Verfahren eine Einheit. Soweit das LSG keine Verfahrensfehler begangen hat, bleibt der bisherige Prozessstoff angefallen. In diesem verfahrensrechtlichen Kontext lässt sich dem Wortlaut von § 41 Abs 2 SGB X nichts dafür entnehmen, die Heilung eines Anhörungsmangels in der wiedereröffneten, dh fortgesetzten letzten Tatsacheninstanz auszuschließen.

20

bb. Systematische Erwägungen stehen einer Nachholung der Anhörung noch in der wiedereröffneten letzten Tatsacheninstanz nicht entgegen. Insbesondere ergeben sich aus § 114 Abs 2 S 2 SGG keine Hinderungsgründe. § 114 Abs 2 S 2 SGG ermöglicht es dem Gericht, auf Antrag die Verhandlung zur Heilung von Verfahrens- und Formfehlern auszusetzen, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist(vgl BSG Urteil vom 12.6.2001 - B 4 RA 37/00 R - SozR 3-2600 § 243 Nr 9 S 37 f; zuletzt BSG Urteil vom 26.7.2016 - B 4 AS 47/15 R - SozR 4-1500 § 114 Nr 2, vorgesehen für BSGE). § 114 Abs 2 S 2 SGG schließt eine Aussetzung in einem an das Berufungsgericht zurückverwiesenen Verfahren nicht aus. Die Norm ist weder nach ihrem Wortlaut noch nach Sinn und Zweck auf das erstmals eröffnete Klage- oder Berufungsverfahren beschränkt; lediglich im Revisionsverfahren ist sie unanwendbar (vgl BSG Urteil vom 24.7.2001 - B 4 RA 2/01 R - SozR 3-1300 § 41 Nr 9). Zudem setzt die Heilung eines Anhörungsmangels im Tatgerichtsverfahren keine Aussetzung des Verfahrens voraus, sondern kann - im Rahmen eines "mehr oder minder förmlichen Verwaltungsverfahrens" (vgl BSG Urteil vom 6.4.2006 - B 7a AL 64/05 R RdNr 15) - während des laufenden gerichtlichen Verfahrens erfolgen. Nichts anderes ergibt sich aus der Aufhebung der Parallelvorschrift des § 94 S 2 VwGO(durch Gesetz vom 20.12.2001, BGBl I 3987) zum 1.1.2002, denn der gleichlautende § 114 Abs 2 S 2 SGG ist weiterhin in Kraft geblieben. Nicht zuletzt ist in der Rechtsprechung des BSG aber auch anerkannt, dass eine Zurückverweisung auch der Aussetzung zum Zwecke der Nachholung von Verfahrens- und Prozesshandlungen dienen kann, wie der Durchführung eines fehlenden Vorverfahrens (BSG Beschluss vom 1.7.2014 - B 1 KR 99/13 B mwN).

21

cc. Der Sinn und Zweck der Regelung, wie er sich insbesondere aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergibt, spricht ebenfalls für die vom Senat befürwortete wortlautgetreue Auslegung des Begriffs der "letzten Tatsacheninstanz" in § 41 Abs 2 SGB X.

22

§ 41 SGB X ist Ausdruck der dienenden Funktion des Verfahrensrechts und der Verfahrenseffizienz. Die Vorschrift dient der Verwaltungsökonomie und der Rechtssicherheit. Deshalb eröffnet sie die Möglichkeit, bestimmte Form- und Verfahrensfehler nachträglich mit heilender Wirkung zu bereinigen und öffnet so den Weg für eine materielle Überprüfung des Verwaltungsakts im Klageverfahren. Die Norm befreit die Behörde zu Lasten des von dem - formell - rechtswidrigen Verwaltungsakt Betroffenen unter bestimmten Voraussetzungen von der Pflicht, wegen ihr unterlaufender Verfahrensfehler ein neues fehlerfreies Verwaltungsverfahren durchzuführen und einen neuen Verwaltungsakt zu erlassen (vgl BSG Beschluss vom 6.10.1994 - GS 1/91 - SozR 3-1300 § 41 Nr 7 S 12; von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 41 RdNr 2). Wie die Gesetzesgeschichte zeigt, hat sich der Gesetzgeber bei der Lösung des Zielkonflikts zwischen Verwaltungseffizienz und Rechtsschutzauftrag in den §§ 41, 42 SGB X dafür entschieden, die Anhörung nicht als absolutes Verfahrensrecht auszugestalten, sondern als relatives Versäumnis, das noch im gerichtlichen Verfahren nachgeholt und geheilt werden kann(vgl zur entsprechenden Regelung für das Verwaltungsverfahrensrecht Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl 2014, § 28 RdNr 66; Bonk, NVwZ 1997, 320, 324; Sodan, DVBl 1999, 729, 736 f). Die Möglichkeit, bestimmte Verfahrensfehler - zB eine fehlende Anhörung - durch Nachholung zu heilen, war bis 31.12.2000 auf die Dauer des Verwaltungsverfahrens, also bis zum Ende des Widerspruchsverfahrens mit dem Erlass eines Widerspruchsbescheides, begrenzt. Das 4. Euro-Einführungsgesetz vom 21.12.2000 (BGBl I 1983) hat mit Wirkung ab 1.1.2001 die zeitliche Grenze für die Nachholung von Verfahrenshandlungen auf den Zeitraum bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hinausgeschoben. Eine Einschränkung auf den erstmaligen Abschluss der letzten Tatsacheninstanz erfolgte hingegen nicht.

23

Aus dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers, die Regelung in § 41 Abs 2 SGB X der in § 45 Abs 2 VwVfG enthaltenen Regelung anzupassen(BR-Drucks 531/00 S 147; BT-Drucks 14/4375 S 58), kann eine maßgebliche Anlehnung an das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht und die dort verfolgten Regelungsabsichten gefolgert werden. Dieser Anpassungsprozess spricht maßgeblich für eine Nachholungsmöglichkeit im wiedereröffneten Berufungsverfahren. Im allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht war die Heilung von Verfahrensfehlern wie die der unterlassenen Anhörung eines Beteiligten nach der Erstfassung des § 45 VwVfG zunächst ebenfalls auf den vorprozessualen Bereich beschränkt(vgl § 45 Abs 2 VwVfG idF vom 25.5.1976, BGBl I 1253). Das Gesetz zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren vom 12.9.1996 (GenBeschlG, BGBl I 1354) hat § 45 Abs 2 VwVfG mit Wirkung vom 19.9.1996 dann dahingehend geändert, dass ua die erforderliche Anhörung eines Beteiligten bis zum Abschluss eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden konnte (Art 1 Nr 3 GenBeschlG). Dieses Ergebnis wurde durch das Dritte Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften (3. VwVfRÄndG) vom 21.8.2002 (BGBl I 3322) mit Wirkung vom 1.2.2003 korrigiert (Art 1 Nr 15 3. VwVfRÄndG). Wie § 41 Abs 2 SGB X eröffnet die Vorschrift die Nachholungsmöglichkeit nunmehr (nur noch) bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Dies sollte systemkonform die zu weit geratene Fassung des § 45 Abs 2 VwVfG beschränken, die bis dahin entgegen § 137 Abs 2 VwGO die Berücksichtigung nachgeholter Verfahrenshandlungen - und damit tatsächlicher Entwicklungen - noch im Revisionsverfahren ermöglichte(s BR-Drucks 343/02 S 77, BT-Drucks 14/9000 S 34). Im Blick hatte der Gesetzgeber dabei insbesondere zeitintensive Zweitverfahren, die entstünden, wenn ein Verwaltungsakt lediglich wegen Verfahrens- oder Formfehlern aufgehoben werden und das Verfahren erneut beginnen müsste, obwohl in der Sache keine andere Entscheidung ergehen könnte (s BT-Plenarprot 13/116 S 10347 ; vgl auch Bonk, NVwZ 1997, 320, 324; Sodan, DVBl 1999, 729, 734). Den berechtigten Belangen des Klägers sollte dadurch Rechnung getragen werden, dass das Gericht die erst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erfolgte Heilung bei der Kostenentscheidung berücksichtigt. Über die Kostenentscheidung sei nach wie vor der Druck auf die Behörden, verfahrensfehlerfrei zu arbeiten, gegeben (vgl BT-Drucks 13/5085 S 5). Wegen dieser Entstehungsgeschichte versteht die verwaltungsrechtliche Literatur § 45 Abs 2 VwVfG in seiner aktuellen Fassung überwiegend dahingehend, eine Nachholung der Anhörung sei (nur) im Revisionsverfahren ausgeschlossen(vgl Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl 2014, § 45 RdNr 108; Baumeister in Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl 2014, § 45 RdNr 62; Ramsauer in Ramsauer/Wysk, VwVfG, 17. Aufl 2016, § 45 RdNr 37). Für die maßgeblich an § 45 Abs 2 VwVfG angelehnte Vorschrift des § 41 Abs 2 SGB X kann nichts anderes gelten(vgl Mutschler in Kasseler Kommentar, § 24 SGB X RdNr 36; Franz in Schlegel-Voelzke, juris-PK, § 24 SGB X RdNr 67).

24

dd. § 41 Abs 2 SGB X in der vom Senat für richtig gehaltenen, eng am Wortlaut orientierten Begriffsauslegung entspricht Verfassungsrecht. Insbesondere widerspricht die aufgezeigte Heilungsmöglichkeit nicht den Anforderungen des Art 20 Abs 3 GG. Der Verpflichtung der Behörde zur Anhörung des Betroffenen (§ 24 Abs 1 SGB X) steht das Recht des Betroffenen, vor Erlass eines Eingriffsverwaltungsaktes angehört zu werden, gegenüber. Es leitet sich aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 3 GG) und dem darin enthaltenen Gebot eines fairen Verfahrens sowie der Menschenwürde (Art 1 Abs 1 GG) ab (vgl BSG Urteil vom 24.7.2001 - B 4 RA 2/01 R - SozR 3-1300 § 24 Nr 18 mwN; vgl auch Franz in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 24 SGB X RdNr 10). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Einschränkung dieses Rechts durch die Heilungsmöglichkeit in der wiedereröffneten Tatsacheninstanz hat der Senat nicht. Das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung schließt auch das Gebot ein, für effektives Verwaltungshandeln zu sorgen. Die Regelung des § 41 Abs 2 SGB X hat Verwaltungseffizienz, insbesondere die Funktionsfähigkeit der Verwaltung (vgl BVerfG Beschluss vom 8.7.1982 - 2 BvR 1187/80 - BVerfGE 61, 82, 116) einerseits und Rechtsschutzauftrag andererseits als zwei widerstreitende (Verfassungs-) Prinzipien zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht (vgl Bonk, NVwZ 1997, 320, 322). Sie erweist sich auch bei ihrer Anwendung im wiedereröffneten Berufungsverfahren als verhältnismäßig. Eine unangemessene Privilegierung fehlerhaften Verwaltungshandelns liegt darin insbesondere deshalb nicht, weil die Behörde nach Beseitigung eines Verfahrensfehlers und der Erledigung des Rechtsstreits im Regelfall mit den Kosten des Klägers belastet wird (vgl BT-Drucks 14/4375 S 58). Die Kosten eines wiedereröffneten Berufungsverfahrens sind davon nicht ausgenommen. Demgemäß hat auch die Vorinstanz die bis dahin entstandenen außergerichtlichen Kosten der Klägerin der Beklagten auferlegt.

25

Letztlich reduziert sich damit die Anhörungspflicht nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers im Kern auf die Gewährleistung eines dem Anspruch auf rechtliches Gehör im Gerichtsverfahren vergleichbaren Rechts, über die beabsichtigte Entscheidung informiert zu werden, sich zu den entscheidungserheblichen tatsächlichen und rechtlichen Umständen äußern zu können und mit diesem Vorbringen gehört zu werden. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör führt aber nicht zur Unwirksamkeit der getroffenen Entscheidung, solange der Betroffene die Möglichkeit hat, sich das Gehör im Rechtsweg zu verschaffen (so BSG Urteil vom 5.2.2008 - B 2 U 6/07 R - SozR 4-1300 § 41 Nr 1 RdNr 16). Das war bei der Klägerin in ihrem über drei Instanzen geführten Rechtsstreit ersichtlich der Fall.

26

ee. Der Senat ist nicht gehalten, wegen Nichtübereinstimmung mit der Rechtsauffassung eines anderen Senats anzufragen, ob dieser an seiner Rechtsauffassung festhält (§ 41 Abs 3 SGG). Eine Divergenz im Sinne des §41 Abs 2 SGG, die dazu zwingen würde, liegt nicht vor. Denn die Vorschrift bezieht sich allein auf Abweichungen in den die jeweilige Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssätzen (vgl BSG Urteil vom 16.12.2014 - B 9 V 6/13 R - SozR 4-7945 § 3 Nr 1 RdNr 22 mwN). Eine dem aufgezeigten Rechtsstandpunkt des erkennenden Senats zuwider laufende Aussage, dass die Heilung einer unterbliebenen Anhörung (§ 41 Abs 2 SGB X) im Geltungsbereich des 4. Euro-Einführungsgesetzes (aaO) nach einer auch auf andere Gründe gestützten Zurückverweisung im Rahmen der wiedereröffneten Tatsacheninstanz nicht mehr möglich ist, wird bisher - soweit ersichtlich - von keinem anderen Senat des BSG in tragendem Zusammenhang vertreten.

27

Der 4. Senat hat seine ursprünglich anderweitige Auffassung (BSG Urteil vom 24.7.2001 - B 4 RA 2/01 R - SozR 3-8850 § 5 Nr 5; BSG Urteil vom 31.10.2002 - B 4 RA 15/01 R - SozR 3-1300 § 24 Nr 22 Juris RdNr 49 f) nicht weiterverfolgt, sondern im Revisionsverfahren eine Zurückverweisung auch zur Klärung der Frage für möglich gehalten, ob die im dortigen Verfahren "bisher nicht erfolgte Anhörung" im weiteren Berufungsverfahren wirksam durchgeführt werden könne (BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 48/07 R - Juris RdNr 19; auch BSG Urteil vom 21.6.2011 - B 4 AS 22/10 R - Juris RdNr 27). Er hat die Heilung im wiedereröffneten Berufungsverfahren damit als möglich vorausgesetzt. Hiervon ist er später nicht abgerückt, sondern hat lediglich klargestellt, dass allein die noch mögliche Heilung eines Anhörungsfehlers das Berufungsgericht nicht zur Aussetzung verpflichtet (BSG Urteil vom 26.7.2016 - B 4 AS 47/15 R - SozR 4-1500 § 114 Nr 2, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).

28

Der 14. Senat vertritt in seinen Urteilen vom 7.7.2011 (= B 14 AS 144/10 R und B 14 AS 153/10 R - BSGE 108, 289 = SozR 4-4200 § 38 Nr 2 RdNr 27 f)zwar die Auffassung, dass der Mangel einer unterbliebenen Anhörung nach einer Zurückverweisung in der wiedereröffneten Tatsacheninstanz unter keinen Umständen mehr geheilt werden könne. Die zuerst genannte Entscheidung betraf indes mangels Zurückverweisungsgrundes eine Durchentscheidung wegen eines vom LSG verbindlich festgestellten Anhörungsmangels. Die zweite Entscheidung war eine Zurückverweisungsentscheidung, in der der 14. Senat seine Rechtsposition zur Heilung eines Anhörungsmangels in der wiedereröffneten Tatsacheninstanz ausschließlich im Rahmen rechtlich nicht verbindlicher Hinweise an das LSG zur weiteren Sachbehandlung (sog "Segelanweisungen"; vgl BSG Urteil vom 17.3.1970 - 9 RV 328/68 - BSGE 31, 74 = SozR Nr 13 zu § 170 SGG)dargelegt hatte. Insoweit stand aber noch gar nicht fest, ob es auf die zu prüfenden Umstände überhaupt ankommen würde. In solchen Fällen zählen die entsprechenden Rechtsausführungen nicht zu den tragenden Gründen und sind kein unabdingbares Glied in der Gedankenkette der Entscheidung. Denn diese besteht in der Zurückverweisung der Sache an das LSG, weil das Tatsachengericht weitere Feststellungen zu treffen hat (vgl BSG Urteil vom 27.3.2007 - B 13 R 58/06 R - BSGE 98, 162 = SozR 4-1300 § 44 Nr 9 RdNr 36; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 3 KR 20/08 R - BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2 RdNr 18). Eine darüber hinausgehende mögliche Bindungswirkung (vgl BSG Großer Senat Beschluss vom 19.2.1992 - GS 1/89 - BSGE 70, 133 = SozR 3-1300 § 24 Nr 6)ist insoweit erkennbar ohne praktische Relevanz geblieben, unbeschadet des Umstands, dass es hierfür angesichts der Entscheidungen des 4. Senats vom 16.12.2008 und 21.6.2011 (aaO) ohnehin einer näheren Präzisierung bedurft hätte.

29

b. Der Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 12.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.1.2008 ist auch materiell rechtmäßig.

30

aa. Rechtsgrundlage für die Rücknahme des Rentenbescheides vom 23.6.2000 ist § 45 Abs 1 SGB X. Danach darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden.

31

Das LSG ist zu dem Ergebnis gelangt, der Bescheid der Beklagten vom 23.6.2000 über die Bewilligung der vorzeitigen Altersrente an die Klägerin sei rechtswidrig. Diese Beurteilung ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf die ihr ab 1.7.2000 zuerkannte vorzeitige Rente aus der Alterssicherung der Landwirte (AdL). Sie erfüllte bei Erlass des Rentenbescheides vom 23.6.2000 die Anspruchsvoraussetzungen des § 12 Abs 1 ALG iVm § 11 Abs 1 Nr 2 und 3 ALG nicht, weil sie - wie der Senat bereits in seiner vorangehenden Revisionsentscheidung(BSG Urteil vom 20.12.2012 - B 10 LW 2/11 R - SozR 4-5868 § 12 Nr 1) ausgeführt hat - ihr Unternehmen der Landwirtschaft zu diesem Zeitpunkt nicht abgegeben hatte. Die zugrunde liegende, mit dem Bezug einer vorzeitigen Altersrente durch die Klägerin notwendig verknüpfte Pflicht zur Hofabgabe begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, insbesondere verstößt sie weiterhin nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Der erkennende Senat ist - ebenso wie das LSG (§ 170 Abs 5 SGG) - insoweit an sein Urteil vom 20.12.2012 gebunden (vgl zur Selbstbindung BSG Urteil vom 26.4.2007 - B 4 R 89/06 R - SozR 4-1500 § 170 Nr 2 RdNr 42 f). Er hält hieran auch in der Sache fest (vgl zuletzt BSG Beschluss vom 7.9.2016 - B 10 LW 1/16 B - mwN). Eine Aussetzung bis zu einer Entscheidung der unter 1 BvR 97/14 und 1 BvR 2392/14 beim BVerfG anhängigen Verfassungsbeschwerden zur Verfassungsmäßigkeit der Hofabgabeklausel ist nicht zuletzt mit Blick auf die Dauer des gerichtlichen Verfahrens nicht angezeigt (vgl zur Aussetzung BSG Beschluss vom 1.4.1992 - 7 RAr 16/91 - SozR 3-1500 § 114 Nr 3 RdNr 8 f).

32

bb. Wie das LSG weiter zutreffend angenommen hat, stehen die Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 des § 45 SGB X der vollständigen Rücknahme des Rentenbescheides vom 23.6.2000 mit Wirkung für die Vergangenheit nicht entgegen.

33

Nach § 45 Abs 2 S 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Gemäß § 45 Abs 2 S 2 SGB X ist das Vertrauen (des Begünstigten) in der Regel schutzwürdig, wenn er erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Allerdings kann sich der Begünstigte gemäß § 45 Abs 2 S 3 SGB X auf Vertrauen nicht berufen, soweit er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs 2 S 3 Nr 3 2. Halbs SGB X), dh wenn dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Es müssen einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt werden (vgl BSG Urteil vom 11.6.1987 - 7 RAr 105/85 - BSGE 62, 32 = SozR 4100 § 71 Nr 2 mwN). Hierbei ist ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab anzulegen (stRspr, vgl etwa BSG Urteil vom 24.4.1997 - 11 RAr 89/96 - AuB 1997, 282 mwN).

34

Auf der Grundlage seiner für den Senat bindenden Feststellungen (§ 163 SGG) ist das LSG fehlerfrei zu der Überzeugung gelangt, der Bescheid der Beklagten vom 23.6.2000 beruhe auf Angaben, die die Klägerin grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Zur Begründung hat sich das LSG maßgeblich auf die Umstände gestützt, die der Unterschrift der Klägerin auf dem Rentenantragsformular und auf ihrer Erklärung vom 16.6.2000 zugrunde liegen. Nach seinen Feststellungen hat der Klägerin der Antrag ihres Ehemanns, dem sie sich später angeschlossen hat, zu Hause mehrere Tage zur Durchsicht und Prüfung vorgelegen. Wie sie zudem selber angegeben hat, hat sich die Klägerin von der Beklagten bei der Rentenantragstellung beraten lassen und bei der Rentenantragstellung eigene Überlegungen angestellt. Schließlich hat die Klägerin mit ihrer Erklärung vom 16.6.2000 von ihr unterzeichnete Angaben zu den zurückbehaltenen Unternehmensteilen gemacht und die Wahrheit ihrer Angaben versichert, allerdings ohne dabei die anspruchsschädlichen landwirtschaftlichen Nutzflächen in Niederbayern zu erwähnen. Infolgedessen kann sich die Klägerin - wie das LSG zutreffend ausgeführt hat - nicht darauf berufen, auf den Bestand des Bescheides vom 23.6.2000 vertraut zu haben. Durchgreifende Revisionsangriffe gegen diese tatsächlichen Feststellungen und ihre stimmige Würdigung durch das LSG hat die Klägerin nicht geführt.

35

cc. Wie das LSG darüber hinaus zutreffend angenommen hat, hat die Beklagte bei Erlass des angefochtenen Bescheides vom 12.9.2007 die Fristen des § 45 Abs 3 und 4 SGB X eingehalten(vgl in dieser Sache bereits BSG Urteil vom 20.12.2012 - B 10 LW 2/11 R - SozR 4-5868 § 12 Nr 1).

36

dd. Die im wiedereröffneten Berufungsverfahren vervollständigten Tatsachenfeststellungen des LSG tragen nunmehr auch seinen Schluss, die Beklagte habe das ihr nach § 45 Abs 1 SGB X ("darf") eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Das LSG hat die von den Beteiligten geschilderten Umstände der Rentenantragstellung überprüft und ist zu dem revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Ergebnis gekommen, die Beklagte sei sich jedenfalls nach dem Inhalt des Widerspruchsbescheides vom 24.1.2008 ihres Ermessensspielraums erkennbar bewusst und habe bei der Ausübung ihres Ermessens auch geprüft, ob die Rückforderung der Rentenleistung unter dem Gesichtspunkt der besonderen Härte ausgeschlossen war. Bei der gebotenen Abwägung zwischen den Interessen der Versichertengemeinschaft auf Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes und dem Interesse der Klägerin am Fortbestehen des Rentenbescheides hat die Beklagte ausgeführt, sie verkenne nicht die finanzielle Belastung der Klägerin durch die Rückforderung, was es aber nicht rechtfertige, von einer Rücknahme des Bewilligungsbescheides abzusehen. Diese Begründung ist ausreichend (vgl BSG Urteil vom 11.6.2003 - B 5 RJ 28/02 R - SozR 4-1300 § 24 Nr 1 RdNr 24 unter Hinweis auf BSG Urteil vom 21.3.1990 - 7 RAr 112/88 - SozR 3-1300 § 45 Nr 2). Es steht der Behörde in den Grenzen ihres Ermessens frei, auf welche Umstände sie abstellen will; diese Grenzen hat die Beklagte nicht überschritten. Wie das LSG ferner zutreffend festgestellt hat, hat die Klägerin im nachgeholten Anhörungsverfahren keine Einwendungen erhoben, die die Ermessensausübung der Beklagten berühren würden, ohne bereits im Widerspruchsbescheid berücksichtigt worden zu sein. Die Erwägung des Senats, auch die Gegebenheiten der Rentenantragstellung könnten im Rahmen der Ermessensentscheidung abzuwägen sein (vgl BSG Urteil vom 20.12.2012 - B 10 LW 2/11 R - SozR 4-5868 § 12 Nr 1), hat das LSG nunmehr tatrichterlich überprüft und mit revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Begründung verworfen.

37

ee. Nicht zu beanstanden ist schließlich die mit der Entscheidung über die Rücknahme verbundene - ihr rechtlich nachgeordnete -Erstattungsentscheidung der Beklagten nach § 50 Abs 1 S 1 SGB X. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Ist - wie hier - die Rücknahmeentscheidung sachlich richtig, beschränkt sich die Prüfung der Entscheidung über die Erstattung nur noch darauf, ob dem Erstattungsverlangen selbst Einwendungen entgegengesetzt werden können (vgl BSG Urteil vom 1.7.2010 - B 13 R 77/09 R - SozR 4-1300 § 48 Nr 18 RdNr 61 f mwN). Dafür ist nichts vorgetragen oder ersichtlich.

38

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Die Heilung der in § 41 Abs 1 SGB X genannten formellen Mängel durch Nachholung(§ 41 Abs 2 SGB X) führt in aller Regel nach dem Rechtsgedanken des § 63 Abs 1 S 2 SGB X zu einer Kostentragung der Behörde(vgl Breitkreuz in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2013, § 193 RdNr 4). Dies kann jedoch nur insoweit gelten als die Klage wegen der zunächst nicht ordnungsgemäßen Anhörung Aussicht auf Erfolg hatte. Dagegen wäre es unbillig, der Beklagten darüber hinaus die Kosten des zweiten Revisionsverfahrens aufzubürden, welches die Klägerin - nach erfolgter Heilung des Anhörungsmangels - auf eigenes Risiko angestrengt hat und damit unterlegen ist.

(1) Die Wirtschaftlichkeit der erbrachten ärztlichen Leistungen kann auf begründeten Antrag einer einzelnen Krankenkasse, mehrerer Krankenkassen gemeinsam oder der Kassenärztlichen Vereinigung arztbezogen durch die jeweilige Prüfungsstelle nach § 106c geprüft werden. Die Prüfung kann neben dem zur Abrechnung vorgelegten Leistungsvolumen auch Überweisungen sowie sonstige veranlasste ärztliche Leistungen, insbesondere aufwändige medizinisch-technische Leistungen umfassen; honorarwirksame Begrenzungsregelungen haben keinen Einfluss auf die Prüfungen.

(2) Veranlassung für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach Absatz 1 besteht insbesondere

1.
bei begründetem Verdacht auf fehlende medizinische Notwendigkeit der Leistungen (Fehlindikation),
2.
bei begründetem Verdacht auf fehlende Eignung der Leistungen zur Erreichung des therapeutischen oder diagnostischen Ziels (Ineffektivität),
3.
bei begründetem Verdacht auf mangelnde Übereinstimmung der Leistungen mit den anerkannten Kriterien für ihre fachgerechte Erbringung (Qualitätsmangel), insbesondere in Bezug auf die in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses enthaltenen Vorgaben,
4.
bei begründetem Verdacht auf Unangemessenheit der durch die Leistungen verursachten Kosten im Hinblick auf das Behandlungsziel oder
5.
bei begründetem Verdacht, dass Leistungen des Zahnersatzes und der Kieferorthopädie unvereinbar mit dem Heil- und Kostenplan sind.

(3) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren bis zum 30. November 2019 das Nähere zu den Voraussetzungen nach Absatz 2 in Rahmenempfehlungen. Die Rahmenempfehlungen sind bei den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 zu berücksichtigen.

(4) Die in § 106 Absatz 1 Satz 2 genannten Vertragspartner können über die Prüfung nach Absatz 1 hinaus Prüfungen ärztlicher Leistungen nach Durchschnittswerten oder andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 oder Absatz 3 getroffen, dürfen bei Ärzten der betroffenen Arztgruppe keine Prüfungen nach Durchschnittswerten durchgeführt werden. In den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 sind die Zahl der je Quartal höchstens zu prüfenden Ärzte in einer Kassenärztlichen Vereinigung sowie im Rahmen der Prüfungen nach Absatz 1 und der Prüfungen nach Satz 1 als Kriterien zur Unterscheidung Praxisbesonderheiten festzulegen, die sich aus besonderen Standort- und Strukturmerkmalen des Leistungserbringers oder bei besonderen Behandlungsfällen ergeben. Die Praxisbesonderheiten sind vor Durchführung der Prüfungen als besonderer Versorgungsbedarf durch die Prüfungsstellen anzuerkennen; dies gilt insbesondere auch bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Besuchsleistungen.

(1) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen prüfen die Rechtmäßigkeit und Plausibilität der Abrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung.

(2) Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität, auf Einhaltung der Vorgaben nach § 295 Absatz 4 Satz 3 sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten. Gegenstand der arztbezogenen Plausibilitätsprüfung ist insbesondere der Umfang der je Tag abgerechneten Leistungen im Hinblick auf den damit verbundenen Zeitaufwand des Arztes; Vertragsärzte und angestellte Ärzte sind entsprechend des jeweiligen Versorgungsauftrages gleich zu behandeln. Bei der Prüfung nach Satz 2 ist ein Zeitrahmen für das pro Tag höchstens abrechenbare Leistungsvolumen zu Grunde zu legen; zusätzlich können Zeitrahmen für die in längeren Zeitperioden höchstens abrechenbaren Leistungsvolumina zu Grunde gelegt werden. Soweit Angaben zum Zeitaufwand nach § 87 Abs. 2 Satz 1 zweiter Halbsatz bestimmt sind, sind diese bei den Prüfungen nach Satz 2 zu Grunde zu legen. Satz 2 bis 4 gilt nicht für die vertragszahnärztliche Versorgung. Bei den Prüfungen ist von dem jeweils angeforderten Punktzahlvolumen unabhängig von honorarwirksamen Begrenzungsregelungen auszugehen. Soweit es für den jeweiligen Prüfungsgegenstand erforderlich ist, sind die Abrechnungen vorangegangener Abrechnungszeiträume in die Prüfung einzubeziehen. Die Kassenärztliche Vereinigung unterrichtet die in Absatz 5 genannten Verbände der Krankenkassen sowie die Ersatzkassen unverzüglich über die Durchführung der Prüfungen und deren Ergebnisse. Satz 2 gilt auch für Verfahren, die am 31. Dezember 2014 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen waren.

(3) Die Krankenkassen prüfen die Abrechnungen der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen insbesondere hinsichtlich

1.
des Bestehens und des Umfangs ihrer Leistungspflicht,
2.
der Plausibilität von Art und Umfang der für die Behandlung eines Versicherten abgerechneten Leistungen in Bezug auf die angegebene Diagnose, bei zahnärztlichen Leistungen in Bezug auf die angegebenen Befunde,
3.
der Plausibilität der Zahl der vom Versicherten in Anspruch genommenen Ärzte, unter Berücksichtigung ihrer Fachgruppenzugehörigkeit.
Sie unterrichten die Kassenärztlichen Vereinigungen unverzüglich über die Durchführung der Prüfungen und deren Ergebnisse.

(4) Die Krankenkassen oder ihre Verbände können, sofern dazu Veranlassung besteht, gezielte Prüfungen durch die Kassenärztliche Vereinigung nach Absatz 2 beantragen. Die Kassenärztliche Vereinigung kann, sofern dazu Veranlassung besteht, Prüfungen durch die Krankenkassen nach Absatz 3 beantragen. Bei festgestellter Unplausibilität nach Absatz 3 Satz 1 Nr. 2 oder 3 kann die Krankenkasse oder ihr Verband eine Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlicher Leistungen beantragen; dies gilt für die Kassenärztliche Vereinigung bei festgestellter Unplausibilität nach Absatz 2 entsprechend. Wird ein Antrag nach Satz 1 von der Kassenärztlichen Vereinigung nicht innerhalb von sechs Monaten bearbeitet, kann die Krankenkasse einen Betrag in Höhe der sich unter Zugrundelegung des Antrags ergebenden Honorarberichtigung auf die zu zahlende Gesamtvergütung anrechnen.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich vereinbaren Inhalt und Durchführung der Prüfungen nach den Absätzen 2 bis 4. In den Vereinbarungen sind auch Maßnahmen für den Fall von Verstößen gegen Abrechnungsbestimmungen, einer Überschreitung der Zeitrahmen nach Absatz 2 Satz 3 sowie des Nichtbestehens einer Leistungspflicht der Krankenkassen, soweit dies dem Leistungserbringer bekannt sein musste, vorzusehen. Die Maßnahmen, die aus den Prüfungen nach den Absätzen 2 bis 4 folgen, müssen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides festgesetzt werden; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Der Inhalt der Richtlinien nach Absatz 6 ist Bestandteil der Vereinbarungen.

(6) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren Richtlinien zum Inhalt und zur Durchführung der Prüfungen nach den Absätzen 2 und 3 einschließlich der Voraussetzungen für die Einhaltung der Ausschlussfrist nach Absatz 5 Satz 3 und des Einsatzes eines elektronisch gestützten Regelwerks; die Richtlinien enthalten insbesondere Vorgaben zu den Kriterien nach Absatz 2 Satz 2 und 3. Die Richtlinien sind dem Bundesministerium für Gesundheit vorzulegen. Es kann sie innerhalb von zwei Monaten beanstanden. Kommen die Richtlinien nicht zu Stande oder werden die Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit nicht innerhalb einer von ihm gesetzten Frist behoben, kann das Bundesministerium für Gesundheit die Richtlinien erlassen.

(7) § 106 Absatz 4 gilt entsprechend.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 16. Dezember 2015 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 24. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 4.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Vergütung für Notfallbehandlungen, die in einer Krankenhausambulanz erbracht worden sind.

2

Die Klägerin ist Trägerin eines im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) gelegenen Krankenhauses, welches eine Notfallambulanz betreibt. Die Abrechnung für Notfallbehandlungen der Klägerin im Quartal 2/2011 berichtigte sie ua um die Leistungen nach Gebührenordnungsposition (GOP) 95606 (Bereitschaftsdienstpauschale Tag-Stunde) und 95607 (Bereitschaftsdienstpauschale Nacht-Stunde). Auf diese Berichtigung für Notfallbehandlungen entfiel ein Betrag in Höhe von insgesamt 9760,28 Euro. Eine entsprechende Berichtigung nahm die Beklagte auch für das Quartal 3/2011 vor und reduzierte das Honorar für durchgeführte Notfallbehandlungen um 9686,41 Euro. Die Widersprüche, die die Klägerin gegen beide Berichtigungsbescheide bezogen auf die Absetzung von Bereitschaftsdienstpauschalen für Notfallbehandlungen einlegte, wies die Beklagte mit zwei Widerspruchsbescheiden zurück.

3

Die dagegen erhobenen Klagen hat das SG nach Verbindung beider Verfahren abgewiesen. Anspruch auf die von den von der beklagten KÄV mit den Landesverbänden der Krankenkassen für den Bezirk der beklagten KÄV vereinbarten Bereitschaftsdienstpauschalen hätten nach dem eindeutigen Wortlaut der Vereinbarung ausschließlich Vertragsärzte, die im Rahmen des von der Beklagten organisierten Notdienstes tätig würden, und damit nicht die Klägerin als Trägerin eines Krankenhauses. Die Vertragspartner seien auch nicht verpflichtet gewesen, Krankenhäuser in den Kreis der von den Bereitschaftsdienstpauschalen Begünstigten aufzunehmen. Der Grundsatz, dass die Notfallleistungen der Krankenhäuser so zu vergüten seien, als ob sie von zugelassenen Vertragsärzten erbracht worden wären, greife hier nicht durch, weil die Vergütungen für die Bereitschaftsdienstpauschale außerhalb der Gesamtvergütung von den Krankenkassen (KK) gezahlt werden. Die Vertragspartner seien grundsätzlich frei, ob und mit welchem Inhalt sie sog Strukturverträge abschlössen. In dem Ausschluss von Krankenhäusern von der Bereitschaftsdienstpauschale liege kein Verstoß gegen Art 3 GG.

4

Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG das Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, über die Honoraransprüche der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Zwar sei die Klägerin als Krankenhaus nach dem Wortlaut der maßgebenden für den Bezirk der beklagten KÄV vereinbarten Regelung von der Abrechnung der Bereitschaftsdienstpauschalen nach GOP 95606 und 95607 ausgeschlossen. Darin liege jedoch eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung. Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs seien die Vorschriften des Vertragsarztrechts über die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen. Notfallleistungen seien mithin grundsätzlich so zu vergüten, als ob sie von zugelassenen Vertragsärzten erbracht worden wären. Der Vergütungsanspruch von Krankenhäusern oder von Nichtvertragsärzten für Notfallbehandlungen dürfe gegenüber dem Vergütungsniveau der Vertragsärzte nur dann reduziert oder im Umfang eingeschränkt werden, wenn dies durch sachliche Gründe gerechtfertigt sei. Auch eine mittelbare Schlechterstellung von Notfallleistungen im Krankenhaus gegenüber vergleichbaren Leistungen von Vertragsärzten durch Regelungen der Honorarverteilung sei nicht zulässig. Die Besonderheit des vorliegenden Falles liege darin, dass die Schlechterstellung der Krankenhäuser im Notdienst im Rahmen von strukturvertraglichen Regelungen stattfinde. Bei den GOP 95606 und 95607 handele es sich nicht um GOP des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) und die Vergütung erfolge insoweit auf rein vertraglicher Grundlage außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung. Bei dem Abschluss und der Ausgestaltung von solchen öffentlich-rechtlichen Verträgen komme den Vertragsparteien ein weiter Ermessens- und Gestaltungsspielraum zu. Gleichwohl unterlägen die öffentlich-rechtlichen Vertragsparteien den durch Art 3 Abs 1 GG gezogenen Grenzen. Sachliche Differenzierungsgründe seien nicht erkennbar.

5

Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision, zu deren Begründung sie geltend macht: Es bestehe keine Verpflichtung, auch die Krankenhäuser in den Kreis der von den Bereitschaftsdienstpauschalen Begünstigten aufzunehmen. Eine Ungleichbehandlung liege bereits mangels vergleichbarer Fallgestaltungen nicht vor. Nach ständiger Rechtsprechung würden die in Notfällen von Nichtvertragsärzten und von Krankenhäusern erbrachten Notfallleistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung durchgeführt und aus der Gesamtvergütung honoriert. Hier gehe es jedoch um auf regionaler Ebene extrabudgetär vereinbarte GOP mit dem Zweck, die regionalen Strukturen und die Qualität der Leistungserbringung im organisierten ärztlichen Bereitschaftsdienst zu fördern. Dieser Förderzweck finde seinen Widerklang in der strukturellen Ausgestaltung der Fördermaßnahme als Stundenpauschale, welche zusätzlich zu der Vergütung der ärztlichen Notfallleistungen nach den Regelungen des EBM-Ä gezahlt werde. Selbst wenn von einer vergleichbaren Fallgestaltung auszugehen wäre, wäre die Ungleichbehandlung im verfassungsrechtlichen Sinne als gerechtfertigt anzusehen. Prüfungsmaßstab sei das Willkürverbot, da die Vertragspartner bezüglich der Ausgestaltung von Fördermaßnahmen einen weiten Gestaltungsspielraum besäßen. Die Förderung der Organisationsstruktur des ärztlichen Notdienstes mittels Bereitschaftsdienstpauschale diene dem legitimen Zweck der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten zu den sprechstundenfreien Zeiten. Die Beklagte erfülle diese Aufgabe durch die bei ihr mitgliedschaftlich organisierten Vertragsärzte, die zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet seien. Dies gelte auch für die Teilnahme am Bereitschaftsdienst. Die zur Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung geschaffene Organisationsstruktur des vertragsärztlichen Notdienstes mit eigenen Vermittlungszentralen, Bereitschaftsdienstgruppen, Obleuten, Bereitschaftspraxen und einer umfassenden Dienstplanung stelle sicher, dass die Versicherten auch zu sprechstundenfreien Zeiten eine ausreichende und umfassende ambulante ärztliche Versorgung erhielten, die im Bedarfsfall sogar Hausbesuche umfasse. Die Gewährleistung einer attraktiven Vergütung für die aktive Teilnahme von Vertragsärzten am Notdienst sei geeignet, die Funktionsfähigkeit dieser komplexen Struktur dauerhaft zu erhalten, indem eine möglichst große Anzahl an Vertragsärzten diesen Dienst persönlich übernehme. Eine funktionierende Organisationsstruktur des Notdienstes könne dazu beitragen, unnötige Notarzteinsätze und Krankenhauseinweisungen zu vermeiden. Die Beschränkung des Kreises der Anspruchsberechtigten der Bereitschaftsdienstpauschalen auf Vertragsärzte erfolge aus nachvollziehbaren Gründen. Die normative Ausgestaltung der Durchführung des ärztlichen Notdienstes im Bezirk der Beklagten obliege der Vertreterversammlung der Beklagten. Diese könne als Normgeberin ausschließlich Regelungen für ihre Mitglieder treffen. Es sei ihr verwehrt, in entsprechender Weise auch Krankenhäuser verpflichtend zum Notdienst einzuteilen und diese in die Organisationsstrukturen des ärztlichen Notdienstes einzubinden. Die Krankenhäuser seien im Gegensatz zu den Vertragsärzten nicht zur Durchführung des ambulanten Notdienstes verpflichtet. Das Vorhalten einer speziellen Ambulanz (ohne Teilnahme am organisierten ambulanten Bereitschaftsdienst) beruhe allein auf organisatorischen Erwägungen des jeweiligen Krankenhausträgers. Zudem hätten die Vertragspartner der Anlage B zum Gesamtvertrag berücksichtigen dürfen, dass im ärztlichen Notdienst - anders als in den Klinikambulanzen - ausschließlich Ärzte mit erfolgreichem Abschluss einer Weiterbildung tätig würden. Auch stelle die Beklagte sicher, dass die zum Notdienst verpflichteten Vertragsärzte die für die Tätigkeit in der vertragsärztlichen Versorgung (und somit auch für die Durchführung des ärztlichen Notdienstes) erforderlichen hinreichenden Kenntnisse erworben hätten und regelmäßig auffrischen würden. Diese für Vertragsärzte maßgebliche Fortbildungsverpflichtung gehe über die allgemeinen berufsrechtlichen Pflicht zur Fortbildung hinaus, da bereits kraft Gesetzes an das Erbringen der erforderlichen Nachweise unmittelbare Konsequenzen geknüpft seien, die bis zum Zulassungsentzug führen könnten. Ferner erhielten die an der Notfallversorgung teilnehmenden Krankenhäuser bereits eine Entschädigung für die Vorhaltekosten der Notfallversorgung im Rahmen der Diagnosis Related Group (DRG)-Vergütung. Dies folge aus § 4 Abs 6 Krankenhaus-Entgeltgesetz (KHEntgG), der bestimme, dass Krankenhäuser, die nicht an der Notfallversorgung teilnehmen, einen Abschlag von 50 Euro für alle vollstationär behandelten Fälle hinnehmen müssten. Dies bedeute im Umkehrschluss, dass Krankenhäuser, die sich an der Notfallversorgung beteiligen, pro vollstationärem Behandlungsfall implizit 50 Euro zusätzlich im Rahmen des DRG-Entgelte-Systems erhielten.

6

Die Beklagte und die Beigeladene zu 1. beantragen,
das Urteil des Bayerischen LSG vom 16.12.2015 aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des SG München vom 24.10.2014 zurückzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Entgegen der Auffassung der Beklagten führten die Unterschiede zwischen der Vergütung ärztlicher Leistungen nach dem EBM-Ä und den hier maßgebenden gesamtvertraglich für den Bezirk einer KÄV vereinbarten GOP nicht dazu, dass die Sachverhalte nicht miteinander verglichen werden könnten. Für einen in einer Krankenhausambulanz behandelten Patienten zahle die Beklagte bei gleicher Leistung eine geringere Vergütung als für die Behandlung durch einen Vertragsarzt. Vertragsärzte und Notfallambulanzen würden ohne sachlichen Grund ungleich behandelt. Die Bereitschaftsdienstpauschalen seien nicht geeignet, den Notdienst zu fördern. Vertragsärzte seien zur Teilnahme am ärztlichen Notdienst ohnehin verpflichtet. Tatsächlich stellten die Krankenhäuser einen Großteil der ambulanten Notfallversorgung sicher. Die Vertragsautonomie der Beklagten und die daraus folgende Möglichkeit zur Vereinbarung regionaler GOP führe nicht dazu, dass sie sich in einem rechtsfreien Raum bewegen könne. Auch die Notwendigkeit von Fortbildungen rechtfertige keine unterschiedliche Behandlung. Die Bevorzugung der Vertragsärzte durch die Möglichkeit zur Abrechnung der GOP 95606 und 95607 werde entgegen der Auffassung der Beklagten nicht durch § 4 Abs 6 KHEntgG kompensiert. Das folge bereits aus dem Umstand, dass § 4 Abs 6 KHEntgG keinen Zuschlag, sondern einen Abschlag regele. Darüber hinaus beziehe sich die Regelung nicht auf die ambulante, sondern auf die stationäre Notfallversorgung. Ein Krankenhaus, das allein an der stationären Notfallversorgung teilnehme, aber keine Notfallambulanz betreibe, erhalte keinen Abschlag. Im Übrigen berücksichtige auch die der DRG-Vergütung zugrunde liegende Kalkulation allein stationäre, nicht jedoch ambulante Leistungen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das LSG hat der Berufung der Klägerin zu Unrecht stattgegeben. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Zwar ist das LSG zutreffend davon ausgegangen, dass die in Bayern getroffene gesamtvertragliche Vereinbarung, nach der allein Vertragsärzte, nicht jedoch Krankenhäuser für die Erbringung ambulanter Notfallleistungen "Bereitschaftsdienstpauschalen" nach den GOP 95606 und 95607 abrechnen können, mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG nicht vereinbar ist. Weil die Partner der Gesamtverträge aber von vornherein nicht berechtigt sind, zusätzliche GOP für Notfallbehandlungen im Krankenhaus zu vereinbaren, und die Klägerin keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht hat, ist die angegriffene sachlich-rechnerische Berichtigung im Ergebnis nicht zu beanstanden.

10

1. Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Berichtigung und Rückforderung ist § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V(idF des Gesetzes zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 ). Danach stellt die KÄV die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots -, erbracht und abgerechnet worden sind.

11

2. Gegenstand der sachlich-rechnerischen Berichtigung, gegen die sich die Klägerin wendet, sind abgerechnete "Bereitschaftsdienstpauschalen" nach den GOP 95606 und 95607. Dabei handelt es sich nicht um GOP aus dem EBM-Ä, sondern um GOP, die von der beklagten KÄV mit für ihren Bezirk zuständigen Landesverbänden der Krankenkassen als Anlagen zu den Gesamtverträgen für den Bezirk der beklagten KÄV vereinbart worden sind. Nach Anlage B I. (2) Nr 2 dieser Vereinbarungen betrug die vereinbarte Bereitschaftsdienstpauschale im hier maßgebenden Zeitraum 4,70 Euro je Stunde in der Zeit zwischen 8 und 20 Uhr (GOP 95606) und 8,33 Euro je Stunde in der Zeit von 20 bis 8 Uhr (GOP 95607). Anspruchsberechtigt sind nach Anlage B I. (2) Nr 1

        

a) Vertragsärzte, die ihre Bereitschaftsdienste im Rahmen des organisierten Ärztlichen Bereitschaftsdienstes der KÄV Bayern in eigener Person durchführen,

        

b) Vertragsärzte, die für andere Vertragsärzte ihrer Bereitschaftsdienstgruppe oder einer Nachbardienstgruppe Bereitschaftsdienste im Rahmen des organisierten Ärztlichen Bereitschaftsdienstes der KÄV Bayern durchführen und

        

c) Vertragsärzte, die in Bereitschaftspraxen der KÄV Bayern und Bereitschaftspraxen in Kooperation mit der KÄV Bayern am organisierten Ärztlichen Bereitschaftsdienst der KÄV Bayern teilnehmen.

12

Die Vertragspartner haben ausdrücklich vereinbart, dass die KÄV Bayern die Richtigkeit der Abrechnung prüft. Die Vergütung erfolgt direkt durch die Krankenkassen und damit nicht aus der Gesamtvergütung.

13

3. Nach dem Wortlaut dieser Vereinbarung hat die Klägerin - was von ihr auch nicht in Zweifel gezogen wird - keinen Anspruch auf Zahlung der Bereitschaftsdienstpauschale. Das folgt bereits aus dem Umstand, dass die genannten gesamtvertraglichen Vereinbarungen den Anspruch auf Vertragsärzte beschränken. Die Klägerin ist keine Vertragsärztin, sondern Trägerin eines Krankenhauses. Darüber hinaus setzt der Anspruch auf die Bereitschaftsdienstpauschale die Teilnahme am organisierten Not- bzw Bereitschaftsdienst (im Folgenden: Notdienst) voraus. Die Klägerin erfüllt auch diese Voraussetzung nicht und konnte diese Voraussetzung nicht erfüllen, weil die beklagte KÄV, die gemäß § 75 Abs 1 Satz 2 SGB V in der hier noch maßgebenden Fassung des 2. GKV-Neuordnungsgesetzes vom 23.6.1997 (BGBl I 1520) die Sicherstellung der Versorgung auch in den sprechstundenfreien Zeiten zu gewährleisten und damit den vertragsärztlichen Notdienst zu organisieren hat, nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, Krankenhäuser mit deren Einverständnis auf der Grundlage von Vereinbarungen nach § 115 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB V in den organisierten Notdienst einzubeziehen. Dazu war die Beklagte in dem hier maßgebenden Zeitraum (Quartale 2 und 3/2011) im Übrigen auch nicht verpflichtet (vgl dagegen die seit den Änderungen durch das Krankenhausstrukturgesetz vom 10.12.2015 geltende Soll-Regelung in § 75 Abs 1b Satz 2 SGB V).

14

4. Die für den Bezirk der beklagten KÄV gesamtvertraglich vereinbarte Regelung zur Bereitschaftsdienstpauschale ist indes unwirksam, weil sie mit höherrangigem Recht unvereinbar ist. Mit der Beschränkung auf am organisierten Notdienst teilnehmende Vertragsärzte verstößt sie gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art 3 Abs 1 GG (nachfolgend a). Darüber hinaus waren die Vertragspartner von vornherein nicht berechtigt, Zuschläge zu der im EBM-Ä geregelten Vergütung für die im organisierten Notdienst bzw in Notfällen erbrachten Leistungen zu regeln (nachfolgend b).

15

a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG schreibt vor, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches dementsprechend unterschiedlich zu behandeln (vgl BVerfG Beschluss vom 15.7.1998 - 1 BvR 1554/89, ua - BVerfGE 98, 365, 385; stRspr). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl BVerfG Beschluss vom 7.11.2006 - 1 BvL 10/02 - BVerfGE 117, 1, 30; BVerfG Beschluss vom 14.10.2008 - 1 BvF 4/05 - BVerfGE 122, 1, 23; BVerfG Beschluss vom 21.7.2010 - 1 BvR 611/07, ua - BVerfGE 126, 400, 416). Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Art 3 Abs 1 GG gebietet nicht nur, dass die Ungleichbehandlung an ein der Art nach sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungskriterium anknüpft, sondern verlangt auch für das Maß der Differenzierung einen inneren Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht erweist (vgl BVerfG Beschluss vom 7.7.2009 - 1 BvR 1164/07 - BVerfGE 124, 199, 220). Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (stRspr des BVerfG, vgl hierzu zB BVerfG Urteil vom 28.1.2003 - 1 BvR 487/01 - BVerfGE 107, 133, 141; BVerfG Beschluss vom 21.6.2011 - 1 BvR 2035/07 - BVerfGE 129, 49, 68 f, jeweils mwN).

16

(1) Nach den dargestellten Maßstäben stehen die in der Anlage B zum Gesamtvertrag I. (2) für den Bezirk der KÄV Bayern vereinbarten Regelung zur Bereitschaftsdienstpauschale nach den GOP 95606 und 95607 nicht mit Art 3 Abs 1 GG im Einklang, weil kein sachlicher Grund dafür vorliegt, Vertragsärzten die Möglichkeit zur Abrechnung einer Bereitschaftsdienstpauschale zu eröffnen, die Notfallambulanzen der Krankenhäuser von der Abrechenbarkeit jedoch generell auszuschließen.

17

Aus der Zuordnung der Notfallleistungen zur vertragsärztlichen Versorgung folgt nach ständiger Rechtsprechung des Senats (BSG Urteil vom 20.12.1995 - 6 RKa 25/95 - SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 37; BSG Urteil vom 24.9.2003 - B 6 KA 51/02 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 2 RdNr 5 f; BSG Urteil vom 17.9.2008 - B 6 KA 46/07 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 18; BSG Urteil vom 10.12.2008 - B 6 KA 37/07 R - BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 14), dass sich die Honorierung dieser Behandlungen nach den Grundsätzen richtet, die für die Leistungen der Vertragsärzte und der zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigten Personen und Institutionen gelten. Die Notfallbehandlungen in den Ambulanzen der Krankenhäuser dürfen also grundsätzlich nicht schlechter honoriert werden als entsprechende Leistungen der Vertragsärzte im organisierten Notdienst (vgl zB BSG Urteil vom 2.7.2014 - B 6 KA 30/13 R - SozR 4-2500 § 76 Nr 2 RdNr 10 f; BSG Beschluss vom 17.7.2013 - B 6 KA 8/13 B - Juris RdNr 10; BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 3/12 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 13, jeweils mwN). Daran hält der Senat fest.

18

Der Vergütungsanspruch der Krankenhäuser oder Nichtvertragsärzte für Notfallbehandlungen darf danach gegenüber dem Vergütungsniveau der Vertragsärzte nur dann reduziert oder im Umfang eingeschränkt werden, wenn dies durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist (BSG Urteil vom 20.12.1995 - 6 RKa 25/95 - SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 37 f; BSG Urteil vom 6.9.2006 - B 6 KA 31/05 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 15; BSG Urteil vom 17.9.2008 - B 6 KA 46/07 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 18, 21). Auch eine mittelbare Schlechterstellung von Notfallleistungen im Krankenhaus gegenüber vergleichbaren Leistungen von Vertragsärzten durch Regelungen der Honorarverteilung hat der Senat in diesem Zusammenhang nicht gebilligt (vgl BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 3/12 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 13 RdNr 28; BSG Urteil vom 31.1.2001 - B 6 KA 33/00 R - SozR 3-2500 § 115 Nr 1 S 4 f; s auch BSG Urteil vom 6.9.2006 - B 6 KA 31/05 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 15 und BSG Urteil vom 17.9.2008 - B 6 KA 46/07 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 18).

19

(2) Der Umstand, dass die Begünstigung von Vertragsärzten gegenüber Krankenhäusern bei der Vergütung von Notfallleistungen nicht im EBM-Ä, sondern zwischen der KÄV und den für ihren Bezirk zuständigen Landesverbänden der Krankenkassen gesondert vereinbart worden ist und dass die vereinbarte besondere Vergütung für Vertragsärzte im Notdienst außerhalb der nach § 87a SGB V zu vereinbarenden morbiditätsbedingten Gesamtvergütung gezahlt wird, ist nicht geeignet, die Ungleichbehandlung zu rechtfertigen. Dem kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass den Vertragspartnern bei Abschluss und Ausgestaltung von Strukturverträgen ein besonders weiter Gestaltungsspielraum zukomme.

20

Die durch Art 3 Abs 1 GG gesetzten Grenzen gelten auch für die Ausformung von Strukturverträgen (vgl BSG Beschluss vom 22.6.2005 - B 6 KA 20/05 B - Juris RdNr 11), denn der allgemeine Gleichheitssatz gilt nicht nur für ungleiche Belastungen, sondern ebenso für ungleiche Begünstigungen (vgl BVerfG Beschluss vom 11.10.1988 - 1 BvR 777/85, ua - BVerfGE 79, 1, 17; BVerfG vom 21.7.2010 - 1 BvR 611/07 - BVerfGE 126, 400, 416, mwN). Richtig ist, dass Vergütungszuschläge, die im Rahmen von Strukturverträgen vereinbart werden, gerade durch die mit dem Strukturvertrag angestrebten Ziele gerechtfertigt sein können. Dementsprechend hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 22.6.2005 (B 6 KA 20/05 B - Juris RdNr 10) ausgeführt, dass der Ermessens- und Gestaltungsspielraum im Rahmen des § 73a SGB V aF größer sei, als bei der Schaffung und Ausgestaltung des EBM-Ä. Aber auch innerhalb des EBM-Ä darf bei der Ausgestaltung der Vergütungstatbestände steuernd auf das Leistungsverhalten von Ärzten eingewirkt werden, soweit dabei legitime Regelungszwecke wie die Sicherstellung der Versorgung verfolgt werden (zu einer Strukturpauschale für allein konservativ behandelnde, nicht operierende Augenärzte vgl BSG Urteil vom 28.10.2015 - B 6 KA 42/14 R - SozR 4-5531 Nr 06225 Nr 1 RdNr 25; vgl auch BSG Urteil vom 25.1.2017 - B 6 KA 2/16 R - Juris RdNr 40).

21

Auf die gerade bei der Ausgestaltung von Strukturverträgen bestehenden Gestaltungsspielräume kann sich die Beklagte zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung zwischen Vertragsärzten und Krankenhäusern bei der Vergütung von Notfallleistungen hier jedoch bereits deshalb nicht mit Erfolg berufen, weil die Bereitschaftsdienstpauschale nicht im Rahmen eines Strukturvertrages vereinbart worden ist. Rechtliche Grundlage für den Abschluss von Strukturverträgen war in dem hier noch maßgebenden Zeitraum § 73a Abs 1 Satz 1 SGB V (vor dessen Aufhebung durch das KHSG, im Folgenden: aF). Nach dieser Vorschrift konnten Regelungen in Gesamtverträgen getroffen werden, mit denen Versorgungs- und Vergütungsstrukturen vereinbart werden, die dem vom Versicherten gewählten Hausarzt oder einem von ihm gewählten Verbund haus- und fachärztlich tätiger Vertragsärzte (vernetzte Praxen) Verantwortung für die Gewährleistung der Qualität und Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung sowie der ärztlich verordneten oder veranlassten Leistungen insgesamt oder für inhaltlich definierte Teilbereiche dieser Leistungen übertragen. Zentrales Element dieser Strukturverträge ist danach die Möglichkeit zur Vereinbarung neuer Versorgungs- und Vergütungsstrukturen insbesondere in Form einer Vernetzung von Haus- und Fachärzten oder von Verfahren der Arztwahlsteuerung zB über Hausarztmodelle (vgl Schirmer, VSSR 1998, 279; Orlowski, BKK 1997, 240, 241; zu Integrationsverträgen nach § 140a SGB V aF vgl BSG Urteil vom 6.2.2008 - B 6 KA 27/07 R - BSGE 100, 52 = SozR 4-2500 § 140d Nr 1 mwN).

22

Die den Strukturvertrag danach kennzeichnenden Elemente fehlen in der Vereinbarung zur Bereitschaftsdienstpauschale (Anlage B zum Gesamtvertrag I. <2>) vollständig. Die Vereinbarung beschränkt sich auf die Regelung einer zusätzlichen zeitbezogenen Vergütung, die allein Vertragsärzten im Notdienst vorbehalten bleibt und die damit insbesondere Krankenhäuser, die Notfallleistungen erbringen, ausschließt. Eine Verknüpfung des Vergütungsanspruchs mit Vorgaben zu Inhalt, Struktur oder Qualität der erbrachten Leistung enthält die Vereinbarung nicht.

23

(3) Die Beklagte kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass der Ausschluss der Krankenhäuser, die nicht am organisierten Notdienst teilnehmen, durch das legitime Ziel der Förderung der Organisationsstruktur des ärztlichen Notdienstes gerechtfertigt werde. Zwar obliegt der Sicherstellungsauftrag der KÄV. Notfallbehandlungen in Krankenhäusern zu den sprechstundenfreien Zeiten sind deshalb aber ordnungspolitisch nicht unerwünscht (BSG Urteil vom 17.9.2008 - B 6 KA 46/07 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 21). Vielmehr leisten Notfallambulanzen der Krankenhäuser einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung; in diesen Zeiten ist ihr Versorgungsangebot nicht in dem Sinne subsidiär, dass die Versicherten in Notfällen die Krankenhausambulanzen nur aufsuchen dürften, wenn sie Einrichtungen des organisierten vertragsärztlichen Notdienstes nicht in zumutbarer Zeit erreichen können (BSG Urteil vom 2.7.2014 - B 6 KA 30/13 R - SozR 4-2500 § 76 Nr 2 RdNr 10).

24

(4) Eine geringere Vergütung für Notfallleistungen von Krankenhäusern gegenüber Vertragsärzten kann auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass die Organisation des Notdienstes Kosten verursache, die in Krankenhäusern nicht anfielen. Zur Erfüllung ihrer kontinuierlich anfallenden Aufgaben bei der Versorgung ambulanter Notfallpatienten entstehen auch den Krankenhäusern Kosten. Insofern unterscheidet sich deren Situation nicht von derjenigen des organisierten vertragsärztlichen Notdienstes (BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 3/12 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 13 RdNr 40; BSG Urteil vom 6.9.2006 - B 6 KA 31/05 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 19; vgl auch BSG Urteil vom 25.1.2017 - B 6 KA 2/16 R - Juris RdNr 36 - zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Der Gesichtspunkt, dass nur die Vertragsärzte die Kosten für Organisation und Durchführung des vertragsärztlichen Notfalldienstes zu tragen haben, vermag eine privilegierte Vergütung von deren Notfallleistungen nicht zu rechtfertigen (stRspr, BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 3/12 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 13 RdNr 40; BSG Urteil vom 6.9.2006 - B 6 KA 31/05 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 18; bekräftigt durch BSG Urteil vom 17.9.2008 - B 6 KA 46/07 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 20; anders noch BSG Urteil vom 18.10.1995 - 6 RKa 59/94 - USK 95125, mwN).

25

(5) Etwas Anderes folgt entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht aus dem Umstand, dass die Vertragsparteien auf Bundesebene nach § 9 KHEntgG (Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der Privaten Krankenversicherung gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft) nach § 4 Abs 6 KHEntgG für die Nichtteilnahme von Krankenhäusern an der Notfallversorgung einen Abschlag von der Vergütung für die allgemeinen Krankenhausleistungen vereinbaren, der - solange nichts anderes vereinbart oder durch Rechtsverordnung festgelegt worden ist - 50 Euro je vollstationärem Fall beträgt.

26

Es ist zutreffend, dass der Senat im Hinblick auf § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V (vor dessen Streichung durch das KHSG, im Folgenden: aF) in einem Abschlag von 10 % für die Vergütung in Notfallambulanzen von Krankenhäusern keinen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG gesehen hat. § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V aF bestimmte, dass die Vergütung für die nach § 120 Abs 1 SGB V (im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen Leistungen) bei öffentlich geförderten Krankenhäusern um einen Investitionskostenabschlag von 10 % zu kürzen ist. Daraus hat der Senat den allgemeinen Rechtsgedanken abgeleitet, dass es im Hinblick auf die unterschiedliche Kostensituation in öffentlich-geförderten Krankenhäusern einerseits und in Praxen niedergelassener Vertragsärzte andererseits generell gerechtfertigt sei, die Vergütungen für die im Krankenhaus als Institutsleistung - nicht als Leistung von persönlich ermächtigten Ärzten - erbrachten Notfallbehandlungen um 10 % gegenüber den Sätzen der vertragsärztlichen Vergütung zu reduzieren (BSG Urteil vom 19.8.1992 - 6 RKa 6/91 - BSGE 71, 117 = SozR 3-2500 § 120 Nr 2; BSG Urteil vom 12.10.1994 - 6 RKa 31/93 - BSGE 75, 184, 186 = SozR 3-2500 § 120 Nr 4 S 24; BSG Urteil vom 20.12.1995 - 6 RKa 25/95 - SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 37; BSG Urteil vom 13.5.1998 - B 6 KA 41/97 R - SozR 3-2500 § 120 Nr 8 S 42; BSG Urteil vom 31.1.2001 - B 6 KA 33/00 R - SozR 3-2500 § 115 Nr 1 S 4; BSG Urteil vom 13.3.2002 - B 6 KA 4/01 R - SozR 3-2500 § 120 Nr 12 S 54; vgl zuletzt BSG Urteil vom 25.1.2017 - B 6 KA 2/16 R - Juris RdNr 38 zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen).

27

Auf den Abschlag nach § 4 Abs 6 KHEntgG iVm § 17b Abs 1a Nr 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) kann die zu § 120 Abs 1 SGB V ergangene Rechtsprechung indes nicht übertragen werden. Dieser Abschlag für die Notfallversorgung nach § 17b Abs 1a Nr 1 KHG weist im Gegensatz zu § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V aF keinen Bezug zur ambulanten Behandlung durch das Krankenhaus auf, sondern wird je vollstationärem Fall berechnet. Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass es für den Abschlag in Höhe von 50 Euro nach § 2 Abs 1 der von den Selbstverwaltungspartnern auf Bundesebene geschlossenen Vereinbarung über Regelungen für Zu- und Abschläge gemäß § 17b Abs 1 Satz 4 KHG vom 15.12.2000 allein auf die Teilnahme des Krankenhauses an der stationären Notfallversorgung und nicht auf die Teilnahme an der ambulanten Notfallversorgung ankommt. Es kann davon ausgegangen werden, dass ein Krankenhaus, welches nicht an der stationären Notfallversorgung teilnimmt, im Durchschnitt geringere Kosten zur Erbringung seiner Fallpauschalenleistungen hat, weil die stationäre Behandlung von Notfallpatienten zu höheren Kosten führt. Dieser Umstand ist geeignet den Abschlag nach § 4 Abs 6 KHEntgG zu rechtfertigen(vgl Gamperl in Dietz/Bofinger, KHG, BPflV und Folgerecht, Stand 8/2016, § 4 KHEntgG S 63). Ein Bezug zur Behandlung von Patienten, die sich in die Notfallambulanz eines Krankenhauses begeben und für die eine Vergütung in Form einer Fallpauschale nicht erfolgt, kann dagegen nicht hergestellt werden. Für die Annahme der Beklagten, dass der abschlagslose Erhalt der Fallpauschale, die für die stationäre Behandlung gezahlt wird, eine Subventionierung der Krankenhäuser beinhalten würde, die sich auf ambulante Notfallbehandlungen bezöge, gibt es unter diesen Umständen keine Grundlage.

28

Im Übrigen hat der Gesetzgeber den Investitionskostenabschlag in Höhe von 10 % nach § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V aF mit dem Ziel gestrichen, dass auch für Notfallbehandlungen im Krankenhaus kein Investitionskostenabschlag mehr vorzunehmen ist. Dies sollte zu einer "sofort finanzwirksamen Stärkung der Krankenhausambulanzen" führen (vgl die Begründung zur Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses zum Entwurf eines KHSG, BT-Drucks 18/6586 S 108, zu Art 6 Nr 13 Buchst b). Diese Zielsetzung würde jedenfalls für die Zeit ab dem Inkrafttreten dieser Änderung zum 1.1.2016 unterlaufen, wenn eine Reduzierung der Notdienstvergütung nun erstmals unter Hinweis auf die bereits mit dem Zweiten Fallpauschalenänderungsgesetz vom 15.12.2004 (BGBl I 3429) als § 4 Abs 5 Satz 2 KHEntgG eingeführte Regelung zum 50-Euro-Abschlag begründet werden könnte(zur Frage der Umgehung der mit der Streichung von § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V durch das KHSG verfolgten Ziele vgl auch BSG Urteil vom 25.1.2017 - B 6 KA 2/16 R - Juris RdNr 39 - zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen).

29

(6) Auch zu dem von der Beklagten vorgebrachten Argument, dass mit der höheren Vergütung von Notfallbehandlungen im organisierten Notdienst ein Anreiz für die Teilnahme niedergelassener Ärzte am organisierten Notdienst gesetzt werden solle, hat der Senat bereits in einer Reihe von Entscheidungen Stellung genommen und im Einzelnen dargelegt, dass es sich dabei nicht um einen sachlichen Grund für eine Privilegierung handelt (BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 3/12 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 13 RdNr 41; BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 4/12 R - Juris RdNr 41; BSG Urteil vom 6.9.2006 - B 6 KA 31/05 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 20; BSG Urteil vom 17.9.2008 - B 6 KA 46/07 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 20; vgl auch BSG Urteil vom 25.1.2017 - B 6 KA 2/16 R - Juris RdNr 40 - zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Da die niedergelassenen Vertragsärzte sowohl nach Berufsrecht als auch vertragsarztrechtlich verpflichtet sind, Notdienst zu leisten, ist bereits nicht ersichtlich, aus welchen Gründen ein Vergütungsanreiz erforderlich sein soll, zumal auch die Krankenhäuser im Rahmen ihres Versorgungsauftrags zur Durchführung von Notfallbehandlungen verpflichtet sein können (vgl BSG Urteil vom 6.9.2006 - B 6 KA 31/05 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 19). Außerdem umfasst das Recht der Versicherten zur freien Arztwahl nach § 76 Abs 1 Satz 2 SGB V ausdrücklich die Möglichkeit zur Inanspruchnahme von Krankenhäusern in Notfällen.

30

(7) Der Senat übersieht bei Allem nicht, dass es sinnvoll ist, den steigenden Patientenzahlen in den Notfallambulanzen von Krankenhäusern entgegenzuwirken, gerade soweit diese Steigerung auf die Inanspruchnahme durch Patienten zurückzuführen ist, die keiner Notfallbehandlung bedürfen oder die - innerhalb der Sprechstundenzeiten - auch einen Vertragsarzt aufsuchen könnten (vgl dazu: AQUA-Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH, Ambulante Notfallversorgung, Analyse und Handlungsempfehlungen, September 2016). Damit übereinstimmend hat der Senat Regelungen im EBM-Ä nicht beanstandet, die die Krankenhäuser von der Vergütung für Leistungen ausschließen, die von Vertragsärzten nur außerhalb des organisierten Notdienstes abgerechnet werden können (zu den sog Unzeitzuschlägen für besondere Leistungen eines Vertragsarztes, der seine Patienten außerhalb einer Inanspruchnahme im organisierten Notfalldienst, aber gleichwohl außerhalb seiner regulären Sprechstundenzeiten behandelt, vgl BSG Urteil vom 2.7.2014 - B 6 KA 30/13 R - SozR 4-2500 § 76 Nr 2 RdNr 12). Ferner hat der Senat gebilligt, dass für Notfallbehandlungen in Krankenhäusern, die innerhalb der üblichen Sprechstundenzeiten durchgeführt werden, ein geringerer Punktwert zugrunde gelegt wird, als bei der Behandlung durch Vertragsärzte (BSG Beschluss vom 17.7.2013 - B 6 KA 8/13 B - Juris RdNr 10).

31

Die von der Beklagten gezahlte Bereitschaftsdienstpauschale ist indes strukturell nicht geeignet, einen Beitrag dazu zu leisten, dass in Krankenhausambulanzen möglichst ausschließlich Notfälle außerhalb der üblichen Sprechstunden behandelt werden, weil sie Krankenhäuser generell und damit auch dann von dieser Begünstigung ausschließt, wenn die Behandlung eines Notfalles dort außerhalb der üblichen Sprechstundenzeiten durchgeführt wird. Als Gründe für die häufige Inanspruchnahme von Krankenhausambulanzen anstelle des von der KÄV organisierten Notdienstes werden ua eine nicht ausreichende Information der Patienten und ein aus Sicht der Patienten teilweise unbefriedigendes Angebot im vertragsärztlichen Notdienst mit wechselnden Öffnungszeiten von Notdienstpraxen diskutiert, die die gesamte Spanne der sprechstundenfreien Zeit in einer Region oftmals nicht abbilden, und eine fehlende Koordination der Angebote von vertragsärztlichem Notdienst einerseits und den Notfallambulanzen der Krankenhäuser auf der anderen Seite (vgl AQUA-Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH, Ambulante Notfallversorgung, Analyse und Handlungsempfehlungen, September 2016, S 16 f). Die Klägerin hat diese Problematik mit Hinweis auf die Öffnungszeiten der von der Beklagten am Standort des klagenden Krankenhauses eingerichteten ärztlichen Bereitschaftspraxis nachvollziehbar angesprochen. Nach den auch im Internet (https://www.hof.de/hof/hof_deu/leben/sprechzeiten.html) abrufbaren Angaben ist die in den organisierten Notdienst eingebundene Bereitschaftspraxis im Klinikum montags, dienstags und donnerstags geschlossen, mittwochs, freitags und am Tag vor Feiertagen von 19 bis 21 Uhr und an Samstagen, Sonntagen und an Feiertagen von 9 bis 13 Uhr und von 16 bis 21 Uhr geöffnet. Damit werden die sprechstundenfreien Zeiten jedenfalls an diesem Standort durch den von der Beklagten organisierten Notdienst bei weitem nicht abgedeckt. Zudem liegt nahe, dass Versicherte sporadische Öffnungszeiten von Bereitschaftspraxen in Notfällen nicht im Blick haben werden, um ggf zB nach 21 Uhr eine andere Bereitschaftsdienstpraxis mit möglicherweise abweichenden Öffnungszeiten aufzusuchen, sondern dass sie stattdessen die Notfallambulanz des Klinikums in Anspruch nehmen werden. Mit dem Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz - GKV-VSG) vom 16.7.2015 (BGBl I 1211) und dem KHSG vom 10.12.2015 (BGBl I 2229) hat der Gesetzgeber auf diese Problematik reagiert und in § 75 Abs 1b SGB V geregelt, dass die KÄVen den Notdienst auch durch Kooperation und eine organisatorische Verknüpfung mit zugelassenen Krankenhäusern sicherstellen sollen. Hierzu sollen sie entweder Notdienstpraxen in oder an Krankenhäusern einrichten oder Notfallambulanzen der Krankenhäuser unmittelbar in den Notdienst einbinden.

32

Der Senat stellt vor diesem Hintergrund klar, dass es grundsätzlich nicht zu beanstanden ist, wenn über die Vergütung Anreize für Krankenhäuser mit dem Ziel der Einbeziehung in die Strukturen des organisierten Notdienstes gesetzt werden. Krankenhäuser, die von den ihnen damit eröffneten Möglichkeiten keinen Gebrauch machen, werden deshalb einen Anspruch auf gleiche Vergütung wie die am organisierten Notdienst teilnehmenden Ärzte und in den Notdienst eingebundenen Krankenhäuser im Regelfall nicht mit Erfolg aus dem Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG ableiten können. Indes sind jedenfalls in dem hier noch maßgebenden Zeitraum im Bezirk der beklagten KÄV Krankenhäuser nicht in die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung außerhalb der Sprechstunden einbezogen worden. Ob die Angabe der Beklagten, nach der eine Einbeziehung der Klägerin in den organisierten Notdienst auf der Grundlage der hier noch maßgebenden Rechtslage vor der Änderung des § 75 SGB V durch das GKV-VSG noch nicht möglich gewesen sei, im Hinblick auf § 115 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB V in der seit dem 1.1.1989 geltenden Fassung (Verträge zur Zusammenarbeit bei der Gestaltung und Durchführung eines ständig einsatzbereiten Notdienstes) zutrifft, kann dahingestellt bleiben. Ausschlaggebend ist, dass die Beklagte im Jahr 2011 den Notdienst ohne eine Einbeziehung der Krankenhäuser organisiert hat, dass die Krankenhäuser aber faktisch auch im Bezirk der Beklagten einen wichtigen Beitrag zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung außerhalb der Sprechstunden geleistet haben. Unter diesen Umständen gibt es keine sachliche Rechtfertigung für eine zusätzliche Vergütung allein der am Notdienst teilnehmenden Vertragsärzte in Form einer Bereitschaftsdienstpauschale, von deren Inanspruchnahme Krankenhäuser generell ausgeschlossen werden.

33

(8) Eine höhere Vergütung der im organisierten Notdienst eingesetzten Vertragsärzte kann entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass diese im Gegensatz zu den in einer Krankenhausambulanz eingesetzten Ärzten regelmäßig die fachärztliche Weiterbildung erfolgreich abgeschlossen hätten und dass über die Bereitschaftsdienstpauschale die Qualität der Notfallversorgung gefördert würde. Dagegen spricht bereits der Umstand, dass der Anspruch auf die Bereitschaftsdienstpauschale nach Anlage B zum Gesamtvertrag I. (2) zum Gesamtvertrag nicht davon abhängig gemacht wird, ob der behandelnde Arzt eine Weiterbildung zum Facharzt erfolgreich abgeschlossen hat. Vielmehr sind Krankenhäuser von der Abrechnung der Pauschale auch dann ausgeschlossen, wenn dort ein Arzt mit abgeschlossener fachärztlicher Weiterbildung tätig wird.

34

Zudem kann ein Zusammenhang zwischen dem Abschluss einer fachärztlichen Weiterbildung und der Qualität der Notfallversorgung nicht ohne Weiteres hergestellt werden, solange nicht nach der Art der Weiterbildung differenziert wird. Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass im Grundsatz alle Vertragsärzte zur Teilnahme am Notdienst verpflichtet sind, und er billigt den KÄVen in ständiger Rechtsprechung einen weiten Gestaltungsspielraum bei der Ausgestaltung des Notdienstes zu. So hat der Senat grundsätzlich nicht beanstandet, dass die KÄV einen ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Arzt zum Notdienst heranzieht, der zuvor seit mehr als 10 Jahren vom Notdienst befreit war. Voraussetzung ist lediglich, dass der Arzt durch Fortbildungsmaßnahmen die für den Notdienst erforderlichen Grundkenntnisse (wieder-) erlangt hat (BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 6 KA 41/14 R - BSGE 119, 248 = SozR 4-2500 § 75 Nr 15, RdNr 26; vgl auch zur Heranziehung eines Hautarztes: BSG Urteil vom 6.9.2006 - B 6 KA 43/05 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 5). Der Senat hat dabei nicht übersehen, dass der Einsatz von Vertragsärzten, die - nach langjähriger praktischer Tätigkeit in Spezialgebieten wie der Psychotherapie - nur noch über Grundkenntnisse auf den im Notdienst im Vordergrund stehenden Gebieten (Innere Medizin, Allgemeinmedizin, ua) verfügen, unter dem Gesichtspunkt der Qualitätssicherung problematisch sein kann. Er hat dies aber mit Blick auf den Gestaltungsspielraum der KÄVen bei der Sicherstellung des Notdienstes und in der Annahme akzeptiert, dass die KÄVen bei der praktischen Umsetzung ihrer Verantwortung zur Sicherstellung gerecht werden. Dem Begehren einer KÄV, auch einen Arzt zum Einsatz im Notdienst zu verpflichten, der aufgrund seiner Spezialisierung bei gleichzeitig fehlender Auffrischung und Aktualisierung von Kenntnissen aus Studium und Weiterbildung noch nicht einmal mehr über die dafür erforderlichen Grundkenntnisse verfügt, hat der Senat daher nicht entsprochen (BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 6 KA 41/14 R - BSGE 119, 248 = SozR 4-2500 § 75 Nr 15, RdNr 22). Für eine Vermutung, dass die in der ambulanten Versorgung eingesetzten Vertragsärzte gerade bezogen auf den Einsatz im Notdienst regelhaft über eine höhere Qualifikation verfügen als die in Krankenhausambulanzen eingesetzten Ärzte, gibt es unter diesen Umständen aber jedenfalls keine Grundlage.

35

Auch die Geltung der Fortbildungspflicht nach § 95d SGB V für Vertragsärzte und die ua in Medizinischen Versorgungszentren sowie bei Vertragsärzten angestellten Ärzte, nicht aber für Krankenhausärzte, lässt nicht den Schluss auf eine höhere Qualifikation von Vertragsärzten für den Notdienst zu. Dem steht bereits entgegen, dass sich die Fortbildungspflicht nach § 95d SGB V nicht spezifisch auf die im Notdienst erforderliche Qualifikation bezieht und dass der Anspruch auf die Bereitschaftsdienstpauschale nach dem Inhalt der gesamtvertraglichen Regelung auch nicht davon abhängt, ob der Arzt seine Fortbildungspflicht erfüllt hat. Ferner ist zu berücksichtigen, dass nach § 136b Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V und den dazu ergangenen Regelungen des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) zur Fortbildung im Krankenhaus(idF vom 18.10.2012 - BAnz AT 7.11.2012 B1; hier noch maßgebend: Fassung vom 19.3.2009 - BAnz AT 28.4.2009 S 1540) auch Krankenhäuser Nachweise über die Fortbildung der dort tätigen Ärzte vorzulegen haben. Zwar enthalten diese Regelungen keine § 95d Abs 3 SGB V entsprechenden Sanktionen. Vielmehr muss die Fortbildungspflicht letztlich durch das Krankenhaus als Arbeitgeber gegenüber dem dort angestellten Arzt durchgesetzt werden. Die erforderliche Motivation der Krankenhäuser wird aber immerhin dadurch gefördert, dass die Umsetzung der Fortbildungspflicht für Krankenhausärzte nach § 5 der og Regelungen des GBA im strukturierten Qualitätsbericht der Krankenhäuser darzustellen ist. Die meisten der bei der Klägerin beschäftigten Ärzte erfüllen ihre Fortbildungspflicht. Nach dem im Internet abrufbaren Qualitätsbericht der Klägerin galt das zB im Jahr 2012 für 29 von 38 der dort tätigen, der Fortbildungspflicht unterliegenden Fachärzte (im Jahr 2015 bereits für 54 von 59).

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b) Die getroffenen Regelungen zur Bereitschaftsdienstpauschale nach Anlage B zum Gesamtvertrag I. (2) sind jedoch nicht allein wegen eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art 3 Abs 1 GG rechtswidrig. Vielmehr stehen die für den Bezirk der beklagten KÄV vereinbarten Regelungen zur Bereitschaftsdienstpauschale auch im Widerspruch zu vorrangigen bundesrechtlichen Bestimmungen.

37

(1) Die in Notfällen von Nichtvertragsärzten und Krankenhäusern erbrachten Notfallleistungen werden nach ständiger Rechtsprechung (vgl ua BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 3/12 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 13 RdNr 27; BSG Urteil vom 20.12.1995 - 6 RKa 25/95 - SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 37; BSG Urteil vom 24.9.2003 - B 6 KA 51/02 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 2 RdNr 5 f; BSG Urteil vom 10.12.2008 - B 6 KA 37/07 R - BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 14) im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung durchgeführt. Die Vergütung der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen wird nach § 82 Abs 2 Satz 1 SGB V von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen mit den KÄVen durch Gesamtverträge geregelt. Regelungen, die den Gestaltungsspielraum der Gesamtvertragspartner ausdrücklich beschränken, enthält § 82 Abs 2 SGB V nicht. Für die Zeit seit dem 11.4.2017 schließt § 83 Satz 4 SGB V idF des Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetzes vom 4.4.2017 (BGBl I 778) kassenindividuelle und kassenartenspezifische Vereinbarungen über zusätzliche Vergütungen für Diagnosen als Gegenstand der Gesamtverträge aus. Den Ausschluss einer zusätzlichen Vergütung für Notdienstleistungen sehen §§ 82, 83 SGB V jedoch auch weiterhin nicht vor.

38

Indes wird der Gestaltungsspielraum der Gesamtvertragspartner nicht allein durch die §§ 82, 83 SGB V festgelegt, sondern durch weitere vorrangige bundesrechtliche Vorgaben begrenzt: Der Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander wird nach § 87 Abs 2 Satz 1 SGB V im EBM-Ä bestimmt. Die Spielräume, die den Gesamtvertragspartnern in diesem Zusammenhang zukommen, sind in § 87a SGB V geregelt worden. Über diese Vorgaben können sich die Partner der Gesamtverträge nicht unter Bezugnahme auf ihre allgemeine Kompetenz zur Regelung der Vergütung in Gesamtverträgen hinwegsetzen.

39

(2) Nach § 87 Abs 1 SGB V wird der einheitliche Bewertungsmaßstab als Bestandteil der Bundesmantelverträge vereinbart, die wiederum nach § 82 Abs 1 Satz 2 SGB V Bestandteil der Gesamtverträge sind. Der EBM-Ä ist damit in seiner Rechtsqualität gegenüber den regionalen Gesamtverträgen vorrangig (BSG Urteil vom 8.3.2000 - B 6 KA 7/99 R - BSGE 86, 16, 25 = SozR 3-2500 § 87 Nr 23 S 124; zum Vorrang gegenüber regionalen Honorarverteilungsmaßstäben vgl BSG Urteil vom 9.12.2004 - B 6 KA 44/03 R - BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 51; BSG Urteil vom 3.2.2010 - B 6 KA 31/08 R - BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 24 und BSG Urteil vom 18.8.2010 - B 6 KA 27/09 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 19). Gesamtvertragliche Regelungen, die gegen Vorgaben aus den Bundesmantelverträgen verstoßen, sind nichtig (vgl BSG Urteil vom 5.5.1988 - 6 RKa 27/87 - BSGE 63, 163 = SozR 2200 § 368p Nr 2 - Juris RdNr 16). Daraus folgt, dass die Partner der Gesamtverträge grundsätzlich an die Vorgaben aus dem EBM-Ä gebunden sind und dass das dort "wertmäßig in Punkten ausgedrückte Verhältnis" der Leistungen nicht beliebig durch regionale Regelungen verändert werden darf.

40

Welche Spielräume den Gesamtvertragspartnern bezogen auf die im EBM-Ä geregelten Vergütungstatbestände im Einzelnen zukommen, wird für die Zeit ab dem 1.1.2009 in § 87a Abs 2 Satz 2 bis 5 SGB V in der hier noch maßgebenden Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26.3.2007 (BGBl I 378) bestimmt. Danach können die Gesamtvertragspartner einen Zuschlag auf oder einen Abschlag von den Orientierungswerten gemäß § 87 Abs 2e Satz 1 Nr 1 bis 3 SGB V vereinbaren, um insbesondere regionale Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur zu berücksichtigen. Dabei sind zwingend die Vorgaben des Bewertungsausschusses gemäß § 87 Abs 2f SGB V anzuwenden. Der Zuschlag oder der Abschlag darf nicht nach Arztgruppen und nach Kassenarten differenziert werden und ist einheitlich auf alle Orientierungswerte gemäß § 87 Abs 2e Satz 1 Nr 1 bis 3 SGB V anzuwenden. Bei der Festlegung des Zu- oder Abschlags ist zu gewährleisten, dass die medizinisch notwendige Versorgung der Versicherten sichergestellt ist. Die vereinbarten Zuschläge auf den oder Abschläge vom Orientierungswert fließen in die nach § 87a Abs 2 Satz 6 SGB V zu erstellende regionale Euro-Gebührenordnung ein. Die regionale Euro-Gebührenordnung hat im Übrigen Bedeutung nicht nur für die Leistungen, die innerhalb der vereinbarten Gesamtvergütung vergütet werden, sondern auch darüber hinaus. § 87a Abs 3 Satz 5 SGB V legt ausdrücklich fest, dass neben den vertragsärztlichen Leistungen bei der Substitutionsbehandlung der Drogenabhängigkeit unter näher geregelten Voraussetzungen für weitere Leistungen eine Vergütung außerhalb der Gesamtvergütung mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung vereinbart werden kann.

41

(3) Diese differenzierten gesetzlichen Vorgaben wären ohne praktische Bedeutung, wenn die regionalen Vertragspartner die im EBM-Ä geregelten Vergütungstatbestände ohne Weiteres modifizieren könnten. Deshalb geht der Senat davon aus, dass der Gestaltungsspielraum der regionalen Vertragspartner jedenfalls bezogen auf die im EBM-Ä enthaltenen Vergütungstatbestände, durch die og Bestimmungen in § 87a SGB V begrenzt wird. Damit ist es ausgeschlossen, dass die Gesamtvertragspartner außerhalb von Modellvorhaben (§§ 63 ff SGB V), Strukturverträgen (§ 73a SGB V aF) oder von Verträgen zur selektivvertraglichen Versorgung (§ 73b SGB V, § 73c SGB V aF, § 140a SGB V), allein auf der Grundlage der §§ 82, 83 SGB V frei und ohne nähere Vorgaben, Zuschläge zu den bereits im EBM-Ä definierten Vergütungstatbeständen vereinbaren. Regionale Zuschläge zu den im Notdienst erbrachten Leistungen könnten hier deshalb nur unter den Voraussetzungen des § 87a Abs 2 Satz 2 SGB V aF in der Form von Zuschlägen auf den Orientierungswert vereinbart werden. Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Vergütung der in Notfällen erbrachten Leistungen und deren Bewertung ist unter Abschnitt 1.2 ("Gebührenordnungspositionen für die Versorgung im Notfall und im organisierten ärztlichen Not<-fall>dienst") im II. Bereich des EBM-Ä im Einzelnen geregelt. Bezogen auf die Bewertung von Notfallleistungen sind diese Regelungen abschließend. Soweit der Senat in seiner Entscheidung vom 20.12.1995 (6 RKa 25/95 - SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 37 f) - ohne dass es darauf im Ergebnis ankam - davon ausgegangen ist, dass die Bewertung von Leistungen zur Notfallbehandlung im EBM-Ä im Grundsatz auch durch die Gesamtvertragspartner modifiziert werden könne, so kann diese Rechtsprechung jedenfalls auf die hier maßgebende Rechtslage seit Inkrafttreten der Änderungen durch das GKV-WSG nicht übertragen werden. Eine § 87a SGB V entsprechende Regelung, die den Gestaltungsspielraum der Gesamtvertragspartner bezogen auf die im EBM-Ä enthaltenen Leistungen näher bestimmt, hat zum Zeitpunkt dieser Entscheidung - vor mehr als 20 Jahren - noch nicht bestanden.

42

(4) Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die fehlende Kompetenz der Gesamtvertragspartner gerade für die Vereinbarung von Vergütungstatbeständen zu Notfallleistungen iS des § 76 Abs 1 Satz 2 SGB V für die Zeit seit dem 1.1.2016 durch § 115 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB V idF des KHSG bestätigt wird. Danach kann sich die in dreiseitigen Verträgen geregelte Zusammenarbeit zwischen Vertragsärzten und zugelassenen Krankenhäusern auch auf die Gestaltung und Durchführung eines ständig einsatzbereiten Notdienstes beziehen. Darüber hinaus können auf Grundlage des EBM-Ä ergänzende Regelungen zur Vergütung vereinbart werden (zur Rechtslage vor der Änderung durch das KHSG vgl dagegen BSG Urteil vom 20.12.1995 - 6 RKa 25/95 - SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 37). Für ergänzende Regelungen zur Vergütung von Notdienstleistungen ist danach der Abschluss dreiseitiger Vereinbarungen vorgesehen. Ab dem 1.1.2016 würde auch diese gesetzliche Vorgabe umgangen, wenn entsprechende Vereinbarungen, die die Krankenhäuser mit Angeboten im Bereich der ambulanten Notfallversorgung jedenfalls mittelbar betreffen, durch die Gesamtvertragspartner unter Ausschluss von Vertretern der Krankenhäuser getroffen werden könnten.

43

(5) Das Ziel, Vertreter der Krankenhäuser in die sie betreffenden Regelungen zur Vergütung von Notdienstleistungen einzubeziehen, findet inzwischen darüber hinaus in § 87 Abs 2a Satz 23 SGB V idF des KHSG Ausdruck. Danach hat der "Bewertungsausschuss nach Absatz 5a" bis spätestens zum 31.12.2016 die Regelungen für die Versorgung im Notdienst im EBM-Ä nach dem Schweregrad der Fälle zu differenzieren. An den Entscheidungen des Bewertungsausschuss nach § 87 Abs 5a SGB V wirken - anders als im "normalen" Bewertungsausschuss - auch Vertreter der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) mit. Die damit vorgesehene Beteiligung der DKG an den Vergütungsregelungen zum Notdienst könnte umgangen werden, wenn die Regelungen des EBM-Ä auch durch Gesamtvertragspartner - zu denen kein Vertreter der DKG gehört - geändert oder ergänzt werden könnten.

44

5. Obwohl die Klägerin damit zutreffend die Rechtswidrigkeit der für den Bezirk der KÄV Bayern geschlossenen gesamtvertraglichen Vereinbarung zur zusätzlichen Vergütung des Notdienstes in Form einer Bereitschaftsdienstpauschale geltend gemacht hat, war die Klage abzuweisen. Zwar ist mit dem LSG davon auszugehen, dass der Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz grundsätzlich zur Folge hat, dass die Vertragspartner zur Beseitigung des Gleichheitsverstoßes eine Neuregelung zu treffen haben und dass auf dieser Grundlage eine Neubescheidung zu erfolgen hat (vgl zB BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 3/12 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 13 RdNr 42 mwN). Hier scheidet eine rechtmäßige Neuregelung der Notdienstvergütung durch die Vertragspartner jedoch aus, weil sie derartige Regelungen aus den og Gründen nicht wirksam vereinbaren können. Der Vergütungsanspruch sowohl der Klägerin als auch der Vertragsärzte ist abschließend im EBM-Ä geregelt. Dass die Klägerin, die zutreffend eine Ungleichbehandlung gegenüber Vertragsärzten geltend gemacht hat, davon wirtschaftlich nicht profitieren kann, ist Folge des Umstands, dass wegen der vorrangigen Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Rechtsstaatsprinzip des Art 20 Abs 3 GG) kein Anspruch darauf besteht, dass bei gleicher Sachlage gegenüber der Klägerin in gleicher Weise falsch entschieden wird wie gegenüber den am Notdienst teilnehmenden Vertragsärzten. Einen Anspruch auf "Gleichbehandlung im Unrecht" kennt die Rechtsordnung nicht (stRspr des BVerfG und des BSG, vgl BSG Urteil vom 21.3.2012 - B 6 KA 22/11 R - BSGE 110, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 24, RdNr 69; BSG Urteil vom 29.6.2011 - B 6 KA 34/10 R - SozR 4-2500 § 119 Nr 1 RdNr 33 mwN). Die Beklagte wird die rechtswidrigen und damit auch unabhängig von einer Neuregelung durch die Vertragspartner unwirksamen Regelungen zur Bereitschaftsdienstpauschale auch gegenüber Vertragsärzten nicht mehr zur Anwendung bringen dürfen.

45

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits, weil sie unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO), einschließlich der Kosten der Beigeladenen zu 1., im Klage- und im Revisionsverfahren, weil sie sich allein hier am Verfahren beteiligt und auch einen Antrag gestellt hat (§ 162 Abs 3 VwGO). Eine Erstattung von Kosten der übrigen Beigeladenen sowie - wie hier klarzustellen ist - auch der Kosten der Beigeladenen zu 1. im Berufungsverfahren ist nicht veranlasst, weil sie insoweit keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSG Urteil vom 31.5.2006 - B 6 KA 62/04 R - BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 17. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Rückforderung vertragsärztlichen Honorars für die Quartale IV/1996 bis I/2001.

2

Der Kläger nahm bis zum 30.6.2004 als Radiologe an der vertragsärztlichen Versorgung in S. teil. Zunächst - ab 1.7.1989 bis zum 30.9.1996 - führte er eine Gemeinschaftspraxis mit Dr. B., welcher auf seine Zulassung zum 30.9.1996 verzichtete. Unter dem 17.7.1996 schloss der Kläger mit dem Arzt für Radiologische Diagnostik und für Strahlentherapie Dr. H. sowie dem Arzt für Radiologische Diagnostik Dr. M. einen "Gesellschaftsvertrag über die Errichtung einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis". Danach war vorgesehen, dass Dr. B. nach seinem Ausscheiden seine Geschäftsanteile an Dres. H. und M. verkaufen und diese an seiner Stelle in die Gemeinschaftspraxis eintreten sollten. Als Hauptsitz der Gemeinschaftspraxis wurde S. bestimmt; weitere Praxisteile sollten in V. und im Krankenhaus W. betrieben werden. An Gewinnen und Verlusten sowie am Anlagevermögen waren der Kläger zu ½, die beiden anderen Ärzte zu je ¼ beteiligt. Zum geschäftsführenden Gesellschafter wurde der Kläger bestimmt. Gemäß "Gesellschafterbeschluss" vom 17.7.1996 war die Aufnahme eines weiteren Partners - "voraussichtlich" des zu 2. beigeladenen Dr. Ph. - vorgesehen (Nr 16a des Beschlusses). Der vierte Partner sollte sich gemäß Ziff 18a des Beschlusses "KV-rechtlich im Außenverhältnis ab 1.10.1996 niederlassen, und zwar offiziell in Gemeinschaftspraxis mit Dr. P. "; mit ihm sollte ein "Probejahr (freie Mitarbeit)" vereinbart werden (Nr 18b).

3

Am 30.7.1996 schlossen die "Gemeinschaftspraxis" Dres. P., H. und M. sowie der Beigeladene zu 2. sodann einen sogenannten Kooperationsvertrag. Dieser beinhaltete im Wesentlichen, dass der Beigeladene zu 2. ab dem 1.10.1996 bis zum Ablauf einer Probezeit als "freier Mitarbeiter" der "Gemeinschaftspraxis" tätig werden sollte. Nach beiderseits befriedigendem Ablauf der Probezeit sollte der Mitarbeiter am 1.10.1997 "partnerschaftlich eingebunden werden, und zwar bei Herstellung paritätischer Gesellschaftsanteile" (Ziff 6a der Präambel des Vertrages). Auf ein Mitarbeiterverhältnis waren auch die Detailregelungen (Zahlung eines Festgehalts ua) ausgerichtet. Ein "ggf. dem Zulassungsausschuss vorzulegender Vertrag" sollte zwischen den Vertragsparteien keine eigene Rechtswirkung entfalten (Ziff 2c der Präambel). Nach Ziff 6b der Präambel sollte der Mitarbeiter "im Außenverhältnis" den Gemeinschaftspraxis-Anteil des ausscheidenden Partners Dr. B. "erwerben" (Satz 1), aber hieraus keine Rechte herleiten können (Satz 2). Ebenso war bestimmt, dass der Vertragsarztsitz "der Praxis gehört" und bei "Ausscheiden ohne Gemeinschaftspraxis-Eintritt … vom freien Mitarbeiter … unentgeltlich (formal) zu übertragen" ist (Satz 4).

4

Der Beigeladene zu 2. bewarb sich auf den zur Nachbesetzung ausgeschriebenen Vertragsarztsitz von Dr. B. und wurde vom Zulassungsausschuss zum 1.10.1996 als Facharzt für Diagnostische Radiologie für den Vertragsarztsitz S. zugelassen. Zugleich genehmigte der Zulassungsausschuss den Antrag des Klägers sowie des Beigeladenen zu 2. auf Führung einer Gemeinschaftspraxis. Dres. H. und M. erhielten die Genehmigung zum Führen einer Gemeinschaftspraxis in V. Zu der im Kooperationsvertrag vorgesehenen partnerschaftlichen Einbindung des Beigeladenen zu 2. in die durch Dres. P. (Kläger), H. und M. gebildete "Gemeinschaftspraxis" kam es in der Folgezeit nicht. Insbesondere nahm er nach den Feststellungen des LSG im streitgegenständlichen Zeitraum nicht an Gesellschafterversammlungen teil. Unstimmigkeiten zwischen den beteiligten Ärzten führten dazu, dass die zwischen dem Kläger und Dres. H. und M. bestehende Gesellschaft zum 31.12.2001 beendet wurde. Die zu 1. beigeladene "Gemeinschaftspraxis" wurde zum 31.3.2001 beendet.

5

Die Beigeladene zu 1. rechnete als "Gemeinschaftspraxis Dr. P./Dr. Ph." Leistungen ab, die in der Praxis in S. und in einem ausgelagerten, mit einem CT-Gerät ausgestatteten Praxisteil im Kreiskrankenhaus S. erbracht worden waren. In den Quartalen IV/1996 bis I/2001 erhielt sie Honorarzahlungen in einer Gesamthöhe von 4 145 507,66 DM. Mit inhaltlich identischen, sowohl an den Kläger als auch an den Beigeladenen zu 2. adressierten Bescheiden vom 30.11.2001 - dem Kläger am 5.12.2001 zugestellt - hob die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) die Honorarbescheide für die Quartale IV/1996 bis I/2001 auf und forderte die in diesen Quartalen ihres Erachtens zu Unrecht gezahlten Honorare in Höhe von insgesamt 1 785 135,03 DM (von der Beklagten in 880 578,27 Euro umgerechnet) zurück. Beide Ärzte hätten die Genehmigung zur gemeinschaftlichen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit durch vorsätzlich falsche Angaben über die gesellschaftsrechtliche Beteiligung erlangt. Die Höhe des neu festzusetzenden Honorars des Klägers sei unter Zugrundelegung des Fachgruppendurchschnitts ermittelt worden.

6

Der hiergegen vom Kläger eingelegte Widerspruch blieb erfolglos. Auf Antrag des Klägers hat das LSG mit Beschluss vom 13.8.2002 (L 3 KA 161/02 ER) die aufschiebende Wirkung des Widerspruches insgesamt angeordnet. Auf die Klage des Klägers hat das SG die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben und dies damit begründet, für die Rechtmäßigkeit der Honorarrückforderung komme es allein auf die eingereichten Sammelerklärungen an. Diese seien jedenfalls im Hinblick auf die Leistungserbringung nicht "falsch" (Urteil vom 13.10.2004).

7

Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Richtigstellungs- und Rückforderungsbescheid sei rechtmäßig, auch wenn er an den Kläger und den Beigeladenen zu 2., nicht jedoch an die zu 1. beigeladene "Gemeinschaftspraxis" gerichtet gewesen sei. Der Bescheid erweise sich auch inhaltlich als rechtmäßig. Eine Abrechnung sei auch dann falsch, wenn die vertragsärztliche Tätigkeit, in deren Rahmen die Leistungen erbracht worden seien, nicht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der vertragsärztlichen Versorgung ausgeübt worden sei. Dies gelte auch für den Fall der Leistungserbringung durch eine nur formal bestehende Gemeinschaftspraxis.

8

Für die Rechtmäßigkeit der Honorargewährung komme es nicht nur auf die formelle Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung an, sondern der Vertragsarzt müsse vielmehr auch materiell berechtigt sein, Leistungen in der vertragsärztlichen Versorgung zu erbringen. Daher sei die Beklagte berechtigt, im Falle eines Gestaltungsmissbrauchs der Rechtsformen vertragsärztlicher Kooperation die Honorarabrechnungen der beteiligten Ärzte sachlich-rechnerisch richtig zu stellen. Dies gelte auch für Fälle, in denen nach außen hin eine Gemeinschaftspraxis mit entsprechender Genehmigung des Zulassungsausschusses betrieben worden sei, die Genehmigung aber nicht hätte erteilt werden dürfen oder hätte widerrufen werden müssen, weil eine gemeinschaftliche Berufsausübung nie gewollt gewesen oder später nicht mehr realisiert worden sei. Dieser Fall sei vorliegend gegeben, denn die Beigeladene zu 1. sei ungeachtet ihrer formellen Genehmigung keine Gemeinschaftspraxis gewesen, weil der Beigeladene zu 2. tatsächlich als angestellter Arzt tätig geworden sei.

9

Unverzichtbar für die Annahme einer Tätigkeit in "freier Praxis" sei, dass dem Gesellschafter Mitgliedschaftsrechte in Form von Mitwirkungsrechten, insbesondere Stimmrechten, durch den Gesellschaftsvertrag eingeräumt würden, weil ansonsten nicht angenommen werden könne, dass der Arzt den Einsatz der der Praxis zugeordneten sachlichen und persönlichen Mittel selbst bestimme. Dem Beigeladenen zu 2. seien weder nach Vertragslage noch tatsächlich Mitwirkungsmöglichkeiten an den zentralen, die Struktur der Praxis in S. bestimmenden Entscheidungen eingeräumt worden. Hierüber hätten allein der Kläger und die Dres. H. und M. in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter der GbR, die die wirkliche Trägerin der Praxis in S. und V. gewesen sei, befunden. Der Beigeladene zu 2. sei nie in die Gesellschaft aufgenommen worden und habe insbesondere an keiner Gesellschafterversammlung teilgenommen. Dass er bei seiner Arbeit in der CT-Außenstelle selbstständig habe arbeiten können, ändere daran nichts, da die GbR über die Rechtsmacht verfügt habe, sich im Konfliktfall gegen den Beigeladenen zu 2. durchzusetzen. Dieser sei zudem weder an Gewinnen noch Verlusten der Praxis beteiligt gewesen, sondern habe ein festes Gehalt bezogen. Auch eine Beteiligung am Vermögen der Gemeinschaftspraxis habe zu keiner Zeit vorgelegen.

10

Die Beklagte habe die sachlich-rechnerischen Richtigstellungen in Anknüpfung an die in den strittigen Quartalen unrichtigen Sammelerklärungen durchführen dürfen. Den Kläger treffe auch ein Verschulden, zumindest im Sinne grober Fahrlässigkeit. Er habe aufgrund der Verträge wissen müssen, dass der Beigeladene zu 2. in Wirklichkeit nur die Stellung eines unselbstständig tätigen Assistenten inne gehabt habe. Bei der Neufestsetzung des Honorars sei die Beklagte in nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass die vom Beigeladenen zu 2. erarbeiteten Honorare zu Unrecht ausgezahlt worden seien. Die Schätzung der verbleibenden Honorare anhand der durchschnittlichen Einnahmen einer radiologischen Einzelpraxis bewege sich im Rahmen der höchstrichterlichen Rechtsprechung (Urteil vom 17.12.2008, MedR 2009, 497 = GesR 2009, 206).

11

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Die bundesmantelvertraglichen Bestimmungen über die sachlich-rechnerische Richtigstellung von Honorarforderungen stellten keine ausreichende Rechtsgrundlage für die streitbefangene Honorarrückforderung dar, da die abgerechneten Leistungen entsprechend den Vorgaben des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen erbracht und abgerechnet worden seien. Die Beklagte mache vielmehr einen vermeintlichen "sonstigen Schaden" geltend. Der Anwendung der Regelungen über die sachlich-rechnerische Richtigstellung stehe im Übrigen die Drittbindungswirkung der ihm - dem Kläger - und dem Beigeladenen zu 2. erteilten Gemeinschaftspraxis-Genehmigung entgegen. Diese Genehmigung habe statusbegründenden Charakter. Die Kompetenz der Zulassungsgremien sei abschließend und lückenlos; auch die Beklagte sei an deren Entscheidung gebunden. Diese Kompetenzverteilung und die daraus resultierende Drittbindungswirkung könne die Beklagte nicht dadurch umgehen, dass sie einseitig im Wege der Aufhebung erteilter Honorarbescheide ihre Ansicht durchzusetzen versuche.

12

Selbst wenn man unterstelle, dass der Vertrag über die Gemeinschaftspraxis vertragsarztrechtlich bedenklich sei, könne ihm - dem Kläger - als juristischem Laien, der einen solchen Vertrag unter fachlicher Beratung durch einen bundesweit anerkannten Spezialisten auf dem Gebiet des Vertragsarztrechts abgeschlossen habe, nicht der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs gemacht werden. Die Frage der fehlerhaften Vertragsgestaltung sei erst in das Blickfeld der Beklagten gerückt, nachdem gegen den beratenden Rechtsanwalt ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sei, das mit einer Verurteilung geendet habe. Der Vertrag sei von ihm - dem Kläger - freiwillig vorgelegt worden; nur dadurch habe die Beklagte Kenntnis von diesem erhalten. Dies spreche gegen die ihm unterstellte Absicht der Irreführung.

13

Im Übrigen sei der Beigeladene zu 2. in "freier Praxis" tätig gewesen; er habe den ausgelagerten Praxisteil am Krankenhaus S. selbstständig und eigenverantwortlich geführt. Der Kooperationsvertrag stehe den Anforderungen einer Tätigkeit in "freier Praxis" nicht entgegen. Der Beigeladene zu 2. habe seine Tätigkeit frei und eigenverantwortlich ausgeübt, habe Beginn, Dauer und Ende seiner Tätigkeit frei bestimmt und über den Einsatz des nichtärztlichen Personals verfügt. Unzutreffend sei auch, dass der Beigeladene zu 2. an keiner Gesellschafterversammlung teilgenommen habe. Unabhängig davon hätte das LSG den Beteiligten einen Hinweis darauf geben müssen, dass es seine Entscheidung wesentlich auf die Feststellung stützen wolle, dass sich aus den Protokollen der Gesellschafterversammlungen eine Mitwirkung des Beigeladenen zu 2. nicht ergebe. Das LSG habe dies jedoch nicht getan und so den Beteiligten keine Möglichkeit gegeben, diesbezüglich Beweis anzutreten. Das Fehlen einer Beteiligung am Gesellschaftsvermögen vermöge ebenso wenig wie eine feste Gewinnbeteiligung und der Ausschluss einer Verlustbeteiligung die wirtschaftliche Unabhängigkeit des Arztes zu gefährden. Eine unterschiedliche Ausgestaltung der Rechte der Gesellschafter sei jedenfalls für eine Übergangszeit des "Kennenlernens" von in der Regel drei Jahren - aber auch darüber hinaus - zulässig.

14

Wie das BVerfG entschieden habe, sei der Begriff des "freien Berufes" ein soziologischer Begriff und kein eindeutiger Rechtsbegriff, aus dem präzise normative Wirkungen abgeleitet werden könnten. Es obliege dem Gesetzgeber, die Merkmale eines "freien" Berufs im Einzelnen festzulegen und damit das Berufsbild zu fixieren. Die Unbestimmtheit des § 32 Abs 1 Satz 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) lasse eine Auslegung, die konkrete Anforderungen an die Vertragsgestaltung stelle, um so weniger zu, als die Regelung damit in die Nähe einer Berufszugangsregelung gerückt werde. Schließlich verstoße § 32 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV in der Auslegung des LSG gegen den Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG, wenn sich Partner einer Gemeinschaftspraxis einem drohenden Honorarregress bereits dadurch entziehen könnten, dass sie ihre internen vertraglichen Regelungen geheim hielten. Schließlich scheide, da der angefochtene Bescheid dem Kläger am 5.12.2001 zugestellt worden sei, eine sachlich-rechnerische Richtigstellung von Quartalsbescheiden, die vor dem 5.12.1997 ergangen seien, aus.

15

Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 17.12.2008 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Hannover vom 13.10.2004 zurückzuweisen.

16

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

17

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Insbesondere stehe der sachlich-rechnerischen Richtigstellung keine "Drittbindungswirkung" durch die vom Zulassungsausschuss erteilte Gemeinschaftspraxisgenehmigung entgegen. Denn die angefochtenen Bescheide hätten keinen Einfluss auf den Zulassungsstatus des Klägers. Sie - die Beklagte - sei berechtigt, das Honorar einer Scheingemeinschaftspraxis in der Weise zu reduzieren, dass die einzelnen Ärzte so behandelt würden, als wären sie in einer Einzelpraxis tätig gewesen. Es liege ein offenkundiger Rechtsmissbrauch vor, wenn bereits in der Präambel des Kooperationsvertrages bestimmt werde, dass ein ggf dem Zulassungsausschuss vorzulegender Vertrag keine Bindungswirkung entfalten werde. Die behauptete gleichberechtigte Mitwirkung des Beigeladenen zu 2. an Entscheidungen werde durch die vorliegenden Unterlagen widerlegt. Dessen Befragung vor dem LSG habe ergeben, dass er noch nicht einmal Kenntnis gehabt habe, wann die regulären Gesellschafterversammlungen stattgefunden hätten. Für Fälle von Abrechnungsbetrug gelte die vierjährige Verjährungsfrist nicht.

18

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

19

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das LSG hat seine Klage zu Recht unter Aufhebung des Urteils des SG abgewiesen. Die Beklagte hat die der Beigeladenen zu 1. erteilten Honorarbescheide zu Recht aufgrund sachlich-rechnerischer Richtigstellung teilweise aufgehoben und von den an ihr beteiligten Ärzten zu viel gezahltes Honorar zurückverlangt. Sie hat den Rückforderungsbetrag auch der Höhe nach zutreffend berechnet.

20

1. Die Entscheidung des LSG ist verfahrensfehlerfrei zustande gekommen. Soweit der Kläger rügt, das Berufungsgericht habe den Beteiligten einen Hinweis darauf geben müssen, es werde seine Entscheidung wesentlich auf die Feststellung stützen, dass sich aus den Protokollen eine Mitwirkung des Beigeladenen zu 2. an Entscheidungen über "Praxisangelegenheiten" nicht ergebe, macht er einen Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs im Sinne einer Überraschungsentscheidung geltend. Eine Überraschungsentscheidung liegt nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG (vgl BVerfGE 84, 188, 190; BVerfGE 86, 133, 144 f; BVerfGE 98, 218, 263; zuletzt BVerfG , Beschluss vom 7.10.2009 - 1 BvR 178/09 - juris RdNr 8) wie auch des BSG (BSG SozR 3-4100 § 103 Nr 4 S 23; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 6 RdNr 17)dann vor, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wende gibt, mit der auch ein gewissenhafter Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verfahrensverlauf selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen braucht.

21

Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall, denn Art 103 Abs 1 GG begründet keine umfassende Frage-, Aufklärungs- und Informationspflicht des Gerichts (stRspr des BVerfG, vgl BVerfGE 66, 116, 147; BVerfGE 84, 188, 190; BVerfGE 86, 133, 144; BVerfG , Beschluss vom 27.11.2008 - 2 BvR 1012/08 - juris RdNr 6). Prozessbeteiligte - insbesondere anwaltlich vertretene - müssen grundsätzlich von sich aus alle vertretbaren Gesichtspunkte in Betracht ziehen und sich in ihrem Vortrag darauf einstellen (BVerfGE 86, 133, 144 f; BVerfGE 98, 218, 263; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 6 RdNr 18 mwN). Der Anspruch auf rechtliches Gehör soll lediglich verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten (BSG Urteil vom 11.11.2003 - B 2 U 32/02 R - NZS 2004, 660 ff unter Hinweis auf BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 1 mwN). Dementsprechend liegt keine unzulässige Überraschungsentscheidung vor, wenn die betroffene Sach- oder Rechtsfrage bereits Gegenstand von Äußerungen der Beteiligten des Verfahrens war, das zu der angegriffenen Entscheidung führte (BVerfG, , Beschluss vom 12.7.2006 - 2 BvR 513/06 - BVerfGK 8, 376). So liegt es auch hier, denn die Frage einer Tätigkeit des Beigeladenen zu 2. in "freier Praxis" - für deren Beantwortung ggf auch eine Beteiligung an Gesellschafterversammlungen Bedeutung haben kann - hat von Beginn des Verfahrens an im Mittelpunkt der rechtlichen Auseinandersetzung gestanden.

22

2. Die Beklagte hat die allgemeinen Vorgaben für eine Richtigstellung der Abrechnungen der Beigeladenen zu 1. beachtet.

23

a) Rechtsgrundlage der aufgrund sachlich-rechnerischer Richtigstellung erfolgten Aufhebung der Honorarbewilligungen für die Quartale IV/1996 bis I/2001 sind hier noch § 45 Abs 2 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte bzw § 34 Abs 4 Satz 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä)(für Zeiträume ab 1.1.2004 vgl nunmehr § 106a SGB V idF des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003, BGBl I 2190).

24

Nach diesen im Wesentlichen gleichlautenden Vorschriften hat die KÄV von Amts wegen oder auf Antrag einer Krankenkasse die Befugnis, die von Vertragsärzten eingereichten Abrechnungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und nötigenfalls richtig zu stellen (stRspr, vgl BSGE 89, 90, 93 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 6; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 5 RdNr 13). Dies kann auch im Wege nachgehender Richtigstellung erfolgen (stRspr, vgl BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 10 mwN; BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 11). Aus diesen Bestimmungen ergibt sich weiter, dass der Vertragsarzt das Honorar, das ihm nach sachlich-rechnerischer Abrechnungskorrektur nicht mehr zusteht, erstatten muss (BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11; BSGE 103, 1 = SozR 4-2500 § 106a Nr 7, RdNr 13).

25

b) Der Anwendung dieser bundesmantelvertraglichen Regelungen steht nicht entgegen, dass vorliegend nicht Abrechnungsverstöße im engeren Sinne - etwa der fehlerhafte Absatz von Gebührennummern - in Rede stehen. Zwar geht es bei der sachlich-rechnerischen Richtigstellung vor allem um die Auslegung und Anwendung der Gebührenordnungen (s schon BSGE 42, 268, 270 = SozR 2200 § 368n Nr 9, S 21 f), jedoch hat der Senat die entsprechenden bundesmantelvertraglichen Vorschriften in ständiger Rechtsprechung umfassend verstanden.

26

Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertrags(zahn)arztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots -, erbracht und abgerechnet worden sind (BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 10; BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 15; s schon BSG SozR 5557 Nr 5451 Nr 1 S 2). Dies entspricht den Formulierungen in den zu § 106a SGB V erlassenen Richtlinien(vgl § 3 Abs 1 und 2 iVm § 4 der Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Inhalt und zur Durchführung der Abrechnungsprüfungen der KÄVen und der Krankenkassen, DÄ 2004, A 2555 bzw A 3135; § 5 Abs 1 iVm Abs 3 der Richtlinien der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen nach § 106a SGB V, zm 2008, S 111 ff).

27

Die Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Honorarforderung auf bundesmantelvertraglicher Rechtsgrundlage besteht danach nicht nur im Falle rechnerischer und gebührenordnungsmäßiger Fehler, sondern erfasst auch Fallgestaltungen, in denen der Vertragsarzt Leistungen unter Verstoß gegen Vorschriften über formale oder inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung durchgeführt und abgerechnet hat (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 11). Dementsprechend hat der Senat in seiner Rechtsprechung das Rechtsinstitut der sachlich-rechnerischen Richtigstellung zB bei der Abrechnung fachfremder Leistungen (vgl ua BSGE 93, 170 = SozR 4-2500 § 95 Nr 8; BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 1)oder qualitativ mangelhafter Leistungen angewandt, aber auch bei Leistungen eines nicht genehmigten Assistenten (BSG SozR 3-5525 § 32 Nr 1 S 3 f)sowie bei der Aufrechterhaltung eines übergroßen Praxisumfangs mit Hilfe eines Assistenten (BSG SozR 4-5520 § 32 Nr 2), bei der Abrechnung von Leistungen, die nach stationärer Aufnahme erbracht werden (BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 3 RdNr 8; s hierzu auch die Nachweise bei BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 11),bei der Nichtbeachtung der bereichsspezifischen Vorschriften zur Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung im Rahmen der vertragsärztlichen Abrechnung (BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 15)und schließlich bei einem Missbrauch vertragsarztrechtlicher Kooperationsformen (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6; zuletzt BSG Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 17/07 B - juris).

28

Die Beklagte hat die sachlich-rechnerische Richtigstellung daher zu Recht darauf stützen dürfen, dass sich die Beigeladene zu 1. durch die angeblich gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit des Klägers mit dem Beigeladenen zu 2. vertragsärztliches Honorar verschafft hat, das sie - bzw der Kläger in Einzelpraxis - bei Beachtung der vertragsärztlichen Pflichten nicht hätte erzielen können. Diesen auf pflichtwidriger Verhaltensweise beruhenden Honoraranteil darf die KÄV sachlich-rechnerisch richtig stellen und insoweit bereits ausgezahltes Honorar zurückfordern. Sie ist nicht darauf beschränkt, den Pflichtenverstoß disziplinarisch zu ahnden und/oder auf die Entziehung der Zulassung hinzuwirken (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 12).

29

c) Die Beklagte war auch berechtigt, eine Honorarrückforderung - statt gegenüber der zu 1. beigeladenen "Gemeinschaftspraxis" - gegenüber dem Kläger geltend zu machen.

30

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn Aufhebungs- und Rückforderungsbescheide, die Quartale betreffen, in denen eine Praxis als Gemeinschaftspraxis (jetzt Berufsausübungsgemeinschaft) geführt wurde, nicht an die Gemeinschaftspraxis, sondern nur an einen der Partner gerichtet wurden (vgl BSGE 89, 90, 93 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 6). Die Partner einer Gemeinschaftspraxis können jeder für sich in Anspruch genommen werden (BSGE 89, 90, 92 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 5; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 16).

31

Zum anderen rechtfertigt sich der an den Kläger gerichtete Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid auch dadurch, dass eine Gemeinschaftspraxis lediglich pro forma bestand. Weil dies materiell-rechtlich die Zusammenarbeit zweier in "freier Praxis" tätiger Ärzte voraussetzt, der Beigeladene zu 2. jedoch in Wirklichkeit lediglich als Angestellter des Klägers (bzw der "Gesellschaft") tätig war (s dazu unter 3. b cc), war der Kläger somit tatsächlich in Einzelpraxis tätig. Die Beklagte ist - jedenfalls in Bezug auf die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen - nicht an lediglich formal bestehende, materiell-rechtlich jedoch rechtswidrige Statusentscheidungen gebunden (s unter 3. c). "Vertragspartner" der Beklagten war daher der Kläger, so dass auch die Rückabwicklung im Verhältnis Kläger-Beklagte zu erfolgen hat.

32

3. Die Beklagte war auch in der Sache berechtigt, die Abrechnungen der "Gemeinschaftspraxis" für die streitgegenständlichen Quartale richtig zu stellen. Denn die "Gemeinschaftspraxis", der (auch) der Kläger angehörte, hat in dieser Zeit Leistungen abgerechnet, die im Widerspruch zu bindenden Vorgaben des Vertragsarztrechts erbracht wurden. Die vom Zulassungsausschuss genehmigte, aus ihm und dem zu 2. beigeladenen Arzt Dr. Ph. bestehende Gemeinschaftspraxis existierte tatsächlich nicht. Dr. Ph. war lediglich als Angestellter des Klägers tätig, und die Genehmigung zur Beschäftigung eines angestellten Arztes hatte die Beklagte nicht erteilt.

33

Die vertraglich zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 2. vereinbarte Kooperation erfüllte die Voraussetzungen des § 33 Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV nicht, weil der zu 2. beigeladene Dr. Ph. nicht in freier Praxis im Sinne des § 32 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV tätig war. Über die berufliche und persönliche Selbstständigkeit, die für die Ausübung der Tätigkeit des Vertragsarztes in "freier Praxis" erforderlich ist, verfügte Dr. Ph. zu keinem Zeitpunkt. Dieser Arzt trug nach den Vereinbarungen zwischen ihm und dem Kläger das wirtschaftliche Risiko der Praxis nicht mit und war in keiner Weise am Wert der Praxis beteiligt, die durch seine Tätigkeit mit geschaffen wurde. Jedenfalls soweit beides explizit ausgeschlossen ist, wird die ärztliche Tätigkeit nicht mehr in freier Praxis ausgeübt.

34

a) Nach § 33 Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV ist die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit zulässig unter allen zugelassenen Leistungserbringern. Das setzt die (auch materiell rechtmäßige) Zulassung eines jeden einzelnen Mitglieds der Gemeinschaftspraxis voraus (vgl Engelmann, ZMGR 2004, 3, 10). Schon hieran fehlt es. Denn der Beigeladene zu 2. war - wie das LSG zutreffend festgestellt hat - bereits nicht als Arzt in freier Praxis, sondern tatsächlich als "freier Mitarbeiter" tätig. Da das Vertragsarztrecht den Typus des "freien Mitarbeiters" nicht kennt, ist der Beigeladene zu 2. vertragsarztrechtlich als "angestellter Arzt" bzw als "Assistent" zu qualifizieren. Derartige Tätigkeiten sind nur mit entsprechender Genehmigung zulässig; daran fehlte es jedoch.

35

b) Nach § 32 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV hat der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit persönlich in "freier Praxis" auszuüben. Dies war dem Beigeladenen zu 2. gesellschaftsvertraglich nicht möglich, und er hat es auch tatsächlich nicht getan.

36

aa) Der Begriff der "freien Praxis" ist nicht zu unbestimmt, um hieraus Anforderungen an die vertragsärztliche Tätigkeit abzuleiten. Dem steht auch nicht die Aussage des BVerfG entgegen, dass der (vergleichbare) Begriff "freier Beruf" kein eindeutiger Rechtsbegriff, sondern ein soziologischer Begriff sei, der aus einer bestimmten gesellschaftlichen Situation erwachsen sei und aus dem sich keine präzise normative Wirkungen ableiten ließen (BVerfGE 10, 354, 364). Abgesehen davon, dass das BVerfG diese Aussagen getätigt hat, um der (gegenteiligen) Auffassung entgegenzutreten, dieser Begriff beinhalte einen spezifischen, gesteigerten Gehalt an Freiheit (vgl BVerfG aaO), unterscheidet sich die Situation vornehmlich dadurch, dass der ähnliche Begriff der "freien Praxis" vorliegend nicht im allgemeinen - "soziologischen" - Sinne gebraucht wird, sondern durch die Regelungen in § 32 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV wie auch in § 98 Abs 2 Nr 13 SGB V ("nach den Grundsätzen der Ausübung eines freien Berufes …") normativen Gehalt bekommen hat. Darüber hinaus ist der Begriff der "freien Praxis" durch zahlreiche Entscheidungen des BSG weiter konkretisiert worden (s unter 3. b bb).

37

Im Übrigen hat auch das BVerfG in verschiedenen Entscheidungen den Kerngehalt dieses Begriffes dahingehend umschrieben, dass der Arztberuf durch ein hohes Maß an eigener Verantwortlichkeit und eigenem Risiko in wirtschaftlicher Beziehung charakterisiert sei (BVerfGE 9, 338, 351). Das Berufsbild der freiberuflich Tätigen trage im Ganzen den "unternehmerischen Zug", der auf Selbstverantwortung, individuelle Unabhängigkeit und eigenes wirtschaftliches Risiko gegründet sei (BVerfGE 10, 354, 369). Der frei praktizierende Arzt habe die freie Verfügung über die eigene Arbeitskraft, könne insbesondere seine Arbeitszeit frei einteilen, er trage aber auch das volle wirtschaftliche Berufsrisiko (BVerfGE 16, 286, 294). Mithin wird eine Tätigkeit in "freier Praxis" unzweifelhaft durch die Merkmale individuelle Unabhängigkeit und Tragung des wirtschaftlichen Risikos konkretisiert.

38

bb) Was für eine Tätigkeit persönlich in freier Praxis im Sinne des § 32 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV - im Gegensatz zu einem Angestelltenverhältnis im Sinne des § 32b Ärzte-ZV - erforderlich ist, hat das BSG in seinen Urteilen vom 16.3.1973 (BSGE 35, 247 = SozR Nr 1 zu § 5 EKV-Ärzte = NJW 1973, 1435), vom 16.7.2003 (BSG SozR 4-5520 § 33 Nr 2)und vom 28.11.2007 (BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3)vorgezeichnet. Das Merkmal erfordert mehr, als nach den §§ 705 ff BGB für die Stellung als Gesellschafter erforderlich ist. Die vertragsärztliche Tätigkeit muss in beruflicher und persönlicher Selbstständigkeit gesichert sein; erhebliche Einflussnahmen Dritter müssen ausgeschlossen sein; insbesondere darf nicht in Wahrheit ein verstecktes Angestelltenverhältnis vorliegen (BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 26, anknüpfend an BSG SozR 4-5520 § 33 Nr 2; vgl auch BSGE 91, 164 RdNr 17, 18 = SozR 4-5520 § 33 Nr 1 RdNr 16, 17; - jeweils betreffend Gemeinschaftspraxis). Zur erforderlichen eigenverantwortlichen Gestaltung ärztlicher Tätigkeit gehört es, dass der Arzt ein wirtschaftliches Risiko trägt, insoweit es maßgebend von seiner Arbeitskraft abhängen muss, in welchem Umfang seine freiberufliche Tätigkeit Einkünfte erbringt (BSGE 35, 247, 252 = SozR Nr 1 zu § 5 EKV-Ärzte = NJW 1973, 1435, 1437 - betreffend Facharzt für Laboratoriumsmedizin). Zudem muss der Arzt die Befugnis haben, den medizinischen Auftrag nach eigenem Ermessen zu gestalten sowie über die räumlichen und sächlichen Mittel, ggf auch über den Einsatz von Hilfspersonal zu disponieren oder jedenfalls an der Disposition mitzuwirken (BSGE 35, 247, 250 = NJW 1973, 1435, 1436; BSGE 76, 59, 64 = SozR 3-5520 § 20 Nr 1 S 7; BSGE 80, 130, 132 f = SozR 3-5520 § 20 Nr 2 S 13).

39

Somit beinhaltet die Tätigkeit in "freier Praxis" zum einen eine wirtschaftliche Komponente - die Tragung des wirtschaftlichen Risikos wie auch eine Beteiligung an den wirtschaftlichen Erfolgen der Praxis - und zum anderen eine ausreichende Handlungsfreiheit in beruflicher und persönlicher Hinsicht.

40

Für das Maß an Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit, das einem Arzt bei der von ihm bei seinem Antrag auf Zulassung geplanten und dann ausgeübten vertragsärztlichen Tätigkeit verbleibt, können zivilrechtliche Vereinbarungen, die er bezogen auf die Arztpraxis getroffen hat, Bedeutung haben. Dies gilt nicht nur für Gemeinschaftspraxen (hierzu s BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 25 f), sondern auch in anderen Fällen, etwa dann, wenn einem Arzt die Praxisräume und -ausstattung von einem anderen zur Verfügung gestellt werden und dieser sich erhebliche Einflussmöglichkeiten auf die Praxisausstattung und den Praxisbetrieb vorbehält. In solchen Fällen ist es Aufgabe der Zulassungsgremien, aber ggf auch der Sozialgerichte und der KÄVen, die zivilrechtlichen Verhältnisse in die Überprüfung einzubeziehen (hierzu zuletzt BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 26 mwN).

41

cc) Die dargestellten Voraussetzungen einer Tätigkeit in "freier Praxis" waren im Falle des Beigeladenen zu 2. schon nicht gegeben, als er zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen wurde. Sie sind angesichts der gescheiterten Aufnahme in die "Gesellschaft" ebenso wenig während seiner anschließenden Tätigkeit eingetreten. Der Beigeladene zu 2. trug nämlich zu keinem Zeitpunkt ein erkennbares wirtschaftliches Risiko (1) und war an der Verwertung des von ihm erarbeiteten Praxiswerts nicht beteiligt (2). Ob er darüber hinaus auch in seiner Dispositionsfreiheit eingeschränkt war, bedarf keiner abschließenden Entscheidung (3).

42

(1) Das Erfordernis, dass es beim Vertragsarzt "maßgebend von seiner Arbeitskraft abhängen" muss, in welchem Umfang seine freiberufliche Tätigkeit Einkünfte erbringt (BSGE 35, 247, 252 = SozR Nr 1 zu § 5 EKV-Ärzte = NJW 1973, 1435, 1437), ihn also im positiven wie im negativen Sinne die Chance und das Risiko des beruflichen Erfolges oder Misserfolges persönlich treffen müssen, ist der Notwendigkeit geschuldet, den Status des Vertragsarztes von dem Status des angestellten Arztes abzugrenzen. Nur dann ist das Merkmal beruflicher und persönlicher Selbstständigkeit gegeben und liegt nicht ein (verstecktes) Angestelltenverhältnis vor. Dies bedeutet insbesondere, dass der Vertragsarzt nicht wie ein Angestellter nur ein Festgehalt erhalten darf. Vielmehr muss ihm maßgeblich der Ertrag seiner vertragsärztlichen Tätigkeit zugute kommen, ebenso wie ein eventueller Verlust zu seinen Lasten gehen muss. Dieses Erfordernis muss von Anbeginn der vertragsärztlichen Tätigkeit erfüllt sein, kann mithin nicht für die Dauer einer "Probezeit" suspendiert werden.

43

Diese Teilhabe an Gewinn und Verlust der laufenden Praxistätigkeit kann nicht allein auf den Kapitaleinsatz bezogen werden, der bei der ärztlichen Tätigkeit nicht die ausschlaggebende Rolle spielt, wie der Senat bereits in einer früheren Entscheidung (Urteil vom 16.3.1973 - BSGE 35, 247, 252 = SozR Nr 1 zu § 5 EKV-Ärzte = NJW 1973, 1435, 1436 f ) ausgeführt hat. Fehlender wirtschaftlicher Erfolg einer Praxis wirkt sich im Übrigen vor allem in Gestalt einer Reduzierung des sogenannten Unternehmerlohns aus, weil die laufenden Praxiskosten nicht sogleich einem Umsatzrückgang angepasst werden können, und kann auch zum Auflaufen von Verbindlichkeiten führen. Ob im Übrigen die Gewichtung von Kapitaleinsatz und persönlicher Arbeitskraft des Arztes, die im Urteil vom 16.3.1973 zum Ausdruck kommt, heute im Zuge der Veränderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der vertragsärztlichen Tätigkeit anders vorgenommen werden müsste, bedarf hier keiner Entscheidung.

44

Diese Voraussetzungen lagen, wie vom LSG zutreffend festgestellt, nicht vor:
Nach dem - die Rahmenbedingungen für das Tätigwerden des Beigeladenen zu 2. in der "Gemeinschaftspraxis" regelnden - Kooperationsvertrag sollte der Beigeladene zu 2. kein wirtschaftliches Risiko tragen (Ziff 2a und b der Präambel zum Kooperationsvertrag); gemäß § 4 des Vertrages erhielt er ein Festgehalt("regelmäßige Vergütung pro Arbeitswoche"). Die "Abrechnung von Privat- und Kassenpatienten" oblag allein "den Praxisinhabern" (§ 5 Abs 1 des Vertrages); zudem war der Beigeladene zu 2. "im Innenverhältnis" von allen Honorarkürzungs- und Regressansprüchen freigestellt (§ 2 Abs 6 des Vertrages). Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass diese - eine "Mitunternehmerschaft" des Beigeladenen zu 2. in Bezug auf die Einkünfte ausschließenden - Regelungen in der Folgezeit nicht mehr gegolten haben. Denn zu dessen avisierten Eintritt in die von Dres. P., H. und M. gebildete Gesellschaft ist es unzweifelhaft nicht gekommen, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG bestätigt hat. Der Beigeladene zu 2. hat bekräftigt, dass es bis 2001 bei den im Vertrag vereinbarten Zahlungen geblieben sei und er auch in der Folgezeit ein Festgehalt erhalten habe. Die im Schrifttum erörterte Frage, ob die Zahlung eines Festgewinnanteils für die Annahme einer Tätigkeit in "eigener Praxis" ausreichen kann (s hierzu Gummert/Meier, MedR 2007, 1, 4 f), stellt sich vorliegend nicht, da der Beigeladene zu 2. gerade keine gewinnbezogenen Zahlungen erhalten hat.

45

Auch wenn die für bzw gegen eine Tätigkeit in "freier Praxis" sprechenden Gesichtspunkte grundsätzlich in ihrer Gesamtheit in die Abwägung einzubeziehen sind, stellt der Umstand, dass sich die Einkommenssituation des Beigeladenen zu 2. nicht von der eines "freien Mitarbeiters" bzw der eines Angestellten unterschied, ein so wesentliches Indiz gegen eine selbstständige Tätigkeit in "freier Praxis" dar, dass bereits aus diesem Grunde die Entscheidung des LSG zu bestätigen ist. Daher kann es dahingestellt bleiben, ob der Beigeladene zu 2. im Übrigen Einfluss auf die Führung der - letztlich auch die "Gemeinschaftspraxis" beherrschenden, vom Kläger sowie Dres. H. und M. gebildeten - "Gesellschaft" hatte.

46

Da es bereits an jeglicher Tragung eines wirtschaftlichen Risikos fehlt, kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob im Falle von Gemeinschaftspraxen (bzw Berufsausübungsgemeinschaften) jeder Partner auch substantiell am Gesellschaftsvermögen beteiligt werden muss (s hierzu die Nachweise bei Gummert/Meier, MedR 2007, 1, 6 f mit Fn 57 bis 60) oder ob - ggf auch nur für eine Übergangsfrist - auch eine sogenannte "Null-Beteiligung" unschädlich sein kann. Dieser Aspekt könnte lediglich dann Bedeutung haben, wenn die Bewertung des vorrangigen (einkommensbezogenen) Kriteriums der "Tragung des wirtschaftlichen Risikos" keine eindeutige Aussage erlaubt. Allerdings sprechen gewisse Gesichtspunkte dafür, dass eine Beteiligung am Gesellschaftsvermögen nicht ausnahmslos erforderlich ist. Wenn ein Arzt sowohl am wirtschaftlichen Gewinn wie auch an einem etwaigen Verlust beteiligt ist, also das Einkommens-Risiko trägt, muss er nicht auch noch zwingend das weitere (Vermögens-)Risiko tragen. So könnten Gestaltungen zulässig sein, in denen Ärzte (gemeinsam) nicht nur die Praxisräume, sondern auch die komplette Praxisausstattung anmieten, ihr Kapitaleinsatz also gegen Null geht, oder in denen ein alteingesessener Vertragsarzt mit einem jungen Arzt, der in fernerer Zukunft die Praxis übernehmen soll, zunächst eine Gemeinschaftspraxis bildet, in der die gesamte Praxisausstattung dem "Alt-Arzt" gehört.

47

(2) Ein wesentlicher Mangel an ausreichender Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit ergab sich ferner daraus, dass dem Beigeladenen zu 2. bei Beendigung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit keine Chance auf Verwertung des auch von ihm erarbeiteten Praxiswertes blieb. Für die Annahme einer gemeinschaftlichen Berufsausübung im Rahmen einer Gemeinschaftspraxis ist - unabhängig von der Frage einer Beteiligung der Partner an den Investitionen und Kosten der Praxis - grundsätzlich eine Beteiligung am immateriellen Wert der Praxis (dem sogenannten "Goodwill") erforderlich, da dies Ausfluss der mit einer Tätigkeit in "freier Praxis" verbundenen Chancen ist. Dabei kann die vertragliche Ausgestaltung im Einzelfall unterschiedlich sein (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 14).

48

Zwar sind Einschränkungen des für Einzelpraxen typischen Rechts, im Falle der Aufgabe der Praxistätigkeit über die Verwertung des Praxiswerts - insbesondere durch Ausschreibung des Vertragsarztsitzes in Verbindung mit dem Abschluss eines Vertrages mit dem Praxisnachfolger über einen Kaufpreis in Höhe des Verkehrswertes der Praxis (§ 103 Abs 4 SGB V) - zu verfügen, dann üblich, wenn es sich um eine Gemeinschaftspraxis handelt. Bei ihr sind die Bindungen und Arbeitsteilungen unter den Praxispartnern zu beachten; diese rechtfertigen Beschränkungen der Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit jedes einzelnen Partners. Dabei werden auch die Rechte des Ausscheidenden häufig beschränkt, nämlich zB auf den Anspruch auf Abfindungszahlungen reduziert (s dazu H.-J. Rieger, Verträge zwischen Ärzten in freier Praxis, 8. Aufl 2009: Heidelberger Musterverträge, Heft 41, Teil 2: Kooperationsverträge, Vertrag für Gemeinschaftspraxis, § 14, S 46-48).

49

Selbst derart beschränkte Teilhaberechte am Wert der Praxis waren aber durch den Kooperationsvertrag ausgeschlossen. Dort war insbesondere bestimmt, dass der freie Mitarbeiter den Gemeinschaftspraxis-Anteil "nur im Außenverhältnis" erwirbt und hieraus keine Rechte herleiten kann; zudem hat er den Anteil bei einem Ausscheiden unentgeltlich auf die "Gemeinschaftspraxis" zu übertragen (Ziff 6b der Präambel). Auch ist er nicht am "Good-Will" der Praxis beteiligt (Ziff 7 der Präambel). Selbst wenn man dies ggf für die Dauer einer begrenzten "Probezeit" akzeptieren wollte, käme dies im Falle des Beigeladenen zu 2. schon wegen der auf unbestimmte Zeit fortgesetzten Probezeit nicht zum Tragen.

50

(3) Dahingestellt bleiben kann, ob der Beigeladene zu 2. ausreichende Dispositionsfreiheit in beruflicher und persönlicher Hinsicht besaß. Das Erfordernis, dass der Arzt die Befugnis haben muss, den medizinischen Auftrag nach eigenem Ermessen zu gestalten sowie über die räumlichen und sächlichen Mittel, ggf auch über den Einsatz von Hilfspersonal zu disponieren oder jedenfalls an der Disposition mitzuwirken (BSGE 35, 247, 250 = NJW 1973, 1435, 1436), hat zum Inhalt, dass erhebliche Einflussnahmen Dritter bei der Gestaltung des medizinischen Auftrags und bei der Disposition über das Hilfspersonal ausgeschlossen sein müssen. Entsprechendes gilt für die Disposition über die Sachausstattung der Praxis. Dies sind Ausprägungen der rechtlichen Vorgabe, dass die vertragsärztliche Tätigkeit "persönlich in freier Praxis" ausgeübt werden muss (§ 32 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV), wofür wesentlich ist, dass er die Verfügungsmacht über die Praxis hat. Selbst wenn die Praxis und deren Inventar nicht unbedingt in seinem Eigentum stehen müssen, muss er neben der Gestaltung des medizinischen Auftrags und neben der Personalhoheit auch in einem gewissen Umfang die Sachherrschaft haben. Nur dann ist eine Verfügungsmacht über die Praxis und eine Tätigkeit "in freier Praxis" gegeben.

51

Nach den Feststellungen des LSG steht nicht in Zweifel, dass der Beigeladene zu 2. bei der Gestaltung des medizinischen Auftrags in ausreichendem Maß "sein eigener Herr" war. Insoweit hat das LSG jedoch zutreffend darauf verwiesen, dass erhebliche (fachliche) Entscheidungs- und Handlungsspielräume allen höheren Dienstleistungen eigen sind. Bezüglich der Frage, ob dem Beigeladenen zu 2. in ausreichendem Maße die Personalhoheit verblieben ist, liegt es schon aus Gründen der - im Gesamtinteresse liegenden - Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Praxis nahe, dass er wohl im ausreichenden Maße über das für seine Tätigkeit erforderliche Personal verfügen konnte. Auch die Weisungsbefugnis gegenüber dem nichtärztlichen Hilfspersonal dürfte angesichts der Notwendigkeiten, die eng mit der eigentlichen ärztlichen Tätigkeit zusammenhängen, bestanden haben. Offen bleiben kann, ob dem Beigeladenen zu 2. das Recht zustand, über die Organisation des Inventars und der sächlichen Hilfsmittel, die Materialwirtschaft, die kaufmännische und administrative Ausgestaltung der Arztpraxis zu bestimmen. Zweifellos konnte er nicht über größere Anschaffungen bestimmen, da die Mittel dazu von der "Gesellschaft", an der er nicht beteiligt war, aufgebracht wurden. Andererseits dürften ihm die für seine Tätigkeit erforderlichen Materialien und Geräte zur Verfügung gestanden haben.

52

c) Einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung steht schließlich nicht entgegen, dass der Beigeladene zu 2. formal zugelassen und die zu 1. beigeladene Gemeinschaftspraxis formal genehmigt war, und diese Zulassung bzw Genehmigung nicht mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben werden kann (vgl hierzu BSG SozR 4-5520 § 24 Nr 2 RdNr 14 - Genehmigung der Verlegung des Vertragsarztsitzes; dies aufgreifend BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 25; LSG Nordhrein-Westfalen, Urteil vom 13.9.2006 - L 11 KA 30/06 - MedR 2008, 50; Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, 2008, § 20 RdNr 47). Denn der Beigeladene zu 2. hätte nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen werden dürfen, weil - aus den vorstehend dargelegten Gründen - von vornherein die Voraussetzungen für eine Zulassung fehlten; Entsprechendes gilt für die Gemeinschaftspraxis-Genehmigung. In derartigen Fällen steht dem Vertragsarzt ungeachtet des rückwirkend nicht korrigierbaren Status kein Honorar zu (so auch Wenner aaO RdNr 48; Engelmann, ZMGR 2004, 3, 13; Schallen, Zulassungsverordnung, 7. Aufl 2009, § 33 RdNr 142 ff).

53

aa) Ein die Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllender oder für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit ungeeigneter Arzt, der sich die Vertragsarztzulassung unter Vorspiegelung falscher Tatsachen verschafft hat, kann nicht unter Berufung auf den dadurch erworbenen formalrechtlichen Status vertragsärztliche Leistungen erbringen und abrechnen (BSGE 76, 153, 155 = SozR 3-2500 § 95 Nr 5 S 22 unter Hinweis auf BSG SozR 2200 § 368f Nr 1). Dies gilt entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung (vgl Spoerr/Fenner, MedR 2002, 109, 115) nicht allein - wie in den bereits entschiedenen Fällen - dann, wenn es an der erforderlichen Approbation und damit bereits an der Erbringung ärztlicher Leistungen fehlt, und/oder, wenn der Arzt rückwirkend auf seine Zulassung verzichtet hat (vgl Spoerr/Fenner aaO). Vielmehr ist eine Berufung auf einen formalrechtlichen Status - jedenfalls soweit es die Abrechnungsprüfung betrifft - auch in anderen Fällen ausgeschlossen, in denen die Zulassungsgremien eine Zulassung bei Kenntnis der genauen Umstände nicht erteilt hätten bzw nicht hätten erteilen dürfen (in diesem Sinne - Honorarrückforderung im Falle des Rechtsmissbrauchs - auch Gummert/Meier, MedR 2007, 1, 9; vgl weiterhin Clemens/Steinhilper in Laufs/Kern , Handbuch des Arztrechts, 4. Aufl 2010, § 35 RdNr 78 ff).

54

Dies gilt insbesondere im Falle einer missbräuchlichen Nutzung von Gestaltungsformen. Ein Gestaltungsmissbrauch in Form eines Missbrauchs der Rechtsform liegt nicht nur - wie vom Senat bereits entschieden - dann vor, wenn rechtlich in Praxisgemeinschaft verbundene Ärzte die Patienten wie Mitglieder einer Gemeinschaftspraxis behandeln (vgl BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 16 ff; BSG, Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 17/07 B - juris), sondern auch in anderen Fällen, in denen die formal gewählte Rechtsform nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht. Vorliegend haben der Kläger und der Beigeladene zu 2. die Kooperationsform Gemeinschaftspraxis dadurch missbräuchlich genutzt, dass beide die vertragsärztliche Tätigkeit nicht "gemeinsam" ausgeübt haben, sondern faktisch der Kläger in Einzelpraxis tätig war und den Beigeladenen zu 2. - ohne entsprechende Genehmigung - als Assistenten bzw Angestellten beschäftigte.

55

Für die Rechtmäßigkeit der Gewährung vertragsärztlichen Honorars kommt es nicht allein darauf an, dass der Vertragsarzt formell zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, sondern er muss vielmehr auch materiell berechtigt sein, Leistungen in der vertragsärztlichen Versorgung zu erbringen (Engelmann, ZMGR 2004, 3, 13 unter Bezugnahme auf BSGE 76, 153, 155 = SozR 3-2500 § 95 Nr 5 S 22 unter Hinweis auf BSG SozR 2200 § 368f Nr 1). Zudem sind die mit der Verleihung des Status einer Gemeinschaftspraxis verbundenen Vorteile gegenüber einer Einzelpraxis nur gerechtfertigt, wenn die rechtsförmige Gestaltung der Kooperation die Gewähr dafür bietet, dass die mit der Genehmigung der gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit verbundenen Rechte und Pflichten ordnungsgemäß wahrgenommen werden (BSG SozR 4-5520 § 33 Nr 2 RdNr 22).

56

bb) Einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung wie auch einer daraus resultierenden Rückforderung vertragsärztlichen Honorars steht eine etwaige "Tatbestandswirkung" bzw Drittbindungswirkung (zur Terminologie s BSG SozR 3-2500 § 95a Nr 2 S 6; s auch Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl 2008, § 43 RdNr 105) der Zulassung bzw der Gemeinschaftspraxisgenehmigung in dem Sinne, dass andere Behörden bzw Gerichte an diese Entscheidung ohne Rücksicht auf ihren Inhalt gebunden sind (vgl Roos in v. Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, Vor § 39 RdNr 4 mwN),nicht entgegen. Drittbindungswirkung hat der Senat etwa einem Arztregistereintrag im Rahmen eines Zulassungsverfahrens (vgl BSG SozR 3-2500 § 95a Nr 2; BSG SozR 3-2500 § 95c Nr 1; eingrenzend aber BSGE 104, 128 = SozR 4-2500 § 95 Nr 15, RdNr 15 ff) sowie der Approbationsentscheidung im Rahmen einer Arztregistereintragung (BSGE 95, 94 = SozR 4-2500 § 95c Nr 1)beigemessen. Ob eine solche Drittbindungswirkung besteht, ist bereichsspezifisch durch Auslegung der einschlägigen Normen entsprechend ihrem Regelungszweck zu ermitteln; sie kommt insbesondere dann in Betracht, wenn eine Behörde für den Erlass eines gestaltenden bzw konstitutiv-feststellenden Verwaltungsaktes mit einem Regelungsmonopol ausgestattet ist (BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 42 mwN). Sie erfordert das Vorhandensein entsprechender gesetzlicher Regelungen, in denen der Umfang der Bindung wiederum bereichsspezifisch und abhängig von ihrem erkennbaren Regelungszweck unterschiedlich ausgestaltet sein kann (BSG aaO mwN).

57

Es kann dahingestellt bleiben, in welchem Umfang eine Drittbindungswirkung der Entscheidungen der Zulassungsgremien zu bejahen ist, denn zumindest bezogen auf die vorliegende Konstellation wirken sich der Status des zu 2. beigeladenen Arztes als Vertragsarzt wie die ebenfalls statusbegründende Genehmigung der zu 1. beigeladenen Gemeinschaftspraxis nicht auf die Berechtigung der Beklagten aus, aus der gesetzwidrigen Gestaltung der beruflichen Kooperation die notwendigen vergütungsrechtlichen Folgerungen zu ziehen. Der Status des zugelassenen Vertragsarztes und der genehmigten Gemeinschaftspraxis sichern die vertragsärztliche Tätigkeit im Rechtsverhältnis zu Dritten ab (s hierzu schon BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 16 mwN). Die Versicherten können sich darauf verlassen, durch einen zugelassenen Arzt im Rahmen des Sachleistungsprinzips behandelt zu werden; die von einem solchen Arzt ausgestellten Verordnungen sind wirksam und - von der hier nicht relevanten Situation des kollusiven Zusammenwirkens mit einem Apotheker abgesehen - von diesem auszuführen (BSG aaO; vgl auch BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 25). Solange der Status nicht beseitigt ist, wird der betreffende Arzt im Rahmen der Bedarfsplanung berücksichtigt und darf seine organschaftlichen Mitwirkungsrechte innerhalb der KÄV wahrnehmen.

58

Das alles spielt im Rechtsverhältnis zwischen der KÄV und ihrem Mitglied keine Rolle mehr, wenn bekannt ist, dass der Arzt von seiner Zulassung keinen gesetzeskonformen Gebrauch gemacht hat. Für den Rückgriff der KÄV auf die tatsächlichen Verhältnisse bedarf es entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung (Spoerr/Fenner, MedR 2002, 109, 112 f) nicht der rückwirkenden Beseitigung des Status (ebenso Engelmann, ZMGR 2004, 3, 13; Clemens/ Steinhilper aaO, RdNr 76 ff). Im Innenverhältnis zur KÄV schützt der verliehene, aber rechtswidrig erlangte bzw genutzte Status den betroffenen Arzt zumindest in vergütungsrechtlicher Hinsicht nicht.

59

Insoweit besteht eine Parallele zur Beamtenernennung, die durch Täuschung herbeigeführt worden ist. Diese ist nicht nichtig, sondern vielmehr mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (vgl § 14 Abs 1 Nr 1 Bundesbeamtengesetz - BBG -). Im Innenverhältnis hat dies ua zur Folge, dass der Beamte die erhaltene Besoldung zu erstatten hat (s hierzu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 23.10.1979 - IV 1423/77 - juris, dort RdNr 18 f), sofern der Dienstherr sein Ermessen (vgl § 15 Satz 4 BBG in der ab 12.2.2009 gültigen Fassung = § 14 Satz 2 BBG in der bis 11.2.2009 gültigen Fassung) nicht dahingehend ausübt, dass sie ihm belassen wird. Im Außenverhältnis zu Dritten sind die bis zur Zustellung der Erklärung der Rücknahme vorgenommenen Amtshandlungen jedoch in gleicher Weise gültig, wie wenn ein Beamter sie ausgeführt hätte (§ 15 Satz 3 BBG). Wegen der mehrpoligen Rechtsbeziehungen im Vertragsarztrecht scheidet hier die rückwirkende Beseitigung des Status aus; vergleichbar dem Dienstherrn im Beamtenverhältnis darf aber die KÄV aus der zu Unrecht erfolgten Verleihung des Status die erforderlichen Konsequenzen ziehen. Ihr gegenüber entfaltet der Status dann keine Schutzwirkung mehr.

60

d) Der Aufhebung der ursprünglichen Honorarbescheide steht auch die vierjährige Ausschlussfrist, innerhalb derer der Bescheid über die sachlich-rechnerische Richtigstellung ergehen muss (s hierzu BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16; BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 14; BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 12), nicht entgegen. Die Ausschlussfrist beginnt in allen Fällen der Richtigstellung von Honorarbescheiden mit dem Tag nach der Bekanntgabe des für den Abrechnungszeitraum maßgeblichen Honorarbescheids zu laufen (BSG MedR 2008, 100 RdNr 18; BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 18; ebenso das weitere Urteil vom 28.3.2007- B 6 KA 28/06 R -; BSG, Urteil vom 5.5.2010 - B 6 KA 5/09 R - RdNr 28 iVm 31, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), begann mithin für das Quartal IV/1996 mit der Mitte April 1997 erfolgten Bekanntgabe der Honorarbescheide und endete dementsprechend Mitte April 2001. Da der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid erst am 30.11.2001 erlassen worden ist, ist dieser in Bezug auf Teile der Honorarrückforderung nicht innerhalb der Ausschlussfrist erlassen worden.

61

Nach Ablauf der Ausschlussfrist ergehende Kürzungs- bzw Rückforderungsbescheide können - auch wenn die Richtigstellung von fehlerhaften vertragsärztlichen Abrechnungen grundsätzlich kein Verschulden des Vertragsarztes voraussetzt (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6 RdNr 28)- regelmäßig nur noch dann Rechtswirkungen entfalten, wenn die Vertrauensschutzausschlusstatbestände des § 45 SGB X(Abs 2 iVm Abs 4 Satz 1) vorliegen (grundlegend BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 14; ebenso BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 12; BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 16; BSG, Urteil vom 5.5.2010 - B 6 KA 5/09 R - RdNr 32, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Dies ist jedoch hier der Fall. Denn die Honorarbescheide beruhen zum einen auf Angaben, die der Kläger grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hat (§ 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2 SGB X), zum anderen hat er die Rechtswidrigkeit der Honorarbescheide zumindest infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt (§ 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 SGB X).

62

Für den Senat bestehen auf der Grundlage der Feststellungen des LSG keine Zweifel, dass der Kläger wusste, dass der zu 2. beigeladene Dr. Ph. im Innenverhältnis nicht Mitglied der Gemeinschaftspraxis werden sollte bzw dass es hierzu noch einer ausdrücklichen Aufnahme des Beigeladenen zu 2. in die Gesellschaft bedurft hätte, zu der es später nicht gekommen ist. Die ausdrückliche Wendung in den geschlossenen Verträgen, für die Binnenbeziehungen der Beteiligten soll es auf die den Zulassungsgremien vorgelegten Verträge nicht ankommen, lässt deutlich erkennen, dass den Beteiligten die Unrechtmäßigkeit der Konstruktion bewusst war. Dass diese nach Darstellung des Klägers auf anwaltlicher Beratung beruhte, hat offenbar strafverfahrensrechtliche Konsequenzen für den betroffenen Rechtsanwalt gehabt und mag Schadensersatzansprüche des Klägers gegen diesen Rechtsanwalt begründen. Als langjährig tätiger Vertragsarzt hat der Kläger jedoch gewusst, dass ein Arzt, der weder am Erfolg noch am Wertzuwachs der Praxis beteiligt sein sollte, kein Partner einer Gemeinschaftspraxis sein kann. Im Übrigen hatte der damals beratende Rechtsanwalt M. den Kläger bereits im Jahre 1998 (mit an die Mitglieder der "Gesellschaft" gerichtetem Schreiben vom 9.7.1998) mitgeteilt, dass er erneut auf das "Problem Dr. Ph." gestoßen sei, das er mit den Beteiligten zu unterschiedlichen Zeitpunkten bereits angesprochen habe, und darauf aufmerksam gemacht, dass "aufgrund der neuesten Entwicklungen" KÄVen und Zulassungsausschüsse vermehrt die Auffassung verträten, dass Ärzte, die kein unternehmerisches Risiko trügen, nicht in "freier Praxis" niedergelassen seien. Da die Gefahr einer Rückforderung der Gesamthonorare bestehe, solle das Problem schnell gelöst werden.

63

4. Die verfassungsrechtlichen Erwägungen des Klägers gegen seine Rückzahlungspflicht greifen nicht durch.

64

a) Es begegnet zunächst keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit an eine Tätigkeit in "freier Praxis" zu binden (zur hinreichenden Bestimmtheit des Begriffes s bereits unter 3. b aa). Diese Einschränkung hat vor Art 12 Abs 1 GG Bestand, weil sie durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist und nicht weitergeht, als es die rechtfertigenden Gemeinwohlbelange erfordern. Eingriffszweck und Eingriffsintensität stehen in einem angemessenen Verhältnis zueinander (vgl hierzu BSGE 91, 164 RdNr 14 = SozR 4-5520 § 33 Nr 1 RdNr 13 mwN). Wie bereits dargelegt, dient das Merkmal "in freier Praxis" der Abgrenzung der vertragsärztlichen Tätigkeit im Sinne des § 32 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV von der eines Angestellten im Sinne des § 32b Ärzte-ZV (bzw der eines Assistenten). Diese Abgrenzung ist erforderlich, weil mit der Zuordnung zu der einen oder der anderen Gruppe erheblich voneinander abweichende Rechte und Pflichten verbunden sind. Insbesondere ist im Rahmen einer Beschäftigung von Angestellten und Assistenten eine Ausweitung der Leistungsmenge nur in begrenztem Umfang möglich.

65

b) Soweit der Kläger darüber hinaus einen Gleichheitsverstoß annimmt, weil Ärzte, die keine Verträge vorlegen würden, besser gestellt wären, geht er fehl. Wie der Senat bereits entschieden hat, sind Vertragsärzte verpflichtet, den Zulassungsgremien Verträge über die Gemeinschaftspraxis vorzulegen (BSG, Urteil vom 16.7.2003 - B 6 KA 34/02 R - SozR 4-5520 § 33 Nr 2 RdNr 24; ebenso BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 26). Dass die Vorlage solcher Verträge in früheren Zeiten noch nicht üblich gewesen sein mag und es vorliegend nicht um deren Vorlage im Genehmigungsverfahren, sondern in einem Verfahren auf Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung geht, ändert nichts daran, dass auch die KÄVen die Befugnis und Aufgabe haben, die Vorlage der Verträge zu verlangen, wenn dies zur Prüfung der Abrechnung auf ihre sachliche Richtigkeit erforderlich ist (vgl oben 3. b bb letzter Absatz).

66

c) Die rückwirkende Aufhebung der Honorarbescheide und die Pflicht zu vollständiger Erstattung der zu Unrecht erhaltenen Honorare ist für die betroffenen Ärzte auch (im engeren Sinne) verhältnismäßig, da bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist (vgl BVerfGE 76, 196, 207; BVerfGE 85, 248, 259 mwN; BVerfGE 94, 372, 390). Bei der Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht des öffentlichen Interesses an der Erhaltung des Systems der vertragsärztlichen Versorgung ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Rechtsfolge nicht aus Umständen resultiert, die vom Vertragsarzt nicht zu beeinflussen sind, wie etwa das Überschreiten einer bestimmten Altersgrenze oder eines bestimmten Versorgungsgrades in einem Planungsgebiet (s hierzu BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 75). Vielmehr hat der Kläger die Ursache selbst gesetzt (vgl hierzu BSG aaO), indem er sich bewusst und in zumindest möglicher Kenntnis der Folgen für die gewählte Form der Zusammenarbeit mit dem Beigeladenen zu 2. entschieden hat.

67

Zudem ist die Rechtsfolge unvermeidlich, um die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung zu erhalten. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG haben Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen abhängig machen, innerhalb dieses Systems die Funktion, zu gewährleisten, dass sich die Leistungserbringung nach den für die vertragsärztliche Versorgung geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen vollzieht. Das wird dadurch erreicht, dass dem Vertragsarzt für Leistungen, die unter Verstoß gegen derartige Vorschriften bewirkt werden, auch dann keine Vergütung zusteht, wenn die Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht wurden (BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 3 RdNr 14 mwN; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 47 mwN). Daher steht dem Vertragsarzt für Leistungen, die nicht gemäß den Bestimmungen des Vertragsarztrechts erbracht worden sind, auch kein Vergütungsanspruch auf bereicherungsrechtlicher Grundlage zu. Denn die Bestimmungen des Leistungserbringungsrechts über die Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen der Leistungserbringung könnten ihre Steuerungsfunktion nicht erfüllen, wenn der Vertragsarzt die rechtswidrig bewirkten Leistungen über einen Wertersatzanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung im Ergebnis dennoch vergütet bekäme (BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 3 RdNr 14). Dies gilt selbst dann, wenn bei Wahl der rechtmäßigen Gestaltungsform der Honoraranspruch ebenso hoch gewesen wäre.

68

Diese Aussagen gelten auch für den vorliegenden Fall. Könnten Verstöße gegen die für die Leistungserbringung maßgeblichen Bestimmungen nur mit Wirkung für die Zukunft sanktioniert werden, ginge deren Steuerungsfunktion verloren, weil für Vertragsärzte jeglicher Anreiz fehlte, sich normgemäß zu verhalten. Im Gegenteil bestünde gerade ein Anreiz zu normwidrigen Verhalten, wenn die Früchte des Handelns dem Arzt verblieben.

69

5. Schließlich ist der Rückforderungsbetrag auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Die Beklagte durfte das verbleibende Honorar im Wege der Schätzung ermitteln und dabei ein Honorar in Höhe des Fachgruppendurchschnitts festsetzen (BSG SozR 3-5550 § 35 Nr 1 S 6, 8). Diese Schätzung hat sich das LSG in nicht zu beanstandender Weise zu Eigen gemacht (zu den Anforderungen vgl BSG aaO S 9).

70

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung von Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil sie keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

(1) Die Wirtschaftlichkeit der erbrachten ärztlichen Leistungen kann auf begründeten Antrag einer einzelnen Krankenkasse, mehrerer Krankenkassen gemeinsam oder der Kassenärztlichen Vereinigung arztbezogen durch die jeweilige Prüfungsstelle nach § 106c geprüft werden. Die Prüfung kann neben dem zur Abrechnung vorgelegten Leistungsvolumen auch Überweisungen sowie sonstige veranlasste ärztliche Leistungen, insbesondere aufwändige medizinisch-technische Leistungen umfassen; honorarwirksame Begrenzungsregelungen haben keinen Einfluss auf die Prüfungen.

(2) Veranlassung für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach Absatz 1 besteht insbesondere

1.
bei begründetem Verdacht auf fehlende medizinische Notwendigkeit der Leistungen (Fehlindikation),
2.
bei begründetem Verdacht auf fehlende Eignung der Leistungen zur Erreichung des therapeutischen oder diagnostischen Ziels (Ineffektivität),
3.
bei begründetem Verdacht auf mangelnde Übereinstimmung der Leistungen mit den anerkannten Kriterien für ihre fachgerechte Erbringung (Qualitätsmangel), insbesondere in Bezug auf die in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses enthaltenen Vorgaben,
4.
bei begründetem Verdacht auf Unangemessenheit der durch die Leistungen verursachten Kosten im Hinblick auf das Behandlungsziel oder
5.
bei begründetem Verdacht, dass Leistungen des Zahnersatzes und der Kieferorthopädie unvereinbar mit dem Heil- und Kostenplan sind.

(3) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren bis zum 30. November 2019 das Nähere zu den Voraussetzungen nach Absatz 2 in Rahmenempfehlungen. Die Rahmenempfehlungen sind bei den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 zu berücksichtigen.

(4) Die in § 106 Absatz 1 Satz 2 genannten Vertragspartner können über die Prüfung nach Absatz 1 hinaus Prüfungen ärztlicher Leistungen nach Durchschnittswerten oder andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 oder Absatz 3 getroffen, dürfen bei Ärzten der betroffenen Arztgruppe keine Prüfungen nach Durchschnittswerten durchgeführt werden. In den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 sind die Zahl der je Quartal höchstens zu prüfenden Ärzte in einer Kassenärztlichen Vereinigung sowie im Rahmen der Prüfungen nach Absatz 1 und der Prüfungen nach Satz 1 als Kriterien zur Unterscheidung Praxisbesonderheiten festzulegen, die sich aus besonderen Standort- und Strukturmerkmalen des Leistungserbringers oder bei besonderen Behandlungsfällen ergeben. Die Praxisbesonderheiten sind vor Durchführung der Prüfungen als besonderer Versorgungsbedarf durch die Prüfungsstellen anzuerkennen; dies gilt insbesondere auch bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Besuchsleistungen.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 31. August 2010 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Im Streit stehen sachlich-rechnerische Richtigstellungen.

2

Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis (Berufsausübungsgemeinschaft) zweier im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmender Fachärzte. Dr. G. ist Internist mit Schwerpunkt Gastroenterologie und nimmt an der fachärztlichen Versorgung teil, Dr. S. als Internist ohne Schwerpunktbezeichnung an der hausärztlichen Versorgung. Dr. S. Antrag auf gleichzeitige Teilnahme an der haus- und fachärztlichen Versorgung wurde vom Zulassungsausschuss durch Beschluss vom 19.12.2006 abgelehnt.

3

Nachdem die Beklagte die Abrechnung der vom hausärztlichen Praxispartner erbrachten fachärztlichen Leistungen zunächst nicht beanstandet hatte, wies sie die Klägerin mit Schreiben vom 13.12.2005 darauf hin, dass im Falle einer praxisinternen Vertretung hinsichtlich der Abrechnungsgenehmigung auf den Status des ausführenden, nicht den des vertretenen Arztes abzustellen sei, und stellte sodann mit Bescheiden vom 25.1.2007, 1.6.2007 und 19.10.2007 die Abrechnungen der Klägerin in den Quartalen IV/2006, I/2007 sowie III/2007 sachlich-rechnerisch richtig. Gegen die Berichtigung von Leistungen nach der Nr 13400 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) - "Zusatzpauschale Ösophago-Gastroduodenoskopie" - in den Behandlungsfällen, in denen die Leistungen von dem an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Dr. S. erbracht wurden, erhob die Klägerin ohne Erfolg Widersprüche und Klage (Widerspruchsbescheide vom 8.5.2008, Urteil des SG vom 13.1.2010). Das LSG hat auch die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil des LSG vom 31.8.2010).

4

Zur Begründung hat es - unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des SG - ausgeführt, nach den Vorschriften des seit dem 1.4.2005 geltenden EBM-Ä könnten Leistungen nach Nr 13400 EBM-Ä ausschließlich von Fachärzten der Inneren Medizin, die nicht an der hausärztlichen Versorgung teilnehmen, berechnet werden. Dr. S. könne, nachdem er sich für die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung entschieden habe, Leistungen aus dem fachärztlichen Bereich des EBM-Ä nicht erbringen und abrechnen; sein Antrag, sowohl im haus- wie auch im fachärztlichen Bereich tätig zu sein, sei durch den Zulassungsausschuss bestandskräftig abgelehnt worden. Die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit erweitere nicht den persönlichen Zulassungsstatus der Partner der Gemeinschaftspraxis. Etwas anderes käme einer Aufhebung der gesetzlich angeordneten Trennung der Versorgungsbereiche gleich und würde zugleich die Kompetenz des Zulassungsausschusses, im Einzelfall über befristete und sachlich beschränkte Ausnahmen von dieser Trennung zu entscheiden, außer Kraft setzen. Innerhalb einer Gemeinschaftspraxis sei jeder Arzt nur aus dem mit der Zulassung erworbenen Versorgungsauftrag zur vertragsärztlichen Behandlung berechtigt. Die im Bescheid über die Genehmigung einer versorgungsbereichsübergreifenden Gemeinschaftspraxis erwähnte "Vertretung" durch den jeweils anderen Partner betreffe ausdrücklich nur den Bereich einer "erlaubten" Vertretung. Auch aus der Vertretungsregelung des § 32 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) ergebe sich nichts anderes. Erfolge die Vertretung durch einen anderen Vertragsarzt, sei dies nur im Rahmen des diesem erlaubten Spektrums möglich. Anders als ein "externer" Vertreter - ein Arzt, der die Voraussetzungen nach § 3 Abs 2 Ärzte-ZV erfülle - rücke der vertretende Vertragsarzt nicht an die Stelle des Vertretenen, sondern nehme die Vertretung im Rahmen seiner vertragsärztlichen Zulassung wahr und bleibe damit an seinen Versorgungsbereich gebunden.

5

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von Bundesrecht. Dr. S. sei als Vertreter im Versorgungsbereich seines Praxispartners tätig geworden und damit bestimme sich sein zugelassener Tätigkeitsbereich nach dem Zulassungsbereich für den Vertretenen. Es stelle eine nicht gerechtfertigte Benachteiligung der Klägerin dar, wenn jeder nicht zugelassene Internist für den fachärztlich tätigen Praxispartner in dessen Versorgungsbereich tätig werden dürfe, nicht aber der hausärztlich tätige Gemeinschaftspraxispartner. Einziger Grund für diese Benachteiligung könne eine Missbrauchsgefahr sein; ein Missbrauchsfall liege jedoch nicht vor. Durch die begehrte Vertretungsmöglichkeit werde keinesfalls die grundsätzliche Trennung zwischen den beiden Versorgungsbereichen ausgehebelt, da der Vertretungsfall eine Ausnahme darstelle, deren enge Voraussetzungen eindeutig geregelt seien. Gerade wenn die Partner einer Gemeinschaftspraxis in unterschiedlichen Versorgungsbereichen zugelassen seien, müsse der ausfallende Partner vertreten werden. Im Übrigen besitze Dr. S., dem die Durchführung von Koloskopien genehmigt worden sei, eine der Gastroskopie "zumindest verwandte Zulassung".

6

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG Rheinland-Pfalz vom 31.8.2010 und des SG Mainz vom 13.1.2010 sowie die Bescheide der Beklagten vom 25.1.2007, 1.6.2007 und 19.10.2007 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 8.5.2008 aufzuheben, soweit die von Dr. S. als Vertreter von Dr. G. erbrachten Leistungen nach Nr 13400 EBM-Ä gekürzt worden sind.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält die angefochtenen Urteile für zutreffend. Die Möglichkeit, fachärztliche Leistungen als "Vertreter" des fachärztlichen Praxispartners abrechnen zu dürfen, scheitere daran, dass der hausärztlich tätige Internist die Leistungen aus dem fachärztlichen Bereich nicht abrechnen dürfe. Es sei bereits zweifelhaft, ob es bei einer Gemeinschaftspraxis überhaupt eine Vertretung im rechtlichen Sinne gebe. Weil die Leistungen von der Gemeinschaftspraxis abgerechnet würden, greife auch der Einwand nicht, dass im beschriebenen "Vertretungs"-Fall die Leistungen dem fachärztlichen Internisten zugerechnet würden. Der Vertreter müsse über eine mit der Zulassung des Vertretenen identische oder zumindest fachverwandte Zulassung verfügen; im Vertretungsfall sei für die Abrechnung von Leistungen der Zulassungsstatus des Vertreters maßgebend. Dieser könne nur Leistungen abrechnen, die nach den Bestimmungen des EBM-Ä seinem Zulassungsstatus und "Genehmigungsspektrum" zugeordnet seien. Der fachärztlich tätige Partner könne durchaus vertreten werden, nur nicht durch den hausärztlich tätigen Praxispartner; dieser dürfe nur fachärztlich tätig werden, wenn ihm auf der Grundlage des § 73 Abs 1a Satz 3 SGB V eine versorgungsbereichsübergreifende Tätigkeit erlaubt worden sei.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, dass die Beklagte die von der Klägerin abgerechneten Leistungen nach der Nr 13400 EBM-Ä, soweit sie von deren Mitglied Dr. S. erbracht wurden, zu Recht sachlich-rechnerisch richtig gestellt hat.

10

1. Die Beklagte ist aufgrund von § 106a Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V, der durch Art 1 Nr 83 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190, 2217) mit Wirkung zum 1.1.2004 (Art 37 Abs 1 GMG) eingefügt worden ist, gesetzlich berechtigt und verpflichtet, die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte festzustellen und die Abrechnungen nötigenfalls richtigzustellen.

11

2. Die auf dieser Grundlage vorgenommenen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen sind rechtmäßig. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Vergütung für die von Dr. S. erbrachten Leistungen nach der Nr 13400 EBM-Ä.

12

a. Bei den streitbefangenen Leistungen handelt sich um Leistungen, die dem fachärztlichen Versorgungsbereich zugeordnet sind: Gemäß der Vorbemerkung in Nr 13.3.3 EBM-Ä kann die Gebührenposition Nr 13400 EBM-Ä von Fachärzten für Innere Medizin mit Schwerpunkt Gastroenterologie (Nr 1) sowie von allen in der Präambel zu Nr 13.1 EBM-Ä unter 1. aufgeführten Vertragsärzten (Nr 2 Satz 2) - dh von (allen) Fachärzten für Innere Medizin, die nicht an der hausärztlichen Versorgung gemäß § 73 Abs 1a SGB V teilnehmen - berechnet werden. Somit können derartige Leistungen von einem im hausärztlichen Versorgungsbereich tätigen Internisten wie Dr. S. nicht abgerechnet werden.

13

b. Diese Beschränkung der Abrechenbarkeit unterliegt keinen rechtlichen Bedenken.

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aa. Durch das Gesetz (§ 73 Abs 1 Satz 1 SGB V) wird vorgegeben, die vertragsärztliche Versorgung in eine hausärztliche und eine fachärztliche Versorgung zu gliedern; die Regelungen sind verfassungsgemäß (stRspr von BSG und BVerfG, vgl zB BSGE 80, 256, 258 ff = SozR 3-2500 § 73 Nr 1 S 3 ff; BSG SozR 4-2500 § 73 Nr 1 RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 73 Nr 3 RdNr 13; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 73 Nr 4 RdNr 12; BVerfG , NJW 1999, 2730, 2731 = SozR 3-2500 § 73 Nr 3 S 16 f).

15

Zur Umsetzung der Vorgaben des § 73 Abs 1 SGB V auf der Ebene des Bewertungsmaßstabs als Verzeichnis der abrechnungsfähigen Leistungen bestimmt § 87 Abs 2a Satz 1 SGB V(der inhaltlich § 87 Abs 2a Satz 5 in der vom 1.1.2004 bis zum 31.3.2007 geltenden Fassung entspricht), dass alle im EBM-Ä aufgeführten Leistungen in Leistungen der hausärztlichen und Leistungen der fachärztlichen Versorgung zu gliedern sind. Die Zuordnung der Leistungen hat entsprechend der in § 73 Abs 1 SGB V festgelegten Gliederung der vertragsärztlichen Versorgung mit der Maßgabe zu erfolgen, dass unbeschadet gemeinsam abrechenbarer Leistungen solche der hausärztlichen Versorgung nur von den an der hausärztlichen Versorgung und solche der fachärztlichen Versorgung nur von den an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten abgerechnet werden dürfen. Inhalt der Regelung ist damit - neben der Gliederung des EBM-Ä - zugleich die Festlegung der von der jeweiligen Gruppe abrechenbaren Leistungen.

16

bb. Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung, welche - wie Dr. S. die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung gewählt haben, nehmen zwingend nur daran teil (§ 73 Abs 1a Satz 1 Nr 3 SGB V). Eine gleichzeitige Teilnahme an der hausärztlichen und an der fachärztlichen Versorgung ist grundsätzlich ausgeschlossen (BSGE 80, 256, 257 = SozR 3-2500 § 73 Nr 1 S 2; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 73 Nr 4 RdNr 12). Mit den im Gesetz vorgesehenen Ausnahmen (§ 73 Abs 1a Satz 3 bis 5 SGB V)ist die Zuordnung der Arztgruppen zur haus- oder fachärztlichen Versorgung umfassend und abschließend geregelt; weitere Ausnahmen sind auch unter verfassungsrechtlichen Erwägungen nicht erforderlich (BSG SozR 4-2500 § 73 Nr 4 RdNr 14 mwN). Ein Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 73 Abs 1a Satz 3 SGB V für Dr. S. wurde vom Zulassungsausschuss bestandskräftig abgelehnt.

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cc. Auf dieser Rechtsgrundlage hat der Bewertungsausschuss in seinem Beschluss vom 20.6.2000 (DÄ 2000, A-1920 ff) ua die streitbefangenen Leistungen (seinerzeit Nr 740 und 741 des EBM-Ä 1999) ausschließlich dem fachärztlichen Versorgungsbereich zugeordnet (s DÄ 2000, A-1924). Der Ausschluss hausärztlicher Internisten von der Erbringung gastroenterologischer Leistungen ist auch mit Verfassungsrecht vereinbar (zu den Anforderungen vgl BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 37 f), denn diese Leistungen gehören nicht zum Kernbereich des internistischen Fachgebiets in dem Sinne, dass eine internistische Tätigkeit ohne das Angebot spezieller gastroenterologischer Leistungen nicht sinnvoll ausgeübt werden könnte(BSG SozR 4-2500 § 121 Nr 4 RdNr 31). Dies steht zwischen den Beteiligten dem Grunde nach auch nicht im Streit.

18

3. Der Ausschluss der Abrechenbarkeit von Leistungen nach der Nr 13400 EBM-Ä für im hausärztlichen Versorgungsbereich tätige Vertragsärzte erfasst auch Ärzte, die in einer fachübergreifenden bzw versorgungsbereichsübergreifenden Gemeinschaftspraxis tätig sind. Abweichendes ergibt sich weder aus dem Charakter einer Gemeinschaftspraxis (a.) noch aus den für eine Vertretung geltenden Regelungen (b.).

19

a. Aus der Genehmigung der gemeinsamen Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit nach § 33 Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV folgt nicht, dass damit zugleich die "gemeinsame" Erbringung und Abrechnung aller Leistungen unabhängig von Fachgebietsgrenzen, Qualifikationsanforderungen oder sonstigen für die Leistungserbringung bzw -abrechnung maßgeblichen rechtlichen Vorgaben gestattet wird.

20

aa. Die Gemeinschaftspraxis (Berufsausübungsgemeinschaft) ist durch eine gemeinsame Ausübung der ärztlichen Tätigkeit durch mehrere Ärzte der gleichen oder ähnlicher Fachrichtung in gemeinsamen Räumen mit gemeinsamer Praxiseinrichtung, gemeinsamer Karteiführung und Abrechnung sowie mit gemeinsamem Personal auf gemeinsame Rechnung geprägt (vgl BSG SozR 4-5520 § 33 Nr 2 RdNr 18; BSG SozR 4-1930 § 6 Nr 1 RdNr 14; s schon BSG Urteil vom 19.8.1992 - 6 RKa 35/90 - MedR 1993, 279 = USK 92205 S 1052). Die Behandlung eines Patienten in einem Quartal durch verschiedene Mitglieder der Gemeinschaftspraxis stellt sich als ein einziger Behandlungsfall dar (BSG SozR 4-1930 § 6 Nr 1 RdNr 14). Die Genehmigung der gemeinsamen Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit bewirkt, dass die Partner ihre Leistungen unter einer gemeinsamen Abrechnungsnummer gegenüber der zuständigen KÄV abrechnen können; die Gemeinschaftspraxis tritt dieser dementsprechend wie ein Einzelarzt als einheitliche Rechtspersönlichkeit gegenüber (BSG SozR 4-5520 § 33 Nr 2 RdNr 18; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 6 RdNr 21). Sie stellt rechtlich gesehen eine Praxis dar (BSG SozR 4-5520 § 33 Nr 2 RdNr 18; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 6 RdNr 21; BSG Urteil vom 8.12.2010 - B 6 KA 38/09 R = USK 2010-148 S 1307; s auch BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 57 RdNr 15). Eine Gemeinschaftspraxis erwirbt der KÄV gegenüber Honoraransprüche und wird ggf zur Rückzahlung überzahlten Honorars verpflichtet (BSG SozR 4-5520 § 33 Nr 2 RdNr 23).

21

bb. Dass die erbrachten vertragsärztlichen Leistungen nicht den einzelnen Ärzten, sondern der Gemeinschaftspraxis als solcher zugeordnet werden, bedeutet aber nicht, dass die in ihr tätigen Ärzte von den für alle übrigen Ärzte geltenden Fachgebietsbegrenzungen und Qualifikationsanforderungen befreit sind. Der Umstand, dass Gemeinschaftspraxen auch zwischen Ärzten verschiedener Fachgebiete zulässig sind (vgl BSGE 55, 97 = SozR 5520 § 33 Nr 1), ändert hieran nichts.

22

Der Senat hat wiederholt dargelegt, dass dann, wenn sich Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen zu einer Gemeinschaftspraxis zusammenschließen, jeder der beteiligten Ärzte auf die Grenzen seines Fachgebiets beschränkt bleibt (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 20 S 103; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 47 S 398; vgl auch BSG Urteil vom 19.8.1992 - 6 RKa 35/90 - MedR 1993 S 279 = USK 92205 S 1052). Bereits in seinem Urteil zur grundsätzlichen Zulässigkeit fachübergreifender Gemeinschaftspraxen hatte der Senat ausgeführt, dass beim Zusammengehen von Ärzten verschiedener Fachgruppen vor allem darauf zu achten ist, dass das berufsrechtliche Gebot der Fachgebietsbeschränkung eingehalten wird (BSGE 55, 97, 102 = SozR 5520 § 33 Nr 1 S 6). Die Genehmigung einer fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis darf nicht dazu führen, dass "die Leistungserbringung durch einen dazu nicht berechtigten Arzt - zB wegen seiner auf ein bestimmtes Fachgebiet beschränkten Zulassung oder mangels eines erforderlichen Befähigungsnachweises … - nicht verhindert werden kann" (BSGE aaO S 103 = SozR aaO S 7). Diese Beschränkung auf das Fachgebiet ändert indessen nichts daran, dass die Gemeinschaftspraxis als solche die Patienten unter einem einheitlichen Namen behandelt und unter diesem Namen die Leistungsabrechnung gegenüber der KÄV vornimmt (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 47 S 398).

23

cc. Beschränkungen der gemeinsamen und gemeinschaftlichen vertragsärztlichen Tätigkeit in einer Gemeinschaftspraxis ergeben sich nicht allein aus Qualifikationsanforderungen und berufsrechtlichen Fachgebietsgrenzen, sondern auch durch andere (vertragsarzt-)rechtliche Regelungen, wie etwa die durch § 73 Abs 1 Satz 1 SGB V vorgegebene Trennung der Versorgungsbereiche. Die dem zugrunde liegenden Ziele einer Stärkung der Funktion des Hausarztes, der Begrenzung der ständigen Zunahme spezieller fachärztlicher Leistungen und der Beseitigung ökonomischer Fehlentwicklungen (vgl hierzu ua BSGE 80, 256, 262 = SozR 3-2500 § 73 Nr 1 S 6 f)müssen auch bei der Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit in einer fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis beachtet werden.

24

Gerade bei fach- und versorgungsbereichsübergreifenden Gemeinschaftspraxen ist eine eindeutige Abgrenzung der jeweiligen Leistungs- und Versorgungsbereiche erforderlich, weil die Gefahr besteht, dass andernfalls die Fachgebietsgrenzen, insbesondere aber die gesetzlich vorgegebene Trennung der haus- und fachärztlichen Versorgungsbereiche unterlaufen würde. Dies gilt namentlich bei Gemeinschaftspraxen zwischen haus- und fachärztlich tätigen Internisten, denn es liegt nahe, dass Internisten, die sich aufgrund rechtlicher Vorgaben für eine ausschließlich hausärztliche bzw ausschließlich fachärztliche Tätigkeit entscheiden mussten, bei einer Außerkraftsetzung der Versorgungsbereichsgrenzen für Gemeinschaftspraxen - sei es aus fachlichem Interesse, sei es aus praktischen Erwägungen - die Gelegenheit nutzen werden, zwischen den Versorgungsbereichen zu wechseln.

25

Gegenüber den mit der generalisierenden Trennung der Versorgungsbereiche verbundenen Zielen müssen die Interessen der Gemeinschaftspraxispartner an einfachen "Vertretungs"möglichkeiten, aber auch die Interessen der Patienten an einer Behandlung durch einen ihnen vertrauten Leistungserbringer zurücktreten. Damit werden die Patienten einer Gemeinschaftspraxis gegenüber den in Einzelpraxen behandelten Patienten keineswegs schlechter, sondern diesen lediglich gleichgestellt, da auch Patienten eines in hausärztlicher Einzelpraxis tätigen Internisten nicht beanspruchen können, von diesem auch fachärztlich behandelt zu werden.

26

dd. Eine Abrechnungsberechtigung für Dr. S. ergibt sich schließlich auch nicht aus dem Bescheid über die Genehmigung der gemeinschaftlichen Berufsausübung. Wenn dort ausgeführt wird, die Ärzte seien darüber belehrt worden, dass der Vertragsarzt seine Tätigkeit - vom Fall einer erlaubten Vertretung abgesehen - persönlich auszuüben hat, wird damit allein auf den Inhalt des § 32 Abs 1 Ärzte-ZV Bezug genommen. Anhaltspunkte für die Annahme, der Zulassungsausschuss habe den Gemeinschaftspraxispartnern das Recht auf wechselseitige "Vertretung" eingeräumt, lassen sich daraus nicht entnehmen.

27

b. Eine Berechtigung zur ausnahmsweisen Abrechnung fachärztlicher Leistungen ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer "Vertretung" des Dr. G. durch den Gemeinschaftspraxispartner Dr. S. Nach § 32 Abs 1 Satz 2 Ärzte-ZV können sich Vertragsärzte bei Krankheit, Urlaub oder Teilnahme an ärztlicher Fortbildung oder an einer Wehrübung - Vertragsärztinnen nach Satz 3 auch bei Schwangerschaft - in gewissem zeitlichen Umfang vertreten lassen.

28

aa. Einer Anwendung der für eine Vertretung iS des § 32 Abs 1 Ärzte-ZV geltenden Regelungen steht bereits entgegen, dass diese Regelungen auf die in einer Gemeinschaftspraxis tätigen Partner insoweit keine Anwendung finden, als die Behandlung durch einen anderen Arzt der Gemeinschaftspraxis keine "Vertretung" des Vertragsarztes darstellt. Dies hat der Senat bereits wiederholt entschieden (BSG Urteil vom 19.8.1992 - 6 RKa 35/90 - MedR 1993, 279 = USK 92205; BSG SozR 4-1930 § 6 Nr 1 RdNr 14) und entspricht auch der herrschenden Meinung im Schrifttum (vgl Schallen, Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, Vertragszahnärzte, Medizinische Versorgungszentren, Psychotherapeuten, 7. Aufl 2009, § 32 RdNr 16; Bäune in Bäune/Meschke/Rothfuß, Komm zur Zulassungsverordnung für Vertragsärzte und Vertragszahnärzte, 2007, § 32 RdNr 12; Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, 2008, § 20 RdNr 6).

29

Das BSG hat dies damit begründet, dass die Gemeinschaftspraxis der KÄV gegenüber wie ein Einzelarzt als einheitliche Rechtspersönlichkeit auftritt (BSG SozR 4-1930 § 6 Nr 1 RdNr 14) und sich die für Vertragsärzte geltenden Vertretungsregelungen auf die Praxis als Gesamtheit beziehen (BSG MedR 1993, 279 = USK 92205 S 1052). "Behandelnder Arzt" in einer Gemeinschaftspraxis ist "die" Gemeinschaft und nicht der einzelne Arzt, der ihr angehört (Wenner aaO § 20 RdNr 6). Einer Vertretung bedarf es in einer Gemeinschaftspraxis nur, wenn der Ausfall eines Partners nicht durch die weiterhin tätigen anderen Partner aufgefangen werden kann (vgl BSG MedR 1993, 279 = USK 92205 S 1052; BSG SozR 4-1930 § 6 Nr 1 RdNr 14) und deshalb ein externer Arzt - evtl Vertragsarzt - herangezogen werden muss. Welche Vorgaben - etwa wegen der gleichzeitigen urlaubs- oder krankheitsbedingten Abwesenheit von Praxispartnern - für eine Vertretung durch Ärzte gelten, die nicht Partner der Gemeinschaftspraxis sind, bedarf hier keiner näheren Klärung, weil Dr. S. der Klägerin angehört.

30

Gegen die Annahme eines Vertretungsfalles innerhalb einer Gemeinschaftspraxis sprechen auch praktische Erwägungen. Zum einen kommt eine Vertretung nur bei Vorliegen der in § 32 Abs 1 Satz 2 und 3 Ärzte-ZV genannten Gründe (Urlaub, Krankheit, Fortbildung, Wehrübung und Schwangerschaft) in Betracht. Der keineswegs seltene Fall, dass Ärzte einer Gemeinschaftspraxis jeweils nur an bestimmten Wochentagen in der Praxis tätig werden (sei es, um hierdurch längere Sprechzeiten je Wochentag zu erzielen, sei es, um Zeit für andere Tätigkeiten zu haben), wird hiervon nicht erfasst. Zum anderen ist nach § 32 Abs 1 Satz 4 Ärzte-ZV eine Vertretung der KÄV mitzuteilen, wenn sie länger als eine Woche dauert; auch gewährt § 32 Abs 1 Satz 6 Ärzte-ZV der KÄV ein Prüfrecht, wenn die Vertretung innerhalb eines Zwölf-Monats-Zeitraums länger als einen Monat dauert. Damit wäre der reguläre Urlaub der Gemeinschaftspraxispartner in allen Fällen anzeigepflichtig und Prüfungsgrund. All dies ist mit dem Grundgedanken einer gemeinschaftlich ausgeübten vertragsärztlichen Tätigkeit nicht vereinbar.

31

Dies gilt auch für fach- und versorgungsbereichsübergreifende Gemeinschaftspraxen. Die einzige Abweichung zu fachgleichen Gemeinschaftspraxen besteht darin, dass das Spektrum der vertragsärztlichen Tätigkeiten, die wechselseitig von den Partnern der Gemeinschaftspraxis wahrgenommen werden können, hier naturgemäß geringer ist. Zu beachten ist jedoch, dass fachübergreifende Gemeinschaftspraxen (jedenfalls) dann zulässig sind, sofern sich die verschiedenen Fachgebiete teilweise decken und in sinnvoller Weise für eine gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit eignen (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 47 S 398 unter Bezugnahme auf BSGE 55, 97, 105 = SozR 5520 § 33 Nr 1 S 9). Eine fachübergreifende Gemeinschaftspraxis, in der wegen bestehender Fachgebiets- und Versorgungsbereichsgrenzen eine gemeinsame Behandlung der Patienten (nahezu) ausgeschlossen ist, dürfte somit nicht zulassungsfähig sein.

32

bb. Selbst wenn man aber die für eine Vertretung geltenden Regelungen zugrunde legen würde, ergäbe sich hieraus für den hausärztlich tätigen (praxisinternen) "Vertreter" nicht die Berechtigung, "vertretungsweise" Leistungen zu erbringen, die dem fachärztlichen Versorgungsbereich seines Praxispartners zugeordnet sind. Denn die Tätigkeit des Vertreters unterliegt - ebenso wie die des Vertretenen - Beschränkungen durch spezielle Qualifikationsanforderungen (1), durch das Erfordernis der Gebietsgleichheit (2) sowie durch Abrechnungsbestimmungen (3). Letztere stünden einer praxisinternen "Vertretung" durch Dr. S. entgegen.

33

(1) Leistungen, für die ein spezieller Qualifikationsnachweis erforderlich ist, dürfen nur dann von einem Vertreter erbracht (und vom vertretenen Vertragsarzt abgerechnet) werden, wenn der Vertreter die hierfür erforderliche Qualifikation besitzt (BSG SozR 3-2500 § 135 Nr 6 S 33, 35; Pawlita in jurisPK-SGB V, Stand Dezember 2011, § 95 RdNr 324; Schallen aaO § 32 RdNr 33; Hess in Kasseler Komm, Stand April 2010, § 98 SGB V RdNr 60). Die Qualifikationserfordernisse nach § 135 Abs 2 SGB V iVm bundesmantelvertraglichen Bestimmungen müssen in der Person des Arztes erfüllt sein, der die Leistungen tatsächlich erbracht hat(BSG SozR 3-2500 § 135 Nr 6 S 33).

34

Dies ergibt sich bereits aus § 14 Abs 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte(; dem entsprechend: § 20 Abs 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen). Danach hat sich der vertretene Arzt dann, wenn Vertreter Leistungen erbringen, für die eine Qualifikation gemäß § 11 BMV-Ä(bzw § 39 EKV-Ä) Voraussetzung ist, darüber zu vergewissern, dass die Qualifikationsvoraussetzungen erfüllt sind (Satz 1 aaO). Sind diese Qualifikationsvoraussetzungen nicht erfüllt, dürfen die Leistungen, die eine besondere Qualifikation erfordern, nicht erbracht werden (Satz 2 aaO). Die erwähnten Qualifikationsanforderungen beziehen sich auf ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse oder Erfahrungen (Fachkunde) sowie einer besonderen Praxisausstattung oder weiterer Anforderungen an die Strukturqualität bedürfen (§ 11 Abs 1 Satz 1 BMV-Ä). Die Voraussetzungen ergeben sich aus den Anlagen zu diesem Vertrag (Satz 2 aaO). Derartige Qualitätssicherungsvereinbarungen bzw -richtlinien gibt es jedoch für Leistungen nach Nr 13400 EBM-Ä (Zusatzpauschale Ösophago-Gastroduodenoskopie) nicht.

35

(2) Besondere Anforderungen an Vertreter ergeben sich jedoch nicht allein aus speziellen Qualifikationsanforderungen, sondern bestehen auch darüber hinaus. So ist von einem Vertreter zu fordern, dass er die gleiche Gebietsbezeichnung wie der Vertretene führt.

36

Nach § 32 Abs 1 Satz 5 Ärzte-ZV darf sich ein Vertragsarzt grundsätzlich nur durch einen anderen Vertragsarzt oder durch einen Arzt, der die Voraussetzungen des § 3 Abs 2 Ärzte-ZV erfüllt, vertreten lassen. Auch im Falle einer Vertretung durch einen nicht zugelassenen Arzt muss dieser die Voraussetzungen für die Eintragung in das Arztregister nach § 3 Abs 2 Ärzte-ZV erfüllen, also die Approbation als Arzt besitzen sowie den erfolgreichen Abschluss einer allgemeinmedizinischen Weiterbildung oder einer Weiterbildung in einem anderen Fachgebiet mit der Befugnis zum Führen einer entsprechenden Gebietsbezeichnung(bzw eine nach § 95a Abs 4 und 5 SGB V - dh nach EU-Recht - anerkannte Qualifikation) nachweisen.

37

Das somit für alle als Vertreter tätigen Ärzte bestehende Erfordernis einer abgeschlossenen Weiterbildung ist bei sachorientierter Auslegung dahingehend zu interpretieren, dass ein prinzipiell gleicher Qualifikationsstandard von Vertragsarzt und Vertreter gefordert wird (vgl BSG SozR 3-2500 § 135 Nr 6 S 34 f), also keine Weiterbildung in einem beliebigen Fachgebiet genügt, sondern der Vertreter (wie der angestellte Arzt) derselben oder zumindest einer unmittelbar verwandten Gebietsgruppe angehören muss wie der Vertretene (vgl BSGE 78, 291, 296 = SozR 3-5520 § 32b Nr 2 S 6; in diesem Sinne auch Schallen aaO § 32 RdNr 25, 28; Bäune aaO, § 32 RdNr 12; Pawlita aaO, § 95 RdNr 324).

38

Bezüglich der Anstellung von Ärzten hat der Senat zu der bis zum 31.12.2006 geltenden Rechtslage bereits entschieden, dass eine Beschäftigung bei einem für ein bestimmtes Fachgebiet zugelassenen Vertragsarzt unabhängig von sonstigen Voraussetzungen nur dann zulässig ist, wenn auch der zur Anstellung vorgesehene Arzt die für dieses Fachgebiet vorgeschriebene Weiterbildung durchlaufen hat und die betreffende Gebietsbezeichnung führen darf (BSGE 78, 291, 294 = SozR 3-5520 § 32b Nr 2 S 4). Der Senat hatte das Erfordernis einer übereinstimmenden gebietsärztlichen Qualifikation vorrangig aus der auch für die vertragsärztliche Tätigkeit geltenden Fachgebietsbindung abgeleitet. Durch eine - nach außen hin nicht in Erscheinung tretende - andersartige Qualifikation des angestellten Arztes durften die Fachgebietsbeschränkungen nicht unterlaufen werden, und durch die Beschäftigung eines Arztes, der für das vom Praxisinhaber vertretene Gebiet nicht ausgebildet ist, durfte die mit der Spezialisierung bezweckte qualitativ hochwertige fachärztliche Versorgung nicht in Frage gestellt werden (BSGE aaO S 294 f = SozR aaO S 5). Der Patient, der eine Facharztpraxis aufsucht, tut dies in der Erwartung, dort von dem entsprechenden Spezialisten behandelt zu werden (BSGE aaO S 295 = SozR aaO S 5; vgl auch Schallen aaO, § 32 RdNr 29).

39

Inwieweit dieser Standpunkt, der grundsätzlich gleichermaßen für die Vertretung eines Vertragsarztes galt, seit dem 1.1.2007 aufrechterhalten werden kann, bedarf hier keiner Entscheidung. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll durch die Neufassung des § 95 Abs 9 SGB V durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) dem Vertragsarzt offenbar auch die Anstellung fachfremder Ärzte ermöglicht werden(s Regierungsentwurf zum VÄndG, BT-Drucks 16/2474 S 22 zu Art 1 Nr 5 Buchst f). Das ergibt sich allerdings nur im Umkehrschluss aus der Regelung zur Anstellung in überversorgten Gebieten (§ 95 Abs 9 Satz 2 SGB V) sowie - mittelbar - aus der hierzu gegebenen Begründung; hier soll an dem Grundsatz der Fachgebietsidentität von anstellendem und angestelltem Arzt festgehalten werden (BT-Drucks aaO S 22; s auch Bäune aaO, § 32b RdNr 32). Ob die Anstellung von fachfremden Ärzten unter dem Aspekt der Qualitätssicherung tatsächlich in dem weiten Umfang möglich ist, den die Vertragspartner in § 14a Abs 2 BMV-Ä bzw § 20a Abs 2 EKV-Ä eröffnet haben, kann hier offenbleiben. Ebenso kann offenbleiben, ob die für die Anstellung von Ärzten geltende Neuregelung angesichts der vorerwähnten Qualitätssicherungsaspekte ohne eine spezifische gesetzliche Regelung überhaupt auf den Bereich der Vertretung übertragen werden könnte.

40

Denn auch dieser Gesichtspunkt stünde einer praxisinternen "Vertretung" durch Dr. S. nicht entgegen, da dieser als Internist die für die Erbringung gastroskopischer Leistungen erforderliche Qualifikation besitzt. Ein Abrechnungsausschluss ergibt sich daher auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Fachfremdheit, denn die Fachgebietsgrenzen ergeben sich aus der Berufsordnung; diese kennt aber kein "Fachgebiet" des hausärztlichen Internisten einerseits und des fachärztlichen Internisten andererseits.

41

(3) Eine weitere Einschränkung der Berechtigung des Vertreters, vertragsärztliche Leistungen zu erbringen und abzurechnen, ergibt sich schließlich aus Abrechnungsbestimmungen, namentlich solchen des EBM-Ä. Sofern die Abrechnungsbestimmungen die Leistungserbringung (und deren Abrechnung) bestimmten Arztgruppen zuweisen, ist auch der Vertreter hieran gebunden. Dem steht nicht entgegen, dass die Leistungen nicht durch den Vertreter, sondern durch den Vertretenen als eigene Leistungen abgerechnet werden (vgl BSGE 93, 79 = SozR 4-5525 § 32 Nr 1, RdNr 17). Da die Zuordnung der Leistungen zu bestimmten Arztgruppen (auch) der Qualitätssicherung dient, kann nicht die fachliche Qualifikation des Abrechnenden maßgeblich sein, sondern es ist auf die Qualifikation desjenigen abzustellen, der die Leistung erbringt. Vertragsärztliche Leistungen, die gemäß den für ihre Abrechnung maßgeblichen Bestimmungen nur von bestimmten Arztgruppen erbracht und abgerechnet werden dürfen, darf mithin auch nur ein Vertreter erbringen, der dieser Arztgruppe angehört, also seine Weiterbildung in diesem Fachgebiet abgeschlossen hat.

42

Darüber hinaus sind von Vertretern (grundsätzlich) auch Regelungen in den Abrechnungsbestimmungen zu beachten, die die gesetzlich vorgegebene Trennung der Versorgungsbereiche umsetzen. Hinsichtlich der erforderlichen Zugehörigkeit zum fachärztlichen Versorgungsbereich ist allerdings zwischen zugelassenen Vertragsärzten als Vertretern und nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten als Vertretern iS des § 3 Abs 2 Ärzte-ZV zu unterscheiden. Denn die Zuordnung zum haus- bzw fachärztlichen Versorgungsbereich erfasst naturgemäß nur die Ärzte, die als Vertragsärzte zugelassen sind, nicht aber als Vertreter tätige Nicht-Vertragsärzte. Daher kann auch nur von als Vertreter tätigen Vertragsärzten gefordert werden, dass sie die Grenzen ihres Versorgungsbereiches einhalten.

43

Die Gebührenposition nach Nr 13400 EBM-Ä kann gemäß der Vorbemerkung in Nr 13.3.3 iVm der Nr 1 der Präambel Nr 13.1 EBM-Ä nur von Fachärzten für Innere Medizin mit Schwerpunkt Gastroenterologie sowie von allen übrigen Fachärzten für Innere Medizin, die nicht an der hausärztlichen Versorgung gemäß § 73 Abs 1a SGB V teilnehmen, berechnet werden. Somit müssen die Ärzte eine Weiterbildung auf dem Gebiet der Inneren Medizin abgeschlossen haben sowie - jedenfalls wenn sie zugelassene Vertragsärzte sind - an der fachärztlichen Versorgung teilnehmen. Da Dr. S. an der hausärztlichen Versorgung teilnimmt, ist dieser unabhängig von einer berufsrechtlichen Qualifikation für gastroskopische Leistungen nicht zur Abrechnung der strittigen Leistungen berechtigt.

44

Die Teilnahme des Dr. S. an der hausärztlichen Versorgung stünde seiner Berechtigung, in Vertretung von Dr. G. die Leistungen nach Nr 13400 EBM-Ä zu erbringen, auch dann entgegen, wenn er seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht gemeinsam mit Dr. G. ausüben würde. Der Zulassungsstatus des Vertragsarztes und seine Zuordnung zu einem der beiden Versorgungsbereiche iS des § 73 Abs 1 Satz 1 SGB V sind unteilbar. Aus der Bindung an den gesetzlich vorgegebenen oder gewählten Versorgungsbereich kann sich ein Vertragsarzt nicht dadurch lösen, dass er als Vertreter eines anderen Vertragsarztes tätig wird. Auch das dient der Durchsetzung der gesetzlich vorgegebenen Trennung der Versorgungsbereiche und der Sicherung der Behandlungsqualität. Ein hausärztlich tätiger Internist, der in der eigenen Praxis Ösophago-Gastroduodenoskopien vertragsärztlich nicht erbringen darf, verfügt typischerweise für diese Leistung nicht über eine durch die Behandlungsroutine gestützte Erfahrung, die derjenigen des fachärztlich tätigen Kollegen entspricht. Damit entfällt von vornherein der von der Klägerin angeführte Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot (Art 3 Abs 1 GG) wegen einer Benachteiligung der Gemeinschaftspraxis. Diesen sieht die Klägerin darin, dass Dr. S. die streitbefangenen Leistungen in Vertretung von Dr. G. erbringen dürfte, wenn er in Einzelpraxis als hausärztlicher Internist tätig wäre. Die dieser hypothetischen Erwägung zugrunde liegende Prämisse trifft - wie soeben dargelegt - nicht zu.

45

Schließlich ist das Gleichbehandlungsgebot auch nicht dadurch verletzt, dass - wie die Klägerin geltend macht - ein nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Internist in Vertretung von Dr. G. auch die Leistungen nach Nr 13400 EBM-Ä erbringen dürfte. Letzteres trifft zwar zu, indiziert aber keinen Gleichheitsverstoß. Der vertragsärztliche Status im Sinne einer Vielzahl von Berechtigungen und Verpflichtungen unterscheidet den zugelassenen vom nicht zugelassenen Arzt so grundlegend, dass unterschiedliche rechtliche Vorgaben für die Ausübung der ähnlichen Tätigkeit im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG grundsätzlich "ungleiche Sachverhalte" betreffen. Das BVerfG hat es zudem wiederholt gebilligt, dass das Vertragsarztrecht den zugelassenen Arzt weitergehenden Einschränkungen unterwirft (s hierzu etwa BVerfG SozR 4-1500 § 54 Nr 4 RdNr 25; BVerfG Beschluss vom 1.2.2011 - 1 BvR 2383/10 - NZS 2012, 62, 63). Im Übrigen ist die Vertretung für die Berufsausübung des Vertragsarztes generell von untergeordneter Bedeutung.

46

4. In einer fach- und versorgungsbereichsübergreifenden Gemeinschaftspraxis bzw Berufsausübungsgemeinschaft ist mithin der dem jeweils anderen Versorgungsbereich zugeordnete Gemeinschaftspraxispartner nicht berechtigt, bei Abwesenheit des Partners vertragsärztliche Leistungen abzurechnen, die dessen Versorgungsbereich zugewiesen sind. Vielmehr bedarf es in diesen Fällen einer Vertretung durch einen - externen - Arzt, der die vorstehend dargestellten Voraussetzungen erfüllt.

47

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Klägerin die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17. November 2010 und des Sozialgerichts Düsseldorf vom 4. April 2007 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 4. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Oktober 2005 wird aufgehoben, soweit Laborleistungen in Behandlungsfällen betroffen sind, bei denen der Notfalldienst nicht von der Klägerin versehen wurde.

Im Übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Die Klägerin und die Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens für alle Rechtszüge je zur Hälfte.

Tatbestand

1

Streitig sind sachlich-rechnerische Richtigstellungen wegen Abrechnung von Laboruntersuchungen als Notfallleistungen im Quartal IV/2004.

2

Die ambulante Notfallversorgung wurde in der hier betroffenen Region im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) in Räumlichkeiten des Krankenhauses der Klägerin durchgeführt. Den Notfalldienst versahen auf der Grundlage eines Vertrages zwischen der Beklagten und der Klägerin - der Trägerin des Krankenhauses - zum Teil Vertragsärzte und zum anderen Teil Ärzte des Krankenhauses. In dem Vertrag war unter anderem geregelt, dass die diensthabenden Notfallärzte die notfallmäßig erforderlichen Röntgen- und Laboruntersuchungen, soweit diese nicht in der Notfallpraxis vorgehalten werden, vom Krankenhaus beziehen, das sie von der Beklagten vergütet erhält (Vertrag vom 13.12.2002/6.1.2003).

3

Die von der Klägerin bei der Beklagten eingereichte Abrechnung für das Quartal IV/2004 enthielt unter anderem Ansätze der Nr 4066 (Bestimmung der Blutalkoholkonzentration - 12,80 Euro) und der Nr 4365 (Bestimmung des C-reaktiven Proteins - 5,40 Euro) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä aF, hier zugrunde gelegt in der damals geltenden Fassung) im Gesamtwert von ca 1715 Euro. Für diese Leistungen versagte die Beklagte die Vergütung, weil sie im Rahmen der Notfallversorgung nicht abrechenbar seien. Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Urteile des SG vom 4.4.2007 und des LSG vom 17.11.2010). Im Urteil des LSG ist ausgeführt, im Rahmen von Notfallbehandlungen sei nur Gefahren für Leib und Leben sowie unzumutbaren Schmerzen der Patienten zu begegnen; dafür seien Bestimmungen des BAK und des CRP im Regelfall nicht erforderlich. Nach der Erkenntnis des Gerichts, gestützt auf die Sachkunde und Berufserfahrung seiner ehrenamtlichen Richter, könne die Ausprägung einer Alkoholintoxikation unabhängig von der BAK-Bestimmung anhand spezifischer Symptome zuverlässig und für die Notfallversorgung ausreichend festgestellt werden. Zumindest im Regelfall reichten Anamnese und körperliche Untersuchung für die Akutbehandlung bis zur Weiterbehandlung durch einen Vertragsarzt oder bis zum Einsetzen einer stationären Behandlung aus. Wertende Entscheidungen im Einzelfall zur näheren Aufklärung der Symptomatik, wie von der Klägerin geltend gemacht, ließen sich den Behandlungsunterlagen nicht entnehmen. Vielmehr sei die BAK routinemäßig bestimmt worden, zB auch dann, wenn der Alkoholabusus nur eine nicht maßgebliche Nebendiagnose gewesen sei - so bei epileptischem Anfall im Rahmen einer Entzugssymptomatik, bei Querschnittssymptomatik nach evtl alkoholbedingtem Fahrradunfall, bei Brustschmerz oder Bronchitis eines alkoholisierten Patienten - oder ohnehin eine stationäre Einweisung erfolgt sei, in deren Verlauf die BAK noch hätte bestimmt werden können - so im Fall des Verdachts auf psychogenen Krampfanfall und Alkoholhalluzinose -. In anderen Fällen sei die erfolgte BAK-Bestimmung nicht in den Behandlungsunterlagen dokumentiert und demgemäß überhaupt kein Anhaltspunkt für deren Erforderlichkeit erkennbar. Auch die Bestimmung des CRP gehe über den Rahmen der notfallmäßigen Erstversorgung hinaus. Eine Rechtfertigung dafür, diese Bestimmung routinemäßig schon im Rahmen der Notfallversorgung durchzuführen, wie dies die Internisten und Neurologen praktiziert hätten, bestehe nicht, und eine Erforderlichkeit im Einzelfall aus besonderem Anlass ergebe sich weder aus den Behandlungsunterlagen noch sei dies offenkundig.

4

Mit ihrer Revision wendet sich die Klägerin gegen das Urteil des LSG. Verfahrensrechtlich sei zu beanstanden, dass das LSG pauschal für alle Behandlungsfälle davon ausgehe, die BAK- und CRP-Bestimmungen seien im Rahmen der Notfallversorgung nicht erforderlich gewesen. Tatsachenfeststellungen mit ausreichender Sachkunde für jeden Einzelfall habe das LSG nicht getroffen. Medizinische Sachkunde hätte das Gericht nur mit Hilfe der ehrenamtlichen Richter und deren Analyse der Behandlungsunterlagen haben können, die dafür die dem Gericht vorgelegten fünf Aktenordner hätten durchsehen müssen. Indessen sei die Beratungszeit des Gerichts so kurz gewesen, dass die ehrenamtlichen Richterinnen weder die umfänglichen Unterlagen hätten durchsehen noch dem Spruchkörper insgesamt ihre Erkenntnisse hätten spezifiziert vermitteln können. Den Inhalt der Aktenordner habe das Gericht auch nicht in der erforderlichen Weise in das Verfahren eingeführt und zum Gegenstand der Verhandlung gemacht. Ferner seien die Prozessbeteiligten nicht in der gebotenen Art über die Sachkunde der ehrenamtlichen Richter informiert worden; substantielle Informationen über ihre Qualifikation habe das Gericht nicht gegeben. Die in die Sitzungsniederschrift aufgenommene, lediglich pauschale Erklärung der ehrenamtlichen Richterinnen, dass sie Notfalldienst sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich verrichtet hätten sowie nach ihrer Auffassung die Bestimmung des BAK und des CRP nicht zu der im Rahmen der Notfallversorgung gebotenen Diagnostik gehöre und ihnen Ausnahmesituationen nicht ersichtlich seien, reiche nicht aus. Ein Verfahrensfehler liege schließlich auch darin, dass das Gericht dem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht gefolgt sei, den sie - die Klägerin - in der mündlichen Verhandlung des LSG hilfsweise gestellt habe. Diesem Hilfsantrag hätte das LSG mangels eigener Sachkunde folgen müssen, da grundlegende, schwierige Fragen medizinischer Art in einer großen Zahl von Fällen angestanden hätten. Auch inhaltlich sei die Entscheidung des LSG zu beanstanden. Dieses hätte differenzieren müssen zwischen den Laboruntersuchungen, die das Krankenhaus auf Anforderung der in der Notfallpraxis diensthabenden Ärzte vorgenommen habe (Auftragsleistungen), und solchen Laboruntersuchungen, die das Krankenhaus durch eigenes Personal veranlasst habe. Der vom LSG angewendete Grundsatz, dass der Leistungserbringer bei Fehlen der Erforderlichkeit einer Untersuchung keinen Anspruch auf Vergütung habe, möge zutreffen, soweit das Krankenhaus die Laboruntersuchungen durch eigenes Personal veranlasst habe, nicht jedoch insoweit, als die in der Notfallpraxis diensthabenden, von der KÄV gestellten Ärzte die Untersuchungen in Auftrag gegeben hätten. Dies seien Auftragsleistungen, bei denen das Vergütungsrisiko nicht den Auftragnehmer, sondern den Auftraggeber treffe. An diesen müsse sich die Beklagte halten; dh sie müsse ggf den Arzt, der den Notfalldienst versehen habe, in Regress nehmen. Bei Auftragsleistungen sei deren Rechtmäßigkeit grundsätzlich nicht vom Auftragnehmer zu prüfen und zu verantworten.

5

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17. November 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 4. April 2007 aufzuheben und die Beklagte - unter Aufhebung ihrer Honorarversagung vom 4. April 2005 für die Leistungen nach Nr 4066 und 4365 EBM-Ä aF in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 5. Oktober 2005 - zu verurteilen, die gestrichenen Leistungen der Nr 4066 und 4365 EBM-Ä aF nachzuvergüten,

hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die Verfahrensrügen für verfehlt. Maßgebliche Entscheidungsgrundlage des LSG seien nicht die fünf Aktenordner gewesen, sondern dessen Erkenntnis, dass die BAK- und CRP-Bestimmungen nicht zur Erstversorgung im Rahmen des Notfalldienstes gehörten. Hierbei bedürfe es weder der Überprüfung der Einzelfälle noch besonderer Sachkunde. Es komme auch deshalb nicht auf den Inhalt der Aktenordner an, weil sich wesentliche Fallunterlagen auch in ihrer - der Beklagten - Verwaltungsakte befänden, die das LSG ausweislich des Tatbestands seines Urteils zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht habe. Im Übrigen liege diesem Urteil auch nicht nur die Überzeugung der ehrenamtlichen Richter, sondern diejenige des gesamten Spruchkörpers zugrunde, wie das Urteil belege, das sich ausdrücklich auf die "Überzeugung des Senats" berufe. Ferner habe das LSG zu Recht von der Einholung eines Sachverständigengutachtens abgesehen, da nur standardmäßige Klärungen angestanden hätten. Schließlich seien auch die inhaltlichen Beanstandungen der Klägerin unberechtigt. Die entscheidende Frage, wen das Vergütungsrisiko bei Auftragsleistungen treffe - den Auftraggeber oder den Auftragnehmer -, sei durch die Rechtsprechung des BSG geklärt. Danach sei die KÄV zur Richtigstellung der Abrechnung des Auftragnehmers berechtigt, wenn dieser den Auftrag wegen erkennbarer Unwirtschaftlichkeit hätte ablehnen müssen. Ein solcher Fall habe hier vorgelegen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin, mit der sie ihr Begehren nach Honorierung aller BAK- und CRP-Laboruntersuchungen im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage weiterverfolgt (unten 1.), hat nur teilweise Erfolg. Soweit (Krankenhaus-)Ärzte im Rahmen des dem Krankenhaus obliegenden Notfalldienstes BAK- und CRP-Laboruntersuchungen anforderten, lehnt die Beklagte es zu Recht ab, sie dem Krankenhaus bzw seinem Träger zu vergüten; denn solche Untersuchungen überschreiten grundsätzlich den Rahmen einer Notfall-Erstversorgung (unten 2.). Soweit den Laboruntersuchungen indessen Zielaufträge von solchen Ärzten an das Krankenhauslabor zugrunde lagen, die im Rahmen des von der beklagten KÄV organisierten Notfalldienstes tätig waren, durfte die Beklagte dem Krankenhaus bzw seinem Träger das Honorar nicht versagen; denn in diesen Fällen war das Krankenhaus(labor) nur der Auftragnehmer einer Überweisung, der die Rechtmäßigkeit der angeforderten Leistung grundsätzlich nicht zu verantworten hat (unten 3.).

9

1. Die Klägerin hat mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs 4 SGG die richtige Klageart gewählt; denn sie wendet sich gegen sog quartalsgleiche Richtigstellungen, nämlich gegen sachlich-rechnerische Richtigstellungen, die die Beklagte sogleich im Zusammenhang mit der Erteilung des Quartalshonorarbescheids vornahm: Die Klägerin macht gegenüber dieser Honorar-Teilversagung zu Recht im Wege der Leistungsklage, verbunden mit der Anfechtungsklage gegen den teilweise ablehnenden Bescheid, das versagte Honorar geltend (zur Klageart vgl BSG vom 10.12.2008 - B 6 KA 66/07 R - Juris RdNr 14; Clemens in Schlegel/Voelzke/Engelmann , jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 106a RdNr 39 iVm 44).

10

2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vergütung der BAK- und CRP-Bestimmungen in den Fällen, in denen diese Laborwerte von Ärzten angefordert wurden, die im Auftrag der Klägerin den Notfalldienst versahen.

11

a) Der Notfalldienst war - wie vom LSG ausgeführt - in der Vereinbarung vom 13.12.2002/ 6.1.2003 zwischen beiden aufgeteilt. Während der sog Öffnungszeiten (§ 1 Abs 1 des Vertrags: MoDiDo 19-23, MiFr 13-23, SaSo und feiertags 8-24 Uhr) oblag es der Beklagten, die Notfallpraxis betriebsfähig mit Personal auszustatten (§ 1 Abs 2 Satz 1 des Vertrags); in den übrigen Zeiten - also ab 23 bzw ab 24 Uhr - oblag dies dem Krankenhaus, das auch das ärztliche Personal zur Verfügung stellte (§ 1 Abs 1 Satz 2 iVm Abs 2 des Vertrags). Auch während der Zeiten, in denen der Beklagten die Organisation oblag, konnten bei Bedarf bzw auf Wunsch die am Krankenhaus angestellten Ärzte im Rahmen einer Nebentätigkeit(serlaubnis) in der Notfallpraxis mitarbeiten (§ 2 Abs 2 des Vertrags). Für den Fall, dass der in der Notfallpraxis diensthabende Arzt Leistungen wie Röntgen- und Laboruntersuchungen, die nicht in der Notfallpraxis durchgeführt werden konnten, für notfallmäßig erforderlich hielt, konnte er diese Leistungen vom Krankenhaus beziehen und dieses sie nach Muster 19 der bundeseinheitlich geltenden Vordruckvereinbarung bei der Beklagten abrechnen (§ 4 Abs 5 des Vertrags). Vorgesehen war ferner, dass das Krankenhaus auch die durch eigenes ärztliches Personal erbrachten Notfallleistungen einschließlich der weiteren Leistungen wie Röntgen- und Laborleistungen direkt mit der Beklagten abrechne (§ 4 Abs 6 des Vertrags mit einer gemäß Satz 3 auf 90 % abgesenkten Vergütung).

12

Diesem Vertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten lag ein dreiseitiger Vertrag gemäß § 115 Abs 1 iVm Abs 2 Satz 1 Nr 3 und 5 SGB V zugrunde, der am 10.5.1994 zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen sowie den KÄVen Nordrhein und Westfalen-Lippe sowie der Landeskrankenhausgesellschaft abgeschlossen worden war. In § 2 Abs 3 dieses Vertrags war vorgegeben, die Einzelheiten der Zusammenarbeit bei der Gestaltung und Durchführung eines ständig einsatzbereiten Notdienstes in einem weiteren Vertrag gemäß § 115 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB V zu regeln, wie ihn die Klägerin und die beklagte KÄV dann auch am 13.12.2002/6.1.2003 abgeschlossen hatten.

13

b) Der Abrechnungsanspruch des Krankenhauses gegenüber der Beklagten gemäß § 4 Abs 5 und 6 des Vertrags vom 13.12.2002/6.1.2003 galt nur für "notfallmäßig erforderliche Leistungen wie Röntgen- oder Laboruntersuchungen, die nicht in der Notfallpraxis vorgehalten werden". Danach hatte die Klägerin keinen Anspruch auf Vergütung, wenn (aa) Leistungen den Rahmen einer Notfall-Erstversorgung überschritten und (bb) das Krankenhaus dies zu verantworten hatte. In diesem Fall war die Beklagte berechtigt, dem Krankenhaus die Vergütung zu versagen; dh sie durfte insoweit die Honoraranforderung des Krankenhauses sachlich-rechnerisch richtigstellen.

14

aa) Eine Überschreitung des Rahmens einer Notfall-Erstversorgung war im Fall der Anforderungen der BAK- und CRP-Laboruntersuchungen gegeben.

15

Der Notfalldienst ist - nur - auf die Notfall-Erstversorgung ausgerichtet: Der Arzt darf nicht mehr Leistungen erbringen und verordnen, als es dem Rahmen der Notfall-Erstversorgung entspricht. Behandlungen im Rahmen des Notfalldienstes haben sich auf die Erstversorgung zu beschränken; sie sind darauf zu konzentrieren, Gefahren für Leib und Leben sowie unzumutbaren Schmerzen der Patienten zu begegnen sowie die Notwendigkeit einer stationären Behandlung abzuklären (vgl hierzu und zum Folgenden BSG vom 17.9.2008 - SozR 4-2500 § 75 Nr 10 RdNr 18 zur Abrechenbarkeit der Leistung der Fremdanamnese im Notfalldienst). Der Behandlungsumfang ist beschränkt auf die Maßnahmen, die bis zum erneuten Einsetzen der Regelversorgung in den üblichen Sprechstundenzeiten erforderlich sind (BSG aaO RdNr 18 mwN; ebenso auch BSG vom 5.2.2003, SozR 4-2500 § 75 Nr 1 RdNr 6 und 14) . Der Umfang der Diagnostik ist auf die Erstversorgung des Patienten ausgerichtet. Befunde, die dazu nicht benötigt werden, sind im Notfalldienst nicht zu erheben. Das schließt prinzipiell weder Röntgen- noch Laboruntersuchungen aus, begrenzt diese indessen vom Ziel der sofortigen, aber oft nur zeitlich begrenzten Behandlung her auf Maßnahmen, die bis zum Übergang des Patienten in die ambulante oder stationäre Regelversorgung unerlässlich sind. Der medizinische Bedarf für die Erstversorgung und nicht die medizinische Infrastruktur der Praxis, in der der Notfalldienst angeboten wird, bestimmen den Umfang der Diagnostik. So kann ein vollwertiger Notfalldienst nach wie vor in Arztpraxen durchgeführt werden, in denen - wenn überhaupt - nur einfache Laboruntersuchungen sofort ausgeführt werden können. Schon deshalb kann eine umfangreiche Labordiagnostik nicht zur Basisversorgung im organisierten Notfalldienst gehören.

16

Entsprechend diesen Abgrenzungen gehören BAK- und CRP-Laboruntersuchungen - jedenfalls im Regelfall - nicht zur Notfall-Erstversorgung. Sie sind für die Erstversorgung in der Regel medizinisch nicht erforderlich und sinnvoll. Die Ausprägung einer Alkoholintoxikation kann im Allgemeinen und typischerweise auch ohne BAK-Bestimmung anhand spezifischer Symptome zuverlässig und für die Notfallversorgung ausreichend festgestellt werden, wie das LSG dargelegt hat (vgl dort unter Hinweis auf Schmidt/Gastpar/Falkai/Gaebel, Evidenzbasierte Suchtmedizin, 2006, S 30). Regelmäßig reichen Anamnese und körperliche Untersuchung aus, um eine Akutbehandlung durchzuführen bzw die Notwendigkeit einer stationären Behandlung zu erkennen. Auch die Bestimmung des C-reaktiven Proteins gemäß Nr 4365 EBM-Ä aF überschreitet - jedenfalls im Regelfall - den Rahmen der Notfall-Erstversorgung. Eine solche Laborbestimmung geht schon vom zeitlichen Ablauf her über eine Notfall-Erstversorgung hinaus, denn ihr Ergebnis liegt erst nach Stunden vor. Für die Einbeziehung in die Notfall-Erstversorgung kann deshalb auch nicht angeführt werden, dass durch eine solche Untersuchung festgestellt werden kann, ob einem Entzündungsprozess eine bakterielle - mit Antibiotika behandelbare - oder eine virale Infektion zugrunde liegt (vgl Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch 2012, 263. Aufl 2011, unter dem Stichwort "CRP"), und so vermieden werden kann, unter Umständen unnötigerweise - wenn nämlich eine Virusinfektion vorliegt - Antibiotika zu verordnen.

17

Der Senat hält nicht für völlig ausgeschlossen, dass in besonders gelagerten Einzelfällen die für den Notfalldienst verantwortlichen Ärzte die Bestimmung der BAK und/oder des CRP auch für die Erstversorgung eines Patienten für erforderlich halten können. Wegen des Ausnahmecharakters solcher Fälle müssten die insoweit maßgeblichen medizinischen Diagnosen jedenfalls für die Abrechnungsprüfung erkennbar sein. Bereits aus der Anforderung der BAK- bzw CRP-Bestimmung beim Krankenhauslabor oder aus der Dokumentation über die Notfallbehandlung - anhand der dokumentierten Befunde und/oder Diagnose - müssten sich die für diese ungewöhnliche Diagnostik im Notfalldienst maßgeblichen Umstände ergeben; möglicherweise würde es auch ausreichen, wenn die nähere Begründung im Verfahren des Widerspruchs gegen die sachlich-rechnerische Richtigstellung nachgeliefert wird. Jedenfalls darf eine solche Substantiierung vom Leistungserbringer im Notfalldienst bei der Erbringung normalerweise nur zur Regelversorgung gehöriger Leistungen gefordert werden; denn nur er ist in der Lage, die Umstände zu schildern, aus denen sich die Besonderheit des Falles ergeben könnte (zu vergleichbaren Substantiierungsanforderungen vgl die Senats-Rechtsprechung zur Wirtschaftlichkeitsprüfung zB BSG vom 21.3.2012 - B 6 KA 17/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 35 RdNr 40 ff und BSG vom 27.6.2012 - B 6 KA 78/11 B - RdNr 8).

18

Dieser Darlegungsobliegenheit hat die Klägerin hier nicht genügt. Zu keinem der zahlreichen Fälle, in denen die BAK und/oder das CRP bestimmt worden sind, hat die Klägerin substantiiert mit der Abrechnung oder im Widerspruchsverfahren geltend gemacht, weshalb konkret trotz der jeder Notfallversorgung immanenten Beschränkung die umstrittenen Laboruntersuchungen durchgeführt werden mussten. Auch das LSG hat dahingehenden Feststellungen nicht getroffen (zu den Verfahrensrügen der Klägerin gegen das Vorgehen des LSG vgl unten RdNr 21).

19

Es bedarf in diesem Zusammenhang keiner Klärung, ob und unter welchen Voraussetzungen die Bestimmung des CRP als serologische Untersuchung (chemischer Nachweis) nach Nr 3850 des Abschnitts O I/II EBM-Ä aF im Notfalldienst erbracht werden kann. Zumindest liegt das Ergebnis dieser Bestimmung, die geringere Aussagekraft als die Untersuchung nach Nr 4365 des Abschnitts O III EBM-Ä aF hat, sofort vor, und deshalb kann allein diese Bestimmung für die Erstversorgung relevant sein. Die Leistung nach Nr 3850 aaO wird jedoch nach einem gänzlich anderen Verfahren erbracht als diejenige nach Nr 4365 EBM-Ä aF. Daher erfüllt die Bestimmung nach diesem Leistungstatbestand nicht (auch) den Tatbestand der Nr 3850 EBM-Ä aF. Dies schließt eine - hypothetische - Umwandlung der Ansätze nach Nr 4365 in solche nach Nr 3850 EBM-Ä aF aus.

20

bb) Die Verantwortung für die mithin unzulässigen Anforderungen von BAK- und CRP-Laboruntersuchungen trifft die Klägerin, soweit (Krankenhaus-)Ärzte im Rahmen des dem Krankenhaus obliegenden Notfalldienstes solche Laboruntersuchungen anforderten. Soweit die Organisation des Notfalldienstes dem Krankenhaus der Klägerin oblag (ab 23 bzw 24 Uhr, vgl oben 2. a ) , war die Tätigkeit der diensthabenden Ärzte in Anwendung des § 278 BGB dem Krankenhaus zuzurechnen; deshalb war die Beklagte berechtigt, dem Krankenhaus bzw seinem Träger das Honorar für alle diejenigen Leistungen zu versagen, die über die Notfall-Erstversorgung hinausgingen. Insoweit sind die vorinstanzlichen Feststellungen inhaltlich zutreffend.

21

c) Gegenüber diesem Ergebnis greifen die verfahrensrechtlichen Einwendungen, die die Klägerin erhoben hat, nicht durch. Ihre Ansicht, für Feststellungen zur (Nicht-)Erforderlichkeit von BAK- und CRP-Bestimmungen im Notfalldienst bedürfe es besonderer medizinischer Sachkunde - und diese müsse nicht nur bei den ehrenamtlichen Richtern, sondern bei dem Spruchkörper insgesamt vorliegen und auch im Einzelnen spezifiziert werden -, trifft nicht zu. Vielmehr kann die Beurteilung, ob solche Laborbestimmungen sich noch im Rahmen der Notfall-Erstversorgung halten oder ob sie darüber hinausgehen, anhand allgemein zugänglicher medizinischer Erkenntnisse erfolgen, für die es keiner größeren ärztlichen Sachkunde bedarf, als sie ohnehin jeder kassenarztrechtliche Spruchkörper schon aufgrund seiner Zusammensetzung gemäß § 12 Abs 3 SGG hat(vgl zur revisionsgerichtlichen Feststellung genereller Tatsachen zB BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 76; BSG vom 12.9.2012 - B 3 KR 10/12 R - RdNr 55 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

22

Hieraus folgt zugleich, dass für das LSG kein Anlass bestanden hat, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Weiterhin ergibt sich für die Rüge der Klägerin, das LSG und seine ehrenamtlichen Richterinnen hätten die ihm vorgelegten Aktenordner auswerten müssen, dies aber nicht getan, die Folgerung, eine solche Auswertung hätte weder für das Verfahrensergebnis des LSG noch für das Revisionsverfahren Relevanz haben können; ein Verfahrensmangel lag mithin insoweit nicht vor (vgl § 164 Abs 2 Satz 3 SGG).

23

3. Klage und Revision der Klägerin sind indessen insoweit begründet, als BAK- und CRP-Laboruntersuchungen betroffen sind, denen Zielaufträge von solchen Ärzten an das Krankenhauslabor zugrunde lagen, die im Rahmen des von der beklagten KÄV organisierten Notfalldienstes tätig waren (MoDiDo 19-23, MiFr 13-23, SaSo und feiertags 8-24 Uhr, vgl oben 2. a ) . In solchen Fällen darf die Beklagte dem Krankenhaus das Honorar nicht versagen; denn insoweit waren die Aufträge nicht vom Krankenhaus zu verantworten, sondern von den Ärzten, die im Rahmen der Verantwortung der beklagten KÄV den Notfalldienst versahen. In diesen Fällen war das Krankenhaus(labor) nur der Auftragnehmer einer Überweisung, diesen trifft im Regelfall keine Verantwortung für die Rechtmäßigkeit der angeforderten Leistungen.

24

a) Werden Zielaufträge von Ärzten, die im Rahmen des von der beklagten KÄV organisierten Notfalldienstes tätig sind, an das Krankenhaus(labor) gerichtet, so sind Auftraggeber und Auftragnehmer verschiedene Personen bzw Institutionen; insofern liegt es anders als in der oben unter 2. b bb dargelegten Konstellation. Dann bestimmen sich die Verantwortlichkeiten nach den Grundsätzen über Auftragsleistungen, die sich aus § 24 Bundesmantelvertrag-Ärzte, § 27 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen ergeben und die der Senat in seinem Urteil vom 8.7.1981 ausführlich dargestellt hat und an denen er weiterhin festhält (BSG vom 8.7.1981 - 6 RKa 3/79 - USK 81 118 S 475 ff = Juris RdNr 17 ff).

25

Nach diesen Grundsätzen ist im Falle eines gezielten Überweisungsauftrags - auch Zielauftrag genannt in Abgrenzung von Überweisungen zur Weiter- oder Mitbehandlung - der Auftragnehmer, der die vom Auftraggeber angeforderte Leistung erbringt, an den Überweisungsauftrag gebunden. Er darf nicht weniger und nicht mehr leisten, als sich aus dem Überweisungsauftrag ergibt (BSG aaO S 476-478 = Juris RdNr 22-25). Er darf nur dann mehr erbringen, als in dem zunächst erteilten Zielauftrag angegeben wurde, wenn dieser vom überweisenden Arzt vor der Auftragsausführung - evtl fernmündlich - erweitert worden ist (BSG aaO S 479 = Juris RdNr 28), bzw bei dessen Nichterreichbarkeit unter Umständen dann, wenn Dringlichkeit besteht und der Auftragnehmer den Umständen nach annehmen darf, dass der Auftraggeber bei Kenntnis der Sachlage die Abweichung billigen würde; und er muss dem Auftraggeber die Erweiterung anzeigen (vgl aaO S 478 = Juris RdNr 26). Die grundsätzliche Bindung an den Überweisungsauftrag hat zur Folge, dass der Auftragnehmer, wenn er mehr Leistungen erbringt als angefordert - außer in den genannten Sonderfällen nachträglicher Erweiterung oder der Dringlichkeit -, dafür keine Vergütung beanspruchen kann (vgl BSG aaO S 478 = Juris RdNr 25: "eigenmächtig über den erteilten Auftrag hinaus"). Weniger Leistungen erbringen als angefordert darf er ebenfalls grundsätzlich nicht; die Verantwortung für Inhalt und Umfang des Überweisungsauftrags hat der Auftraggeber (BSG aaO S 477 und 478 bzw RdNr 23 aE und 25 aE). Den Auftragnehmer trifft grundsätzlich keine Pflicht zur Nachprüfung der Rechtmäßigkeit des Umfangs des Auftrags. Dementsprechend hat er auch dann Anspruch auf Vergütung, wenn der Auftrag zu weit greift, zB nicht mehr vom Versorgungsauftrag gedeckt oder unwirtschaftlich ist.

26

Eine (Mit-)Verantwortung des Auftragnehmers kann nur dann in Betracht kommen, wenn sich ihm nach seinem Kenntnis- und Erfahrungsstand hätte aufdrängen müssen, dass der Auftraggeber außerhalb seines Versorgungsauftrags handelte oder eine medizinisch nicht sachgerechte oder nicht notwendige Leistung anforderte. In einem solchen Fall kann bzw muss der Auftragnehmer aufgrund der auch ihm selbst obliegenden Sorgfaltspflicht die Ausführung des Auftrags ablehnen (Fortführung von BSG vom 8.7.1981 aaO S 477 = Juris RdNr 25).

27

Die grundsätzliche Bindung des Empfängers an einen Zielauftrag gilt auch im Rahmen des organisierten Notfalldienstes. Soweit dieser von der KÄV organisiert wird, erteilen die Ärzte, die in der Notfallambulanz tätig werden, dem Krankenhaus Aufträge. Dabei ist zwischen der Verantwortung der Ärzte, die im von der KÄV organisierten Notfalldienst tätig werden, und denjenigen des Krankenhauses zu trennen. Wenn und soweit die Verantwortung bei der KÄV liegt, sind die von ihr eingesetzten Ärzte Auftraggeber und das Krankenhaus(labor) - nur - Auftragnehmer. Für den Umfang des Auftrags trägt der Arzt die Verantwortung, der die Laborleistungen beim Krankenhaus anfordert, und nicht das ausführende Krankenhaus. Dessen Anspruch auf Vergütung der auftragsgemäß erbrachten Leistungen kann grundsätzlich nicht entgegengesetzt werden, der Auftrag hätte so nicht erteilt werden dürfen.

28

b) Eine solche Konstellation mit dem Krankenhaus(labor) als Auftragnehmer war hier nicht nur dann gegeben, wenn ein Vertragsarzt den Notfalldienst für die KÄV wahrnahm und Laboruntersuchungen in Auftrag gab, sondern auch dann, wenn im Rahmen des von der KÄV organisierten Dienstes - dh in den Zeiten MoDiDo 19-23, MiFr 13-23, SaSo und feiertags 8-24 Uhr - ein Krankenhausarzt tätig war; dieser übte dann eine Nebentätigkeit aus (s § 2 Abs 2 des Vertrags vom 13.12.2002/6.1.2003: "im Rahmen einer Nebentätigkeitserlaubnis"), war also gerade nicht als Krankenhausarzt tätig. Dementsprechend war auch in dieser Konstellation der handelnde Arzt der Auftraggeber für die Laboruntersuchungen und das Krankenhaus lediglich Auftragnehmer.

29

Eine Ausnahmesituation, in der es sich dem Krankenhaus(labor) aufdrängen musste, dass die den Notfalldienst versehenden Ärzte die Bestimmung der BAK und/oder des CRP im Rahmen der Erstversorgung der Patienten nicht hätten in Auftrag geben dürfen, lag nicht vor. Die Mitarbeiter des Labors, bei denen die Bestimmung von Laborparametern angefordert wird, haben typischerweise keine Kenntnis von der akuten gesundheitlichen Situation des Patienten und von den Überlegungen, die den Arzt zur Anforderung der Werte veranlasst haben. Sie müssen den Auftrag zügig umsetzen und sich grundsätzlich darauf verlassen, dass diesem eine zumindest vertretbare medizinische Indikation zugrunde liegt. Das ist hinsichtlich der Bestimmung der BAK und des CRP auch im Notfalldienst - wie ausgeführt (RdNr 17) - nicht schlechthin ausgeschlossen. Weiterhin sind Fälle denkbar, in denen der Arzt im Notfalldienst die Bestimmung der BAK (auch) aus forensischen Gründen anfordert oder das CRP bestimmen lässt, weil er sich noch nicht schlüssig ist, ob er den Patienten stationär aufnehmen soll. Das alles können die Mitarbeiter des Labors weder wissen, noch müssen sie es aufklären. Sie müssen im Grundsatz Laboraufträge ausführen, ohne ständig befürchten zu müssen, sich gegenüber ihrem Arbeitgeber für die Ausführung eines Auftrags rechtfertigen zu müssen, weil dieser nachträglich als nicht erforderlich beurteilt wird. Solange Laborbestimmungen angefordert werden, die ihrer Art nach generell medizinisch erforderlich sein können, und keine Anhaltspunkte für ein interessengeleitetes Zusammenwirken von Auftraggeber und Labor bestehen, bleibt die Verantwortung für die Anforderung von Laborleistungen beim Auftraggeber.

30

Daraus ergibt sich für alle Fallkonstellationen eines Zielauftrags des für den von der KÄV organisierten Notfalldienst tätigen Arztes an das Krankenhauslabor, BAK- und/oder CRP-Laboruntersuchungen vorzunehmen, die Folgerung, dass das Krankenhaus Anspruch auf Vergütung der Laboruntersuchungen hat. Die von der Beklagten vorgenommenen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen und die darauf gestützte Vergütungsversagung waren rechtswidrig; Klage und Revision haben insoweit Erfolg.

31

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Wegen des teilweisen Obsiegens und teilweisen Unterliegens sind die Kosten gemäß § 155 Abs 1 Satz 1 VwGO verhältnismäßig zu teilen. Mangels näherer Feststellungen der Vorinstanzen hat der Senat die Gewichte des Unterliegens und des Obsiegens als ungefähr gleichwertig angenommen. Eine dem vergleichbare Relation haben auch die Angaben der Klägerin und der Beklagten in der mündlichen Verhandlung ergeben; diese haben die Summen der von der KÄV und der vom Krankenhaus zu verantwortenden BAK- und CRP-Laboruntersuchungen ebenfalls als ungefähr gleich hoch geschätzt. Sie stimmten darin überein, dass nicht mehr feststellbar ist, wie das wirkliche Verhältnis der Summen zueinander im Quartal IV/2004 war.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. September 2012 aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. September 2011 zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten auch des Berufungs- und Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Streitig sind sachlich-rechnerische Richtigstellungen wegen Überschreitung der für die Job-Sharing-Praxis des Klägers festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina in den Quartalen III/2008 und IV/2008.

2

Der Kläger ist als Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (HNO) zur vertragsärztlichen Versorgung in W. zugelassen. Mit Beschluss vom 30.1.2008 erteilte ihm der Zulassungsausschuss (ZA) eine Genehmigung zur Beschäftigung der HNO-Ärztin Dr. E. im zeitlichen Umfang von 10 Wochenstunden ab dem 1.4.2008 als sog Job-Sharing-Partnerin nach § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V. Mit der Genehmigung war die Festsetzung quartalsbezogener Gesamtpunktzahlen verbunden, die bei der Abrechnung als Leistungsobergrenze maßgeblich sein sollten.

3

Auf einen Antrag des Klägers vom 21.3.2008 setzte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) mit Bescheid vom 28.5.2008 aus Sicherstellungsgründen die Fallzahlzuwachsbegrenzung für das Jahr 2008 aus. Der Kläger hatte angegeben, dass der HNO-Arzt Dr. S.
in V. (Bezirk der KÄV Hessen) mit Wirkung zum 1.10.2007 seine Zulassung zurückgegeben habe und dessen Patienten mangels Nachfolger zum Teil von ihm versorgt werden müssten. Der Praxisnachfolger nahm tatsächlich seine vertragsärztliche Tätigkeit zum Quartal II/2008 auf.

4

Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 12.1.2009 mit, dass bei Job-Sharing-Praxen, die die vom ZA festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina überschreiten, eine quartalsbezogene Rückforderung vorgenommen werden solle. Nach Ablauf von vier Quartalen erfolge ggf eine Saldierung, sodass im Fall einer Unterschreitung eine Rückvergütung erfolge. Er habe im Quartal II/2008 die Punktzahlobergrenze um 49.811,1 Punkte unterschritten. Mit Honorarbescheid vom 15.1.2009 setzte die Beklagte für das Quartal III/2008 ein Honorar in Höhe von insgesamt 47 420,35 Euro fest. Für das Quartal IV/2008 setzte sie mit Bescheid vom 15.4.2009 insgesamt ein Honorar in Höhe von 51 282,37 Euro fest. Dabei berücksichtigte sie jeweils sämtliche der Fallzahlzuwachsbegrenzung unterliegenden Fälle, nicht jedoch die Leistungsbegrenzung durch die Gesamtpunktzahlvolumina.

5

Mit Bescheid vom 25.6.2009 nahm die Beklagte wegen Überschreitungen der Gesamtpunktzahlvolumina in den Quartalen III/2008 und IV/2008 eine sachlich-rechnerische Richtigstellung vor und kürzte das Honorar des Klägers für das Quartal III/2008 um 3455,25 Euro und für das Quartal IV/2008 um 5204,42 Euro. Aufgrund einer Rückvergütung für das Quartal II/2008 in Höhe von 1910,80 Euro werde ein Betrag in Höhe von insgesamt 6748,87 Euro im Rahmen des Honorarbescheides für das Quartal II/2009 verrechnet. Für das Quartal III/2008 wurde dabei eine individuelle Punktzahlobergrenze von 1.211.887,6 Punkten und für das Quartal IV/2008 eine individuelle Punktzahlobergrenze von 1.191.850,5 Punkten zugrunde gelegt. Abgerechnet worden seien im Quartal III/2008 1.308.945,0 Punkte und im Quartal IV/2008 1.327.520,0 Punkte, sodass die Differenz in Höhe von 97.057,4 Punkten (Quartal III/2008) und 135.669,5 Punkten (Quartal IV/2008) abzuziehen sei.

6

Den Widerspruch des Klägers hiergegen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6.8.2010 zurück. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 22.9.2011 abgewiesen. Aus dem bestandskräftigen Bescheid des ZA vom 7.4.2008 (= Beschluss vom 30.1.2008), der für die Beteiligten und das Gericht bindend sei, ergebe sich eine Begrenzung der abrechenbaren Leistungsmenge. Da dem Kläger die Begrenzung des abrechenbaren Leistungsumfangs bekannt gewesen sei, habe kein schutzwürdiges Vertrauen dahingehend entstehen können, dass er Leistungen über die Gesamtpunktzahlvolumina hinaus abrechnen könne. Ein solches Vertrauen sei auch nicht durch die Befreiung von der Fallzahlzuwachsbegrenzung entstanden. Aufgrund der unterschiedlichen Regelungsgegenstände und Zuständigkeiten habe der Kläger nicht davon ausgehen können, von der Einhaltung der Punktzahlobergrenzen befreit zu sein. Es habe daher dem Kläger oblegen, für die Zeit ab dem 1.4.2008 bei dem ZA eine Erhöhung der Gesamtpunktzahlvolumina zu beantragen.

7

Mit dem angefochtenen Urteil vom 26.9.2012 hat das LSG das Urteil des SG vom 22.9.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 25.6.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.8.2010 aufgehoben. Grundsätzlich seien hier die Voraussetzungen für eine nachträgliche Richtigstellung der Honorarbescheide erfüllt, weil der Kläger die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina überschritten habe. Indes sei Grund hierfür nicht eine dauerhafte Mengenausweitung unter Missachtung der für die Praxis festgesetzten Leistungsbegrenzung, sondern der durch die Rückgabe der Zulassung durch Dr. S. entstandene zeitlich begrenzte zusätzliche Versorgungsbedarf. Die aus diesem Grund erteilte befristete Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung hätte im Falle einer "Normalpraxis" zur Vergütung der zur Sicherstellung der Versorgung erbrachten Mehrleistungen geführt. Im Falle einer Job-Sharing-Praxis müssten indes zusätzlich die Gesamtpunktzahlvolumina für die Übergangszeit angehoben werden. Einen entsprechenden Antrag bei dem ZA hätten jedoch weder die Beklagte noch der Kläger gestellt. Der Kläger habe zwar die statusrechtlichen Voraussetzungen der Leistungserbringung und -abrechnung zu kennen und müsse sich bei Zweifeln ggf informieren, sodass er sich nicht auf Unkenntnis berufen könne. Es liege jedoch ein Sonderfall vor, weil die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (BedarfsplRL) eine Änderung der Gesamtpunktzahlvolumina für den Fall eines zeitlich begrenzten zusätzlichen Versorgungsbedarfs nicht vorsehe und die Notwendigkeit einer vorübergehenden Änderung der Leistungsgrenze bei Job-Sharing im Falle eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs dem ZA und der Beklagten jedenfalls aus Sicht des Klägers habe bekannt sein müssen. Das sich hieraus ergebende Vertrauen des Klägers darauf, die Mehrleistungen auch ohne ausdrücklichen statusrechtlichen Ausnahmebescheid des ZA vergütet zu erhalten, sei ausnahmsweise schutzwürdig.

8

Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten. Das LSG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger sich hier auf Vertrauensschutz berufen könne. Der Beschluss des ZA vom 30.1.2008 habe Bestandskraft erlangt und sei daher für sie und den Kläger bindend. Änderungen und Anpassungen der Gesamtpunktzahlvolumina könne sie zwar beantragen, die Umsetzung sei aber ausschließlich dem ZA vorbehalten. Der Bescheid vom 28.5.2008 habe daher die in dem Bescheid des ZA festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina nicht aufheben können. Er beziehe sich im Übrigen ausdrücklich auch nur auf die Fallzahlzuwachsbegrenzung, die ein völlig anderes Regelungsinstrument als die Gesamtpunktzahlvolumina im Rahmen des Job-Sharing sei. Aufgrund der unterschiedlichen Regelungsbereiche und Zuständigkeiten habe der Kläger nicht ohne Weiteres davon ausgehen dürfen, von der Einhaltung der Job-Sharing-Obergrenze entbunden zu sein. Er habe sich vielmehr, nachdem er den Bescheid über die Aussetzung der Fallzahlbegrenzungsregelung erhalten habe, bei dem ZA oder bei ihr, der Beklagten, nach den Auswirkungen dieser Aussetzung auf die Gesamtpunktzahlvolumina erkundigen und ggf einen entsprechenden Änderungsantrag stellen müssen.

9

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 26. September 2012 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Stuttgart vom 22.9.2011 zurückzuweisen.

10

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend. Es sei bereits keine Unrichtigkeit der Honorarbescheide anzunehmen, da er durch den Bescheid vom 28.5.2008 ausdrücklich damit beauftragt worden sei, den durch die Rückgabe der Zulassung durch Dr. S. vorübergehend entstandenen Versorgungsmangel auszugleichen. Selbst bei Annahme der Rechtswidrigkeit der Honorarbescheide habe die Beklagte durch die zeitlich nach der Festsetzung der Gesamtpunktzahlvolumina erfolgte Aufhebung der Fallzahlzuwachsbegrenzung jedenfalls einen Vertrauenstatbestand geschaffen, der der Honorarkürzung entgegenstehe. Vertrauensschutz scheide nicht deshalb aus, weil es sich bei der Beklagten und dem ZA um zwei unterschiedliche Behörden handele. Diese Betrachtung lasse außer Acht, dass auch die Beklagte regelmäßig Anpassungen der Punktzahlgrenzen vornehme, die durch den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) oder den Honorarverteilungsvertrag bedingt würden. Im Übrigen bestehe der ZA zur Hälfte aus Mitgliedern der Beklagten und werde bei der Beklagten geführt. Es habe der Beklagten oblegen, ihn über sein Antragsrecht auf Erhöhung der Gesamtpunktzahlvolumina zu informieren oder den Antrag selbst zu stellen. Sie hätte die Bewilligung der Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzungsregelung auch mit der Bedingung versehen können, dass dennoch die Gesamtpunktzahlvolumina eingehalten werden müssten. Da in den BedarfsplRL eine Ausnahmeregelung für den Fall eines zeitlich begrenzten zusätzlichen Versorgungsbedarfs nicht vorgesehen gewesen sei, könne es nicht zu seinen Lasten gehen, dass er keinen Antrag auf Aussetzung der Gesamtpunktzahlvolumina bei dem ZA gestellt habe.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Beklagte war berechtigt, die Abrechnungen des Klägers sachlich-rechnerisch richtig zu stellen, weil er die für seine Job-Sharing-Praxis geltenden Gesamtpunktzahlvolumina in den streitbefangenen Quartalen überschritten hat.

13

1. Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung und Rückforderung ist § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V(idF des Gesetzes zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 , insoweit in der Folgezeit unverändert). Danach stellt die KÄV die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots -, erbracht und abgerechnet worden sind. Die Befugnis zu Richtigstellungen besteht auch für bereits erlassene Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung). Sie bedeutet dann im Umfang der vorgenommenen Korrekturen eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheides. Die genannten Bestimmungen stellen Sonderregelungen dar, die gemäß § 37 Satz 1 SGB I in ihrem Anwendungsbereich die Regelung des § 45 SGB X verdrängen(stRspr, zB BSGE 89, 62, 66 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 345 f und BSGE 89, 90, 93 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 6 f; BSG, SozR 4-5520 § 32 Nr 2 RdNr 10; BSGE 96, 1, 2 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11; BSG, SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 12). Eine nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil-)Rücknahme des Honorarbescheides mit Wirkung für die Vergangenheit löst nach § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der Leistung aus(BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 3; BSGE 89, 62, 75 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 355; BSGE 96, 1, 3 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 12; aaO Nr 3 RdNr 18).

14

a) Die Tatbestandsvoraussetzung für eine nachträgliche sachlich-rechnerische Richtigstellung nach § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V ist vorliegend erfüllt, weil die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina nicht berücksichtigt wurden und daher die Honorarbescheide vom 15.1.2009 und vom 15.4.2009 rechtswidrig sind. In wessen Verantwortungsbereich die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt, ist unerheblich; einzige tatbestandliche Voraussetzung ist die Rechtswidrigkeit des Honorarbescheides (vgl BSGE 93, 69, 71 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 7 - hierzu Engelhard, jurisPR-SozR 44/2004 Anm 1).

15

Der ZA hat auf der Grundlage von §§ 23 c ff BedarfsplRL(in der Fassung vom 15.2.2007 mit Wirkung ab dem 1.4.2007, Bundesanzeiger Nr 64 S 3491 vom 31.3.2007; zur weiteren BedarfsplRL-Änderung, die am 1.1.2013 in Kraft getreten ist, siehe die Neufassung der BedarfsplRL vom 20.12.2012, BAnz vom 31.12.2012, Bekanntmachung Nr 7, mit Neunummerierung der §§ 23a-23m als §§ 40-47, 58-62) mit Beschluss vom 30.1.2008 die Gesamtpunktzahlvolumina für die Job-Sharing-Praxis festgelegt (vgl zur Berechnung der Leistungsbegrenzung BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 12 RdNr 21 ff). Diesen Beschluss hat der Kläger nicht angegriffen, sodass Bestandskraft eingetreten ist. Auch die Beklagte, die den Honoraranspruch des Vertragsarztes festsetzt, ist an die bestandskräftige Beschränkung des Leistungsumfangs aufgrund der Genehmigung der Anstellung einer Ärztin in der Praxis des Klägers unter Job-Sharing-Bedingungen gebunden.

16

Die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina hat der Kläger in den streitbefangenen Quartalen überschritten. Für die streitbefangenen Quartale hat die hierfür gemäß § 23c Satz 4 BedarfsplRL aF(§ 42 Satz 4 BedarfsplRL nF) zuständige Beklagte ausweislich des Bescheides vom 25.6.2009 eine Anpassung der quartalsbezogenen Punktzahlobergrenzen vorgenommen und eine individuelle Punktzahlobergrenze von 1.211.887,6 Punkten (Quartal III/2008) bzw 1.191.850,5 Punkten (Quartal IV/2008) ermittelt. Die ermittelten Gesamtpunktzahlvolumina hat der Kläger in den streitbefangenen Quartalen um 97.057,4 Punkte (Quartal III/2008) bzw 135.669,5 Punkte (Quartal IV/2008) überschritten. Diese Überschreitungen wurden in den Honorarbescheiden vom 15.1.2009 (Quartal III/2008) und vom 15.4.2009 (Quartal IV/2008) zunächst nicht berücksichtigt.

17

b) Für eine Ausnahme von der Leistungsbegrenzung aufgrund eines befristeten lokalen Versorgungsbedarfs, wie der Kläger ihn hier behauptet hat, wäre eine Erhöhung der Gesamtpunktzahlvolumina erforderlich gewesen. Einen entsprechenden Antrag hat der Kläger hier nicht gestellt. Es kann offenbleiben, ob der Widerspruch des Klägers gegen den Richtigstellungsbescheid hier als solcher Antrag hätte aufgefasst werden können (vgl zu den Anforderungen BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 1/12 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 101 Nr 14 vorgesehen -; zur rückwirkenden Antragstellung vgl Urteil des Senats vom heutigen Tag - B 6 KA 36/12 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Die Beklagte wäre dann verpflichtet gewesen, den Antrag an den zuständigen ZA weiterzuleiten. Allein die Zulassungsgremien können eine Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina vornehmen, die grundsätzlich nur unter Beachtung der Voraussetzungen, die in den Tatbeständen des § 23e Satz 2, 3 BedarfsplRL aF(§ 44 Satz 2 und 3 BedarfsplRL nF) normiert sind, zulässig ist (vgl BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 1/12 R - Juris RdNr 27, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 101 Nr 14 vorgesehen). Der Antrag wäre jedenfalls nicht erfolgreich gewesen.

18

Der ZA hätte allerdings die Punktzahlobergrenze der Praxis anheben können, wenn kurzfristig ein regionaler zusätzlicher Versorgungsbedarf bestanden hätte. Nach § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 5 Halbsatz 1 SGB V(eingefügt durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz vom 22.12.2006 mit Wirkung vom 1.1.2007) hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in den BedarfsplRL Regelungen bezüglich einer Ausnahme von der Leistungsbegrenzung zu treffen, soweit und solange dies zur Deckung eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs erforderlich ist. Eine solche Ausnahmeregelung hat der G-BA in den §§ 23i ff BedarfsplRL aF(§§ 58 ff BedarfsplRL nF), mit denen der Regelungsauftrag des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V umgesetzt wurde, nicht vorgesehen. Der G-BA hat lediglich mit Beschluss vom 13.3.2008 (BAnz Nr 80, S 1950) gestützt auf § 101 Abs 3a SGB V in § 34a BedarfsplRL aF geregelt, dass der Landesausschuss festlegt, für welche Bezugsregionen innerhalb eines nicht unterversorgten Planungsbereiches er die Feststellung von zusätzlichem lokalem Versorgungsbedarf trifft(§ 34a Abs 2 Satz 1 BedarfsplRL aF). Diese Vorschrift erfasst mithin nur strukturell und damit langfristig bestehende lokale Bedarfe. Der Landesausschuss für Ärzte und Krankenkassen hat hier dementsprechend nur auf der Grundlage von § 103 Abs 1, 3 SGB V das Vorliegen einer Überversorgung geprüft und mit Beschluss vom 20.2.2008 (abrufbar im Internet unter: http://www.kvbawue.de/vertraegerecht/bekanntmachungen/landesausschuss/, letzter Aufruf am 12.7.2013) für den Planungsbereich Rhein-Neckar-Kreis, in dem der Sitz des Klägers liegt, eine Überversorgung mit HNO-Ärzten angenommen und keinen zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf festgestellt. Auch § 23e BedarfsplRL aF(§ 44 BedarfplRL nF), der die Voraussetzungen für die Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina regelt, berücksichtigt den Fall einer erkennbar nur vorübergehenden Steigerung des Leistungsumfangs zur Sicherstellung eines befristeten regionalen Mehrbedarfs nicht. Nach dieser Vorschrift kommt eine Neubestimmung der Abrechnungsobergrenzen nur in Betracht, wenn Änderungen des EBM oder vertragliche Vereinbarungen spürbare Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlagen haben (Satz 2) oder Änderungen der Berechnung der für die Obergrenze maßgeblichen Faktoren eine spürbare Veränderung bewirken und die Beibehaltung der durch den ZA festgestellten Gesamtpunktzahlvolumina im Verhältnis zu den Ärzten der Fachgruppe eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung/Benachteiligung darstellen würde (Satz 3). Fehlt es damit zwar an einer ausdrücklichen normativen Grundlage für die Berücksichtigung eines zeitlich begrenzten zusätzlichen Versorgungsbedarfs, der etwa durch die vorübergehende Schließung einer Praxis entstehen kann, ist eine Erhöhung der Leistungsgrenze in einem solchen Fall gleichwohl nicht ausgeschlossen. Sie kann vielmehr im Interesse der Sicherstellung der Versorgung der Versicherten ausnahmsweise geboten sein. Eine Erhöhung der Gesamtpunktzahlvolumina kann in diesen Fällen unter Rückgriff auf den Rechtsgedanken des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 5 Halbsatz 1 SGB V erfolgen. Das LSG hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Honorierung der zur Sicherstellung eines befristeten zusätzlichen Versorgungsbedarfs erbrachten Mehrleistungen einer Job-Sharing-Praxis nicht nur eine Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung, wie sie hier von der Beklagten erteilt wurde, erfordert, sondern auch eine Erhöhung der Leistungsgrenze.

19

Ohne eine solche zeitlich auf das Bestehen eines begrenzten zusätzlichen Versorgungsbedarfs beschränkte Erhöhung der Leistungsgrenze käme eine Job-Sharing-Praxis für die Deckung des Bedarfs nicht in Betracht. Es müssten dann ggf Ermächtigungen erteilt werden, um die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung auch während der vorübergehenden Vakanz einer Praxis zu gewährleisten, obwohl Vertragsärzte bereit und imstande wären, den Bedarf zu decken. Damit würde der prinzipielle Vorrang der Vertragsärzte (und Medizinischen Versorgungszentren) in der ambulanten Versorgung allein deshalb in Frage gestellt, weil in den BedarfsplRL keine Regelung für eine Erhöhung der Leistungsgrenzen in den hier in Rede stehenden Konstellationen getroffen worden ist. Der G-BA wird daher entsprechende Regelungen zu treffen haben, damit künftig ein unmittelbarer Durchgriff der Zulassungsgremien auf den Rechtsgedanken des § 101 Satz 1 Nr 5 SGB V entbehrlich wird.

20

Eine Möglichkeit der Erhöhung der Leistungsgrenze gebietet in diesen Fällen nicht zuletzt der Grundsatz der Gleichbehandlung der Job-Sharing-Praxen mit den Praxen, für die die Zulassungsgremien keine Gesamtpunktzahlvolumina festgesetzt haben; diesem Grundsatz wird auch in § 23e Satz 3 BedarfsplRL aF(§ 44 Satz 3 BedarfsplRL nF) besondere Bedeutung beigemessen. Den Nicht-Job-Sharing-Praxen würde nämlich, worauf das LSG zu Recht hingewiesen hat, allein die Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung die Vergütung der erbrachten Mehrleistungen sichern.

21

Eine Situation, die kurzfristig eine zeitlich begrenzte Anhebung der Leistungsgrenzen hätte erfordern können, war hier jedoch nicht gegeben. Der seit dem 1.10.2007 vakante Vertragsarztsitz von Dr. S. war schon zu Beginn des Quartals II/2008, als Dr. E. ihre Tätigkeit in der Praxis des Klägers aufnahm, wieder besetzt. Sofern durch die vorübergehende Schließung der Praxis ein besonderer Versorgungsbedarf entstanden war, erstreckte er sich jedenfalls nicht (mehr) auf die streitbefangenen Quartale.

22

2. Die Befugnis der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der fehlerhaften Honorarbescheide war auch nicht durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes eingeschränkt. Vertrauensschutz kann der Kläger insbesondere nicht aus dem Bescheid der Beklagten vom 28.5.2008 herleiten, mit dem ihm - zu Unrecht, weil ein etwaiger Sicherstellungsbedarf schon seit dem 1.4.2008 wieder entfallen war - eine Ausnahme der Fallzahlzuwachsbegrenzung bewilligt wurde.

23

a) Der Vertragsarzt kann nach der Rechtsprechung des Senats auf den Bestand eines vor einer endgültigen Prüfung auf Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit erteilten Honorarbescheides grundsätzlich nicht vertrauen (stRspr zB BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 4; BSGE 89, 90, 94 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 7 mwN; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 24 RdNr 18). Die Auskehrung der Gesamtvergütungsanteile durch die KÄV im Wege der Honorarverteilung ist nämlich dadurch gekennzeichnet, dass diese quartalsmäßig auf die Honoraranforderungen ihrer Vertragsärzte hin Bescheide zu erlassen hat, ohne dass sie - aus rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen - die Rechtmäßigkeit der Honoraranforderungen hinsichtlich ihrer sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Leistungserbringung bereits umfassend überprüfen konnte. Die Berechtigung der KÄV zur Rücknahme rechtswidriger Honorarbescheide ist nicht auf die Berichtigung von Fehlern aus der Sphäre des Vertragsarztes beschränkt, sondern besteht umfassend, unabhängig davon, in wessen Verantwortungsbereich die allein maßgebliche sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt.

24

Die umfassende Berichtigungsbefugnis der KÄV, die den Besonderheiten und Erfordernissen der Honorarverteilung Rechnung trägt, ist daher im Hinblick auf den gebotenen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu begrenzen. Das gilt nach der Rechtsprechung des Senats sowohl für Unrichtigkeiten, die ihre Ursache in der Sphäre des Vertragsarztes finden, wie auch bei anderen Fehlern, etwa der Unwirksamkeit der generellen Grundlagen der Honorarverteilung. Insbesondere im letztgenannten Fall müssen die Interessen des einzelnen Arztes an der Kalkulierbarkeit seiner Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit einerseits und die Angewiesenheit der KÄV auf die Weitergabe nachträglicher Änderungen der rechtlichen Grundlagen der Honorarverteilung an alle Vertragsärzte andererseits zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden (vgl BSGE 93, 69, 72 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 9 mwN). Zur generellen Sicherstellung dieses Interessenausgleichs und damit zur Beurteilung der Frage, in welchen Konstellationen das Vertrauen des Vertragsarztes auf den Bestand eines rechtswidrigen, ihn begünstigenden Verwaltungsaktes schutzwürdig ist, hat der Senat Fallgruppen herausgearbeitet, in denen die Befugnis zu sachlich-rechnerischen Richtigstellungen aus Gründen des Vertrauensschutzes begrenzt ist (zusammenfassend BSGE 96, 1, 4 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 14 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 16; vgl im Einzelnen zu den Fallgruppen Clemens, in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 106a SGB V RdNr 189 ff; Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: April 2012, K § 106a RdNr 33 ff; Harneit, in: Festschrift 10 Jahre Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, 2008, 361, 366 ff; Knopp, Die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, 2009, 180 ff).

25

b) Die nachträgliche Korrektur eines Honorarbescheides nach den Vorschriften über die sachlich-rechnerisch Richtigstellung ist nicht mehr möglich, wenn die Frist von vier Jahren seit Erlass des betroffenen Honorarbescheides bereits abgelaufen ist (BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16 mwN; vgl jüngst zur Hemmung der vierjährigen Ausschlussfrist BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 35/12 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 10; vgl im Hinblick auf die Durchführung einer Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V auch: BSG Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 27/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 19 ff; Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 45/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 16 ff). Eine Rücknahme des Honorarbescheides ist nach Ablauf der Frist nur noch unter Berücksichtigung der Vertrauensausschlusstatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1 SGB X möglich. Diese Fallgruppe ist vorliegend nicht einschlägig, da ersichtlich die Frist von vier Jahren, die nach der Rechtsprechung des Senats am Tag nach der Bekanntgabe des Honorarbescheides beginnt (vgl BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16; BSG Urteil vom 28.3.2007 - B 6 KA 26/06 R - Juris RdNr 16; BSGE 106, 222, 236 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 60 mwN), nicht abgelaufen ist.

26

c) Weiterhin ist die Befugnis der KÄV zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung aus Vertrauensschutzgesichtspunkten eingeschränkt, soweit die KÄV ihre Befugnis zur sachlich-rechnerische Richtigstellung bereits "verbraucht" hat, indem sie die Honoraranforderung des Vertragsarztes in einem der ursprünglichen Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft und vorbehaltlos bestätigt hat (BSGE 89, 90, 98 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 11 f; bekräftigt in BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 19; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 18 ff für den Fall der Rückgängigmachung einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung). In diesem Fall ist die jedem Honorarbescheid innewohnende spezifische Vorläufigkeit und damit die Anwendbarkeit der Berichtigungsvorschriften entfallen (vgl BSGE 93, 69, 74 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 15). Auch eine solche Fallkonstellation ist hier nicht gegeben.

27

d) Darüber hinaus ist nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu beachten, wenn die KÄV es unterlassen hatte, bei der Erteilung des Honorarbescheides auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung oder ihrer Auslegung (BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352; BSGE 93, 69, 75 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 16; BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 20) oder auf ein noch nicht abschließend feststehendes Gesamtvergütungsvolumen (BSGE 96, 1, 7 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 20)hinzuweisen und durch einen Vorläufigkeitshinweis zu manifestieren. Der Vorläufigkeitshinweis muss sich dabei nicht ausdrücklich aus dem Honorarbescheid selbst ergeben, es genügt vielmehr, dass sich der Vorbehalt aufgrund bestehender Ungewissheiten ausreichend deutlich aus den Gesamtumständen ergibt (zB BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352; BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 20; BSGE 96, 1, 7 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 20; BSGE 98, 169, 177 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 28). Hat die KÄV einen derartigen Hinweis in der notwendigen Form unterlassen, sind die Berichtigungsvorschriften zwar weiterhin anwendbar, wegen des durch das Verhalten der KÄV begründeten Vertrauensschutzes der Vertragsärzte ist für die Aufhebung eines Honorarbescheides aber nur Raum, wenn in entsprechender Anwendung des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1 SGB X Vertrauensausschlusstatbestände gegeben sind(BSGE 96, 1, 5 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 16). Eine solche Fallkonstellation liegt hier nicht vor. Im Hinblick auf den hier maßgeblichen Grund für die Richtigstellung, die Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina, bestand bei Erlass der Honorarbescheide vom 15.1.2009 und vom 15.4.2009 keine Ungewissheit im genannten Sinn. Weder waren die normativen Grundlagen der Honorarverteilung betroffen, noch Unsicherheiten im Hinblick auf das Gesamtvergütungsvolumen. Die Richtigstellung resultierte vielmehr aus Besonderheiten bei der Honorarbegrenzung für Job-Sharing-Praxen, über die bei Erlass der Honorarbescheide auch keine Unsicherheit bestand.

28

e) Schließlich ist die Richtigstellungsbefugnis der KÄV begrenzt, wenn die Besonderheiten der Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, die in der Rechtsprechung für die Verdrängung der Regelung des § 45 SGB X durch die Vorschriften über die sachlich-rechnerische Richtigstellung angeführt worden sind, nicht konkret tangiert sind(BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 18 ff; BSGE 96, 1, 6 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 19; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 26). Diese Fallgruppe erfasst die fehlerhafte Abrechnung im Einzelfall etwa infolge eines Rechenfehlers oder der versehentlichen Verwendung eines falschen Berechnungsfaktors. Auch in einem solchen Fall wird die Honorarberichtigung zwar nach den einschlägigen bundesmantelvertraglichen Regelungen durchgeführt, im Rahmen des Berichtigungsverfahrens sind indes die speziellen Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs 2 iVm Abs 4 SGB X entsprechend heranzuziehen(vgl BSGE 93, 69, 76 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 18). Ein solcher Sachverhalt gibt keinen Anlass, von den allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen abzuweichen, wonach die Behörde vorbehaltlich der besonderen Tatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 SGB X das Risiko dafür trägt, dass sie einen für den Bürger günstigen Verwaltungsakt erlässt, der sich nachträglich als teilweise rechtswidrig erweist(BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 20). Eine Beschränkung der Richtigstellungsbefugnis der Beklagten ergibt sich auch unter diesem Gesichtspunkt nicht. Die Umsetzung der Bescheide der Zulassungsgremien über die Punktzahlobergrenzen nach Zulassungen oder Arztanstellungen unter Job-Sharing-Bedingungen in den Honorarbescheiden der vertragsärztlichen Praxen betrifft spezifische Umstände der Honorierung der vertragsärztlichen Leistungen. Die ursprünglichen Honorarbescheide der Beklagten gegenüber dem Kläger enthielten dementsprechend keinen Rechenfehler oder vergleichbare Defizite, die Beklagte hatte sie vielmehr bewusst - wie bei allen anderen Job-Sharing-Praxen - zunächst ohne Anwendung der Regelungen über die Leistungsgrenzen erstellt. Ob das für diese Vorgehensweise angeführte Argument einer Entlastung der Verwaltung bei der zeitnahen Erstellung der Honorarbescheide das Gewicht hat, das die Beklagte ihm zumisst, kann auf sich beruhen. Jedenfalls vollzog die Richtigstellung einen komplexen Berechnungsschritt bei Festsetzung des vertragsärztlichen Honorars nach. Mit den in der Entscheidung des Senats vom 30.6.2004 (BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 20) angesprochenen individuellen Rechtsanwendungsfehlern ohne Bezug zu den Besonderheiten der Honorierung vertragsärztlicher Leistungen hat das keine Berührungspunkte.

29

f) Ob daneben ein allgemeiner Vertrauensschutz weiterhin in Betracht kommt, wenn die KÄV die rechtswidrige Erbringung bestimmter Leistungen in Kenntnis aller Umstände längere Zeit geduldet hat, diese später jedoch insgesamt von einer Vergütung ausschließt, kann offenbleiben (vgl BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 16, hieran anknüpfend: Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: April 2012, K § 106a RdNr 33d; ebenso Harneit, in: Festschrift 10 Jahre Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, 2008, 361, 370 ff; Knopp, Die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, 2009, 181). Die Frage bedarf vorliegend keiner Beantwortung, da die Beklagte die Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina nicht längere Zeit geduldet hat.

30

g) Es besteht nach den Besonderheiten des Falles auch kein Anlass, über die in der Rechtsprechung des Senats anerkannten Konstellationen hinaus Vertrauensschutz zu gewähren. Ein Schutzbedürfnis des Klägers, das mit demjenigen in den anerkannten Fallgruppen vergleichbar ist, besteht nicht. Es kann offenbleiben, ob ein rechtswidriger Verwaltungsakt - hier die ungerechtfertigte Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung - überhaupt geeignet sein kann, schutzwürdiges Vertrauen zu begründen. Durch die mit Bescheid vom 28.5.2008 gewährte Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung begründete die Beklagte jedenfalls keinen Vertrauenstatbestand darauf, dass auch die vom ZA festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina nicht mehr gelten sollten. Dieser Bescheid hatte ausschließlich die Fallzahlzuwachsbegrenzung zum Gegenstand und ließ keinen Zusammenhang zu dem Job-Sharing sowie dem hierdurch bedingten Gesamtpunktzahlvolumen erkennen. Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich bei der Fallzahlzuwachsbegrenzung und dem Gesamtpunktzahlvolumen um unterschiedliche Regelungsbereiche handelt. Dies wird bereits aus den unterschiedlichen Zuständigkeiten deutlich. Der Kläger kannte die Festsetzungen des ZA. Die Abgabe einer entsprechenden Verpflichtungserklärung war nach § 101 Abs 1 Nr 5 SGB V Voraussetzung für die Genehmigung des Job-Sharing. Ausweislich des Beschlusses vom 30.1.2008 haben sich der Kläger und Frau Dr. E. schriftlich gegenüber dem ZA damit einverstanden erklärt, den bestehenden Umfang der Praxis nicht wesentlich zu überschreiten. Dem Kläger war also, was auch nicht in Abrede gestellt wird, bewusst, dass die vom ZA festgesetzten Obergrenzen einzuhalten waren. Weder die organisatorische Anbindung der Zulassungsgremien an die KÄV nach § 96 Abs 3 SGB V noch die Besetzung der Gremien (auch) mit von den KÄVen bestellten Vertretern sind geeignet, den Anschein zu begründen, die KÄV könne eine vom ZA getroffene Regelung ändern. Es kann vorausgesetzt werden, dass dem Vertragsarzt die Unterscheidung zwischen ZA und KÄV bekannt ist. Auch der Umstand, dass die Beklagte gemäß § 23c Satz 4 BedarfsplRL aF(§ 42 Satz 4 BedarfsplRL nF) die Berechnung der Anpassung der Gesamtpunktzahlvolumina entsprechend der Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts nach § 23f BedarfsplRL aF(§ 45 BedarfsplRL nF) vornimmt, kann kein Vertrauen darauf begründen, dass sie auch für eine Neuberechnung oder Aufhebung der Gesamtpunktzahlvolumina vornehmen kann. Dass es dafür nach § 23e BedarfsplRL aF(§ 44 BedarfsplRL nF) eines besonderen Antrags an den ZA bedarf, darf für die Job-Sharing-Partner als bekannt vorausgesetzt werden.

31

Fallzahlzuwachsbegrenzung und Leistungsbegrenzung durch Gesamtpunktzahlvolumina sind zudem unterschiedliche Regelungsinstrumente mit jeweils eigenständiger Bedeutung. Die Fallzahlzuwachsbegrenzung gemäß § 3 Nr 1 des in den streitbefangenen Quartalen geltenden Vertrages über den Honorarverteilungsmaßstab (HVM-V) iVm Anlage 1 zum HVM-V findet für alle in der Anlage genannten Arztgruppen Anwendung, während die Gesamtpunktzahlvolumina in Anwendung der BedarfsplRL nur in der besonderen Konstellation eines Job-Sharing von Bedeutung sind. Eine Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung kann auch dann Vorteile für den Vertragsarzt mit sich bringen, wenn die Gesamtpunktzahlvolumina - wie vorliegend - nicht an- oder aufgehoben wurden. Dies ergibt sich daraus, dass die Fallzahlzuwachsbegrenzung gemäß § 4 Nr 1 Satz 3 HVM-V für die Berechnung des Punktzahlgrenzvolumens maßgeblich ist. Die über das Punktzahlgrenzvolumen hinausgehende Leistungsmenge wird gemäß § 4 Nr 1 Satz 2 HVM-V mit einem abgestaffelten Punktwert vergütet. Hieraus folgt, dass die ohne Abstaffelung vergütete Leistungsmenge mit der anerkannten Fallzahl wächst. Auch wenn dies im Fall des Job-Sharing nur bis zur Höhe des für die Praxis festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumens gilt, hat die Fallzahlbegrenzung eine eigenständige Bedeutung und kann sich begünstigend auf die Honorarfestsetzung auswirken. Dass erst im Zusammenspiel von Regelungen zur Fallzahlzuwachsbegrenzung und Gesamtpunktzahlvolumina aus einem die Leistungsgrenze übersteigenden Leistungsumfang auch ein entsprechendes Honorar generiert werden, ändert nichts daran, dass es sich um verschiedene Instrumente zur Mengenbegrenzung mit jeweils unterschiedlichem Anwendungsbereich handelt.

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Es hätte für den Kläger nahe gelegen, mit dem im März 2008 gestellten Antrag auf Ausnahme von der Fallzuwachsbegrenzung mit der Begründung des zusätzlichen Versorgungsbedarfs bei dem ZA ein höheres Gesamtpunktzahlvolumen zu beantragen. Soweit er vorträgt, zu diesem Zeitpunkt sei ihm noch nicht bekannt gewesen, dass er ohne Verletzung der Obergrenzen den Sicherstellungsauftrag nicht habe einhalten können, mag dies vor dem Hintergrund des erstmals im Quartal III/2008 überschrittenen Gesamtpunktzahlvolumens zutreffend sein. Letztlich bedarf dies jedoch keiner Klärung, da der Kläger in Folge des Beschlusses vom 30.1.2008 jedenfalls wissen musste, dass er die Gesamtpunktzahlvolumina einhalten musste. Spätestens nach der Zustellung des Beschlusses des ZA im April 2008 und damit nach seinem Antrag auf Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung hätte sich die Frage aufdrängen müssen, in welchem Verhältnis die Gesamtpunktzahlvolumina zur Fallzahlzuwachsbegrenzung stehen. Den Honorarbescheiden vom 15.1.2009 und 15.4.2009 war zu entnehmen, dass keine Fallzahlzuwachsbegrenzung zugrunde gelegt und dementsprechend sämtliche in diesem Zusammenhang relevanten Fälle bei der Berechnung der PZGV berücksichtigt worden waren, jedoch die Gesamtpunktzahlvolumina keine Beachtung gefunden hatten. Es hätte damit Anlass bestanden, bei der Beklagten nachzufragen, ob die Gesamtpunktzahlvolumina keine Anwendung finden. Zwar hat die Beklagte den Kläger auch nicht auf die ggf erforderliche Antragstellung beim ZA hingewiesen, indes hat sie allein hierdurch noch keinen Vertrauenstatbestand geschaffen.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung des § 154 Abs 1 und 2 VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten auch des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu tragen.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgericht Berlin vom 6. Mai 2015 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass ihr im Wege der Nachbesetzung der Stelle eines Facharztes für Chirurgie eine Anstellungsgenehmigung für einen Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie ohne Beschränkung auf unfallchirurgische Tätigkeiten zu erteilen war.

2

Die Klägerin ist ein in der Rechtsform einer GbR betriebenes medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) in Berlin, das überwiegend Ärzte der Fachgebiete Orthopädie und Chirurgie beschäftigt. Von Juli 2006 bis August 2011 sowie von April 2012 bis November 2012 war der Facharzt für Chirurgie Dr. S. bei der Klägerin angestellt. Dr. S. führt keine Schwerpunktbezeichnung für Unfallchirurgie, war aber nach den Angaben der Klägerin ausschließlich in der Behandlung von Erkrankungen des Bewegungsapparates bzw unfallchirurgisch tätig.

3

Die erste Beschäftigung des Dr. S. bei der Klägerin endete, weil er seine Anstellung in eine Zulassung umwandelte. Die frei werdende Stelle besetzte die Klägerin mit einer Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie nach. Nach Beendigung der zweiten Beschäftigung von Dr. S. beantragte die Klägerin zur Nachbesetzung die Genehmigung der Anstellung von Herrn P., einem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Der Zulassungsausschuss genehmigte die Anstellung mit Wirkung zum 15.12.2012, jedoch zur ausschließlichen Tätigkeit auf dem Gebiet der Unfallchirurgie.

4

Der beklagte Berufungsausschuss hat mit Beschluss vom 27.3.2013 den Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Für die Nachbesetzung der Stelle eines angestellten Arztes sei grundsätzlich eine fachliche Identität zwischen dem ausscheidenden und dem an seiner Stelle anzustellenden Leistungserbringer erforderlich, die hier nicht vorliege. Die angegriffene Einschränkung auf eine unfallchirurgische Tätigkeit ermögliche daher überhaupt erst die Genehmigung der Nachbesetzung.

5

Die hiergegen erhobene Klage hat das SG Berlin abgewiesen. Es könne offenbleiben, ob die vom Beklagten vorgenommene Beschränkung der erteilten Anstellungsgenehmigung isoliert anfechtbar sei oder nicht, denn die Klägerin habe jedenfalls keinen Anspruch auf eine unbeschränkte Nachbesetzung der frei gewordenen Arztstelle des Facharztes für Chirurgie Dr. S. mit einem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Eine Arztstelle in einem MVZ könne nur mit einem Arzt derselben Arztgruppe im Sinne der Bedarfsplanung nachbesetzt werden. Unabhängig davon, ob diese Vorschrift auf Nachbesetzungen anwendbar sei, könne eine Nachbesetzung auch nicht auf § 16 Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL) gestützt werden. Dr. S. verfüge schon nicht über die erforderliche Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie, um die von der Regelung vorgesehene bedarfsplanungsrechtlich neutrale Nachbesetzung durch einen Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie zu ermöglichen. Das Vorhandensein der Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie als Bindeglied zwischen dem Facharzt für Chirurgie (nach altem Weiterbildungsrecht) und dem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie (nach neuem Weiterbildungsrecht) sei aber zwingend erforderlich. Der Gesetzgeber habe mit der Nachbesetzungsmöglichkeit der MVZ nur das "Ausbluten" von MVZ verhindern, aber keine Ausweitung des Tätigkeitsbereichs ermöglichen wollen. Auch wenn Dr. S.
 ausschließlich in der Behandlung von Erkrankungen des Bewegungsapparates tätig gewesen wäre, könnte dies die von der Klägerin begehrte Nachbesetzung nicht rechtfertigen. Neben der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit müsse auch ein Bezug zwischen dem Fachgebiet nach altem Weiterbildungsrecht und dem Fachgebiet nach neuem Weiterbildungsrecht gegeben sein. Eine Nachbesetzung von chirurgischen Arztstellen bei unfallchirurgischer Tätigkeit mit Fachärzten für Orthopädie und Unfallchirurgie hätte eine Verlagerung des chirurgischen Versorgungsbereichs zur Orthopädie zur Folge, die zu bedarfsplanungsrechtlichen Verwerfungen führen und chirurgische Sonderbedarfszulassungen auslösen könne.

6

Die Klägerin hat gegen das Urteil die vom SG zugelassene Sprungrevision eingelegt. Zwischenzeitlich wurde das Anstellungsverhältnis zwischen der Klägerin und Herrn P. beendet. Eine Genehmigung der Nachbesetzung der Arztstelle mit der Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. R. hat der Zulassungsausschuss erneut mit der Beschränkung auf den Bereich der Unfallchirurgie erteilt. Über den Widerspruch der Klägerin hat der Beklagte noch nicht entschieden.

7

Die Klägerin macht geltend, sie habe Anspruch auf eine unbeschränkte Anstellungsgenehmigung. Zwar sei auch bei der Nachbesetzung darauf abzustellen, ob Vorgänger und Nachfolger derselben Arztgruppe im bedarfsplanungsrechtlichen Sinne angehörten. Die Zuordnung zu den Arztgruppen erfolge nicht allein nach dem Weiterbildungsrecht, sondern auch tätigkeitsbezogen. Die bedarfsplanungsrechtliche Zuordnung der Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie zur Arztgruppe der Orthopäden und nicht der Chirurgen erkläre sich daraus, dass das Weiterbildungsrecht die Ausbildung von Fachärzten für Orthopädie überhaupt nicht mehr vorsehe. Dr. S. sei ausschließlich in der Behandlung von Erkrankungen des Bewegungsapparates und unfallchirurgisch tätig gewesen, sodass es durch die Nachbesetzung seiner Stelle mit einem Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie nicht zu einer Verschlechterung in der Versorgung mit chirurgischen Leistungen komme. Das SG habe aufgrund einer nur beispielhaften Aussage in einem Urteil des BSG, wonach die Arztstelle eines Chirurgen mit der Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie mit einem Orthopäden und Unfallchirurgen nachbesetzt werden könne, irrigerweise das Erfordernis der Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie abgeleitet. Darüber hinaus würden Chirurgen mit dem Schwerpunkt Unfallchirurgie nicht mehr ausgebildet. Die Klägerin wäre also gezwungen, die Arztstelle mit einem Chirurgen ohne unfallchirurgische Qualifikation nachzubesetzen, der den unfallchirurgisch zu versorgenden Patientenstamm nicht behandeln könnte.

8

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 6.5.2015 aufzuheben und festzustellen, dass der Beschluss des Beklagten vom 27.3.2013, soweit er den Antrag der Klägerin abgelehnt hat, rechtswidrig und der Beklagte verpflichtet war, der Klägerin eine Anstellungsgenehmigung für Herrn P. ohne Beschränkung auf die unfallchirurgische Tätigkeit zu erteilen.

9

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Es könne nicht im Belieben der Klägerin stehen, eine bisher chirurgische Arztstelle in eine orthopädische Arztstelle umzuwandeln. Das vom Gesetzgeber mit der Regelung des § 103 Abs 4a Satz 3 SGB V beabsichtigte Verhindern des "Ausblutens" von MVZ ändere nichts daran, dass bei einer Nachbesetzung auf die Arztgruppe des bisherigen Arztes abzustellen sei. § 16 BedarfsplRL beziehe sich auf die Praxisnachfolge und könne jedenfalls nicht bei der Nachbesetzung von Arztstellen im MVZ zu verringerten Anforderungen führen. Der notwendige Fachgebietsbezug könne auch nicht durch einen Tätigkeitsbezug ersetzt werden.

11

Die beigeladene KÄV hält das angefochtene Urteil ebenfalls für zutreffend. Die übrigen Beigeladenen haben sich nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

12

Die Sprungrevision der Klägerin ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

13

1. Die Klägerin konnte zunächst im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage eine unbeschränkte Anstellungsgenehmigung geltend machen und durfte ihren Klageantrag auch noch im Revisionsverfahren auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umstellen.

14

a. Den Anspruch auf Erteilung einer Anstellungsgenehmigung des Herrn P. ohne Beschränkung auf die unfallchirurgische Tätigkeit konnte die Klägerin allein im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage geltend machen und nicht im Rahmen der isolierten Anfechtung der Beschränkung. Zwar können nach ständiger Rechtsprechung des Senats Nebenbestimmungen von Zulassungsentscheidungen, die nach Maßgabe gesetzlicher Regelungen erlassen werden, isoliert angefochten werden (vgl zuletzt BSG Urteil vom 17.2.2016 - B 6 KA 6/15 R - SozR 4-2500 § 119 Nr 2 RdNr 42, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen; BSGE 89, 134, 136 f = SozR 3-5520 § 20 Nr 3 S 20; SozR 4-5520 § 24 Nr 1 RdNr 6). Die Beschränkung auf unfallchirurgische Tätigkeiten ist jedoch eine Inhaltsbestimmung der Anstellungsgenehmigung und keine Nebenbestimmung. Insbesondere handelt es sich nicht um eine Auflage, die der Klägerin neben der Anstellungsgenehmigung ein Tun, Dulden oder Unterlassen auferlegt (vgl zum Begriff der "Auflage" Mutschler in Kasseler Komm, SGB X, Stand 1.6.2016, § 32 RdNr 19 ff; Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 32 RdNr 23 ff). Die Annahme einer "Auflage" kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil nicht lediglich eine noch fehlende geringfügige tatbestandliche Voraussetzung sichergestellt werden sollte (vgl dazu BSGE 113, 291 = SozR 4-5520 § 24 Nr 9, RdNr 21; BSGE 89, 62, 64 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 344). Die beantragte Anstellungsgenehmigung ist vielmehr von vorneherein im Umfang auf die unfallchirurgische Tätigkeit beschränkt erteilt worden (vgl zur Inhaltsbestimmung Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, § 32 RdNr 4). Die inhaltlich beschränkte Anstellungsgenehmigung entspricht damit einer Teilgenehmigung und einer Ablehnung im Übrigen. Die Klägerin konnte ihr Begehren somit im Wege der Anfechtung der sie beschwerenden Teilablehnung kombiniert mit der Verpflichtungsklage auf eine weitergehende Genehmigung geltend machen.

15

b. Die Klägerin durfte ihren Klageantrag auch auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs 1 Satz 3 SGG umstellen. Da das Anstellungsverhältnis mit Herrn P. beendet ist, ist die begehrte Anstellungsgenehmigung gegenstandslos geworden und Erledigung eingetreten. In dieser Konstellation kann die Klägerin - auch noch im Revisionsverfahren (vgl SozR 4-2500 § 119 Nr 2 RdNr 41 mwN) - ihr Begehren von der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umstellen, wenn sie ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Ausgangsbescheides hat. Das gemäß § 131 Abs 1 Satz 3 SGG erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr gegeben. Der Zulassungsausschuss hat der Klägerin eine Anstellungsgenehmigung für Dr. R. im Wege der Nachbesetzung der Arztstelle des Herrn P. wiederum nur "begrenzt auf das Gebiet der Unfallchirurgie" (Beschluss des Zulassungsausschusses vom 5.8.2015), also mit einer Beschränkung auf unfallchirurgische Leistungen erteilt.

16

2. Die Revision ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf die begehrte unbeschränkte Anstellungsgenehmigung für Herrn P.

17

Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem MVZ war hier § 95 Abs 2 Satz 5, 7, 8 und 9 iVm § 103 Abs 4a Satz 3 SGB V(idF des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes - VStG - vom 22.12.2011, BGBl I 2983). Danach bedarf die Anstellung eines Arztes in einem MVZ der Genehmigung des Zulassungsausschusses, die zu erteilen ist, wenn der Arzt in das Arztregister eingetragen ist. Diese Voraussetzung erfüllt Herr P. Gemäß § 95 Abs 2 Satz 9 SGB V sind Anträge auf Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem MVZ jedoch abzulehnen, wenn bei Antragstellung für die dort tätigen Ärzte Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung gemäß § 103 Abs 1 Satz 2 SGB V angeordnet sind. Das war hier der Fall. Der Zulassungsbezirk B. war zum Zeitpunkt der Antragstellung sowohl für die Arztgruppe der Chirurgen als auch die Arztgruppe der Orthopäden gesperrt. Auch beim Bestehen von Zulassungsbeschränkungen erlaubt § 103 Abs 4a Satz 3 SGB V die Nachbesetzung einer Arztstelle in einem MVZ. Die Voraussetzungen hierfür lagen indes nicht vor.

18

a) Die Nachbesetzung einer Arztstelle in einem MVZ in überversorgten Bereichen nach § 103 Abs 4a Satz 3 SGB V setzt voraus, dass der ausscheidende Arzt und der prospektive neue Stelleninhaber derselben Arztgruppe im Sinne der Regelungen zur Bedarfsplanung angehören.

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Dies ist zwar nicht ausdrücklich geregelt, ergibt sich aber aus dem Umstand, dass die Möglichkeit zur Nachbesetzung der Arztstelle gemäß § 103 Abs 4a Satz 3 SGB V als Sonderregelung zur Zulassungsbeschränkung bei Überversorgung nach § 103 Abs 1 bis 3 SGB V ausgestaltet ist(vgl BSGE 116, 173 = SozR 4-2500 § 103 Nr 14, RdNr 16 ff; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 10, RdNr 19 f; Pawlita in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 103 RdNr 149). In der Bedarfsplanung werden der Versorgungsgrad sowie die hieran anknüpfenden Zulassungsbeschränkungen arztgruppenbezogen ermittelt, §§ 101, 103 Abs 2 Satz 3 SGB V. Bei dieser Berechnung werden die in einem MVZ angestellten Ärzte nach § 101 Abs 1 Satz 8 SGB V und § 51 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung(BedarfsplRL - idF vom 20.12.2012, BAnz vom 31.12.2012 B 7 S 1; zuvor: § 38) entsprechend ihrer Arbeitszeit berücksichtigt. § 103 Abs 4a Satz 3 SGB V bezieht sich ebenfalls auf die bedarfsplanungsrechtlichen Arztgruppen. Besteht in Bezug auf eine Arztgruppe eine Überversorgung iS des § 101 Abs 1 Satz 3 SGB V, § 16b Abs 1 Satz 2 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV), sind gemäß § 103 Abs 2 Satz 1 und 3 SGB V Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Der Gesetzgeber hat ausnahmsweise eine "Nachbesetzung" ermöglicht, damit das MVZ durch das Ausscheiden angestellter Ärzte nicht in seinem Bestand gefährdet wird. Ziel der Regelungen ist es, zu verhindern, dass MVZ "ausbluten" (vgl BT-Drucks 15/1525 S 112). Wie auch aus der Verwendung des Begriffs der "Nachbesetzung" deutlich wird, geht es ausschließlich darum, - unter Inkaufnahme der fortbestehenden Überversorgung - die Fortführung des MVZ in seiner bestehenden Struktur zu ermöglichen. Dem Ziel wird umfassend dadurch Rechnung getragen, dass auf der Stelle des Arztes, der aus dem MVZ ausscheidet, ein Arzt beschäftigt werden kann, der bedarfsplanungsrechtlich derselben Arztgruppe zuzuordnen ist (vgl BSGE 116, 173 = SozR 4-2500 § 103 Nr 14, RdNr 18). Dies war hier nicht der Fall. Der Chirurg Dr. S. und der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie P. gehören nicht derselben Arztgruppe an.

20

aa) Die bedarfsplanungsrechtlich relevanten Arztgruppen hat der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in der BedarfsplRL normiert. Nach § 6 BedarfsplRL(§ 3 BedarfsplRL aF) bestimmt sich die Zusammensetzung der Arztgruppen nach der Versorgungsausrichtung oder erfolgt in Anlehnung an die (Muster-)Weiterbildungsordnung. In §§ 11 - 14 BedarfsplRL(§ 4 BedarfsplRL aF) hat der GBA hierzu Fachgebiete und Tätigkeitsbereiche den verschiedenen Arztgruppen zugeordnet. Die Definition der Arztgruppen im Sinne der Bedarfsplanung beruht weitgehend auf den nach den geltenden Weiterbildungsordnungen erworbenen Facharztbezeichnungen (vgl auch die Tragenden Gründe des GBA zum Beschluss vom 20.12.2012 S 8, abrufbar unter www.g-ba.de, Beschlüsse, Bedarfsplanung). Die bedarfsplanungsrechtliche Zuordnung entspricht aber nicht vollständig der weiterbildungsrechtlichen Gliederung. Vielmehr werden teilweise verschiedene Fachgebiete mit übereinstimmender Versorgungsausrichtung bedarfsplanungsrechtlich zu einer Arztgruppe zusammengefasst (vgl BSGE 116, 173 = SozR 4-2500 § 103 Nr 14, RdNr 20; BSG SozR 3-2500 § 101 Nr 3 S 16 f). Neben der Bestimmung nach Fachgebieten hat der GBA vereinzelt auch auf weitere Kriterien abgestellt wie in § 11 Abs 2 Nr 2 BedarfsplRL(§ 4 Abs 2 Nr 1 BedarfsplRL aF) bei Internisten ohne Schwerpunkt auf die Entscheidung zur Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung (§ 73 Abs 1a Satz 1 Nr 3 SGB V) und bei der Bestimmung der Arztgruppe der Psychotherapeuten in § 12 Abs 2 Nr 8 BedarfsplRL(§ 4 Abs 2 Nr 4 BedarfsplRL aF) auf Tätigkeitsbereiche und iVm § 18 BedarfsplRL(§ 11 BedarfsplRL aF) auf bestimmte Leistungen. Somit muss für die erforderliche Zuordnung zu derselben Arztgruppe nicht notwendig die Fachgebietsbezeichnung des Nachfolgers mit derjenigen des ausscheidenden Arztes übereinstimmen (BSGE 116, 173 = SozR 4-2500 § 103 Nr 14, RdNr 31). Vorausgesetzt wird aber, dass der nachfolgende Arzt sich aufgrund der normierten Qualifikationen bzw Kriterien in der BedarfsplRL der Arztgruppe des bisherigen Stelleninhabers zuordnen lässt (vgl auch Pawlita in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, § 103 RdNr 147).

21

Daran fehlte es hier. Die maßgeblichen Arztgruppen der Chirurgen und der Orthopäden hat der GBA durch bestimmte Facharztqualifikationen definiert. Zur Arztgruppe der Chirurgen gehören die Fachärzte für Allgemeine Chirurgie, Kinderchirurgie, Plastische Chirurgie, Plastische und Ästhetische Chirurgie, Gefäßchirurgie sowie Visceralchirurgie, § 12 Abs 2 Nr 2 Satz 1 BedarfsplRL(§ 4 Abs 2 Nr 6 BedarfsplRL aF). Nicht zu dieser Arztgruppe gehören die Fachärzte für Herzchirurgie, die Fachärzte für Thoraxchirurgie und die Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie (§ 12 Abs 2 Nr 2 Satz 2 BedarfsplRL). Damit folgt das Bedarfsplanungsrecht hier nicht dem Weiterbildungsrecht, das die "Orthopädie und Unfallchirurgie" als eine von acht Facharztkompetenzen innerhalb des Gebiets der Chirurgie normiert (vgl die Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer 2003 idF vom 23.10.2015). Mit der Neufassung der Musterweiterbildungsordnung gemäß dem Beschluss des 106. Deutschen Ärztetages 2003 entfiel die Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie für das Gebiet der Chirurgie. Das Gebiet der Orthopädie war nicht mehr gesondert aufgeführt. Die Weiterbildung zum Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie bildet seitdem eine Facharztkompetenz im Gebiet der Chirurgie ab. Bedarfsplanungsrechtlich ist Herrn P. nach § 12 Abs 2 Nr 7 BedarfsplRL(§ 4 Abs 2 Nr 7 BedarfsplRL aF) jedoch der Arztgruppe der Orthopäden zugeordnet. Danach gehören zur Arztgruppe der Orthopäden die Fachärzte für Orthopädie (nach altem Weiterbildungsrecht) und die Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie (nach neuem Weiterbildungsrecht). Nach den Regelungen der BedarfsplRL waren der ausscheidende Dr. S. und der nachfolgende Arzt P. damit verschiedenen Arztgruppen zugerechnet.

22

bb) § 16 Satz 1 BedarfsplRL in der seit dem 1.1.2013 geltenden Fassung bzw die nahezu wortgleiche Regelung des zuvor geltenden § 4 Abs 7 BedarfsplRL idF des Beschlusses des GBA vom 15.2.2007 (BAnz Nr 64 S 3491), wonach im Fall der Praxisnachfolge die Praxis auch für Ärzte ausgeschrieben werden kann, welche ganz oder teilweise in einem Fachgebiet tätig sind, das mit dem alten Fachgebiet übereinstimmt, verhilft der Revision ebenfalls nicht zum Erfolg.

23

(1) § 16 bzw § 4 BedarfsplRL ist auch auf die Nachbesetzung einer Stelle in einem MVZ anwendbar(vgl BSGE 116, 173 = SozR 4-2500 § 103 Nr 14, RdNr 19). Zwar ist dort ausdrücklich nur von "Praxisnachfolge" und nicht von der Nachbesetzung einer Arztstelle in einem MVZ die Rede. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift gilt sie aber auch für diesen Fall entsprechend. Die Regelung sollte ausweislich der dazu veröffentlichten tragenden Gründe (vgl die Tragenden Gründe vom 18.1.2007, abrufbar unter www.g-ba.de, Beschlüsse, Bedarfsplanung) Änderungen in der Weiterbildungsordnung mit Auswirkung auf die Zuordnung zur Arztgruppe Rechnung tragen. Sie dient mithin dem Zweck, bei Änderungen des Weiterbildungsrechts eine Praxisnachfolge desjenigen Arztes zu ermöglichen, dessen nach neuem Weiterbildungsrecht erworbene Gebietsbezeichnung derjenigen des Praxisabgebers entspricht. Ausdrücklich genannt wird in den tragenden Gründen das Beispiel, dass ein Facharzt für Chirurgie mit der Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie nach altem Recht die Praxis an einen Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie nach neuem Weiterbildungsrecht weitergeben könne. Damit, so der GBA in den tragenden Gründen, erfolge die Weitergabe der Praxis entsprechend der Versorgungsausrichtung der Praxis. Das Bedürfnis, Änderungen im Weiterbildungsrecht bedarfsplanerisch nachzuvollziehen, besteht bei der Nachbesetzung einer Arztstelle in einem MVZ in gleichem Maße. Soweit der Beklagte in seinem Bescheid einen wesentlichen Unterschied zwischen Praxisnachfolge und Nachbesetzung einer Stelle in einem MVZ darin gesehen hat, dass die Praxisnachfolge der Wahrung der Eigentumsrechte des abgebenden Vertragsarztes auch bei Überversorgung diene, hat er nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Gesetzgeber auch mit der gesetzlichen Regelung zur Nachbesetzung das Fortbestehen einer Überversorgung bezogen auf den Planungsbereich und die jeweilige Arztgruppe in Kauf nimmt, um die Fortführung des MVZ in seiner bestehenden Struktur zu ermöglichen. Die Zielsetzung des § 103 Abs 4a Satz 3 SGB V ist insofern mit der des § 103 Abs 4 SGB V vergleichbar(vgl BSGE 116, 173 = SozR 4-2500 § 103 Nr 14, RdNr 19). Deshalb bestehen für das MVZ bei der Nachbesetzung einer Arztstelle die gleichen Bindungen an die Arztgruppe wie bei der Nachfolgezulassung, gleichzeitig aber auch die gleichen Ausnahmeregelungen. Dass der GBA die Regelung allein für die Praxisnachfolge und bewusst nicht für die Nachbesetzung treffen wollte, ist nicht ersichtlich (aA LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 27.8.2015 - L 5 KA 5076/14 ER-B - Juris RdNr 31 ff).

24

(2) § 16 Satz 1 BedarfsplRL ermöglicht die von der Klägerin begehrte Nachbesetzung der Stelle eines Facharztes für Chirurgie mit einem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie nicht.

25

Die Regelung des § 16 Satz 1 bzw § 4 Abs 7 BedarfsplRL ist vom GBA vor dem Hintergrund von Änderungen des Weiterbildungsrechts in die damalige BedarfsplRL(Neufassung vom 15.2.2007, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2007 S 3491, in Kraft getreten am 1.4.2007, in die die bereits am 18.1.2007 als Nr 7b beschlossene Regelung als § 4 Abs 7 übernommen wurde) aufgenommen worden. Weiterbildungsrechtliche Übergangsregelungen sahen im Zusammenhang mit den Änderungen vor, dass Ärzte mit Schwerpunktbezeichnungen, die zukünftig nicht mehr erworben werden konnten, die Berechtigung zum Führen der entsprechenden neuen Bezeichnungen beantragen konnten. So war es auch im Bereich der Unfallchirurgie: Chirurgen, die im Besitz der Schwerpunktbezeichnung "Unfallchirurgie" waren, konnten nach der Musterweiterbildungsordnung die neue Facharztbezeichnung "Orthopädie und Unfallchirurgie" innerhalb einer Frist von drei Jahren beantragen, wenn sie mindestens zwei Jahre Weiterbildung im Gebiet Orthopädie nachwiesen. Da die bedarfsplanungsrechtlichen Vorschriften weitgehend an die weiterbildungsrechtlichen Bezeichnungen anknüpfen, hat der GBA Regelungsbedarf gesehen (vgl die Tragenden Gründe vom 18.1.2007, abrufbar unter www.g-ba.de, Beschlüsse, Bedarfsplanung). Die Vorschrift des § 16 Satz 1 BedarfsplRL nF, § 4 Abs 7 BedarfsplRL aF bezweckt allein, den Auswirkungen der weiterbildungsrechtlichen Änderungen auf die Bedarfsplanung entgegenzuwirken(vgl hierzu auch BSGE 116, 173 = SozR 4-2500 § 103 Nr 14, RdNr 19). In den Regelungen des Weiterbildungsrechts findet sich aber keine Möglichkeit für Chirurgen ohne Schwerpunktbezeichnung "Unfallchirurgie" - auch wenn sie tatsächlich überwiegend unfallchirurgisch tätig waren -, ihre Facharztbezeichnung zu "Orthopädie und Unfallchirurgie" zu ändern. Dies stand allein den Chirurgen mit dem Schwerpunkt "Unfallchirurgie" zu (vgl die Weiterbildungsordnung 2003 idF vom 23.10.2015, S 52, Abs 6 und 7). Dementsprechend ist in den Tragenden Gründen zu § 4 Abs 7 BedarfsplRL aF ausdrücklich als Beispiel aufgeführt, dass ein Facharzt für Chirurgie mit Schwerpunktbezeichnung "Unfallchirurgie" nach altem Weiterbildungsrecht, welcher der Arztgruppe der Chirurgen zugeordnet sei, die Praxis an einen Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie nach neuem Weiterbildungsrecht übergeben könne, der der Arztgruppe der Orthopäden zuzuordnen sei(Tragende Gründe vom 18.1.2007, abrufbar unter www.g-ba.de, Beschlüsse, Bedarfsplanung).

26

Ob es sinnvoll oder in Anbetracht der tatsächlich bestehenden Schwierigkeiten bei der Praxisnachfolge für chirurgisch tätige Vertragsärzte und der Nachbesetzung chirurgischer Arztstellen in MVZ angezeigt wäre, den Änderungen im Weiterbildungsrecht noch stärker bedarfsplanungsrechtlich Rechnung zu tragen, kann hier offenbleiben. Sowohl der GBA als auch die Zulassungsgremien werden indessen die weitere Entwicklung im Weiterbildungsrecht beobachten und gegebenenfalls auf Verwerfungen reagieren müssen. Im Rahmen der Fortentwicklung der Bedarfsplanung wird ua der Zuschnitt der bisherigen Arztgruppen "Chirurgie" und "Orthopädie" sowie die Zuordnung der Unfallchirurgie zur Orthopädie zu überprüfen und ggf den Verhältnissen anzupassen sein. Dabei kann vor allem von Bedeutung sein, ob künftig hinreichend Ärzte mit den für die Arztgruppe der Chirurgen in § 12 Abs 2 Nr 2 Satz 1 BedarfsplRL genannten Qualifikationen an einer Tätigkeit in der vertragsärztlichen Versorgung interessiert sind.

27

Offenbleiben kann auch, wie die Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes oder einer Arztstelle im MVZ durch einen Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie zu beurteilen ist, wenn der ausscheidende Arzt für Chirurgie zwar nicht die Schwerpunktbezeichnung "Unfallchirurgie" geführt hat, aber als sog Durchgangsarzt nach § 34 Abs 2 SGB VII tätig war. Da die Berufsgenossenschaften die Anerkennung eines chirurgisch tätigen Arztes als Durchgangsarzt davon abhängig machen, dass dieser (auch) die Bezeichnung "Unfallchirurgie" führt, könnte der Gesichtspunkt der Versorgungskontinuität der vertragsärztlichen und berufsgenossenschaftlichen Tätigkeit in einer Praxis oder einem MVZ dafür sprechen, in einem solchen Fall § 16 BedarfsplRL entsprechend anzuwenden. Das Anerkennungsverfahren der Berufsgenossenschaften nach § 34 Abs 2 SGB VII hat zwar keinen unmittelbaren Einfluss auf vertragsärztliche Zulassungen. Die ambulante Heilbehandlung nach § 27 SGB VII ist aber eng mit der vertragsärztlichen Versorgung verbunden, wie sich schon aus der nach § 34 Abs 4 SGB VII bestehenden Gewährleistungsverpflichtung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung auch für die gesetzeskonforme Durchführung der ambulanten berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung ergibt.

28

b) Es kann auch dahinstehen, ob Dr. S. und Herr P., wie die Klägerin vorträgt, identische Leistungen erbracht haben. Dass der Rahmen der bisherigen ärztlichen Tätigkeit in inhaltlicher Hinsicht im Wesentlichen eingehalten wird, ist neben der Übereinstimmung bezogen auf die Arztgruppe im Sinne der Bedarfsplanung sowie den Umfang der Anstellung Voraussetzung für die Nachbesetzung (BSGE 116, 173 = SozR 4-2500 § 103 Nr 14, RdNr 23; BSGE 109, 182 = SozR 4-2500 § 103 Nr 8, RdNr 20). Eine inhaltliche Übereinstimmung zwischen der Tätigkeit des ausscheidenden Arztes und dem für die Nachbesetzung vorgesehenen Arzt ist aber nicht geeignet, das Erfordernis der Übereinstimmung in der bedarfsplanungsrechtlichen Arztgruppe zu ersetzen.

29

Bezogen auf die Facharztkompetenzen "Chirurgie" einerseits und "Orthopädie und Unfallchirurgie" andererseits bestehen zwar Schnittstellen hinsichtlich der Ausbildungsinhalte und abrechenbaren Leistungen, sie weisen aber auch Unterschiede auf: Für alle chirurgischen Fächer ist eine gemeinsame Basisausbildung vorgesehen und eine weitergehende Ausbildung zur Erlangung der jeweiligen Facharztkompetenz wie der Allgemeinchirurgie oder der Orthopädie und Unfallchirurgie (vgl die Weiterbildungsordnung 2003 idF vom 23.10.2015, Abschnitt B, Nr 7). Bei den Weiterbildungsinhalten für den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie steht an erster Stelle die Behandlung von Verletzungen und deren Folgezuständen sowie von angeborenen und erworbenen Formveränderungen, Fehlbildungen, Funktionsstörungen und Erkrankungen der Stütz- und Bewegungsorgane (vgl Weiterbildungsordnung 2003 idF vom 23.10.2015, S 44 f). Als Weiterbildungsinhalt der Allgemeinchirurgie ist zuerst die operative und nicht operative Grund- und Notfallversorgung bei gefäß-, thorax-, unfall- und visceralchirurgischen einschließlich der koloproktologischen Erkrankungen, Verletzungen, Fehlbildungen und Infektionen genannt (vgl Weiterbildungsordnung 2003 idF vom 23.10.2015, S 36 f). Die Behandlung von Schwer- und Mehrfachverletzten einschließlich des Traumamanagements ist nur für die Ausbildung von Fachärzten für Orthopädie und Unfallchirurgie zwingend vorgegeben, operative Eingriffe an Kopf/Hals sowie Brust- und Bauchwand sind wiederum allein bei der Allgemeinchirurgie aufgeführt. Im Hinblick auf die vertragsärztlich erbringbaren und abrechenbaren Leistungen finden sich im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) ebenfalls einerseits zahlreiche Überschneidungen, wie aus den Verweisen in den Präambeln zu den spezifischen Gebührenordnungspositionen (GOP) deutlich wird (Kapitel 7 Chirurgische, kinderchirurgische und plastisch-chirurgische Gebührenordnungspositionen, 7.1 Präambel Nr 5 und 6; Kapitel 18 Orthopädische Gebührenordnungspositionen 18.1 Präambel Nr 2 und 3). Andererseits finden sich spezielle Regelungen für die Fachärzte für Chirurgie. So können beispielsweise nur Chirurgen die Leistungen nach dem Kapitel 30.5 (Phlebologie) und 30.6 (Proktologie) EBM-Ä sowie internistische Leistungen nach den GOP 13310, 13400 EBM-Ä abrechnen (Kapitel 7, 7.1 Präambel Ziffer 3 EBM-Ä). Bei den allgemeinen diagnostischen und therapeutischen GOP bestehen ebenfalls Übereinstimmungen, daneben aber auch zahlreiche Unterschiede. Spezifisch für die Chirurgie ist etwa die Behandlung und/oder Betreuung eines Patienten mit einer gesicherten onkologischen Erkrankung (Ziffer 07345 EBM-Ä) und für die Orthopädie die Behandlung von Patienten mit rheumatoider Arthritis, seronegativer Spondylarthritis, Kollagenose oder Myositis (Ziffer 18700 EBM-Ä) sowie die orthopädisch-rheumatologische Funktionsdiagnostik (Ziffer 18320 EBM-Ä).

30

Auch bei einer (zunächst) gleichen (unfallchirurgischen) Tätigkeit von bisherigem und prospektivem Stelleninhaber kann auf das Erfordernis der Übereinstimmung in der bedarfsplanungsrechtlichen Arztgruppe nicht verzichtet werden. Die Bedarfsplanung dient dazu, eine ausreichende und gleichmäßige Versorgung der Versicherten zu gewährleisten. Soweit dabei typisierend Arztgruppen gebildet werden, ist zu beachten, dass jeder Facharzt Leistungen grundsätzlich nur innerhalb seines Fachgebietes erbringen darf und eine systematische Leistungserbringung außerhalb des Fachgebietes ausgeschlossen ist (vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 135 Nr 25 RdNr 19). Andererseits kann ein Vertragsarzt über sein Leistungsgeschehen innerhalb seines Fachgebietes nur in einem begrenzten Umfang bestimmen und jedenfalls keine kontinuierliche und stabile Tätigkeit allein bestimmter (hier unfallchirurgischer) Behandlungen vorhersagen. In die vertragsärztliche Versorgung eingebundene Ärzte sind zur umfassenden Behandlung der Versicherten im Rahmen ihrer Zulassung bzw Anstellung berechtigt und verpflichtet (vgl BSGE 88, 20, 24 = SozR 3-2500 § 75 Nr 12 S 70). Sofern sich die ärztliche Tätigkeit aufgrund eines veränderten Versorgungsbedarfs verschiebt, ist das jeweilige Fachgebiet ausschlaggebend und ggf begrenzend. Durch Anstellungsgenehmigungen für Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie im Wege der Nachbesetzung chirurgischer Arztstellen könnte es zu unerwünschten Veränderungen in der Versorgung zu Lasten der chirurgischen Facharztkompetenzen kommen. Die Sicherstellung des Angebots an ausreichenden Leistungserbringern für chirurgische Leistungen außerhalb der Unfallchirurgie würde gefährdet, wenn generell chirurgische Arztsitze mit Fachärzten für Orthopädie und Unfallchirurgie nachbesetzt werden könnten.

31

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 3. März 2016 und des Sozialgerichts Mainz vom 28. Januar 2015 sowie der Bescheid des Beklagten vom 30. März 2012/Beschluss vom 14. März 2012 aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, über den Widerspruch der Klägerin gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 4. Januar 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Erteilung einer Institutsermächtigung für die geburtshilfliche Abteilung des Krankenhauses der Klägerin.

2

Die Klägerin ist Trägerin eines nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhauses in der Rechtsform einer GmbH. Sie beantragte im August 2011 die Erteilung einer Institutsermächtigung für ihre geburtshilfliche Abteilung, beschränkt auf Leistungen nach der Gebührenordnungsposition (GOP) Nr 01780 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) - Planung der Geburtsleitung durch den betreuenden Arzt der Entbindungsklinik gemäß den Mutterschafts-Richtlinien. Mit Bescheid vom 4.1.2012 (aus der Sitzung vom 19.10.2011) lehnte der Zulassungsausschuss den Antrag auf Erteilung einer Institutsermächtigung nach § 31 Abs 2 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) iVm § 5 Abs 2 Nr 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) ab.

3

Der beklagte Berufungsausschuss wies mit Bescheid vom 30.3.2012 (aus der Sitzung vom 14.3.2012) auch den Widerspruch der Klägerin zurück: Eine Institutsermächtigung nach § 31 Abs 1 Ärzte-ZV komme mangels eines Versorgungsdefizits nicht in Betracht. Aber auch eine Ermächtigung nach § 31 Abs 2 Ärzte-ZV iVm § 5 Abs 2 Nr 2 BMV-Ä scheide selbst dann aus, wenn für § 5 Abs 2 Nr 2 BMV-Ä kein Vorrangverhältnis von Ermächtigungen für Krankenhausärzte gegenüber Institutsermächtigungen gelte. Die Erteilung einer Ermächtigung nach § 5 Abs 2 Nr 2 BMV-Ä stehe im pflichtgemäßen Ermessen der Zulassungsgremien. Einer Institutsermächtigung ohne jede Einschränkung stehe vorliegend von vornherein entgegen, dass die Abrechnung von Leistungen nach der GOP Nr 01780 EBM-Ä eine Genehmigung der KÄV nach der Ultraschall-Vereinbarung gemäß § 135 Abs 2 SGB V erfordere. Solche Leistungen könnten nicht Gegenstand einer Institutsermächtigung sein, da anderenfalls nicht gewährleistet sei, dass die Qualitätserfordernisse, derentwegen die Abrechnungsberechtigung an eine Genehmigung geknüpft sei, in jedem Fall eingehalten würden.

4

Zwar sei nicht zu verkennen, dass bei dieser Auslegung der einschlägigen Vorschriften eine uneingeschränkte Institutsermächtigung regelmäßig nicht in Betracht komme, obwohl § 5 Abs 2 Nr 2 BMV-Ä eine solche ausdrücklich vorsehe. Eine Ermächtigung unter der Bedingung der Leistungserbringung nur durch entsprechend qualifizierte Krankenhausärzte sehe der BMV-Ä für den hier zu entscheidenden Fall der Institutsermächtigung jedoch nicht vor. Im Rahmen der Ermessensentscheidung sei von Bedeutung, dass bereits zwei von fünf Fachärzten der geburtshilflichen Abteilung der Klinik der Klägerin über eine persönliche Ermächtigung für Leistungen nach GOP Nr 01780 EBM-Ä verfügten. Wenn aber bereits persönliche Ermächtigungen existierten und darüber hinaus die Möglichkeit bestehe, eine ausreichende Anzahl weiterer Fachärzte persönlich zu ermächtigen, seien keine überzeugenden Gründe für eine Institutsermächtigung ersichtlich. Auch organisatorische Gründe des Krankenhauses der Klägerin rechtfertigten die begehrte Ermächtigung nicht; etwaige Kollisionen könnten in einer großen Klinik mit fünf Facharztstellen mit einer entsprechenden Planung aufgefangen werden.

5

Das SG hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen (Urteil vom 28.1.2015). Das LSG hat auch die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 3.3.2016). Zur Begründung hat es ausgeführt, die von der Klägerin begehrte Institutsermächtigung stehe nach dem Wortlaut der maßgeblichen Norm im Ermessen des Beklagten, das dieser rechtsfehlerfrei ausgeübt habe. Zwar sei eine Institutsermächtigung nicht von vornherein deshalb ausgeschlossen, weil es um qualifikationsgebundene Leistungen gehe, deren Abrechnung eine Genehmigung der KÄV nach der Ultraschall-Vereinbarung gemäß § 135 Abs 2 SGB V voraussetze. Die Rechtsprechung des BSG, wonach eine Institutsermächtigung bei qualifikationsgebundenen Leistungen grundsätzlich nicht möglich sei, weil anders nicht sichergestellt werden könne, dass die Qualitätsanforderungen in jedem einzelnen Behandlungsfall eingehalten würden, könne für die Fälle des § 5 Abs 2 Nr 2 BMV-Ä nicht uneingeschränkt gelten, da die Bestimmung andernfalls keinen Anwendungsbereich mehr habe. Ein angemessener Ausgleich im Sinne praktischer Konkordanz zwischen der Zielsetzung der Regelungen in § 5 Abs 2 Nr 2 BMV-Ä einerseits und derjenigen des Genehmigungserfordernisses nach der Ultraschall-Vereinbarung andererseits sei gewährleistet, wenn die Erteilung einer Institutsermächtigung nach § 5 Abs 2 Nr 2 BMV-Ä zwar grundsätzlich zulässig sei, der mit dem Genehmigungserfordernis nach der Ultraschall-Vereinbarung bezweckte Schutz der Patienteninteressen jedoch dadurch gesichert werde, dass die Institutsermächtigung nur unter einer entsprechenden Bedingung erteilt werde.

6

Dabei hätten die Zulassungsinstanzen zu beachten, dass nach der GOP Nr 01780 EBM-Ä der mit der Behandlung betraute Krankenhausarzt die gesamte Leistung im Rahmen der Planung der Geburtsleitung persönlich erbringen müsse. Die Erteilung der begehrten Institutsermächtigung setze voraus, dass der jeweils verantwortlich tätige Arzt über die Genehmigung nach der Ultraschall-Vereinbarung verfüge. Im Übrigen gebe es durchaus Gründe dafür, dass auch im Rahmen von § 5 Abs 2 Nr 2 BMV-Ä persönliche Ermächtigungen Vorrang gegenüber Institutsermächtigungen hätten; jedenfalls im Rahmen seiner Ermessensentscheidung habe der Beklagte das Vorhandensein persönlicher Ermächtigungen und die Möglichkeit der Erteilung weiterer persönlicher Ermächtigungen berücksichtigen dürfen.

7

Mit ihrer Revision trägt die Klägerin vor, es handele sich bei § 5 Abs 2 BMV-Ä um eine Befugniszuweisungsnorm und nicht um eine Ermessensvorschrift. Es sei weder ersichtlich noch dargetan, worin das Ermessen des Beklagten bestehen solle, wenn das eine Institutsermächtigung beantragende Institut die tatbestandlichen Voraussetzungen des BMV-Ä sowie der Mutterschafts-Richtlinien erfülle. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift komme es weder auf eine Prüfung des Bedarfs an, noch bestehe ein Vorrangverhältnis zwischen persönlicher Ermächtigung und Institutsermächtigung. § 5 Abs 2 BMV-Ä setze gerade keinen "Ausnahmefall" für die Ermächtigung von Instituten voraus. Die Rechtsauffassung des LSG führe dazu, dass die Norm keinen Anwendungsbereich mehr habe. Eine ärztlich geleitete Einrichtung könne nur dann ermächtigt werden, wenn sie Ärzte beschäftige, die zur Durchführung der Leistung, zu der ermächtigt werden solle, bereit und qualifiziert seien. Damit stünde aber in jedem denkbaren Fall ein Arzt zur Verfügung, der eine persönliche Ermächtigung beantragen könne. Im Übrigen sei nicht jeder Arzt zu einer persönlichen Ermächtigung bereit, weil er die unmittelbare persönliche Verantwortung und ggf ein zusätzliches Strafbarkeitsrisiko scheue. Zudem könne eine Schwangere dann nicht von einem persönlich ermächtigten Arzt behandelt werden, wenn dieser zu einer Notsectio gerufen werde. Derartige Situationen ließen sich nicht durch eine "entsprechende Planung" verhindern. Im Falle einer Institutsermächtigung könnten andere Ärzte mit Abrechnungsgenehmigung einspringen.

8

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG Rheinland-Pfalz vom 3.3.2016 sowie des SG Mainz vom 28.1.2015 sowie den Bescheid des Beklagten vom 30.3.2012/Beschluss vom 14.3.2012 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über den Widerspruch der Klägerin gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 4.1.2012 zu entscheiden.

9

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Für eine Ermessensregelung spreche zumindest der Wortlaut des § 5 Abs 2 BMV-Ä. Wollte man die Vorschrift so verstehen, dass bei gleichzeitiger Antragstellung von Institut und darin tätigen Ärzten regelmäßig beide Seiten zwingend ermächtigt werden müssten, so würde dies zu einem sicherlich auch nicht gewollten Abrechnungswirrwarr führen und zudem die Gefahr einer Doppelabrechnung nach sich ziehen. Eine Institutsermächtigung wirke sich auch keineswegs für die Organisation des Krankenhausbetriebs und die Behandlung der Schwangeren günstiger aus. Zumindest im Regelfall ließen sich Probleme im Untersuchungsablauf durch entsprechende Vorplanung lösen.

11

Die Beigeladenen haben weder Anträge gestellt noch sich geäußert.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das LSG hat ihre Berufung gegen das klageabweisende Urteil des SG zu Unrecht zurückgewiesen; der angefochtene Bescheid des Beklagten ist rechtswidrig. Der Beklagte wird daher - unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats - erneut über den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses, mit dem die Erteilung einer Institutsermächtigung abgelehnt wurde, zu entscheiden haben.

13

1. Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Ermächtigung ist § 5 Abs 2 Nr 2 BMV-Ä iVm § 31 Abs 2 Ärzte-ZV iVm § 98 Abs 2 Nr 11 SGB V(vgl BSG SozR 3-5540 § 5 Nr 4 S 16).

14

a. Nach § 98 Abs 2 Nr 11 SGB V muss die Zulassungsverordnung Vorschriften enthalten über die Voraussetzungen, unter denen Ärzte, insbesondere in Krankenhäusern und Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation, oder in besonderen Fällen Einrichtungen durch die Zulassungsausschüsse zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt werden können, die Rechte und Pflichten der ermächtigten Ärzte und Einrichtungen sowie die Zulässigkeit einer Vertretung von ermächtigten Krankenhausärzten durch Ärzte mit derselben Gebietsbezeichnung. Von dieser Ermächtigung hat der Verordnungsgeber ua in § 31 Ärzte-ZV Gebrauch gemacht. Nach § 31 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV können die Zulassungsausschüsse über den Kreis der zugelassenen Ärzte hinaus weitere Ärzte, insbesondere in Krankenhäusern oder in besonderen Fällen Einrichtungen zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigen, soweit dies aus den dort genannten Gründen (Abwendung von Unterversorgung, zusätzlicher lokaler Versorgungsbedarf, Versorgung begrenzter Personenkreise) notwendig ist. Nach § 31 Abs 2 Ärzte-ZV können die KÄBV und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen im BMV-Ä Regelungen treffen, die über die Voraussetzungen des § 31 Abs 1 Ärzte-ZV hinaus Ermächtigungen zur Erbringung bestimmter ärztlicher Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung vorsehen. Diese Norm eröffnet den Vertragspartnern nach Art einer Öffnungsklausel - beschränkt auf bestimmte Leistungen - Handlungsspielräume für flexiblere Regelungen, um so im gesetzlich vorgegebenen Rahmen auch besonderen Versorgungsgegebenheiten Rechnung zu tragen (BSG SozR 5520 § 31 Nr 2 S 4; BSGE 74, 257, 261 = SozR 3-5540 § 5 Nr 1 S 5).

15

Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 30.11.2016 (B 6 KA 3/16 R - RdNr 23) zu Anlage 9.1 BMV-Ä (Dialyse) ausgeführt, dass gegen die Wirksamkeit der Vorschrift des § 31 Abs 2 Ärzte-ZV im Hinblick auf den Beschluss des BVerfG zu § 19 Abs 3 Ärzte-ZV vom 26.9.2016 (1 BvR 1326/15 - NZS 2016, 942) keine Bedenken bestehen.

16

b. Von der ihnen durch § 31 Abs 2 Ärzte-ZV erteilten Ermächtigung haben die genannten Vertragspartner durch § 5 BMV-Ä Gebrauch gemacht. § 5 Abs 1 BMV-Ä ermöglicht es den Zulassungsausschüssen, über die Ermächtigungstatbestände des § 31 Abs 2 Ärzte-ZV hinaus geeignete Ärzte und in Ausnahmefällen ärztlich geleitete Einrichtungen zur Durchführung bestimmter, in einem Leistungskatalog definierter Leistungen auf der Grundlage des EBM zu ermächtigen, wenn dies zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung erforderlich ist. Demgegenüber bestimmt der - hier relevante - § 5 Abs 2 BMV-Ä:

        

"Die Zulassungsausschüsse können ferner ohne Prüfung eines Bedarfs auf Antrag für folgende Leistungsbereiche Ärzte und ärztlich geleitete Einrichtungen zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigen:
1. Zytologische Diagnostik von Krebserkrankungen (…),
2. ambulante Untersuchungen und Beratungen zur Planung der Geburtsleitung im Rahmen der Mutterschaftsvorsorge gemäß den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses."

17

2. Dem Ermächtigungsbegehren der Klägerin steht nicht entgegen, dass Institutsermächtigungen - grundsätzlich - gegenüber persönlichen Ermächtigungen nachrangig sind.

18

Das BSG geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der (persönlichen) Ermächtigung von Ärzten der Vorrang vor der Ermächtigung einer "Institution" - also ärztlich geleiteten Einrichtungen - gebührt (BSGE 79, 159, 163 = SozR 3-5520 § 31 Nr 5 S 9; BSG SozR 3-5520 § 31 Nr 8 S 27; BSGE 82, 216, 222 = SozR 3-5520 § 31 Nr 9 S 38; BSG SozR 3-5520 § 31 Nr 10 S 44 f; BSGE 90, 207, 213 = SozR 3-1500 § 54 Nr 47 S 107; BSG Beschluss vom 29.9.1999 - B 6 KA 20/99 B - RdNr 6 - Juris). Zur Begründung hat der Senat auf die Entstehungsgeschichte sowie auf den Wortlaut der Norm und das Gesamtsystem der Bestimmungen über die Arztzulassung und -ermächtigung verwiesen (BSG SozR 3-5520 § 31 Nr 10 S 45; zur Entstehungsgeschichte siehe BSGE 79, 159, 162 ff = SozR 3-5520 § 31 Nr 5 S 8 f).

19

Aus dem Wortlaut des § 5 Abs 2 BMV-Ä lässt sich ein Vorrang der persönlichen Ermächtigungen jedoch nicht herleiten; insbesondere fehlt die - von der Rechtsprechung in Bezug auf § 31 Abs 1 Ärzte-ZV hervorgehobene - einschränkende Wendung "in besonderen Fällen"(siehe hierzu BSGE 79, 159, 164 = SozR 3-5520 § 31 Nr 5 S 10; BSG SozR 3-5520 § 31 Nr 10 S 45). Vielmehr stehen Ärzte und ärztlich geleitete Einrichtungen im Rahmen des § 5 Abs 2 BMV-Ä gleichberechtigt nebeneinander. Diese Gleichstellung wird durch einen Vergleich mit Abs 1 der Norm bestätigt: Dort wird ausdrücklich bestimmt, dass ärztlich geleitete Einrichtungen nur "in Ausnahmefällen" ermächtigt werden können. Dass diese Einschränkung auch für die auf der Grundlage von § 5 Abs 2 BMV-Ä erteilten Ermächtigungen gelten soll, liegt fern. Zum einen fehlt in § 5 Abs 2 BMV-Ä eine Inbezugnahme der vorangehenden Regelung; zum anderen handelt es sich um unterschiedliche Ermächtigungstatbestände, wie schon aus der Wendung "Die Zulassungsausschüsse können ferner …" und nicht zuletzt auch - inhaltlich - daraus deutlich wird, dass der Abs 2 der Norm im Gegensatz zu deren Abs 1 bedarfsunabhängige Ermächtigungen ermöglicht.

20

Nach dem klaren Wortlaut der Norm ("ohne Prüfung eines Bedarfs") ist für die Ermächtigung nach § 5 Abs 2 BMV-Ä die Prüfung eines Versorgungsbedarfs nicht erforderlich(so auch BSG SozR 3-5540 § 5 Nr 4 S 17 f; BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 6 KA 40/14 R - SozR 4-1500 § 54 Nr 39 RdNr 29); die Ermächtigung erfolgt ohne konkrete Bedürfnisprüfung "aufgrund eines generell fingierten Bedarfs" (BSG SozR 3-5540 § 5 Nr 4 S 18). Der ausnahmsweise Verzicht auf eine Bedarfsprüfung signalisiert einen besonderen Versorgungsbedarf, der "mit allen verfügbaren Mitteln" gedeckt werden soll. Dem stünde es entgegen, wenn durch ein vorgegebenes Vorrang-Nachrang-Verhältnis eine Verengung des Feldes der potentiell in Frage kommenden Leistungserbringer bewirkt würde.

21

3. Die Erteilung einer Ermächtigung für die geburtshilfliche Abteilung des von der Klägerin betriebenen Krankenhauses ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Erbringung der von der GOP Nr 01780 EBM-Ä umfassten Leistungen besonderen Qualifikationsanforderungen unterliegt und damit nach der Rechtsprechung des Senats - jedenfalls im Grundsatz - eine Institutsermächtigung ausscheidet (siehe hierzu a.). Diese Rechtsprechung ist dahingehend fortzuentwickeln, dass auch Institutsermächtigungen zulässig sind, wenn in der Ermächtigung sichergestellt wird, dass die qualifikationsabhängigen Leistungen ausschließlich von entsprechend qualifizierten Ärzten erbracht werden (siehe b.).

22

a. aa. Eine Institutsermächtigung kann nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich nicht für Leistungen erteilt werden, die im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung nur erbracht und abgerechnet werden dürfen, wenn der die Leistung ausführende Arzt eine spezielle Qualifikation gegenüber seiner KÄV nachgewiesen hat (BSGE 79, 159, 164 ff = SozR 3-5520 § 31 Nr 5 S 10 - verhaltenstherapeutische Leistungen; BSG SozR 3-5520 § 31 Nr 7 S 19 - Strahlentherapie; BSGE 90, 207, 213 = SozR 3-1500 § 54 Nr 47 S 107 f - kardiologische Leistungen; siehe auch BSG SozR 3-2500 § 118 Nr 1 S 4 ff; BSG SozR 3-5520 § 31 Nr 10 S 45, 46; BSG Beschluss vom 29.9.1999 - B 6 KA 20/99 B - RdNr 6 - Juris). Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, der enge Zusammenhang von nachgewiesener persönlicher Qualifikation und Berechtigung schließe insoweit eine Institutsermächtigung aus, weil bei der Leistungserbringung im Rahmen einer Institutsermächtigung nicht sichergestellt werden könne, dass die jeweiligen Qualitäts- und Qualifikationsanforderungen in jedem einzelnen Leistungsfall eingehalten würden (BSGE 79, 159, 165 = SozR 3-5520 § 31 Nr 5 S 11; BSG SozR 3-5520 § 31 Nr 7 S 19; BSG SozR 3-5520 § 31 Nr 10 S 45 mwN). Für die ermächtigten Ärzte gilt hingegen das Gebot der persönlichen Leistungserbringung (§ 32a Satz 1 Ärzte-ZV), und sie sind persönlich für die Einhaltung der vertragsärztlichen Bestimmungen verantwortlich (in diesem Sinne schon BSG Beschluss vom 29.9.1999 - B 6 KA 20/99 B - RdNr 7 - Juris).

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bb. Der grundsätzliche Ausschluss von Institutsermächtigungen für Leistungen, die besondere Anforderungen an die Qualifikation der Leistungserbringer stellen, gilt auch für die hier in Rede stehenden Maßnahmen zur Planung der Geburtsleitung: Leistungsgegenstand der GOP Nr 01780 EBM-Ä ist die "Planung der Geburtsleitung durch den betreuenden Arzt der Entbindungsklinik gemäß der Mutterschafts-Richtlinien". Als obligaten Leistungsinhalt nennt die Leistungslegende Untersuchung(en) sowie die Besprechung mit der Schwangeren. Fakultativer Leistungsinhalt ist die "externe kardiotokographische Untersuchung (CTG) gemäß Abschnitt B 4c und Anlage 2 der Mutterschafts-Richtlinien (Nr. 01786) sowie die sonographische Untersuchung eines oder mehrerer weiblicher Genitalorgane, ggf. einschließlich Harnblase, mittels B-Mode-Verfahren (Nr. 33044)".

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Auch wenn das Schwergewicht der Leistungserbringung auf der Besprechung und den nicht-technischen Untersuchungen liegen mag, kann sie zumindest auch Untersuchungen beinhalten, die - wie die Sonographie - eine bestimmte Qualität bzw Qualifikation voraussetzen. Bei der Frage, ob einer Institutsermächtigung besondere Qualitäts- und Qualifikationsanforderungen entgegenstehen, kommt es nicht darauf an, in welchem Umfang diese Leistungen erbracht werden (müssen). Im Übrigen wird in der zweiten Anmerkung zur GOP Nr 01780 EBM-Ä bestimmt, dass die Abrechnung der GOP eine Genehmigung der KÄV nach der Ultraschall-Vereinbarung gemäß § 135 Abs 2 SGB V voraussetzt. Nach § 3 Abs 1 der Ultraschall-Vereinbarung vom 31.10.2008 (idF vom 18.12.2012) ist die Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Ultraschalldiagnostik im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erst nach Erteilung der Genehmigung durch die KÄV zulässig.

25

b. Die Rechtsprechung des Senats zum Ausschluss von Institutsermächtigungen bei Leistungen mit besonderen Qualifikationsanforderungen bedarf indessen der Fortentwicklung, vor allem auch um gesetzlich induzierten Veränderungen in der ambulanten Versorgung Rechnung zu tragen. Der Katalog der unmittelbar im SGB V normierten Institutsermächtigungen wird kontinuierlich ausgeweitet. Außer den Einrichtungen der Behindertenhilfe (§ 119a SGB V) sind seit 2008 im Bedarfsfall stationäre Pflegeeinrichtungen nach § 119b Abs 1 S 3 SGB V zu ermächtigen, dasselbe gilt seit 2015 für medizinische Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung nach § 119c Abs 1 SGB V. Diese (meist) ärztlich geleiteten Einrichtungen haben bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen einen Anspruch auf Ermächtigung für die in jedem Einzelfall erforderlichen Behandlungen. Davon können auch Leistungen umfasst sein, deren Abrechnung einen Fachkundenachweis nach § 135 Abs 2 SGB V erfordert. Dem Umstand, dass die ermächtigte Einrichtung als solche den Nachweis nach § 135 Abs 2 SGB V nicht führen kann, kann nach der gesetzlichen Regelung von vornherein nicht durch eine generelle Versagung der Ermächtigung, sondern nur durch Regelungen bei der Abrechnungskontrolle Rechnung getragen werden.

26

Im Übrigen ist die gegenüber den 1990er Jahren deutlich intensivierte Einbeziehung ärztlich geleiteter Einrichtungen in die ambulante Versorgung auch Folge des Umstandes, dass gegenwärtig immer mehr hoch spezialisierte Leistungen ambulant - vor allem in Krankenhausambulanzen - erbracht werden können, die früher nur stationär angeboten wurden. Das gilt etwa für Diagnostik und Therapie von onkologischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen; die bedarfsabhängige Ermächtigung eines Universitätsklinikums für derartige Leistungen auf der Grundlage des § 5 Abs 1 BMV-Ä ist Gegenstand des Senatsurteils im Verfahren B 6 KA 2/16 R vom heutigen Tag. Selbst wenn im Wortlaut des § 5 Abs 1 BMV-Ä der Vorrang der persönlichen Ermächtigung zu der Institutsermächtigung noch angelegt ist ("in Ausnahmefällen"), hat sich die Praxis ganz deutlich in Richtung der Erteilung von Institutsermächtigungen für diese hoch spezialisierten Leistungen entwickelt. Das Leistungserbringerrecht in Krankenhäusern geht von deren Zulassung aus (§ 108 SGB V), und das Prinzip der Zulassung bzw Ermächtigung der Institution anstelle der persönlichen Einbeziehung einzelner Ärzte in die vertragsärztliche Versorgung schlägt auch auf die ambulante Leistungserbringung in Krankenhäusern durch. Da die Gesetzgeber diesen Vorrang der Institution nicht nur nicht blockiert, sondern - etwa in § 118 SGB V für die psychiatrische Behandlung - selbst fördert, kann sich die Rechtsprechung dem auch bei Anwendung des § 135 Abs 2 SGB V nicht verschließen. Deshalb muss zur Sicherung der Versorgungsqualität im Rahmen der ambulanten Versorgung an die Stelle einer generellen Versagung von Ermächtigungen (auch) für von § 135 Abs 2 SGB V erfasste Leistungen ein Mechanismus treten, der sicherstellt, dass diese Leistungen nur von entsprechend qualifizierten Ärzten erbracht werden.

27

Erforderlich ist daher, dass sichergestellt wird, dass die qualifikationsabhängigen Leistungen ausschließlich von entsprechend qualifizierten Ärzten erbracht werden. Dies kann nicht, wie der Beklagte zu Recht angenommen hat, durch eine Nebenbestimmung iS des § 32 SGB X erfolgen. Eine solche ist weder normativ vorgesehen noch geeignet, die Einhaltung von Qualifikationsanforderungen zu gewährleisten (vgl BSG SozR 4-5520 § 32 Nr 5 RdNr 34 f). Es bedarf vielmehr einer Inhaltsbestimmung, die als inhaltlich untrennbarer Bestandteil Inhalt und Grenzen der Ermächtigung festlegt (vgl zur Inhaltsbestimmung zuletzt BSG Urteil vom 28.9.2016 - B 6 KA 40/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen - Juris RdNr 14). Gegenstand der Inhaltsbestimmung ist zum einen die Verpflichtung des Krankenhausträgers, die zuständige KÄV darüber zu informieren, welche namentlich benannten, in der Ambulanz tätigen Ärzte die von der Ermächtigung umfassten qualifikationsabhängigen Leistungen erbringen werden und über welche spezifische Qualifikation diese Ärzte verfügen; diese Informationen sind, soweit Änderungen eintreten, fortlaufend anzupassen. Zum anderen muss in jedem Leistungs- und Abrechnungsfall durch eine geeignete Kennzeichnung für die KÄV kenntlich gemacht werden, welcher der in der Ambulanz tätigen Ärzte mit der erforderlichen Qualifikation die konkrete Leistung erbracht hat.

28

In welcher Form die geeignete Kenntlichmachung der Leistungserbringer zu erfolgen hat, haben die Zulassungsgremien festzulegen. Geeignet ist jede Kennzeichnung, die nachvollziehbar macht, welcher Arzt die qualifikationsabhängige Leistung erbracht hat. In Betracht kommt etwa die Vergabe einer lebenslangen Arztnummer für die in der Krankenhausambulanz tätigen Ärzte (LANR). Nach der "Richtlinie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung nach § 75 Absatz 7 SGB V zur Vergabe der Arzt-, Betriebsstätten- sowie der Praxisnetznummern" ist die Vergabe der LANR auch für Ärzte in Institutsambulanzen möglich(§ 3 Nr 10 aaO); auch § 7 Abs 4 Anl 28 BMV-Ä sieht die Vergabe einer Arztnummer bei der Erbringung von Leistungen vor, die auf Vermittlung von Terminservicestellen in Krankenhäusern erbracht werden.

29

Der Senat stellt klar, dass die Zulassungsgremien in den Fällen, in denen Institutsermächtigungen bei qualifikationsabhängigen Leistungen in Rede stehen und alle übrigen Voraussetzungen für die Ermächtigung erfüllt sind - insbesondere also ein entsprechender Versorgungsbedarf besteht oder ein solcher fingiert wird und kein Vorrang persönlicher Ermächtigungen zu beachten ist -, nicht allein berechtigt, sondern vielmehr verpflichtet sind, die Ermächtigung mit einer entsprechenden Inhaltsbestimmung versehen zu erteilen. Eines entsprechenden Antrags der die Ermächtigung begehrenden ärztlich geleiteten Einrichtungen bedarf es hierzu nicht. Es steht dieser jedoch frei, von einer Institutsermächtigung unter den Kautelen einer Inhaltsbestimmung Abstand zu nehmen.

30

4. Die Entscheidung nach § 5 Abs 2 BMV-Ä steht entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wie auch des Beklagten nicht im Ermessen der Zulassungsgremien. Zwar ist zutreffend, dass § 5 Abs 2 BMV-Ä durch die Wendung "können" vordergründig das Bestehen von Ermessenspielräumen nahelegt. Ungeachtet dessen erschöpft sich der normative Gehalt der Vorschrift in der Befugniszuweisung an die Zulassungsgremien, ohne diesen einen Ermessensspielraum zu eröffnen (zur Wertung einer "Kann-Regelung" als Befugniszuweisungsnorm vgl BVerfGE 91, 1, 35). Ihnen sollte mit dieser Wendung allein die Befugnis zugewiesen werden, über die im Gesetz, in der Ärzte-ZV sowie in § 5 Abs 1 BMV-Ä normierten Ermächtigungstatbestände hinausgehend in den dort geregelten Fallgruppen Ermächtigungen zu erteilen.

31

§ 5 Abs 2 BMV-Ä lässt schon nicht erkennen, wie die Zulassungsgremien einen etwaigen Ermessensspielraum auszufüllen hätten. Der Annahme eines "Handlungsermessens" - im Sinne einer Entscheidung über das "ob" - steht bereits entgegen, dass durch § 5 Abs 2 BMV-Ä ein "fingierter Bedarf" gedeckt werden soll(siehe BSG SozR 3-5540 § 5 Nr 4 S 17, 18). Haben die Zulassungsgremien damit vom Bestehen eines "unbegrenzten" Bedarfs auszugehen, ist nicht erkennbar, mit welcher - willkürfreien - Begründung die Zulassungsgremien die Ermächtigung einer - zur Bedarfsdeckung geeigneten - Einrichtung ablehnen könnten. Auch ein "Auswahlermessen" ist nicht erkennbar. Abgesehen davon, dass schon der Wortlaut der Norm nicht (zB durch die Wendung "oder") erkennen lässt, dass überhaupt eine Auswahlentscheidung - etwa zwischen Krankenhausärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen - zu treffen ist, fehlen auch insoweit mögliche Auswahlkriterien, weil jeder "Bewerber" als zur Deckung des fingierten Bedarfs erforderlich anzusehen ist. Somit ist es für die vom Beklagten zu treffende Entscheidung ohne Belang, dass bereits zwei Krankenhausärzte persönliche Ermächtigungen erhalten haben und ggf weitere persönliche Ermächtigungen möglich wären.

32

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Beklagte die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen zu tragen, da er unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst.

(1) An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen teil. Medizinische Versorgungszentren sind ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister nach Absatz 2 Satz 3 eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Der ärztliche Leiter muss in dem medizinischen Versorgungszentrum selbst als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt tätig sein; er ist in medizinischen Fragen weisungsfrei. Sind in einem medizinischen Versorgungszentrum Angehörige unterschiedlicher Berufsgruppen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, tätig, ist auch eine kooperative Leitung möglich. Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt oder den Ort der Niederlassung als medizinisches Versorgungszentrum (Vertragsarztsitz).

(1a) Medizinische Versorgungszentren können von zugelassenen Ärzten, von zugelassenen Krankenhäusern, von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3, von anerkannten Praxisnetzen nach § 87b Absatz 2 Satz 3, von gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, oder von Kommunen gegründet werden. Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 sind jedoch nur zur Gründung fachbezogener medizinischer Versorgungszentren berechtigt; ein Fachbezug besteht auch für die mit Dialyseleistungen zusammenhängenden ärztlichen Leistungen im Rahmen einer umfassenden Versorgung der Dialysepatienten. Die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums ist nur in der Rechtsform der Personengesellschaft, der eingetragenen Genossenschaft oder der Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder in einer öffentlich rechtlichen Rechtsform möglich. Die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die am 1. Januar 2012 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von der Trägerschaft und der Rechtsform des medizinischen Versorgungszentrums unverändert fort; die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 gegründet wurden und am 10. Mai 2019 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von ihrem Versorgungsangebot unverändert fort. Für die Gründung von medizinischen Versorgungszentren durch Kommunen findet § 105 Absatz 5 Satz 1 bis 4 keine Anwendung.

(1b) Ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum kann von einem Krankenhaus nur gegründet werden, soweit der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in dem Planungsbereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, in dem die Gründung des zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentrums beabsichtigt ist, 10 Prozent nicht überschreitet. In Planungsbereichen, in denen der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um bis zu 50 Prozent unterschritten ist, umfasst die Gründungsbefugnis des Krankenhauses für zahnärztliche medizinische Versorgungszentren mindestens fünf Vertragszahnarztsitze oder Anstellungen. Abweichend von Satz 1 kann ein Krankenhaus ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum unter den folgenden Voraussetzungen gründen:

1.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 50 Prozent unterschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 20 Prozent nicht überschreitet,
2.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 10 Prozent überschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 5 Prozent nicht überschreitet.
Der Zulassungsausschuss ermittelt den jeweils geltenden Versorgungsanteil auf Grundlage des allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades und des Standes der vertragszahnärztlichen Versorgung. Hierzu haben die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen umfassende und vergleichbare Übersichten zum allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad und zum Stand der vertragszahnärztlichen Versorgung am 31. Dezember eines jeden Jahres zu erstellen. Die Übersichten sind bis zum 30. Juni des jeweils folgenden Jahres zu erstellen und in geeigneter Weise in den amtlichen Mitteilungsblättern der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen zu veröffentlichen. Die Sätze 1 bis 6 gelten auch für die Erweiterung bestehender zahnärztlicher medizinischer Versorgungszentren eines Krankenhauses.

(2) Um die Zulassung als Vertragsarzt kann sich jeder Arzt bewerben, der seine Eintragung in ein Arzt- oder Zahnarztregister (Arztregister) nachweist. Die Arztregister werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen für jeden Zulassungsbezirk geführt. Die Eintragung in ein Arztregister erfolgt auf Antrag

1.
nach Erfüllung der Voraussetzungen nach § 95a für Vertragsärzte und nach § 95c für Psychotherapeuten,
2.
nach Ableistung einer zweijährigen Vorbereitungszeit für Vertragszahnärzte.
Das Nähere regeln die Zulassungsverordnungen. Um die Zulassung kann sich ein medizinisches Versorgungszentrum bewerben, dessen Ärzte in das Arztregister nach Satz 3 eingetragen sind. Für die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist außerdem Voraussetzung, dass die Gesellschafter entweder selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen oder andere Sicherheitsleistungen nach § 232 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen gegen das medizinische Versorgungszentrum aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit abgeben; dies gilt auch für Forderungen, die erst nach Auflösung des medizinischen Versorgungszentrums fällig werden. Die Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum bedarf der Genehmigung des Zulassungsausschusses. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des Satzes 5 erfüllt sind; Absatz 9b gilt entsprechend. Anträge auf Zulassung eines Arztes und auf Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums sowie auf Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum sind abzulehnen, wenn bei Antragstellung für die dort tätigen Ärzte Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 angeordnet sind oder der Zulassung oder der Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. Abweichend von Satz 9 ist einem Antrag trotz einer nach § 103 Absatz 1 Satz 2 angeordneten Zulassungsbeschränkung stattzugeben, wenn mit der Zulassung oder Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für die in den medizinischen Versorgungszentren angestellten Ärzte gilt § 135 entsprechend.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung bewirkt, daß der Vertragsarzt Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden Versorgungsauftrages berechtigt und verpflichtet ist. Die Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums bewirkt, dass die in dem Versorgungszentrum angestellten Ärzte Mitglieder der für den Vertragsarztsitz des Versorgungszentrums zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung sind und dass das zugelassene medizinische Versorgungszentrum insoweit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind verbindlich. Die Einhaltung der sich aus den Sätzen 1 und 2 ergebenden Versorgungsaufträge sind von der Kassenärztlichen Vereinigung bundeseinheitlich, insbesondere anhand der abgerechneten Fälle und anhand der Gebührenordnungspositionen mit den Angaben für den zur ärztlichen Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand nach § 87 Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz, zu prüfen. Die Ergebnisse sowie eine Übersicht über die gegebenenfalls getroffenen Maßnahmen sind den Landes- und Zulassungsausschüssen sowie der für die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörde jeweils zum 30. Juni des Jahres zu übermitteln.

(4) Die Ermächtigung bewirkt, daß der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind für sie verbindlich. Die Absätze 5 bis 7, § 75 Abs. 2 und § 81 Abs. 5 gelten entsprechend.

(5) Die Zulassung ruht auf Beschluß des Zulassungsausschusses, wenn der Vertragsarzt seine Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht ausübt, ihre Aufnahme aber in angemessener Frist zu erwarten ist, oder auf Antrag eines Vertragsarztes, der in den hauptamtlichen Vorstand nach § 79 Abs. 1 gewählt worden ist. Unter den gleichen Voraussetzungen kann bei vollem Versorgungsauftrag das Ruhen der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung beschlossen werden; bei einem drei Viertel Versorgungsauftrag kann das Ruhen eines Viertels der Zulassung beschlossen werden.

(6) Die Zulassung ist zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Der Zulassungsausschuss kann in diesen Fällen statt einer vollständigen auch die Entziehung derHälfteoder eines Viertels der Zulassung beschließen. Einem medizinischen Versorgungszentrum ist die Zulassung auch dann zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1a Satz 1 bis 3 länger als sechs Monate nicht mehr vorliegen. Die Gründereigenschaft nach Absatz 1a Satz 1 bleibt auch für die angestellten Ärzte bestehen, die auf ihre Zulassung zugunsten der Anstellung in einem medizinischen Versorgungszentrum verzichtet haben, solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind und Gesellschafter des medizinischen Versorgungszentrums sind. Die Gründungsvoraussetzung nach Absatz 1a Satz 1 liegt weiterhin vor, sofern angestellte Ärzte die Gesellschafteranteile der Ärzte nach Absatz 1a Satz 1 oder der Ärzte nach Satz 4 übernehmen und solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind; die Übernahme von Gesellschafteranteilen durch angestellte Ärzte ist jederzeit möglich. Medizinischen Versorgungszentren, die unter den in Absatz 1a Satz 4 erster Halbsatz geregelten Bestandsschutz fallen, ist die Zulassung zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1 Satz 6 zweiter Halbsatz in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung seit mehr als sechs Monaten nicht mehr vorliegen oder das medizinische Versorgungszentrum gegenüber dem Zulassungsausschuss nicht bis zum 30. Juni 2012 nachweist, dass die ärztliche Leitung den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 3 entspricht.

(7) Die Zulassung endet, wenn die vertragsärztliche Tätigkeit in einem von Zulassungsbeschränkungen betroffenen Planungsbereich nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufgenommen wird, mit dem Tod, mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, mit dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des Berechtigten aus dem Bezirk seines Kassenarztsitzes. Die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums endet mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, der Auflösung, dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des zugelassenen medizinischen Versorgungszentrums aus dem Bezirk des Vertragsarztsitzes.

(8) (weggefallen)

(9) Der Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, anstellen, sofern für die Arztgruppe, der der anzustellende Arzt angehört, keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind und der Anstellung keine Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen; hiervon abweichend ist eine Anstellungsgenehmigung trotz einer angeordneten Zulassungsbeschränkung zu erteilen, wenn mit der Anstellung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Sind Zulassungsbeschränkungen angeordnet, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Voraussetzungen des § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 erfüllt sein müssen. Das Nähere zu der Anstellung von Ärzten bei Vertragsärzten bestimmen die Zulassungsverordnungen. Absatz 5 gilt entsprechend.

(9a) Der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmende Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die von einer Hochschule mindestens halbtags als angestellte oder beamtete Hochschullehrer für Allgemeinmedizin oder als deren wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt werden und in das Arztregister eingetragen sind, unabhängig von Zulassungsbeschränkungen anstellen. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind diese angestellten Ärzte nicht mitzurechnen.

(9b) Eine genehmigte Anstellung nach Absatz 9 Satz 1 ist auf Antrag des anstellenden Vertragsarztes vom Zulassungsausschuss in eine Zulassung umzuwandeln, sofern der Umfang der Tätigkeit des angestellten Arztes einem ganzen, einem halben oder einem drei Viertel Versorgungsauftrag entspricht; beantragt der anstellende Vertragsarzt nicht zugleich bei der Kassenärztlichen Vereinigung die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Absatz 3a, wird der bisher angestellte Arzt Inhaber der Zulassung.

(10) (weggefallen)

(11) (weggefallen)

(11a) (weggefallen)

(11b) (weggefallen)

(12) (weggefallen)

(13) In Zulassungssachen der Psychotherapeuten und der überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte (§ 101 Abs. 3 Satz 1) treten abweichend von § 96 Abs. 2 Satz 1 und § 97 Abs. 2 Satz 1 an die Stelle der Vertreter der Ärzte Vertreter der Psychotherapeuten und der Ärzte in gleicher Zahl; unter den Vertretern der Psychotherapeuten muß mindestens ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut oder ein Psychotherapeut mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen sein. Für die erstmalige Besetzung der Zulassungsausschüsse und der Berufungsausschüsse nach Satz 1 werden die Vertreter der Psychotherapeuten von der zuständigen Aufsichtsbehörde auf Vorschlag der für die beruflichen Interessen maßgeblichen Organisationen der Psychotherapeuten auf Landesebene berufen.

Tenor

Die Revisionen des Klägers und des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Januar 2013 werden zurückgewiesen.

Der Kläger und der Beklagte tragen die Kosten des Rechtsstreits je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Rechtmäßigkeit von Arzneimittelregressen wegen der Verordnung von Profact Depot 3-Monatsspritzen für die Quartale I/2002 bis II/2004.

2

Der Kläger ist Chefarzt der Frauenklinik W GmbH in K und nimmt seit 1993 aufgrund von Ermächtigungen an der vertragsärztlichen Versorgung im Bezirk der zu 1. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) teil. Auf den Hinweis des Prüfungsausschusses an den Kläger, dass Wirtschaftlichkeitsprüfungen hinsichtlich der Arzneiverordnungsweise in den Quartalen I/2002 bis IV/2002 durchgeführt würden, trug er vor, die Frauenklinik als überregionales onkologisches Zentrum habe einen hohen Anteil an Mammakarzinom-Patientinnen; neben den kostspieligen Therapeutika für ca 1300 Chemotherapien pro Jahr müssten weitere teure Medikamente zur Knochenmarksstimulation eingesetzt werden. Mit Prüfbescheid vom 3.5.2005 erteilte der Prüfungsausschuss betreffend die Quartale I/2002 bis IV/2002 Hinweise hinsichtlich verschiedener kritisch zu bewertender Medikamente. Zusätzlich erging ein Hinweis an die Schlichtungsstelle der Beigeladenen zu 1. wegen des Verstoßes gegen den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung (verschiedene Unterschriften auf Arzneiverordnungen). Einen Regress setzte der Prüfungsausschuss nicht fest. Gegen diesen Bescheid legte die zu 2. beigeladene AOK Widerspruch ein.

3

Mit Prüfbescheid vom 19.7.2005 erteilte der Prüfungsausschuss für die Quartale I/2003 bis IV/2003 Hinweise bezüglich vereinzelter Arzneiverordnungen, zu denen kein Behandlungsschein existiere und folglich kein Leistungsanspruch nachgewiesen sei, und hinsichtlich verschiedener kritisch zu bewertender Medikamente. Zusätzlich erging auch für diese Quartale ein Hinweis an die Schlichtungsstelle der Beigeladenen zu 1. wegen des Verstoßes gegen den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung (verschiedene Unterschriften auf Arzneiverordnungen). Gegen diesen Bescheid legten die Beigeladenen zu 2. und 6. Widerspruch ein.

4

Mit Prüfbescheid vom 20.12.2005 beschloss der Prüfungsausschuss für die Quartale I/2004 und II/2004 keine Maßnahme im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Bezüglich der Verordnungsblätter, bei denen kein Behandlungsausweis vorlag, sah der Prüfungsausschuss Regelungsbedarf seitens der Vertragspartner und ggf der Schlichtungsstelle. Gegen die Ablehnung der Festsetzung eines Regresses in diesem Bescheid legte die Beigeladene zu 2. Widerspruch ein.

5

Der Kläger trug in den Widerspruchsverfahren ausführlich zur Verordnung von Profact Depot 3-Monatsspritzen bei Mammakarzinom-Patientinnen vor: Zur adjuvanten Hormontherapie prämenopausaler Patientinnen mit Mammakarzinom sei das Präparat Zoladex als Hormondepot zugelassen. Die Patientinnen benötigten hier eine Injektion pro Monat, ein Dreimonatsdepot sei nicht verfügbar gewesen. Die Injektionsnadel sei sehr lang und dick, wodurch die Injektionen mitunter für die Patientinnen sehr schmerzhaft seien. Er sei daher auf die Alternative von Profact 3-Monatsdepot ausgewichen, bei dem die Injektionsnadel dünner und die Prozedur nur alle drei Monate erforderlich sei. Im Unterschied zu Zoladex seien hier keine Durchbruchsblutungen zu beobachten. Auch hätten die geringeren Kosten für Profact Depot 3-Monatsspritzen gesprochen. Die Voraussetzungen eines zulässigen Off-Label-Use seien erfüllt gewesen. Schon Anfang der 1990er Jahre hätten mehrere Expertengruppen in internationalen und deutschen Studien die Überlegenheit von Buserelin (Wirkstoff in Profact 3-Monatsdepot) bei der Unterdrückung der Östrogenproduktion menopausaler Frauen mit Mammakarzinom belegt. Das Präparat werde im europäischen Ausland konsequent eingesetzt. Für die fehlende Zulassung in Deutschland gebe es nach Auskunft des Herstellers nur Marketinggründe. Unerwünschte Nebenwirkungen seien nicht zu beobachten.

6

In seiner Sitzung am 1.4.2009 beschloss der beklagte Beschwerdeausschuss hinsichtlich der Verordnungen ohne Behandlungsschein und des Verstoßes gegen den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung einen Hinweis an die Vertragspartner. Außerdem hieß es in den Sitzungsprotokollen zu den einzelnen Quartalen, es ergehe hinsichtlich der im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung bewertbaren "AOK-Fälle" (aus den Quartalen I/2002 bis II/2004) bzw hinsichtlich der Quartale I bis IV/2003 auch der "VdAK-Fälle" ein vollumfänglicher Regress bezüglich der verordneten Mengen des Präparates Profact. Dem Regressbegehren der AOK Rheinland-Pfalz werde somit stattgegeben. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts werde für notwendig erachtet. Kosten seien nicht zu erstatten. Der Beklagte übersandte dem Kläger mit Datum vom 21.4.2009 folgendes Schreiben: "als Information über die in der o.g. Sitzung gefassten Beschlüsse übersenden wir Ihnen die Sitzungsprotokolle. Ihr Rechtsanwalt erhält ebenfalls eine Ausfertigung. Der Bescheid wird Ihnen zu einem späteren Zeitpunkt zugestellt." Dem waren die Protokolle über die Beschlüsse zu den einzelnen Quartalen beigefügt.

7

Mit Schreiben vom 27.5.2009 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass die Beschlüsse vom 1.4.2009 im Hinblick auf die Regelung des § 27 Abs 1 Satz 2 der ab dem 1.3.2007 geltenden Prüfvereinbarung geändert werden sollen. In den Beschlüssen vom 1.4.2009 sei nicht berücksichtigt worden, dass der Widerspruch einer Krankenkasse, eines Landesverbandes der Krankenkassen oder eines Verbandes der Ersatzkassen gegen einen Prüfbescheid für alle am Verfahren beteiligten Krankenkassen bzw ihre Verbände gelte. Mit Bescheid vom 28.8.2009 (Beschluss vom 17.6.2009) änderte der Beklagte seinen Beschluss vom 1.4.2009 und setzte einen vollumfänglichen Regress bezüglich der zu Lasten aller beteiligter Krankenkassen verordneten Mengen des Präparats Profact in allen streitbefangenen Quartalen fest. Die Regresssumme betrug unter Abzug der Patientenzahlungen insgesamt 45 373,08 Euro (I/2002: 6480,60 Euro; II/2002: 6484,60 Euro; III/2002: 3238,30 Euro; IV/2002 5829,74 Euro; I/2003: 1940,58 Euro; II/2003: 5825,74 Euro; III/2003: 3885,16 Euro; IV/2003: 3889,16 Euro; I/2004: 3899,60 Euro; II/2004: 3899,60 Euro). Außerdem erteilte der Beklagte hinsichtlich der Verordnungen, zu denen kein Behandlungsschein vorlag, sowie bezüglich der Verordnungen mit verschiedenen Unterschriften anderer Ärzte und des daraus abzuleitenden Verstoßes gegen den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung einen Hinweis an die Vertragspartner. Zur Begründung führte der Beklagte aus: Eine statistische Vergleichsprüfung sei ausgeschlossen, weil es keine ausreichende Zahl vergleichbar tätiger Praxen gebe. Die Prüfmethode der repräsentativen Einzelfallprüfung sei mangels hinreichend repräsentativer Daten ebenfalls nicht in Betracht gekommen. Daher sei eine Überprüfung der bewertbaren Einzelfälle durchgeführt worden. Bei dem von dem Kläger in verschiedenen Einzelfällen verordneten Präparat Profact (Dreimonatsdepot) handele es sich um ein hormonantagonistisch wirkendes Arzneimittel mit dem Wirkstoff Buserelin, das laut Fachinformation zur Behandlung des fortgeschrittenen hormonempfindlichen Prostatakarzinoms indiziert sei. Da der Kläger das Medikament bei Patientinnen mit Mamma-Karzinom eingesetzt habe, liege ein Off-Label-Use vor. Dieser sei unzulässig gewesen. Es habe mit den Präparaten Zoladex (Einmonatsdepot) und Enantone Gyn eine andere Therapie zur Verfügung gestanden, die die Standardtherapie darstelle. Auf den Einwand, die durchgeführte Therapie sei kostengünstiger gewesen, komme es nach dem in der Wirtschaftlichkeitsprüfung geltenden normativen Schadensbegriff nicht an. Es habe auch keine begründete Aussicht bestanden, dass mit Profact ein Behandlungserfolg erzielt werden würde.

8

Das SG Mainz hat den Bescheid des Beklagten vom 28.8.2009 in vollem Umfang aufgehoben. Der Beklagte sei, nachdem er bereits mit Bescheiden vom 21.4.2009 über die Widersprüche der Beigeladenen zu 2. und 6. entschieden gehabt habe, nicht mehr berechtigt gewesen, diese Entscheidungen zu ändern.

9

Das LSG hat mit Urteil vom 17.1.2013 das Urteil des SG geändert und die Bescheide des Beklagten vom 28.8.2009 insoweit aufgehoben, als gegen den Kläger ein höherer Regress als 23 810,41 Euro (Verordnungen für Versicherte der Beigeladenen zu 2. im Zeitraum I/2002 bis II/2004 und für Versicherte von Mitgliedskassen des Beigeladenen zu 6. in den Quartalen I bis IV/2003) ausgesprochen wurde. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung des Beklagten hat es zurückgewiesen. Die Bescheide des Beklagten seien hinsichtlich des Regresses in Höhe von 12 150,93 Euro wegen der Verordnungen für die Versicherten der Beigeladenen zu 2. und des Regresses in Höhe von 11 659,48 Euro wegen der Verordnungen für die Versicherten der Mitgliedskassen der Beigeladenen zu 6. im Zeitraum I bis IV/2003 rechtmäßig. Der Kläger habe Profact Depot 3-Monatsdepot für seine Brustkrebspatientinnen nicht verordnen dürfen, weil dieses Medikament zur Behandlung von Brustkrebs nicht zugelassen gewesen sei. Ein zulässiger Off-Label-Use habe nicht vorgelegen. Für den Einsatz des Arzneimittels bei Mamma-Karzinom habe es im maßgeblichen Zeitraum keine Phase III-Studie gegeben. Außerdem lägen keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass der Einsatz der zugelassenen Arzneimittel - Zoladex (Einmonatsdepot) und Enantone Gyn - ausgeschlossen gewesen sei. Auf Kostengesichtspunkte komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Die angefochtenen Bescheide seien hinsichtlich des Regresses wegen der Verordnungen für die Versicherten der Beigeladenen zu 2. und für die Versicherten der Mitgliedskassen des Beigeladenen zu 6. im Zeitraum I bis IV/2003 auch nicht wegen Verstoßes gegen §§ 44 ff SGB X rechtswidrig, weil der Beklagte insoweit keine zuvor ergangenen Verwaltungsakte aufgehoben, sondern deren Verfügungssatz nur wiederholt habe.

10

Im Übrigen habe das SG der Klage zu Recht stattgegeben. Der Beklagte sei nicht befugt gewesen, in seinen Bescheiden vom 28.8.2009 ohne Beachtung der Bindungswirkung seiner zuvor am 1.4.2009 beschlossenen und unter dem 21.4.2009 dem Kläger mitgeteilten Entscheidungen erneut über die Sache zu befinden. Die Schreiben vom 21.4.2009 stellten Verwaltungsakte dar, da der Kläger sie nach seinem Empfängerhorizont als verbindliche Regelungen habe auffassen müssen. Unschädlich sei, dass sie den Vermerk enthielten, der jeweilige Bescheid werde zu einem späteren Zeitpunkt zugestellt. Entscheidend sei vielmehr, dass aus den Schreiben vom 21.4.2009 der Wille des Beklagten deutlich geworden sei, dem Kläger zu diesem Zeitpunkt das endgültige Ergebnis seiner Entscheidungen bekanntzugeben. Da die Verwaltungsakte vom 28.8.2009 den Kläger im Verhältnis zu den zuvor ergangenen Verwaltungsakten schlechter gestellt haben, greife hier § 45 SGB X ein. Es fehle aber an der für eine Rücknahme nach § 45 SGB X erforderlichen Ermessensausübung. Für eine Ermessensreduzierung auf Null genüge die Drittwirkung der in den Schreiben vom 21.4.2009 enthaltenen Verwaltungsakte für die jeweils vom Arzneimittelregress begünstigten Krankenkassen nicht.

11

Dagegen richten sich die Revisionen des Beklagten sowie des Klägers. Der Beklagte trägt vor, bei der Entscheidung vom 1.4.2009 habe es sich um einen teilweise rechtswidrigen drittbelastenden Verwaltungsakt gehandelt, der noch keine Bestandskraft erlangt habe. Er habe unter den Voraussetzungen des § 45 iVm § 49 SGB X geändert werden können. Selbst wenn Ermessen auszuüben gewesen wäre, wäre dies wegen der Drittwirkung auf Null reduziert.

12

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 17.1.2013 insoweit aufzuheben, als der Bescheid des Beklagten aufgehoben und die Berufung gegen das Urteil des SG Mainz vom 4.5.2011 zurückgewiesen worden ist und die Klage insgesamt abzuweisen sowie die Revision des Klägers zurückzuweisen.

13

Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 17.1.2013 insoweit aufzuheben, als das Urteil des SG geändert und die Klage abgewiesen worden ist und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Mainz vom 4.5.2011 insgesamt zurückzuweisen sowie die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

14

Er trägt vor, Rechtsgrundlage für die Änderung des Verwaltungsaktes vom 21.4.2009 sei § 47 SGB X, dessen Voraussetzungen nicht gegeben seien. Sehe man als Rechtsgrundlage § 45 SGB X an, fehle es an der erforderlichen Ermessensausübung. In der Sache habe das LSG zu Unrecht die Voraussetzungen für einen zulässigen Off-Label-Use verneint.

Entscheidungsgründe

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Die Revisionen des Klägers und des Beklagten sind unbegründet. Das LSG hat zu Recht entschieden, dass der Bescheid des Beklagten vom 28.8.2009 insoweit rechtswidrig ist, als gegen den Kläger ein Regress von mehr als 23 810,41 Euro festgesetzt wurde. Im Übrigen ist der Bescheid rechtmäßig.

16

1. Soweit der Beklagte gegen den Kläger einen Regress wegen der Verordnung von Profact Depot 3-Monatsspritzen für Versicherte der Beigeladenen zu 2. bis 5. sowie der Mitgliedskassen der Beigeladenen zu 6. in den Quartalen I bis IV/2002 und II und III/2004 festgesetzt hat, ist der Bescheid vom 28.8.2009 rechtswidrig. Die Vorinstanzen haben zu Recht entschieden, dass die Voraussetzungen für die Aufhebung des Bescheides vom 21.4.2009 nicht vorlagen.

17

a) Das LSG hat in nicht zu beanstandender Weise das Schreiben vom 21.4.2009 als Verwaltungsakt iS des § 31 SGB X qualifiziert. Die Auslegung behördlicher Schreiben im Hinblick darauf, ob sie eine Regelung iS dieser Vorschrift enthalten, richtet sich nach denselben Grundsätzen wie die Auslegung eines Verwaltungsaktes. Maßgeblich ist der "Empfängerhorizont" eines verständigen Beteiligten, der die Zusammenhänge berücksichtigt, welche die Behörde nach ihrem wirklichen Willen (§ 133 BGB) erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat (vgl zu den Auslegungsgrundsätzen BSG SozR 4-2600 § 96a Nr 14 RdNr 25; SozR 4-5868 § 3 Nr 3 RdNr 19; BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11; BSG SozR 3-1200 § 42 Nr 8 S 26; Engelmann in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 31 RdNr 25 mwN). Das Revisionsgericht überprüft die berufungsgerichtliche Auslegung einer konkreten Erklärung im Einzelfall anhand der allgemeinen Maßstäbe daraufhin, ob diese mit dem Wortlaut eindeutig unvereinbar ist, ob gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen wurde und ob die auslegungsrelevanten Sachverhaltsumstände vollständig ausgewertet worden sind (vgl BSG SozR 4-5868 § 12 Nr 1 RdNr 63; BSG SozR 3-2500 § 115 Nr 1 S 4 f; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 162 RdNr 3b mwN). Gemessen hieran erweist sich die Entscheidung des LSG als rechtsfehlerfrei und zutreffend. Die Auslegung ist mit dem Wortlaut des Schreibens vereinbar. Zwar könnten die Verwendung des Begriffs "Information" sowie der Verweis auf die Zustellung eines Bescheides zu einem späteren Zeitpunkt auch dafür sprechen, dass es sich nach dem Willen des Beklagten noch nicht um die Bekanntgabe einer verbindlichen Regelung, sondern um eine unverbindliche "Vorabinformation" handeln sollte. Das LSG hat aber mit gut vertretbaren und nachvollziehbaren Erwägungen als entscheidend angesehen, dass für den objektiven Empfänger der Wille des Beklagten erkennbar geworden sei, dem Kläger das endgültige Ergebnis seiner Entscheidungen bekanntzugeben. Die sachliche Entscheidung über den Arzneimittelregress war am 1.4.2009 durch den Beschluss des nach § 106 Abs 5 Satz 3 SGB V zuständigen Beschwerdeausschusses als Gremium getroffen worden. Die Übersendung des Protokolls der Sitzung und der darin gefassten Beschlüsse - auch zu den Kosten - stellten aus der Sicht des Empfängers keine bloße Ankündigung einer Entscheidung, sondern die Bekanntgabe der Entscheidung selbst dar. Bei der Beschlussfassung handelt es sich um einen Vorgang der internen Willensbildung eines kollegial verfassten Entscheidungsgremiums, der aber mit der Abstimmung abgeschlossen ist. Die damit getroffene Regelung erlangt mit der Bekanntgabe die unmittelbare Rechtswirkung nach außen, auf die sie gerichtet ist. Zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Schreibens vom 21.4.2009 gingen sowohl der Kläger als Empfänger als auch der Beklagte als Absender davon aus, dass eine abschließende Entscheidung getroffen worden war, auf deren Bestand der Kläger - nicht zuletzt im Hinblick auf die möglicherweise erforderlichen wirtschaftlichen Dispositionen - vertrauen durfte. Lediglich die genaue Begründung, die für das Vorliegen eines Verwaltungsaktes nicht konstitutiv ist und nach § 41 Abs 2 SGB X bis zur letzten Tatsacheninstanz nachgeholt werden kann, sollte in einem weiteren förmlichen Bescheid erfolgen. Das Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung hatte lediglich die Folge des § 66 Abs 2 SGG. Dementsprechend werten auch die Beteiligten übereinstimmend das Schreiben vom 21.4.2009 als Verwaltungsakt.

18

Dieser Verwaltungsakt war nach § 39 Abs 1 Satz 1 SGB X mit seiner Bekanntgabe an den Kläger wirksam geworden. Wie sich aus § 39 Abs 1 Satz 2 SGB X ergibt, bleibt der Verwaltungsakt wirksam, solange er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

19

b) Die Voraussetzungen für eine Rücknahme der Entscheidung lagen nicht vor. Die Aufhebung des Verwaltungsaktes vom 21.4.2009 war nur nach Maßgabe des § 45 SGB X möglich, dessen Anforderungen der angefochtene Bescheid nicht genügt.

20

aa) Die allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorschriften sind anwendbar, weil sie nicht gemäß § 37 SGB I durch Besonderheiten des Vertragsarztrechts verdrängt werden. Das Verfahren zur Verhängung eines Regresses ist zwar spezialgesetzlich durch § 106 Abs 5 SGB V geprägt. Für die nachträgliche Korrektur von anfänglich rechtswidrigen Prüfbescheiden finden sich indes keine besonderen Vorschriften für den vertragsärztlichen Bereich, sodass die Vorschriften der §§ 44 ff SGB X heranzuziehen sind. Wenn ein Prüfgremium in einem Einzelfall die maßgeblichen gesetzlichen und/oder untergesetzlichen Vorschriften, über deren generelle Anwendbarkeit und Rechtsgültigkeit kein Streit besteht, individuell fehlerhaft handhabt, bestehen keine relevanten Unterschiede zu der typischen Situation im Verwaltungsverfahrensrecht, dass nämlich eine Behörde bei Anwendung der maßgeblichen Vorschriften auf den Einzelfall fehlerhaft handelt. Die Besonderheiten von Honorarbescheiden bzw generell der vertragsärztlichen Honorierung, vor allem die Abhängigkeit der Rechtmäßigkeit der Vergütung von der Wirksamkeit zahlreicher untergesetzlicher Vorschriften und die vielfach bei Erlass des Honorarbescheides fehlende Gewissheit über die Höhe der insgesamt zur Verteilung stehenden Beträge, spielen insoweit keine Rolle. Die dazu vom Senat entwickelten Grundsätze sind nicht betroffen. Anders als bei einem Honorarbescheid, der stets unter dem Vorbehalt einer nachträglichen Korrektur ergeht (stRspr vgl zB BSGE 89, 62, 66 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 345 f und BSGE 89, 90, 93 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 6 f; BSG, SozR 4-5520 § 32 Nr 2 RdNr 10; BSGE 96, 1, 2 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11; BSG, SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 12; Urteil vom 28.8.2013 - B 6 KA 43/12 R - BSGE (vorgesehen) = SozR 4-2500 § 106a Nr 11), ist beim Erlass eines Regressbescheides eine nachträgliche Überprüfung der Verordnungsweise erfolgt und abgeschlossen. Der Vertragsarzt darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass es - vorbehaltlich einer Anfechtung durch Dritte - bei einem ihm mitgeteilten Ergebnis einer Überprüfung seiner Behandlungs- oder Verordnungsweise jedenfalls in dem Sinne verbleibt, dass der Regress nicht zu seinen Lasten verschärft wird. Dementsprechend schränkt der Senat auch die Befugnis der KÄV zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung aus Vertrauensschutzgesichtspunkten ein, soweit die KÄV diese Befugnis bereits "verbraucht" hat, indem sie die Honoraranforderung des Vertragsarztes in einem der ursprünglichen Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft und vorbehaltlos bestätigt hat (BSGE 89, 90, 98 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 11 f; bekräftigt in BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 19; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 18 ff für den Fall der Rückgängigmachung einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung; Urteil vom 28.8.2013 - B 6 KA 43/12 R - BSGE = SozR 4-2500 § 106a Nr 11). In diesem Fall ist die jedem Honorarbescheid innewohnende spezifische Vorläufigkeit und damit die Anwendbarkeit der Berichtigungsvorschriften entfallen. Auch in der hier zu beurteilenden Situation besteht kein Anlass, von den allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen abzuweichen, wonach die Behörde vorbehaltlich der besonderen Tatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 SGB X das Risiko dafür trägt, dass sie einen für den Bürger günstigen Verwaltungsakt erlässt, der sich nachträglich als teilweise rechtswidrig erweist.

21

bb) Die Rücknahme des Verwaltungsaktes richtet sich nach § 45 SGB X. Danach darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 des § 45 SGB X ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

22

(a) Der Regressbescheid vom 21.4.2009 war von Anfang an rechtswidrig, weil er nicht berücksichtigt hat, dass im Hinblick auf die Widersprüche der Beigeladenen zu 2. und 6. (für 2003) die Wirtschaftlichkeit der Verordnungen umfassend für alle gesetzlichen Krankenkassen zu prüfen war. Es kann offenbleiben, ob die am 1.3.2007 in Kraft getretene Regelung des § 27 der Prüfvereinbarung, wonach der Widerspruch einer Krankenkasse für alle am Verfahren beteiligten Krankenkassen und Verbände gilt, auf die hier zu einem früheren Zeitpunkt eingelegten Widersprüche Anwendung findet. Jedenfalls stellt nach der Rechtsprechung des Senats die Überwachung der Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung einen einheitlichen Vorgang dar, an dem die Krankenkassen und ihre Verbände ein übergreifendes rechtlich geschütztes Interesse haben, weshalb der Widerspruch einer Krankenkasse auch für die übrigen beschwerten Krankenkassen bzw Verbände wirkt (vgl BSGE 60, 69, 71 = SozR 2200 § 368n Nr 42 S 137, 138 f; SozR 3-2500 § 106 Nr 12 S 61, 64; BSGE 92, 283 = SozR 4-2500 § 106 Nr 5, RdNr 21 zur notwendigen Beiladung; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 33 RdNr 10). Der Beklagte hätte mithin, wie im Bescheid vom 28.8.2009 geschehen, umfassend über die Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise des Klägers und nicht nur beschränkt auf die die Beigeladenen zu 2. und 6. betreffenden Fälle entscheiden müssen. Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil die statistischen Werte, die zur Einleitung des Prüfverfahrens führten, vom Beklagten im Hinblick auf das individuelle Leistungsspektrum des Klägers nicht als aussagekräftig angesehen wurden. Auch die Überprüfung anhand von Einzelfällen ist nur dann auf eine Krankenkasse beschränkt, wenn sich eine solche Beschränkung aus einem besonderen Antrag oder dem Widerspruch ergibt. Das ist etwa dann der Fall, wenn eine Krankenkasse eine einzelfallbezogene Prüfung im Hinblick auf die Verordnung eines bestimmten Arzneimittels für einen konkreten Patienten beantragt (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 23; so auch die Konstellation etwa in BSGE 112, 251 = SozR 4-2500 § 106 Nr 38). Wird hingegen, wie hier, eine generelle Überprüfung der Verordnungsweise in Form einer Einzelfallprüfung durchgeführt, weil eine ursprünglich vorgesehene statistische Durchschnittsprüfung wegen Besonderheiten ausscheidet, besteht grundsätzlich kein Anlass, die Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht als einheitlichen Vorgang zu sehen. Die Widersprüche der Beigeladenen zu 2. und 6. enthielten insofern auch keinerlei Einschränkung.

23

(b) Der Bescheid vom 21.4.2009 hatte für den Kläger begünstigende Wirkung, soweit der Regress auf die die Beigeladenen zu 2. und 6. betreffenden Fälle beschränkt war. Es handelte sich um einen Verwaltungsakt, der sowohl belastende Elemente - den Regress bezüglich der Verordnung von Profact zu Lasten der Beigeladenen zu 2. und 6. - als auch begünstigende Elemente - das Absehen von einem weitergehenden Regress - enthielt. Ein Bescheid, in dem eine zu niedrige Verpflichtung ausgesprochen wird, beinhaltet zwar eine Belastung insofern, als überhaupt eine Verpflichtung festgelegt wird, gleichzeitig aber insoweit eine Begünstigung, als gemessen an den gesetzlichen Vorgaben eine Minderbelastung festgelegt wird. Soweit später die Begünstigung eingeschränkt oder beseitigt werden soll, beurteilt sich dies nach § 45 Abs 1 SGB X(vgl BSGE 70, 117, 120 = SozR 3-1300 § 45 Nr 11).

24

(c) Da die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit erfolgte, war sie nach § 45 Abs 4 Satz 1 SGB X nur beschränkt auf die in § 45 Abs 2 Satz 3 und Abs 3 Satz 2 SGB X näher geregelten Konstellationen möglich. Danach besteht Vertrauensschutz, soweit der Begünstigte den Verwaltungsakt nicht durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Einer dieser Fälle, die einen Vertrauensschutz ausschließen, lag nicht vor. Vertrauensschutz scheidet auch nicht deshalb aus, weil der Bescheid vom 21.4.2009 noch von den betroffenen Krankenkassen bzw ihren Verbänden hätte angefochten werden können. In einem etwaigen Klageverfahren hätten sie zwar eine Änderung des Bescheides zu ihren Gunsten und zu Lasten des Klägers erreichen können. Dass insofern das Verbot der reformatio in peius, das grundsätzlich auch im Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss gilt (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 34), im Fall der Drittbetroffenheit einer Verschlechterung der Rechtsposition nicht entgegensteht (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 42), lässt das schutzwürdige Vertrauen gegenüber der erlassenden Behörde darauf, dass der Bescheid nur noch mit den gesetzlich vorgesehenen Einschränkungen aufgehoben werden kann, aber nicht entfallen. Das Anfechtungsrecht Dritter erweitert nicht die Befugnisse der Behörde zur Aufhebung eines Bescheides von Amts wegen. Die nachträgliche Erkenntnis der Rechtswidrigkeit, die der Beklagte hier als Besonderheit anführt, ist gerade der typische Ausgangspunkt für eine Rücknahme nach § 45 SGB X. Tatsächlich ist der Bescheid von den Beigeladenen nicht angegriffen worden. Nur für den Fall der Anfechtung durch einen Dritten ist aber nach § 49 SGB X die Geltung des § 45 Abs 1 bis 4 SGB X suspendiert. Es reicht nicht aus, dass eine Anfechtungsmöglichkeit besteht, erforderlich ist vielmehr, dass der Dritte Widerspruch eingelegt oder Klage erhoben hat (vgl Merten in Hauck/Noftz, SGB X, Stand: Juni 2014, K § 49 RdNr 9; Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 49 RdNr 6; Steinwedel in Kass Komm, Stand: Dezember 2013, SGB X § 49 RdNr 5). § 49 SGB X trägt nur der besonderen Interessenlage im Fall einer Drittanfechtung Rechnung, will aber nicht unabhängig davon der Behörde die Aufhebung begünstigender Verwaltungsakte erleichtern.

25

(d) Kommt demnach eine Rücknahme des Bescheides bereits wegen Vertrauensschutzes des Klägers nicht in Betracht, fehlt es darüber hinaus an der nach § 45 Abs 1 SGB X erforderlichen Ermessensausübung. Da § 49 SGB X nur nach Einleitung eines Anfechtungsverfahrens Anwendung findet und damit hier nicht heranzuziehen ist, kann offenbleiben, ob auch im Anwendungsbereich von § 49 SGB X Ermessen auszuüben ist(vgl LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 17.2.2011 - L 5 KR 9/10 - Juris RdNr 32; Merten aaO RdNr 14; Schütze aaO RdNr 2; Steinwedel aaO RdNr 8; offengelassen bei BSG SozR 4-2600 § 243 Nr 4 RdNr 60; BSG Urteil vom 3.7.2013 - B 12 KR 8/11 R -, BSGE , SozR 4-1500 § 66 Nr 4 RdNr 43)und ob in diesem Fall Vertrauensschutzgesichtspunkte im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen sind (so Schütze aaO; vgl näher dazu Merten aaO mwN). Es besteht jedenfalls nicht allein wegen der Drittbetroffenheit eine Ermessensreduzierung auf Null. Die Interessen der Drittbetroffenen sind bereits durch die Möglichkeit der Anfechtung und die Befreiung von den Rücknahmebeschränkungen des § 45 Abs 1 bis 4 SGB X berücksichtigt. Lediglich in besonders gelagerten Fällen können möglicherweise spezifische Interessen Dritter eine solche Ermessensreduzierung bewirken. Dafür sind hier keine Anhaltspunkte ersichtlich.

26

2. Soweit der Beklagte gegen den Kläger einen Regress in Höhe von 12 150,93 Euro wegen der Verordnung von Profact Depot 3-Monatsspritzen für Versicherte der Beigeladenen zu 2. sowie in Höhe von 11 659,48 Euro für Versicherte der Mitgliedskassen des Beigeladenen zu 6. festgesetzt hat, ist der Bescheid vom 28.9.2009 rechtmäßig.

27

a) Da der Bescheid vom 28.9.2009 insoweit lediglich den Verfügungssatz des früheren Bescheides wiederholt hat, beinhaltete er keine Aufhebung des Bescheides vom 21.4.2009. Inhaltlich hat er bezogen auf die Beigeladenen zu 2. und zu 6. nur den Verfügungssatz des Verwaltungsakts vom 21.4.2009 aufgenommen und eine ausführliche Begründung gegeben. Eine solche wiederholende Verfügung wird von der Rechtsprechung in der Regel nicht als Verwaltungsakt eingestuft (vgl BSGE 68, 228, 230 = SozR 3-2200 § 248 Nr 1 S 3 f; BSGE 104, 207 = SozR 4-3530 § 6 Nr 1, RdNr 9; BSG SozR 4-5860 § 15 Nr 1 RdNr 25). Im Hinblick auf die Besonderheiten des Falles, insbesondere wegen der Umstände beim Erlass des Bescheides und des engen Zusammenhangs mit der weitergehenden Regressfestsetzung, ist hier ausnahmsweise eine andere Bewertung gerechtfertigt. Ansonsten müsste im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes des Klägers davon ausgegangen werden, dass die Klage auch den ursprünglichen Regressbescheid vom 21.4.2009 erfassen sollte.

28

b) Rechtsgrundlage des angefochtenen Arzneikostenregresses ist § 106 Abs 2 SGB V(hier zugrunde zu legen idF des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626, die auch in den weiteren Jahren 2002 bis 2004 galt). Danach wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung unter anderem durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen, entweder nach Durchschnittswerten oder anhand von Richtgrößenvolumina (§ 106 Abs 2 Satz 1 Nr 1) und/oder auf der Grundlage von Stichproben (aaO Satz 1 Nr 2), geprüft. Über diese Prüfungsarten hinaus können die Landesverbände der Krankenkassen mit den KÄVen gemäß § 106 Abs 2 Satz 4 SGB V andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren(vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 17 RdNr 12 f mwN; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21 RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 17; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 16). Diese Prüfvereinbarungen - hier in § 8 Abs 3 - ermächtigen regelmäßig auch zu Einzelfallprüfungen. Einzelfallprüfungen sind insbesondere dann sachgerecht - und die Wahl dieser Prüfmethode rechtmäßig -, wenn das individuelle Vorgehen eines Arztes in bestimmten einzelnen Behandlungsfällen hinsichtlich des Behandlungs- oder Verordnungsumfangs am Maßstab des Wirtschaftlichkeitsgebots überprüft werden soll (s BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21 RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 17; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 14) oder sich - wie hier wegen der speziellen Ausrichtung der Praxis - die Prüfung nach Durchschnittswerten im Einzelfall als nicht aussagekräftig oder nicht durchführbar erweist (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 8 RdNr 10).

29

Das LSG hat zu Recht entschieden, dass es sich bei Streitigkeiten über die vertragsarztrechtliche Zulässigkeit von Arzneiverordnungen um einen Fall des § 106 Abs 2 SGB V und nicht um einen Regress "wegen sonstigen Schadens" iS des § 48 Bundesmantelvertrag-Ärzte handelt. Der Beklagte ist selbst zutreffend davon ausgegangen, dass Verordnungen, die die Grenzen der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht eingehalten haben, keinen "sonstigen Schaden" der Krankenkasse darstellen, sondern ein Arzneikostenregress durchzuführen ist, dessen Rechtsgrundlage § 106 Abs 2 SGB V ist(vgl BSG Urteil vom 20.3.2013 - B 6 KA 27/12 R - BSGE 113, 123 = SozR 4-2500 § 106 Nr 40, RdNr 14 mwN; SozR 4-2500 § 106 Nr 43 RdNr 10).

30

c) Die Voraussetzungen für einen Regress im Wege der Einzelfallprüfung gemäß § 106 Abs 2 SGB V waren erfüllt. Der Kläger durfte das Arzneimittel Profact Depot 3-Monatsspritzen nicht zur Behandlung des Mamma-Karzinoms verordnen. Dies folgt daraus, dass dessen Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) nur für die Anwendung bei der Diagnose Prostatakrebs erfolgt war, sodass die Verordnung von Profact Depot bei anderen Krebsarten wie dem Mammakarzinom einen Off-Label-Use darstellte. Dessen Voraussetzungen lagen nicht vor.

31

Ein solcher Off-Label-Use von zugelassenen Arzneimitteln ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass in diesen Fällen nicht das Verfahren nach dem AMG durchlaufen wurde, das mit der Überprüfung der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit auf die Gewährleistung von Arzneimittelsicherheit angelegt ist. Wie vom 1. Senat des BSG in langjähriger Rechtsprechung wiederholt herausgestellt und vom 6. Senat weitergeführt worden ist, müssen für einen zulässigen Off-Label-Use - zum einen - eine schwerwiegende Erkrankung vorliegen (dh eine die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung), und es darf - zum anderen - keine andere zugelassene Therapie verfügbar sein, und - zum dritten - aufgrund der Datenlage muss die begründete Aussicht bestehen, dass mit dem betroffenen Arzneimittel ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann (stRspr; BSGE 106, 110 = SozR 4-2500 § 106 Nr 27, RdNr 51 f; zusammenfassend BSGE 109, 212 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19, RdNr 16; SozR 4-2500 § 106 Nr 30 RdNr 16; zuletzt BSGE 113, 123 = SozR 4-2500 § 106 Nr 40). Hinreichende Erfolgsaussichten bestehen nur dann, wenn wissenschaftliche Erkenntnisse über Nutzen und Risiken des Mittels aufgrund von Phase III-Studien vorliegen, die eine erweiternde Zulassung ermöglichen oder außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Erkenntnisse von gleicher Qualität veröffentlicht sind (BSGE 109, 212 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19, RdNr 17). Ergänzend ist stets zu prüfen, ob ausnahmsweise eine Verordnung unter Zugrundelegung der vom BVerfG in seinem Beschluss vom 6.12.2005 (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5) aufgestellten - und jetzt in § 2 Abs 1a SGB V nF normierten - Voraussetzungen zulässig und geboten ist bzw war.

32

aa) Dass es sich beim Mamma-Karzinom um eine schwerwiegende Erkrankung handelt, liegt auf der Hand. Es stehen aber zur Hormontherapie von Patientinnen mit Mamma-Karzinom mit Zoladex und Enantone Gyn zugelassene Arzneimittel zur Verfügung. Der Kläger trägt selbst vor, er habe Profact 3-Monats-Depot als Alternative zu dem zugelassenen Arzneimittel Zoladex angewendet, das nur als Einmonatsdepot zur Verfügung gestanden habe. Dass Profact aus Sicht des Klägers wirksamer als die zugelassenen Arzneimittel und in der Anwendung weniger belastend ist, ändert nichts daran, dass es, was der Kläger auch grundsätzlich nicht bestreitet, in den hier zu beurteilenden Quartalen eine anerkannte Standardtherapie gab, der Off-Label-Use mithin nicht alternativlos ist. Für eine Abwägung des Für und Wider des für eine bestimmte Indikation zugelassenen Arzneimittels und des Arzneimittels im Off-Label-Use ist in diesem Zusammenhang kein Raum. Allein das zugelassene Arzneimittel ist bereits im Arzneimittelzulassungsverfahren auf seine therapeutische Wirksamkeit und Unbedenklichkeit für das im Zulassungsantrag benannte Anwendungsgebiet überprüft worden (vgl § 22 Abs 1 Nr 6 AMG und dazu BSGE 89, 184, 186 f = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 30 f). Das Fehlen eines Dreimonatsdepots von Zoladex führt keineswegs, wie der Kläger meint, zwingend zur Zulässigkeit der Anwendung des Dreimonatsdepots von Profact. Wie der Beklagte im angefochtenen Bescheid ausgeführt hat, handelt es sich um zwei verschiedene Präparate mit unterschiedlichen Wirkstoffen und Wirkstoffmengen. Die Belastung der Patientinnen durch häufigere Injektionen stellt Zoladex und Enantone Gyn als Standardtherapie nicht in Frage.

33

bb) Darüber hinaus fehlt es auch an der dritten Voraussetzung für einen Off-Label-Use, nämlich an ausreichenden Belegen für eine begründete Aussicht auf einen Behandlungserfolg: Diese dritte Voraussetzung ist nur dann erfüllt, wenn im Behandlungszeitpunkt entweder bereits eine klinische Prüfung mit Phase III-Studien veröffentlicht und ein entsprechender Zulassungsantrag gestellt worden ist oder wenn sonstwie zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen vorliegen, aufgrund derer sich in den einschlägigen Fachkreisen ein Konsens über den voraussichtlichen Nutzen der angewendeten Methode gebildet hat. Außerhalb und während eines Zulassungsverfahrens muss die Qualität der wissenschaftlichen Erkenntnisse über den Behandlungserfolg, die für eine zulassungsüberschreitende Pharmakotherapie auf Kosten der GKV nachzuweisen ist, derjenigen für die Zulassungsreife des Arzneimittels im betroffenen Indikationsbereich entsprechen. Dies bedeutet, dass der während und außerhalb eines Zulassungsverfahrens erforderliche wissenschaftliche Nachweis durch Studien erbracht werden muss, die die an eine Phase III-Studie zu stellenden qualitativen Anforderungen erfüllen (vgl BSGE 109, 211 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19, RdNr 17; BSGE 113, 123 = SozR 4-2500 § 106 Nr 40, RdNr 33). Nach den Feststellungen des LSG gibt es Phase III-Studien für Profact in der Anwendung beim Mamma-Karzinom nicht. Eine entsprechende Zulassung ist nicht beantragt. Aus welchen Gründen der Hersteller die Zulassung von Profact 3-Monats-Depot für die Anwendung beim Mamma-Karzinom bislang nicht beantragt und damit eine arzneimittelrechtliche Überprüfung ermöglicht hat, ist unerheblich.

34

Die vom Kläger vor dem SG vorgelegten Studien und Stellungnahmen erlauben keine andere Beurteilung. Sie betreffen zunächst die Vorteile der zur Injektion verwendeten Nadel. Die Stellungnahme von Prof. Dr. S, auf die der Kläger explizit Bezug nimmt, beruht auf einer Reihe von Publikationen, die die Eignung des Dreimonatsdepots von Profact bei der Behandlung des Mammakarzinoms zum Gegenstand haben. Eine Phase III-Studie wird dabei nicht erwähnt. Auch die sonstige vom Kläger vorgelegte wissenschaftliche Literatur enthält allenfalls Phase I-II-Studien, randomisierte Studien werden nicht belegt. Teilweise betreffen die Veröffentlichungen bereits andere Krankheitsbilder wie etwa Male breast Cancer, in anderen Veröffentlichungen wurde die Wirksamkeit von Burserelin im Zusammenwirken mit anderen Arzneimitteln, etwa Tamoxifen, untersucht.

35

d) Schließlich lagen auch die Voraussetzungen, unter denen nach der Rechtsprechung des BVerfG der Einsatz eines Arzneimittels unter Außerachtlassung der Begrenzungen durch das AMG und durch § 135 Abs 1 SGB V zulässig sein kann, nicht vor. Das BVerfG hat - zunächst für nicht anerkannte Behandlungsmethoden - aus Art 2 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip und aus Art 2 Abs 2 Satz 1 GG iVm der sich daraus ergebenden Schutzpflicht abgeleitet, dass in Fällen, in denen eine lebensbedrohliche oder in der Regel tödlich verlaufende Krankheit vorliegt und eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, der Versicherte nicht von der Gewährung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode ausgeschlossen werden darf, wenn diese eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bietet (BVerfGE 115, 25, 49 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5, RdNr 33). Diese Grundsätze haben das BVerfG und das BSG auf den Bereich der Versorgung mit Arzneimitteln übertragen. Sofern eine lebensbedrohliche Erkrankung vorliegt (oder - wie das BSG es formuliert - eine wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung, vgl dazu BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 31; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 32) und eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, erstreckt sich der Versorgungsanspruch des Versicherten über die Beschränkungen der arzneimittelrechtlichen Zulassung hinaus auf die Versorgung mit solchen Arzneimitteln, die eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bieten (s hierzu BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 19; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 16 RdNr 30; SozR 4-2500 § 106 Nr 30 RdNr 30 mwN). Diese Voraussetzungen für erweiterte Behandlungsmöglichkeiten ohne die Beschränkungen durch das AMG sind hier schon deshalb nicht erfüllt, weil es eine nach dem AMG und dem SGB V anerkannte Verordnungsalternative gab.

36

e) Das LSG hat schließlich zu Recht darauf hingewiesen, dass es bei einem Arzneimittelregress nicht darauf ankommt, ob als Folge der Verordnungen des Arztes der Krankenkasse des Versicherten ein wirtschaftlicher Schaden entstanden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats wird der durch eine unrechtmäßige ärztliche Verordnung eingetretene Schaden nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Krankenkasse des Versicherten bei einer rechtmäßigen Verordnung dieselben oder gar höhere Kosten entstanden wären. Diese Rechtsprechung berücksichtigt, dass es auf die Beachtung der für die vertragsarztrechtliche Versorgung geltenden Bestimmungen nicht ankäme, wenn die Kosten, die hypothetisch bei rechtmäßigem Verhalten angefallen wären, schadensmindernd berücksichtigt würden (vgl BSG SozR 4-5540 § 48 Nr 2 RdNr 36 f; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 51 betr Verordnung von Sprechstundenbedarf; BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 3 RdNr 14 betr unzulässige faktisch-stationäre Behandlung; BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 11 betr eine als Praxisgemeinschaft auftretende Gemeinschaftspraxis; BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 7 RdNr 17 f betr zu lange stationäre Versorgung; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 betr Verordnung von autologen Tumorvakzinen; BSGE 106, 110 = SozR 4-2500 § 106 Nr 27, RdNr 46 betr Verordnung von Immunglobulin; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 30 RdNr 44 betr Verordnung von Megastat).

37

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 2 iVm § 162 Abs 3 VwGO. Danach tragen der Kläger und der Beklagte als unterlegene Rechtsmittelführer die Kosten des Revisionsverfahrens je zur Hälfte (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten von Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil diese im Verfahren keine Anträge gestellt haben (vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(1) Die Krankenkasse entrichtet nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung einschließlich der mitversicherten Familienangehörigen.

(2) Die Höhe der Gesamtvergütung wird im Gesamtvertrag vereinbart; die Landesverbände der Krankenkassen treffen die Vereinbarung mit Wirkung für die Krankenkassen der jeweiligen Kassenart. Die Gesamtvergütung ist das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen; sie kann als Festbetrag oder auf der Grundlage des Bewertungsmaßstabes nach Einzelleistungen, nach einer Kopfpauschale, nach einer Fallpauschale oder nach einem System berechnet werden, das sich aus der Verbindung dieser oder weiterer Berechnungsarten ergibt. Die Vereinbarung unterschiedlicher Vergütungen für die Versorgung verschiedener Gruppen von Versicherten ist nicht zulässig. Die Vertragsparteien haben auch eine angemessene Vergütung für nichtärztliche Leistungen im Rahmen sozialpädiatrischer und psychiatrischer Tätigkeit und für eine besonders qualifizierte onkologische Versorgung zu vereinbaren; das Nähere ist jeweils im Bundesmantelvertrag zu vereinbaren. Die Vergütungen der Untersuchungen nach den §§ 22, 25 Abs. 1 und 2, § 26 werden als Pauschalen vereinbart. Beim Zahnersatz sind Vergütungen für die Aufstellung eines Heil- und Kostenplans nicht zulässig. Soweit die Gesamtvergütung auf der Grundlage von Einzelleistungen vereinbart wird, ist der Betrag des Ausgabenvolumens nach Satz 2 zu bestimmen. Ausgaben für Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 und nach § 53 Abs. 4 mit Ausnahme der Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 Satz 6 und Ausgaben auf Grund der Mehrkostenregelung nach § 28 Abs. 2 Satz 3 sind auf das Ausgabenvolumen nach Satz 2 anzurechnen.

(2a) (weggefallen)

(2b) (weggefallen)

(2c) Die Vertragspartner nach § 82 Abs. 1 können vereinbaren, daß für die Gesamtvergütungen getrennte Vergütungsanteile für die an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Arztgruppen zugrunde gelegt werden; sie können auch die Grundlagen für die Bemessung der Vergütungsanteile regeln. § 89 Abs. 1 gilt nicht.

(2d) Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2024 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Punktwerte nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(3) In der vertragszahnärztlichen Versorgung vereinbaren die Vertragsparteien des Gesamtvertrages die Veränderungen der Gesamtvergütungen unter Berücksichtigung der Zahl und Struktur der Versicherten, der Morbiditätsentwicklung, der Kosten- und Versorgungsstruktur, der für die vertragszahnärztliche Tätigkeit aufzuwendenden Arbeitszeit sowie der Art und des Umfangs der zahnärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer Veränderung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsumfangs beruhen. Bei der Vereinbarung der Veränderungen der Gesamtvergütungen ist der Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71) in Bezug auf das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragszahnärztlichen Leistungen ohne Zahnersatz neben den Kriterien nach Satz 1 zu berücksichtigen. Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Die Krankenkassen haben den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen die Zahl ihrer Versicherten vom 1. Juli eines Jahres, die ihren Wohnsitz im Bezirk der jeweiligen Kassenzahnärztlichen Vereinigung haben, gegliedert nach den Altersgruppen des Vordrucks KM 6 der Statistik über die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung bis zum 1. Oktober des Jahres mitzuteilen.

(3a) Die Gesamtvergütungen nach Absatz 3 dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Im Jahr 2024 dürfen die Gesamtvergütungen für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Gesamtvergütungen nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(4) Die Kassenzahnärztliche Vereinigung verteilt die Gesamtvergütungen an die Vertragszahnärzte. Sie wendet dabei in der vertragszahnärztlichen Versorgung den im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen festgesetzten Verteilungsmaßstab an. Bei der Verteilung der Gesamtvergütungen sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragszahnärzte zugrunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zugrunde zu legen. Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden. Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragszahnarztes entsprechend seinem Versorgungsauftrag nach § 95 Absatz 3 Satz 1 vorzusehen. Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Die Vertragsparteien nach § 115 Abs. 1 wirken gemeinsam mit Krankenkassen und zugelassenen Krankenhäusern auf eine leistungsfähige und wirtschaftliche belegärztliche Behandlung der Versicherten hin. Die Krankenhäuser sollen Belegärzten gleicher Fachrichtung die Möglichkeit geben, ihre Patienten gemeinsam zu behandeln (kooperatives Belegarztwesen).

(2) Belegärzte im Sinne dieses Gesetzbuchs sind nicht am Krankenhaus angestellte Vertragsärzte, die berechtigt sind, ihre Patienten (Belegpatienten) im Krankenhaus unter Inanspruchnahme der hierfür bereitgestellten Dienste, Einrichtungen und Mittel vollstationär oder teilstationär zu behandeln, ohne hierfür vom Krankenhaus eine Vergütung zu erhalten.

(3) Die belegärztlichen Leistungen werden aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung vergütet. Die Vergütung hat die Besonderheiten der belegärztlichen Tätigkeit zu berücksichtigen. Hierzu gehören auch leistungsgerechte Entgelte für

1.
den ärztlichen Bereitschaftsdienst für Belegpatienten und
2.
die vom Belegarzt veranlaßten Leistungen nachgeordneter Ärzte des Krankenhauses, die bei der Behandlung seiner Belegpatienten in demselben Fachgebiet wie der Belegarzt tätig werden.

(4) Der Bewertungsausschuss hat in einem Beschluss nach § 87 mit Wirkung zum 1. April 2007 im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen Regelungen zur angemessenen Bewertung der belegärztlichen Leistungen unter Berücksichtigung der Vorgaben nach Absatz 3 Satz 2 und 3 zu treffen.

(5) Abweichend von den Vergütungsregelungen in Absatz 2 bis 4 können Krankenhäuser mit Belegbetten zur Vergütung der belegärztlichen Leistungen mit Belegärzten Honorarverträge schließen.

(6) Für belegärztliche Leistungen gelten die Richtlinien und Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses nach den §§ 136 bis 136b zur Qualitätssicherung im Krankenhaus bis zum Inkrafttreten vergleichbarer Regelungen für die vertragsärztliche oder sektorenübergreifende Qualitätssicherung. Die in der stationären Qualitätssicherung für belegärztliche Leistungen erhobenen Qualitätsdaten werden bei der Auswertung der planungsrelevanten Qualitätsindikatoren nach § 136c Absatz 1 und 2 sowie bei der qualitätsabhängigen Vergütung eines Krankenhauses nach § 5 Absatz 3a des Krankenhausentgeltgesetzes berücksichtigt. Die Folgen, die diese Berücksichtigung im Verhältnis zwischen dem Krankenhaus und dem Belegarzt haben soll, werden zwischen diesen vertraglich vereinbart.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, stationsäquivalent, tagesstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht; sie umfasst auch Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Entscheidung nach § 137c Absatz 1 getroffen hat und die das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre, stationsäquivalente oder tagesstationäre Behandlung durch ein nach § 108 zugelassenes Krankenhaus, wenn die Aufnahme oder die Behandlung im häuslichen Umfeld nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfaßt im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs. 1), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. Die stationsäquivalente Behandlung umfasst eine psychiatrische Behandlung im häuslichen Umfeld durch mobile ärztlich geleitete multiprofessionelle Behandlungsteams; die tagesstationäre Behandlung umfasst einen täglich mindestens sechsstündigen Aufenthalt der Patientinnen und Patienten im Krankenhaus, währenddessen überwiegend ärztliche oder pflegerische Behandlung erbracht wird, ohne Übernachtung im Krankenhaus. Die stationsäquivalente Behandlung und die tagesstationäre Behandlung entsprechen hinsichtlich der Inhalte sowie der Flexibilität und Komplexität der Behandlung einer vollstationären Behandlung. Zur Krankenhausbehandlung gehört auch eine qualifizierte ärztliche Einschätzung des Beatmungsstatus im Laufe der Behandlung und vor der Verlegung oder Entlassung von Beatmungspatienten.

(1a) Die Krankenhausbehandlung umfasst ein Entlassmanagement zur Unterstützung einer sektorenübergreifenden Versorgung der Versicherten beim Übergang in die Versorgung nach Krankenhausbehandlung. § 11 Absatz 4 Satz 4 gilt. Das Krankenhaus kann mit Leistungserbringern nach § 95 Absatz 1 Satz 1 vereinbaren, dass diese Aufgaben des Entlassmanagements wahrnehmen. § 11 des Apothekengesetzes bleibt unberührt. Der Versicherte hat gegenüber der Krankenkasse einen Anspruch auf Unterstützung des Entlassmanagements nach Satz 1; soweit Hilfen durch die Pflegeversicherung in Betracht kommen, kooperieren Kranken- und Pflegekassen miteinander. Das Entlassmanagement umfasst alle Leistungen, die für die Versorgung nach Krankenhausbehandlung erforderlich sind, insbesondere die Leistungen nach den §§ 37b, 38, 39c sowie alle dafür erforderlichen Leistungen nach dem Elften Buch. Das Entlassmanagement umfasst auch die Verordnung einer erforderlichen Anschlussversorgung durch Krankenhausbehandlung in einem anderen Krankenhaus. Soweit dies für die Versorgung des Versicherten unmittelbar nach der Entlassung erforderlich ist, können die Krankenhäuser Leistungen nach § 33a und die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 und 12 genannten Leistungen verordnen und die Arbeitsunfähigkeit feststellen; hierfür gelten die Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung mit der Maßgabe, dass bis zur Verwendung der Arztnummer nach § 293 Absatz 7 Satz 3 Nummer 1 eine im Rahmenvertrag nach Satz 9 erster Halbsatz zu vereinbarende alternative Kennzeichnung zu verwenden ist. Bei der Verordnung von Arzneimitteln können Krankenhäuser eine Packung mit dem kleinsten Packungsgrößenkennzeichen gemäß der Packungsgrößenverordnung verordnen; im Übrigen können die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 genannten Leistungen für die Versorgung in einem Zeitraum von bis zu sieben Tagen verordnet und die Arbeitsunfähigkeit festgestellt werden (§ 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7). Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 7 und 12 die weitere Ausgestaltung des Verordnungsrechts nach Satz 7. Die weiteren Einzelheiten zu den Sätzen 1 bis 8, insbesondere zur Zusammenarbeit der Leistungserbringer mit den Krankenkassen, regeln der Spitzenverband Bund der Krankenkassen auch als Spitzenverband Bund der Pflegekassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses in einem Rahmenvertrag. Wird der Rahmenvertrag ganz oder teilweise beendet und kommt bis zum Ablauf des Vertrages kein neuer Rahmenvertrag zustande, entscheidet das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a. Vor Abschluss des Rahmenvertrages ist der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisation der Apotheker sowie den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Entlassmanagement und eine dazu erforderliche Verarbeitung personenbezogener Daten dürfen nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information des Versicherten erfolgen. Die Information sowie die Einwilligung müssen schriftlich oder elektronisch erfolgen.

(2) Wählen Versicherte ohne zwingenden Grund ein anderes als ein in der ärztlichen Einweisung genanntes Krankenhaus, können ihnen die Mehrkosten ganz oder teilweise auferlegt werden.

(3) Die Landesverbände der Krankenkassen, die Ersatzkassen und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See gemeinsam erstellen unter Mitwirkung der Landeskrankenhausgesellschaft und der Kassenärztlichen Vereinigung ein Verzeichnis der Leistungen und Entgelte für die Krankenhausbehandlung in den zugelassenen Krankenhäusern im Land oder in einer Region und passen es der Entwicklung an (Verzeichnis stationärer Leistungen und Entgelte). Dabei sind die Entgelte so zusammenzustellen, daß sie miteinander verglichen werden können. Die Krankenkassen haben darauf hinzuwirken, daß Vertragsärzte und Versicherte das Verzeichnis bei der Verordnung und Inanspruchnahme von Krankenhausbehandlung beachten.

(4) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, zahlen vom Beginn der vollstationären Krankenhausbehandlung an innerhalb eines Kalenderjahres für längstens 28 Tage den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag je Kalendertag an das Krankenhaus. Die innerhalb des Kalenderjahres bereits an einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung geleistete Zahlung nach § 32 Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches sowie die nach § 40 Abs. 6 Satz 1 geleistete Zahlung sind auf die Zahlung nach Satz 1 anzurechnen.

(5) (weggefallen)

Die Krankenkassen dürfen Krankenhausbehandlung nur durch folgende Krankenhäuser (zugelassene Krankenhäuser) erbringen lassen:

1.
Krankenhäuser, die nach den landesrechtlichen Vorschriften als Hochschulklinik anerkannt sind,
2.
Krankenhäuser, die in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommen sind (Plankrankenhäuser), oder
3.
Krankenhäuser, die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen haben.

(1) Der Versorgungsvertrag nach § 108 Nr. 3 kommt durch Einigung zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemeinsam und dem Krankenhausträger zustande; er bedarf der Schriftform. Bei den Hochschulkliniken gilt die Anerkennung nach den landesrechtlichen Vorschriften, bei den Plankrankenhäusern die Aufnahme in den Krankenhausbedarfsplan nach § 8 Abs. 1 Satz 2 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes als Abschluss des Versorgungsvertrages. Dieser ist für alle Krankenkassen im Inland unmittelbar verbindlich. Die Vertragsparteien nach Satz 1 können im Einvernehmen mit der für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde eine gegenüber dem Krankenhausplan geringere Bettenzahl vereinbaren, soweit die Leistungsstruktur des Krankenhauses nicht verändert wird; die Vereinbarung kann befristet werden. Enthält der Krankenhausplan keine oder keine abschließende Festlegung der Bettenzahl oder der Leistungsstruktur des Krankenhauses, werden diese durch die Vertragsparteien nach Satz 1 im Benehmen mit der für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde ergänzend vereinbart.

(2) Ein Anspruch auf Abschluß eines Versorgungsvertrags nach § 108 Nr. 3 besteht nicht. Bei notwendiger Auswahl zwischen mehreren geeigneten Krankenhäusern, die sich um den Abschluß eines Versorgungsvertrags bewerben, entscheiden die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen und der Vielfalt der Krankenhausträger nach pflichtgemäßem Ermessen, welches Krankenhaus den Erfordernissen einer qualitativ hochwertigen, patienten- und bedarfsgerechten sowie leistungsfähigen und wirtschaftlichen Krankenhausbehandlung am besten gerecht wird.

(3) Ein Versorgungsvertrag nach § 108 Nr. 3 darf nicht abgeschlossen werden, wenn das Krankenhaus

1.
nicht die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche Krankenhausbehandlung bietet,
2.
bei den maßgeblichen planungsrelevanten Qualitätsindikatoren nach § 6 Absatz 1a des Krankenhausfinanzierungsgesetzes auf der Grundlage der vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 136c Absatz 2 übermittelten Maßstäbe und Bewertungskriterien nicht nur vorübergehend eine in einem erheblichen Maß unzureichende Qualität aufweist, die im jeweiligen Landesrecht vorgesehenen Qualitätsanforderungen nicht nur vorübergehend und in einem erheblichen Maß nicht erfüllt, höchstens drei Jahre in Folge Qualitätsabschlägen nach § 5 Absatz 3a des Krankenhausentgeltgesetzes unterliegt oder
3.
für eine bedarfsgerechte Krankenhausbehandlung der Versicherten nicht erforderlich ist.
Abschluß und Ablehnung des Versorgungsvertrags werden mit der Genehmigung durch die zuständigen Landesbehörden wirksam. Verträge, die vor dem 1. Januar 1989 nach § 371 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung abgeschlossen worden sind, gelten bis zu ihrer Kündigung nach § 110 weiter.

(4) Mit einem Versorgungsvertrag nach Absatz 1 wird das Krankenhaus für die Dauer des Vertrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen. Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39) der Versicherten verpflichtet. Die Krankenkassen sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften dieses Gesetzbuchs mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, des Krankenhausentgeltgesetzes und der Bundespflegesatzverordnung zu führen.

(5) Ansprüche der Krankenhäuser auf Vergütung erbrachter Leistungen und Ansprüche der Krankenkassen auf Rückzahlung von geleisteten Vergütungen verjähren in zwei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie entstanden sind. Dies gilt auch für Ansprüche der Krankenkassen auf Rückzahlung von geleisteten Vergütungen, die vor dem 1. Januar 2019 entstanden sind. Satz 1 gilt nicht für Ansprüche der Krankenhäuser auf Vergütung erbrachter Leistungen, die vor dem 1. Januar 2019 entstanden sind. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.

(6) Gegen Forderungen von Krankenhäusern, die aufgrund der Versorgung von ab dem 1. Januar 2020 aufgenommenen Patientinnen und Patienten entstanden sind, können Krankenkassen nicht mit Ansprüchen auf Rückforderung geleisteter Vergütungen aufrechnen. Die Aufrechnung ist abweichend von Satz 1 möglich, wenn die Forderung der Krankenkasse vom Krankenhaus nicht bestritten wird oder rechtskräftig festgestellt wurde. In der Vereinbarung nach § 17c Absatz 2 Satz 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes können abweichende Regelungen vorgesehen werden.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. November 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 8607,08 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung.

2

Die klagende Krankenhausträgerin betreibt ein Plankrankenhaus in O., dessen Versorgungsauftrag im Jahr 2008 ua Betten der Fachrichtungen Chirurgie und Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde (HNO) umfasste, nicht aber der Fachrichtung Neurochirurgie (Bescheid des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit vom 20.12.2005). Sie behandelte die bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte A. (im Folgenden: Versicherte) vollstationär vom 13. bis 23.1.2008 wegen eines Akustikusneurinoms (Diagnose ICD-10-GM <2008> D33.3 Gutartige Neubildung des Gehirns und anderer Teile des Zentralnervensystems - Hirnnerven). Sie entfernte bei der Versicherten weitgehend den Tumor mittels Kraniotomie bei subokzipital-retromastoidalem Zugang linksseitig und berechnete hierfür die Fallpauschale (DRG <2008>) B20B (Kraniotomie oder große Wirbelsäulen-Operation mit komplexer Prozedur, Alter > 15 Jahre, ohne intraoperatives neurophysiologisches Monitoring, mit komplexer Diagnose; insgesamt 8607,08 Euro, Rechnungsdatum 6.2.2008). Die Beklagte lehnte die Begleichung der Rechnung ab, weil der Versorgungsauftrag des Krankenhauses die durchgeführte Operation nicht umfasse. Das SG ist dieser Auffassung gefolgt und hat die daraufhin erhobene Zahlungsklage abgewiesen. Es habe auch kein Notfall vorgelegen. Die Beklagte sei mit ihrer Einwendung nicht deswegen ausgeschlossen, weil sie dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) keinen Prüfauftrag erteilt habe (Urteil vom 12.4.2010). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen: Die Operation mit Zugang über die Schädelkalotte, um auch den Tumorteil im Kleinhirnbrückenwinkel zu erreichen, sei der Neurochirurgie vorbehalten. Den Beweisanträgen der Klägerin habe es nicht entsprechen müssen (Urteil vom 27.11.2012).

3

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 8 Abs 1 S 3 und S 4 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG), des § 275 Abs 1c S 1 und 2 SGB V und des § 103 SGG. Die operative Entfernung eines Akustikusneurinoms gehöre zum Versorgungsauftrag ihres Krankenhauses. Er umfasse nämlich HNO-Betten. Die operative Behandlung eines Hörverlustes sowie eines Tumors am Hörnerv und inneren Gehörgang zähle zum Fachgebiet HNO. Das vom SG eingeholte Gutachten der Sachverständigen sei nicht verwertbar, da sie keine HNO-Fachärztin sei. Hiernach hätte sich das LSG gedrängt fühlen müssen, den gestellten Beweisanträgen zu entsprechen. Im Übrigen sei die Beklagte nach Ablauf der Ausschlussfrist des § 275 Abs 1c S 2 SGB V mit allen potentiellen Einwendungen gegen den fälligen Zahlungsanspruch ausgeschlossen.

4

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. November 2012 und des Sozialgerichts Hannover vom 12. April 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr 8607,08 Euro nebst Zinsen hierauf in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 22. Februar 2008 zu zahlen,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. November 2012 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der klagenden Krankenhausträgerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Das LSG hat zu Recht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Das Urteil des SG ist zutreffend. Die von der Klägerin erhobene (echte) Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG)ist im hier bestehenden Gleichordnungsverhältnis zulässig (vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12), aber unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Krankenhausvergütung. Der Versorgungsauftrag des Plankrankenhauses der Klägerin umfasste nicht die bei der Versicherten durchgeführte Operation (dazu 1.). Das Vorbringen der Beklagten ist nicht nach § 275 Abs 1c S 2 SGB V ausgeschlossen(dazu 2.).

8

1. Der Krankenhausträger eines Plankrankenhauses iS von § 108 Nr 2 SGB V hat gegen KKn Anspruch auf Krankenhausvergütung für die Behandlung Versicherter nach § 109 Abs 4 S 3 SGB V abgesehen von Notfällen nur dann, wenn die Behandlung vom Versorgungsauftrag des Krankenhauses nach § 109 Abs 4 S 2 SGB V umfasst ist(dazu a). Das Krankenhaus der Klägerin erfüllte diese Voraussetzung im Hinblick auf die bei der Versicherten vorgenommene weitgehende Entfernung des Akustikusneurinoms mittels Kraniotomie bei subokzipital-retromastoidalem Zugang nicht (dazu b).

9

a) Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung und damit korrespondierend die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 15; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 27 RdNr 9). Die Versorgung findet "in einem zugelassenen Krankenhaus" statt, wenn sie sich - abgesehen von Notfällen - innerhalb des Versorgungsauftrags hält.

10

aa) Die Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs ist bei DRG-Krankenhäusern - wie jenem der Klägerin - § 109 Abs 4 S 3 SGB V(§ 109 SGB V insgesamt idF durch Art 1 Nr 74 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378) iVm § 7 S 1 Nr 1 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 5 Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG -(idF durch Art 18 Nr 4 GKV-WSG; vgl entsprechend BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 15 f; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15). Das Krankenhaus wird mit einem Versorgungsvertrag nach § 109 Abs 1 SGB V für die Dauer des Vertrags zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen(§ 109 Abs 4 S 1 SGB V). Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet (§ 109 Abs 4 S 2 SGB V). Die KKn sind im Gegenzug verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften des SGB V mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des KHG, des KHEntgG und der Bundespflegesatzverordnung zu führen (§ 109 Abs 4 S 3 SGB V). Denn die Krankenhäuser erfüllen mit der Behandlung die Ansprüche der Versicherten gegen die KKn. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (vgl § 39 Abs 1 S 2 SGB V; BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 109 Nr 37, RdNr 10 mwN).

11

bb) Nach § 108 SGB V dürfen die KKn Krankenhausbehandlungen nur durch zugelassene Krankenhäuser erbringen lassen. Zugelassene Krankenhäuser sind nach der Legaldefinition des § 108 SGB V Hochschulkliniken, die nach den landesrechtlichen Vorschriften als Hochschulkliniken anerkannt sind, zudem Krankenhäuser, die in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommenen sind (Plankrankenhäuser) sowie schließlich Krankenhäuser, die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen haben. Während Hochschulkliniken und Plankrankenhäuser bereits kraft Gesetzes zugelassene Krankenhäuser sind, erlangen sonstige Krankenhäuser diesen Status erst durch den insoweit konstitutiven Abschluss eines Versorgungsvertrags, welcher der Genehmigung durch die für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörden bedarf (vgl BSG Urteil vom 21.2.2006 - B 1 KR 22/05 R - Juris RdNr 12 = USK 2006-14). Die Zulassung des Krankenhauses erfolgt in diesem Sinne mittels Abschlusses oder Fiktion eines Versorgungsvertrags. Dieser hat eine statusbegründende Funktion. Dementsprechend ist etwa die Rückwirkung des wirksamen Abschlusses eines Versorgungsvertrags nach § 108 Nr 3 SGB V ausgeschlossen(vgl BSGE 78, 243, 248 = SozR 3-2500 § 109 Nr 2 S 17 f), ebenso ein Kostenerstattungsanspruch Versicherter für stationäre Behandlung in einem nicht zugelassenen Krankenhaus außerhalb der gesetzlich geregelten Ausnahmefälle (vgl BSG Urteil vom 21.2.2006 - B 1 KR 22/05 R - Juris = USK 2006-14) und erst recht - abgesehen von Notfällen - ein Vergütungsanspruch des Krankenhauses für Behandlungen außerhalb des Geltungsbereichs des erteilten Versorgungsauftrages (stRspr, vgl zB BSG Urteil vom 24.1.2008 - B 3 KR 6/07 R - Juris RdNr 14 ff, 25 = USK 2008-82; BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, RdNr 44 mwN; BSG Urteil vom 14.10.2014 - B 1 KR 33/13 R - Juris RdNr 13, für BSGE und SozR 4-2500 § 137 Nr 5 vorgesehen).

12

Die stationäre Behandlung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in einem Krankenhaus ohne Zulassung für die konkrete Leistungserbringung - bei im Übrigen dem Grunde nach bestehender Zulassung durch Anerkennung als Hochschulklinik nach landesrechtlichen Vorschriften, durch Aufnahme in den Krankenhausplan oder aufgrund eines Versorgungsvertrags - bedeutet im objektiven Sinne einen groben und, wenn dies fortgesetzt erfolgt, einen nachhaltigen Verstoß gegen wesentliche Grundlagen des GKV-Systems. Denn dies entzieht den zugelassenen Leistungserbringern insoweit die Versicherten, setzt die Versicherten durch Behandlung außerhalb des Systems den Risiken unkontrollierter Behandlung aus und droht, das gesetzliche System der Kostentragung auszuhöhlen. Insoweit gilt nichts anderes als bei Krankenhäusern, die überhaupt nicht zur Behandlung der in der GKV Versicherten zugelassen sind und die Versicherten nur in Notfällen behandeln dürfen (vgl BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, RdNr 45 und 47).

13

cc) Unmaßgeblich ist der Versorgungsauftrag für das zugelassene Krankenhaus nur bei Notfallbehandlungen. Es ist zu diesen entsprechend § 76 Abs 1 S 2 SGB V verpflichtet(stRspr, vgl zB BSGE 89, 39, 41 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 25 S 118 f; BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2, RdNr 16; BSG Urteil vom 14.10.2014 - B 1 KR 33/13 R - Juris RdNr 13, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 137 Nr 5 vorgesehen). In allen anderen Fällen ist es nur im Rahmen seines bestehenden Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet und berechtigt. Um einen Notfall geht es vorliegend nach den unangegriffenen, den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)nicht. Ein Notfall iS des § 76 Abs 1 S 2 SGB V liegt nur vor, wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen so dringlich ist, dass es bereits an der Zeit für die Auswahl eines geeigneten Therapeuten und dessen Behandlung - sei es durch dessen Aufsuchen oder Herbeirufen - fehlt(vgl zB BSG Urteil vom 18.7.2006 - B 1 KR 9/05 R = Juris RdNr 18 = USK 2006-79; BSGE 109, 133 = SozR 4-1750 § 68 Nr 1, RdNr 22 mwN). So lag es bei der Behandlung der Versicherten nicht.

14

dd) Das SGB V definiert den Begriff des Versorgungsvertrags mittelbar (Abgrenzung zu BSG Urteile vom 27.11.2014 - B 3 KR 1/13 R - Juris RdNr 13, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 108 Nr 3 vorgesehen; - B 3 KR 3/13 R - Juris RdNr 13; Festhaltung an BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, RdNr 44 mwN; BSG Urteil vom 14.10.2014 - B 1 KR 33/13 R - Juris RdNr 70, für BSGE und SozR 4-2500 § 137 Nr 5 vorgesehen). Bei Plankrankenhäusern nach § 108 Nr 2 SGB V gilt die Aufnahme in den Krankenhausbedarfsplan nach § 8 Abs 1 S 2 KHG(§ 8 KHG insgesamt idF durch Art 18 Nr 1 GKV-WSG vom 26.3.2007) als Abschluss des Versorgungsvertrags (§ 109 Abs 1 S 2 Halbs 2 SGB V). Dementsprechend ergibt sich der Versorgungsauftrag eines Plankrankenhauses aus den Festlegungen des Krankenhausplans in Verbindung mit den Bescheiden zu seiner Durchführung. Ergänzend sind ggf Vereinbarungen nach § 109 Abs 1 S 4 SGB V und § 109 Abs 1 S 5 SGB V einzubeziehen(stRspr, vgl zB BSG Urteil vom 24.1.2008 - B 3 KR 6/07 R - Juris RdNr 14 = USK 2008-82; BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, RdNr 44 mwN; BSG Urteil vom 14.10.2014 - B 1 KR 33/13 R - Juris RdNr 70, für BSGE und SozR 4-2500 § 137 Nr 5 vorgesehen). Danach können die Vertragsparteien nach § 109 Abs 1 S 1 SGB V im Einvernehmen mit der für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde eine gegenüber dem Krankenhausplan geringere Bettenzahl vereinbaren, soweit die Leistungsstruktur des Krankenhauses nicht verändert wird; die Vereinbarung kann befristet werden. Enthält der Krankenhausplan keine oder keine abschließende Festlegung der Bettenzahl oder der Leistungsstruktur des Krankenhauses, werden diese durch die Vertragsparteien nach § 109 Abs 1 S 1 SGB V im Benehmen mit der für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde ergänzend vereinbart(§ 109 Abs 1 S 5 SGB V).

15

b) Das Krankenhaus der Klägerin behandelte die Versicherte, obwohl es hiermit seinen Versorgungsauftrag überschritt. Es war mWv 1.1.2006 ua mit 57 Planbetten der Fachrichtung HNO, aber keinen Betten der Fachrichtung Neurochirurgie in den niedersächsischen Krankenhausplan aufgenommen (Bescheid vom 20.12.2005). Der jährlich fortzuschreibende Krankenhausplan enthält in Niedersachsen die für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Versorgung der Bevölkerung erforderlichen Krankenhäuser, gegliedert ua nach den Fachrichtungen (Gebieten), Planbetten und Funktionseinheiten (§ 3 Abs 3 und 5 idF der Bekanntmachung der Neufassung des Niedersächsischen Gesetzes zum Bundesgesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze - NdsKHG - vom 12.11.1986, GVBl 343). Er wird vom Sozialminister aufgestellt, vom Landesministerium beschlossen und ist im Niedersächsischen Ministerialblatt zu veröffentlichen (§ 3 Abs 1 S 1 und 3 NdsKHG). Die dem Bescheid zugrunde liegende 21. Fortschreibung des Krankenhausplans Niedersachsen für 2006 (Stand 1.1.2006) weist "für jedes Krankenhaus gegliedert nach den Fachrichtungen (Gebieten der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Niedersachsen) Planbetten und Funktionseinheiten" aus und sieht dementsprechend für das Versorgungsgebiet 4 (ehemals Regierungsbezirk Weser-Ems) zur KHNR 404 000 02 für das Krankenhaus der Klägerin ua 57 Betten HNO und keine Betten Neurochirurgie vor. Die Gliederung nach Fachrichtungen beruht auf der Regelung des § 3 Abs 3 NdsKHG. Danach ist der Niedersächsische Krankenhausplan ua nach Fachrichtungen (Gebieten) zu gliedern. Die 23. Fortschreibung des Krankenhausplans Niedersachsen für 2008 (Stand 1.1.2008) hat an diesen Festlegungen nichts geändert.

16

Das LSG hat zur Auslegung dieser landesrechtlichen Bestimmungen in Einklang mit den zitierten bundesrechtlichen Vorgaben des SGB V die Regelungen der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Niedersachsen herangezogen (WBO vom 27.11.2004, in Kraft getreten am 1.5.2005 und 2008 noch in Geltung, in Verbindung mit den dazu ergangenen Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung zur WBO vom 27.11.2004, WBO-RL, in Kraft getreten am 1.5.2005 und 2008 noch in Geltung; vgl ähnlich zB OVG Lüneburg Urteil vom 3.2.2011 - 13 LC 125/08 - Juris RdNr 42 = NZS 2011, 859 RdNr 7). Danach umfasst der Weiterbildungsinhalt für die Erlangung der Facharztkompetenz im Gebiet Neurochirurgie ua den Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in der Erkennung, konservativen, operativen Behandlung, Nachsorge und Rehabilitation von Krankheiten einschließlich Tumoren des Schädels und des Gehirns. Demgegenüber gehört der Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten operativer Eingriffe einschließlich endoskopischer und mikroskopischer Techniken an Ohr, Ohrschädel, Gehörgang, Ohrmuschel einschließlich Felsenbeinpräparation zum Bereich der Erlangung der HNO-Facharztkompetenz.

17

Diese Auslegung der landesrechtlichen Vorschriften über den Krankenhausplan unterliegt nur in den durch § 162 SGG vorgegebenen Grenzen einer revisionsgerichtlichen Kontrolle. Danach kann die Revision nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt. Das ist bei den niedersächsischen Vorschriften über den Krankenhausplan nicht der Fall. Hierzu müsste das allein im Bezirk des LSG geltende niedersächsische Landesrecht bewusst zum Zwecke der Vereinheitlichung übereinstimmend mit dem Krankenhausplanungsrecht anderer Länder erlassen worden sein (vgl dazu zB BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 14; BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 19 mwN). Daran fehlt es. Das niedersächsische Recht des Krankenhausplans inkorporiert nicht etwa bewusst und gewollt ein in den Bundesländern einheitlich geltendes Recht, um Rechtseinheit zu begründen. Es verweist in seinem Krankenhausplan vielmehr nur statisch auf anderes Landesrecht, die niedersächsische WBO. Dass die WBO in anderem Zusammenhang - für die Frage der sachlich-rechnerischen Richtigkeit vertragsärztlicher Abrechnungen - revisionsgerichtlicher Kontrolle unterliegt, ist insoweit für den hier interessierenden Regelungskontext ohne Belang.

18

Soweit der 3. Senat des BSG in seinen Urteilen vom 27.11.2014 (B 3 KR 1/13 R - Juris RdNr 17 ff, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 108 Nr 3 vorgesehen; B 3 KR 3/13 R - Juris RdNr 17 ff) die landesrechtlichen Vorschriften über den Krankenhausplan umfassend überprüft hat, kommt dies nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats - abgesehen vom stets prüfbaren Verstoß gegen Bundesrecht - nur in Betracht, wenn sich die Vorinstanz einer Auslegung enthalten hat (vgl BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 19 mwN). Sollte den genannten Urteilen eine weitergehende Kontrollbefugnis des Revisionsgerichts zu entnehmen sein, hält der erkennende Senat als nunmehr allein für das Leistungserbringungsrecht der Krankenhäuser zuständiger Senat daran nicht fest. Das BSG ist revisionsrechtlich hierzu nicht befugt (vgl auch BSG Beschluss vom 12.7.2013 - B 1 KR 74/12 B - Juris RdNr 7, zu einem Parallelverfahren zu B 3 KR 1/13 R und B 3 KR 3/13 R; nachgehend BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 2.12.2013 - 1 BvR 3105/13 -).

19

Der erkennende Senat darf demgegenüber die Entscheidung über die Aufnahme des Krankenhauses der Klägerin in den Krankenhausbedarfsplan (Bescheid vom 20.12.2005) selbst auslegen, da das LSG diese nicht ausgelegt hat und weitere Feststellungen nicht mehr in Betracht kommen (vgl hierzu BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 12; zu Vertragserklärungen stRspr, siehe zB BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 19 mwN; vgl auch BFHE 205, 96, 110 mwN; für Verwaltungsakte vgl BSG SozR 4-2500 § 133 Nr 6 RdNr 36). Die Auslegung ergibt entsprechend dem schon bisher unstreitigen Vortrag der Beteiligten und dem klaren Wortlaut, dass der Versorgungsauftrag des klägerischen Krankenhauses im Jahr 2008 ua Betten der Fachrichtungen Chirurgie und HNO umfasste, nicht aber Betten einer Abteilung Neurochirurgie.

20

Die weitere Schlussfolgerung des LSG, dass die Operation der Versicherten als neurochirurgische Operation mit subokzipitalem/retromastoidalem Operationszugang nicht dem durch die Fachrichtungen Chirurgie und HNO charakterisierten Versorgungsauftrag der Klägerin unterfiel, lässt keinen Verstoß gegen Bundesrecht erkennen. Das LSG durfte darauf abstellen, dass operative Eingriffe, die ober- und unterhalb des Kleinhirnzeltes (Tentorium cerebelli) intrazerebral vorgenommen werden, um Tumoren zu operieren, und deswegen die Eröffnung der Schädeldecke nebst der harten Hirnhaut (Dura mater) erfordern, dem Fachgebiet der Neurochirurgie zuzuordnen sind, da der spezifische Zugangsweg wegen seiner besonderen Anforderungen neurochirurgische Kompetenz erfordert. Die Behandlung der Versicherten erfolgte auf diesem spezifisch neurochirurgischen Weg.

21

Der Senat ist an diese getroffene Feststellung gebunden, denn die Klägerin hat diesbezüglich keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht (vgl § 163 SGG). Soweit sie mit der Revision rügt, das LSG habe es unter Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) unterlassen, diese nach Zugangswegen erfolgte Differenzierung zu überprüfen, hat sie iS von § 164 Abs 2 S 3 SGG nicht alle Tatsachen bezeichnet, die den Mangel ergeben sollen(vgl § 164 Abs 2 S 3 SGG; näher BSG Urteil vom 11.12.2008 - B 9 VS 1/08 R - Juris RdNr 68 ff, insoweit in BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1 nicht abgedruckt mwN). Die Klägerin trägt nicht - wie erforderlich - Tatsachen vor, aus denen sich schlüssig ergibt, dass sich das LSG von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen (vgl § 164 Abs 2 S 3 SGG; näher zB BSG Urteil vom 11.12.2008 - B 9 VS 1/08 R - Juris RdNr 69, insoweit in BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1 nicht abgedruckt; BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, RdNr 27 f, alle mwN). Notwendig hierfür ist eine Darlegung, die das Revisionsgericht in die Lage versetzt, sich allein anhand der Revisionsbegründung ein Urteil darüber zu bilden, ob die angegriffene Entscheidung auf einem Verfahrensmangel beruhen kann (BSG SozR 1500 § 164 Nr 31 S 49).

22

Hieran fehlt es. Die Klägerin trägt lediglich vor, dass sie in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG beantragt habe, "a) Auskunft des Satzungsgebers der Weiterbildungsordnung, Ärztekammer Niedersachsen …, b) Einholung eines Sachverständigengutachtens eines Facharztes für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, c) Einholung einer ergänzenden Stellungnahme von Frau Dr. R.    , ob die Operation nicht auch durch einen Facharzt für HNO hätte durchgeführt werden können." Sie legt aber weder dar, weshalb das LSG sich von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen noch wieso das LSG vermeintlich den ihm bei der Beweiserhebung und Beweiswürdigung zustehenden Spielraum überschritt. Zu Punkt a) und c) fehlt es hierzu an hinreichenden Ausführungen.

23

Soweit die Klägerin zu Punkt b) die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens beantragt hat, legt sie ihre Rechtsansicht zugrunde und nicht - wie geboten - den sachlich-rechtlichen Standpunkt des LSG. Das LSG hat die Operationsmethode als entscheidendes Kriterium angesehen. Dagegen meint die Klägerin bei ihren Ausführungen, es komme für die Fachgebietszuordnung bloß darauf an, dass es um die Behandlung eines Hörverlustes gehe und der Tumor den Gehörnerv sowie den inneren Gehörgang betreffe. Die Klägerin legt auch nicht schlüssig dar, dass das LSG der Sachverständigen Dr. R., einer Fachärztin für Neurochirurgie, die notwendige ärztliche Kompetenz für die Beurteilung der Fachgebietszugehörigkeit der angewandten Operationsmethode hätte absprechen müssen. Es erschließt sich nicht, dass es verfahrensfehlerhaft sein könnte, maßgeblich auf die Beurteilung einer Neurochirurgin zur Fachgebietszugehörigkeit einer angewandten Tumoroperation mittels Kraniotomie bei subokzipital-retromastoidalem Zugang abzustellen, welche sie als neurochirurgisch qualifiziert.

24

2. Die Klägerin kann aus der Regelung des § 275 Abs 1c S 2 SGB V nichts für sich herleiten. Denn die Beklagte durfte die sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnung nach allgemeinen Grundsätzen überprüfen. Das Überprüfungsrecht der KKn auf sachlich-rechnerische Richtigkeit besteht unabhängig von den engeren Anforderungen einer Auffälligkeitsprüfung. Es entspricht nicht nur den gesetzlichen Vorgaben (§ 301 Abs 1 SGB V), sondern den eigenen Interessen des Krankenhauses, der KK die entsprechenden Sachverhalte vollständig und nachvollziehbar mitzuteilen, die es zu seiner Auslegung der Abrechnungsvorschriften veranlasst haben. Nur so beugt das Krankenhaus einer Irreführung und darauf beruhender täuschungsbedingter ungerechtfertigter Vermögensverfügung der KK vor, ermöglicht der KK die sachlich-rechnerische Richtigkeitskontrolle und schafft damit die für die Zusammenarbeit unerlässliche Vertrauensbasis (vgl zum Ganzen BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 29/13 R - RdNr 16 ff, für BSGE und SozR 4-2500 § 301 Nr 4 vorgesehen; BSG Urteil vom 14.10.2014 - B 1 KR 26/13 R - Juris RdNr 17, für SozR 4-2500 § 301 Nr 3 vorgesehen).

25

Das Überprüfungsrecht der KKn von Krankenhausabrechnungen auf sachlich-rechnerische Richtigkeit unterliegt einem eigenen Prüfregime. Die gesetzliche Regelung der Informationsübermittlung vom Krankenhaus an die KK (vgl § 301 SGB V) korrespondiert mit der Prüfberechtigung der KK. KKn sind jederzeit berechtigt, die sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung von Krankenhausvergütung mit Blick auf eine Leistungsverweigerung oder nicht verjährte Erstattungsforderungen zu überprüfen (§ 301 SGB V). Denn das Krankenhaus hat hierzu zutreffend und vollständig alle Angaben zu machen, deren es zur Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung bedarf (§ 301 Abs 1 SGB V; vgl zB 1. Senat des BSG in BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 13, 21; 3. Senat des BSG in BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 18 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 5 RdNr 14 mwN, stRspr). Hierbei kann es keinerlei Obliegenheit oder gar Pflicht der KK geben, Zweifel an der Erfüllung einer Anspruchsvoraussetzung durch substantiierten Vortrag zu untermauern (vgl BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 28 mwN). Denn nach der Rechtsprechung des Großen Senats des BSG (vgl BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 28 f) obliegt die Entscheidung über den Anspruch des Versicherten auf vollstationäre Krankenhausbehandlung allein der KK und im Streitfall dem Gericht, ohne dass diese an die Einschätzung des Krankenhauses oder seiner Ärzte gebunden sind (vgl BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 31).

26

Andererseits wäre es rechtsmissbräuchlich, wenn KKn flächendeckend ohne irgendeinen Anhaltspunkt jede Krankenhausabrechnung beanstandeten (vgl zur routinemäßigen und pauschalen Weigerung einer KK, Krankenhausrechnungen zu bezahlen, zB BSGE 89, 104, 109 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 2 S 16 f). Dafür liegt hier aber nichts vor. Jedenfalls dann, wenn sich demgegenüber auch nur geringste Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Abrechnung nicht sachlich-rechnerisch richtig ist, und/oder das Krankenhaus seine primären Informationsobliegenheiten und ggf -pflichten über die Abrechnungsgrundlagen nicht erfüllt, trifft das Krankenhaus spätestens auf Anforderung der KK zumindest die Obliegenheit, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere auch die Behandlungsunterlagen an den MDK oder das Gericht herauszugeben, soweit sich aus den Landesverträgen nach § 112 SGB V keine weitergehenden Mitteilungspflichten ergeben.

27

Die Beklagte beachtete die genannten Anforderungen an die Überprüfung von Krankenhausabrechnungen auf sachlich-rechnerische Richtigkeit. Es bestanden aufgrund der Tumorentfernung mittels Kraniotomie bei subokzipital-retromastoidalem Zugang als einer Leistung, die regelmäßig neurochirurgischen Abteilungen zugeordnet ist, mehr als nur geringste Anhaltspunkte für eine sachlich-rechnerische Unrichtigkeit. Ungeachtet dessen führt die nachträglich gesicherte Erkenntnis einer sachlich-rechnerischen Unrichtigkeit bei zunächst fehlenden Anhaltspunkten nicht zur Unverwertbarkeit dieser Erkenntnis. Dies gilt umso mehr in Fällen wie hier. Denn die Klägerin beging eine grobe Pflichtverletzung, indem sie sehenden Auges eine vom Versorgungsauftrag des Krankenhauses nicht umfasste neurochirurgische Operation bei der Versicherten durchführte und abrechnete, ohne zunächst den Sachverhalt offenzulegen.

28

Die Klägerin kann sich demgegenüber nicht auf die Verletzung der Anforderungen an Auffälligkeitsprüfungen, insbesondere des prüfrechtlichen Beschleunigungsgebots berufen, da eine solche Prüfung nicht betroffen war.

29

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

Die Krankenkassen dürfen Krankenhausbehandlung nur durch folgende Krankenhäuser (zugelassene Krankenhäuser) erbringen lassen:

1.
Krankenhäuser, die nach den landesrechtlichen Vorschriften als Hochschulklinik anerkannt sind,
2.
Krankenhäuser, die in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommen sind (Plankrankenhäuser), oder
3.
Krankenhäuser, die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen haben.

(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei der Feststellung einer Überversorgung nicht zu berücksichtigen. Wenn dies der Fall ist, hat der Landesausschuß nach den Vorschriften der Zulassungsverordnungen und unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Darüber hinaus treffen die Landesausschüsse eine Feststellung, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 40 Prozent überschritten ist.

(2) Die Zulassungsbeschränkungen sind räumlich zu begrenzen. Sie können einen oder mehrere Planungsbereiche einer Kassenärztlichen Vereinigung umfassen. Sie sind arztgruppenbezogen unter angemessener Berücksichtigung der Besonderheiten bei den Kassenarten anzuordnen. Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden können ländliche oder strukturschwache Teilgebiete eines Planungsbereichs bestimmen, die auf ihren Antrag für einzelne Arztgruppen oder Fachrichtungen von den Zulassungsbeschränkungen auszunehmen sind; in dem Antrag ist die Anzahl der zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten arztgruppenbezogen festzulegen. Die zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten sind an das nach Satz 4 bestimmte Teilgebiet gebunden. Für die Bestimmung der ländlichen und strukturschwachen Teilgebiete stellt der Landesausschuss im Einvernehmen mit der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörde allgemeingültige Kriterien auf, die den jeweiligen Entscheidungen zugrunde zu legen sind. Der Landesausschuss hat sich dabei an den laufenden Raumbeobachtungen und Raumabgrenzungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zu orientieren oder eine vergleichbare Abgrenzung ländlicher Gebiete durch die für die Landesplanung zuständigen Stellen zugrunde zu legen. Die zusätzlichen Arztsitze sind in den von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemäß § 99 aufzustellenden Bedarfsplänen auszuweisen.

(3) Die Zulassungsbeschränkungen sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind.

(3a) Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach Absatz 4 für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Satz 1 gilt auch bei Verzicht auf die Hälfte oder eines Viertels der Zulassung oder bei Entziehung der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung; Satz 1 gilt nicht, wenn ein Vertragsarzt, dessen Zulassung befristet ist, vor Ablauf der Frist auf seine Zulassung verzichtet. Der Zulassungsausschuss kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; dies gilt nicht, sofern die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4, 5 und 6 bezeichneten Personenkreis angehört oder der sich verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet des Planungsbereichs zu verlegen, in dem nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund einer zu geringen Ärztedichte ein Versorgungsbedarf besteht oder sofern mit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass dieser Nachfolger die vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat, nach dem 23. Juli 2015 erstmals aufgenommen hat. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 6 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb der Praxis mindestens drei Jahre lang angedauert haben muss. Satz 5 gilt nicht, wenn das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Praxisbetrieb vor dem 5. März 2015 begründet wurde. Hat der Landesausschuss eine Feststellung nach Absatz 1 Satz 3 getroffen, soll der Zulassungsausschuss den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Im Fall des Satzes 7 gelten Satz 3 zweiter Halbsatz sowie die Sätze 4 bis 6 entsprechend; Absatz 4 Satz 9 gilt mit der Maßgabe, dass die Nachbesetzung abgelehnt werden soll. Der Zulassungsausschuss beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit ist dem Antrag abweichend von § 96 Absatz 2 Satz 6 zu entsprechen. § 96 Absatz 4 findet keine Anwendung. Ein Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes) findet nicht statt. Klagen gegen einen Beschluss des Zulassungsausschusses, mit dem einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen wird, haben keine aufschiebende Wirkung. Hat der Zulassungsausschuss den Antrag abgelehnt, hat die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes ist auf den Verkehrswert abzustellen, der nach Absatz 4 Satz 8 bei Fortführung der Praxis maßgeblich wäre.

(4) Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, nach Absatz 3a einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die Kassenärztliche Vereinigung den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Satz 1 gilt auch bei hälftigem Verzicht oder bei hälftiger Entziehung der Zulassung oder bei der Festlegung zusätzlicher Zulassungsmöglichkeiten nach Absatz 2 Satz 4. Dem Zulassungsausschuß sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuß den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1.
die berufliche Eignung,
2.
das Approbationsalter,
3.
die Dauer der ärztlichen Tätigkeit,
4.
eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat,
5.
ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist,
6.
ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde,
7.
ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereinigung definiert worden sind, zu erfüllen,
8.
Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung,
9.
bei medizinischen Versorgungszentren die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit einem besonderen Versorgungsangebot.
Die Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 sind zu beachten. Ab dem 1. Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit nach Satz 5 Nummer 3 wird verlängert um Zeiten, in denen die ärztliche Tätigkeit wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung unterbrochen worden ist. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt. Kommt der Zulassungsausschuss in den Fällen des Absatzes 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bei der Auswahlentscheidung nach Satz 4 zu dem Ergebnis, dass ein Bewerber auszuwählen ist, der nicht dem in Absatz 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bezeichneten Personenkreis angehört, kann er die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes mit der Mehrheit seiner Stimmen ablehnen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; Absatz 3a Satz 10, 11, 13 und 14 gilt in diesem Fall entsprechend. Hat sich ein Bewerber nach Satz 5 Nummer 7 bereit erklärt, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen, kann der Zulassungsausschuss die Zulassung unter der Voraussetzung erteilen, dass sich der Bewerber zur Erfüllung dieser Versorgungsbedürfnisse verpflichtet.

(4a) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des medizinischen Versorgungszentrums durch den Arzt zu berücksichtigen. Der Arzt kann in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden medizinischen Versorgungszentrums in einem anderen Planungsbereich liegt. Nach einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem medizinischen Versorgungszentrum, dessen Sitz in einem Planungsbereich liegt, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, erhält ein Arzt unbeschadet der Zulassungsbeschränkungen auf Antrag eine Zulassung in diesem Planungsbereich; dies gilt nicht für Ärzte, die auf Grund einer Nachbesetzung nach Satz 5 oder erst seit dem 1. Januar 2007 in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Medizinischen Versorgungszentren ist die Nachbesetzung einer Arztstelle möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4b) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellter Arzt tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des anstellenden Vertragsarztes durch den anzustellenden Arzt zu berücksichtigen. Im Fall des Satzes 1 kann der angestellte Arzt in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden Vertragsarztes in einem anderen Planungsbereich liegt. Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Nachbesetzung der Stelle eines nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Arztes ist möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4c) Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Absätze 3a, 4 und 5 gelten entsprechend. Absatz 4 gilt mit der Maßgabe, dass bei der Auswahl des Praxisnachfolgers ein medizinisches Versorgungszentrum, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten liegt, die in dem medizinischen Versorgungszentrum als Vertragsärzte tätig sind, gegenüber den übrigen Bewerbern nachrangig zu berücksichtigen ist. Dieser Nachrang gilt nicht für ein medizinisches Versorgungszentrum, das am 31. Dezember 2011 zugelassen war und bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bei den dort tätigen Vertragsärzten lag.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen (Registerstelle) führen für jeden Planungsbereich eine Warteliste. In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, aufgenommen. Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen.

(6) Endet die Zulassung eines Vertragsarztes, der die Praxis bisher mit einem oder mehreren Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, so gelten die Absätze 4 und 5 entsprechend. Die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte sind bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen.

(7) In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, haben Krankenhausträger das Angebot zum Abschluß von Belegarztverträgen auszuschreiben. Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Absatz 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten nicht für Zahnärzte.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. Januar 2010 aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. August 2009 zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Die Klägerin nimmt in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts seit dem 1.4.2006 als medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) in Berlin an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Seit dem 1.4.2007 ist Dr. H. als Facharzt für Neurochirurgie im Status eines angestellten Arztes bei der Klägerin tätig. Diese beantragte am 15.6.2007 für Herrn Dr. H. die Anerkennung als Belegarzt und legte dem Antrag die Bestätigung der H.-Klinik in Berlin über ein Belegbett zur Nutzung für die Behandlung neurochirurgischer Belegpatienten durch Herrn Dr. H. bei.

2

Die beklagte KÄV lehnte den Antrag mit der Begründung ab, nur zugelassene Vertragsärzte könnten als Belegärzte anerkannt werden; die Vorschriften des Bundesmantelvertrags Ärzte (BMV-Ä) sähen weder eine Anerkennung eines angestellten Arztes in einem MVZ als Belegarzt noch die belegärztliche Anerkennung des MVZ vor.

3

Das nach erfolglosem Widerspruchsverfahren von der Klägerin angerufene SG hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin die Genehmigung zur Ausübung einer belegärztlichen Tätigkeit in der H.-Klinik für den bei ihr angestellten Arzt Dr. H. zu erteilen. MVZen könnten grundsätzlich auch belegärztliche Leistungen erbringen, doch bleibe die Belegarztanerkennung personengebunden, da es auf die persönliche Eignung des Arztes ankomme, der die belegärztliche Tätigkeit ausüben solle. Die Voraussetzungen für die Ausübung der belegärztlichen Tätigkeit in der Person des Dr. H. seien sowohl im Hinblick auf seine persönliche Eignung wie auch im Hinblick auf die hinreichende Nähe zwischen dessen Wohnsitz und dem Belegkrankenhaus gegeben (Urteil vom 26.8.2009).

4

Mit ihrer Berufung hat die Beklagte geltend gemacht, das SG habe es verfahrensfehlerhaft unterlassen, die Landesverbände der Krankenkassen beizuladen. Es handele sich insoweit um eine notwendige Beiladung, weil über den Status als Belegarzt zwischen dem potenziellen Belegarzt, der KÄV und den Verbänden der Krankenkassen nur einheitlich entschieden werden könne. Im Übrigen sei der Begriff des Vertragsarztes auch in Anwendung des § 121 Abs 2 SGB V statusbezogen auszulegen; angestellte Ärzte könnten die belegärztliche Tätigkeit nicht ausüben. Die Zulassung von MVZen, die häufig in der Trägerschaft von Krankenhäusern betrieben werden, zur Ausübung der belegärztlichen Tätigkeit sei problematisch und vom SGB V auch nach der Flexibilisierung der neuen Bestimmungen über die vertragsärztliche Tätigkeit durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz nicht gewollt.

5

Das LSG hat auf die Berufung der Beklagten das sozialgerichtliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Es hat offen gelassen, ob einem MVZ eine Belegarztanerkennung erteilt werden kann. Hier stehe dem Anspruch der Klägerin jedenfalls entgegen, dass kein schriftlicher Belegarztvertrag vorgelegt worden sei. Ohne Vorlage eines solchen Vertrages und dessen Prüfung könne nicht entschieden werden, ob Dr. H. nach den maßgeblichen Vorschriften der Bundesmantelverträge als Belegarzt anzuerkennen sei (Urteil vom 27.1.2010).

6

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung der §§ 121, 72 und 81 SGB V iVm § 95 Abs 3 SGB V sowie der §§ 38 bis 41 BMV-Ä und der §§ 31, 32 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä). In verfahrensrechtlicher Hinsicht rügt sie eine Verletzung ihres Anspruchs auf angemessenes rechtliches Gehör.

7

Die Klägerin ist der Auffassung, das LSG hätte die von ihm für entscheidend angesehene Problematik der Vorlage eines Belegarztvertrages nicht erst zwei Tage vor der Sitzung in einer telefonischen Anfrage gegenüber ihrem Bevollmächtigten und sodann in der mündlichen Verhandlung thematisieren dürfen. Im Rechtsstreit sei es von Anfang an allein darum gegangen, ob ein MVZ durch die bei ihm angestellten Ärzte belegärztlich tätig werden könne. Wenn das Berufungsgericht diese Frage für nicht entscheidungserheblich gehalten, sondern sich vorrangig der Frage zugewandt habe, ob die Anerkennung als Belegarzt die Vorlage eines Belegarztvertrages mit dem Krankenhausträger voraussetze, hätte dazu ein Hinweis gegeben werden müssen. Sie - die Klägerin - hätte Gelegenheit erhalten müssen, zu dieser bisher auch von der Beklagten nicht erhobenen Forderung schriftsätzlich Stellung zu nehmen, und vor allem zu entscheiden, ob sie den entsprechenden Vertrag in schriftlicher Form vorlegen wolle.

8

In der Sache hält die Klägerin die Forderung des Berufungsgerichts nach Vorlage des Belegarztvertrages für nicht berechtigt. Dafür gebe es weder in den Bestimmungen des SGB V noch in den einschlägigen Vorschriften der Bundesmantelverträge eine rechtliche Grundlage. Die ursprünglich umstrittene Rechtsfrage, ob einem MVZ zugunsten eines bestimmten Arztes eine Belegarztanerkennung erteilt werden dürfe, sei zu bejahen. Die Auffassung der Beklagten, nur Vertragsärzte dürften belegärztlich tätig werden, stehe mit der Verweisungsvorschrift des § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V, der zufolge die Regelungen für die Vertragsärzte grundsätzlich auch für die MVZen gelten, in Widerspruch. Im Übrigen laufe die Auffassung der Beklagten darauf hinaus, dass in MVZen tätige Vertragsärzte belegärztlich arbeiten dürften, die im Angestelltenverhältnis tätigen Ärzte jedoch nicht. Für diese Ungleichbehandlung bestehe kein vor dem Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG beachtlicher Grund.

9

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27.1.2010 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26.8.2009 zurückzuweisen.

10

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Sie stimmt der Darstellung der Klägerin zu, dass diese nach dem Ablauf der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 27.1.2010 nicht damit hätte rechnen müssen, dass sie im Berufungsverfahren allein wegen der Nichtvorlage des Belegarztvertrags unterliegen würde. Im Übrigen bleibe sie - die Beklagte - bei ihrer Auffassung, dass MVZen nicht belegärztlich tätig werden könnten.

Entscheidungsgründe

12

Der Senat entscheidet über die Revision in der sich aus § 12 Abs 3 Satz 2 SGG ergebenden Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte. Der Rechtsstreit betrifft eine Angelegenheit der Vertragsärzte und nicht eine solche des Vertragsarztrechts. Über die Anerkennung als Belegarzt entscheidet nach § 40 Abs 2 BMV-Ä bzw § 33 Abs 2 EKV-Ä die KÄV, also eine im Rechtssinne nur aus Ärzten bestehende Einrichtung. Seit dem Urteil des Senats vom 14.5.1992 (BSGE 70, 285 = SozR 3-2500 § 122 Nr 3) ist geklärt, dass sich an der aus der verwaltungsmäßigen Zuständigkeit der KÄV folgenden Zuordnung zu den Angelegenheiten der Vertragsärzte iS des § 12 Abs 3 Satz 2 SGG nichts dadurch ändert, dass die KÄV im Einvernehmen mit den Verbänden der Krankenkassen zu entscheiden hat. Soweit im Senatsurteil vom 15.5.1991 (6 RKa 11/90), das eine Belegarztanerkennung zum Gegenstand hat, dazu eine andere Auffassung vertreten worden ist, ist diese seit dem Senatsurteil vom 14.5.1992 überholt (vgl Wenner, NZS 1999, 172, 175 mit Fn 25). Da in diesem Urteil offenbar versehentlich das Urteil vom 15.5.1991 nicht bei den explizit aufgegebenen Entscheidungen aufgeführt worden ist, stellt der Senat ausdrücklich klar, dass die Grundsätze zur Besetzung der Richterbank aus dem Urteil vom 14.5.1992 auch für Streitverfahren gelten, in denen über die Anerkennung als Belegarzt gestritten wird.

13

Die Revision der Klägerin hat Erfolg.

14

1. Allerdings ist das Berufungsurteil nicht bereits wegen eines Verfahrensfehlers aufzuheben. Soweit die Klägerin zunächst zutreffend gerügt hat, das LSG hätte ihr vor einer Entscheidung zu ihren Lasten Gelegenheit geben müssen, zur Notwendigkeit der Vorlage eines schriftlichen Belegarztvertrages Stellung zu nehmen bzw einen solchen vorzulegen, ist dem im Revisionsverfahren Rechnung getragen worden. Die Klägerin hat den Vertrag zwischen ihr, der H.-Klinik und Dr. H. am 21.3.2011 vorgelegt. Die Beklagte hat ausdrücklich erklärt, nach Kenntnisnahme von diesem Vertrag keine Bedenken gegen die persönliche oder fachliche Eignung des Dr. H. zur Ausübung belegärztlicher Tätigkeiten geltend zu machen, abgesehen davon, dass sie dabei bleibe, allein der Status dieses Arztes als Angestellter im MVZ stehe einer Ausübung der belegärztlichen Tätigkeit entgegen.

15

2. Einer Entscheidung des Senats in der Sache selbst (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG) durch Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückweisung der Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des SG steht nicht entgegen, dass es das LSG unterlassen hat, die Verbände der Krankenkassen beizuladen.

16

Die Beiladung der Krankenkassenverbände war hier allerdings iS des § 75 Abs 2 1. Alt SGG notwendig, weil die Genehmigung zur Ausübung der belegärztlichen Tätigkeit (auch) ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Die Entscheidung der KÄV über die Belegarztanerkennung ergeht nach § 40 Abs 2 BMV-Ä bzw § 32 Abs 2 EKV-Ä im Einvernehmen mit den Verbänden der Krankenkassen und dem VdEK; die typische Folge einer derartigen Entscheidungsstruktur ist die notwendige Beiladung der Institutionen, deren Einvernehmen erforderlich ist (BSG vom 31.8.1983 SozR 1500 § 75 Nr 49; vgl auch Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 75 RdNr 10 h, sowie BSG vom 9.5.1990 - 6 BKa 58/89). Entsprechend waren die Verbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen in den Verfahren beigeladen, die in der Vergangenheit beim BSG und den LSGen Bayern und Hessen zur Anerkennung als Belegarzt anhängig waren (6 RKa 11/90 - BSG; L 4 KA 17/08 - Hessisches LSG; L 12 KA 268/04 - Bayerisches LSG). Die Wendung im Urteil des 3. Senats des BSG vom 5.7.2000 (BSGE 87, 14, 17 = SozR 3-2500 § 40 Nr 3), aus der Verpflichtung der Krankenkassenverbände, nach § 111 Abs 4 Satz 3 SGB V beim Abschluss von Versorgungsverträgen das Einvernehmen mit der zuständigen Landesbehörde herzustellen, ergebe sich keine Notwendigkeit einer Beiladung dieser Behörde, führt in der hier zu beurteilenden Konstellation nicht zu einer anderen Beurteilung. Die Krankenkassenverbände und der VdEK sind am Verfahren zur Anerkennung als Belegarzt weitergehend beteiligt, wie sich schon aus § 40 Abs 3 und Abs 6 BMV-Ä bzw § 32 Abs 3 und Abs 6 EKV-Ä ergibt. Danach sind die Erklärungen des Krankenhauses den Landesverbänden und dem VdEK zuzuleiten, und diese können den Widerruf der Anerkennung als Belegarzt bei der KÄV beantragen.

17

Die mit der Beiladung der Krankenkassenverbände verbundene Rechtsmittelbefugnis beim Vorliegen einer Beschwer ist das prozessuale Gegenstück zum Erfordernis des Einvernehmens iS des § 40 Abs 2 Satz 1 BMV-Ä bzw § 32 Abs 2 Satz 1 EKV-Ä. Die Kassenverbände können eine Anerkennung durch die KÄV im Verwaltungsverfahren verhindern, indem sie das Einvernehmen nicht erklären. Im Rechtsstreit ersetzt dann zwar ein für den Arzt positives Urteil das fehlende Einverständnis der Kassenverbände (vgl etwa Becker in Becker/Kingreen, SGB V, 2. Aufl 2010, § 121 RdNr 10 unter Hinweis auf den Rechtsanspruch des Arztes), doch können diese als notwendig Beigeladene die Richtigkeit eines solchen Urteils im Rechtsmittelzug überprüfen lassen. Soweit das LSG angenommen hat, auf eine Beiladung könne jedenfalls verzichtet werden, wenn die Klage des Arztes bzw des MVZ abgewiesen wird, folgt der Senat dem nicht. Die Notwendigkeit einer Beiladung iS des § 75 Abs 2 1. Alt SGG richtet sich nach dem Streitgegenstand und der Beteiligung der (potenziell) beizuladenden Personen und Institutionen, und nicht nach der Einschätzung des Gerichts über Erfolg oder Misserfolg der Klage.

18

Obwohl eine unterlassene notwendige Beiladung im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten ist und grundsätzlich zur Zurückverweisung des Rechtsstreits führt, soweit die Beiladung nicht nach § 168 Satz 2 SGG nachgeholt wird, ist hier ausnahmsweise eine Sachentscheidung des Senats möglich. Eine solche Ausnahme von der Pflicht zur Zurückverweisung wegen einer unterlassenen notwendigen Beiladung kommt nach der Rechtsprechung des BSG in Betracht, wenn die Beizuladenden weder materiell noch verfahrensrechtlich benachteiligt werden (BSGE 96, 190 = SozR 4-4300 § 421g Nr 1, jeweils RdNr 20). Zwar ist diese Rechtsprechung hier nicht unmittelbar anwendbar, weil die Krankenkassenverbände gegen die Zurückweisung der Berufung der Beklagten Rechtsmittel hätten einlegen können, wenn sie beigeladen worden wären. Der zitierten Rechtsprechung des BSG liegt jedoch der verallgemeinerungsfähige Gedanke zu Grunde, dass in ganz besonders gelagerten Konstellationen vor allem aus prozessökonomischen Gründen von einer Zurückverweisung allein zur Nachholung einer Beiladung abgesehen werden kann, wenn aus Rechtsgründen das Ergebnis des Rechtsstreits in der Sache feststeht. Das ist hier der Fall, weil den Krankenkassenverbänden im Beteiligungsverfahren nach § 40 Abs 3 Satz 2 BMV-Ä bzw § 32 Abs 3 Satz 2 EKV-Ä von der Beklagten mitgeteilt worden ist, dass fachliche und planungsrechtliche Bedenken gegen eine belegärztliche Tätigkeit des Dr. H. nicht bestehen, und sie dem - soweit ersichtlich - nicht widersprochen haben. Da nunmehr die im gesamten Verfahrensverlauf allein streitige Frage in dem Sinne geklärt wird, dass grundsätzlich auch ein MVZ belegärztliche Leistungen erbringen kann, sind die Belange der Krankenkassenverbände nicht beeinträchtigt, soweit die Beklagte in Ausführung des sozialgerichtlichen Urteils dem Antrag der Klägerin stattzugeben hat. Aus prozessökonomischen Gründen kann in einem solchen Fall im Revisionsverfahren ausnahmsweise auf die Beiladung verzichtet werden.

19

3. Die Entscheidung über das Begehren der Klägerin auf Genehmigung der belegärztlichen Tätigkeit durch den bei ihr angestellten Arzt Dr. H. hängt nach Ausräumung der Kontroverse über die Notwendigkeit der Vorlage des schriftlichen Belegarztvertrages allein davon ab, ob einem MVZ generell gestattet werden kann, durch einen angestellten Arzt belegärztlich tätig zu werden. Diese vom Berufungsgericht offengelassene Frage bejaht der Senat.

20

Die Anerkennung als Belegarzt iS von § 121 Abs 2 SGB V ist personenbezogen; einem bestimmten, namentlich benannten und hinsichtlich seiner Qualifikation identifizierbaren Arzt wird die Berechtigung erteilt, neben ambulanten vertragsärztlichen Leistungen auch stationäre Leistungen zu erbringen und zu Lasten der vertragsärztlichen Gesamtvergütung abzurechnen. Deshalb ist es ausgeschlossen, einem MVZ ohne Bezug auf einen konkreten Arzt die Genehmigung zur Ausübung der belegärztlichen Tätigkeit zu erteilen. Auf der anderen Seite bieten die Öffnung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung auch für MVZen in § 95 Abs 1 Satz 2 SGB V und die Verweisung auf die für Vertragsärzte geltenden Regelung in § 95 Abs 3 Satz 2 SGB V keine hinreichende Grundlage für die Auffassung der Beklagten, wonach MVZen - anders als Vertragsärzte - generell nicht belegärztlich tätig sein könnten. Zu Recht hat deshalb das SG in Übereinstimmung mit dem SG Marburg (Urteil vom 30.1.2008 - S 12 KA 1082/06) und - in der Berufungsinstanz - dem Hessischen LSG (Urteil vom 24.6.2009 - L 4 KA 17/08) angenommen, dass einem MVZ bezogen auf einen dort tätigen Arzt die Genehmigung erteilt werden kann, dass dieser Arzt belegärztliche Leistungen erbringt, die dann allerdings (nur) von seinem MVZ abgerechnet werden können. Anders kann der (mögliche) Widerspruch zwischen der Bindung der belegärztlichen Tätigkeit an den vertragsärztlichen Status und die grundsätzliche Geltung aller Vorschriften für Vertragsärzte auch für MVZen (§ 72 Abs 1 Satz 2 SGB V) nicht aufgelöst werden. Hätte der Gesetzgeber - wie es der Auffassung der Beklagten entspricht - an der Bindung der belegärztlichen Tätigkeit an den Zulassungsstatus eines Vertragsarztes festhalten wollen, hätte dies im Zusammenhang mit den Vorschriften über das MVZ ausdrücklich bestimmt werden müssen. Ob dies mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar wäre, bedarf keiner Entscheidung, weil eine derartige explizite Regelung nicht ergangen ist und sich die von der Beklagten angenommene Rechtsfolge auch nicht zwingend aus dem Regelungszusammenhang der §§ 95, 121 SGB V ergibt.

21

Der Senat lässt offen, ob die Auffassung der Beklagten zutrifft, dass bei der Tätigkeit von Vertragsärzten in einem MVZ nur diesen und nicht (auch) dem MVZ selbst die Anerkennung als Belegarzt zu erteilen ist. Dr. H. ist nicht zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen, sondern mit Genehmigung des Zulassungsausschusses als angestellter Arzt im klägerischen MVZ tätig. Gegen die Auffassung der Beklagten spricht, dass dann, wenn allein der im MVZ tätige Vertragsarzt und nicht das MVZ selbst im formellen Sinne belegärztliche Leistungen erbringt, diese Leistungen wohl nicht unter der Abrechnungsnummer des MVZ abgerechnet werden könnten. Das hätte zur Folge, dass die ambulanten Leistungen eines im MVZ tätigen Vertragsarztes über das MVZ und die stationären Leistungen über eine eigene Abrechnungsnummer erfasst würden. Ein solches Nebeneinander liefe auf eine Differenzierung hinaus, die im Gesetz zumindest typischerweise nicht angelegt ist. Es könnten sich auch Friktionen zur Rechtsprechung des Senats ergeben, wonach bei der Anwendung von Honorarbegrenzungsregelungen die Vergütung aus belegärztlicher Tätigkeit mit zu berücksichtigen ist (BSG SozR 3-2500 § 121 Nr 4). Jedenfalls ist es ausgeschlossen, einem als Vertragsarzt in einem MVZ tätigen Arzt eine Belegarztanerkennung ohne Mitwirkung des MVZ zu erteilen. Solange ein Vertragsarzt in einem MVZ tätig wird, kann er auch eine Erweiterung seines Leistungsspektrums wie etwa die Berechtigung zur Ausübung der belegärztlichen Tätigkeit nicht ohne oder gegen sein MVZ erreichen.

22

Soweit die Beklagte annimmt, MVZen, in denen Vertragsärzte tätig seien, könne zugunsten dieser Vertragsärzte die belegärztliche Tätigkeit genehmigt werden, während das in einem MVZ, in dem nur angestellte Ärzte tätig sind, nicht möglich sei, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. In einem MVZ können sowohl Vertragsärzte wie angestellte Ärzte tätig werden (§ 95 Abs 1 Satz 2 SGB V), und es leuchtet nicht ein, weshalb dieser Status im Unterschied zum Zulassungsstatus des MVZ darüber entscheiden soll, ob die im MVZ tatsächlich arbeitenden Ärzte belegärztlich tätig werden können oder nicht.

23

Der personenbezogene Charakter der Belegarztanerkennung auch bei angestellten Ärzten in einem MVZ kommt insbesondere dadurch zum Ausdruck, dass die rechtliche Vorgabe, wonach die Ausübung der belegärztlichen Tätigkeit nicht den Schwerpunkt der vertragsärztlichen Tätigkeit bilden darf (§ 39 Abs 2 Satz 1 BMV-Ä bzw § 31 Abs 2 Satz 1 EKV-Ä), sinngemäß sowohl auf das MVZ wie auf jeden Arzt zu beziehen ist, der belegärztlich tätig werden will. Insoweit folgt der Senat nicht der Auffassung des Hessischen LSG (Urteil vom 24.6.2009 - L 4 KA 17/08, juris RdNr 29), wonach für die Konkretisierung der Vorgabe des § 39 Abs 2 Satz 1 BMV-Ä hinsichtlich des Überwiegens der ambulanten Tätigkeit nur auf den Zulassungsstatus des MVZ abzustellen sei. Danach könnte das MVZ einen Arzt anstellen, der ausschließlich stationäre Leistungen erbringt, wenn nur im Gesamtspektrum des MVZ die ambulante Tätigkeit der stationären Tätigkeit quantitativ überlegen ist. Das ist nicht möglich. Die in § 121 SGB V angelegte begrenzte Öffnung der stationären Versorgung für Vertragsärzte darf nicht zur Folge haben, dass faktisch ausschließlich im stationären Bereich tätige Ärzte formell vertragsärztlich tätig sind. Die belegärztliche Tätigkeit muss für den einzelnen Arzt, der sie ausübt, ein Annex zu seiner schwerpunktmäßig ambulanten Tätigkeit sein. Dafür ist unerheblich, ob ein Vertragsarzt seine eigene Praxis führt, ob ein Arzt als Vertragsarzt in einem MVZ tätig ist oder ob er als angestellter Arzt in einem MVZ arbeitet. Nur auf diese Weise kann die von § 121 Abs 1 SGB V intendierte effektive Verzahnung von ambulanter und stationärer Behandlung durch einen Arzt gegenüber demselben Patienten umgesetzt werden.

24

In der Person des Dr. H. sind die Voraussetzungen des § 39 Abs 2 Satz 1 BMV-Ä bzw § 31 Abs 2 Satz 1 EKV-Ä erfüllt, weil diesem nach dem Belegarztvertrag in der H.-Klinik nur ein Belegbett für seine neurochirurgische Tätigkeit zur Verfügung steht. Das schließt aus, dass die stationäre Tätigkeit in Zukunft den Schwerpunkt der Beteiligung dieses Arztes an der vertragsärztlichen Tätigkeit des klagenden MVZ bildet. Auf der anderen Seite ergeben sich aus dem Umstand, dass Dr. H. nur ein Belegbett zur Verfügung steht, keine Bedenken gegen seine Eignung zur Ausübung der belegärztliche Tätigkeit. Allerdings hat der Senat in Zusammenhang mit der Sonderzulassung zur Ausübung der belegärztlichen Tätigkeit nach § 103 Abs 7 SGB V mehrfach entschieden, dass die Zulassungsgremien eine sehr geringe Zahl von Belegbetten als Indiz werten dürfen, dass eine belegärztliche Tätigkeit nicht ernstlich gewollt ist(BSGE 88, 6, 15 = SozR 3-2500 § 103 Nr 6 S 48; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 5 RdNr 38 bis 41). Dieser Aspekt spielt im Rahmen des Anerkennungsverfahrens nach §§ 39, 40 BMV-Ä bzw §§ 31, 32 EKV-Ä keine Rolle. Abgesehen davon, dass im Rahmen von Sonderzulassungen nach § 103 Abs 7 SGB V die Vorgaben der Krankenhausplanung beachtet werden und deshalb auch eine (vermeintlich) geringe Zahl ausgewiesener Betten in einer Belegabteilung hingenommen werden müssen(SozR 4-2500 § 103 Nr 5 RdNr 41), liegt der erwähnten Rechtsprechung die Erwägung zu Grunde, das Unterlaufen von Zulassungsbeschränkungen durch pro-forma-Belegarzttätigkeiten zu verhindern. Belegarztanerkennungen nach §§ 39, 40 BMV-Ä bzw §§ 31, 32 EKV-Ä gegenüber bereits im jeweiligen Planungsbereich zugelassenen Ärzten und MVZen beeinflussen den Versorgungsgrad in diesem Planungsbereich jedoch nicht.

25

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO. Die Beklagte hat als unterliegender Beteiligter die Kosten auch für das Berufungs- und Revisionsverfahren zu tragen.

(1) Die Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen sind für alle Benutzer des Krankenhauses einheitlich zu berechnen; § 17 Abs. 5 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes bleibt unberührt. Bei Patienten, die im Rahmen einer klinischen Studie behandelt werden, sind die Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen nach § 7 zu berechnen; dies gilt auch bei klinischen Studien mit Arzneimitteln. Die Entgelte dürfen nur im Rahmen des Versorgungsauftrags berechnet werden; dies gilt nicht für die Behandlung von Notfallpatienten. Der Versorgungsauftrag des Krankenhauses ergibt sich

1.
bei einem Plankrankenhaus aus den Festlegungen des Krankenhausplans in Verbindung mit den Bescheiden zu seiner Durchführung nach § 6 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Satz 3 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes sowie einer ergänzenden Vereinbarung nach § 109 Abs. 1 Satz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch,
2.
bei einer Hochschulklinik aus der Anerkennung nach den landesrechtlichen Vorschriften, dem Krankenhausplan nach § 6 Abs. 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes sowie einer ergänzenden Vereinbarung nach § 109 Abs. 1 Satz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch,
3.
bei anderen Krankenhäusern aus dem Versorgungsvertrag nach § 108 Nr. 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch.

(2) Fallpauschalen werden für die Behandlungsfälle berechnet, die in dem Fallpauschalen-Katalog nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bestimmt sind. Für die Patienten von Belegärzten werden gesonderte Fallpauschalen berechnet. Zusätzlich zu einer Fallpauschale dürfen berechnet werden:

1.
Zusatzentgelte nach dem Katalog nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder nach § 6 Abs. 1 bis 2a, insbesondere für die Behandlung von Blutern mit Blutgerinnungsfaktoren sowie für eine Dialyse, wenn die Behandlung des Nierenversagens nicht die Hauptleistung ist,
2.
Zu- und Abschläge nach § 17b Absatz 1a des Krankenhausfinanzierungsgesetzes und nach diesem Gesetz,
3.
eine nachstationäre Behandlung nach § 115a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, soweit die Summe aus den stationären Belegungstagen und den vor- und nachstationären Behandlungstagen die Grenzverweildauer der Fallpauschale übersteigt; eine vorstationäre Behandlung ist neben der Fallpauschale nicht gesondert berechenbar; dies gilt auch für eine entsprechende Behandlung von Privatpatienten als allgemeine Krankenhausleistung,
4.
Zuschläge nach den §§ 139c, 91 Abs. 2 Satz 6 und § 377 Absatz 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch,
5.
tagesbezogene Pflegeentgelte nach § 6a je voll- oder teilstationären Belegungstag.

(3) Hat nach dem Ergebnis einer Prüfung nach § 275c Absatz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch eine vollstationäre Behandlungsbedürftigkeit nicht vorgelegen, sind die vom Krankenhaus erbrachten Leistungen nach den für vorstationäre Behandlungen nach § 115a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch getroffenen Vereinbarungen zu vergüten, soweit keine andere Möglichkeit zur Abrechnung der erbrachten Leistung besteht.

(4) Hält das Krankenhaus seine Verpflichtungen zur Qualitätssicherung nicht ein, sind von den Fallpauschalen und Zusatzentgelten Abschläge nach § 137 Absatz 1 oder Absatz 2 oder nach § 137i Absatz 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vorzunehmen. Entgelte dürfen für eine Leistung nicht berechnet werden, wenn ein Krankenhaus die Vorgaben für Mindestmengen nach § 136b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch nicht erfüllt, soweit kein Ausnahmetatbestand nach § 136b Absatz 5a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch geltend gemacht werden kann oder keine berechtigte mengenmäßige Erwartung nach § 136b Absatz 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch nachgewiesen wird. Ferner dürfen Entgelte für Leistungen nicht berechnet werden, wenn die Prüfung nach § 275d des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ergibt, dass die für die Leistungserbringung maßgeblichen Strukturmerkmale nicht erfüllt werden.

(5) Werden Patientinnen oder Patienten, für die eine Fallpauschale abrechenbar ist, wegen einer Komplikation im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung innerhalb der oberen Grenzverweildauer wieder aufgenommen, hat das Krankenhaus eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale vorzunehmen. Näheres oder Abweichendes regeln die Vertragsparteien nach § 17b Abs. 2 Satz 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes oder eine Rechtsverordnung nach § 17b Abs. 7 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes. In anderen als den vertraglich oder gesetzlich bestimmten Fällen ist eine Fallzusammenführung insbesondere aus Gründen des Wirtschaftlichkeitsgebots nicht zulässig.

(6) Werden die mit einer Fallpauschale vergüteten Leistungen ohne Verlegung des Patienten durch mehrere Krankenhäuser erbracht, wird die Fallpauschale durch das Krankenhaus berechnet, das den Patienten stationär aufgenommen hat.

(7) Das Krankenhaus kann eine angemessene Vorauszahlung verlangen, wenn und soweit ein Krankenversicherungsschutz nicht nachgewiesen wird. Ab dem achten Tag des Krankenhausaufenthalts kann das Krankenhaus eine angemessene Abschlagszahlung verlangen, deren Höhe sich an den bisher erbrachten Leistungen in Verbindung mit der Höhe der voraussichtlich zu zahlenden Entgelte zu orientieren hat. Die Sätze 1 bis 2 gelten nicht, soweit andere Regelungen über eine zeitnahe Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen in für das Krankenhaus verbindlichen Regelungen nach den §§ 112 bis 114 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder in der Vereinbarung nach § 11 Abs. 1 getroffen werden.

(8) Das Krankenhaus hat dem selbstzahlenden Patienten oder seinem gesetzlichen Vertreter die für ihn voraussichtlich maßgebenden Entgelte so bald wie möglich schriftlich oder in Textform bekannt zu geben, es sei denn, der Patient ist in vollem Umfang für Krankenhausbehandlung versichert. Im Übrigen kann jeder Patient verlangen, dass ihm unverbindlich die voraussichtlich abzurechnende Fallpauschale und deren Höhe sowie voraussichtlich zu zahlende, ergänzende Entgelte mitgeteilt werden. Stehen bei der Aufnahme eines selbstzahlenden Patienten die Entgelte noch nicht endgültig fest, ist hierauf hinzuweisen. Dabei ist mitzuteilen, dass das zu zahlende Entgelt sich erhöht, wenn das neue Entgelt während der stationären Behandlung des Patienten in Kraft tritt. Die voraussichtliche Erhöhung ist anzugeben.

(9) Die Rechnungen des Krankenhauses für selbstzahlende Patientinnen oder selbstzahlende Patienten sind in einer verständlichen und nachvollziehbaren Form zu gestalten. Dabei sind die Fallpauschalen und Zusatzentgelte mit der Nummerierung und den vollständigen Texten aus dem jeweils anzuwendenden Entgeltkatalog, den maßgeblichen Diagnose- und Prozedurenschlüsseln sowie bei Fallpauschalen den effektiven Bewertungsrelationen und dem Landesbasisfallwert auszuweisen. Zu den Diagnose- und Prozedurenschlüsseln sind außerdem die entsprechenden Textfassungen anzugeben. Weitere Entgelte sowie Zu- oder Abschläge sind mit kurzen verständlichen Texten zu bezeichnen. Die Zuschläge nach § 7 Abs. 1 Satz 3 werden in der Rechnung zusammengefasst und gemeinsam als „Systemzuschlag“ ausgewiesen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft gibt zur Gestaltung der Rechnung eine entsprechende Empfehlung im Benehmen mit dem Verband der privaten Krankenversicherung ab. Das Verfahren nach § 301 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt.

(10) Zur Förderung der pflegerischen Versorgung ist bei Patientinnen oder Patienten, die zur vollstationären Behandlung in das Krankenhaus aufgenommen werden, für Aufnahmen ab dem 1. Januar 2017 ein Pflegezuschlag abzurechnen und gesondert in der Rechnung auszuweisen. Die Höhe des Pflegezuschlags ist zu ermitteln, indem die jährliche Fördersumme für das Krankenhaus durch die vollstationäre Fallzahl geteilt wird, die für den Vereinbarungszeitraum des Erlösbudgets und der Erlössumme vereinbart oder festgesetzt wurde. Die jährliche Fördersumme für das Krankenhaus ist von den Vertragsparteien nach § 11 zu ermitteln, indem der Anteil der Personalkosten des Krankenhauses für das Pflegepersonal an den Personalkosten für das Pflegepersonal aller Krankenhäuser im Anwendungsbereich dieses Gesetzes errechnet wird und dieser krankenhausindividuelle Anteil auf die jährlich bundesweit zur Verfügung stehende Fördersumme von 500 Millionen Euro bezogen wird. Grundlage für die Personalkosten für das Pflegepersonal aller Krankenhäuser nach Satz 3 sind jeweils die vom Statistischen Bundesamt in der Fachserie 12 Reihe 6.1 ausgewiesenen Vollzeitstellen in der Pflege mit und ohne direktem Beschäftigungsverhältnis mit dem Krankenhaus. Von diesen Vollzeitstellen sind die ausgewiesenen Vollzeitstellen in Einrichtungen der Psychiatrie und der Psychosomatik sowie in Krankenhäusern ohne Versorgungsvertrag abzuziehen. Die nach den Sätzen 4 und 5 ermittelte Zahl der Vollzeitstellen ist zu multiplizieren mit den in der Fachserie 12 Reihe 6.3 ausgewiesenen bundesdurchschnittlichen Kosten pro Pflegekraft jeweils für das Jahr, das zwei Jahre vor dem Jahr liegt, in dem der Pflegezuschlag für das Folgejahr zu vereinbaren ist. Grundlage für die Personalkosten für Pflegepersonal des einzelnen Krankenhauses sind die Vollzeitstellen in der Pflege mit und ohne direktem Beschäftigungsverhältnis mit dem Krankenhaus, die für dasselbe Jahr vom Krankenhaus an das Statistische Landesamt übermittelt wurden und die Eingang in die Statistik gefunden haben. Von diesen Vollzeitstellen sind die ausgewiesenen Vollzeitstellen in seinen Fachabteilungen der Psychiatrie und der Psychosomatik abzuziehen. Die nach den Sätzen 7 und 8 ermittelte Zahl der Vollzeitstellen ist zu multiplizieren mit den in der Fachserie 12 Reihe 6.3 ausgewiesenen durchschnittlichen Kosten pro Pflegekraft im jeweiligen Land. § 5 Absatz 4 Satz 5, § 11 Absatz 4 Satz 3 und 4 sowie § 15 Absatz 2 gelten entsprechend. Der Pflegezuschlag ist bei Patientinnen oder Patienten abzurechnen, die vor dem 1. Januar 2020 zur vollstationären Behandlung in das Krankenhaus aufgenommen werden.

(11) Das Krankenhaus berechnet bei Patientinnen und Patienten, die im Zeitraum vom 1. Mai 2020 bis zum 31. Dezember 2020 zur voll- oder teilstationären Krankenhausbehandlung in das Krankenhaus aufgenommen werden, einen Zuschlag in Höhe von 0,42 Prozent des Rechnungsbetrags und weist diesen gesondert in der Rechnung aus. Der Zuschlag wird bei der Ermittlung der Erlösausgleiche nicht berücksichtigt.

(1) Belegärzte im Sinne dieses Gesetzes sind nicht am Krankenhaus angestellte Vertragsärzte, die berechtigt sind, ihre Patienten (Belegpatienten) im Krankenhaus unter Inanspruchnahme der hierfür bereitgestellten Dienste, Einrichtungen und Mittel stationär oder teilstationär zu behandeln, ohne hierfür vom Krankenhaus eine Vergütung zu erhalten. Leistungen des Belegarztes sind

1.
seine persönlichen Leistungen,
2.
der ärztliche Bereitschaftsdienst für Belegpatienten,
3.
die von ihm veranlassten Leistungen nachgeordneter Ärzte des Krankenhauses, die bei der Behandlung seiner Belegpatienten in demselben Fachgebiet wie der Belegarzt tätig werden,
4.
die von ihm veranlassten Leistungen von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses.

(2) Für Belegpatienten werden gesonderte pauschalierte Pflegesätze nach § 17 Absatz 1a des Krankenhausfinanzierungsgesetzes vereinbart, für das Entgeltsystem nach § 17d des Krankenhausfinanzierungsgesetzes frühestens für das Jahr 2017. Soweit für Belegpatientinnen und -patienten gesonderte Entgelte nach Satz 1 nicht oder noch nicht vereinbart wurden, werden gesonderte sonstige Entgelte nach § 6 oder nach § 6 der Bundespflegesatzverordnung vereinbart.

(3) Krankenhäuser mit Belegbetten, die nach § 121 Abs. 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zur Vergütung der belegärztlichen Leistungen mit Belegärzten Honorarverträge schließen, rechnen für die von Belegärzten mit Honorarverträgen behandelten Belegpatientinnen und -patienten die mit Bewertungsrelationen bewerteten Entgelte für Hauptabteilungen in Höhe von 80 Prozent ab. Bei diesen Krankenhäusern ist bei der Vereinbarung sonstiger Entgelte nach § 6 oder nach § 6 der Bundespflegesatzverordnung die Vergütung des Belegarztes einzubeziehen.

(1) Die Vertragsparteien nach § 115 Abs. 1 wirken gemeinsam mit Krankenkassen und zugelassenen Krankenhäusern auf eine leistungsfähige und wirtschaftliche belegärztliche Behandlung der Versicherten hin. Die Krankenhäuser sollen Belegärzten gleicher Fachrichtung die Möglichkeit geben, ihre Patienten gemeinsam zu behandeln (kooperatives Belegarztwesen).

(2) Belegärzte im Sinne dieses Gesetzbuchs sind nicht am Krankenhaus angestellte Vertragsärzte, die berechtigt sind, ihre Patienten (Belegpatienten) im Krankenhaus unter Inanspruchnahme der hierfür bereitgestellten Dienste, Einrichtungen und Mittel vollstationär oder teilstationär zu behandeln, ohne hierfür vom Krankenhaus eine Vergütung zu erhalten.

(3) Die belegärztlichen Leistungen werden aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung vergütet. Die Vergütung hat die Besonderheiten der belegärztlichen Tätigkeit zu berücksichtigen. Hierzu gehören auch leistungsgerechte Entgelte für

1.
den ärztlichen Bereitschaftsdienst für Belegpatienten und
2.
die vom Belegarzt veranlaßten Leistungen nachgeordneter Ärzte des Krankenhauses, die bei der Behandlung seiner Belegpatienten in demselben Fachgebiet wie der Belegarzt tätig werden.

(4) Der Bewertungsausschuss hat in einem Beschluss nach § 87 mit Wirkung zum 1. April 2007 im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen Regelungen zur angemessenen Bewertung der belegärztlichen Leistungen unter Berücksichtigung der Vorgaben nach Absatz 3 Satz 2 und 3 zu treffen.

(5) Abweichend von den Vergütungsregelungen in Absatz 2 bis 4 können Krankenhäuser mit Belegbetten zur Vergütung der belegärztlichen Leistungen mit Belegärzten Honorarverträge schließen.

(6) Für belegärztliche Leistungen gelten die Richtlinien und Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses nach den §§ 136 bis 136b zur Qualitätssicherung im Krankenhaus bis zum Inkrafttreten vergleichbarer Regelungen für die vertragsärztliche oder sektorenübergreifende Qualitätssicherung. Die in der stationären Qualitätssicherung für belegärztliche Leistungen erhobenen Qualitätsdaten werden bei der Auswertung der planungsrelevanten Qualitätsindikatoren nach § 136c Absatz 1 und 2 sowie bei der qualitätsabhängigen Vergütung eines Krankenhauses nach § 5 Absatz 3a des Krankenhausentgeltgesetzes berücksichtigt. Die Folgen, die diese Berücksichtigung im Verhältnis zwischen dem Krankenhaus und dem Belegarzt haben soll, werden zwischen diesen vertraglich vereinbart.

(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei der Feststellung einer Überversorgung nicht zu berücksichtigen. Wenn dies der Fall ist, hat der Landesausschuß nach den Vorschriften der Zulassungsverordnungen und unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Darüber hinaus treffen die Landesausschüsse eine Feststellung, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 40 Prozent überschritten ist.

(2) Die Zulassungsbeschränkungen sind räumlich zu begrenzen. Sie können einen oder mehrere Planungsbereiche einer Kassenärztlichen Vereinigung umfassen. Sie sind arztgruppenbezogen unter angemessener Berücksichtigung der Besonderheiten bei den Kassenarten anzuordnen. Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden können ländliche oder strukturschwache Teilgebiete eines Planungsbereichs bestimmen, die auf ihren Antrag für einzelne Arztgruppen oder Fachrichtungen von den Zulassungsbeschränkungen auszunehmen sind; in dem Antrag ist die Anzahl der zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten arztgruppenbezogen festzulegen. Die zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten sind an das nach Satz 4 bestimmte Teilgebiet gebunden. Für die Bestimmung der ländlichen und strukturschwachen Teilgebiete stellt der Landesausschuss im Einvernehmen mit der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörde allgemeingültige Kriterien auf, die den jeweiligen Entscheidungen zugrunde zu legen sind. Der Landesausschuss hat sich dabei an den laufenden Raumbeobachtungen und Raumabgrenzungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zu orientieren oder eine vergleichbare Abgrenzung ländlicher Gebiete durch die für die Landesplanung zuständigen Stellen zugrunde zu legen. Die zusätzlichen Arztsitze sind in den von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemäß § 99 aufzustellenden Bedarfsplänen auszuweisen.

(3) Die Zulassungsbeschränkungen sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind.

(3a) Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach Absatz 4 für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Satz 1 gilt auch bei Verzicht auf die Hälfte oder eines Viertels der Zulassung oder bei Entziehung der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung; Satz 1 gilt nicht, wenn ein Vertragsarzt, dessen Zulassung befristet ist, vor Ablauf der Frist auf seine Zulassung verzichtet. Der Zulassungsausschuss kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; dies gilt nicht, sofern die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4, 5 und 6 bezeichneten Personenkreis angehört oder der sich verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet des Planungsbereichs zu verlegen, in dem nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund einer zu geringen Ärztedichte ein Versorgungsbedarf besteht oder sofern mit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass dieser Nachfolger die vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat, nach dem 23. Juli 2015 erstmals aufgenommen hat. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 6 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb der Praxis mindestens drei Jahre lang angedauert haben muss. Satz 5 gilt nicht, wenn das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Praxisbetrieb vor dem 5. März 2015 begründet wurde. Hat der Landesausschuss eine Feststellung nach Absatz 1 Satz 3 getroffen, soll der Zulassungsausschuss den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Im Fall des Satzes 7 gelten Satz 3 zweiter Halbsatz sowie die Sätze 4 bis 6 entsprechend; Absatz 4 Satz 9 gilt mit der Maßgabe, dass die Nachbesetzung abgelehnt werden soll. Der Zulassungsausschuss beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit ist dem Antrag abweichend von § 96 Absatz 2 Satz 6 zu entsprechen. § 96 Absatz 4 findet keine Anwendung. Ein Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes) findet nicht statt. Klagen gegen einen Beschluss des Zulassungsausschusses, mit dem einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen wird, haben keine aufschiebende Wirkung. Hat der Zulassungsausschuss den Antrag abgelehnt, hat die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes ist auf den Verkehrswert abzustellen, der nach Absatz 4 Satz 8 bei Fortführung der Praxis maßgeblich wäre.

(4) Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, nach Absatz 3a einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die Kassenärztliche Vereinigung den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Satz 1 gilt auch bei hälftigem Verzicht oder bei hälftiger Entziehung der Zulassung oder bei der Festlegung zusätzlicher Zulassungsmöglichkeiten nach Absatz 2 Satz 4. Dem Zulassungsausschuß sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuß den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1.
die berufliche Eignung,
2.
das Approbationsalter,
3.
die Dauer der ärztlichen Tätigkeit,
4.
eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat,
5.
ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist,
6.
ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde,
7.
ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereinigung definiert worden sind, zu erfüllen,
8.
Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung,
9.
bei medizinischen Versorgungszentren die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit einem besonderen Versorgungsangebot.
Die Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 sind zu beachten. Ab dem 1. Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit nach Satz 5 Nummer 3 wird verlängert um Zeiten, in denen die ärztliche Tätigkeit wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung unterbrochen worden ist. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt. Kommt der Zulassungsausschuss in den Fällen des Absatzes 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bei der Auswahlentscheidung nach Satz 4 zu dem Ergebnis, dass ein Bewerber auszuwählen ist, der nicht dem in Absatz 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bezeichneten Personenkreis angehört, kann er die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes mit der Mehrheit seiner Stimmen ablehnen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; Absatz 3a Satz 10, 11, 13 und 14 gilt in diesem Fall entsprechend. Hat sich ein Bewerber nach Satz 5 Nummer 7 bereit erklärt, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen, kann der Zulassungsausschuss die Zulassung unter der Voraussetzung erteilen, dass sich der Bewerber zur Erfüllung dieser Versorgungsbedürfnisse verpflichtet.

(4a) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des medizinischen Versorgungszentrums durch den Arzt zu berücksichtigen. Der Arzt kann in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden medizinischen Versorgungszentrums in einem anderen Planungsbereich liegt. Nach einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem medizinischen Versorgungszentrum, dessen Sitz in einem Planungsbereich liegt, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, erhält ein Arzt unbeschadet der Zulassungsbeschränkungen auf Antrag eine Zulassung in diesem Planungsbereich; dies gilt nicht für Ärzte, die auf Grund einer Nachbesetzung nach Satz 5 oder erst seit dem 1. Januar 2007 in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Medizinischen Versorgungszentren ist die Nachbesetzung einer Arztstelle möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4b) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellter Arzt tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des anstellenden Vertragsarztes durch den anzustellenden Arzt zu berücksichtigen. Im Fall des Satzes 1 kann der angestellte Arzt in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden Vertragsarztes in einem anderen Planungsbereich liegt. Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Nachbesetzung der Stelle eines nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Arztes ist möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4c) Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Absätze 3a, 4 und 5 gelten entsprechend. Absatz 4 gilt mit der Maßgabe, dass bei der Auswahl des Praxisnachfolgers ein medizinisches Versorgungszentrum, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten liegt, die in dem medizinischen Versorgungszentrum als Vertragsärzte tätig sind, gegenüber den übrigen Bewerbern nachrangig zu berücksichtigen ist. Dieser Nachrang gilt nicht für ein medizinisches Versorgungszentrum, das am 31. Dezember 2011 zugelassen war und bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bei den dort tätigen Vertragsärzten lag.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen (Registerstelle) führen für jeden Planungsbereich eine Warteliste. In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, aufgenommen. Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen.

(6) Endet die Zulassung eines Vertragsarztes, der die Praxis bisher mit einem oder mehreren Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, so gelten die Absätze 4 und 5 entsprechend. Die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte sind bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen.

(7) In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, haben Krankenhausträger das Angebot zum Abschluß von Belegarztverträgen auszuschreiben. Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Absatz 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten nicht für Zahnärzte.

(1) Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, stationsäquivalent, tagesstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht; sie umfasst auch Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Entscheidung nach § 137c Absatz 1 getroffen hat und die das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre, stationsäquivalente oder tagesstationäre Behandlung durch ein nach § 108 zugelassenes Krankenhaus, wenn die Aufnahme oder die Behandlung im häuslichen Umfeld nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfaßt im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs. 1), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. Die stationsäquivalente Behandlung umfasst eine psychiatrische Behandlung im häuslichen Umfeld durch mobile ärztlich geleitete multiprofessionelle Behandlungsteams; die tagesstationäre Behandlung umfasst einen täglich mindestens sechsstündigen Aufenthalt der Patientinnen und Patienten im Krankenhaus, währenddessen überwiegend ärztliche oder pflegerische Behandlung erbracht wird, ohne Übernachtung im Krankenhaus. Die stationsäquivalente Behandlung und die tagesstationäre Behandlung entsprechen hinsichtlich der Inhalte sowie der Flexibilität und Komplexität der Behandlung einer vollstationären Behandlung. Zur Krankenhausbehandlung gehört auch eine qualifizierte ärztliche Einschätzung des Beatmungsstatus im Laufe der Behandlung und vor der Verlegung oder Entlassung von Beatmungspatienten.

(1a) Die Krankenhausbehandlung umfasst ein Entlassmanagement zur Unterstützung einer sektorenübergreifenden Versorgung der Versicherten beim Übergang in die Versorgung nach Krankenhausbehandlung. § 11 Absatz 4 Satz 4 gilt. Das Krankenhaus kann mit Leistungserbringern nach § 95 Absatz 1 Satz 1 vereinbaren, dass diese Aufgaben des Entlassmanagements wahrnehmen. § 11 des Apothekengesetzes bleibt unberührt. Der Versicherte hat gegenüber der Krankenkasse einen Anspruch auf Unterstützung des Entlassmanagements nach Satz 1; soweit Hilfen durch die Pflegeversicherung in Betracht kommen, kooperieren Kranken- und Pflegekassen miteinander. Das Entlassmanagement umfasst alle Leistungen, die für die Versorgung nach Krankenhausbehandlung erforderlich sind, insbesondere die Leistungen nach den §§ 37b, 38, 39c sowie alle dafür erforderlichen Leistungen nach dem Elften Buch. Das Entlassmanagement umfasst auch die Verordnung einer erforderlichen Anschlussversorgung durch Krankenhausbehandlung in einem anderen Krankenhaus. Soweit dies für die Versorgung des Versicherten unmittelbar nach der Entlassung erforderlich ist, können die Krankenhäuser Leistungen nach § 33a und die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 und 12 genannten Leistungen verordnen und die Arbeitsunfähigkeit feststellen; hierfür gelten die Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung mit der Maßgabe, dass bis zur Verwendung der Arztnummer nach § 293 Absatz 7 Satz 3 Nummer 1 eine im Rahmenvertrag nach Satz 9 erster Halbsatz zu vereinbarende alternative Kennzeichnung zu verwenden ist. Bei der Verordnung von Arzneimitteln können Krankenhäuser eine Packung mit dem kleinsten Packungsgrößenkennzeichen gemäß der Packungsgrößenverordnung verordnen; im Übrigen können die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 genannten Leistungen für die Versorgung in einem Zeitraum von bis zu sieben Tagen verordnet und die Arbeitsunfähigkeit festgestellt werden (§ 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7). Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 7 und 12 die weitere Ausgestaltung des Verordnungsrechts nach Satz 7. Die weiteren Einzelheiten zu den Sätzen 1 bis 8, insbesondere zur Zusammenarbeit der Leistungserbringer mit den Krankenkassen, regeln der Spitzenverband Bund der Krankenkassen auch als Spitzenverband Bund der Pflegekassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses in einem Rahmenvertrag. Wird der Rahmenvertrag ganz oder teilweise beendet und kommt bis zum Ablauf des Vertrages kein neuer Rahmenvertrag zustande, entscheidet das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a. Vor Abschluss des Rahmenvertrages ist der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisation der Apotheker sowie den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Entlassmanagement und eine dazu erforderliche Verarbeitung personenbezogener Daten dürfen nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information des Versicherten erfolgen. Die Information sowie die Einwilligung müssen schriftlich oder elektronisch erfolgen.

(2) Wählen Versicherte ohne zwingenden Grund ein anderes als ein in der ärztlichen Einweisung genanntes Krankenhaus, können ihnen die Mehrkosten ganz oder teilweise auferlegt werden.

(3) Die Landesverbände der Krankenkassen, die Ersatzkassen und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See gemeinsam erstellen unter Mitwirkung der Landeskrankenhausgesellschaft und der Kassenärztlichen Vereinigung ein Verzeichnis der Leistungen und Entgelte für die Krankenhausbehandlung in den zugelassenen Krankenhäusern im Land oder in einer Region und passen es der Entwicklung an (Verzeichnis stationärer Leistungen und Entgelte). Dabei sind die Entgelte so zusammenzustellen, daß sie miteinander verglichen werden können. Die Krankenkassen haben darauf hinzuwirken, daß Vertragsärzte und Versicherte das Verzeichnis bei der Verordnung und Inanspruchnahme von Krankenhausbehandlung beachten.

(4) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, zahlen vom Beginn der vollstationären Krankenhausbehandlung an innerhalb eines Kalenderjahres für längstens 28 Tage den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag je Kalendertag an das Krankenhaus. Die innerhalb des Kalenderjahres bereits an einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung geleistete Zahlung nach § 32 Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches sowie die nach § 40 Abs. 6 Satz 1 geleistete Zahlung sind auf die Zahlung nach Satz 1 anzurechnen.

(5) (weggefallen)

(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei der Feststellung einer Überversorgung nicht zu berücksichtigen. Wenn dies der Fall ist, hat der Landesausschuß nach den Vorschriften der Zulassungsverordnungen und unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Darüber hinaus treffen die Landesausschüsse eine Feststellung, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 40 Prozent überschritten ist.

(2) Die Zulassungsbeschränkungen sind räumlich zu begrenzen. Sie können einen oder mehrere Planungsbereiche einer Kassenärztlichen Vereinigung umfassen. Sie sind arztgruppenbezogen unter angemessener Berücksichtigung der Besonderheiten bei den Kassenarten anzuordnen. Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden können ländliche oder strukturschwache Teilgebiete eines Planungsbereichs bestimmen, die auf ihren Antrag für einzelne Arztgruppen oder Fachrichtungen von den Zulassungsbeschränkungen auszunehmen sind; in dem Antrag ist die Anzahl der zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten arztgruppenbezogen festzulegen. Die zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten sind an das nach Satz 4 bestimmte Teilgebiet gebunden. Für die Bestimmung der ländlichen und strukturschwachen Teilgebiete stellt der Landesausschuss im Einvernehmen mit der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörde allgemeingültige Kriterien auf, die den jeweiligen Entscheidungen zugrunde zu legen sind. Der Landesausschuss hat sich dabei an den laufenden Raumbeobachtungen und Raumabgrenzungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zu orientieren oder eine vergleichbare Abgrenzung ländlicher Gebiete durch die für die Landesplanung zuständigen Stellen zugrunde zu legen. Die zusätzlichen Arztsitze sind in den von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemäß § 99 aufzustellenden Bedarfsplänen auszuweisen.

(3) Die Zulassungsbeschränkungen sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind.

(3a) Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach Absatz 4 für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Satz 1 gilt auch bei Verzicht auf die Hälfte oder eines Viertels der Zulassung oder bei Entziehung der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung; Satz 1 gilt nicht, wenn ein Vertragsarzt, dessen Zulassung befristet ist, vor Ablauf der Frist auf seine Zulassung verzichtet. Der Zulassungsausschuss kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; dies gilt nicht, sofern die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4, 5 und 6 bezeichneten Personenkreis angehört oder der sich verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet des Planungsbereichs zu verlegen, in dem nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund einer zu geringen Ärztedichte ein Versorgungsbedarf besteht oder sofern mit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass dieser Nachfolger die vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat, nach dem 23. Juli 2015 erstmals aufgenommen hat. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 6 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb der Praxis mindestens drei Jahre lang angedauert haben muss. Satz 5 gilt nicht, wenn das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Praxisbetrieb vor dem 5. März 2015 begründet wurde. Hat der Landesausschuss eine Feststellung nach Absatz 1 Satz 3 getroffen, soll der Zulassungsausschuss den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Im Fall des Satzes 7 gelten Satz 3 zweiter Halbsatz sowie die Sätze 4 bis 6 entsprechend; Absatz 4 Satz 9 gilt mit der Maßgabe, dass die Nachbesetzung abgelehnt werden soll. Der Zulassungsausschuss beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit ist dem Antrag abweichend von § 96 Absatz 2 Satz 6 zu entsprechen. § 96 Absatz 4 findet keine Anwendung. Ein Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes) findet nicht statt. Klagen gegen einen Beschluss des Zulassungsausschusses, mit dem einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen wird, haben keine aufschiebende Wirkung. Hat der Zulassungsausschuss den Antrag abgelehnt, hat die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes ist auf den Verkehrswert abzustellen, der nach Absatz 4 Satz 8 bei Fortführung der Praxis maßgeblich wäre.

(4) Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, nach Absatz 3a einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die Kassenärztliche Vereinigung den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Satz 1 gilt auch bei hälftigem Verzicht oder bei hälftiger Entziehung der Zulassung oder bei der Festlegung zusätzlicher Zulassungsmöglichkeiten nach Absatz 2 Satz 4. Dem Zulassungsausschuß sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuß den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1.
die berufliche Eignung,
2.
das Approbationsalter,
3.
die Dauer der ärztlichen Tätigkeit,
4.
eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat,
5.
ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist,
6.
ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde,
7.
ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereinigung definiert worden sind, zu erfüllen,
8.
Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung,
9.
bei medizinischen Versorgungszentren die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit einem besonderen Versorgungsangebot.
Die Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 sind zu beachten. Ab dem 1. Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit nach Satz 5 Nummer 3 wird verlängert um Zeiten, in denen die ärztliche Tätigkeit wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung unterbrochen worden ist. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt. Kommt der Zulassungsausschuss in den Fällen des Absatzes 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bei der Auswahlentscheidung nach Satz 4 zu dem Ergebnis, dass ein Bewerber auszuwählen ist, der nicht dem in Absatz 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bezeichneten Personenkreis angehört, kann er die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes mit der Mehrheit seiner Stimmen ablehnen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; Absatz 3a Satz 10, 11, 13 und 14 gilt in diesem Fall entsprechend. Hat sich ein Bewerber nach Satz 5 Nummer 7 bereit erklärt, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen, kann der Zulassungsausschuss die Zulassung unter der Voraussetzung erteilen, dass sich der Bewerber zur Erfüllung dieser Versorgungsbedürfnisse verpflichtet.

(4a) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des medizinischen Versorgungszentrums durch den Arzt zu berücksichtigen. Der Arzt kann in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden medizinischen Versorgungszentrums in einem anderen Planungsbereich liegt. Nach einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem medizinischen Versorgungszentrum, dessen Sitz in einem Planungsbereich liegt, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, erhält ein Arzt unbeschadet der Zulassungsbeschränkungen auf Antrag eine Zulassung in diesem Planungsbereich; dies gilt nicht für Ärzte, die auf Grund einer Nachbesetzung nach Satz 5 oder erst seit dem 1. Januar 2007 in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Medizinischen Versorgungszentren ist die Nachbesetzung einer Arztstelle möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4b) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellter Arzt tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des anstellenden Vertragsarztes durch den anzustellenden Arzt zu berücksichtigen. Im Fall des Satzes 1 kann der angestellte Arzt in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden Vertragsarztes in einem anderen Planungsbereich liegt. Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Nachbesetzung der Stelle eines nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Arztes ist möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4c) Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Absätze 3a, 4 und 5 gelten entsprechend. Absatz 4 gilt mit der Maßgabe, dass bei der Auswahl des Praxisnachfolgers ein medizinisches Versorgungszentrum, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten liegt, die in dem medizinischen Versorgungszentrum als Vertragsärzte tätig sind, gegenüber den übrigen Bewerbern nachrangig zu berücksichtigen ist. Dieser Nachrang gilt nicht für ein medizinisches Versorgungszentrum, das am 31. Dezember 2011 zugelassen war und bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bei den dort tätigen Vertragsärzten lag.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen (Registerstelle) führen für jeden Planungsbereich eine Warteliste. In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, aufgenommen. Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen.

(6) Endet die Zulassung eines Vertragsarztes, der die Praxis bisher mit einem oder mehreren Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, so gelten die Absätze 4 und 5 entsprechend. Die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte sind bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen.

(7) In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, haben Krankenhausträger das Angebot zum Abschluß von Belegarztverträgen auszuschreiben. Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Absatz 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten nicht für Zahnärzte.

(1) An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen teil. Medizinische Versorgungszentren sind ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister nach Absatz 2 Satz 3 eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Der ärztliche Leiter muss in dem medizinischen Versorgungszentrum selbst als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt tätig sein; er ist in medizinischen Fragen weisungsfrei. Sind in einem medizinischen Versorgungszentrum Angehörige unterschiedlicher Berufsgruppen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, tätig, ist auch eine kooperative Leitung möglich. Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt oder den Ort der Niederlassung als medizinisches Versorgungszentrum (Vertragsarztsitz).

(1a) Medizinische Versorgungszentren können von zugelassenen Ärzten, von zugelassenen Krankenhäusern, von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3, von anerkannten Praxisnetzen nach § 87b Absatz 2 Satz 3, von gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, oder von Kommunen gegründet werden. Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 sind jedoch nur zur Gründung fachbezogener medizinischer Versorgungszentren berechtigt; ein Fachbezug besteht auch für die mit Dialyseleistungen zusammenhängenden ärztlichen Leistungen im Rahmen einer umfassenden Versorgung der Dialysepatienten. Die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums ist nur in der Rechtsform der Personengesellschaft, der eingetragenen Genossenschaft oder der Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder in einer öffentlich rechtlichen Rechtsform möglich. Die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die am 1. Januar 2012 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von der Trägerschaft und der Rechtsform des medizinischen Versorgungszentrums unverändert fort; die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 gegründet wurden und am 10. Mai 2019 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von ihrem Versorgungsangebot unverändert fort. Für die Gründung von medizinischen Versorgungszentren durch Kommunen findet § 105 Absatz 5 Satz 1 bis 4 keine Anwendung.

(1b) Ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum kann von einem Krankenhaus nur gegründet werden, soweit der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in dem Planungsbereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, in dem die Gründung des zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentrums beabsichtigt ist, 10 Prozent nicht überschreitet. In Planungsbereichen, in denen der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um bis zu 50 Prozent unterschritten ist, umfasst die Gründungsbefugnis des Krankenhauses für zahnärztliche medizinische Versorgungszentren mindestens fünf Vertragszahnarztsitze oder Anstellungen. Abweichend von Satz 1 kann ein Krankenhaus ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum unter den folgenden Voraussetzungen gründen:

1.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 50 Prozent unterschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 20 Prozent nicht überschreitet,
2.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 10 Prozent überschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 5 Prozent nicht überschreitet.
Der Zulassungsausschuss ermittelt den jeweils geltenden Versorgungsanteil auf Grundlage des allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades und des Standes der vertragszahnärztlichen Versorgung. Hierzu haben die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen umfassende und vergleichbare Übersichten zum allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad und zum Stand der vertragszahnärztlichen Versorgung am 31. Dezember eines jeden Jahres zu erstellen. Die Übersichten sind bis zum 30. Juni des jeweils folgenden Jahres zu erstellen und in geeigneter Weise in den amtlichen Mitteilungsblättern der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen zu veröffentlichen. Die Sätze 1 bis 6 gelten auch für die Erweiterung bestehender zahnärztlicher medizinischer Versorgungszentren eines Krankenhauses.

(2) Um die Zulassung als Vertragsarzt kann sich jeder Arzt bewerben, der seine Eintragung in ein Arzt- oder Zahnarztregister (Arztregister) nachweist. Die Arztregister werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen für jeden Zulassungsbezirk geführt. Die Eintragung in ein Arztregister erfolgt auf Antrag

1.
nach Erfüllung der Voraussetzungen nach § 95a für Vertragsärzte und nach § 95c für Psychotherapeuten,
2.
nach Ableistung einer zweijährigen Vorbereitungszeit für Vertragszahnärzte.
Das Nähere regeln die Zulassungsverordnungen. Um die Zulassung kann sich ein medizinisches Versorgungszentrum bewerben, dessen Ärzte in das Arztregister nach Satz 3 eingetragen sind. Für die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist außerdem Voraussetzung, dass die Gesellschafter entweder selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen oder andere Sicherheitsleistungen nach § 232 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen gegen das medizinische Versorgungszentrum aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit abgeben; dies gilt auch für Forderungen, die erst nach Auflösung des medizinischen Versorgungszentrums fällig werden. Die Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum bedarf der Genehmigung des Zulassungsausschusses. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des Satzes 5 erfüllt sind; Absatz 9b gilt entsprechend. Anträge auf Zulassung eines Arztes und auf Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums sowie auf Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum sind abzulehnen, wenn bei Antragstellung für die dort tätigen Ärzte Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 angeordnet sind oder der Zulassung oder der Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. Abweichend von Satz 9 ist einem Antrag trotz einer nach § 103 Absatz 1 Satz 2 angeordneten Zulassungsbeschränkung stattzugeben, wenn mit der Zulassung oder Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für die in den medizinischen Versorgungszentren angestellten Ärzte gilt § 135 entsprechend.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung bewirkt, daß der Vertragsarzt Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden Versorgungsauftrages berechtigt und verpflichtet ist. Die Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums bewirkt, dass die in dem Versorgungszentrum angestellten Ärzte Mitglieder der für den Vertragsarztsitz des Versorgungszentrums zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung sind und dass das zugelassene medizinische Versorgungszentrum insoweit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind verbindlich. Die Einhaltung der sich aus den Sätzen 1 und 2 ergebenden Versorgungsaufträge sind von der Kassenärztlichen Vereinigung bundeseinheitlich, insbesondere anhand der abgerechneten Fälle und anhand der Gebührenordnungspositionen mit den Angaben für den zur ärztlichen Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand nach § 87 Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz, zu prüfen. Die Ergebnisse sowie eine Übersicht über die gegebenenfalls getroffenen Maßnahmen sind den Landes- und Zulassungsausschüssen sowie der für die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörde jeweils zum 30. Juni des Jahres zu übermitteln.

(4) Die Ermächtigung bewirkt, daß der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind für sie verbindlich. Die Absätze 5 bis 7, § 75 Abs. 2 und § 81 Abs. 5 gelten entsprechend.

(5) Die Zulassung ruht auf Beschluß des Zulassungsausschusses, wenn der Vertragsarzt seine Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht ausübt, ihre Aufnahme aber in angemessener Frist zu erwarten ist, oder auf Antrag eines Vertragsarztes, der in den hauptamtlichen Vorstand nach § 79 Abs. 1 gewählt worden ist. Unter den gleichen Voraussetzungen kann bei vollem Versorgungsauftrag das Ruhen der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung beschlossen werden; bei einem drei Viertel Versorgungsauftrag kann das Ruhen eines Viertels der Zulassung beschlossen werden.

(6) Die Zulassung ist zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Der Zulassungsausschuss kann in diesen Fällen statt einer vollständigen auch die Entziehung derHälfteoder eines Viertels der Zulassung beschließen. Einem medizinischen Versorgungszentrum ist die Zulassung auch dann zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1a Satz 1 bis 3 länger als sechs Monate nicht mehr vorliegen. Die Gründereigenschaft nach Absatz 1a Satz 1 bleibt auch für die angestellten Ärzte bestehen, die auf ihre Zulassung zugunsten der Anstellung in einem medizinischen Versorgungszentrum verzichtet haben, solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind und Gesellschafter des medizinischen Versorgungszentrums sind. Die Gründungsvoraussetzung nach Absatz 1a Satz 1 liegt weiterhin vor, sofern angestellte Ärzte die Gesellschafteranteile der Ärzte nach Absatz 1a Satz 1 oder der Ärzte nach Satz 4 übernehmen und solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind; die Übernahme von Gesellschafteranteilen durch angestellte Ärzte ist jederzeit möglich. Medizinischen Versorgungszentren, die unter den in Absatz 1a Satz 4 erster Halbsatz geregelten Bestandsschutz fallen, ist die Zulassung zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1 Satz 6 zweiter Halbsatz in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung seit mehr als sechs Monaten nicht mehr vorliegen oder das medizinische Versorgungszentrum gegenüber dem Zulassungsausschuss nicht bis zum 30. Juni 2012 nachweist, dass die ärztliche Leitung den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 3 entspricht.

(7) Die Zulassung endet, wenn die vertragsärztliche Tätigkeit in einem von Zulassungsbeschränkungen betroffenen Planungsbereich nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufgenommen wird, mit dem Tod, mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, mit dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des Berechtigten aus dem Bezirk seines Kassenarztsitzes. Die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums endet mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, der Auflösung, dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des zugelassenen medizinischen Versorgungszentrums aus dem Bezirk des Vertragsarztsitzes.

(8) (weggefallen)

(9) Der Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, anstellen, sofern für die Arztgruppe, der der anzustellende Arzt angehört, keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind und der Anstellung keine Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen; hiervon abweichend ist eine Anstellungsgenehmigung trotz einer angeordneten Zulassungsbeschränkung zu erteilen, wenn mit der Anstellung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Sind Zulassungsbeschränkungen angeordnet, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Voraussetzungen des § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 erfüllt sein müssen. Das Nähere zu der Anstellung von Ärzten bei Vertragsärzten bestimmen die Zulassungsverordnungen. Absatz 5 gilt entsprechend.

(9a) Der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmende Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die von einer Hochschule mindestens halbtags als angestellte oder beamtete Hochschullehrer für Allgemeinmedizin oder als deren wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt werden und in das Arztregister eingetragen sind, unabhängig von Zulassungsbeschränkungen anstellen. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind diese angestellten Ärzte nicht mitzurechnen.

(9b) Eine genehmigte Anstellung nach Absatz 9 Satz 1 ist auf Antrag des anstellenden Vertragsarztes vom Zulassungsausschuss in eine Zulassung umzuwandeln, sofern der Umfang der Tätigkeit des angestellten Arztes einem ganzen, einem halben oder einem drei Viertel Versorgungsauftrag entspricht; beantragt der anstellende Vertragsarzt nicht zugleich bei der Kassenärztlichen Vereinigung die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Absatz 3a, wird der bisher angestellte Arzt Inhaber der Zulassung.

(10) (weggefallen)

(11) (weggefallen)

(11a) (weggefallen)

(11b) (weggefallen)

(12) (weggefallen)

(13) In Zulassungssachen der Psychotherapeuten und der überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte (§ 101 Abs. 3 Satz 1) treten abweichend von § 96 Abs. 2 Satz 1 und § 97 Abs. 2 Satz 1 an die Stelle der Vertreter der Ärzte Vertreter der Psychotherapeuten und der Ärzte in gleicher Zahl; unter den Vertretern der Psychotherapeuten muß mindestens ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut oder ein Psychotherapeut mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen sein. Für die erstmalige Besetzung der Zulassungsausschüsse und der Berufungsausschüsse nach Satz 1 werden die Vertreter der Psychotherapeuten von der zuständigen Aufsichtsbehörde auf Vorschlag der für die beruflichen Interessen maßgeblichen Organisationen der Psychotherapeuten auf Landesebene berufen.

(1) Versicherte erhalten Haushaltshilfe, wenn ihnen wegen Krankenhausbehandlung oder wegen einer Leistung nach § 23 Abs. 2 oder 4, §§ 24, 37, 40 oder § 41 die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist. Voraussetzung ist ferner, daß im Haushalt ein Kind lebt, das bei Beginn der Haushaltshilfe das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder das behindert und auf Hilfe angewiesen ist. Darüber hinaus erhalten Versicherte, soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegt, auch dann Haushaltshilfe, wenn ihnen die Weiterführung des Haushalts wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, nicht möglich ist, längstens jedoch für die Dauer von vier Wochen. Wenn im Haushalt ein Kind lebt, das bei Beginn der Haushaltshilfe das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder das behindert und auf Hilfe angewiesen ist, verlängert sich der Anspruch nach Satz 3 auf längstens 26 Wochen. Die Pflegebedürftigkeit von Versicherten schließt Haushaltshilfe nach den Sätzen 3 und 4 zur Versorgung des Kindes nicht aus.

(2) Die Satzung kann bestimmen, daß die Krankenkasse in anderen als den in Absatz 1 genannten Fällen Haushaltshilfe erbringt, wenn Versicherten wegen Krankheit die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist. Sie kann dabei von Absatz 1 Satz 2 bis 4 abweichen sowie Umfang und Dauer der Leistung bestimmen.

(3) Der Anspruch auf Haushaltshilfe besteht nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Haushalt nicht weiterführen kann.

(4) Kann die Krankenkasse keine Haushaltshilfe stellen oder besteht Grund, davon abzusehen, sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Haushaltshilfe in angemessener Höhe zu erstatten. Für Verwandte und Verschwägerte bis zum zweiten Grad werden keine Kosten erstattet; die Krankenkasse kann jedoch die erforderlichen Fahrkosten und den Verdienstausfall erstatten, wenn die Erstattung in einem angemessenen Verhältnis zu den sonst für eine Ersatzkraft entstehenden Kosten steht.

(5) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten als Zuzahlung je Kalendertag der Leistungsinanspruchnahme den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag an die Krankenkasse.

(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei der Feststellung einer Überversorgung nicht zu berücksichtigen. Wenn dies der Fall ist, hat der Landesausschuß nach den Vorschriften der Zulassungsverordnungen und unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Darüber hinaus treffen die Landesausschüsse eine Feststellung, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 40 Prozent überschritten ist.

(2) Die Zulassungsbeschränkungen sind räumlich zu begrenzen. Sie können einen oder mehrere Planungsbereiche einer Kassenärztlichen Vereinigung umfassen. Sie sind arztgruppenbezogen unter angemessener Berücksichtigung der Besonderheiten bei den Kassenarten anzuordnen. Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden können ländliche oder strukturschwache Teilgebiete eines Planungsbereichs bestimmen, die auf ihren Antrag für einzelne Arztgruppen oder Fachrichtungen von den Zulassungsbeschränkungen auszunehmen sind; in dem Antrag ist die Anzahl der zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten arztgruppenbezogen festzulegen. Die zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten sind an das nach Satz 4 bestimmte Teilgebiet gebunden. Für die Bestimmung der ländlichen und strukturschwachen Teilgebiete stellt der Landesausschuss im Einvernehmen mit der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörde allgemeingültige Kriterien auf, die den jeweiligen Entscheidungen zugrunde zu legen sind. Der Landesausschuss hat sich dabei an den laufenden Raumbeobachtungen und Raumabgrenzungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zu orientieren oder eine vergleichbare Abgrenzung ländlicher Gebiete durch die für die Landesplanung zuständigen Stellen zugrunde zu legen. Die zusätzlichen Arztsitze sind in den von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemäß § 99 aufzustellenden Bedarfsplänen auszuweisen.

(3) Die Zulassungsbeschränkungen sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind.

(3a) Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach Absatz 4 für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Satz 1 gilt auch bei Verzicht auf die Hälfte oder eines Viertels der Zulassung oder bei Entziehung der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung; Satz 1 gilt nicht, wenn ein Vertragsarzt, dessen Zulassung befristet ist, vor Ablauf der Frist auf seine Zulassung verzichtet. Der Zulassungsausschuss kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; dies gilt nicht, sofern die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4, 5 und 6 bezeichneten Personenkreis angehört oder der sich verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet des Planungsbereichs zu verlegen, in dem nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund einer zu geringen Ärztedichte ein Versorgungsbedarf besteht oder sofern mit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass dieser Nachfolger die vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat, nach dem 23. Juli 2015 erstmals aufgenommen hat. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 6 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb der Praxis mindestens drei Jahre lang angedauert haben muss. Satz 5 gilt nicht, wenn das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Praxisbetrieb vor dem 5. März 2015 begründet wurde. Hat der Landesausschuss eine Feststellung nach Absatz 1 Satz 3 getroffen, soll der Zulassungsausschuss den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Im Fall des Satzes 7 gelten Satz 3 zweiter Halbsatz sowie die Sätze 4 bis 6 entsprechend; Absatz 4 Satz 9 gilt mit der Maßgabe, dass die Nachbesetzung abgelehnt werden soll. Der Zulassungsausschuss beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit ist dem Antrag abweichend von § 96 Absatz 2 Satz 6 zu entsprechen. § 96 Absatz 4 findet keine Anwendung. Ein Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes) findet nicht statt. Klagen gegen einen Beschluss des Zulassungsausschusses, mit dem einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen wird, haben keine aufschiebende Wirkung. Hat der Zulassungsausschuss den Antrag abgelehnt, hat die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes ist auf den Verkehrswert abzustellen, der nach Absatz 4 Satz 8 bei Fortführung der Praxis maßgeblich wäre.

(4) Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, nach Absatz 3a einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die Kassenärztliche Vereinigung den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Satz 1 gilt auch bei hälftigem Verzicht oder bei hälftiger Entziehung der Zulassung oder bei der Festlegung zusätzlicher Zulassungsmöglichkeiten nach Absatz 2 Satz 4. Dem Zulassungsausschuß sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuß den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1.
die berufliche Eignung,
2.
das Approbationsalter,
3.
die Dauer der ärztlichen Tätigkeit,
4.
eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat,
5.
ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist,
6.
ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde,
7.
ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereinigung definiert worden sind, zu erfüllen,
8.
Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung,
9.
bei medizinischen Versorgungszentren die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit einem besonderen Versorgungsangebot.
Die Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 sind zu beachten. Ab dem 1. Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit nach Satz 5 Nummer 3 wird verlängert um Zeiten, in denen die ärztliche Tätigkeit wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung unterbrochen worden ist. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt. Kommt der Zulassungsausschuss in den Fällen des Absatzes 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bei der Auswahlentscheidung nach Satz 4 zu dem Ergebnis, dass ein Bewerber auszuwählen ist, der nicht dem in Absatz 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bezeichneten Personenkreis angehört, kann er die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes mit der Mehrheit seiner Stimmen ablehnen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; Absatz 3a Satz 10, 11, 13 und 14 gilt in diesem Fall entsprechend. Hat sich ein Bewerber nach Satz 5 Nummer 7 bereit erklärt, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen, kann der Zulassungsausschuss die Zulassung unter der Voraussetzung erteilen, dass sich der Bewerber zur Erfüllung dieser Versorgungsbedürfnisse verpflichtet.

(4a) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des medizinischen Versorgungszentrums durch den Arzt zu berücksichtigen. Der Arzt kann in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden medizinischen Versorgungszentrums in einem anderen Planungsbereich liegt. Nach einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem medizinischen Versorgungszentrum, dessen Sitz in einem Planungsbereich liegt, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, erhält ein Arzt unbeschadet der Zulassungsbeschränkungen auf Antrag eine Zulassung in diesem Planungsbereich; dies gilt nicht für Ärzte, die auf Grund einer Nachbesetzung nach Satz 5 oder erst seit dem 1. Januar 2007 in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Medizinischen Versorgungszentren ist die Nachbesetzung einer Arztstelle möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4b) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellter Arzt tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des anstellenden Vertragsarztes durch den anzustellenden Arzt zu berücksichtigen. Im Fall des Satzes 1 kann der angestellte Arzt in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden Vertragsarztes in einem anderen Planungsbereich liegt. Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Nachbesetzung der Stelle eines nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Arztes ist möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4c) Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Absätze 3a, 4 und 5 gelten entsprechend. Absatz 4 gilt mit der Maßgabe, dass bei der Auswahl des Praxisnachfolgers ein medizinisches Versorgungszentrum, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten liegt, die in dem medizinischen Versorgungszentrum als Vertragsärzte tätig sind, gegenüber den übrigen Bewerbern nachrangig zu berücksichtigen ist. Dieser Nachrang gilt nicht für ein medizinisches Versorgungszentrum, das am 31. Dezember 2011 zugelassen war und bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bei den dort tätigen Vertragsärzten lag.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen (Registerstelle) führen für jeden Planungsbereich eine Warteliste. In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, aufgenommen. Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen.

(6) Endet die Zulassung eines Vertragsarztes, der die Praxis bisher mit einem oder mehreren Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, so gelten die Absätze 4 und 5 entsprechend. Die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte sind bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen.

(7) In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, haben Krankenhausträger das Angebot zum Abschluß von Belegarztverträgen auszuschreiben. Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Absatz 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten nicht für Zahnärzte.

(1) Behandelt ein Krankenhaus zwischen dem 1. April 2020 und einschließlich dem 30. Juni 2020, zwischen dem 1. November 2020 und einschließlich dem 30. Juni 2021 sowie zwischen dem 1. November 2021 und einschließlich dem 19. März 2022 Patientinnen und Patienten, die mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert sind oder bei denen der Verdacht einer solchen Infektion besteht, darf der zuständige Kostenträger die ordnungsgemäße Abrechnung der von diesem Krankenhaus zwischen dem 1. April 2020 und einschließlich dem 30. Juni 2020, zwischen dem 1. November 2020 und einschließlich dem 30. Juni 2021 sowie zwischen dem 1. November 2021 und einschließlich dem 19. März 2022 erbrachten Leistungen nicht daraufhin prüfen oder prüfen lassen, ob die in der Liste nach Absatz 2 genannten Mindestmerkmale erfüllt sind. Die Ausnahme von der Prüfung der erbrachten Leistungen erstreckt sich jeweils auf den gesamten Behandlungsfall unabhängig vom Datum der Aufnahme, der Entlassung oder der Verlegung der Patientin oder des Patienten in ein anderes Krankenhaus.

(2) Das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information erstellt eine Liste der Mindestmerkmale der von ihm bestimmten Kodes des Operationen- und Prozedurenschlüssels nach § 301 Absatz 2 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, die nach Absatz 1 von der Prüfung ausgenommen sind, und veröffentlicht diese Liste barrierefrei bis zum 30. Mai 2020 auf seiner Internetseite. Das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information kann Anpassungen der Liste vornehmen und hat diese Anpassungen auf seiner Internetseite barrierefrei zu veröffentlichen. Ab dem 26. Mai 2020 nimmt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte die Anpassungen nach Satz 2 vor und veröffentlicht diese barrierefrei. Die barrierefreie Veröffentlichung nach den Sätzen 1 bis 3 erfolgt ab dem 26. Mai 2020 auf der Internetseite des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte. Ab dem 1. Januar 2021 kann die Liste nach Satz 1 auch Strukturmerkmale enthalten.

(3) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates von Absatz 1 abweichende Zeiträume regeln.

(4) Im Rahmen der Prüfung von Strukturmerkmalen sind die in Absatz 1 genannten Zeiträume von dem Nachweis auszunehmen, dass ein in Absatz 1 genanntes Krankenhaus die Strukturmerkmale einhält, die in der Liste nach Absatz 2 genannt sind. Das Nähere ist in der Richtlinie nach § 283 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zu regeln. Ist der Nachweis eines Strukturmerkmals wegen der Vorgaben in Satz 1 nicht zu erbringen, darf der Medizinische Dienst nicht nach § 275d Absatz 1 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch begutachten, ob das Krankenhaus dieses Strukturmerkmal einhält.

Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. November 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 8607,08 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung.

2

Die klagende Krankenhausträgerin betreibt ein Plankrankenhaus in O., dessen Versorgungsauftrag im Jahr 2008 ua Betten der Fachrichtungen Chirurgie und Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde (HNO) umfasste, nicht aber der Fachrichtung Neurochirurgie (Bescheid des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit vom 20.12.2005). Sie behandelte die bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte A. (im Folgenden: Versicherte) vollstationär vom 13. bis 23.1.2008 wegen eines Akustikusneurinoms (Diagnose ICD-10-GM <2008> D33.3 Gutartige Neubildung des Gehirns und anderer Teile des Zentralnervensystems - Hirnnerven). Sie entfernte bei der Versicherten weitgehend den Tumor mittels Kraniotomie bei subokzipital-retromastoidalem Zugang linksseitig und berechnete hierfür die Fallpauschale (DRG <2008>) B20B (Kraniotomie oder große Wirbelsäulen-Operation mit komplexer Prozedur, Alter > 15 Jahre, ohne intraoperatives neurophysiologisches Monitoring, mit komplexer Diagnose; insgesamt 8607,08 Euro, Rechnungsdatum 6.2.2008). Die Beklagte lehnte die Begleichung der Rechnung ab, weil der Versorgungsauftrag des Krankenhauses die durchgeführte Operation nicht umfasse. Das SG ist dieser Auffassung gefolgt und hat die daraufhin erhobene Zahlungsklage abgewiesen. Es habe auch kein Notfall vorgelegen. Die Beklagte sei mit ihrer Einwendung nicht deswegen ausgeschlossen, weil sie dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) keinen Prüfauftrag erteilt habe (Urteil vom 12.4.2010). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen: Die Operation mit Zugang über die Schädelkalotte, um auch den Tumorteil im Kleinhirnbrückenwinkel zu erreichen, sei der Neurochirurgie vorbehalten. Den Beweisanträgen der Klägerin habe es nicht entsprechen müssen (Urteil vom 27.11.2012).

3

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 8 Abs 1 S 3 und S 4 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG), des § 275 Abs 1c S 1 und 2 SGB V und des § 103 SGG. Die operative Entfernung eines Akustikusneurinoms gehöre zum Versorgungsauftrag ihres Krankenhauses. Er umfasse nämlich HNO-Betten. Die operative Behandlung eines Hörverlustes sowie eines Tumors am Hörnerv und inneren Gehörgang zähle zum Fachgebiet HNO. Das vom SG eingeholte Gutachten der Sachverständigen sei nicht verwertbar, da sie keine HNO-Fachärztin sei. Hiernach hätte sich das LSG gedrängt fühlen müssen, den gestellten Beweisanträgen zu entsprechen. Im Übrigen sei die Beklagte nach Ablauf der Ausschlussfrist des § 275 Abs 1c S 2 SGB V mit allen potentiellen Einwendungen gegen den fälligen Zahlungsanspruch ausgeschlossen.

4

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. November 2012 und des Sozialgerichts Hannover vom 12. April 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr 8607,08 Euro nebst Zinsen hierauf in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 22. Februar 2008 zu zahlen,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. November 2012 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der klagenden Krankenhausträgerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Das LSG hat zu Recht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Das Urteil des SG ist zutreffend. Die von der Klägerin erhobene (echte) Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG)ist im hier bestehenden Gleichordnungsverhältnis zulässig (vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12), aber unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Krankenhausvergütung. Der Versorgungsauftrag des Plankrankenhauses der Klägerin umfasste nicht die bei der Versicherten durchgeführte Operation (dazu 1.). Das Vorbringen der Beklagten ist nicht nach § 275 Abs 1c S 2 SGB V ausgeschlossen(dazu 2.).

8

1. Der Krankenhausträger eines Plankrankenhauses iS von § 108 Nr 2 SGB V hat gegen KKn Anspruch auf Krankenhausvergütung für die Behandlung Versicherter nach § 109 Abs 4 S 3 SGB V abgesehen von Notfällen nur dann, wenn die Behandlung vom Versorgungsauftrag des Krankenhauses nach § 109 Abs 4 S 2 SGB V umfasst ist(dazu a). Das Krankenhaus der Klägerin erfüllte diese Voraussetzung im Hinblick auf die bei der Versicherten vorgenommene weitgehende Entfernung des Akustikusneurinoms mittels Kraniotomie bei subokzipital-retromastoidalem Zugang nicht (dazu b).

9

a) Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung und damit korrespondierend die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 15; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 27 RdNr 9). Die Versorgung findet "in einem zugelassenen Krankenhaus" statt, wenn sie sich - abgesehen von Notfällen - innerhalb des Versorgungsauftrags hält.

10

aa) Die Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs ist bei DRG-Krankenhäusern - wie jenem der Klägerin - § 109 Abs 4 S 3 SGB V(§ 109 SGB V insgesamt idF durch Art 1 Nr 74 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378) iVm § 7 S 1 Nr 1 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 5 Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG -(idF durch Art 18 Nr 4 GKV-WSG; vgl entsprechend BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 15 f; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15). Das Krankenhaus wird mit einem Versorgungsvertrag nach § 109 Abs 1 SGB V für die Dauer des Vertrags zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen(§ 109 Abs 4 S 1 SGB V). Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet (§ 109 Abs 4 S 2 SGB V). Die KKn sind im Gegenzug verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften des SGB V mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des KHG, des KHEntgG und der Bundespflegesatzverordnung zu führen (§ 109 Abs 4 S 3 SGB V). Denn die Krankenhäuser erfüllen mit der Behandlung die Ansprüche der Versicherten gegen die KKn. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (vgl § 39 Abs 1 S 2 SGB V; BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 109 Nr 37, RdNr 10 mwN).

11

bb) Nach § 108 SGB V dürfen die KKn Krankenhausbehandlungen nur durch zugelassene Krankenhäuser erbringen lassen. Zugelassene Krankenhäuser sind nach der Legaldefinition des § 108 SGB V Hochschulkliniken, die nach den landesrechtlichen Vorschriften als Hochschulkliniken anerkannt sind, zudem Krankenhäuser, die in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommenen sind (Plankrankenhäuser) sowie schließlich Krankenhäuser, die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen haben. Während Hochschulkliniken und Plankrankenhäuser bereits kraft Gesetzes zugelassene Krankenhäuser sind, erlangen sonstige Krankenhäuser diesen Status erst durch den insoweit konstitutiven Abschluss eines Versorgungsvertrags, welcher der Genehmigung durch die für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörden bedarf (vgl BSG Urteil vom 21.2.2006 - B 1 KR 22/05 R - Juris RdNr 12 = USK 2006-14). Die Zulassung des Krankenhauses erfolgt in diesem Sinne mittels Abschlusses oder Fiktion eines Versorgungsvertrags. Dieser hat eine statusbegründende Funktion. Dementsprechend ist etwa die Rückwirkung des wirksamen Abschlusses eines Versorgungsvertrags nach § 108 Nr 3 SGB V ausgeschlossen(vgl BSGE 78, 243, 248 = SozR 3-2500 § 109 Nr 2 S 17 f), ebenso ein Kostenerstattungsanspruch Versicherter für stationäre Behandlung in einem nicht zugelassenen Krankenhaus außerhalb der gesetzlich geregelten Ausnahmefälle (vgl BSG Urteil vom 21.2.2006 - B 1 KR 22/05 R - Juris = USK 2006-14) und erst recht - abgesehen von Notfällen - ein Vergütungsanspruch des Krankenhauses für Behandlungen außerhalb des Geltungsbereichs des erteilten Versorgungsauftrages (stRspr, vgl zB BSG Urteil vom 24.1.2008 - B 3 KR 6/07 R - Juris RdNr 14 ff, 25 = USK 2008-82; BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, RdNr 44 mwN; BSG Urteil vom 14.10.2014 - B 1 KR 33/13 R - Juris RdNr 13, für BSGE und SozR 4-2500 § 137 Nr 5 vorgesehen).

12

Die stationäre Behandlung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in einem Krankenhaus ohne Zulassung für die konkrete Leistungserbringung - bei im Übrigen dem Grunde nach bestehender Zulassung durch Anerkennung als Hochschulklinik nach landesrechtlichen Vorschriften, durch Aufnahme in den Krankenhausplan oder aufgrund eines Versorgungsvertrags - bedeutet im objektiven Sinne einen groben und, wenn dies fortgesetzt erfolgt, einen nachhaltigen Verstoß gegen wesentliche Grundlagen des GKV-Systems. Denn dies entzieht den zugelassenen Leistungserbringern insoweit die Versicherten, setzt die Versicherten durch Behandlung außerhalb des Systems den Risiken unkontrollierter Behandlung aus und droht, das gesetzliche System der Kostentragung auszuhöhlen. Insoweit gilt nichts anderes als bei Krankenhäusern, die überhaupt nicht zur Behandlung der in der GKV Versicherten zugelassen sind und die Versicherten nur in Notfällen behandeln dürfen (vgl BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, RdNr 45 und 47).

13

cc) Unmaßgeblich ist der Versorgungsauftrag für das zugelassene Krankenhaus nur bei Notfallbehandlungen. Es ist zu diesen entsprechend § 76 Abs 1 S 2 SGB V verpflichtet(stRspr, vgl zB BSGE 89, 39, 41 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 25 S 118 f; BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2, RdNr 16; BSG Urteil vom 14.10.2014 - B 1 KR 33/13 R - Juris RdNr 13, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 137 Nr 5 vorgesehen). In allen anderen Fällen ist es nur im Rahmen seines bestehenden Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet und berechtigt. Um einen Notfall geht es vorliegend nach den unangegriffenen, den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)nicht. Ein Notfall iS des § 76 Abs 1 S 2 SGB V liegt nur vor, wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen so dringlich ist, dass es bereits an der Zeit für die Auswahl eines geeigneten Therapeuten und dessen Behandlung - sei es durch dessen Aufsuchen oder Herbeirufen - fehlt(vgl zB BSG Urteil vom 18.7.2006 - B 1 KR 9/05 R = Juris RdNr 18 = USK 2006-79; BSGE 109, 133 = SozR 4-1750 § 68 Nr 1, RdNr 22 mwN). So lag es bei der Behandlung der Versicherten nicht.

14

dd) Das SGB V definiert den Begriff des Versorgungsvertrags mittelbar (Abgrenzung zu BSG Urteile vom 27.11.2014 - B 3 KR 1/13 R - Juris RdNr 13, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 108 Nr 3 vorgesehen; - B 3 KR 3/13 R - Juris RdNr 13; Festhaltung an BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, RdNr 44 mwN; BSG Urteil vom 14.10.2014 - B 1 KR 33/13 R - Juris RdNr 70, für BSGE und SozR 4-2500 § 137 Nr 5 vorgesehen). Bei Plankrankenhäusern nach § 108 Nr 2 SGB V gilt die Aufnahme in den Krankenhausbedarfsplan nach § 8 Abs 1 S 2 KHG(§ 8 KHG insgesamt idF durch Art 18 Nr 1 GKV-WSG vom 26.3.2007) als Abschluss des Versorgungsvertrags (§ 109 Abs 1 S 2 Halbs 2 SGB V). Dementsprechend ergibt sich der Versorgungsauftrag eines Plankrankenhauses aus den Festlegungen des Krankenhausplans in Verbindung mit den Bescheiden zu seiner Durchführung. Ergänzend sind ggf Vereinbarungen nach § 109 Abs 1 S 4 SGB V und § 109 Abs 1 S 5 SGB V einzubeziehen(stRspr, vgl zB BSG Urteil vom 24.1.2008 - B 3 KR 6/07 R - Juris RdNr 14 = USK 2008-82; BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, RdNr 44 mwN; BSG Urteil vom 14.10.2014 - B 1 KR 33/13 R - Juris RdNr 70, für BSGE und SozR 4-2500 § 137 Nr 5 vorgesehen). Danach können die Vertragsparteien nach § 109 Abs 1 S 1 SGB V im Einvernehmen mit der für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde eine gegenüber dem Krankenhausplan geringere Bettenzahl vereinbaren, soweit die Leistungsstruktur des Krankenhauses nicht verändert wird; die Vereinbarung kann befristet werden. Enthält der Krankenhausplan keine oder keine abschließende Festlegung der Bettenzahl oder der Leistungsstruktur des Krankenhauses, werden diese durch die Vertragsparteien nach § 109 Abs 1 S 1 SGB V im Benehmen mit der für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde ergänzend vereinbart(§ 109 Abs 1 S 5 SGB V).

15

b) Das Krankenhaus der Klägerin behandelte die Versicherte, obwohl es hiermit seinen Versorgungsauftrag überschritt. Es war mWv 1.1.2006 ua mit 57 Planbetten der Fachrichtung HNO, aber keinen Betten der Fachrichtung Neurochirurgie in den niedersächsischen Krankenhausplan aufgenommen (Bescheid vom 20.12.2005). Der jährlich fortzuschreibende Krankenhausplan enthält in Niedersachsen die für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Versorgung der Bevölkerung erforderlichen Krankenhäuser, gegliedert ua nach den Fachrichtungen (Gebieten), Planbetten und Funktionseinheiten (§ 3 Abs 3 und 5 idF der Bekanntmachung der Neufassung des Niedersächsischen Gesetzes zum Bundesgesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze - NdsKHG - vom 12.11.1986, GVBl 343). Er wird vom Sozialminister aufgestellt, vom Landesministerium beschlossen und ist im Niedersächsischen Ministerialblatt zu veröffentlichen (§ 3 Abs 1 S 1 und 3 NdsKHG). Die dem Bescheid zugrunde liegende 21. Fortschreibung des Krankenhausplans Niedersachsen für 2006 (Stand 1.1.2006) weist "für jedes Krankenhaus gegliedert nach den Fachrichtungen (Gebieten der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Niedersachsen) Planbetten und Funktionseinheiten" aus und sieht dementsprechend für das Versorgungsgebiet 4 (ehemals Regierungsbezirk Weser-Ems) zur KHNR 404 000 02 für das Krankenhaus der Klägerin ua 57 Betten HNO und keine Betten Neurochirurgie vor. Die Gliederung nach Fachrichtungen beruht auf der Regelung des § 3 Abs 3 NdsKHG. Danach ist der Niedersächsische Krankenhausplan ua nach Fachrichtungen (Gebieten) zu gliedern. Die 23. Fortschreibung des Krankenhausplans Niedersachsen für 2008 (Stand 1.1.2008) hat an diesen Festlegungen nichts geändert.

16

Das LSG hat zur Auslegung dieser landesrechtlichen Bestimmungen in Einklang mit den zitierten bundesrechtlichen Vorgaben des SGB V die Regelungen der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Niedersachsen herangezogen (WBO vom 27.11.2004, in Kraft getreten am 1.5.2005 und 2008 noch in Geltung, in Verbindung mit den dazu ergangenen Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung zur WBO vom 27.11.2004, WBO-RL, in Kraft getreten am 1.5.2005 und 2008 noch in Geltung; vgl ähnlich zB OVG Lüneburg Urteil vom 3.2.2011 - 13 LC 125/08 - Juris RdNr 42 = NZS 2011, 859 RdNr 7). Danach umfasst der Weiterbildungsinhalt für die Erlangung der Facharztkompetenz im Gebiet Neurochirurgie ua den Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in der Erkennung, konservativen, operativen Behandlung, Nachsorge und Rehabilitation von Krankheiten einschließlich Tumoren des Schädels und des Gehirns. Demgegenüber gehört der Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten operativer Eingriffe einschließlich endoskopischer und mikroskopischer Techniken an Ohr, Ohrschädel, Gehörgang, Ohrmuschel einschließlich Felsenbeinpräparation zum Bereich der Erlangung der HNO-Facharztkompetenz.

17

Diese Auslegung der landesrechtlichen Vorschriften über den Krankenhausplan unterliegt nur in den durch § 162 SGG vorgegebenen Grenzen einer revisionsgerichtlichen Kontrolle. Danach kann die Revision nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt. Das ist bei den niedersächsischen Vorschriften über den Krankenhausplan nicht der Fall. Hierzu müsste das allein im Bezirk des LSG geltende niedersächsische Landesrecht bewusst zum Zwecke der Vereinheitlichung übereinstimmend mit dem Krankenhausplanungsrecht anderer Länder erlassen worden sein (vgl dazu zB BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 14; BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 19 mwN). Daran fehlt es. Das niedersächsische Recht des Krankenhausplans inkorporiert nicht etwa bewusst und gewollt ein in den Bundesländern einheitlich geltendes Recht, um Rechtseinheit zu begründen. Es verweist in seinem Krankenhausplan vielmehr nur statisch auf anderes Landesrecht, die niedersächsische WBO. Dass die WBO in anderem Zusammenhang - für die Frage der sachlich-rechnerischen Richtigkeit vertragsärztlicher Abrechnungen - revisionsgerichtlicher Kontrolle unterliegt, ist insoweit für den hier interessierenden Regelungskontext ohne Belang.

18

Soweit der 3. Senat des BSG in seinen Urteilen vom 27.11.2014 (B 3 KR 1/13 R - Juris RdNr 17 ff, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 108 Nr 3 vorgesehen; B 3 KR 3/13 R - Juris RdNr 17 ff) die landesrechtlichen Vorschriften über den Krankenhausplan umfassend überprüft hat, kommt dies nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats - abgesehen vom stets prüfbaren Verstoß gegen Bundesrecht - nur in Betracht, wenn sich die Vorinstanz einer Auslegung enthalten hat (vgl BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 19 mwN). Sollte den genannten Urteilen eine weitergehende Kontrollbefugnis des Revisionsgerichts zu entnehmen sein, hält der erkennende Senat als nunmehr allein für das Leistungserbringungsrecht der Krankenhäuser zuständiger Senat daran nicht fest. Das BSG ist revisionsrechtlich hierzu nicht befugt (vgl auch BSG Beschluss vom 12.7.2013 - B 1 KR 74/12 B - Juris RdNr 7, zu einem Parallelverfahren zu B 3 KR 1/13 R und B 3 KR 3/13 R; nachgehend BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 2.12.2013 - 1 BvR 3105/13 -).

19

Der erkennende Senat darf demgegenüber die Entscheidung über die Aufnahme des Krankenhauses der Klägerin in den Krankenhausbedarfsplan (Bescheid vom 20.12.2005) selbst auslegen, da das LSG diese nicht ausgelegt hat und weitere Feststellungen nicht mehr in Betracht kommen (vgl hierzu BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 12; zu Vertragserklärungen stRspr, siehe zB BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 19 mwN; vgl auch BFHE 205, 96, 110 mwN; für Verwaltungsakte vgl BSG SozR 4-2500 § 133 Nr 6 RdNr 36). Die Auslegung ergibt entsprechend dem schon bisher unstreitigen Vortrag der Beteiligten und dem klaren Wortlaut, dass der Versorgungsauftrag des klägerischen Krankenhauses im Jahr 2008 ua Betten der Fachrichtungen Chirurgie und HNO umfasste, nicht aber Betten einer Abteilung Neurochirurgie.

20

Die weitere Schlussfolgerung des LSG, dass die Operation der Versicherten als neurochirurgische Operation mit subokzipitalem/retromastoidalem Operationszugang nicht dem durch die Fachrichtungen Chirurgie und HNO charakterisierten Versorgungsauftrag der Klägerin unterfiel, lässt keinen Verstoß gegen Bundesrecht erkennen. Das LSG durfte darauf abstellen, dass operative Eingriffe, die ober- und unterhalb des Kleinhirnzeltes (Tentorium cerebelli) intrazerebral vorgenommen werden, um Tumoren zu operieren, und deswegen die Eröffnung der Schädeldecke nebst der harten Hirnhaut (Dura mater) erfordern, dem Fachgebiet der Neurochirurgie zuzuordnen sind, da der spezifische Zugangsweg wegen seiner besonderen Anforderungen neurochirurgische Kompetenz erfordert. Die Behandlung der Versicherten erfolgte auf diesem spezifisch neurochirurgischen Weg.

21

Der Senat ist an diese getroffene Feststellung gebunden, denn die Klägerin hat diesbezüglich keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht (vgl § 163 SGG). Soweit sie mit der Revision rügt, das LSG habe es unter Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) unterlassen, diese nach Zugangswegen erfolgte Differenzierung zu überprüfen, hat sie iS von § 164 Abs 2 S 3 SGG nicht alle Tatsachen bezeichnet, die den Mangel ergeben sollen(vgl § 164 Abs 2 S 3 SGG; näher BSG Urteil vom 11.12.2008 - B 9 VS 1/08 R - Juris RdNr 68 ff, insoweit in BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1 nicht abgedruckt mwN). Die Klägerin trägt nicht - wie erforderlich - Tatsachen vor, aus denen sich schlüssig ergibt, dass sich das LSG von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen (vgl § 164 Abs 2 S 3 SGG; näher zB BSG Urteil vom 11.12.2008 - B 9 VS 1/08 R - Juris RdNr 69, insoweit in BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1 nicht abgedruckt; BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, RdNr 27 f, alle mwN). Notwendig hierfür ist eine Darlegung, die das Revisionsgericht in die Lage versetzt, sich allein anhand der Revisionsbegründung ein Urteil darüber zu bilden, ob die angegriffene Entscheidung auf einem Verfahrensmangel beruhen kann (BSG SozR 1500 § 164 Nr 31 S 49).

22

Hieran fehlt es. Die Klägerin trägt lediglich vor, dass sie in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG beantragt habe, "a) Auskunft des Satzungsgebers der Weiterbildungsordnung, Ärztekammer Niedersachsen …, b) Einholung eines Sachverständigengutachtens eines Facharztes für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, c) Einholung einer ergänzenden Stellungnahme von Frau Dr. R.    , ob die Operation nicht auch durch einen Facharzt für HNO hätte durchgeführt werden können." Sie legt aber weder dar, weshalb das LSG sich von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen noch wieso das LSG vermeintlich den ihm bei der Beweiserhebung und Beweiswürdigung zustehenden Spielraum überschritt. Zu Punkt a) und c) fehlt es hierzu an hinreichenden Ausführungen.

23

Soweit die Klägerin zu Punkt b) die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens beantragt hat, legt sie ihre Rechtsansicht zugrunde und nicht - wie geboten - den sachlich-rechtlichen Standpunkt des LSG. Das LSG hat die Operationsmethode als entscheidendes Kriterium angesehen. Dagegen meint die Klägerin bei ihren Ausführungen, es komme für die Fachgebietszuordnung bloß darauf an, dass es um die Behandlung eines Hörverlustes gehe und der Tumor den Gehörnerv sowie den inneren Gehörgang betreffe. Die Klägerin legt auch nicht schlüssig dar, dass das LSG der Sachverständigen Dr. R., einer Fachärztin für Neurochirurgie, die notwendige ärztliche Kompetenz für die Beurteilung der Fachgebietszugehörigkeit der angewandten Operationsmethode hätte absprechen müssen. Es erschließt sich nicht, dass es verfahrensfehlerhaft sein könnte, maßgeblich auf die Beurteilung einer Neurochirurgin zur Fachgebietszugehörigkeit einer angewandten Tumoroperation mittels Kraniotomie bei subokzipital-retromastoidalem Zugang abzustellen, welche sie als neurochirurgisch qualifiziert.

24

2. Die Klägerin kann aus der Regelung des § 275 Abs 1c S 2 SGB V nichts für sich herleiten. Denn die Beklagte durfte die sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnung nach allgemeinen Grundsätzen überprüfen. Das Überprüfungsrecht der KKn auf sachlich-rechnerische Richtigkeit besteht unabhängig von den engeren Anforderungen einer Auffälligkeitsprüfung. Es entspricht nicht nur den gesetzlichen Vorgaben (§ 301 Abs 1 SGB V), sondern den eigenen Interessen des Krankenhauses, der KK die entsprechenden Sachverhalte vollständig und nachvollziehbar mitzuteilen, die es zu seiner Auslegung der Abrechnungsvorschriften veranlasst haben. Nur so beugt das Krankenhaus einer Irreführung und darauf beruhender täuschungsbedingter ungerechtfertigter Vermögensverfügung der KK vor, ermöglicht der KK die sachlich-rechnerische Richtigkeitskontrolle und schafft damit die für die Zusammenarbeit unerlässliche Vertrauensbasis (vgl zum Ganzen BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 29/13 R - RdNr 16 ff, für BSGE und SozR 4-2500 § 301 Nr 4 vorgesehen; BSG Urteil vom 14.10.2014 - B 1 KR 26/13 R - Juris RdNr 17, für SozR 4-2500 § 301 Nr 3 vorgesehen).

25

Das Überprüfungsrecht der KKn von Krankenhausabrechnungen auf sachlich-rechnerische Richtigkeit unterliegt einem eigenen Prüfregime. Die gesetzliche Regelung der Informationsübermittlung vom Krankenhaus an die KK (vgl § 301 SGB V) korrespondiert mit der Prüfberechtigung der KK. KKn sind jederzeit berechtigt, die sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung von Krankenhausvergütung mit Blick auf eine Leistungsverweigerung oder nicht verjährte Erstattungsforderungen zu überprüfen (§ 301 SGB V). Denn das Krankenhaus hat hierzu zutreffend und vollständig alle Angaben zu machen, deren es zur Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung bedarf (§ 301 Abs 1 SGB V; vgl zB 1. Senat des BSG in BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 13, 21; 3. Senat des BSG in BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 18 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 5 RdNr 14 mwN, stRspr). Hierbei kann es keinerlei Obliegenheit oder gar Pflicht der KK geben, Zweifel an der Erfüllung einer Anspruchsvoraussetzung durch substantiierten Vortrag zu untermauern (vgl BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 28 mwN). Denn nach der Rechtsprechung des Großen Senats des BSG (vgl BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 28 f) obliegt die Entscheidung über den Anspruch des Versicherten auf vollstationäre Krankenhausbehandlung allein der KK und im Streitfall dem Gericht, ohne dass diese an die Einschätzung des Krankenhauses oder seiner Ärzte gebunden sind (vgl BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 31).

26

Andererseits wäre es rechtsmissbräuchlich, wenn KKn flächendeckend ohne irgendeinen Anhaltspunkt jede Krankenhausabrechnung beanstandeten (vgl zur routinemäßigen und pauschalen Weigerung einer KK, Krankenhausrechnungen zu bezahlen, zB BSGE 89, 104, 109 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 2 S 16 f). Dafür liegt hier aber nichts vor. Jedenfalls dann, wenn sich demgegenüber auch nur geringste Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Abrechnung nicht sachlich-rechnerisch richtig ist, und/oder das Krankenhaus seine primären Informationsobliegenheiten und ggf -pflichten über die Abrechnungsgrundlagen nicht erfüllt, trifft das Krankenhaus spätestens auf Anforderung der KK zumindest die Obliegenheit, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere auch die Behandlungsunterlagen an den MDK oder das Gericht herauszugeben, soweit sich aus den Landesverträgen nach § 112 SGB V keine weitergehenden Mitteilungspflichten ergeben.

27

Die Beklagte beachtete die genannten Anforderungen an die Überprüfung von Krankenhausabrechnungen auf sachlich-rechnerische Richtigkeit. Es bestanden aufgrund der Tumorentfernung mittels Kraniotomie bei subokzipital-retromastoidalem Zugang als einer Leistung, die regelmäßig neurochirurgischen Abteilungen zugeordnet ist, mehr als nur geringste Anhaltspunkte für eine sachlich-rechnerische Unrichtigkeit. Ungeachtet dessen führt die nachträglich gesicherte Erkenntnis einer sachlich-rechnerischen Unrichtigkeit bei zunächst fehlenden Anhaltspunkten nicht zur Unverwertbarkeit dieser Erkenntnis. Dies gilt umso mehr in Fällen wie hier. Denn die Klägerin beging eine grobe Pflichtverletzung, indem sie sehenden Auges eine vom Versorgungsauftrag des Krankenhauses nicht umfasste neurochirurgische Operation bei der Versicherten durchführte und abrechnete, ohne zunächst den Sachverhalt offenzulegen.

28

Die Klägerin kann sich demgegenüber nicht auf die Verletzung der Anforderungen an Auffälligkeitsprüfungen, insbesondere des prüfrechtlichen Beschleunigungsgebots berufen, da eine solche Prüfung nicht betroffen war.

29

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

(1) Behandelt ein Krankenhaus zwischen dem 1. April 2020 und einschließlich dem 30. Juni 2020, zwischen dem 1. November 2020 und einschließlich dem 30. Juni 2021 sowie zwischen dem 1. November 2021 und einschließlich dem 19. März 2022 Patientinnen und Patienten, die mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert sind oder bei denen der Verdacht einer solchen Infektion besteht, darf der zuständige Kostenträger die ordnungsgemäße Abrechnung der von diesem Krankenhaus zwischen dem 1. April 2020 und einschließlich dem 30. Juni 2020, zwischen dem 1. November 2020 und einschließlich dem 30. Juni 2021 sowie zwischen dem 1. November 2021 und einschließlich dem 19. März 2022 erbrachten Leistungen nicht daraufhin prüfen oder prüfen lassen, ob die in der Liste nach Absatz 2 genannten Mindestmerkmale erfüllt sind. Die Ausnahme von der Prüfung der erbrachten Leistungen erstreckt sich jeweils auf den gesamten Behandlungsfall unabhängig vom Datum der Aufnahme, der Entlassung oder der Verlegung der Patientin oder des Patienten in ein anderes Krankenhaus.

(2) Das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information erstellt eine Liste der Mindestmerkmale der von ihm bestimmten Kodes des Operationen- und Prozedurenschlüssels nach § 301 Absatz 2 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, die nach Absatz 1 von der Prüfung ausgenommen sind, und veröffentlicht diese Liste barrierefrei bis zum 30. Mai 2020 auf seiner Internetseite. Das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information kann Anpassungen der Liste vornehmen und hat diese Anpassungen auf seiner Internetseite barrierefrei zu veröffentlichen. Ab dem 26. Mai 2020 nimmt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte die Anpassungen nach Satz 2 vor und veröffentlicht diese barrierefrei. Die barrierefreie Veröffentlichung nach den Sätzen 1 bis 3 erfolgt ab dem 26. Mai 2020 auf der Internetseite des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte. Ab dem 1. Januar 2021 kann die Liste nach Satz 1 auch Strukturmerkmale enthalten.

(3) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates von Absatz 1 abweichende Zeiträume regeln.

(4) Im Rahmen der Prüfung von Strukturmerkmalen sind die in Absatz 1 genannten Zeiträume von dem Nachweis auszunehmen, dass ein in Absatz 1 genanntes Krankenhaus die Strukturmerkmale einhält, die in der Liste nach Absatz 2 genannt sind. Das Nähere ist in der Richtlinie nach § 283 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zu regeln. Ist der Nachweis eines Strukturmerkmals wegen der Vorgaben in Satz 1 nicht zu erbringen, darf der Medizinische Dienst nicht nach § 275d Absatz 1 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch begutachten, ob das Krankenhaus dieses Strukturmerkmal einhält.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. September 2012 aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. September 2011 zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten auch des Berufungs- und Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Streitig sind sachlich-rechnerische Richtigstellungen wegen Überschreitung der für die Job-Sharing-Praxis des Klägers festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina in den Quartalen III/2008 und IV/2008.

2

Der Kläger ist als Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (HNO) zur vertragsärztlichen Versorgung in W. zugelassen. Mit Beschluss vom 30.1.2008 erteilte ihm der Zulassungsausschuss (ZA) eine Genehmigung zur Beschäftigung der HNO-Ärztin Dr. E. im zeitlichen Umfang von 10 Wochenstunden ab dem 1.4.2008 als sog Job-Sharing-Partnerin nach § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V. Mit der Genehmigung war die Festsetzung quartalsbezogener Gesamtpunktzahlen verbunden, die bei der Abrechnung als Leistungsobergrenze maßgeblich sein sollten.

3

Auf einen Antrag des Klägers vom 21.3.2008 setzte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) mit Bescheid vom 28.5.2008 aus Sicherstellungsgründen die Fallzahlzuwachsbegrenzung für das Jahr 2008 aus. Der Kläger hatte angegeben, dass der HNO-Arzt Dr. S.
in V. (Bezirk der KÄV Hessen) mit Wirkung zum 1.10.2007 seine Zulassung zurückgegeben habe und dessen Patienten mangels Nachfolger zum Teil von ihm versorgt werden müssten. Der Praxisnachfolger nahm tatsächlich seine vertragsärztliche Tätigkeit zum Quartal II/2008 auf.

4

Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 12.1.2009 mit, dass bei Job-Sharing-Praxen, die die vom ZA festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina überschreiten, eine quartalsbezogene Rückforderung vorgenommen werden solle. Nach Ablauf von vier Quartalen erfolge ggf eine Saldierung, sodass im Fall einer Unterschreitung eine Rückvergütung erfolge. Er habe im Quartal II/2008 die Punktzahlobergrenze um 49.811,1 Punkte unterschritten. Mit Honorarbescheid vom 15.1.2009 setzte die Beklagte für das Quartal III/2008 ein Honorar in Höhe von insgesamt 47 420,35 Euro fest. Für das Quartal IV/2008 setzte sie mit Bescheid vom 15.4.2009 insgesamt ein Honorar in Höhe von 51 282,37 Euro fest. Dabei berücksichtigte sie jeweils sämtliche der Fallzahlzuwachsbegrenzung unterliegenden Fälle, nicht jedoch die Leistungsbegrenzung durch die Gesamtpunktzahlvolumina.

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Mit Bescheid vom 25.6.2009 nahm die Beklagte wegen Überschreitungen der Gesamtpunktzahlvolumina in den Quartalen III/2008 und IV/2008 eine sachlich-rechnerische Richtigstellung vor und kürzte das Honorar des Klägers für das Quartal III/2008 um 3455,25 Euro und für das Quartal IV/2008 um 5204,42 Euro. Aufgrund einer Rückvergütung für das Quartal II/2008 in Höhe von 1910,80 Euro werde ein Betrag in Höhe von insgesamt 6748,87 Euro im Rahmen des Honorarbescheides für das Quartal II/2009 verrechnet. Für das Quartal III/2008 wurde dabei eine individuelle Punktzahlobergrenze von 1.211.887,6 Punkten und für das Quartal IV/2008 eine individuelle Punktzahlobergrenze von 1.191.850,5 Punkten zugrunde gelegt. Abgerechnet worden seien im Quartal III/2008 1.308.945,0 Punkte und im Quartal IV/2008 1.327.520,0 Punkte, sodass die Differenz in Höhe von 97.057,4 Punkten (Quartal III/2008) und 135.669,5 Punkten (Quartal IV/2008) abzuziehen sei.

6

Den Widerspruch des Klägers hiergegen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6.8.2010 zurück. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 22.9.2011 abgewiesen. Aus dem bestandskräftigen Bescheid des ZA vom 7.4.2008 (= Beschluss vom 30.1.2008), der für die Beteiligten und das Gericht bindend sei, ergebe sich eine Begrenzung der abrechenbaren Leistungsmenge. Da dem Kläger die Begrenzung des abrechenbaren Leistungsumfangs bekannt gewesen sei, habe kein schutzwürdiges Vertrauen dahingehend entstehen können, dass er Leistungen über die Gesamtpunktzahlvolumina hinaus abrechnen könne. Ein solches Vertrauen sei auch nicht durch die Befreiung von der Fallzahlzuwachsbegrenzung entstanden. Aufgrund der unterschiedlichen Regelungsgegenstände und Zuständigkeiten habe der Kläger nicht davon ausgehen können, von der Einhaltung der Punktzahlobergrenzen befreit zu sein. Es habe daher dem Kläger oblegen, für die Zeit ab dem 1.4.2008 bei dem ZA eine Erhöhung der Gesamtpunktzahlvolumina zu beantragen.

7

Mit dem angefochtenen Urteil vom 26.9.2012 hat das LSG das Urteil des SG vom 22.9.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 25.6.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.8.2010 aufgehoben. Grundsätzlich seien hier die Voraussetzungen für eine nachträgliche Richtigstellung der Honorarbescheide erfüllt, weil der Kläger die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina überschritten habe. Indes sei Grund hierfür nicht eine dauerhafte Mengenausweitung unter Missachtung der für die Praxis festgesetzten Leistungsbegrenzung, sondern der durch die Rückgabe der Zulassung durch Dr. S. entstandene zeitlich begrenzte zusätzliche Versorgungsbedarf. Die aus diesem Grund erteilte befristete Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung hätte im Falle einer "Normalpraxis" zur Vergütung der zur Sicherstellung der Versorgung erbrachten Mehrleistungen geführt. Im Falle einer Job-Sharing-Praxis müssten indes zusätzlich die Gesamtpunktzahlvolumina für die Übergangszeit angehoben werden. Einen entsprechenden Antrag bei dem ZA hätten jedoch weder die Beklagte noch der Kläger gestellt. Der Kläger habe zwar die statusrechtlichen Voraussetzungen der Leistungserbringung und -abrechnung zu kennen und müsse sich bei Zweifeln ggf informieren, sodass er sich nicht auf Unkenntnis berufen könne. Es liege jedoch ein Sonderfall vor, weil die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (BedarfsplRL) eine Änderung der Gesamtpunktzahlvolumina für den Fall eines zeitlich begrenzten zusätzlichen Versorgungsbedarfs nicht vorsehe und die Notwendigkeit einer vorübergehenden Änderung der Leistungsgrenze bei Job-Sharing im Falle eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs dem ZA und der Beklagten jedenfalls aus Sicht des Klägers habe bekannt sein müssen. Das sich hieraus ergebende Vertrauen des Klägers darauf, die Mehrleistungen auch ohne ausdrücklichen statusrechtlichen Ausnahmebescheid des ZA vergütet zu erhalten, sei ausnahmsweise schutzwürdig.

8

Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten. Das LSG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger sich hier auf Vertrauensschutz berufen könne. Der Beschluss des ZA vom 30.1.2008 habe Bestandskraft erlangt und sei daher für sie und den Kläger bindend. Änderungen und Anpassungen der Gesamtpunktzahlvolumina könne sie zwar beantragen, die Umsetzung sei aber ausschließlich dem ZA vorbehalten. Der Bescheid vom 28.5.2008 habe daher die in dem Bescheid des ZA festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina nicht aufheben können. Er beziehe sich im Übrigen ausdrücklich auch nur auf die Fallzahlzuwachsbegrenzung, die ein völlig anderes Regelungsinstrument als die Gesamtpunktzahlvolumina im Rahmen des Job-Sharing sei. Aufgrund der unterschiedlichen Regelungsbereiche und Zuständigkeiten habe der Kläger nicht ohne Weiteres davon ausgehen dürfen, von der Einhaltung der Job-Sharing-Obergrenze entbunden zu sein. Er habe sich vielmehr, nachdem er den Bescheid über die Aussetzung der Fallzahlbegrenzungsregelung erhalten habe, bei dem ZA oder bei ihr, der Beklagten, nach den Auswirkungen dieser Aussetzung auf die Gesamtpunktzahlvolumina erkundigen und ggf einen entsprechenden Änderungsantrag stellen müssen.

9

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 26. September 2012 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Stuttgart vom 22.9.2011 zurückzuweisen.

10

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend. Es sei bereits keine Unrichtigkeit der Honorarbescheide anzunehmen, da er durch den Bescheid vom 28.5.2008 ausdrücklich damit beauftragt worden sei, den durch die Rückgabe der Zulassung durch Dr. S. vorübergehend entstandenen Versorgungsmangel auszugleichen. Selbst bei Annahme der Rechtswidrigkeit der Honorarbescheide habe die Beklagte durch die zeitlich nach der Festsetzung der Gesamtpunktzahlvolumina erfolgte Aufhebung der Fallzahlzuwachsbegrenzung jedenfalls einen Vertrauenstatbestand geschaffen, der der Honorarkürzung entgegenstehe. Vertrauensschutz scheide nicht deshalb aus, weil es sich bei der Beklagten und dem ZA um zwei unterschiedliche Behörden handele. Diese Betrachtung lasse außer Acht, dass auch die Beklagte regelmäßig Anpassungen der Punktzahlgrenzen vornehme, die durch den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) oder den Honorarverteilungsvertrag bedingt würden. Im Übrigen bestehe der ZA zur Hälfte aus Mitgliedern der Beklagten und werde bei der Beklagten geführt. Es habe der Beklagten oblegen, ihn über sein Antragsrecht auf Erhöhung der Gesamtpunktzahlvolumina zu informieren oder den Antrag selbst zu stellen. Sie hätte die Bewilligung der Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzungsregelung auch mit der Bedingung versehen können, dass dennoch die Gesamtpunktzahlvolumina eingehalten werden müssten. Da in den BedarfsplRL eine Ausnahmeregelung für den Fall eines zeitlich begrenzten zusätzlichen Versorgungsbedarfs nicht vorgesehen gewesen sei, könne es nicht zu seinen Lasten gehen, dass er keinen Antrag auf Aussetzung der Gesamtpunktzahlvolumina bei dem ZA gestellt habe.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Beklagte war berechtigt, die Abrechnungen des Klägers sachlich-rechnerisch richtig zu stellen, weil er die für seine Job-Sharing-Praxis geltenden Gesamtpunktzahlvolumina in den streitbefangenen Quartalen überschritten hat.

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1. Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung und Rückforderung ist § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V(idF des Gesetzes zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 , insoweit in der Folgezeit unverändert). Danach stellt die KÄV die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots -, erbracht und abgerechnet worden sind. Die Befugnis zu Richtigstellungen besteht auch für bereits erlassene Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung). Sie bedeutet dann im Umfang der vorgenommenen Korrekturen eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheides. Die genannten Bestimmungen stellen Sonderregelungen dar, die gemäß § 37 Satz 1 SGB I in ihrem Anwendungsbereich die Regelung des § 45 SGB X verdrängen(stRspr, zB BSGE 89, 62, 66 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 345 f und BSGE 89, 90, 93 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 6 f; BSG, SozR 4-5520 § 32 Nr 2 RdNr 10; BSGE 96, 1, 2 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11; BSG, SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 12). Eine nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil-)Rücknahme des Honorarbescheides mit Wirkung für die Vergangenheit löst nach § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der Leistung aus(BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 3; BSGE 89, 62, 75 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 355; BSGE 96, 1, 3 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 12; aaO Nr 3 RdNr 18).

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a) Die Tatbestandsvoraussetzung für eine nachträgliche sachlich-rechnerische Richtigstellung nach § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V ist vorliegend erfüllt, weil die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina nicht berücksichtigt wurden und daher die Honorarbescheide vom 15.1.2009 und vom 15.4.2009 rechtswidrig sind. In wessen Verantwortungsbereich die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt, ist unerheblich; einzige tatbestandliche Voraussetzung ist die Rechtswidrigkeit des Honorarbescheides (vgl BSGE 93, 69, 71 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 7 - hierzu Engelhard, jurisPR-SozR 44/2004 Anm 1).

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Der ZA hat auf der Grundlage von §§ 23 c ff BedarfsplRL(in der Fassung vom 15.2.2007 mit Wirkung ab dem 1.4.2007, Bundesanzeiger Nr 64 S 3491 vom 31.3.2007; zur weiteren BedarfsplRL-Änderung, die am 1.1.2013 in Kraft getreten ist, siehe die Neufassung der BedarfsplRL vom 20.12.2012, BAnz vom 31.12.2012, Bekanntmachung Nr 7, mit Neunummerierung der §§ 23a-23m als §§ 40-47, 58-62) mit Beschluss vom 30.1.2008 die Gesamtpunktzahlvolumina für die Job-Sharing-Praxis festgelegt (vgl zur Berechnung der Leistungsbegrenzung BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 12 RdNr 21 ff). Diesen Beschluss hat der Kläger nicht angegriffen, sodass Bestandskraft eingetreten ist. Auch die Beklagte, die den Honoraranspruch des Vertragsarztes festsetzt, ist an die bestandskräftige Beschränkung des Leistungsumfangs aufgrund der Genehmigung der Anstellung einer Ärztin in der Praxis des Klägers unter Job-Sharing-Bedingungen gebunden.

16

Die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina hat der Kläger in den streitbefangenen Quartalen überschritten. Für die streitbefangenen Quartale hat die hierfür gemäß § 23c Satz 4 BedarfsplRL aF(§ 42 Satz 4 BedarfsplRL nF) zuständige Beklagte ausweislich des Bescheides vom 25.6.2009 eine Anpassung der quartalsbezogenen Punktzahlobergrenzen vorgenommen und eine individuelle Punktzahlobergrenze von 1.211.887,6 Punkten (Quartal III/2008) bzw 1.191.850,5 Punkten (Quartal IV/2008) ermittelt. Die ermittelten Gesamtpunktzahlvolumina hat der Kläger in den streitbefangenen Quartalen um 97.057,4 Punkte (Quartal III/2008) bzw 135.669,5 Punkte (Quartal IV/2008) überschritten. Diese Überschreitungen wurden in den Honorarbescheiden vom 15.1.2009 (Quartal III/2008) und vom 15.4.2009 (Quartal IV/2008) zunächst nicht berücksichtigt.

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b) Für eine Ausnahme von der Leistungsbegrenzung aufgrund eines befristeten lokalen Versorgungsbedarfs, wie der Kläger ihn hier behauptet hat, wäre eine Erhöhung der Gesamtpunktzahlvolumina erforderlich gewesen. Einen entsprechenden Antrag hat der Kläger hier nicht gestellt. Es kann offenbleiben, ob der Widerspruch des Klägers gegen den Richtigstellungsbescheid hier als solcher Antrag hätte aufgefasst werden können (vgl zu den Anforderungen BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 1/12 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 101 Nr 14 vorgesehen -; zur rückwirkenden Antragstellung vgl Urteil des Senats vom heutigen Tag - B 6 KA 36/12 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Die Beklagte wäre dann verpflichtet gewesen, den Antrag an den zuständigen ZA weiterzuleiten. Allein die Zulassungsgremien können eine Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina vornehmen, die grundsätzlich nur unter Beachtung der Voraussetzungen, die in den Tatbeständen des § 23e Satz 2, 3 BedarfsplRL aF(§ 44 Satz 2 und 3 BedarfsplRL nF) normiert sind, zulässig ist (vgl BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 1/12 R - Juris RdNr 27, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 101 Nr 14 vorgesehen). Der Antrag wäre jedenfalls nicht erfolgreich gewesen.

18

Der ZA hätte allerdings die Punktzahlobergrenze der Praxis anheben können, wenn kurzfristig ein regionaler zusätzlicher Versorgungsbedarf bestanden hätte. Nach § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 5 Halbsatz 1 SGB V(eingefügt durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz vom 22.12.2006 mit Wirkung vom 1.1.2007) hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in den BedarfsplRL Regelungen bezüglich einer Ausnahme von der Leistungsbegrenzung zu treffen, soweit und solange dies zur Deckung eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs erforderlich ist. Eine solche Ausnahmeregelung hat der G-BA in den §§ 23i ff BedarfsplRL aF(§§ 58 ff BedarfsplRL nF), mit denen der Regelungsauftrag des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V umgesetzt wurde, nicht vorgesehen. Der G-BA hat lediglich mit Beschluss vom 13.3.2008 (BAnz Nr 80, S 1950) gestützt auf § 101 Abs 3a SGB V in § 34a BedarfsplRL aF geregelt, dass der Landesausschuss festlegt, für welche Bezugsregionen innerhalb eines nicht unterversorgten Planungsbereiches er die Feststellung von zusätzlichem lokalem Versorgungsbedarf trifft(§ 34a Abs 2 Satz 1 BedarfsplRL aF). Diese Vorschrift erfasst mithin nur strukturell und damit langfristig bestehende lokale Bedarfe. Der Landesausschuss für Ärzte und Krankenkassen hat hier dementsprechend nur auf der Grundlage von § 103 Abs 1, 3 SGB V das Vorliegen einer Überversorgung geprüft und mit Beschluss vom 20.2.2008 (abrufbar im Internet unter: http://www.kvbawue.de/vertraegerecht/bekanntmachungen/landesausschuss/, letzter Aufruf am 12.7.2013) für den Planungsbereich Rhein-Neckar-Kreis, in dem der Sitz des Klägers liegt, eine Überversorgung mit HNO-Ärzten angenommen und keinen zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf festgestellt. Auch § 23e BedarfsplRL aF(§ 44 BedarfplRL nF), der die Voraussetzungen für die Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina regelt, berücksichtigt den Fall einer erkennbar nur vorübergehenden Steigerung des Leistungsumfangs zur Sicherstellung eines befristeten regionalen Mehrbedarfs nicht. Nach dieser Vorschrift kommt eine Neubestimmung der Abrechnungsobergrenzen nur in Betracht, wenn Änderungen des EBM oder vertragliche Vereinbarungen spürbare Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlagen haben (Satz 2) oder Änderungen der Berechnung der für die Obergrenze maßgeblichen Faktoren eine spürbare Veränderung bewirken und die Beibehaltung der durch den ZA festgestellten Gesamtpunktzahlvolumina im Verhältnis zu den Ärzten der Fachgruppe eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung/Benachteiligung darstellen würde (Satz 3). Fehlt es damit zwar an einer ausdrücklichen normativen Grundlage für die Berücksichtigung eines zeitlich begrenzten zusätzlichen Versorgungsbedarfs, der etwa durch die vorübergehende Schließung einer Praxis entstehen kann, ist eine Erhöhung der Leistungsgrenze in einem solchen Fall gleichwohl nicht ausgeschlossen. Sie kann vielmehr im Interesse der Sicherstellung der Versorgung der Versicherten ausnahmsweise geboten sein. Eine Erhöhung der Gesamtpunktzahlvolumina kann in diesen Fällen unter Rückgriff auf den Rechtsgedanken des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 5 Halbsatz 1 SGB V erfolgen. Das LSG hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Honorierung der zur Sicherstellung eines befristeten zusätzlichen Versorgungsbedarfs erbrachten Mehrleistungen einer Job-Sharing-Praxis nicht nur eine Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung, wie sie hier von der Beklagten erteilt wurde, erfordert, sondern auch eine Erhöhung der Leistungsgrenze.

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Ohne eine solche zeitlich auf das Bestehen eines begrenzten zusätzlichen Versorgungsbedarfs beschränkte Erhöhung der Leistungsgrenze käme eine Job-Sharing-Praxis für die Deckung des Bedarfs nicht in Betracht. Es müssten dann ggf Ermächtigungen erteilt werden, um die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung auch während der vorübergehenden Vakanz einer Praxis zu gewährleisten, obwohl Vertragsärzte bereit und imstande wären, den Bedarf zu decken. Damit würde der prinzipielle Vorrang der Vertragsärzte (und Medizinischen Versorgungszentren) in der ambulanten Versorgung allein deshalb in Frage gestellt, weil in den BedarfsplRL keine Regelung für eine Erhöhung der Leistungsgrenzen in den hier in Rede stehenden Konstellationen getroffen worden ist. Der G-BA wird daher entsprechende Regelungen zu treffen haben, damit künftig ein unmittelbarer Durchgriff der Zulassungsgremien auf den Rechtsgedanken des § 101 Satz 1 Nr 5 SGB V entbehrlich wird.

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Eine Möglichkeit der Erhöhung der Leistungsgrenze gebietet in diesen Fällen nicht zuletzt der Grundsatz der Gleichbehandlung der Job-Sharing-Praxen mit den Praxen, für die die Zulassungsgremien keine Gesamtpunktzahlvolumina festgesetzt haben; diesem Grundsatz wird auch in § 23e Satz 3 BedarfsplRL aF(§ 44 Satz 3 BedarfsplRL nF) besondere Bedeutung beigemessen. Den Nicht-Job-Sharing-Praxen würde nämlich, worauf das LSG zu Recht hingewiesen hat, allein die Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung die Vergütung der erbrachten Mehrleistungen sichern.

21

Eine Situation, die kurzfristig eine zeitlich begrenzte Anhebung der Leistungsgrenzen hätte erfordern können, war hier jedoch nicht gegeben. Der seit dem 1.10.2007 vakante Vertragsarztsitz von Dr. S. war schon zu Beginn des Quartals II/2008, als Dr. E. ihre Tätigkeit in der Praxis des Klägers aufnahm, wieder besetzt. Sofern durch die vorübergehende Schließung der Praxis ein besonderer Versorgungsbedarf entstanden war, erstreckte er sich jedenfalls nicht (mehr) auf die streitbefangenen Quartale.

22

2. Die Befugnis der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der fehlerhaften Honorarbescheide war auch nicht durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes eingeschränkt. Vertrauensschutz kann der Kläger insbesondere nicht aus dem Bescheid der Beklagten vom 28.5.2008 herleiten, mit dem ihm - zu Unrecht, weil ein etwaiger Sicherstellungsbedarf schon seit dem 1.4.2008 wieder entfallen war - eine Ausnahme der Fallzahlzuwachsbegrenzung bewilligt wurde.

23

a) Der Vertragsarzt kann nach der Rechtsprechung des Senats auf den Bestand eines vor einer endgültigen Prüfung auf Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit erteilten Honorarbescheides grundsätzlich nicht vertrauen (stRspr zB BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 4; BSGE 89, 90, 94 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 7 mwN; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 24 RdNr 18). Die Auskehrung der Gesamtvergütungsanteile durch die KÄV im Wege der Honorarverteilung ist nämlich dadurch gekennzeichnet, dass diese quartalsmäßig auf die Honoraranforderungen ihrer Vertragsärzte hin Bescheide zu erlassen hat, ohne dass sie - aus rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen - die Rechtmäßigkeit der Honoraranforderungen hinsichtlich ihrer sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Leistungserbringung bereits umfassend überprüfen konnte. Die Berechtigung der KÄV zur Rücknahme rechtswidriger Honorarbescheide ist nicht auf die Berichtigung von Fehlern aus der Sphäre des Vertragsarztes beschränkt, sondern besteht umfassend, unabhängig davon, in wessen Verantwortungsbereich die allein maßgebliche sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt.

24

Die umfassende Berichtigungsbefugnis der KÄV, die den Besonderheiten und Erfordernissen der Honorarverteilung Rechnung trägt, ist daher im Hinblick auf den gebotenen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu begrenzen. Das gilt nach der Rechtsprechung des Senats sowohl für Unrichtigkeiten, die ihre Ursache in der Sphäre des Vertragsarztes finden, wie auch bei anderen Fehlern, etwa der Unwirksamkeit der generellen Grundlagen der Honorarverteilung. Insbesondere im letztgenannten Fall müssen die Interessen des einzelnen Arztes an der Kalkulierbarkeit seiner Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit einerseits und die Angewiesenheit der KÄV auf die Weitergabe nachträglicher Änderungen der rechtlichen Grundlagen der Honorarverteilung an alle Vertragsärzte andererseits zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden (vgl BSGE 93, 69, 72 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 9 mwN). Zur generellen Sicherstellung dieses Interessenausgleichs und damit zur Beurteilung der Frage, in welchen Konstellationen das Vertrauen des Vertragsarztes auf den Bestand eines rechtswidrigen, ihn begünstigenden Verwaltungsaktes schutzwürdig ist, hat der Senat Fallgruppen herausgearbeitet, in denen die Befugnis zu sachlich-rechnerischen Richtigstellungen aus Gründen des Vertrauensschutzes begrenzt ist (zusammenfassend BSGE 96, 1, 4 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 14 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 16; vgl im Einzelnen zu den Fallgruppen Clemens, in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 106a SGB V RdNr 189 ff; Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: April 2012, K § 106a RdNr 33 ff; Harneit, in: Festschrift 10 Jahre Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, 2008, 361, 366 ff; Knopp, Die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, 2009, 180 ff).

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b) Die nachträgliche Korrektur eines Honorarbescheides nach den Vorschriften über die sachlich-rechnerisch Richtigstellung ist nicht mehr möglich, wenn die Frist von vier Jahren seit Erlass des betroffenen Honorarbescheides bereits abgelaufen ist (BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16 mwN; vgl jüngst zur Hemmung der vierjährigen Ausschlussfrist BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 35/12 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 10; vgl im Hinblick auf die Durchführung einer Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V auch: BSG Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 27/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 19 ff; Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 45/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 16 ff). Eine Rücknahme des Honorarbescheides ist nach Ablauf der Frist nur noch unter Berücksichtigung der Vertrauensausschlusstatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1 SGB X möglich. Diese Fallgruppe ist vorliegend nicht einschlägig, da ersichtlich die Frist von vier Jahren, die nach der Rechtsprechung des Senats am Tag nach der Bekanntgabe des Honorarbescheides beginnt (vgl BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16; BSG Urteil vom 28.3.2007 - B 6 KA 26/06 R - Juris RdNr 16; BSGE 106, 222, 236 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 60 mwN), nicht abgelaufen ist.

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c) Weiterhin ist die Befugnis der KÄV zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung aus Vertrauensschutzgesichtspunkten eingeschränkt, soweit die KÄV ihre Befugnis zur sachlich-rechnerische Richtigstellung bereits "verbraucht" hat, indem sie die Honoraranforderung des Vertragsarztes in einem der ursprünglichen Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft und vorbehaltlos bestätigt hat (BSGE 89, 90, 98 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 11 f; bekräftigt in BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 19; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 18 ff für den Fall der Rückgängigmachung einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung). In diesem Fall ist die jedem Honorarbescheid innewohnende spezifische Vorläufigkeit und damit die Anwendbarkeit der Berichtigungsvorschriften entfallen (vgl BSGE 93, 69, 74 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 15). Auch eine solche Fallkonstellation ist hier nicht gegeben.

27

d) Darüber hinaus ist nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu beachten, wenn die KÄV es unterlassen hatte, bei der Erteilung des Honorarbescheides auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung oder ihrer Auslegung (BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352; BSGE 93, 69, 75 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 16; BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 20) oder auf ein noch nicht abschließend feststehendes Gesamtvergütungsvolumen (BSGE 96, 1, 7 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 20)hinzuweisen und durch einen Vorläufigkeitshinweis zu manifestieren. Der Vorläufigkeitshinweis muss sich dabei nicht ausdrücklich aus dem Honorarbescheid selbst ergeben, es genügt vielmehr, dass sich der Vorbehalt aufgrund bestehender Ungewissheiten ausreichend deutlich aus den Gesamtumständen ergibt (zB BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352; BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 20; BSGE 96, 1, 7 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 20; BSGE 98, 169, 177 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 28). Hat die KÄV einen derartigen Hinweis in der notwendigen Form unterlassen, sind die Berichtigungsvorschriften zwar weiterhin anwendbar, wegen des durch das Verhalten der KÄV begründeten Vertrauensschutzes der Vertragsärzte ist für die Aufhebung eines Honorarbescheides aber nur Raum, wenn in entsprechender Anwendung des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1 SGB X Vertrauensausschlusstatbestände gegeben sind(BSGE 96, 1, 5 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 16). Eine solche Fallkonstellation liegt hier nicht vor. Im Hinblick auf den hier maßgeblichen Grund für die Richtigstellung, die Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina, bestand bei Erlass der Honorarbescheide vom 15.1.2009 und vom 15.4.2009 keine Ungewissheit im genannten Sinn. Weder waren die normativen Grundlagen der Honorarverteilung betroffen, noch Unsicherheiten im Hinblick auf das Gesamtvergütungsvolumen. Die Richtigstellung resultierte vielmehr aus Besonderheiten bei der Honorarbegrenzung für Job-Sharing-Praxen, über die bei Erlass der Honorarbescheide auch keine Unsicherheit bestand.

28

e) Schließlich ist die Richtigstellungsbefugnis der KÄV begrenzt, wenn die Besonderheiten der Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, die in der Rechtsprechung für die Verdrängung der Regelung des § 45 SGB X durch die Vorschriften über die sachlich-rechnerische Richtigstellung angeführt worden sind, nicht konkret tangiert sind(BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 18 ff; BSGE 96, 1, 6 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 19; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 26). Diese Fallgruppe erfasst die fehlerhafte Abrechnung im Einzelfall etwa infolge eines Rechenfehlers oder der versehentlichen Verwendung eines falschen Berechnungsfaktors. Auch in einem solchen Fall wird die Honorarberichtigung zwar nach den einschlägigen bundesmantelvertraglichen Regelungen durchgeführt, im Rahmen des Berichtigungsverfahrens sind indes die speziellen Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs 2 iVm Abs 4 SGB X entsprechend heranzuziehen(vgl BSGE 93, 69, 76 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 18). Ein solcher Sachverhalt gibt keinen Anlass, von den allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen abzuweichen, wonach die Behörde vorbehaltlich der besonderen Tatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 SGB X das Risiko dafür trägt, dass sie einen für den Bürger günstigen Verwaltungsakt erlässt, der sich nachträglich als teilweise rechtswidrig erweist(BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 20). Eine Beschränkung der Richtigstellungsbefugnis der Beklagten ergibt sich auch unter diesem Gesichtspunkt nicht. Die Umsetzung der Bescheide der Zulassungsgremien über die Punktzahlobergrenzen nach Zulassungen oder Arztanstellungen unter Job-Sharing-Bedingungen in den Honorarbescheiden der vertragsärztlichen Praxen betrifft spezifische Umstände der Honorierung der vertragsärztlichen Leistungen. Die ursprünglichen Honorarbescheide der Beklagten gegenüber dem Kläger enthielten dementsprechend keinen Rechenfehler oder vergleichbare Defizite, die Beklagte hatte sie vielmehr bewusst - wie bei allen anderen Job-Sharing-Praxen - zunächst ohne Anwendung der Regelungen über die Leistungsgrenzen erstellt. Ob das für diese Vorgehensweise angeführte Argument einer Entlastung der Verwaltung bei der zeitnahen Erstellung der Honorarbescheide das Gewicht hat, das die Beklagte ihm zumisst, kann auf sich beruhen. Jedenfalls vollzog die Richtigstellung einen komplexen Berechnungsschritt bei Festsetzung des vertragsärztlichen Honorars nach. Mit den in der Entscheidung des Senats vom 30.6.2004 (BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 20) angesprochenen individuellen Rechtsanwendungsfehlern ohne Bezug zu den Besonderheiten der Honorierung vertragsärztlicher Leistungen hat das keine Berührungspunkte.

29

f) Ob daneben ein allgemeiner Vertrauensschutz weiterhin in Betracht kommt, wenn die KÄV die rechtswidrige Erbringung bestimmter Leistungen in Kenntnis aller Umstände längere Zeit geduldet hat, diese später jedoch insgesamt von einer Vergütung ausschließt, kann offenbleiben (vgl BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 16, hieran anknüpfend: Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: April 2012, K § 106a RdNr 33d; ebenso Harneit, in: Festschrift 10 Jahre Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, 2008, 361, 370 ff; Knopp, Die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, 2009, 181). Die Frage bedarf vorliegend keiner Beantwortung, da die Beklagte die Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina nicht längere Zeit geduldet hat.

30

g) Es besteht nach den Besonderheiten des Falles auch kein Anlass, über die in der Rechtsprechung des Senats anerkannten Konstellationen hinaus Vertrauensschutz zu gewähren. Ein Schutzbedürfnis des Klägers, das mit demjenigen in den anerkannten Fallgruppen vergleichbar ist, besteht nicht. Es kann offenbleiben, ob ein rechtswidriger Verwaltungsakt - hier die ungerechtfertigte Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung - überhaupt geeignet sein kann, schutzwürdiges Vertrauen zu begründen. Durch die mit Bescheid vom 28.5.2008 gewährte Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung begründete die Beklagte jedenfalls keinen Vertrauenstatbestand darauf, dass auch die vom ZA festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina nicht mehr gelten sollten. Dieser Bescheid hatte ausschließlich die Fallzahlzuwachsbegrenzung zum Gegenstand und ließ keinen Zusammenhang zu dem Job-Sharing sowie dem hierdurch bedingten Gesamtpunktzahlvolumen erkennen. Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich bei der Fallzahlzuwachsbegrenzung und dem Gesamtpunktzahlvolumen um unterschiedliche Regelungsbereiche handelt. Dies wird bereits aus den unterschiedlichen Zuständigkeiten deutlich. Der Kläger kannte die Festsetzungen des ZA. Die Abgabe einer entsprechenden Verpflichtungserklärung war nach § 101 Abs 1 Nr 5 SGB V Voraussetzung für die Genehmigung des Job-Sharing. Ausweislich des Beschlusses vom 30.1.2008 haben sich der Kläger und Frau Dr. E. schriftlich gegenüber dem ZA damit einverstanden erklärt, den bestehenden Umfang der Praxis nicht wesentlich zu überschreiten. Dem Kläger war also, was auch nicht in Abrede gestellt wird, bewusst, dass die vom ZA festgesetzten Obergrenzen einzuhalten waren. Weder die organisatorische Anbindung der Zulassungsgremien an die KÄV nach § 96 Abs 3 SGB V noch die Besetzung der Gremien (auch) mit von den KÄVen bestellten Vertretern sind geeignet, den Anschein zu begründen, die KÄV könne eine vom ZA getroffene Regelung ändern. Es kann vorausgesetzt werden, dass dem Vertragsarzt die Unterscheidung zwischen ZA und KÄV bekannt ist. Auch der Umstand, dass die Beklagte gemäß § 23c Satz 4 BedarfsplRL aF(§ 42 Satz 4 BedarfsplRL nF) die Berechnung der Anpassung der Gesamtpunktzahlvolumina entsprechend der Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts nach § 23f BedarfsplRL aF(§ 45 BedarfsplRL nF) vornimmt, kann kein Vertrauen darauf begründen, dass sie auch für eine Neuberechnung oder Aufhebung der Gesamtpunktzahlvolumina vornehmen kann. Dass es dafür nach § 23e BedarfsplRL aF(§ 44 BedarfsplRL nF) eines besonderen Antrags an den ZA bedarf, darf für die Job-Sharing-Partner als bekannt vorausgesetzt werden.

31

Fallzahlzuwachsbegrenzung und Leistungsbegrenzung durch Gesamtpunktzahlvolumina sind zudem unterschiedliche Regelungsinstrumente mit jeweils eigenständiger Bedeutung. Die Fallzahlzuwachsbegrenzung gemäß § 3 Nr 1 des in den streitbefangenen Quartalen geltenden Vertrages über den Honorarverteilungsmaßstab (HVM-V) iVm Anlage 1 zum HVM-V findet für alle in der Anlage genannten Arztgruppen Anwendung, während die Gesamtpunktzahlvolumina in Anwendung der BedarfsplRL nur in der besonderen Konstellation eines Job-Sharing von Bedeutung sind. Eine Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung kann auch dann Vorteile für den Vertragsarzt mit sich bringen, wenn die Gesamtpunktzahlvolumina - wie vorliegend - nicht an- oder aufgehoben wurden. Dies ergibt sich daraus, dass die Fallzahlzuwachsbegrenzung gemäß § 4 Nr 1 Satz 3 HVM-V für die Berechnung des Punktzahlgrenzvolumens maßgeblich ist. Die über das Punktzahlgrenzvolumen hinausgehende Leistungsmenge wird gemäß § 4 Nr 1 Satz 2 HVM-V mit einem abgestaffelten Punktwert vergütet. Hieraus folgt, dass die ohne Abstaffelung vergütete Leistungsmenge mit der anerkannten Fallzahl wächst. Auch wenn dies im Fall des Job-Sharing nur bis zur Höhe des für die Praxis festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumens gilt, hat die Fallzahlbegrenzung eine eigenständige Bedeutung und kann sich begünstigend auf die Honorarfestsetzung auswirken. Dass erst im Zusammenspiel von Regelungen zur Fallzahlzuwachsbegrenzung und Gesamtpunktzahlvolumina aus einem die Leistungsgrenze übersteigenden Leistungsumfang auch ein entsprechendes Honorar generiert werden, ändert nichts daran, dass es sich um verschiedene Instrumente zur Mengenbegrenzung mit jeweils unterschiedlichem Anwendungsbereich handelt.

32

Es hätte für den Kläger nahe gelegen, mit dem im März 2008 gestellten Antrag auf Ausnahme von der Fallzuwachsbegrenzung mit der Begründung des zusätzlichen Versorgungsbedarfs bei dem ZA ein höheres Gesamtpunktzahlvolumen zu beantragen. Soweit er vorträgt, zu diesem Zeitpunkt sei ihm noch nicht bekannt gewesen, dass er ohne Verletzung der Obergrenzen den Sicherstellungsauftrag nicht habe einhalten können, mag dies vor dem Hintergrund des erstmals im Quartal III/2008 überschrittenen Gesamtpunktzahlvolumens zutreffend sein. Letztlich bedarf dies jedoch keiner Klärung, da der Kläger in Folge des Beschlusses vom 30.1.2008 jedenfalls wissen musste, dass er die Gesamtpunktzahlvolumina einhalten musste. Spätestens nach der Zustellung des Beschlusses des ZA im April 2008 und damit nach seinem Antrag auf Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung hätte sich die Frage aufdrängen müssen, in welchem Verhältnis die Gesamtpunktzahlvolumina zur Fallzahlzuwachsbegrenzung stehen. Den Honorarbescheiden vom 15.1.2009 und 15.4.2009 war zu entnehmen, dass keine Fallzahlzuwachsbegrenzung zugrunde gelegt und dementsprechend sämtliche in diesem Zusammenhang relevanten Fälle bei der Berechnung der PZGV berücksichtigt worden waren, jedoch die Gesamtpunktzahlvolumina keine Beachtung gefunden hatten. Es hätte damit Anlass bestanden, bei der Beklagten nachzufragen, ob die Gesamtpunktzahlvolumina keine Anwendung finden. Zwar hat die Beklagte den Kläger auch nicht auf die ggf erforderliche Antragstellung beim ZA hingewiesen, indes hat sie allein hierdurch noch keinen Vertrauenstatbestand geschaffen.

33

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung des § 154 Abs 1 und 2 VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten auch des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu tragen.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein vom 17. Juni 2014 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Die Klägerin, eine radiologische Gemeinschaftspraxis, wendet sich gegen die mit den Honorarabrechnungen für die Quartale IV/2005 und I/2006 vorgenommene Neuberechnung ihrer Honorare für die Kalenderjahre 2000 bis 2003 unter Einbehalt von Honoraranteilen zur Finanzierung der Nachvergütung für ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte und Psychologische Psychotherapeuten in diesem Zeitraum.

2

Die Honorarabrechnungen der Klägerin für die Jahre 2000 bis 2003 enthielten folgenden Hinweis: "Diese Honorarabrechnung steht unter dem Vorbehalt, dass aufgrund einer für Schleswig-Holstein verbindlichen letztinstanzlichen Gerichtsentscheidung eine Neuberechnung der psychotherapeutischen Vergütungsanteile mit belastenden Auswirkungen auf die Punktwerte anderer Arztgruppen durchzuführen ist".

3

Hintergrund hierfür war die Rechtsprechung des BSG, insbesondere das Urteil vom 20.1.1999 (B 6 KA 46/97 R), wonach zunächst für den Zeitraum 1993 bis 1998 ein Mindestpunktwert für die strikt zeitabhängigen Leistungen der Psychotherapie in Höhe von zehn Pfennig (= 5,11 Cent) zu zahlen war. Für den Folgezeitraum machte der Bewertungsausschuss (BewA) Vorgaben zur Berechnung des Punktwertes für psychotherapeutische Gesprächsleistungen, die das BSG mit einem weiteren Urteil vom 28.1.2004 (B 6 KA 52/03 R) erneut beanstandete. Nachdem der BewA im Oktober 2004 neue Vorgaben formuliert hatte, erfolgte für den Zeitraum vom Quartal I/2000 bis IV/2003 eine Neuberechnung. Diese führte im Zuständigkeitsbereich der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) zu einem Nachvergütungsbetrag in Höhe von insgesamt 12,47 Millionen Euro. Die Beklagte schloss in der Folgezeit Vereinbarungen mit den gesetzlichen Krankenkassen (KKn) über eine Beteiligung an der Nachvergütung, zuletzt am 30.1.2006 mit dem Verband der Betriebskrankenkassen. Im Ergebnis dieser Verhandlungen verblieb ein von der KÄV zu tragender Anteil an der Gesamtnachvergütung in Höhe von 5,86 Millionen Euro. Mit diesem Betrag belastete die Beklagte ihre Mitglieder über Honorareinbehalte in den Jahren 2005 und 2006.

4

Der Honorarbescheid vom 11.4.2006 wies für die Leistungen der klägerischen Praxis im Quartal IV/05 ein Gesamthonorar in Höhe von 444 854,70 Euro und im Hinblick auf die Neuberechnung des Mindestpunktwertes für psychotherapeutische Leistungen eine Belastung in Höhe von 2987,55 Euro aus. Die Beklagte kündigte in einem Begleitschreiben an, dass die aus der Neuberechnung folgende Belastung der fachärztlichen Honorare auf etwa acht Quartale verteilt werde.

5

Den Honoraranspruch der Klägerin für das Quartal I/06 setzte die Beklagte mit Honorarbescheid vom 11.7.2006 auf 415 646,74 Euro fest. Gleichzeitig bezifferte sie die Gesamtbelastung der Klägerin für die Nachvergütung antragsgebundener psychotherapeutischer Leistungen auf 23 900,37 Euro. Der Gesamtbetrag entspreche 0,47575779 % der Gesamtsumme des kontingentrelevanten Honorars der Klägerin in den Jahren 2000 bis 2003 im Umfang von 5 023 642,32 Euro.

6

Mit Widerspruchsbescheid vom 9.4.2008 wies die Beklagte die Widersprüche hiergegen zusammen mit anderen Widersprüchen gegen die Honorarabrechnungen für den Zeitraum II/05 bis II/07 zurück. Zur Begründung führte sie aus, sie habe Vorsorge für die eventuellen Nachzahlungen treffen müssen. Dabei habe sie sich für den Weg der Auszahlung des gesamten Honorars unter Vorbehalt für die Jahre 2000 bis 2003 entschieden und sehe sich bei dieser Verfahrensweise in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG. Die Ausschlussfrist von vier Jahren hindere die Neuberechnung des Honorars infolge der Vorbehalte in den Honorarbescheiden nicht. Bei der Berechnung der Rückforderung sei sie so vorgegangen, dass sie alle kontingentrelevanten Honorare der Facharztpraxen, die im Zeitraum 2000 bis 2003 abgerechnet hätten, summiert habe. Dabei seien auch im Bereich der Kosten nur die kontingentrelevanten Bestandteile herangezogen worden. Diese Summe sei dem Defizitbetrag von 5,68 Millionen Euro gegenübergestellt und in ein prozentuales Verhältnis gesetzt worden. Das Defizit entspreche 0,47575779 % der ermittelten Honorarsumme. Dieser Faktor sei dann an die individuellen kontingentrelevanten Honorare gelegt worden. Im Falle der Klägerin ergebe dies einen Bruttorückforderungsbetrag von 23 900,37 Euro. Der Rückforderungsbetrag sei grundsätzlich auf acht Quartale aufgeteilt worden. Da sich die Praxiskonstellation der Klägerin zum 31.3.2006 aber geändert und die Gemeinschaftspraxis im Quartal I/06 somit letztmalig bestanden habe, sei die gesamte restliche Rückforderung zu Lasten des Praxiskontos der Kläger im Quartal I/06 vorgenommen worden.

7

Das SG hat mit Urteil vom 6.7.2011 die Klage abgewiesen, das LSG hat mit Urteil vom 17.6.2014 die Berufung zurückgewiesen. Es lägen die Voraussetzungen für eine sachlich-rechnerische Richtigstellung nach § 106 a Abs 2 Satz 1 SGB V vor, denn die Verteilung des Gesamthonorars für die vertragsärztlichen Leistungen in den Quartalen I/00 bis IV/03 habe sich infolge der Neubewertung der psychotherapeutischen Leistungen durch den BewA geändert mit der Folge, dass weniger Mittel für die Vergütung der anderen vertragsärztlichen Leistungen zur Verfügung gestanden hätten als bei Erlass der ursprünglichen Honorarbescheide zugrunde gelegt worden seien. Vertrauensschutzgesichtspunkte stünden der Rechtmäßigkeit der mit den angefochtenen Bescheiden erfolgten nachträglichen Korrektur nicht entgegen. Die Beklagte habe unter Berücksichtigung der Gesamtumstände durch den Vorbehalt in den Honorarabrechnungen hinreichend bestimmt auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Höhe der Honorierung hingewiesen. Eine ungefähre Quantifizierung des gesamten Honorarrückforderungsvolumens sei erst nach Kenntnis des Urteils des BSG vom 28.1.2004 möglich gewesen. Allerdings habe das BSG in dem Urteil ausdrücklich nicht die Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen mit einem festen Punktwert von 10 Pfennigen bzw 5,11 Cent verlangt, sondern "lediglich" die Gewährleistung einer angemessenen Vergütung psychotherapeutischer Leistungen je Zeiteinheit. Insoweit habe es noch einer Bewertungsentscheidung des BewA bedurft, die im Oktober 2004 ergangen sei. Zu diesem Zeitpunkt habe zwar der gesamte Nachzahlungsbetrag in Höhe von 12,47 Millionen Euro für die Jahre 2000 bis 2003 bestimmt werden können, es habe aber auf der Hand gelegen, dass die KKn sich an der Gesamtforderung mit einem noch unbestimmten Anteil beteiligen würden. Feste Konturen habe die Honorarrückforderung erst durch die Vereinbarung mit den KKn bekommen, die bis zum 30.1.2006 abgeschlossen worden sei.

8

Die Honorarrückforderung sei auch nicht wegen Zeitablaufs ausgeschlossen gewesen. Die Ausschlussfrist von vier Jahren für eine rückwirkende Minderung des vertragsärztlichen Honorars könne nicht ablaufen, bevor verbindlich feststehe, welche Gesamtvergütung eine KÄV verteilen könne. Die vierjährige Ausschlussfrist sei hier jedenfalls ab der Verkündung des Urteils des BSG vom 28.1.2004 während der Verhandlungen der Beklagten mit den KKn über die anteilige Übernahme der Nachvergütung für die psychotherapeutischen Gesprächsleistungen bis zum endgültigen Abschluss dieser Verhandlungen am 30.1.2006 gehemmt gewesen, denn erst zu diesem Zeitpunkt habe der durch die Ärzteschaft zu tragende Defizitanteil von 5,86 Millionen Euro festgestanden. Die Ärzteschaft sei über die Verhandlungen der Beklagten mit den KKn über deren Beteiligung an der Nachvergütung auch informiert gewesen, denn die Beklagte habe in ihrer Mitgliederzeitschrift "Nordlicht" mehrfach über das Urteil des BSG vom 28.1.2004, die Entscheidung des BewA vom Oktober 2004 und die Verhandlungen mit den Kassenverbänden berichtet.

9

Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, vorsorgliche Korrekturbescheide im Umfang der größtmöglichen Rückforderung zu erlassen und deren Vollzug bis zum Ende der Verhandlungen mit den KKn auszusetzen. Sie habe das Recht zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung auch nicht dadurch verbraucht, dass sie Rückstellungen für "Prozessrisiken EBM I/98 bis IV/01" im Rahmen der Honorarabrechnung für II/02 ausgekehrt habe. Dem habe keine vollständige sachlich-rechnerische Berichtigung der Honorare bis IV/01 auch unter Berücksichtigung eventuell höherer Leistungen für psychotherapeutische Leistungen zugrunde gelegen, sondern lediglich die Nachzahlung eines zuvor vorläufig einbehaltenen Honoraranteils.

10

Es bestünden auch keine durchgreifenden Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Berechnung der Rückforderung. Die Verteilung des nach den Verhandlungen mit den KKn verbliebenen Defizits lediglich auf die Fachärzte sei nicht zu beanstanden, denn sie folge den Grundsätzen der Gesamthonorarverteilung, wonach die Gesamtvergütung getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung zu erfolgen habe. Zur fachärztlichen Versorgung gehörten auch psychotherapeutische Gesprächsleistungen. Nachträgliche Veränderungen innerhalb der Versorgungsbereiche könnten nur im Rahmen der sachlich-rechnerischen Richtigstellung der einzelnen Bereiche vorgenommen werden. Es erscheine sachgerecht und trage dem Prinzip der solidarischen Honorarverteilung innerhalb der Fachärzteschaft Rechnung, dass die Beklagte das verbliebene Defizit gleichmäßig auf die kontingentrelevanten Honoraranteile der einzelnen Fachärzte verteilt habe. Folgerichtig habe die Beklagte daher fachärztliche Leistungen, die im Wege des Vorwegabzuges nicht kontingentrelevant waren, von der Honorarrichtigstellung ausgenommen. Dies betreffe die Nichteinbeziehung der ermächtigten Krankenhausärzte, für die ein Vorwegabzug gebildet worden sei, wobei eine besondere Berechnung (Fallzahl mal Fallwert 1999) zur Anwendung gekommen sei. Wäre die höhere Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen in den streitigen Quartalen schon bekannt gewesen, so hätte dies wegen der besonderen Berechnungsweise auf das Honorarkontingent der ermächtigten Ärzte keine Auswirkungen gehabt.

11

Sachgerecht sei es auch, die diagnostischen Leistungen der Radiologen, die nach einem Abstaffelungssystem und dabei in den ersten beiden Abstaffelungsstufen nach festen Punktwerten vergütet worden seien, in die Neuberechnung mit einzubeziehen. Auch wenn die psychotherapeutischen Leistungen von vornherein höher bewertet worden wären, hätten Radiologen in den ersten beiden Abstaffelungsstufen eine Vergütung in Höhe der festen Punktwerte erhalten, jedoch wäre diese in den relativ zueinander bestimmten weiteren Abstaffelungsstufen entsprechend niedriger ausgefallen. Lediglich innerhalb der Arztgruppe hätte es je nach Anteil der Abstaffelungsstufen zu Verschiebungen kommen können. Auch die in allen Quartalen durchgeführte Punktwertstützung für therapeutische radiologische Leistungen stehe der Rechtmäßigkeit der Rückforderung in Höhe des aus dem Gesamthonorar errechneten prozentualen Anteils nicht entgegen.

12

In Hinblick auf das mit der Honorarberichtigung verfolgte Ziel sowie auf die Höhe des Eingriffs in die vorläufige Honorarverteilung und die Begrenzung des Verwaltungsaufwands bei der Beklagten halte der Senat die pauschalierende Ermittlung der Rückforderungssumme für rechtmäßig. Die von der Beklagten gewählte Methode habe die gleichmäßige solidarische Belastung aller Facharztgruppen zugunsten der Psychotherapeuten und psychotherapeutisch tätigen Ärzte vorgesehen. Sie sei mit noch überschaubarem Verwaltungsaufwand zu bewerkstelligen gewesen, wobei sie im Ergebnis zu einer in Bezug auf das Gesamthonorar äußerst geringen Belastung der einzelnen Praxis geführt habe. Eine individuelle Berechnung der Rückforderung unter Berücksichtigung einzelner, nur wenige Arztgruppen betreffender HVM-Regelungen hätte demgegenüber dazu geführt, dass ein wesentlich höherer Verwaltungsaufwand erforderlich gewesen wäre und dass der Anteil des zurückgeforderten Honorars je nach Fachgruppe unterschiedlich ausgefallen wäre. Dies wäre aber angesichts der geringen Höhe der Rückforderung unverhältnismäßig und nicht erforderlich gewesen. Das Ziel der Stützungsregelungen des HVM, nämlich die Sicherstellung einer relativen Mindestvergütung der auf Überweisung tätigen Ärzte im Vergleich zu der Vergütung aller anderen Fachärzte durch die Honorarberichtigung, sei nicht beeinträchtigt worden. Zu einer Diskrepanz gelange man zwar, wenn man die psychotherapeutischen Leistungserbringer in die Betrachtung mit einbeziehe. Bei der Bildung des durchschnittlichen Punktwertes sei aber einschränkend nur die Fachärzteschaft ohne die Psychotherapeuten und psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu berücksichtigen. Anders könne das Ziel, das Honorar der psychotherapeutisch tätigen Ärzte und Psychologen auf Kosten der übrigen Fachärzteschaft zu erhöhen, nicht erreicht werden. Ansonsten müssten die übrigen Fachärzte nicht nur einen solidarischen Honorarverzicht zugunsten der Psychotherapeuten leisten, sondern noch eine weitere Mehrbelastung zugunsten der Radiologen in Kauf nehmen. Stelle man hingegen auf die relative Vergütung der Radiologen zu den anderen (nichtpsychotherapeutischen) Facharztgruppen ab, so ergebe sich kein weiteres relatives Absinken des durchschnittlichen Honorars, denn insoweit hätten alle Facharztgruppen ein Absinken des Honorars um 0,4726 % hinzunehmen gehabt.

13

Zur Begründung ihrer hiergegen gerichteten Revision trägt die Klägerin vor, in Bezug auf die Honorarbescheide bis einschließlich I/2002 sei die Ausschlussfrist im Juli 2006 bereits abgelaufen gewesen. Eine Hemmung der Frist sei nicht eingetreten. Eine Ungewissheit über die Höhe der Gesamtvergütung habe nicht bestanden. Die Honorarbescheide hätten keinen hinreichend konkreten Vorbehalt enthalten, der sich auf die besondere Situation späterer Verhandlungen über die finanzielle Beteiligung der KKn an Nachvergütungen für psychotherapeutische Leistungen bezogen hätte. Sie - die Klägerin - habe daher nicht mit Honorarrückforderungen rechnen müssen. Das gelte vor allem vor dem Hintergrund der Stützungsregelungen für die Honorargruppe der Radiologen. Das LSG bleibe auch die Begründung schuldig, weshalb die Auskehrung von Rückstellungen für "Prozessrisiken EBM I/98 bis IV/01" keinen Vertrauensschutz begründeten. Die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, eine pauschalierende Berechnung vorzunehmen. Die Behauptung, eine konkrete Neuberechnung hätte einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand erfordert, habe das LSG nicht durch Feststellungen untermauert. Da mit Ausnahme der Anteile der Honorarkontingente alle anderen Berechnungsparameter für die Honorarverteilung gleich geblieben seien, sei nicht ersichtlich, dass eine konkrete Neuberechnung einen nennenswert höheren Verwaltungsaufwand erfordert hätte. Sie dürfe nicht schlechter gestellt werden als sie bei einer von Anfang an richtigen Honorarverteilung gestanden hätte. Genau dieses Ergebnis trete aber durch die pauschalierende Berechnungsweise der Beklagten ein.

14

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 17.6.2014 und des SG Kiel vom 6.7.2011 aufzuheben sowie die Honorarbescheide vom 11.4.2006 und 11.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.4.2008 insoweit zu ändern, als darin die Honorarbescheide für die Quartale I/2000 bis IV/2003 geändert und Honorar in Höhe von 23 900,37 Euro zurückgefordert wurde.

15

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

16

Sie hält die angefochtenen Urteile für zutreffend. Die Fallgestaltung sei mit derjenigen vergleichbar, in der die Höhe der Gesamtvergütung nicht feststehe. Nach der Entscheidung des BSG vom 28.1.2004 habe sie in verschiedenen Ausgaben des "Nordlicht aktuell" über die vorzunehmende Nachberechnung und die Verhandlungen mit den KKn informiert. Die Ausschüttung von Geldern für "Prozessrisiken I/98 bis IV/2001" habe in keinem Zusammenhang mit der Nachvergütung für psychotherapeutische Leistungen gestanden. Für die nachträgliche Erstellung einer Vielzahl neuer Honorarabrechnungen hätte eine zusätzliche EDV-Abrechnungsumgebung angeschafft werden müssen und Personal wäre in erheblichem Umfang gebunden gewesen.

Entscheidungsgründe

17

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. SG und LSG haben zu Recht angenommen, dass die angefochtenen Honorarberichtigungen rechtmäßig sind.

18

1. Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung und Rückforderung ist, wie das LSG zu Recht angenommen hat, § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V(idF des Gesetzes zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 , insoweit in der Folgezeit unverändert). Danach obliegt es den KÄVen, die vom Vertragsarzt eingereichten Honorarforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf richtigzustellen. Die Voraussetzungen hierfür lagen vor.

19

a) Der Vertragsarzt kann nach der Rechtsprechung des Senats auf den Bestand eines vor einer endgültigen Prüfung auf Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit erteilten Honorarbescheides grundsätzlich nicht vertrauen (stRspr vgl zuletzt BSGE 114, 170 = SozR 4-2500 § 106a Nr 11, RdNr 23 mwN). Die KÄV erlässt nämlich in Auskehrung der Gesamtvergütungsanteile quartalsmäßig Honorarbescheide, ohne dass sie - aus rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen - die Rechtmäßigkeit der Honoraranforderungen hinsichtlich ihrer sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Leistungserbringung bereits umfassend überprüfen konnte. Die Berechtigung der KÄV zur Rücknahme rechtswidriger Honorarbescheide ist nicht auf die Berichtigung von Fehlern aus der Sphäre des Vertragsarztes beschränkt, sondern besteht unabhängig davon, in wessen Verantwortungsbereich die allein maßgebliche sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt (BSG aaO). Die mit der sachlich-rechnerischen Richtigstellung verbundene (Teil)Rücknahme des Honorarbescheides führt nach § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X zu einer Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers(BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 12 RdNr 17; BSGE 114, 170 = SozR 4-2500 § 106a Nr 11, RdNr 13, jeweils mwN).

20

Die Fehlerhaftigkeit der Honorarbescheide für die Quartale I/00 bis IV/03 ergab sich hier daraus, dass der Klägerin bei Zugrundelegung der tatsächlich für diesen Zeitraum gezahlten Gesamtvergütungen einerseits und unter Berücksichtigung der für die psychotherapeutischen Leistungen zu zahlenden Punktwerte andererseits ein niedrigeres als das ursprünglich ausgewiesene und ausgezahlte Honorar zustand. Hieraus resultierte die Rechtswidrigkeit der Honorarbescheide, die allein Tatbestandsvoraussetzung der sachlich-rechnerischen Richtigstellung ist (vgl BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 12 RdNr 18; BSGE 114, 170 = SozR 4-2500 § 106a Nr 11, RdNr 14, jeweils mwN).

21

b) Die Befugnis der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der fehlerhaften Honorarbescheide war auch nicht unter Vertrauensschutzgesichtspunkten eingeschränkt. Insbesondere wurde die vierjährige Ausschlussfrist, innerhalb der eine Richtigstellung vorzunehmen ist, gewahrt.

22

Die im Hinblick auf die Besonderheiten und Erfordernisse der Honorarverteilung umfassende Berichtigungsbefugnis der KÄV ist im Hinblick auf den gebotenen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu begrenzen. Das gilt nach der Rechtsprechung des Senats sowohl für Unrichtigkeiten, die ihre Ursache in der Sphäre des Vertragsarztes finden, als auch bei anderen Fehlern, etwa der Unwirksamkeit der generellen Grundlagen der Honorarverteilung. Insbesondere im letztgenannten Fall müssen die Interessen des einzelnen Arztes an der Kalkulierbarkeit seiner Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit einerseits und die Angewiesenheit der KÄV auf die Weitergabe nachträglicher Änderungen der rechtlichen Grundlagen der Honorarverteilung an alle Vertragsärzte andererseits zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden (vgl BSGE 114, 170 = SozR 4-2500 § 106a Nr 11, RdNr 24 unter Hinweis auf BSGE 93, 69, 72 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 9 mwN). Zur generellen Sicherstellung dieses Interessenausgleichs und damit zur Beurteilung der Frage, in welchen Konstellationen das Vertrauen des Vertragsarztes auf den Bestand eines rechtswidrigen, ihn begünstigenden Verwaltungsaktes schutzwürdig ist, hat der Senat Fallgruppen herausgearbeitet, in denen die Befugnis zu sachlich-rechnerischen Richtigstellungen aus Gründen des Vertrauensschutzes begrenzt ist (zusammenfassend BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 14 ff mwN; zuletzt BSGE 114, 170 = SozR 4-2500 § 106a Nr 11, RdNr 24 ff; Nr 12 RdNr 23 ff). Eine solche Konstellation liegt nicht vor.

23

aa) Die nachträgliche Korrektur eines Honorarbescheides nach den Vorschriften über die sachlich-rechnerische Richtigstellung ist nicht mehr möglich, wenn die Frist von vier Jahren seit Erlass des betroffenen Honorarbescheides bereits abgelaufen ist (BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16 mwN; BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 14; BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 12; BSGE 106, 222 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 60; zuletzt BSGE 114, 170 = SozR 4-2500 § 106a Nr 11, RdNr 25; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 12 RdNr 24). Den maßgebenden Zeitpunkt für den Beginn der Vier-Jahres-Frist markiert in Fällen sachlich-rechnerischer Prüfung ebenso wie bei degressionsbedingter Honorarminderung und bei der Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise der Erlass des Honorarbescheides (s zusammenfassend BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 31 mwN; vgl auch BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 17; BSGE 114, 170 = SozR 4-2500 § 106a Nr 11, RdNr 25; anders für den Verordnungsregress: BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 29 ff). Eine Rücknahme des Honorarbescheides ist nach Ablauf der Frist nur noch unter Berücksichtigung der Vertrauensausschlusstatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1 SGB X möglich. Die Vorinstanzen haben zu Recht entschieden, dass mit den Bescheiden vom 11.4.2006 und 11.7.2006 die Ausschlussfrist gewahrt wurde.

24

(1) Die Vier-Jahres-Frist war ohne Weiteres eingehalten für die Quartale I/02 bis IV/03. Bei der rückwirkenden Korrektur des Honorars und der Teilaufhebung der jeweiligen Quartalshonorarbescheide ist, auch soweit das Honorar eines gesamten Jahres betroffen ist, für den Beginn der Ausschlussfrist auf die Bekanntgabe der einzelnen Honorarbescheide abzustellen (vgl BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 18; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 28 iVm 31; BSGE 106, 222 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 60). Dass die Beklagte die Richtigstellung nicht konkret für jedes Quartal berechnet, sondern pauschal für den Zeitraum von 16 Quartalen ausgewiesen und die Rückforderung der Summe grundsätzlich auf acht Quartale verteilt hat, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Da Honorarbescheide üblicherweise, wie auch für die hier streitbefangenen Quartale, im ersten Monat nach Ablauf des Folgequartals erlassen werden (vgl BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 26), ist davon auszugehen, dass jedenfalls der Honorarbescheid für das Quartal I/2002 nicht vor dem 11.4.2002 ergangen ist. Der Honorarbescheid für das Quartal IV/2005 vom 11.4.2006, mit dem erstmals eine Richtigstellung wegen der Neuberechnung der Punktwerte für psychotherapeutische Leistungen erfolgte, wahrte damit die Frist für die Richtigstellung für das Quartal I/2002 und die Folgequartale. Zwar nannte er noch nicht ausdrücklich den konkreten Gesamtbetrag, mit dem die klägerische Praxis belastet wurde. Erst mit dem Bescheid vom 11.7.2006, bei dem wiederum davon auszugehen ist, dass er innerhalb von vier Jahren seit Bekanntgabe des Honorarbescheides für das Quartal II/2002 ergangen ist, wurde der Klägerin die Gesamtsumme mitgeteilt. In dem Begleitschreiben zum Honorarbescheid vom 11.4.2006 war aber bereits ausgeführt, dass die Gesamtsumme auf acht Quartale verteilt werde. Damit war klar, dass der für das Quartal IV/2005 vorgenommene Abzug nur die erste "Rate" darstellte, der sieben weitere in gleicher Höhe folgen würden. Dass die Beklagte hier ausnahmsweise - im Hinblick auf eine Veränderung in der Zusammensetzung der Berufsausübungsgemeinschaft und insofern von der Klägerin nicht beanstandet - die gesamte Restsumme im Quartal I/06 in Abzug gebracht hat, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Die Richtigstellung und Rückforderung hat die Beklagte jedenfalls für die Quartale I/02 bis IV/03 innerhalb von vier Jahren nach Erlass der Honorarbescheide vorgenommen.

25

(2) Die Richtigstellung und Rückforderung erfolgte aber auch für die Quartale I/00 bis IV/01 fristgerecht. Zwar war für diese Quartale die Vier-Jahres-Frist am 11.4.2006 bereits abgelaufen. Der Lauf der Frist war in der Zwischenzeit aber gehemmt. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung anerkannt, dass die Ausschlussfristen für sachlich-rechnerische Richtigstellungen und Maßnahmen im Zuge von Wirtschaftlichkeitsprüfungen gehemmt werden können. Eine solche Wirkung hat der Senat etwa Prüfanträgen der KKn beigemessen, sofern diese Voraussetzung einer Prüfung sind und auch der betroffene Arzt von dem Prüfantrag Kenntnis erlangt (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 40 ff; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 33 - 35 iVm 39 f; zur Rechtslage nach der Änderung des § 106 Abs 5 SGB V durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz vom 22.12.1999 vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 25). Zur Richtigstellung fehlerhafter Degressionsbescheide hat der Senat ausgeführt, die K(Z)ÄV könne den Ablauf der Frist dadurch beeinflussen, dass sie den Bescheid mit hinreichend bestimmten Vorbehalten und Vorläufigkeitshinweisen versehe. Daneben bestehe die Möglichkeit, Korrekturbescheide mit einem Hinweis zu verbinden, dass die K(Z)ÄV den Bescheid aus Gründen der Vorsorge erlasse und die ihm zugrundeliegende Rechtsauffassung zunächst im Streit mit den KKn gerichtlich geklärt werden solle (BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 28). In einem Verfahren zur nachträglichen Korrektur der vertrags(zahn)ärztlichen Vergütung für ein bestimmtes Quartal hat der Senat entschieden, dass die vierjährige Ausschlussfrist für den Erlass eines Bescheides zur Korrektur von Honorarbescheiden gehemmt ist, solange ein Schiedsverfahren bzw Klageverfahren gegen die Entscheidung des Schiedsamtes über die Höhe der Gesamtvergütung anhängig ist (Beschluss vom 27.4.2005 - B 6 KA 46/04 B - Juris RdNr 12). Er hat in diesem Zusammenhang auf den Rechtsgedanken des § 203 Satz 1 BGB Bezug genommen, wonach eine Verjährungsfrist gehemmt ist, solange Schuldner und Gläubiger über den Anspruch verhandeln. Anders als für die Handlungen des Arztes und der antragstellenden KK im Regressverfahren (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 39) könne diese Vorschrift in Bezug auf die besonderen zwischen den Vertrags(zahn)ärzten und der K(Z)ÄV einerseits sowie zwischen der K(Z)ÄV und den KKn andererseits bestehenden Rechtsbeziehungen herangezogen werden (BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 10 RdNr 14). Eine vergleichbare Konstellation hat der Senat für den Fall bejaht, dass eine Prüfung nach Durchschnittswerten nicht durchgeführt werden kann, weil nicht klar war, ob eine - gesetzlich ausdrücklich als vorrangig bezeichnete - Richtgrößenprüfung durchzuführen war (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 37). Eine mit den genannten Fallgestaltungen vergleichbare Konstellation war auch hier gegeben.

26

(aa) Nach dem Senatsurteil vom 20.1.1999 (B 6 KA 46/97 R - BSGE 83, 205 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29; vgl auch Urteile vom 25.8.1999, ua BSGE 84, 235 = SozR 3-2500 § 85 Nr 33 sowie vom 12.9.2001, BSGE 89, 1 = SozR 3-2500 § 85 Nr 41), in dem Grundsätze für die Vergütung psychotherapeutischer Leistungen entwickelt worden waren, war klar, dass die strikt zeitgebundenen und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen mit einem höheren Punktwert als bisher zu vergüten waren. Es stand allerdings nicht fest, in welchem Umfang eine Anhebung des Punktwertes stattzufinden hatte. Zwar waren die Forderungen der Psychotherapeuten - 10 Pfennig bzw 5,1 Cent (wie vom Senat entschieden ) - bekannt. Unklar war aber bereits, ob tatsächlich diese Forderung in vollem Umfang befriedigt werden musste. Der Senat hat stets betont, dass den psychotherapeutischen Leistungserbringern ein Punktwert von 5,1 Cent nicht unabhängig von der Umsatz- und Ertragsentwicklung im gesamten vertragsärztlichen Bereich garantiert werden kann (BSG aaO, 10 = SozR aaO S 336; BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, RdNr 18). Dementsprechend haben im Zuständigkeitsbereich der Beklagten die schließlich ausgezahlten Punktwerte für die zeitabhängigen psychotherapeutischen Leistungen in den Jahren 2000 bis 2003 durchweg weniger als 5,1 Cent betragen (2000: 4,8071 Cent; 2001: 4,7903 Cent; 2002 bis Juni 2003 4,7662 Cent). Die Unsicherheit wurde durch den Beschluss des BewA vom 16.2.2000 (DÄ 2000, A-555 für das Jahr 2000 und Nachfolgeregelungen ua für die Zeit vom 1.1.2001 bis zum 30.6.2001, DÄ 2000, A-3291) zur angemessenen Höhe der Vergütung ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte und -therapeuten nicht geringer. Dieser Beschluss wurde vom Senat für rechtswidrig erachtet (Urteile vom 28.1.2004 - BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8 und B 6 KA 53/03 R). In Reaktion auf die zum Beschluss des BewA vom 16.2.2000 ergangenen Urteile des Senats hat der BewA mit einem Beschluss vom 29.10.2004 (aktualisiert um den Änderungsbeschluss aus der 96. Sitzung ) die Vorgaben für die Berechnung der Psychotherapie-Punktwerte geändert. Wie der Senat in mehreren Urteilen vom 28.5.2008 (BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, ua) entschieden hat, war dieser Beschluss nur noch insoweit zu beanstanden, als er eine Honorarbereinigung hinsichtlich der Leistungen nach den Kapiteln O und U EBM-Ä aF auch für die Jahre 2000 und 2001 vorsah, in denen gemäß Nr 2.3 und 2.4 des Beschlusses für die Bestimmung des Vergleichsertrags ausschließlich die Umsätze der Fachärzte für Allgemeinmedizin im hausärztlichen Versorgungsbereich maßgeblich waren. Im Hinblick auf diese Rechtsprechung hat der BewA rückwirkend für die Vergütung in den Jahren 2000 und 2001 beschlossen, dass die beanstandete Bereinigung nicht vorzunehmen ist (DÄ 2009, A-212).

27

War demnach zumindest bis Oktober 2004 ungewiss, wie der Punktwert für die zeitabhängigen psychotherapeutischen Leistungen ab dem Quartal I/2000 zu berechnen war, war danach ebenso ungewiss, in welchem Umfang die KKn die daraus resultierenden Belastungen mittragen würden. Damit war weder die Höhe der für die nachträgliche Punktwertanhebung zur Verfügung stehenden Gesamtvergütungen bestimmbar, noch bestand Sicherheit hinsichtlich des von den anderen Facharztgruppen zu tragenden Anteils. Es schwebten vielmehr noch Verhandlungen zwischen KÄV und KKn über die Verteilung der Lasten. Das ist eine Fallgestaltung, die derjenigen einer Unsicherheit hinsichtlich der Höhe des Gesamtvergütungsvolumens insgesamt vergleichbar ist.

28

(bb) Auf diese Ungewissheit, die einer endgültigen Entscheidung über die Höhe des Honorars entgegenstand, hat die Beklagte hinreichend hingewiesen. Die allgemeinen Formulierungen in Honorarbescheiden, dass nachträgliche Berichtigungen zB aufgrund sachlich-rechnerischer Richtigstellungen sowie aufgrund nachträglicher Änderungen des HVM und Ähnlichem vorbehalten seien, sieht der Senat als nicht ausreichend bestimmt an, um den vorläufigen Charakter eines Honorarbescheides zu verdeutlichen (BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 20; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 10 RdNr 15). Erforderlich ist vielmehr, dass die K(Z)ÄV gegenüber den betroffenen Vertrags(zahn)ärzten hinreichend deutlich macht, dass im Hinblick auf eine noch bestehende Ungewissheit derzeit keine Richtigstellung des Honorarbescheides durchgeführt wird, damit aber nach Beseitigung der Unsicherheit zu rechnen ist (vgl BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 10 RdNr 18 für den Fall noch schwebender gerichtlicher Verfahren). Die Forderung des Senats für Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung, dass der Hemmungsgrund den betroffenen Ärzten hinreichend präzise bekanntgegeben wird, damit sie wissen können, warum derzeit keine Bescheiderteilung erfolgt und auch klären können, wann die Hemmung endet (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 28 und SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 27 unter Hinweis auf BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 46), gilt in gleichem Maße für sachlich-rechnerische Richtigstellungen (BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 10 RdNr 18).

29

Die Honorarbescheide der Beklagten für die streitbefangenen Quartale enthielten einen hinreichend konkreten Vorbehalt hinsichtlich der Schwebelage infolge der noch nicht abschließend geklärten Pflicht zur höheren Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen. Dass es um die mögliche Neuberechnung der psychotherapeutischen Vergütungsanteile und die Auswirkungen dieser Berechnung auf die Punktwerte der anderen Arztgruppen ging, war ausdrücklich formuliert. Es wurde darin deutlich, dass die rechtlichen Verpflichtungen aus einer letztinstanzlichen Gerichtsentscheidung abgewartet werden sollten. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der anhaltenden Diskussionen in der vertragsärztlichen Selbstverwaltung um die Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen und deren wirtschaftlichen Folgen für die übrigen fachärztlichen Leistungserbringer war für jeden Vertragsarzt erkennbar, dass er mit etwaigen Minderungen seines Honorars zugunsten der psychotherapeutisch tätigen Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten rechnen musste. Zwar war der Umfang einer möglichen Rückforderung nicht konkretisiert. Dies konnte jedoch wegen der auch für die KÄV selbst bestehenden Unsicherheit nicht verlangt werden. Angesichts der Größenordnung der relativen Belastung der fachärztlich tätigen Vertragsärzte ist auch nicht erkennbar, dass ein schützenswertes Vertrauen auf eine noch geringere Honorarminderung entstanden sein könnte. Die Schwebelage, der dieser Vorbehalt Rechnung tragen wollte, bestand noch bis zum 30.1.2006. Der für die Nachvergütung aufzuwendende Betrag von 12,47 Millionen Euro war zwar bereits vorher bekannt. Er konnte nach den Vorgaben des Beschlusses des BewA vom 29.10.2004 berechnet werden. Erst nach Abschluss der Verhandlungen mit allen KKn stand aber die konkrete Höhe der für die Nachvergütung der psychotherapeutischen Leistungen von der KÄV durch Umverteilung aufzubringenden Mittel fest, sodass einer Schlussabrechnung unter diesem Gesichtspunkt nichts mehr entgegenstand.

30

Die Beklagte hat die Vertragsärzte auch ausreichend über den Stand der Auseinandersetzungen über die Nachvergütung und die Verhandlungen mit den KKn informiert. Nachdem das BSG im Januar 2004 erneut über die Vergütung psychotherapeutischer Leistungen entschieden hatte, hat die Beklagte in ihrem Mitteilungsblatt "Nordlicht aktuell" 7/2004 die Entwicklung der Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen dargestellt und auch darauf hingewiesen, dass die Vorbehalte nunmehr "aktiviert" werden müssten. Gleichzeitig wurde deutlich gemacht, dass die Beklagte eine Vereinbarung über die Finanzierung mit den KKn anstrebte. Hierzu fanden sich im "Nordlicht aktuell" in der Folgezeit weitere Artikel. In der Ausgabe 3/2005 wurde über den erfolgreichen Abschluss mit der AOK und die Verhandlungen mit den übrigen KKn berichtet.

31

bb) Das LSG hat zu Recht ausgeführt, dass die Beklagte nicht aus Rechtsgründen gehindert war, die Honorarbescheide mit einem Vorbehalt zu versehen. Zwar hätte sie auch durch Honorareinbehalte in den Jahren 2000 bis 2003 Rücklagen bilden können. Die vom BSG im Urteil vom 28.3.2007 (B 6 KA 22/06 R - BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 28) aufgezeigte Möglichkeit, "vorsorgliche" Korrekturbescheide mit dem Hinweis zu erlassen, dass deren Durchsetzung bis zur Klärung der Rechtslage unterlassen werde, steht - wie sich auch aus der Formulierung "daneben" in der genannten Entscheidung ergibt - aber nur neben der Möglichkeit des Erlasses der Honorarbescheide mit hinreichend bestimmten Vorbehalten. Hier hätte dieser Vorgehensweise schon entgegengestanden, dass eine Bezifferung der erforderlichen Korrektur beim Erlass der Honorarbescheide nicht möglich gewesen wäre. Die Beklagte hätte sich allenfalls an den Maximalforderungen der psychotherapeutischen Leistungserbringer orientieren oder eine Schätzung vornehmen können. Die Höhe der Beteiligung der KKn hätte sie dann wiederum nur schätzen können. Für die Vertragsärzte hatte das Vorgehen der Beklagten, wie das SG richtig ausgeführt hat, den Vorteil, dass ihnen ihr Honorar zunächst in voller Höhe ausgezahlt und ihnen ggf ein Liquiditäts- bzw ein Zinsgewinn verschafft wurde. Eine rechtliche Verpflichtung, anders zu verfahren, bestand nicht.

32

cc) Ebenfalls zu Recht hat das LSG auch entschieden, dass die Beklagte ihre Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung nicht dadurch verbraucht hat (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 12, RdNr 25 mwN), dass sie im Quartal II/2002 Rückstellungen für "Prozessrisiken EBM I/98 bis IV/01" aufgelöst und ausgekehrt hat. Wie sich bereits aus der Kennzeichnung "Prozessrisiken EBM", deutlich aber auch aus dem an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 26.8.2002 ergab, handelte es sich um die Auflösung der Rückstellung zur Abdeckung von Prozessrisiken im Zusammenhang mit den im EBM festgesetzten Betriebskostenanteilen. Dies stand in keinem Zusammenhang mit der (Höher)Vergütung psychotherapeutischer Leistungen.

33

2. Auch die Berechnung der Beklagten ist nicht zu beanstanden.

34

a) Dem LSG ist zuzustimmen, dass die Belastung alleine der Fachärzte mit dem von der KÄV zu tragenden Teil der Nachvergütung rechtmäßig war. Dies entsprach § 85 Abs 4 Satz 1 SGB V in der 2006 geltenden Fassung(des zum 1.1.2000 in Kraft getretenen Art 1 Nr 36 Buchst d des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22.12.1999 - BGBl I 2626), wonach die KÄV die Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung iS des § 73 Abs 1 Satz 1 SGB V zu verteilen hatte. Daraus folgte auch, dass zur Stützung fachärztlicher Leistungen nur Beträge aus dem Honorarkontingent der Fachärzte, zur Stützung hausärztlicher Leistungen nur Beträge aus dem Vergütungskontingent der Hausärzte verwandt werden dürfen. Punktwertausgleichende Stützungsmaßnahmen zwischen beiden Versorgungsbereichen waren rechtlich nicht zulässig (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 24 RdNr 15). Da die psychotherapeutischen Leistungen dem fachärztlichen Bereich zuzuordnen sind, konnte eine Höherbewertung dieser Leistungen auch nur zu Lasten der übrigen Gruppen innerhalb des fachärztlichen Bereiches gehen.

35

Dass dabei die ermächtigten Ärzte nicht berücksichtigt wurden, ist im Hinblick auf die Besonderheiten ihrer Vergütung nicht zu beanstanden. Ihre Vergütung erfolgte nach § 12.3 Abs 1 Buchst d des ab dem 1.7.2003 geltenden HVM im Wege der Bildung eines Vorwegabzugs. Dieser bemaß sich nach der aktuellen Fallzahl multipliziert mit dem durchschnittlichen fachgebietsbezogenen Auszahlungsfallwert aus dem Jahr 1999. Als Obergrenze war das Honorarvolumen des Vorjahresquartals zuzüglich der Veränderungsrate der Gesamtvergütung festgelegt. Bis Juli 2003 wurden nach § 12 Abs 6 d HVM zwar Honorarkontingente auch für die ermächtigten Ärzte gebildet, das Kontingent berechnete sich aber nach der gleichen Methode wie der später gebildete Vorwegabzug. Das LSG hat richtig gesehen, dass bei dieser Berechnungsweise anhand fester Größen ein Einfluss der Höhervergütung der psychotherapeutischen Leistungen auf die Vergütung der ermächtigten Ärzte ausgeschlossen war. Es war daher nicht geboten, auch die Gruppe der ermächtigten Ärzte bei der Neuberechnung zu berücksichtigen.

36

b) Die Beklagte durfte hier ausnahmsweise eine pauschale Umlage auf alle kontingentrelevanten Honoraranteile vornehmen. Bei diesem Vorgehen handelt es sich nicht um eine Schätzung, wie der Senat sie im Fall einer grob fahrlässig unrichtig abgegebenen Abrechnungs-Sammelerklärung (SozR 3-5550 § 35 Nr 1 S 6, 8) und im Fall einer nur pro forma bestehenden Gemeinschaftspraxis (BSGE 106, 222 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 69) für zulässig gehalten hat. Angesichts des feststehenden Defizits infolge der gebotenen Punktwertanhebungen für die zeitgebundenen psychotherapeutischen Leistungen geht es vielmehr um die Methode der Berechnung des individuellen Anteils der Einzelnen daran. Im Grundsatz ist im Rahmen einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung stets eine konkrete Berechnung vorzunehmen. Das gilt auch, wenn der zu korrigierende Fehler die allgemeine Honorarverteilung betrifft. In einem solchen Fall hat eine Nachberechnung unter Zugrundelegung der im jeweiligen Quartal geltenden Honorarverteilungsregelungen zu erfolgen. Mit der nachträglichen Berechnung verbundene technische Schwierigkeiten und Kosten können dem Anspruch des Vertragsarztes auf das Honorar, das ihm unter Zugrundelegung der von ihm erbrachten Leistungen und der konkret geltenden Honorarverteilungsregelungen zusteht, grundsätzlich nicht entgegenhalten werden.

37

Der Senat hat bereits entschieden und hält hieran ausdrücklich fest, dass ein mit der Korrektur rechtswidrigen Verwaltungshandelns verbundener Arbeitsaufwand das Absehen von einer rechtmäßigen Vorgehensweise nur in extremen Konstellationen rechtfertigen kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Vertragsärzte von ihren Honoraren auch Verwaltungskostenbeiträge zu entrichten haben. Sie können deshalb als Gegenleistung von ihrer Körperschaft erwarten, dass der Aufwand für Honorarneuberechnungen und Bescheidkorrekturen infolge nachträglicher Änderungen nicht nur zu ihren Lasten, sondern gegebenenfalls auch zu ihren Gunsten betrieben wird (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 34 RdNr 28). Nur unter ganz engen Voraussetzungen kann hiervon abgewichen werden. In Ausnahmefällen kann der mit der Berichtigung sämtlicher Honorarbescheide über eine Vielzahl von Quartalen verbundene Aufwand eine pauschalierende Berechnung rechtfertigen. Das kommt insbesondere dann in Betracht, wenn bei einem erheblichen Aufwand nur ein geringer potentieller Vorteil für den einzelnen Vertragsarzt zu erwarten ist, Aufwand und möglicher Ertrag mithin in keinem wirtschaftlich sinnvollen Verhältnis mehr stehen. Zusätzlich muss der im Rahmen der Pauschalierung gewählte Weg dem Ziel einer praxisindividuell richtigen Belastung so nahe wie möglich kommen. Beide Voraussetzungen sieht der Senat hier noch als gegeben an.

38

aa) Für die Jahre 2000 bis 2003 musste die Beklagte knapp 6 Millionen Euro für die Nachvergütung der zeitgebundenen psychotherapeutischen Leistungen aufbringen. Das entsprach 0,47575779 % der Summe aller Honorare, die auf die Kontingente der Facharztgruppen entfielen. Um diesen Anteil hat die Beklagte für jedes der betroffenen 16 Quartale das Bruttohonorar jeder Praxis rechnerisch reduziert und die sich ergebende Summe auf acht Quartale verteilt. Ausgehend davon, dass alle fachärztlichen Praxen eine Honorarminderung hinnehmen mussten, ist nicht erkennbar, inwieweit die pauschale Honorarminderung zu wesentlich anderen Ergebnissen geführt hat als der Erlass individueller Honorarbescheide. Die Klägerin selbst zeigt nicht auf, aufgrund welcher HVM-Bestimmungen sich für sie bei einer konkreten Berechnung eine günstigere Quote ergeben sollte, sondern äußert nur Vermutungen, weshalb sie bei der individualisierten Berechnung besser gestellt wäre. Soweit sie meint, es hätte ihre Fachgruppe nicht belastet werden dürfen, weil es zu ihren Gunsten Stützungsmaßnahmen gegeben habe, trifft dies nicht zu (s 2c). Eine Belastung für die Klägerin hätte sich in jedem Fall ergeben, der absolute Betrag wäre auch immer relativ hoch gewesen, weil die Klägerin ein durchschnittliches Quartalshonorar von 450 000 Euro erhält. Der Möglichkeit einer Verringerung der prozentual nur geringen Belastung von weniger als 0,5 % stand der Aufwand für die komplette Neuberechnung aller fachärztlichen Honorare für 16 Quartale entgegen. Auch wenn der Senat Zweifel hegt, ob tatsächlich, wie die Beklagte vorträgt, ihr IT-System in diesem Fall an seine Grenzen stoßen würde, ist nachvollziehbar, dass die konkrete Neuberechnung mit den kompletten Parametern der jeweiligen Honorarverteilung einen erheblichen Aufwand verursachen würde, der in keinem Verhältnis zu dem möglicherweise "falsch" verteilten Betrag der Gesamtvergütungen stehen würde.

39

bb) Die pauschale Berechnung gewährleistete eine gleichmäßige Belastung aller Facharztgruppen. Eine Umverteilung zwischen den Fachgruppen infolge der besseren Vergütung psychotherapeutischer Leistungen war weder intendiert noch sachgerecht. Das LSG hat zutreffend herausgestellt, dass eine individuelle Berechnung lediglich zu einer passgenaueren Verteilung der Belastung innerhalb einer Fachgruppe geführt hätte. Innerhalb der Fachgruppe ist eine Individualisierung durch die prozentuale Berechnung gegeben. Anders als bei einem absolutem Betrag, besteht bei einer prozentualen Heranziehung ein Bezug zum konkret erzielten Honorar. Bei der Entscheidung, ob auch noch die weitere Stufe der Individualisierung, die konkrete Berechnung des auf die Praxis entfallenden Anteils, vorgenommen werden sollte, durfte die Beklagte eine Abwägung vornehmen zwischen dem Zugewinn an Einzelfallgerechtigkeit und dem dafür erforderlichen Aufwand. Die Belastung sollte zudem auf acht Quartale verteilt werden und erfolgte lediglich im Fall der Klägerin wegen Veränderungen in der Zusammensetzung der Berufsausübungsgemeinschaft ausnahmsweise in nur zwei Quartalsabrechnungen. Die bei einer Quote von unter einem halben Prozent gemessen am ursprünglichen Honorar durch eine individuelle Berechnung noch zu erwartende Verbesserung lässt eine vollständige Individualisierung der Honorarminderung noch nicht geboten erscheinen.

40

c) Konnte mithin die Nachvergütung der zeitgebundenen psychotherapeutischen Leistungen durch pauschale Rückforderungen kontingentrelevanter Honoraranteile im fachärztlichen Bereich finanziert werden, waren davon auch die radiologischen Leistungen erfasst, die nach dem HVM gestützt wurden.

41

aa) Im diagnostischen Bereich, in dem der radiologische Punktwert in drei der streitbefangenen Quartale nach § 12.3 Abs 3 Buchst d (ab 1.7.2003) bzw § 12 Abs 6 Buchst f (bis zum 30.6.2003) iVm der jeweiligen Anlage 4 zum HVM gestützt wurde, war die Vergütung fallwert- und fallzahlbezogen abgestaffelt. Ab der dritten Abstaffelungsstufe wurden die Punktwerte dem zur Verfügung stehenden Vergütungsvolumen entsprechend angepasst. Die Belastung durch die Neuberechnung führte insofern lediglich dazu, dass außerhalb der ersten beiden Abstaffelungsstufen, in denen ein fester Punktwert gezahlt wurde, der Punktwert geringfügig absank. Abgesehen von der Frage, ob bei einem von vornherein geringeren Kontingent der Radiologen nicht auch die in den ersten beiden Stufen gezahlten festen Punktwerte entsprechend geringer gewesen wären, wie die Beklagte meint, wurden jedenfalls in der dritten Abstaffelungsstufe nur noch floatende Punktwerte gezahlt. Bei einem entsprechend niedrigeren Vergütungsvolumen waren mithin auch die Punktwerte geringer. Dieser Effekt wäre auch eingetreten, wenn die Höhervergütung der psychotherapeutischen Leistungen bereits in den Jahren 2000 bis 2003 erfolgt wäre. Dabei kann dahinstehen, welche Folgerungen sich für die Klägerin aus der mit der Beklagten im März 2007 geschlossenen Vereinbarung ergaben, wonach in den Quartalen bis II/2003 die Leistungen ohne Berücksichtigung der Abstaffelungsregelung vergütet wurden, wenn eine Vergleichsberechnung ergab, dass dies gegenüber der Anwendung der Regelung günstiger war.

42

bb) Soweit die Leistungen der Radiologen in den Jahren 2000 bis 2003 gestützt wurden, weil sie mehr als 15 % unter dem durchschnittlichen Punktwert der nicht nach dem EBM budgetierten Arztgruppen (bis zum 30.6.2003 § 12 Abs 6 Buchst j HVM) bzw unterhalb des fachärztlichen Quartalspunktwertes nach § 12.3 Abs 1 Buchst c HVM (ab dem 1.7.2003 § 12.3 Abs 3 Buchst e) lagen, ist eine Richtigstellung und Rückforderung ebenfalls nicht ausgeschlossen. Das LSG hat zu Recht ausgeführt, dass die sachlich-rechnerische Richtigstellung nicht nur bei der Klägerin, sondern bei allen Fachärzten zu einem geringeren Durchschnittspunktwert führte, sodass auch die Stützung des Punktwertes geringer ausfallen konnte. Abgesehen davon, dass sich der Punktwert nur sehr geringfügig geändert hätte, blieb die Relation des Durchschnittspunktwertes zum gestützten Punktwert dabei gleich. Das LSG hat ebenfalls zu Recht dargelegt, dass die Berechnung des fachärztlichen Durchschnitts ohne Berücksichtigung der erhöhten Vergütung für die Gruppen der psychotherapeutisch tätigen Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten zu erfolgen hat. Der von den KKn übernommene Teil der Nachvergütung - nur dieser zusätzliche Betrag, nicht die Umverteilung innerhalb der Gruppe der Fachärzte, konnte effektiv den Durchschnittspunktwert beeinflussen - sollte nur die Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen erhöhen, nicht aber die Punktwerte der übrigen Fachgruppen verändern. Zwar wurde durch die Erhöhung des Punktwertes für die psychotherapeutischen Leistungen auch der Durchschnittspunktwert angehoben. Das konnte aber keine Anhebung des gestützten Punktwertes für die Leistungen der Radiologen bewirken. Dies war nicht Sinn und Zweck der Nachvergütung. Dementsprechend erfolgte die nachträgliche Erhöhung der Gesamtvergütungen seitens der KKn zweckgebunden für die Honorierung der psychotherapeutischen Leistungen. Lässt man die erhöhte Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen außer Acht, sinkt durch die Belastung mit der Nachvergütung der Durchschnittswert der Fachgruppen mit der Folge, dass auch nur ein geringerer Stützungspunktwert beansprucht werden kann. Das entspricht der Situation, die entstanden wäre, wenn die Vergütung der Psychotherapeuten von vornherein mit festen Punktwerten erfolgt wäre. Insofern wäre ein Vorwegabzug oder eine Kontingentbildung zugunsten der psychotherapeutisch tätigen Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten erfolgt, der die Punktwerte in den Kontingenten der übrigen Facharztgruppen insgesamt geschmälert hätte.

43

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Klägerin auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen, weil ihr Rechtsmittel keinen Erfolg hatte (§ 154 Abs 2 VwGO).

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 17. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Rückforderung vertragsärztlichen Honorars für die Quartale IV/1996 bis I/2001.

2

Der Kläger nahm bis zum 30.6.2004 als Radiologe an der vertragsärztlichen Versorgung in S. teil. Zunächst - ab 1.7.1989 bis zum 30.9.1996 - führte er eine Gemeinschaftspraxis mit Dr. B., welcher auf seine Zulassung zum 30.9.1996 verzichtete. Unter dem 17.7.1996 schloss der Kläger mit dem Arzt für Radiologische Diagnostik und für Strahlentherapie Dr. H. sowie dem Arzt für Radiologische Diagnostik Dr. M. einen "Gesellschaftsvertrag über die Errichtung einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis". Danach war vorgesehen, dass Dr. B. nach seinem Ausscheiden seine Geschäftsanteile an Dres. H. und M. verkaufen und diese an seiner Stelle in die Gemeinschaftspraxis eintreten sollten. Als Hauptsitz der Gemeinschaftspraxis wurde S. bestimmt; weitere Praxisteile sollten in V. und im Krankenhaus W. betrieben werden. An Gewinnen und Verlusten sowie am Anlagevermögen waren der Kläger zu ½, die beiden anderen Ärzte zu je ¼ beteiligt. Zum geschäftsführenden Gesellschafter wurde der Kläger bestimmt. Gemäß "Gesellschafterbeschluss" vom 17.7.1996 war die Aufnahme eines weiteren Partners - "voraussichtlich" des zu 2. beigeladenen Dr. Ph. - vorgesehen (Nr 16a des Beschlusses). Der vierte Partner sollte sich gemäß Ziff 18a des Beschlusses "KV-rechtlich im Außenverhältnis ab 1.10.1996 niederlassen, und zwar offiziell in Gemeinschaftspraxis mit Dr. P. "; mit ihm sollte ein "Probejahr (freie Mitarbeit)" vereinbart werden (Nr 18b).

3

Am 30.7.1996 schlossen die "Gemeinschaftspraxis" Dres. P., H. und M. sowie der Beigeladene zu 2. sodann einen sogenannten Kooperationsvertrag. Dieser beinhaltete im Wesentlichen, dass der Beigeladene zu 2. ab dem 1.10.1996 bis zum Ablauf einer Probezeit als "freier Mitarbeiter" der "Gemeinschaftspraxis" tätig werden sollte. Nach beiderseits befriedigendem Ablauf der Probezeit sollte der Mitarbeiter am 1.10.1997 "partnerschaftlich eingebunden werden, und zwar bei Herstellung paritätischer Gesellschaftsanteile" (Ziff 6a der Präambel des Vertrages). Auf ein Mitarbeiterverhältnis waren auch die Detailregelungen (Zahlung eines Festgehalts ua) ausgerichtet. Ein "ggf. dem Zulassungsausschuss vorzulegender Vertrag" sollte zwischen den Vertragsparteien keine eigene Rechtswirkung entfalten (Ziff 2c der Präambel). Nach Ziff 6b der Präambel sollte der Mitarbeiter "im Außenverhältnis" den Gemeinschaftspraxis-Anteil des ausscheidenden Partners Dr. B. "erwerben" (Satz 1), aber hieraus keine Rechte herleiten können (Satz 2). Ebenso war bestimmt, dass der Vertragsarztsitz "der Praxis gehört" und bei "Ausscheiden ohne Gemeinschaftspraxis-Eintritt … vom freien Mitarbeiter … unentgeltlich (formal) zu übertragen" ist (Satz 4).

4

Der Beigeladene zu 2. bewarb sich auf den zur Nachbesetzung ausgeschriebenen Vertragsarztsitz von Dr. B. und wurde vom Zulassungsausschuss zum 1.10.1996 als Facharzt für Diagnostische Radiologie für den Vertragsarztsitz S. zugelassen. Zugleich genehmigte der Zulassungsausschuss den Antrag des Klägers sowie des Beigeladenen zu 2. auf Führung einer Gemeinschaftspraxis. Dres. H. und M. erhielten die Genehmigung zum Führen einer Gemeinschaftspraxis in V. Zu der im Kooperationsvertrag vorgesehenen partnerschaftlichen Einbindung des Beigeladenen zu 2. in die durch Dres. P. (Kläger), H. und M. gebildete "Gemeinschaftspraxis" kam es in der Folgezeit nicht. Insbesondere nahm er nach den Feststellungen des LSG im streitgegenständlichen Zeitraum nicht an Gesellschafterversammlungen teil. Unstimmigkeiten zwischen den beteiligten Ärzten führten dazu, dass die zwischen dem Kläger und Dres. H. und M. bestehende Gesellschaft zum 31.12.2001 beendet wurde. Die zu 1. beigeladene "Gemeinschaftspraxis" wurde zum 31.3.2001 beendet.

5

Die Beigeladene zu 1. rechnete als "Gemeinschaftspraxis Dr. P./Dr. Ph." Leistungen ab, die in der Praxis in S. und in einem ausgelagerten, mit einem CT-Gerät ausgestatteten Praxisteil im Kreiskrankenhaus S. erbracht worden waren. In den Quartalen IV/1996 bis I/2001 erhielt sie Honorarzahlungen in einer Gesamthöhe von 4 145 507,66 DM. Mit inhaltlich identischen, sowohl an den Kläger als auch an den Beigeladenen zu 2. adressierten Bescheiden vom 30.11.2001 - dem Kläger am 5.12.2001 zugestellt - hob die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) die Honorarbescheide für die Quartale IV/1996 bis I/2001 auf und forderte die in diesen Quartalen ihres Erachtens zu Unrecht gezahlten Honorare in Höhe von insgesamt 1 785 135,03 DM (von der Beklagten in 880 578,27 Euro umgerechnet) zurück. Beide Ärzte hätten die Genehmigung zur gemeinschaftlichen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit durch vorsätzlich falsche Angaben über die gesellschaftsrechtliche Beteiligung erlangt. Die Höhe des neu festzusetzenden Honorars des Klägers sei unter Zugrundelegung des Fachgruppendurchschnitts ermittelt worden.

6

Der hiergegen vom Kläger eingelegte Widerspruch blieb erfolglos. Auf Antrag des Klägers hat das LSG mit Beschluss vom 13.8.2002 (L 3 KA 161/02 ER) die aufschiebende Wirkung des Widerspruches insgesamt angeordnet. Auf die Klage des Klägers hat das SG die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben und dies damit begründet, für die Rechtmäßigkeit der Honorarrückforderung komme es allein auf die eingereichten Sammelerklärungen an. Diese seien jedenfalls im Hinblick auf die Leistungserbringung nicht "falsch" (Urteil vom 13.10.2004).

7

Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Richtigstellungs- und Rückforderungsbescheid sei rechtmäßig, auch wenn er an den Kläger und den Beigeladenen zu 2., nicht jedoch an die zu 1. beigeladene "Gemeinschaftspraxis" gerichtet gewesen sei. Der Bescheid erweise sich auch inhaltlich als rechtmäßig. Eine Abrechnung sei auch dann falsch, wenn die vertragsärztliche Tätigkeit, in deren Rahmen die Leistungen erbracht worden seien, nicht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der vertragsärztlichen Versorgung ausgeübt worden sei. Dies gelte auch für den Fall der Leistungserbringung durch eine nur formal bestehende Gemeinschaftspraxis.

8

Für die Rechtmäßigkeit der Honorargewährung komme es nicht nur auf die formelle Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung an, sondern der Vertragsarzt müsse vielmehr auch materiell berechtigt sein, Leistungen in der vertragsärztlichen Versorgung zu erbringen. Daher sei die Beklagte berechtigt, im Falle eines Gestaltungsmissbrauchs der Rechtsformen vertragsärztlicher Kooperation die Honorarabrechnungen der beteiligten Ärzte sachlich-rechnerisch richtig zu stellen. Dies gelte auch für Fälle, in denen nach außen hin eine Gemeinschaftspraxis mit entsprechender Genehmigung des Zulassungsausschusses betrieben worden sei, die Genehmigung aber nicht hätte erteilt werden dürfen oder hätte widerrufen werden müssen, weil eine gemeinschaftliche Berufsausübung nie gewollt gewesen oder später nicht mehr realisiert worden sei. Dieser Fall sei vorliegend gegeben, denn die Beigeladene zu 1. sei ungeachtet ihrer formellen Genehmigung keine Gemeinschaftspraxis gewesen, weil der Beigeladene zu 2. tatsächlich als angestellter Arzt tätig geworden sei.

9

Unverzichtbar für die Annahme einer Tätigkeit in "freier Praxis" sei, dass dem Gesellschafter Mitgliedschaftsrechte in Form von Mitwirkungsrechten, insbesondere Stimmrechten, durch den Gesellschaftsvertrag eingeräumt würden, weil ansonsten nicht angenommen werden könne, dass der Arzt den Einsatz der der Praxis zugeordneten sachlichen und persönlichen Mittel selbst bestimme. Dem Beigeladenen zu 2. seien weder nach Vertragslage noch tatsächlich Mitwirkungsmöglichkeiten an den zentralen, die Struktur der Praxis in S. bestimmenden Entscheidungen eingeräumt worden. Hierüber hätten allein der Kläger und die Dres. H. und M. in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter der GbR, die die wirkliche Trägerin der Praxis in S. und V. gewesen sei, befunden. Der Beigeladene zu 2. sei nie in die Gesellschaft aufgenommen worden und habe insbesondere an keiner Gesellschafterversammlung teilgenommen. Dass er bei seiner Arbeit in der CT-Außenstelle selbstständig habe arbeiten können, ändere daran nichts, da die GbR über die Rechtsmacht verfügt habe, sich im Konfliktfall gegen den Beigeladenen zu 2. durchzusetzen. Dieser sei zudem weder an Gewinnen noch Verlusten der Praxis beteiligt gewesen, sondern habe ein festes Gehalt bezogen. Auch eine Beteiligung am Vermögen der Gemeinschaftspraxis habe zu keiner Zeit vorgelegen.

10

Die Beklagte habe die sachlich-rechnerischen Richtigstellungen in Anknüpfung an die in den strittigen Quartalen unrichtigen Sammelerklärungen durchführen dürfen. Den Kläger treffe auch ein Verschulden, zumindest im Sinne grober Fahrlässigkeit. Er habe aufgrund der Verträge wissen müssen, dass der Beigeladene zu 2. in Wirklichkeit nur die Stellung eines unselbstständig tätigen Assistenten inne gehabt habe. Bei der Neufestsetzung des Honorars sei die Beklagte in nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass die vom Beigeladenen zu 2. erarbeiteten Honorare zu Unrecht ausgezahlt worden seien. Die Schätzung der verbleibenden Honorare anhand der durchschnittlichen Einnahmen einer radiologischen Einzelpraxis bewege sich im Rahmen der höchstrichterlichen Rechtsprechung (Urteil vom 17.12.2008, MedR 2009, 497 = GesR 2009, 206).

11

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Die bundesmantelvertraglichen Bestimmungen über die sachlich-rechnerische Richtigstellung von Honorarforderungen stellten keine ausreichende Rechtsgrundlage für die streitbefangene Honorarrückforderung dar, da die abgerechneten Leistungen entsprechend den Vorgaben des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen erbracht und abgerechnet worden seien. Die Beklagte mache vielmehr einen vermeintlichen "sonstigen Schaden" geltend. Der Anwendung der Regelungen über die sachlich-rechnerische Richtigstellung stehe im Übrigen die Drittbindungswirkung der ihm - dem Kläger - und dem Beigeladenen zu 2. erteilten Gemeinschaftspraxis-Genehmigung entgegen. Diese Genehmigung habe statusbegründenden Charakter. Die Kompetenz der Zulassungsgremien sei abschließend und lückenlos; auch die Beklagte sei an deren Entscheidung gebunden. Diese Kompetenzverteilung und die daraus resultierende Drittbindungswirkung könne die Beklagte nicht dadurch umgehen, dass sie einseitig im Wege der Aufhebung erteilter Honorarbescheide ihre Ansicht durchzusetzen versuche.

12

Selbst wenn man unterstelle, dass der Vertrag über die Gemeinschaftspraxis vertragsarztrechtlich bedenklich sei, könne ihm - dem Kläger - als juristischem Laien, der einen solchen Vertrag unter fachlicher Beratung durch einen bundesweit anerkannten Spezialisten auf dem Gebiet des Vertragsarztrechts abgeschlossen habe, nicht der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs gemacht werden. Die Frage der fehlerhaften Vertragsgestaltung sei erst in das Blickfeld der Beklagten gerückt, nachdem gegen den beratenden Rechtsanwalt ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sei, das mit einer Verurteilung geendet habe. Der Vertrag sei von ihm - dem Kläger - freiwillig vorgelegt worden; nur dadurch habe die Beklagte Kenntnis von diesem erhalten. Dies spreche gegen die ihm unterstellte Absicht der Irreführung.

13

Im Übrigen sei der Beigeladene zu 2. in "freier Praxis" tätig gewesen; er habe den ausgelagerten Praxisteil am Krankenhaus S. selbstständig und eigenverantwortlich geführt. Der Kooperationsvertrag stehe den Anforderungen einer Tätigkeit in "freier Praxis" nicht entgegen. Der Beigeladene zu 2. habe seine Tätigkeit frei und eigenverantwortlich ausgeübt, habe Beginn, Dauer und Ende seiner Tätigkeit frei bestimmt und über den Einsatz des nichtärztlichen Personals verfügt. Unzutreffend sei auch, dass der Beigeladene zu 2. an keiner Gesellschafterversammlung teilgenommen habe. Unabhängig davon hätte das LSG den Beteiligten einen Hinweis darauf geben müssen, dass es seine Entscheidung wesentlich auf die Feststellung stützen wolle, dass sich aus den Protokollen der Gesellschafterversammlungen eine Mitwirkung des Beigeladenen zu 2. nicht ergebe. Das LSG habe dies jedoch nicht getan und so den Beteiligten keine Möglichkeit gegeben, diesbezüglich Beweis anzutreten. Das Fehlen einer Beteiligung am Gesellschaftsvermögen vermöge ebenso wenig wie eine feste Gewinnbeteiligung und der Ausschluss einer Verlustbeteiligung die wirtschaftliche Unabhängigkeit des Arztes zu gefährden. Eine unterschiedliche Ausgestaltung der Rechte der Gesellschafter sei jedenfalls für eine Übergangszeit des "Kennenlernens" von in der Regel drei Jahren - aber auch darüber hinaus - zulässig.

14

Wie das BVerfG entschieden habe, sei der Begriff des "freien Berufes" ein soziologischer Begriff und kein eindeutiger Rechtsbegriff, aus dem präzise normative Wirkungen abgeleitet werden könnten. Es obliege dem Gesetzgeber, die Merkmale eines "freien" Berufs im Einzelnen festzulegen und damit das Berufsbild zu fixieren. Die Unbestimmtheit des § 32 Abs 1 Satz 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) lasse eine Auslegung, die konkrete Anforderungen an die Vertragsgestaltung stelle, um so weniger zu, als die Regelung damit in die Nähe einer Berufszugangsregelung gerückt werde. Schließlich verstoße § 32 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV in der Auslegung des LSG gegen den Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG, wenn sich Partner einer Gemeinschaftspraxis einem drohenden Honorarregress bereits dadurch entziehen könnten, dass sie ihre internen vertraglichen Regelungen geheim hielten. Schließlich scheide, da der angefochtene Bescheid dem Kläger am 5.12.2001 zugestellt worden sei, eine sachlich-rechnerische Richtigstellung von Quartalsbescheiden, die vor dem 5.12.1997 ergangen seien, aus.

15

Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 17.12.2008 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Hannover vom 13.10.2004 zurückzuweisen.

16

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

17

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Insbesondere stehe der sachlich-rechnerischen Richtigstellung keine "Drittbindungswirkung" durch die vom Zulassungsausschuss erteilte Gemeinschaftspraxisgenehmigung entgegen. Denn die angefochtenen Bescheide hätten keinen Einfluss auf den Zulassungsstatus des Klägers. Sie - die Beklagte - sei berechtigt, das Honorar einer Scheingemeinschaftspraxis in der Weise zu reduzieren, dass die einzelnen Ärzte so behandelt würden, als wären sie in einer Einzelpraxis tätig gewesen. Es liege ein offenkundiger Rechtsmissbrauch vor, wenn bereits in der Präambel des Kooperationsvertrages bestimmt werde, dass ein ggf dem Zulassungsausschuss vorzulegender Vertrag keine Bindungswirkung entfalten werde. Die behauptete gleichberechtigte Mitwirkung des Beigeladenen zu 2. an Entscheidungen werde durch die vorliegenden Unterlagen widerlegt. Dessen Befragung vor dem LSG habe ergeben, dass er noch nicht einmal Kenntnis gehabt habe, wann die regulären Gesellschafterversammlungen stattgefunden hätten. Für Fälle von Abrechnungsbetrug gelte die vierjährige Verjährungsfrist nicht.

18

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

19

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das LSG hat seine Klage zu Recht unter Aufhebung des Urteils des SG abgewiesen. Die Beklagte hat die der Beigeladenen zu 1. erteilten Honorarbescheide zu Recht aufgrund sachlich-rechnerischer Richtigstellung teilweise aufgehoben und von den an ihr beteiligten Ärzten zu viel gezahltes Honorar zurückverlangt. Sie hat den Rückforderungsbetrag auch der Höhe nach zutreffend berechnet.

20

1. Die Entscheidung des LSG ist verfahrensfehlerfrei zustande gekommen. Soweit der Kläger rügt, das Berufungsgericht habe den Beteiligten einen Hinweis darauf geben müssen, es werde seine Entscheidung wesentlich auf die Feststellung stützen, dass sich aus den Protokollen eine Mitwirkung des Beigeladenen zu 2. an Entscheidungen über "Praxisangelegenheiten" nicht ergebe, macht er einen Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs im Sinne einer Überraschungsentscheidung geltend. Eine Überraschungsentscheidung liegt nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG (vgl BVerfGE 84, 188, 190; BVerfGE 86, 133, 144 f; BVerfGE 98, 218, 263; zuletzt BVerfG , Beschluss vom 7.10.2009 - 1 BvR 178/09 - juris RdNr 8) wie auch des BSG (BSG SozR 3-4100 § 103 Nr 4 S 23; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 6 RdNr 17)dann vor, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wende gibt, mit der auch ein gewissenhafter Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verfahrensverlauf selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen braucht.

21

Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall, denn Art 103 Abs 1 GG begründet keine umfassende Frage-, Aufklärungs- und Informationspflicht des Gerichts (stRspr des BVerfG, vgl BVerfGE 66, 116, 147; BVerfGE 84, 188, 190; BVerfGE 86, 133, 144; BVerfG , Beschluss vom 27.11.2008 - 2 BvR 1012/08 - juris RdNr 6). Prozessbeteiligte - insbesondere anwaltlich vertretene - müssen grundsätzlich von sich aus alle vertretbaren Gesichtspunkte in Betracht ziehen und sich in ihrem Vortrag darauf einstellen (BVerfGE 86, 133, 144 f; BVerfGE 98, 218, 263; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 6 RdNr 18 mwN). Der Anspruch auf rechtliches Gehör soll lediglich verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten (BSG Urteil vom 11.11.2003 - B 2 U 32/02 R - NZS 2004, 660 ff unter Hinweis auf BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 1 mwN). Dementsprechend liegt keine unzulässige Überraschungsentscheidung vor, wenn die betroffene Sach- oder Rechtsfrage bereits Gegenstand von Äußerungen der Beteiligten des Verfahrens war, das zu der angegriffenen Entscheidung führte (BVerfG, , Beschluss vom 12.7.2006 - 2 BvR 513/06 - BVerfGK 8, 376). So liegt es auch hier, denn die Frage einer Tätigkeit des Beigeladenen zu 2. in "freier Praxis" - für deren Beantwortung ggf auch eine Beteiligung an Gesellschafterversammlungen Bedeutung haben kann - hat von Beginn des Verfahrens an im Mittelpunkt der rechtlichen Auseinandersetzung gestanden.

22

2. Die Beklagte hat die allgemeinen Vorgaben für eine Richtigstellung der Abrechnungen der Beigeladenen zu 1. beachtet.

23

a) Rechtsgrundlage der aufgrund sachlich-rechnerischer Richtigstellung erfolgten Aufhebung der Honorarbewilligungen für die Quartale IV/1996 bis I/2001 sind hier noch § 45 Abs 2 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte bzw § 34 Abs 4 Satz 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä)(für Zeiträume ab 1.1.2004 vgl nunmehr § 106a SGB V idF des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003, BGBl I 2190).

24

Nach diesen im Wesentlichen gleichlautenden Vorschriften hat die KÄV von Amts wegen oder auf Antrag einer Krankenkasse die Befugnis, die von Vertragsärzten eingereichten Abrechnungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und nötigenfalls richtig zu stellen (stRspr, vgl BSGE 89, 90, 93 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 6; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 5 RdNr 13). Dies kann auch im Wege nachgehender Richtigstellung erfolgen (stRspr, vgl BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 10 mwN; BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 11). Aus diesen Bestimmungen ergibt sich weiter, dass der Vertragsarzt das Honorar, das ihm nach sachlich-rechnerischer Abrechnungskorrektur nicht mehr zusteht, erstatten muss (BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11; BSGE 103, 1 = SozR 4-2500 § 106a Nr 7, RdNr 13).

25

b) Der Anwendung dieser bundesmantelvertraglichen Regelungen steht nicht entgegen, dass vorliegend nicht Abrechnungsverstöße im engeren Sinne - etwa der fehlerhafte Absatz von Gebührennummern - in Rede stehen. Zwar geht es bei der sachlich-rechnerischen Richtigstellung vor allem um die Auslegung und Anwendung der Gebührenordnungen (s schon BSGE 42, 268, 270 = SozR 2200 § 368n Nr 9, S 21 f), jedoch hat der Senat die entsprechenden bundesmantelvertraglichen Vorschriften in ständiger Rechtsprechung umfassend verstanden.

26

Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertrags(zahn)arztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots -, erbracht und abgerechnet worden sind (BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 10; BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 15; s schon BSG SozR 5557 Nr 5451 Nr 1 S 2). Dies entspricht den Formulierungen in den zu § 106a SGB V erlassenen Richtlinien(vgl § 3 Abs 1 und 2 iVm § 4 der Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Inhalt und zur Durchführung der Abrechnungsprüfungen der KÄVen und der Krankenkassen, DÄ 2004, A 2555 bzw A 3135; § 5 Abs 1 iVm Abs 3 der Richtlinien der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen nach § 106a SGB V, zm 2008, S 111 ff).

27

Die Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Honorarforderung auf bundesmantelvertraglicher Rechtsgrundlage besteht danach nicht nur im Falle rechnerischer und gebührenordnungsmäßiger Fehler, sondern erfasst auch Fallgestaltungen, in denen der Vertragsarzt Leistungen unter Verstoß gegen Vorschriften über formale oder inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung durchgeführt und abgerechnet hat (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 11). Dementsprechend hat der Senat in seiner Rechtsprechung das Rechtsinstitut der sachlich-rechnerischen Richtigstellung zB bei der Abrechnung fachfremder Leistungen (vgl ua BSGE 93, 170 = SozR 4-2500 § 95 Nr 8; BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 1)oder qualitativ mangelhafter Leistungen angewandt, aber auch bei Leistungen eines nicht genehmigten Assistenten (BSG SozR 3-5525 § 32 Nr 1 S 3 f)sowie bei der Aufrechterhaltung eines übergroßen Praxisumfangs mit Hilfe eines Assistenten (BSG SozR 4-5520 § 32 Nr 2), bei der Abrechnung von Leistungen, die nach stationärer Aufnahme erbracht werden (BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 3 RdNr 8; s hierzu auch die Nachweise bei BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 11),bei der Nichtbeachtung der bereichsspezifischen Vorschriften zur Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung im Rahmen der vertragsärztlichen Abrechnung (BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 15)und schließlich bei einem Missbrauch vertragsarztrechtlicher Kooperationsformen (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6; zuletzt BSG Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 17/07 B - juris).

28

Die Beklagte hat die sachlich-rechnerische Richtigstellung daher zu Recht darauf stützen dürfen, dass sich die Beigeladene zu 1. durch die angeblich gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit des Klägers mit dem Beigeladenen zu 2. vertragsärztliches Honorar verschafft hat, das sie - bzw der Kläger in Einzelpraxis - bei Beachtung der vertragsärztlichen Pflichten nicht hätte erzielen können. Diesen auf pflichtwidriger Verhaltensweise beruhenden Honoraranteil darf die KÄV sachlich-rechnerisch richtig stellen und insoweit bereits ausgezahltes Honorar zurückfordern. Sie ist nicht darauf beschränkt, den Pflichtenverstoß disziplinarisch zu ahnden und/oder auf die Entziehung der Zulassung hinzuwirken (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 12).

29

c) Die Beklagte war auch berechtigt, eine Honorarrückforderung - statt gegenüber der zu 1. beigeladenen "Gemeinschaftspraxis" - gegenüber dem Kläger geltend zu machen.

30

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn Aufhebungs- und Rückforderungsbescheide, die Quartale betreffen, in denen eine Praxis als Gemeinschaftspraxis (jetzt Berufsausübungsgemeinschaft) geführt wurde, nicht an die Gemeinschaftspraxis, sondern nur an einen der Partner gerichtet wurden (vgl BSGE 89, 90, 93 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 6). Die Partner einer Gemeinschaftspraxis können jeder für sich in Anspruch genommen werden (BSGE 89, 90, 92 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 5; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 16).

31

Zum anderen rechtfertigt sich der an den Kläger gerichtete Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid auch dadurch, dass eine Gemeinschaftspraxis lediglich pro forma bestand. Weil dies materiell-rechtlich die Zusammenarbeit zweier in "freier Praxis" tätiger Ärzte voraussetzt, der Beigeladene zu 2. jedoch in Wirklichkeit lediglich als Angestellter des Klägers (bzw der "Gesellschaft") tätig war (s dazu unter 3. b cc), war der Kläger somit tatsächlich in Einzelpraxis tätig. Die Beklagte ist - jedenfalls in Bezug auf die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen - nicht an lediglich formal bestehende, materiell-rechtlich jedoch rechtswidrige Statusentscheidungen gebunden (s unter 3. c). "Vertragspartner" der Beklagten war daher der Kläger, so dass auch die Rückabwicklung im Verhältnis Kläger-Beklagte zu erfolgen hat.

32

3. Die Beklagte war auch in der Sache berechtigt, die Abrechnungen der "Gemeinschaftspraxis" für die streitgegenständlichen Quartale richtig zu stellen. Denn die "Gemeinschaftspraxis", der (auch) der Kläger angehörte, hat in dieser Zeit Leistungen abgerechnet, die im Widerspruch zu bindenden Vorgaben des Vertragsarztrechts erbracht wurden. Die vom Zulassungsausschuss genehmigte, aus ihm und dem zu 2. beigeladenen Arzt Dr. Ph. bestehende Gemeinschaftspraxis existierte tatsächlich nicht. Dr. Ph. war lediglich als Angestellter des Klägers tätig, und die Genehmigung zur Beschäftigung eines angestellten Arztes hatte die Beklagte nicht erteilt.

33

Die vertraglich zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 2. vereinbarte Kooperation erfüllte die Voraussetzungen des § 33 Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV nicht, weil der zu 2. beigeladene Dr. Ph. nicht in freier Praxis im Sinne des § 32 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV tätig war. Über die berufliche und persönliche Selbstständigkeit, die für die Ausübung der Tätigkeit des Vertragsarztes in "freier Praxis" erforderlich ist, verfügte Dr. Ph. zu keinem Zeitpunkt. Dieser Arzt trug nach den Vereinbarungen zwischen ihm und dem Kläger das wirtschaftliche Risiko der Praxis nicht mit und war in keiner Weise am Wert der Praxis beteiligt, die durch seine Tätigkeit mit geschaffen wurde. Jedenfalls soweit beides explizit ausgeschlossen ist, wird die ärztliche Tätigkeit nicht mehr in freier Praxis ausgeübt.

34

a) Nach § 33 Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV ist die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit zulässig unter allen zugelassenen Leistungserbringern. Das setzt die (auch materiell rechtmäßige) Zulassung eines jeden einzelnen Mitglieds der Gemeinschaftspraxis voraus (vgl Engelmann, ZMGR 2004, 3, 10). Schon hieran fehlt es. Denn der Beigeladene zu 2. war - wie das LSG zutreffend festgestellt hat - bereits nicht als Arzt in freier Praxis, sondern tatsächlich als "freier Mitarbeiter" tätig. Da das Vertragsarztrecht den Typus des "freien Mitarbeiters" nicht kennt, ist der Beigeladene zu 2. vertragsarztrechtlich als "angestellter Arzt" bzw als "Assistent" zu qualifizieren. Derartige Tätigkeiten sind nur mit entsprechender Genehmigung zulässig; daran fehlte es jedoch.

35

b) Nach § 32 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV hat der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit persönlich in "freier Praxis" auszuüben. Dies war dem Beigeladenen zu 2. gesellschaftsvertraglich nicht möglich, und er hat es auch tatsächlich nicht getan.

36

aa) Der Begriff der "freien Praxis" ist nicht zu unbestimmt, um hieraus Anforderungen an die vertragsärztliche Tätigkeit abzuleiten. Dem steht auch nicht die Aussage des BVerfG entgegen, dass der (vergleichbare) Begriff "freier Beruf" kein eindeutiger Rechtsbegriff, sondern ein soziologischer Begriff sei, der aus einer bestimmten gesellschaftlichen Situation erwachsen sei und aus dem sich keine präzise normative Wirkungen ableiten ließen (BVerfGE 10, 354, 364). Abgesehen davon, dass das BVerfG diese Aussagen getätigt hat, um der (gegenteiligen) Auffassung entgegenzutreten, dieser Begriff beinhalte einen spezifischen, gesteigerten Gehalt an Freiheit (vgl BVerfG aaO), unterscheidet sich die Situation vornehmlich dadurch, dass der ähnliche Begriff der "freien Praxis" vorliegend nicht im allgemeinen - "soziologischen" - Sinne gebraucht wird, sondern durch die Regelungen in § 32 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV wie auch in § 98 Abs 2 Nr 13 SGB V ("nach den Grundsätzen der Ausübung eines freien Berufes …") normativen Gehalt bekommen hat. Darüber hinaus ist der Begriff der "freien Praxis" durch zahlreiche Entscheidungen des BSG weiter konkretisiert worden (s unter 3. b bb).

37

Im Übrigen hat auch das BVerfG in verschiedenen Entscheidungen den Kerngehalt dieses Begriffes dahingehend umschrieben, dass der Arztberuf durch ein hohes Maß an eigener Verantwortlichkeit und eigenem Risiko in wirtschaftlicher Beziehung charakterisiert sei (BVerfGE 9, 338, 351). Das Berufsbild der freiberuflich Tätigen trage im Ganzen den "unternehmerischen Zug", der auf Selbstverantwortung, individuelle Unabhängigkeit und eigenes wirtschaftliches Risiko gegründet sei (BVerfGE 10, 354, 369). Der frei praktizierende Arzt habe die freie Verfügung über die eigene Arbeitskraft, könne insbesondere seine Arbeitszeit frei einteilen, er trage aber auch das volle wirtschaftliche Berufsrisiko (BVerfGE 16, 286, 294). Mithin wird eine Tätigkeit in "freier Praxis" unzweifelhaft durch die Merkmale individuelle Unabhängigkeit und Tragung des wirtschaftlichen Risikos konkretisiert.

38

bb) Was für eine Tätigkeit persönlich in freier Praxis im Sinne des § 32 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV - im Gegensatz zu einem Angestelltenverhältnis im Sinne des § 32b Ärzte-ZV - erforderlich ist, hat das BSG in seinen Urteilen vom 16.3.1973 (BSGE 35, 247 = SozR Nr 1 zu § 5 EKV-Ärzte = NJW 1973, 1435), vom 16.7.2003 (BSG SozR 4-5520 § 33 Nr 2)und vom 28.11.2007 (BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3)vorgezeichnet. Das Merkmal erfordert mehr, als nach den §§ 705 ff BGB für die Stellung als Gesellschafter erforderlich ist. Die vertragsärztliche Tätigkeit muss in beruflicher und persönlicher Selbstständigkeit gesichert sein; erhebliche Einflussnahmen Dritter müssen ausgeschlossen sein; insbesondere darf nicht in Wahrheit ein verstecktes Angestelltenverhältnis vorliegen (BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 26, anknüpfend an BSG SozR 4-5520 § 33 Nr 2; vgl auch BSGE 91, 164 RdNr 17, 18 = SozR 4-5520 § 33 Nr 1 RdNr 16, 17; - jeweils betreffend Gemeinschaftspraxis). Zur erforderlichen eigenverantwortlichen Gestaltung ärztlicher Tätigkeit gehört es, dass der Arzt ein wirtschaftliches Risiko trägt, insoweit es maßgebend von seiner Arbeitskraft abhängen muss, in welchem Umfang seine freiberufliche Tätigkeit Einkünfte erbringt (BSGE 35, 247, 252 = SozR Nr 1 zu § 5 EKV-Ärzte = NJW 1973, 1435, 1437 - betreffend Facharzt für Laboratoriumsmedizin). Zudem muss der Arzt die Befugnis haben, den medizinischen Auftrag nach eigenem Ermessen zu gestalten sowie über die räumlichen und sächlichen Mittel, ggf auch über den Einsatz von Hilfspersonal zu disponieren oder jedenfalls an der Disposition mitzuwirken (BSGE 35, 247, 250 = NJW 1973, 1435, 1436; BSGE 76, 59, 64 = SozR 3-5520 § 20 Nr 1 S 7; BSGE 80, 130, 132 f = SozR 3-5520 § 20 Nr 2 S 13).

39

Somit beinhaltet die Tätigkeit in "freier Praxis" zum einen eine wirtschaftliche Komponente - die Tragung des wirtschaftlichen Risikos wie auch eine Beteiligung an den wirtschaftlichen Erfolgen der Praxis - und zum anderen eine ausreichende Handlungsfreiheit in beruflicher und persönlicher Hinsicht.

40

Für das Maß an Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit, das einem Arzt bei der von ihm bei seinem Antrag auf Zulassung geplanten und dann ausgeübten vertragsärztlichen Tätigkeit verbleibt, können zivilrechtliche Vereinbarungen, die er bezogen auf die Arztpraxis getroffen hat, Bedeutung haben. Dies gilt nicht nur für Gemeinschaftspraxen (hierzu s BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 25 f), sondern auch in anderen Fällen, etwa dann, wenn einem Arzt die Praxisräume und -ausstattung von einem anderen zur Verfügung gestellt werden und dieser sich erhebliche Einflussmöglichkeiten auf die Praxisausstattung und den Praxisbetrieb vorbehält. In solchen Fällen ist es Aufgabe der Zulassungsgremien, aber ggf auch der Sozialgerichte und der KÄVen, die zivilrechtlichen Verhältnisse in die Überprüfung einzubeziehen (hierzu zuletzt BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 26 mwN).

41

cc) Die dargestellten Voraussetzungen einer Tätigkeit in "freier Praxis" waren im Falle des Beigeladenen zu 2. schon nicht gegeben, als er zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen wurde. Sie sind angesichts der gescheiterten Aufnahme in die "Gesellschaft" ebenso wenig während seiner anschließenden Tätigkeit eingetreten. Der Beigeladene zu 2. trug nämlich zu keinem Zeitpunkt ein erkennbares wirtschaftliches Risiko (1) und war an der Verwertung des von ihm erarbeiteten Praxiswerts nicht beteiligt (2). Ob er darüber hinaus auch in seiner Dispositionsfreiheit eingeschränkt war, bedarf keiner abschließenden Entscheidung (3).

42

(1) Das Erfordernis, dass es beim Vertragsarzt "maßgebend von seiner Arbeitskraft abhängen" muss, in welchem Umfang seine freiberufliche Tätigkeit Einkünfte erbringt (BSGE 35, 247, 252 = SozR Nr 1 zu § 5 EKV-Ärzte = NJW 1973, 1435, 1437), ihn also im positiven wie im negativen Sinne die Chance und das Risiko des beruflichen Erfolges oder Misserfolges persönlich treffen müssen, ist der Notwendigkeit geschuldet, den Status des Vertragsarztes von dem Status des angestellten Arztes abzugrenzen. Nur dann ist das Merkmal beruflicher und persönlicher Selbstständigkeit gegeben und liegt nicht ein (verstecktes) Angestelltenverhältnis vor. Dies bedeutet insbesondere, dass der Vertragsarzt nicht wie ein Angestellter nur ein Festgehalt erhalten darf. Vielmehr muss ihm maßgeblich der Ertrag seiner vertragsärztlichen Tätigkeit zugute kommen, ebenso wie ein eventueller Verlust zu seinen Lasten gehen muss. Dieses Erfordernis muss von Anbeginn der vertragsärztlichen Tätigkeit erfüllt sein, kann mithin nicht für die Dauer einer "Probezeit" suspendiert werden.

43

Diese Teilhabe an Gewinn und Verlust der laufenden Praxistätigkeit kann nicht allein auf den Kapitaleinsatz bezogen werden, der bei der ärztlichen Tätigkeit nicht die ausschlaggebende Rolle spielt, wie der Senat bereits in einer früheren Entscheidung (Urteil vom 16.3.1973 - BSGE 35, 247, 252 = SozR Nr 1 zu § 5 EKV-Ärzte = NJW 1973, 1435, 1436 f ) ausgeführt hat. Fehlender wirtschaftlicher Erfolg einer Praxis wirkt sich im Übrigen vor allem in Gestalt einer Reduzierung des sogenannten Unternehmerlohns aus, weil die laufenden Praxiskosten nicht sogleich einem Umsatzrückgang angepasst werden können, und kann auch zum Auflaufen von Verbindlichkeiten führen. Ob im Übrigen die Gewichtung von Kapitaleinsatz und persönlicher Arbeitskraft des Arztes, die im Urteil vom 16.3.1973 zum Ausdruck kommt, heute im Zuge der Veränderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der vertragsärztlichen Tätigkeit anders vorgenommen werden müsste, bedarf hier keiner Entscheidung.

44

Diese Voraussetzungen lagen, wie vom LSG zutreffend festgestellt, nicht vor:
Nach dem - die Rahmenbedingungen für das Tätigwerden des Beigeladenen zu 2. in der "Gemeinschaftspraxis" regelnden - Kooperationsvertrag sollte der Beigeladene zu 2. kein wirtschaftliches Risiko tragen (Ziff 2a und b der Präambel zum Kooperationsvertrag); gemäß § 4 des Vertrages erhielt er ein Festgehalt("regelmäßige Vergütung pro Arbeitswoche"). Die "Abrechnung von Privat- und Kassenpatienten" oblag allein "den Praxisinhabern" (§ 5 Abs 1 des Vertrages); zudem war der Beigeladene zu 2. "im Innenverhältnis" von allen Honorarkürzungs- und Regressansprüchen freigestellt (§ 2 Abs 6 des Vertrages). Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass diese - eine "Mitunternehmerschaft" des Beigeladenen zu 2. in Bezug auf die Einkünfte ausschließenden - Regelungen in der Folgezeit nicht mehr gegolten haben. Denn zu dessen avisierten Eintritt in die von Dres. P., H. und M. gebildete Gesellschaft ist es unzweifelhaft nicht gekommen, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG bestätigt hat. Der Beigeladene zu 2. hat bekräftigt, dass es bis 2001 bei den im Vertrag vereinbarten Zahlungen geblieben sei und er auch in der Folgezeit ein Festgehalt erhalten habe. Die im Schrifttum erörterte Frage, ob die Zahlung eines Festgewinnanteils für die Annahme einer Tätigkeit in "eigener Praxis" ausreichen kann (s hierzu Gummert/Meier, MedR 2007, 1, 4 f), stellt sich vorliegend nicht, da der Beigeladene zu 2. gerade keine gewinnbezogenen Zahlungen erhalten hat.

45

Auch wenn die für bzw gegen eine Tätigkeit in "freier Praxis" sprechenden Gesichtspunkte grundsätzlich in ihrer Gesamtheit in die Abwägung einzubeziehen sind, stellt der Umstand, dass sich die Einkommenssituation des Beigeladenen zu 2. nicht von der eines "freien Mitarbeiters" bzw der eines Angestellten unterschied, ein so wesentliches Indiz gegen eine selbstständige Tätigkeit in "freier Praxis" dar, dass bereits aus diesem Grunde die Entscheidung des LSG zu bestätigen ist. Daher kann es dahingestellt bleiben, ob der Beigeladene zu 2. im Übrigen Einfluss auf die Führung der - letztlich auch die "Gemeinschaftspraxis" beherrschenden, vom Kläger sowie Dres. H. und M. gebildeten - "Gesellschaft" hatte.

46

Da es bereits an jeglicher Tragung eines wirtschaftlichen Risikos fehlt, kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob im Falle von Gemeinschaftspraxen (bzw Berufsausübungsgemeinschaften) jeder Partner auch substantiell am Gesellschaftsvermögen beteiligt werden muss (s hierzu die Nachweise bei Gummert/Meier, MedR 2007, 1, 6 f mit Fn 57 bis 60) oder ob - ggf auch nur für eine Übergangsfrist - auch eine sogenannte "Null-Beteiligung" unschädlich sein kann. Dieser Aspekt könnte lediglich dann Bedeutung haben, wenn die Bewertung des vorrangigen (einkommensbezogenen) Kriteriums der "Tragung des wirtschaftlichen Risikos" keine eindeutige Aussage erlaubt. Allerdings sprechen gewisse Gesichtspunkte dafür, dass eine Beteiligung am Gesellschaftsvermögen nicht ausnahmslos erforderlich ist. Wenn ein Arzt sowohl am wirtschaftlichen Gewinn wie auch an einem etwaigen Verlust beteiligt ist, also das Einkommens-Risiko trägt, muss er nicht auch noch zwingend das weitere (Vermögens-)Risiko tragen. So könnten Gestaltungen zulässig sein, in denen Ärzte (gemeinsam) nicht nur die Praxisräume, sondern auch die komplette Praxisausstattung anmieten, ihr Kapitaleinsatz also gegen Null geht, oder in denen ein alteingesessener Vertragsarzt mit einem jungen Arzt, der in fernerer Zukunft die Praxis übernehmen soll, zunächst eine Gemeinschaftspraxis bildet, in der die gesamte Praxisausstattung dem "Alt-Arzt" gehört.

47

(2) Ein wesentlicher Mangel an ausreichender Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit ergab sich ferner daraus, dass dem Beigeladenen zu 2. bei Beendigung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit keine Chance auf Verwertung des auch von ihm erarbeiteten Praxiswertes blieb. Für die Annahme einer gemeinschaftlichen Berufsausübung im Rahmen einer Gemeinschaftspraxis ist - unabhängig von der Frage einer Beteiligung der Partner an den Investitionen und Kosten der Praxis - grundsätzlich eine Beteiligung am immateriellen Wert der Praxis (dem sogenannten "Goodwill") erforderlich, da dies Ausfluss der mit einer Tätigkeit in "freier Praxis" verbundenen Chancen ist. Dabei kann die vertragliche Ausgestaltung im Einzelfall unterschiedlich sein (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 14).

48

Zwar sind Einschränkungen des für Einzelpraxen typischen Rechts, im Falle der Aufgabe der Praxistätigkeit über die Verwertung des Praxiswerts - insbesondere durch Ausschreibung des Vertragsarztsitzes in Verbindung mit dem Abschluss eines Vertrages mit dem Praxisnachfolger über einen Kaufpreis in Höhe des Verkehrswertes der Praxis (§ 103 Abs 4 SGB V) - zu verfügen, dann üblich, wenn es sich um eine Gemeinschaftspraxis handelt. Bei ihr sind die Bindungen und Arbeitsteilungen unter den Praxispartnern zu beachten; diese rechtfertigen Beschränkungen der Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit jedes einzelnen Partners. Dabei werden auch die Rechte des Ausscheidenden häufig beschränkt, nämlich zB auf den Anspruch auf Abfindungszahlungen reduziert (s dazu H.-J. Rieger, Verträge zwischen Ärzten in freier Praxis, 8. Aufl 2009: Heidelberger Musterverträge, Heft 41, Teil 2: Kooperationsverträge, Vertrag für Gemeinschaftspraxis, § 14, S 46-48).

49

Selbst derart beschränkte Teilhaberechte am Wert der Praxis waren aber durch den Kooperationsvertrag ausgeschlossen. Dort war insbesondere bestimmt, dass der freie Mitarbeiter den Gemeinschaftspraxis-Anteil "nur im Außenverhältnis" erwirbt und hieraus keine Rechte herleiten kann; zudem hat er den Anteil bei einem Ausscheiden unentgeltlich auf die "Gemeinschaftspraxis" zu übertragen (Ziff 6b der Präambel). Auch ist er nicht am "Good-Will" der Praxis beteiligt (Ziff 7 der Präambel). Selbst wenn man dies ggf für die Dauer einer begrenzten "Probezeit" akzeptieren wollte, käme dies im Falle des Beigeladenen zu 2. schon wegen der auf unbestimmte Zeit fortgesetzten Probezeit nicht zum Tragen.

50

(3) Dahingestellt bleiben kann, ob der Beigeladene zu 2. ausreichende Dispositionsfreiheit in beruflicher und persönlicher Hinsicht besaß. Das Erfordernis, dass der Arzt die Befugnis haben muss, den medizinischen Auftrag nach eigenem Ermessen zu gestalten sowie über die räumlichen und sächlichen Mittel, ggf auch über den Einsatz von Hilfspersonal zu disponieren oder jedenfalls an der Disposition mitzuwirken (BSGE 35, 247, 250 = NJW 1973, 1435, 1436), hat zum Inhalt, dass erhebliche Einflussnahmen Dritter bei der Gestaltung des medizinischen Auftrags und bei der Disposition über das Hilfspersonal ausgeschlossen sein müssen. Entsprechendes gilt für die Disposition über die Sachausstattung der Praxis. Dies sind Ausprägungen der rechtlichen Vorgabe, dass die vertragsärztliche Tätigkeit "persönlich in freier Praxis" ausgeübt werden muss (§ 32 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV), wofür wesentlich ist, dass er die Verfügungsmacht über die Praxis hat. Selbst wenn die Praxis und deren Inventar nicht unbedingt in seinem Eigentum stehen müssen, muss er neben der Gestaltung des medizinischen Auftrags und neben der Personalhoheit auch in einem gewissen Umfang die Sachherrschaft haben. Nur dann ist eine Verfügungsmacht über die Praxis und eine Tätigkeit "in freier Praxis" gegeben.

51

Nach den Feststellungen des LSG steht nicht in Zweifel, dass der Beigeladene zu 2. bei der Gestaltung des medizinischen Auftrags in ausreichendem Maß "sein eigener Herr" war. Insoweit hat das LSG jedoch zutreffend darauf verwiesen, dass erhebliche (fachliche) Entscheidungs- und Handlungsspielräume allen höheren Dienstleistungen eigen sind. Bezüglich der Frage, ob dem Beigeladenen zu 2. in ausreichendem Maße die Personalhoheit verblieben ist, liegt es schon aus Gründen der - im Gesamtinteresse liegenden - Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Praxis nahe, dass er wohl im ausreichenden Maße über das für seine Tätigkeit erforderliche Personal verfügen konnte. Auch die Weisungsbefugnis gegenüber dem nichtärztlichen Hilfspersonal dürfte angesichts der Notwendigkeiten, die eng mit der eigentlichen ärztlichen Tätigkeit zusammenhängen, bestanden haben. Offen bleiben kann, ob dem Beigeladenen zu 2. das Recht zustand, über die Organisation des Inventars und der sächlichen Hilfsmittel, die Materialwirtschaft, die kaufmännische und administrative Ausgestaltung der Arztpraxis zu bestimmen. Zweifellos konnte er nicht über größere Anschaffungen bestimmen, da die Mittel dazu von der "Gesellschaft", an der er nicht beteiligt war, aufgebracht wurden. Andererseits dürften ihm die für seine Tätigkeit erforderlichen Materialien und Geräte zur Verfügung gestanden haben.

52

c) Einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung steht schließlich nicht entgegen, dass der Beigeladene zu 2. formal zugelassen und die zu 1. beigeladene Gemeinschaftspraxis formal genehmigt war, und diese Zulassung bzw Genehmigung nicht mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben werden kann (vgl hierzu BSG SozR 4-5520 § 24 Nr 2 RdNr 14 - Genehmigung der Verlegung des Vertragsarztsitzes; dies aufgreifend BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 25; LSG Nordhrein-Westfalen, Urteil vom 13.9.2006 - L 11 KA 30/06 - MedR 2008, 50; Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, 2008, § 20 RdNr 47). Denn der Beigeladene zu 2. hätte nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen werden dürfen, weil - aus den vorstehend dargelegten Gründen - von vornherein die Voraussetzungen für eine Zulassung fehlten; Entsprechendes gilt für die Gemeinschaftspraxis-Genehmigung. In derartigen Fällen steht dem Vertragsarzt ungeachtet des rückwirkend nicht korrigierbaren Status kein Honorar zu (so auch Wenner aaO RdNr 48; Engelmann, ZMGR 2004, 3, 13; Schallen, Zulassungsverordnung, 7. Aufl 2009, § 33 RdNr 142 ff).

53

aa) Ein die Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllender oder für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit ungeeigneter Arzt, der sich die Vertragsarztzulassung unter Vorspiegelung falscher Tatsachen verschafft hat, kann nicht unter Berufung auf den dadurch erworbenen formalrechtlichen Status vertragsärztliche Leistungen erbringen und abrechnen (BSGE 76, 153, 155 = SozR 3-2500 § 95 Nr 5 S 22 unter Hinweis auf BSG SozR 2200 § 368f Nr 1). Dies gilt entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung (vgl Spoerr/Fenner, MedR 2002, 109, 115) nicht allein - wie in den bereits entschiedenen Fällen - dann, wenn es an der erforderlichen Approbation und damit bereits an der Erbringung ärztlicher Leistungen fehlt, und/oder, wenn der Arzt rückwirkend auf seine Zulassung verzichtet hat (vgl Spoerr/Fenner aaO). Vielmehr ist eine Berufung auf einen formalrechtlichen Status - jedenfalls soweit es die Abrechnungsprüfung betrifft - auch in anderen Fällen ausgeschlossen, in denen die Zulassungsgremien eine Zulassung bei Kenntnis der genauen Umstände nicht erteilt hätten bzw nicht hätten erteilen dürfen (in diesem Sinne - Honorarrückforderung im Falle des Rechtsmissbrauchs - auch Gummert/Meier, MedR 2007, 1, 9; vgl weiterhin Clemens/Steinhilper in Laufs/Kern , Handbuch des Arztrechts, 4. Aufl 2010, § 35 RdNr 78 ff).

54

Dies gilt insbesondere im Falle einer missbräuchlichen Nutzung von Gestaltungsformen. Ein Gestaltungsmissbrauch in Form eines Missbrauchs der Rechtsform liegt nicht nur - wie vom Senat bereits entschieden - dann vor, wenn rechtlich in Praxisgemeinschaft verbundene Ärzte die Patienten wie Mitglieder einer Gemeinschaftspraxis behandeln (vgl BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 16 ff; BSG, Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 17/07 B - juris), sondern auch in anderen Fällen, in denen die formal gewählte Rechtsform nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht. Vorliegend haben der Kläger und der Beigeladene zu 2. die Kooperationsform Gemeinschaftspraxis dadurch missbräuchlich genutzt, dass beide die vertragsärztliche Tätigkeit nicht "gemeinsam" ausgeübt haben, sondern faktisch der Kläger in Einzelpraxis tätig war und den Beigeladenen zu 2. - ohne entsprechende Genehmigung - als Assistenten bzw Angestellten beschäftigte.

55

Für die Rechtmäßigkeit der Gewährung vertragsärztlichen Honorars kommt es nicht allein darauf an, dass der Vertragsarzt formell zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, sondern er muss vielmehr auch materiell berechtigt sein, Leistungen in der vertragsärztlichen Versorgung zu erbringen (Engelmann, ZMGR 2004, 3, 13 unter Bezugnahme auf BSGE 76, 153, 155 = SozR 3-2500 § 95 Nr 5 S 22 unter Hinweis auf BSG SozR 2200 § 368f Nr 1). Zudem sind die mit der Verleihung des Status einer Gemeinschaftspraxis verbundenen Vorteile gegenüber einer Einzelpraxis nur gerechtfertigt, wenn die rechtsförmige Gestaltung der Kooperation die Gewähr dafür bietet, dass die mit der Genehmigung der gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit verbundenen Rechte und Pflichten ordnungsgemäß wahrgenommen werden (BSG SozR 4-5520 § 33 Nr 2 RdNr 22).

56

bb) Einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung wie auch einer daraus resultierenden Rückforderung vertragsärztlichen Honorars steht eine etwaige "Tatbestandswirkung" bzw Drittbindungswirkung (zur Terminologie s BSG SozR 3-2500 § 95a Nr 2 S 6; s auch Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl 2008, § 43 RdNr 105) der Zulassung bzw der Gemeinschaftspraxisgenehmigung in dem Sinne, dass andere Behörden bzw Gerichte an diese Entscheidung ohne Rücksicht auf ihren Inhalt gebunden sind (vgl Roos in v. Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, Vor § 39 RdNr 4 mwN),nicht entgegen. Drittbindungswirkung hat der Senat etwa einem Arztregistereintrag im Rahmen eines Zulassungsverfahrens (vgl BSG SozR 3-2500 § 95a Nr 2; BSG SozR 3-2500 § 95c Nr 1; eingrenzend aber BSGE 104, 128 = SozR 4-2500 § 95 Nr 15, RdNr 15 ff) sowie der Approbationsentscheidung im Rahmen einer Arztregistereintragung (BSGE 95, 94 = SozR 4-2500 § 95c Nr 1)beigemessen. Ob eine solche Drittbindungswirkung besteht, ist bereichsspezifisch durch Auslegung der einschlägigen Normen entsprechend ihrem Regelungszweck zu ermitteln; sie kommt insbesondere dann in Betracht, wenn eine Behörde für den Erlass eines gestaltenden bzw konstitutiv-feststellenden Verwaltungsaktes mit einem Regelungsmonopol ausgestattet ist (BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 42 mwN). Sie erfordert das Vorhandensein entsprechender gesetzlicher Regelungen, in denen der Umfang der Bindung wiederum bereichsspezifisch und abhängig von ihrem erkennbaren Regelungszweck unterschiedlich ausgestaltet sein kann (BSG aaO mwN).

57

Es kann dahingestellt bleiben, in welchem Umfang eine Drittbindungswirkung der Entscheidungen der Zulassungsgremien zu bejahen ist, denn zumindest bezogen auf die vorliegende Konstellation wirken sich der Status des zu 2. beigeladenen Arztes als Vertragsarzt wie die ebenfalls statusbegründende Genehmigung der zu 1. beigeladenen Gemeinschaftspraxis nicht auf die Berechtigung der Beklagten aus, aus der gesetzwidrigen Gestaltung der beruflichen Kooperation die notwendigen vergütungsrechtlichen Folgerungen zu ziehen. Der Status des zugelassenen Vertragsarztes und der genehmigten Gemeinschaftspraxis sichern die vertragsärztliche Tätigkeit im Rechtsverhältnis zu Dritten ab (s hierzu schon BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 16 mwN). Die Versicherten können sich darauf verlassen, durch einen zugelassenen Arzt im Rahmen des Sachleistungsprinzips behandelt zu werden; die von einem solchen Arzt ausgestellten Verordnungen sind wirksam und - von der hier nicht relevanten Situation des kollusiven Zusammenwirkens mit einem Apotheker abgesehen - von diesem auszuführen (BSG aaO; vgl auch BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 25). Solange der Status nicht beseitigt ist, wird der betreffende Arzt im Rahmen der Bedarfsplanung berücksichtigt und darf seine organschaftlichen Mitwirkungsrechte innerhalb der KÄV wahrnehmen.

58

Das alles spielt im Rechtsverhältnis zwischen der KÄV und ihrem Mitglied keine Rolle mehr, wenn bekannt ist, dass der Arzt von seiner Zulassung keinen gesetzeskonformen Gebrauch gemacht hat. Für den Rückgriff der KÄV auf die tatsächlichen Verhältnisse bedarf es entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung (Spoerr/Fenner, MedR 2002, 109, 112 f) nicht der rückwirkenden Beseitigung des Status (ebenso Engelmann, ZMGR 2004, 3, 13; Clemens/ Steinhilper aaO, RdNr 76 ff). Im Innenverhältnis zur KÄV schützt der verliehene, aber rechtswidrig erlangte bzw genutzte Status den betroffenen Arzt zumindest in vergütungsrechtlicher Hinsicht nicht.

59

Insoweit besteht eine Parallele zur Beamtenernennung, die durch Täuschung herbeigeführt worden ist. Diese ist nicht nichtig, sondern vielmehr mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (vgl § 14 Abs 1 Nr 1 Bundesbeamtengesetz - BBG -). Im Innenverhältnis hat dies ua zur Folge, dass der Beamte die erhaltene Besoldung zu erstatten hat (s hierzu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 23.10.1979 - IV 1423/77 - juris, dort RdNr 18 f), sofern der Dienstherr sein Ermessen (vgl § 15 Satz 4 BBG in der ab 12.2.2009 gültigen Fassung = § 14 Satz 2 BBG in der bis 11.2.2009 gültigen Fassung) nicht dahingehend ausübt, dass sie ihm belassen wird. Im Außenverhältnis zu Dritten sind die bis zur Zustellung der Erklärung der Rücknahme vorgenommenen Amtshandlungen jedoch in gleicher Weise gültig, wie wenn ein Beamter sie ausgeführt hätte (§ 15 Satz 3 BBG). Wegen der mehrpoligen Rechtsbeziehungen im Vertragsarztrecht scheidet hier die rückwirkende Beseitigung des Status aus; vergleichbar dem Dienstherrn im Beamtenverhältnis darf aber die KÄV aus der zu Unrecht erfolgten Verleihung des Status die erforderlichen Konsequenzen ziehen. Ihr gegenüber entfaltet der Status dann keine Schutzwirkung mehr.

60

d) Der Aufhebung der ursprünglichen Honorarbescheide steht auch die vierjährige Ausschlussfrist, innerhalb derer der Bescheid über die sachlich-rechnerische Richtigstellung ergehen muss (s hierzu BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16; BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 14; BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 12), nicht entgegen. Die Ausschlussfrist beginnt in allen Fällen der Richtigstellung von Honorarbescheiden mit dem Tag nach der Bekanntgabe des für den Abrechnungszeitraum maßgeblichen Honorarbescheids zu laufen (BSG MedR 2008, 100 RdNr 18; BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 18; ebenso das weitere Urteil vom 28.3.2007- B 6 KA 28/06 R -; BSG, Urteil vom 5.5.2010 - B 6 KA 5/09 R - RdNr 28 iVm 31, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), begann mithin für das Quartal IV/1996 mit der Mitte April 1997 erfolgten Bekanntgabe der Honorarbescheide und endete dementsprechend Mitte April 2001. Da der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid erst am 30.11.2001 erlassen worden ist, ist dieser in Bezug auf Teile der Honorarrückforderung nicht innerhalb der Ausschlussfrist erlassen worden.

61

Nach Ablauf der Ausschlussfrist ergehende Kürzungs- bzw Rückforderungsbescheide können - auch wenn die Richtigstellung von fehlerhaften vertragsärztlichen Abrechnungen grundsätzlich kein Verschulden des Vertragsarztes voraussetzt (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6 RdNr 28)- regelmäßig nur noch dann Rechtswirkungen entfalten, wenn die Vertrauensschutzausschlusstatbestände des § 45 SGB X(Abs 2 iVm Abs 4 Satz 1) vorliegen (grundlegend BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 14; ebenso BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 12; BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 16; BSG, Urteil vom 5.5.2010 - B 6 KA 5/09 R - RdNr 32, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Dies ist jedoch hier der Fall. Denn die Honorarbescheide beruhen zum einen auf Angaben, die der Kläger grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hat (§ 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2 SGB X), zum anderen hat er die Rechtswidrigkeit der Honorarbescheide zumindest infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt (§ 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 SGB X).

62

Für den Senat bestehen auf der Grundlage der Feststellungen des LSG keine Zweifel, dass der Kläger wusste, dass der zu 2. beigeladene Dr. Ph. im Innenverhältnis nicht Mitglied der Gemeinschaftspraxis werden sollte bzw dass es hierzu noch einer ausdrücklichen Aufnahme des Beigeladenen zu 2. in die Gesellschaft bedurft hätte, zu der es später nicht gekommen ist. Die ausdrückliche Wendung in den geschlossenen Verträgen, für die Binnenbeziehungen der Beteiligten soll es auf die den Zulassungsgremien vorgelegten Verträge nicht ankommen, lässt deutlich erkennen, dass den Beteiligten die Unrechtmäßigkeit der Konstruktion bewusst war. Dass diese nach Darstellung des Klägers auf anwaltlicher Beratung beruhte, hat offenbar strafverfahrensrechtliche Konsequenzen für den betroffenen Rechtsanwalt gehabt und mag Schadensersatzansprüche des Klägers gegen diesen Rechtsanwalt begründen. Als langjährig tätiger Vertragsarzt hat der Kläger jedoch gewusst, dass ein Arzt, der weder am Erfolg noch am Wertzuwachs der Praxis beteiligt sein sollte, kein Partner einer Gemeinschaftspraxis sein kann. Im Übrigen hatte der damals beratende Rechtsanwalt M. den Kläger bereits im Jahre 1998 (mit an die Mitglieder der "Gesellschaft" gerichtetem Schreiben vom 9.7.1998) mitgeteilt, dass er erneut auf das "Problem Dr. Ph." gestoßen sei, das er mit den Beteiligten zu unterschiedlichen Zeitpunkten bereits angesprochen habe, und darauf aufmerksam gemacht, dass "aufgrund der neuesten Entwicklungen" KÄVen und Zulassungsausschüsse vermehrt die Auffassung verträten, dass Ärzte, die kein unternehmerisches Risiko trügen, nicht in "freier Praxis" niedergelassen seien. Da die Gefahr einer Rückforderung der Gesamthonorare bestehe, solle das Problem schnell gelöst werden.

63

4. Die verfassungsrechtlichen Erwägungen des Klägers gegen seine Rückzahlungspflicht greifen nicht durch.

64

a) Es begegnet zunächst keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit an eine Tätigkeit in "freier Praxis" zu binden (zur hinreichenden Bestimmtheit des Begriffes s bereits unter 3. b aa). Diese Einschränkung hat vor Art 12 Abs 1 GG Bestand, weil sie durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist und nicht weitergeht, als es die rechtfertigenden Gemeinwohlbelange erfordern. Eingriffszweck und Eingriffsintensität stehen in einem angemessenen Verhältnis zueinander (vgl hierzu BSGE 91, 164 RdNr 14 = SozR 4-5520 § 33 Nr 1 RdNr 13 mwN). Wie bereits dargelegt, dient das Merkmal "in freier Praxis" der Abgrenzung der vertragsärztlichen Tätigkeit im Sinne des § 32 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV von der eines Angestellten im Sinne des § 32b Ärzte-ZV (bzw der eines Assistenten). Diese Abgrenzung ist erforderlich, weil mit der Zuordnung zu der einen oder der anderen Gruppe erheblich voneinander abweichende Rechte und Pflichten verbunden sind. Insbesondere ist im Rahmen einer Beschäftigung von Angestellten und Assistenten eine Ausweitung der Leistungsmenge nur in begrenztem Umfang möglich.

65

b) Soweit der Kläger darüber hinaus einen Gleichheitsverstoß annimmt, weil Ärzte, die keine Verträge vorlegen würden, besser gestellt wären, geht er fehl. Wie der Senat bereits entschieden hat, sind Vertragsärzte verpflichtet, den Zulassungsgremien Verträge über die Gemeinschaftspraxis vorzulegen (BSG, Urteil vom 16.7.2003 - B 6 KA 34/02 R - SozR 4-5520 § 33 Nr 2 RdNr 24; ebenso BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 26). Dass die Vorlage solcher Verträge in früheren Zeiten noch nicht üblich gewesen sein mag und es vorliegend nicht um deren Vorlage im Genehmigungsverfahren, sondern in einem Verfahren auf Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung geht, ändert nichts daran, dass auch die KÄVen die Befugnis und Aufgabe haben, die Vorlage der Verträge zu verlangen, wenn dies zur Prüfung der Abrechnung auf ihre sachliche Richtigkeit erforderlich ist (vgl oben 3. b bb letzter Absatz).

66

c) Die rückwirkende Aufhebung der Honorarbescheide und die Pflicht zu vollständiger Erstattung der zu Unrecht erhaltenen Honorare ist für die betroffenen Ärzte auch (im engeren Sinne) verhältnismäßig, da bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist (vgl BVerfGE 76, 196, 207; BVerfGE 85, 248, 259 mwN; BVerfGE 94, 372, 390). Bei der Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht des öffentlichen Interesses an der Erhaltung des Systems der vertragsärztlichen Versorgung ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Rechtsfolge nicht aus Umständen resultiert, die vom Vertragsarzt nicht zu beeinflussen sind, wie etwa das Überschreiten einer bestimmten Altersgrenze oder eines bestimmten Versorgungsgrades in einem Planungsgebiet (s hierzu BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 75). Vielmehr hat der Kläger die Ursache selbst gesetzt (vgl hierzu BSG aaO), indem er sich bewusst und in zumindest möglicher Kenntnis der Folgen für die gewählte Form der Zusammenarbeit mit dem Beigeladenen zu 2. entschieden hat.

67

Zudem ist die Rechtsfolge unvermeidlich, um die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung zu erhalten. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG haben Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen abhängig machen, innerhalb dieses Systems die Funktion, zu gewährleisten, dass sich die Leistungserbringung nach den für die vertragsärztliche Versorgung geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen vollzieht. Das wird dadurch erreicht, dass dem Vertragsarzt für Leistungen, die unter Verstoß gegen derartige Vorschriften bewirkt werden, auch dann keine Vergütung zusteht, wenn die Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht wurden (BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 3 RdNr 14 mwN; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 47 mwN). Daher steht dem Vertragsarzt für Leistungen, die nicht gemäß den Bestimmungen des Vertragsarztrechts erbracht worden sind, auch kein Vergütungsanspruch auf bereicherungsrechtlicher Grundlage zu. Denn die Bestimmungen des Leistungserbringungsrechts über die Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen der Leistungserbringung könnten ihre Steuerungsfunktion nicht erfüllen, wenn der Vertragsarzt die rechtswidrig bewirkten Leistungen über einen Wertersatzanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung im Ergebnis dennoch vergütet bekäme (BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 3 RdNr 14). Dies gilt selbst dann, wenn bei Wahl der rechtmäßigen Gestaltungsform der Honoraranspruch ebenso hoch gewesen wäre.

68

Diese Aussagen gelten auch für den vorliegenden Fall. Könnten Verstöße gegen die für die Leistungserbringung maßgeblichen Bestimmungen nur mit Wirkung für die Zukunft sanktioniert werden, ginge deren Steuerungsfunktion verloren, weil für Vertragsärzte jeglicher Anreiz fehlte, sich normgemäß zu verhalten. Im Gegenteil bestünde gerade ein Anreiz zu normwidrigen Verhalten, wenn die Früchte des Handelns dem Arzt verblieben.

69

5. Schließlich ist der Rückforderungsbetrag auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Die Beklagte durfte das verbleibende Honorar im Wege der Schätzung ermitteln und dabei ein Honorar in Höhe des Fachgruppendurchschnitts festsetzen (BSG SozR 3-5550 § 35 Nr 1 S 6, 8). Diese Schätzung hat sich das LSG in nicht zu beanstandender Weise zu Eigen gemacht (zu den Anforderungen vgl BSG aaO S 9).

70

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung von Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil sie keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

(1) Die Revision ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision (§ 160a Absatz 4 Satz 1 oder § 161 Abs. 3 Satz 2) schriftlich einzulegen. Die Revision muß das angefochtene Urteil angeben; eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils soll beigefügt werden, sofern dies nicht schon nach § 160a Abs. 1 Satz 3 geschehen ist. Satz 2 zweiter Halbsatz gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muß einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. September 2012 aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. September 2011 zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten auch des Berufungs- und Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Streitig sind sachlich-rechnerische Richtigstellungen wegen Überschreitung der für die Job-Sharing-Praxis des Klägers festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina in den Quartalen III/2008 und IV/2008.

2

Der Kläger ist als Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (HNO) zur vertragsärztlichen Versorgung in W. zugelassen. Mit Beschluss vom 30.1.2008 erteilte ihm der Zulassungsausschuss (ZA) eine Genehmigung zur Beschäftigung der HNO-Ärztin Dr. E. im zeitlichen Umfang von 10 Wochenstunden ab dem 1.4.2008 als sog Job-Sharing-Partnerin nach § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V. Mit der Genehmigung war die Festsetzung quartalsbezogener Gesamtpunktzahlen verbunden, die bei der Abrechnung als Leistungsobergrenze maßgeblich sein sollten.

3

Auf einen Antrag des Klägers vom 21.3.2008 setzte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) mit Bescheid vom 28.5.2008 aus Sicherstellungsgründen die Fallzahlzuwachsbegrenzung für das Jahr 2008 aus. Der Kläger hatte angegeben, dass der HNO-Arzt Dr. S.
in V. (Bezirk der KÄV Hessen) mit Wirkung zum 1.10.2007 seine Zulassung zurückgegeben habe und dessen Patienten mangels Nachfolger zum Teil von ihm versorgt werden müssten. Der Praxisnachfolger nahm tatsächlich seine vertragsärztliche Tätigkeit zum Quartal II/2008 auf.

4

Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 12.1.2009 mit, dass bei Job-Sharing-Praxen, die die vom ZA festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina überschreiten, eine quartalsbezogene Rückforderung vorgenommen werden solle. Nach Ablauf von vier Quartalen erfolge ggf eine Saldierung, sodass im Fall einer Unterschreitung eine Rückvergütung erfolge. Er habe im Quartal II/2008 die Punktzahlobergrenze um 49.811,1 Punkte unterschritten. Mit Honorarbescheid vom 15.1.2009 setzte die Beklagte für das Quartal III/2008 ein Honorar in Höhe von insgesamt 47 420,35 Euro fest. Für das Quartal IV/2008 setzte sie mit Bescheid vom 15.4.2009 insgesamt ein Honorar in Höhe von 51 282,37 Euro fest. Dabei berücksichtigte sie jeweils sämtliche der Fallzahlzuwachsbegrenzung unterliegenden Fälle, nicht jedoch die Leistungsbegrenzung durch die Gesamtpunktzahlvolumina.

5

Mit Bescheid vom 25.6.2009 nahm die Beklagte wegen Überschreitungen der Gesamtpunktzahlvolumina in den Quartalen III/2008 und IV/2008 eine sachlich-rechnerische Richtigstellung vor und kürzte das Honorar des Klägers für das Quartal III/2008 um 3455,25 Euro und für das Quartal IV/2008 um 5204,42 Euro. Aufgrund einer Rückvergütung für das Quartal II/2008 in Höhe von 1910,80 Euro werde ein Betrag in Höhe von insgesamt 6748,87 Euro im Rahmen des Honorarbescheides für das Quartal II/2009 verrechnet. Für das Quartal III/2008 wurde dabei eine individuelle Punktzahlobergrenze von 1.211.887,6 Punkten und für das Quartal IV/2008 eine individuelle Punktzahlobergrenze von 1.191.850,5 Punkten zugrunde gelegt. Abgerechnet worden seien im Quartal III/2008 1.308.945,0 Punkte und im Quartal IV/2008 1.327.520,0 Punkte, sodass die Differenz in Höhe von 97.057,4 Punkten (Quartal III/2008) und 135.669,5 Punkten (Quartal IV/2008) abzuziehen sei.

6

Den Widerspruch des Klägers hiergegen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6.8.2010 zurück. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 22.9.2011 abgewiesen. Aus dem bestandskräftigen Bescheid des ZA vom 7.4.2008 (= Beschluss vom 30.1.2008), der für die Beteiligten und das Gericht bindend sei, ergebe sich eine Begrenzung der abrechenbaren Leistungsmenge. Da dem Kläger die Begrenzung des abrechenbaren Leistungsumfangs bekannt gewesen sei, habe kein schutzwürdiges Vertrauen dahingehend entstehen können, dass er Leistungen über die Gesamtpunktzahlvolumina hinaus abrechnen könne. Ein solches Vertrauen sei auch nicht durch die Befreiung von der Fallzahlzuwachsbegrenzung entstanden. Aufgrund der unterschiedlichen Regelungsgegenstände und Zuständigkeiten habe der Kläger nicht davon ausgehen können, von der Einhaltung der Punktzahlobergrenzen befreit zu sein. Es habe daher dem Kläger oblegen, für die Zeit ab dem 1.4.2008 bei dem ZA eine Erhöhung der Gesamtpunktzahlvolumina zu beantragen.

7

Mit dem angefochtenen Urteil vom 26.9.2012 hat das LSG das Urteil des SG vom 22.9.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 25.6.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.8.2010 aufgehoben. Grundsätzlich seien hier die Voraussetzungen für eine nachträgliche Richtigstellung der Honorarbescheide erfüllt, weil der Kläger die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina überschritten habe. Indes sei Grund hierfür nicht eine dauerhafte Mengenausweitung unter Missachtung der für die Praxis festgesetzten Leistungsbegrenzung, sondern der durch die Rückgabe der Zulassung durch Dr. S. entstandene zeitlich begrenzte zusätzliche Versorgungsbedarf. Die aus diesem Grund erteilte befristete Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung hätte im Falle einer "Normalpraxis" zur Vergütung der zur Sicherstellung der Versorgung erbrachten Mehrleistungen geführt. Im Falle einer Job-Sharing-Praxis müssten indes zusätzlich die Gesamtpunktzahlvolumina für die Übergangszeit angehoben werden. Einen entsprechenden Antrag bei dem ZA hätten jedoch weder die Beklagte noch der Kläger gestellt. Der Kläger habe zwar die statusrechtlichen Voraussetzungen der Leistungserbringung und -abrechnung zu kennen und müsse sich bei Zweifeln ggf informieren, sodass er sich nicht auf Unkenntnis berufen könne. Es liege jedoch ein Sonderfall vor, weil die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (BedarfsplRL) eine Änderung der Gesamtpunktzahlvolumina für den Fall eines zeitlich begrenzten zusätzlichen Versorgungsbedarfs nicht vorsehe und die Notwendigkeit einer vorübergehenden Änderung der Leistungsgrenze bei Job-Sharing im Falle eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs dem ZA und der Beklagten jedenfalls aus Sicht des Klägers habe bekannt sein müssen. Das sich hieraus ergebende Vertrauen des Klägers darauf, die Mehrleistungen auch ohne ausdrücklichen statusrechtlichen Ausnahmebescheid des ZA vergütet zu erhalten, sei ausnahmsweise schutzwürdig.

8

Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten. Das LSG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger sich hier auf Vertrauensschutz berufen könne. Der Beschluss des ZA vom 30.1.2008 habe Bestandskraft erlangt und sei daher für sie und den Kläger bindend. Änderungen und Anpassungen der Gesamtpunktzahlvolumina könne sie zwar beantragen, die Umsetzung sei aber ausschließlich dem ZA vorbehalten. Der Bescheid vom 28.5.2008 habe daher die in dem Bescheid des ZA festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina nicht aufheben können. Er beziehe sich im Übrigen ausdrücklich auch nur auf die Fallzahlzuwachsbegrenzung, die ein völlig anderes Regelungsinstrument als die Gesamtpunktzahlvolumina im Rahmen des Job-Sharing sei. Aufgrund der unterschiedlichen Regelungsbereiche und Zuständigkeiten habe der Kläger nicht ohne Weiteres davon ausgehen dürfen, von der Einhaltung der Job-Sharing-Obergrenze entbunden zu sein. Er habe sich vielmehr, nachdem er den Bescheid über die Aussetzung der Fallzahlbegrenzungsregelung erhalten habe, bei dem ZA oder bei ihr, der Beklagten, nach den Auswirkungen dieser Aussetzung auf die Gesamtpunktzahlvolumina erkundigen und ggf einen entsprechenden Änderungsantrag stellen müssen.

9

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 26. September 2012 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Stuttgart vom 22.9.2011 zurückzuweisen.

10

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend. Es sei bereits keine Unrichtigkeit der Honorarbescheide anzunehmen, da er durch den Bescheid vom 28.5.2008 ausdrücklich damit beauftragt worden sei, den durch die Rückgabe der Zulassung durch Dr. S. vorübergehend entstandenen Versorgungsmangel auszugleichen. Selbst bei Annahme der Rechtswidrigkeit der Honorarbescheide habe die Beklagte durch die zeitlich nach der Festsetzung der Gesamtpunktzahlvolumina erfolgte Aufhebung der Fallzahlzuwachsbegrenzung jedenfalls einen Vertrauenstatbestand geschaffen, der der Honorarkürzung entgegenstehe. Vertrauensschutz scheide nicht deshalb aus, weil es sich bei der Beklagten und dem ZA um zwei unterschiedliche Behörden handele. Diese Betrachtung lasse außer Acht, dass auch die Beklagte regelmäßig Anpassungen der Punktzahlgrenzen vornehme, die durch den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) oder den Honorarverteilungsvertrag bedingt würden. Im Übrigen bestehe der ZA zur Hälfte aus Mitgliedern der Beklagten und werde bei der Beklagten geführt. Es habe der Beklagten oblegen, ihn über sein Antragsrecht auf Erhöhung der Gesamtpunktzahlvolumina zu informieren oder den Antrag selbst zu stellen. Sie hätte die Bewilligung der Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzungsregelung auch mit der Bedingung versehen können, dass dennoch die Gesamtpunktzahlvolumina eingehalten werden müssten. Da in den BedarfsplRL eine Ausnahmeregelung für den Fall eines zeitlich begrenzten zusätzlichen Versorgungsbedarfs nicht vorgesehen gewesen sei, könne es nicht zu seinen Lasten gehen, dass er keinen Antrag auf Aussetzung der Gesamtpunktzahlvolumina bei dem ZA gestellt habe.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Beklagte war berechtigt, die Abrechnungen des Klägers sachlich-rechnerisch richtig zu stellen, weil er die für seine Job-Sharing-Praxis geltenden Gesamtpunktzahlvolumina in den streitbefangenen Quartalen überschritten hat.

13

1. Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung und Rückforderung ist § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V(idF des Gesetzes zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 , insoweit in der Folgezeit unverändert). Danach stellt die KÄV die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots -, erbracht und abgerechnet worden sind. Die Befugnis zu Richtigstellungen besteht auch für bereits erlassene Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung). Sie bedeutet dann im Umfang der vorgenommenen Korrekturen eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheides. Die genannten Bestimmungen stellen Sonderregelungen dar, die gemäß § 37 Satz 1 SGB I in ihrem Anwendungsbereich die Regelung des § 45 SGB X verdrängen(stRspr, zB BSGE 89, 62, 66 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 345 f und BSGE 89, 90, 93 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 6 f; BSG, SozR 4-5520 § 32 Nr 2 RdNr 10; BSGE 96, 1, 2 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11; BSG, SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 12). Eine nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil-)Rücknahme des Honorarbescheides mit Wirkung für die Vergangenheit löst nach § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der Leistung aus(BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 3; BSGE 89, 62, 75 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 355; BSGE 96, 1, 3 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 12; aaO Nr 3 RdNr 18).

14

a) Die Tatbestandsvoraussetzung für eine nachträgliche sachlich-rechnerische Richtigstellung nach § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V ist vorliegend erfüllt, weil die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina nicht berücksichtigt wurden und daher die Honorarbescheide vom 15.1.2009 und vom 15.4.2009 rechtswidrig sind. In wessen Verantwortungsbereich die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt, ist unerheblich; einzige tatbestandliche Voraussetzung ist die Rechtswidrigkeit des Honorarbescheides (vgl BSGE 93, 69, 71 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 7 - hierzu Engelhard, jurisPR-SozR 44/2004 Anm 1).

15

Der ZA hat auf der Grundlage von §§ 23 c ff BedarfsplRL(in der Fassung vom 15.2.2007 mit Wirkung ab dem 1.4.2007, Bundesanzeiger Nr 64 S 3491 vom 31.3.2007; zur weiteren BedarfsplRL-Änderung, die am 1.1.2013 in Kraft getreten ist, siehe die Neufassung der BedarfsplRL vom 20.12.2012, BAnz vom 31.12.2012, Bekanntmachung Nr 7, mit Neunummerierung der §§ 23a-23m als §§ 40-47, 58-62) mit Beschluss vom 30.1.2008 die Gesamtpunktzahlvolumina für die Job-Sharing-Praxis festgelegt (vgl zur Berechnung der Leistungsbegrenzung BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 12 RdNr 21 ff). Diesen Beschluss hat der Kläger nicht angegriffen, sodass Bestandskraft eingetreten ist. Auch die Beklagte, die den Honoraranspruch des Vertragsarztes festsetzt, ist an die bestandskräftige Beschränkung des Leistungsumfangs aufgrund der Genehmigung der Anstellung einer Ärztin in der Praxis des Klägers unter Job-Sharing-Bedingungen gebunden.

16

Die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina hat der Kläger in den streitbefangenen Quartalen überschritten. Für die streitbefangenen Quartale hat die hierfür gemäß § 23c Satz 4 BedarfsplRL aF(§ 42 Satz 4 BedarfsplRL nF) zuständige Beklagte ausweislich des Bescheides vom 25.6.2009 eine Anpassung der quartalsbezogenen Punktzahlobergrenzen vorgenommen und eine individuelle Punktzahlobergrenze von 1.211.887,6 Punkten (Quartal III/2008) bzw 1.191.850,5 Punkten (Quartal IV/2008) ermittelt. Die ermittelten Gesamtpunktzahlvolumina hat der Kläger in den streitbefangenen Quartalen um 97.057,4 Punkte (Quartal III/2008) bzw 135.669,5 Punkte (Quartal IV/2008) überschritten. Diese Überschreitungen wurden in den Honorarbescheiden vom 15.1.2009 (Quartal III/2008) und vom 15.4.2009 (Quartal IV/2008) zunächst nicht berücksichtigt.

17

b) Für eine Ausnahme von der Leistungsbegrenzung aufgrund eines befristeten lokalen Versorgungsbedarfs, wie der Kläger ihn hier behauptet hat, wäre eine Erhöhung der Gesamtpunktzahlvolumina erforderlich gewesen. Einen entsprechenden Antrag hat der Kläger hier nicht gestellt. Es kann offenbleiben, ob der Widerspruch des Klägers gegen den Richtigstellungsbescheid hier als solcher Antrag hätte aufgefasst werden können (vgl zu den Anforderungen BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 1/12 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 101 Nr 14 vorgesehen -; zur rückwirkenden Antragstellung vgl Urteil des Senats vom heutigen Tag - B 6 KA 36/12 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Die Beklagte wäre dann verpflichtet gewesen, den Antrag an den zuständigen ZA weiterzuleiten. Allein die Zulassungsgremien können eine Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina vornehmen, die grundsätzlich nur unter Beachtung der Voraussetzungen, die in den Tatbeständen des § 23e Satz 2, 3 BedarfsplRL aF(§ 44 Satz 2 und 3 BedarfsplRL nF) normiert sind, zulässig ist (vgl BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 1/12 R - Juris RdNr 27, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 101 Nr 14 vorgesehen). Der Antrag wäre jedenfalls nicht erfolgreich gewesen.

18

Der ZA hätte allerdings die Punktzahlobergrenze der Praxis anheben können, wenn kurzfristig ein regionaler zusätzlicher Versorgungsbedarf bestanden hätte. Nach § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 5 Halbsatz 1 SGB V(eingefügt durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz vom 22.12.2006 mit Wirkung vom 1.1.2007) hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in den BedarfsplRL Regelungen bezüglich einer Ausnahme von der Leistungsbegrenzung zu treffen, soweit und solange dies zur Deckung eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs erforderlich ist. Eine solche Ausnahmeregelung hat der G-BA in den §§ 23i ff BedarfsplRL aF(§§ 58 ff BedarfsplRL nF), mit denen der Regelungsauftrag des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V umgesetzt wurde, nicht vorgesehen. Der G-BA hat lediglich mit Beschluss vom 13.3.2008 (BAnz Nr 80, S 1950) gestützt auf § 101 Abs 3a SGB V in § 34a BedarfsplRL aF geregelt, dass der Landesausschuss festlegt, für welche Bezugsregionen innerhalb eines nicht unterversorgten Planungsbereiches er die Feststellung von zusätzlichem lokalem Versorgungsbedarf trifft(§ 34a Abs 2 Satz 1 BedarfsplRL aF). Diese Vorschrift erfasst mithin nur strukturell und damit langfristig bestehende lokale Bedarfe. Der Landesausschuss für Ärzte und Krankenkassen hat hier dementsprechend nur auf der Grundlage von § 103 Abs 1, 3 SGB V das Vorliegen einer Überversorgung geprüft und mit Beschluss vom 20.2.2008 (abrufbar im Internet unter: http://www.kvbawue.de/vertraegerecht/bekanntmachungen/landesausschuss/, letzter Aufruf am 12.7.2013) für den Planungsbereich Rhein-Neckar-Kreis, in dem der Sitz des Klägers liegt, eine Überversorgung mit HNO-Ärzten angenommen und keinen zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf festgestellt. Auch § 23e BedarfsplRL aF(§ 44 BedarfplRL nF), der die Voraussetzungen für die Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina regelt, berücksichtigt den Fall einer erkennbar nur vorübergehenden Steigerung des Leistungsumfangs zur Sicherstellung eines befristeten regionalen Mehrbedarfs nicht. Nach dieser Vorschrift kommt eine Neubestimmung der Abrechnungsobergrenzen nur in Betracht, wenn Änderungen des EBM oder vertragliche Vereinbarungen spürbare Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlagen haben (Satz 2) oder Änderungen der Berechnung der für die Obergrenze maßgeblichen Faktoren eine spürbare Veränderung bewirken und die Beibehaltung der durch den ZA festgestellten Gesamtpunktzahlvolumina im Verhältnis zu den Ärzten der Fachgruppe eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung/Benachteiligung darstellen würde (Satz 3). Fehlt es damit zwar an einer ausdrücklichen normativen Grundlage für die Berücksichtigung eines zeitlich begrenzten zusätzlichen Versorgungsbedarfs, der etwa durch die vorübergehende Schließung einer Praxis entstehen kann, ist eine Erhöhung der Leistungsgrenze in einem solchen Fall gleichwohl nicht ausgeschlossen. Sie kann vielmehr im Interesse der Sicherstellung der Versorgung der Versicherten ausnahmsweise geboten sein. Eine Erhöhung der Gesamtpunktzahlvolumina kann in diesen Fällen unter Rückgriff auf den Rechtsgedanken des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 5 Halbsatz 1 SGB V erfolgen. Das LSG hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Honorierung der zur Sicherstellung eines befristeten zusätzlichen Versorgungsbedarfs erbrachten Mehrleistungen einer Job-Sharing-Praxis nicht nur eine Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung, wie sie hier von der Beklagten erteilt wurde, erfordert, sondern auch eine Erhöhung der Leistungsgrenze.

19

Ohne eine solche zeitlich auf das Bestehen eines begrenzten zusätzlichen Versorgungsbedarfs beschränkte Erhöhung der Leistungsgrenze käme eine Job-Sharing-Praxis für die Deckung des Bedarfs nicht in Betracht. Es müssten dann ggf Ermächtigungen erteilt werden, um die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung auch während der vorübergehenden Vakanz einer Praxis zu gewährleisten, obwohl Vertragsärzte bereit und imstande wären, den Bedarf zu decken. Damit würde der prinzipielle Vorrang der Vertragsärzte (und Medizinischen Versorgungszentren) in der ambulanten Versorgung allein deshalb in Frage gestellt, weil in den BedarfsplRL keine Regelung für eine Erhöhung der Leistungsgrenzen in den hier in Rede stehenden Konstellationen getroffen worden ist. Der G-BA wird daher entsprechende Regelungen zu treffen haben, damit künftig ein unmittelbarer Durchgriff der Zulassungsgremien auf den Rechtsgedanken des § 101 Satz 1 Nr 5 SGB V entbehrlich wird.

20

Eine Möglichkeit der Erhöhung der Leistungsgrenze gebietet in diesen Fällen nicht zuletzt der Grundsatz der Gleichbehandlung der Job-Sharing-Praxen mit den Praxen, für die die Zulassungsgremien keine Gesamtpunktzahlvolumina festgesetzt haben; diesem Grundsatz wird auch in § 23e Satz 3 BedarfsplRL aF(§ 44 Satz 3 BedarfsplRL nF) besondere Bedeutung beigemessen. Den Nicht-Job-Sharing-Praxen würde nämlich, worauf das LSG zu Recht hingewiesen hat, allein die Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung die Vergütung der erbrachten Mehrleistungen sichern.

21

Eine Situation, die kurzfristig eine zeitlich begrenzte Anhebung der Leistungsgrenzen hätte erfordern können, war hier jedoch nicht gegeben. Der seit dem 1.10.2007 vakante Vertragsarztsitz von Dr. S. war schon zu Beginn des Quartals II/2008, als Dr. E. ihre Tätigkeit in der Praxis des Klägers aufnahm, wieder besetzt. Sofern durch die vorübergehende Schließung der Praxis ein besonderer Versorgungsbedarf entstanden war, erstreckte er sich jedenfalls nicht (mehr) auf die streitbefangenen Quartale.

22

2. Die Befugnis der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der fehlerhaften Honorarbescheide war auch nicht durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes eingeschränkt. Vertrauensschutz kann der Kläger insbesondere nicht aus dem Bescheid der Beklagten vom 28.5.2008 herleiten, mit dem ihm - zu Unrecht, weil ein etwaiger Sicherstellungsbedarf schon seit dem 1.4.2008 wieder entfallen war - eine Ausnahme der Fallzahlzuwachsbegrenzung bewilligt wurde.

23

a) Der Vertragsarzt kann nach der Rechtsprechung des Senats auf den Bestand eines vor einer endgültigen Prüfung auf Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit erteilten Honorarbescheides grundsätzlich nicht vertrauen (stRspr zB BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 4; BSGE 89, 90, 94 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 7 mwN; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 24 RdNr 18). Die Auskehrung der Gesamtvergütungsanteile durch die KÄV im Wege der Honorarverteilung ist nämlich dadurch gekennzeichnet, dass diese quartalsmäßig auf die Honoraranforderungen ihrer Vertragsärzte hin Bescheide zu erlassen hat, ohne dass sie - aus rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen - die Rechtmäßigkeit der Honoraranforderungen hinsichtlich ihrer sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Leistungserbringung bereits umfassend überprüfen konnte. Die Berechtigung der KÄV zur Rücknahme rechtswidriger Honorarbescheide ist nicht auf die Berichtigung von Fehlern aus der Sphäre des Vertragsarztes beschränkt, sondern besteht umfassend, unabhängig davon, in wessen Verantwortungsbereich die allein maßgebliche sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt.

24

Die umfassende Berichtigungsbefugnis der KÄV, die den Besonderheiten und Erfordernissen der Honorarverteilung Rechnung trägt, ist daher im Hinblick auf den gebotenen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu begrenzen. Das gilt nach der Rechtsprechung des Senats sowohl für Unrichtigkeiten, die ihre Ursache in der Sphäre des Vertragsarztes finden, wie auch bei anderen Fehlern, etwa der Unwirksamkeit der generellen Grundlagen der Honorarverteilung. Insbesondere im letztgenannten Fall müssen die Interessen des einzelnen Arztes an der Kalkulierbarkeit seiner Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit einerseits und die Angewiesenheit der KÄV auf die Weitergabe nachträglicher Änderungen der rechtlichen Grundlagen der Honorarverteilung an alle Vertragsärzte andererseits zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden (vgl BSGE 93, 69, 72 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 9 mwN). Zur generellen Sicherstellung dieses Interessenausgleichs und damit zur Beurteilung der Frage, in welchen Konstellationen das Vertrauen des Vertragsarztes auf den Bestand eines rechtswidrigen, ihn begünstigenden Verwaltungsaktes schutzwürdig ist, hat der Senat Fallgruppen herausgearbeitet, in denen die Befugnis zu sachlich-rechnerischen Richtigstellungen aus Gründen des Vertrauensschutzes begrenzt ist (zusammenfassend BSGE 96, 1, 4 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 14 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 16; vgl im Einzelnen zu den Fallgruppen Clemens, in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 106a SGB V RdNr 189 ff; Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: April 2012, K § 106a RdNr 33 ff; Harneit, in: Festschrift 10 Jahre Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, 2008, 361, 366 ff; Knopp, Die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, 2009, 180 ff).

25

b) Die nachträgliche Korrektur eines Honorarbescheides nach den Vorschriften über die sachlich-rechnerisch Richtigstellung ist nicht mehr möglich, wenn die Frist von vier Jahren seit Erlass des betroffenen Honorarbescheides bereits abgelaufen ist (BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16 mwN; vgl jüngst zur Hemmung der vierjährigen Ausschlussfrist BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 35/12 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 10; vgl im Hinblick auf die Durchführung einer Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V auch: BSG Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 27/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 19 ff; Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 45/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 16 ff). Eine Rücknahme des Honorarbescheides ist nach Ablauf der Frist nur noch unter Berücksichtigung der Vertrauensausschlusstatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1 SGB X möglich. Diese Fallgruppe ist vorliegend nicht einschlägig, da ersichtlich die Frist von vier Jahren, die nach der Rechtsprechung des Senats am Tag nach der Bekanntgabe des Honorarbescheides beginnt (vgl BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16; BSG Urteil vom 28.3.2007 - B 6 KA 26/06 R - Juris RdNr 16; BSGE 106, 222, 236 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 60 mwN), nicht abgelaufen ist.

26

c) Weiterhin ist die Befugnis der KÄV zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung aus Vertrauensschutzgesichtspunkten eingeschränkt, soweit die KÄV ihre Befugnis zur sachlich-rechnerische Richtigstellung bereits "verbraucht" hat, indem sie die Honoraranforderung des Vertragsarztes in einem der ursprünglichen Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft und vorbehaltlos bestätigt hat (BSGE 89, 90, 98 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 11 f; bekräftigt in BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 19; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 18 ff für den Fall der Rückgängigmachung einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung). In diesem Fall ist die jedem Honorarbescheid innewohnende spezifische Vorläufigkeit und damit die Anwendbarkeit der Berichtigungsvorschriften entfallen (vgl BSGE 93, 69, 74 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 15). Auch eine solche Fallkonstellation ist hier nicht gegeben.

27

d) Darüber hinaus ist nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu beachten, wenn die KÄV es unterlassen hatte, bei der Erteilung des Honorarbescheides auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung oder ihrer Auslegung (BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352; BSGE 93, 69, 75 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 16; BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 20) oder auf ein noch nicht abschließend feststehendes Gesamtvergütungsvolumen (BSGE 96, 1, 7 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 20)hinzuweisen und durch einen Vorläufigkeitshinweis zu manifestieren. Der Vorläufigkeitshinweis muss sich dabei nicht ausdrücklich aus dem Honorarbescheid selbst ergeben, es genügt vielmehr, dass sich der Vorbehalt aufgrund bestehender Ungewissheiten ausreichend deutlich aus den Gesamtumständen ergibt (zB BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352; BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 20; BSGE 96, 1, 7 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 20; BSGE 98, 169, 177 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 28). Hat die KÄV einen derartigen Hinweis in der notwendigen Form unterlassen, sind die Berichtigungsvorschriften zwar weiterhin anwendbar, wegen des durch das Verhalten der KÄV begründeten Vertrauensschutzes der Vertragsärzte ist für die Aufhebung eines Honorarbescheides aber nur Raum, wenn in entsprechender Anwendung des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1 SGB X Vertrauensausschlusstatbestände gegeben sind(BSGE 96, 1, 5 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 16). Eine solche Fallkonstellation liegt hier nicht vor. Im Hinblick auf den hier maßgeblichen Grund für die Richtigstellung, die Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina, bestand bei Erlass der Honorarbescheide vom 15.1.2009 und vom 15.4.2009 keine Ungewissheit im genannten Sinn. Weder waren die normativen Grundlagen der Honorarverteilung betroffen, noch Unsicherheiten im Hinblick auf das Gesamtvergütungsvolumen. Die Richtigstellung resultierte vielmehr aus Besonderheiten bei der Honorarbegrenzung für Job-Sharing-Praxen, über die bei Erlass der Honorarbescheide auch keine Unsicherheit bestand.

28

e) Schließlich ist die Richtigstellungsbefugnis der KÄV begrenzt, wenn die Besonderheiten der Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, die in der Rechtsprechung für die Verdrängung der Regelung des § 45 SGB X durch die Vorschriften über die sachlich-rechnerische Richtigstellung angeführt worden sind, nicht konkret tangiert sind(BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 18 ff; BSGE 96, 1, 6 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 19; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 26). Diese Fallgruppe erfasst die fehlerhafte Abrechnung im Einzelfall etwa infolge eines Rechenfehlers oder der versehentlichen Verwendung eines falschen Berechnungsfaktors. Auch in einem solchen Fall wird die Honorarberichtigung zwar nach den einschlägigen bundesmantelvertraglichen Regelungen durchgeführt, im Rahmen des Berichtigungsverfahrens sind indes die speziellen Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs 2 iVm Abs 4 SGB X entsprechend heranzuziehen(vgl BSGE 93, 69, 76 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 18). Ein solcher Sachverhalt gibt keinen Anlass, von den allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen abzuweichen, wonach die Behörde vorbehaltlich der besonderen Tatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 SGB X das Risiko dafür trägt, dass sie einen für den Bürger günstigen Verwaltungsakt erlässt, der sich nachträglich als teilweise rechtswidrig erweist(BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 20). Eine Beschränkung der Richtigstellungsbefugnis der Beklagten ergibt sich auch unter diesem Gesichtspunkt nicht. Die Umsetzung der Bescheide der Zulassungsgremien über die Punktzahlobergrenzen nach Zulassungen oder Arztanstellungen unter Job-Sharing-Bedingungen in den Honorarbescheiden der vertragsärztlichen Praxen betrifft spezifische Umstände der Honorierung der vertragsärztlichen Leistungen. Die ursprünglichen Honorarbescheide der Beklagten gegenüber dem Kläger enthielten dementsprechend keinen Rechenfehler oder vergleichbare Defizite, die Beklagte hatte sie vielmehr bewusst - wie bei allen anderen Job-Sharing-Praxen - zunächst ohne Anwendung der Regelungen über die Leistungsgrenzen erstellt. Ob das für diese Vorgehensweise angeführte Argument einer Entlastung der Verwaltung bei der zeitnahen Erstellung der Honorarbescheide das Gewicht hat, das die Beklagte ihm zumisst, kann auf sich beruhen. Jedenfalls vollzog die Richtigstellung einen komplexen Berechnungsschritt bei Festsetzung des vertragsärztlichen Honorars nach. Mit den in der Entscheidung des Senats vom 30.6.2004 (BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 20) angesprochenen individuellen Rechtsanwendungsfehlern ohne Bezug zu den Besonderheiten der Honorierung vertragsärztlicher Leistungen hat das keine Berührungspunkte.

29

f) Ob daneben ein allgemeiner Vertrauensschutz weiterhin in Betracht kommt, wenn die KÄV die rechtswidrige Erbringung bestimmter Leistungen in Kenntnis aller Umstände längere Zeit geduldet hat, diese später jedoch insgesamt von einer Vergütung ausschließt, kann offenbleiben (vgl BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 16, hieran anknüpfend: Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: April 2012, K § 106a RdNr 33d; ebenso Harneit, in: Festschrift 10 Jahre Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, 2008, 361, 370 ff; Knopp, Die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, 2009, 181). Die Frage bedarf vorliegend keiner Beantwortung, da die Beklagte die Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina nicht längere Zeit geduldet hat.

30

g) Es besteht nach den Besonderheiten des Falles auch kein Anlass, über die in der Rechtsprechung des Senats anerkannten Konstellationen hinaus Vertrauensschutz zu gewähren. Ein Schutzbedürfnis des Klägers, das mit demjenigen in den anerkannten Fallgruppen vergleichbar ist, besteht nicht. Es kann offenbleiben, ob ein rechtswidriger Verwaltungsakt - hier die ungerechtfertigte Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung - überhaupt geeignet sein kann, schutzwürdiges Vertrauen zu begründen. Durch die mit Bescheid vom 28.5.2008 gewährte Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung begründete die Beklagte jedenfalls keinen Vertrauenstatbestand darauf, dass auch die vom ZA festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina nicht mehr gelten sollten. Dieser Bescheid hatte ausschließlich die Fallzahlzuwachsbegrenzung zum Gegenstand und ließ keinen Zusammenhang zu dem Job-Sharing sowie dem hierdurch bedingten Gesamtpunktzahlvolumen erkennen. Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich bei der Fallzahlzuwachsbegrenzung und dem Gesamtpunktzahlvolumen um unterschiedliche Regelungsbereiche handelt. Dies wird bereits aus den unterschiedlichen Zuständigkeiten deutlich. Der Kläger kannte die Festsetzungen des ZA. Die Abgabe einer entsprechenden Verpflichtungserklärung war nach § 101 Abs 1 Nr 5 SGB V Voraussetzung für die Genehmigung des Job-Sharing. Ausweislich des Beschlusses vom 30.1.2008 haben sich der Kläger und Frau Dr. E. schriftlich gegenüber dem ZA damit einverstanden erklärt, den bestehenden Umfang der Praxis nicht wesentlich zu überschreiten. Dem Kläger war also, was auch nicht in Abrede gestellt wird, bewusst, dass die vom ZA festgesetzten Obergrenzen einzuhalten waren. Weder die organisatorische Anbindung der Zulassungsgremien an die KÄV nach § 96 Abs 3 SGB V noch die Besetzung der Gremien (auch) mit von den KÄVen bestellten Vertretern sind geeignet, den Anschein zu begründen, die KÄV könne eine vom ZA getroffene Regelung ändern. Es kann vorausgesetzt werden, dass dem Vertragsarzt die Unterscheidung zwischen ZA und KÄV bekannt ist. Auch der Umstand, dass die Beklagte gemäß § 23c Satz 4 BedarfsplRL aF(§ 42 Satz 4 BedarfsplRL nF) die Berechnung der Anpassung der Gesamtpunktzahlvolumina entsprechend der Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts nach § 23f BedarfsplRL aF(§ 45 BedarfsplRL nF) vornimmt, kann kein Vertrauen darauf begründen, dass sie auch für eine Neuberechnung oder Aufhebung der Gesamtpunktzahlvolumina vornehmen kann. Dass es dafür nach § 23e BedarfsplRL aF(§ 44 BedarfsplRL nF) eines besonderen Antrags an den ZA bedarf, darf für die Job-Sharing-Partner als bekannt vorausgesetzt werden.

31

Fallzahlzuwachsbegrenzung und Leistungsbegrenzung durch Gesamtpunktzahlvolumina sind zudem unterschiedliche Regelungsinstrumente mit jeweils eigenständiger Bedeutung. Die Fallzahlzuwachsbegrenzung gemäß § 3 Nr 1 des in den streitbefangenen Quartalen geltenden Vertrages über den Honorarverteilungsmaßstab (HVM-V) iVm Anlage 1 zum HVM-V findet für alle in der Anlage genannten Arztgruppen Anwendung, während die Gesamtpunktzahlvolumina in Anwendung der BedarfsplRL nur in der besonderen Konstellation eines Job-Sharing von Bedeutung sind. Eine Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung kann auch dann Vorteile für den Vertragsarzt mit sich bringen, wenn die Gesamtpunktzahlvolumina - wie vorliegend - nicht an- oder aufgehoben wurden. Dies ergibt sich daraus, dass die Fallzahlzuwachsbegrenzung gemäß § 4 Nr 1 Satz 3 HVM-V für die Berechnung des Punktzahlgrenzvolumens maßgeblich ist. Die über das Punktzahlgrenzvolumen hinausgehende Leistungsmenge wird gemäß § 4 Nr 1 Satz 2 HVM-V mit einem abgestaffelten Punktwert vergütet. Hieraus folgt, dass die ohne Abstaffelung vergütete Leistungsmenge mit der anerkannten Fallzahl wächst. Auch wenn dies im Fall des Job-Sharing nur bis zur Höhe des für die Praxis festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumens gilt, hat die Fallzahlbegrenzung eine eigenständige Bedeutung und kann sich begünstigend auf die Honorarfestsetzung auswirken. Dass erst im Zusammenspiel von Regelungen zur Fallzahlzuwachsbegrenzung und Gesamtpunktzahlvolumina aus einem die Leistungsgrenze übersteigenden Leistungsumfang auch ein entsprechendes Honorar generiert werden, ändert nichts daran, dass es sich um verschiedene Instrumente zur Mengenbegrenzung mit jeweils unterschiedlichem Anwendungsbereich handelt.

32

Es hätte für den Kläger nahe gelegen, mit dem im März 2008 gestellten Antrag auf Ausnahme von der Fallzuwachsbegrenzung mit der Begründung des zusätzlichen Versorgungsbedarfs bei dem ZA ein höheres Gesamtpunktzahlvolumen zu beantragen. Soweit er vorträgt, zu diesem Zeitpunkt sei ihm noch nicht bekannt gewesen, dass er ohne Verletzung der Obergrenzen den Sicherstellungsauftrag nicht habe einhalten können, mag dies vor dem Hintergrund des erstmals im Quartal III/2008 überschrittenen Gesamtpunktzahlvolumens zutreffend sein. Letztlich bedarf dies jedoch keiner Klärung, da der Kläger in Folge des Beschlusses vom 30.1.2008 jedenfalls wissen musste, dass er die Gesamtpunktzahlvolumina einhalten musste. Spätestens nach der Zustellung des Beschlusses des ZA im April 2008 und damit nach seinem Antrag auf Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung hätte sich die Frage aufdrängen müssen, in welchem Verhältnis die Gesamtpunktzahlvolumina zur Fallzahlzuwachsbegrenzung stehen. Den Honorarbescheiden vom 15.1.2009 und 15.4.2009 war zu entnehmen, dass keine Fallzahlzuwachsbegrenzung zugrunde gelegt und dementsprechend sämtliche in diesem Zusammenhang relevanten Fälle bei der Berechnung der PZGV berücksichtigt worden waren, jedoch die Gesamtpunktzahlvolumina keine Beachtung gefunden hatten. Es hätte damit Anlass bestanden, bei der Beklagten nachzufragen, ob die Gesamtpunktzahlvolumina keine Anwendung finden. Zwar hat die Beklagte den Kläger auch nicht auf die ggf erforderliche Antragstellung beim ZA hingewiesen, indes hat sie allein hierdurch noch keinen Vertrauenstatbestand geschaffen.

33

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung des § 154 Abs 1 und 2 VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten auch des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu tragen.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits auch im Revisionsverfahren.

Tatbestand

1

Streitig sind sachlich-rechnerische Richtigstellungen wegen Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina in den Quartalen I/2006 bis IV/2007.

2

Die Klägerin, ein in E. befindliches Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ), ist zur vertragsärztlichen Tätigkeit in den Fachgebieten Allgemeinmedizin und Innere Medizin zugelassen.

3

Mit Beschluss vom 21.11.2003 ließ der Zulassungsausschuss (ZA) zunächst die praktische Ärztin Dr. S. mit Wirkung vom 1.1.2004 zur vertragsärztlichen Tätigkeit zu und genehmigte ebenfalls mit Wirkung ab dem 1.1.2004 die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit mit dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. R. und der Fachärztin für Innere Medizin Dr. Sch. gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB V iVm § 33 Abs 2 Ärzte-ZV und Nr 23a-h der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (BedarfsplRL) im Rahmen eines Job-Sharing. Mit der Genehmigung war die Festsetzung quartalsbezogener Gesamtpunktzahlen verbunden, die bei der Abrechnung als Leistungsobergrenze maßgeblich sein sollten.

4

Mit Beschluss vom 1.10.2004 gab der ZA dem Antrag auf Zulassung der Klägerin, dem MVZ Dres. R. und Sch., mit Wirkung ab dem 1.10.2004 bzw ab Eintritt der Rechtskraft dieses Bescheides statt. Der Klägerin wurde gemäß § 95 Abs 1 iVm § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB V die Genehmigung zur Beschäftigung von Dr. S. im Rahmen des sog Job-Sharing im Umfang von 40 Wochenstunden ab dem 1.10.2004 bzw ab Eintritt der Rechtskraft dieses Bescheides erteilt. In Analogie zu § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB V wurde die Fortgeltung der in dem Beschluss vom 21.11.2003 festgelegten Gesamtpunktzahlvolumina bestimmt.

5

Die Genehmigung der Klägerin zur Beschäftigung von Dr. S. wurde seitens des Zulassungsausschusses für Ärzte mit Beschluss vom 17.12.2008 zum 31.12.2008 beendet.

6

Mit Honorarbescheid vom 17.7.2006 setzte die Beklagte für das Quartal I/2006 ein Honorar in Höhe von 112 358,41 Euro, mit Honorarbescheid vom 16.10.2006 für das Quartal II/2006 ein Honorar in Höhe von 108 662,73 Euro, mit Honorarbescheid vom 15.1.2007 für das Quartal III/2006 ein Honorar in Höhe von 100 482,95 Euro und für das Quartal IV/2006 mit Honorarbescheid vom 16.4.2007 ein Honorar in Höhe von 127 832,34 Euro fest. Für das Jahr 2007 wurde mit Honorarbescheid vom 16.7.2007 für das erste Quartal ein Honorar in Höhe von 118 908,23 Euro, für das zweite Quartal mit Honorarbescheid vom 15.10.2007 ein Honorar in Höhe von 116 497,95 Euro, für das dritte Quartal mit Honorarbescheid vom 15.1.2008 ein Honorar in Höhe von 103 078,41 Euro und für das vierte Quartal mit Honorarbescheid vom 15.4.2008 ein Honorar in Höhe von 130 572,06 Euro festgesetzt. Eine Berücksichtigung der Gesamtpunktzahlvolumina erfolgte jeweils nicht.

7

Unter dem 10.2.2009 erließ die Beklagte einen Bescheid, mit dem sie wegen Überschreitungen der Gesamtpunktzahlvolumina in den Quartalen I/2006 bis IV/2006 in einem Umfang von insgesamt 3.042.024,5 Punkten einen Betrag in Höhe von insgesamt 113 196,97 Euro zurückforderte. Für die Quartale I/2007 bis IV/2007 wurde mit Bescheid vom 10.3.2009 bei einer Punktzahlüberschreitung von 2.067.732,3 Punkten ein Betrag in Höhe von 84 104,76 Euro zurückgefordert.

8

Die Widersprüche der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 30.11.2009 zurück. Die Einhaltung der Obergrenzen werde aus technischen Gründen stets erst im Nachhinein überprüft. Die Obergrenzen seien aber bekannt gewesen, sodass ein schutzwürdiges Vertrauen nicht entstanden sei.

9

Das SG hat die Klage hiergegen mit Urteil vom 10.11.2011 abgewiesen. Die für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit einer Abrechnung zuständige Beklagte habe zu Recht eine Begrenzung der abrechenbaren Leistungsmenge angenommen. Diese ergebe sich aus dem bestandskräftigen Bescheid vom 1.10.2004, der für die Beteiligten bindend sei. Eine Konstellation, in welcher im Falle einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung eines Honorarbescheides nach der Rechtsprechung des BSG Vertrauensschutz gewährt werden könne, liege nicht vor. Insbesondere sei dadurch, dass die Beklagte über längere Zeit hinweg das Honorar ohne Anwendung der Obergrenzen ausgezahlt habe, keine Situation entstanden, die mit der wissentlichen Duldung einer Leistungserbringung ohne die hierzu erforderliche Abrechnungsgenehmigung vergleichbar sei. Es sei zwar davon auszugehen, dass der Beklagten die für die Ermittlung der Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina notwendigen Zahlen nicht erst bei Erlass der streitgegenständlichen Bescheide bekannt gewesen seien, gleichwohl habe die Klägerin hieraus nicht schließen dürfen, dass die Gesamtpunktzahlvolumina ganz entfallen seien.

10

Mit dem angefochtenen Urteil vom 24.10.2012 hat das LSG die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Aufgrund der Überschreitung der bestandskräftig festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina seien die Honorarbescheide für die Quartale I/2006 bis IV/2007 sachlich-rechnerisch unrichtig und daher von der Beklagten zu berichtigen gewesen. Es sei keine der Fallkonstellationen einschlägig, in denen nach der Rechtsprechung des BSG Vertrauensschutz zu gewähren sei. Die sachlich-rechnerische Richtigstellung könne auch nicht unter dem Gesichtspunkt beanstandet werden, dass sich die Vorläufigkeit von Honorarbescheiden jeweils nur auf begrenzte Teile der Honorarforderung des Vertragsarztes beziehen dürfe. Umfasse die Rückforderung - wie vorliegend - wegen desselben Sachverhaltes mehrere Quartale, sei es nicht zu beanstanden, wenn der gemittelte Umfang der Überschreitung in den betroffenen Quartalen zugrunde gelegt werde; jedenfalls komme die Zugrundelegung eines höheren Toleranzwertes in Betracht. Nach der Rechtsprechung des BSG sei eine Größenordnung von 15 % noch als kleinerer Anteil zu werten, dieser Wert jedoch ausdrücklich nicht als Obergrenze festgelegt, sondern nur die Hälfte des sich aus dem Honorarbescheid ergebenden Betrages als inakzeptabel bezeichnet worden. Die vorliegend zwischen 16,84 % und 35,26 % liegenden Rückforderungen nötigten daher nicht dazu, die Richtigstellung den Anforderungen des § 45 SGB X zu unterwerfen. Die Praktizierung fehlerhafter Honorierung während einer längeren Zeit begründe für sich gesehen keinen Vertrauensschutz; hierfür sei nach der Rechtsprechung des BSG neben der Fallkonstellation, in der die Beklagte ihr Recht zur Richtigstellung bereits verbraucht habe, kein Raum. Selbst wenn eine der vorgenannten Fallgruppen einschlägig sei, könne dies für die Klägerin zu keinem positiven Ergebnis führen, weil den Vertragsärzten des klagenden MVZ jedenfalls die grob fahrlässige Unkenntnis von der Fehlerhaftigkeit der Honorarberechnungen vorzuwerfen sei. Schließlich führe auch ein eventuelles Mitverschulden der Beklagten an den eingetretenen Überzahlungen nicht zu einem Vertrauensschutz des klagenden MVZ.

11

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin. Die angefochtenen Bescheide seien schon formell rechtswidrig, da mangels Anhörung ein Verstoß gegen § 24 Abs 1 SGB X vorliege, der nicht gemäß § 41 SGB X geheilt worden sei. Für eine Nachholung genüge nicht, wenn nur innerhalb des Widerspruchsverfahrens die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt werde; ein Anhörungsschreiben habe sie zu keinem Zeitpunkt erhalten. Die streitgegenständlichen Bescheide seien aber auch materiell rechtswidrig. In der Rechtsprechung des BSG sei anerkannt, dass Vertrauensschutzgesichtspunkte greifen, wenn ein ausschließlich in die Risikosphäre der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) fallendes fehlerhaftes Verhalten vorliege und kein Hinweis auf eine etwaige Problematik erteilt worden sei. Der Beklagten sei aufgrund der Beteiligung an dem Verfahren vor dem ZA bekannt gewesen, dass eine Job-Sharing-Konstellation vorgelegen habe und folglich Gesamtpunktzahlvolumina zu berücksichtigen seien. Sie sei daher nach der Rechtsprechung verpflichtet gewesen, darauf hinzuweisen, dass bei Erlass der Honorarbescheide die Gesamtpunktzahlvolumina keine Anwendung gefunden hätten. Zudem habe die sachlich-rechnerische Berichtigung nur unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X vorgenommen werden können, weil nicht nur ein "kleinerer Anteil" von 15 % der Honorarforderung betroffen gewesen sei. Unter Zugrundelegung der abgerechneten Punkte, nicht der Eurobeträge, seien im Jahr 2006 Anteile zwischen 23,97 % und 35,26 % betroffen gewesen. Gemessen am Gesamthonorar habe die Rückforderung einen Anteil von 25,19 % erfasst. Gleiches gelte im Ergebnis für das Kalenderjahr 2007, in dem zwischen 24,64 % und 16,84 % der abgerechneten Punkte gekürzt worden seien. Bezogen auf das Gesamthonorar habe der Rückforderungsbetrag in Höhe von 84 104,76 Euro einen Anteil von 17,93 % ausgemacht. Es sei damit kein "kleinerer Anteil" mehr betroffen. Zudem sei das LSG im Rahmen seiner Hilfserwägungen zu Unrecht davon ausgegangen, dass sie, die Klägerin, die Rechtswidrigkeit der Honorarbescheide gekannt oder in Folge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Zutreffend sei zwar, dass ihr die Grenzleistungsvolumina bekannt gewesen seien. Jedoch sei ihr nicht bekannt gewesen, dass die Beklagte diese bei Erlass der Honorarbescheide nicht beachtet habe. Dies sei auch nicht ohne Weiteres erkennbar gewesen.

12

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. Oktober 2012 und des Sozialgerichts Stuttgart vom 10. November 2011 sowie die Bescheide der Beklagten vom 10. Februar 2009 und 10. März 2009 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 30. November 2009 aufzuheben.

13

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

14

Sie verteidigt die Urteile des SG und des LSG. Die fehlende Anhörung sei durch Nachholung im Widerspruchsverfahren geheilt worden. Die streitgegenständlichen Bescheide seien auch materiell rechtmäßig. Es sei keine der Fallgruppen einschlägig, in denen nach der Rechtsprechung des BSG im Falle der sachlich-rechnerischen Richtigstellung von Honorarbescheiden Vertrauensschutz gewährt werden könne. Die Berichtigungsbefugnis sei auch nicht deshalb beschränkt gewesen, weil sich die Vorläufigkeit von Honorarbescheiden nur auf "kleinere Anteile" der Honorarforderung beziehen dürfe. Das BSG habe offen gelassen, ob diese Begrenzung überhaupt für alle Fälle sachlich-rechnerischer Richtigstellungen gelte. Jedenfalls habe das LSG zutreffend ausgeführt, dass die Rechtsprechung des BSG nicht auf Fälle übertragbar sei, in denen der Fehler der Sphäre des Vertragsarztes zuzurechnen sei.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Beklagte war berechtigt, die Abrechnungen der Klägerin sachlich-rechnerisch richtig zu stellen, weil sie die für ihre Job-Sharing-Praxis geltenden Gesamtpunktzahlvolumina in den streitbefangenen Quartalen überschritten hat.

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1. Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Soweit die Klägerin unter Bezugnahme auf ein Urteil des 4. Senats des BSG vom 9.11.2010 (B 4 AS 37/09 R - SozR 4-1300 § 41 Nr 2) das Fehlen der erforderlichen Anhörung rügt, greift dies nicht durch. Zwar ist die Klägerin vor Erlass der Richtigstellungsbescheide nicht angehört worden, die Anhörung ist aber mit dem Widerspruchsverfahrens nachgeholt worden. Eine Heilung des Verfahrensmangels kann nach den mit der Anhörung verfolgten Funktionen noch während des Widerspruchsverfahrens erfolgen, wenn dem Betroffenen während des Vorverfahrens - zB durch Einlegung des Widerspruchs - hinreichende Gelegenheit gegeben worden ist, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (BSG, aaO, RdNr 17 unter Bezugnahme auf BSGE 89, 111, 114 = SozR 3-1300 § 1 Nr 1; BSG SozR 4-1300 § 24 Nr 1). Für die Nachholung der fehlenden Anhörung während eines gerichtlichen Verfahrens hat der 4. Senat in der genannten Entscheidung gefordert, dass sichergestellt wird, dass die Nachholung der Verfahrenshandlung sich in einer dem Anhörungsverfahren möglichst vergleichbaren Situation vollzieht. Die Beklagt hat der Klägerin hier in den Ausgangsbescheiden alle entscheidungserheblichen Haupttatsachen mitgeteilt, sodass sie durch Einlegung des Widerspruchs hinreichend Gelegenheit hatte, sich zu diesen zu äußern.

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2. Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung und Rückforderung ist § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V(in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetztes vom 14.11.2003 , insofern in der Folgezeit unverändert). Danach stellt die KÄV die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots -, erbracht und abgerechnet worden sind. Die Befugnis zu Richtigstellungen besteht auch für bereits erlassene Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung). Sie bedeutet dann im Umfang der vorgenommenen Korrekturen eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheids. Die genannten Bestimmungen stellen Sonderregelungen dar, die gemäß § 37 Satz 1 SGB I in ihrem Anwendungsbereich die Regelung des § 45 SGB X verdrängen(stRspr, zB BSGE 89, 62, 66 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 345 f und BSGE 89, 90, 93 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 6 f; BSG SozR 4-5520 § 32 Nr 2 RdNr 10; BSGE 96, 1, 2 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 12). Eine nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil-)Rücknahme des Honorarbescheids mit Wirkung für die Vergangenheit löst nach § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der Leistung aus(BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 3; BSGE 89, 62, 75 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 355; BSGE 96, 1, 3 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 12; aaO, Nr 3 RdNr 18).

18

Die Tatbestandsvoraussetzung für eine nachträgliche sachlich-rechnerische Richtigstellung nach § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V ist vorliegend erfüllt, weil die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina nicht berücksichtigt wurden und daher die Honorarbescheide für die streitbefangenen Quartale rechtswidrig sind. In wessen Verantwortungsbereich die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt, ist unerheblich; einzige tatbestandliche Voraussetzung ist die Rechtswidrigkeit des Honorarbescheides (vgl BSGE 93, 69, 71 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 7 - hierzu Engelhard, jurisPR-SozR 44/2004 Anm 1).

19

Der ZA hat auf der Grundlage von Abschnitt 4a Nr 23a ff BedarfsplRL (idF vom 8.1.1999, BAnz Nr 61 S 5243 vom 30.3.1999; seit der Neufassung vom 15.2.2007 mit Wirkung ab dem 1.4.2007, BAnz Nr 64 S 3491 vom 31.3.2007, §§ 23a ff; zur weiteren BedarfsplRL-Änderung, die am 1.1.2013 in Kraft getreten ist, siehe die Neufassung der BedarfsplRL vom 20.12.2012, BAnz vom 31.12.2012, Bekanntmachung Nr 7, mit Neunummerierung der §§ 23a-23m als §§ 40-47, 58-62)mit Beschluss vom 1.10.2004 die Gesamtpunktzahlvolumina für die Job-Sharing-Praxis festgelegt (vgl zur Berechnung der Leistungsbegrenzung BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 12 RdNr 21 ff). Diesen Beschluss hat die Klägerin nicht angegriffen, sodass Bestandskraft eingetreten ist. Auch die Beklagte, die den Honoraranspruch des Vertragsarztes festsetzt, ist an die bestandskräftige Beschränkung des Leistungsumfangs aufgrund der Genehmigung der Anstellung einer Ärztin in der Praxis der Klägerin unter Job-Sharing-Bedingungen gebunden.

20

Die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina hat die Klägerin in den streitbefangenen Quartalen überschritten. Die Überschreitungen der Gesamtpunktzahlvolumina in Höhe von insgesamt 3 042 024,5 Punkten für das Jahr 2006 und 2.067.732,3 Punkten für das Jahr 2007 wurden in den Honorarbescheiden zunächst nicht berücksichtigt.

21

3. Die Befugnis der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der fehlerhaften Honorarbescheide war auch nicht durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes eingeschränkt.

22

a) Der Vertragsarzt kann nach der Rechtsprechung des Senats auf den Bestand eines vor einer endgültigen Prüfung auf Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit erteilten Honorarbescheides grundsätzlich nicht vertrauen (stRspr zB BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 4; BSGE 89, 90, 94 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 7 mwN; zuletzt: BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 24 RdNr 18). Die Auskehrung der Gesamtvergütungsanteile durch die KÄV im Wege der Honorarverteilung ist nämlich dadurch gekennzeichnet, dass diese quartalsmäßig auf die Honoraranforderungen ihrer Vertragsärzte hin Bescheide zu erlassen hat, ohne dass sie - aus rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen - die Rechtmäßigkeit der Honoraranforderungen hinsichtlich ihrer sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Leistungserbringung bereits umfassend überprüfen konnte. Die Berechtigung der KÄV zur Rücknahme rechtswidriger Honorarbescheide ist nicht auf die Berichtigung von Fehlern aus der Sphäre des Vertragsarztes beschränkt, sondern besteht umfassend, unabhängig davon, in wessen Verantwortungsbereich die allein maßgebliche sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt.

23

Die umfassende Berichtigungsbefugnis der KÄV, die den Besonderheiten und Erfordernissen der Honorarverteilung Rechnung trägt, ist daher im Hinblick auf den gebotenen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu begrenzen. Das gilt nach der Rechtsprechung des Senats sowohl für Unrichtigkeiten, die ihre Ursache in der Sphäre des Vertragsarztes finden, wie auch bei anderen Fehlern, etwa der Unwirksamkeit der generellen Grundlagen der Honorarverteilung. Insbesondere im letztgenannten Fall müssen die Interessen des einzelnen Arztes an der Kalkulierbarkeit seiner Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit einerseits und die Angewiesenheit der KÄV auf die Weitergabe nachträglicher Änderungen der rechtlichen Grundlagen der Honorarverteilung an alle Vertragsärzte andererseits zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden (BSGE 93, 69, 72 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 9 mwN). Zur generellen Sicherstellung dieses Interessenausgleichs und damit zur Beurteilung der Frage, in welchen Konstellationen das Vertrauen des Vertragsarztes auf den Bestand eines rechtswidrigen, ihn begünstigenden Verwaltungsaktes schutzwürdig ist, hat der Senat Fallgruppen herausgearbeitet, in denen die Befugnis zu sachlich-rechnerischen Richtigstellungen aus Gründen des Vertrauensschutzes begrenzt ist (zusammenfassend BSGE 96, 1, 4 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 14 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 16; vgl im Einzelnen zu den Fallgruppen Clemens, in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 106a SGB V RdNr 189 ff; Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: April 2012, K § 106a RdNr 33 ff; Harneit, in: Festschrift 10 Jahre Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, 2008, 361, 366 ff; Knopp, Die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, 2009, 180 ff).

24

b) Die nachträgliche Korrektur eines Honorarbescheids nach den Vorschriften über die sachlich-rechnerische Richtigstellung ist nicht mehr möglich, wenn die Frist von vier Jahren seit Erlass des betroffenen Honorarbescheids bereits abgelaufen ist (BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16 mwN; vgl jüngst zur Hemmung der vierjährigen Ausschlussfrist BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 35/12 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 10; vgl im Hinblick auf die Durchführung einer Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V auch: BSG Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 27/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 19 ff; Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 45/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 16 ff). Eine Rücknahme des Honorarbescheides ist nach Ablauf der Frist nur noch unter Berücksichtigung der Vertrauensausschlusstatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1 SGB X möglich. Diese Fallgruppe ist vorliegend nicht einschlägig, da ersichtlich die Frist von vier Jahren, die nach der Rechtsprechung des Senats am Tag nach der Bekanntgabe des Honorarbescheides beginnt (vgl BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16; BSG Urteil vom 28.3.2007 - B 6 KA 26/06 R - Juris RdNr 16; BSGE 106, 222, 236 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 60 mwN), nicht abgelaufen ist.

25

c) Weiterhin ist die Befugnis der KÄV zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung aus Vertrauensschutzgesichtspunkten eingeschränkt, soweit die KÄV ihre Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung bereits "verbraucht" hat, indem sie die Honoraranforderung des Vertragsarztes in einem der ursprünglichen Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft und vorbehaltlos bestätigt hat (BSGE 89, 90, 98 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 11 f; bekräftigt in BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 19). In diesem Fall ist die jedem Honorarbescheid innewohnende spezifische Vorläufigkeit und damit die Anwendbarkeit der Berichtigungsvorschriften entfallen (vgl BSGE 93, 69, 74 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 15). Auch eine solche Fallkonstellation ist hier nicht gegeben.

26

d) Darüber hinaus ist nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu beachten, wenn die KÄV es unterlassen hatte, bei der Erteilung des Honorarbescheids auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung oder ihrer Auslegung (BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352; BSGE 93, 69, 75 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 16; BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 20) oder auf ein noch nicht abschließend feststehendes Gesamtvergütungsvolumen (BSGE 96, 1, 7 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 20)hinzuweisen und durch einen Vorläufigkeitshinweis zu manifestieren. Der Vorläufigkeitshinweis muss sich dabei nicht ausdrücklich aus dem Honorarbescheid selbst ergeben, es genügt vielmehr, dass sich der Vorbehalt aufgrund bestehender Ungewissheiten ausreichend deutlich aus den Gesamtumständen ergibt (zB BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352; BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 20; BSGE 96, 1, 7 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 20; BSGE 98, 169, 177 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 28). Hat die KÄV einen derartigen Hinweis in der notwendigen Form unterlassen, sind die Berichtigungsvorschriften zwar weiterhin anwendbar, wegen des durch das Verhalten der KÄV begründeten Vertrauensschutzes der Vertragsärzte ist für die Aufhebung eines Honorarbescheides aber nur Raum, wenn in entsprechender Anwendung des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1 SGB X Vertrauensausschlusstatbestände gegeben sind(BSGE 96, 1, 5 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 16). Eine solche Fallkonstellation liegt hier nicht vor. Im Hinblick auf den hier maßgeblichen Grund für die Richtigstellung, die Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina, bestand bei Erlass der Honorarbescheide keine Ungewissheit im genannten Sinn. Weder waren die normativen Grundlagen der Honorarverteilung betroffen, noch Unsicherheiten im Hinblick auf das Gesamtvergütungsvolumen. Die Richtigstellung resultierte vielmehr aus Besonderheiten der Honorarbegrenzung für Job-Sharing-Praxen, über die bei Erlass der Honorarbescheide auch keine Unsicherheit bestand.

27

e) Schließlich ist die Richtigstellungsbefugnis der KÄV begrenzt, wenn die Besonderheiten der Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, die in der Rechtsprechung für die Verdrängung der Regelung des § 45 SGB X durch die Vorschriften über die sachlich-rechnerische Richtigstellung angeführt worden sind, nicht konkret tangiert sind(BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 18 ff; BSGE 96, 1, 6 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 19; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 26). Diese Fallgruppe erfasst die fehlerhafte Abrechnung im Einzelfall etwa infolge eines Rechenfehlers oder der versehentlichen Verwendung eines falschen Berechnungsfaktors. Auch in einem solchen Fall wird die Honorarberichtigung zwar nach den einschlägigen bundesmantelvertraglichen Regelungen durchgeführt, im Rahmen des Berichtigungsverfahrens sind indes die speziellen Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs 2 iVm Abs 4 SGB X entsprechend heranzuziehen(vgl BSGE 93, 69, 76 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 18). Ein solcher Sachverhalt gibt keinen Anlass, von den allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen abzuweichen, wonach die Behörde vorbehaltlich der besonderen Tatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 SGB X das Risiko dafür trägt, dass sie einen für den Bürger günstigen Verwaltungsakt erlässt, der sich nachträglich als teilweise rechtswidrig erweist(BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 20). Eine Beschränkung der Richtigstellungsbefugnis der Beklagten ergibt sich auch unter diesem Gesichtspunkt nicht. Die Umsetzung der Bescheide der Zulassungsgremien über die Punktzahlobergrenzen nach Zulassungen oder Arztanstellungen unter Job-Sharing-Bedingungen in den Honorarbescheiden der vertragsärztlichen Praxen betrifft spezifische Umstände der Honorierung der vertragsärztlichen Leistungen. Die ursprünglichen Honorarbescheide der Beklagten gegenüber der Klägerin enthielten dementsprechend keinen Rechenfehler oder vergleichbare Defizite, die Beklagte hatte sie vielmehr bewusst - wie bei allen anderen Job-Sharing-Praxen - zunächst ohne Anwendung der Regelungen über die Leistungsgrenzen erstellt. Ob das für diese Vorgehensweise angeführte Argument einer Entlastung der Verwaltung bei der zeitnahen Erstellung der Honorarbescheide das Gewicht hat, das die Beklagte ihm zumisst, kann auf sich beruhen. Jedenfalls vollzog die Richtigstellung mit der Umsetzung der Folgen einer Überschreitung der Abrechnungsgrenzen einen komplexen Berechnungsschritt bei Festsetzung des vertragsärztlichen Honorars nach. Mit den in der Entscheidung des Senats vom 30.6.2004 (BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 20) angesprochenen individuellen Rechtsanwendungsfehlern ohne Bezug zu den Besonderheiten der Honorierung vertragsärztlicher Leistungen hat das keine Berührungspunkte.

28

f) Ob daneben ein allgemeiner Vertrauensschutz weiterhin in Betracht kommt, wenn die KÄV die rechtswidrige Erbringung bestimmter Leistungen in Kenntnis aller Umstände längere Zeit geduldet hat, diese später jedoch insgesamt von einer Vergütung ausschließt, kann offen bleiben (vgl BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 16, hieran anknüpfend: Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: April 2012, K § 106a RdNr 33e; ebenso Harneit, in: Festschrift 10 Jahre Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, 2008, 361, 370 ff; Knopp, Die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, 2009, 181). Die bloße fehlerhafte Zahlung über einen längeren Zeitraum ist jedenfalls nicht geeignet, Vertrauensschutz zu begründen (BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 24). Es würde ansonsten die 4jährige Ausschlussfrist, innerhalb der die KÄV fehlerhafte Abrechnungen berichtigen kann, leer laufen. Eine vergleichbare Situation mit der wissentlichen Duldung systematisch fachfremder Tätigkeit oder einer Leistungserbringung ohne die hierzu erforderliche Abrechnungsgenehmigung (vgl BSGE 89, 90, 102 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 14; BSG SozR 3-2500 § 135 Nr 6 S 35) liegt nicht vor. Die Beklagte hat gegenüber allen Job-Sharing-Praxen zunächst Honorarbescheide ohne Berücksichtigung der Obergrenzen erteilt und später eine Neufestsetzung entsprechend der für die einzelne Praxis für das jeweilige Quartal maßgeblichen Punktzahlobergrenzen vorgenommen. Damit konnten für die betroffenen Praxen Unsicherheiten verbunden sein, insbesondere weil den ursprünglichen Honorarbescheiden kein Hinweis beigefügt war, wonach die Umsetzung der Punktzahlobergrenzen einem späteren Bescheid vorbehalten bleibe. Diese Verwaltungspraxis, die die Beklagte bereits seit längerem schon zugunsten einer quartalsgleichen Berücksichtigung der Leistungsgrenzen aufgegeben hat, rechtfertigt für die hier streitbefangenen Quartale jedoch nicht den Vorwurf eines widersprüchlichen Verhaltens. Ein solcher Vorwurf wäre nur gerechtfertigt, wenn die Beklagte zuvor einen Vertrauenstatbestand gesetzt hätte. Daran fehlt es aber. Die Begrenzung der Gesamtpunktzahl erfolgte im Zulassungsverfahren durch den Zulassungsausschuss und nicht die KÄV. Über diese Festsetzung kann die KÄV weder allein noch einvernehmlich mit dem Vertragsarzt disponieren. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die KÄV nach § 23f BedarfsplRL aF(heute § 45 BedarfsplRL) die Anpassungen der Gesamtpunktzahlvolumina vornimmt. Aus der Nichtberücksichtigung der Grenze bei der Honorarberechnung konnte mithin nicht gefolgert werden, dass die Punktzahlbegrenzung von der KÄV aufgehoben worden wäre. Nur dann hätte die KÄV sich mit der Richtigstellung aber zu ihrem früheren Verhalten in Widerspruch gesetzt.

29

g) Es besteht hier auch kein Anlass, über die in der Rechtsprechung des Senats anerkannten Konstellationen hinaus Vertrauensschutz zu gewähren. Ein Schutzbedürfnis der Klägerin, das mit demjenigen in den anerkannten Fallgruppen vergleichbar ist, besteht nicht.

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4. Die Richtigstellung und Rückforderung kann schließlich nicht unter dem Gesichtspunkt beanstandet werden, dass die Richtigstellung von Honorarbescheiden sich jeweils nur auf kleinere Anteile der Honorarforderung des Vertragsarztes beziehen darf. Der Senat hat in zwei Entscheidungen, in denen ein Vorläufigkeitsvorbehalt zu beurteilen war, mit dem die KÄV unter Berufung auf umstrittene Regelungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen alle Honorarbescheide versehen hatte, ausgeführt, dass sich die Vorläufigkeit des Honorarbescheides ihrem Gegenstand nach nur auf begrenzte Teile des Honorarbescheides bzw - wirtschaftlich betrachtet - kleinere Anteile der Honorarforderung des Vertragsarztes beziehen darf. Eine Vorläufigkeit, die es ermöglichen würde, das vertragsärztliche Honorar für ein bestimmtes Quartal auf die Hälfte des Betrages zu reduzieren, der sich aus dem Honorarbescheid zunächst ergibt, nähme diesem Bescheid den Charakter als Regelung des Honoraranspruchs des Vertragsarztes für ein Kalendervierteljahr, weil dem Arzt in der Sache lediglich eine Abschlagzahlung zugebilligt würde (BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352; BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 20). Diese Aussage bezieht sich indes allein auf pauschale Richtigstellungsvorbehalte (vgl BSGE 93, 69, 73 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 13; BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352; BSGE 96, 1, 7 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 21; noch offengelassen im Beschluss vom 3.2.2010 - B 6 KA 22/09 B - Juris RdNr 16; ebenso Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand: November 2011, K § 85 RdNr 153c). Nur in diesem Fall liegt eine allein dem Verantwortungsbereich der Beklagten zuzurechnende Unsicherheit über die Höhe des zu leistenden Honorars vor, die nur in begrenztem Umfang an den Vertragsarzt weitergegeben werden darf. In allen anderen Fällen besteht eine solche Grenze nicht. Es liegt auf der Hand, dass die Beklagte nicht gehindert ist, etwa in Fällen umfangreicher Falschabrechnung die Abrechnung des Vertragsarztes in vollem Umfang und nicht nur hinsichtlich eines prozentualen Anteils richtigzustellen.

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Ob hier ein "kleinerer Anteil" des Gesamthonorars im Sinne der Rechtsprechung des Senats betroffen war, kann mithin offenbleiben. Es spricht aber viel dafür, dass dies der Fall war. In der Rechtsprechung des Senats ist eine Größenordnung von 15 % noch als "kleinerer Anteil" gewertet worden (vgl BSGE 96, 1, 7 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 21 mwN). Dieser Wert wurde jedoch ausdrücklich nicht als Obergrenze bezeichnet. Die Frage, ab welchem Prozentsatz eine Rückforderung dem Honorarbescheid seinen Regelungscharakter nimmt, entzieht sich nach der Rechtsprechung des Senats vielmehr einer generellen Festlegung, weil insoweit die näheren Umstände in die Beurteilung einzubeziehen sind (BSG Beschluss vom 3.2.2010 - B 6 KA 22/09 B - Juris RdNr 18). Zudem ist es, wenn eine Rückforderung wegen desselben Sachverhalts mehrere Quartale umfasst, nicht zu beanstanden, wenn der Beurteilung nicht die einzelne Überschreitung im Quartal, sondern der gemittelte Umfang der Überschreitung über die betroffenen Quartale hinweg zugrunde gelegt wird. Jedenfalls käme in derartigen Fällen die Zugrundelegung eines höheren Toleranzwertes in Betracht (BSG aaO). Gemessen an den Euro-Beträgen lag der durchschnittliche Anteil der Rückforderung am Honorar im Jahr 2006 bei 25,19 % und im Jahr 2007 bei 17,93 %, bezogen auf den gesamten Zeitraum bei 21,56 %. Diese Werte dürften noch nicht als zu hoch angesehen werden.

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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung des § 154 Abs 2 VwGO. Danach hat die Klägerin auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.