Bundesgerichtshof Urteil, 18. Apr. 2018 - XII ZR 76/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:180418UXIIZR76.17.0
bei uns veröffentlicht am18.04.2018
vorgehend
Landgericht Frankfurt am Main, 12 O 437/15, 16.12.2016
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 2 U 174/16, 27.07.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

Tenor berichtigt durch Beschluss
vom 19. April 2018 und vom
25. Juli 2018
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 76/17 Verkündet am:
18. April 2018
Fahrner,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die Parteien eines Mietvertrags können grundsätzlich das Mietverhältnis
auch dann jederzeit durch einen Aufhebungsvertrag (§ 311 Abs. 1 BGB) vorzeitig
beenden, wenn der Mieter einen Untermietvertrag geschlossen oder
einem Dritten auf einer anderen rechtlichen Grundlage die Mietsache zur
Nutzung überlassen hat.

b) In diesen Fällen ist der Abschluss eines Mietaufhebungsvertrags in der Regel
nicht sittenwidrig, wenn dem Hauptmieter gegen den Dritten ein Kündigungsrecht
zusteht, mit dem er dessen Gebrauchsmöglichkeit zeitnah beenden
kann.
BGH, Urteil vom 18. April 2018 - XII ZR 76/17 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
ECLI:DE:BGH:2018:180418UXIIZR76.17.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. April 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Günter und die Richterin Dr. Krüger

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 27. Juli 2017 aufgehoben , soweit zum Nachteil der Klägerin entschieden wurde. Insoweit wird die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 16. Dezember 2016 zurückgewiesen. Die Berufung des Beklagten gegen das vorgenannte Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird auch insoweit zurückgewiesen. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 27. Juli 2017 wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die klagende Stadt verlangt von dem beklagten Verein die Räumung und Herausgabe des Galopprennbahngeländes in Frankfurt am Main. Widerklagend begehrt der Beklagte die Feststellung der Unwirksamkeit eines zwischen der Klägerin als Vermieterin und der F.H. GmbH als Mieterin des Rennbahngeländes geschlossenen Mietaufhebungsvertrags und eines zwischen der Klägerin und dem Zeugen H. als alleinigem Gesellschafter der F.H. GmbH geschlossenen Vertrags über die Übertragung der Geschäftsanteile an der GmbH auf die Klägerin.
2
Die Klägerin ist Eigentümerin des Galopprennbahngeländes in Frankfurt am Main nebst aufstehender Gebäude. In einem Grundstückskaufvertrag aus dem Jahr 1937 hatte die Klägerin erklärt, sie sei "bemüht, den Rennverein in seinen Zielen - Erhaltung der Pferderennen in F. und damit Förderung der deutschen Vollblutzucht - zu unterstützen". Im Jahr 1979 vermietete die Klägerin das Rennbahngelände an den "Renn-Klub F.", der einen Teil des Geländes an einen Golf-Club untervermietete und im Jahr 2008 in Insolvenz fiel. Als Nachfolgeverein wurde im Jahr 2009 der "Renn-Verein F. e.V." gegründet. Um die Fortsetzung des Pferderennsports in Frankfurt am Main zu ermöglichen, wurde im allseitigen Einvernehmen und unter maßgeblicher Beteiligung des Zeugen H., der später bis August 2014 Präsident des Beklagten war, beschlossen, dass der "Renn-Verein F. e.V." das Rennbahngelände betreiben sollte. Zur Vermeidung finanzieller Risiken sollte die Stadt das Gelände aber nicht direkt an den Verein vermieten, sondern an eine zwischenzuschaltende GmbH, die ihrerseits einen mit dem Hauptmietvertrag im wesentlichen gleichlautenden Nutzungsüberlassungsvertrag mit dem Verein abschließen sollte. Dementsprechend gründete der Zeuge H. im Jahr 2010 als alleiniger GesellschafterGeschäftsführer die F.H. GmbH mit einem Stammkapital von 100.000 € und zum Betrieb und zur Entwicklung der Galopprennbahn Frankfurt am Main als Unternehmensgegenstand.
3
Mit Mietvertrag vom 6. September 2010 vermietete die Klägerin das Rennbahngelände als Pferde-, Golf- und Freizeitsportfläche an die F.H. GmbH. Nach § 2 dieses Mietvertrags sollte das Mietverhältnis rückwirkend zum 1. September 2009 beginnen, mindestens bis zum 31. August 2024 laufen und von der Mieterin dreimal um je fünf Jahre verlängert werden können. § 4 Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 des Vertrags enthält die Verpflichtung der F.H. GmbH als Mieterin , jährlich mindestens fünf Renntage mit jeweils sechs Pferderennen (davon mindestens ein Listenrennen) zu veranstalten. Da die F.H. GmbH nicht Mitglied im "Direktorium für Vollblutzucht und Rennen e.V." war und daher keine konzessionierten Pferderennen durchführen konnte, wurde in § 4 Nr. 4 des Mietvertrags Folgendes vereinbart: "Der Mieter kann mit dem Renn-Verein F. e.V. einen Durchführungsvertrag schließen, um seine Verpflichtungen nach § 4 Nr. 1 Satz 2 zu erfüllen. Die Verpflichtungen des Mieters gegenüber der Vermieterin bleiben hiervon unberührt. Der Mieter hat Überschüsse , die er aus der Nutzung des Mietgegenstandes - gleich welcher Art und welcher Rechtsgrundlage - zum Zwecke des Unterhalts des Mietgegenstandes und der Durchführung des Rennbetriebs zu verwenden, soweit hierdurch die Gewinnerzielungsabsicht des Mieters nicht gefährdet wird. Zur Prüfung dieser Überschüsse und der entsprechenden Zahlungsverpflichtung hat der Mieter einmal jährlich seine beim zuständigen Finanzamt vorzulegende Bilanz gleichzeitig bei der Vermieterin/Liegenschaftsamt einzureichen. Die Stadt ist berechtigt, auf Verlangen alle bilanzrelevanten Unterlagen beim Mieter einzusehen oder einsehen zu lassen. Sie hat darüber hinaus das Recht, jedwede Kosten- oder Einnahmepositionen innerhalb eines halben Jahres nach Veröffentlichung der Bilanz zu beanstanden. Insbesondere ist die Stadt berechtigt, Gehälter oder sonstige Entschädigungsleistungen für Geschäftsführer und Mitarbeiter des Mieters auf ihre Angemessenheit zu überprüfen. [... ]"
4
Zur vorzeitigen Beendigung des Mietvertrags enthält § 8 die folgenden Vereinbarungen: "1. Der Vermieter kann diesen Vertrag jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, wenn
a) der Mieter ungeachtet einer Abmahnung fortgesetzt den Bestimmungen dieses Vertrages zuwiderhandelt, insbesondere seine Betreiberverpflichtung verletzt,
b) der Mieter mit einer nach diesem Vertrag geschuldeten Leistung ganz oder teilweise länger als drei Monate in Verzug ist,
c) der Mieter seine Zahlungen einstellt. 2. Der Vermieter kann diesen Vertrag unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat ohne Einhaltung einer weiteren Räumungsfrist kündigen, wenn
a) die Gesellschaft des Mieters aufgehoben oder im Handelsregister gelöscht wird,
b) der Mieter seinen Sitz außerhalb der Stadt Frankfurt am Main verlegt,
c) der Mieter ohne Zustimmung der Vermieterin den Nutzungszweck des Mietgrundstücks oder seinen Gesellschaftszweck ändert,
d) der Mieter den Erwerb der Gesellschaftsanteile durch den Vermieter […] vereitelt."
5
Nachdem der "Renn-Verein F. e.V." im Jahr 2010 ebenfalls in Insolvenz gefallen war, wurde am 16. September 2010 der - hier beklagte - "F. Renn-KIub e.V." mit dem satzungsmäßigen Zweck der Förderung des Galopprennsports in Deutschland und insbesondere in Frankfurt am Main gegründet. Die Eintragung in das Vereinsregister erfolgte am 16. März 2011. Diesem Verein übertrug die F.H. GmbH mit einem auf den 6. Dezember 2010 datierten Geschäftsbesorgungsvertrag ihre aus dem Mietvertrag mit der Klägerin resultierende Verpflichtung zur Durchführung von Pferderennen auf der Galopprennbahn. Nach § 4 Nr. 1 des Geschäftsbesorgungsvertrags sollte die F.H. GmbH dem Beklagten hierfür eine jährliche Vergütung von 216.000 € zahlen und daneben im Rahmen einer Überschusszuweisung jeglichen erwirtschafteten Überschuss, soweit dieser nicht für die Bildung von Rückstellungen erforderlich war, als Sonderzahlung an den Beklagten überweisen. Zur Laufzeit des Geschäftsbesorgungsvertrags ist in dessen § 3 Folgendes vereinbart: "1. Diese Vereinbarung wird ab dem 01.01.2011 wirksam und Iäuft bis 31.08.2024. 2. Diese Vereinbarung kann von beiden Parteien mit einer Frist von 2 Monaten zum 30.6. oder 31.12. eines jeden Jahres gekündigt werden."
6
Am 21. März 2014 unterzeichneten die Klägerin und der Deutsche FußbalI -Bund (DFB) die Absichtserklärung, dass die Klägerin dem DFB das Rennbahngelände ab dem 1. Januar 2016 zur Errichtung einer Fußballakademie zur Verfügung stellen solle.
7
Am 24. März 2014 erhöhte der Zeuge H. das Stammkapital der F.H. GmbH von 100.000 € auf 2.000.000 €, wobei er den Differenzbetrag nicht - wie protokolliert - in bar einzahlte, sondern eine Umwandlung von Gesellschafterdarlehen vornahm.
8
Am 5. August 2014 schlossen die Klägerin, der Zeuge H. und die durch ihn vertretene F.H. GmbH einen notariell beurkundeten Kauf- und Abtretungsvertrag über die Geschäftsanteile des Zeugen H. an der F.H. GmbH sowie eine Vereinbarung über die Aufhebung des Mietvertrags zwischen der Klägerin und der F.H. GmbH. Nach Nummer I.2 dieses Vertrags verkaufte der Zeuge H. alle Anteile an der F.H. GmbH an die Klägerin und trat diese Anteile an sie ab, wobei der Kaufpreis durch die in Nummer II.4 vorgesehene Zahlung abgegolten sein sollte. In Nummer II.1 hoben die Klägerin und die F.H. GmbH mit sofortiger Wirkung den zwischen ihnen bestehenden Mietvertrag auf. Nach Nummer II.3 sollte die Klägerin dem Beklagten ein Angebot zur Weiternutzung des Rennbahngeländes bis Ende 2015 unterbreiten. Mit Nummer II.4 verpflichtete sich die Klägerin zur Zahlung von 2.980.000 € an den Zeugen H. persönlich. Nach dem Vertragswortlaut sollte diese Zahlung für die Übernahme der Gesellschaftsanteile des Zeugen H. an der F.H. GmbH, zum Ausgleich aller in das Rennbahngelände getätigten Investitionen und zur Verlustabdeckung aller für den Rennbetrieb aufgetretenen Defizite erfolgen.
9
Unter dem 4. März 2015 erklärte der Zeuge H. namens der F.H. GmbH gegenüber dem Beklagten die Kündigung des Geschäftsbesorgungsvertrags zum 30. Juni 2015. Mit Schreiben vom 29. Juni 2015 forderte ein Mitarbeiter der Klägerin den Beklagten zur Herausgabe des Rennbahngeländes zum 30. September 2015, hilfsweise zum 31. Dezember 2015 auf und erklärte vorsorglich nochmals die Kündigung des Geschäftsbesorgungsvertrags zu diesen Zeitpunkten. Am 19. Januar 2016 löste ein Mitarbeiter der Klägerin den Zeugen H. als Geschäftsführer der F.H. GmbH ab.
10
Das Landgericht hat der Klage weitestgehend stattgegeben und die Zwischenfeststellungswiderklagen des Beklagten abgewiesen. Die vom Beklagten hiergegen eingelegte Berufung hat das Oberlandesgericht hinsichtlich der Klage zurückgewiesen. Bezüglich der Widerklage hat das Oberlandesgericht die erstinstanzliche Entscheidung teilweise abgeändert und die "Unwirksamkeit des Mietaufhebungsvertrags im Verhältnis zum Beklagten" festgestellt. Im Übrigen hat es die Berufung hinsichtlich der Widerklage verworfen.
11
Hiergegen richten sich die vom Oberlandesgericht zugelassenen Revisionen beider Parteien. Der Beklagte verfolgt mit seiner Revision den Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Außerdem erstrebt er mit der Widerklage die Feststellung , dass auch der Geschäftsanteilskaufvertrag vom 5. April 2014 unwirksam ist. Die Klägerin möchte mit ihrer Revision die vollständige Abweisung der Widerklage erreichen.

Entscheidungsgründe:

12
Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Die Revision der Klägerin führt zur teilweisen Aufhebung und Abänderung des angegriffenen Urteils.

A.

13
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner in juris veröffentlichten Entscheidung folgendes ausgeführt:
14
Ein Anspruch der Klägerin auf Räumung und Herausgabe des Grundstücks gemäß § 546 Abs. 2 BGB bestehe nicht, weil der Mietaufhebungsvertrag vom 5. August 2014 wegen Sittenwidrigkeit unwirksam sei. Der Klägerin sei ein Verleiten des Zeugen H. zum Vertragsbruch gegenüber dem Beklagten vorzuwerfen. Denn nach der Aufhebung des Mietvertrags habe die F.H. GmbH ihre Verpflichtung gegenüber der Beklagten aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag vom 6. Dezember 2010 nicht mehr erfüllen können. Zwar reiche dies für sich genommen für die Annahme einer Sittenwidrigkeit noch nicht aus, weil die Klägerin gegenüber dem Beklagten keine unmittelbaren vertraglichen Pflichten getroffen habe. Hinzu komme aber, dass die Zahlung der 2.980.000 € an den Zeugen H. nur als ein "Entgelt" für dessen Einverständnis zur Aufhebung des Mietvertrags verstanden werden könne. Dieser Zahlung habe keine werthaltige Gegenleistung gegenübergestanden. Die formale Übertragung der Gesellschaftsanteile an der F.H. GmbH auf die Klägerin sei ohne wirtschaftlichen Wert, weil die F.H. GmbH nach der Aufhebung des Mietvertrags ihren Geschäftszweck , nämlich die Veranstaltung von Pferderennen auf der Galopprennbahn in F., nicht mehr habe erfüllen können. Außerdem sei die Zahlung deshalb an den Zeugen H. direkt geleistet worden, um die Regelung in § 4 des Geschäftsbesorgungsvertrags zu umgehen, wonach die F.H. GmbH eventuelle Überschüsse an den Beklagten habe weiterleiten müssen.
15
Der Klägerin stehe aber ein Anspruch aus § 985 Abs. 1 BGB auf Herausgabe des Grundstücks zu, dem der Beklagte kein Recht zum Besitz entgegenhalten könne, weil der Geschäftsbesorgungsvertrag wirksam gekündigt worden sei.
16
Allerdings sei die von dem Zeugen H. im Namen der F.H. GmbH erklärte Kündigung des Geschäftsbesorgungsvertrags vom 4. März 2015 ebenfalls wegen Sittenwidrigkeit unwirksam. Denn diese Kündigung stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Abschluss des Mietaufhebungsvertrags und der Zahlung der 2.980.000 €, weshalb sich die Sittenwidrigkeit dieser Rechtsgeschäfte auf die Wirksamkeit der Kündigungserklärung erstrecke.
17
Dies gelte jedoch nicht für die von einem Mitarbeiter der Klägerin am 29. Juni 2015 erklärte Kündigung. Die in diesem Schreiben enthaltene Aufforderung an den Beklagten, das Grundstück zum 30. September 2015, hilfsweise zum 31. Dezember 2015 herauszugeben, enthalte eine entsprechende Kündigungserklärung. Vorsorglich habe die Klägerin in diesem Schreiben auch eine erneute Kündigung des Geschäftsbesorgungsvertrags erklärt. Diese Kündigung sei durch den Zeugen H. konkludent nachträglich genehmigt worden. Im Übrigen habe die Klägerin den Geschäftsbesorgungsvertrag auch durch die Klageerhebung in weiteren Verfahren vor dem Landgericht und vor dem Oberlandesgericht erneut konkludent gekündigt.
18
Eine Kündigung des Geschäftsbesorgungsvertrags zum 30. Juni und 31. Dezember eines Jahres sei auch grundsätzlich möglich gewesen. Dies ergebe sich aus einer entsprechenden Auslegung des § 3 Nr. 1 und 2 des Geschäftsbesorgungsvertrags. Die in § 3 Nr. 1 vereinbarte Laufzeit des Geschäftsbesorgungsvertrags bis zum 31. August 2024 erfordere es nicht, die Kündigungsmöglichkeit in § 3 Nr. 2 einschränkend auszulegen. Etwas Anderes ergebe sich auch nicht aus den Aussagen der erstinstanzlich vernommenen Zeugen.
19
Die Kündigung des Geschäftsbesorgungsvertrags durch die Klägerin sei nicht sittenwidrig oder nach § 242 BGB unwirksam. Der entscheidende Unterschied zwischen der von dem Zeugen H. und der von dem Mitarbeiter der Stadt erklärten Kündigungen bestehe darin, dass zwischen der Klägerin und dem Beklagten keine besonderen vereinsrechtlichen Verpflichtungen bestanden hätten.
20
Die Zwischenfeststellungswiderklage bezüglich der Unwirksamkeit des Mietaufhebungsvertrags sei zulässig und begründet. Die Zwischenfeststellungswiderklage bezüglich der Unwirksamkeit des Geschäftsanteilkaufs- und Übertragungsvertrags sei dagegen unzulässig, weil es an dem erforderlichen Feststellungsinteresse fehle. Sofern der Beklagte aus der Unwirksamkeit dieses Vertrags konkrete Ansprüche ableiten wolle, habe er diese mit einem Leistungsantrag geltend machen müssen.

B.

21
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nur teilweise stand.

I.

22
Wie die Revision der Klägerin zu Recht beanstandet, tragen die getroffenen Feststellungen nicht die Beurteilung, dass der Mietaufhebungsvertrag vom 5. August 2014 wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB unwirksam ist.
23
1. Ob das vom Berufungsgericht festgestellte Verhalten der Klägerin als sittenwidrig anzusehen ist, ist eine Rechtsfrage, die der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. BGH Urteile vom 15. Oktober 2013 - VI ZR 124/12 - NJW 2014, 1380 Rn. 7 mwN und vom 4. Juni 2013 - VI ZR 288/12 - NJW-RR 2013, 1448 Rn. 14 mwN).
24
2. Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (vgl. BGH Urteile vom 15. Oktober 2013 - VI ZR 124/12 - NJW 2014, 1380 Rn. 8 mwN und vom 4. Juni 2013 - VI ZR 288/12 - NJW-RR 2013, 1448 Rn. 14 mwN). Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde vertragliche Pflichten oder das Gesetz verletzt oder bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (vgl. BGH Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 217/03 - NJW 2004, 2668, 2670). So begründet die Mitwirkung eines Dritten an dem Vertragsbruch einer Partei für sich genommen nicht den objektiven Tatbestand der Sittenwidrigkeit; es müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten, die sein Verhalten als sittenwidrige Schädigung erscheinen lassen. In dem Eindringen des Dritten in die Vertragsbeziehungen muss ein besonderes Maß an Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Geschädigten hervortreten. Dies ist etwa der Fall, wenn der Dritte eine Vertragspartei zum Vertragsbruch verleitet, kollusiv mit ihr zusammenwirkt oder die Verletzung vertraglicher - beispielsweise gesellschaftsrechtlicher - Treuepflichten bewusst unterstützt (BGH Urteil vom 15. Oktober 2013 - VI ZR 124/12 - NJW 2014, 1380 Rn. 8 mwN). Die Schwelle, von der ab der Einbruch in fremde Vertragsbeziehungen als Verstoß gegen die guten Sitten zu bewerten ist, darf jedoch nicht zu niedrig angesetzt werden (BGH Urteil vom 2. Juni 1981 - VI ZR 28/80 - NJW 1981, 2184, 2185).
25
3. Nach diesen Grundsätzen kann - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - der Abschluss des Mietaufhebungsvertrags vom 5. August 2014 nicht als sittenwidrig qualifiziert werden.
26
a) Nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit können die Parteien eines Mietvertrags unabhängig von einer vereinbarten Mietzeit das Mietverhältnis jederzeit durch einen Aufhebungsvertrag (§ 311 Abs. 1 BGB) vorzeitig beenden (Staudinger/Rolfs BGB [2018] § 542 Rn. 174; Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht 13. Aufl. Anhang zu § 542 BGB Rn. 1). Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Mieter einen Untermietvertrag geschlossen oder einem Dritten auf einer anderen rechtlichen Grundlage die Mietsache zur Nutzung überlassen hat. In diesen Fällen kann ein Mietaufhebungsvertrag jedoch dann sittenwidrig sein, wenn für den Vermieter und den Mieter kein vernünftiger Grund für die Beendigung des Mietverhältnisses besteht und der Zweck des Mietaufhebungsvertrags allein darin liegt, dass der Eigentümer wieder Alleinbesitz an dem Mietobjekt erlangt (vgl. KG ZMR 1988, 137 f.). Eine gemeinsame (subjektive) Schädigungsabsicht der vertragsschließenden Parteien reicht zur Annahme einer Sittenwidrigkeit allein noch nicht aus. Erforderlich ist außerdem, dass der Vertrag die Rechtsstellung des Dritten tatsächlich verschlechtert. Ein für den Dritten objektiv nicht nachteiliges Rechtsgeschäft erfüllt den Tatbestand des § 138 Abs. 1 BGB nicht (BGH Urteil vom 28. Oktober 2011 - V ZR 212/10 - NJW-RR 2012, 18 Rn. 10). Deshalb ist der Abschluss eines Mietaufhebungsvertrags dann nicht sittenwidrig, wenn dem Hauptmieter gegen den Dritten ein Kündigungsrecht zusteht, mit dem er dessen Gebrauchsmöglichkeit zeitnah beenden kann (vgl. Bub/Treier/Scheuer/Emmerich Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 4. Aufl. Kap. V.A. Rn. 60).
27
b) Gemessen hieran ist der Mietaufhebungsvertrag nicht bereits deshalb sittenwidrig, weil dadurch dem Beklagten die durch den Geschäftsbesorgungsvertrag vermittelte Möglichkeit genommen wurde, das Gelände zur Durchführung von Rennsportveranstaltungen zu nutzen.
28
aa) Im vorliegenden Fall bestanden sowohl für die Klägerin als auch für die F.H. GmbH vernünftige Gründe dafür, den Mietvertrag vorzeitig aufzuheben. Das Berufungsgericht hat insoweit zu Recht angenommen, dass die Klägerin als Eigentümerin grundsätzlich frei darüber entscheiden kann, wie sie das Rennbahngelände in der Zukunft nutzen will, und diese Entscheidung vonden Gerichten nicht zu bewerten ist. Gerade im Hinblick darauf, dass der Rennbahnbetrieb in der Vergangenheit stets defizitär war, wie sich aus den verschiedenen Insolvenzen, zuletzt der Insolvenz des Renn-Vereins Frankfurt e.V., sowie aus der in dem Verfahren vorgelegten Budgetplanung des Beklagten für das Jahr 2016 ergibt, ist es nachvollziehbar, dass sich die Klägerin um eine andere wirtschaftliche Verwertung des Geländes bemühte.
29
Auch für die F.H. GmbH bestand nach den getroffenen Feststellungen ein vernünftiger Grund, das Mietverhältnis mit der Klägerin vorzeitig zu beenden. Die F.H. GmbH hatte in dem Mietvertrag weitreichende Pflichten übernommen , die zu erheblichen finanziellen Belastungen der Gesellschaft führten. Neben der Zahlung der jährlichen Miete und aller Nebenkosten (§ 3 des Mietvertrags ) hatte sich die Gesellschaft unter anderem dazu verpflichtet, auf eigene Kosten sämtliche Gebäude auf dem Mietgrundstück in Dach und Fach zu unterhalten (§ 5 Abs. 1 des Mietvertrags), sowie zur Instandsetzung von sämtlichen Beschädigungen, die anlässlich des Rennbahnbetriebs am Mietgegenstand eintreten (§ 5 Abs. 2 des Mietvertrags). Zudem verzichtete die F.H. GmbH auf alle Schadensersatzansprüche gegen die Vermieterin und verpflichtete sich zudem, die Vermieterin von allen Schadenersatzansprüchen freizustellen , die Dritte im Zusammenhang mit der Nutzung des Mietgrundstücks gegen die Vermieterin geltend machen (§ 7 des Mietvertrags). Die zur Erfüllung dieser Pflichten erforderlichen finanziellen Mittel konnte die GmbH in der Vergangenheit aus dem Rennsportbetrieb nicht erwirtschaften. Nach den getroffenen Feststellungen war auch zum Zeitpunkt der Entscheidung, den Mietaufhe- bungsvertrag abzuschließen, nicht zu erwarten, dass dies in der Zukunft anders sein würde und die F.H. GmbH durch den Rennbahnbetrieb Einnahmen erzielen könnte, die zumindest die anfallenden Kosten decken. Dass sich der Zeuge H. als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der F.H. GmbH unter diesen Voraussetzungen zur Beendigung des Mietverhältnisses entschloss, ist eine betriebswirtschaftliche Entscheidung, die nachvollziehbar ist und für sich genommen nicht als verwerflich beurteilt werden kann.
30
bb) Der F.H. GmbH stand nach § 3 Nr. 2 des Geschäftsbesorgungsvertrags auch das Recht zu, den Geschäftsbesorgungsvertrag bereits vor Ablauf der in § 3 Nr. 1 des Vertrags bestimmten Laufzeit bis 31. August 2024 zu kündigen. Die Auslegung dieser Vertragsbestimmungen durch das Berufungsgericht dahin, dass den Vertragsparteien trotz der in § 3 Nr. 1 des Geschäftsbesorgungsvertrags geregelten Laufzeit bis zum 31. August 2024 ein Recht zur ordentlichen Kündigung zum 30. Juni oder 31. Dezember eines jeden Jahres zustehen sollte, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
31
(1) Die Auslegung von Individualvereinbarungen ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Dessen Auslegung ist für das Revisionsgericht bindend, wenn sie rechtsfehlerfrei vorgenommen worden ist und zu einem vertretbaren Auslegungsergebnis führt, auch wenn ein anderes Auslegungsergebnis möglich erscheint. Die Auslegung durch den Tatrichter kann deshalb vom Revisionsgericht grundsätzlich nur darauf überprüft werden, ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt worden ist, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, sonstige Erfahrungssätze oder die Denkgesetze verletzt sind oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht (vgl. Senatsurteile vom 15. Oktober 2014 - XII ZR 111/12 - NZM 2015, 211 Rn. 38 mwN und BGHZ 195, 50 = NJW 2013, 44 Rn. 21 f. mwN).
32
(2) Die Auslegung von § 3 Nr. 2 des Geschäftsbesorgungsvertrags durch das Berufungsgericht enthält keinen solchen relevanten Auslegungsfehler. Die Revision des Beklagten rügt insoweit ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe anerkannte Grundsätze der Vertragsauslegung missachtet.
33
(a) Die Revision des Beklagten macht geltend, das Berufungsgericht habe die Reihenfolge der beiden Nummern des § 3 des Geschäftsbesorgungsvertrags verkannt und deshalb den anerkannten Auslegungsgrundsatz missachtet, dass dasjenige Verständnis vorzuziehen sei, bei dem einer Vertragsnorm tatsächliche Bedeutung zukomme, wenn sich die Regelung bei anderweitiger Auslegung als ganz oder teilweise sinnlos erweisen würde (vgl. BGH Urteil vom 7. März 2005 - II ZR 194/03 - NJW 2005, 2618, 2619).
34
Damit kann die Revision des Beklagten nicht durchdringen. Das Berufungsgericht hat insoweit ausgeführt, dass die in § 3 des Geschäftsbesorgungsvertrags getroffenen Regelungen einerseits zur Vertragslaufzeit bis zum 31. August 2024 und andererseits zu dem Recht beider Vertragsparteien, den Geschäftsbesorgungsvertrag halbjährlich mit einer Frist von zwei Monaten zum Halbjahresende zu kündigen, nicht widersprüchlich seien. Die beiden Bestimmungen könnten in dem Sinn verstanden werden, dass der Vertrag spätestens zum 31. August 2024 endet, wenn er nicht zuvor von einer der beiden Vertragsparteien gekündigt worden sei. Dieses Auslegungsergebnis ist vertretbar und aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung der Revision des Beklagten ist bei diesem Verständnis der in § 3 des Geschäftsbesorgungsvertrags getroffenen Regelungen zur Laufzeit des Vertrags das in § 3 Nr. 2 enthaltene Kündigungsrecht auch nicht sinnlos. Zwar ist in § 3 Nr. 1 zunächst eine feste Laufzeit des Vertrags bis 31. August 2024 vereinbart und das Kündigungsrecht erst in Nr. 2 der Vertragsklausel geregelt. Doch trotz dieses Aufbaus der Regelung kann die vereinbarte Vertragslaufzeit als eine Höchst- laufzeit verstanden werden, zu der der Geschäftsbesorgungsvertrag spätestens enden soll, falls er nicht zuvor von einer der Vertragsparteien gekündigt worden ist. Diese Auslegung ist auch damit vereinbar, dass die in § 3 Nr. 1 des Geschäftsbesorgungsvertrags bestimmte Vertragslaufzeit der in dem Mietvertrag zwischen der Klägerin und der F.H. GmbH vereinbarten Laufzeit entspricht. Denn dadurch wird sichergestellt, dass der Geschäftsbesorgungsvertrag spätestens zu dem Zeitpunkt endet, zu dem die in § 4 des Mietvertrags enthaltene Verpflichtung der F.H. GmbH, Rennsportveranstaltungen auf dem Mietgrundstück durchzuführen, entfällt. Würde das in § 3 Nr. 2 des Geschäftsbesorgungsvertrags geregelte Kündigungsrecht dagegen erst nach Ablauf der in Nr. 1 der Klausel festgelegten Laufzeit eingreifen, liefe das Kündigungsrecht leer. Anders als der zwischen der Klägerin und der F.H. GmbH abgeschlossene Mietvertrag enthält der Geschäftsbesorgungsvertrag auch keine Verlängerungsoption , so dass er jedenfalls am 31. August 2024 beendet worden wäre. Für ein zeitlich erst danach geltendes Kündigungsrecht bestünde daher kein Bedürfnis.
35
(b) Soweit das Berufungsgericht zu der Auffassung gelangt ist, für die Ausübung des in § 3 Nr. 2 des Geschäftsbesorgungsvertrags geregelten Kündigungsrechts bestünden keine weiteren Einschränkungen, ist dies ebenfalls revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
36
Das Berufungsgericht hat bei der Auslegung zu Recht zunächst an den Wortlaut von § 3 Nr. 2 des Geschäftsbesorgungsvertrags angeknüpft (vgl. BGH Urteil vom 7. Februar 2002 - I ZR 304/99 - NJW 2002, 3248, 3249 mwN), der für die Ausübung des Kündigungsrechts keine weiteren Voraussetzungen vorsieht. Unter Beachtung des anerkannten Auslegungsgrundsatzes, dass die Auslegung von Willenserklärungen nicht an deren Buchstaben haften darf, sondernd der wirklich erklärte Wille zu erforschen ist (vgl. BGH Urteil vom 7. Feb- ruar 2002 - I ZR 304/99 - NJW 2002, 3248, 3249 mwN), hat es sich danach die Frage gestellt, ob ein übereinstimmender Parteiwille festgestellt werden kann, der auf eine Einschränkung des Kündigungsrechts schließen lässt. Damit hat es auch erkannt, dass selbst ein klarer und eindeutiger Wortlaut einer Erklärung keine Grenze für die Auslegung anhand der Gesamtumstände bildet (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2002 - XII ZR 281/99 - NJW 2002, 1260, 1261 mwN). Auf der Grundlage dieser Auslegungsgrundsätze konnte das Berufungsgericht unter Berücksichtigung des gesamten Prozessstoffes und des Ergebnisses der durchgeführten Beweisaufnahme einen entsprechenden übereinstimmenden Parteiwillen nicht feststellen. Hiergegen ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern.
37
Soweit die Revision des Beklagten dagegen einwendet, das Berufungsgericht habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Geschäftsbesorgungsvertrags alle beteiligten Personen das gemeinsame Ziel der Fortsetzung des Rennbahnbetriebs verfolgt hätten und daher übereinstimmend davon ausgegangen seien, dass eine vorzeitige Kündigung des Geschäftsbesorgungsvertrags nur zur Verfolgung dieses Ziels und daher nur unter engen Voraussetzungen zulässig sein sollte, kann sie damit nicht durchdringen. Zwar hat der Zeuge H. bei seiner Vernehmung durch das Berufungsgericht angegeben, dass er mit dem in § 3 Nr. 2 des Geschäftsbesorgungsvertrags vereinbarten Kündigungsrecht aufgrund der Erfahrungen mit den in Insolvenz geratenen Vorgängervereinen des Beklagten ein Instrument in der Hand haben wollte, um notfalls die Reißleine ziehen zu können, falls der Beklagte wirtschaftlich unvernünftig handeln und damit die Existenz des Pferderennsports in Frankfurt am Main gefährden würde. Entgegen der Auffassung der Revision des Beklagten zwingen diese Angabe des Zeugen H., die letztlich nur seine Motivation für die Aufnahme des Kündigungsrechts in den Geschäftsbesorgungsvertrag beschreiben, nicht zu dem Schluss, dass das Kündigungs- recht entgegen dem Wortlaut des § 3 Nr. 2 des Geschäftsbesorgungsvertrags von weiteren Voraussetzungen abhängig sein sollte.
38
Auch die zusätzlichen Ausführungen des Berufungsgerichts, insbesondere zur Bedeutung des Schreibens des Zeugen D. an den Zeugen L. vom 19. September 2014 und der Äußerung des Zeugen H. gegenüber dem Zeugen L. im Sommer 2014, lassen keine Rechtsfehler erkennen. Soweit die Revision des Beklagten meint, hieraus würden sich ausreichende Anhaltspunkte für eine Auslegung des § 3 Nr. 2 des Geschäftsbesorgungsvertrags ergeben, wonach das Kündigungsrecht inhaltlich beschränkt sein sollte, setzt sie in unzulässiger Weise ihre Bewertung des Beweisergebnisses an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts.
39
Schließlich hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen, dass auch das objektive Interesse der Parteien eine Auslegung des § 3 Nr. 2 des Geschäftsbesorgungsvertrags dahingehend, dass das Kündigungsrecht nur ausgeübt werden darf, wenn spezifisch rennsportbezogene Gründe dies rechtfertigen , nicht gebietet. Zwar dürften die beteiligten Parteien zum Zeitpunkt des Abschlusses des Miet- und des Geschäftsbesorgungsvertrags tatsächlich die gemeinsame Vorstellung verfolgt haben, durch diese Neugestaltung der Vertragsbeziehungen den Rennbahnbetrieb langfristig erhalten zu können. Das Berufungsgericht hat bei seinen Auslegungserwägungen jedoch zu Recht berücksichtigt , dass jedenfalls die F.H. GmbH im Hinblick auf die Erfahrungen aus dem defizitären Rennbahnbetrieb in den vergangenen Jahren, ein nachvollziehbares Interesse daran hatte, den Geschäftsbesorgungsvertrag auch vor der vereinbarten Höchstlaufzeit beenden zu können. Dafür spricht auch der Nachtrag 01 vom 14. Mai 2013 zum Geschäftsbesorgungsvertrag, in dem zur Klarstellung der in § 4 des Geschäftsbesorgungsvertrags getroffenen Vergütungsregelung ausdrücklich vereinbart wurde, dass die an den Beklagten zu zahlen- de Vergütung nur aus den von der F.H. GmbH erwirtschafteten Überschüssen geleistet werden kann und, sofern die F.H. GmbH keine Überschüsse erwirtschaften kann, der Zeuge H. persönlich zur Erfüllung des Geschäftsbesorgungsvertrags eintritt. Auch aus dieser Nachtragsvereinbarung wird deutlich, dass nach der Vorstellung der Vertragsparteien das wirtschaftliche Risiko des Rennbahnbetriebs von der F.H. GmbH und dem Zeugen H. getragen werden sollte.
40
(3) Das Berufungsgericht hat damit rechtsfehlerfrei § 3 Nr. 2 des Geschäftsbesorgungsvertrags dahingehend ausgelegt, dass der F.H. GmbH ein uneingeschränktes Kündigungsrecht zustand. Folglich hätte die F.H. GmbH zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietaufhebungsvertrags den Geschäftsbesorgungsvertrag mit Wirkung zum 31. Dezember 2014 kündigen können. Deshalb führte der Mietaufhebungsvertrag nicht zu einer wesentlichen Verschlechterung der Rechtsstellung des Beklagten, zumal sich die Klägerin in dem Mietaufhebungsvertrag verpflichtete, dem Beklagten ein Angebot zum Abschluss eines Nutzungsvertrags zu unterbreiten, das den Beklagten zur unentgeltlichen Nutzung des Rennbahngeländes bis zum 31. Dezember 2015, also weit über den nächstmöglichen Kündigungszeitpunkt hinaus, berechtigt hätte. Unter diesen Umständen stellt der Abschluss des Mietaufhebungsvertrags trotz dessen Auswirkungen auf die Rechtsstellung des Beklagten kein sittenwidriges Rechtsgeschäft dar.
41
c) Im Hinblick auf diese Möglichkeit der F.H. GmbH, den Geschäftsbesorgungsvertrag mit Wirkung zum 31. Dezember 2014 kündigen zu können, begründen auch die weiteren vom Berufungsgericht herangezogenen Umstände entgegen dessen Auffassung nicht den Vorwurf eines verwerflichen Verhaltens der Klägerin und der F.H. GmbH zum Nachteil des Beklagten.
42
aa) Das Berufungsgericht geht mehrfach in seinen Entscheidungsgründen davon aus, dass die im Jahr 2010 an den Vertragsverhandlungen beteiligten Personen gerade das besondere Interesse des insolventen Renn-Vereins F. bzw. des zu diesem Zeitpunkt noch nicht gegründeten Beklagten an der Durchführung von Renntagen verfolgt hätten. Diese Annahme wird weder von den getroffenen Feststellungen getragen noch ergibt sie sich aus dem Inhalt der abgeschlossenen Verträge. Das Berufungsgericht hat dabei die Rechtsstellung des Beklagten, die sich für ihn aus dem mit der F.H. GmbH abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag ergibt, nicht hinreichend gewürdigt.
43
Unstreitig war Anlass für eine Neuorganisation des Rennbahnbetriebs die im Jahr 2010 eingetretene Insolvenz des Renn-Vereins F., die den Verantwortlichen erneut gezeigt hatte, dass die Rennbahn in der bisherigen Art und Weise nicht kostendeckend betrieben werden konnte. Insbesondere der nachvollziehbare Wunsch der Klägerin, zukünftig einen solventen Mieter zu haben, stand einer erneuten Vermietung des Geländes an einen - noch zu gründenden - Verein entgegen. Deshalb entschlossen sich die beteiligten Personen zu einer Vermietung des Sportgeländes an eine Betreibergesellschaft, die das wirtschaftliche Risiko des Rennsportbetriebs übernehmen sollte. Dies zeigen insbesondere die in § 4 des Mietvertrags enthaltenen Regelungen zur Nutzung des Rennbahngeländes und zur Betriebsverpflichtung der F.H. GmbH, die nicht nur die Veranstaltung von Pferderennen erfassen, sondern der F.H. GmbH auch weitere Möglichkeiten zur wirtschaftlichen Nutzung des Grundstücks einräumen. Lediglich zur Erfüllung der in § 4 Nr. 1 des Mietvertrags enthaltenen Verpflichtung der F.H. GmbH, jährlich mindestens fünf Renntage zu veranstalten , war die Mitwirkung eines Vereins oder einer sonstigen Organisation notwendig , die die verbandsrechtlichen Voraussetzungen für die Durchführung von Pferderennen erfüllt. Dass die F.H. GmbH trotz der Verpflichtung, eine jährliche Mindestanzahl an Rennsportveranstaltungen durchzuführen, von den Mietver- tragsparteien als alleinige Betreiberin des Rennbahnbetriebs angesehen wurde, ergibt sich insbesondere aus der in § 4 Nr. 4 des Mietvertrags enthaltenen Regelung , wonach die F.H. GmbH zur Erfüllung ihrer vertraglichen Betriebspflicht einen entsprechenden Durchführungsvertrag mit dem Beklagten abschließen konnte. Dies erhellt, dass die vertragschließenden Parteien entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bei der Neugestaltung der Vertragsbeziehungen im Jahr 2010 nicht das Interesse verfolgten, langfristig die Existenz des Beklagten als Rennsportverein zu sichern; es sollte vielmehr ein wirtschaftlicher Betrieb der Rennbahn in Frankfurt am Main gewährleistet werden.
44
Der Geschäftsbesorgungsvertrag wurde ebenfalls nicht in der Absicht abgeschlossen, die weitere Existenz eines Rennsportvereins in Frankfurt am Main zu sichern. Dafür spricht schon, dass der Beklagte erst nach Abschluss des Mietvertrags gegründet wurde und der zwischen der F.H. GmbH und dem Beklagten abgeschlossene Geschäftsbesorgungsvertrag vom 6. Dezember 2010 nur die Verpflichtung des Beklagten enthält, die mietvertraglich von der F.H. GmbH geschuldeten Renntage gegen eine jährliche Vergütung von 216.000 € durchzuführen. Nutzungsrechte an dem Mietgegenstand waren dem Beklagten nach § 2 Nr. 2 des Vertrags nur an einem Büroraum eingeräumt, den die F.H. GmbH dem Beklagten unentgeltlich für seine Vereinszwecke zur Verfügung stellte. Zudem sollte dem Beklagten an den Renntagen kostenlos ein weiterer Raum für Mitglieder und Gäste zur Verfügung gestellt werden (§ 2 Nr. 3 des Geschäftsbesorgungsvertrags). Ein darüberhinausgehendes eigenes Recht des Beklagten, das Rennbahngelände für Vereinszwecke zu nutzen, sah der Geschäftsbesorgungsvertrag nicht vor. Damit unterschied sich die Rechtsstellung des Beklagten nach der von den Beteiligten im Jahr 2010 gewählten Vertragsgestaltung ganz wesentlich von der Rechtsstellung der bisherigen Rennsportvereine, die selbst Mieter des Rennbahngeländes waren und daher ein umfassendes eigenes Nutzungsrecht an der Galopprennbahn hatten. Eine vergleichbare Rechtsstellung, die es dem Beklagten ermöglicht hätte, über die durch den Geschäftsbesorgungsvertrag geschuldeten Rennveranstaltungen hinaus im Rahmen seines Vereinszwecks den Mietgegenstand zu nutzen und eigene Rennen oder sonstige Veranstaltungen durchzuführen, vermittelte der Geschäftsbesorgungsvertrag dem Beklagten nicht. Auch wenn der in § 2 Nr. 2 der Satzung des Beklagten vom 23. Juni 2016 unter anderem definierte Vereinszweck , Pferderennen durchzuführen, vornehmlich Veranstaltungen auf der Galopprennbahn in Frankfurt am Main erfassen sollte, konnte der Beklagte diesen Vereinszweck von vornherein nur im Rahmen seiner Verpflichtung aus § 1 Nr. 1 des Geschäftsbesorgungsvertrags verfolgen. Durch die Aufhebung des zwischen der Klägerin und der F.H. GmbH abgeschlossenen Mietvertrags wurden diese Verpflichtung des Beklagten und die Möglichkeit, dafür das vereinbarte Entgelt zu vereinnahmen, zwar gegenstandslos. Dem Beklagten stand jedoch aufgrund des Geschäftsbesorgungsvertrags weder ein Anspruch gegen die F.H. GmbH auf Durchführung der in § 1 Nr. 1 des Geschäftsbesorgungsvertrags genannten Rennsportveranstaltungen noch auf eine weitergehende Nutzung des Rennbahngeländes zu. Gegenüber der Klägerin bestanden ebenfalls keine vertraglichen Beziehungen, die den Beklagten zu einer Nutzung des Rennbahngeländes berechtigt hätten. Der in § 2 Nr. 2 der Satzung des Beklagten festgelegte Vereinszweck, Pferderennen zu veranstalten, war somit von dem Zeitpunkt der Gründung des Vereins an auf der streitgegenständlichen Galopprennbahn nur im Rahmen des kündbaren Geschäftsbesorgungsvertrags möglich. Mit der Aufhebung des Mietvertrags und dem damit verbundenen mittelbaren Wegfall der Verpflichtung des Beklagten, für die F.H. GmbH jährlich mehrere Rennsportveranstaltungen durchzuführen, haben die Klägerin und die F.H. GmbH daher nicht in verwerflicher Weise den Bestand des Beklagten gefährdet oder sogar vernichtet. Es hat sich vielmehr lediglich das Risiko verwirklicht , das durch die von den Beteiligten gewählte Vertragsgestaltung von vorn- herein für den Beklagten bestand (vgl. BGH Urteil vom 24. April 1997 - I ZR 210/94 - NJW 1998, 76, 77).
45
bb) Etwas Anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Zeuge H. zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietaufhebungsvertrags Präsident des Beklagten war und ihm in dieser Funktion Treuepflichten gegenüber dem Beklagten oblagen. Der Zeuge H. war gleichzeitig auch als Alleingesellschafter und Geschäftsführer zur Wahrung der Interessen der F.H. GmbH verpflichtet, die letztlich die Verpflichtungen aus dem Mietvertrag über das Rennbahngelände und die Verluste aus dem Rennbahnbetrieb tragen musste. Obwohl den Mitgliedern des Beklagten die Alleingesellschafter- und Geschäftsführerstellung des Zeugen H. bekannt war, unterzeichnete die damalige Präsidentin des Beklagten den Geschäftsbesorgungsvertrag und wurde der Zeuge H. im Jahr 2012 zum Präsidenten des Beklagten gewählt. Unter diesen Umständen verstieß die Entscheidung des Zeugen H. als Geschäftsführer der F.H. GmbH, sich aus dem defizitären Rennbahnbetrieb zurückzuziehen und den Mietaufhebungsvertrag zu schließen, nicht in einer so gravierenden Weise gegen die ihn als Vorstand der Beklagten treffenden Pflichten, dass der Abschluss des Mietaufhebungsvertrags als ein verwerfliches Handeln gegenüber dem Beklagten angesehen werden kann, der die Sittenwidrigkeit des Mietaufhebungsvertrags begründen würde.
46
cc) Unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände bei der im Rahmen der Prüfung des § 138 Abs. 1 BGB erforderlichen umfassenden Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck des Rechtsgeschäfts rechtfertigen auch die von der Klägerin in dem Geschäftsanteilskauf- und Mietaufhebungsvertrag vom 5. August 2014 gegenüber dem Zeugen H. eingegangenen Zahlungsverpflichtungen nicht die Annahme der Sittenwidrigkeit des Mietaufhebungsvertrags.
47
(1) Das Berufungsgericht qualifiziert die von der Klägerin nach dem notariellen Vertrag vom 5. August 2014 an den Zeugen H. zu leistende Zahlung in Höhe von insgesamt 2.980.000 € insgesamt allein als Kaufpreis für die Gesell- schaftsanteile an der F.H. GmbH, dem keine angemessene Gegenleistung entgegenstünde , zumal die Geschäftsanteile an der GmbH nach der Aufhebung des Mietvertrages wertlos geworden seien. Das Berufungsgericht sieht deshalb in dieser Zahlungsverpflichtung einen sachlich nicht gerechtfertigten verdeckten finanziellen Anreiz gegenüber dem Zeugen H., mit dem dieser unter bewusster Inkaufnahme der existenziellen Schädigung des Beklagten zu einem Vertragsbruch diesem gegenüber verleitet worden sei.
48
Soweit mit der Zahlung an den Zeugen H. ein Ausgleich für Investitionen in das Rennbahngelände gewährt werden sollte, habe der Zeuge H. hierauf keinen Anspruch gehabt. Schließlich sei durch die Zahlung dieses Geldbetrags an den Zeugen H. persönlich der Anspruch des Beklagten nach § 4 Abs. 1 des Geschäftsbesorgungsvertrags auf Auszahlung eines von der F.H. GmbH erzielten Überschusses vereitelt worden.
49
(2) Diese Annahme des Berufungsgerichts zum Zweck der von der Klägerin an den Zeugen H. zu erbringenden Zahlungen wird weder von den getroffenen Feststellungen noch vom Inhalt der geschlossenen Verträge getragen.
50
Die Auffassung des Berufungsgerichts, die von der Klägerin zu leisten- den Zahlungen von insgesamt 2.980.000 € seien allein als Kaufpreis für die Gesellschaftsanteile an der F.H. GmbH zu qualifizieren, wird vom Inhalt des notariellen Vertrags vom 5. August 2014 nicht getragen. Dort wird ausdrücklich zwischen dem Geschäftsanteilskauf- und -abtretungsvertrag (Teil I des Vertrags ) und dem Mietaufhebungsvertrag (Teil II des Vertrags) unterschieden. Auch die Vergütungsregelung in Ziffer II.4. des Vertrags trennt zwischen dem Kaufpreis für die Geschäftsanteile an der GmbH und der an den Zeugen H. zu erbringenden Ausgleichszahlung. Zwar sieht Ziffer II.4. Satz 1 des Vertrags vor, dass die Klägerin einmalig einen Betrag in Höhe von 2.980.000 € an den Zeu- gen H. zu zahlen hat. Aus dem weiteren Inhalt der Vertragsklausel wird jedoch deutlich, dass die Vertragsparteien trotzdem zwischen dem Kaufpreis für die Geschäftsanteile und dem an den Zeugen H. zu zahlenden Ausgleich für die getätigten Investitionen in das Rennbahngelände und zur Verlustabdeckung unterscheiden wollten. Dies zeigt insbesondere die in Ziffer II.4. Satz 2 des notariellen Vertrags dem Zeugen H. auferlegte Verpflichtung, über die von ihm getätigten Investitionen und Defizite nach kaufmännischen Gesichtspunkten Rechnung zu legen und die in Ziffer II.4. Satz 3 enthaltene Verpflichtung des Zeugen H. zur Rückzahlung des überschießenden Betrags, falls der Zahlungsbetrag nicht belegt wird.
51
Soweit das Berufungsgericht zur Begründung der Verwerflichkeit des Handelns der Klägerin darauf abstellt, dass die Zahlung von 2.980.000 € als Gegenleistung allein für den Erwerb der Gesellschaftsanteile im Hinblick auf deren etwaigen Verkehrswert völlig übersetzt sei, berücksichtigt es erneut nicht, dass ein beträchtlicher Teil dieser Zahlung nach dem Willen der vertragsschließenden Parteien als Ausgleichszahlung an den Zeugen H. für die von ihm in der Vergangenheit erbrachten Investitionen und Verlustabdeckungen dienen sollte und der Kaufpreis für die Gesellschaftsanteile daher nicht dem gesamten Zahlbetrag entspricht. Außerdem fehlt es für die Annahme des Berufungsgerichts , die von der Klägerin erworbenen Gesellschaftsanteile hätten nach der Aufhebung des Mietvertrags keinen wirtschaftlichen Wert mehr, an tragfähigen Feststellungen. Das Berufungsgericht hätte im Rahmen der Prüfung des § 138 Abs. 1 BGB jedoch nur bei einer ordnungsgemäßen Ermittlung des Verkehrswerts der von der Klägerin erworbenen Gesellschaftsanteile an der F.H. GmbH Schlüsse auf die Bewertung der Gegenleistung ziehen dürfen. Zur Ermittlung des Verkehrswerts der Gesellschaftsanteile hätte sich das Berufungsgericht aber entweder der Hilfe eines Sachverständigen bedienen müssen oder es hätte in den Entscheidungsgründen darlegen müssen, woraus es die Sachkenntnis bezieht, diese Bewertung selbst vornehmen zu können. Weitere Feststellungen sind jedoch insoweit nicht veranlasst. Denn das vom Berufungsgericht angenommenen Ungleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung könnte im vorliegenden Fall die Sittenwidrigkeit des Mietaufhebungsvertrags nicht begründen.
52
Schließlich führt das Berufungsgericht auch nicht aus, weshalb die F.H. GmbH nach der Aufhebung des Mietvertrags erheblichen Schadensersatzansprüchen des Beklagten aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag ausgesetzt sein sollte, in welcher Höhe derartige Schadensersatzansprüche des Beklagten bestehen sollten und inwieweit sich dies auf den Verkehrswert der Gesellschaftsanteile auswirken könnte.
53
Bei einer Gesamtwürdigung der Begleitumstände, die zum Abschluss des Mietaufhebungsvertrags geführt haben, lässt auch die Tatsache, dass der notarielle Vertrag vom 5. August 2014 nur Zahlungsansprüche des Zeugen H. persönlich beinhaltet, nicht den Schluss zu, dass sich die Klägerin damit die Bereitschaft des Zeugen H. zum Abschluss des Mietaufhebungsvertrags in einer sittlich zu missbilligen Art und Weise erkaufen wollte.
54
Wie das Berufungsgericht selbst ausführt, steht die Gegenleistung für den Verkauf der Gesellschaftsanteile an der F.H. GmbH allein dem Zeugen H. als bisherigem Inhaber der Gesellschaftsanteile und Verkäufer zu. Insoweit lässt sich daher aus der Zahlung des Kaufpreises an den Zeugen H. für die Bewertung des Verhaltens der Vertragsparteien nichts ableiten.
55
Gleiches gilt aber auch für die Ausgleichszahlung, die die Klägerin nach Ziffer II.4. des notariellen Vertrags an den Zeugen H. persönlich zu erbringen hatte. Wie sich aus dem Wortlaut dieser Vertragsbestimmung ergibt, sollte diese Zahlung dem Ausgleich aller getätigten Investitionen und zur Verlustabdeckung aller für den Rennbetrieb seit 2009 aufgetretenen Defizite dienen. Nach den getroffenen Feststellungen hat der Zeuge H. in der Vergangenheit durch den Einsatz eigener Geldmittel für eine Aufrechterhaltung des Rennsportbetriebs Sorge getragen und notwendige Investitionen auf dem Rennbahngelände (mit-)finanziert. Dies stellt der Beklagte auch nicht in Abrede. Mit der Vereinbarung dieser Ausgleichszahlung wollten die Vertragsparteien erkennbar diesem Umstand Rechnung tragen, so dass sich aus der Verpflichtung der Klägerin, diese Ausgleichszahlung an den Zeugen H. persönlich und nicht an die F.H. GmbH als Partei des Mietaufhebungsvertrags zu erbringen, nicht auf ein verwerfliches Verhalten der Klägerin schließen lässt. Ob der Zeuge H. einen Anspruch auf Ausgleich der von ihm erbrachten Investitionen gegen die Klägerin hatte, ist insoweit ohne entscheidende Bedeutung.
56
Dass mit dieser Ausgleichszahlung auch nur tatsächlich von dem Zeugen H. in der Vergangenheit erbrachte Leistungen abgegolten werden sollten, zeigt die in Ziffer II.4 Satz 2 des notariellen Vertrags enthaltene Verpflichtung des H., wonach dieser über die von ihm getätigten Investitionen und Defizite gegenüber der Klägerin nach kaufmännischen Gesichtspunkten Rechnung zu legen und gegebenenfalls die empfangenen Leistungen zurückzuzahlen hat. Aufgrund dieser Verpflichtung des Zeugen H. zur Rechnungslegung kann allein aus der Höhe der vereinbarten Ausgleichszahlung ebenfalls nicht auf ein verwerfliches Verhalten der Klägerin geschlossen werden. Ob mittlerweile tatsächlich eine solche Abrechnung erfolgt ist, kann dahinstehen. Denn für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit des Mietaufhebungsvertrags ist entscheidend, dass der Zeuge H. zu einer solchen Rechnungslegung vertraglich verpflichtet worden ist und die Höhe der an ihn gerichteten Zahlung davon abhängt, dass er seine in der Vergangenheit erbrachten Investitionen und Zahlungen belegen kann.
57
Schließlich wird entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts durch die unmittelbar an den Zeugen H. zu erbringenden Zahlungen auch nicht der Anspruch des Beklagten auf Auszahlung eines von der F.H. GmbH erwirtschafteten Überschusses aus § 4 Abs. 1 des Geschäftsbesorgungsvertrags vereitelt. Nach dieser Regelung traf die F.H. GmbH zwar die Verpflichtung, jeglichen erwirtschafteten Überschuss, soweit dieser nicht für die Bildung von Rückstellungen erforderlich ist, als Sonderzahlung an den Beklagten zu überweisen. Um einen von der F.H. GmbH erwirtschafteten Überschuss im Sinne dieser Bestimmung handelt es sich jedoch bei beiden Zahlungen nicht. Für den Kaufpreis für die Gesellschaftsanteile bedarf dies keiner weiteren Begründung. Aber auch die Ausgleichszahlung an den Zeugen H. ist kein Überschuss, der aus der Tätigkeit der F.H. GmbH im Zusammenhang mit dem Rennbahnbetrieb erwirtschaftet worden ist, da sie lediglich dem Ausgleich von Investitionen des Zeugen H. dient, die dieser persönlich erbracht hat. Daher kann dahinstehen, ob § 4 Abs. 1 des Geschäftsbesorgungsvertrags, wie die Klägerin meint, als Gewinnabführungsvertrag entsprechend § 291 AktG mangels Eintragung in das Handelsregister formunwirksam ist.
58
4. Danach kann das angegriffene Urteil keinen Bestand haben, soweit darin festgestellt wird, dass im Verhältnis zum Beklagten das Mietverhältnis zwischen der Klägerin und der F.H. GmbH gemäß Mietvertrag vom 6. September 2010 über die Pferdesportfläche gemäß den Ziffern 1 und 2 des Tenors des Urteils des Landgerichts vom 16. Dezember 2016 durch den zwischen der Klägerin und der F.H. GmbH geschlossenen Mietaufhebungsvertrag vom 6. August 2014 als nicht beendet gilt. Das Berufungsurteil war insoweit auf die Revision der Klägerin aufzuheben und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

II.

59
Die Revision des Beklagten ist unbegründet.
60
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Berufung des Beklagten zurückgewiesen , soweit er vom Landgericht zur Räumung und Herausgabe des Rennbahngeländes verurteilt worden ist. Dabei kann dahinstehen, ob - wie vom Berufungsgericht angenommen - der Geschäftsbesorgungsvertrag vom 6. Dezember 2010 wirksam gekündigt worden ist. Da der Mietaufhebungsvertrag vom 5. August 2014 nicht sittenwidrig war und damit der zwischen der Klägerin und der F.H. GmbH abgeschlossene Mietvertrag zu diesem Zeitpunkt sein Ende fand, war der Beklagte unabhängig von der Wirksamkeit einer Kündigung des Geschäftsbesorgungsvertrags schon nach § 546 Abs. 2 BGB zur Räumung und Herausgabe des Rennbahngeländes verpflichtet.
61
Nach dieser Vorschrift kann der Vermieter die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses auch von dem Dritten zurückfordern, dem der Mieter den Gebrauch der Mietsache überlassen hat. Die Voraussetzungen dieses Anspruchs sind nach der wirksamen Aufhebung des zwischen der Klägerin und der F.H. GmbH abgeschlossenen Mietvertrags erfüllt. Mit der Aufhebung des Mietvertrags ist auch die Besitzberechtigung des Beklagten an dem Gelände, die sich bis dahin nur aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag abgeleitet hat, entfallen. Zudem bestehen zwischen der Klägerin und dem Beklagten auch keine vertraglichen Beziehungen, die den Beklagten gegenüber der Klägerin zum Besitz an dem Rennbahngelände berechtigen oder einen Anspruch auf Abschluss eines Mietvertrags begründen würden (vgl. Ghassemi-Tabar/Guhling/ Weitemeyer/Krüger Gewerberaummiete § 546 BGB Rn. 48).
62
2. Die Revision des Beklagten hat im Ergebnis auch insoweit keinen Erfolg , als sie im Wege der Widerklage die Feststellung erreichen will, dass der zwischen der Klägerin und dem Zeugen H. abgeschlossene Vertrag über den Kauf der Geschäftsanteile an der F.H. GmbH vom 5. August 2014 unwirksam ist. Insoweit hat das Berufungsgericht zu Recht die Auffassung des Landgerichts bestätigt, dass dieser Feststellungsantrag unzulässig ist. Rechtsfehlerhaft ist allerdings die damit verbundene Verwerfung der Berufung des Beklagten als unzulässig.
63
a) Das Berufungsgericht hat die Unzulässigkeit der auf die Unwirksamkeit des Geschäftsanteilskaufvertrags bezogenen Zwischenfeststellungswiderklage des Beklagten damit begründet, dass es insoweit an einem Begehren auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses fehle. Sofern der Beklagte aus der Unwirksamkeit dieses Vertrags konkrete Ansprüche ableiten wolle, habe er diese mit einem Leistungsantrag geltend machen müssen. Im Übrigen kämen bezogen auf die Wirksamkeit des Geschäftsanteilserwerbs grundsätzlich mehrere Rechtsverhältnisse in Betracht, deren Bestehen oder Nichtbestehen festzustellen sein könnten. Es sei Sache des Beklagten zu formulieren, welches konkrete Begehren er mit seinem Antrag verfolgen wolle.
64
b) Diese Ausführungen halten jedenfalls im Ergebnis den Angriffen der Revision des Beklagten stand. Dieser Antrag der Feststellungswiderklage des Beklagten ist unzulässig, weil er nicht auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSv § 256 Abs. 1 und 2 ZPO gerichtet ist.
65
aa) Gegenstand einer Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO oder einer Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO kann hier nur das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses sein. Damit sind die aus einem konkreten Lebenssachverhalt entstandenen Rechtsbeziehungen von Personen zu Personen oder von Personen zu Sachen gemeint. Dabei steht der Erhebung der Feststellungsklage zwar grundsätzlich nicht entgegen, dass der Beklagte an diesem Rechtsverhältnis nicht beteiligt ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann auch ein Drittrechtsverhältnis Gegenstand einer Feststellungsklage sein (BGHZ 123, 44 = NJW 1993, 2539, 2540 mwN). Das gilt ebenso für die Zwischenfeststellungsklage, sofern das zu klärende Rechtsverhältnis für die Entscheidung der Hauptsache präjudiziell ist und die Entscheidung über den Streitgegenstand hinaus Bedeutung gewinnen kann (BGH Urteil vom 5. Mai 2011 - VII ZR 179/10 - NJW 2011, 2195 Rn. 20 mwN). Nicht zulässig sind jedoch nach der in der höchstrichterlichen Rechtsprechung gefestigten Auffassung Feststellungen zur Klärung einzelner Vorfragen oder Elemente eines Rechtsverhältnisses (BGH Urteil vom 5. Mai 2011 - VII ZR 179/10 - NJW 2011, 2195 Rn. 19 mwN).
66
bb) Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen ist die auf die Unwirksamkeit des Geschäftsanteilskaufs- und Übertragungsvertrags bezogene Zwischenfeststellungswiderklage des Beklagten unzulässig, weil sie nicht auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtet ist. Der Beklagte möchte mit diesem Antrag vielmehr ohne Bezug auf eine konkrete Rechtsbeziehung zwischen ihm und der Klägerin eine gerichtliche Entscheidung über eine Rechtsfrage erreichen. Dies kann nicht zum Gegenstand einer Feststellungs- oder Zwischenfeststellungsklage gemacht werden.
67
c) Allerdings hätte das Berufungsgericht die Berufung des Beklagten insoweit nicht als unzulässig verwerfen dürfen.
68
aa) Die Zulässigkeit der Berufung ist eine Prozessvoraussetzung, von der das gesamte weitere Verfahren nach Einlegung der Berufung, also auch noch das Verfahren in der Revisionsinstanz, in seiner Gültigkeit und Rechtswirksamkeit abhängt. Sie ist deshalb auch vom Revisionsgericht unabhängig von den Anträgen der Parteien von Amts wegen zu prüfen. Dabei hat es den für die Frage der Zulässigkeit der Berufung maßgebenden Sachverhalt selbständig festzustellen und zu würdigen, ohne an Feststellungen des Berufungsgerichts gebunden zu sein (BGH Urteil vom 10. Februar 2011 - III ZR 338/09 - NJW 2011, 926 Rn. 7 mwN).
69
Hier hat das Berufungsgericht in dem angegriffenen Urteil nicht begründet , warum es die Berufung des Beklagten für unzulässig hält, soweit sich das Rechtsmittel gegen die Abweisung der Widerklage richtet. Fehlende Zulässigkeitsvoraussetzungen ergeben sich aus dem Akteninhalt nicht. Die Berufung ist vielmehr gemäß § 511 Abs. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
70
bb) Von einer Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgerichtist abzusehen, weil Entscheidungsreife im Sinne des § 563 Abs. 3 ZPO gegeben ist. Das angefochtene Urteil ist auf die Revision der Klägerin lediglich dahin zu ändern, dass die Berufung des Beklagten gegen die landgerichtliche Entscheidung insoweit nicht verworfen, sondern zurückgewiesen wird. Dose Klinkhammer Schilling Günter Krüger
Vorinstanzen:
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 16.12.2016 - 2-12 O 437/15 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 27.07.2017 - 2 U 174/16 -
BESCHLUSS
XII ZR 76/17
vom
19. April 2018
in dem Rechtsstreit


ECLI:DE:BGH:2018:190418BXIIZR76.17.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. April 2018 durch den
Vorsitzenden Richter Dose, die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Schilling und
Dr. Günter und die Richterin Dr. Krüger
beschlossen:

Das Senatsurteil vom 18. April 2018 wird wegen einer offensichtlichen
Unrichtigkeit dahin berichtigt, dass im Entscheidungsausspruch
der zweite Absatz entfällt und der Tenor daher wie folgt
lautet:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 27. Juli 2017 aufgehoben
, soweit zum Nachteil der Klägerin entschieden wurde. Insoweit
wird die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der
12. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 16. Dezember
2016 zurückgewiesen.


Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 2. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 27. Juli 2017 wird
zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.

Dose Klinkhammer Schilling
Günter Krüger


Vorinstanzen:
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 16.12.2016 - 2-12 O 437/15 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 27.07.2017 - 2 U 174/16 -
BESCHLUSS
XII ZR 76/17
vom
25. Juli 2018
in dem Rechtsstreit


ECLI:DE:BGH:2018:250718BXIIZR76.17.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Juli 2018 durch den
Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Schilling,
Dr. Günter und Guhling
beschlossen:

Das Senatsurteil vom 18. April 2018 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses
vom 19. April 2018 wird wegen einer offensichtlichen
Unrichtigkeit im zweiten Absatz berichtigt und insgesamt
wie folgt neu gefasst:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 27. Juli 2017 aufgehoben
, soweit zum Nachteil der Klägerin entschieden wurde. Insoweit
wird die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der
12. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom
16. Dezember 2016 zurückgewiesen.
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 2. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 27. Juli 2017 wird
mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Berufung des Beklagten
gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt
am Main vom 16. Dezember 2016 insgesamt zurückgewiesen
wird.
Der Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Die Anhörungsrüge des Beklagten gegen das Senatsurteil vom
18. April 2018 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

1
Die gemäß § 321 a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge ist nicht begründet.
2
Der Beklagte rügt ohne Erfolg, der Senat habe bei den Ausführungen in den Randnummern 28, 39 und 55 seines Urteils vom 18. April 2018 den substantiierten
Sachvortrag des Beklagten, wonach der Rennbahnbetrieb nicht defizitär
gewesen sei, vollständig übergangen und damit dessen Anspruch auf
rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
3
1. Die Gerichte sind nach Art. 103 Abs. 1 GG zwar verpflichtet, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen.
Grundsätzlich ist aber davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene
Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung
gezogen hat (BVerfG Beschluss vom 24. Februar 2009 - 1 BvR
189/09 - juris Rn. 9). Das Gericht muss sich nicht mit jedem Vorbringen der
Prozessbeteiligten in den Entscheidungsgründen ausdrücklich befassen. Ein
Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt nur dann vor, wenn im Einzelfall besondere
Umstände deutlich machen, dass das Vorbringen der Beteiligten entweder
überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung ersichtlich
nicht erwogen worden ist, etwa wenn das Gericht auf den wesentlichen Kern
des Vortrags einer Partei zu einer zentralen Frage des Verfahrens in den Entscheidungsgründen
nicht eingeht, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt
des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war
(BVerfGE 96, 205 216 f. = NJW 1997, 2310, 2312; BVerfG MDR 2013, 1113
Rn. 15 mwN; vgl. auch Senatsbeschluss vom 21. März 2018 - XII ZR 98/17 -
juris Rn. 7 mwN).
4
2. Gemessen hieran liegt eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs durch das angegriffene Senatsurteil nicht vor.
5
a) Der Beklagte begründet die Anhörungsrüge damit, dass der Senat den im Berufungsverfahren gehaltenen und durch die Vorlage der entsprechenden
Abrechnungen belegten Vortrag übergangen habe, wonach bei den in den Jahren
2011 bis 2015 durchgeführten Renntagen jeweils ein Überschuss erwirtschaftet
worden sei. Da das Berufungsgericht diesem substantiierten Sachvortrag
nicht nachgegangen sei, habe revisionsrechtlich zugunsten des Beklagten
unterstellt werden müssen, dass der Rennbetrieb seit Jahren nicht defizitär gewesen
sei. Dies habe der Senat bei der seine Entscheidung mehrfach tragenden
gegenteiligen Annahme, der Rennbetrieb sei seit Jahren defizitär gewesen,
unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht berücksichtigt.
6
b) Der gerügte Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt nicht vor.
7
Der Senat hat bei seiner Entscheidung das als übergangen gerügte Vorbringen des Beklagten zu den Ergebnissen der in den Jahren 2011 bis 2015
durchgeführten Renntagen zur Kenntnis genommen, ihm aber keine entscheidungserhebliche
Bedeutung zugemessen. Er hat vielmehr auf die unstreitige
Tatsache abgestellt, dass bereits die früheren Rennsportvereine Insolvenz anmelden
mussten und daher schon in der Zeit vor der Gründung der Beklagten
der Betrieb der Rennbahn über viele Jahre hinweg nicht kostendeckend war.
Daraus und aus der im Verfahren vorgelegten Budgetplanung für das Jahr 2016
hat der Senat den Schluss gezogen, dass der Rennbahnbetrieb auch weiterhin
nicht wirtschaftlich geführt werden kann und die Klägerin ein berechtigtes Interesse
an einer anderweitigen Verwertung des Grundstücks hat. Der von dem
Beklagten als übergangen gerügte Vortrag zu den Ergebnissen der in den Jahren
2011 bis 2015 durchgeführten Renntage war nicht geeignet, diese Schlussfolgerung
in Zweifel zu ziehen. Dieser Vortrag beschränkt sich auf die an den
einzelnen Renntagen erzielten Überschüsse und nimmt nicht die Gesamtkosten
des Rennbahnbetriebs in den Blick. Denn auch durch die bei diesen Renntagen
erzielten Ergebnisse stünde nicht fest, ob ein wirtschaftlicher Betrieb der Rennbahn
- insbesondere unter Berücksichtigung der laufenden Kosten für den Unterhalt
und für notwendige Investitionen - insgesamt gewährleistet wäre.
Dose Klinkhammer Schilling
Günter Guhling
Vorinstanzen:
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 16.12.2016 - 2-12 O 437/15 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 27.07.2017 - 2 U 174/16 -

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher


(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. (2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen W

Zivilprozessordnung - ZPO | § 511 Statthaftigkeit der Berufung


(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt. (2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn1.der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder2.das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 311 Rechtsgeschäftliche und rechtsgeschäftsähnliche Schuldverhältnisse


(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt. (2) Ein Schuldverhä

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 985 Herausgabeanspruch


Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 546 Rückgabepflicht des Mieters


(1) Der Mieter ist verpflichtet, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben. (2) Hat der Mieter den Gebrauch der Mietsache einem Dritten überlassen, so kann der Vermieter die Sache nach Beendigung des Mietverhältnisses auch

Aktiengesetz - AktG | § 291 Beherrschungsvertrag. Gewinnabführungsvertrag


(1) Unternehmensverträge sind Verträge, durch die eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien die Leitung ihrer Gesellschaft einem anderen Unternehmen unterstellt (Beherrschungsvertrag) oder sich verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an

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(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch

1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen,
2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder
3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.

(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.

(1) Der Mieter ist verpflichtet, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben.

(2) Hat der Mieter den Gebrauch der Mietsache einem Dritten überlassen, so kann der Vermieter die Sache nach Beendigung des Mietverhältnisses auch von dem Dritten zurückfordern.

Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

7
a) Ob das vom Berufungsgericht festgestellte Verhalten des K. als sittenwidrig anzusehen ist, ist eine Rechtsfrage, die der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. Senatsurteile vom 4. Juni 2013 - VI ZR 288/12, VersR 2013, 1144 Rn. 14; vom 25. März 2003 - VI ZR 175/02, BGHZ 154, 269, 274 f., jeweils mwN).
14
aa) Die Qualifizierung eines Verhaltens als sittenwidrig ist eine Rechtsfrage , die der uneingeschränkten Kontrolle durch das Revisionsgericht unterliegt (Senatsurteile vom 25. März 2003 - VI ZR 175/02, BGHZ 154, 269, 274 f. mwN; vom 13. Juli 2003 - VI ZR 136/03, VersR 2004, 1273, 1275 und vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 248/08, juris Rn. 12 f.). Ein Verhalten ist sittenwidrig, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (st. Rspr. seit RGZ 48, 114, 124). In diese rechtliche Beurteilung ist einzubeziehen , ob es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist (BGH, Urteile vom 6. Mai 1999 - VII ZR 132/97, BGHZ 141, 357, 361 mwN; vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, BGHZ 160, 149, 157; vom 14. Mai 1992 - II ZR 299/90, WM 1992, 1184, 1186 mwN und vom 19. Juli 2004 - II ZR 217/03, NJW 2004, 2668, 2670). Ein Unterlassen verletzt die guten Sitten nur dann, wenn das geforderte Tun einem sittlichen Gebot entspricht. Hierfür reicht die Nichterfüllung einer allgemeinen Rechtspflicht, aber auch einer vertraglichen Pflicht nicht aus. Es müssen besondere Umstände hinzutreten, die das schädigende Verhalten wegen seines Zwecks oder wegen des angewandten Mittels oder mit Rücksicht auf die dabei gezeigte Gesinnung nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als "anständig" Geltenden verwerflich machen (vgl. Senatsurteile vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 124/09, VersR 2010, 1659 Rn. 12 und - vom selben Tag - VI ZR 248/08, juris Rn. 13 jeweils mwN und vom 20. November 2012 - VI ZR 268/11, VersR 2013, 200 Rn. 25). Ein solches Unwerturteil rechtfertigt das Verhalten der Beklagten gegenüber der Klägerin nicht.
7
a) Ob das vom Berufungsgericht festgestellte Verhalten des K. als sittenwidrig anzusehen ist, ist eine Rechtsfrage, die der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. Senatsurteile vom 4. Juni 2013 - VI ZR 288/12, VersR 2013, 1144 Rn. 14; vom 25. März 2003 - VI ZR 175/02, BGHZ 154, 269, 274 f., jeweils mwN).
14
aa) Die Qualifizierung eines Verhaltens als sittenwidrig ist eine Rechtsfrage , die der uneingeschränkten Kontrolle durch das Revisionsgericht unterliegt (Senatsurteile vom 25. März 2003 - VI ZR 175/02, BGHZ 154, 269, 274 f. mwN; vom 13. Juli 2003 - VI ZR 136/03, VersR 2004, 1273, 1275 und vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 248/08, juris Rn. 12 f.). Ein Verhalten ist sittenwidrig, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (st. Rspr. seit RGZ 48, 114, 124). In diese rechtliche Beurteilung ist einzubeziehen , ob es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist (BGH, Urteile vom 6. Mai 1999 - VII ZR 132/97, BGHZ 141, 357, 361 mwN; vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, BGHZ 160, 149, 157; vom 14. Mai 1992 - II ZR 299/90, WM 1992, 1184, 1186 mwN und vom 19. Juli 2004 - II ZR 217/03, NJW 2004, 2668, 2670). Ein Unterlassen verletzt die guten Sitten nur dann, wenn das geforderte Tun einem sittlichen Gebot entspricht. Hierfür reicht die Nichterfüllung einer allgemeinen Rechtspflicht, aber auch einer vertraglichen Pflicht nicht aus. Es müssen besondere Umstände hinzutreten, die das schädigende Verhalten wegen seines Zwecks oder wegen des angewandten Mittels oder mit Rücksicht auf die dabei gezeigte Gesinnung nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als "anständig" Geltenden verwerflich machen (vgl. Senatsurteile vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 124/09, VersR 2010, 1659 Rn. 12 und - vom selben Tag - VI ZR 248/08, juris Rn. 13 jeweils mwN und vom 20. November 2012 - VI ZR 268/11, VersR 2013, 200 Rn. 25). Ein solches Unwerturteil rechtfertigt das Verhalten der Beklagten gegenüber der Klägerin nicht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 217/03 Verkündet am:
19. Juli 2004
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein
BGB §§ 823 Abs. 2 Bf, 826 E, Gb, H
AktG § 400 Abs. 1 Nr. 1; WpHG § 15 a.F.; BörsG § 88 Abs. 1 Nr. 1 a.F.; StGB
§§ 263, 264 a
Zur Frage der persönlichen Haftung der Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft
für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen.
BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 217/03 - OLG München
LG Augsburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 12. Juli 2004 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly, Münke und
Dr. Gehrlein

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des 30. Zivilsenats - zugleich Familiensenat - des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg, vom 20. Dezember 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 19. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger machen gegen die Beklagten Schadensersatz mit der Begründung geltend, sie seien durch unzutreffende Angaben in Ad-hoc-Mitteilungen der I. AG (im folgenden: I. AG) dazu veranlaßt worden, - mittlerweile wertlos gewordene - Aktien dieser Gesellschaft zu erwerben. Der Beklagte zu 1 war Vorstandsvorsitzender , der Beklagte zu 2 stellvertretender Vorstandsvorsitzender der
I. AG, über deren Vermögen am 1. Juli 2001 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.
Die Aktien der I. AG wurden im Juli 1998 zum geregelten Markt mit Handel im Neuen Markt bei einem Emissionskurs von 27,10 € zugelassen und erreichten nach starkem Kursanstieg bereits im Februar 1999 ihren Höchststand von 318,00 €. Nach zwischenzeitlicher Halbierung dieses Wertes und schwankendem Kurs erfolgte im August 1999 ein Aktiensplit im Verhältnis 1 : 5. Nach weiterhin uneinheitlichem Verlauf stieg der Kurs im Zusammenhang mit der Cebit im Februar 2000 nochmals kurzfristig bis auf 51,00 € an, um dann nach und nach wieder abzufallen; derzeit bewegt er sich bei wenigen Cent pro Aktie.
Die I. AG veröffentlichte eine Vielzahl von Ad-hoc-Mitteilungen, u.a. am 20. Mai 1999, 13. September 1999 und 16. November 1999. Am 20. Mai 1999 gab sie bekannt, der Mobilfunkanbieter M. habe bei ihr "per Rahmenabkommen Surfstations und die zugehörigen JNT-Lizenzen geordert" ; das Auftragsvolumen betrage mindestens ca. 55 Mio. DM, wobei die Abwicklung in mehreren Chargen erfolge. Diese Ad-hoc-Mitteilung, die vom Beklagten zu 2 veranlaßt und vom Beklagten zu 1 gebilligt worden war, gab den mit der M. abgeschlossenen Vertrag nicht richtig wieder: Tatsächlich enthielt er nur eine verbindliche Bestellung über 14.000 Surfstationen mit einem Gesamtvolumen von ca. 9,8 Mio. DM; ergänzend war von M. lediglich für den Fall einer erfolgreichen Testphase die Erhöhung des Auftrags von 14.000 auf 100.000 Stationen in Aussicht gestellt worden. Erst mit einer solchen Folgebestellung - die allerdings nicht erfolgte - wäre das in der Ad-hoc-Meldung vom 20. Mai 1999 mitgeteilte Auftragsvolumen von 55 Mio. DM erreicht worden. Auf der Hauptversammlung der I. AG vom 24. Juni 1999 wurde der
Inhalt der Meldung - freilich ohne Kenntnis der Kläger - auf entsprechende Nachfrage einer Aktionärin von den Beklagten zwar richtig gestellt, jedoch wurde die falsche Mitteilung vom 22. Mai 1999 später in der Ad-hoc-Mitteilung vom 30. August 1999 wieder bestätigt. Erst durch Ad-hoc-Mitteilung vom 22. August 2000 wurde die ursprüngliche Meldung - zum Teil - widerrufen.
In einer weiteren Ad-hoc-Mitteilung vom 13. September 1999 gab die I. AG bekannt, daß die G. bei ihr per Rahmenabkommen JNT-Lizenzen und Surfstationen im Wert von rund 55 Mio. DM geordert habe. Auch diese Mitteilung war unzutreffend, da es sich insoweit nicht um einen neuen Auftrag, sondern lediglich um eine gemeinsame Vertriebsvereinbarung handelte. Dies wurde von der I. AG erst mit Ad-hoc-Mitteilung vom 29. August 2000 berichtigt. Die weitere Ad-hoc-Mitteilung vom 16. November 1999, in der über eine Bestellung von Lizenzen durch eine Firma W. D. Ltd. berichtet wurde, war - nach den Feststellungen des Berufungsgerichts - nicht unzutreffend.
Die Kläger erwarben in der Zeit zwischen 8. Februar 2000 und 17. Mai 2000 Aktien der I. AG, die sie - mit Ausnahme des Klägers zu 4 - später wieder verkauften.
Die Kläger haben vorgetragen, sie hätten die Aktien im Vertrauen auf die Richtigkeit der ursprünglichen Ad-hoc-Meldungen erworben. Als Schaden machen die Kläger zu 1 bis 3 den jeweils verbliebenen Verlust aus dem An- und Verkauf der Aktien geltend, während der Kläger zu 4 Erstattung seines Bruttoaufwandes für den Erwerb der Aktien Zug-um-Zug gegen deren Übertragung verlangt. Das Landgericht hat die Klagen abgewiesen. Die Berufungen der Klä-
ger sind erfolglos geblieben. Mit ihren - vom Oberlandesgericht zugelassenen - Revisionen verfolgen die Kläger ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revisionen der Kläger sind begründet und führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§§ 562, 563 Abs. 1 ZPO n.F.).
Das Berufungsgericht hat zwar zu Recht Schadensersatzansprüche der Kläger sowohl aus (allgemeiner) Prospekthaftung (dazu unter I.) als auch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. der Verletzung eines Schutzgesetzes (dazu unter II.) verneint. Gleichwohl hat das angefochtene Urteil keinen Bestand, weil das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB mit rechtsfehlerhafter Begründung verneint hat (dazu unter III.).
I. Schadensersatz aus Prospekthaftung
Das Berufungsgericht hat Prospekthaftungsansprüche mit der Begründung verneint, die Ad-hoc-Mitteilungen vom 20. Mai 1999 und vom 13. September 1999 seien nicht als "Prospekte" i.S. der allgemeinen Prospekthaftung anzusehen , weil sie keine vollständige Unternehmensdarstellung - wie ein Emissions - oder sonstiger (Wertpapier-)Verkaufsprospekt - enthielten. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
1. Allerdings ist schon im Ansatz zweifelhaft, ob die von der Rechtsprechung entwickelten Prospekthaftungsgrundsätze, die an ein typisiertes Vertrauen des Anlegers auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der von den Prospekt-
verantwortlichen gemachten Angaben anknüpfen (vgl. BGHZ 71, 284 u. st.Rspr.), hier überhaupt auf die Haftung der Beklagten für die von ihnen veranlaßten fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilungen (§ 15 WpHG a.F.) der I. AG - eines Unternehmens des Neuen Marktes, der ein Segment des geregelten Marktes ist (vgl. dazu Potthoff/Stuhlfauth, WM 1997, Sonderbeilage Nr. 3, S. 6 ff.) - Anwendung finden könnten. Der Senat hat bislang - anders als die Revision meint - lediglich entschieden (BGHZ 123, 106), daß die Prospekthaftungsgrundsätze auch für Prospekte gelten, mit denen für den Erwerb von Aktien außerhalb der geregelten Aktienmärkte geworben wird (vgl. aber für den Bereich der nicht zum Handel an einer inländischen Börse zugelassenen Wertpapiererstemissionen nunmehr die spezialgesetzliche Haftungsregelung nach § 13 VerkaufsprospektG (v. 13. Dezember 1990, BGBl. I, 2749) i.V.m. §§ 45 bis 48 BörsG).
2. Letztlich kann dies aber offen bleiben, weil die Ad-hoc-Mitteilungen der I. AG vom 20. Mai 1999 und vom 13. September 1999 jedenfalls nicht die an einen "Prospekt" im Sinne der Prospekthaftungsgrundsätze zu stellenden Anforderungen erfüllen.

a) Ein Prospekt stellt in der Regel die für den Anlageinteressenten wichtigste und häufigste Informationsquelle dar und bildet im allgemeinen die Grundlage seiner Anlageentscheidung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes darf ein Anleger erwarten, daß er ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt erhält, d.h. daß der Prospekt ihn über alle Umstände, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig unterrichtet (vgl. BGHZ 123, 106, 109 f.; Sen.Urt. v. 29. Mai 2000 - II ZR 280/98, NJW 2000, 3346 - jew. m.w.N.).
Diese Anforderungen kann eine Ad-hoc-Mitteilung i.S. des § 15 Abs. 1 WpHG a.F. in der Regel nicht erfüllen. Sie ist anlaßbezogen auf neue, bislang nicht veröffentlichte gewichtige Einzeltatsachen, die lediglich die bereits bekannten Informationen für den Sekundärmarkt ergänzen. Dabei erhebt die Bekanntgabe einer solchen kapitalmarktbezogenen Einzelinformation - anders als die den Primärmarkt betreffende Publizität eines (Emissions-)Prospekts - erkennbar nicht den Anspruch, eine das Publikum des Sekundärmarktes umfassend informierende Beschreibung zu sein.

b) So lag es jedenfalls hier bezüglich der beiden Ad-hoc-Mitteilungen der I. AG vom 20. Mai 1999 und 13. September 1999. Sie betrafen jeweils einzelne Geschäftsabschlüsse, die ein vollständiges Bild über sämtliche für den Aktienkauf wesentlichen Umstände der Gesellschaft und die etwa damit verbundenen Risiken ersichtlich nicht vermittelten; ebensowenig ließen die vermittelten Einzeltatsachen verläßliche Rückschlüsse über die Entwicklung der Aktie zu.
II. Schadensersatz aus Verletzung von Schutzgesetzen
Zu Recht hat das Berufungsgericht Ansprüche der Kläger aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit der Verletzung etwaiger Schutzgesetze verneint.
1. Ein Anspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15 WpHG a.F. besteht nicht.
§ 15 WpHG a.F. ist kein Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB. Normzweck des § 15 WpHG a.F. ist nach den Gesetzesmaterialien nicht der Schutz der Individualinteressen der Anleger, sondern ausschließlich die im öffentlichen
Interesse liegende Sicherung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes (vgl. insbesondere: BT-Drucks. 12/7918, S. 96, 102). Dementsprechend stellt § 15 Abs. 6 Satz 1 WpHG a.F. ausdrücklich klar, daß Verstöße gegen § 15 Abs. 1 bis 3 WpHG a.F. keine Schadensersatzpflicht des Emittenten auslösen. Das schließt eine Schutzgesetzeigenschaft des § 15 WpHG a.F. aus (h.M., vgl. BVerfG, Urt. v. 24. September 2002 - 2 BvR 742/02, ZIP 2002, 1986, 1988; Kümpel in Assmann/Schneider, WpHG 2. Aufl. § 15 Rdn. 188; Rützel, AG 2003, 69, 72; Thümmel, BB 2001, 2331, 2332; Groß, WM 2002, 477, 482; Horn, Festschrift Ulmer 2003, S. 817, 819; zur Gegenansicht: Möllers/Rotter, Ad-hocPublizität 2003, § 16 Rdn. 55).
2. Auch § 88 BörsG a.F. ist - entgegen der Ansicht der Revision - kein Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB.
Der Senat hat bislang die Frage, ob § 88 Abs. 1 Nr. 1 BörsG a.F. Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB ist, offengelassen (vgl. Urt. v. 11. November 1985 - II ZR 109/84, NJW 86, 837, 840). Er verneint sie nunmehr in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der herrschenden Meinung (vgl. BVerfG ZIP 2002, 1986, 1988 mit umfangreichen Nachw. z. Meinungsstand). Nach den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 10/318, S. 44) ist über § 88 BörsG a.F. ein Schutz des einzelnen Anlegers nicht gewollt.
Schutzgesetz ist eine Rechtsnorm nur dann, wenn sie - sei es auch neben dem Schutz der Allgemeinheit - gerade dazu dienen soll, den einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines Rechtsguts zu schützen. Dabei kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlaß des Gesetzes gerade
einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zugunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder zumindest mitgewollt hat (Sen.Urt. v. 21. Oktober 1991 - II ZR 204/90, NJW 1992, 241, 242 m.w.N.). Der Tatbestand des § 88 BörsG a.F. erfordert ein Handeln in der Absicht, auf den Börsen- oder Marktpreis von Wertpapieren einzuwirken. Wie bereits in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommt (BT-Drucks. 10/318, S. 45), steht bei § 88 BörsG a.F. allgemein die Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung an Börsen und Märkten mit ihrer für das gesamte Wirtschaftsleben weitreichenden Bedeutung im Vordergrund. § 88 BörsG a.F. bezweckt deshalb nach dem Willen des Gesetzgebers in erster Linie den Schutz der Allgemeinheit. Zwar wirkt sich der Schutz der Allgemeinheit mittelbar auch zugunsten des einzelnen Kapitalanlegers aus (vgl. BT-Drucks. aaO S. 46). Damit erstrebt das Gesetz aber noch nicht einen besonderen Schadensersatzanspruch zum Schutze (auch) der Individualinteressen des einzelnen (vgl. dazu: BGHZ 84, 312, 314; 125, 366, 374). Der dem einzelnen zustatten kommende mittelbare Schutz ist vielmehr nur eine Reflexwirkung des Gesetzes, die die zivilrechtliche Haftung nicht begründen kann (vgl. BGHZ 89, 383, 401). Die Funktion, den Anleger vor Täuschungen und Vermögensverlusten zu schützen, wurde von § 264 a StGB übernommen; diese Norm ist aufgrund ihres drittschützenden Charakters Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB (Sen.Urt. v. 21. Oktober 1991 aaO; vgl. dazu noch unten unter 5.).
3. Entgegen der Ansicht der Revision müssen weder § 15 WpHG a.F. noch § 88 BörsG a.F. aufgrund europarechtlicher Vorgaben in berichtigender Auslegung als Schutzgesetze ausgelegt werden. Der EG-Insider-Richtlinie 89/592/EWG vom 13. November 1989 (ABl Nr. L 334/30, Einleitung und Art. 13; sowie die in Art. 7 in Bezug genommene Richtlinie 79/279/EWG) oder der EGTransparenz -Richtlinie 88/627/EWG vom 12. Dezember 1988 (ABl
Nr. L 348/62) läßt sich kein Gebot entnehmen, § 15 WpHG a.F. oder § 88 Abs. 1 Nr. 1 BörsG a.F. als Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB auszugestalten (BVerfG ZIP 2002, 1986, 1989).
4. Einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG hat das Berufungsgericht zutreffend verneint, weil die unrichtigen Ad-hocMitteilungen vom 20. Mai 1999 und 13. September 1999 nicht den Tatbestand des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG erfüllen.

a) Zwar ist die Strafvorschrift des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB (einhellige Meinung: vgl. z.B. BGHZ 149, 10, 20; Otto in Großkomm./AktG, 4. Aufl. 1997, § 400 Rdn. 2 m.w.N.). § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG soll das Vertrauen potentieller Anleger und gegenwärtiger Aktionäre der Gesellschaft in die Richtigkeit und Vollständigkeit bestimmter Angaben über die Geschäftsverhältnisse schützen.

b) Die Beklagten haben jedoch durch die beiden Ad-hoc-Mitteilungen nicht die Verhältnisse der Gesellschaft "in Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand" (§ 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG) unrichtig wiedergegeben.
Unter "Übersichten über den Vermögensstand" sind alle Zusammenstellungen von Zahlenmaterialien, insbesondere alle Arten von Bilanzen zu verstehen , die einen Gesamtüberblick über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens ermöglichen (vgl. Otto aaO § 400 Rdn. 33). Darunter fallen ersichtlich nicht Ad-hoc-Mitteilungen, die - wie im vorliegenden Fall - nur jeweils einen einzelnen Geschäftsabschluß bekanntgeben.
Als "Darstellungen über den Vermögensstand" gelten nur solche Berichte , die den Vermögensstand des Unternehmens so umfassend wiedergeben, daß sie ein Gesamtbild über die wirtschaftliche Lage der Aktiengesellschaft ermöglichen und den Eindruck der Vollständigkeit erwecken. Auch das ist bei den Ad-hoc-Mitteilungen vom 20. Mai 1999 und 13. September 1999 offensichtlich nicht der Fall.
Soweit in der Literatur vereinzelt die Ansicht vertreten wird, daß sich die "Darstellungen" i.S. von § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG nicht auf den Vermögensstand beziehen müßten (Baums, Bericht der Regierungskommission "Corporate Governance" v. 10. Juli 2001, BT-Drucks. 14/7515 Rdn. 184; Möllers, Ad-hocPublizität 2003, § 12 Rdn. 85 ff.), kann dem nicht gefolgt werden. Bereits aus dem eindeutigen, einer (derartigen) Auslegung nicht zugänglichen Wortlaut der Vorschrift (vgl. Art. 103 Abs. 2 GG; dazu: BVerfGE 47, 109, 120 f.,124; 64, 389, 393 f.) ergibt sich, daß Darstellungen - genau wie in § 264 a StGB - auch den Vermögensstand betreffen müssen und nicht isoliert betrachtet werden können.
5. Auch eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264 a StGB hat das Berufungsgericht zu Recht verneint.
Zwar hat die Strafnorm drittschützenden Charakter (vgl. Sen.Urt. v. 21. Oktober 1991 - II ZR 204/90, NJW 1992, 241 f.) und ist damit Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB. Um den Tatbestand des § 264 a StGB zu erfüllen , muß u.a. die fehlerhafte Information "in Prospekten" oder "in Darstellungen oder Übersichten" über den Vermögensstand erfolgen. Die Ad-hoc-Mitteilungen der I. AG vom 20. Mai 1999 bzw. 13. September 1999 sind jedoch - wie bereits an anderer Stelle ausgeführt - weder "Prospekte" (siehe oben I. 2.) noch "Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand" (siehe oben
II. 4.). Unabhängig davon fehlte es hier an dem außerdem in § 264 a Abs. 1 StGB vorausgesetzten Zusammenhang der Tathandlung mit dem "Vertrieb von Anteilen" (Nr. 1) oder mit einem Erhöhungsangebot (Nr. 2) (vgl. dazu: Lackner, StGB 24. Aufl. § 264 a Rdn. 6).
6. Ein Anspruch der Kläger gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB scheidet nach den zutreffenden Erwägungen des Berufungsgerichts bereits deshalb aus, weil hier eine Absicht der Beklagten, sich oder einem Dritten "stoffgleich" zu Lasten des Vermögens der Kläger einen Vermögensvorteil zu verschaffen, nicht feststellbar ist. Gemäß § 263 StGB muß der Täter einen Vermögensvorteil unmittelbar aus dem Vermögen des Geschädigten in der Weise anstreben, daß dieser Vorteil "die Kehrseite des Schadens" ist (BGHSt 6, 115, 116; Tiedemann in Leipziger Komm./StGB, 11. Aufl. 2000, § 263 Rdn. 256). Eine - lediglich mittelbare - Begünstigung der I. AG oder der Beklagten selbst durch einen infolge der falschen Ad-hoc-Mitteilung steigenden Aktienkurs reicht nicht aus (Möllers, Ad-hoc-Publizität, § 12 Rdn. 104; Rützel, AG 2003, 69, 73; Rodewald/Siems, BB 2001, 2437, 2440). Hinsichtlich der an den Aktienkäufen der Kläger beteiligten unbekannten Verkäufer liegt eine Bereicherungsabsicht der Beklagten fern.
III. Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB
Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht allerdings einen Schadensersatzanspruch der Kläger aus § 826 BGB verneint.
1. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Zwar seien die Ad-hoc-Mitteilungen vom 20. Mai 1999 und 13. September 1999 - anders als diejenige vom 16. November 1999 - objektiv falsch gewesen, was die Beklagten auch gewußt hätten. Es sei jedoch schon zweifelhaft, ob der auf die Verletzung des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts der Kläger gestützte Schaden ersatzfähig sei, weil diese in ein hochspekulatives Marktsegment investiert hätten. Jedenfalls fehle es insoweit an einem vorsätzlichen Handeln der Beklagten; denn es sei nicht erwiesen, daß diese es vorausgesehen hätten, daß Anleger in I. Aktien wegen des Vertrauens in die Richtigkeit der Darstellung der Ad-hoc-Mitteilungen einen Schaden, insbesondere in Form der Beeinträchtigung ihres wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts , erleiden könnten, und daß die Beklagten einen solchen Schaden billigend in Kauf genommen hätten. Angesichts der damals euphorischen Stimmung der Beklagten hinsichtlich der weiteren Unternehmensentwicklung könne auch nicht angenommen werden, sie hätten vorsätzlich sittenwidrig gehandelt. Diese Bewertung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
2. Die Beweiswürdigung ist zwar grundsätzlich Sache des Tatrichters, an dessen Feststellungen das Revisionsgericht gemäß § 559 ZPO n.F. gebunden ist. Revisionsrechtlich ist seine Würdigung jedoch darauf zu überprüfen, ob er sich mit dem Prozeßstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denk- oder Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr., vgl. z.B. BGH, Urt. v. 11. Februar 1987 - IV b ZR 23/86, BGHR ZPO § 286 Abs. 1 Revisionsrüge 1).
Danach liegt schon den - teilweise im Widerspruch zu den Feststellungen bzw. Wahrunterstellungen stehenden - Ausführungen des Berufungsgerichts zum Schaden offenbar ein unzutreffendes Verständnis des Schadensbegriffs i.S. der §§ 826, 249 ff. BGB zugrunde; darüber hinaus beruht die Verneinung der subjektiven Voraussetzungen des § 826 BGB auf einer zum Teil widersprüchlichen und unvollständigen Bewertung der objektiven Tatumstände sowie auf einer Überspannung der Anforderungen an den Vorsatz (§ 286 ZPO).

a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts waren die Ad-hocMitteilungen vom 20. Mai und vom 13. September 1999 - was die Beklagten wußten - objektiv unrichtig. Zu dem von den Klägern behaupteten Kausalzusammenhang zwischen den falschen Ad-hoc-Mitteilungen und ihren Anlageentscheidungen sowie zu ihrer Behauptung, sie hätten bei Kenntnis des wahren Sachverhalts die Aktien der I. AG nicht gekauft, hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen, sondern dies offensichtlich als wahr unterstellt.
Auf der Grundlage dieser - auch für die Revisionsinstanz maßgeblichen - Wahrunterstellung können die Kläger im Rahmen des § 826 BGB von den Beklagten nicht etwa nur - wie das Berufungsgericht offenbar meint - den Differenzschaden in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem tatsächlichen Transaktionspreis und dem Preis, der sich bei pflichtgemäßem Publizitätsverhalten der Beklagten gebildet hätte, sondern Naturalrestitution (§ 249 BGB) in Form der Erstattung des gezahlten Kaufpreises gegen Übertragung der erworbenen Aktien bzw. gegen Anrechnung des an deren Stelle getretenen Erlöses aus der Veräußerung dieser Aktien verlangen.
§ 826 BGB stellt hinsichtlich des Schadens begrifflich nicht auf die Verletzung bestimmter Rechte oder Rechtsgüter ab: Schaden ist danach nicht nur jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage, sondern darüber hinaus jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses und jede Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung (vgl. Wagner in Münch.Komm.z.BGB 4. Aufl. § 826 Rdn. 6 m.w.N.). Der Inhalt der Pflicht zum Ersatz eines solchen Schadens bestimmt sich nach den §§ 249 ff. BGB. Da im vorliegenden Fall die Ursächlichkeit der von den Beklagten namens der I. AG veranlaßten fehlerhaften beiden Ad-hoc-Mitteilungen für den Entschluß der Anleger zum Aktienerwerb als feststehend zu unterstellen ist, sind die in ihrem Vertrauen enttäuschten Anleger grundsätzlich so zu stellen, wie sie stehen würden, wenn die für die Veröffentlichung Verantwortlichen ihrer Pflicht zur wahrheitsgemäßen Mitteilung nachgekommen wären. Da sie dann - wovon ebenfalls auszugehen ist - die Aktien nicht erworben hätten, besteht die nach § 249 Abs. 1 BGB zu leistende Naturalrestitution im Geldersatz in Höhe des für den Aktienerwerb aufgewendeten Kaufpreises gegen Übertragung der erworbenen Rechtspositionen auf die Schädiger; soweit die Aktien wegen zwischenzeitlicher Veräußerung nicht mehr vorhanden sind, ist der an ihre Stelle getretene Veräußerungspreis anzurechnen.
Eine Einschränkung der Schadensersatzpflicht, wie sie das Oberlandesgericht wegen der Investition der Kläger in ein Papier des "hochspekulativen" Neuen Marktes annimmt, ist nicht berechtigt; sie steht im Widerspruch zu der als wahr zu unterstellenden Tatsache, daß die Kläger ohne die fehlerhaften Mitteilungen die Aktien der I. AG nicht erworben hätten.
Selbst unter dem Blickwinkel des Rechtswidrigkeitszusammenhangs /Schutzzwecks der Haftungsnorm ist für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen,
die auch die sonstigen Tatbestandsvoraussetzungen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung i.S. des § 826 BGB erfüllen, eine derartige Beschränkung der Rechtsfolgen zugunsten des Schädigers nicht veranlaßt. Zwar hat der Gesetzgeber in § 15 Abs. 6 Satz 1 WpHG a.F. - wie bereits ausgeführt - eine besondere Schadensersatzhaftung für die Verletzung der Ad-hoc-Publizität i.S. von § 15 Abs. 1 bis 3 WpHG a.F. ausdrücklich ausgeschlossen und damit zugleich klargestellt, daß jene Norm kein Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 1 BGB sein soll. Gemäß § 15 Abs. 6 Satz 2 WpHG a.F. bleiben jedoch ausdrücklich - schon bezogen auf den Emittenten - Schadensersatzansprüche, die auf anderen Rechtsgrundlagen beruhen, unberührt. Unter derartige allgemeine zivilrechtliche Haftungstatbestände fällt insbesondere die sittenwidrige vorsätzliche Schädigung nach § 826 BGB. Ein Haftungsausschluß in Fällen betrügerischer oder sittenwidriger Schädigung Dritter wäre - wie im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich klargestellt wurde (vgl. Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucks. 12/7918, S. 102) - mit den Grundsätzen der Rechtsordnung nicht vereinbar. Für die - ohnehin nicht ausgeschlossene - Haftung der die falschen Ad-hoc-Mitteilungen veranlassenden Vorstände als gesetzliche Vertreter des Emittenten gelten daher im Bereich des § 826 BGB ebenfalls keine generellen Beschränkungen hinsichtlich Art und Umfang des Schadensersatzes.

b) Ausgehend hiervon und von der Kenntnis der Beklagten der von ihnen veranlaßten unrichtigen Ad-hoc-Mitteilungen vom 20. Mai und vom 13. September 1999 ist die Verneinung der (weiteren) subjektiven Voraussetzungen des § 826 BGB durch das Berufungsgericht ebenfalls rechtsfehlerhaft.
Die Veröffentlichung der beiden angeblichen Geschäftsabschlüsse als Ad-hoc-Mitteilungen setzte bereits nach dem Gesetz (§ 15 Abs. 1 WpHG a.F.)
voraus, daß die mitgeteilten neuen Tatsachen "geeignet sind, den Börsenpreis der zugelassenen Wertpapiere erheblich zu beeinflussen". Da dies ohne Kaufund Verkaufsentscheidungen von individuellen Marktteilnehmern als zu erwartender Reaktion auf die Mitteilungen der meldepflichtigen Tatsachen nicht möglich ist, wissen die verantwortlichen Vorstände, daß es infolge der fehlerhaften Ad-hoc-Information zu entsprechenden Anlageentscheidungen kommen wird (so zutreffend Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1067). Kennen sie die Unrichtigkeit der Ad-hoc-Mitteilung, so wissen sie auch, daß deshalb Wertpapierkäufe auf fehlerhafter Tatsachengrundlage getätigt werden. Da beide Beklagten die Bedeutung der konkreten Ad-hoc-Mitteilungen und deren Unrichtigkeit kannten, ist - wie die Revision zutreffend geltend macht - schon nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, daß die unrichtigen Meldungen keinen anderen Zweck hatten, als dem Börsenpublikum einen gestiegenen Unternehmenswert vorzuspiegeln und den Börsenpreis positiv zu beeinflussen. Von einer bloßen Leichtfertigkeit - wie das Oberlandesgericht meint - kann ersichtlich keine Rede sein. Dagegen sprechen weitere erhebliche Umstände, die das Berufungsgericht übersehen hat. Unstreitig mußte der Beklagte zu 1 in Anwesenheit des Beklagten zu 2 in der Hauptversammlung der I. AG vom 24. Juni 1999 auf entsprechende Frage einer Aktionärin klarstellen, daß die M. am 19. Mai 1999 lediglich 14.000 JNT-Surfstationen bestellt hatte; gleichwohl bestätigten die Beklagten - anstelle einer gebotenen sofortigen Richtigstellung durch Ad-hoc-Meldung - bereits in der Ad-hoc-Mitteilung vom 30. August 1999 wieder die falsche Ursprungsmeldung vom 20. Mai 1999. Schließlich hat das Berufungsgericht auch die besonders bedeutsame Tatsache außer Betracht gelassen, daß die Beklagten in der Ad-hoc-Mitteilung vom 13. September 1999 sogar einen in vollem Umfang frei erfundenen "erneuten Mega-Deal" in Gestalt der angeblichen Order eines P.er Unternehmens über 55 Mio. DM veröffentlichten. Auch diese erneute Falschmeldung diente ersichtlich keinem an-
deren Zweck als der positiven Beeinflussung des Börsenkurses und der Irreführung des Börsenpublikums über den wirklichen Wert des Unternehmens. Soweit das Berufungsgericht den Beklagten zugute hält, die "Vertriebsvereinbarung" mit der Firma G. i.Gr. sei nicht erfunden gewesen, steht das ersichtlich im Widerspruch zu den getroffenen Feststellungen: die Ad-hocMitteilung vom 13. September 1999 referierte eben nicht eine bloße Vertriebsvereinbarung , sondern einen festen Großauftrag. Wenn das Berufungsgericht außerdem die Beklagten dadurch entlastet sieht, daß jedenfalls die Lieferung von Geräten mit der betreffenden Software auch für andere Kunden geplant gewesen sei, ist das in bezug auf die hier bedeutsamen beiden vorsätzlichen Falschmeldungen ersichtlich irrelevant.
Zudem hat das Berufungsgericht die Anforderungen an den Vorsatz überspannt.
Für den Vorsatz im Rahmen des § 826 BGB genügt ein "Eventualdolus". Dabei braucht der Täter nicht im einzelnen zu wissen, welche oder wieviele Personen durch sein Verhalten geschädigt werden; vielmehr reicht aus, daß er die Richtung, in der sich sein Verhalten zum Schaden irgendwelcher anderer auswirken könnte, und die Art des möglicherweise eintretenden Schadens vorausgesehen und mindestens billigend in Kauf genommen hat (st.Rspr., so schon RGZ 55, 60; BGH, Urt. v. 20. November 1990 - VI ZR 6/90, BGHR BGB § 826 Schädigungsvorsatz 2). Nach den Gesamtumständen besteht hier an einer vorsätzlichen Handlungsweise der Beklagten in bezug auf beide Mitteilungen kein Zweifel. Schon angesichts der bewußt falschen Meldung zweier Großaufträge innerhalb kurzer Zeit war den Beklagten bei einer Parallelwertung in der (juristischen) Laiensphäre positiv bewußt, daß dadurch u.a. die Erwerber von I.-Aktien ihre Kaufentscheidungen auf fehlerhafter Tatsachen-
grundlage trafen, die sie bei der gebotenen richtigen Information entweder überhaupt nicht oder aber nur zu anderen Konditionen getroffen hätten. Derartige Schäden als Folgen ihrer - direkt vorsätzlichen - Handlungsweise nahmen sie zumindest billigend in Kauf. Ein solcher Eventualvorsatz der Beklagten hinsichtlich der als Folge ihres Tuns erwarteten, mindestens aber für möglich gehaltenen Schäden bei den Investoren läßt sich - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht aufgrund einer lediglich euphorischen Stimmung der Beklagten in bloße Fahrlässigkeit "umqualifizieren". Nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, daß den Beklagten als u.a. für die zentrale Aufgabe der Publizität verantwortlichen Organen des Unternehmens, die über die Auswirkungen ihrer unrichtigen Ad-hoc-Information auf den Aktienmarkt Bescheid wußten, nicht durch eine (momentane) Euphorie über vermeintliche Chancen und Zukunftsperspektiven der I. AG der Verstand "vernebelt" wurde. Für die Meldung des "Phantomauftrags" vom 13. September 1999 gab es - was das Oberlandesgericht völlig übersieht - keine nachvollziehbare "Entschuldigung" ; ob anstelle dieses "Phantasievertrages" mit künftigen, noch zu werbenden Kunden vergleichbare sichere Verträge - wie sie nur vorgespiegelt worden waren - zustande gebracht werden könnten, war bloße "Zukunftsmusik". Abgesehen davon beträfe die etwaige Hoffnung oder Erwartung der Beklagten, den falsch gemeldeten Mega-Deal zu einem späteren Zeitpunkt noch zustande bringen zu können, nur die Möglichkeit einer künftigen Minderung oder wirtschaftlichen Beseitigung eines beim Anleger mit dem Aktienkauf bereits eingetretenen Vermögensschadens; das gilt insbesondere für den - wie hier - bereits dadurch entstandenen Schaden, daß der Anleger infolge der Irreführung Aktien erworben hat, die er ohne die Falschmeldung nicht erworben hätte. Eine etwaige spätere Schadenskompensation ließe aber die schon eingetretene Vollendung der vorsätzlichen Schädigung unberührt.

c) Die vorsätzliche Veröffentlichung der bewußt unwahren Ad-hocMitteilungen ist schließlich auch entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts als sittenwidrig i.S. des § 826 BGB, d.h. als "gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden" verstoßend (st.Rspr. seit RGZ 48, 114,124), anzusehen.
Freilich genügt dafür im allgemeinen die bloße Tatsache, daß der Täter gegen eine gesetzliche Vorschrift verstoßen hat, ebensowenig wie der Umstand , daß sein Handeln bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muß sich die besondere Verwerflichkeit des Verhaltens aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben. Hier wird die Verwerflichkeit allerdings bereits durch das Verhalten der Beklagten indiziert: die direkt vorsätzliche unlautere Beeinflussung des Sekundärmarktpublikums durch wiederholte grob unrichtige Ad-hoc-Mitteilungen. Ein solches Handeln verstößt derart gegen die Mindestanforderungen im Rechtsverkehr auf dem Kapitalmarkt, daß ein Ausgleich der durch sie bei den einzelnen Marktteilnehmern verursachten Vermögensschäden geboten erscheint. Eine derartige Verhaltensweise ist nicht etwa deshalb in einem milderen Licht zu sehen, weil Ad-hoc-Mitteilungen wie die vorliegende gerade in der fraglichen "euphorischen Phase" des Neuen Marktes vielfach zu Werbezwecken veröffentlicht worden sind; denn darin lag - auch im vorliegenden Fall - selbst ein Mißbrauch des Rechtsinstituts der Ad-hoc-Publizität. Mit der Veröffentlichung der beiden Mitteilungen über nicht existierende Großaufträge haben die Beklagten gezeigt, daß ihnen offensichtlich jedes Mittel recht war, um in den potentiellen Anlegern des Marktes positive Vorstellungen über den Wert des Unternehmens hervorzurufen und über die einsetzende Nachfrage den Kurs der I.-Aktie "zu pushen".
Mit der Veröffentlichung der falschen Ad-hoc-Mitteilungen verfolgten die Beklagten auch in jedenfalls objektiv unlauterer Weise "eigene Zwecke". Sie waren nämlich - was das Oberlandesgericht übersehen hat - nicht etwa unbeteiligte "Nur-Vorstände", sondern besaßen als Gründungsgesellschafter Aktien der I. AG im Millionenumfang, so daß sie von dem mit der unrichtigen Mitteilung bezweckten "Pushen" der Kurse zumindest mittelbar selbst profitierten. In diesem Zusammenhang weist die Revision zutreffend darauf hin, daß die Beklagten aus - wenn auch nicht mit den hier inkriminierten Meldungen unmittelbar zusammenhängenden - unstreitigen Verkäufen eigener Aktienpakete Anfang des Jahres 1999 jeweils knapp 29 Mio. DM und im Juli 2000 jeweils ca. 500.000,00 DM erlösten. Bereits daraus läßt sich entnehmen, daß ihnen bewußt war, daß eine durch die unrichtigen Ad-hoc-Mitteilungen bewirkte Kurssteigerung zu einer Wertsteigerung der eigenen Beteiligung an der I. AG führen würde. Vorrangiges Ziel oder gar Endziel ihrer ungesetzlichen Handlungsweise mußten solche "eigenen Zwecke" im Rahmen des § 826 BGB nicht sein.
III. Aufgrund der aufgezeigten Rechtsfehler unterliegt das angefochtene Urteil der Aufhebung. Mangels Endentscheidungsreife ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird in der neuen mündlichen Verhandlung die bislang fehlenden Feststellungen zur Kausalität der fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilungen für die jeweiligen Kaufentscheidungen der Kläger und den daraus resultierenden Schaden nachzuholen haben.
Insoweit weist der Senat auf folgendes hin:
Da es sich jeweils um individuelle Willensentscheidungen der einzelnen Anleger handelt, wird das Berufungsgericht sich mit den hierzu vorgetragenen
Einzelumständen auseinanderzusetzen und ggf. zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen für eine Parteivernehmung gemäß § 448 ZPO jeweils erfüllt sind (vgl. dazu BGHZ 110, 363, 366).
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, daß den Klägern hinsichtlich der behaupteten Kausalität der falschen Ad-hoc-Mitteilungen für ihren individuellen Willensentschluß zum Erwerb von I.-Aktien kein Beweis des ersten Anscheins für das Bestehen einer sog. Anlagestimmung zugute kommt. Auch die von der Rechtsprechung zur Prospekthaftung nach dem Börsengesetz alter Fassung entwickelten Grundsätze über den Anscheinsbeweis bei Vorliegen einer Anlagestimmung (vgl. dazu BGHZ 139, 225, 233 m.w.N.) lassen sich nicht ohne weiteres auf die Deliktshaftung nach § 826 BGB im Hinblick auf fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen i.S. des § 15 Abs. 1 bis 3 WpHG a.F. übertragen. Zwar ist denkbar, daß sich im Einzelfall - je nach Tragweite der Information - aus positiven Signalen einer Ad-hoc-Mitteilung auch eine (regelrechte) Anlagestimmung für den Erwerb von Aktien entwickeln kann. Zur genauen Dauer einer solchen denkbaren Anlagestimmung lassen sich aber ebenso wenig - wenn nicht sogar weniger - verläßliche, verallgemeinerungsfähige Erfahrungssätze aufstellen wie für den Bereich der Emissionsprospekte. Als gesichert kann allenfalls gelten, daß eine derartige Anlagestimmung nicht unbegrenzt ist und daß die Wirkung von positiven Informationen mit zeitlichem Abstand zur Veröffentlichung abnimmt. Auch die durch eine positive Ad-hoc-Meldung verursachte Anlagestimmung endet jedenfalls dann, wenn im Laufe der Zeit andere Faktoren für die Einschätzung des Wertpapiers bestimmend werden, etwa eine wesentliche Änderung des Börsenindex, der Konjunkturein schätzung oder aber neue Unternehmensdaten, wie z.B. ein neuer Jahresabschluß, ein Halbjahresoder Quartalsbericht oder aber eine neue Ad-hoc-Mitteilung (vgl. schon BGHZ 139, 225, 234 für den Bereich der Börsenprospekte). Das reicht aber ange-
sichts der vielfältigen kursbeeinflussenden Faktoren des Kapitalmarkts einerseits und der Uneinheitlichkeit der individuellen Willensentscheidungen der einzelnen Marktteilnehmer andererseits nicht aus, um für die Dauer solcher Anlagestimmungen als Folge von Ad-hoc-Mitteilungen eine "an der Typik auszurichtende , durch wissenschaftliches Experiment oder vielfache Beobachtung und ständige Erfahrung des täglichen Lebens bestätigte und darum besonders überzeugungskräftige Wahrscheinlichkeit" (vgl. Steffen in BGB-RGRK, 12. Aufl. § 823 Rdn. 512) - wie für einen Anscheinsbeweis erforderlich - anzunehmen. Bei der Beurteilung, wie lange eine Anlagestimmung etwa von einer Ad-hocMitteilung ausgehen kann, verbietet sich danach jede schematische, an einen bestimmten, festen Zeitraum angelehnte Betrachtungsweise. Vielmehr obliegt dem Tatrichter die Feststellung der Kausalität im Einzelfall anhand der grundsätzlich vom Kläger vorzutragenden konkreten Umstände (vgl. im übrigen Senatsurteil vom heutigen Tage in der Parallelsache II ZR 218/03, z.V.b.).
Röhricht Goette Kurzwelly
Münke Gehrlein
7
a) Ob das vom Berufungsgericht festgestellte Verhalten des K. als sittenwidrig anzusehen ist, ist eine Rechtsfrage, die der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. Senatsurteile vom 4. Juni 2013 - VI ZR 288/12, VersR 2013, 1144 Rn. 14; vom 25. März 2003 - VI ZR 175/02, BGHZ 154, 269, 274 f., jeweils mwN).

(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch

1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen,
2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder
3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.

(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

10
bb) Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen rechtsfehlerhaft ist jedoch die Annahme des Berufungsgerichts, der Übertragungsvertrag sei sit- tenwidrig. Zwar verstößt ein Vertrag, durch den die Vertragsparteien einen Dritten bewusst schädigen, gegen die guten Sitten und ist deshalb nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig (BGH, Urteil vom 18. März 1996 - II ZR 10/95, NJW-RR 1996, 869). Hierzu reicht eine gemeinsame Schädigungsabsicht (subjektiver Tatbestand) aber nicht aus. Erforderlich ist außerdem, dass der Vertrag die Rechtsstellung des Dritten tatsächlich verschlechtert (objektiver Tatbestand). Ein für den Dritten objektiv nicht nachteiliges Rechtsgeschäft erfüllt den Tatbestand des § 138 Abs. 1 BGB nicht (vgl. Soergel/Hefermehl, BGB 12. Aufl., § 138 Rn. 29).
38
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Auslegung von Individualvereinbarungen grundsätzlich Sache des Tatrichters. Dessen Auslegung unterliegt nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung dahin, ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt worden ist, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, sonstige Erfahrungs- sätze oder die Denkgesetze verletzt sind oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht (vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 2010 - XII ZR 148/07 - NJW-RR 2010, 1508 Rn. 30; BGHZ 194, 301 = NJW 2012, 3505 Rn. 14 mwN). Danach ist die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des § 3 Buchst. a) des Pachtvertrags sowie der Vergleichsvereinbarung vom 25. März 2010 aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 194/03 Verkündet am:
7. März 2005
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 133 B, 157 C, Gh, 705, 730 ff.

a) Bei nach dem Wortlaut (scheinbar) widersprüchlichen Bestimmungen eines
Gesellschaftsvertrages (hier: Übernahmerecht, Abfindungs- und Mandantenschutzklausel
in einem Steuerberatungs-Sozietäts-Vertrag) ist einer Auslegung
der Vorzug zu geben, bei welcher jeder Vertragsnorm eine tatsächliche
Bedeutung zukommt, wenn sich die Regelungen ansonsten als ganz oder
teilweise sinnlos erweisen würden.

b) Erfüllt ein Gesellschafter nach seinem Ausscheiden eine vorher entstandene
Schuld der Gesellschaft (hier: Steuerschuld) ist der Erstattungsanspruch als
unselbständiger Rechnungsposten in die Auseinandersetzungsbilanz aufzunehmen.
BGH, Urteil vom 7. März 2005 - II ZR 194/03 - OLG Hamm
LG Arnsberg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 7. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Kraemer, Dr. Strohn und
Caliebe

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 30. April 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Widerklage des Beklagten abgewiesen worden ist.
Die Anschlußrevision der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Dem Rechtsstreit liegt eine Auseinandersetzung der Parteien über wechselseitige Ansprüche aus der Beendigung einer zwischen ihnen bestehenden Steuerberaterpraxis zugrunde.
Die Parteien haben sich mit Sozietätsvertrag vom 27. Dezember 1991 zu dem gemeinsamen Betrieb einer Steuerberaterpraxis zusammengeschlossen
mit zuletzt hälftiger Gewinnbeteiligung. Im Februar/März 2001 warf der Beklagte der Klägerin eine Untreuehandlung vor. Im Hinblick auf diesen von der Klägerin bestrittenen Vorwurf hat der Beklagte der Klägerin am 13. Juli 2001 ein Schreiben übergeben, mit dem er für den 31. Juli 2001 eine Gesellschafterversammlung einberief mit dem Tagesordnungspunkt "Ausschließung der Gesellschafterin M.-H.". Dem angedrohten Ausschluß kam die Klägerin zuvor , indem sie mit Schreiben vom 27. Juli 2001 das Gesellschaftsverhältnis fristlos kündigte. Seit dem 31. Juli 2001 betreibt sie eine eigene Steuerberaterpraxis. Ebenfalls am 27. Juli 2001 schrieb sie die Mandanten der Gesellschaft an, wies auf die fristlose Kündigung und ihre neue Praxisanschrift hin und bot unter Beifügung einer Vollmacht an, weiterhin in steuerlichen Angelegenheiten zur Verfügung zu stehen.
Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage vom Beklagten die Erstattung von Zahlungen, die sie nach ihrem Ausscheiden aus der Gesellschaft auf deren Steuerschulden erbracht hat. Der Beklagte begehrt widerklagend die Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung der Klägerin für Schäden, die ihm durch die seiner Ansicht nach unberechtigte fristlose Kündigung der Klägerin sowie die Mandantenmitnahme entstanden sind.
Das Landgericht hat der Klage und - in eingeschränktem Umfang - der Widerklage stattgegeben. Auf die Berufungen der Parteien hat das Berufungsgericht die Widerklage abgewiesen und der Klage nur in Form der Feststellung, daß die gezahlten Beträge in die zu erstellende Auseinandersetzungsbilanz einzustellen seien, stattgegeben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte das Widerklagebegehren weiter. Mit der Anschlußrevision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des ihrem Zahlungsantrag stattgebenden erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Beklagten ist begründet und führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Anschlußrevision der Klägerin hat keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt: Die von der Klägerin nach ihrem Ausscheiden geleisteten Zahlungen unterlägen im Hinblick auf die zwischen den Parteien durchzuführende Auseinandersetzung ihrer gesellschaftsrechtlichen Beziehungen einer Durchsetzungssperre. Die Leistungsklage sei in ein Feststellungsbegehren, die Forderung als unselbständigen Posten in die Auseinandersetzungsrechnung einzustellen, umzudeuten und in diesem Umfang begründet.
Die Widerklage sei unbegründet, da das Wettbewerbsverbot in § 7 des Sozietätsvertrages vom 27. Dezember 1991 im Hinblick auf die Regelung in § 20 Abs. 2 (d) des Vertrages unwirksam sei.
II. Zur Revision des Beklagten:
Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Abweisung der Widerklage halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Ohne Erfolg bleibt allerdings die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe den - in der Berufungsinstanz unstreitigen - Vortrag der Parteien, ihrem Vertragsverhältnis sei der Sozietätsvertrag vom 27. Dezember 1991 zugrunde zu legen und nicht der irrtümlich vom Landgericht herangezogene Vertragsentwurf, unberücksichtigt lassen müssen.
Da unstreitiger neuer Tatsachenvortrag in der Berufungsinstanz zu berücksichtigen ist (BGH, Urt. v. 18. November 2004 - XI ZR 229/03, NJW 2005, 291, 292 f. m.w.Nachw.), war das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 ZPO gehalten, seiner Entscheidung den unstreitig das vertragliche Verhältnis der Parteien regelnden Sozietätsvertrag vom 27. Dezember 1991 zugrunde zu legen.
2. Das Berufungsgericht durfte jedoch die Frage, ob der Beklagte die Übernahme der Gesellschaft erklärt hat, eine Möglichkeit, die ihm in § 16 Abs. 3 (d) des Sozietätsvertrages für den Fall der Kündigung einer zweigliedrigen Gesellschaft eröffnet ist, nicht unentschieden lassen. Denn nur im Fall der Übernahme kommt ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Wettbewerbsverbots aus § 7 des Vertrages in Betracht. Liegt keine Übernahme vor, richtet sich die Auseinandersetzung der Parteien, bezogen auf die ehemals gemeinsamen Mandatsverhältnisse, nach § 21 des Sozietätsvertrages. Diese Regelung enthält kein Wettbewerbsverbot, sondern sieht in § 21 Abs. 3 vor, daß die Mandanten durch Rundschreiben aufzufordern sind mitzuteilen, mit welchem der Gesellschafter sie das Beratungsverhältnis fortzusetzen wünschen.

a) Hat der Beklagte die Übernahme erklärt, kommt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ein Schadensersatzanspruch des Beklagten wegen Verstoßes der Klägerin gegen das Wettbewerbsverbot in § 7 des Vertrages grundsätzlich in Betracht. § 7 des Vertrages, der ein Wettbewerbsverbot in Form einer Mandantenschutzklausel enthält, ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht wegen Widersprüchlichkeit zu § 20 Abs. 2 (d) des Vertrages unwirksam. § 7 enthält ein wirksames, nämlich ein in zeitlicher, räumlicher und gegenständlicher Hinsicht das notwendige Maß nicht überschreitendes (s. allg. zu diesen Anforderungen Sen.Urt. v. 8. Mai 2000 - II ZR 308/98, ZIP 2000,
1337, 1338 f.) vertragliches Wettbewerbsverbot. Deshalb kann ein auf die Verletzung von § 7 des Vertrages gestützter Schadensersatzanspruch nicht mit der vom Berufungsgericht herangezogenen Begründung abgelehnt werden.
aa) Zwar ist die Auslegung eines Vertrages grundsätzlich Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht prüft nur, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer acht gelassen wurde (st.Rspr., vgl. Sen.Urt. v. 8. November 2004 - II ZR 300/02, ZIP 2005, 82, 83). Gemessen hieran ist die Auslegung des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft, da sie gegen wesentliche Auslegungsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB) verstößt.
bb) Da neuer Sachvortrag nicht zu erwarten ist und weitere tatsächliche Feststellungen nicht erforderlich sind, kann der Senat die Vertragsbestimmungen selbst auslegen.
§ 7 des Vertrages trägt die Überschrift "Wettbewerbsverbot, Mandantenschutz" und lautet wie folgt:
"1. (a) Den Gesellschaftern ist es untersagt, sich außerhalb der Gesellschaft in deren Tätigkeitsbereich selbständig, unselbständig oder beratend zu betätigen, auch nicht gelegentlich oder mittelbar. ... (b) Das Wettbewerbsverbot endet zwei Jahre nach dem Ausscheiden des Gesellschafters. Es ist beschränkt auf den OFD-Bezirk und die Mandanten, die von der Gesellschaft laufend betreut werden oder in den letzten zwei Jahren vor dem Ausscheiden beraten wurden. ..."
§ 20 trägt die Überschrift "Abfindung" und lautet in Abs. 2 (d) wie folgt:
"Übernimmt der ausscheidende Gesellschafter Mandate der Gesellschaft - sei es aufgrund einverständlicher Regelung, sei es daß die Mandanten eine Fortsetzung des Mandats mit der Gesellschaft ablehnen und den Ausscheidenden zu beauftragen beabsichtigen - wird der nach Buchstabe c zu ermittelnde Wert der Mandate auf das Abfindungsguthaben angerechnet. ..." Bei seiner Auslegung hat das Berufungsgericht die gesetzlichen Regeln, wonach der objektive Sinn der Bestimmungen zu ermitteln ist, nur scheinbar beachtet. Es hat nicht genügend berücksichtigt, daß nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen ist, eine vertragliche Bestimmung solle nach dem Willen der Parteien einen bestimmten, rechtserheblichen Inhalt haben. Deshalb ist einer möglichen Auslegung der Vorzug zu geben, bei welcher der Vertragsnorm eine tatsächliche Bedeutung zukommt, wenn sich diese Regelung ansonsten als ganz oder teilweise sinnlos erweisen würde (Sen.Urt. v. 18. Mai 1998 - II ZR 19/97, WM 1998, 1535, 1536). Ein sinnvolles Nebeneinander der beiden Regelungen ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ohne weiteres möglich. Sieht - wie hier - § 20 die Zulässigkeit von Mandatsmitnahmen unter bestimmten Voraussetzungen vor, folgt daraus bei objektiver, beiderseits interessengerechter Auslegung zugleich, daß in diesen Fällen kein Wettbewerbsverstoß im Sinne des § 7 des Vertrages vorliegt. Erfüllt hingegen die Mandantenmitnahme die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 (d) nicht, liegt ein Wettbewerbsverstoß vor. Warum eine derart sinnerhaltende Auslegung dem Parteiwillen nicht entsprechen sollte, ist nicht ersichtlich.

b) Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
aa) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts enthält die Regelung in § 7 keine gemäß § 723 Abs. 3 BGB unzulässige Kündigungsbeschränkung. Es
handelt sich dabei nicht um eine Regelung, die dem fristlos Kündigenden vermögensrechtliche Verpflichtungen auferlegt, die im Ergebnis dazu führen, daß er nicht mehr frei entscheiden kann, ob er von seinem Kündigungsrecht Gebrauch macht oder nicht (siehe hierzu BGHZ 126, 226, 230 f.). Mit der Regelung sind auch im Falle der fristlosen Kündigung keine unzumutbaren vermögensrechtlichen Verpflichtungen verbunden. Der Kündigende wird ausreichend geschützt einerseits durch den Abfindungsanspruch, in dessen Ermittlung der Wert der bei der Gesellschaft verbleibenden Mandate einfließt (§ 20 Abs. 2 (c) des Vertrages), andererseits dadurch, daß er einen darüber hinausgehenden Schaden ersetzt verlangen kann, wenn das Verhalten des oder der Mitgesellschafter ursächlich für seine fristlose Kündigung war (Sen.Urt. v. 16. Februar 1967 - II ZR 171/65, WM 1967, 419; MünchKommBGB/Ulmer 4. Aufl. § 723 Rdn. 52 m.w.Nachw.).
bb) Angesichts der Wirksamkeit der Regelung in § 7 stünde dem auf die Verletzung des Wettbewerbsverbots gestützten Schadensersatzanspruch des Beklagten der Einwand des rechtsmißbräuchlichen Verhaltens entgegen, wenn er, wie die Klägerin behauptet, ihre Kündigung durch ein gegen die gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten verstoßendes Verhalten veranlaßt ("provoziert" ) hätte. Diese Möglichkeit ist, wie das Berufungsgericht im Zusammenhang mit seinen Hilfserwägungen angedeutet hat, nicht ausgeschlossen. Hierzu sind weitere Feststellungen des Berufungsgerichts erforderlich.
cc) Sollte nach ergänzender Sachaufklärung eine Übernahme der Gesellschaft durch den Beklagten nicht festgestellt werden können, kommt ein Schadensersatzanspruch wegen Verstoßes gegen § 7 nicht in Betracht, da für diesen Fall in § 21 Abs. 3 des Vertrages eine Sonderregelung ohne Wettbewerbsverbot oder Mandantenschutzklausel zwischen den Parteien getroffen worden ist.
dd) Das Berufungsgericht wird weiter zu prüfen haben, ob dem Beklagten ein Schadensersatzanspruch wegen unberechtigter fristloser Kündigung seitens der Klägerin zusteht, da der Beklagte, wie die Revision zu Recht rügt, sein Schadensersatzbegehren auch auf diesen Gesichtspunkt der vertraglichen Treuepflichtverletzung gestützt hat. Bei dieser Prüfung wird es ebenfalls das vorausgegangene, die Kündigung der Klägerin auslösende Verhalten des Beklagten zu würdigen haben.
III. Zur Anschlußrevision der Klägerin:
Die Anschlußrevision ist zulässig aber unbegründet. Das Berufungsgericht ist zu Recht von dem Bestehen einer Durchsetzungssperre hinsichtlich der Erstattungsansprüche der Klägerin ausgegangen. Hiergegen wendet sich die Anschlußrevision ohne Erfolg.
1. Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung (vgl. Sen.Urt. v. 2. Oktober 1997 - II ZR 249/96, ZIP 1997, 2120) - was auch die Anschlußrevision nicht verkennt - davon aus, daß beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Durchsetzung einzelner Forderungen grundsätzlich ausgeschlossen ist, diese vielmehr lediglich unselbständige Posten in der zu erstellenden Auseinandersetzungsbilanz darstellen. Zwar gilt dieser Grundsatz nicht ausnahmslos (siehe zu möglichen Ausnahmen Sen.Urt. v. 2. Oktober 1997 aaO S. 2121 m.w.Nachw.). Ein Ausnahmefall liegt hier entgegen der Ansicht der Anschlußrevision nicht vor. Diese will die Durchbrechung der Durchsetzungssperre damit begründen, daß die Auseinandersetzungsbilanz auf den - hier revisionsrechtlich mangels entgegenstehender Feststellungen des Berufungsgerichts zugunsten der Klägerin zu unterstellenden - Tag des Ausscheidens der Klägerin, den 31. Juli 2001, zu erstellen sei, die Zah-
lungen von der Klägerin jedoch erst Ende 2001 erbracht worden seien und daher in die Auseinandersetzungsbilanz nicht einzustellen seien.
2. Dem kann nicht gefolgt werden. Es kommt nicht auf den Zeitpunkt der Leistung der Klägerin an, sondern darauf, daß die Klägerin mit der Zahlung eine Steuerschuld der Gesellschaft aus der Zeit vor ihrem Ausscheiden beglichen hat, für die sie ebenso wie der Beklagte haftet und die daher als aus dem Gesellschaftsvermögen zu berichtigende Schuld in der Auseinandersetzungsbilanz zu berücksichtigen ist. Ein Ausgleich der Zahlung außerhalb der Auseinandersetzungsbilanz würde möglicherweise - wenn z.B. das Gesellschaftsvermögen zur Deckung der gemeinschaftlichen Schulden nicht ausreicht - dazu führen , daß die Klägerin zur Rückzahlung in Form des Verlustausgleichs verpflichtet wäre. Genau dieses Hin- und Herzahlen soll durch das Einstellen in die Bilanz vermieden werden.
Röhricht Goette Kraemer
Strohn Caliebe

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 304/99 Verkündet am:
7. Februar 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk : ja
BGHZ : ja
BGHR : ja
Unikatrahmen

a) Eine Bearbeitung eines geschützten Werkes der bildenden Kunst kann ausnahmsweise
auch dann gegeben sein, wenn dieses unverändert in ein neues
"Gesamtkunstwerk" derart integriert wird, daß es als dessen Teil erscheint.

b) Eine Beeinträchtigung der berechtigten geistigen und persönlichen Interessen
des Urhebers an seinem Werk im Sinne des § 14 UrhG setzt nicht notwendig
voraus, daß das Werk selbst verändert wird. Der Vertrieb von Kunstdrucken
eines Gemäldes in von dritter Hand bemalten Rahmen verletzt das
Urheberpersönlichkeitsrecht, wenn Bild und Rahmen von unbefangenen Betrachtern
ohne weiteres als ein "Gesamtkunstwerk" des Urhebers des Originalwerkes
angesehen werden können.

c) Zur Frage der Bemessung des Schadensersatzanspruchs wegen rechtswidriger
Verwertung der Bearbeitung und wegen Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts
in einem solchen Fall.

d) Bei der Bemessung des Schadensersatzanspruchs aus § 97 Abs. 1 Satz 2
UrhG auf Herausgabe des Verletzergewinns sind Ersatzzahlungen, die der
Verletzer deshalb an seine Abnehmer geleistet hat, weil diese am Weitervertrieb
der rechtsverletzenden Gegenstände gehindert sind, nicht abzuziehen.
BGH, Urt. v. 7. Februar 2002 - I ZR 304/99 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Februar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Pokrant und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16. November 1999 aufgehoben.
Auf die Berufung des Klägers wird das Schluûurteil des Landgerichts Frankfurt am Main - 3. Zivilkammer - vom 10. Dezember 1998 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 65.746,51 ? (= 128.589,-- DM) nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 3. Juni 1998 zu bezahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der - am 19. Februar 2000 verstorbene - Kläger, ein bekannter Künstler, hat die Bilder "Hundertwasser-Haus in Wien" und "Die vier Einsamkeiten" geschaffen. Die Beklagte vertrieb Kunstdrucke dieser Bilder in Rahmen, die nach den aufgemalten Motiven jeweils in besonderer Weise den Bildern angepaût waren. Die Beklagte war zwar befugt, die Kunstdrucke als solche zu vertreiben, besaû aber nicht die Zustimmung des Klägers für den Vertrieb der Kunstdrucke in den von Dritten gestalteten Rahmen.
Auf die Stufenklage des Klägers hat das Landgericht die Beklagte durch Teilurteil vom 2. Oktober 1997 verurteilt, es zu unterlassen, Reproduktionen der Bilder "Hundertwasser-Haus in Wien" und "Die vier Einsamkeiten" in Bildrahmen anzubieten oder zu verbreiten, deren Bemalung sich - wie im damaligen Tenor abgebildet - als Fortsetzung und Vergröûerung der Werke darstelle, sowie dazu, Auskunft darüber zu erteilen, welcher Umsatz und welcher Gewinn mit diesen Werken einschlieûlich der Bildrahmen erzielt worden sei (LG Frankfurt am Main ZUM-RD 1998, 344). Gegen diese Entscheidung hat die Beklagte Berufung eingelegt.
Nach Vergleichsverhandlungen, die sich an das landgerichtliche Teilurteil anschlossen, unterbreitete der anwaltliche Vertreter des Klägers mit Schreiben vom 9. Februar 1998 ein Vergleichsangebot, das von der Beklagten - vertreten durch ihre Rechtsanwältin - durch Unterzeichnung des Schreibens angenommen wurde. Die Vereinbarung hat in ihren Abschnitten 1 bis 4 folgenden Wortlaut:

"1. Ihre Mandantschaft [Beklagte] verpflichtet sich bei Meidung einer Vertragsstrafe von DM 12.000,00, es zu unterlassen, Reproduktionen der Bilder 'Hundertwasser-Haus in Wien' und 'Die vier Einsamkeiten' des Künstlers Friedensreich Hundertwasser in Bildrahmen anzubieten und/oder zu vertreiben und/oder anbieten zu lassen und/oder vertreiben zu lassen, so wie sie Gegenstand des Berufungsverfahrens vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Az. 11 U 51/97) sind. 2. Ihre Mandantschaft erteilt unserer Mandantschaft zu unseren Händen eingehend bis zum 27.2.1998 schriftliche Auskunft,
a) welcher Gewinn mit den in Ziff. 1 bezeichneten Werken inklusive Bildrahmen erzielt worden ist. Bei der Ermittlung des Gewinns werden Schadensersatzzahlungen Ihrer Mandantschaft an ihre Abnehmer wegen der Verbreitung der streitgegenständlichen Bilder nicht berücksichtigt. Diese Auskunft kann von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer überprüft werden, dessen Kosten Ihre Mandantschaft trägt, wenn die Feststellungen des Wirtschaftsprüfers um mehr als 5 % von der erteilten Auskunft abweichen,
b) über Namen und Anschrift der jeweiligen gewerblichen Abnehmer der von Ihrer Mandantschaft vertriebenen Werke inklusive der Bildrahmen gemäû vorstehender Ziff. 1,
c) über die Stückzahl der verkauften in Ziff. 1 bezeichneten Werke inklusive Bildrahmen. 3. Von dem nach Ziff. 2 zu ermittelnden Gewinn bezahlt Ihre Mandantschaft 50 % an unsere Mandantschaft innerhalb einer Frist von 2 Wochen nach Zahlungsaufforderung. 4. Ihre Mandantschaft nimmt die Berufung vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Az. 11 U 51/97 bis zum 20.2.1998 zurück und erkennt hiermit das Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 2.10.1997, Az. 2/3 O 166/97, als verbindliche Regelung an. Ebenso verzichtet Ihre Mandantschaft im Hinblick auf die Einstweilige Verfügung des Landgerichts Frankfurt vom
6.3.1997, Az. 2-03 O 110/97, auf das Recht des Widerspruchs gemäû § 924 ZPO und der Rechtsbehelfe nach §§ 926, 927 ZPO." Aufgrund dieses Vergleichs hat die Beklagte ihre Berufung gegen das landgerichtliche Teilurteil zurückgenommen. Die Auskunftserteilung der Beklagten ergab, daû sie 1.220 Kunstdrucke in bemalten Rahmen verkauft hatte. Der Gewinn aus dem Verkauf von Bild und Rahmen betrug danach jeweils 232,48 DM, wobei auf den Rahmen als solchen ein Gewinn von 19,-- DM entfiel. Entsprechend ihrer eigenen Auslegung des auûergerichtlichen Vergleichs zahlte die Beklagte an den Kläger einen Betrag von insgesamt 11.590,-- DM.
Der Kläger ist der Ansicht, der auûergerichtliche Vergleich sei dahin zu verstehen, daû die Schadensersatzpflicht der Beklagten nach dem Gewinn zu bemessen sei, der durch die Veräuûerung der Bilder in den Rahmen erzielt worden sei. Nach Abzug der bereits geleisteten Zahlung (einschlieûlich einer Überzahlung von 1.633,80 DM) schulde die Beklagte deshalb noch 128.589,-- DM.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 128.589,-- DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 3. Juni 1998 zu bezahlen.
Die Beklagte legt den Vergleich demgegenüber dahin aus, daû sich ihre Schadensersatzpflicht nur nach dem Gewinn bemesse, der durch die Verwendung der bemalten Rahmen als solcher erzielt worden sei, da die Veräuûerung
der Kunstdrucke selbst nicht rechtswidrig gewesen sei. Den danach geschuldeten Betrag habe sie bereits gezahlt.
Das Landgericht hat durch Schluûurteil vom 10. Dezember 1998 die Zahlungsklage abgewiesen.
Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit seiner Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Klägers hat Erfolg.
A. Der Tod des Klägers hat nicht zu einer Unterbrechung des Verfahrens geführt (§§ 239, 246 Abs. 1 ZPO).
B. Das Berufungsgericht hat angenommen, daû dem Kläger aufgrund der Vergleichsvereinbarung lediglich ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 11.590,-- DM zugestanden habe, den die Beklagte jedoch durch Zahlung erfüllt habe.
Nach dem Vergleich habe der zu leistende Schadensersatz nicht nach dem Gesamtgewinn aus dem Verkauf der Bilder in bemalten Rahmen berech-
net werden sollen, sondern nur nach dem Gewinn, der auf die bemalten Rahmen entfallen sei.
Gegen diese Auslegung spreche zwar der Wortlaut der Vereinbarungen über die Pflicht der Beklagten zur Auskunftserteilung und Unterlassung in den Nrn. 1 und 2 des Vergleichs, auf die bei der Bemessung der Höhe des Schadensersatzes in der Nr. 3 verwiesen werde. Welche Handlungen Gegenstand dieser Verpflichtungen seien, werde aber dadurch klargestellt, daû in Nr. 1 des Vergleichs auf den Gegenstand des - bei Vertragsschluû noch bei dem Berufungsgericht anhängigen - Berufungsverfahrens über das landgerichtliche Teilurteil Bezug genommen werde.
Die Parteien hätten zudem von Anfang an, wie auch in der Vorkorrespondenz der beteiligten Rechtsanwälte deutlich geworden sei, lediglich über die Rechtmäûigkeit der Verwendung von bemalten Rahmen gestritten. Es könne deshalb nicht angenommen werden, daû sich die Beklagte zu einer Zahlung habe verpflichten wollen, die um mehr als das Zehnfache über dem zusätzlichen Gewinn liege, der mit den bemalten Rahmen erzielt worden sei.
Die Auslegung, daû der Schadensersatz nur nach dem Gewinn aus dem Verkauf der bemalten Rahmen zu berechnen sei, folge auch aus Sinn und Zweck der getroffenen Vereinbarung. Für den Kläger sei erkennbar gewesen, daû sich die Beklagte nur auf eine Zahlungsverpflichtung habe einlassen können und wollen, die der gesetzlichen Regelung des § 97 Abs. 1 UrhG entsprochen habe. In seinem inzwischen rechtskräftigen Teilurteil habe das Landgericht zwar zu Recht angenommen, daû die Bemalung der Rahmen, die jeweils das Bild des Klägers gewissermaûen fortgesetzt habe, eine Bearbeitung im
Sinne des § 23 UrhG gewesen sei, die mangels Zustimmung des Klägers dessen Urheberrecht verletzt habe. Die Verletzungshandlung liege aber nicht in dem Vertrieb der Bilder des Klägers, sondern nur in der Verwendung der besonders gestalteten Rahmen. Deshalb sei auch nur der mit den Rahmen erzielte Gewinn herauszugeben, weil nur dieser auf der eigentlichen Verletzungshandlung beruhe. In dem Schriftwechsel vor und nach Abschluû des Vergleichs habe auch der anwaltschaftliche Vertreter des Klägers die Auffassung vertreten, es sei - entsprechend der Rechtslage - der kausal durch die Urheberrechtsverletzung verursachte Gewinn herauszugeben. Die Beklagte habe deshalb davon ausgehen können, daû der Schadensersatz wie vom Gesetz vorgesehen berechnet werden solle.
Die Nr. 2 des Vergleichs lasse ebenfalls nicht erkennen, daû die Beklagte verpflichtet sein sollte, abweichend vom gesetzlichen Normalfall den Gewinn aus dem Verkauf der Bilder in den bemalten Rahmen hälftig an den Kläger abzuführen. Dafür spreche auch die darin getroffene Regelung, daû Schadensersatzzahlungen der Beklagten an ihre Abnehmer, denen der Weitervertrieb der Bilder untersagt war, den Gewinn nicht mindern sollten, obwohl solche Zahlungen an sich abzugsfähig gewesen wären.
C. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
I. Die Auslegung von Individualvereinbarungen ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Dessen Auslegung unterliegt nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung danach, ob gesetzliche Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf
Verfahrensfehlern beruht, etwa weil wesentliches Auslegungsmaterial unter Verstoû gegen Verfahrensvorschriften auûer acht gelassen worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 14.12.2000 - I ZR 213/98, WM 2001, 1379, 1381; Urt. v. 29.3.2001 - I ZR 312/98, NJW-RR 2001, 1612, 1614). Leidet die tatrichterliche Auslegung an solchen revisionsrechtlich beachtlichen Rechtsfehlern, bindet sie das Revisionsgericht nicht (vgl. BGH, Urt. v. 19.1.2000 - VIII ZR 275/98, NJW-RR 2000, 1002, 1003 = WM 2000, 1643; Urt. v. 12.12.2000 - XI ZR 72/00, NJW 2001, 1344 f.; Urt. v. 12.12.2001 - IV ZR 47/01, ZIP 2002, 226, 227). So liegt der Fall hier.
1. Bei der Auslegung ist in erster Linie der von den Parteien gewählte Wortlaut und der dem Wortlaut zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 3.4.2000 - II ZR 194/98, NJW 2000, 2099; Urt. v. 17.1.2001 - VIII ZR 186/99, VersR 2001, 370, 371 = WM 2001, 1031 m.w.N.).
Der Wortlaut des von den Parteien durch ihre Rechtsanwälte geschlossenen Vergleichs ist hier - wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat - eindeutig. Nach Nr. 1 der Vereinbarung betrifft die Unterlassungsverpflichtung der Beklagten Reproduktionen der Bilder "Hundertwasser-Haus in Wien" und "Die vier Einsamkeiten" in Bildrahmen, so wie sie Gegenstand des Berufungsverfahrens vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main waren. Nach Nr. 2 sollte sich die schriftliche Auskunft auf den Gewinn beziehen, der mit den "in Ziff. 1 bezeichneten Werken inklusive Bildrahmen" erzielt worden ist. Von dem "nach Ziff. 2 zu ermittelnden Gewinn" sollte die Beklagte gemäû Nr. 3 der Vereinbarung die Hälfte an den Kläger bezahlen. Nach dem Vertragswortlaut kann danach kein Zweifel bestehen, daû sich die Höhe des Schadensersatzes nach
dem Gesamtgewinn aus dem Vertrieb der Reproduktionen in den Bildrahmen richten sollte.
2. Entgegen der Ansicht der Revision ist aber auch eine Auslegung entgegen einem an sich eindeutigen Wortlaut nicht ausgeschlossen (vgl. BGH, Urt. v. 30.9.1987 - IVa ZR 22/86, NJW-RR 1988, 159, 160 = WM 1987, 1501; Urt. v. 19.12.2001 - XII ZR 281/99, Umdruck S. 7, jeweils m.w.N.), wobei allerdings die Darlegungs- und Beweislast für Umstände, aus denen sich ergeben könnte, daû die Parteien mit der Formulierung ihrer Vereinbarung einen vom klaren Wortlaut abweichenden Sinn verbunden haben, bei dem liegt, der sich darauf beruft (vgl. BGH, Urt. v. 11.9.2000 - II ZR 34/99, NJW 2001, 144, 145; Urt. v. 13.11.2000 - II ZR 115/99, NJW-RR 2001, 421 = WM 2001, 169). Die Feststellung des Berufungsgerichts, daû die Parteien ihrer Vergleichsvereinbarung einen vom Wortlaut abweichenden Sinn beigelegt haben, ist aber nicht frei von Rechtsfehlern.

a) Abweichend von der Ansicht des Berufungsgerichts kann eine Auslegung entgegen dem Wortlaut des Vergleichs nicht damit begründet werden, daû in seiner Nr. 1 auf den Gegenstand des damals noch vor dem Berufungsgericht anhängigen Berufungsverfahrens verwiesen wird. Dieses Verfahren hatte - wie das Berufungsgericht selbst dargelegt hat - den Vertrieb der Reproduktionen in bemalten Unikatrahmen zum Gegenstand. Der Unterlassungsanspruch bezog sich demnach auf die Verbindung der Bilder mit den von anderer Hand gestalteten Rahmen. Der Kläger hatte in diesem Verfahren - wie im übrigen bereits in der Abmahnung - betont, daû die Rechtsverletzung seiner Ansicht nach in der rechtswidrigen Bearbeitung und Entstellung seiner Werke liege. Der Streit der Parteien ging daher nicht nur um die Verletzung von Rechten
des Klägers durch die Rahmengestaltungen, sondern jedenfalls auch um die Verletzung von Rechten an seinen Werken durch die Verwendung der Rahmen für den Vertrieb von Kunstdrucken dieser Werke. Diese Bestimmung des Verletzungsgegenstandes im damaligen Berufungsverfahren spricht deshalb nicht für, sondern gegen die Ansicht, daû der Schadensersatz nur nach dem auf die bemalten Rahmen entfallenden Gewinn berechnet werden sollte.

b) Für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Vergleichsurkunde spricht zwar eine Vermutung (vgl. BGH, Urt. v. 5.2.1999 - V ZR 353/97, NJW 1999, 1702, 1703; Urt. v. 18.1.2001 - I ZR 175/98, GRUR 2001, 1164, 1165 = WRP 2001, 931 - buendgens; Urt. v. 13.12.2001 - IX ZR 306/00, Umdruck S. 17, jeweils m.w.N.). Das Berufungsgericht ist aber im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, daû auch Umstände auûerhalb der Urkunde für die Auslegung zu berücksichtigen sind (vgl. BGH, Urt. v. 12.7.2001 - IX ZR 358/00, NJW 2001, 3327, 3328 m.w.N.). Obwohl für die Auslegung der Zeitpunkt des Vertragsschlusses maûgebend ist (vgl. BGH, Urt. v. 24.2.2000 - I ZR 141/97, GRUR 2000, 866, 868 = WRP 2000, 1306 - Programmfehlerbeseitigung ), können dabei auch Umstände aus Vorverhandlungen herangezogen werden, falls eine vom objektiven Erklärungsinhalt abweichende Willensübereinstimmung noch bei Abschluû des Vertrages bestand (vgl. BGH, Urt. v. 17.1.1997 - V ZR 285/95, NJW 1997, 1231, 1232; Urt. v. 19.12.2001 - XII ZR 281/99, Umdruck S. 8). Solche Umstände, die gegen eine Auslegung des Vergleichs nach seinem Wortlaut sprechen könnten, liegen hier aber - abweichend von der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht vor.
Mit Anwaltsschreiben vom 20. Januar 1998 hat die Beklagte angeboten, die Hälfte des Gewinns aus dem Vertrieb der Rahmen an den Kläger abzufüh-
ren. Für die Ansicht des Berufungsgerichts, der Klägervertreter habe mit seinem Schreiben vom 9. Februar 1998 (so richtig statt 13.2.1998) diesen Vergleichsvorschlag aufgegriffen und auch aus seiner eigenen Sicht lediglich geringfügig abgeändert, fehlt eine tragfähige Grundlage. Das Schreiben vom 9. Februar 1998 nimmt nicht auf den Vergleichsvorschlag vom 20. Januar 1998 Bezug, sondern auf ein im Verfahren nicht vorgelegtes Schreiben vom 6. Februar 1998, über dessen Inhalt nichts vorgetragen worden ist. Das Berufungsgericht hat zudem übergangen, daû der Klägervertreter bereits mit Schreiben vom 26. Januar 1998 auf das Vergleichsangebot geantwortet hatte. In diesem war der Gewinn, der hälftig an den Kläger herausgegeben werden sollte, bereits mit denselben Worten umschrieben wie später im Vergleich. Darin lag jedenfalls eine unübersehbare Absage an die Bestimmung des herauszugebenden Gewinns in dem Angebot der Beklagten. Für die Annahme des Berufungsgerichts, die Parteien hätten sich auf die Gewinndefinition der Beklagten geeinigt, weil sich der Kläger in seinem Vergleichsangebot vom 9. Februar 1998 mit dieser einverstanden erklärt habe, fehlt somit eine Grundlage. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, daû in diesem Schreiben davon die Rede ist, es werde eine "gegen Ihren Vorschlag etwas ergänzte" Vereinbarung angeboten. Über Art und Umfang der "Ergänzung" war damit nichts Entscheidendes gesagt; der Klägervertreter konnte vielmehr davon ausgehen , daû sein geändertes Vergleichsangebot von der Gegenseite eingehend geprüft werde. Aus der maûgeblichen Sicht des Klägers hat die Beklagte danach mit der Annahme des Vergleichsangebots ihren noch im Schreiben vom 20. Januar 1998 vertretenen Standpunkt, wie der Verletzergewinn zu berechnen sei, aufgegeben.
Das Berufungsgericht durfte allerdings auch nachvertragliche Äuûerungen der Parteien für die Auslegung der Vergleichsvereinbarung als Indiz heranziehen (vgl. BGH, Urt. v. 24.5.2000 - VIII ZR 329/98, ZIP 2000, 1385, 1389 = WM 2000, 1648 m.w.N.). Es hat jedoch das Schreiben des anwaltlichen Vertreters des Klägers vom 12. Juni 1998 unzutreffend gewürdigt. In diesem Schreiben wird zwar eingangs dargelegt, es bestehe Einigkeit mit der Gegenseite , daû der kausal durch die Rechtsverletzung erzielte Gewinn hälftig an den Kläger zu zahlen sei. Unmittelbar anschlieûend wird aber dargelegt, daû sich dieser Gewinn "aus dem Verkaufspreis des Bildes in dem bemalten Bildrahmen abzüglich der dafür anfallenden Kosten" errechne.

c) Das Berufungsgericht hat weiterhin im Ansatz zutreffend bei seiner Auslegung berücksichtigt, daû die Parteien darin übereinstimmten, es solle entsprechend der Regelung in § 97 Abs. 1 UrhG der durch die Urheberrechtsverletzung verursachte Gewinn hälftig herausgegeben werden. Das Berufungsgericht hat aber die Rechtslage unzutreffend beurteilt und deshalb bei seiner Entscheidung auch den Auslegungsgrundsatz der beiderseits interessengerechten Auslegung (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2001 - I ZR 91/99, WRP 2002, 221, 223 - Rücktrittsfrist; Urt. v. 7.11.2001 - VIII ZR 213/00, NJW 2002, 506; Urt. v. 13.12.2001 - IX ZR 306/00, Umdruck S. 14, jeweils m.w.N.) verletzt.
Gegenstand des Vergleichs waren rechtshängige Schadensersatzansprüche des Klägers wegen Urheberrechtsverletzungen in zweifacher Hinsicht: Zum einen wegen rechtswidriger Verwertung von Bearbeitungen der Werke des Klägers ohne dessen Einwilligung, zum anderen wegen der Beeinträchtigung seiner Urheberpersönlichkeitsrechte.

(1) Für die Beurteilung der Frage, ob diese Schadensersatzansprüche dem Grunde nach bestanden, war für die Parteien das zuvor ergangene - damals noch nicht rechtskräftige - Teilurteil des Landgerichts vom 2. Oktober 1997 eine maûgebliche Grundlage.
aa) Das Landgericht hat in seinem Teilurteil angenommen, daû der Vertrieb von Kunstdrucken der Werke "Hundertwasser-Haus in Wien" und "Die vier Einsamkeiten" in den von dritter Hand gestalteten Rahmen ohne Einwilligung des Klägers eine rechtswidrige Verwertung von Bearbeitungen war (§ 23 UrhG).
Das Landgericht hat dazu ausgeführt, daû die Wesenszüge der Originale in den Bemalungen in der Weise durchschimmerten, daû sich die Bilder nach dem Eindruck eines unvoreingenommenen Betrachters zumindest teilweise über den Bildrand hinaus in den Rahmen fortsetzten. Bei dem Bild "Die vier Einsamkeiten" befinde sich in der Bildmitte eine wasserartige blaue Fläche mit schwarzen, wellenförmigen Linien, in die baumartige, schwarz-weiû gehaltene Figuren eingesetzt seien. Diese Farben und Figuren fänden sich auch - in gleicher Höhe wie im Bild - auf dem rechten und dem linken Teil des Rahmens. Rechteckige Kästchen im unteren Bildteil, die teils einfarbig, teils mehrfarbig ausgemalt seien, entsprächen ähnlichen Kästchen im unteren Rahmenteil. Auf diesem sei - wie unten im Bild - ein Gelbton vorherrschend.
Für das Bild "Hundertwasser-Haus in Wien" gelte Entsprechendes. Hier setze sich die in einem Weiûton gehaltene Fläche im linken unteren Teil des
Bildes in den Rahmen hinein fort, so daû der Eindruck einer viel gröûeren fre ien Straûenfläche als auf dem Bild selbst entstehe. Zwei Gebäuden mit Zwiebeltürmen , die auf dem Bild zu sehen seien, entspreche auf dem linken Rahmenteil ein weiteres Gebäude mit einem Zwiebelturm.
Ein unvoreingenommener Betrachter könne auf den Gedanken kommen, der Kläger selbst habe auch die Rahmen der beiden Bilder gemalt. Die Bilder seien von der Beklagten ersichtlich in den Zusammenhang von "Gesamtkunstwerken" gestellt worden.
Aus dieser Beurteilung des Landgerichts, der das Berufungsgericht zugestimmt hat, ergibt sich, daû dem Kläger gegen die Beklagte wegen des Vertriebs seiner Bilder in den von dritter Hand bemalten Rahmen Ansprüche aus § 97 Abs. 1, § 23 Satz 1 UrhG zustanden.
Eine Bearbeitung oder andere Umgestaltung im Sinne des § 23 UrhG kann auch dann vorliegen, wenn das abhängige Werk das benutzte - wie dies hier der Fall ist - als solches unverändert wiedergibt. Das urheberrechtlich geschützte Werk ist die persönliche geistige Schöpfung im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG. Es ist ein Immaterialgut, das im Werkstück lediglich konkretisiert wird (vgl. Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 2. Aufl., § 2 Rdn. 10). Es ist deshalb nicht entscheidend, ob für die Bearbeitung das Original oder ein sonstiges Werkstück in seiner Substanz verändert wurde. Bei einer Übernahme eines Werkes ohne jede Änderung wird allerdings regelmäûig eine Umgestaltung des Werkes zu verneinen sein (vgl. BGH, Urt. v. 8.11.1989 - I ZR 14/88, GRUR 1990, 669, 673 - Bibelreproduktion; vgl. auch Schricker/Loewenheim aaO § 23 Rdn. 6; Ahlberg in Möhring/Nicolini, Urheberrechtsgesetz, 2. Aufl., § 23
Rdn. 11). Eine Bearbeitung ist aber dann anzunehmen, wenn ein geschütztes Werk in ein neues "Gesamtkunstwerk" derart integriert wird, daû es als dessen Teil erscheint. Dies ist bei Zugrundelegung der Feststellungen des Landgerichts hier der Fall. Nach diesen sind Bild und Rahmen in den beiden Fällen, die Gegenstand des Rechtsstreits sind, schon deshalb nach dem Gesamteindruck ein einheitliches Ganzes, weil die Ausgestaltung der Rahmen jeweils eine Bearbeitung eigenschöpferischer Elemente der Bilder ist.
bb) Aus den vom Landgericht getroffenen Feststellungen ging weiter zweifelsfrei hervor, daû die Verwendung von Rahmen, deren Bemalung als Erweiterung der Bilder wirke, die Urheberpersönlichkeitsrechte des Klägers an den betroffenen Werken "Die vier Einsamkeiten" und "Hundertwasser-Haus in Wien" verletzt hat (§ 14 UrhG).
Eine Beeinträchtigung der berechtigten geistigen und persönlichen Interessen des Urhebers an seinem Werk im Sinne des § 14 UrhG setzt nicht notwendig voraus, daû das Werk selbst verändert wird. Es genügt, wenn die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Interessen des Urhebers an seinem Werk - ohne inhaltliche Änderung des Werkes - durch Form und Art der Werkwiedergabe und -nutzung beeinträchtigt werden (vgl. BGH, Urt. v. 2.10.1981 - I ZR 137/79, GRUR 1982, 107, 109 f. - Kirchen-Innenraumgestaltung; vgl. auch BGH, Urt. v. 1.10.1998 - I ZR 104/96, GRUR 1999, 230, 232 - Treppenhausgestaltung; vgl. weiter v. Gamm, Urheberrechtsgesetz, § 14 Rdn. 8; Schricker/Dietz aaO § 14 Rdn. 21, 23 ff.; Hertin in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 9. Aufl., § 14 Rdn. 8 f.; Federle, Der Schutz der Werkintegrität gegenüber dem vertraglich Nutzungsberechtigten im deutschen und USamerikanischen Recht, 1998, S. 41 f.). Eine derartige Beeinträchtigung ist je-
denfalls dann anzunehmen, wenn - wie hier - ein geschütztes Werk mit Zutaten von dritter Hand zu einem "Gesamtkunstwerk" vereinigt wird, das unbefangene Betrachter ohne weiteres insgesamt als Werk des Urhebers des Originalwerkes ansehen können. Durch ein solches Vorgehen wird das wesentliche Interesse des Urhebers verletzt, sich und seinem Werk nicht fremde Gestaltungen zurechnen lassen zu müssen (vgl. BGH, Urt. v. 13.10.1988 - I ZR 15/87, GRUR 1989, 106, 108 - Oberammergauer Passionsspiele II; BGH GRUR 1999, 230, 232 - Treppenhausgestaltung). Unerheblich ist dabei, ob die Umgestaltung der Werke durch ihre Erweiterung zu "Gesamtkunstwerken" aus Bild und Rahmen künstlerisch gelungen ist (vgl. BGH GRUR 1989, 106, 107 - Oberammergauer Passionsspiele II; BGH GRUR 1999, 230, 232 - Treppenhausgestaltung; Schricker/Dietz aaO § 14 Rdn. 21 m.w.N.).
(2) Die Schadensersatzansprüche des Klägers richteten sich gemäû § 97 Abs. 1 UrhG jeweils - abweichend von der Ansicht des Berufungsgerichts - bei einem Verlangen von Schadensersatz in Form der Herausgabe des Verletzergewinns nicht nur auf den Gewinn aus dem Verkauf der von dritter Hand bemalten Rahmen, sondern auf den Gewinn aus dem Verkauf der Bilder in den Rahmen.
aa) Wegen der rechtswidrigen Verwertung einer Bearbeitung kann Schadensersatz durch Herausgabe des Verletzergewinns nur insoweit verlangt werden, als der Gewinn auf der unbefugten Benutzung des geschützten Gutes beruht (vgl. BGH, Urt. v. 10.7.1986 - I ZR 102/84, GRUR 1987, 37, 39 f. - Videolizenzvertrag; Lütje in Möhring/Nicolini aaO § 97 Rdn. 174 m.w.N.). Im Streitfall steht jedoch - wie dargelegt - nicht nur eine rechtswidrige Verwertung von Rahmen, die in Bearbeitung der Werke des Klägers gestaltet sind, in Re-
de. Es geht vielmehr auch um eine rechtswidrige Verwertung der benutzten Werke selbst, die nach der rechtsfehlerfreien Beurteilung der Vorinstanzen durch ihre Einbeziehung in neue "Gesamtkunstwerke" aus Bild und Rahmen bearbeitet worden sind. Dabei ist es nach der Lebenserfahrung - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - sehr wahrscheinlich, daû der Gewinn der Beklagten dadurch mitverursacht worden ist, daû der Verkauf der Kunstdrucke, der als solcher zulässig gewesen wäre, durch die Einbeziehung der Bilder in neue "Gesamtkunstwerke" aus Bild und Rahmen wesentlich gefördert worden ist. Ein in dieser Weise erzielter Gewinn war im Fall einer Schadensersatzpflicht neben dem Gewinn aus dem Verkauf der Rahmen als solcher herauszugeben (vgl. dazu auch - zum Patentrecht - BGH, Urt. v. 29.5.1962 - I ZR 132/60, GRUR 1962, 509, 512 - Dia-Rähmchen II; vgl. weiter Schrikker /Wild aaO § 97 Rdn. 67; Delahaye, GRUR 1986, 217, 218 m.w.N.). Die Höhe des durch die Rechtsverletzung erzielten Gewinnanteils hätte gegebenenfalls geschätzt werden können (vgl. dazu - zum Wettbewerbsrecht - BGHZ 119, 20, 30 f. - Tchibo/Rolex II).
bb) Ein Schadensersatz wegen der Verletzung der Urheberpersönlichkeitsrechte des Klägers an seinen Werken war bei der Bemessung nach dem Verletzergewinn ebenfalls auf der Grundlage des Gewinns aus dem Verkauf der Bilder in den Rahmen zu ermitteln.
Die Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts als eines nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechts (§§ 12 ff. UrhG) verpflichtet gemäû § 97 Abs. 1 UrhG zum Ersatz des dadurch entstandenen materiellen Schadens. Nach § 97 Abs. 1 Satz 2 UrhG kann auch Schadensersatz in der Form der Herausgabe des Verletzergewinns verlangt werden (vgl. v. Gamm aaO
§ 97 Rdn. 4, 36; Schricker/Wild aaO § 97 Rdn. 2; Lütje in Möhring/Nicolini aaO § 97 Rdn. 46; Hertin in Fromm/Nordemann aaO § 97 Rdn. 3). Dabei war hier davon auszugehen, daû die Urheberpersönlichkeitsrechte des Klägers nicht nur durch den Verkauf der Rahmen als solcher, sondern durch den Verkauf der Bilder in den Rahmen verletzt worden sind. Dementsprechend ging es im Streitfall bei der vergleichsweisen Regelung des Schadensersatzanspruchs um die Schätzung, welcher Anteil des Gewinns gegebenenfalls aufgrund dieser Rechtsverletzung erzielt worden ist. Insoweit gelten dieselben Erwägungen wie für die rechtswidrige Verwertung der Bilder in den Rahmen als Bearbeitungen der Werke des Klägers.
cc) Die Regelung in Nr. 2 des Vergleichs, daû die Beklagte nicht berechtigt sein sollte, bei der Ermittlung des Gewinns Schadensersatzzahlungen an ihre Abnehmer abzuziehen, spricht - abweichend von der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht dagegen, daû sich die Parteien darauf geeinigt haben, den Schadensersatz anhand des Gewinns aus dem Verkauf der Bilder in den Rahmen zu bemessen. Eine solche vertragliche Regelung steht vielmehr auch in Einklang mit der sich aus § 97 Abs. 1 UrhG ergebenden Rechtslage.
Die Leistung von Schadensersatz soll den Verletzer nicht so stellen, als habe er rechtmäûig gehandelt (vgl. BGH, Urt. v. 24.6.1993 - I ZR 148/91, GRUR 1993, 899, 901 - Dia-Duplikate); auch seine Abnehmer werden dadurch nicht in eine Lage versetzt, als hätten sie ihre Vereinbarungen mit einem Berechtigten getroffen. Mit Schadensersatzzahlungen an seine Abnehmer erledigt der Verletzer demgemäû nur eigene Angelegenheiten. Bei der Bemessung des Schadensersatzes anhand des Verletzergewinns wird fingiert, daû der Rechtsinhaber ohne die Rechtsverletzung durch Verwertung seines Schutz-
rechts den gleichen Gewinn wie der Verletzer erzielt hätte (vgl. BGHZ 145, 366, 372 - Gemeinkostenanteil). Dieser Gewinn wäre jedoch nicht durch Schadensersatzzahlungen an die Abnehmer geschmälert worden. Dieses Ergebnis folgt auch aus dem Gedanken, daû der Verletzer letztlich so zu behandeln ist, als habe er in angemaûter Geschäftsführung nach § 687 Abs. 2 BGB gehandelt mit der Folge, daû er Ersatz seiner Aufwendungen gemäû § 687 Abs. 2 Satz 2, § 684 Satz 1 BGB nur nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verlangen kann (vgl. BGHZ 145, 366, 371 f., 374 - Gemeinkostenanteil). Für Schadensersatzzahlungen an ihre Abnehmer dafür, daû diese gehindert sind, die erworbenen Kunstdrucke in den bemalten Rahmen weiterzuveräuûern, hätte die Beklagte aber nicht Aufwendungsersatz verlangen können, weil der Kläger durch solche Zahlungen nicht bereichert worden ist.
dd) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann danach keine Rede davon sein, daû sich die Beklagte bei einer Auslegung des Vergleichs im Sinne des Klägervorbringens zur Erstattung eines Betrages verpflichtet hätte, der den nach § 97 Abs. 1 UrhG zu leistenden Schadensersatz um mehr als das Zehnfache überstiegen hätte. Der Vereinbarung, daû nur die Hälfte des Gewinns aus dem Verkauf der Bilder in den bemalten Rahmen herauszugeben sei, liegt vielmehr der Sache nach schon eine Schätzung zugrunde, in welchem Umfang dieser Gewinn auf die Rechtsverletzungen zurückzuführen ist, sowie die Berücksichtigung einer Restunsicherheit hinsichtlich der Feststellung der Rechtsverletzungen selbst, die sich daraus ergab, daû das landgerichtliche Teilurteil bei Abschluû des Vergleichs noch nicht rechtskräftig geworden war. Der Abschluû des Vergleichs war danach auch bei seiner Auslegung entspre-
chend seinem Wortlaut eine für beide Seiten sinnvolle Regelung, um das Verfahren in einer Zeit und Kosten sparenden Weise zu beenden.
3. Die Auslegung des Berufungsgerichts kann danach keinen Bestand haben. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daû der von den Parteien geschlossene Vergleich über die Höhe des Schadensersatzes entsprechend dem Wortlaut der Vereinbarung auszulegen ist. Weitere tatsächliche Feststellungen kommen nicht mehr in Betracht. Die Verfahrensrüge der Revision des Klägers, das Berufungsgericht habe sein Beweisangebot übergangen, seinen anwaltlichen Vertreter zum Inhalt der Vergleichsverhandlungen als Zeugen zu vernehmen , hat der Senat geprüft und als nicht durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).
II. Die Berechnung des Schadensersatzes auf der Grundlage der Auskunft der Beklagten ist unstreitig. Der Zinsanspruch ist gemäû § 288 BGB a.F. begründet. Die Beklagte wurde vom Kläger mit Schreiben vom 19. Mai 1998 unter Fristsetzung bis zum 2. Juni 1998 zur Zahlung aufgefordert und befindet sich demgemäû seit Ablauf dieser Frist in Verzug.
D. Auf die Revision des Klägers war danach das Berufungsurteil aufzuheben und auf seine Berufung das Schluûurteil des Landgerichts abzuändern. Der Zahlungsklage war stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Starck
Pokrant Schaffert

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Unternehmensverträge sind Verträge, durch die eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien die Leitung ihrer Gesellschaft einem anderen Unternehmen unterstellt (Beherrschungsvertrag) oder sich verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen abzuführen (Gewinnabführungsvertrag). Als Vertrag über die Abführung des ganzen Gewinns gilt auch ein Vertrag, durch den eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien es übernimmt, ihr Unternehmen für Rechnung eines anderen Unternehmens zu führen.

(2) Stellen sich Unternehmen, die voneinander nicht abhängig sind, durch Vertrag unter einheitliche Leitung, ohne daß dadurch eines von ihnen von einem anderen vertragschließenden Unternehmen abhängig wird, so ist dieser Vertrag kein Beherrschungsvertrag.

(3) Leistungen der Gesellschaft bei Bestehen eines Beherrschungs- oder eines Gewinnabführungsvertrags gelten nicht als Verstoß gegen die §§ 57, 58 und 60.

(1) Der Mieter ist verpflichtet, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben.

(2) Hat der Mieter den Gebrauch der Mietsache einem Dritten überlassen, so kann der Vermieter die Sache nach Beendigung des Mietverhältnisses auch von dem Dritten zurückfordern.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

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1. Die Zulässigkeit der Berufung ist eine Prozessvoraussetzung, von der das gesamte weitere Verfahren nach Einlegung der Berufung, also auch noch das Verfahren in der Revisionsinstanz, in seiner Gültigkeit und Rechtswirksamkeit abhängt. Sie ist deshalb auch vom Revisionsgericht unabhängig von den Anträgen der Parteien von Amts wegen zu prüfen (z.B. BGH, Urteile vom 14. November 2007 - VIII ZR 340/06, NJW 2008, 218 Rn. 8; vom 26. Januar 2006 - I ZR 121/03, NJW-RR 2006, 1044 Rn. 23; vom 30. September 1987 - IVb ZR 86/86, BGHZ 102, 37, 38; vom 26. Juni 1952 - IV ZR 36/52, BGHZ 6, 369, 370; MünchKommZPO/Wenzel, 3. Aufl., § 557 Rn. 26; Musielak/Ball, ZPO, 7. Aufl., § 557 Rn. 15; Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 557 Rn. 8; siehe auch Senatsurteil vom 21. Juni 1976 - III ZR 22/75, NJW 1976, 1940 zum Einspruch gegen ein Versäumnisurteil). Dabei hat es den für die Frage der Zulässigkeit der Berufung maßgebenden Sachverhalt selbständig festzustellen und zu würdigen , ohne an Feststellungen des Berufungsgerichts gebunden zu sein (Senatsurteil vom 21. Juni 1976 und BGH, Urteil vom 26. Juni 1952 jew. aaO sowie Urteil vom 13. Mai 1959 - V ZR 151/58, BGHZ 30, 112, 114; Musielak/ Ball aaO).

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZR 98/17
vom
21. März 2018
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2018:210318BXIIZR98.17.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. März 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Günter und die Richterin Dr. Krüger

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 20. September 2017 zugelassen. Auf die Revision der Beklagten wird das vorgenannte Urteil aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Streitwert: 23.459 €.

Gründe:

I.

1
Die Parteien streiten über die Nachzahlung von Betriebskosten (Heizund Wasserkosten) für den Zeitraum 2009 bis 2012.
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Der Kläger ist als Zwangsverwalter des Grundbesitzes H. Straße in D. eingesetzt, in dem die Beklagte bis zum 31. Dezember 2012 zwei Lagerhallen (mit der Bezeichnung B 11 und A 12) und die hiermit verbundenen zugänglichen Nebenräume gemietet hatte. Nachdem durch den vom Landgericht beauftragten Sachverständigen Mängel bei der Erfassung und Verteilung der Heizkörper festgestellt worden waren, die weder der Heizkostenverordnung noch den anerkannten Regeln der Technik entsprachen, folgte der Kläger einer Empfehlung des Sachverständigen, die Heiz- und Wasserkosten in einer Umlage anhand des umbauten Raums der beheizten Flächen zu verteilen.
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Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von Betriebskosten in Hö- he von 23.461,67 € nebst Zinsen sowie von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 911,80 € nebst Zinsen verurteilt. Auf die Berufung der Be- klagten hat das Oberlandesgericht die Entscheidung dahingehend abgeändert, dass die Beklagte zur Zahlung von 23.459,17 € nebst Zinsen verurteilt wird. Die Klage im Übrigen und die weitergehende Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten, mit der sie weiterhin die Abweisung der Klage anstrebt.

II.

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Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nach § 544 ZPO zulässig, insbesondere ist der Beschwerdewert nach §§ 544 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO erreicht. In der Sache hat sie Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Zulassung der Revision und zur Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht. Die angefochtene Entscheidung verletzt in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).
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1. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt , das Vorgehen des Klägers, die Heiz- und Wasserkosten anhand des umbauten Raums der beheizten Räume umzulegen, sei nicht zu beanstanden. Das Aufmaß des umbauten Raums der beheizten Räume sei nicht fehlerhaft. Unter beheizten Räumen seien diejenigen Räume zu verstehen, die aufgrund bestimmungsgemäßer Nutzung direkt oder durch den Raumverbund beheizt werden. Dies entspreche auch der Definition des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung. Soweit die Beklagte behaupte, der Keller sei beheizbar gewesen, ergebe sich aus dem im Termin vom 26. Januar 2017 übergebe- nen Plan, dass die „Heizkörper Keller“ nicht nur nicht genutzt worden seien und der Strang abgestellt, sondern dass die Absperrung manipulationssicher verplombt gewesen sei. Die von der Beklagten beantragte Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens zur Frage, ob weitere nicht direkt beheizte Räume in die Abrechnung einzubeziehen seien, stelle kein taugliches Beweismittel dar, da ein neuer Sachverständiger lediglich den Ist-Zustand, nicht aber feststellen könne, welche Räume seinerzeit beheizbar waren.
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2. Mit Erfolg macht die Nichtzulassungsbeschwerde geltend, dass das Oberlandesgericht den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat, weil es entscheidungserhebliche tatsächliche Einwendungen der Beklagten gegen das gerichtlich erhobene Sachverständigengutachten nicht zur Kenntnis genommen und nicht berücksichtigt hat.
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a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verstößt ein Gericht gegen die aus Art. 103 Abs. 1 GG folgende Pflicht, Parteivorbringen zu berücksichtigen, wenn im Einzelfall besondere Umstände darauf hindeuten, dass erhebliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwo- gen worden ist - etwa wenn das Gericht auf den wesentlichen Kern des Vortrags einer Partei zu einer zentralen Frage des Verfahrens in den Entscheidungsgründen nicht eingeht (BVerfG MDR 2013, 1113 Rn. 15 mwN; vgl. auch BGH Beschluss vom 3. Dezember 2013 - XI ZR 301/11 - NJW-RR 2014, 381 Rn. 9 mwN).
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b) Die Beklagte hat sowohl vor dem Landgericht als auch vor dem Oberlandesgericht unter Antritt des Sachverständigenbeweises gegen das gerichtlich erhobene Sachverständigengutachten eingewandt, der Kläger und der Sachverständige hätten nicht alle beheizten, insbesondere nicht alle indirekt durch den Raumverbund beheizten Räume in die Abrechnung der Heiz- und Wasserkosten einbezogen. Der Sachverständige hat diese Einwendungen bei seiner ergänzenden Vernehmung vor dem Landgericht im Termin vom 26. Januar 2017 insoweit bestätigt, als er angegeben hat, dass er nicht sagen könne, ob tatsächlich alle direkt oder indirekt beheizten Räume erfasst worden seien, da er die Räume selbst nicht alle besichtigt habe.
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Der Umstand, dass das Oberlandesgericht diesen Einwendungen nicht nachgegangen ist, sondern das von der Beklagten beantragte weitere Sachverständigengutachten als untaugliches Beweismittel angesehen hat, lässt nur den Schluss zu, dass das Oberlandesgericht das streitige Vorbringen der Beklagten zur Frage, welche Räume aufgrund des Raumverbunds indirekt beheizt wurden , nicht zur Kenntnis genommen hat.
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Die Beklagte rügt zu Recht, dass die Überlegungen des Oberlandesgerichts eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung enthalten, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Sachverständiger auf der Grundlage der sich bei den Gerichtsakten befindlichen Pläne und nach Beurteilung der konkreten - wenn auch teilweise baulich veränderten - Örtlichkeit den Altbaubestand und die Umbaumaßnahmen auseinanderhalten und die damals beheizten Räume bestimmen kann. Immerhin liegen Pläne über die Heizanlagen einschließlich der Heizkörper sowohl für das Keller- als auch das Erdgeschoss vor. Die Beklagte hat auch in einer konkreten Berechnung des umbauten Raums sämtliche Räume gekennzeichnet, die der Kläger bei der Berechnung unberücksichtigt gelassen hat.
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Zutreffend rügt die Beklagte zudem, dass das Oberlandesgericht insoweit die Darlegungs- und Beweislast verkannt hat. Stützt der Kläger - wie hier - seine Abrechnung weiterer Heizkosten auf die insgesamt angefallenen Kosten, die er nach dem Rauminhalt der direkt oder indirekt beheizten Räume umlegt, dann muss er darlegen und ggf. beweisen, welche Räume des gesamten Objekts dafür in Ansatz zu bringen sind.
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3. Mit Erfolg macht die Nichtzulassungsbeschwerde ferner geltend, dass das Oberlandesgericht den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat, weil es seiner Entscheidung Unterlagen zugrunde gelegt hat, zu denen die Beklagte zuvor nicht Stellung nehmen konnte (vgl. etwa BVerfGE 84, 188, 190 = NJW 1991, 2823).
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Die Beklagte rügt zutreffend, dass das Oberlandesgericht die Nichtbeheizung des Kellers aus einem Plan entnehmen möchte, der im Termin vom 26. Januar 2017 vor dem Landgericht übergeben worden sei. Der Terminsniederschrift des Landgerichts vom 26. Januar 2017 lässt sich aber weder die Vorlage noch die Übergabe eines solchen Planes an die Beklagte entnehmen.
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4. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Oberlandesgericht bei Berücksichtigung des Vorbringens der Beklagten zu den direkt oder indirekt im Raumverbund beheizten Räumen und ggf. Erhebung der - nach Hinweis auf die Darlegungs- und Beweislast - dafür angebotenen Beweise zu einer anderen Beurteilung des Falles gekommen wäre, ist das Urteil aufzuheben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen. Dose Klinkhammer Schilling Günter Krüger
Vorinstanzen:
LG Dresden, Entscheidung vom 09.02.2017 - 9 O 235/14 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 20.09.2017 - 5 U 431/17 -

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.