vorgehend
Landgericht Köln, 24 O 43/12, 30.07.2012
Oberlandesgericht Köln, 9 U 187/12, 25.06.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR242/13 Verkündet am:
22. Oktober 2014
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
VVG a.F. § 12 Abs. 2, § 34
1. Im Rahmen der Aufklärungsobliegenheit entscheidet grundsätzlich der Versicherer
, welche Angaben er zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Der
Versicherungsnehmer einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung kann daher
auf Verlangen des Versicherers auch gehalten sein, eine eigene Stellungnahme
desjenigen Mitarbeiters vorzulegen, der durch fehlerhafte Bearbeitung den
Versicherungsfall herbeigeführt haben soll.
2. Die bloße Untätigkeit des Geschädigten über einen längeren Zeitraum (hier: mehrere
Jahre) führt nicht zu einem vorzeitigen Ende der Verjährungshemmung nach
BGH, Urteil vom 22. Oktober 2014 - IV ZR 242/13 - OLG Köln
LG Köln
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, Lehmann und die Richterin
Dr. Brockmöller auf die mündliche Verhandlung vom 22. Oktober 2014

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 25. Juni 2013 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin, eine gesetzliche Krankenkasse, nimmt die Beklagte auf Leistung aus einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung in Anspruch , die auch Schäden umfasst, die der Versicherungsnehmer "in Folge eines bei Ausübung satzungsgemäßer Tätigkeit von seinen Organen , Beamten und Angestellten fahrlässig begangenen Verstoßes unmittelbar erlitten hat (Eigenschaden)".
2
Diese Versicherung hatte die Klägerin im Jahre 1995 bei der … Versicherung AG als führendem Versicherer mit einer Versicherungssumme von zunächst 250.000 DM je Schadensereignis abgeschlossen. Der Versicherung lagen "Allgemeine Versicherungsbedingungen zur Haftpflichtversicherung für Vermögensschäden (AVB)" und mehrere, zu- nächst jeweils für ein Jahr mit Verlängerungsklausel abgeschlossene "Rahmenabkommen zur Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung" zugrunde. Nach Ziffer 11 der Abkommen für 1995 und 1996 waren neben dem führenden Versicherer mit einem Anteil von 50% sowie einem weiteren Versicherer mit 20% auch zwei Rechtsvorgängerinnen der Beklagten an dem Versicherungsvertrag beteiligt, und zwar mit Anteilen von 20% und 10%.
3
Nach Ziffer 5 dieser Rahmenabkommen umfasste der Versicherungsschutz "die Folgen aller während der Versicherungsdauer begangenen Verstöße, die den Versicherern nicht später als 3 Jahre nach Beendigung des Versicherungsvertrages gemeldet werden." Ziffer 11 der Abkommen bestimmte, dass der führende Versicherer u.a. "etwa anfallende Schäden, auch soweit der Anteil der beteiligten Gesellschaften in Frage kommt, bearbeitet, reguliert und alle auf den Vertrag bezüglichen Erklärungen im Namen der beteiligten Gesellschaften rechtsverbindlich abgibt."
4
Die Rahmenabkommen sind in der Folge verschiedentlich neu vereinbart worden, wobei auch die Beteiligten, ihre Haftungsquoten und die Versicherungssumme geändert wurden. Nach dem Rahmenabkommen 1997 waren nur noch der führende Versicherer mit jetzt 70% sowie ein weiterer Versicherer und eine Rechtsvorgängerin der Beklagten mit je 15% beteiligt und die Versicherungssumme je Versicherungsfall betrug nur noch 100.000 DM. Nach dem Rahmenabkommen 2002 waren die Rechtsvorgänger der Beklagten nicht mehr beteiligt; die Versicherungssumme betrug jetzt 52.000 € je Versicherungsfall und Versicherungsschutz bestand nunmehr für "die Folgen aller während der Versicherungsdauer gemeldeten Schäden".

5
Nach § 5 Nr. 3a) der vereinbarten AVB ist der Versicherungsnehmer u.a. verpflichtet, "unter Beachtung der Weisungen des Versicherers … alles zu tun, was zur Klarstellung des Schadenfalles dient, sofern ihm dabei nichts Unbilliges zugemutet wird" und hat "alle Tatumstände, wel- che auf den Schadenfall Bezug haben, mitzuteilen …".
6
Im vorliegenden Rechtsstreit geht es um einen behaupteten Versicherungsfall , der sich daraus ergeben soll, dass eine Sachbearbeiterin der Klägerin im Jahre 1996 eine Mitteilung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte über die Bewilligung einer Rente für einen Versicherten nicht ordnungsgemäß bearbeitete, wodurch die Klägerin trotz mitgeteilten Rentenendes zum 30. November 1995 und dadurch bedingtem Ausscheiden aus der bei ihr bestehenden Versicherung nachfolgend in den Jahren 1996 bis 2001 noch Sachleistungen von insgesamt 1.547.356,56 DM zu dessen Gunsten erbrachte.
7
Den ihr dadurch entstandenen Schaden meldete die Klägerin über die von ihr beauftragte Maklerin beim führenden Versicherer an, wobei streitig ist, ob dies noch 2001 oder erst Ende 2002 geschah. Der Versicherer stellte mit Schreiben vom 6. Februar 2003 eine Reihe von Fragen zum Vorgang und bat ferner darum, dass sich die Klägerin um eine Stellungnahme der Sachbearbeiterin bemühe. Hierauf reagierte die Klägerin über sechs Jahre lang nicht. Erst mit Schreiben vom 12. März 2009 kam sie auf den Vorgang zurück und beantwortete die gestellten Fragen, übersandte jedoch keine Stellungnahme der Sachbearbeiterin, die sie nicht anfordern könne, weil diese seit 1998 in Rente sei.

8
Der führende Versicherer lehnte daraufhin mit Schreiben vom 23. März 2009 die Regulierung ab, weil der Anspruch verjährt sei.
9
Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten einen Betrag von 30% der ursprünglichen Versicherungssumme in Höhe von 250.000 DM (= 127.822,97 €), mithin 38.346,89 €.
10
Die Beklagte hat ursprünglich geltend gemacht, dass die Klägerin sich nur auf das Rahmenabkommen für 2002 berufen und deshalb nur die danach noch beteiligten Versicherer in Anspruch nehmen könne; ferner hat sie sich auf Verjährung und Verwirkung sowie auf Leistungsfreiheit wegen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit berufen.
11
In einem nicht nachgelassenen Schriftsatz hat die Klägerin vorgetragen , nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht habe der führende Versicherer in dem gegen ihn geführten Parallelprozess in mündlicher Verhandlung vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main unstreitig gestellt, dass im Jahre 2002 sämtliche Unterlagen, die zur Prüfung erforderlich waren, vorgelegen hätten.
12
In den Vorinstanzen ist die Klage erfolglos geblieben. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision.

Entscheidungsgründe:


13
Die Revision ist begründet; sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

14
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Beklagte jedenfalls wegen vorsätzlicher Verletzung von Aufklärungsobliegenheiten gemäß § 6 Abs. 3 VVG a.F. i.V.m. § 5 Nr. 3a), § 6 Nr. 1 AVB leistungsfrei geworden sei, weil die Klägerin auf das gerechtfertigte Auskunftsverlangen des Versicherers nicht, jedenfalls nicht binnen angemessener Frist, reagiert habe. Sie sei sowohl gehalten gewesen, die erbetene Stellungnahme ihrer Sachbearbeiterin vorzulegen als auch die weiter gestellten Fragen zu beantworten. Damit sei im Sommer 2003 der objektive Tatbestand einer Verletzung der vertraglichen Aufklärungsobliegenheit verwirklicht gewesen. Die Vorsatzvermutung des § 6 Abs. 3 VVG a.F. sei nicht widerlegt. Die Obliegenheitsverletzung sei auch nicht folgenlos geblieben , weil die Beklagte zumindest ganz erhebliche Nachteile bei der Feststellung eines Versicherungsfalls zu Grund und Höhe hinzunehmen habe, nachdem sie jahrelang an der Sachaufklärung gehindert gewesen sei.
15
Soweit die Klägerin nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgetragen habe, dass dem führenden Versicherer nach dessen eigener Erklärung schon 2002 sämtliche zur Prüfung erforderlichen Unterlagen vorgelegen hätten, sei schon wegen der Zeitumstände nicht ersichtlich, dass insoweit ein Zusammenhang zu den mit Schreiben vom 6. Februar 2003 gestellten Fragen bestehe; außerdem stehe auch nach dem weiteren Vorbringen der Klägerin fest, dass sie sich um die erbetene Stellungnahme ihrer früheren Sachbearbeiterin nicht bemüht habe.
16
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

17
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings auf der Grundlage des bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgten Parteivortrages eine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit nach § 5 Nr. 3 a) AVB durch die Klägerin angenommen. Diese ergibt sich jedenfalls daraus, dass die Klägerin dem Verlangen des führenden Versicherers, sich um eine Stellungnahme der tätig gewordenen Sachbearbeiterin zu bemühen, bewusst nicht nachgekommen ist. Sie hat sich vielmehr durchgehend auf den Standpunkt gestellt, zur Einholung einer solchen Stellungnahme nicht verpflichtet zu sein. Dies trifft indes nicht zu.
18
a) Durch § 5 Nr. 3a) AVB wird die Auskunftspflicht des Versicherungsnehmers nach § 34 VVG a.F., der auf den Schadenfall gemäß Art. 1 Abs. 2 EGVVG Anwendung findet, lediglich weiter präzisiert. Zur Reichweite der Auskunftspflicht der Klägerin gilt deshalb, dass es grundsätzlich Sache des Versicherers ist, welche Angaben er zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält, um seine Entscheidung über die Leistungspflicht auf ausreichender und gesicherter Tatsachengrundlage treffen zu können. Dazu gehören auch Umstände, die lediglich Anhaltspunkte für oder gegen das Vorliegen eines Versicherungsfalles liefern können. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob sich die vom Versicherungsnehmer geforderten Angaben am Ende nach dem Ergebnis der Prüfung als für die Frage der Leistungspflicht tatsächlich wesentlich erweisen (Senatsurteil vom 16. November 2005 - IV ZR 307/04; VersR2006, 258 unter II 1 b; vgl. zum inhaltlich unveränderten neuen Recht auch Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 31 Rn. 7). Die Frage der Erforderlichkeit der erbetenen Auskünfte ist ex ante zu beurteilen, wobei dem Versicherer ein erheblicher Beurteilungsspielraum zuzubilligen ist.
19
Maßgeblich für die Zulässigkeit von Auskunftsersuchen des Versicherers und die Reichweite der sich daraus ergebenden Auskunftspflicht des Versicherungsnehmers ist der Zweck der Aufklärungsobliegenheit, die dem Versicherer die sachgerechte Prüfung seiner Leistungspflicht ermöglichen soll, was auch der durchschnittliche Versicherungsnehmer in Anbetracht der Regelung über die Weisungsbefugnis des Versicherers und die weite Fassung der Klausel mit Einbeziehung aller Tatumstände, die auch nur "Bezug" auf den Schadenfall haben, erkennen kann. Danach erstreckt sich die Auskunftspflicht auf jeden Umstand, der zur Aufklärung des Tatbestandes dienlich sein kann (vgl. auch Senatsurteil vom 1. Dezember 1999 - IV ZR 71/99, VersR 2000, 222), soweit dem Versicherungsnehmer nichts "Unbilliges zugemutet" wird.
20
b) Hieraus folgt im Streitfall, dass die Klägerin gehalten war, zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts auch mitzuteilen, was ihre frühere Sachbearbeiterin noch selbst zu den Gründen ihrer fehlerhaften Bearbeitung angeben kann und hierzu die erbetene Stellungnahme ihrer früheren Sachbearbeiterin einzuholen oder sich wenigstens hierum zu bemühen.
21
Dies war nicht deshalb entbehrlich, weil der äußere Ablauf der Vorgänge bereits von einem anderen Mitarbeiter der Klägerin ermittelt und mitgeteilt worden war. Für die Feststellung des Versicherungsfalles kam es nicht nur auf diesen äußeren Ablauf, sondern auch auf die Frage des Verschuldens der Sachbearbeiterin an, da nur fahrlässige Pflichtverletzungen versichert sind, ein Versicherungsfall also sowohl bei vorsätzlichem als auch bei schuldlosem Handeln ausschied. Deshalb war es in jedem Falle zweckdienlich, auch eine Äußerung der Handelnden selbst herbeizuführen. Dies gilt sowohl im Hinblick auf einen etwaigen Vorsatz, für dessen Feststellung anderenfalls nur auf Indizien, Erfahrungssätze und Schlussfolgerungen zurückgegriffen werden könnte, als auch im Hinblick darauf, ob der Sachbearbeiterin die korrekte Arbeitsweise bekannt war und warum sie nicht angewandt wurde, was für einen Fahrlässigkeitsvorwurf von Bedeutung ist. Mag auch die Wahrscheinlichkeit groß sein, dass diese nach so vielen Jahren keine konkrete Erinnerung an den einzelnen Vorgang mehr hatte, so kann dies doch nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Selbst wenn die Auffassung der Revision, dass schon nach der Lebenserfahrung bei der vorliegenden Konstellation in jedem Falle von einem fahrlässigen Pflichtverstoß auszugehen wäre, für den Regelfall zutreffen sollte, hätten durch eine Befragung der Sachbearbeiterin möglicherweise eventuelle besondere Umstände zutage gefördert werden können, die die nach der Lebenserfahrung naheliegende Fahrlässigkeit in die eine oder andere Richtung ausschließen konnten und deshalb gegebenenfalls eine vom Regelfall abweichende Beurteilung erforderten. Zur Prüfung der Frage, ob hier eventuell ein solcher Ausnahmefall vorliegt, war die erbetene Stellungnahme nicht von vornherein ungeeignet. Anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Revision zitierten Urteil des Oberlandesgerichts Hamm (VersR 1978, 711), weil sich in dem dort entschiedenen Sachverhalt die Person des tätig gewesenen Sachbearbeiters gerade nicht mehr feststellen ließ.
22
Der Annahme einer Obliegenheitsverletzung steht nicht entgegen, dass die Klägerin das, was sie an Tatsachen schon ermittelt hatte und deshalb bereits positiv wusste, dem führenden Versicherer mit der Schadenanzeige und dem Bericht eines Mitarbeiters bereits mitgeteilt hatte. Der auskunftspflichtige Versicherungsnehmer muss sich über die Tatsachen , zu denen der Versicherer berechtigt Auskunft verlangt, gegebenenfalls erkundigen (Senatsurteil vom 21. April 1993 - IV ZR 34/92, VersR 1993, 828 unter 2 c; vgl. auch Prölss in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 31 Rn. 3; Voit/Knappmann in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 5 AHB Rn. 6). Deshalb war die Klägerin verpflichtet, sich auch weiteres Tatsachenwissen zu verschaffen, indem sie ihre frühere Mitarbeiterin befragte , ob diese eine konkrete Erinnerung an den Vorgang habe oder sonst Angaben zur Art ihrer damaligen Sachbearbeitung und deren Gründen machen könne.
23
Schließlich ist es für die Annahme einer Obliegenheitsverletzung unerheblich, dass die Sachbearbeiterin infolge zwischenzeitlicher Verrentung nicht mehr bei der Klägerin tätig war. Dieser Umstand enthob die Klägerin nicht ihrer Obliegenheit, sich um eine Stellungnahme ihrer früheren Mitarbeiterin wenigstens zu bemühen, so wie es vom Versicherer erbeten war. Dass dessen Aufforderung in die höfliche Form einer Bitte gekleidet war, ändert hieran gleichfalls nichts.
24
c) Die Obliegenheitsverletzung der Klägerin ist auch nicht folgenlos geblieben, so dass es auf die weiteren Voraussetzungen der so genannten Relevanzrechtsprechung des Senats (vgl. dazu Senatsurteile vom 28. Februar 2007 - IV ZR 231/05, VersR 2007, 785 unter II 2 b; vom 26. Januar 2005 - IV ZR 239/03, VersR 2005, 493 unter II 2 c; vom 21. Januar 1998 - IV ZR 10/97, VersR 1998, 447 unter 2 b) nicht ankommt. Denn es steht nicht fest, ob und ggf. welche weiteren Erkenntnisse eine Befragung der Mitarbeiterin der Klägerin erbracht hätte, so dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich die Unterlassung auf die Möglichkeiten zur Feststellung des Versicherungsfalls ausgewirkt hat.

25
2. Der damit an sich eingreifenden Leistungsfreiheit der Beklagten nach § 6 Abs. 3 VVG a.F. i.V.m. § 5 Nr. 3a), § 6 Nr. 1 AVB steht jedoch möglicherweise entgegen, dass der führende Versicherer nach dem Vortrag der Klägerin in dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz in dem gegen ihn geführten Prozess unstreitig gestellt hat, ihm hätten alle zur Prüfung erforderlichen Unterlagen im Jahre 2002 vorgelegen. Die Revision rügt zu Recht, die Entscheidung des Berufungsgerichts , die mündliche Verhandlung nicht mit Rücksicht auf den Inhalt dieses Vorbringens wiederzueröffnen, sei verfahrensfehlerhaft.
26
a) Die Prüfung dieses Umstands durch das Berufungsgericht setzte allerdings eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 Abs. 1 ZPO voraus, die mangels Vorliegens eines Wiedereröffnungsgrundes gemäß § 156 Abs. 2 ZPO in seinem Ermessen stand.
27
b) Die Ausübung dieses Ermessens ist grundsätzlich revisionsrechtlich nicht überprüfbar (BGH, Urteil vom 2. März 1979 - V ZR 102/76, WM 1979, 706 unter II 1 m.w.N.). Zutreffend beanstandet die Revision aber, dass die Ablehnung der Wiedereröffnung durch die vom Berufungsgericht angeführten Gründe nicht getragen wird (vgl. BGH, Urteile vom 25. Februar 1992 - X ZR 88/90, NJW 1992, 1967 unter II 5 b; vom 18. Juli 2014 - V ZR 291/13, juris Rn. 21; vom 15. Mai 1996 - XII ZR 21/95, FamRZ 1996, 1067 unter 2 e cc; jeweils m.w.N.). Anders als das Berufungsgericht gemeint hat, war das Vorbringen der Klägerin keineswegs unerheblich für den Ausgang des Rechtsstreits.
28
Eine Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung tritt nicht bereits kraft Gesetzes ein, sondern setzt voraus, dass der Versicherer, der über die Rechte aus einer Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers disponieren kann, sich hierauf beruft (Senatsurteil vom 26. Januar 2005 - IV ZR 239/03, VersR 2005, 493 unter II 1 a). Steht die Verletzung von Aufklärungsobliegenheiten in Rede, so umfasst diese Dispositionsbefugnis deshalb auch die Entscheidung, eine weitere Aufklärung durch zusätzliche Unterlagen für nicht erforderlich zu halten. Deshalb kann der Versicherer, der im Prozess unstreitig stellt, alle für die Prüfung des Versicherungsfalles notwendigen Unterlagen erhalten zu haben, eine Verletzung von Aufklärungsobliegenheiten nicht mehr darauf stützen, dass der Versicherungsnehmer weitere Auskünfte nicht erteilt oder weitere Unterlagen nicht vorgelegt habe. Eine dahingehende Erklärung des führenden Versicherers wirkte wegen der Führungsklausel im Rahmenabkommen auch zu Lasten der anderen Versicherer.
29
Dies hat das Berufungsgericht offensichtlich verkannt. Wenn im Jahre 2002 nach bindender Erklärung des führenden Versicherers alle prüfungsrelevanten Unterlagen vorgelegen haben, so bedeutet das, dass sich auch die anderen Versicherer zur Begründung einer Verletzung der Aufklärungsobliegenheit weder auf die Nichtbeantwortung erst mit Schreiben vom 6. Februar 2003 gestellter Fragen noch auf die Nichtvorlage einer erst dort erbetenen Stellungnahme berufen können. Das Berufungsgericht hat daher rechtsfehlerhaft nicht geprüft, ob mit der Erklärung des führenden Versicherers zugleich dem Einwand der Verletzung der Aufklärungsobliegenheit seine Grundlage entzogen worden ist. Dazu hätte diese Erklärung vom Berufungsgericht unter Berücksichtigung der Umstände ihrer Abgabe ausgelegt werden müssen. Die Sache ist deshalb zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen und zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
30
III. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).
31
1. Das Berufungsgericht hat das Vorliegen eines Versicherungsfalles ausdrücklich offen gelassen. Insoweit kommt es darauf an, ob der geltend gemachte Vermögensschaden auf einem fahrlässigen Pflichtenverstoß der früheren Sachbearbeiterin der Klägerin beruht. Das ist mangels entgegenstehender Feststellungen des Berufungsgerichts für das Revisionsverfahren zu unterstellen. Das Berufungsgericht wird hierzu gegebenenfalls noch weitere Feststellungen zu treffen haben.
32
Ein Anspruch gegen die Beklagte scheitert auch nicht an dem Ausscheiden ihrer Rechtsvorgänger aus der Versicherung mit Abschluss des Rahmenabkommens für 2002 oder an der zeitlichen Begrenzung nach Ziffer 5 des Rahmenabkommens für 1996.
33
a) Für den etwaigen Versicherungsfall gilt - wie zwischen den Parteien inzwischen auch unstreitig ist - ausschließlich das Rahmenabkommen für das Jahr 1996. Denn der - nach dem revisionsrechtlich maßgeblichen Sachverhalt zugunsten der Klägerin zu unterstellende - Versicherungsfall ist im Jahre 1996 eingetreten, als die fehlerhafte Sachbearbeitung erfolgte.
34
Das Rahmenabkommen für 2002, durch das die Rechtsvorgänger der Beklagten aus dem Versicherungsvertrag ausgeschieden sind, hat hieran nichts geändert; dies konnte nur für zukünftige, noch nicht eingetretene Versicherungsfälle von Bedeutung sein.

35
b) Nach dem revisionsrechtlich maßgeblichen Sachverhalt steht weiter nicht fest, dass ein etwaiger Anspruch der Klägerin an der zeitlichen Begrenzung in Ziffer 5 des Rahmenabkommens 1996 scheitert.
36
Allerdings hat die Klägerin den behaupteten Versicherungsfall frühestens im Jahre 2001 gemeldet und damit mehr als drei Jahre, nachdem ein neues Rahmenabkommen für 1997 geschlossen worden war. Es fehlt jedoch an Feststellungen, ob hierdurch der vorher bestehende Versicherungsvertrag endete und durch einen neuen Vertrag ersetzt wurde oder ob im Abschluss des neuen Rahmenabkommens eine bloße Vertragsänderung zu sehen ist.
37
Maßgeblich hierfür ist der aus den gesamten Fallumständen zu ermittelnde Wille der Vertragsparteien, der seinen Niederschlag in den Vertragsverhandlungen und Vertragserklärungen gefunden haben muss. Dabei kann die Veränderung wesentlicher Vertragsinhalte, etwa des versicherten Risikos, des versicherten Objekts, der Vertragsdauer, der Vertragsparteien und der Gesamtversicherungssumme für einen neuen Vertrag sprechen (Senatsbeschlüsse vom 21. März 2012 - IV ZR 204/10, IV ZR 1IV ZR 115/11, juris Rn. 10; vom 21. September 2011 - IV ZR 38/09 "HEROS II", VersR 2011, 1563 Rn. 21; jeweils m.w.N.). Im Streitfall könnten andererseits die Umstände, dass die geänderten Rahmenabkommen nur über die Ausstellung von Nachträgen zum Versicherungsschein (in denen noch im Nachtrag Nr. 21 vom 8. März 2004 als Vertragsbeginn weiter der 1. Januar 1995 genannt ist) einbezogen wurden und dass das versicherte Risiko gleich geblieben ist, mögliche Indizien für einen auf Fortführung des bestehenden Vertrages gerichteten Parteiwillen sein (vgl. dazu im Einzelnen OLG Frankfurt, Urteil vom 22. Juli 2013 - 7 U 276/12, nicht veröffentlicht; s. Senatsurteil IV ZR 303/13 vom heutigen Tage). Feststellungen dazu hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent - bislang nicht getroffen.
38
2. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist auch eine Verjährung des etwaigen Anspruchs der Klägerin aus der Versicherung nicht feststellbar.
39
a) Die Verjährung richtet sich im Streitfall noch nach § 12 Abs. 1 Satz 2 VVG a.F.; sie begann daher mit dem Schluss des Jahres, in welchem die Leistung verlangt werden konnte, so dass die Fälligkeit des Anspruchs gemäß § 11 VVG a.F. den Zeitpunkt des Verjährungsbeginns bestimmt. Selbst wenn man zugunsten der Beklagten davon ausgeht, dass dies schon Ende 2002 der Fall war, weil alle zur Prüfung notwendigen Unterlagen im Jahre 2002 vorlagen, lässt sich ein Ablauf der Verjährungsfrist vor Beantragung des Mahnbescheids im Dezember 2011, die zu einer Hemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB führte, nicht feststellen. Der Lauf der Verjährung war bereits zuvor für längere Zeiträume gehemmt.
40
b) Gleichzeitig mit dem Beginn der Verjährung trat hier zunächst eine Hemmung gemäß § 12 Abs. 2 VVG a.F. ein, die bis zur Leistungsablehnung des führenden Versicherers am 23. März 2009 andauerte. Entgegen der von der Beklagten in den Vorinstanzen vertretenen Auffassung kommt eine vorzeitige Beendigung dieser Hemmung im Hinblick auf die jahrelange Untätigkeit der Klägerin nicht in Betracht.
41
Zwar hat der Bundesgerichtshof zu der § 12 Abs. 2 VVG a.F. entsprechenden Regelung des § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG a.F. entschieden, dass die Bestimmung, nach der die Verjährungshemmung nur durch schriftlichen Bescheid des Versicherers enden solle, dann keine Berechtigung mehr habe, wenn die Erteilung eines schriftlichen Bescheids keinen Sinn mehr hätte und nur reine Förmelei wäre, weil der Geschädigte die angemeldeten Ansprüche offensichtlich nicht weiterverfolge und auf einen endgültigen Bescheid des Versicherers gar nicht mehr warte (BGH, Urteil vom 14. Dezember 1976 - VI ZR 1/76, VersR 1977, 335 unter II 3 a); er hat aber auch klargestellt, dass allein die bloße Untätigkeit des Geschädigten über einen längeren Zeitraum nicht genüge, um diese Voraussetzung zu bejahen (BGH aaO). In ähnlicher Weise hat der Senat zu den Auswirkungen einer bloßen Untätigkeit des Gläubigers für die Frage des Verjährungsbeginns ausgeführt, dass es für einen vorzeitigen Verjährungsbeginn aufgrund treuwidrigen Verhaltens des Versicherungsnehmers nicht ausreiche, wenn dieser einen Anspruch nur verspätet geltend mache (Senatsurteil vom 13. März 2002 - IV ZR 40/01, VersR 2002, 698 unter 2 b); auch danach müssten also weitere Umstände zu einer bloßen Untätigkeit hinzukommen.
42
Andere Umstände als die Untätigkeit der Klägerin sind aber auch im Streitfall nicht ersichtlich.
43
c) Allerdings wäre bei einem Verjährungsbeginn im Jahre 2002 eine Hemmung nur bis Ende März 2009 unzureichend, weil bis zum Mahnbescheidsantrag im Dezember 2011 nochmals mehr als zwei Jahre vergingen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Klägerin bei einem Hinweis des Gerichts auf diesen Umstand, der jedenfalls vor einer auf Verjährung gestützten Klageabweisung nach § 139 ZPO erforderlich gewesen wäre, auch in diesem Verfahren schon früher dazu vorgetragen hätte, dass nach der Leistungsablehnung durch den führenden Versiche- rer noch Verhandlungen geführt worden sind, so wie dies die Klägerin in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 20. Juni 2013 geltend gemacht hat und wie es auch in den dem Senat vorliegenden Parallelverfahren gegen die anderen beteiligten Versicherer vor dem Oberlandesgericht Celle und dem Oberlandesgericht Frankfurt geschehen ist.
44
Insoweit kommt eine weitere Hemmung gemäß § 203 BGB in Betracht , zu der allerdings noch keine Feststellungen getroffen sind.
45
3. Für eine Verwirkung des Anspruchs ist die bloße Untätigkeit der Klägerin aus den vorgenannten Gründen ebenfalls unzureichend.
Mayen Wendt Felsch
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 30.07.2012- 24 O 43/12 -
OLG Köln, Entscheidung vom 25.06.2013 - 9 U 187/12 -

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Versicherungsrecht: Zum Umfang der Sachverhaltsermittlung bei Aufklärungsobliegenheit

17.12.2014

Im Rahmen der Aufklärungsobliegenheit entscheidet grundsätzlich der Versicherer, welche Angaben er zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält.
Versicherungsrecht

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Gesetz über den Versicherungsvertrag


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 139 Materielle Prozessleitung


(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über

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(1) Die Verjährung wird gehemmt durch1.die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,1a.die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 561 Revisionszurückweisung


Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 156 Wiedereröffnung der Verhandlung


(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen. (2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn 1. das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295),

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 203 Hemmung der Verjährung bei Verhandlungen


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Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 6 Beratung des Versicherungsnehmers


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Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 12 Versicherungsperiode


Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

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(1) Wird bei einem auf eine bestimmte Zeit eingegangenen Versicherungsverhältnis im Voraus eine Verlängerung für den Fall vereinbart, dass das Versicherungsverhältnis nicht vor Ablauf der Vertragszeit gekündigt wird, ist die Verlängerung unwirksam, s

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Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Sept. 2011 - IV ZR 38/09

bei uns veröffentlicht am 21.09.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZR 38/09 vom 21. September 2011 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja HEROS II BGB § 123 Ein im Voraus vertraglich vereinbarter Ausschluss der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist mit dem

Bundesgerichtshof Urteil, 13. März 2002 - IV ZR 40/01

bei uns veröffentlicht am 13.03.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 40/01 Verkündet am: 13. März 2002 Heinekamp Justizobersekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja _

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juli 2014 - V ZR 291/13

bei uns veröffentlicht am 18.07.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 291/13 Verkündet am: 18. Juli 2014 Weschenfelder Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Jan. 2005 - IV ZR 239/03

bei uns veröffentlicht am 26.01.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 239/03 Verkündet am: 26. Januar 2005 Heinekamp Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja _____________________ AKB §
4 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 22. Okt. 2014 - IV ZR 242/13.

Oberlandesgericht Hamm Urteil, 16. Nov. 2018 - 20 U 50/18

bei uns veröffentlicht am 16.11.2018

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das am 5. Februar 2018 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster teilweise abgeändert und die Klage vollständig abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Klägerin zur Last. Das

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Apr. 2017 - IV ZR 126/16

bei uns veröffentlicht am 26.04.2017

Tenor Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 15. April 2016 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über di

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Feb. 2017 - IV ZR 289/14

bei uns veröffentlicht am 22.02.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 289/14 Verkündet am: 22. Februar 2017 Heinekamp Amtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja VVG §

Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Apr. 2016 - IV ZR 152/14

bei uns veröffentlicht am 13.04.2016

Tenor Auf die Beschwerde der Beklagten wird die Revision gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 27. März 2014 zugelassen.

Referenzen

Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

(1) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags zu dokumentieren.

(2) Für die Übermittlung des erteilten Rats und der Gründe hierfür gilt § 6a.

(3) Der Versicherungsnehmer kann auf die Beratung und Dokumentation nach den Absätzen 1 und 2 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, in der er vom Versicherer ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich ein Verzicht nachteilig auf seine Möglichkeit auswirken kann, gegen den Versicherer einen Schadensersatzanspruch nach Absatz 5 geltend zu machen. Handelt es sich um einen Vertrag im Fernabsatz im Sinn des § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs, kann der Versicherungsnehmer in Textform verzichten.

(4) Die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 besteht auch nach Vertragsschluss während der Dauer des Versicherungsverhältnisses, soweit für den Versicherer ein Anlass für eine Nachfrage und Beratung des Versicherungsnehmers erkennbar ist; Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend. Der Versicherungsnehmer kann im Einzelfall auf eine Beratung durch schriftliche Erklärung verzichten.

(5) Verletzt der Versicherer eine Verpflichtung nach Absatz 1, 2 oder 4, ist er dem Versicherungsnehmer zum Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Versicherer die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind auf Versicherungsverträge über ein Großrisiko im Sinn des § 210 Absatz 2 nicht anzuwenden, ferner dann nicht, wenn der Vertrag mit dem Versicherungsnehmer von einem Versicherungsmakler vermittelt wird.

(1) Der Versicherer muss fällige Prämien oder sonstige ihm auf Grund des Vertrags zustehende Zahlungen vom Versicherten bei einer Versicherung für fremde Rechnung, von einem Bezugsberechtigten, der ein Recht auf die Leistung des Versicherers erworben hat, sowie von einem Pfandgläubiger auch dann annehmen, wenn er die Zahlung nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs zurückweisen könnte.

(2) Ein Pfandrecht an der Versicherungsforderung kann auch wegen der Beträge einschließlich ihrer Zinsen geltend gemacht werden, die der Pfandgläubiger zur Zahlung von Prämien oder zu sonstigen dem Versicherer auf Grund des Vertrags zustehenden Zahlungen verwendet hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 239/03 Verkündet am:
26. Januar 2005
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
AKB § 7 I Nr. 2 Satz 3 - Musterbedingungen Stand Oktober 1996
1. Die Rechtsfolgen einer Obliegenheitsverletzung treten nicht bereits kraft
Gesetzes und ohne weiteres Zutun des Versicherers ein. Die Inanspruchnahme
der vertraglich ausbedungenen Leistungsfreiheit hängt deshalb von
einer Entschließung des Versicherers ab, die gegenüber dem Versicherungsnehmer
zu erklären ist.
2. Aufklärungsobliegenheiten - wie die des § 7 I Nr. 2 Satz 3 AKB - dienen
dem Zweck, den Versicherer in die Lage zu versetzen, sachgemäße Entschlüsse
zu fassen. Fehlt das entsprechende Aufklärungsbedürfnis des
Versicherers deshalb, weil er einen maßgeblichen Umstand bereits kennt,
so verletzen unzulängliche Angaben des Versicherungsnehmers über diesen
Umstand keine schutzwürdigen Interessen des Versicherers und können
deshalb die Sanktion der Leistungsfreiheit des Versicherers nicht
rechtfertigen.
BGH, Urteil vom 26. Januar 2005 - IV ZR 239/03 - OLG München
LG Ingolstadt
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Januar 2005

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 14. Oktober 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger, ein in Deutschland lebender italienisc her Staatsangehöriger , behauptet, der von ihm geleaste, bei der Beklagten seit November 1998 kaskoversicherte … , sei ihm während eines Besuches bei Verwandten am 27. Juni 2000 in N. gestohlen worden. Er fordert deshalb von der Beklagten Versicherungsleistungen in Höhe von 33.436,80 €.

Das genannte Fahrzeug war am 31. Januar 2000 besch ädigt worden , nachdem es auf Glatteis von der Straße abgekommen und gegen eine Leitplanke geprallt war. Seinerzeit hatte die Beklagte einen Kaskoschaden in Höhe von 10.918,69 DM reguliert.
Am 3. Juli 2000 erstattete der Kläger gegenüber ei nem Mitarbeiter der Beklagten telefonisch eine Schadensmeldung wegen des Diebstahls des Fahrzeuges. Ein aufgrund dieser telefonischen Angaben bereits ausgefüllter Fragebogen wurde dem Kläger sodann zugefaxt, von ihm unterschrieben und schließlich der Beklagten zugeleitet. Bei der Frage nach früheren Unfallschäden ist die Antwort "nein" angekreuzt.
Der Kläger behauptet, am 27. Juni 2000 habe er in N. seinen Schwager nach dessen Arbeitsunfall in ein Krankenhaus gefahren. Während der Behandlung des Verletzten sei der ordnungsgemäß verschlossene und mit einer Wegfahrsperre gesicherte … von einem bewachten Parkplatz vor dem Krankenhaus gestohlen worden. Der Parkplatzwächter habe sich später daran erinnert, daß ein gut gekleideter Mann mit einem Aktenkoffer in das Fahrzeug gestiegen und damit weggefahren sei. Er, der Kläger, sei mit seinem Sohn noch am selben Abend mit der Bahn nach Deutschland zurückgereist.
Die Beklagte hält den Diebstahl für vorgetäuscht. Dafür spreche insbesondere, daß dem ihr vom Kläger übersandten, nach seiner Behauptung noch unmittelbar vor dem Diebstahl benutzten, Fahrzeugschlüssel Nr. 2 der für die Deaktivierung der Wegfahrsperre erforderliche Transponder gefehlt habe. Auch sei die Darstellung des Klägers zu den Umständen seiner sofortigen Abreise per Bahn wenig glaubhaft. Eine er-

hebliche Verletzung des Versicherungsvertrages, welche sich negativ auf die Glaubwürdigkeit des Klägers auswirke, liege ferner darin, daß er bei Beantwortung des Fragebogens den Vorschaden aus Januar 2000 verschwiegen habe, der zu einer merkantilen Wertminderung des Fahrzeugs geführt habe.
Der Kläger verweist darauf, daß die Beklagte den v on ihr selbst regulierten Vorschaden gekannt habe; insofern habe es keinen Sinn gemacht , diesen Vorschaden zu verschweigen. Er habe sich lediglich darauf verlassen, daß der Fragebogen durch den von ihm telefonisch unterrichteten Mitarbeiter der Beklagten ordnungsgemäß ausgefüllt worden sei. Im übrigen bestreitet der Kläger, daß der Transponder im Fahrzeugschlüssel Nr. 2 bereits bei dessen Übergabe an Mitarbeiter der Beklagten gefehlt habe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Nach ein em rechtlichen Hinweis darauf, daß im Verschweigen des Vorschadens eine dem Kläger vorwerfbare Obliegenheitsverletzung liegen könne, hat das Berufungsgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt dieser sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefocht enen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht hält die Beklagte deshalb für leistungsfrei, weil es im Verschweigen des bereits früher am versicherten Fahrzeug eingetretenen Unfallschadens eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung des Klägers gesehen hat. Für die insoweit falsche Antwort im Fragebogen der Schadensmeldung habe der Kläger mit seiner Unterschrift ungeachtet dessen die Verantwortung übernommen, daß der Fragebogen zunächst aufgrund telefonischer Angaben des Klägers von einem Mitarbeiter der Beklagten ausgefüllt worden war. Auf den drohenden Verlust des Versicherungsschutzes selbst bei folgenlosen vorsätzlich falschen Angaben sei er schriftlich hingewiesen worden. Der vom Gesetz insoweit ohnehin vermutete Vorsatz des Klägers ergebe sich insbesondere daraus, daß der Unfall zur Zeit des behaupteten Diebstahlsereignisses noch nicht lange zurückgelegen habe und dem Kläger deshalb noch in Erinnerung gewesen sei. Einen geringeren Grad des Verschuldens als Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit habe der Kläger nicht dargetan.
Der Unfallschaden habe sich nicht nur unerheblich auf die Wertbemessung des seinerzeit erst 14 Monate alten Fahrzeugs ausgewirkt, denn auch nach der Reparatur sei der merkantile Wert deutlich vermindert gewesen.
Daß die Beklagte Kenntnis von dem Unfallschaden ge habt habe, ändere am Ergebnis nichts, denn nach der Rechtsprechung (KG VersR 2003, 1119 f.) lasse die Möglichkeit anderweitiger Informationsbeschaffung wegen früherer Erstattungen die Leistungsfreiheit des Versicherers wegen unrichtiger Schadensanzeige nicht entfallen.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Die Revision beanstandet bereits zu Recht, das Berufungsgericht habe übersehen, daß bei einer Obliegenheitsverletzung Leistungsfreiheit des Versicherers nur dann eintritt, wenn er sich gegenüber dem Versicherungsnehmer darauf beruft.

a) Die Rechtsfolgen einer Obliegenheitsverletzung (hier nach § 7 I Nr. 2 Satz 3 AKB i.V. mit § 6 Abs. 3 VVG) treten nicht bereits kraft Gesetzes und ohne weiteres Zutun des Versicherers ein. Vielmehr kann er über die Rechte aus einer Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers disponieren (BGH, Urteile vom 18. Dezember 1989 - II ZR 34/89 - VersR 1990, 384 unter 3; vom 24. April 1974 - IV ZR 202/72 - VersR 1974, 689 unter 2). Das beruht darauf, daß einerseits die den Rechtsfolgen einer Obliegenheitsverletzung innewohnende Verwirkungsregelung allein in seinem Interesse geschaffen worden ist, andererseits der Versicherungsvertrag ein die gegenseitige Rücksichtnahme erforderndes Vertrauensverhältnis schafft, mit dem sich die ausnahmslose Verhängung der Sanktion "Leistungsfreiheit" auch bei Verstößen geringen Gewichts nicht verträgt. Im übrigen erschiene eine von selbst eintretende Leistungsfreiheit auch aus wirtschaftlichen Erwägungen mit Blick auf Ruf und Wettbewerbsfähigkeit eines Versicherers undurchführbar und würde ihn an einer verständigen Handhabung der Verwirkungsregelung hindern. Die Inanspruchnahme des ihm eingeräumten Leistungsverweigerungsrechts hängt deshalb von einer Entschließung des Versicherers ab, die gegenüber dem Versicherungsnehmer zu erklären ist (BGH, Urteil vom 24. April 1974 aaO; vgl. auch Römer in Römer/Langheid , VVG, 2. Aufl. § 6 Rdn. 130; BK-Schwintowski, § 6 Rdn 60; Versi-

cherungsrechts-Handbuch/Heß/Höke, § 29 Rdn. 233; a.A. Prölss in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 6 Rdn 86). Aus der Erklärung muß für den Versicherungsnehmer klar hervorgehen, daß der Versicherer die Leistung gerade wegen der Obliegenheitsverletzung verweigert.

b) An einer solchen Erklärung des Versicherers feh lt es hier.
aa) Die Beklagte hat in erster Instanz den gegen d en Kläger gerichteten Vorwurf, er habe den Vorschaden am versicherten Fahrzeug bei der Diebstahlsschadensmeldung verschwiegen, allein im Zusammenhang mit der Wertberechnung des Fahrzeugs erhoben und ausgeführt, die in der Falschangabe liegende "erhebliche Verletzung der Vertragsbedingungen" wirke sich bei der Frage nach der Glaubwürdigkeit des Klägers negativ aus. Daraus konnte der Kläger nicht sicher entnehmen, ob die Beklagte, die - wovon auch das Berufungsgericht ausgeht - von dem Vorschaden Kenntnis hatte, weil sie ihn selbst reguliert hatte, darüber hinaus auch eine Leistungsfreiheit wegen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit geltend machen wollte oder insoweit selbst annahm, die Voraussetzungen hierfür seien möglicherweise nicht erfüllt.
bb) In zweiter Instanz hat die Beklagte nur am End e der Berufungserwiderung die falschen Angaben betreffend den Vorschaden kurz in Erinnerung gerufen, um damit erneut die Wahrheitsliebe des Klägers in Zweifel zu ziehen. Die rechtliche Konsequenz einer Leistungsverweigerung wegen Obliegenheitsverletzung wird indessen erneut nicht gezogen.

cc) Schließlich hat der Beklagtenvertreter in der mündlichen Berufungsverhandlung zum rechtlichen Hinweis des Berufungsgerichts, es komme auch eine Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung in Betracht, keine Erklärungen abgegeben. Zwar gilt grundsätzlich, daß sich eine Partei die in einer Beweisaufnahme zutage getretenen Umstände jedenfalls hilfsweise zu eigen macht, soweit diese Umstände ihre Rechtsposition zu stützen geeignet sind (vgl. dazu BGH, Urteil vom 3. April 2001 - VI ZR 203/00 - NJW 2001, 2177 unter II 1). Auf die Entschließung und Erklärung des Versicherers, die Leistung wegen einer Obliegenheitsverletzung zu verweigern, lassen sich diese Grundsätze allerdings nicht übertragen. Denn anders als in der vorgenannten Beweisaufnahmesituation , welcher zugrunde liegt, daß die Partei bereits eine bestimmte Rechtsposition eingenommen hat, steht diese Entscheidung vorliegend gerade noch aus und kann das Gericht dem Versicherer die allein von ihm zu treffende Entschließung nicht mittels eines rechtlichen Hinweises abnehmen oder gar diese Entschließung anstelle des Versicherers selbst herbeiführen.
2. Das Berufungsurteil kann auch aus einem weitere n Grund keinen Bestand haben, denn das Berufungsgericht hat die Frage nach dem Vorliegen einer Obliegenheitsverletzung und dem Verschulden des Klägers nicht ausreichend geprüft.

a) Das Berufungsgericht legt seiner Entscheidung o ffenbar zugrunde, der Beklagten sei der von ihr selbst regulierte, im Zeitpunkt der Diebstahlsmeldung erst wenige Monate zurückliegende Kaskoschaden am versicherten Fahrzeug noch bekannt gewesen. Ist aber von solcher Kenntnis der Beklagten auszugehen, so kommt eine Leistungsfrei-

heit wegen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit von vornherein nicht in Betracht.
Zwar ist § 33 Abs. 2 VVG auf die Aufklärungspflich t und die entsprechenden , Obliegenheiten begründenden Versicherungsbedingungen nicht entsprechend anwendbar. Denn diese Regelungen tragen dem Gedanken Rechnung, daß der Versicherer, um sachgemäße Entschlüsse fassen zu können, sich darauf verlassen muß, daß der Versicherungsnehmer von sich aus richtige und lückenlose Angaben über den Versicherungsfall macht. Enttäuscht der Versicherungsnehmer dieses Vertrauen , indem er vorsätzlich Fragen des Versicherers nicht oder nicht richtig beantwortet, so kann er sich hinterher nicht darauf berufen, der Versicherer habe den wahren Sachverhalt von dritter Seite rechtzeitig erfahren oder sich die erforderlichen Kenntnisse anderweitig verschaffen können (BGH, Urteil vom 24. Juni 1981 - IVa ZR 133/80 - VersR 1982,

182).


Diese strengen Anforderungen sind aber nur dann un d solange gerechtfertigt , wie der Versicherer selbst noch keine Kenntnis über die nicht angegebenen Umstände besitzt. Ist es Sinn der Aufklärungsobliegenheit , den Versicherer in die Lage zu versetzten, sachgemäße Entschlüsse fassen zu können, so setzt die Obliegenheit ein entsprechendes Aufklärungsbedürfnis voraus. Fehlt dieses, verletzen unzulängliche Angaben des Versicherungsnehmers keine schutzwürdigen Interessen des Versicherers und können deshalb auch die Sanktion der Leistungsfreiheit nicht rechtfertigen (OLG Hamm VVGE § 7 AKB Nr. 15 und ZfS 1993, 161; OLG Köln VersR 1996, 449 (LS); Knappmann in

Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 7 AKB Rdn 10; Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung 2. Aufl. § 7 AKB Rdn. 43).
Der Hinweis des Berufungsgerichts auf die Entschei dung des Kammergerichts vom 5. September 2003 (VersR 2003, 1119 f.) steht dem nicht entgegen. Dort hätte der Versicherer nach falschen Angaben des Versicherungsnehmers zu lange zurückliegenden Vorerkrankungen lediglich die Möglichkeit gehabt, nach einer Recherche in seinem Archiv und Auswertung von Versicherungsfällen, die mehr als 20 Jahre zurücklagen, herauszufinden, daß der Versicherungsnehmer bei seiner Schadensmeldung unrichtige Angaben gemacht hatte. Das Kammergericht hat zu Recht angenommen, zu einer solchen Nachforschung sei der Versicherer nicht verpflichtet.

b) Abgesehen davon tragen die Erwägungen des Beruf ungsgerichts zum Verschulden des Versicherungsnehmers den Umständen des Falles nicht vollständig Rechnung.
Zwar vermutet das Gesetz in § 6 Abs. 3 VVG zunächs t, der Versicherungsnehmer habe eine (objektiv gegebene) Obliegenheitsverletzung vorsätzlich begangen, solange er nicht in der Lage ist, einen geringeren Grad des Verschuldens nachzuweisen. Anders als das Berufungsgericht meint, liegen im vorliegenden Fall jedoch Umstände vor, die es nahe legen , jedenfalls von einem geringeren Grad des Verschuldens auszugehen , und die deshalb im Rahmen einer umfassenden Abwägung hätten geprüft werden müssen.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß der Frag ebogen zur Schadensmeldung von einem Mitarbeiter der Beklagten nach dessen Telefongespräch mit dem Kläger ausgefüllt wurde. Bei dieser Sachlage spricht viel dafür, daß die Antwort auf die Frage nach Vorschäden von dem Mitarbeiter der Beklagten angekreuzt worden ist und der den Kläger treffende Vorwurf sich darin erschöpft, den bereits ausgefüllten Fragebogen vor Unterzeichnung nicht mehr genau durchgelesen zu haben. Dafür , daß der Kläger die Beklagte vorsätzlich über den Wert des Fahrzeuges täuschen wollte, spricht mit Blick auf die kurz zuvor erfolgte Regulierung des Kaskoschadens durch die Beklagte von vornherein wenig. Er hat sich denn auch in der Berufungsverhandlung dahin eingelassen, es habe keinen Sinn gemacht, den Vorschaden zu verschweigen, da dies ja doch "aufgekommen wäre". Er habe sich darauf verlassen, daß der Fragebogen vom Vertreter der Beklagten bereits ordnungsgemäß ausgefüllt gewesen sei. Die Erwägung des Berufungsgerichts, allein der geringe Zeitabstand zwischen dem Vorschaden und der Schadensmeldung verdeutliche das vorsätzliche Verschweigen des Vorschadens, schöpft diesen Vortrag des Klägers ersichtlich nicht aus.

c) Schließlich kommt hinzu: Selbst wenn von einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung auszugehen wäre, bliebe festzustellen, ob - abgesehen von der (dann gegebenen) generellen Eignung der Obliegenheitsverletzung , Interessen des Versicherers zu schädigen - den Kläger der Vorwurf eines erheblichen Verschuldens trifft (Relevanzrechtsprechung , vgl. die Nachweise bei Römer, aaO § 6 Rdn. 54 ff.). Unbeschadet der Beweislast des Versicherungsnehmers hätte das Berufungsgericht auch insoweit - wie zum Verschulden allgemein (vgl. dazu oben b) - so-

wohl den unstreitigen Sachverhalt wie auch die Einlassung des Klägers in seine Erwägungen einbeziehen müssen.
Da das Berufungsgericht zum Eintritt des Versicher ungsfalles keine Feststellungen getroffen hat, war das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen tatrichterlichen Verhandlung zurückzuverweisen.
Terno Dr. Schlichting Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

(1) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags zu dokumentieren.

(2) Für die Übermittlung des erteilten Rats und der Gründe hierfür gilt § 6a.

(3) Der Versicherungsnehmer kann auf die Beratung und Dokumentation nach den Absätzen 1 und 2 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, in der er vom Versicherer ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich ein Verzicht nachteilig auf seine Möglichkeit auswirken kann, gegen den Versicherer einen Schadensersatzanspruch nach Absatz 5 geltend zu machen. Handelt es sich um einen Vertrag im Fernabsatz im Sinn des § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs, kann der Versicherungsnehmer in Textform verzichten.

(4) Die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 besteht auch nach Vertragsschluss während der Dauer des Versicherungsverhältnisses, soweit für den Versicherer ein Anlass für eine Nachfrage und Beratung des Versicherungsnehmers erkennbar ist; Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend. Der Versicherungsnehmer kann im Einzelfall auf eine Beratung durch schriftliche Erklärung verzichten.

(5) Verletzt der Versicherer eine Verpflichtung nach Absatz 1, 2 oder 4, ist er dem Versicherungsnehmer zum Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Versicherer die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind auf Versicherungsverträge über ein Großrisiko im Sinn des § 210 Absatz 2 nicht anzuwenden, ferner dann nicht, wenn der Vertrag mit dem Versicherungsnehmer von einem Versicherungsmakler vermittelt wird.

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

21
(2) Das von den Feststellungen im Berufungsurteil abweichende Vorbringen des Beklagten in einem nachgereichten, nicht nachgelassenen Schriftsatz, in dem er erstmals vorgetragen hat, dass der Erwerber die alte Tonrohrmelioration weiter benutze, während die LPG-Melioration für ihn nicht den geringsten Ertrag abwerfe und sich als eine reine Störung darstelle, ist auch in der Revisionsinstanz nicht zu berücksichtigen. Diesen Vortrag hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei nach § 296a Satz 1 ZPO nicht der Entscheidung zugrunde gelegt und darin auch keinen Grund für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 Abs. 1 ZPO gesehen. Der von der Revision erhobene Vorwurf einer Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG geht ins Leere, da das Berufungsgericht das Vorbringen zur Kenntnis genommen und in seinem Urteil wiedergegeben, aber verfahrensfehlerfrei nach § 296a Satz 1 ZPO nicht mehr zugelassen hat. Die Ablehnung einer nach § 156 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Gerichts liegenden Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist der Rechtsprüfung des Revisionsgerichts entzogen, sofern sie nicht mit rechtsfehlerhaften Erwägungen begründet ist, wofür hier von der Revision jedoch nichts dargelegt worden ist (vgl. Senat, Urteil vom 21. Februar 1986 - V ZR 246/84, NJW 1986, 1867,

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 239/03 Verkündet am:
26. Januar 2005
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
AKB § 7 I Nr. 2 Satz 3 - Musterbedingungen Stand Oktober 1996
1. Die Rechtsfolgen einer Obliegenheitsverletzung treten nicht bereits kraft
Gesetzes und ohne weiteres Zutun des Versicherers ein. Die Inanspruchnahme
der vertraglich ausbedungenen Leistungsfreiheit hängt deshalb von
einer Entschließung des Versicherers ab, die gegenüber dem Versicherungsnehmer
zu erklären ist.
2. Aufklärungsobliegenheiten - wie die des § 7 I Nr. 2 Satz 3 AKB - dienen
dem Zweck, den Versicherer in die Lage zu versetzen, sachgemäße Entschlüsse
zu fassen. Fehlt das entsprechende Aufklärungsbedürfnis des
Versicherers deshalb, weil er einen maßgeblichen Umstand bereits kennt,
so verletzen unzulängliche Angaben des Versicherungsnehmers über diesen
Umstand keine schutzwürdigen Interessen des Versicherers und können
deshalb die Sanktion der Leistungsfreiheit des Versicherers nicht
rechtfertigen.
BGH, Urteil vom 26. Januar 2005 - IV ZR 239/03 - OLG München
LG Ingolstadt
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Januar 2005

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 14. Oktober 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger, ein in Deutschland lebender italienisc her Staatsangehöriger , behauptet, der von ihm geleaste, bei der Beklagten seit November 1998 kaskoversicherte … , sei ihm während eines Besuches bei Verwandten am 27. Juni 2000 in N. gestohlen worden. Er fordert deshalb von der Beklagten Versicherungsleistungen in Höhe von 33.436,80 €.

Das genannte Fahrzeug war am 31. Januar 2000 besch ädigt worden , nachdem es auf Glatteis von der Straße abgekommen und gegen eine Leitplanke geprallt war. Seinerzeit hatte die Beklagte einen Kaskoschaden in Höhe von 10.918,69 DM reguliert.
Am 3. Juli 2000 erstattete der Kläger gegenüber ei nem Mitarbeiter der Beklagten telefonisch eine Schadensmeldung wegen des Diebstahls des Fahrzeuges. Ein aufgrund dieser telefonischen Angaben bereits ausgefüllter Fragebogen wurde dem Kläger sodann zugefaxt, von ihm unterschrieben und schließlich der Beklagten zugeleitet. Bei der Frage nach früheren Unfallschäden ist die Antwort "nein" angekreuzt.
Der Kläger behauptet, am 27. Juni 2000 habe er in N. seinen Schwager nach dessen Arbeitsunfall in ein Krankenhaus gefahren. Während der Behandlung des Verletzten sei der ordnungsgemäß verschlossene und mit einer Wegfahrsperre gesicherte … von einem bewachten Parkplatz vor dem Krankenhaus gestohlen worden. Der Parkplatzwächter habe sich später daran erinnert, daß ein gut gekleideter Mann mit einem Aktenkoffer in das Fahrzeug gestiegen und damit weggefahren sei. Er, der Kläger, sei mit seinem Sohn noch am selben Abend mit der Bahn nach Deutschland zurückgereist.
Die Beklagte hält den Diebstahl für vorgetäuscht. Dafür spreche insbesondere, daß dem ihr vom Kläger übersandten, nach seiner Behauptung noch unmittelbar vor dem Diebstahl benutzten, Fahrzeugschlüssel Nr. 2 der für die Deaktivierung der Wegfahrsperre erforderliche Transponder gefehlt habe. Auch sei die Darstellung des Klägers zu den Umständen seiner sofortigen Abreise per Bahn wenig glaubhaft. Eine er-

hebliche Verletzung des Versicherungsvertrages, welche sich negativ auf die Glaubwürdigkeit des Klägers auswirke, liege ferner darin, daß er bei Beantwortung des Fragebogens den Vorschaden aus Januar 2000 verschwiegen habe, der zu einer merkantilen Wertminderung des Fahrzeugs geführt habe.
Der Kläger verweist darauf, daß die Beklagte den v on ihr selbst regulierten Vorschaden gekannt habe; insofern habe es keinen Sinn gemacht , diesen Vorschaden zu verschweigen. Er habe sich lediglich darauf verlassen, daß der Fragebogen durch den von ihm telefonisch unterrichteten Mitarbeiter der Beklagten ordnungsgemäß ausgefüllt worden sei. Im übrigen bestreitet der Kläger, daß der Transponder im Fahrzeugschlüssel Nr. 2 bereits bei dessen Übergabe an Mitarbeiter der Beklagten gefehlt habe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Nach ein em rechtlichen Hinweis darauf, daß im Verschweigen des Vorschadens eine dem Kläger vorwerfbare Obliegenheitsverletzung liegen könne, hat das Berufungsgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt dieser sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefocht enen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht hält die Beklagte deshalb für leistungsfrei, weil es im Verschweigen des bereits früher am versicherten Fahrzeug eingetretenen Unfallschadens eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung des Klägers gesehen hat. Für die insoweit falsche Antwort im Fragebogen der Schadensmeldung habe der Kläger mit seiner Unterschrift ungeachtet dessen die Verantwortung übernommen, daß der Fragebogen zunächst aufgrund telefonischer Angaben des Klägers von einem Mitarbeiter der Beklagten ausgefüllt worden war. Auf den drohenden Verlust des Versicherungsschutzes selbst bei folgenlosen vorsätzlich falschen Angaben sei er schriftlich hingewiesen worden. Der vom Gesetz insoweit ohnehin vermutete Vorsatz des Klägers ergebe sich insbesondere daraus, daß der Unfall zur Zeit des behaupteten Diebstahlsereignisses noch nicht lange zurückgelegen habe und dem Kläger deshalb noch in Erinnerung gewesen sei. Einen geringeren Grad des Verschuldens als Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit habe der Kläger nicht dargetan.
Der Unfallschaden habe sich nicht nur unerheblich auf die Wertbemessung des seinerzeit erst 14 Monate alten Fahrzeugs ausgewirkt, denn auch nach der Reparatur sei der merkantile Wert deutlich vermindert gewesen.
Daß die Beklagte Kenntnis von dem Unfallschaden ge habt habe, ändere am Ergebnis nichts, denn nach der Rechtsprechung (KG VersR 2003, 1119 f.) lasse die Möglichkeit anderweitiger Informationsbeschaffung wegen früherer Erstattungen die Leistungsfreiheit des Versicherers wegen unrichtiger Schadensanzeige nicht entfallen.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Die Revision beanstandet bereits zu Recht, das Berufungsgericht habe übersehen, daß bei einer Obliegenheitsverletzung Leistungsfreiheit des Versicherers nur dann eintritt, wenn er sich gegenüber dem Versicherungsnehmer darauf beruft.

a) Die Rechtsfolgen einer Obliegenheitsverletzung (hier nach § 7 I Nr. 2 Satz 3 AKB i.V. mit § 6 Abs. 3 VVG) treten nicht bereits kraft Gesetzes und ohne weiteres Zutun des Versicherers ein. Vielmehr kann er über die Rechte aus einer Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers disponieren (BGH, Urteile vom 18. Dezember 1989 - II ZR 34/89 - VersR 1990, 384 unter 3; vom 24. April 1974 - IV ZR 202/72 - VersR 1974, 689 unter 2). Das beruht darauf, daß einerseits die den Rechtsfolgen einer Obliegenheitsverletzung innewohnende Verwirkungsregelung allein in seinem Interesse geschaffen worden ist, andererseits der Versicherungsvertrag ein die gegenseitige Rücksichtnahme erforderndes Vertrauensverhältnis schafft, mit dem sich die ausnahmslose Verhängung der Sanktion "Leistungsfreiheit" auch bei Verstößen geringen Gewichts nicht verträgt. Im übrigen erschiene eine von selbst eintretende Leistungsfreiheit auch aus wirtschaftlichen Erwägungen mit Blick auf Ruf und Wettbewerbsfähigkeit eines Versicherers undurchführbar und würde ihn an einer verständigen Handhabung der Verwirkungsregelung hindern. Die Inanspruchnahme des ihm eingeräumten Leistungsverweigerungsrechts hängt deshalb von einer Entschließung des Versicherers ab, die gegenüber dem Versicherungsnehmer zu erklären ist (BGH, Urteil vom 24. April 1974 aaO; vgl. auch Römer in Römer/Langheid , VVG, 2. Aufl. § 6 Rdn. 130; BK-Schwintowski, § 6 Rdn 60; Versi-

cherungsrechts-Handbuch/Heß/Höke, § 29 Rdn. 233; a.A. Prölss in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 6 Rdn 86). Aus der Erklärung muß für den Versicherungsnehmer klar hervorgehen, daß der Versicherer die Leistung gerade wegen der Obliegenheitsverletzung verweigert.

b) An einer solchen Erklärung des Versicherers feh lt es hier.
aa) Die Beklagte hat in erster Instanz den gegen d en Kläger gerichteten Vorwurf, er habe den Vorschaden am versicherten Fahrzeug bei der Diebstahlsschadensmeldung verschwiegen, allein im Zusammenhang mit der Wertberechnung des Fahrzeugs erhoben und ausgeführt, die in der Falschangabe liegende "erhebliche Verletzung der Vertragsbedingungen" wirke sich bei der Frage nach der Glaubwürdigkeit des Klägers negativ aus. Daraus konnte der Kläger nicht sicher entnehmen, ob die Beklagte, die - wovon auch das Berufungsgericht ausgeht - von dem Vorschaden Kenntnis hatte, weil sie ihn selbst reguliert hatte, darüber hinaus auch eine Leistungsfreiheit wegen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit geltend machen wollte oder insoweit selbst annahm, die Voraussetzungen hierfür seien möglicherweise nicht erfüllt.
bb) In zweiter Instanz hat die Beklagte nur am End e der Berufungserwiderung die falschen Angaben betreffend den Vorschaden kurz in Erinnerung gerufen, um damit erneut die Wahrheitsliebe des Klägers in Zweifel zu ziehen. Die rechtliche Konsequenz einer Leistungsverweigerung wegen Obliegenheitsverletzung wird indessen erneut nicht gezogen.

cc) Schließlich hat der Beklagtenvertreter in der mündlichen Berufungsverhandlung zum rechtlichen Hinweis des Berufungsgerichts, es komme auch eine Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung in Betracht, keine Erklärungen abgegeben. Zwar gilt grundsätzlich, daß sich eine Partei die in einer Beweisaufnahme zutage getretenen Umstände jedenfalls hilfsweise zu eigen macht, soweit diese Umstände ihre Rechtsposition zu stützen geeignet sind (vgl. dazu BGH, Urteil vom 3. April 2001 - VI ZR 203/00 - NJW 2001, 2177 unter II 1). Auf die Entschließung und Erklärung des Versicherers, die Leistung wegen einer Obliegenheitsverletzung zu verweigern, lassen sich diese Grundsätze allerdings nicht übertragen. Denn anders als in der vorgenannten Beweisaufnahmesituation , welcher zugrunde liegt, daß die Partei bereits eine bestimmte Rechtsposition eingenommen hat, steht diese Entscheidung vorliegend gerade noch aus und kann das Gericht dem Versicherer die allein von ihm zu treffende Entschließung nicht mittels eines rechtlichen Hinweises abnehmen oder gar diese Entschließung anstelle des Versicherers selbst herbeiführen.
2. Das Berufungsurteil kann auch aus einem weitere n Grund keinen Bestand haben, denn das Berufungsgericht hat die Frage nach dem Vorliegen einer Obliegenheitsverletzung und dem Verschulden des Klägers nicht ausreichend geprüft.

a) Das Berufungsgericht legt seiner Entscheidung o ffenbar zugrunde, der Beklagten sei der von ihr selbst regulierte, im Zeitpunkt der Diebstahlsmeldung erst wenige Monate zurückliegende Kaskoschaden am versicherten Fahrzeug noch bekannt gewesen. Ist aber von solcher Kenntnis der Beklagten auszugehen, so kommt eine Leistungsfrei-

heit wegen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit von vornherein nicht in Betracht.
Zwar ist § 33 Abs. 2 VVG auf die Aufklärungspflich t und die entsprechenden , Obliegenheiten begründenden Versicherungsbedingungen nicht entsprechend anwendbar. Denn diese Regelungen tragen dem Gedanken Rechnung, daß der Versicherer, um sachgemäße Entschlüsse fassen zu können, sich darauf verlassen muß, daß der Versicherungsnehmer von sich aus richtige und lückenlose Angaben über den Versicherungsfall macht. Enttäuscht der Versicherungsnehmer dieses Vertrauen , indem er vorsätzlich Fragen des Versicherers nicht oder nicht richtig beantwortet, so kann er sich hinterher nicht darauf berufen, der Versicherer habe den wahren Sachverhalt von dritter Seite rechtzeitig erfahren oder sich die erforderlichen Kenntnisse anderweitig verschaffen können (BGH, Urteil vom 24. Juni 1981 - IVa ZR 133/80 - VersR 1982,

182).


Diese strengen Anforderungen sind aber nur dann un d solange gerechtfertigt , wie der Versicherer selbst noch keine Kenntnis über die nicht angegebenen Umstände besitzt. Ist es Sinn der Aufklärungsobliegenheit , den Versicherer in die Lage zu versetzten, sachgemäße Entschlüsse fassen zu können, so setzt die Obliegenheit ein entsprechendes Aufklärungsbedürfnis voraus. Fehlt dieses, verletzen unzulängliche Angaben des Versicherungsnehmers keine schutzwürdigen Interessen des Versicherers und können deshalb auch die Sanktion der Leistungsfreiheit nicht rechtfertigen (OLG Hamm VVGE § 7 AKB Nr. 15 und ZfS 1993, 161; OLG Köln VersR 1996, 449 (LS); Knappmann in

Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 7 AKB Rdn 10; Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung 2. Aufl. § 7 AKB Rdn. 43).
Der Hinweis des Berufungsgerichts auf die Entschei dung des Kammergerichts vom 5. September 2003 (VersR 2003, 1119 f.) steht dem nicht entgegen. Dort hätte der Versicherer nach falschen Angaben des Versicherungsnehmers zu lange zurückliegenden Vorerkrankungen lediglich die Möglichkeit gehabt, nach einer Recherche in seinem Archiv und Auswertung von Versicherungsfällen, die mehr als 20 Jahre zurücklagen, herauszufinden, daß der Versicherungsnehmer bei seiner Schadensmeldung unrichtige Angaben gemacht hatte. Das Kammergericht hat zu Recht angenommen, zu einer solchen Nachforschung sei der Versicherer nicht verpflichtet.

b) Abgesehen davon tragen die Erwägungen des Beruf ungsgerichts zum Verschulden des Versicherungsnehmers den Umständen des Falles nicht vollständig Rechnung.
Zwar vermutet das Gesetz in § 6 Abs. 3 VVG zunächs t, der Versicherungsnehmer habe eine (objektiv gegebene) Obliegenheitsverletzung vorsätzlich begangen, solange er nicht in der Lage ist, einen geringeren Grad des Verschuldens nachzuweisen. Anders als das Berufungsgericht meint, liegen im vorliegenden Fall jedoch Umstände vor, die es nahe legen , jedenfalls von einem geringeren Grad des Verschuldens auszugehen , und die deshalb im Rahmen einer umfassenden Abwägung hätten geprüft werden müssen.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß der Frag ebogen zur Schadensmeldung von einem Mitarbeiter der Beklagten nach dessen Telefongespräch mit dem Kläger ausgefüllt wurde. Bei dieser Sachlage spricht viel dafür, daß die Antwort auf die Frage nach Vorschäden von dem Mitarbeiter der Beklagten angekreuzt worden ist und der den Kläger treffende Vorwurf sich darin erschöpft, den bereits ausgefüllten Fragebogen vor Unterzeichnung nicht mehr genau durchgelesen zu haben. Dafür , daß der Kläger die Beklagte vorsätzlich über den Wert des Fahrzeuges täuschen wollte, spricht mit Blick auf die kurz zuvor erfolgte Regulierung des Kaskoschadens durch die Beklagte von vornherein wenig. Er hat sich denn auch in der Berufungsverhandlung dahin eingelassen, es habe keinen Sinn gemacht, den Vorschaden zu verschweigen, da dies ja doch "aufgekommen wäre". Er habe sich darauf verlassen, daß der Fragebogen vom Vertreter der Beklagten bereits ordnungsgemäß ausgefüllt gewesen sei. Die Erwägung des Berufungsgerichts, allein der geringe Zeitabstand zwischen dem Vorschaden und der Schadensmeldung verdeutliche das vorsätzliche Verschweigen des Vorschadens, schöpft diesen Vortrag des Klägers ersichtlich nicht aus.

c) Schließlich kommt hinzu: Selbst wenn von einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung auszugehen wäre, bliebe festzustellen, ob - abgesehen von der (dann gegebenen) generellen Eignung der Obliegenheitsverletzung , Interessen des Versicherers zu schädigen - den Kläger der Vorwurf eines erheblichen Verschuldens trifft (Relevanzrechtsprechung , vgl. die Nachweise bei Römer, aaO § 6 Rdn. 54 ff.). Unbeschadet der Beweislast des Versicherungsnehmers hätte das Berufungsgericht auch insoweit - wie zum Verschulden allgemein (vgl. dazu oben b) - so-

wohl den unstreitigen Sachverhalt wie auch die Einlassung des Klägers in seine Erwägungen einbeziehen müssen.
Da das Berufungsgericht zum Eintritt des Versicher ungsfalles keine Feststellungen getroffen hat, war das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen tatrichterlichen Verhandlung zurückzuverweisen.
Terno Dr. Schlichting Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

21
aa) Ein neuer Vertrag liegt vor, wenn der aus den gesamten Fallumständen zu ermittelnde Wille der Vertragsparteien darauf gerichtet war, die vertraglichen Beziehungen auf eine selbständige neue Grundlage zu stellen und sich nicht damit zu begnügen, einzelne Regelungen des bestehenden Vertrages zu modifizieren. Für einen neuen Vertrag spricht die Veränderung wesentlicher Vertragsinhalte, z.B. des versicherten Risikos, des versicherten Objekts, der Vertragsdauer, der Vertragsparteien und der Gesamtversicherungssumme (vgl. Senatsurteil vom 19. Oktober 1988 - IVa ZR 111/87, r+s 1989, 22, 23; OLG Saarbrücken VersR 2007, 1681, 1682; OLG Köln VersR 2002, 1225; BK/Riedler, VVG § 38 Rn. 9; Knappmann in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 37 Rn. 5; Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 38 Rn. 6).

Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

(1) Wird bei einem auf eine bestimmte Zeit eingegangenen Versicherungsverhältnis im Voraus eine Verlängerung für den Fall vereinbart, dass das Versicherungsverhältnis nicht vor Ablauf der Vertragszeit gekündigt wird, ist die Verlängerung unwirksam, soweit sie sich jeweils auf mehr als ein Jahr erstreckt.

(2) Ist ein Versicherungsverhältnis auf unbestimmte Zeit eingegangen, kann es von beiden Vertragsparteien nur für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode gekündigt werden. Auf das Kündigungsrecht können sie einvernehmlich bis zur Dauer von zwei Jahren verzichten.

(3) Die Kündigungsfrist muss für beide Vertragsparteien gleich sein; sie darf nicht weniger als einen Monat und nicht mehr als drei Monate betragen.

(4) Ein Versicherungsvertrag, der für die Dauer von mehr als drei Jahren geschlossen worden ist, kann vom Versicherungsnehmer zum Schluss des dritten oder jedes darauf folgenden Jahres unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

Ist der Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer nicht zur Leistung verpflichtet, weil das Fahrzeug den Bau- und Betriebsvorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung nicht entsprach oder von einem unberechtigten Fahrer oder von einem Fahrer ohne die vorgeschriebene Fahrerlaubnis geführt wurde, kann der Versicherer den Dritten abweichend von § 117 Abs. 3 Satz 2 des Versicherungsvertragsgesetzes nicht auf die Möglichkeit verweisen, Ersatz seines Schadens von einem anderen Schadensversicherer oder von einem Sozialversicherungsträger zu erlangen. Soweit der Dritte jedoch von einem nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 von der Versicherungspflicht befreiten Fahrzeughalter Ersatz seines Schadens erlangen kann, entfällt die Leistungspflicht des Versicherers.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 40/01 Verkündet am:
13. März 2002
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Die Verjährung von Ansprüchen auf Invaliditätsleistungen aus einer Unfallversicherung
kann grundsätzlich nicht beginnen, bevor der Versicherungsnehmer die
nach den Versicherungsbedingungen für den Eintritt der Fälligkeit erforderlichen
Mitwirkungshandlungen vorgenommen hat.
Ein früherer Verjährungsbeginn kommt - abgesehen von einer vorherigen Leistungsablehnung
des Versicherers - nur in Betracht, wenn der Versicherungsnehmer
diese Mitwirkung treuwidrig unterläßt.
BGH, Urteil vom 13. März 2002 - IV ZR 40/01 - OLG Hamm
LG Dortmund
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, den Richter Dr. Schlichting, die Richterin
Ambrosius und die Richter Wendt und Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 13. März 2002

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 24. November 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten Invaliditätsentschädigung aus einer Unfallversicherung, der die Allgemeinen UnfallversicherungsBedingungen 1961 (AUB 61) zugrunde liegen.
Am 6. März 1993 erlitt der Kläger bei einem Verkehrsunfall u.a. ein Schädelhirntrauma zweiten Grades. Im ärztlichen Erstbericht vom 7. April 1993 wurde festgestellt, daß der Unfall voraussichtlich eine dau-

ernde Beeinträchtigung (Invalidität) hinterlassen werde. Die Schwester des Klägers zeigte der Beklagten den Unfall am 23. März 1993 an. Im Anschluß an die stationären Klinikaufenthalte des Klägers rechnete die Beklagte mit Schreiben vom 20. August 1993 Krankenhaustagegeld und Genesungsgeld ab und wies zugleich darauf hin, daß ein Dauerschaden innerhalb von 15 Monaten ab dem Unfalltag geltend gemacht werden müsse.
Im Juli 1998 wurde für den Kläger ein Betreuungsverfahren eingeleitet. Das in diesem Verfahren eingeholte ärztliche Gutachten kam zu dem Ergebnis, daß er infolge einer auf den Unfall zurückzuführenden hirnorganischen Schädigung als geschäftsunfähig anzusehen sei. Am 17. September 1998 wurde dem Kläger u.a. für Vermögensangelegenheiten ein Betreuer bestellt. Der von diesem beauftragte Rechtsanwalt machte mit Schreiben vom 23. November 1998 Invaliditätsleistungen geltend. Die Beklagte lehnte diese mit Schreiben vom 12. Februar 1999 ab, weil die 15-monatige Frist des § 8 II (1) Satz 1 AUB 61 nicht eingehalten worden sei; der Kläger habe Invalidität nicht rechtzeitig geltend gemacht. Nachfolgend berief sie sich auch auf Verjährung.
Mit der am 15. Dezember 1999 zunächst über einen Teil des geltend gemachten Anspruchs eingereichten, mit der Berufungsbegründung am 5. September 2000 auf die volle Invaliditätsleistung von 300.000 DM erweiterten Klage beruft sich der Kläger darauf, er sei seit dem Unfall geschäftsunfähig beziehungsweise ohne Verschulden nicht in der Lage gewesen, den Anspruch geltend zu machen.

In beiden Vorinstanzen ist die Klage ohne Erfolg geblieben, weil der Anspruch gemäû § 12 Abs. 1 VVG verjährt sei. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts kann dahinstehen, ob mit dem Anwaltsschreiben vom 23. November 1998 die Invalidität des Klägers noch fristgerecht geltend gemacht worden sei. Der Anspruch auf Invaliditätsleistung sei gemäû § 12 Abs. 1 VVG verjährt. Gehe man zugunsten des Klägers davon aus, daû die Invaliditätsleistung erst zu dem Zeitpunkt habe verlangt werden können, in dem auch der Grad der Invalidität festgestanden habe - nach Auffassung des Berufungsgerichts drei Jahre nach dem Unfall -, so habe der Lauf der zweijährigen Verjährungsfrist gemäû § 12 Abs. 1 Satz 2 VVG am 31. Dezember 1996 begonnen und grundsätzlich mit dem 31. Dezember 1998 geendet. Da der Kläger nach dem im Betreuungsverfahren eingeholten Gutachten zu diesem Zeitpunkt geschäftsunfähig gewesen sei und der Mangel seiner Vertretung erst am 17. September 1998 geendet habe, habe sich die Verjährungsfrist gemäû § 206 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. bis zum 17. März 1999 verlängert. Auûerdem sei die Verjährung von der Anmeldung des Anspruchs auf Invaliditätsleistung bis zur Leistungsablehnung der Beklag-

ten am 12. Februar 1999 gemäû § 12 Abs. 2 VVG gehemmt und damit jedenfalls Ende Juni 1999 vollendet gewesen. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
2. Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag verjähren gemäû § 12 Abs. 1 VVG in zwei Jahren. Nach Satz 2 dieser Vorschrift beginnt die Verjährung mit Schluû des Jahres, in welchem die Leistung verlangt werden kann. Dabei kommt es nach ständiger Rechtsprechung nicht auf die Entstehung, sondern auf die Fälligkeit des Anspruchs an. Es muû also Klage auf sofortige Leistung erhoben werden können (vgl. nur BGH, Urteile vom 10. Mai 1983 - IVa ZR 74/81 - VersR 1983, 673 unter II; vom 14. April 1999 - IV ZR 197/98 - VersR 1999, 706 unter 2 a und zuletzt vom 27. Februar 2002 - IV ZR 238/00 - unter 1 b, zur Veröffentlichung vorgesehen, jeweils m.w.N.). Werden Leistungen, die ein Versicherer aus Anlaû eines Versicherungsfalls schuldet, zu unterschiedlichen Zeiten fällig, so laufen für die einzelnen Teilleistungen auch unterschiedliche Verjährungsfristen (Senatsurteil vom 14. April 1999 aaO).

a) Geldleistungen des Versicherers sind gemäû § 11 Abs. 1 VVG mit Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistung des Versicherers nötigen Erhebungen fällig. Diese Vorschrift ist in zulässiger Weise (§ 15 a VVG) durch die §§ 11 und 13 Abs. 1 AUB 61 modifiziert worden (vgl. BGH, Urteile vom 4. November 1987 - IVa ZR 141/86 - VersR 1987, 1235 unter 3 und - zu § 11 AUB 88 - vom 22. März 2000 - IV ZR 233/99 - VersR 2000, 753 unter 2 c). Gemäû § 13 Abs. 1 AUB 61 wird die Entschädigung zwei Wochen nach ihrer Feststellung gemäû §§ 11 und 12 AUB 61 gezahlt. Die Feststellung des

Versicherers erfolgt, soweit Invaliditätsentschädigung beansprucht wird, innerhalb von drei Monaten nach Eingang der vom Anspruchsteller gemäû § 11 Satz 2 AUB 61 beizubringenden Unterlagen. Somit hängen der Eintritt der Fälligkeit und damit auch der Verjährungsbeginn - wenn der Versicherer nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt die Leistung endgültig und umfassend abgelehnt hatte (vgl. Senatsurteil vom 27. Februar 2002 aaO unter 1 b) - von bestimmten vorausgehenden Handlungen des Anspruchstellers ab. Ein früherer Verjährungsbeginn in Fällen, in denen diese Mitwirkung unterbleibt, ergibt sich weder aus den vereinbarten Versicherungsbedingungen noch aus den gesetzlichen Verjährungsvorschriften. Die Verjährung kann deshalb grundsätzlich nicht vor den Mitwirkungshandlungen des Anspruchstellers zu laufen beginnen, selbst wenn diese über einen längeren Zeitraum hinweg nicht vorgenommen werden.
aa) Für die Auffassung des Berufungsgerichts, es sei darauf abzuheben , wann der Kläger die Invaliditätsleistung spätestens hätte verlangen können, gibt es keine Rechtsgrundlage; zudem bliebe unklar, wonach sich der hierfür maûgebliche Zeitpunkt bestimmen soll. Ebensowenig geht es an, die Verjährung - etwa in Anlehnung an die für die Nichtausübung eines Kündigungs- oder Anfechtungsrechts geltenden Bestimmungen der §§ 199, 200 BGB a.F. - bereits mit der Möglichkeit beginnen zu lassen, die erforderlichen Unterlagen einzureichen. Denn dadurch würde beim zögernden Anspruchsteller der Verjährungsbeginn in einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Weise vorverlegt (vgl. Senatsurteil vom 4. November 1987 aaO unter II 3). Schlieûlich kann nicht auf ein etwaiges Verschulden des Versicherungsnehmers abgestellt werden.

Andernfalls würde ein dem Gesetz in diesem Zusammenhang fremdes Merkmal eingeführt, das auch nicht verläûlich genug die Feststellung des maûgeblichen Zeitpunkts gestatten würde (BGH, Urteile vom 4. November 1987 aaO VersR 1987, 1235 unter 3 und vom 19. Januar 1994 - IV ZR 117/93 - VersR 1994, 337 unter 2 c). Eine Vorverlegung des Verjährungsbeginns kann nur in Betracht kommen, wenn der Versicherungsnehmer durch das Unterlassen seiner "Mitwirkung" gegen die allgemeinen Grundsätze von Treu und Glauben verstöût (§§ 162 Abs. 1, 242 BGB; vgl. Römer in Römer/Langheid, VVG § 12 Rdn. 11). Die Darlegungs - und Beweislast für einen solchen Verstoû trägt der Versicherer, der sich auf die Einrede der Verjährung beruft (vgl. Römer aaO).
bb) Diese Abhängigkeit der Fälligkeit eines Leistungsanspruchs und damit des Verjährungsbeginns von einer vorausgehenden Handlung des Gläubigers ist keine Besonderheit des Versicherungsvertragsrechts. Auch in anderen Fällen entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, daû die Verjährung ohne die an sich vorgesehene Handlung des Gläubigers grundsätzlich, also abgesehen von einem treuwidrigen Verhalten, nicht beginnen kann (vgl. zur vereinbarten "Zahlung gegen Dokumente" beim Kaufvertrag BGHZ 55, 340, 343 f.; zur Schluûrechnung des Auftragnehmers beim VOB-Werkvertrag Urteile vom 24. Mai 1971 - VII ZR 155/70 - NJW 1971, 1455 unter 2 d und vom 16. Juni 1977 - VII ZR 66/76 - WM 1977, 1053 unter 2; zur Honorarschluûrechnung des Architekten Urteile vom 19. Juni 1986 - VII ZR 221/85 - WM 1986, 1388 unter 2 und vom 11. November 1999 - VII ZR 73/99 - WM 2000, 675 unter II 3 a; zur Heizkostenrechnung des Vermieters BGHZ 113, 188, 195 ff.). Denn es gibt gerade keinen allgemei-

nen Grundsatz, daû bei Ansprüchen mit einer von der Disposition des Gläubigers abhängenden Fälligkeit die Verjährung schon in dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der Gläubiger die Fälligkeit herbeiführen kann (BGH, Urteil vom 8. Juli 1981 - VIII ZR 222/80 - NJW 1982, 930 unter II 2 b bb; BGHZ 113, 188, 195 sowie Urteil vom 11. November 1999 aaO WM 2000, 675 unter II 3 a (3)).

b) Der Kläger hat die Invaliditätsleistung erstmals mit Schreiben vom 23. November 1998 geltend gemacht. Die Beklagte hat die Leistung mit Schreiben vom 12. Februar 1999 abgelehnt. Folglich konnte die Verjährung gemäû § 12 Abs. 1 Satz 2 VVG nicht vor Ablauf des Jahres 1999 beginnen. Ein treuwidriges Verhalten des Klägers ist den bisherigen Feststellungen nicht zu entnehmen. Die verspätete Geltendmachung der Invalidität allein genügt hierfür nicht. Treuwidrigkeit scheidet von vornherein aus, wenn er tatsächlich unfallbedingt gehindert war, die zur Feststellung der Leistungspflicht der Beklagten erforderlichen Handlungen vorzunehmen. Bei dieser Sachlage ist der - für die Revision zu unterstellende - Leistungsanspruch des Klägers nicht verjährt. Vielmehr haben die Klage und die Klageerweiterung im zweiten Rechtszug die Verjährung gemäû § 209 Abs. 1 BGB a.F. unterbrochen.
3. Das Berufungsurteil erweist sich nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig (§ 563 ZPO a.F.).

a) Vom Eintritt der am 7. April 1993 ärztlich festgestellten unfallbedingten Invalidität des Klägers innerhalb eines Jahres seit dem Un-

falltag gemäû § 8 II (1) Satz 1 AUB 61 ist nach seinem zwar bestrittenen, aber unter Beweis gestellten Vortrag für die Revision auszugehen.

b) Dem Anspruch des Klägers steht auch nicht die Versäumung der 15-monatigen Frist zur Geltendmachung der Invalidität gemäû § 8 II (1) Satz 1 AUB 61 entgegen. Die Frist ist eine Ausschluûfrist, deren Versäumen unbeachtlich bleibt, wenn der Versicherungsnehmer ausreichend entschuldigt ist (BGHZ 130, 171, 173 f.; Senatsurteil vom 19. November 1997 - IV ZR 348/96 - VersR 1998, 175 unter 2 b cc). Es kommt daher auf die streitige und unter Beweis gestellte Behauptung des Klägers an, er sei seit dem Unfall geschäftsunfähig beziehungsweise unverschuldet nicht in der Lage gewesen, den Anspruch geltend zu machen.
Daû seine Schwester, die der Beklagten den Unfall gemeldet hatte , nicht auch die Invalidität des Klägers geltend gemacht hat, ist ihm nicht zuzurechnen. Denn es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, die Schwester als seine Vertreterin oder Repräsentantin anzusehen (zum Repräsentantenbegriff vgl. Senatsurteil vom 10. Juli 1996 - IV ZR 287/95 - VersR 1996, 1229 unter 2 b m.w.N.).
Allerdings beginnt bei entschuldbarer Fristversäumung keine neue Frist. Vielmehr muû der Versicherungsnehmer die Geltendmachung der Invalidität nach Wegfall des Entschuldigungsgrundes unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, nachholen (BGHZ 130, 171, 175). Der von dem Kläger behauptete Entschuldigungsgrund war spätestens mit der Bestellung des Betreuers am 17. September 1998 behoben. Zwar wurde

die Invalidität erst mit Anwaltsschreiben vom 23. November 1998 geltend gemacht. Das ist jedoch entgegen der Revisionserwiderung den bisher festgestellten Umständen nach noch als unverzüglich anzusehen. Denn der Betreuer musste sich erst einarbeiten, was nach den beigezogenen Betreuungsakten nicht ohne Schwierigkeiten möglich war.
4. Das angefochtene Urteil war deshalb aufzuheben. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, den Beweisangeboten des Klägers zum bedingungsgemäûen Eintritt der Invalidität sowie zur Entschuldigung der Überschreitung der Geltendmachungsfrist gemäû § 8 II (1) Satz 1 AUB 61 durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nachzugehen.
Terno Dr. Schlichting Ambrosius
Wendt Felsch

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Die Verjährung tritt frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein.