Bundesgerichtshof Urteil, 14. Juni 2018 - 3 StR 585/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:140618U3STR585.17.0
bei uns veröffentlicht am14.06.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
––––––––––––––––––––––––––
1. Für eine Gruppe im Sinne des § 127 StGB genügt eine Mindestanzahl von drei
Gruppenmitgliedern jedenfalls dann, wenn sie an einem Ort zusammenwirken. In
diesem Fall muss die Personenmehrheit weder eine Organisationsstruktur aufweisen
noch auf längere Zeit angelegt sein; ausreichend ist ein spontaner Zusammenschluss
für eine einmalige Unternehmung.
2. Eine Gruppe verfügt gemäß § 127 StGB nur dann über Waffen oder andere gefährliche
Werkzeuge, wenn die Ausstattung mit derartigen Gegenständen für den
gemeinsamen Gruppenzweck wesentlich ist und zugleich nach deren Art und
Gefährlichkeit den Charakter des Personenzusammenschlusses (mit-)bestimmt.
Für die Beurteilung von Gegenständen als gefährliche Werkzeuge kommt es -
neben ihrer objektiven Beschaffenheit - darauf an, ob ihnen nach dem Gruppenzweck
für den Fall der Verwendung eine waffengleiche Funktion zukommt.
BGH, Urteil vom 14. Juni 2018 - 3 StR 585/17 - LG München II
ECLI:DE:BGH:2018:140618U3STR585.17.1
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 585/17
vom 14. Juni 2018 in der Strafsache gegen

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.


wegen zu 1., 2., 4. und 6.: gefährlicher Körperverletzung u.a. zu 3., 5., 7. und 8.: Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung u.a. hier: Revision des Angeklagten N.

ECLI:DE:BGH:2018:140618U3STR585.17.0
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 8. März 2018 in der Sitzung am 14. Juni 2018, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Becker,
Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Spaniol, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Berg, Hoch, Dr. Leplow als beisitzende Richter
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung - als Verteidiger,
Justizamtsinspektor - in der Verhandlung -, Justizfachangestellte - bei der Verkündung - als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten N. wird das Urteil des Landgerichts München II vom 10. August 2017, auch soweit es die Angeklagten Gr. , G. , B. , C. , S. , R. und E. betrifft,
a) im Schuldspruch zu den Fällen 4 und 5 der Urteilsgründe dahin geändert, dass schuldig sind - die Angeklagten N. , Gr. , B. und S. zweier tateinheitlicher Fälle der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit zwei tateinheitlichen Fällen der Bedrohung, mit Sachbeschädigung sowie mit Bildung bewaffneter Gruppen , - die Angeklagten G. , C. , R. und E. der Beihilfe zu zwei tateinheitlichen Fällen der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Beihilfe zu zwei tateinheitlichen Fällen der Bedrohung, mit Beihilfe zur Sachbeschädigung sowie mit Bildung bewaffneter Gruppen,
b) im Strafausspruch zu den Fällen 4 und 5 sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten N. und den nichtrevidierenden Angeklagten Gr. jeweils wegen Volksverhetzung in zwei Fällen, gefährlicher Körperverletzung, Bildung bewaffneter Gruppen sowie drei tateinheitlicher Fälle der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit zwei tateinheitlichen Fällen der Bedrohung und mit Sachbeschädigung verurteilt, den Angeklagten N. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten , den Angeklagten Gr. zu einer solchen von zwei Jahren und vier Monaten. Die nichtrevidierenden Angeklagten B. und S. hat es der Bildung bewaffneter Gruppen sowie dreier tateinheitlicher Fälle der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit zwei tateinheitlichen Fällen der Bedrohung und mit Sachbeschädigung schuldig gesprochen und für beide auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung erkannt. Die nichtrevidierenden Angeklagten G. , C. , R. und E. hat das Landgericht wegen Bildung bewaffneter Gruppen sowie wegen Beihilfe zu drei tateinheitlichen Fällen der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Beihilfe zu zwei tateinheitlichen Fällen der Bedrohung und mit Beihilfe zur Sachbeschädigung verurteilt; gegen den Angeklagten G. hat es eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr unter Strafaussetzung zur Bewährung verhängt, gegen den Angeklagten C. eine Gesamtgeldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 20 €, gegen den Angeklagten R. eine solche von 90 Tagessätzen zu je 15 € sowie gegen den Angeklagten E. eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten.
2
Gegen die Verurteilung im Fall 4 der Urteilsgründe (Bildung bewaffneter Gruppen) wendet sich der Angeklagte N. mit seiner Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Er hat erklärt, das Rechtsmittel auf den Schuldspruch zu diesem Fall zu beschränken. Die Revision erfasst indes auch den von Fall 4 nicht trennbaren Schuldspruch zum Fall 5 der Urteilsgründe (drei tateinheitliche Fälle der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit zwei tateinheitlichen Fällen der Bedrohung und mit Sachbeschädigung). In diesem Umfang der Anfechtung hat das Rechtsmittel - gemäß § 357 StPO auch zugunsten der sieben nichtrevidierenden Angeklagten - den aus dem Urteilstenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet.

I.


3
Zu den Fällen 4 und 5 der Urteilsgründe hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen:
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1. Fall 4:
5
Nachdem die Angeklagten N. und Gr. vor dem am Ausgang des Bahnhofs Eb. gelegenen Döner-Imbiss gemeinschaftlich den Nebenkläger M. tätlich angegriffen hatten (Fall 3), begaben sie sich in die etwa 400 Meter entfernte gemeinsame Wohnung. Im Rahmen dieser vorangegangenen Auseinandersetzung war N. s T-Shirt im Ausschnitt eingerissen ; bei Gr. hatte sich sturzbedingt eine am Vortag provisorisch eingesetzte Zahnbrücke gelockert. Beide berichteten den in der Wohnung sukzessive eintreffenden sechs weiteren Angeklagten G. , B. , C. , S. , R. und E. wahrheitswidrig, sie seien von "Immigranten" vor dem DönerImbiss zusammengeschlagen worden. Nach einiger Zeit gaben N. und Gr. in der Absicht, sich an "den Ausländern" zu rächen, welche die in der Wohnung Anwesenden am Döner-Imbiss vermuteten, die Parole aus, dass "man jetzt runter gehe". N. bewaffnete sich mit einem circa einen Meter langen Baseballschläger, Gr. mit einer etwa 1,20 Meter langen Vorhangstange aus Holz und B. mit einem Schlosserhammer.
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Anschließend brachen sämtliche Angeklagte - jeweils in Kenntnis der Bewaffnung einzelner von ihnen - zu dem Döner-Imbiss auf, um dort im Rahmen einer "Vergeltungsaktion", insbesondere unter Verwendung der mitgeführten Gegenstände, zu randalieren, zu drohen und zu prügeln. Vorneweg marschierten N. und Gr. , die gut erkennbar Baseballschläger und Holzstange in der Hand trugen, sowie B. , der den Hammer in eine Gesäßtasche seiner Hose gesteckt hatte, und S. . Die vier weiteren Angeklagten folgten jeweils in Zweierstärke versetzt, zunächst G. und E. , dann C. und R. . Auf dem Weg zum Bahnhof wurden aus der in dieser Weise angeordneten Formation - keinem Einzelnen zuordenbar - immer wieder aggressive Rufe laut, etwa "Denen zeigen wir's!", "Die machen wir fertig!" und "Die kauf' ich mir jetzt!".
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2. Fall 5:
8
Am Bahnhof angekommen, betraten N. , B. und S. den Döner-Imbiss, um im einvernehmlichen Zusammenwirken den geplanten "Racheakt" durchzuführen. Beim Betreten zerschlug N. mit dem Baseballschläger die Glasfüllung der Eingangstür. Hierdurch aufgeschreckt, rannte ein (unbekannt gebliebener) dunkelhäutiger Mann davon. Gr. , der gerade den drei anderen folgen wollte, lief dem Flüchtenden in Umsetzung des gemeinsamen Tatentschlusses hinterher und traf ihn kurz danach mit einem mittels der Vorhangstange ausgeführten Schlag auf den Fuß, so dass der Mann zu Boden stürzte und einige Meter die Straße "hinunterkugelte"; dabei erlitt er zumindest Schmerzen. Im Gastraum des Imbiss schlug derweil N. dem Nebenkläger Sh. zunächst mit dem Baseballschläger - potentiell lebensbedrohlich - auf den Hinterkopf, sodann gegen die Rippen und auf das rechte Knie. Anschließend versetzte er ihm weitere Schläge und Tritte. Als der Zeuge Z. aus dem Küchenbereich zu Hilfe kam, schlug N. diesem, nachdem B. ihn durch einen Wurf des Schlosserhammers abgelenkt hatte, mit dem Baseballschläger auf den Rücken. Während des Angriffs äußerte S. lautstark Beleidigungen und Bedrohungen, unter anderem "Wir lassen euch brennen!", was die beiden Geschädigten ernst nahmen. Nach dem Schlag gegen den Zeugen Z. verließen N. , B. und S. den Imbiss ; N. kehrte allerdings noch einmal um und zertrümmerte mit dem Baseballschläger eine Glasvitrine. Durch ihre jederzeitige Eingriffsbereitschaft bestärkten G. , C. , R. und E. die tatausführenden Angeklagten in ihrem Tun.
9
Der Nebenkläger Sh. trug unter anderem eine Kopfplatzwunde, ein Schädel-Hirn-Trauma sowie Wirbelsäulen-, Brustkorb- und Knieprellungen davon. Der Zeuge Z. litt einige Tage an starken Rückenschmerzen.

II.


10
1. Der Angeklagte N. hat die Revision nicht wirksam auf den Schuldspruch zu Fall 4 der Urteilsgründe beschränkt. Vielmehr erstreckt sie sich auf den Schuldspruch zu Fall 5 der Urteilsgründe, weil die in diesen beiden Fällen verwirklichten Delikte miteinander idealkonkurrieren (dazu un- ten II. 2. c)). Die Beschränkung der Revision auf einzelne Straftaten ist unwirksam , soweit zwischen ihnen Tateinheit (§ 52 StGB) gegeben ist. Für die Bewertung der Konkurrenzverhältnisse ist dabei nicht eine irrtümliche Ansicht des Tatgerichts, sondern die zutreffend beurteilte Rechtslage maßgebend (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. Juni 1954 - 4 StR 310/54, BGHSt 6, 229, 230; vom 26. Mai 1967 - 2 StR 129/67, BGHSt 21, 256, 258; Urteil vom 17. Oktober 1995 - 1 StR 372/95, NStZ 1996, 203; LR/Franke, StPO, 26. Aufl., § 344 Rn. 21). In Teilrechtskraft erwachsen sind daher nur der Schuld- und Strafausspruch zu den Fällen 1 bis 3 der Urteilsgründe.
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2. Die aufgrund der Sachrüge gebotene Nachprüfung des Urteils hinsichtlich der Fälle 4 und 5 der Urteilsgründe führt zur Änderung des diesbezüglichen Schuldspruchs. Auf der Grundlage der vom Landgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte N. wegen zwei tateinheitlicher Fälle der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit zwei tateinheitlichen Fällen der Bedrohung, mit Sachbeschädigung sowie mit Bildung bewaffneter Gruppen strafbar gemacht.
12
a) Im Fall 4 der Urteilsgründe hat die Strafkammer das Verhalten des Angeklagten N. zutreffend als Bildung bewaffneter Gruppen nach § 127 StGB beurteilt. Indem er und die sieben Nichtrevidenten sich - auf seine und Gr. s Initiative - zusammenschlossen und sich beide sowie B. mit Baseballschläger, Holzstange und Schlosserhammer ausrüsteten, um unmittelbar anschließend zu acht miteinander bzw. in räumlicher Nähe hintereinander zum Zweck einer "Vergeltungsaktion" zum Bahnhof zu marschieren, bildete er mit den anderen unbefugt eine Gruppe, die über gefährliche Werkzeuge verfügte. Entgegen der Auffassung der Strafkammer befehligte er die Gruppe indes nicht.
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aa) Für die Auslegung der hier fraglichen Tatbestandsmerkmale - Gruppe , Verfügen über Waffen oder andere gefährliche Werkzeuge, Bilden sowie Befehligen - gilt:
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(1) Unter einer "Gruppe" im Sinne des § 127 StGB ist eine Mehrheit von Personen zu verstehen, die sich zu einem gemeinsamen - identitätsstiftenden - Zweck zusammengeschlossen haben. Eine räumliche Verbindung der Personen ist nicht erforderlich. Wirken sie - wie hier - an einem Ort zusammen, sind keine weitergehenden Anforderungen an die Personenmehrheit zu stellen; sie muss insbesondere nicht eine Organisationsstruktur aufweisen oder auf längere Zeit angelegt sein. Ein spontaner Zusammenschluss für eine einmalige Unternehmung reicht aus. Jedenfalls im Fall eines solchen räumlichen Zusammenwirkens genügt eine Mindestanzahl von drei Mitgliedern. Dies ergibt sich aus Folgendem:
15
(a) Durch das Sechste Gesetz zur Reform des Strafrechts (6. StrRG) vom 26. Januar 1998 (BGBl. I S. 164) hat der Gesetzgeber die Strafnorm des § 127 StGB sachlich erweitert. In dem Bestreben, die Rechtsgüter des inneren Rechtsfriedens sowie des staatlichen Gewaltmonopols wirksamer zu schützen (vgl. BT-Drucks. 13/8587, S. 18, 28), hat er mit dem Tatbestandsmerkmal "Gruppe" - anstatt "Haufen" und "Mannschaft" - bewusst einen Begriff in die Vorschrift aufgenommen, der bereits zuvor im Besonderen Teil des Strafgesetzbuchs Verwendung fand. Die Gesetzesmaterialien zu dem geänderten § 127 StGB nennen ausdrücklich das auch in § 88 StGB normierte Merkmal "Gruppe" und nehmen Bezug auf dessen Auslegung, wonach eine Gruppe der nicht notwendigerweise auf Dauer angelegte Zusammenschluss mehrerer Personen zu einem gemeinsamen Zweck sei; es genüge - in der Regel - eine Mindestanzahl von drei Mitgliedern (vgl. BT-Drucks. 13/8587, S. 57, 80; zu § 88 StGB s. nur Fischer, StGB, 65. Aufl., § 88 Rn. 5; LK/Laufhütte/Kuschel, StGB, 12. Aufl., § 88 Rn. 7; MüKoStGB/Steinmetz, 3. Aufl., § 88 Rn. 4). Dieses Verständnis hat der Reformgesetzgeber - nach anfänglichen Zweifeln (vgl. BT-Drucks. 13/8587, S. 28) - auch der Änderung des § 127 StGB zugrunde gelegt (vgl. BT-Drucks. 13/8587, S. 57, 80; BT-Drucks. 13/9064, S. 9). Des Weiteren ist er davon ausgegangen, dass sich die Gruppe vom "Haufen" dadurch unterscheide, dass sie keine "räumliche Zusammenfassung" der Personen erfordere , von der "Mannschaft" dadurch, dass es nicht auf einen bestimmten Grad von Organisation ankomme (BT-Drucks. 13/8587, S. 28).
16
(b) Bei Auslegung der Vorschrift ist dem dargelegten gesetzgeberischen Willen, der im Gesetzeswortlaut hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, Rechnung zu tragen. Dem entspricht es, dass das Vorliegen einer "Gruppe" neben der Voraussetzung eines Zusammenschlusses von mindestens drei Personen zu einem gemeinsamen Zweck nicht von weitergehenden inhaltlichen Kriterien abhängig gemacht wird.
17
(aa) Eine Organisationsstruktur oder eine auf einen gemeinsamen Zweck ausgerichtete organisierte Willensbildung - analog § 129 StGB in der bis zum 21. Juli 2017 gültigen Fassung (zu § 129 Abs. 2 StGB nF [BGBl. I S. 2440] s. BT-Drucks. 18/11275, S. 11, wonach sich auch die nunmehr legaldefinierte Vereinigung "durch eine - möglicherweise nur rudimentäre - Organisationsstruktur" von der Bande unterscheidet) - ist für die Gruppe nicht erforderlich. Soweit im Schrifttum eine abweichende Auslegung damit begründet wird, dass die Tathandlungsvarianten "befehligen" und "versorgen" eine solche Struktur voraussetzten (so Fischer, StGB, 65. Aufl., § 127 Rn. 3; Matt/Renzikowski/Kuhli, StGB, § 127 Rn. 3; NK-StGB-Ostendorf, 5. Aufl., § 127 Rn. 8), widerspricht dies nicht nur dem Willen des Gesetzgebers (ebenso LK/Krauß, StGB, 12. Aufl., § 127 Rn. 7; MüKoStGB/Schäfer, 3. Aufl., § 127 Rn. 10, 12). Vielmehr ist auch kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, dass bei jedem von § 127 StGB erfassten Personenzusammenschluss die Verwirklichung sämtlicher im Tatbestand normierter Tathandlungsvarianten möglich sein muss (s. Lenckner, GS Keller, 2003, S. 151, 157 f.); hierauf lässt sich ein dem gesetzgeberischen Willen zuwiderlaufendes Verständnis nicht gründen.
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(bb) Ebenso wenig muss die Gruppe auf Dauer angelegt sein. Dem Tatbestandsmerkmal unterfallen auch Personenmehrheiten für einmalige Unternehmungen , selbst wenn sie spontan gebildet werden (sogenannte Ad-hocGruppen ; ebenso OLG Stuttgart, Beschluss vom 7. August 2014 - 2 Ss 444/14, NStZ 2015, 398, 399; SSW-StGB/Fahl, 3. Aufl., § 127 Rn. 2; LK/Krauß, StGB, 12. Aufl., § 127 Rn. 8; MüKoStGB/Schäfer, 3. Aufl., § 127 Rn. 14; S/S-Sternberg -Lieben, StGB, 29. Aufl., § 127 Rn. 2). Zwar folgt aus den Gesetzgebungsmaterialien nicht zwingend, dass der Gesetzgeber prinzipiell jede Einschränkung des Gruppenbegriffs unter einem zeitlichen Aspekt abgelehnt hat. Sie deuten jedoch auf ein solches Verständnis hin (vgl. BT-Drucks. 13/8587, S. 28, wonach - in Abgrenzung zur Bande - der Wille, "für eine gewisse Dauer Straftaten zu begehen", nicht erforderlich ist). Auch dem Wortsinn und dem Gesetzeszweck ist eine derartige Einschränkung nicht zu entnehmen. Soweit in der Literatur eine "gewisse Stabilität" der Gruppe in dem Sinne verlangt wird, dass über die gemeinsame Einzelunternehmung hinaus "eine Fortexistenz von wenigstens einigen Tagen zu erwarten" ist (so SK-StGB/Stein/Rudolphi, 141. Lfg., § 127 Rn. 4), ist dem nicht zu folgen. Ein Bedürfnis für eine derartige einschränkende Auslegung besteht unter dem Gesichtspunkt des Rechtsgüterschutzes nicht. Versammeln sich etwa Bewaffnete zur Ausübung von "Lynchjustiz" , so ist kein Grund dafür ersichtlich, die Strafbarkeit nach § 127 StGB davon abhängig zu machen, dass die betreffenden Waffenbesitzer noch geraume Zeit danach miteinander in Verbindung bleiben.
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(cc) Im Hinblick auf die erforderliche Anzahl von Gruppenmitgliedern wird vielfach - mit Blick auf den ersten (freilich überholten) Reformentwurf (vgl. BT-Drucks. 13/8587, S. 28) - vertreten, ein Mindestquorum könne nicht allgemeingültig festgelegt werden. Dieses sei vielmehr nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der von § 127 StGB geschützten Rechtsgüter zu bestimmen. Es komme darauf an, ob der Gruppe in ihrer Zusammensetzung schon ein erhebliches Gefahrpotential für den inneren Rechtsfrieden zukomme, was - neben der zahlenmäßigen Größe - vom verfolgten Zweck, der Organisationsform , der Art der Ausrüstung, der Einsatzbereitschaft der Mitglieder sowie davon abhänge, ob es sich um eine räumlich zusammengeschlossene oder um eine weit verstreute Gruppe Einzelner handele (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 7. August 2014 - 2 Ss 444/14, NStZ 2015, 398, 399; LK/Krauß, StGB, 12. Aufl., § 127 Rn. 10 f.; MüKoStGB/Schäfer, 3. Aufl., § 127 Rn. 13).
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Der Senat vermag diese Auffassung nicht zu teilen. Ihr steht nicht nur der Wille des Reformgesetzgebers im weiteren Fortgang des Gesetzgebungsverfahrens entgegen (vgl. BT-Drucks. 13/8587, S. 57, 80; BT-Drucks. 13/9064, S. 9), sondern sie läuft auch den Prinzipien der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zuwider, indem sie einen rechtlich nicht gebotenen weiten Spielraum für subjektive Bewertungen eröffnet. Dass die Auffassung dem gesetzgeberischen Willen nicht entspricht, ergibt sich außerdem aus Folgendem: In dem ursprünglichen Entwurf war das gesetzliche Merkmal vorgesehen, die Gruppe müsse zur Störung des öffentlichen Friedens geeignet sein (vgl. BT-Drucks. 13/8587, S. 4, 28). In dem weiteren Gesetzgebungsverfahren ist hierauf verzichtet worden; denn der anstelle dessen eingefügte Begriff "unbefugt" sei das - tauglichere - entscheidende Kriterium, um unbedenkliche Personenmehrheiten auszuschließen (vgl. BT-Drucks. 13/8587, S. 56 f., 80; BT-Drucks. 13/9064, S. 9). Grundsätzlich ist es daher verfehlt, die bewusst nicht normierte Eignung zur Friedensstörung im Hinblick auf die Mindestanzahl der Mitglieder in den Gruppenbegriff des § 127 StGB hineinzulesen.
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(c) Die - dergestalt definierte - Gruppe im Sinne des § 127 StGB fügt sich in das System anderer im Strafgesetzbuch normierter Personenmehrheiten ein, weil sie sich von diesen hinreichend abgrenzen lässt und eigenständige Bedeutung behält (skeptisch im Hinblick auf den neuen, europarechtlich geprägten Vereinigungsbegriff des § 129 Abs. 2 StGB nF hingegen MüKoStGB/Schäfer, 3. Aufl., § 127 Rn. 12). An die Gruppe sind geringere Anforderungen zu stellen als an die - strafbarkeitsbegründende - Vereinigung sowohl nach § 129 Abs. 1 StGB aF als auch § 129 Abs. 1, 2 StGB nF und an die - strafbarkeitsqualifizierende - Bande etwa nach § 232 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Alternative 2 oder § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB.
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Während die Vereinigung nach altem Recht (§ 129 Abs. 1 StGB aF) auf eine gewisse Dauer angelegt sein musste (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2011 - 3 StR 231/11, NJW 2012, 325 f.) und eine Organisationsstruktur der Art erforderte, dass ein mitgliedschaftliches Zusammenwirken zu einem gemeinsamen Zweck mit verteilten Rollen und einer abgestimmten, koordinierten Aufgabenverteilung erforderlich war (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2015 - 3 StR 233/14, NJW 2015, 1540), hängt das Bestehen einer Gruppe nicht von diesen Kriterien ab. Auch die Vereinigung nach § 129 Abs. 2 StGB nF muss nach der dortigen Legaldefinition auf - sogar - "längere" Dauer angelegt sein und erfordert hiernach ("organisierter Zusammenschluss") wie nach der Gesetzesbegründung eine gewisse - wenngleich rudimentäre - Organisationsstruktur (vgl. BT-Drucks. 18/11275, S. 11; ferner BGH, Beschluss vom 22. März 2018 - StB 32/17, NStZ-RR 2018, 206, 207). Außerdem verlangt § 129 Abs. 2 StGB nF erstmals, dass die Vereinigung ein über die Straftaten hinausgehendes "übergeordnetes gemeinsames Interesse" verfolgen muss (zum alten Recht vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216, 228 ff., wonach ein weitergehendes Ziel nicht zwingend erforderlich war, dessen Existenz aber regelmäßig den notwendigen übergeordneten Gemeinschaftswillen belegte). Von der Bande unterscheidet sich die Gruppe jedenfalls dadurch, dass erstere auf gewisse Dauer ausgerichtet sein muss (vgl. BGH, Beschluss vom 22. März 2001 - GSSt 1/00, BGHSt 46, 321).
23
Sowohl die Vereinigung als auch die Bande muss auf die Begehung von - bestimmten - Straftaten gerichtet sein, wohingegen die Gruppe das spezifische unrechtsbegründende Gepräge durch das Erfordernis ihrer "Bewaffnung" erhält, das die anderen Personenzusammenschlüsse nicht kennen.
24
(d) Inwieweit eine Mehrheit von Personen, wenn diese nicht räumlich zusammenwirken , noch weitere Kriterien - etwa im Hinblick auf die Mindestanzahl oder die Organisationsstruktur - erfüllen muss, damit sie als Gruppe im Sinne des § 127 StGB zu beurteilen ist (s. etwa OLG Stuttgart, Beschluss vom 7. August 2014 - 2 Ss 444/14, NStZ 2015, 398, 399 ["gewisses Maß an Organisation" ]; S/S-Sternberg-Lieben, StGB, 29. Aufl., § 127 Rn. 2), braucht der Senat hier nicht zu entscheiden.
25
(2) Die Gruppe verfügt gemäß § 127 StGB über Waffen oder andere gefährliche Werkzeuge, wenn die Mitglieder imstande sind, auf die Gegenstände ungehindert Zugriff zu nehmen, um sie dem - identitätsstiftenden - Gruppenzweck entsprechend einsetzen zu können. Die "Bewaffnung" muss den Charakter der Gruppe (mit-)bestimmen. Während mit Waffen solche im technischen Sinn gemeint sind (vgl. MüKoStGB/Schäfer, 3. Aufl., § 127 Rn. 15 mwN), kommt es für die Beurteilung von Gegenständen als gefährliche Werkzeuge - neben deren objektiver Beschaffenheit - darauf an, ob ihnen nach dem Gruppenzweck im Fall der Verwendung eine waffengleiche Funktion zukommt.
26
(a) Die Gruppe verfügt über Waffen oder andere gefährliche Werkzeuge, wenn die Mitglieder jederzeit Zugriff auf sie haben oder ohne großen Aufwand erlangen können (vgl. LK/Krauß, StGB, 12. Aufl., § 127 Rn. 17). Dass der Gesetzeswortlaut auf das Verfügen seitens der Gruppe, nicht der Mitglieder abstellt , bedeutet nicht, dass die Gegenstände zentral aufbewahrt werden müssen ; vielmehr genügt es, wenn sie im Besitz einzelner Gruppenangehöriger sind (vgl. MüKoStGB/Schäfer, 3. Aufl., § 127 Rn. 19).
27
Aus dem Merkmal des Verfügens durch die Gruppe selbst folgt indes das Erfordernis, dass eine solche Ausstattung mit Waffen oder anderen gefährlichen Werkzeugen dem gemeinsamen Gruppenzweck dient. Die "Bewaffnung" muss für diesen Zweck wesentlich sein und zugleich nach Art und Gefährlichkeit der Gegenstände ein wesentliches Merkmal des Personenzusammenschlusses darstellen. Alleiniger Zweck oder Endziel des Sich-Zusammenschließens braucht sie hingegen nicht zu sein (vgl. auch LK/Krauß, StGB, 12. Aufl., § 127 Rn. 18; MüKoStGB/Schäfer, 3. Aufl., § 127 Rn. 17).
28
§ 127 StGB verlangt kein Mindestquorum von mit Waffen bzw. gefährlichen Werkzeugen ausgerüsteten Gruppenmitgliedern, das abstrakt festzulegen wäre (anders SK-StGB/Stein/Rudolphi, 141. Lfg., § 127 Rn. 5b, die allerdings lediglich die "Bewaffnung" der für den Gruppenbegriff erforderlichen Mindestanzahl an Mitgliedern ["normalerweise also drei"] fordern). Ebenso wenig ist erforderlich, dass von den Gruppenangehörigen eine erhebliche Anzahl (vgl. indes SSW-StGB/Fahl, 3. Aufl., § 127 Rn. 5) oder gar die Mehrzahl (so aber Matt/Renzikowski/Kuhli, StGB, § 127 Rn. 6; NK-StGB-Ostendorf, 5. Aufl., § 127 Rn. 10) "bewaffnet" ist. Derartige quantitative Anforderungen sind schon deshalb nicht zu stellen, weil die Sachherrschaft über die Gegenstände - etwa im Fall einer zentralen Aufbewahrung - nicht durch die einzelnen Gruppenmitglieder ausgeübt werden muss. Hinzu kommt, dass das von der Gruppe ausgehende Gefahrenpotential nicht entscheidend von der Anzahl der "Bewaffneten" abhängig sein muss. Es verringert sich jedenfalls nicht mit einem zunehmenden "Überschuss" an "Unbewaffneten".
29
(b) Inwieweit Gegenstände als gefährliche Werkzeuge zu beurteilen sind, richtet sich nach der Art und Weise der nach dem Gruppenzweck bestimmten Verwendung.
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Zwar hat der Reformgesetzgeber die Ansicht vertreten, für das Tatbestandsmerkmal "andere gefährliche Werkzeuge" könne "auf die Rechtspre- chungsgrundsätze … (zur) gefährlichen Körperverletzung ... zurückgegriffen" werden. Die Gegenstände müssten "nach ihrer objektiven Beschaffenheit und nach der Art ihrer Benutzung im Einzelfall geeignet" sein, "erheblichere Körperverletzungen zuzufügen" (BT-Drucks. 13/9064, S. 9). Jedoch hat der Gesetzgeber dabei verkannt, dass für § 127 StGB eine tatsächliche Verwendung nicht erforderlich ist.
31
Die Rechtsprechung zu § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB, wonach im Ergebnis zur Bestimmung der Gefährlichkeit allein auf objektive Umstände abzustellen ist (s. nur BGH, Beschluss vom 3. Juni 2008 - 3 StR 246/07, BGHSt 52, 257, 269), kann ebenfalls nicht unbesehen übernommen werden (vgl. Lenckner, GS Keller, 2003, S. 151, 158 f.; für ein einheitliches Verständnis hingegen SSW-StGB/Fahl, 3. Aufl., § 127 Rn. 4; Fischer, StGB, 65. Aufl., § 127 Rn. 4; Matt/Renzikowski/Kuhli, StGB, § 127 Rn. 5, wobei allerdings die jeweils favorisierte Auslegung nicht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entspricht). Bei diesen Qualifikationstatbeständen erhöht allein das Bei-sich-Führen von Waffen oder anderen gefährlichen Werkzeugen die abstrakte Gefährlichkeit schon für sich gesehen strafbewehrter Handlungen. Beim Tatbestand des § 127 StGB betrifft demgegenüber die bloße Verfügungsgewalt über derartige Gegenstände den die Strafsanktion legitimierenden Unrechtskern. Eine bloß abstrakte Gefährlichkeit ist indes zur Eingrenzung strafwürdigen Verhaltens nicht geeignet; hiernach wäre etwa auch eine ihren Sport ausübende Baseballmannschaft erfasst.
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Vielmehr kann allein in der Verwendungsbestimmung ein taugliches Abgrenzungskriterium gesehen werden. Maßgebend ist, wie die Gegenstände, die nach ihrer objektiven Beschaffenheit zur Herbeiführung erheblicher Verletzungen geeignet sind, gegebenenfalls eingesetzt werden sollen. Auch in den Gesetzesmaterialien ist ausgeführt, mit der Formulierung "andere gefährliche Werkzeuge" würden solche Gegenstände erfasst, "die - wie z.B. Baseballschläger - ihre Bestimmung zur Verletzung von Personen erst unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls" erhielten (BT-Drucks. 13/9064, S. 9).
33
Da die Gruppe über die gefährlichen Werkzeuge verfügen muss, hängt es von der Bestimmung durch die Gruppe und nicht durch das einzelne Mitglied ab, welche Funktion den zu beurteilenden Gegenständen im Fall ihrer Verwendung zukommen soll (s. Lenckner, GS Keller, 2003, S. 151, 160; LK/Krauß, StGB, 12. Aufl., § 127 Rn. 16). Dies richtet sich nach dem Gruppenzweck, der durch die "Bewaffnung" gefördert werden und für den diese - wie unter (a) ausgeführt - wesentlich sein muss. Ausreichend ist dabei die Bereitschaft der Gruppe, die Gegenstände wie eine Waffe für den gemeinsamen Zweck einzusetzen (vgl. S/S-Sternberg-Lieben, StGB, 29. Aufl., § 127 Rn. 2 aE; ferner SSW-StGB/Fahl, 3. Aufl., § 127 Rn. 4: vorgestellte Verwendung; LK/Krauß aaO: in Aussicht genommene Benutzung). Ein Verwendungswille zur Herbeiführung erheblicher Verletzungen bei Menschen ist dagegen nicht erforderlich. Etwa auch dann, wenn die Gegenstände dazu vorgesehen sind, Gewalt gegen andere anzudrohen, kommt ihnen eine waffengleiche Funktion zu; denn aus verständiger Sicht eines potentiellen Opfers sind sie für derartige Verletzungshandlungen bestimmt (s. auch SK-StGB/Stein/Rudolphi, 141. Lfg., § 127 Rn. 5a, die auf einen naheliegenden Missbrauch für den Fall des Scheiterns oder der Bedrängnis abstellen).
34
(c) Ob umgekehrt Waffen aus dem Anwendungsbereich des § 127 StGB ausgenommen sind, wenn sie nach dem Gruppenzweck nicht zu einem Einsatz gegenüber Menschen bestimmt sind (vgl. Lenckner, GS Keller, 2003, S. 151, 159), braucht der Senat nicht zu entscheiden. Eine derartige Einschränkung ließe sich indes damit begründen, dass die "Bewaffnung" - wie unter (a) dargelegt - nach Art und Gefährlichkeit ein wesentliches Merkmal der Gruppe darstellen muss. Die Gefährlichkeit dürfte sich dabei wiederum nach der gemäß dem gemeinsamen Zweck im Einzelfall vorgesehenen Verwendung richten. Für die vorliegende Entscheidung kommt es auf diese Frage allerdings nicht an.
35
(3) Der Straftatbestand des § 127 StGB sieht unterschiedliche Tathandlungsvarianten vor. In Betracht kommen hier das Bilden und das Befehligen einer Gruppe, während ein Unterstützen - wie bei § 129 Abs. 1 Satz 2, § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB - nur durch ein Nichtmitglied begangen werden kann (vgl. LK/Krauß, StGB, 12. Aufl., § 127 Rn. 23; NK-StGB-Ostendorf, 5. Aufl., § 127 Rn. 15; MüKoStGB/Schäfer, 3. Aufl., § 127 Rn. 29).
36
(a) Eine Gruppe im Sinne des § 127 StGB bildet, wer als späteres Mitglied oder Nichtmitglied dafür sorgt, dass sich "bewaffnete" Personen in der erforderlichen Anzahl zu dem gemeinsamen Zweck zusammenschließen, oder als Mitglied eine Personenmehrheit, die nicht über die notwendigen Waffen oder anderen gefährlichen Werkzeuge verfügt, hiermit ausrüstet. Diese Tathandlungsvariante können auch die sich zu einer Gruppe zusammenschließenden Personen mittäterschaftlich begehen (vgl. SSW-StGB/Fahl, 3. Aufl., § 127 Rn. 6; LK/Krauß, StGB, 12. Aufl., § 127 Rn. 20; Matt/Renzikowski/Kuhli, StGB, § 127 Rn. 9; MüKoStGB/Schäfer, 3. Aufl., § 127 Rn. 20 f.; S/S-SternbergLieben , StGB, 29. Aufl., § 127 Rn. 3). Ob auch derjenige eine Gruppe bildet, der als Außenstehender eine bestehende Gruppe erstmals mit Waffen oder anderen gefährlichen Werkzeugen ausstattet (so die Kommentarliteratur; vgl. nur SK-StGB/Stein/Rudolphi, 141. Lfg., § 127 Rn. 6 mwN), oder ob dieses Verhalten unter die Tathandlungsvarianten des Versorgens mit Waffen bzw. des ("sonst") Unterstützens fällt, kann hier dahinstehen.
37
(b) Eine Gruppe im Sinne des § 127 StGB befehligt derjenige, dessen Anweisungen sich die Mitglieder unterordnen und der - als Mitglied, gegebenenfalls gleichberechtigt mit weiteren Befehlshabern - die tatsächliche Kommandogewalt innehat. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass sich die Gruppe rein tatsächlich den Anweisungen des Täters unterwirft. Vollendung liegt mit dem Erteilen des Befehls vor, solange der Täter über eine Position in der Gruppe verfügt, in der seine Befehle in der Regel befolgt werden (vgl. LK/Krauß, StGB, 12. Aufl., § 127 Rn. 21; Matt/Renzikowski/Kuhli, StGB, § 127 Rn. 10; MüKoStGB/Schäfer, 3. Aufl., § 127 Rn. 22 f., 42). In diesem Sinne kann das Befehligen auch damit umschrieben werden, dass derjenige, der innerhalb der Gruppe "das Sagen hat" und dem sich die anderen Gruppenmitglieder unterordnen , einseitige - als verbindlich betrachtete - Anweisungen erteilt (ähnlich S/S-Sternberg-Lieben, StGB, 29. Aufl., § 127 Rn. 4).
38
bb) Gemessen an den dargelegten rechtlichen Maßstäben hat der Angeklagte N. nach den Feststellungen den Tatbestand des § 127 StGB erfüllt , zwar nicht in der Variante des Befehligens, aber in derjenigen des Bildens:
39
Für die Annahme einer - ad hoc gebildeten - Gruppe genügt der Zusammenschluss der acht Angeklagten in dem Zeitpunkt, in dem sich die Beteiligten über den gemeinsamen Zweck einer "Vergeltungsaktion" endgültig einigten. Sie waren hierzu fest entschlossen, als sie die Wohnung in Richtung des Bahnhofs verließen. Wenngleich die Gruppenmitglieder versetzt losmarschierten, wirkten sie in räumlicher Hinsicht zusammen.
40
Der Baseballschläger, die Holzstange und der Schlosserhammer stellten gefährliche Werkzeuge im Sinne des § 127 StGB dar. Sie wurden in waffengleicher Funktion mit entsprechender Gebrauchsbereitschaft mitgeführt; sie waren nach dem übereinstimmenden Willen der acht Angeklagten zum Randalieren, Drohen und Prügeln bei dem beabsichtigten "Racheakt" bestimmt. Ohne dass es entscheidend darauf ankommt, wurde der Schläger, nachdem die Gruppe bereits gebildet war, tatsächlich dem Gruppenzweck entsprechend bei einer Körperverletzungshandlung als gefährliches Werkzeug gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB eingesetzt. Dass die Stange (dazu unten II. 2. b) aa) (1)) und der Hammer später nicht nach dieser Strafvorschrift verwendet wurden, nimmt ihnen - nach den dargelegten rechtlichen Maßstäben (s. II. 2. a) aa) (2) (b)) - nicht zugleich die Eigenschaft als gefährliche Werkzeuge im Sinne des § 127 StGB. Nach Art und Gefährlichkeit der drei - offen zur Schau getragenen - Gegenstände sind diese als ein wesentliches Gruppenmerkmal anzusehen.
41
Der Angeklagte N. hat die Gruppe gebildet, indem er, gemeinschaftlich handelnd, deren Mitglieder zum Zweck der "Vergeltungsaktion" zusammenführte. Zudem sorgte er dafür, dass die in der Wohnung vorhandenen gefährlichen Gegenstände in die Verfügungsgewalt der Gruppenmitglieder gelangten. Dagegen lässt sich - entgegen der rechtlichen Würdigung des Landgerichts - den Feststellungen nicht entnehmen, dass der Angeklagte N. die Gruppe auch befehligte. Sie belegen nicht, dass er gleichsam die tatsächliche Kommandogewalt innehatte und einseitig Anweisungen erteilte. Hierfür genügt nicht, dass er zusammen mit Gr. der Ideengeber und Initiator des "Racheakts" war. Dass beide, "weiterhin unterstützt von ihren Freunden (den weite- ren Nichtrevidenten), … die Parole" ausgaben, "dass man jetzt 'runter gehe'" (UA S. 32), kann nicht ohne weiteres als eine von den Nichtrevidenten für verbindlich gehaltene Anweisung angesehen werden, auch wenn sie sich auf die Parole hin wunschgemäß verhielten. Das Voranschreiten beim Marschieren und das Gewicht der Tatbeiträge im Rahmen der nachfolgenden gemeinschaftlichen Deliktsbegehung haben für ein Befehligen ohnehin keine maßgebende Bedeutung.
42
Dass der Angeklagte N. im Sinne des § 127 StGB unbefugt handelte , bedarf keiner Begründung, so dass auch dahinstehen kann, ob es sich bei diesem Merkmal um einen Hinweis auf das allgemeine Rechtswidrigkeitserfordernis oder ein zusätzliches sachliches Kriterium zur Eingrenzung des tatbestandlichen Unrechts handelt (zum Streitstand s. LK/Krauß, StGB, 12. Aufl., § 127 Rn. 29 ff.; SK-StGB/Stein/Rudolphi, 141. Lfg., § 127 Rn. 5f; S/S-Sternberg -Lieben, StGB, 29. Aufl., § 127 Rn. 3 f.).
43
b) Im Fall 5 der Urteilsgründe hat die Strafkammer zutreffend die diversen Gewalthandlungen des Angeklagten N. zum Nachteil des Nebenklägers Sh. als gefährliche Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2, 4, 5 StGB, seinen Schlag gegen den Zeugen Z. als gefährliche Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2, 4 StGB, die dem Tatplan entsprechende Ver- brechensandrohung durch S. als - gegenüber beiden Geschädigten tateinheitlich begangene - Bedrohung nach § 241 Abs. 1, § 52 StGB und das Zerschlagen der Glasfüllung der Tür sowie der Glasvitrine durchden Angeklagten N. als Sachbeschädigung gemäß § 303 Abs. 1 StGB gewertet. Näherer Betrachtung bedarf lediglich die von Gr. vorgenommene Misshandlung des unbekannten Flüchtenden:
44
aa) Diese dem gemeinsamen Tatplan entsprechende, demAngeklagten N. als Mittäter zuzurechnende Tat stellt weder eine mittels eines gefährlichen Werkzeugs (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB) noch eine mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich (§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB) begangene, sondern lediglich eine einfache Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB) dar.
45
(1) Die Feststellungen belegen nicht, dass Gr. bei dem Flüchtenden den Körperverletzungserfolg mittels der Vorhangstange als gefährlichem Werkzeug hervorrief. Eine gefährliche Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB begeht, wer seinem Opfer durch ein von außen unmittelbar auf den Körper einwirkendes gefährliches Tatmittel eine Körperverletzung im Sinne von § 223 Abs. 1 StGB beibringt. Wird eine Person durch einen gezielten Hieb mit einem Schlagwerkzeug zu Fall gebracht, kann der Qualifikationstatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB nur erfüllt sein, wenn bereits durch den Anstoß eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens ausgelöst wird. Erst mittelbar, infolge eines anschließenden Sturzes erlittene Schäden sind dagegen nicht auf den unmittelbaren Kontakt zwischen Schlagwerkzeug und Körper zurückzuführen, so dass eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung allein hierauf nicht gestützt werden kann (vgl. KG, Beschluss vom 13. Mai 2011 - 1 Ss 20/11, NStZ 2012, 326, 327; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, StGB, 29. Aufl., § 224 Rn. 3a; ferner - entsprechend für einen Anstoß mit dem Kraftfahrzeug - BGH, Beschlüsse vom 20. Dezember 2012 - 4 StR 292/12, juris Rn. 10 f.; vom 30. Juli 2013 - 4 StR 275/13, NStZ 2014, 36, 37; vom 4. November 2014 - 4 StR 200/14, NStZ-RR 2015, 244). Den Feststellungen lässt sich nicht entnehmen, dass schon Gr. s Schlag mit der Vorhangstange auf den Fuß des Weglaufenden für diesen schmerzhaft war; vielmehr deuten sie darauf hin, dass der Einsatz der Stange zum Stolpern führte und die Schmerzen erst sturzbedingt eintraten.
46
(2) Auf der Grundlage der Feststellungen liegt auch eine gemeinschaftliche Begehungsweise nicht vor. Eine gefährliche Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB ist nur gegeben, wenn Täter und weiterer Beteiligter bei der Begehung der Körperverletzung einverständlich zusammenwirken, wobei es bereits genügt, wenn ein am Tatort anwesender Tatgenosse die Wirkung der Körperverletzungshandlung des Täters bewusst in einer Weise verstärkt, welche die Lage des Verletzten zu verschlechtern geeignet ist (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Juli 2012 - 3 StR 158/12, BGHR StGB § 224 Abs. 1 Nr. 4 Gemeinschaftlich 4 mwN). Daran fehlt es indes, wenn sich mehrere Opfer jeweils nur einem Angreifer ausgesetzt sehen, ohne dass die Positionen ausgetauscht werden. Denn in einem solchen Fall stehen dem jeweiligen Opfer die Beteiligten gerade nicht gemeinschaftlich gegenüber. Damit mangelt es an dem Grund für die Strafschärfung des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB, der in der erhöhten abstrakten Gefährlichkeit der Tat liegt, wenn einem Geschädigten mehrere Angreifer körperlich gegenüberstehen und er deshalb in seiner Verteidigungsmöglichkeit objektiv oder aus seiner subjektiven Sicht eingeschränkt ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Juni 2015 - 3 StR 171/15, BGHR StGB § 224 Abs. 1 Nr. 4 Gemeinschaftlich 5; vom 25. Juli 2017 - 3 StR 93/17, NStZ-RR 2017, 339; ferner BGH, Urteil vom 22. Dezember 2005 - 4 StR 347/05, NStZ 2006, 572, 573). Da den Feststellungen zufolge N. , B. sowie S. im Tatzeitpunkt darin begriffen waren, den Döner-Imbiss zu betreten, und der unbekannte Flüchtende , nachdem er sich bereits einige Meter entfernt hatte, allein dem gesonderten Angriff Gr. s ausgesetzt war, lag ein gemeinschaftliches Zusammenwirken mehrerer Personen zum Nachteil dieses Geschädigten nicht vor.
47
bb) Für eine eventuelle Verurteilung des Angeklagten N. wegen einer zum Nachteil des unbekannten Flüchtenden tateinheitlich verwirklichten Körperverletzung nach § 223 Abs. 1 StGB mangelt es an der Verfahrensvoraussetzung des § 230 Abs. 1 StGB; weder liegt ein Strafantrag vor, noch hat die Staatsanwaltschaft in Bezug auf diese Tat das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejaht.
48
cc) Der Senat kann hinsichtlich des Schuldspruchs analog § 354 Abs. 1 StPO in der Sache selbst dahin entscheiden, dass diese Verurteilung des Angeklagten N. wegen gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil des unbekannten Flüchtenden ersatzlos in Wegfall gerät. Denn in einer neuen Hauptverhandlung sind keine weitergehenden Feststellungen zum Einsatz der Holzstange als gefährliches Werkzeug zu erwarten. Gleiches gilt für einen hierauf bezogenen Vorsatz des Angeklagten Gr. , der zu einer - dem Angeklagten N. zurechenbaren - Strafbarkeit wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung führte.
49
c) Hinsichtlich der Konkurrenzen hat die Strafkammer zutreffend angenommen , dass sämtliche Taten im Fall 5 der Urteilsgründe aufgrund natürlicher Handlungseinheit miteinander idealkonkurrieren (§ 52 StGB). Die Tatausführenden verübten die Delikte aufgrund des zuvor gefassten einheitlichen Tatentschlusses in engem zeitlichen, räumlichen und situativen Zusammenhang. Die Handlungen fanden zum Teil zeitgleich statt; im Übrigen gingen sie unmittelbar ineinander über. Wenngleich eine natürliche Handlungseinheit regelmäßig nicht naheliegt, falls mehrere höchstpersönliche Rechtsgüter unterschiedlicher Rechtsgutsträger verletzt werden, ist sie doch auch in derartigen Fällen ausnahmsweise gerechtfertigt, wenn - wie hier - eine Aufspaltung in Einzeltaten wegen des außergewöhnlich engen Zusammenhangs willkürlich und gekünstelt erschiene (vgl. BGH, Beschluss vom 21. November 2000 - 4 StR 354/00, NJW 2001, 838, 839 mwN; Urteil vom 29. März 2012 - 3 StR 422/11, StV 2013, 382, 383). Ohnehin beschwert die Annahme von Tateinheit den Angeklagten N. nicht.
50
Entgegen der Auffassung der Strafkammer steht auch die Tat im Fall 4 der Urteilsgründe in Idealkonkurrenz zu der Gesamtheit der Delikte im Fall 5 der Urteilsgründe. Sofern der Tatbestand des § 127 StGB in der Tathandlungsvariante des Bildens verwirklicht wird, ist im Verhältnis zu einer von einem Gruppenmitglied in Realisierung des Gruppenzwecks ausgeführten Tat zwar grundsätzlich Tatmehrheit anzunehmen (vgl. SSW-StGB/Fahl, 3. Aufl., § 127 Rn. 15; BeckOK StGB/v. Heintschel-Heinegg, § 127 Rn. 16; LK/Krauß, StGB, 12. Aufl., § 127 Rn. 39; Matt/Renzikowski/Kuhli, StGB, § 127 Rn. 27). Das gilt jedoch - abhängig von den konkreten Umständen - nicht, wenn es sich um einen für die strafbare Einzelunternehmung spontan gebildeten, nur für kurze Zeit existierenden Personenzusammenschluss (Ad-hoc-Gruppe) handelt. Hier formierte sich die Gruppe, als sich die Mitglieder über die "Vergeltungsaktion" abschließend einigten; zu den Straftaten (dem Randalieren, Drohen, Prügeln vor und in dem Döner-Imbiss), in denen sich der Gruppenzweck erschöpfte, waren sie fest entschlossen , als sie die Wohnung in Richtung des Bahnhofs verließen.
51
3. Die Änderung des Schuldspruchs hinsichtlich der Fälle 4 und 5 der Urteilsgründe führt zur Aufhebung der für diese Fälle verhängten Einzelstrafen und der Gesamtstrafe. Die zugehörigen Feststellungen bleiben von den allein den Schuldspruch betreffenden Wertungsmängeln unberührt und können somit bestehen bleiben (s. § 353 Abs. 2 StPO).
52
4. Die Schuldspruchänderung hinsichtlich der Fälle 4 und 5 sowie die Aufhebung des diesbezüglichen Straf- und des Gesamtstrafenausspruchs sind gemäß § 357 StPO auf die sieben nichtrevidierenden Angeklagten zu erstrecken , weil die dargelegten Rechtsfehler sie gleichermaßen betreffen.
53
Im Umfang der Aufhebung bedarf die Sache neuer Verhandlung und Entscheidung.
Becker Ri‘inBGH Dr. Spaniol befindet Berg sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Hoch Leplow

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Strafgesetzbuch - StGB | § 52 Tateinheit


(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt. (2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie d

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Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu

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(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer 1. einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,b) sonst ein Werkzeug oder Mittel b

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3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 14. Juni 2018 - 3 StR 585/17.

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Sept. 2019 - AK 47/19

bei uns veröffentlicht am 05.09.2019

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Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Sept. 2019 - 3 StR 341/19

bei uns veröffentlicht am 17.09.2019

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Bundesgerichtshof Urteil, 20. Dez. 2018 - 3 StR 236/17

bei uns veröffentlicht am 20.12.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 236/17 vom 20. Dezember 2018 Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja ___________________________________ VStGB §§ 4, 7 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 6 Nr. 2, § 9 Abs. 1 V

Referenzen

(1) Wer eine Handelsplattform im Internet betreibt, deren Zweck darauf ausgerichtet ist, die Begehung von rechtswidrigen Taten zu ermöglichen oder zu fördern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. Rechtswidrige Taten im Sinne des Satzes 1 sind

1.
Verbrechen,
2.
Vergehen nach
a)
den §§ 86, 86a, 91, 130, 147 und 148 Absatz 1 Nummer 3, den §§ 149, 152a und 176a Absatz 2, § 176b Absatz 2, § 180 Absatz 2, § 184b Absatz 1 Satz 2, § 184c Absatz 1, § 184l Absatz 1 und 3, den §§ 202a, 202b, 202c, 202d, 232 und 232a Absatz 1, 2, 5 und 6, nach § 232b Absatz 1, 2 und 4 in Verbindung mit § 232a Absatz 5, nach den §§ 233, 233a, 236, 259 und 260, nach § 261 Absatz 1 und 2 unter den in § 261 Absatz 5 Satz 2 genannten Voraussetzungen sowie nach den §§ 263, 263a, 267, 269, 275, 276, 303a und 303b,
b)
§ 4 Absatz 1 bis 3 des Anti-Doping-Gesetzes,
c)
§ 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, sowie Absatz 2 und 3 des Betäubungsmittelgesetzes,
d)
§ 19 Absatz 1 bis 3 des Grundstoffüberwachungsgesetzes,
e)
§ 4 Absatz 1 und 2 des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes,
f)
§ 95 Absatz 1 bis 3 des Arzneimittelgesetzes,
g)
§ 52 Absatz 1 Nummer 1 und 2 Buchstabe b und c, Absatz 2 und 3 Nummer 1 und 7 sowie Absatz 5 und 6 des Waffengesetzes,
h)
§ 40 Absatz 1 bis 3 des Sprengstoffgesetzes,
i)
§ 13 des Ausgangsstoffgesetzes,
j)
§ 83 Absatz 1 Nummer 4 und 5 sowie Absatz 4 des Kulturgutschutzgesetzes,
k)
den §§ 143, 143a und 144 des Markengesetzes sowie
l)
den §§ 51 und 65 des Designgesetzes.

(2) Handelsplattform im Internet im Sinne dieser Vorschrift ist jede virtuelle Infrastruktur im frei zugänglichen wie im durch technische Vorkehrungen zugangsbeschränkten Bereich des Internets, die Gelegenheit bietet, Menschen, Waren, Dienstleistungen oder Inhalte (§ 11 Absatz 3) anzubieten oder auszutauschen.

(3) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer im Fall des Absatzes 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer bei der Begehung einer Tat nach Absatz 1 beabsichtigt oder weiß, dass die Handelsplattform im Internet den Zweck hat, Verbrechen zu ermöglichen oder zu fördern.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Wer eine Handelsplattform im Internet betreibt, deren Zweck darauf ausgerichtet ist, die Begehung von rechtswidrigen Taten zu ermöglichen oder zu fördern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. Rechtswidrige Taten im Sinne des Satzes 1 sind

1.
Verbrechen,
2.
Vergehen nach
a)
den §§ 86, 86a, 91, 130, 147 und 148 Absatz 1 Nummer 3, den §§ 149, 152a und 176a Absatz 2, § 176b Absatz 2, § 180 Absatz 2, § 184b Absatz 1 Satz 2, § 184c Absatz 1, § 184l Absatz 1 und 3, den §§ 202a, 202b, 202c, 202d, 232 und 232a Absatz 1, 2, 5 und 6, nach § 232b Absatz 1, 2 und 4 in Verbindung mit § 232a Absatz 5, nach den §§ 233, 233a, 236, 259 und 260, nach § 261 Absatz 1 und 2 unter den in § 261 Absatz 5 Satz 2 genannten Voraussetzungen sowie nach den §§ 263, 263a, 267, 269, 275, 276, 303a und 303b,
b)
§ 4 Absatz 1 bis 3 des Anti-Doping-Gesetzes,
c)
§ 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, sowie Absatz 2 und 3 des Betäubungsmittelgesetzes,
d)
§ 19 Absatz 1 bis 3 des Grundstoffüberwachungsgesetzes,
e)
§ 4 Absatz 1 und 2 des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes,
f)
§ 95 Absatz 1 bis 3 des Arzneimittelgesetzes,
g)
§ 52 Absatz 1 Nummer 1 und 2 Buchstabe b und c, Absatz 2 und 3 Nummer 1 und 7 sowie Absatz 5 und 6 des Waffengesetzes,
h)
§ 40 Absatz 1 bis 3 des Sprengstoffgesetzes,
i)
§ 13 des Ausgangsstoffgesetzes,
j)
§ 83 Absatz 1 Nummer 4 und 5 sowie Absatz 4 des Kulturgutschutzgesetzes,
k)
den §§ 143, 143a und 144 des Markengesetzes sowie
l)
den §§ 51 und 65 des Designgesetzes.

(2) Handelsplattform im Internet im Sinne dieser Vorschrift ist jede virtuelle Infrastruktur im frei zugänglichen wie im durch technische Vorkehrungen zugangsbeschränkten Bereich des Internets, die Gelegenheit bietet, Menschen, Waren, Dienstleistungen oder Inhalte (§ 11 Absatz 3) anzubieten oder auszutauschen.

(3) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer im Fall des Absatzes 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer bei der Begehung einer Tat nach Absatz 1 beabsichtigt oder weiß, dass die Handelsplattform im Internet den Zweck hat, Verbrechen zu ermöglichen oder zu fördern.

(1) Wer als Rädelsführer oder Hintermann einer Gruppe oder, ohne mit einer Gruppe oder für eine solche zu handeln, als einzelner absichtlich bewirkt, daß im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes durch Störhandlungen

1.
Unternehmen oder Anlagen, die der öffentlichen Versorgung mit Postdienstleistungen oder dem öffentlichen Verkehr dienen,
2.
Telekommunikationsanlagen, die öffentlichen Zwecken dienen,
3.
Unternehmen oder Anlagen, die der öffentlichen Versorgung mit Wasser, Licht, Wärme oder Kraft dienen oder sonst für die Versorgung der Bevölkerung lebenswichtig sind, oder
4.
Dienststellen, Anlagen, Einrichtungen oder Gegenstände, die ganz oder überwiegend der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dienen,
ganz oder zum Teil außer Tätigkeit gesetzt oder den bestimmungsmäßigen Zwecken entzogen werden, und sich dadurch absichtlich für Bestrebungen gegen den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder gegen Verfassungsgrundsätze einsetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer eine Handelsplattform im Internet betreibt, deren Zweck darauf ausgerichtet ist, die Begehung von rechtswidrigen Taten zu ermöglichen oder zu fördern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. Rechtswidrige Taten im Sinne des Satzes 1 sind

1.
Verbrechen,
2.
Vergehen nach
a)
den §§ 86, 86a, 91, 130, 147 und 148 Absatz 1 Nummer 3, den §§ 149, 152a und 176a Absatz 2, § 176b Absatz 2, § 180 Absatz 2, § 184b Absatz 1 Satz 2, § 184c Absatz 1, § 184l Absatz 1 und 3, den §§ 202a, 202b, 202c, 202d, 232 und 232a Absatz 1, 2, 5 und 6, nach § 232b Absatz 1, 2 und 4 in Verbindung mit § 232a Absatz 5, nach den §§ 233, 233a, 236, 259 und 260, nach § 261 Absatz 1 und 2 unter den in § 261 Absatz 5 Satz 2 genannten Voraussetzungen sowie nach den §§ 263, 263a, 267, 269, 275, 276, 303a und 303b,
b)
§ 4 Absatz 1 bis 3 des Anti-Doping-Gesetzes,
c)
§ 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, sowie Absatz 2 und 3 des Betäubungsmittelgesetzes,
d)
§ 19 Absatz 1 bis 3 des Grundstoffüberwachungsgesetzes,
e)
§ 4 Absatz 1 und 2 des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes,
f)
§ 95 Absatz 1 bis 3 des Arzneimittelgesetzes,
g)
§ 52 Absatz 1 Nummer 1 und 2 Buchstabe b und c, Absatz 2 und 3 Nummer 1 und 7 sowie Absatz 5 und 6 des Waffengesetzes,
h)
§ 40 Absatz 1 bis 3 des Sprengstoffgesetzes,
i)
§ 13 des Ausgangsstoffgesetzes,
j)
§ 83 Absatz 1 Nummer 4 und 5 sowie Absatz 4 des Kulturgutschutzgesetzes,
k)
den §§ 143, 143a und 144 des Markengesetzes sowie
l)
den §§ 51 und 65 des Designgesetzes.

(2) Handelsplattform im Internet im Sinne dieser Vorschrift ist jede virtuelle Infrastruktur im frei zugänglichen wie im durch technische Vorkehrungen zugangsbeschränkten Bereich des Internets, die Gelegenheit bietet, Menschen, Waren, Dienstleistungen oder Inhalte (§ 11 Absatz 3) anzubieten oder auszutauschen.

(3) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer im Fall des Absatzes 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer bei der Begehung einer Tat nach Absatz 1 beabsichtigt oder weiß, dass die Handelsplattform im Internet den Zweck hat, Verbrechen zu ermöglichen oder zu fördern.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt.

(2) Eine Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.

(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden,

1.
wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat,
2.
wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder
3.
soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen.

(4) Der Versuch, eine in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 bezeichnete Vereinigung zu gründen, ist strafbar.

(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern der Vereinigung gehört. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Zweck oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet ist, in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, b, d bis f und h bis o, Nummer 2 bis 8 und 10 der Strafprozessordnung genannte Straftaten mit Ausnahme der in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe h der Strafprozessordnung genannten Straftaten nach den §§ 239a und 239b des Strafgesetzbuches zu begehen.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, von einer Bestrafung nach den Absätzen 1 und 4 absehen.

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter

1.
sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können;
erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft.

(1) Wer eine Handelsplattform im Internet betreibt, deren Zweck darauf ausgerichtet ist, die Begehung von rechtswidrigen Taten zu ermöglichen oder zu fördern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. Rechtswidrige Taten im Sinne des Satzes 1 sind

1.
Verbrechen,
2.
Vergehen nach
a)
den §§ 86, 86a, 91, 130, 147 und 148 Absatz 1 Nummer 3, den §§ 149, 152a und 176a Absatz 2, § 176b Absatz 2, § 180 Absatz 2, § 184b Absatz 1 Satz 2, § 184c Absatz 1, § 184l Absatz 1 und 3, den §§ 202a, 202b, 202c, 202d, 232 und 232a Absatz 1, 2, 5 und 6, nach § 232b Absatz 1, 2 und 4 in Verbindung mit § 232a Absatz 5, nach den §§ 233, 233a, 236, 259 und 260, nach § 261 Absatz 1 und 2 unter den in § 261 Absatz 5 Satz 2 genannten Voraussetzungen sowie nach den §§ 263, 263a, 267, 269, 275, 276, 303a und 303b,
b)
§ 4 Absatz 1 bis 3 des Anti-Doping-Gesetzes,
c)
§ 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, sowie Absatz 2 und 3 des Betäubungsmittelgesetzes,
d)
§ 19 Absatz 1 bis 3 des Grundstoffüberwachungsgesetzes,
e)
§ 4 Absatz 1 und 2 des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes,
f)
§ 95 Absatz 1 bis 3 des Arzneimittelgesetzes,
g)
§ 52 Absatz 1 Nummer 1 und 2 Buchstabe b und c, Absatz 2 und 3 Nummer 1 und 7 sowie Absatz 5 und 6 des Waffengesetzes,
h)
§ 40 Absatz 1 bis 3 des Sprengstoffgesetzes,
i)
§ 13 des Ausgangsstoffgesetzes,
j)
§ 83 Absatz 1 Nummer 4 und 5 sowie Absatz 4 des Kulturgutschutzgesetzes,
k)
den §§ 143, 143a und 144 des Markengesetzes sowie
l)
den §§ 51 und 65 des Designgesetzes.

(2) Handelsplattform im Internet im Sinne dieser Vorschrift ist jede virtuelle Infrastruktur im frei zugänglichen wie im durch technische Vorkehrungen zugangsbeschränkten Bereich des Internets, die Gelegenheit bietet, Menschen, Waren, Dienstleistungen oder Inhalte (§ 11 Absatz 3) anzubieten oder auszutauschen.

(3) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer im Fall des Absatzes 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer bei der Begehung einer Tat nach Absatz 1 beabsichtigt oder weiß, dass die Handelsplattform im Internet den Zweck hat, Verbrechen zu ermöglichen oder zu fördern.

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird die im Urteil des Amtsgerichts Ulm vom 31. März 2014 ausgesprochene Geldstrafe auf 90 Tagessätze zu je 5 Euro

h e r a b g e s e t z t .

2. Im Übrigen wird die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil als unbegründet

v e r w o r f e n .

3. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe

 
I.
Das Amtsgericht Ulm verurteilte den Angeklagten am 31. März 2014 wegen Bildung bewaffneter Gruppen zu der Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 5 Euro. Nach den Feststellungen des Urteils hielt sich der Angeklagte in der Nacht vom 22. auf 23. März 2013 in einem von einem Mitglied der Black Jackets - einer rockerähnlichen Gruppierung - betriebenen Prostitutionsbetrieb in U. auf, als es zu Provokationen durch die in Rivalität zu den Black Jackets stehenden Mitglieder der Red Legions kam, die sich zu diesem Zeitpunkt in einem gegenüberliegenden Gebäude befanden. Als sich eine Gruppe von ca. 30 Mitgliedern der Red Legions dem Prostitutionsbetrieb näherte, bewaffneten sich dort der Präsident der U. Black Jackets, vier weitere Personen, darunter der ebenfalls zu den Black Jackets zählende Bruder des Angeklagten, und der Angeklagte, der nicht zu den Black Jackets gehört, gemeinsam aus dem in dem Prostitutionsbetrieb vorhandenen Waffenarsenal, wobei u.a. der Angeklagte einen Baseballschläger und der Präsident der Black Jackets eine geladene Pistole nahm. Anschließend stellten sich diese Personen unter der Führung des Präsidenten der Black Jackets, der mehrere Schüsse auf die entgegenkommenden Mitglieder der Red Legions abgab, dieser Personengruppe entgegen, um die Macht der Black Jackets zu demonstrieren.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Sprungrevision. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts und ist der Auffassung, dass sich die Gruppe, zu der er gehörte, spontan gebildet habe und deswegen keine Gruppe im Sinne des § 127 StGB sei.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, wie geschehen zu erkennen.
II.
Die Revision hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
Der Rechtsfolgenausspruch hält der auf die Sachrüge gebotenen rechtlichen Überprüfung nicht stand. Der Senat kann jedoch ohne Zurückverweisung des Verfahrens nach § 354 Abs. 1a Satz 2 StPO eine eigene Entscheidung treffen. Im Übrigen ist die Revision des Angeklagten gemäß § 349 Abs. 2 StPO unbegründet, weil die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
1. Die Feststellungen im Urteil vom 31. März 2014 tragen den Schuldspruch. Insbesondere rechtfertigen die Urteilsfeststellungen die Annahme einer Gruppe im Sinne des § 127 StGB.
a. Für den Begriff „Gruppe“ gibt es keine gesetzliche Definition. Nach dem Wortsinn ist eine Gruppe - im Gegensatz zu einer bloßen Ansammlung von Einzelpersonen - eine Mehrheit von Personen, die durch ein gemeinsames Merkmal verbunden sind und sich insbesondere zu einem gemeinsamen Zweck zusammengeschlossen haben (so der erfolgreiche Änderungsvorschlag des Bundesrates zum 6. StrRG, BT-Drucks 13/8587 S. 57; Leipziger Kommentar-Krauß, StGB, § 127 Rn. 6; Münchner Kommentar-Schäfer, StGB, 2. Aufl., § 127 Rn. 10; Lenckner, Gedächtnisschrift Keller, S. 151, 156).
Der gemeinsame Zweck war hier die gemeinsame Machtdemonstration gegenüber den Mitgliedern der Red Legions.
b. Aus welcher Personenzahl diese Personenmehrheit bestehen muss, um eine Gruppe im Sinne des § 127 StGB zu sein, kann nicht allgemeingültig festgelegt werden und ist unter Berücksichtigung des Normzwecks und nach den Umständen des Einzelfalls zu bestimmen (LK-Krauß, a.a.O., Rn. 10; MK-Schäfer, a.a.O., Rn. 13; Lenckner, GS Keller, S. 151, 156). Nach der Vorstellung des Gesetzgebers kann bereits die Zahl von drei Personen reichen (zustimmende Stellungnahme des Bundestages zum Änderungsvorschlag des Bundesrates, BT-Drucks. 13/8587 S. 80). Bei einer räumlich verteilten Gruppe ist hingegen eine höhere Personenanzahl notwendig (Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, StGB, 29. Aufl., § 127 Rn. 2; BeckOK-von Heintschel-Heinegg, Ed. 23, StGB, § 127 Rn. 2).
10 
Der hier festgestellte Zusammenschluss von sechs Personen reicht insoweit jedenfalls aus.
11 
c. Auch das erforderliche Mindestmaß an Organisation ist gegeben.
12 
Einer militärischen Organisation der Gruppe mit Befehls- oder Kommandostrukturen bedarf es nicht (MK-Schäfer, a.a.O., Rn. 10). Jedoch ist bei Fehlen einer räumlichen Zusammenfassung der zugehörigen Personen ein gewisses Maß an Organisation erforderlich, wohingegen bei einer räumlichen Versammlung der Personen ein loser Zusammenschluss ohne besondere Organisationsform genügt (Lenckner, GS Keller, S. 151, 157; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, a.a.O., Rn. 2; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 127 Rn. 3; LK-Krauß, a.a.O., Rn. 7). Der Zusammenschluss der Personen zu einer Gruppe muss auch nicht auf Dauer angelegt sein (LK-Krauß, a.a.O., Rn. 8; Lenckner, GS Keller, S. 151, 156; MK-Schäfer, a.a.O., Rn. 14; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, a.a.O., Rn. 2), schon das Zusammenfinden für eine einmalige Aktion reicht aus (MK-Schäfer, a.a.O., Rn. 14; LK-Krauß, a.a.O., Rn. 8).
13 
Der Senat ist mit der überwiegenden Meinung der Auffassung, dass eine Gruppe im Sinne des § 127 StGB auch spontan gebildet werden kann (Lenckner, GS Keller, S. 151, 156; LK-Krauß, a.a.O., Rn. 8; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, a.a.O., Rn. 2; MK-Schäfer, a.a.O., Rn. 14). Der Auffassung, reine Ad-hoc-Gruppierungen würden wegen der fehlenden Möglichkeit, sie befehligen zu können, nicht § 127 StGB unterfallen (so Fischer, StGB, 61. Aufl., § 127 Rn. 3; NK-Ostendorf, StGB, 4. Auflage, § 127 Rn. 8), kann nicht gefolgt werden. Zwar ist in § 127 StGB das Befehligen als eine der möglichen Tathandlungen genannt. Jedoch kommt es nach der Vorstellung des Gesetzgebers gerade nicht auf einen bestimmten Grad von Organisation an (Gesetzentwurf der Bundesregierung zum 6. StrRG, BT-Drucks. 13/8587 S. 28). Auch der Gesetzeszweck spricht dafür, spontan gebildete Gruppierungen § 127 StGB unterfallen zu lassen. § 127 StGB schützt als abstraktes Gefährdungsdelikt den inneren Rechtsfrieden und das staatliche Gewaltmonopol vor Gefahren, die von bewaffneten Personenmehrheiten ausgehen (MK-Schäfer, a.a.O., Rn. 1; LK-Krauß a.a.O., Rn. 1; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, a.a.O., Rn. 1; NK-Ostendorf, a.a.O., Rn. 1). Für diese Rechtsgüter kann aber nicht nur von organisierten Gruppierungen Gefahr ausgehen, sondern auch von spontan gebildeten Gruppierungen, die über ein Mindestmaß an Organisation verfügen, das zur gemeinsamen Zweckverfolgung und Aktion erforderlich ist. § 127 StGB soll das Handeln solcher Personenmehrheiten erfassen, die aufgrund innerer Struktur, Willensbildung oder sonstiger Umstände in der Lage sind, gezielt, abgestimmt und einheitlich oder arbeitsteilig handelnd einen bestimmten Zweck zu verfolgen, und die so eine höhere Gefährlichkeit im Hinblick auf die geschützten Rechtsgüter entwickeln können als eine Mehrzahl einzeln und nicht koordiniert handelnder Personen. Eine solche zur koordinierten Vorgehensweise befähigende innere Struktur kann sich auch aus faktischen Autoritätsverhältnissen innerhalb der Gruppierung ergeben. Demgemäß ist es nicht von Bedeutung, ob die zu einer solchen Handlungsweise fähige Personenmehrheit mit festen Strukturen organisiert oder spontan gebildet ist.
14 
Nach diesem Maßstab begegnet hier die Einordnung dieser auf die Provokation durch die Mitglieder der Red Legion spontan gebildeten Gruppe als Gruppe im Sinne des § 127 StGB keinen Bedenken. Der Angeklagte hat gemeinsam mit den in den Feststellungen genannten Personen unter Führung des Präsidenten der Black Jackets K. A. unter gemeinsamer Bewaffnung eine solche Personenmehrheit gebildet, die sich den gegnerischen Mitgliedern der Red Legion gemeinsam entgegengestellt hat, um die Macht der Black Jackets zu demonstrieren.
15 
2. Die Ausführungen des Amtsgerichts zur Rechtsfolge halten indes rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Amtsgericht hat strafschärfend gewertet, dass der Angeklagte durch seinen bewussten Anschluss an die bewaffnete Gruppe ein erhebliches Maß an Aggressionsbereitschaft zeigte. Damit hat es das Verbot der Doppelverwertung gemäß § 46 Abs. 3 StGB verletzt und zu Lasten des Angeklagten einen Umstand berücksichtigt, der bereits Merkmal des gesetzlichen Tatbestandes ist. Dies ist rechtsfehlerhaft. Die weitere Erwägung, dass der Angeklagte damit die Gefahr einer nicht mehr kontrollierbaren gewalttätigen Auseinandersetzung heraufbeschwor, bringt hingegen den Feststellungen entsprechend den Eintritt einer konkreten Gefährdung zum Ausdruck und ist deswegen nicht zu beanstanden.
16 
Nach § 354 Abs. 1a Satz 2 StPO kann der Senat aufgrund des im Übrigen fehlerfrei und vollständig festgestellten Strafzumessungssachverhalts eine eigene Entscheidung treffen. Innerhalb des Strafrahmens des § 127 StGB erscheint unter Beachtung des im Urteil geschilderten konkreten Tatablaufes, der aufgrund der Verwendung von zumindest einer scharfen Distanzwaffe von hoher Gefährlichkeit geprägt war, eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen angemessen. Die Tagessatzhöhe beträgt, wie vom Amtsgericht zutreffend festgesetzt, 5 Euro.
III.
17 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 473 Abs. 1 und Abs. 4 StPO. Gemessen an dem Ziel der Revision ist der erzielte Erfolg weniger gewichtig, so dass es nicht unbillig ist, den Angeklagten mit den entstandenen Kosten zu belasten.

(1) Wer eine Handelsplattform im Internet betreibt, deren Zweck darauf ausgerichtet ist, die Begehung von rechtswidrigen Taten zu ermöglichen oder zu fördern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. Rechtswidrige Taten im Sinne des Satzes 1 sind

1.
Verbrechen,
2.
Vergehen nach
a)
den §§ 86, 86a, 91, 130, 147 und 148 Absatz 1 Nummer 3, den §§ 149, 152a und 176a Absatz 2, § 176b Absatz 2, § 180 Absatz 2, § 184b Absatz 1 Satz 2, § 184c Absatz 1, § 184l Absatz 1 und 3, den §§ 202a, 202b, 202c, 202d, 232 und 232a Absatz 1, 2, 5 und 6, nach § 232b Absatz 1, 2 und 4 in Verbindung mit § 232a Absatz 5, nach den §§ 233, 233a, 236, 259 und 260, nach § 261 Absatz 1 und 2 unter den in § 261 Absatz 5 Satz 2 genannten Voraussetzungen sowie nach den §§ 263, 263a, 267, 269, 275, 276, 303a und 303b,
b)
§ 4 Absatz 1 bis 3 des Anti-Doping-Gesetzes,
c)
§ 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, sowie Absatz 2 und 3 des Betäubungsmittelgesetzes,
d)
§ 19 Absatz 1 bis 3 des Grundstoffüberwachungsgesetzes,
e)
§ 4 Absatz 1 und 2 des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes,
f)
§ 95 Absatz 1 bis 3 des Arzneimittelgesetzes,
g)
§ 52 Absatz 1 Nummer 1 und 2 Buchstabe b und c, Absatz 2 und 3 Nummer 1 und 7 sowie Absatz 5 und 6 des Waffengesetzes,
h)
§ 40 Absatz 1 bis 3 des Sprengstoffgesetzes,
i)
§ 13 des Ausgangsstoffgesetzes,
j)
§ 83 Absatz 1 Nummer 4 und 5 sowie Absatz 4 des Kulturgutschutzgesetzes,
k)
den §§ 143, 143a und 144 des Markengesetzes sowie
l)
den §§ 51 und 65 des Designgesetzes.

(2) Handelsplattform im Internet im Sinne dieser Vorschrift ist jede virtuelle Infrastruktur im frei zugänglichen wie im durch technische Vorkehrungen zugangsbeschränkten Bereich des Internets, die Gelegenheit bietet, Menschen, Waren, Dienstleistungen oder Inhalte (§ 11 Absatz 3) anzubieten oder auszutauschen.

(3) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer im Fall des Absatzes 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer bei der Begehung einer Tat nach Absatz 1 beabsichtigt oder weiß, dass die Handelsplattform im Internet den Zweck hat, Verbrechen zu ermöglichen oder zu fördern.

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird die im Urteil des Amtsgerichts Ulm vom 31. März 2014 ausgesprochene Geldstrafe auf 90 Tagessätze zu je 5 Euro

h e r a b g e s e t z t .

2. Im Übrigen wird die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil als unbegründet

v e r w o r f e n .

3. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe

 
I.
Das Amtsgericht Ulm verurteilte den Angeklagten am 31. März 2014 wegen Bildung bewaffneter Gruppen zu der Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 5 Euro. Nach den Feststellungen des Urteils hielt sich der Angeklagte in der Nacht vom 22. auf 23. März 2013 in einem von einem Mitglied der Black Jackets - einer rockerähnlichen Gruppierung - betriebenen Prostitutionsbetrieb in U. auf, als es zu Provokationen durch die in Rivalität zu den Black Jackets stehenden Mitglieder der Red Legions kam, die sich zu diesem Zeitpunkt in einem gegenüberliegenden Gebäude befanden. Als sich eine Gruppe von ca. 30 Mitgliedern der Red Legions dem Prostitutionsbetrieb näherte, bewaffneten sich dort der Präsident der U. Black Jackets, vier weitere Personen, darunter der ebenfalls zu den Black Jackets zählende Bruder des Angeklagten, und der Angeklagte, der nicht zu den Black Jackets gehört, gemeinsam aus dem in dem Prostitutionsbetrieb vorhandenen Waffenarsenal, wobei u.a. der Angeklagte einen Baseballschläger und der Präsident der Black Jackets eine geladene Pistole nahm. Anschließend stellten sich diese Personen unter der Führung des Präsidenten der Black Jackets, der mehrere Schüsse auf die entgegenkommenden Mitglieder der Red Legions abgab, dieser Personengruppe entgegen, um die Macht der Black Jackets zu demonstrieren.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Sprungrevision. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts und ist der Auffassung, dass sich die Gruppe, zu der er gehörte, spontan gebildet habe und deswegen keine Gruppe im Sinne des § 127 StGB sei.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, wie geschehen zu erkennen.
II.
Die Revision hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
Der Rechtsfolgenausspruch hält der auf die Sachrüge gebotenen rechtlichen Überprüfung nicht stand. Der Senat kann jedoch ohne Zurückverweisung des Verfahrens nach § 354 Abs. 1a Satz 2 StPO eine eigene Entscheidung treffen. Im Übrigen ist die Revision des Angeklagten gemäß § 349 Abs. 2 StPO unbegründet, weil die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
1. Die Feststellungen im Urteil vom 31. März 2014 tragen den Schuldspruch. Insbesondere rechtfertigen die Urteilsfeststellungen die Annahme einer Gruppe im Sinne des § 127 StGB.
a. Für den Begriff „Gruppe“ gibt es keine gesetzliche Definition. Nach dem Wortsinn ist eine Gruppe - im Gegensatz zu einer bloßen Ansammlung von Einzelpersonen - eine Mehrheit von Personen, die durch ein gemeinsames Merkmal verbunden sind und sich insbesondere zu einem gemeinsamen Zweck zusammengeschlossen haben (so der erfolgreiche Änderungsvorschlag des Bundesrates zum 6. StrRG, BT-Drucks 13/8587 S. 57; Leipziger Kommentar-Krauß, StGB, § 127 Rn. 6; Münchner Kommentar-Schäfer, StGB, 2. Aufl., § 127 Rn. 10; Lenckner, Gedächtnisschrift Keller, S. 151, 156).
Der gemeinsame Zweck war hier die gemeinsame Machtdemonstration gegenüber den Mitgliedern der Red Legions.
b. Aus welcher Personenzahl diese Personenmehrheit bestehen muss, um eine Gruppe im Sinne des § 127 StGB zu sein, kann nicht allgemeingültig festgelegt werden und ist unter Berücksichtigung des Normzwecks und nach den Umständen des Einzelfalls zu bestimmen (LK-Krauß, a.a.O., Rn. 10; MK-Schäfer, a.a.O., Rn. 13; Lenckner, GS Keller, S. 151, 156). Nach der Vorstellung des Gesetzgebers kann bereits die Zahl von drei Personen reichen (zustimmende Stellungnahme des Bundestages zum Änderungsvorschlag des Bundesrates, BT-Drucks. 13/8587 S. 80). Bei einer räumlich verteilten Gruppe ist hingegen eine höhere Personenanzahl notwendig (Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, StGB, 29. Aufl., § 127 Rn. 2; BeckOK-von Heintschel-Heinegg, Ed. 23, StGB, § 127 Rn. 2).
10 
Der hier festgestellte Zusammenschluss von sechs Personen reicht insoweit jedenfalls aus.
11 
c. Auch das erforderliche Mindestmaß an Organisation ist gegeben.
12 
Einer militärischen Organisation der Gruppe mit Befehls- oder Kommandostrukturen bedarf es nicht (MK-Schäfer, a.a.O., Rn. 10). Jedoch ist bei Fehlen einer räumlichen Zusammenfassung der zugehörigen Personen ein gewisses Maß an Organisation erforderlich, wohingegen bei einer räumlichen Versammlung der Personen ein loser Zusammenschluss ohne besondere Organisationsform genügt (Lenckner, GS Keller, S. 151, 157; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, a.a.O., Rn. 2; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 127 Rn. 3; LK-Krauß, a.a.O., Rn. 7). Der Zusammenschluss der Personen zu einer Gruppe muss auch nicht auf Dauer angelegt sein (LK-Krauß, a.a.O., Rn. 8; Lenckner, GS Keller, S. 151, 156; MK-Schäfer, a.a.O., Rn. 14; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, a.a.O., Rn. 2), schon das Zusammenfinden für eine einmalige Aktion reicht aus (MK-Schäfer, a.a.O., Rn. 14; LK-Krauß, a.a.O., Rn. 8).
13 
Der Senat ist mit der überwiegenden Meinung der Auffassung, dass eine Gruppe im Sinne des § 127 StGB auch spontan gebildet werden kann (Lenckner, GS Keller, S. 151, 156; LK-Krauß, a.a.O., Rn. 8; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, a.a.O., Rn. 2; MK-Schäfer, a.a.O., Rn. 14). Der Auffassung, reine Ad-hoc-Gruppierungen würden wegen der fehlenden Möglichkeit, sie befehligen zu können, nicht § 127 StGB unterfallen (so Fischer, StGB, 61. Aufl., § 127 Rn. 3; NK-Ostendorf, StGB, 4. Auflage, § 127 Rn. 8), kann nicht gefolgt werden. Zwar ist in § 127 StGB das Befehligen als eine der möglichen Tathandlungen genannt. Jedoch kommt es nach der Vorstellung des Gesetzgebers gerade nicht auf einen bestimmten Grad von Organisation an (Gesetzentwurf der Bundesregierung zum 6. StrRG, BT-Drucks. 13/8587 S. 28). Auch der Gesetzeszweck spricht dafür, spontan gebildete Gruppierungen § 127 StGB unterfallen zu lassen. § 127 StGB schützt als abstraktes Gefährdungsdelikt den inneren Rechtsfrieden und das staatliche Gewaltmonopol vor Gefahren, die von bewaffneten Personenmehrheiten ausgehen (MK-Schäfer, a.a.O., Rn. 1; LK-Krauß a.a.O., Rn. 1; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, a.a.O., Rn. 1; NK-Ostendorf, a.a.O., Rn. 1). Für diese Rechtsgüter kann aber nicht nur von organisierten Gruppierungen Gefahr ausgehen, sondern auch von spontan gebildeten Gruppierungen, die über ein Mindestmaß an Organisation verfügen, das zur gemeinsamen Zweckverfolgung und Aktion erforderlich ist. § 127 StGB soll das Handeln solcher Personenmehrheiten erfassen, die aufgrund innerer Struktur, Willensbildung oder sonstiger Umstände in der Lage sind, gezielt, abgestimmt und einheitlich oder arbeitsteilig handelnd einen bestimmten Zweck zu verfolgen, und die so eine höhere Gefährlichkeit im Hinblick auf die geschützten Rechtsgüter entwickeln können als eine Mehrzahl einzeln und nicht koordiniert handelnder Personen. Eine solche zur koordinierten Vorgehensweise befähigende innere Struktur kann sich auch aus faktischen Autoritätsverhältnissen innerhalb der Gruppierung ergeben. Demgemäß ist es nicht von Bedeutung, ob die zu einer solchen Handlungsweise fähige Personenmehrheit mit festen Strukturen organisiert oder spontan gebildet ist.
14 
Nach diesem Maßstab begegnet hier die Einordnung dieser auf die Provokation durch die Mitglieder der Red Legion spontan gebildeten Gruppe als Gruppe im Sinne des § 127 StGB keinen Bedenken. Der Angeklagte hat gemeinsam mit den in den Feststellungen genannten Personen unter Führung des Präsidenten der Black Jackets K. A. unter gemeinsamer Bewaffnung eine solche Personenmehrheit gebildet, die sich den gegnerischen Mitgliedern der Red Legion gemeinsam entgegengestellt hat, um die Macht der Black Jackets zu demonstrieren.
15 
2. Die Ausführungen des Amtsgerichts zur Rechtsfolge halten indes rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Amtsgericht hat strafschärfend gewertet, dass der Angeklagte durch seinen bewussten Anschluss an die bewaffnete Gruppe ein erhebliches Maß an Aggressionsbereitschaft zeigte. Damit hat es das Verbot der Doppelverwertung gemäß § 46 Abs. 3 StGB verletzt und zu Lasten des Angeklagten einen Umstand berücksichtigt, der bereits Merkmal des gesetzlichen Tatbestandes ist. Dies ist rechtsfehlerhaft. Die weitere Erwägung, dass der Angeklagte damit die Gefahr einer nicht mehr kontrollierbaren gewalttätigen Auseinandersetzung heraufbeschwor, bringt hingegen den Feststellungen entsprechend den Eintritt einer konkreten Gefährdung zum Ausdruck und ist deswegen nicht zu beanstanden.
16 
Nach § 354 Abs. 1a Satz 2 StPO kann der Senat aufgrund des im Übrigen fehlerfrei und vollständig festgestellten Strafzumessungssachverhalts eine eigene Entscheidung treffen. Innerhalb des Strafrahmens des § 127 StGB erscheint unter Beachtung des im Urteil geschilderten konkreten Tatablaufes, der aufgrund der Verwendung von zumindest einer scharfen Distanzwaffe von hoher Gefährlichkeit geprägt war, eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen angemessen. Die Tagessatzhöhe beträgt, wie vom Amtsgericht zutreffend festgesetzt, 5 Euro.
III.
17 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 473 Abs. 1 und Abs. 4 StPO. Gemessen an dem Ziel der Revision ist der erzielte Erfolg weniger gewichtig, so dass es nicht unbillig ist, den Angeklagten mit den entstandenen Kosten zu belasten.

(1) Wer eine Handelsplattform im Internet betreibt, deren Zweck darauf ausgerichtet ist, die Begehung von rechtswidrigen Taten zu ermöglichen oder zu fördern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. Rechtswidrige Taten im Sinne des Satzes 1 sind

1.
Verbrechen,
2.
Vergehen nach
a)
den §§ 86, 86a, 91, 130, 147 und 148 Absatz 1 Nummer 3, den §§ 149, 152a und 176a Absatz 2, § 176b Absatz 2, § 180 Absatz 2, § 184b Absatz 1 Satz 2, § 184c Absatz 1, § 184l Absatz 1 und 3, den §§ 202a, 202b, 202c, 202d, 232 und 232a Absatz 1, 2, 5 und 6, nach § 232b Absatz 1, 2 und 4 in Verbindung mit § 232a Absatz 5, nach den §§ 233, 233a, 236, 259 und 260, nach § 261 Absatz 1 und 2 unter den in § 261 Absatz 5 Satz 2 genannten Voraussetzungen sowie nach den §§ 263, 263a, 267, 269, 275, 276, 303a und 303b,
b)
§ 4 Absatz 1 bis 3 des Anti-Doping-Gesetzes,
c)
§ 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, sowie Absatz 2 und 3 des Betäubungsmittelgesetzes,
d)
§ 19 Absatz 1 bis 3 des Grundstoffüberwachungsgesetzes,
e)
§ 4 Absatz 1 und 2 des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes,
f)
§ 95 Absatz 1 bis 3 des Arzneimittelgesetzes,
g)
§ 52 Absatz 1 Nummer 1 und 2 Buchstabe b und c, Absatz 2 und 3 Nummer 1 und 7 sowie Absatz 5 und 6 des Waffengesetzes,
h)
§ 40 Absatz 1 bis 3 des Sprengstoffgesetzes,
i)
§ 13 des Ausgangsstoffgesetzes,
j)
§ 83 Absatz 1 Nummer 4 und 5 sowie Absatz 4 des Kulturgutschutzgesetzes,
k)
den §§ 143, 143a und 144 des Markengesetzes sowie
l)
den §§ 51 und 65 des Designgesetzes.

(2) Handelsplattform im Internet im Sinne dieser Vorschrift ist jede virtuelle Infrastruktur im frei zugänglichen wie im durch technische Vorkehrungen zugangsbeschränkten Bereich des Internets, die Gelegenheit bietet, Menschen, Waren, Dienstleistungen oder Inhalte (§ 11 Absatz 3) anzubieten oder auszutauschen.

(3) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer im Fall des Absatzes 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer bei der Begehung einer Tat nach Absatz 1 beabsichtigt oder weiß, dass die Handelsplattform im Internet den Zweck hat, Verbrechen zu ermöglichen oder zu fördern.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt.

(2) Eine Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.

(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden,

1.
wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat,
2.
wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder
3.
soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen.

(4) Der Versuch, eine in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 bezeichnete Vereinigung zu gründen, ist strafbar.

(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern der Vereinigung gehört. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Zweck oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet ist, in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, b, d bis f und h bis o, Nummer 2 bis 8 und 10 der Strafprozessordnung genannte Straftaten mit Ausnahme der in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe h der Strafprozessordnung genannten Straftaten nach den §§ 239a und 239b des Strafgesetzbuches zu begehen.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, von einer Bestrafung nach den Absätzen 1 und 4 absehen.

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter

1.
sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können;
erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt oder
3.
einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in der Wohnung verborgen hält.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 3 ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Betrifft der Wohnungseinbruchdiebstahl nach Absatz 1 Nummer 3 eine dauerhaft genutzte Privatwohnung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt.

(2) Eine Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.

(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden,

1.
wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat,
2.
wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder
3.
soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen.

(4) Der Versuch, eine in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 bezeichnete Vereinigung zu gründen, ist strafbar.

(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern der Vereinigung gehört. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Zweck oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet ist, in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, b, d bis f und h bis o, Nummer 2 bis 8 und 10 der Strafprozessordnung genannte Straftaten mit Ausnahme der in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe h der Strafprozessordnung genannten Straftaten nach den §§ 239a und 239b des Strafgesetzbuches zu begehen.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, von einer Bestrafung nach den Absätzen 1 und 4 absehen.

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter

1.
sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können;
erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 231/11
vom
13. September 2011
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
___________________________________
Zur Einordnung einer kriminellen Vereinigung als in- oder ausländische bzw. als
solche innerhalb oder außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union.
BGH, Beschluss vom 13. September 2011 - 3 StR 231/11 - LG München I
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 13. September 2011 gemäß § 349
Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 5. April 2011 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei in zwei Fällen und Geldwäsche in neun Fällen, jeweils in Tateinheit mit "Bildung krimineller Vereinigungen" (zutreffend: mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung), zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.
2
Nach den Feststellungen des Landgerichts entstand in der ehemaligen Sowjetunion eine kriminelle Subkultur, die nach ihrer eigenen Ideologie, den sogenannten "Diebesregeln", lebt. Dieses System dehnte sich nach Westen aus und etablierte sich teilweise auch in Deutschland. Die Verbandsstruktur ist regional organisiert und überregional koordiniert. An oberster Stufe steht jeweils ein "Dieb im Gesetz", der diese Stellung mittels "Krönung" durch alle "Diebe im Gesetz" in Moskau erhält. Diesem wird ein bestimmtes Gebiet zugewiesen, in dem sich kein anderer "Dieb im Gesetz" ansiedeln darf. Organisatorische Aufgaben übernehmen als seine unmittelbaren Vertrauenspersonen "Nahestehende" , unter denen "Statthalter" oder "Kassenhalter" stehen, welche die untergeordneten Mitglieder zu leiten und Beiträge zur Gemeinschaftskasse einzusammeln und abzuführen haben. Die Willensbildung unterliegt verbindlichen, in der Organisation anerkannten Regeln. Die Verhaltensregeln gebieten den Mitgliedern eine Abschottung nach außen sowie Solidarität nach innen und untersagen jegliche Kooperation mit staatlichen Behörden. Verstöße werden abgestuft sanktioniert. Im Konfliktfall werden höhere Autoritätsstufen angerufen; deren "Schiedssprüche" erkennen die Mitglieder als bindend an und machen sie zur Maxime ihres Handelns. Verbindlich festgelegte Zielsetzung der Organisation ist, bestimmte Straftaten zu begehen und einen Teil der hieraus gewonnenen Erlöse in die Gemeinschaftskasse ("Abschtschjak") zu zahlen. Diese dient der Bereicherung der höherrangigen Mitglieder sowie allgemein der Unterstützung der Mitglieder in besonderen Situationen, etwa im Falle einer Inhaftierung.
3
Spätestens im Juni 2005 begründeten die "Diebe im Gesetz" K. und L. S. eine nach den dargelegten Regeln agierende, europaweit tätige Gruppierung aus georgischstämmigen Mitgliedern, die Diebstähle organisierte und die Beute an Hehler weiterverkaufte. Auf der untersten Ebene standen die tatausführenden Diebe, die ihren Unterhalt aus organisierten, von mehreren Mitgliedern durchgeführten gemeinsamen Ladendiebstählen bestritten. Diebesbeute waren hochwertige Gegenstände des täglichen Gebrauchs wie etwa Zigaretten, Drogerieartikel, Designerkleidung und elektronische Geräte. Die Mitglieder hatten in der Regel monatlich 50 € in den "Abschtschjak" zu zahlen. Die Vereinigung, die "Diebesregeln" und der "Abschtschjak" waren oberste Maximen des Handelns des Einzelnen. In verschiedenen deutschen Städten waren regionale Kassenhalter eingesetzt. Die an die Gemeinschaftskasse abgeführten Gelder und die darüber geführten Einzahlungslisten wurden letztlich zu K. S. nach Spanien gebracht. Die Vereinigung in Deutschland war grundsätzlich autonom, bei Konflikten oder bei groben Regelverstößen griffen allerdings die Brüder S. ein.
4
Der Angeklagte war zumindest seit Mitte 2009 bis zu seiner Festnahme am 15. März 2010 innerhalb der Organisation Statthalter für D. . Er hatte Kontakt zur Führungsebene und konnte K. S. bei Bedarf telefonisch erreichen. Spätestens ab September 2009 schloss er sich mit weiteren Mitgliedern zusammen, um Diebesgut von Mitgliedern aus M. bei Hehlern in D. gewinnbringend abzusetzen. So organisierte er im September /Oktober 2009 sowie im Dezember 2009 jeweils den Transport von Diebesgut von M. nach D. und den Verkauf an einen dortigen Hehler. Überdies transferierte er zwischen dem 18. August 2009 und dem 20. Februar 2010 in neun Fällen Einnahmen in Höhe von insgesamt 1.700 €, die andere Mitglieder der Organisation durch Diebstähle oder den Verkauf von Diebesgut erzielt hatten, in Kenntnis ihrer Herkunft nach Georgien.

I.

5
Das Urteil hält sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand, soweit das Landgericht den Angeklagten wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung (§ 129 Abs. 1 StGB) und wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei in zwei Fällen (§ 260a Abs. 1 StGB) verurteilt hat. Die Feststellungen belegen zwar, dass sich der Angeklagte als Mitglied an einer kriminellen Vereinigung beteiligte, nicht aber - worauf bereits der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend hingewiesen hat -, dass es sich bei der Vereinigung um eine solche im Inland nach § 129 Abs. 1 StGB handelte. Auch fehlen tragfähige Feststellungen für ein gewerbsmäßiges Handeln des Angeklagten im Sinne des § 260a Abs. 1 StGB. Im Einzelnen:
6
1. Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend die Voraussetzungen für eine Vereinigung im Sinne der §§ 129 ff. StGB als erfüllt angesehen; denn nach den Feststellungen ist ein auf eine gewisse Dauer angelegter, freiwilliger organisatorischer Zusammenschluss von mindestens drei Personen gegeben, die bei Unterordnung des Willens des Einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame Zwecke verfolgen und unter sich derart in Beziehung stehen, dass sie sich untereinander als einheitlicher Verband fühlen (st. Rspr.; vgl. zuletzt etwa BGH, Urteile vom 28. Oktober 2010 - 3 StR 179/10, NJW 2011, 542, 544 mwN; vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216, 221). Näherer Erörterung bedürfen allein die folgenden Gesichtspunkte:
7
a) Die erforderliche Unterordnung der Mitglieder unter den Gesamtwillen der Vereinigung liegt nach den Feststellungen vor:
8
aa) Insoweit ist für eine Vereinigung wesentlich die subjektive Einbindung der Beteiligten in die kriminellen Ziele der Organisation und in deren entsprechende Willensbildung unter Zurückstellung individueller Einzelmeinungen; denn nur ein derartiger Gruppenwille schafft die spezifischen Gefahren einer für die Vereinigung typischen, vom Willen des Einzelnen losgelösten Eigendynamik zur Begehung von Straftaten. Innerhalb der Vereinigung müssen deshalb bestimmte, von ihren Mitgliedern anerkannte Entscheidungsstrukturen bestehen ; dieser organisierten Willensbildung müssen sich die Mitglieder als für alle verbindlich unterwerfen. Die Art und Weise der Willensbildung ist allerdings gleichgültig; die für alle Mitglieder verbindlichen Regeln können etwa dem De- mokratieprinzip entsprechen oder auf dem Prinzip von Befehl und Gehorsam aufgebaut sein (st. Rspr.; vgl. im Einzelnen BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216, 221 ff. mwN).
9
bb) Diese Voraussetzungen sind in den Urteilsgründen dargetan. Die Mitglieder der Gruppierung verband nicht allein der Wille, gemeinsam Straftaten zu begehen; sie unterwarfen sich auch nicht lediglich je für sich der autoritären Führung der Brüder S. . Vielmehr bestanden verbindliche Regeln , nach denen die Mitglieder der Organisation ihr Handeln ausrichteten, und solche, die der Konfliktbewältigung innerhalb der Organisation dienten. Diese Regeln wurden von den Mitgliedern übereinstimmend anerkannt; diese stellten insoweit ihre Einzelmeinungen zurück und ordneten sich dem entsprechenden Gruppenwillen unter.
10
cc) Es ist deshalb nicht entscheidungserheblich, ob im vorliegenden Fall eine tatsächliche Konstellation gegeben ist, bei der nach der neueren Rechtsprechung des Senats (BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216, 228 ff.) geringere Anforderungen an die tatrichterlichen Feststellungen bezüglich des voluntativen Elements der Vereinigung zu stellen sind. Mit Blick auf die diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts merkt der Senat dazu allerdings an:
11
Die Anforderungen an die tatrichterlichen Feststellungen zum Willenselement sind dann geringer, wenn die Mitglieder der Organisation eine über den bloßen Zweckzusammenhang der Begehung von Straftaten hinausreichende Zielsetzung verfolgen und die für Vereinigungen typische Eigendynamik vor allem dadurch in Gang gesetzt wird, dass die Beteiligten sich in der Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Ziels verbunden fühlen, wie dies typischerweise bei politisch, ideologisch, religiös oder weltanschaulich motivier- ter Kriminalität der Fall ist (BGH aaO). Diese Voraussetzungen werden durch die Feststellungen nicht belegt. Die Organisation war hier im Kern allein auf die Begehung von Eigentums- und Vermögensdelikten sowie die dadurch ermöglichte Finanzierung einer Gemeinschaftskasse gerichtet, die wiederum der Bereicherung der Führungsebene und der materiellen Unterstützung der Mitglieder in bestimmten Situationen diente; die Vereinigung war somit durch wirtschaftliche , nicht aber durch politisch-ideologische Zielsetzungen der Beteiligten geprägt. Der Umstand, dass sich die Vereinigungsmitglieder nach außen abgrenzten und die Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen ablehnten, ist für kriminelle Organisationen jeglicher Art nicht ungewöhnlich. Ihm kommt deshalb im hier relevanten Zusammenhang keine erhebliche Bedeutung zu. Dieser Gesichtspunkt reicht insbesondere nicht aus, um darin bereits eine eigene, über den auf Straftaten ausgerichteten Zweckzusammenhang der Vereinigung hinausgehende Ideologie in dem dargelegten Sinne zu sehen.
12
b) Die Organisation war darauf ausgerichtet, Straftaten, vor allem Eigentums - und Vermögensdelikte, zu begehen, mit denen - obwohl die einzelnen festgestellten Taten isoliert betrachtet überwiegend eher dem unteren Bereich der Kriminalität zuzurechnen sind - eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit verbunden war (BGH, Urteil vom 22. Februar 1995 - 3 StR 583/94, BGHSt 41, 47, 51; Beschluss vom 4. August 1995 - StB 31/95, NJW 1995, 2117, 2118). Für diese Beurteilung ist nicht lediglich auf die einzelne Straftat oder die jeweilige Strafandrohung abzustellen; vielmehr ist eine Gesamtwürdigung der begangenen und/oder geplanten Straftaten unter Einbeziehung aller Umstände vorzunehmen, die für das Maß der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit von Bedeutung sein können. Hierzu gehören insbesondere auch die Auswirkungen der Straftaten (BGH, Urteil vom 22. Februar 1995 - 3 StR 583/94, BGHSt 41, 47, 51). Ins Gewicht fällt deshalb neben der Höhe der Erlö- se, die etwa allein der Angeklagte mit seinen Straftaten im September/Oktober und im Dezember 2009 erzielte, insbesondere die organisierte, planmäßige und überregionale Vorgehensweise der Vereinigungsmitglieder. Diese Umstände belegen ohne Weiteres eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit.
13
c) Da nach den Feststellungen die Brüder S. als "Diebe im Gesetz" in der Organisation an oberster Stufe standen und der Wille der Organisation demzufolge unabhängig von den übrigen "Dieben im Gesetz" gebildet wurde, stellte die ihnen untergeordnete Gruppierung eine eigenständige Vereinigung dar. Es bedarf daher keiner näheren Betrachtung, wie die Versammlung der verschiedenen "Diebe im Gesetz" zu bewerten ist und ob diese etwa als eine übergeordnete Dach-Vereinigung anzusehen sein könnte (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 30. März 2001 - StB 4/01 u.a., BGHSt 46, 349, 354; LK/Krauß, StGB, 12. Aufl., § 129 Rn. 23).
14
2. Aus den Urteilsfeststellungen ergibt sich jedoch nicht, dass es sich bei der von den Brüdern S. geführten Organisation um eine Vereinigung im Inland nach § 129 Abs. 1 StGB handelte.
15
a) Die Kriterien, an denen die Einordnung einer Organisation als in- oder ausländische Vereinigung - im letzten Fall zudem als Vereinigung innerhalb oder außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union - auszurichten ist, sind gesetzlich nicht bestimmt und in der Gesetzesbegründung bei Einführung des § 129b StGB nicht näher erörtert worden (vgl. etwa BT-Drucks. 14/7025 S. 1, 6). In der Rechtsprechung (BGH, Beschluss vom 14. April 2010 - StB 5/10, BGHR StGB § 129 Gruppenwille 6) und dem Schrifttum (vgl. etwa Stein, GA 2005, 433, 443; Zöller, Terrorismusstrafrecht, 2009, S. 523; Nehring, Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland, 2007, S. 177 ff.; LK/Krauß, aaO § 129 Rn. 36 ff.) sind sie verschiedentlich angedeutet bzw. erörtert worden, indessen noch nicht abschließend geklärt. Hierzu gilt:
16
Vereinigungen, die den §§ 129 ff. StGB unterfallen, können in einer kaum überschaubaren Vielzahl von tatsächlichen Organisationsformen auftreten. So werden etwa Gruppierungen mit wirtschaftlichen Zielsetzungen ebenso erfasst wie solche, die politische, ideologische oder religiöse Zwecke verfolgen. Bezüglich der Größe der Vereinigung ist lediglich die Mindestzahl von drei Mitgliedern bestimmt, es kommen deshalb sowohl Vereinigungen mit relativ wenigen als auch solche mit außerordentlich zahlreichen Mitgliedern in Betracht. Weder die Organisationsform noch die Art der Willensbildung ist im Einzelnen festgelegt. Nicht zuletzt sind die Gruppierungen etwa im Bereich der Organisierten Kriminalität, aber auch des Terrorismus zunehmend länderübergreifend organisiert; ihre Aktionsfelder betreffen häufig die Gebiete mehrerer Staaten. Vor diesem Hintergrund erscheint eine abstrakte Umschreibung der maßgeblichen Gesichtspunkte, die für die Einordnung derartiger Vereinigungen als inoder ausländisch - und im letztgenannten Fall als solche innerhalb oder außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union - den Anspruch der Verbindlichkeit für alle denkbaren Einzelfälle erheben könnte, weder möglich noch sachgerecht. Mit Blick auf die Unterschiedlichkeit und Komplexität der in Betracht zu ziehenden Fallgestaltungen liegt es näher, die geographische Zuordnung einer Vereinigung von einer an den konkreten Einzelfallumständen orientierten Gesamtbetrachtung abhängig zu machen. Dabei sind regelmäßig namentlich die folgenden Kriterien von Bedeutung:
17
aa) Als wesentliches Zuordnungskriterium ist der Schwerpunkt der Organisationsstruktur anzusehen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2010 - StB 5/10, BGHR StGB § 129 Gruppenwille 6; s. auch Art. 4 Unterabsatz 1 der Gemeinsamen Maßnahme vom 21. Dezember 1998 betreffend die Strafbarkeit der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung in den Mitgliedstaaten der Eu- ropäischen Union, ABl. L 351 vom 29. Dezember 1998, S. 1: "Ort…, an dem die Vereinigung ihre Operationsbasis hat"; vgl. hierzu Stein, GA 2005, 433, 443). Dieser Schwerpunkt der organisatorischen Strukturen ist seinerseits anhand verschiedener Merkmale zu ermitteln (vgl. Zöller, Terrorismusstrafrecht, 2009, S. 523). Er kann sich insbesondere aus dem Ort ergeben, an dem gleichsam "die Verwaltung geführt wird" (s. Nehring, Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland, 2007, S. 178). Anhaltspunkt dafür kann die Konzentration personeller und/oder sachlicher Ressourcen sein, beispielsweise für Organisationszwecke genutzte Gebäude, Ausbildungsstätten oder Material, wie Tatwerkzeuge, Unterlagen oder auch Datenverarbeitungsanlagen.
18
bb) Ferner ist in den Blick zu nehmen, wo nach den Strukturen der Vereinigung deren Gruppenwille gebildet wird, d.h. wo der durch die entscheidungsbefugten Organe der Vereinigung gebildete Verbandswille zustande kommt und erstmals durch konkrete Umsetzungsakte nach außen in Erscheinung tritt (Zöller aaO S. 523; Nehring aaO S. 178). Auch kann zu berücksichtigen sein, an welchem Ort sich die Vereinigung gegründet hat. Demgegenüber sind die Staatsangehörigkeit der Mitglieder und deren bloßer Wohnsitz regelmäßig nicht von entscheidendem Belang (BGH, Beschluss vom 5. Januar 1982 - StB 53/81, BGHSt 30, 328, 331 f.).
19
cc) Daneben kann das eigentliche Aktionsfeld Bedeutung erlangen, mithin der Ort, an dem die Straftaten, auf deren Begehung die Zwecke oder Tätigkeit der Vereinigung gerichtet sind, begangen werden sollen bzw. begangen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2010 - StB 5/10, BGHR StGB § 129 Gruppenwille 6; vgl. auch Art. 4 Unterabsatz 1 der Gemeinsamen Maßnahme vom 21. Dezember 1998 betreffend die Strafbarkeit der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, ABl. L 351 vom 29. Dezember 1998, S. 1: "Ort…, an dem die Vereinigung ihre strafba- ren Tätigkeiten ausübt"; vgl. hierzu Stein, GA 2005, 433, 443). Dabei sind gegebenenfalls sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort in die Bewertung einzustellen. Allerdings genügt es für die Einordnung einer Gruppierung als inländische oder EU-Vereinigung nicht, dass sie auf dem jeweiligen Gebiet lediglich Straftaten begeht oder begehen will. Erforderlich ist vielmehr zumindest, dass in Deutschland bzw. dem Bereich der Mitgliedstaaten der Europäischen Union auch Organisationsstrukturen bestehen und die Vereinigungsmitglieder nicht nur zur Vorbereitung und Begehung der Straftaten, auf die die Vereinigung gerichtet ist, in die betreffende Region einreisen und sich dort aufhalten.
20
b) Nach diesen Maßstäben wies die Organisation der GebrüderS. auf der Grundlage der bisherigen Urteilsfeststellungen keine ausreichende räumlich-organisatorische Inlandsverankerung auf. Weder befand sich der Schwerpunkt der Organisationsstrukturen im Inland, noch war das Aktionsfeld der Vereinigung auf Deutschland beschränkt. Der "Dieb im Gesetz" K. S. , der im Konfliktfall die maßgebliche Autorität und mithin für die Bildung des Gruppenwillens von entscheidender Bedeutung war, lebte nicht in Deutschland. Die Weiterleitung der für die Organisation gesammelten Gelder und der darüber geführten Listen an ihn nach Spanien ist ein Indiz dafür, dass dort wesentliche Aufgaben betreffend die Organisation bzw. "Verwaltung" der Vereinigung vorgenommen wurden. Da die Vereinigung - etwa durch Statt- und Kassenhalter - regional organisiert war, liegt es nahe, dass neben der "Verwaltung" in Spanien auch in weiteren Staaten außerhalb Deutschlands Organisationsstrukturen bestanden. Die Vereinigungsmitglieder wurden europaweit tätig. Der Umstand, dass die Strukturen und Aktivitäten der Vereinigung teilweise in die Bundesrepublik Deutschland hineinreichten, genügt nicht, um die Gruppierung als inländische anzusehen. Schließlich wurde die Vereinigung nicht in Deutschland, sondern in Moskau gegründet.
21
c) Die in Deutschland agierende Gruppierung ist auch nicht als eigenständige inländische Vereinigung im Sinne einer Teilorganisation zu werten. Eine solche eigenständige Vereinigung setzt nach der neueren Rechtsprechung des Senats, an der festzuhalten ist, voraus, dass die Gruppierung für sich genommen alle für eine Vereinigung notwendigen personellen, organisatorischen , zeitlichen und voluntativen Voraussetzungen erfüllt. Dazu muss sie ein ausreichendes Maß an organisatorischer Selbstständigkeit aufweisen und insbesondere einen eigenen, von der ausländischen (Haupt-)Organisation unabhängigen Willensbildungsprozess vollziehen (BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 3 StR 179/10, NJW 2011, 542, 544 f.). Daran fehlt es hier. Im Konfliktfall oder bei groben Verstößen gegen die Regeln der Vereinigung schalteten sich die Gebrüder S. in ihrer Eigenschaft als "Anführer" der Vereinigung ein. Angesichts der gerade bei Fragen von besonderer Bedeutung von diesen "Dieben im Gesetz" abhängigen Willensbildung vollzog sich der Willensbildungsprozess somit nicht vollständig im Inland. Die in die Gemeinschaftskasse eingezahlten Gelder wurden nach Spanien weitergeleitet, über ihre Verwendung wurde somit ebenfalls nicht vollständig im Inland entschieden. Die Gruppierung war deshalb in Deutschland nur in begrenztem, für die Annahme einer eigenständigen Vereinigung nicht ausreichendem Umfang autonom.
22
3. Die getroffenen Feststellungen belegen auch nicht die Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei nach § 260a Abs. 1 StGB in den Fällen B. II. 2. a. der Urteilsgründe.
23
a) Die erhöhte Strafbarkeit wegen gewerbsmäßigen Handelns setzt voraus , dass der Täter sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende , nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle verschaffen will (vgl. Fischer , StGB, 58. Aufl., Vor § 52 Rn. 62). Die Gewerbsmäßigkeit, die ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB darstellt (BGH, Beschluss vom 11. Januar 2005 - 1 StR 547/04, wistra 2005, 177), erfordert stets Eigennützigkeit; es genügt nicht, wenn eine fortdauernde Einnahmequelle allein für Dritte geschaffen werden soll (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2007 - 5 StR 543/07, NStZ 2008, 282 f. zu § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB). Ein bloß mittelbarer Vorteil des Täters reicht zur Begründung der Gewerbsmäßigkeit nur aus, wenn er ohne Weiteres darauf zugreifen kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. Mai 2009 - 4 StR 10/09, wistra 2009, 351;vom 5. Juni 2008 - 1 StR 126/08, NStZ-RR 2008, 282; vom 16. April 2008 - 5 StR 615/07, wistra 2008, 342, 343) oder sich selbst geldwerte Vorteile aus den Taten über Dritte verspricht (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2007 - 5 StR 543/07, NStZ 2008, 282 f.; Urteil vom 1. Juli 1998 - 1 StR 246/98, BGHR StGB § 261 Strafzumessung 2).
24
b) Den Urteilsfeststellungen ist nicht hinreichend zu entnehmen, dass das deliktische Handeln des Angeklagten auf die Erlangung eines derartigen eigenen Vorteils gerichtet war. Danach beging er die Straftaten vielmehr in der Absicht, anderen Mitgliedern der Vereinigung und der Vereinigung als solcher eine fortdauernde Einnahmequelle zu schaffen. Dass er selbst direkt auf die Einnahmen der Vereinigung zugreifen konnte oder tatsächlich aufgrund der Hehlereitaten einen bestimmten geldwerten Vorteil aus der Gemeinschaftskasse erwartete, ergibt sich nicht. Die in die Gemeinschaftskasse eingezahlten Gelder wurden zu K. S. nach Spanien gebracht. Allein die Möglichkeit, in Zukunft möglicherweise unter gewissen, noch unbestimmten Umständen selbst vom Inhalt der Gemeinschaftskasse zu profitieren, reicht für die Annahme gewerbsmäßigen Handelns nicht aus.

II.


25
1. Die aufgezeigten Rechtsfehler führen zur Aufhebung des gesamten Urteils. Zwar hat das Landgericht für sich betrachtet rechtsfehlerfrei die neun Taten der Geldwäsche nach § 261 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 4 Buchst. a, Abs. 2 Nr. 1 StGB festgestellt; diese Delikte stehen jedoch jeweils in Tateinheit mit der mitgliedschaftlichen Beteiligung des Angeklagten an einer kriminellen Vereinigung , so dass sich die Urteilsaufhebung auf sie zu erstrecken hat (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juni 2001 - 3 StR 135/01, juris Rn. 18; Urteile vom 20. Februar 1997 - 4 StR 642/96, NStZ 1997, 276; vom 7. Juli 2011 - 5 StR 561/10, juris Rn. 30; KK-Kuckein, 6. Aufl., § 353 Rn. 12; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 353 Rn. 7a; zur Tateinheit mit dem Vereinigungsdelikt s. etwa BGH, Urteil vom 11. Juni 1980 - 3 StR 9/80, BGHSt 29, 288, 290).
26
Die Änderung des Schuldspruchs durch den Senat in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO dahin, dass der Angeklagte in diesen Fällen wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung im Ausland bzw. wahlweise wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung im Inland oder im Ausland, dies jeweils in Tateinheit mit Geldwäsche nach § 129 Abs. 1, § 129b Abs. 1, § 261 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 4 Buchst. a, Abs. 2 Nr. 1 StGB strafbar ist, scheidet aus; denn es fehlt an der möglicherweise gemäß § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB zur Verfolgung des Vereinigungsdelikts erforderlichen Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz.
27
a) Gegenstand der revisionsrechtlichen Überprüfung sind insoweit allein die schriftlichen Urteilsgründe. Die örtliche Einordnung der Vereinigung als inländische , solche in dem Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder solche außerhalb dieses Bereichs ist sowohl für den Schuldspruch als auch für die Frage von Bedeutung, ob eine Verfolgungsermächtigung als Verfahrensvoraussetzung erforderlich ist. Die Bildung einer richterlichen Überzeugung zu dieser doppelrelevanten Tatsache im Wege des Freibeweises durch den Senat - etwa auf der Grundlage des sonstigen Akteninhalts - scheidet deshalb aus (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 337 Rn. 6).
28
b) In den Fällen, in denen ausreichend sichere Feststellungen zur örtlichen Einordnung der Vereinigung vor dem Hintergrund der aufgezeigten Vielgestaltigkeit der Erscheinungsformen nicht getroffen werden können, kommt auch eine wahlweise Verurteilung wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer inländischen oder ausländischen kriminellen oder terroristischen Vereinigung in Betracht. Vor allem mit Blick darauf, dass nach § 129b Abs. 1 Satz 1 StGB die §§ 129, 129a StGB auch bei einer Vereinigung im Ausland grundsätzlich uneingeschränkt gelten, mithin insbesondere der gesetzlich vorgesehene Strafrahmen nicht davon abhängt, ob die Tat sich auf eine in- oder ausländische Vereinigung bezieht, sieht der Senat keinen Anlass, die rechtsethische und psychologische Vergleichbarkeit der §§ 129, 129a StGB einerseits und des § 129b StGB andererseits in Zweifel zu ziehen. Eine Verurteilung auf alternativer Tatsachengrundlage setzt nach den in der Rechtsprechung anerkannten allgemeinen Grundsätzen aber voraus, dass innerhalb des durch § 264 StPO gezogenen Rahmens die angeklagte Tat nach Ausschöpfung aller Beweismöglichkeiten nicht so eindeutig aufzuklären ist, dass ein bestimmter Tatbestand festgestellt werden kann, aber sicher festzustellen ist, dass der Angeklagte einen von mehreren Tatbeständen verwirklicht hat, und andere, straflose Hand- lungen ausgeschlossen sind (Fischer, StGB, 58. Aufl., § 1 Rn. 19 mwN). Hieraus folgt insbesondere, dass das Tatgericht die Voraussetzungen einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung sowie eine strafbare Tathandlung des Angeklagten sicher feststellen muss; nicht aufklärbar darf allein die geographische Einordnung der Vereinigung sein.
29
Die bisherigen Urteilsfeststellungen, welche die geographische Einordnung der Vereinigung nicht näher in den Blick nehmen, lassen es jedoch zumindest als möglich erscheinen, dass die Vereinigung ihren Schwerpunkt außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union hatte. So ergibt sich aus den bisherigen Feststellungen etwa nicht, wo sich der mit seinem Bruder an der Spitze der Organisation stehende "Dieb im Gesetz" L. S. befand und die Vereinigung betreffende Handlungen vornahm. Ferner wurde die Vereinigung europaweit tätig, ohne dass das Landgericht diese Feststellung näher konkretisiert und etwa auf das Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschränkt hat. Damit bleibt offen, in welchen anderen europäischen Staaten die Vereinigung Straftaten organisierte, ob diese möglicherweise teilweise außerhalb der Europäischen Union lagen und welchen Umfang die Organisation außerhalb Deutschlands und der Europäischen Union hatte. Da sämtliche vom Angeklagten transferierten Gelder nach Georgien flossen, ist überdies nicht völlig auszuschließen, dass möglicherweise auch dort nicht unerhebliche Organisationsstrukturen bestanden. Schließlich ist unklar, was Hintergrund für Geldgeschenke an "Diebe im Gesetz" in Moskau war und ob sich daraus weitere Erkenntnisse über die Organisationsstruktur ergeben könnten.
30
Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass die Verfolgbarkeit des Vereinigungsdelikts nach § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB hier von einer entsprechenden Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz abhängt. Diese liegt bisher nicht vor; damit fehlt es für diesen Fall an einer Verfahrensvoraussetzung, so dass eine Wahlfeststellung ausscheidet.
31
2. Der Senat weist für die neue Hauptverhandlung darauf hin, dass die bisherigen Feststellungen zu der Vereinigung als solcher und ihrer Gründung in Moskau teilweise nicht ohne Weiteres nachvollziehbar erscheinen. Danach agiert die Vereinigung der Gebrüder S. einerseits europaweit; andererseits erhält ein "Dieb im Gesetz" nach seiner "Krönung" ein eigenes Gebiet zugewiesen, in dem ihm gestattet ist, durch kriminelle Handlungen jedweder Art Geld zu verdienen, und in dem sich kein anderer "Dieb im Gesetz" ansiedeln darf. Danach wäre naheliegend die Gruppierung um die Brüder S. die einzige Vereinigung der "Diebe im Gesetz" in Europa. Dem könnten allerdings die sonstigen Urteilsgründe widersprechen, denen zu entnehmen ist, dass es mehrere "Diebe im Gesetz" gibt, ohne dass festgestellt ist, dass sich deren Organisationen über Europa hinaus ausgebreitet haben. Somit bleibt offen, wo sich die diesen zugewiesenen Gebiete befinden sollen.
Becker Pfister Schäfer
Mayer Menges

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 2 3 3 / 1 4
vom
22. Januar 2015
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja [nur zu I. und III. 2.]
Veröffentlichung: ja
Zur Sittenwidrigkeit von Körperverletzungen im Rahmen von verabredeten Schlägereien.
BGH, Urteil vom 22. Januar 2015 - 3 StR 233/14 - LG Dresden
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
13. November 2014 in der Sitzung am 22. Januar 2015, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Hubert,
Mayer,
Gericke
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung -
als Verteidiger des Angeklagten L. ,
Rechtsanwältin und
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung -
als Verteidiger des Angeklagten R. ,
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung -
als Verteidiger des Angeklagten K. ,
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung -
als Verteidiger des Angeklagten P. ,
Rechtsanwalt und
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung -
als Verteidiger des Angeklagten N. ,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten L. , R. und P. gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 29. April 2013,
a) wird das Verfahren eingestellt, soweit die Angeklagten R. und P. im Fall III. C der Urteilsgründe wegen Landfriedensbruchs , der Angeklagte P. in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, verurteilt worden sind; die insoweit angefallenen Kosten des Verfahrens und die diesen Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last;
b) werden die Schuldsprüche des vorgenannten Urteils dahin geändert und neu gefasst, dass der Angeklagte L. der Rädelsführerschaft, die Angeklagten R. und P. je- weils der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung schuldig sind, - der Angeklagte L. dazu in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung; - der Angeklagte P. dazu in Tateinheit mit gefährlicher Köperverletzung;
c) wird das vorgenannte Urteil im Strafausspruch aufgehoben, soweit es die Angeklagten L. , R. und P. betrifft. Die insoweit getroffenen Feststellungen bleiben jedoch aufrecht erhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten L. , R. und P. sowie die Revisionen der Angeklagten N. und K. werden verworfen, letztere mit der Maßgabe, dass der Angeklagte K. der Rädelsführerschaft in einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig ist. Die Angeklagten K. und N. haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung für schuldig befunden, die Angeklagten L. und P. in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen, in einem Fall in weiterer Tateinheit mit Landfriedensbruch, die Angeklagten K. und N. in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie den Angeklagten R. in Tateinheit mit Landfriedensbruch. Es hat deswegen gegen den Angeklagten L. eine Freiheitsstrafe von vier Jahren, gegen den Angeklagten R. eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten, gegen den Angeklagten K. eine Freiheitsstrafe von neun Monaten, gegen den Angeklagten P. eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten sowie gegen den Angeklagten N. eine Geldstrafe in Höhe von 150 Tagessätzen zu je 20 € verhängt. Gegen ihre Verurteilungen richten sich die auf Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten.
2
Die Verfahrensbeanstandungen dringen aus den zutreffenden Gründen der Antragsschriften des Generalbundesanwalts nicht durch. Die umfassende Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge führt zu dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg der Rechtsmittel der Angeklagten L. , R. und P. . Im Übrigen sind ihre Revisionen - ebenso wie diejenigen der Angeklagten K. und N. - unbegründet.
3
I. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
4
Die Angeklagten gehörten einer Gruppierung an, die sich spätestens Ende 2007 bildete und unter den Namen "Hooligans Elbflorenz", "Ackerbande", "Extremsportgruppe", "Boxclub Dynamo" und "die Dresdner" bekannt war. Intern verwendeten die Mitglieder auch die Bezeichnung "Rasselbande". Den Kern der Gruppierung bildeten ehemalige und aktive Fußballhooligans, also Personen, die aus Anlass von Fußballspielen oder im Zusammenhang mit Fußball Gewalttätigkeiten verüben. Ziel war es, eine Vormachtstellung in der Dresdner Hooliganszene zu erlangen und allgemein als Macht im Raum Dresden zu erscheinen. Das daraus resultierende Bedürfnis nach Abgrenzung von anderen Gruppierungen nahm seit dem Sommer 2009 zu. Es wurde unter anderem die Ausstattung der Gruppenmitglieder mit Nottelefonen zur gegebenenfalls erforderlichen schnellen Mobilisierung beschlossen und die Beschaffung von einheitlichen schwarzen Fleece-Jacken mit den Aufschriften "Eastside Dresden" und "Ackerbande" vorbereitet, deren Erwerb nicht zwingend, aber nur Mitgliedern möglich sein sollte. Schon zuvor waren die Mitglieder der Gruppierung in der Öffentlichkeit in einheitlichen T-Shirts aufgetreten, um ihre Zusammengehörigkeit zu demonstrieren. Entsprechende gemeinsame Unternehmungen , sogenannte Hoolstreffen, waren teilweise verpflichtend in dem Sinne, dass die Nichtteilnahme zum Ausschluss von zukünftigen Veranstaltungen führen konnte. Seit November 2008 fanden regelmäßig, zweimal bis dreimal im Monat, Zusammenkünfte statt, bei denen gruppenrelevante Themen besprochen wurden.
5
An der Spitze der Gruppierung stand der Angeklagte L. . Er traf im Wesentlichen die Absprachen mit anderen Hooligan-Gruppen zu körperlichen Auseinandersetzungen und entschied regelmäßig über gemeinsame Veranstaltungen. Gegen seinen Willen wurden keine Aktionen unternommen. Insbesondere kam ihm bei der Frage der Aufnahme eines neuen Mitglieds innerhalb des Führungspersonals die wesentliche Entscheidungskompetenz zu, wobei der "Nachwuchs" zum einen aus dem gewaltbereiten Anteil der Ultra-Fans der SG Dynamo Dresden e.V. rekrutiert wurde, zum anderen der Angeklagte L. aber auch bei Boxturnieren nach geeigneten Kämpfern Ausschau hielt. Zum Führungspersonal gehörten darüber hinaus die Angeklagten R. und K. . Ersterer leitete seine Autorität aus der engen Freundschaft zum Angeklagten L. und seiner Eigenschaft als sogenannter Alt-Hool ab - diese Personen genießen wegen ihrer früheren Taten ein hohes Ansehen und werden dementsprechend von jüngeren Hooligans nicht hinterfragt. Beim Angeklagten K. handelte es sich um den Führer des "Jungsturms", der Gruppe der jüngeren Hooligans, die auch unter diesem Namen in der Jugend- und Fußballszene in Dresden auftrat. Er war in den einschlägigen Kreisen aus seiner früheren aktiven Fußballzeit und seiner Tätigkeit als Türsteher bekannt und gefürchtet. Zum "Jungsturm" gehörten unter anderem auch die Angeklagten P. und N. , wobei letzterer erst Anfang des Jahres 2009 zu der Gruppe hinzukam. Beiden, überwiegend jedoch dem Angeklagten P. , kam im Jahr 2009 vermehrt die Aufgabe zu, Aufträge der Angeklagten L. und K. auszuführen, insbesondere Informationen in der Gruppierung durch die Versendung von Kurznachrichten zu streuen. Der Angeklagte P. war auch für die Bestellung der Fleece-Jacken verantwortlich. Eigene Entscheidungsgewalt hatten er und der Angeklagte N. nicht.
6
Die Mitglieder der Gruppe einte ihre Faszination für körperliche Gewalt und eine rechtsextreme Gesinnung, die bei den einzelnen Mitgliedern unterschiedlich stark ausgeprägt war, aber von allen als Grundlage der gemeinsamen Betätigung anerkannt wurde. Man suchte die Nähe und Verknüpfung zu anderen rechtsextremen Personenkreisen, insbesondere zu der verbotenen, jedoch fortgeführten Gruppierung "Skinheads Sächsische Schweiz" (SSS). Die Begeisterung für Gewalt lebten die Mitglieder durch Überfälle auf gegnerische Personen oder Personengruppen und durch verabredete körperliche Auseinan- dersetzungen mit Hooligan-Gruppen anderer Städte aus, mit denen es auch zu überregional abgesprochenen Freizeitaktivitäten kam. Zur Vorbereitung auf die Kämpfe veranstaltete die Gruppierung zunächst wöchentlich, seit Sommer des Jahres 2009 zweimal wöchentlich Trainingsabende, für die ein fester Raum in Pi. zur Verfügung stand. Auch wenn die Teilnahme am Training, das auch Nichtmitgliedern offenstand, für Mitglieder nicht verpflichtend war, bestand bei wiederholtem Fernbleiben auch insoweit die Gefahr, bei zukünftigen Auseinandersetzungen nicht mehr eingesetzt zu werden.
7
Die abgesprochenen Auseinandersetzungen mit anderen HooliganGruppen fanden entweder anlässlich von Fußballspielen meist in Stadionnähe oder - als sogenannte Drittortauseinandersetzungen - unabhängig von solchen an anderen Orten statt. Für solche Kämpfe existieren ungeschriebene, aber unter den einschlägigen Gruppen allgemein anerkannte und im Einzelfall modifizierte Regeln. So wird die Gruppenstärke vorher verabredet, wobei nur mit Zustimmung des in Unterzahl antretenden Gegners ein zahlenmäßiges Ungleichgewicht hergestellt werden darf. Im Verlauf eines Kampfes muss jedoch nicht Mann gegen Mann gekämpft werden, insbesondere, wenn einzelne der Gegner bereits ausgefallen sind, können sich auch mehrere Kämpfer gegen einen Gegner wenden. Frauen sind nicht zugelassen. Waffen sind verboten, Schutzbekleidung (Mund-, Tief-, Handschutz), Mützen und Sturmhauben erlaubt. Gekämpft wird in allen Kampfstilen, Schläge und Tritte sind mit Ausnahme des Genitalbereichs gegen alle Körperregionen - auch gegen den Kopf - gestattet, zugleich jedoch nur das Tragen von leichtem Schuhwerk. Wer am Boden liegt und keine Anstalten macht, sich zu erheben, oder wer sonst zu erkennen gibt, dass er nicht wieder in den Kampf eingreifen will, darf nicht mehr angegriffen werden. Allerdings kann es trotzdem dazu kommen, dass solche Personen weiter verletzt werden. Ebenso kann es in dem Kampfgeschehen zu Angriffen von hinten kommen. Die Auseinandersetzung endet, wenn alle Gegner am Boden liegen oder eine Mannschaft abdreht oder sonst die Niederlage anerkennt. Die Kämpfe dauern in der Regel nur wenige Sekunden, höchstens Minuten. Kampfrichter, die bei Regelverstößen und/oder Verletzungen unmittelbar eingreifen, um den Regelverstoß zu sanktionieren bzw. eine Behandlung zu ermöglichen, sind nicht vorgesehen. Teilweise werden die Kämpfe jedoch von nicht mehr selbst aktiven Hooligans beider Gruppen als sogenannte Schiedsrichter beobachtet und Regelverstöße im Anschluss an die Auseinandersetzung mit den Betroffenen erörtert. Bei schweren Verfehlungen kann es dazu kommen, dass der Verursacher nicht mehr zu Kämpfen mitgenommen wird.
8
Unter diesen Bedingungen kam es zu folgenden Auseinandersetzungen unter Beteiligung der Gruppierung um die Angeklagten:
9
 Am 2. November 2008 kämpften elf gegen elf auf einer asphaltierten Straße ohne weitere Zuschauer.
10
 Jeweils 15 Personen traten am 3. Mai 2009 auf einer Wiese gegeneinander an und wirkten durch Tritte und Schläge aufeinander ein.
11
 Anlässlich eines DFB-Pokal-Spiels verabredete der Angeklagte L. am 1. August 2009 mit seinem Nürnberger Ansprechpartner einen Kampf "zwölf Mann und Fairplay". Hierzu kam es nicht, weil die Polizei ein Aufeinandertreffen beider Gruppen verhinderte.
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 Am 6. September 2009 schlugen und traten im Vorfeld eines Fußballspiels jeweils 15 bis 20 Personen für etwa 45 Sekunden auf einem geschotterten Feldweg aufeinander ein.
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 Unter Verschleierung ihrer wahren Herkunft verabredeten die Dresdner mit Dortmunder Hooligans ebenfalls am 6. September 2009 einen Kampf mit jeweils 30 Personen, auszutragen auf einem durch geparkte Lastkraftwagen von Zuschauern abgeschirmten Parkplatz. Als die Dortmunder die Täuschung erkannten, flüchteten 20 von ihnen und es kämpften anschließend zehn Mann auf jeder Seite.
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 Für den 27. September 2009 verabredete der Angeklagte L. mit Ansprechpartnern aus Moskau eine Auseinandersetzung, die in Tschechien in einem stillgelegten Steinbruch stattfinden sollte. Die Durchführung wurde durch starke Präsenz der tschechischen Polizei unterbunden , die von deutschen Behörden informiert worden war, die aufgrund von Telefonüberwachungsmaßnahmen Kenntnis von der geplanten Aktion hatten.
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 Am 31. Oktober 2009 - allein dieses Ereignis hat das Landgericht als gefährliche Körperverletzung gewertet - fand mit Frankfurter Hooligans ein sogenanntes U25-Match statt, mithin ein Kampf, an dem nur Personen jünger als 25 Jahre teilnehmen durften. Das Aufeinandertreffen , das auf einer asphaltierten Gemeindestraße stattfand, die nur noch von Anliegern und von landwirtschaftlichem Verkehr genutzt wurde, wurde vom Angeklagten L. verabredet und im Wesentlichen mitorganisiert. Auf Dresdner Seite kämpften überwiegend Mitglieder der Gruppe, unter anderem die Angeklagten K. , P. und N. , dar- über hinaus aber auch Nichtmitglieder, insgesamt 28 Mann. Einer der Kampftrainer der Gruppierung hielt eine kurze Ansprache und forderte die Kämpfer auf, fair zu bleiben. Darauf hätten die Frankfurter Wert gelegt , die ihrerseits auch fair bleiben würden. Der Kampf wurde alsdann durch Faustschläge gegen Gesicht, Kopf und Oberkörper sowie Tritte gegen den Oberkörper geführt, unabhängig davon, ob ein Teilnehmer stand oder zu Boden gegangen war. Bisweilen wirkten auch mehrere auf eine Person ein; Angriffe wurden sowohl von vorn als auch von hinten geführt. Der Kampf, der vom Angeklagten L. als Außenstehendem beobachtet und gefilmt wurde, dauerte eine Minute und 20 Sekunden. H. , ein Teilnehmer auf Frankfurter Seite, ging bereits nach wenigen Sekunden zu Boden und lag in einer gut sichtbaren Blutlache , die der Angeklagte L. später wegwischte. Er erlitt mehrere Brüche im Bereich des Gesichts, die eine intensivmedizinische Behandlung erforderlich machten. Der Angeklagte R. , der im Vorfeld die Beschaffung eines letztlich nicht benötigten Transportfahrzeugs angeboten hatte, war an diesem Tag nicht dabei.
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 Maximal jeweils acht Personen gingen am 7. November 2009 anlässlich eines Fußballspiels in Jena in einem in der Innenstadt gelegenen Baustellenbereich mit Fäusten und Tritten aufeinander los. Passanten wurden durch das Kampfgeschehen verschreckt.
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Neben diesen vereinbarten Auseinandersetzungen kam es ausweislich der Feststellungen noch zum folgenden Geschehen:
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Anlässlich des Halbfinalspiels Deutschland gegen die Türkei im Rahmen der Fußballeuropameisterschaft am 25. Juni 2008 plante der - insoweit bereits mit Urteil vom 9. März 2009 rechtskräftig wegen Landfriedensbruchs verurteilte - Angeklagte K. einen Überfall auf türkische Gastronomieeinrichtungen in der Dresdner Neustadt. Der Angeklagte L. erteilte spätestens am 23. Juni 2008 seine Einwilligung hierzu. Dementsprechend sandte der Angeklagte K. an 77 Personen, darunter den Angeklagten P. und 17 weitere Mitglieder der Gruppierung um die Angeklagten, eine Kurznachricht, mit der er durch den Hinweis auf die gewünschte Kleidung - schwarzer Kapuzenpulli - auf die geplante Gewaltaktion im Anschluss an das Spiel, das gemeinsam in einem bekannten Treffpunkt der Fußballszene angeschaut werden sollte , hinwies und zu einer Beteiligung aufforderte. Nach Spielende gegen 22.30 Uhr brachen etwa 50 bis 60 Personen unter der Führung des Angeklagten K. in die Neustadt auf, um dort mehrere türkische Gaststätten anzugreifen. Dieser Plan war spätestens zu diesem Zeitpunkt den anwesenden Gruppenmitgliedern , darunter die Angeklagten L. , R. und P. , bekannt und wurde durch diese gebilligt. Neben Mitgliedern der Gruppierung nahmen Personen aus der Türsteherszene, möglicherweise auch aus dem Umfeld der Ultra -Fans und der SSS teil. Die Autorität des Angeklagten K. als Anführer wurde dadurch gestärkt, dass ihn die Angeklagten R. und L. begleiteten. Letzterer verließ indes die anderen Beteiligten noch im Bereich der Altstadt , wurde aber kurz vor Beginn des Angriffs hiervon vom Angeklagten R. telefonisch in Kenntnis gesetzt. In der Neustadt angekommen vermummte sich die auf etwa 80 bis 100 Personen angewachsene Gruppe durch tiefsitzende Kapuzen oder Sonnenbrillen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war auch der Angeklagte P. Teil der Menschenmenge; dass er eigenhändig Gewalt gegen Personen oder Sachen anwendete, hat die Strafkammer indes nicht feststellen können. Kurz nach 23.30 Uhr gab der Angeklagte K. das Zeichen zum Angriff. Bis 23.39 Uhr wurden die Scheiben dreier türkischer Gastronomiebetriebe mit Flaschen und Feuerwerkskörpern beworfen und die Außenbestuh- lung umgeworfen. Es gelang den Angreifern, in das Innere eines DönerRestaurants einzudringen und die Einrichtung zu beschädigen. Insgesamt ent- stand Sachschaden in Höhe von rund 15.000 €. Darüber hinaus wurden mehre- re Gäste geschlagen, einer verlor dadurch einen Eckzahn und musste zwei Tage stationär behandelt werden. Einem Mitarbeiter wurde eine volle Flasche auf den Hinterkopf geschlagen, wodurch er eine blutende Platzwunde erlitt. Dieser Angestellte musste aufgrund des Gesamtgeschehens für ein Jahr psychologische Behandlung in Anspruch nehmen.
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Nach Durchführung von Durchsuchungs- und Festnahmemaßnahmen am 14. Dezember 2009 waren weitere Aktivitäten der Gruppe nicht mehr zu beobachten.
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II. Das Landgericht hat das Geschehen am 25. Juni 2008 hinsichtlich der Angeklagten L. , R. und P. jeweils als einen besonders schweren Fall des Landfriedensbruchs nach § 125a Satz 2 Nr. 4 StGB, beim Angeklagten L. zusätzlich nach § 125a Satz 1 StGB, gewürdigt. Tateinheitlich hierzu hätten sich die Angeklagten L. und P. der gefährlichen Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 4, § 25 Abs. 2 StGB schuldig gemacht. Den Schlag mit der Flasche hat es den Angeklagten nicht zugerechnet, sondern als Mittäterexzess gewertet.
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Ebenfalls als gefährliche Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 4, § 25 Abs. 2 StGB - auch hinsichtlich des Angeklagten L. - hat die Kammer die Auseinandersetzung vom 31. Oktober 2009 angesehen. Ob verabredete körperliche Auseinandersetzungen trotz der gegebenen Einwilligung als gegen die guten Sitten verstoßend anzusehen seien, müsse im Einzelfall entschieden werden. Wesentliches Kriterium hierfür sei das Maß der Gefährlichkeit der Tätlichkeiten , das seinerseits durch den jeweiligen Untergrund am Ort der Prügelei und die Anzahl der Kämpfer bestimmt werde. Bei einer Auseinandersetzung mit auf beiden Seiten mindestens 15 Personen sei eine Grenze erreicht, die das Geschehen so unübersichtlich mache, dass die Gefährlichkeit ein nicht mehr hinnehmbares Maß erreiche. In diesen Fällen sei das Regelwerk, insbesondere wegen des Fehlens von Kampfrichtern und der damit einhergehenden Möglichkeit der Kampfunterbrechung zur Behandlung verletzter Personen nicht ausreichend , um schwere Verletzungen in ausreichendem Maße zu vermeiden.
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Die Angeklagten seien darüber hinaus Mitglieder einer kriminellen Vereinigung im Sinne des § 129 Abs. 1 StGB gewesen. Da verabredete Auseinandersetzungen auch dann von dem auf der Grundlage einer - im rechtsextremen Kontext bestehenden - gemeinsamen Motivation und Zielsetzung gebildeten Gruppenwillen umfasst gewesen seien, wenn sie unter Umständen stattfanden, die zur Annahme von Sittenwidrigkeit der Körperverletzungen führten, seien Zweck und Tätigkeit der Gruppe auf die Begehung von Straftaten gerichtet gewesen. Entsprechendes gelte, soweit Auseinandersetzungen gegen den Willen der Gegner gesucht wurden, so auch für die Tat vom 25. Juni 2008. Dieser Zweck sei nicht nur von untergeordneter Bedeutung gewesen, da er dazu gedient habe, die angestrebte Stellung der Gruppierung als Macht im Raum Dresden zu untermauern; die Machtstellung stehe und falle mit der Bereitschaft , Straftaten zu begehen. Bei den Angeklagten L. , R. und K. liege jeweils ein Fall der Rädelsführerschaft im Sinne des § 129 Abs. 4 StGB vor.
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III. Die Verurteilung der Angeklagten wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung hält im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand.
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Eine Vereinigung im Sinne der §§ 129 ff. StGB ist ein auf gewisse Dauer angelegter, freiwilliger organisatorischer Zusammenschluss von mindestens drei Personen, die bei Unterordnung des Willens des Einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame Zwecke verfolgen und unter sich derart in Beziehung stehen, dass sie sich als einheitlicher Verband fühlen (st. Rspr.; etwa BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216, 221 mwN). Eine solche Vereinigung wird zur kriminellen, wenn ihre Zwecke oder ihre Tätigkeit nach dem gemeinsamen festen Willen der Mitglieder auf die Begehung von Straftaten ausgerichtet sind (vgl. insoweit BGH, Urteil vom 21. Oktober 2004 - 3 StR 94/04, BGHSt 49, 268, 271 f.).
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1. Die Gruppierung um die Angeklagten erfüllte nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen die personellen, organisatorischen, voluntativen und zeitlichen Kriterien des Vereinigungsbegriffs (vgl. dazu MüKoStGB/Schäfer, 2. Aufl., § 129 Rn. 14 ff.):
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Sie bestand aus mehr als drei Personen und war nicht nur kurzfristig zur Erreichung eines einmaligen Zwecks, vielmehr auf unbestimmte Dauer angelegt.
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Sie verfügte über im Sinne von § 129 Abs. 1 StGB tatbestandsmäßige Organisationsstrukturen, was sich daran zeigt, dass sie Führungspersonal - jedenfalls den Angeklagten L. sowie ihm nachgeordnet den Angeklagten K. - besaß und eine koordinierte Aufgabenverteilung dergestalt vorsah, dass etwa vornehmlich die Mitglieder des "Jungsturms" aktiv an den gewalttätigen Auseinandersetzungen teilnahmen, wohingegen sich die "Alt-Hools" auf die Organisation beschränken konnten. Eine weitere Aufgabenverteilung ergibt sich aus dem Vorhandensein von Kampftrainern sowie der Beauftragung der Angeklagten P. und N. unter anderem mit dem Streuen von Informationen innerhalb der Vereinigung durch die Versendung von Kurznachrichten und des Angeklagten P. mit der Beschaffung der Vereinigungsmitgliedern vorbehal- tenen Fleece-Jacken (vgl. MüKoStGB/Schäfer aaO, § 129 Rn. 18). Weitere Merkmale der Organisationsstruktur waren die festen Trainingstermine an einem bestimmten Ort, die geplante Ausstattung der Vereinigung mit sogenannten Notfallhandys sowie regelmäßige Treffen, auf denen über die Belange der Vereinigung gesprochen und Einzelfragen entschieden wurden. Die Teilnahme an gemeinsamen Veranstaltungen war zudem jedenfalls teilweise verpflichtend und Gruppenregeln bestanden insoweit, als Mitglieder von der weiteren Teilnahme an Aktivitäten der Vereinigung ausgeschlossen werden konnten, wenn sie etwa nicht häufig genug zum Training oder zu anderen verpflichtenden Veranstaltungen erschienen waren.
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Auch das voluntative Element war gegeben. Insoweit ist erforderlich, dass die Mitglieder der Vereinigung in die kriminellen Ziele der Organisation und in deren entsprechende Willensbildung unter Zurückstellung ihrer individuellen Einzelmeinungen eingebunden sind; nur bei Annahme eines derartigen Gruppenwillens besteht die für die Vereinigung typische und ihre Gefährlichkeit ausmachende, vom Willen des Einzelnen losgelöste Eigendynamik. Es müssen deshalb innerhalb der Vereinigung Entscheidungsstrukturen bestehen, die von allen Mitgliedern als verbindlich anerkannt werden (MüKoStGB/Schäfer aaO, § 129 Rn. 22 mwN). Wie die Willensbildung innerhalb der Vereinigung vollzogen wird, ist hingegen gleichgültig; das Demokratieprinzip kommt gleichermaßen in Betracht wie das Prinzip von Befehl und Gehorsam, sofern dieses nicht nur die jeweils persönliche Unterordnung des einzelnen Mitglieds unter eine oder mehrere Führungspersönlichkeiten widerspiegelt, sondern auf dem gemeinsamen , unter den Mitgliedern abgestimmten Willen der Gesamtheit beruht (BGH, Urteile vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 109 und vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216, 226 f.; Beschluss vom 17. Dezember 1992 - StB 21-25/92, BGHR StGB § 129 Gruppenwille 2; LK/Krauß, StGB, 12. Aufl., § 129 Rn. 28 jew. mwN).
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Der erforderliche Gruppenwille wird durch die Urteilsgründe belegt. Diese ergeben hinsichtlich der Regeln der Willensbildung, dass der Wille des Angeklagten L. für die Gruppe jedenfalls insoweit maßgeblich war, als dass er letztlich über die Aufnahme neuer Mitglieder ebenso entschied wie - gemeinsam mit dem Angeklagten K. - darüber, welche Mitglieder bei den von ihm verabredeten gewalttätigen Auseinandersetzungen zum Einsatz kamen. Ebenso bestand Einigkeit, dass keine Aktionen gegen den Willen des Angeklagten L. durchgeführt wurden. Die Unterordnung der Mitglieder unter den so gebildeten Gruppenwillen ergibt sich hier schon aus dem Zusammenwirken über den Tatzeitraum von etwa zwei Jahren, in dem es zu zahlreichen verabredeten gewalttätigen Auseinandersetzungen mit anderen Gruppen kam. Diese zeichneten sich durch einen hohen Grad an Organisation aus, weil An- und Abreise zu dem Ort der Auseinandersetzung zu koordinieren und dafür teilweise Transportfahrzeuge zu beschaffen waren; nach Beendigung der Kampfhandlungen waren die Mitglieder der Gruppierung - nicht zuletzt zur Meidung von Strafverfolgung - stets darauf bedacht, den Tatort binnen kürzester Zeit zu verlassen. All dies wäre ohne eine Unterordnung des Willens des Einzelnen unter den Gruppenwillen nicht möglich gewesen (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2005 - 3 StR 233/04, BGHR StGB § 129 Vereinigung 2). Aus dem Umstand, dass die Dortmunder Hooligans in großer Zahl flohen, als sie gewahr wurden, dass ihr Gegner die Gruppierung um die Angeklagten war, folgt weiter, dass die sich auch in dem regelmäßigen Kampftraining widerspiegelnden Bemühungen der Vereinigung, sich als "Macht" zu etablieren, sogar über die Region Dresden hinaus erfolgreich waren. Dass sich die Mitglieder als einheitlicher Verband fühlten, zeigt sich schließlich an ihrem Auftreten in einheitlichen T-Shirts nicht nur anlässlich der Auseinandersetzungen mit anderen Hooligans und an der geplanten Beschaffung von besonderen Jacken, die nur Mitgliedern der Vereinigung vorbehalten waren.
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2. Die Urteilsgründe belegen darüber hinaus die Ausrichtung der Gruppe auf den Zweck der Begehung von Straftaten. Erforderlich ist insoweit, dass die Organisation nach dem fest gefassten Willen der für ihre Willensbildung maßgeblichen Personen das Ziel verfolgt, strafbare Handlungen zu begehen. Das bloße Bewusstsein, dass es zu Straftaten kommen könne (so noch BGH, Urteil vom 21. Dezember 1977 - 3 StR 427/77, BGHSt 27, 325, 328) genügt nicht (BGH, Urteil vom 21. Oktober 2004 - 3 StR 94/04, BGHSt 49, 268, 271 f.), ebenso wenig, dass der Zweck nur von einzelnen Mitgliedern verfolgt, nicht aber auch von den übrigen Mitgliedern getragen wird (BGH, Beschluss vom 17. Dezember 1992 - StB 21-25/92, BGHR StGB § 129 Gruppenwille 2).
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a) Insoweit begegnet allerdings die Auffassung des Landgerichts rechtlichen Bedenken, es komme nicht darauf an, ob die verabredeten Auseinandersetzungen regelmäßig strafbar seien, es reiche vielmehr aus, wenn diese auch unter Umständen ausgetragen werden, die zur Annahme der Sittenwidrigkeit der in ihrem Rahmen begangenen Körperverletzungen führen. Denn auf dieser Grundlage könnte die Annahme einer kriminellen Vereinigung entgegen dem in der Rechtsprechung geforderten Kriterium der zweckgerichteten Begehung von Straftaten auch dann in Betracht kommen, wenn Straftaten nur angelegentlich einer vom Gruppenwillen getragenen Betätigung begangen würden, hier etwa weil eine verabredete körperliche Auseinandersetzung aus zuvor nicht absehbaren Gründen im Einzelfall wegen der Sittenwidrigkeit der Tat nicht aufgrund der Einwilligung aller Beteiligten gerechtfertigt und deshalb strafbar ist.
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b) Die erforderliche Ausrichtung der Vereinigung auf die Begehung von Straftaten ergibt sich indes aus Folgendem: Die Vereinigung verfolgte den Zweck, gewalttätige Auseinandersetzungen gegen andere Hooligangruppen zu organisieren und durchzuführen. Diese Auseinandersetzungen stellen sich nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen gerade wegen der in der vereinbarten Art der Ausführung der Gewalttätigkeiten liegenden Tatumstände als strafbare Körperverletzungen dar. Dazu im Einzelnen:
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aa) Zu Recht ist das Landgericht zunächst von der Tatbestandsmäßigkeit der Handlungen nach den §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB ausgegangen. Selbst wenn man körperliche Auseinandersetzungen wie die vorliegenden, die zum Zwecke des Kräftemessens vereinbart werden, noch als sportliche Betätigung verstehen wollte, folgt daraus nicht, dass sie einem möglichen Strafanspruch schon allein deshalb entzogen wären, weil bei Einhaltung der selbst aufgestellten Regeln das Verhalten nicht als verbotswidrig anzusehen wäre. Überlegungen, regelkonformes Handeln stelle sich als tatbestandslos dar (Dölling, ZStW 1984, 36, 55 ff.; Rössner, Festschrift für Hirsch, 1999, 313, 319 ff.; SK-StGB/Wolters, [Stand: September 2014], § 228 Rn. 21; für eine Lösung über das Institut der Einwilligung: BayObLG, Urteil vom 3. August 1961 - 4 St 36/61, NJW 1961, 2072; NK-StGB-Paeffgen, 4. Aufl., § 228 Rn. 109), finden spätestens dort ihre Grenze, wo die körperliche Misshandlung des Gegners Ziel der Betätigung ist (Dölling aaO, S. 64; Rössner aaO, S. 317; Kubinek, JA 2003, 257, 260; LK/Hirsch, StGB, 11. Aufl., § 228 Rn. 12).
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bb) Indes willigten die Beteiligten der Schlägereien nach den Feststellungen des Landgerichts jeweils in die Körperverletzungshandlungen der jeweils anderen Kampfgruppe ein. Jedenfalls soweit die vereinbarten Regeln eingehalten oder lediglich aus Gründen des Übereifers, der Erregung, der techni- schen Unvollkommenheit oder der mangelnden Körperbeherrschung verletzt werden, sollen an der grundsätzlichen Wirksamkeit der Einwilligung der Kampfteilnehmer keine Zweifel bestehen (hierzu BayObLG aaO, S. 2073 für den Fall eines Fußballspiels). Gezielte Regelverstöße hat die Strafkammer in keinem Fall zu erkennen vermocht, wenn auch die Feststellungen und die Beweiswürdigung insbesondere zu der Schlägerei am 31. Oktober 2009 zahlreiche Verstöße gegen die angeblich verbindlichen Regeln ergeben haben, was angesichts der einleitenden Hinweise des "Trainers" der Vereinigung auf die Regeln der Fairness widersprüchlich erscheint.
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cc) Selbst wenn in solchen Regelübertretungen lediglich Exzesse der Einzelnen zu sehen wären, was einer grundsätzlichen Wirksamkeit der Einwilligung des jeweils anderen Teils insoweit nicht entgegen stünde, erweisen sich die festgestellten Körperverletzungshandlungen bei den verabredeten Schlägereien in der durchgeführten Art und Weise durch Mitglieder der Vereinigung als rechtswidrig, weil es sich dabei trotz der Einwilligung um sittenwidrige Taten im Sinne von § 228 StGB handelte. Hierzu gilt:
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(1) Wann eine Tat gegen die guten Sitten verstößt, ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht immer einheitlich beurteilt worden. Anfangs spielten, insoweit in Anlehnung an die Rechtsprechung des Reichsgerichts (vgl. RG, Urteil vom 23. Februar 1940 - 1 D 39/40, RGSt 74, 91, 93 f.), "vor allem die Beweggründe eine wesentliche Rolle" (BGH, Urteil vom 29. Januar 1953 - 5 StR 408/52, BGHSt 4, 24, 31). Daneben wurde aber stets auch die Schwere der Verletzungen in den Blick genommen (BGH aaO), wobei zum Teil ohne weitere Auseinandersetzung mit dem verfolgten - offensichtlich verwerflichen - Zweck eine Sittenwidrigkeit unter bloßem Hinweis auf die Geringfügigkeit der Verletzung verneint wurde (BGH, Urteil vom 15. Oktober 1991 - 4 StR 349/91, BGHSt 38, 83, 87). Das Abstellen auf das Gewicht des Körperverletzungserfolgs wurde alsdann ausdrücklich als vorrangig betont, ohne jedoch - worauf es in den zu entscheidenden Fällen auch nicht ankam - die Herleitung der Sittenwidrigkeit aus der Zweckrichtung der Tatbegehung ausdrücklich auszuschließen (BGH, Urteile vom 11. Dezember 2003 - 3 StR 120/03, BGHSt 49, 34, 44; vom 26. Mai 2004 - 2 StR 505/03, BGHSt 49, 166, 170 f.; vom 18. September 2008 - 5 StR 224/08, juris Rn. 24; vom 20. November 2008 - 4 StR 328/08, BGHSt 53, 55, 62 f. - zu § 222 StGB). Ob diese Maßgeblichkeit des Taterfolgs aus den allgemein gültigen moralischen Maßstäben herzuleiten sei, die vernünftigerweise nicht in Frage gestellt werden könnten und die allgemeinkundig seien (so BGH, Urteil vom 11. Dezember 2003 - 3 StR 120/03, BGHSt 49, 34, 40 f.; zustimmend: Kühl, Festschrift Schroeder, 2006, 521, 532), oder ob durch das Abstellen auf den Schweregrad des Rechtsgutsangriffs der Begriff der guten Sitten auf seinen rechtlichen Kern beschränkt werde (so BGH, Urteil vom 26. Mai 2004 - 2 StR 505/03, BGHSt 49, 166, 169 ff.; zustimmend: Hirsch, Festschrift Amelung, 2009, 181, 197 f.), ist dabei unterschiedlich beurteilt worden.
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Der von dieser Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gefundene Lösungsansatz , der maßgeblich auf Art und Schwere des Rechtsgutsangriffs abstellt , entspricht der herrschenden Meinung im Schrifttum (s. die Nachweise bei Hardtung, Jura 2005, 401, 404; aA Sternberg-Lieben, Die objektiven Schranken der Einwilligung im Strafrecht, 1997, 136 ff.; NK-StGB-Paeffgen aaO, Rn. 44 ff., die § 228 StGB wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG für verfassungswidrig halten; dagegen MüKoStGB/Hardtung aaO, § 228 Rn. 29; s. auch BeckOKStGB/Eschelbach [Stand: 1. Juli 2014], § 228 Rn. 22 mwN). Bei auch insoweit teilweise unterschiedlichen Begründungsansätzen - etwa Bestimmung eines Daseins-Minimums, das allen Menschen ge- meinsam ist und dessen Schmälerung deshalb selbst bei Zustimmung des Betroffenen von der Rechtsgemeinschaft nicht hingenommen werden darf (so Duttge, Gedächtnisschrift Ellen Schlüchter, 2002, 775, 784, 786, 791) oder Vornahme einer Nachteils-Vorteils-Abwägung (so MüKoStGB/Hardtung aaO, § 228 Rn. 18 ff.) - besteht Einigkeit, dass wegen des Erfordernisses der Sittenwidrigkeit der Tat und nicht der Einwilligung das Rechtsgut der §§ 223 ff. StGB maßgeblicher Anknüpfungspunkt (Hirsch aaO, S. 193) und dass wegen des Grundsatzes der Vorhersehbarkeit staatlichen Strafens der Sittenverstoß eindeutig sein müsse (vgl. LK/Hirsch aaO, § 228 Rn. 2; BGH, Urteil vom 11. Dezember 2003 - 3 StR 120/03, BGHSt 49, 34, 41), was nur bei einer Rechtsgutsverletzung von einigem Gewicht der Fall sein könne. Dabei wird zutreffend darauf hingewiesen, dass die Versagung der rechtfertigenden Kraft einer Einwilligung nicht einen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht des Verletzten bezwecke - die Selbstverletzung unterfällt bereits nicht dem Tatbestand der §§ 223 ff. StGB -, sondern eine Begrenzung der Handlungsfreiheit des Verletzenden (Hirsch, ZStW 1971, 140, 167; zu diesem Tabuisierungsgedanken auch MüKoStGB/Hardtung aaO, Rn. 23; Duttge aaO).
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Eine solch gewichtige Betroffenheit des Rechtsguts der körperlichen Unversehrtheit hat die genannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedenfalls dann angenommen, wenn bei vorausschauender objektiver Betrachtung der Einwilligende durch die Körperverletzungshandlung in konkrete Todesgefahr gebracht wird (BGH, Urteile vom 11. Dezember 2003 - 3 StR 120/03, BGHSt 49, 34, 44; vom 26. Mai 2004 - 2 StR 505/03, BGHSt 49, 166, 170 f.; vom 18. September 2008 - 5 StR 224/08, juris Rn. 24; vom 20. November 2008 - 4 StR 328/08, BGHSt 53, 55, 62 f. - zu § 222 StGB). Es ist eine Beurteilung der Tat aus einer ex-ante-Sicht vorzunehmen (BGH, Urteile vom 11. Dezember 2003 - 3 StR 120/03, BGHSt 49, 34, 44; vom 26. Mai 2004 - 2 StR 505/03, BGHSt 49, 166, 173; vom 18. September 2008 - 5 StR 224/08, juris Rn. 24; vom 20. November 2008 - 4 StR 328/08, BGHSt 53, 55, 62 f.; Beschluss vom 20. Februar 2013 - 1 StR 585/12, BGHSt 58, 140, 146; MüKoStGB/Hardtung aaO, § 228 Rn. 27, 33; LK/Hirsch aaO, § 228 Rn. 3; Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 228 Rn. 4; Jäger, JA 2013, 634, 636); maßgeblich ist mithin das Gewicht der durch die Tathandlung geschaffenen Verletzungsgefahr (MüKoStGB/Hardtung aaO, § 228 Rn. 27, 33; BGH, Urteil vom 20. November 2008 - 4 StR 328/08, BGHSt 53, 55, 62 f.). Dass nicht nur auf das Ausmaß der tatsächlich eingetretenen Verletzung abgestellt werden kann, folgt im Übrigen bereits daraus, dass § 228 StGB angesichts seiner systematischen Stellung auch §§ 223, 224 StGB in Bezug nimmt, es mithin Fälle geben muss, die trotz minder schwerer Verletzung das Verdikt der Sittenwidrigkeit nach sich ziehen (MüKoStGB/Hardtung aaO, Rn. 24).
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Zuletzt hat der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs - an dem Kriterium der Maßgeblichkeit der Rechtsgutsverletzung festhaltend - ausgeführt, bei der Bewertung der Gefährlichkeit der Körperverletzungshandlung, in die eingewilligt werde, müsse bei Auseinandersetzungen rivalisierender Gruppen auch die solchen Tätlichkeiten aufgrund der stattfindenden gruppendynamischen Prozesse typischerweise innewohnende Eskalationsgefahr berücksichtigt werden. Vom Vorliegen dieser Eskalationsgefahr sei bei verabredeten Schlägereien immer dann auszugehen, wenn es an diese Gefahr eingrenzenden Regeln oder an der effektiven Durchsetzbarkeit etwaiger Absprachen fehle. In diesen Fällen würden die Taten trotz der Einwilligung der Verletzten selbst dann gegen die guten Sitten verstoßen, wenn mit den einzelnen Körperverletzungserfolgen keine konkrete Todesgefahr verbunden war (BGH, Beschluss vom 20. Februar 2013 - 1 StR 585/12, BGHSt 58, 140, 143 ff.; daran anschließend OLG München , Urteil vom 26. September 2013 - 4 StRR 150/13, NStZ 2014, 706, 708 f.; zustimmend Jäger, JA 2013, 634; Pichler, StRR 2013, 220; ablehnend: van der Meden, HRRS 2013, 158; Sternberg-Lieben, JZ 2013, 953; Zöller/Lorenz, ZJS 2013, 429; Gaede, ZIS 2014, 489).
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(2) An der Rechtsprechung, nach der maßgeblich auf Art und Schwere des Rechtsgutsangriffs abzustellen ist, hält der Senat fest. Sie ist wie folgt zu präzisieren:
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(a) Das Merkmal der guten Sitten in § 228 StGB ist für sich genommen konturenlos. Angesichts der Wandelbarkeit moralischer Wertungen kommen als Anknüpfungspunkt des Sittenwidrigkeitsurteils die Vorstellungen einzelner gesellschaftlicher Gruppen oder gar des zur Entscheidung berufenen Gerichts nicht in Betracht (BGH, Urteile vom 11. Dezember 2003 - 3 StR 120/03, BGHSt 49, 34, 41 mwN; vom 26. Mai 2004 - 2 StR 505/03, BGHSt 49, 166, 169; von der Meden, HRRS 2013, 158, 159); auch die Ermittlung von allgemein gültigen moralischen Maßstäben erweist sich in einer pluralistischen Gesellschaft als nicht unproblematisch (vgl. dazu etwa Sternberg-Lieben, JZ 2013, 953, 954; anders noch BGH, Urteil vom 11. Dezember 2003 - 3 StR 120/03, BGHSt 49, 34, 41).
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Der mithin zu konstatierenden Unbestimmtheit des Begriffs der guten Sitten ist dadurch zu begegnen, dass er in § 228 StGB strikt auf das Rechtsgut der Körperverletzungsdelikte bezogen und auf seinen Kerngehalt reduziert wird. Gesellschaftliche Vorstellungen oder der durch die Tat verfolgte Zweck können lediglich dazu führen, dass ihretwegen eine Einwilligung trotz massiver Rechtsgutsverletzungen Wirksamkeit entfalten kann, wie dies etwa in Fällen des ärztlichen Heileingriffs angenommen wird (vgl. Otto, Festschrift Tröndle, 1989, 157, 168; MüKoStGB/Hardtung aaO, § 228 Rn. 26; LK/Hirsch aaO, § 228 Rn. 9; Jäger, JA 2013, 634, 637) oder auch bei Kampfsportarten der Fall ist, die direkt auf die körperliche Misshandlung des Gegners ausgelegt sind und bei denen die ausgetragenen Kämpfe zu schwersten Verletzungen oder Gesundheitsschädigungen , ja selbst zum Tod der Kontrahenten führen können (vgl. etwa Dölling, ZStW 1984, 36, 64, der auf das rechtlich anerkannte gesellschaftliche Interesse an der Ausübung solcher Sportarten abstellt; im Ergebnis auch Jäger aaO). Zur Feststellung eines Sittenverstoßes und damit - über die Unbeachtlichkeit der Einwilligung - zur Begründung der Strafbarkeit von einvernehmlich vorgenommenen Körperverletzungen können sie hingegen nicht herangezogen werden. Insoweit sind aber Wertungen, die der Gesetzgeber vorgegeben hat, zu berücksichtigen (vgl. dazu auch Sternberg-Lieben, JZ 2013, 953, 954 f.).
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(b) Dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung insoweit, als die Bejahung der Sittenwidrigkeit der Tat in den Fällen, in denen bei vorausschauender objektiver Betrachtung aller maßgeblichen Umstände der Einwilligende durch die Körperverletzungshandlung in konkrete Todesgefahr gebracht wurde, in erster Linie aus der gesetzgeberischen Wertung des § 216 StGB folgt: Aus dem Umstand, dass eine Tötung, in die das Opfer nicht nur eingewilligt, sondern die sie ernsthaft verlangt hat, gleichwohl strafbar ist, lässt sich entnehmen, dass das Opfer in die eigene Tötung durch einen Dritten nicht wirksam einwilligen kann. Dieser Wertung hat die Rechtsprechung mit Blick auf § 228 StGB entnommen, dass im Allgemeininteresse die Möglichkeit, existentielle Verfügungen über das Rechtsgut der eigenen körperlichen Unversehrtheit oder des eigenen Lebens zu treffen, Einschränkungen unterliegt. Der Schutz der Rechtsgüter körperliche Unversehrtheit und Leben gegen Beeinträchtigungen durch Dritte wird deshalb nicht schlechthin, sondern nur innerhalb eines für die Rechtsordnung tolerierbaren Rahmens zur Disposition des Einzelnen gestellt (BGH, Urteil vom 26. Mai 2004 - 2 StR 505/03, BGHSt 49, 166, 173 f.). Dieser Rahmen wird verlassen, wenn der in die Körperverletzung Einwilligende durch die Tat in konkrete Todesgefahr gebracht wird (s. dazu auch Gaede, ZIS 2014, 489, 493 f.).
44
(c) Eine gesetzgeberische Wertung lässt sich aber nicht nur § 216 StGB mit Blick auf die drohende Todesfolge entnehmen, sondern für die Art und Weise der Begehung der Körperverletzungshandlungen auch der Regelung des § 231 StGB (Jäger, JA 2013, 634, 636): Nach dieser Vorschrift erfüllt derjenige rechtswidrig und schuldhaft den Tatbestand eines Strafgesetzes, der sich an einer Schlägerei oder an einem von mehreren verübten Angriff beteiligt. Er wird zwar nur dann bestraft, wenn durch die Schlägerei oder den Angriff der Tod eines Menschen oder eine schwere Körperverletzung im Sinne von § 226 StGB verursacht worden ist. Bei diesen Folgen handelt es sich nach ganz herrschender Auffassung aber nur um objektive Bedingungen der Strafbarkeit (BGH, Urteile vom 16. Juni 1961 - 4 StR 176/61, BGHSt 16, 130, 132; vom 24. August 1993 - 1 StR 380/93, BGHSt 39, 305; MüKoStGB/Hohmann aaO, § 231 Rn. 21 mwN; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, StGB, 29. Aufl., § 231 Rn. 1; Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 231 Rn. 5; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 231 Rn. 5; BeckOKEschelbach aaO, § 231 Rn. 2; Engländer, NStZ 2014, 214; Satzger, Jura 2006, 108, 109; aA LK/Hirsch aaO, § 231 Rn. 1; kritisch auch NK-StGB-Paeffgen, 4. Aufl., § 231 Rn. 20). In dieser Konstruktion des Straftatbestandes kommt zum Ausdruck, dass das sozialethisch verwerfliche Verhalten bereits in der Beteiligung an einer Schlägerei oder einem Angriff mehrerer besteht, weil dadurch erfahrungsgemäß so häufig die Gefahr schwerer Folgen geschaffen wird, dass die Beteiligung als solche schon strafwürdiges Unrecht darstellt (BT-Drucks. IV/650, S. 291; BGH, Urteil vom 24. August 1993 - 1 StR 380/93, BGHSt 39, 305, 308; vgl. auch Sternberg-Lieben, JZ 2013, 953, 956). Die objektive Strafbarkeitsbedingung wirkt dabei nicht strafbarkeitsbegründend oder -verschärfend, sondern schränkt lediglich den Bereich des zu Bestrafenden aus kriminalpolitischen Gründen ein (BT-Drucks. IV/650, S. 268, 291; S/SStree /Sternberg-Lieben aaO § 231 Rn. 1; aA offenbar MüKoStGB/Hohmann aaO, § 231 Rn. 3: strafbarkeitsbegründend; ebenso LK/Hirsch aaO, § 231 Rn. 1, der freilich bereits das Vorliegen einer objektiven Strafbarkeitsbedingung in Abrede stellt). Dass bereits die Beteiligung an der Schlägerei oder dem Angriff mehrerer bestraft wird, hat seinen Grund im Übrigen in Beweisschwierigkeiten , die bei körperlichen Auseinandersetzungen mehrerer erfahrungsgemäß auftreten, wenn es darum geht, eine bestimmte schwere Folge einem oder mehreren der Beteiligten einwandfrei zuzuordnen; es sollen Strafbarkeitslücken vermieden werden, die dadurch auftreten können, dass eine Verurteilung wegen eines Körperverletzungs- oder Tötungsdelikts wegen der genannten Beweisschwierigkeiten ausscheiden muss (BGH, Urteile vom 21. Februar 1961 - 1 StR 624/60, BGHSt 15, 369, 370; vom 16. Juni 1961 - 4 StR 176/61, BGHSt 16, 130, 132; BT-Drucks. IV/650, S. 290; MüKoStGB/Hohmann aaO, § 231 Rn. 2 mwN). Kann der erforderliche Nachweis indes geführt werden, ist eine tateinheitliche Verurteilung wegen eines Tötungs- oder Körperverletzungdelikts und der Beteiligung an einer Schlägerei möglich (vgl. BGH, Urteile vom 20. Dezember 1984 - 4 StR 679/84, BGHSt 33, 100, 104; vom 11. Oktober 2005 - 1 StR 195/05, NStZ 2006, 284, 285; LK/Hirsch aaO, § 231 Rn. 22; S/SStree /Sternberg-Lieben aaO, § 231 Rn. 13 mwN; aA NK-StGB-Paeffgen aaO, § 231 Rn. 22, dagegen überzeugend LK/Hirsch aaO).
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(d) Die sich an den verabredeten körperlichen Auseinandersetzungen beteiligenden Mitglieder der Gruppierung um die Angeklagten sowie die Teilnehmer auf der gegnerischen Seite erfüllten jeweils rechtswidrig und schuldhaft den Tatbestand des § 231 Abs. 1 StGB, weil sie sich damit an einer Schlägerei, also an einer mit gegenseitigen Tätlichkeiten verbundene Auseinandersetzung beteiligten, an der mehr als zwei Personen aktiv mitwirkten (vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - 4 StR 347/13, BGHR StGB § 231 Schlägerei 2). Dies führt - jedenfalls in den vorliegenden Fällen, in denen die an den Schlägereien Beteiligten aus der gebotenen ex-ante-Perspektive dadurch zumindest in die konkrete Gefahr einer schweren Gesundheitsbeschädigung gebracht wurden - nach den oben genannten Grundsätzen zur Unbeachtlichkeit der (konkludent) erteilten Einwilligungen in die mit den Auseinandersetzungen verbundenen Körperverletzungshandlungen. Insoweit gilt:
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(aa) Der Tatbestand des § 231 StGB bezweckt als abstraktes Gefährdungsdelikt (BGH, Urteile vom 5. Februar 1960 - 4 StR 557/59, BGHSt 14, 132, 134 f. mwN; vom 20. Dezember 1984 - 4 StR 679/84, BGHSt 33, 100, 103; vom 24. August 1993, 1 StR 380/93, BGHSt 39, 305, 308; MüKoStGB/Hohmann aaO, § 231 Rn. 7; S/S-Stree/Sternberg-Lieben aaO, § 231 Rn. 1; Lackner/Kühl aaO, § 231 Rn. 1; Fischer aaO, § 231 Rn. 2; BeckOKStGB/Eschelbach aaO, § 231 Rn. 1; Jäger, JA 2013, 634, 636; differenzierend NK-StGB-Paeffgen aaO, § 231 Rn. 2; aA LK/Hirsch aaO, § 231 Rn. 1) nicht nur den Schutz des Lebens und der Gesundheit des durch die Schlägerei oder den Angriff tatsächlich Verletzten oder Getöteten, sondern auch Leben und Gesundheit all der - auch unbeteiligten - Personen, die durch die Schlägerei oder den Angriff gefährdet werden. Da letztgenannter Gesichtspunkt ein Gemeininteresse darstellt, entfaltet die Einwilligung eines oder aller an der Schlägerei Beteiligten im Rahmen des § 231 StGB keine rechtfertigende Wirkung (LK/Hirsch aaO, § 231 Rn. 18; MüKoStGB/Hohmann aaO, § 231 Rn. 18; S/S-Stree/Sternberg-Lieben aaO, § 231 Rn. 10; Zöller/Lorenz, ZJS 2013, 429, 433 mwN; so im Ergebnis auch BeckOKStGB/Eschelbach aaO, § 231 Rn. 16; NK-StGB-Paeffgen aaO, § 231 Rn. 13, die insoweit allerdings auf die fehlende Disponibilität der Rechtsgüter Leben und Schutz der Gesundheit vor schweren Verletzungen abstellen).
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(bb) Diese Grundsätze wirken sich beim tateinheitlichen Zusammentreffen von Körperverletzungstaten - wie hier etwa nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB - einerseits und Beteiligung an einer Schlägerei andererseits dahingehend aus, dass die - rechtswidrige und schuldhafte - Verwirklichung des Tatbestands des § 231 Abs. 1 StGB zur Annahme der Sittenwidrigkeit der Körperverletzungstat im Sinne von § 228 StGB führt (wie hier Jäger aaO). Denn in diesem Gesetzesverstoß , mit dem die Beteiligten an der Schlägerei strafwürdiges Unrecht verwirklicht haben (so auch Sternberg-Lieben, JZ 2013, 953, 956), liegt eine Missachtung der gesetzgeberischen Wertung des § 231 StGB, die das Sittenwidrigkeitsurteil unabhängig davon begründet, ob der sich aus § 231 StGB ergebenden gesteigerten Gefahr für Leib und Leben durch Vorkehrungen, mit denen eine Eskalation der Auseinandersetzung verhindert werden soll, entgegengewirkt werden könnte (so auch Jäger aaO). Die Annahme von Straflosigkeit infolge der Einwilligung in etwaige Körperverletzungen würde darüber hinaus in der gegebenen Konstellation zu unauflösbaren Widersprüchen führen, weil ein und dasselbe Täterverhalten einerseits ausdrücklich verboten, andererseits aber infolge der erteilten Einwilligung erlaubt wäre (so auch SternbergLieben , JZ 2013, 953, 956).
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Die Sittenwidrigkeit der Tat aufgrund der Erfüllung des Tatbestands des § 231 Abs. 1 StGB ist zudem nicht nur in den Fällen gegeben, in denen die schwere Folge tatsächlich eingetreten ist; denn ein tatbestandsmäßiger, rechtswidriger und schuldhafter Verstoß liegt unabhängig davon vor, weil es sich bei den genannten Folgen ausschließlich um objektive Bedingungen der Strafbarkeit handelt (Jäger aaO; aA Sternberg-Lieben aaO; Gaede, ZIS 2014, 489, 499). Ein Abstellen auf die Tatfolgen würde bereits im Widerspruch dazu stehen, dass die Wirksamkeit der Einwilligung - wie dargelegt - aus einer exante -Perspektive zu beurteilen ist, die Frage, ob eine der genannten schweren Folgen eingetreten ist, hingegen erst ex-post beantwortet werden kann. Das Erfordernis des Eintritts der Strafbarkeitsbedingung zur Begründung des Sittenwidrigkeitsurteils kann auch nicht daraus hergeleitet werden, dass andernfalls die vom Gesetzgeber aufgestellte Begrenzung der Strafbarkeit ignoriert würde (so aber Sternberg-Lieben aaO; von der Meden, HRRS 2013, 158, 163): Diese Begrenzung bezieht sich allein auf die Vorschrift des § 231 StGB und ist wegen der durch die erfahrungsgemäß auftretenden Nachweisprobleme bedingten Weite dieses Tatbestandes, der unabhängig von der konkreten Feststellung einer Verletzungshandlung jede Beteiligung an einer Schlägerei oder einem Angriff ausreichen lässt, nicht zuletzt mit Blick auf das Schuldprinzip geboten; kann indes - wie hier - Einzelnen ein konkreter Tatvorwurf auch wegen bestimmter Körperverletzungshandlungen gemacht werden, bedarf es eines solchen Korrektivs nicht.
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(cc) Der Annahme der Sittenwidrigkeit der Tat kann nicht entgegengehalten werden, es bleibe für § 231 StGB kein eigenständiger Anwendungsbereich (so aber van der Meden aaO, S. 162): Nur aufgrund dieser Vorschrift können auch Beteiligte der Schlägerei aus dem Lager des Getöteten bzw. im Sinne des § 226 StGB Verletzten erfasst werden. Denn anders als für eine Strafbarkeit nach §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 4, § 25 Abs. 2 StGB kommt es bei § 231 StGB nicht auf die Zurechnung einzelner Handlungen an (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 1984 - 4 StR 679/84, BGHSt 33, 100, 104). Vorliegend lässt sich dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe indes entnehmen, dass die Mitglieder der Vereinigung sich selbst durch Schlagen und Treten ihrer jeweiligen Gegner aktiv an Körperverletzungshandlungen beteiligten und dadurch den Tatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB erfüllten.
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(dd) Es kann offen bleiben, ob die durch die Erfüllung desTatbestands des § 231 Abs. 1 StGB bedingte Sittenwidrigkeit der Körperverletzungshandlungen stets und unabhängig von der konkret eingetretenen Gefahr zur Unbeachtlichkeit der Einwilligung führt - etwa auch dann, wenn bei vorausschauender Betrachtung lediglich Bagatellverletzungen zu erwarten sind. Jedenfalls wenn - wie hier - der Verletzte durch die Tat voraussichtlich in die konkrete Gefahr einer schweren Gesundheitsbeschädigung gebracht wird - was nach einem Teil der Rechtsprechung und der Literatur schon für sich genommen die Sittenwidrigkeit begründen soll (vgl. MüKoStGB/Hardtung aaO, § 228 Rn. 30 mwN; Hirsch, Festschrift Amelung, 2009, 181, 198, 202: Gefahr einer schweren Leibesschädigung; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Juni 1997 - 2 Ss 147/97-49/97 II, MDR 1997, 933, 934 für Fälle des sogenannten Auto-Surfens; BayObLG, Beschluss vom 7. September 1998 - 5 St RR 153/98, NJW 1999, 372, 373: Gefahr schwerster Schädigung durch Kopfverletzungen infolge von Schlägen und Tritten gegen den Kopf) - führt der genannte Verstoß gegen die gesetzliche Wertung des § 231 StGB zur Annahme der Sittenwidrigkeit der Tat im Sinne von § 228 StGB.
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Die in den vorliegenden Fällen der vereinbarten Schlägereien mit anderen Hooligangruppen konsentierten Körperverletzungshandlungen begründeten bei der gebotenen objektiven Beurteilung aus einer ex-ante-Perspektive jedenfalls die konkrete Gefahr solcher schweren Gesundheitsbeschädigungen. Dies ergibt sich aus Folgendem:
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Bereits nach den stillschweigend akzeptierten Regeln waren Tritte mit dem beschuhten Fuß (mit Sportschuhen) und Schläge gegen den Kopf des Gegners zulässig. Die Regeln erlaubten zudem, dass sich mehrere Kämpfer der einen Gruppe gegen einen der anderen wandten, insbesondere wenn die zu Beginn einer Auseinandersetzung bestehende zahlenmäßige Ausgeglichenheit wegen des Ausscheidens einzelner Kämpfer nicht mehr bestand. Im Kampfgeschehen kam es auch zu Angriffen von hinten, derer sich das Opfer nicht versah. Die Regel, nach der auf am Boden liegende Personen nicht mehr eingewirkt werden durfte, konnte zudem offenbar dahin ausgelegt werden, dass ein Eintreten auf bloß kniende Personen weiterhin zulässig war, solange diese nicht kampfunfähig waren. All dies geschah - wie der Vorfall vom 31. Oktober 2009 zeigt - in Kämpfen, die unter ausdrücklicher Berufung auf das Regelwerk ("Fair bleiben. […] Die bleiben auch fair.") geführt wurden. Selbst wenn in dem Einwirken auf zu Boden gegangene Personen ein Regelverstoß zu erblicken ist, kam es zu solchen Verstößen nach den Feststellungen des Landgerichts nicht nur in Einzelfällen, sondern immer wieder; auch der Angeklagte L. wies in seiner Einlassung darauf hin, dass es schon wegen der Masse der Kämpfer nicht ausbleibe, dass auch kampfunfähige und am Boden liegende Personen trotzdem etwas abbekämen. Die aufgezeigten Handlungen begründen schon nach allgemeiner Lebenserfahrung ein erhebliches Verletzungspotential; die Strafkammer hat darüber hinaus durch Einholung eines rechtsmedizinischen Sachverständigengutachtens festgestellt, dass bei Schlägen (und Tritten) gegen den Kopf Einblutungen, Knochenbrüche, Nasen- und Kieferfrakturen sowie Platzwunden entstehen können. Tritte gegen am Boden liegende Personen können zudem zu Halswirbelsäulentraumata führen. Bei Tritten und Schlägen gegen den Oberkörper besteht die Gefahr von Rippenbrüchen, Herzprellungen und Herzstillstand.
53
Der Annahme der konkreten Gefahr einer schweren Gesundheitsbeschädigung steht nicht entgegen, dass die Strafkammer schwerwiegende Verletzungen der Kampfteilnehmer - außer im Fall vom 31. Oktober 2009 - nicht hat feststellen können, denn es kommt - wie dargelegt - auf eine objektive Be- trachtung aus einer ex-ante-Perspektive an. Zudem steht diese Feststellung auch im Widerspruch dazu, dass sich ein Mitglied der Vereinigung bei einem sogenannten Testmatch im Februar 2008 einen Kieferbruch zuzog.
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(ee) Für das Abstellen auf gesetzliche Wertungen, die auch die Art und Weise der Körperverletzungshandlung betreffen, spricht weiter, dass so die insbesondere von der Revisionsbegründung des Angeklagten R. aufgezeigten Wertungswidersprüche nicht auftreten, die entstehen könnten, wenn allein mit Blick auf die Schwere des potentiellen Körperverletzungserfolgs die körperlichen Auseinandersetzungen von Hooligans oder anderen rivalisierenden Gruppierungen wegen der Sittenwidrigkeit der Tat als strafbare Körperverletzungen verfolgt würden, andererseits aber die in Box-, Kickbox- oder gar sogenannten Freefight-Kämpfen wechselseitig zugefügten, teilweise erheblichen Körperverletzungshandlungen in aller Regel straflos blieben: Unabhängig von der Frage, ob die Verletzungsgefahren in diesen Fällen wegen des Vorhandenseins überprüf- und durchsetzbarer Regeln sowie der Anwesenheit von Schiedsrichtern und Ringärzten tatsächlich deutlich geringer sind, und davon, ob tatsächlich ein rechtlich anzuerkennendes gesellschaftliches Interesse an der Ausübung solcher Wettkämpfe besteht, das gegebenenfalls die Hinnahme des Risikos erheblicher Gesundheits- oder gar Lebensgefahren durch die Rechtsordnung begründen könnte (so Dölling, ZStW 1984, 36, 64; im Ergebnis auch Jäger, JA 2013, 634, 637), ist die unterschiedliche Behandlung dieser Fallgestaltungen bereits dadurch gerechtfertigt, dass es für die Fälle der Beteiligung an einer Schlägerei oder einem Angriff durch mehrere eine gesetzliche Regelung gibt, die dies als strafwürdiges Unrecht normiert, eine solche für tätliche Auseinandersetzungen von Einzelpersonen hingegen fehlt.
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(ff) Der aufgezeigten Lösung - dem Abstellen auf die gesetzliche Wertung des § 231 StGB zur Begründung der Sittenwidrigkeit der Tat im Sinne von § 228 StGB - kann schließlich nicht entgegengehalten werden, dass dadurch anderen Rechtsgütern Dritter oder der Allgemeinheit in einer vom Normzweck nicht erfassten Weise ein mittelbarer strafrechtlicher Schutz gewährt werden würde: Bei den von § 231 StGB und den von den Tötungs- bzw. Körperverletzungsdelikten geschützten Rechtsgütern handelt es sich nicht um unterschiedliche , sondern um die gleichen, die - wie dargelegt - einerseits als Gemeininteresse , anderseits aber sowohl von den §§ 211 ff., §§ 223 ff. StGB als auch von § 231 StGB als Individualinteressen geschützt werden (gegen die Annahme einer unzulässigen "Rechtsgutsvertauschung" insoweit auch Sternberg-Lieben, JZ 2013, 953, 956).
56
Soweit dem Urteil des Senats vom 11. Dezember 2003 (3 StR 120/03, BGHSt 49, 34) entnommen werden könnte, dass es für die Frage der Sittenwidrigkeit der Tat ohne Bedeutung sei, wenn gesetzliche Vorschriften verletzt werden , die dem Schutz von Universalrechtsgütern - im konkreten Fall des Verstoßes gegen § 29 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. b) BtMG der Volksgesundheit - dienen, zugleich aber auch den Schutz von Individualrechtsgütern mitbewirken (BGH aaO, S. 43), hält er daran nicht fest.
57
dd) Da die Gruppierung um die Angeklagten auf die Austragung der dargestellten körperlichen Auseinandersetzungen ausgerichtet war und sich diese - wie dargelegt - aufgrund der Unwirksamkeit der Einwilligung in die damit einhergehenden Körperverletzungshandlungen als Straftaten erweisen, war die Vereinigung auf die Begehung von Straftaten ausgerichtet.
58
Die von der Vereinigung bezweckten verabredeten Schlägereien bzw. die damit verbundenen - regelmäßig gefährlichen - Körperverletzungen im Sinne von § 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB stellten auch eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und damit Straftaten von einigem Gewicht dar (vgl. dazu BGH, Urteil vom 22. Februar 1995 - 3 StR 583/94, BGHSt 41, 47). Dies folgt schon aus der erheblichen Rechtsgutsgefährdung, die durch jede der Schlägereien ausgelöst wurde. Entgegen dem Revisionsvorbringen wurden als Austragungsort auch nicht stets entlegene "Drittorte" gewählt; die Feststellungen belegen auch Auseinandersetzungen im unmittelbaren Umfeld von Fußballstadien und im Innenstadtbereich.
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3. War nach alledem vom Vorliegen einer kriminellen Vereinigung mit Blick auf die organisierten körperlichen Auseinandersetzungen mit anderen (Hooligan-)Gruppierungen auszugehen, belegen die Feststellungen eine Stellung der Angeklagten L. und K. als Rädelsführer der Organisation; dies war auch im Schuldspruch des Urteils zum Ausdruck zu bringen (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2005 - 3 StR 233/04, NJW 2005, 1668, 1669). Der Senat hat ihn entsprechend für beide Angeklagte neu gefasst. Bezüglich des Angeklagten R. ist der erforderliche bestimmende Einfluss auf die Vereinigung (vgl. BGH, Urteil vom 16. Februar 2012 - 3 StR 243/11, BGHSt 57, 160) hingegen nicht belegt. Die Strafkammer hat lediglich festgestellt, dass er aufgrund seiner Freundschaft zu dem Angeklagten L. und seiner früheren Leistungen ein hohes Ansehen genossen habe. Eine führende Tätigkeit als Drahtzieher oder mit bestimmendem Einfluss ist den Feststellungen hingegen nicht zu entnehmen. Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung insoweit weitere Feststellungen getroffen werden könnten; es hatte mithin bei dem Schuldspruch wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung zu verbleiben.
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IV. Die Verurteilung der Angeklagten L. , K. , P. und N. wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB aufgrund des Geschehens vom 31. Oktober 2009 hält rechtlicher Überprüfung ebenfalls stand.
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Nach den oben dargelegten Maßstäben ist die Sittenwidrigkeit der Tat belegt, so dass die von der Strafkammer festgestellte Einwilligung der Teilnehmer keine rechtfertigende Wirkung entfalten konnte. Zwar hat das Landgericht nicht festzustellen vermocht, dass die massiven Verletzungen des Geschädigten durch eine von den Angeklagten K. , P. oder N. eigenhändig verübte bzw. auch nur durch gezielte Körperverletzungshandlungen anderer auf Seiten der Angeklagten an der Schlägerei Beteiligten verursacht worden sind. Indes reichen für den Schuldspruch wegen gefährlicher Körperverletzung die Feststellungen aus, nach denen die Angeklagten K. , P. und N. selbst auf Kämpfer aus der gegnerischen Gruppe eintraten und einschlugen und diese dadurch - mit anderen gemeinschaftlich - körperlich misshandelten. Der Tatbeitrag des Angeklagten L. bestand in der Organisation des Kampfes , den er mit dem Verantwortlichen der anderen Gruppe vereinbart hatte. Er hatte damit Tatherrschaft und - als Führer der Gruppierung - ein erhebliches eigenes Tatinteresse, so dass seine Beteiligung in diesem Fall als Mittäterschaft zu werten ist, obwohl er sich selbst an den eigentlichen Gewalttätigkeiten nicht beteiligte.
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V. Die Verurteilung der Angeklagten L. , R. und P. wegen des Geschehens vom 25. Juni 2008 erweist sich indes als rechtsfehlerhaft und kann deshalb keinen Bestand haben.
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Dieses Geschehen stellt sich nicht als eine Tat dar, die vom Zweck der kriminellen Vereinigung gedeckt gewesen wäre. Der Angriff auf Gastronomiebetriebe , die von Ausländern oder Bürgern ausländischer Herkunft betrieben wurden, erweist sich als singuläres Vorkommnis, das mit den vom Vereinigungszweck getragenen - auch einverständlichen - körperlichen Auseinandersetzungen mit anderen gleichgesinnten Gruppierungen in keinem Zusammenhang steht. Auch die getroffenen Feststellungen dazu, dass der Angeklagte K. - nicht aber der ansonsten stets maßgeblich in die Organisation von Vereinigungstaten involvierte Angeklagte L. - zur Mitwirkung an dem Überfall aufrief und dazu zwar auch einen Teil der Mitglieder der verfahrensgegenständlichen Vereinigung, überwiegend aber andere Personen per SMS kontaktierte , sprechen dagegen, dass es sich bei dem Geschehen vom 25. Juni 2008 um eine Tat handelte, die sich für die mitwirkenden Mitglieder der Gruppierung als ein Beteiligungsakt an der Vereinigung darstellte.
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1. Hinsichtlich der Angeklagten R. und P. fehlt es damit hinsichtlich dieser Tat an der Prozessvoraussetzung der Anklageerhebung sowie eines entsprechenden Eröffnungsbeschlusses. Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Dresden vom 30. Mai 2011 verhält sich bezüglich des Geschehens vom 25. Juni 2008 neben der Schilderung des Verhaltens des hierfür bereits abgeurteilten Angeklagten K. allein zur Beteiligung des Angeklagten L. . Eine Nachtragsanklage gemäß § 266 Abs. 1 StPO hat die Staatsanwaltschaft nicht erhoben.
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Da es sich - wie dargelegt - bei den Aktivitäten der AngeklagtenR. und P. im Zusammenhang mit dem Angriff auf Gaststätten in der Dresdener Neustadt nicht um mitgliedschaftliche Betätigungsakte im Rahmen der kriminellen Vereinigung handelte, konnte sich der Anklagevorwurf auch nicht un- ter dem Aspekt auf ihre Mitwirkung an diesem Geschehen beziehen, dass ihre Tathandlungen im Sinne des § 125 StGB tateinheitlich (§ 52 Abs. 1 StGB) auch den Tatbestand des § 129 Abs. 1 StGB verwirklichten und aus diesem Grund dem Tatbegriff des § 264 Abs. 1 StPO unterfallen könnten (s. dazu nur BGH, Beschlüsse vom 23. Dezember 2009 - StB 51/09, NStZ 2010, 445, 447; vom 5. Januar 1989 - StB 45/88, BGHR StGB § 129a, Konkurrenzen 1). Schon deswegen bedürfen die sich zu diesem Problemkreis grundsätzlich stellenden weiteren Fragen (vgl. dazu nur KK-Kuckein, StPO, 7. Aufl., § 264 Rn. 8 mwN) keiner weiteren Erörterung.
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Die von der Strafkammer nach § 265 Abs. 1 StPO erteilten Hinweise waren somit nicht ausreichend, es bedurfte vielmehr zur Aburteilung der Angeklagten R. und P. wegen des Geschehens vom 25. Juni 2008 der Erhebung einer Nachtragsanklage nach § 266 Abs. 1 StPO. Diese fehlt. Das Verfahren ist deshalb insoweit nach § 354 Abs. 1, § 260 Abs. 3 StPO einzustellen.
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2. Die Annahme der mittäterschaftlichen Begehung einer gefährlichen Körperverletzung durch den Angeklagten L. hält rechtlicher Nachprüfung ebenfalls nicht stand.
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Die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme richtet sich auch im Bereich des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB - sowohl hinsichtlich der an den Körperverletzungshandlungen unmittelbar Beteiligten, als auch der Außenstehenden und Abwesenden - nach den allgemeinen Regeln (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. März 2010 - 4 StR 522/09, NStZ-RR 2010, 236; vom 16. Mai 2012 - 3 StR 68/12, NStZ-RR 2012, 270). Insbesondere macht Gemeinschaftlichkeit im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB aus einer Beihilfe keine Täterschaft (BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2008 - 2 StR 286/08, NStZ-RR 2009, 10). Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkma- le verwirklicht, handelt mittäterschaftlich, wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die gemeinschaftliche Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können dabei der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein (BGH, Urteil vom 15. Januar 1991 - 5 StR 492/90, BGHSt 37, 289, 291).
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Ausgehend von diesen Maßstäben belegen die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen die Annahme von Mittäterschaft bei dem AngeklagtenL. nicht.
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Dass er die Gewalttätigkeiten unterstützte, hat das Landgericht insbesondere aus seinem Verhältnis zum Angeklagten K. , seiner maßgeblichen Stellung in der festgestellten kriminellen Vereinigung, seinem Tatbeitrag - namentlich seiner Anwesenheit beim gemeinsamen Ansehen der Übertragung des Fußballspiels und bei Teilen des Marsches der Gruppe -, seinem telefonischen Kontakt zum Angeklagten R. unmittelbar vor Beginn der Gewalttätigkeiten sowie seinem fortbestehenden Kontakt zum Angeklagten K. und weiteren Beteiligten geschlossen. Damit ist aber lediglich eine (psychische) Beihilfe des Angeklagten L. zu den Taten des Angeklagten K. und der von ihm geführten Menschenmenge beschrieben, die darin bestand, dass er öffentlich zu erkennen gab, den bevorstehenden Angriff gutzuheißen. Da der Angeklagte L. keinen Beitrag zu der eigentlichen Tatbestandserfüllung leistete, könnte er als Mittäter allenfalls dann in Betracht kommen, wenn er als Organisator oder Führungskraft die Tat wesentlich mitgestaltet hätte (vgl. S/S- Heine/Weißer aaO, § 25 Rn. 68 mwN). Die Feststellungen belegen jedoch gerade nicht, dass es sich um eine Tat der von dem Angeklagten L. geleiteten kriminellen Vereinigung handelte, sondern lediglich dessen Einwilligung in den Plan des Angeklagten K. im Rahmen des Telefonats vom 23. Juni 2008.
71
Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung weitere, zur Annahme von Täterschaft führende Feststellungen getroffen werden könnten und ändert deshalb den Schuldspruch insoweit in Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 4, § 27 Abs. 1 StGB). Die Tat steht zu der Rädelsführerschaft in der kriminellen Vereinigung und der aus der Vereinigung heraus begangenen gefährlichen Körperverletzung vom 31. Oktober 2009 in Tatmehrheit (§ 53 StGB).
72
3. Auch die Verurteilung des Angeklagten L. wegen Landfriedensbruchs im besonders schweren Fall gemäß § 125 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1, § 125a Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 4 StGB hat keinen Bestand; diese entfällt.
73
a) Die Voraussetzungen des § 125a StGB liegen nicht vor:
74
aa) Das Landgericht ist davon ausgegangen, der Angeklagte L. habe hinsichtlich der Tat vom 25. Juni 2008 als Hintermann agiert, was grundsätzlich zur Annahme eines - unbenannten - besonders schweren Falls des Landfriedensbruchs nach § 125a Abs. 1 Satz 1 StGB führen könnte (BGH, Beschluss vom 7. Mai 1998 - 4 StR 88/98, juris Rn. 7). Voraussetzung wäre indes auch hier, dass der Angeklagte als Rädelsführer oder Hintermann bestimmenden Einfluss auf die Tat hatte (MüKoStGB/Schäfer aaO, § 125a Rn. 34), was durch die Feststellungen - wie aufgezeigt - gerade nicht belegt wird.
75
bb) Die Annahme eines besonders schweren Falles nach § 125a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 StGB kommt ebenfalls nicht in Betracht: Der Senat hält an seiner Rechtsprechung (BGH, Beschluss vom 11. November 1976 - 3 StR 333/76, BGHSt 27, 56) fest, dass die Regelbeispiele des § 125a Abs. 1 Satz 2 StGB nur eigenhändig verwirklicht werden können (so auch MüKoStGB/Schäfer aaO, § 125a Rn. 14; SK-StGB/Stein/Rudolphi [Stand: Oktober 2013], § 125a Rn. 6g; NK-StGB-Ostendorf aaO, § 125a Rn. 8; LK/Krauß aaO, § 125a Rn. 2; aA S/SSternberg -Lieben aaO, § 125a Rn. 6; offen gelassen von BGH, Beschluss vom 4. Februar 2003 - GSSt 1/02, BGHSt 48, 189, 194 f.). Diese Voraussetzung ist bei dem Angeklagten, der nicht Bestandteil der Menschenmenge war, offensichtlich nicht erfüllt.
76
b) Scheidet eine Verurteilung wegen Landfriedensbruchs im besonders schweren Fall aus, so kommt eine Verurteilung wegen Landfriedensbruchs nach § 125 Abs. 1 StGB nicht in Betracht, weil die Tat schon aufgrund der Strafbarkeit nach § 224 Abs. 1 Nr. 4, § 27 Abs. 1 StGB in einer anderen Vorschrift mit höherer Strafe bedroht ist, als der Strafrahmen des § 125 Abs. 1 StGB (Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe) vorsieht; die Strafbarkeit wegen Landfriedensbruchs tritt deshalb aufgrund der Subsidiaritätsklausel in § 125 Abs. 1 aE StGB zurück.
77
VI. Die Änderung der Schuldsprüche und die teilweise Einstellung des Verfahrens wirken sich zu Gunsten der Angeklagten L. , R. und P. aus. Hinsichtlich des Angeklagten R. ist zudem bei dem beibehaltenen Schuldspruch wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung zu berücksichtigen , dass die vom Landgericht angenommenen Voraussetzungen der Rädelsführerschaft bei diesem Angeklagten nicht vorliegen. Bezüglich dieser drei Angeklagten ist mithin der Strafausspruch aufzuheben und die Strafe neu zu- zumessen. Die insoweit getroffenen Feststellungen können jedoch aufrechterhalten werden, weil sie von den zur Aufhebung führenden Rechtsfehlern nicht betroffen sind und sich auch im Übrigen als rechtsfehlerfrei erweisen (§ 353 Abs. 2 StPO).
Becker Pfister Hubert Mayer Gericke

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt.

(2) Eine Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.

(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden,

1.
wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat,
2.
wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder
3.
soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen.

(4) Der Versuch, eine in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 bezeichnete Vereinigung zu gründen, ist strafbar.

(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern der Vereinigung gehört. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Zweck oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet ist, in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, b, d bis f und h bis o, Nummer 2 bis 8 und 10 der Strafprozessordnung genannte Straftaten mit Ausnahme der in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe h der Strafprozessordnung genannten Straftaten nach den §§ 239a und 239b des Strafgesetzbuches zu begehen.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, von einer Bestrafung nach den Absätzen 1 und 4 absehen.

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter

1.
sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können;
erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
StB 32/17
vom
22. März 2018
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
wegen Verdachts der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen
Vereinigung
ECLI:DE:BGH:2018:220318BSTB32.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. März 2018 gemäß § 304 Abs. 5 StPO beschlossen:
Die Beschwerde des Generalbundesanwalts gegen den Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 18. Oktober 2017 (2 BGs 936/17) wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels trägt die Staatskasse.

Gründe:

I.


1
1. Der Generalbundesanwalt führt gegen die Beschuldigte ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts, sich in der Zeit von März 2016 bis Mitte August 2017 dem sog. Islamischen Staat (IS) und damit einer ausländischen Vereinigung, deren Zwecke oder Tätigkeiten darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB), Totschlag (§ 212 StGB) sowie Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 VStGB) zu begehen, als Mitglied angeschlossen und sich anschließend mitgliedschaftlich betätigt zu haben, strafbar gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB.
2
a) In tatsächlicher Hinsicht legt der Generalbundesanwalt der Beschuldigten im Wesentlichen Folgendes zur Last:
3
Die Beschuldigte reiste am 1. März 2016 gemeinsam mit dem Mitbeschuldigten B. aus Deutschland aus, nachdem B. sich im Internet über Reisemöglichkeiten zum IS informiert und eine Kontaktperson ausfindig gemacht hatte. Die Beschuldigte und B. , die seit 2015 nach muslimischem Recht verheiratet sind, flogen in die Türkei und gelangten von dort aus mit Hilfe eines Schleusers nach Syrien. Sie wurden zunächst an verschiedene vom IS kontrollierte Orte in Syrien und später in den Irak nach Mossul gebracht.
4
Nachdem sie anfangs getrennt voneinander untergebracht worden waren , lebten sie in Mossul seit Mitte/Ende März 2016 zusammen in der Wohnung einer Person namens "A. ", der als Bürge fungierte. Das hatte der IS als Voraussetzung dafür verlangt, dass B. seinem Wunsch entsprechend als Krankenpfleger in einem vom IS verwalteten Krankenhaus arbeiten durfte. Im Juli 2015 bezogen beide eine Wohnung im vom IS kontrollierten Tal Afar, wo B. wiederum eine Stelle als Pflegekraft in einem Krankenhaus antrat.
5
Für seine Arbeit in den Krankenhäusern erhielt B. aufgrund des vom IS festgelegten Bezahlsystems monatlich jeweils 50 US-Dollar pro Familienmitglied , für sich selbst und für die Beschuldigte mithin insgesamt 100 USDollar. Während B. seiner Tätigkeit als Krankenpfleger nachging, kümmerte sich die Beschuldigte um den Haushalt und erledigte die für ihre gemeinsame Lebensführung notwendigen Einkäufe. Aus der Beziehung der Beschuldigten mit B. ging ein am 2. November 2016 geborener Sohn hervor, den sie "J. " (Armee bzw. Heer Gottes) nannten.
6
Während der folgenden Monate wechselten die Beschuldigte und B. mit Rücksicht auf die jeweilige Sicherheitslage wiederholt ihren Aufenthaltsort. Schließlich entschlossen sie sich dazu, sich in ein von den kurdischen "Peschmerga" kontrolliertes Gebiet zu begeben, was ihnen Mitte August 2017 mit Hilfe eines Schleusers gelang. Dort wurden sie festgenommen. Zu diesem Zeitpunkt war die Beschuldigte erneut schwanger.
7
b) Der Generalbundesanwalt stützt seine Auffassung, wonach sich die Beschuldigte mitgliedschaftlich am IS beteiligt hat, im Wesentlichen auf folgende Erwägungen:
8
Die Beschuldigte habe sich bereits dadurch in das Verbandsleben der Vereinigung integriert und diese von innen heraus gefördert, dass sie sich in das Herrschaftsgebiet des IS begeben und dort gemeinsam mit ihrem Mann gelebt habe. Durch ihre Anwesenheit im Gebiet des IS, ihre Unterwerfung unter das mit der Einreise verbundene Aufnahmeprozedere und durch ihre Teilnahme am Verbandsleben der Vereinigung habe sie diese gefördert, der Vorstellung des IS von einem "Kalifat", einem Staat nach islamischem Vorbild, neben anderen Verbandsmitgliedern "Leben eingehaucht" und die Vereinigung damit in ihrer personellen Ausdehnung sowie in deren "Sogwirkung" insbesondere auf Gleichgesinnte in Europa unterstützt.
9
Der Annahme ihrer Mitgliedschaft stehe nicht entgegen, dass die Beschuldigte während ihrer Anwesenheit keine die terroristische Zwecksetzung der Vereinigung unmittelbar fördernde Handlung verübt habe. Denn auch die Erledigung allgemeiner Aufgaben sei als mitgliedschaftliche Betätigung anzusehen , sofern der Täter sie zur Förderung der Zwecke oder Tätigkeiten der Organisation entfalte, sie Ausfluss seiner Mitgliedschaft seien und in deren Interesse vorgenommen würden. Dies sei hier der Fall, weil Frauen nach dem Rollenverständnis des IS ein fester Bestandteil des dortigen "Staatsgebildes" seien, deren Aufgabe sich zuvörderst auf klassische Hausarbeiten wie Kochen, Waschen und Kindererziehung beschränke. Den verheirateten Frauen im IS komme im Wesentlichen die Aufgabe zu, Kinder zu gebären, sie von klein auf im Sinne der Ideologie des IS zu erziehen und den Haushalt zu führen. Vor diesem Hintergrund seien Frauen für den Fortbestand des IS unentbehrlich und von grundlegender Bedeutung. Diese ihr als Frau von der Vereinigung zugewiesene Rolle habe die Beschuldigte im Interesse des IS erfüllt, indem sie ihre "häuslichen Pflichten" erfüllt habe, während B. seiner Tätigkeit für die Vereinigung als Pfleger im Krankenhaus nachgegangen sei. Überdies habe sie durch die Geburt eines Kindes im Herrschaftsgebiet des IS sowie durch ihre erneute Schwangerschaft "aktiv einen mitgliedschaftlichen Beitrag" zur personellen Stärkung des "Staatsvolkes" der Organisation geleistet.
10
Im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung seien auch tatsächliche Umstände feststellbar, die ein organisationsseitiges Interesse an der Mitwirkung der Beschuldigten an der Vereinigung sowie den einvernehmlichen Willen zu ihrer fortdauernden Teilnahme am Verbandsleben belegten. Insbesondere komme "das beiderseitige Einvernehmen der Anwesenheit und Eingliederung der Beschuldigten im IS" darin zum Ausdruck, dass die Beschuldigte seitens der Vereinigung in Form eines "Familienzuschlags" alimentiert worden sei.
11
Die Beschuldigte habe auch eine Stellung in der Vereinigung eingenommen , die sie als zum Kreis der Mitglieder gehörend gekennzeichnet und von den Nichtmitgliedern unterscheidbar gemacht habe. So habe sie mit dem für den IS mitgliedschaftlich tätigen B. , mit dem sie nach muslimischem Recht verheiratet sei, als westeuropäische und daher allein schon sprachlich deutlich erkennbare Ausländerin im Herrschaftsgebiet des IS gelebt. Während die überwiegenden Teile der syrischen Bevölkerung den IS als eine Art Besatzungsmacht erlebt hätten, habe die Beschuldigte als Ausländerin vor Ort eine Art Repräsentationsfunktion wahrgenommen, weil ihrer Anwesenheit im vom IS proklamierten Kalifat für alle ersichtlich die bewusste Entscheidung vorausgegangen sei, sich zum IS zu begeben und sich zu ihm zu bekennen sowie in dessen Herrschaftsgebiet leben und die terroristische Vereinigung in ihrem Bestand fördern zu wollen.
12
2. Mit dem angefochtenen Beschluss hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs den Antrag des Generalbundesanwalts, einen Haftbefehl gegen die Beschuldigte zu erlassen, zurückgewiesen, weil es aus rechtlichen Gründen an der die Annahme eines dringenden Tatverdachts rechtfertigenden hohen Wahrscheinlichkeit (§ 112 Abs. 1 Satz 1 StPO) dafür fehle, dass die Beschuldigte sich mitgliedschaftlich am IS beteiligt oder die Vereinigung unterstützt habe. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Generalbundesanwalts hat keinen Erfolg.

II.


13
Auf der Grundlage des bisherigen Ermittlungsergebnisses hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs den Antrag des Generalbundesanwalts auf Erlass eines Haftbefehls gegen die Beschuldigte zu Recht abgelehnt.
14
1. Entgegen der vom Generalbundesanwalt vertretenen Auffassung ist die Beschuldigte derzeit aus rechtlichen Gründen nicht dringend verdächtig, sich als Mitglied am IS beteiligt zu haben (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB).
15
a) Das gilt sowohl unter Zugrundelegung des zur überwiegenden Tatzeit nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs maßgeblichen Vereinigungsbegriffs als auch auf der Grundlage des durch das Vierundfünfzigste Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches vom 17. Juli 2017 (BGBl. I Nr. 48) in § 129 Abs. 2 StGB legal definierten.
16
aa) Nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs galt:
17
Eine Vereinigung ist ein auf gewisse Dauer angelegter organisatorischer Zusammenschluss von mindestens drei Personen, die bei Unterordnung des Willens des Einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame Zwecke verfolgen und unter sich derart in Beziehung stehen, dass sie sich als einheitlicher Verband fühlen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216, 221 mwN). Dementsprechend beteiligt sich als Mitglied , wer sich unter Eingliederung in die Organisation deren Willen unterordnet und eine Tätigkeit zur Förderung der kriminellen Ziele der Vereinigung entfaltet. Notwendig ist dafür eine auf Dauer oder zumindest auf längere Zeit angelegte Teilnahme am Verbandsleben (vgl. etwa BGH, Urteile vom 20. März 1963 - 3 StR 5/63, BGHSt 18, 296, 299 f.; vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 111). In Betracht kommt etwa ein organisationsförderndes oder ansonsten vereinigungstypisches Dauerverhalten von entsprechendem Gewicht (vgl. MüKoStGB/Schäfer, 3. Aufl., § 129 Rn. 82 mwN).
18
Die mitgliedschaftliche Beteiligung setzt eine gewisse formale Eingliederung des Täters in die Organisation voraus. Sie kommt nur in Betracht, wenn der Täter die Vereinigung von innen und nicht lediglich von außen her fördert. Insoweit bedarf es zwar keiner förmlichen Beitrittserklärung oder einer förmlichen Mitgliedschaft. Notwendig ist aber, dass der Täter eine Stellung innerhalb der Vereinigung einnimmt, die ihn als zum Kreis der Mitglieder gehörend kennzeichnet und von den Nichtmitgliedern unterscheidbar macht. Dafür reicht allein die Tätigkeit für die Vereinigung, mag sie auch besonders intensiv sein, nicht aus; denn ein Außenstehender wird nicht allein durch die Förderung der Vereinigung zu deren Mitglied (vgl. zu allem BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 113 mwN).
19
Die Mitgliedschaft setzt ihrer Natur nach eine Beziehung voraus, die einer Vereinigung nicht aufgedrängt werden kann, sondern ihre Zustimmung erfordert. Ein auf lediglich einseitigem Willensentschluss beruhendes Unterordnen und Tätigwerden genügt nicht, selbst wenn der Betreffende bestrebt ist, die Vereinigung und ihre kriminellen Ziele zu fördern. Die Annahme einer mitgliedschaftlichen Beteiligung scheidet daher aus, wenn die Unterstützungshandlungen nicht von einem einvernehmlichen Willen zu einer fortdauernden Teilnahme am Verbandsleben getragen sind (vgl. zu allem BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 113 mwN).
20
bb) Demgegenüber definiert die Neuregelung in § 129 Abs. 2 StGB den Begriff der Vereinigung in Anlehnung an den Rahmenbeschluss 2008/841/JI des Rates der Europäischen Union vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität als einen auf längere Dauer angelegten, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängigen organisierten Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses. Erklärtes Ziel der gesetzlichen Regelung ist es, den Vereinigungsbegriff auszuweiten, indem die Anforderungen an die Organisationsstruktur und die Willensbildung abgesenkt werden. Es sollen nicht nur Personenzusammenschlüsse erfasst werden, deren Mitglieder sich untereinander als einheitlicher Verband fühlen, sondern auch hierarchisch organisierte Gruppierungen mit bloßer Durchsetzung eines autoritären Anführerwillens ohne "Gruppenidentität" (BT-Drucks. 18/11275, S. 7, 11). Auch nach der Legaldefinition handelt es sich bei einer Vereinigung indes um einen organisierten Zusammenschluss von Personen, was zumindest eine gewisse Organisationsstruktur sowie in gewissem Umfang instrumentelle Vorausplanung und Koordinierung erfordert; not- wendig ist darüber hinaus das Tätigwerden in einem übergeordneten gemeinsamen Interesse (BT-Drucks. aaO).
21
Auch wenn die Mitgliedschaft in einer Vereinigung auf der Grundlage der Legaldefinition nicht erfordert, dass sich der Täter in das "Verbandsleben" der Organisation integriert und sich deren Willen unterordnet, so setzt die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer Vereinigung auch danach eine gewisse, einvernehmliche Eingliederung des Täters in die Organisation voraus. Nach wie vor ist erforderlich, dass er eine organisationsbezogene Tätigkeit zur Förderung der kriminellen Ziele der Vereinigung entfaltet, durch die er diese von innen und nicht nur von außen her fördert.
22
b) Daran gemessen kann hier nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Beschuldigte als Mitglied am IS beteiligt hat. Die bisherigen Ermittlungsergebnisse belegen nicht, dass sie die terroristischen Bestrebungen des IS von innen her gefördert hat. Dies folgt nicht ohne Weiteres daraus, dass sich die Beschuldigte gemeinsam mit dem Mitbeschuldigten B. im Einvernehmen des IS in dessen Herrschaftsgebiet begeben hat, um dort zu leben. Dadurch ist sie nicht Mitglied der Organisation geworden. Insoweit gilt:
23
Das Alltagsleben im Herrschaftsgebiet des IS ist nicht gleichzusetzen mit der Vereinigung als solcher. Wer mit dem IS sympathisiert und sich deshalb im Einvernehmen der Organisation in deren Herrschaftsgebiet begibt, um dort den Vorstellungen des IS entsprechend zu leben, wird dadurch nicht ohne Weiteres in die Organisation integriert und damit zu deren Mitglied.
24
Dementsprechend stellt das alltägliche Leben derartiger Personen im "Kalifat" als solches keine mitgliedschaftliche Betätigung für den IS dar. Der Umstand, dass es den Interessen der Organisation entspricht, ausländische Sympathisanten dafür zu gewinnen, sich in sein Herrschaftsgebiet zu begeben und dort zu leben, ändert daran nichts. Das gilt insbesondere in Bezug auf Anhängerinnen des IS, die sich dazu entschließen, im "Kalifat" mit einem Mitglied der Vereinigung zusammenzuleben, und ein aus der Beziehung herrührendes Kind austragen. Dadurch betätigen sie sich - ungeachtet des organisationsseitigen Interesses an einer Vergrößerung des im Herrschaftsbereich des IS lebenden "Staatsvolkes" - nicht mitgliedschaftlich.
25
Die Tätigkeiten der Beschuldigten gingen über alltägliche Verrichtungen nicht hinaus. Darin, dass sie den "häuslichen Pflichten" nachkam, die sich aus ihrem Zusammenleben mit B. ergaben, kann keine Erfüllung einer ihr seitens des IS übertragenen organisationsbezogenen Aufgabe gesehen werden. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Beschuldigte in irgendeiner Weise in die Organisation integriert war und ihr übertragene organisationsbezogene Tätigkeiten ausübte, sind bislang nicht ersichtlich.
26
Anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beschuldigte bei der Bemessung der Entlohnung, die der IS dem Mitbeschuldigten B. für die von ihm geleistete Arbeit als Krankenpfleger gewährte, berücksichtigt wurde. B. erhielt ersichtlich deshalb einen Zuschlag, weil er nicht nur für seinen eigenen Lebensunterhalt aufzukommen hatte, sondern auch denjenigen seiner Frau. Eine Bezahlung der Beschuldigten für eine von ihr geleistete organisationsbezogene Tätigkeit kommt darin hingegen nicht zum Ausdruck.
27
Schließlich folgt die Mitgliedschaft der Beschuldigten im IS nicht daraus, dass sie aus der Sicht anderer leicht als Ausländerin erkennbar war, die der Ideologie des IS nahe stand. Dies ging notwendigerweise damit einher, dass sie sich als Sympathisantin des IS für ein Leben im "Kalifat" entschieden hatte. Ihre Integration in das Verbandsleben der Organisation und die Übertragung einer organisationsbezogenen "Repräsentationsfunktion" lässt sich dem jedoch nicht entnehmen. Anhaltspunkte dafür, dass ihr seitens der Vereinigung spezifische Propaganda- oder Verwaltungstätigkeiten übertragen worden waren, liegen nicht vor.
28
2. Aufgrund der bisherigen Ermittlungsergebnisse ist die Beschuldigte auch nicht dringend verdächtig, den IS und damit eine terroristische Vereinigung im Ausland unterstützt zu haben (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB).
29
a) Unter einem Unterstützen im Sinne von § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 StGB ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds zu verstehen, das die innere Organisation der Vereinigung und ihren Zusammenhalt unmittelbar fördert, die Realisierung der von ihr geplanten Straftaten - wenngleich nicht unbedingt maßgebend - erleichtert oder sich sonst auf deren Aktionsmöglichkeiten und Zwecksetzung in irgendeiner Weise positiv auswirkt und damit die ihr eigene Gefährlichkeit festigt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 117). Dies kann zum einen dadurch geschehen, dass ein Außenstehender mitgliedschaftliche Betätigungsakte eines Angehörigen der Vereinigung fördert; in diesem Sinne handelt es sich beim Unterstützen um eine zur Täterschaft verselbständigte Beihilfe zur Mitgliedschaft (vgl. etwa BGH, Urteil vom 3. Oktober 1979 - 3 StR 264/79, BGHSt 29, 99, 101). Zum anderen greift der Begriff des Unterstützens einer Vereinigung über ein im strengeren Sinne des § 27 Abs. 1 StGB auf die Förderung der Tätigkeit eines Vereinigungsmitglieds beschränktes Verständnis hinaus; denn er bezieht sich auch und - wie schon der Wortlaut des Gesetzes zeigt - sogar in erster Linie auf die Vereinigung als solche, ohne dass im konkreten Fall die Aktivität des Nichtmit- glieds zu einer einzelnen organisationsbezogenen Tätigkeit eines Organisationsmitglieds hilfreich beitragen muss (vgl. BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, aaO, S. 117 f.; Beschluss vom 16. Mai 2007 - AK 6/07, BGHSt 51, 345, 350 f.).
30
Erforderlich, aber auch ausreichend ist, wenn die Förderungshandlung an sich konkret wirksam, für die Organisation objektiv nützlich ist und dieser mithin irgendeinen Vorteil bringt; ob der Vorteil genutzt wird und daher etwa eine konkrete, aus der Organisation heraus begangene Straftat oder auch nur eine organisationsbezogene Handlung eines ihrer Mitglieder mitprägt, ist dagegen ohne Belang (vgl. BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 116; Beschlüsse vom 16. Mai 2007 - AK 6/07, BGHSt 51, 345, 348 f.; vom 27. Oktober 2015 - 3 StR 334/15, BGHR StGB § 129a Abs. 5 Unterstützen 6). In diesem Sinne muss der Organisation durch die Tathandlung kein messbarer Nutzen entstehen (vgl. BGH, Urteile vom 25. Januar 1984 - 3 StR 526/83, BGHSt 32, 243, 244; vom 25. Juli 1984 - 3 StR 62/84, BGHSt 33, 16, 17; Beschluss vom 17. August 2017 - AK 34/17, juris Rn. 6). Die Wirksamkeit der Unterstützungsleistung und deren Nützlichkeit müssen indes stets anhand belegter Fakten nachgewiesen sein (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Juli 2013 - AK 13 u.14/13, BGHSt 58, 318, 323 f.; vom 19. Oktober 2017 - AK 56/17, juris Rn. 18).
31
Fördert der Außenstehende die mitgliedschaftliche Beteiligung eines Mitglieds an der Vereinigung, so bedarf es für die Tathandlung des Unterstützens in der Regel nicht der Feststellung eines noch weitergehenden positiven Effekts der Handlungen des Nichtmitglieds für die Organisation. Da als Folge des Unterstützens ein irgendwie gearteter Vorteil für die Vereinigung ausreicht, liegt es nahe, dass bei einer Tätigkeit, die sich in der Sache als Beihilfe zur Beteiligung eines Mitglieds an der Vereinigung darstellt, grundsätzlich bereits hier- in ein ausreichender Nutzen für die Organisation zu sehen ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Täter die Erfüllung einer Aufgabe durch ein Mitglied fördert , die diesem von der Vereinigung aufgetragen worden ist, oder es in dessen Entschluss stärkt, die Straftaten zu begehen, die den Zwecken der terroristischen Vereinigung dienen oder ihrer Tätigkeit entsprechen (vgl. BGH, Urteile vom 25. Juli 1984 - 3 StR 62/84, aaO; vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, aaO S. 117 f.; Beschluss vom 11. Juli 2013 - AK 13 u. 14/13, aaO S. 326 f.).
32
b) Daran gemessen hat die Beschuldigte den IS auf der Grundlage der bisherigen Ermittlungsergebnisse nicht unterstützt, weder durch Förderung der Tätigkeit und der terroristischen Bestrebungen der Organisation als solcher noch durch Beihilfehandlungen zu etwaigen mitgliedschaftlichen Betätigungsakten des Mitbeschuldigten B. .
33
aa) Im Hinblick auf eine direkte Unterstützung des IS ist ein vereinigungsbezogener Vorteil des Handelns der Beschuldigten bislang nicht ersichtlich. Es fehlt an Anhaltspunkten dafür, dass sich ihr Verhalten zumindest mittelbar vorteilhaft auf die terroristischen Ziele oder Tätigkeiten der Vereinigung ausgewirkt hat. Allein ihre Anwesenheit und ihr alltägliches Zusammenleben mit dem Mitbeschuldigten B. im Herrschaftsgebiet des IS reichen dafür nicht aus. Dadurch hat sie die Organisation als solche weder von innen noch von außen her gefördert. Insoweit gelten die Ausführungen zur Mitgliedschaft der Beschuldigten in der Vereinigung entsprechend.
34
bb) Gleichermaßen fehlt es an tatsächlichen Hinweisen dafür, dass die Beschuldigte etwaige mitgliedschaftliche Betätigungshandlungen des Mitbeschuldigten B. konkret gefördert hat. Insoweit kann auf die Grundsätze der Beihilfe zurückgegriffen werden (BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2017 - StB 18/17, NStZ-RR 2018, 72, 74). Hier sind indes weder für physische noch für psychische Beihilfe ausreichende Anhaltspunkte ersichtlich.
35
Als mitgliedschaftliche Betätigung des Mitbeschuldigten B. , welche die Beschuldigte gefördert haben könnte, kommt nach Lage der Dinge allenfalls dessen Tätigkeit als Krankenpfleger in den vom IS verwalteten Krankenhäusern in Betracht. Es ist jedoch nicht erkennbar, dass die Beschuldigte ihn dabei physisch unterstützt hat. Den bisherigen Erkenntnissen zufolge beschränkte sich ihr Verhalten darauf, sich um den Haushalt zu kümmern und die für die gemeinsame Lebensführung erforderlichen Einkäufe zu erledigen. Ein sich daraus ergebender konkret wirksamer Vorteil in Bezug auf die Arbeiten, die B. als Krankenpfleger erbrachte, ist nicht erkennbar.
36
Auch eine psychische Unterstützung von B. bei seiner etwaigen mitgliedschaftlichen Betätigung ist nicht durch konkrete Fakten belegt. Insbesondere liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beschuldigte ihn in seinem Entschluss bestärkt haben könnte, sich dem IS anzuschließen und als Krankenpfleger in von der Organisation verwalteten Krankenhäusern zu arbeiten. Becker Spaniol Tiemann

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt.

(2) Eine Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.

(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden,

1.
wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat,
2.
wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder
3.
soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen.

(4) Der Versuch, eine in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 bezeichnete Vereinigung zu gründen, ist strafbar.

(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern der Vereinigung gehört. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Zweck oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet ist, in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, b, d bis f und h bis o, Nummer 2 bis 8 und 10 der Strafprozessordnung genannte Straftaten mit Ausnahme der in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe h der Strafprozessordnung genannten Straftaten nach den §§ 239a und 239b des Strafgesetzbuches zu begehen.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, von einer Bestrafung nach den Absätzen 1 und 4 absehen.

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter

1.
sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können;
erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 277/09
vom
3. Dezember 2009
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
_______________________________
1. Der Rahmenbeschluss des Rates der Europäischen Union vom 24. Oktober 2008
zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität führt nicht zu einer Änderung der
bisherigen Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Vereinigung im Sinne des
2. Verfolgen die Mitglieder einer Gruppierung durch koordiniertes Handeln nicht nur
kurzfristig ein gemeinsames Ziel, das über die Begehung der konkreten Straftaten
hinausgeht, auf welche die Zwecke oder Tätigkeit der Gruppe gerichtet sind, so
belegt dies regelmäßig den für eine Vereinigung im Sinne der §§ 129 ff. StGB notwendigen
übergeordneten Gemeinschaftswillen.
BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09 - LG Dresden
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
8. Oktober 2009 in der Sitzung am 3. Dezember 2009, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
Richter am Bundesgerichtshof
von Lienen,
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer,
Mayer
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten T. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten Peter W.
- nur in der Verhandlung vom 8. Oktober 2009 -,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten Tom W.
- nur in der Verhandlung vom 8. Oktober 2009 -,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten G.
- nur in der Verhandlung vom 8. Oktober 2009 -,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 6. August 2008 mit den Feststellungen aufgehoben mit Ausnahme des Teilfreispruchs der Angeklagten T. und Tom W. vom Vorwurf der Volksverhetzung ; jedoch werden die Feststellungen zu dem jeweiligen objektiven Tatgeschehen in den Fällen II. 1. bis 3. der Urteilsgründe bezüglich aller Angeklagten aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft wird verworfen.
2. Der Antrag des Angeklagten T. auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Ergänzung einer Verfahrensrüge wird zurückgewiesen.
3. Die Revisionen der Angeklagten T. sowie Tom und Peter W. gegen das vorgenannte Urteil werden verworfen. Diese Angeklagten haben die Kosten ihres jeweiligen Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten Tom W. der gefährlichen Körperverletzung in drei Fällen sowie die Angeklagten T. und Peter W. jeweils der gefährlichen Körperverletzung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Sachbeschädigung, schuldig gesprochen. Es hat folgende Jugendstrafen verhängt: gegen den Angeklagten Tom W. eine solche von drei Jahren und sechs Monaten, gegen den Angeklagten Peter W. eine solche von drei Jahren sowie gegen den Angeklagten T. eine solche von zwei Jahren, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Im Übrigen hat es die Angeklagten Tom W. und T. vom Vorwurf der Volksverhetzung sowie die Angeklagten G. und R. insgesamt freigesprochen. Mit ihrer zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten und vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision, die sich auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts stützt, wendet sich die Staatsanwaltschaft insbesondere dagegen, dass die Angeklagten nicht wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung verurteilt worden sind; das Rechtsmittel hat insoweit Erfolg. Der Angeklagte T. begehrt Wiedereinsetzung zur Ergänzung einer Verfahrensrüge und beanstandet ebenso wie die Angeklagten Tom und Peter W. die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Diese Rechtsmittel sind unbegründet.
2
A. Nach den Feststellungen des Landgerichts traf sich ab dem Jahre 2005 eine Gruppe politisch rechtsorientierter Jugendlicher aus M. , die sich den Namen "Division Sächsischer Sturm" gegeben hatte und zu der auch die Angeklagten gehörten. Im Herbst 2005 wurde eine Halle in einem Bauhof zum festen täglichen Treffpunkt. Man spielte Musik mit rechtsradikalen Texten und stattete die Räumlichkeiten u. a. mit Reichskriegsflaggen aus. Zwischen dieser Gruppe und anderen Personen in der Umgebung kam es häufig zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, wobei sich die Angriffe der Gruppenmitglieder bevorzugt gegen Punker, "Linke" und "Kiffer" richteten.
3
Anfang 2006 kam innerhalb der Gruppe die Idee auf, eine Kameradschaft zu gründen. Im Januar 2006 trafen sich etwa 20 ausgewählte Personen, darunter auch die Angeklagten Tom W. , T. und R. . Es wurde besprochen , dass die Kameradschaft einen Namen und ein Abzeichen bekommen sollte; man dachte auch über eine einheitliche Kleidung nach, um nach außen Geschlossenheit zu demonstrieren. Im Bauhof sollte Ordnung geschaffen und die Teilnahme an rechtsorientierten Veranstaltungen organisiert werden. Hauptziel der Kameradschaft war jedoch, M. durch die Schaffung einer sog. nationalbefreiten Zone "zeckenfrei" und "braun" zu machen. Dies bedeutete , dass gegen alle Personen, die keine rechtsorientierte politische Gesinnung hatten, mit Gewalt vorgegangen werden sollte. Der Angeklagte Tom W. beabsichtigte , ein "Sammelbecken von Nationalisten" zu schaffen, in dem er Hooligans und Skinheads zusammenführen wollte. Es sollten weiterhin sog. Skinheadkontrollrunden durchgeführt werden, bei denen die Teilnehmer nach missliebigen Personen Ausschau hielten. Wurden solche angetroffen, organisierte und formierte man eine größere Einheit und ging gewalttätig gegen sie vor. An diesen Aktionen sollten nach Möglichkeit alle im Bauhof anwesenden Männer teilnehmen.
4
Nach dieser Vorbesprechung entwickelte der Angeklagte G. nach Recherchen in der Geschichte des Nationalsozialismus den Namen "Kameradschaft Sturm 34". Am ersten Wochenende im März 2006 wurde eine der üblichen Zusammenkünfte im Bauhof spontan zur Gründungsveranstaltung genutzt. Neben anderen Personen hielt der Angeklagte G. eine Rede und erklärte den 30 bis 50 anwesenden Personen den vorherigen Absprachen ent- sprechend, wie eine Kameradschaft zu funktionieren habe, wie es zu dem Namen "Kameradschaft Sturm 34" komme und welche gemeinsamen Ziele verfolgt werden sollten. Die Anwesenden taten ihre Zustimmung kund und waren sich einig, dass damit die "Kameradschaft Sturm 34" gegründet war. Der Vorschlag , eine Mitgliederliste aufzulegen, wurde u. a. deshalb nicht umgesetzt, weil der Angeklagte R. einwandte, dass eine solche Liste im Falle polizeilicher Ermittlungen nachteilig wäre.
5
Der Angeklagte Tom W. nahm in der Folgezeit in der Gruppierung eine Anführerstellung ein. Er bildete mit den Angeklagten Peter W. , T. und G. sowie weiteren Personen den "harten Kern" der Kameradschaft. Die Beteiligten waren sich einig, dass ihre Ziele nur mittels Gewaltanwendung durchgesetzt werden konnten. Lediglich dem Angeklagten G. schwebte eine gewaltfreie Kameradschaft vor; er schied später aus der Gruppierung aus. Bei einer Veranstaltung am 27. Juni 2006 wurde ein Vorstand gewählt; dieser bestand aus dem Angeklagten Tom W. und drei weiteren Personen, unter denen sich mit H. auch ein weibliches Mitglied befand. Eine schriftliche Satzung wurde in der Folgezeit nicht niedergelegt, einheitliche Kleidung nicht angeschafft. Offizielle Regeln, nach denen die Entscheidungen getroffen werden sollten, wurden nicht aufgestellt. Man legte auch nicht ausdrücklich fest, wer als Mitglied der Kameradschaft anzusehen war. Die Teilnahme an den Aktionen gegen "Zecken" und andere war den im Bauhof Anwesenden freigestellt. Der Angeklagte Tom W. gab in der Regel den Ton an; seine Anweisungen wurden indes nicht allgemein akzeptiert. Der Austritt aus der Kameradschaft war ohne Weiteres möglich; auch das Ausscheiden des Angeklagten G. wurde ohne Diskussion hingenommen.
6
Dem Angeklagten R. waren die ständigen Gewalttaten zuwider; er fürchtete, es könnten Personen zu Tode kommen. Um dies zu verhindern, nahm er Kontakt zu den Polizeibehörden auf und verfasste als Informant Berichte über den Verband. Durch Verfügung vom 22. April 2007 verbot das Sächsische Staatsministerium des Innern die "Kameradschaft Sturm 34" und löste diese auf, weil ihre Zwecke und Tätigkeiten den Strafgesetzen zuwiderliefen und sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richteten.
7
Nach Gründung der "Kameradschaft Sturm 34" kam es zu folgenden Straftaten:
8
Am 12. Mai 2006, dem Himmelfahrtstag, stellten der Angeklagte Tom W. und der gesondert Verfolgte He. bei einer "Skinheadkontrollrunde" fest, dass sich an der Torfgrube M. eine Gruppe sog. Ökos aufhalte. Fast alle am Bauhof Anwesenden, darunter die Angeklagten Tom und Peter W. , machten sich daraufhin mit Handschuhen, die mit Quarzsand gefüllt waren, sowie Springerstiefeln auf den Weg zu der Torfgrube. Eingedenk entsprechender früherer Aktionen gingen sie in unausgesprochenem Einvernehmen davon aus, dass die dort befindliche Gruppe - bei der es sich um acht Schüler und Studenten handelte - zunächst gemeinsam provoziert und sodann gewaltsam vertrieben werden sollte. In Ausführung dieses Vorhabens schlugen und traten sie auf zwei Opfer ein; einem der beiden Jugendlichen wurde zudem eine Bierflasche in das Gesicht geschlagen. Nach der Rückkehr in den Bauhof wurde die Aktion gemeinsam ausgewertet (Fall II. 1. der Urteilsgründe).
9
In der Nacht vom 20. auf den 21. Mai 2006 nahmen zahlreiche Mitglieder der Kameradschaft, darunter alle Angeklagten, an einer Feier teil, bei der ein präpariertes Holzkreuz angezündet wurde. Danach begaben sie sich zu einer Tankstelle, um dort eine Schlägerei mit einer Gruppe junger Leute anzuzetteln. Der Angeklagte G. wollte sich an den Gewalttätigkeiten nicht beteiligen und blieb außerhalb des Tankstellengeländes zurück. Die Teilnahme des Ange- klagten R. an den Tätlichkeiten hat das Landgericht ebenfalls nicht festzustellen vermocht. Mehrere sonstige Mitglieder der Kameradschaft schlugen den Geschädigten K. zusammen und traten mit Springerstiefeln auf das am Boden liegende Opfer mit "wie beim Fußball ausgeführten Tritten" ein. Die Angeklagten T. und Peter W. beschädigten zudem einen PKW (Fall II. 2. der Urteilsgründe).
10
In der Nacht vom 3. zum 4. Juni 2006 fand in B. ein Dorffest statt. Unter den Gästen befanden sich auch drei Punker. Nach einem Streit wurde der Angeklagte Tom W. informiert, von dem bekannt war, dass man ihn jederzeit anrufen konnte, wenn es Probleme gab und man Verstärkung brauchte. Er befand sich auf dem Bauhof, wo sich schnell herumsprach, dass politisch Gleichgesinnte die "Kameraden vom Sturm 34" angefordert hatten. Mit mindestens sechs voll besetzten Fahrzeugen begaben sich die anwesenden Mitglieder der Kameradschaft, unter ihnen die Angeklagten Tom W. und T. , sodann nach B. , wo sie in militärischer Formation zum Festzelt zogen. Dort begannen sie eine Schlägerei, bei der elf Personen teilweise erheblich verletzt wurden. Nach dem Befehl "Geordneter Rückzug" entfernten sich die Täter, kehrten zum Bauhof nach M. zurück und werteten dort die Aktion aus (Fall II. 3. der Urteilsgründe).
11
B. Revision der Staatsanwaltschaft
12
I. Zum Umfang der Anfechtung des landgerichtlichen Urteils durch die Revision der Staatsanwaltschaft gilt:
13
Den Angeklagten ist u. a. vorgeworfen worden, eine Vereinigung gegründet zu haben, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet waren, Straftaten zu begehen, und sich an dieser Vereinigung als Mitglied beteiligt zu haben (§ 129 Abs. 1 StGB), wobei der Angeklagte Tom W. Rädelsführer (§ 129 Abs. 4 StGB) gewesen sein soll. Mit ihrer Revision beantragt die Staatsanwaltschaft , das angefochtene Urteil insgesamt aufzuheben. Ausweislich der Begründung richtet sich das Rechtsmittel dagegen, dass die Angeklagten nicht wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung verurteilt worden sind. Außerdem rügt die Beschwerdeführerin die Fassung des Urteilstenors , weil in diesem nicht zum Ausdruck gebracht werde, in wie vielen tateinheitlichen Fällen die jeweilige gefährliche Körperverletzung begangen worden sei. Sie meint, aus diesem Grunde sei auch die Strafzumessung rechtsfehlerhaft.
14
1. Die Staatsanwaltschaft wendet sich somit in der Sache trotz des umfassenden Aufhebungsantrags nicht gegen den Freispruch der Angeklagten Tom W. und T. vom Vorwurf der Volksverhetzung. Die hierin liegende Beschränkung der Revision ist wirksam; denn ein Rechtsmittel kann auf solche Beschwerdepunkte beschränkt werden, die losgelöst von dem nicht angegriffenen Teil der Entscheidung nach deren innerem Zusammenhang rechtlich und tatsächlich selbstständig geprüft und beurteilt werden können, ohne dass eine Prüfung des Urteils im Übrigen erforderlich ist (st. Rspr.; s. BGHSt 47, 32, 35 m. w. N.). Dies ist bei dem gegen die Angeklagten Tom W. und T. erhobenen Vorwurf der Volksverhetzung der Fall, weil es sich hierbei nicht um eine Straftat handelt, die in Verfolgung der Ziele der Vereinigung begangen wurde, und die deshalb zu dem in Rede stehenden De likt der Bildung einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB im Verhältnis der Tatmehrheit steht.
15
2. Die Staatsanwaltschaft erhebt zwar ebenfalls keine ausdrücklichen Einwände gegen den Freispruch des Angeklagten R. von dem Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Landfriedensbruch im Fall II. 2.
der Urteilsgründe. Insoweit kommt eine wirksame Beschränkung der Revision jedoch nicht in Betracht; denn zwischen der mitgliedschaftlichen Beteiligung des Angeklagten R. an einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB und den im Fall II. 2. der Urteilsgründe angeklagten Delikten wäre Tateinheit im Sinne des § 52 StGB anzunehmen (vgl. BGHSt 29, 288, 290; BGH NStZ 1982, 517, 518). Bei tateinheitlich begangenen Straftaten ist eine beschränkte Nachprüfung des Schuldspruchs grundsätzlich nicht möglich (BGHSt 21, 256, 258; 24, 185, 189). Die Besonderheiten des § 129 StGB als Organisationsdelikt, das über lange Zeiträume ganz verschiedene Verhaltensweisen zu einer materiellrechtlichen Einheit zusammenfasst, führen jedenfalls in der hier vorliegenden Fallkonstellation nicht zu einer anderen Bewertung.
16
Es kann dahinstehen, ob der Umstand, dass die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB und schwerer wiegende Straftaten trotz der Annahme materiellrechtlicher Tateinheit unter besonderen verfahrensrechtlichen Voraussetzungen einer getrennten Aburteilung zugänglich sind (BGHSt 29, 288, 292 ff.; BGH StV 1999, 352, 353), es rechtfertigen kann, eine Beschränkung der Revision auf in Tateinheit mit dem Organisationsdelikt stehende schwerere Straftaten als wirksam anzusehen (Paul in KK 6. Aufl. § 318 Rdn. 6 a; zur Zulässigkeit der Revisionsbeschränkung auf einen Freispruch vom Vorwurf der Vergewaltigung, wenn diese mit dem Dauerdelikt der Zuhälterei tateinheitlich zusammentrifft, s. BGHSt 39, 390). Dagegen könnte sprechen, dass sich der Schuldumfang des Organisationsdelikts ohne Berücksichtigung der damit im Zusammenhang begangenen Taten nicht beurteilen lässt und umgekehrt (Gössel in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 318 Rdn.

66).

17
Dies bedarf indes keiner näheren Betrachtung. Denn eine wirksame Rechtsmittelbeschränkung käme danach allenfalls in Bezug auf ein mit dem Organisationsdelikt in Tateinheit stehendes schwereres Delikt in Betracht, dessen Strafklage mit der Aburteilung des Organisationsdelikts nicht verbraucht wäre. Im vorliegenden Fall steht aber nicht die Wirksamkeit der Beschränkung der Revision auf ein gewichtigeres, mit dem Organisationsdelikt in Tateinheit stehendes weiteres Delikt in Rede; denn die Staatsanwaltschaft greift mit ihrem Rechtsmittel nicht einen Freispruch vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Landfriedensbruch, sondern die unterbliebene Verurteilung wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung an. Die Beschränkung der Revision auf dieses Organisationsdelikt scheidet aus. Denn anders als im umgekehrten Fall wäre insoweit die Strafklage durch die Aburteilung des tateinheitlich verwirklichten schwereren Delikts verbraucht; damit entfällt der wesentliche Gesichtspunkt, der für die Wirksamkeit der Rechtsmittelbeschränkung auf das in Tateinheit mit dem Organisationsdelikt gewichtigere Delikt sprechen könnte.
18
3. Aus denselben Gründen umfasst das Rechtsmittel schließlich auch den Schuldspruch der Angeklagten T. sowie Tom und Peter W. wegen gefährlicher Körperverletzung in den drei Fällen II. 1. bis 3. der Urteilsgründe (vgl. BGHR StGB § 129 Konkurrenzen 1). Auch diese Straftaten stünden in Tateinheit mit dem Organisationsdelikt nach § 129 StGB. Damit steht ebenfalls die unterbliebene Verurteilung dieser Angeklagten in Bezug auf den Anklagevorwurf jeweils tateinheitlich mit den gefährlichen Körperverletzungen begangenen Landfriedensbruchs zur revisionsgerichtlichen Überprüfung.
19
II. Das Rechtsmittel hat Erfolg, soweit das Landgericht die Angeklagten nicht wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung verurteilt hat. Die Wertung des Landgerichts, nach den - rechtsfehlerfrei getroffenen - Feststellungen seien die Voraussetzungen einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB nicht gegeben, hält sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Vielmehr ist die "Kameradschaft Sturm 34" nach den Feststellungen als kriminelle Vereinigung in diesem Sinne anzusehen. Im Einzelnen:
20
1. Die Strafkammer stützt ihre Beurteilung maßgeblich auf folgende Erwägungen :
21
Die Angeklagten hätten sich zwar mit anderen zu der "Kameradschaft Sturm 34" zusammengeschlossen, um einen Zusammenhalt herzustellen und ihre politische Gesinnung mittels der Begehung von Straftaten durchzusetzen. Die Kameradschaft sei jedoch allenfalls als Bande, nicht aber als kriminelle Vereinigung zu bezeichnen. Es habe an verbandsinternen Entscheidungsstrukturen zur Herausbildung eines Gruppenwillens gefehlt, dem sich die Mitglieder verbindlich zu unterwerfen gehabt hätten. Auch die Wahl eines Vorstandes ändere hieran nichts, zumal mit H. auch ein weibliches Vorstandsmitglied gewählt worden sei. Dies deute darauf hin, dass dieser Akt nicht in Verbindung mit den aus der Gruppe heraus begangenen Straftaten stehe; denn grundsätzlich sollten Mädchen in gewaltsame Aktionen nicht einbezogen werden. Eine Satzung sei zwar geplant gewesen, bis zu der Verbotsverfügung jedoch nicht konkret in Angriff genommen worden. Auch der Umstand, dass innerhalb der Kameradschaft eine gewisse Hierarchie erkennbar gewesen sei, kennzeichne die Gruppierung allenfalls als Bande. Trotz der genannten Strukturen habe sich das Kameradschaftsleben eher zwanglos gestaltet; es habe keine Mitgliedschaftsliste, Mitgliedsbeiträge, feste Veranstaltungstermine, Teilnahmepflichten , Verpflichtung zur einheitlichen Kleidung oder Tätowierung und insbesondere keine Verpflichtung gegeben, sich an den durchgeführten konkreten Straftaten zu beteiligen. Auch der "harte Kern" der Gruppe sei nicht als kriminelle Vereinigung aufgetreten.
22
2. Mit dieser Bewertung hat das Landgericht die Frage, ob die "Kameradschaft Sturm 34" die Voraussetzungen einer kriminellen Vereinigung erfüllt, zumindest teilweise unter Heranziehung von Kriterien beurteilt, die für das Bestehen einer Vereinigung keine bzw. allenfalls eine untergeordnete Bedeutung haben. Außerdem hat es festgestellte, für das Bestehen einer Vereinigung sprechende Umstände nicht in seine Würdigung einbezogen. Damit hat sich die Strafkammer insgesamt den Blick dafür verstellt, welche Tatsachen für das Bestehen einer kriminellen Vereinigung relevant sind, und damit den festgestellten Sachverhalt rechtsfehlerhaft gewertet.
23
a) Das Vorliegen einer Vereinigung hängt nach bisher in der Rechtsprechung gebräuchlicher Definition von verschiedenen personellen, organisatorischen , voluntativen sowie zeitlichen Kriterien ab. Als Vereinigung im Sinne der §§ 129 ff. StGB ist danach der auf eine gewisse Dauer angelegte, freiwillige organisatorische Zusammenschluss von mindestens drei Personen zu verstehen , die bei Unterordnung des Willens des Einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame Zwecke verfolgen und unter sich derart in Beziehung stehen, dass sie sich untereinander als einheitlicher Verband fühlen (st. Rspr.; zuletzt BGH NJW 2009, 3448, 3459, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt; s. auch BGHSt 28, 147; 31, 202, 204 f.; 31, 239 f.; 45, 26, 35; BGH NJW 2005, 1668; 2006, 1603; BGHR StGB § 129 Vereinigung 3).
24
Der Senat hält - mit gewissen Modifikationen beim Willenselement - an dieser Bestimmung des Begriffs der Vereinigung für den Tatbestand der Bildung krimineller Vereinigungen nach § 129 StGB fest.
25
aa) Der Begriff der kriminellen bzw. terroristischen Vereinigung wird in mehreren europarechtlichen Regelungen näher definiert (vgl. etwa Art. 1 der bis zum 10. November 2008 gültigen Gemeinsamen Maßnahme des Rates der Eu- ropäischen Union vom 21. Dezember 1998, ABl. EG 1998 Nr. L 351 S. 1; Art. 1 des Rahmenbeschlusses des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität, ABl. EG 2008 Nr. L 300 S. 42; Art. 2 Abs. 1 Satz 1 des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung , ABl. EG 2002 Nr. L 164 S. 3, geändert durch den Rahmenbeschluss des Rates vom 28. November 2008, ABl. EG 2008 Nr. L 330 S. 21; jeweils i. V. m. EUV-Lissabon, Art. 9 des Protokolls Nr. 36 über die Übergangsbestimmungen ). Vor dem Hintergrund der dortigen Umschreibungen wird in der Literatur insbesondere für die terroristische Vereinigung (§§ 129 a, 129 b StGB) teilweise die Auffassung vertreten, der bisher verwendete Vereinigungsbegriff sei "europarechtsfreundlich" zu interpretieren; deshalb sei er dahin zu modifizieren, dass die Anforderungen an die organisatorischen und voluntativen Voraussetzungen herabgesetzt werden (Krauß in LK 12. Aufl. § 129 a Rdn. 26; Kress JA 2005, 220; v. Heintschel-Heinegg in FS für Schroeder S. 799; krit. Rudolphi/Stein in SK-StGB § 129 Rdn. 6 b). Diese Auffassung ist von den Instanzgerichten teilweise übernommen worden (OLG Düsseldorf, Urt. vom 5. Dezember 2007 - IIIVI 10/05).
26
bb) Der Senat hat eine derartige Neubestimmung des Vereinigungsbegriffs für den Bereich der terroristischen Vereinigung ebenfalls zunächst grundsätzlich in den Blick genommen, ohne sich indes im Einzelnen hierzu zu verhalten (BGH NJW 2006, 1603). Insbesondere für die kriminelle Vereinigung im Sinne des § 129 StGB hat er jedoch vor dem Hintergrund des abgestuften Systems der Strafbarkeit von Tatvollendung, Versuch und Vorbereitungshandlung, der erforderlichen Abgrenzbarkeit der Vereinigung von einer Bande oder nur mittäterschaftlichen Zusammenschlüssen, der prozessualen Folgewirkungen sowie des Strafzwecks der §§ 129 ff. StGB in späteren Entscheidungen erhebliche Bedenken geäußert (BGHR StGB § 129 Vereinigung 3; s. auch für die terroristische Vereinigung BGH NJW 2009, 3448, 3460; zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt). Der vorliegende Fall gibt Anlass klarzustellen, dass es für den hier relevanten Begriff der kriminellen Vereinigung im Sinne des § 129 StGB für alle in Betracht kommenden Gruppierungen einheitlich bei der bisher in der Rechtsprechung gebräuchlichen Definition der Vereinigung zu verbleiben hat. Hierzu gilt:
27
Nach Art. 1 Ziffer 1 des Rahmenbeschlusses des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität (ABl. EG 2008 Nr. L 300 S. 42) bezeichnet der Ausdruck kriminelle Vereinigung einen auf Dauer angelegten organisierten Zusammenschluss von mehr als zwei Personen, die, um sich unmittelbar oder mittelbar einen finanziellen oder sonstigen materiellen Vorteil zu verschaffen, in Verabredung handeln, um Straftaten zu begehen, die mit einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung im Höchstmaß von mindestens vier Jahren oder einer schwereren Strafe bedroht sind. Art. 1 Ziffer 2 des Rahmenbeschlusses umschreibt einen organisierten Zusammenschluss in diesem Sinne als einen Zusammenschluss, der nicht zufällig zur unmittelbaren Begehung eines Verbrechens gebildet wird und der auch nicht notwendigerweise förmlich festgelegte Rollen für seine Mitglieder , eine kontinuierliche Mitgliedschaft oder eine ausgeprägte Struktur hat.
28
Diese Begriffsbestimmungen können nicht unmittelbar für die §§ 129 ff. StGB übernommen werden. Zwar sind bei der Auslegung des deutschen Rechts auch die in Rahmenbeschlüssen des Rates der Europäischen Union enthaltenen Vorgaben grundsätzlich zu berücksichtigen; denn die nationalen Gerichte haben ihre Auslegung des innerstaatlichen Rechts auch an deren Wortlaut und Zweck auszurichten (Grundsatz der gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung, s. EuGH NJW 2005, 2839 - Pupino). Diese Verpflichtung der nationalen Gerichte besteht jedoch nicht uneingeschränkt; sie wird vielmehr durch die allgemeinen Rechtsgrundsätze und insbesondere durch den Grund- satz der Rechtssicherheit und das Rückwirkungsverbot begrenzt (EuGH aaO S. 2841). Einer Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Vereinigung im Sinne der §§ 129 ff. StGB, die sich an den zitierten Begriffsbestimmungen des Rahmenbeschlusses orientiert, stehen derartige allgemeine Rechtsgrundsätze des deutschen Strafrechts entgegen:
29
Die Übertragung der Definition einer kriminellen Vereinigung in Art. 1 des Rahmenbeschlusses vom 24. Oktober 2008 in das nationale Recht würde zu einem unauflösbaren Widerspruch zu wesentlichen Grundgedanken des Systems der Strafbarkeit mehrerer zusammenwirkender Personen führen, auf dem das deutsche materielle Strafrecht beruht. Die Umschreibung einer kriminellen Vereinigung nach Art. 1 des Rahmenbeschlusses vom 24. Oktober 2008 unterscheidet sich in ihrem inhaltlichen Gehalt allenfalls nur noch in unwesentlichen Randbereichen von derjenigen einer Bande, wie sie in der neueren Rechtsprechung (BGHSt 46, 321) vorgenommen wird. Eine Bande ist danach gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von mindestens drei Personen, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbstständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen; ein gefestigter Bandenwille und ein Tätigwerden in einem übergeordneten Bandeninteresse sind demgegenüber nicht mehr erforderlich (BGHSt 46, 321, 325 ff.). Nach deutschem Recht ist indes allein die Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar; vielmehr führt das Handeln als Bandenmitglied (lediglich) dazu, dass der Täter nicht nur einen strafrechtlichen Grundtatbestand erfüllt, sondern ein Qualifikationsmerkmal (s. etwa § 146 Abs. 2, § 244 Abs. 1 Nr. 2, § 244 a Abs. 1, § 250 Abs. 1 Nr. 2, § 263 Abs. 5, § 267 Abs. 4 StGB, § 30 Abs. 1 Nr. 1, § 30 a Abs. 1 BtMG) bzw. ein Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall (s. etwa § 263 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, § 267 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, § 303 b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 StGB) verwirklicht. Die Mitgliedschaft in einer Bande ist deshalb kein strafbegründendes, sondern ein strafschärfendes Merkmal. Demgegenüber stellt § 129 Abs. 1 StGB mit Blick auf vereinigungsspezifische Gefährdungen gewichtiger Rechtsgüter bereits u. a. die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung als solche unter Strafe. Dieser grundlegende Unterschied ginge bei einer Übernahme des europarechtlichen Begriffs der kriminellen Vereinigung verloren, denn in diesem Fall wäre bereits die Mitgliedschaft in einer Gruppierung strafbar, die lediglich die Voraussetzungen einer Bande erfüllt.
30
Hieraus und aus den weiteren, bereits in den Entscheidungen des Senats vom 20. Dezember 2007 (BGHR StGB § 129 Vereinigung 3) sowie 14. August 2009 (BGH NJW 2009, 3448, 3460) näher dargelegten Gründen folgt, dass eine "europarechtsfreundliche" Modifikation des bisherigen Begriffs der kriminellen Vereinigung durch die Rechtsprechung nicht möglich ist. Sie wäre vielmehr allein Sache des Gesetzgebers (für die kriminelle Vereinigung im Ergebnis ebenso Krauß aaO § 129 Rdn. 49), der bei einer Neuregelung allerdings auch dafür Sorge zu tragen hätte, dass das deutsche materielle Strafrechtsgefüge insgesamt in sich stimmig bleibt.
31
b) Nach den Feststellungen ist nicht zweifelhaft, dass sich in der "Kameradschaft Sturm 34" mindestens drei Personen für eine gewisse Dauer zusammenschlossen und somit die Anforderungen an eine Vereinigung in personeller und zeitlicher Hinsicht erfüllt sind.
32
c) Zu den maßgebenden Gesichtspunkten bezüglich der Organisation der "Kameradschaft Sturm 34" gilt:
33
aa) Eine Vereinigung ist in struktureller Hinsicht dadurch gekennzeichnet, dass ein Mindestmaß an fester Organisation mit einer gegenseitigen Verpflichtung der Mitglieder besteht (BGHSt 31, 202, 206; 31, 239, 242). Diese innere Organisation muss so stark sein, dass sich die Durchsetzung der Ziele der Ver- einigung nach bestimmten Gruppenregeln vollzieht und der individuelle Gestaltungseinfluss des Einzelnen dahinter zurücktritt. Die Straftaten und Aktionen, die von den Mitgliedern der Vereinigung geplant und begangen werden, müssen vor diesem Hintergrund stattfinden. Erforderlich ist dabei ein mitgliedschaftliches Zusammenwirken zu einem gemeinsamen Zweck mit verteilten Rollen und einer abgestimmten, koordinierten Aufgabenverteilung (BGH NJW 1992, 1518).
34
bb) Diese Voraussetzungen sind nach den Feststellungen gegeben; diesen ist zu entnehmen, dass innerhalb der "Kameradschaft Sturm 34" eine ausreichende organisatorische Struktur vorhanden war, um die gemeinsam verfolgten Ziele - Schaffung einer "national-befreiten Zone" in der Gegend um M. usw. - zu verwirklichen (zu den für einen ausreichenden organisatorischen Zusammenschluss sprechenden Indizien zusammenfassend Krauß aaO § 129 Rdn. 25 m. w. N.).
35
Die Mittel, deren sich die Mitglieder der Kameradschaft hierfür bedienen wollten, waren von Beginn an festgelegt. Insbesondere die Durchführung der sog. Skinheadkontrollrunden und gegebenenfalls die sich unmittelbar an diese anschließenden Aktionen gegen missliebige Personen erforderten ein beachtliches Maß an Koordination zwischen den Beteiligten. Auch die mit einem nicht unerheblichen logistischen Aufwand verbundene Art und Weise, in der die konkreten Straftaten begangen wurden, belegt eine intensive vorherige Abstimmung zwischen den Mitgliedern der Organisation (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 300, 301). In dem Bauhof war ein ständiger Gruppentreff und damit ein räumlicher Fixpunkt eingerichtet (Krauß aaO § 129 Rdn. 25), von dem die gewalttätigen Aktionen ausgingen und zu dem die Teilnehmer an den konkreten Straftaten nach deren Begehung jeweils zurückkehrten. Die dort sodann - jedenfalls in den Fällen II. 1. und 3. der Urteilsgründe - vorgenommene gemeinsame Aus- wertung der gewalttätigen Aktionen lässt ein bemerkenswertes Maß an Planung und personeller Geschlossenheit erkennen; sie ist deshalb ebenfalls ein gewichtiges Indiz für den organisatorischen Zusammenhalt der Gruppenmitglieder. Hinzu kommt, dass die Bestimmung der Ziele der Gruppe und der zu deren Erreichung eingesetzten Mittel auf einer gemeinsamen politisch-ideologischen Grundhaltung der Beteiligten beruhte (vgl. zu diesem Kriterium auch den Sachverhalt , welcher der Entscheidung BGHSt 41, 47 zugrunde liegt). Die Mitglieder der "Kameradschaft Sturm 34" einte eine politisch im extrem rechten Bereich zu verortende Überzeugung, welche Grundlage der Straftaten war, auf deren Begehung die Gruppierung gerichtet war. All diese Umstände belegen einen hohen Organisationsgrad der Gruppierung, der den Anforderungen genügt, die in organisationsspezifischer Hinsicht an eine Vereinigung zu stellen sind.
36
d) Auch das erforderliche Willenselement der Vereinigung liegt nach den Feststellungen vor:
37
aa) Nach bisher ständiger Rechtsprechung ist wesentlich für eine Vereinigung die subjektive Einbindung der Beteiligten in die kriminellen Ziele der Organisation und in deren entsprechende Willensbildung unter Zurückstellung individueller Einzelmeinungen. Innerhalb der Vereinigung müssen deshalb grundsätzlich bestimmte, von ihren Mitgliedern anerkannte Entscheidungsstrukturen bestehen; dieser organisierten Willensbildung müssen sich die Mitglieder als für alle verbindlich unterwerfen. Der bloße Wille mehrerer Personen, gemeinsam Straftaten zu begehen, verbindet diese noch nicht zu einer kriminellen Vereinigung , weil der Wille des Einzelnen maßgeblich bleibt und die Unterordnung unter einen Gruppenwillen unterbleibt. Die Art und Weise der Willensbildung ist allerdings gleichgültig; maßgeblich ist allein, dass sie von den Mitgliedern der Vereinigung übereinstimmend anerkannt wird. Die für alle Mitglieder verbindlichen Regeln können etwa dem Demokratieprinzip entsprechen oder auf dem Prinzip von Befehl und Gehorsam aufgebaut sein. Die Annahme einer Vereinigung scheidet indes aus, wenn die Mitglieder einer Gruppierung sich nur jeweils der autoritären Führung einer Person unterwerfen, ohne dass dies vom Gruppenwillen abgeleitet wird (BGHSt 31, 239, 240; 45, 26, 35; BGH NJW 1992, 1518; 2009, 3448, 3460, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt).
38
Der Bundesgerichtshof hat in Anwendung dieser Grundsätze in mehreren , vor allem im Bereich des Wirtschaftsstrafrechts ergangenen Entscheidungen hohe Anforderungen an die tatrichterlichen Feststellungen hinsichtlich des Zustandekommens des Gruppenwillens in einer Vereinigung gestellt und auf dieser Grundlage den jeweiligen Urteilsgründen ausreichende Tatsachen, die das voluntative Element einer Vereinigung belegen, nicht zu entnehmen vermocht (vgl. etwa BGHSt 31, 202; BGHR StGB § 129 Gruppenwille 3; BGH NJW 1992, 1518; NStZ 2004, 574; 2007, 31). Der Senat hat allerdings in Entscheidungen zum Staatsschutzstrafrecht im engeren Sinne im Hinblick auf die zugrunde liegenden besonderen, für den Staatsschutzbereich typischen Fallgestaltungen auch weniger detaillierte tatrichterliche Feststellungen zur Art und Weise der Willensbildung innerhalb einer Organisation als ausreichend bewertet. So hat er etwa in dem Urteil vom 10. März 2005 (NJW 2005, 1668), welches die Strafbarkeit der Mitglieder einer Musikgruppe zum Gegenstand hatte, die auf die Veröffentlichung von Liedern mit Texten strafbaren Inhalts ausgerichtet war, ausgeführt, das Tatgericht habe zwar nicht festgestellt, dass sich die Angeklagten verbindliche Regeln gegeben hätten, nach denen sämtliche Entscheidungen innerhalb der Gruppe zu treffen gewesen seien. Dies sei indessen auch nicht erforderlich gewesen; denn aus dem erfolgreichen Zusammenwirken über mehrere Jahre ergebe sich ohne Weiteres, dass sich jedes einzelne Gruppenmitglied dem vom gemeinsamen Willen getragenen Ziel untergeordnet haben müsse (BGH aaO S. 1670). In seinem Beschluss vom 28. November 2007 (NJW 2008, 86), bei dem es um politisch motivierte Brandstiftungen ging, hat er darauf hingewiesen, dass zwar die inneren Strukturen der Gruppe nicht aufgedeckt seien. Der Inhalt der veröffentlichten Schriften zeige jedoch hinreichend deutlich, dass die Mitglieder der Gruppe ihre Aktivitäten an den ideologischen Vorgaben und der daraus entwickelten Strategie der Organisation ausrichteten und sich somit dem aus der internen Meinungsbildung entspringenden Gruppenwillen unterordneten (BGH aaO S. 87). In dem Urteil vom 14. August 2009 (NJW 2009, 3448, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt) hat der Senat auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen die Al Qaida als Vereinigung im Sinne der §§ 129 a, 129 b StGB gewürdigt. Bei der Bewertung des Willenselements hat er u. a. darauf abgestellt, deren Mitglieder hätten im dortigen Tatzeitraum die gemeinsame politisch-ideologische Grundhaltung des gewaltbereiten extremistischen Islamismus geteilt. Die Gruppierung habe mit dem "Jihad gegen Juden und Kreuzzügler" bis zur Zerstörung der USA und ihrer Verbündeten über eine über den bloßen Zweckzusammenhang der Vereinigung hinausreichende , von allen Mitgliedern getragene Zielsetzung verfügt.
39
bb) An der in diesen Entscheidungen zum Ausdruck kommenden Tendenz , bei der Beurteilung des notwendigen voluntativen Elements der Vereinigung den Schwerpunkt der Betrachtung weniger auf die Regeln zu legen, nach denen sich die Willensbildung vollzieht, vielmehr vor allem die Zielsetzung der Vereinigung und den Gemeinschaftswillen selbst in den Blick zu nehmen, hält der Senat fest; er präzisiert diesen Ansatz wie folgt:
40
Verfolgen die Mitglieder der Organisation nicht nur kurzfristig ein gemeinsames Ziel, das über die Begehung der konkreten Straftaten hinausgeht, auf welche die Zwecke oder Tätigkeit der Gruppe gerichtet sind, und handeln sie hierbei - etwa im Rahmen der Vorbereitung oder der Verwirklichung dieser Straftaten - koordiniert zusammen, so belegt dies regelmäßig für sich bereits hinreichend, dass innerhalb des Verbands der für eine Vereinigung im Sinne der §§ 129 ff. StGB notwendige übergeordnete Gemeinschaftswille besteht und von den Mitgliedern anerkannt wird; denn die nachhaltige, aufeinander abgestimmte gemeinsame Verfolgung einer derartigen übergeordneten Zielsetzung ist in der Regel nur dann möglich, wenn die Mitglieder der Gruppierung sich unter Zurückstellung ihrer individuellen Einzelmeinungen einem auf die Erreichung des gemeinsamen Ziels gerichteten Gruppenwillen unterordnen. In diesen Fällen ist das Bestehen ausdrücklicher, verbindlicher Regeln, nach denen die Entscheidungen innerhalb der Gruppierung zu treffen sind, für das voluntative Element der Vereinigung nicht konstitutiv; deshalb erübrigen sich nähere Feststellungen dazu, auf welche formale Art und Weise der gemeinschaftliche Wille gebildet wird. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Sachverhalt ausnahmsweise Besonderheiten aufweist, die aus der Verfolgung des gemeinsamen übergeordneten Ziels keinen ausreichenden Schluss auf die Existenz eines den individuellen Interessen der Einzelnen vorgehenden Gemeinschaftswillens zulassen.
41
Dieses Verständnis ergibt sich insbesondere aus einer an Sinn und Zweck des § 129 StGB orientierten Auslegung des Vereinigungsbegriffs; denn vor dem Hintergrund des Normzwecks der Vereinigungsdelikte kommt es - jedenfalls in den Fällen, in denen die Mitglieder der Organisation eine über den bloßen Zweckzusammenhang der Vereinigung hinausreichende Zielsetzung verfolgen - wesentlich auf die Existenz dieses Gemeinschaftswillens, nicht aber darauf an, nach welchen verbindlichen Regeln sich die Willensbildung im Einzelfall vollzieht. § 129 StGB soll die erhöhte kriminelle Intensität erfassen, die in der Gründung oder Fortführung einer ausreichend festgefügten Organisation ihren Ausdruck findet und die kraft der ihr innewohnenden Eigendynamik eine erhöhte Gefährlichkeit für wichtige Rechtsgüter der Gemeinschaft mit sich bringt (BGHSt 31, 202, 207; 41, 47, 51). Diese für größere Personenzusammenschlüsse typische Eigendynamik hat ihre besondere Gefährlichkeit darin, dass sie geeignet ist, dem einzelnen Beteiligten die Begehung von Straftaten zu erleichtern und bei ihm das Gefühl persönlicher Verantwortung zurückzudrängen (BGHSt 28, 147, 148 f.; BGH NJW 1992, 1518). Für die so verstandene spezifisch vereinigungsbezogene Gefährlichkeit ist die konkrete Ausgestaltung der Art und Weise der Bildung des gemeinschaftlichen Willens jedenfalls in den Fallgestaltungen ohne erheblichen Belang, in denen die in Rede stehende Eigendynamik vor allem dadurch in Gang gesetzt werden kann, dass die Beteiligten sich in der Verfolgung eines gemeinsamen Zieles verbunden fühlen. Dies rechtfertigt es, in den Fällen, in denen die Beteiligten sich zusammengeschlossen haben und tätig werden, um ein über die Begehung konkreter Straftaten hinausgehendes Ziel zu erreichen, regelmäßig vom Bestehen eines für die Qualifikation des Zusammenschlusses als Vereinigung im Sinne des § 129 StGB ausreichenden Gruppenwillen auszugehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Beteiligten bereits eine längere Zeit zusammengewirkt und sich dabei Verhaltensmuster herausgebildet haben, die einen jeweils neuen ausdrücklichen Prozess zur Bildung eines Gemeinschaftswillens - etwa im Zusammenhang mit der Vorbereitung oder Begehung vereinigungsspezifischer Straftaten - entbehrlich machen.
42
Ein derartiges übergeordnetes Ziel verfolgen die Mitglieder einer Gruppierung typischerweise etwa in den Fällen politisch, ideologisch, religiös oder weltanschaulich motivierter Kriminalität. Solche Fallgestaltungen erscheinen jedoch darüber hinaus auch im Bereich der Wirtschaftskriminalität denkbar. Dort wird es indes regelmäßig an der Verfolgung eines übergeordneten gemeinschaftlichen Ziels fehlen; denn bei Wirtschaftsstraftaten steht typischerweise das persönliche Gewinnstreben des einzelnen Täters im Vordergrund. In diesen Fällen sind die hergebrachten Grundsätze zur Feststellung des Gruppenwillens weiterhin maßgebend; deshalb sind hier nach wie vor Feststellungen dazu erforderlich , nach welchen Regeln sich der gemeinschaftliche Wille der Gruppie- rung bildet, denen die einzelnen Mitglieder folgen, weil sie sie als verbindlich ansehen. Aus den dargelegten Gründen kommt es auch vor dem Hintergrund der Regelungen in dem Rahmenbeschluss des Rates vom 24. Oktober 2008, der ersichtlich vor allem wirtschaftskriminelle Gruppierungen in den Blick nimmt, nicht in Betracht, die inhaltlichen Anforderungen an eine kriminelle Vereinigung speziell für diesen Bereich zu mindern. Es verstieße im Übrigen gegen fundamentale Auslegungsgrundsätze, wollte man das Tatbestandsmerkmal der kriminellen Vereinigung abhängig von den tatsächlichen Feststellungen zu den Zielsetzungen des Personenzusammenschlusses unterschiedlich interpretieren; der Begriff der kriminellen Vereinigung kann deshalb nur insgesamt einheitlich verstanden werden.
43
cc) Auch wenn man in den Fällen der koordinierten Verfolgung eines übergeordneten Ziels durch die Gruppenmitglieder bei der Bewertung des Willenselements der Vereinigung maßgeblich auf die Existenz eines Gruppenwillens als solchen und nicht auf die Art seines Zustandekommens abstellt, unterscheidet sich die Vereinigung hinreichend sicher von anderen Formen des strafbaren Zusammenwirkens mehrerer.
44
Dies gilt zunächst im Verhältnis zu der Begehung von Straftaten durch die Mitglieder einer Bande. Der Senat verkennt nicht, dass bei einer Herleitung des maßgebenden Gemeinschaftswillens aus der gemeinsamen Verfolgung eines übergeordneten Ziels wesentlich auf ein tatsächliches Element abgestellt wird, das Ähnlichkeiten zu dem übergeordneten Interesse aufweist, welches die frühere Rechtsprechung als für eine Bande konstitutives Merkmal angesehen hatte (BGHSt 42, 255, 259; BGH NStZ 1997, 90, 91; BGHR BtMG § 30 a Bande 8). Mit diesem Erfordernis war die Bandentat allerdings ohnehin bereits in die Nähe des Organisationsdelikts nach § 129 StGB gerückt worden (BGHSt 46, 321, 327). Entscheidend ist jedoch, dass - wie bereits aufgezeigt - nach neue- rem Verständnis der Rechtsprechung ein derartiges übergeordnetes Interesse für eine Bande nicht mehr notwendig ist. Die Mitglieder einer Bande können - und werden regelmäßig - ihre eigenen Interessen an einer risikolosen und effektiven Tatausführung sowie Beute- und Gewinnerzielung verfolgen (BGHSt 46, 321, 329 f.). Gerade hierin besteht - auch nach dem dargelegten Verständnis des Senats - neben den bedeutend geringeren Anforderungen an die Organisation der Gruppierung ein weiterer wesentlicher Unterschied zu einer Vereinigung.
45
Die Abgrenzung zu mittäterschaftlichem Zusammenwirken ist ebenfalls weiterhin trennscharf möglich; denn diese ist von einem gemeinsamen Willen mehrerer Personen zur Tat und einer gemeinsamen Tatherrschaft gekennzeichnet. Darüber hinaus muss keines der für eine Vereinigung konstitutiven Elemente vorliegen (Miebach/Schäfer in MünchKomm-StGB § 129 a Rdn. 35).
46
dd) Gemessen an den dargelegten Maßstäben wird hier der erforderliche Gruppenwille durch die Feststellungen hinreichend belegt. Die Mitglieder der "Kameradschaft Sturm 34" verfolgten ein von einem gemeinschaftlichen Bestreben getragenes Ziel, das über die Begehung der einzelnen strafbaren Gewalttätigkeiten hinausging; sie einte das in gemeinsamer rechtsgerichteter politisch -ideologischer Überzeugung wurzelnde, von übereinstimmenden Vorstellungen getragene Vorhaben, M. und Umgebung durch die Vertreibung politisch Andersdenkender "zeckenfrei" und "braun" zu machen. Die Umsetzung dieses Ziels durch die Begehung gewalttätiger Straftaten war ebenfalls vom Gruppenwillen umfasst, ohne dass es insoweit einer jeweils ausdrücklichen Form des Willensbildungsprozesses bedurfte. Die Mitglieder der "Kameradschaft Sturm 34" wirkten planvoll und zielgerichtet zusammen; ihr bereits längere Zeit vor der Gründung der Kameradschaft und nach diesem Zeitpunkt praktiziertes Vorgehen gegen missliebige Personen folgte einem einge- schliffenen Verhaltensmuster. Dies belegt ein nicht unbeträchtliches Maß an gemeinschaftlicher Willensbildung, der sich die einzelnen Mitglieder der Gruppierung unter Zurückstellung der jeweiligen Vorstellungen des Einzelnen unterordneten ; denn anderenfalls wäre die gemeinsame Durchführung der gewalttätigen Aktionen in der festgestellten Form nicht möglich gewesen. Unter diesen Umständen waren detaillierte Feststellungen zur Art und Weise der Bildung des Gemeinschaftswillens hier nicht erforderlich.
47
Für das Bestehen eines verbindlichen übergeordneten Gruppenwillens spricht auch, dass der Angeklagte G. sein Ziel einer gewaltfreien Kameradschaft nicht durchsetzen konnte und später aus dem Verband ausschied. Die Strafkammer hat schließlich selbst im Rahmen der Strafzumessung sowohl dem Angeklagten T. als auch dem Angeklagten Peter W. ausdrücklich zu Gute gehalten, sie hätten sich der durch die "Kameradschaft Sturm 34" entstehenden Gruppendynamik nicht entziehen können.
48
Dass bei den Mitgliedern der Kameradschaft das Bewusstsein bestand, einem organisatorisch ausreichend fest gefügten, auf die Begehung von Straftaten gerichteten Verband anzugehören, ergibt sich schließlich auch aus den Feststellungen zu Fall II. 3. der Urteilsgründe. Nach diesen hatten außerhalb der Gruppierung stehende, politisch gleichgesinnte Personen die "Kameraden vom Sturm 34" angefordert; dies löste bei den auf dem Bauhof anwesenden Personen keine Zweifel darüber aus, wer hiermit gemeint war.
49
e) Soweit die Strafkammer demgegenüber zur Begründung ihrer Auffassung , die Voraussetzungen einer kriminellen Vereinigung seien nicht gegeben, darauf abgestellt hat, dass eine Satzung noch nicht erstellt war, eine Mitgliederliste nicht geführt wurde, keine Mitgliedsbeiträge erhoben wurden und keine festen Veranstaltungstermine, Teilnahmepflichten sowie Verpflichtungen zur einheitlichen Kleidung oder Tätowierung bestanden, hat sie die Bedeutung dieser Kriterien verkannt. Diese Umstände sind zwar, wenn sie festzustellen sind, Indizien, die für das Vorliegen einer Vereinigung sprechen. Sie sind jedoch für eine kriminelle Vereinigung nicht konstitutiv; allein aus ihrem Fehlen kann deshalb nicht geschlossen werden, dass die Voraussetzungen einer Vereinigung nicht gegeben sind.
50
Entsprechendes gilt, soweit das Landgericht seine Beurteilung auf die Erwägung gegründet hat, dass die einzelnen Mitglieder der Kameradschaft nicht zur Beteiligung an den konkreten Gewalttätigkeiten verpflichtet waren. Auch dieser Umstand findet als Voraussetzung für das Bestehen einer Vereinigung im Gesetz keine Stütze. Die §§ 129 ff. StGB setzen als Vorfelddelikte nach ihrer Struktur nicht voraus, dass überhaupt von den Mitgliedern der Vereinigung konkrete Straftaten begangen werden, solche müssen noch nicht einmal konkret geplant oder vorbereitet sein (vgl. BGH NJW 2005, 80, 81). Erst recht ist es nicht notwendig, dass bei den einzelnen Taten alle oder jeweils dieselben Mitglieder der Vereinigung aktiv werden; vielmehr ist auch eine Begehung in wechselnder Besetzung möglich (BGHSt 31, 202, 206). Mit Blick auf den Strafzweck der Vereinigungsdelikte (BGHSt 31, 202, 207; 41, 47, 51) ist es erforderlich , aber auch ausreichend, dass die Zwecke oder Tätigkeit der Vereinigung auf die Begehung solcher Delikte gerichtet ist.
51
Ebenso wenig hängt die Bewertung der Kameradschaft als kriminelle Vereinigung davon ab, ob eine ausdrückliche Festlegung dahin existierte, wer als Mitglied der Kameradschaft gelten sollte. Nach den Feststellungen sind jedenfalls diejenigen als Mitglied der Kameradschaft - das heißt als Person, die sich unter Eingliederung in die Organisation deren Willen unterordnet und eine Tätigkeit zur Förderung der kriminellen Ziele der Vereinigung entfaltet - anzusehen , die regelmäßig die Treffen im Bauhof besuchten. Es liegt nahe, dass dies auch für diejenigen anzunehmen ist, die an der Gründungsveranstaltung teilnahmen oder sich an der Wahl des Vorstands beteiligten. Somit lassen sich die Mitglieder der Kameradschaft auch ohne ausdrückliche Regelung hinreichend sicher von solchen Personen abgrenzen, die nicht auf Dauer oder zumindest längere Zeit am "Kameradschaftsleben" teilnahmen. Im Übrigen ist im Randbereich die Abgrenzung von Mitgliedern, Unterstützern und Sympathisanten einer Vereinigung häufig im Einzelfall problematisch; dies stellt jedoch nicht per se deren Existenz in Frage.
52
Zur Abgrenzung einer Vereinigung von sonstigem strafbaren Verhalten mehrerer Personen untauglich ist schließlich die Erwägung des Landgerichts, in dem gewählten Vorstand habe sich ein weibliches Mitglied befunden, Mädchen hätten jedoch an den Gewalttätigkeiten nicht teilnehmen sollen. Vor dem Hintergrund der aufgeführten Abgrenzungskriterien erschließt sich dem Senat der Sinn dieser Argumentation nicht.
53
3. Einen weiteren Rechtsfehler zu Gunsten oder zu Lasten (§ 301 StPO) der Angeklagten deckt die Revision nicht auf.
54
III. Für das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft bedeutet dies:
55
1. Obwohl die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts die Voraussetzungen einer kriminellen Vereinigung belegen, kann der Senat nicht selbst in der Sache dahin entscheiden, dass die Angeklagten sich nach § 129 StGB strafbar gemacht haben.
56
Für die Angeklagten G. und R. folgt dies bereits daraus, dass diese vom Landgericht insgesamt freigesprochen worden sind. In solchen Fällen ist für eine entsprechende Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO regelmäßig kein Raum, wenn sich die Revision der Staatsanwaltschaft erfolgreich gegen den Freispruch eines Angeklagten wendet. Denn die auf einen Freispruch zugeschnittenen und daher bereits ihrer Natur nach ergänzungsbedürftigen Feststellungen bieten dem Revisionsgericht vor allem deshalb keine verlässliche Grundlage für eine den Angeklagten belastende Sachentscheidung, weil sie von Verfahrensfehlern betroffen sein können, die der Angeklagte nur aus dem Grund nicht rügen konnte, weil er durch sie nicht beschwert war. Ein Ausnahmefall , in dem die Aufhebung des Freispruchs durch das Revisionsgericht mit einem Schuldspruch verbunden werden kann, liegt hier nicht vor (vgl. Kuckein in KK 6. Aufl. § 354 Rdn. 13 m. w. N.).
57
Entsprechendes gilt auch für die Angeklagten T. sowie Tom und Peter W. . Da das Vergehen nach § 129 StGB mit den vom Landgericht abgeurteilten gefährlichen Körperverletzungen in Tateinheit stünde, hat die Strafkammer die genannten Angeklagten zwar zu Recht insoweit nicht formal - teilweise - freigesprochen. In der Sache konnten sich indes auch diese Angeklagten gegen die Feststellungen in dem sie nicht beschwerenden Teil des Urteils nicht angemessen zur Wehr setzen.
58
Hinzu kommt, dass allen Angeklagten durch die Staatsanwaltschaft nicht nur die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, sondern auch deren Gründung zur Last gelegt worden ist. Das Gründen einer kriminellen Vereinigung nach § 129 Abs. 1 StGB steht zu der weiteren Tatbestandsalternative der mitgliedschaftlichen Beteiligung an der Vereinigung jedenfalls dann im Verhältnis der Tateinheit, wenn sich die Beteiligung als Mitglied wie hier unmittelbar an das Gründen der Vereinigung anschließt. Seine frühere Auffassung , die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung umfasse auch die Beteiligung des Mitglieds an der Gründung der Vereinigung mit der Folge, dass in diesen Fällen der Schuldspruch nur wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an der Vereinigung zu ergehen habe (BGH NStZ 2004, 385), gibt der Senat auf. Das Gründen einer kriminellen Vereinigung weist einen im Verhältnis zur Beteiligung als Mitglied selbstständigen Unrechtsgehalt auf. Dieser ist nicht nur bei der Bewertung des Schuldumfangs im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen. Das Erfordernis der Rechtsklarheit gebietet es vielmehr, bereits im Schuldspruch zu verdeutlichen, dass der Angeklagte über die mitgliedschaftliche Beteiligung hinaus eine weitere, eigenständige Tathandlung des § 129 Abs. 1 StGB verwirklicht hat. Zu den Einzelheiten des Gründungsvorgangs und dabei insbesondere den Tatbeiträgen der Angeklagten verhalten sich die Urteilsgründe indes nicht in dem für eine Sachentscheidung des Revisionsgerichts erforderlichen Umfang. Dies ist zwar vor dem Hintergrund der rechtlichen Auffassung des Landgerichts nachvollziehbar, die "Kameradschaft Sturm 34" sei nicht als kriminelle Vereinigung anzusehen und der Tatbestand des § 129 Abs. 1 StGB sei bereits aus diesem Grunde nicht verwirklicht. Dem Senat ist es auf dieser ungenügenden tatsächlichen Grundlage jedoch verwehrt, in der Sache durchzuerkennen.
59
2. Die somit auf die Revision der Staatsanwaltschaft gebotene Aufhebung des Urteils betrifft alle Angeklagten. Sie umfasst die angefochtene Entscheidung insoweit, als sie nicht wegen des Vergehens nach § 129 StGB verurteilt bzw. ausdrücklich freigesprochen worden sind. Miterfasst von der Aufhebung sind damit auch die abgeurteilten Taten (II. 1. bis 3. der Urteilsgründe); denn diese stünden im Falle einer Verurteilung wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung mit dem Organisationsdelikt nach § 129 Abs. 1 StGB in Tateinheit (BGHR StGB § 129 Konkurrenzen 1). Hieraus folgt auch, dass der Freispruch des Angeklagten R. vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Landfriedensbruch im Fall II. 2. der Urteilsgründe (Überfall an der Esso-Tankstelle in S. ) keinen Bestand haben kann.
60
Bereits aufgrund der wirksamen Beschränkung des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft von der Aufhebung nicht umfasst ist demgegenüber der Freispruch der Angeklagten T. und Tom W. vom gegenüber § 129 StGB selbstständigen Tatvorwurf der Volksverhetzung.
61
3. Die Feststellungen zu den einzelnen Taten II. 1. bis 3. der Urteilsgründe sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen; sie können deshalb bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Dies betrifft auch die Feststellungen, die dem Freispruch des Angeklagten R. im Fall II. 2. der Urteilsgründe zugrunde liegen. Die Würdigung der Einlassung des Angeklagten, der seine Beteiligung an dieser Tat bestritten hat, sowie der erhobenen Beweise lässt revisionsrechtlich relevante Rechtsfehler (vgl. BGH NJW 2005, 2322, 2326) nicht erkennen.
62
C. Wiedereinsetzungsantrag des Angeklagten T.
63
Der Angeklagte T. hat seine Revision form- und fristgerecht eingelegt und mit der Sachrüge und einer verfahrensrechtlichen Beanstandung begründet. Er beantragt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit dem Ziel, eine im Rahmen der erhobenen Verfahrensrüge nicht fristgerecht vorgelegte Seite eines Gerichtsbeschlusses nachreichen zu können.
64
Der Antrag hat keinen Erfolg. Die Wiedereinsetzung zur Ergänzung einer bereits erhobenen Verfahrensrüge ist grundsätzlich ausgeschlossen (MeyerGoßner , StPO 52. Aufl. § 44 Rdn. 7 b m. w. N.). Die Revisionsbegründungsfrist (§ 345 Abs. 1 StPO) ist bereits deshalb nicht versäumt, weil das Rechtsmittel fristgerecht mit der Sachrüge begründet worden ist. Aber auch die in Rede stehende Verfahrensrüge ist nicht verspätet, sondern allein in einer der gesetzlichen Formvorschrift des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht genügenden Weise erhoben worden, weil der Beschluss des Landgerichts vom 4. Juli 2008 nicht vollständig mitgeteilt worden ist. Es widerspricht im Übrigen der Systematik des Revisionsverfahrens, in derartigen Fällen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur formgerechten Begründung der Revisionsrüge zuzulassen, nachdem der Beschwerdeführer durch die Antragsschrift des Generalbundesanwalts (vgl. § 349 Abs. 2 und 3 StPO) von der Formwidrigkeit seiner Verfahrensrüge erfahren hat (BGH, Beschl. vom 9. April 2008 - 3 StR 28/08 - Rdn. 3; Beschl. vom 27. März 2008 - 3 StR 6/08 - Rdn. 5). Eine besondere Verfahrenslage, bei der ausnahmsweise zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) eine Wiedereinsetzung unerlässlich ist (vgl. BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 8; Meyer-Goßner aaO § 44 Rdn. 7 ff.), liegt nicht vor.
65
Im Übrigen bliebe die Rüge gemäß den Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts in der Sache ohne Erfolg.
66
D. Revisionen der Angeklagten T. sowie Tom und Peter W.
67
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen hat aus den Gründen der jeweiligen Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben; deren Rechtsmittel sind deshalb unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
68
E. Der Senat weist für das weitere Verfahren auf Folgendes hin:
69
I. Die Feststellungen, die das neue Tatgericht insbesondere zum Tatvorwurf nach § 129 StGB zu treffen haben wird, dürfen die zu den Taten II. 1. bis 3. der Urteilsgründe aufrecht erhaltenen Feststellungen ergänzen, diesen aber nicht widersprechen.
70
II. Das neue Tatgericht wird ggf. bei der Bestimmung der angemessen Sanktion für den Angeklagten Tom W. zu bedenken haben, ob nach den § 105 Abs. 1, § 31 JGG eine einheitliche Jugendstrafe in Betracht kommt. Dabei wird es erforderlich sein, ergänzend den Vollstreckungsstand hinsichtlich der mitgeteilten Vorverurteilungen dieses Angeklagten festzustellen; dieser lässt sich den bisherigen Feststellungen nicht entnehmen.
71
III. Die Würdigung des Landgerichts, die Angeklagten T. sowie Tom und Peter W. hätten sich auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen zu den Taten II. 1. bis 3. der Urteilsgründe jeweils wegen gefährlicher Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB strafbar gemacht, ist als solche rechtsfehlerfrei. Dies gilt ebenfalls für die Wertung der Strafkammer, ein Schuldspruch wegen tateinheitlich verwirklichten Landfriedensbruchs (§§ 125, 125 a StGB) scheide aus. Schließlich lässt ihre Würdigung, auf der Grundlage der Feststellungen zur Tat II. 2. der Urteilsgründe sei der Angeklagte R. insoweit nicht wegen einer strafbaren Beteiligung an der gewalttätigen Auseinandersetzung zu verurteilen, Rechtsfehler nicht erkennen.
72
IV. Gelangt das neue Tatgericht zu der Auffassung, die Angeklagten T. sowie Tom und Peter W. seien der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, u. U. in Tateinheit mit deren Gründung, schuldig und hätten sich daneben in den Fällen II. 1. bis 3. der Urteilsgründe jeweils wegen gefährlicher Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB strafbar gemacht, wären die Konkurrenzen wie folgt zu beurteilen:
73
Die mitgliedschaftliche Beteiligung der Angeklagten T. sowie Tom und Peter W. an der kriminellen Vereinigung und die von den Angeklagten begangenen gefährlichen Körperverletzungen stünden zueinander jeweils im Verhältnis der Tateinheit (§ 52 StGB); denn es handelte sich bei den Körperverletzungsdelikten um Straftaten, welche die Angeklagten als Mitglieder der kriminellen Vereinigung in Verfolgung von deren Zielen begingen (BGHSt 29, 288, 290). Da die gefährlichen Körperverletzungen nach § 224 StGB schwerer wiegen als das Vergehen nach § 129 Abs. 1 StGB, würden die einzelnen Gewalt- delikte nicht nach den Grundsätzen der Klammerwirkung durch die Organisationsstraftat zu einer materiellrechtlich insgesamt einheitlichen Tat verbunden (Rissing-van Saan in LK 12. Aufl. § 52 Rdn. 28 ff.); sie stünden vielmehr zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit (§ 53 StGB).
74
Der neue Tatrichter wird gegebenenfalls, um das Konkurrenzverhältnis bei gleichartiger Tateinheit im Sinne des § 52 StGB kenntlich zu machen, in der Entscheidungsformel anzugeben haben, wie oft der Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung jeweils verwirklicht wurde (vgl. Meyer-Goßner aaO § 260 Rdn. 26).
75
V. Mit Blick darauf, dass die Angeklagten G. und R. mit dem gewaltsamen Vorgehen der Kameradschaftsmitglieder nicht einverstanden waren und der Angeklagte R. sich den Polizeibehörden als Informant zur Verfügung stellte, erscheint jedenfalls nach den bisherigen Feststellungen die Wertung nicht völlig unbedenklich, beide hätten sich als Mitglied an der Vereinigung beteiligt. Denn dies erfordert, dass der Täter sich unter Eingliederung in die Organisation deren Willen unterordnet und eine Tätigkeit zur Förderung der Ziele der Organisation entfaltet (BGHSt 18, 296, 299 f.; BGH NStZ 1993, 37, 38).
Sollte das neue Tatgericht diese Voraussetzungen feststellen und eine Strafbarkeit der Angeklagten nach § 129 Abs. 1 StGB bejahen, wird es bei der Bestimmung der Rechtsfolgen jedenfalls die in § 129 Abs. 5 und 6 StGB enthaltenen Regelungen bzw. die hinter diesen Vorschriften stehen Rechtsgedanken nicht aus dem Blick verlieren dürfen. Becker von Lienen Sost-Scheible Schäfer Mayer

(1) Wer eine Handelsplattform im Internet betreibt, deren Zweck darauf ausgerichtet ist, die Begehung von rechtswidrigen Taten zu ermöglichen oder zu fördern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. Rechtswidrige Taten im Sinne des Satzes 1 sind

1.
Verbrechen,
2.
Vergehen nach
a)
den §§ 86, 86a, 91, 130, 147 und 148 Absatz 1 Nummer 3, den §§ 149, 152a und 176a Absatz 2, § 176b Absatz 2, § 180 Absatz 2, § 184b Absatz 1 Satz 2, § 184c Absatz 1, § 184l Absatz 1 und 3, den §§ 202a, 202b, 202c, 202d, 232 und 232a Absatz 1, 2, 5 und 6, nach § 232b Absatz 1, 2 und 4 in Verbindung mit § 232a Absatz 5, nach den §§ 233, 233a, 236, 259 und 260, nach § 261 Absatz 1 und 2 unter den in § 261 Absatz 5 Satz 2 genannten Voraussetzungen sowie nach den §§ 263, 263a, 267, 269, 275, 276, 303a und 303b,
b)
§ 4 Absatz 1 bis 3 des Anti-Doping-Gesetzes,
c)
§ 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, sowie Absatz 2 und 3 des Betäubungsmittelgesetzes,
d)
§ 19 Absatz 1 bis 3 des Grundstoffüberwachungsgesetzes,
e)
§ 4 Absatz 1 und 2 des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes,
f)
§ 95 Absatz 1 bis 3 des Arzneimittelgesetzes,
g)
§ 52 Absatz 1 Nummer 1 und 2 Buchstabe b und c, Absatz 2 und 3 Nummer 1 und 7 sowie Absatz 5 und 6 des Waffengesetzes,
h)
§ 40 Absatz 1 bis 3 des Sprengstoffgesetzes,
i)
§ 13 des Ausgangsstoffgesetzes,
j)
§ 83 Absatz 1 Nummer 4 und 5 sowie Absatz 4 des Kulturgutschutzgesetzes,
k)
den §§ 143, 143a und 144 des Markengesetzes sowie
l)
den §§ 51 und 65 des Designgesetzes.

(2) Handelsplattform im Internet im Sinne dieser Vorschrift ist jede virtuelle Infrastruktur im frei zugänglichen wie im durch technische Vorkehrungen zugangsbeschränkten Bereich des Internets, die Gelegenheit bietet, Menschen, Waren, Dienstleistungen oder Inhalte (§ 11 Absatz 3) anzubieten oder auszutauschen.

(3) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer im Fall des Absatzes 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer bei der Begehung einer Tat nach Absatz 1 beabsichtigt oder weiß, dass die Handelsplattform im Internet den Zweck hat, Verbrechen zu ermöglichen oder zu fördern.

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird die im Urteil des Amtsgerichts Ulm vom 31. März 2014 ausgesprochene Geldstrafe auf 90 Tagessätze zu je 5 Euro

h e r a b g e s e t z t .

2. Im Übrigen wird die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil als unbegründet

v e r w o r f e n .

3. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe

 
I.
Das Amtsgericht Ulm verurteilte den Angeklagten am 31. März 2014 wegen Bildung bewaffneter Gruppen zu der Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 5 Euro. Nach den Feststellungen des Urteils hielt sich der Angeklagte in der Nacht vom 22. auf 23. März 2013 in einem von einem Mitglied der Black Jackets - einer rockerähnlichen Gruppierung - betriebenen Prostitutionsbetrieb in U. auf, als es zu Provokationen durch die in Rivalität zu den Black Jackets stehenden Mitglieder der Red Legions kam, die sich zu diesem Zeitpunkt in einem gegenüberliegenden Gebäude befanden. Als sich eine Gruppe von ca. 30 Mitgliedern der Red Legions dem Prostitutionsbetrieb näherte, bewaffneten sich dort der Präsident der U. Black Jackets, vier weitere Personen, darunter der ebenfalls zu den Black Jackets zählende Bruder des Angeklagten, und der Angeklagte, der nicht zu den Black Jackets gehört, gemeinsam aus dem in dem Prostitutionsbetrieb vorhandenen Waffenarsenal, wobei u.a. der Angeklagte einen Baseballschläger und der Präsident der Black Jackets eine geladene Pistole nahm. Anschließend stellten sich diese Personen unter der Führung des Präsidenten der Black Jackets, der mehrere Schüsse auf die entgegenkommenden Mitglieder der Red Legions abgab, dieser Personengruppe entgegen, um die Macht der Black Jackets zu demonstrieren.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Sprungrevision. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts und ist der Auffassung, dass sich die Gruppe, zu der er gehörte, spontan gebildet habe und deswegen keine Gruppe im Sinne des § 127 StGB sei.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, wie geschehen zu erkennen.
II.
Die Revision hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
Der Rechtsfolgenausspruch hält der auf die Sachrüge gebotenen rechtlichen Überprüfung nicht stand. Der Senat kann jedoch ohne Zurückverweisung des Verfahrens nach § 354 Abs. 1a Satz 2 StPO eine eigene Entscheidung treffen. Im Übrigen ist die Revision des Angeklagten gemäß § 349 Abs. 2 StPO unbegründet, weil die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
1. Die Feststellungen im Urteil vom 31. März 2014 tragen den Schuldspruch. Insbesondere rechtfertigen die Urteilsfeststellungen die Annahme einer Gruppe im Sinne des § 127 StGB.
a. Für den Begriff „Gruppe“ gibt es keine gesetzliche Definition. Nach dem Wortsinn ist eine Gruppe - im Gegensatz zu einer bloßen Ansammlung von Einzelpersonen - eine Mehrheit von Personen, die durch ein gemeinsames Merkmal verbunden sind und sich insbesondere zu einem gemeinsamen Zweck zusammengeschlossen haben (so der erfolgreiche Änderungsvorschlag des Bundesrates zum 6. StrRG, BT-Drucks 13/8587 S. 57; Leipziger Kommentar-Krauß, StGB, § 127 Rn. 6; Münchner Kommentar-Schäfer, StGB, 2. Aufl., § 127 Rn. 10; Lenckner, Gedächtnisschrift Keller, S. 151, 156).
Der gemeinsame Zweck war hier die gemeinsame Machtdemonstration gegenüber den Mitgliedern der Red Legions.
b. Aus welcher Personenzahl diese Personenmehrheit bestehen muss, um eine Gruppe im Sinne des § 127 StGB zu sein, kann nicht allgemeingültig festgelegt werden und ist unter Berücksichtigung des Normzwecks und nach den Umständen des Einzelfalls zu bestimmen (LK-Krauß, a.a.O., Rn. 10; MK-Schäfer, a.a.O., Rn. 13; Lenckner, GS Keller, S. 151, 156). Nach der Vorstellung des Gesetzgebers kann bereits die Zahl von drei Personen reichen (zustimmende Stellungnahme des Bundestages zum Änderungsvorschlag des Bundesrates, BT-Drucks. 13/8587 S. 80). Bei einer räumlich verteilten Gruppe ist hingegen eine höhere Personenanzahl notwendig (Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, StGB, 29. Aufl., § 127 Rn. 2; BeckOK-von Heintschel-Heinegg, Ed. 23, StGB, § 127 Rn. 2).
10 
Der hier festgestellte Zusammenschluss von sechs Personen reicht insoweit jedenfalls aus.
11 
c. Auch das erforderliche Mindestmaß an Organisation ist gegeben.
12 
Einer militärischen Organisation der Gruppe mit Befehls- oder Kommandostrukturen bedarf es nicht (MK-Schäfer, a.a.O., Rn. 10). Jedoch ist bei Fehlen einer räumlichen Zusammenfassung der zugehörigen Personen ein gewisses Maß an Organisation erforderlich, wohingegen bei einer räumlichen Versammlung der Personen ein loser Zusammenschluss ohne besondere Organisationsform genügt (Lenckner, GS Keller, S. 151, 157; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, a.a.O., Rn. 2; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 127 Rn. 3; LK-Krauß, a.a.O., Rn. 7). Der Zusammenschluss der Personen zu einer Gruppe muss auch nicht auf Dauer angelegt sein (LK-Krauß, a.a.O., Rn. 8; Lenckner, GS Keller, S. 151, 156; MK-Schäfer, a.a.O., Rn. 14; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, a.a.O., Rn. 2), schon das Zusammenfinden für eine einmalige Aktion reicht aus (MK-Schäfer, a.a.O., Rn. 14; LK-Krauß, a.a.O., Rn. 8).
13 
Der Senat ist mit der überwiegenden Meinung der Auffassung, dass eine Gruppe im Sinne des § 127 StGB auch spontan gebildet werden kann (Lenckner, GS Keller, S. 151, 156; LK-Krauß, a.a.O., Rn. 8; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, a.a.O., Rn. 2; MK-Schäfer, a.a.O., Rn. 14). Der Auffassung, reine Ad-hoc-Gruppierungen würden wegen der fehlenden Möglichkeit, sie befehligen zu können, nicht § 127 StGB unterfallen (so Fischer, StGB, 61. Aufl., § 127 Rn. 3; NK-Ostendorf, StGB, 4. Auflage, § 127 Rn. 8), kann nicht gefolgt werden. Zwar ist in § 127 StGB das Befehligen als eine der möglichen Tathandlungen genannt. Jedoch kommt es nach der Vorstellung des Gesetzgebers gerade nicht auf einen bestimmten Grad von Organisation an (Gesetzentwurf der Bundesregierung zum 6. StrRG, BT-Drucks. 13/8587 S. 28). Auch der Gesetzeszweck spricht dafür, spontan gebildete Gruppierungen § 127 StGB unterfallen zu lassen. § 127 StGB schützt als abstraktes Gefährdungsdelikt den inneren Rechtsfrieden und das staatliche Gewaltmonopol vor Gefahren, die von bewaffneten Personenmehrheiten ausgehen (MK-Schäfer, a.a.O., Rn. 1; LK-Krauß a.a.O., Rn. 1; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, a.a.O., Rn. 1; NK-Ostendorf, a.a.O., Rn. 1). Für diese Rechtsgüter kann aber nicht nur von organisierten Gruppierungen Gefahr ausgehen, sondern auch von spontan gebildeten Gruppierungen, die über ein Mindestmaß an Organisation verfügen, das zur gemeinsamen Zweckverfolgung und Aktion erforderlich ist. § 127 StGB soll das Handeln solcher Personenmehrheiten erfassen, die aufgrund innerer Struktur, Willensbildung oder sonstiger Umstände in der Lage sind, gezielt, abgestimmt und einheitlich oder arbeitsteilig handelnd einen bestimmten Zweck zu verfolgen, und die so eine höhere Gefährlichkeit im Hinblick auf die geschützten Rechtsgüter entwickeln können als eine Mehrzahl einzeln und nicht koordiniert handelnder Personen. Eine solche zur koordinierten Vorgehensweise befähigende innere Struktur kann sich auch aus faktischen Autoritätsverhältnissen innerhalb der Gruppierung ergeben. Demgemäß ist es nicht von Bedeutung, ob die zu einer solchen Handlungsweise fähige Personenmehrheit mit festen Strukturen organisiert oder spontan gebildet ist.
14 
Nach diesem Maßstab begegnet hier die Einordnung dieser auf die Provokation durch die Mitglieder der Red Legion spontan gebildeten Gruppe als Gruppe im Sinne des § 127 StGB keinen Bedenken. Der Angeklagte hat gemeinsam mit den in den Feststellungen genannten Personen unter Führung des Präsidenten der Black Jackets K. A. unter gemeinsamer Bewaffnung eine solche Personenmehrheit gebildet, die sich den gegnerischen Mitgliedern der Red Legion gemeinsam entgegengestellt hat, um die Macht der Black Jackets zu demonstrieren.
15 
2. Die Ausführungen des Amtsgerichts zur Rechtsfolge halten indes rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Amtsgericht hat strafschärfend gewertet, dass der Angeklagte durch seinen bewussten Anschluss an die bewaffnete Gruppe ein erhebliches Maß an Aggressionsbereitschaft zeigte. Damit hat es das Verbot der Doppelverwertung gemäß § 46 Abs. 3 StGB verletzt und zu Lasten des Angeklagten einen Umstand berücksichtigt, der bereits Merkmal des gesetzlichen Tatbestandes ist. Dies ist rechtsfehlerhaft. Die weitere Erwägung, dass der Angeklagte damit die Gefahr einer nicht mehr kontrollierbaren gewalttätigen Auseinandersetzung heraufbeschwor, bringt hingegen den Feststellungen entsprechend den Eintritt einer konkreten Gefährdung zum Ausdruck und ist deswegen nicht zu beanstanden.
16 
Nach § 354 Abs. 1a Satz 2 StPO kann der Senat aufgrund des im Übrigen fehlerfrei und vollständig festgestellten Strafzumessungssachverhalts eine eigene Entscheidung treffen. Innerhalb des Strafrahmens des § 127 StGB erscheint unter Beachtung des im Urteil geschilderten konkreten Tatablaufes, der aufgrund der Verwendung von zumindest einer scharfen Distanzwaffe von hoher Gefährlichkeit geprägt war, eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen angemessen. Die Tagessatzhöhe beträgt, wie vom Amtsgericht zutreffend festgesetzt, 5 Euro.
III.
17 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 473 Abs. 1 und Abs. 4 StPO. Gemessen an dem Ziel der Revision ist der erzielte Erfolg weniger gewichtig, so dass es nicht unbillig ist, den Angeklagten mit den entstandenen Kosten zu belasten.

(1) Wer eine Handelsplattform im Internet betreibt, deren Zweck darauf ausgerichtet ist, die Begehung von rechtswidrigen Taten zu ermöglichen oder zu fördern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. Rechtswidrige Taten im Sinne des Satzes 1 sind

1.
Verbrechen,
2.
Vergehen nach
a)
den §§ 86, 86a, 91, 130, 147 und 148 Absatz 1 Nummer 3, den §§ 149, 152a und 176a Absatz 2, § 176b Absatz 2, § 180 Absatz 2, § 184b Absatz 1 Satz 2, § 184c Absatz 1, § 184l Absatz 1 und 3, den §§ 202a, 202b, 202c, 202d, 232 und 232a Absatz 1, 2, 5 und 6, nach § 232b Absatz 1, 2 und 4 in Verbindung mit § 232a Absatz 5, nach den §§ 233, 233a, 236, 259 und 260, nach § 261 Absatz 1 und 2 unter den in § 261 Absatz 5 Satz 2 genannten Voraussetzungen sowie nach den §§ 263, 263a, 267, 269, 275, 276, 303a und 303b,
b)
§ 4 Absatz 1 bis 3 des Anti-Doping-Gesetzes,
c)
§ 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, sowie Absatz 2 und 3 des Betäubungsmittelgesetzes,
d)
§ 19 Absatz 1 bis 3 des Grundstoffüberwachungsgesetzes,
e)
§ 4 Absatz 1 und 2 des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes,
f)
§ 95 Absatz 1 bis 3 des Arzneimittelgesetzes,
g)
§ 52 Absatz 1 Nummer 1 und 2 Buchstabe b und c, Absatz 2 und 3 Nummer 1 und 7 sowie Absatz 5 und 6 des Waffengesetzes,
h)
§ 40 Absatz 1 bis 3 des Sprengstoffgesetzes,
i)
§ 13 des Ausgangsstoffgesetzes,
j)
§ 83 Absatz 1 Nummer 4 und 5 sowie Absatz 4 des Kulturgutschutzgesetzes,
k)
den §§ 143, 143a und 144 des Markengesetzes sowie
l)
den §§ 51 und 65 des Designgesetzes.

(2) Handelsplattform im Internet im Sinne dieser Vorschrift ist jede virtuelle Infrastruktur im frei zugänglichen wie im durch technische Vorkehrungen zugangsbeschränkten Bereich des Internets, die Gelegenheit bietet, Menschen, Waren, Dienstleistungen oder Inhalte (§ 11 Absatz 3) anzubieten oder auszutauschen.

(3) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer im Fall des Absatzes 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer bei der Begehung einer Tat nach Absatz 1 beabsichtigt oder weiß, dass die Handelsplattform im Internet den Zweck hat, Verbrechen zu ermöglichen oder zu fördern.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 246/07
vom
3. Juni 2008
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
__________________
Ein Taschenmesser ist grundsätzlich ein gefährliches Werkzeug im Sinne des §
244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB; dies gilt unabhängig davon, ob der Dieb es
allgemein für den Einsatz gegen Menschen vorgesehen hat.
BGH, Beschl. vom 3. Juni 2008 - 3 StR 246/07 - OLG Celle
in der Vorlegungssache
gegen
wegen Diebstahls mit Waffen u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Juni 2008 beschlossen:
Ein Taschenmesser ist grundsätzlich ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB; dies gilt unabhängig davon, ob der Dieb es allgemein für den Einsatz gegen Menschen vorgesehen hat.

Gründe:

1
Die Vorlegungssache betrifft die Frage, ob der Täter die Voraussetzungen des Diebstahls mit Waffen (§ 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB) erfüllt, wenn er bei der Begehung der Tat ein Taschenmesser bei sich führt.

I.

2
Das Amtsgericht Osterholz-Scharmbeck hat den Angeklagten wegen Diebstahls mit Waffen (§ 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB) sowie wegen Diebstahls (§§ 242, 243 StGB) in drei weiteren Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Der für die Vorlegung maßgeblichen Verurteilung wegen Diebstahls mit Waffen liegen folgende Feststellungen zugrunde:
3
Der Angeklagte begab sich in einen Lebensmittelmarkt. An seinem Gürtel führte er ein klappbares Taschenmesser mit einer längeren Klinge bei sich, um von Whiskeyflaschen, die er stehlen wollte, die Sicherungsetiketten abzuschneiden. Der Angeklagte nahm drei Flaschen Whiskey aus einem Regal, ging einen Gang weiter, entfernte dort mit dem Messer die Sicherungsetiketten und verließ das Geschäft, ohne zu bezahlen. Das Amtsgericht ist der Einlassung des Angeklagten gefolgt, er habe das Messer keinesfalls gegen Menschen einsetzen wollen.
4
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Sprungrevision zum Oberlandesgericht Celle eingelegt und diese mit der allgemeinen Sachrüge begründet.
5
1. Das Oberlandesgericht beabsichtigt, den Schuldspruch des Amtsgerichts wegen Diebstahls mit Waffen in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO in eine Verurteilung wegen einfachen Diebstahls zu ändern. Es vertritt die Auffassung, die Voraussetzungen des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB seien nicht gegeben; denn der Angeklagte habe kein anderes gefährliches Werkzeug im Sinne dieser Vorschrift bei sich geführt. Bei der Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals müsse die vom Täter mit dem Werkzeug verbundene Gebrauchsabsicht Berücksichtigung finden. Ein Werkzeug, das konstruktionsbedingt nur der Bearbeitung von Gegenständen diene und das der Täter allein in dieser Funktion nutzen wolle, erfülle das Qualifizierungsmerkmal der Gefährlichkeit nicht; es müsse vielmehr hinzukommen, dass der Täter allgemein bereit sei, den Gegenstand unabhängig von dessen konstruktionsbedingten Eigenschaften gegen Menschen einzusetzen, ohne dass festgestellt werden müsse, diese Bereitschaft des Täters habe auch bei dem konkreten Diebstahl vorgelegen.
6
An der beabsichtigten Entscheidung sieht sich das Oberlandesgericht Celle durch die Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 12. April 2000 - 5 St RR 206/99 - (NStZ-RR 2001, 202), des Oberlandesgerichts München vom 16. Mai 2006 - 5 St RR 169/05 - (NStZ-RR 2006, 342) und des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 16. Juni 2003 - 1 Ss 41/03 - (NStZ 2004, 212) gehindert. Nach deren Auffassung kommt es für die Verwirklichung des Qualifikationstatbestandes des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB nur darauf an, dass der Täter bei der Begehung des Diebstahls ein Werkzeug vorsätzlich mit sich führt, das nach "seiner objektiven Beschaffenheit und nach der konkreten Art seiner Benutzung" geeignet ist, erhebliche Verletzungen zu verursachen; eine auch nur generelle Absicht oder "Widmung", das Werkzeug auch gegen Menschen einzusetzen, sei demgegenüber nicht erforderlich.
7
Das Oberlandesgericht Celle hat die Sache deshalb dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung folgender Rechtsfrage vorgelegt: "Ist ein ′anderes gefährliches Werkzeug′ gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 1. a) StGB ein Tatmittel, das allein nach seiner objektiven Beschaffenheit geeignet ist, erhebliche Verletzungen zuzufügen , oder muss bei Werkzeugen, die als Gebrauchsgegenstand nicht zur Verletzung von Personen bestimmt sind, sondern jederzeit sozialadäquat von jedermann bei sich geführt werden können - wie etwa ein Taschenmesser - als subjektives Element seitens des Täters hinzutreten eine generelle, vom konkreten Lebenssachverhalt losgelöste Bestimmung des Werkzeuges zur Verwendung gegen Menschen, wobei die in § 244 Abs. 1 Nr. 1. b) StGB vorausgesetzte konkrete Verwendungsabsicht nicht vorliegen muss?"
8
2. Der Generalbundesanwalt hält eine Einschränkung des den Diebstahl qualifizierenden Tatbestandsmerkmals durch das vom vorlegenden Oberlandesgericht geforderte subjektive Element für nicht geboten. Er beantragt zu beschließen : "'Andere gefährliche Werkzeuge′ im Sinne von § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB sind Gegenstände, die nicht als Angriffs- oder Verteidigungsmittel konstruiert, die jedoch aufgrund ihrer objek- tiven Zweckbestimmung oder Beschaffenheit zur Verursachung erheblicher Verletzungen von Personen generell geeignet sind."

II.

9
Die Vorlegungsvoraussetzungen gemäß § 121 Abs. 2 GVG sind erfüllt.
10
Das Oberlandesgericht Celle kann über die Revision des Angeklagten nicht wie von ihm beabsichtigt entscheiden, ohne von den tragenden Erwägungen der genannten Entscheidungen des Oberlandesgerichts München und des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts sowie von der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts Hamm (Beschl. vom 7. September 2000 - 2 Ss 638/00, NJW 2000, 3510) abzuweichen. Ob auch die Divergenz zu der Rechtsmeinung des aufgelösten Bayerischen Obersten Landesgerichts die Vorlegungspflicht noch begründet (vgl. Hannich in KK 5. Aufl. § 121 GVG Rdn. 17), bedarf daher keiner Entscheidung.
11
Die Vorlegungsfrage ist jedoch zu weit gefasst, weil sie den Besonderheiten des vorliegenden Falles nicht in genügendem Maße Rechnung trägt und über die für das Ausgangsverfahren entscheidungserheblichen Gesichtspunkte hinausgeht (vgl. BGHSt 25, 281, 283; 43, 285, 288; 45, 140, 142). Das Oberlandesgericht hat zunächst der Tatsache keine hinreichende Beachtung geschenkt , dass es sich bei dem Taschenmesser des Angeklagten um ein solches mit einer relativ langen Klinge handelte (vgl. das amtsgerichtliche Urteil UA S. 6). Entscheidungserheblich ist daher allein, ob derartige größere Taschenmesser unabhängig von einer allgemeinen Zweckbestimmung des Täters zu deren potentiellem Einsatz gegen Menschen als gefährliche Werkzeuge im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB einzustufen sind; darauf, ob dies für alle auf dem Markt vertriebenen Taschenmesser gilt, also auch solche mit sehr kurzer Klinge, kommt es demnach nicht an. Ebenso wenig stellt sich die Frage, ob eine Einschränkung des Tatbestandsmerkmals "anderes gefährliches Werkzeug" in den Fällen vorzunehmen ist, in denen der Täter den in Rede stehenden Gegenstand ohne jede Gebrauchsabsicht in "sozialadäquater" Weise bei der Tatbegehung mit sich führt; denn der Angeklagte hat das Taschenmesser hier zielgerichtet zur Entfernung der Sicherungsetiketten und damit zur Verwirklichung des Diebstahls mitgeführt und auch verwendet, so dass er es gerade nicht in "sozialadäquater" Form bei sich getragen hat. Der Senat präzisiert deshalb die Rechtsfrage wie folgt: "Ist ein Taschenmesser grundsätzlich ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB, oder nur dann, wenn der Dieb es allgemein auch für den Einsatz gegen Menschen vorgesehen hat?"

III.

12
Der Senat beantwortet die Vorlegungsfrage wie aus der Beschlussformel ersichtlich.
13
1. § 244 StGB hat seine heutige Fassung durch das Sechste Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 26. Januar 1998 (BGBl I 164 ff.) erhalten. Dieses hat mit der Formulierung "Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug" das gefährliche Werkzeug in § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB als Oberbegriff des Qualifikationstatbestandes eingeführt. § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB aF bedrohte demgegenüber nur für Waffen das reine Mitsichführen mit erhöhter Strafe und setzte für alle sonstigen Werkzeuge und Mittel voraus, dass der Täter sie beim Diebstahl bei sich hatte, um den Widerstand eines anderen durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden (so jetzt auch § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB nF). Unter den somit nach neuem Recht von dem Begriff des gefährlichen Werkzeugs mit umfassten Waffen sind nach einhelliger Meinung solche im technischen Sinne zu verstehen, das heißt Gegenstände, die nach ihrer Art für Angriffs- oder Verteidigungszwecke bestimmt und zur Verursachung erheblicher Verletzungen generell geeignet sind (vgl. BGHSt 45, 92, 93; Fischer, StGB 55. Aufl. § 244 Rdn. 3 a; Eser in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 244 Rdn. 3). Sie unterscheiden sich von anderen gefährlichen Werkzeugen bezüglich der ihnen innewohnenden generellen Bestimmung. Während Waffen zum Einsatz als Angriffs- oder Verteidigungsmittel bestimmt sind, ist dies bei anderen gefährlichen Werkzeugen nicht der Fall.
14
Der Gesetzgeber hat den Begriff des gefährlichen Werkzeugs dem Straftatbestand der gefährlichen Körperverletzung (§ 223 a Abs. 1 StGB aF bzw. § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB nF) entnommen. Er war der Ansicht, auf die zu dieser Vorschrift entwickelten Auslegungskriterien könne auch bei der Interpretation des wortlautgleichen Tatbestandsmerkmals des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB zurückgegriffen werden (vgl. Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks. 13/9064 S. 18). Zu § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist allgemein anerkannt, dass ein Werkzeug dann als gefährlich anzusehen ist, wenn es aufgrund seiner objektiven Beschaffenheit und nach der Art seiner Verwendung im konkreten Einzelfall geeignet ist, erhebliche Verletzungen hervorzurufen (st. Rspr.; vgl. BGH NStZ 2007, 95).
15
Die Rechtsprechung hat diese vom Gesetzgeber vorgegebene Definition auf die Fälle des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB, in denen das gefährliche Werkzeug verwendet werden muss, übertragen (vgl. BGHSt 45, 249, 250; BGH NStZ 1999, 135, 136; 1999, 301, 302; BGHR StGB § 250 Abs. 1 Nr. 1 a Waffe 2; Abs. 2 Nr. 1 Verwenden 1). In einigen Entscheidungen hat sie zunächst das Tatbestandsmerkmal des anderen gefährlichen Werkzeugs auch in den Fällen des Beisichführens gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB entsprechend interpretiert (vgl. BGH NJW 1998, 2915; 1998, 2916; 1998, 3130; NStZ 1999, 135, 136, jew. zu § 250 StGB; BayObLG NStZRR 2001, 202; OLG Hamm NJW 2000, 3510).
16
In Rechtsprechung und Literatur besteht mittlerweile allerdings weitestgehend Einigkeit darüber, dass für die Auslegung des Begriffs "anderes gefährliches Werkzeug" im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und § 177 Abs. 3 Nr. 1 StGB die vom Gesetzgeber angeregte Orientierung an der genannten Definition dogmatisch verfehlt bzw. systemwidrig ist (vgl. BGH NStZ 1999, 301, 302; NJW 2002, 2889, 2890; Eser aaO Rdn. 5; Hoyer in SK-StGB § 244 Rdn. 10; Fischer aaO Rdn. 7; Lackner/Kühl, StGB 26. Aufl. § 244 Rdn. 3; Kindhäuser, Strafrecht BT II 4. Aufl. § 4 Rdn. 11; Fischer NStZ 2003, 569; Kindhäuser/Wallau StV 2001, 18; 2001, 352; Küper in FS für Hanack S. 569, 577, 581; ders. JZ 1999, 187, 189; Otto, GK Strafrecht BT 7. Aufl. § 41 Rdn. 52; Lesch GA 1999, 365, 366; Maatsch GA 2001, 75, 76; Streng GA 2001, 359, 360; Jäger JuS 2000, 651, 653; jeweils m. w. N.; aA noch OLG München NStZ-RR 2006, 342). Denn anders als bei der gefährlichen Körperverletzung , die "mittels" des gefährlichen Werkzeugs begangen wird, stellt das andere gefährliche Werkzeug im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB - wie im Falle von § 177 Abs. 3 Nr. 1, § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB - gerade kein Tatmittel dar. Für die Verwirklichung des Tatbestandes reicht nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes vielmehr das bloße Beisichführen aus, so dass es - im Gegensatz zu § 177 Abs. 4 Nr. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB - zu einer Verwendung im konkreten Einzelfall, an deren Art die Gefährlichkeit gemessen werden könnte, nicht kommt (so schon BGH NStZ 1999, 301, 302; vgl. auch BGH NStZ 2002, 594, 595).
17
Der Auslegungshinweis des Gesetzgebers ist deshalb für die Beantwortung der Vorlegungsfrage nicht tauglich.
18
2. Vor diesem Hintergrund sind in Rechtsprechung und Literatur zahlreiche unterschiedliche Ansätze zur Bestimmung des Tatbestandsmerkmals des anderen gefährlichen Werkzeugs für diejenigen Tatbestände entwickelt worden, die lediglich voraussetzen, dass der Täter das Werkzeug bei der Begehung der Tat bei sich führt. Soweit ersichtlich herrscht dabei noch insofern Einigkeit, dass unter einem Werkzeug als solchem jeder körperliche Gegenstand zu verstehen ist, der nach seiner konkreten Beschaffenheit die Eigenschaft aufweist, als Mittel zur Gewaltanwendung oder -drohung eingesetzt werden zu können (vgl. BGHSt 24, 339, 341; 38, 116, 117; NJW 1996, 2663 zu §§ 244, 250 StGB aF; Sander in MünchKomm-StGB § 250 Rdn. 16). Zu der Frage, welche zusätzlichen Kriterien erfüllt sein müssen, damit ein solcher Gegenstand als anderes gefährliches Werkzeug im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB anzusehen ist, werden in Rechtsprechung und Literatur jedoch unterschiedliche Auffassungen vertreten:
19
a) Unter Bezugnahme auf einen - die Entscheidung allerdings nicht tragenden - Hinweis des Senats (NStZ 1999, 301, 302) ist ein Teil der Rechtsprechung (vgl. OLG Frankfurt StV 2002, 145; StraFo 2006, 467; OLG Braunschweig NJW 2002, 1735, 1736) ebenso wie das vorlegende Oberlandesgericht Celle der Meinung, bei Werkzeugen, die als Gebrauchsgegenstand nicht allgemein zur Verletzung von Personen bestimmt seien, sondern jederzeit sozialadäquat von jedermann bei sich geführt werden könnten, sei erforderlich, dass als subjektives Element eine generelle, vom konkreten Lebenssachverhalt losgelöste Bestimmung des Werkzeuges zur Verwendung gegen Menschen seitens des Täters hinzutrete, ohne dass indes die in § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB vorausgesetzte konkrete Verwendungsabsicht gegeben sein müsse. An- dere Obergerichte sind der Ansicht, ein Werkzeug sei bereits dann im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB gefährlich, wenn es objektiv geeignet sei, erhebliche Verletzungen zu verursachen, und damit dem Täter bei Begehung des Diebstahls die Möglichkeit biete, es - etwa in einer bedrängten Situation - als Gewalt- oder Drohungsmittel einzusetzen. Der Tatbestand enthalte jedoch eine einschränkende subjektive Komponente durch das Merkmal des Beisichführens, die insbesondere zum Tragen komme, wenn der Täter einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens in sozialadäquater Weise bei sich führe (vgl. Schleswig-Holsteinisches OLG NStZ 2004, 212; OLG Celle StV 2005, 336; ähnlich OLG München NStZ-RR 2006, 342).
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b) Die in der Literatur vertretenen Meinungen lassen sich in zwei Gruppen einteilen:
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aa) Ein Teil des Schrifttums ist der Auffassung, eine Auslegung des Tatbestandsmerkmals sei allein anhand objektiver Kriterien nicht möglich. Da nahezu jeder Gegenstand so eingesetzt werden könne, dass er erhebliche Verletzungen hervorzurufen geeignet sei, müsse für die Annahme eines anderen gefährlichen Werkzeugs im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB auf subjektiver Ebene ein begrenzendes Element hinzutreten. Dieses wird teilweise - der Auffassung des vorlegenden Oberlandesgerichts entsprechend oder zumindest nahe kommend - darin gesehen, dass der Täter zumindest generell den Willen haben müsse, das Werkzeug auch zu Verletzungs- oder Bedrohungszwecken einzusetzen (vgl. Erb JR 2001, 206, 207; Geppert Jura 1999, 599, 602; Küper in FS für Hanack S. 569, 585 ff.; ders. JZ 1999, 187, 192 ff.). Andere Vertreter dieses Ansatzes fordern, der Täter müsse das Werkzeug einer gegebenenfalls gefährlichen Verwendung "gewidmet" (vgl. Rengier, Strafrecht BT I 9. Aufl. § 4 Rdn. 25; Hilgendorf ZStW 112 (2000), 811, 812 f.; Maatsch GA 2001, 75, 83) oder einen "inneren Verwendungsvorbehalt" gefasst haben, bei dessen Umsetzung sich das Werkzeug als gefährlich erweise (vgl. Wessels /Hillenkamp, Strafrecht BT/2 30. Aufl. § 4 Rdn. 262 b).
22
bb) Der - wohl überwiegende - Teil der Literatur befürwortet hingegen eine Interpretation des Tatbestandsmerkmals allein anhand objektiver Kriterien. Nach diesen Auffassungen ist die Gefährlichkeit eines Werkzeuges nur nach seiner objektiven Zweckbestimmung oder Beschaffenheit zu bestimmen (vgl. Fischer aaO Rdn. 9 b; Laufhütte/Kuschel in LK 11. Aufl. Nachtrag zu § 250 Rdn. 6; Eser aaO; Schmitz in MünchKomm-StGB § 244 Rdn. 14 ff.; Hoyer aaO; Kindhäuser aaO Rdn. 7 ff.; Otto aaO Rdn. 53; Dencker JR 1999, 33, 36; Fischer NStZ 2003, 569, 572; Hörnle Jura 1998, 169, 172; Jäger aaO, 654; Kindhäuser /Wallau StV 2001, 18 f.; dies. StV 2001, 352, 353; Lesch aaO 376; Mitsch ZStW 111 (1999), 65, 79; Schlothauer/Sättele StV 1998, 505, 507; Schroth NJW 1998, 2861, 2864; Streng GA 2001, 359, 365 ff.; alle m. w. N.).
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Innerhalb dieses Ansatzes wird mit einer Vielzahl unterschiedlicher Anforderungen die Anwendbarkeit des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB vorrangig mit dem Ziel begrenzt, das bloße Beisichführen von Alltagsgegenständen wie Kugelschreibern, Gürteln, Krawatten, Miniaturschraubenziehern oder Schlüsseln nicht unter den Qualifikationstatbestand zu fassen. Es wird insbesondere vertreten, als andere gefährliche Werkzeuge im Sinne der Norm seien nur solche Gegenstände anzusehen, die zu potentiellen Verletzungszwecken eingesetzt werden könnten (Hörnle aaO), von einer zumindest annähernden abstrakten Gefährlichkeit seien wie Waffen (Dencker aaO), in der konkreten Tatsituation keine andere Funktion erfüllen könnten, als zu Verletzungszwecken eingesetzt zu werden (Eser aaO Rdn. 7; Schlothauer/Sättele StV 1998, 505, 508), nach ihrer objektiven Beschaffenheit Waffen ähnelten und bei missbräuchlicher Verwendung das selbe Verletzungspotential aufwiesen wie "echte" Waffen (Fischer NStZ 2003, 569, 572), eine objektive Waffenähnlichkeit besä- ßen (Mitsch aaO), aufgrund ihres immanenten Eskalationspotentials und den damit verbundenen Risiken für die öffentliche Sicherheit und Ordnung nach dem Gesetz nicht für jedermann frei verfügbar seien (Lesch aaO 376), denen eine Waffenersatzfunktion zukomme (Streng aaO) oder vor deren Benutzung generell gewarnt bzw. bezüglich derer üblicherweise auf Vorsicht im Umgang mit ihnen hingewirkt werde (Hohmann/Sander, Strafrecht BT Teilbd. 1, 2. Aufl. § 2 Rdn. 5; Sander in MünchKomm-StGB § 250 Rdn. 29). Schließlich wird gefordert , die konkreten Tatumstände müssten einen objektiven Beobachter zu der Annahme veranlassen, der Täter wolle den Gegenstand zweckentfremdet in gefährlicher Weise verwenden (vgl. Kindhäuser aaO Rdn. 9).
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3. Bereits die Anzahl der geschilderten Lösungsansätze weist darauf hin, dass die Fassung des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB missglückt ist. Diese lässt von vornherein keine Auslegung des Begriffs des "anderen gefährlichen Werkzeugs" zu, die unter Anwendung allgemeiner und für jeden Einzelfall gleichermaßen tragfähiger rechtstheoretischer Maßstäbe für alle denkbaren Sachverhaltsvarianten eine in sich stimmige Gesetzesanwendung gewährleisten könnte. So ist es etwa schwer verständlich, dass es innerhalb des Strafgesetzbuches und sogar einzelner Normen (§ 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und Abs. 2 Nr. 1 StGB oder § 177 Abs. 3 Nr. 1 und Abs. 4 Nr. 1 StGB) zu einer unterschiedlichen Auslegung dieses wortgleichen Tatbestandsmerkmals kommen kann (vgl. hierzu schon BGH NStZ 1999, 301; NStZ-RR 2002, 265; aA noch BGH NStZ 2002, 594, 595). Beachtet man zudem die Untauglichkeit des vom Gesetzgeber erteilten Auslegungshinweises, so wird deutlich, dass mit den Mitteln herkömmlicher Auslegungstechnik eine umfassende, sachgerechte Lösung für alle denkbaren Einzelfälle nicht zu erreichen ist. Der Senat sieht deshalb davon ab, im vorliegenden Fall über die Beantwortung der präzisierten, dem konkreten Sachverhalt angepassten Rechtsfrage hinaus den Versuch zu unter- nehmen, das Tatbestandsmerkmal "anderes gefährliches Werkzeug" im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB allgemeingültig zu definieren.
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4. Dies vorausgesetzt gilt:
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a) Den in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassungen, die bei der Bestimmung des Begriffs des anderen gefährlichen Werkzeugs auf eingrenzende subjektive Kriterien wie eine - gegebenenfalls generelle - Verwendungsabsicht , einen "Verwendungsvorbehalt" oder einen "Widmungsakt" des Täters abstellen, vermag der Senat nicht zu folgen; an seinem Hinweis in der Entscheidung NStZ 1999, 301, 302 hält er nicht fest.
27
aa) Die genannten Ansichten lassen sich bereits nicht mit dem Wortlaut des Gesetzes in Einklang bringen. § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB enthält nach seiner insoweit sprachlich klaren und eindeutigen Fassung - im Gegensatz zu § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB - gerade kein über den Vorsatz bezüglich der objektiven Tatbestandsmerkmale hinausgehendes, wie auch immer im Einzelnen zu definierendes subjektives Element. Insbesondere das Erfordernis einer auf den Einsatz des gefährlichen Werkzeugs als Nötigungsmittel gegen Personen gerichtete Absicht, sei sie generell gefasst oder auf den konkreten Diebstahl bezogen, lässt sich der Norm nicht entnehmen.
28
Eine derartige Gebrauchsabsicht kann auch nicht in die Tathandlung des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB hineininterpretiert werden; denn der Täter führt ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich, wenn er es bewusst in der Weise bei sich hat, dass er sich seiner jederzeit bedienen kann. Ein darüber hinausgehender Wille, den Gegenstand gegebenenfalls gegen Personen einzusetzen , ist nicht notwendig (vgl. BGHSt 43, 8, 10; BGHR BtMG § 30 a Abs. 2 Mitsichführen 2 jeweils für Fälle des Mitsichführens im Sinne des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG).
29
bb) Dieses aus dem Wortlaut der Norm folgende Ergebnis wird durch systematische und teleologische Gesichtspunkte bestätigt: Die Absicht, das Werkzeug gegen Personen einzusetzen, wird nur von § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB gefordert, dessen Tatbestand verlangt, dass der Täter ein sonstiges Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um es zu Nötigungszwecken zu verwenden. Diese Vorschrift ist vom Gesetzgeber als Auffangtatbestand konzipiert worden, unter den das Beisichführen von Gegenständen zu subsumieren ist, von denen zwar objektiv an sich keine Leibesgefahr ausgeht, die aber zur Verhinderung oder Überwindung des Widerstands einer anderen Person durch Gewalt oder der Drohung mit Gewalt eingesetzt werden sollen (vgl. Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks. 13/9064 S. 18). Tatmittel sind deshalb bei dieser Tatbestandsalternative grundsätzlich beliebige Gegenstände, ohne dass es auf deren objektive Gefährlichkeit ankommt; denn durch die beschriebene Verwendungsabsicht wird die Gefahr des Einsatzes auch solcher Gegenstände zu Zwecken der Gewaltanwendung oder Drohung konkretisiert (vgl. Fischer aaO Rdn. 7, 10) und damit die im Vergleich zum Grundtatbestand des Diebstahls (§ 242 StGB) höhere Strafdrohung gerechtfertigt.
30
Demgegenüber will der Gesetzgeber mit § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB Fallgestaltungen mit einer während der Begehung der Tat erhöhten, abstrakt -objektiven Gefährlichkeit erfassen, die sich bereits daraus ableitet, dass der Täter eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, weil in diesen Fällen die latente Gefahr des Einsatzes als Nötigungsmittel besteht (vgl. Fischer aaO Rdn. 7; Geppert Jura 1999, 599, 600). Dieser Gedanke galt bereits zu § 244 Abs. 1 Nr. 1 StGB aF für den Dieb, der bei der Tat eine Schusswaffe mit sich führte (vgl. Ruß in LK 12. Aufl. § 244 Rdn. 3), und ist vom Gesetzgeber durch die Neuregelung im Sechsten Gesetz zur Reform des Strafrechts nicht aufgegeben worden; vielmehr ist die tatbestandliche Erweiterung auf andere gefährliche Werkzeuge nach der Intention des Gesetzgebers im Hinblick auf Ungereimtheiten vorgenommen worden, die auftreten könnten, wenn Schusswaffen und andere, ebenso bzw. ähnlich gefährliche Gegenstände nicht gleich behandelt würden (vgl. Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks. 13/9064 S. 18).
31
Der Differenzierung bezüglich der subjektiven Voraussetzungen der jeweiligen Tatbestandsalternative des § 244 Abs. 1 Nr. 1 StGB liegt somit die gesetzgeberische Absicht zu Grunde, das Beisichführen von Werkzeugen, die im Falle ihres Einsatzes gegen Personen aufgrund ihrer Beschaffenheit objektiv die Eignung besitzen, schwere Verletzungen herbeizuführen, wegen der latenten Gefahr des Gebrauchs durch den Täter selbst ohne dessen Verwendungsabsicht oder -vorbehalt mit erhöhter Strafe zu bedrohen. Dieser Konzeption des Gesetzes liefe es zuwider, wollte man in den Fällen des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB zur Bestimmung des anderen gefährlichen Werkzeugs auf ein zusätzliches subjektives Element abstellen (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 265, 266; NStZ 2002, 594, 595).
32
b) Bei der Bestimmung des Tatbestandsmerkmals "anderes gefährliches Werkzeug" im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB muss somit allein auf objektive Kriterien zurückgegriffen werden. Dabei ist indes nicht zu verkennen , dass gegen diesen Ansatz und die in seinem Rahmen vertretenen einzelnen Auffassungen durchaus gewichtige Argumente vorgebracht werden können. So kann etwa die Bestimmung eines anderen gefährlichen Werkzeugs nach rein objektiven Kriterien in Anbetracht der zahlreichen in Betracht kommenden Gegenstände zu einer schwer kalkulierbaren Einzelfallkasuistik führen, bei der zudem die Gefahr von widersprüchlichen Entscheidungen offenkundig ist. Hinzu kommt, dass im Einzelfall schwierige Abgrenzungsfragen vor allem zu sonstigen Werkzeugen oder Mitteln im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB, aber auch etwa zum Diebstahl in einem besonders schweren Fall (§ 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB) oder zum Wohnungseinbruchsdiebstahl (§ 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB) im Hinblick auf die hierzu regelmäßig verwendeten Einbruchswerkzeuge aufgeworfen werden können. Jedoch lassen aus den dargelegten Gründen sowohl der Wortlaut als auch Sinn und Zweck des Gesetzes keinen Raum für ein zusätzliches subjektives Element zur Eingrenzung des Tatbestandsmerkmals "anderes gefährliches Werkzeug" im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB. Die sich hieraus ergebenden Misslichkeiten sind gegebenenfalls durch eine adäquate Neufassung des Gesetzes zu beseitigen. Bis zu einer derartigen gesetzlichen Neuregelung wird es indes für besondere Sachverhaltsvarianten - soweit nach den anerkannten Auslegungskriterien möglich - weiterer Präzisierungen des Tatbestandes durch die Rechtsprechung bedürfen.
33
Für die hiesige Sachverhaltsgestaltung sind die Voraussetzungen eines anderen gefährlichen Werkzeugs im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB jedenfalls zu bejahen. Hierfür sind folgende Überlegungen maßgebend:
34
Messer, die nicht ohnehin als Angriffs- oder Verteidigungsmittel konstruiert sind und wie etwa Spring-, Fall-, Faust- oder Faltmesser zu den Waffen im technischen Sinne gehören, erfüllen nach ständiger Rechtsprechung, von der abzuweichen kein Anlass besteht, regelmäßig die Voraussetzungen eines anderen gefährlichen Werkzeugs im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB (vgl. BGH NStZ 1999, 136; NStZ-RR 2001, 41; BGHR StGB § 250 Abs. 2 Nr. 1 Verwenden 1; BGH NStZ-RR 2006, 12, 13 für den Fall eines Klappmessers ). Die von ihnen ausgehende hohe abstrakte Gefahr, die Grund für die Strafschärfung durch den Qualifikationstatbestand des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB ist, ist evident und kommt derjenigen von Waffen im technischen Sinne zumindest nahe.
35
Dies gilt in vergleichbarer Weise für Taschenmesser mit einer längeren Klinge (zuletzt jeweils offen gelassen, weil nicht entscheidungserheblich in BGH StV 2002, 191 für § 177 Abs. 3 Nr. 1 StGB; NStZ-RR 2003, 12; 2005, 340). Auch diese sind objektiv zum Schneiden und Stechen bestimmt und nach ihrer Beschaffenheit hierzu geeignet. Von einem sonstigen Messer unterscheiden sie sich im Wesentlichen lediglich dadurch, dass die Klinge von Hand ausgeklappt werden muss. Dieser Umstand nimmt, worauf der Generalbundesanwalt zu Recht hinweist, einem Taschenmesser aber nicht seine objektive Gefährlichkeit. Ein solches Messer kann wie jedes andere jederzeit gegen Personen gebraucht werden und im Falle seines Einsatzes dem Opfer erhebliche, unter Umständen sogar tödliche Verletzungen zufügen. Die latente Gefahr, die von einem derartigen , von dem Dieb bei der Tat bei sich geführten Taschenmesser ausgeht, ist deshalb nicht in einem Umfang geringer als diejenige von sonstigen Messern mit einer vergleichbar langen feststehenden Klinge, dass nach dem Zweck der Norm eine unterschiedliche Bewertung gerechtfertigt wäre. Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer

(1) Wer eine Handelsplattform im Internet betreibt, deren Zweck darauf ausgerichtet ist, die Begehung von rechtswidrigen Taten zu ermöglichen oder zu fördern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. Rechtswidrige Taten im Sinne des Satzes 1 sind

1.
Verbrechen,
2.
Vergehen nach
a)
den §§ 86, 86a, 91, 130, 147 und 148 Absatz 1 Nummer 3, den §§ 149, 152a und 176a Absatz 2, § 176b Absatz 2, § 180 Absatz 2, § 184b Absatz 1 Satz 2, § 184c Absatz 1, § 184l Absatz 1 und 3, den §§ 202a, 202b, 202c, 202d, 232 und 232a Absatz 1, 2, 5 und 6, nach § 232b Absatz 1, 2 und 4 in Verbindung mit § 232a Absatz 5, nach den §§ 233, 233a, 236, 259 und 260, nach § 261 Absatz 1 und 2 unter den in § 261 Absatz 5 Satz 2 genannten Voraussetzungen sowie nach den §§ 263, 263a, 267, 269, 275, 276, 303a und 303b,
b)
§ 4 Absatz 1 bis 3 des Anti-Doping-Gesetzes,
c)
§ 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, sowie Absatz 2 und 3 des Betäubungsmittelgesetzes,
d)
§ 19 Absatz 1 bis 3 des Grundstoffüberwachungsgesetzes,
e)
§ 4 Absatz 1 und 2 des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes,
f)
§ 95 Absatz 1 bis 3 des Arzneimittelgesetzes,
g)
§ 52 Absatz 1 Nummer 1 und 2 Buchstabe b und c, Absatz 2 und 3 Nummer 1 und 7 sowie Absatz 5 und 6 des Waffengesetzes,
h)
§ 40 Absatz 1 bis 3 des Sprengstoffgesetzes,
i)
§ 13 des Ausgangsstoffgesetzes,
j)
§ 83 Absatz 1 Nummer 4 und 5 sowie Absatz 4 des Kulturgutschutzgesetzes,
k)
den §§ 143, 143a und 144 des Markengesetzes sowie
l)
den §§ 51 und 65 des Designgesetzes.

(2) Handelsplattform im Internet im Sinne dieser Vorschrift ist jede virtuelle Infrastruktur im frei zugänglichen wie im durch technische Vorkehrungen zugangsbeschränkten Bereich des Internets, die Gelegenheit bietet, Menschen, Waren, Dienstleistungen oder Inhalte (§ 11 Absatz 3) anzubieten oder auszutauschen.

(3) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer im Fall des Absatzes 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer bei der Begehung einer Tat nach Absatz 1 beabsichtigt oder weiß, dass die Handelsplattform im Internet den Zweck hat, Verbrechen zu ermöglichen oder zu fördern.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt.

(2) Eine Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.

(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden,

1.
wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat,
2.
wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder
3.
soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen.

(4) Der Versuch, eine in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 bezeichnete Vereinigung zu gründen, ist strafbar.

(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern der Vereinigung gehört. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Zweck oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet ist, in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, b, d bis f und h bis o, Nummer 2 bis 8 und 10 der Strafprozessordnung genannte Straftaten mit Ausnahme der in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe h der Strafprozessordnung genannten Straftaten nach den §§ 239a und 239b des Strafgesetzbuches zu begehen.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, von einer Bestrafung nach den Absätzen 1 und 4 absehen.

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter

1.
sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können;
erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(1) Wer eine Handelsplattform im Internet betreibt, deren Zweck darauf ausgerichtet ist, die Begehung von rechtswidrigen Taten zu ermöglichen oder zu fördern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. Rechtswidrige Taten im Sinne des Satzes 1 sind

1.
Verbrechen,
2.
Vergehen nach
a)
den §§ 86, 86a, 91, 130, 147 und 148 Absatz 1 Nummer 3, den §§ 149, 152a und 176a Absatz 2, § 176b Absatz 2, § 180 Absatz 2, § 184b Absatz 1 Satz 2, § 184c Absatz 1, § 184l Absatz 1 und 3, den §§ 202a, 202b, 202c, 202d, 232 und 232a Absatz 1, 2, 5 und 6, nach § 232b Absatz 1, 2 und 4 in Verbindung mit § 232a Absatz 5, nach den §§ 233, 233a, 236, 259 und 260, nach § 261 Absatz 1 und 2 unter den in § 261 Absatz 5 Satz 2 genannten Voraussetzungen sowie nach den §§ 263, 263a, 267, 269, 275, 276, 303a und 303b,
b)
§ 4 Absatz 1 bis 3 des Anti-Doping-Gesetzes,
c)
§ 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, sowie Absatz 2 und 3 des Betäubungsmittelgesetzes,
d)
§ 19 Absatz 1 bis 3 des Grundstoffüberwachungsgesetzes,
e)
§ 4 Absatz 1 und 2 des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes,
f)
§ 95 Absatz 1 bis 3 des Arzneimittelgesetzes,
g)
§ 52 Absatz 1 Nummer 1 und 2 Buchstabe b und c, Absatz 2 und 3 Nummer 1 und 7 sowie Absatz 5 und 6 des Waffengesetzes,
h)
§ 40 Absatz 1 bis 3 des Sprengstoffgesetzes,
i)
§ 13 des Ausgangsstoffgesetzes,
j)
§ 83 Absatz 1 Nummer 4 und 5 sowie Absatz 4 des Kulturgutschutzgesetzes,
k)
den §§ 143, 143a und 144 des Markengesetzes sowie
l)
den §§ 51 und 65 des Designgesetzes.

(2) Handelsplattform im Internet im Sinne dieser Vorschrift ist jede virtuelle Infrastruktur im frei zugänglichen wie im durch technische Vorkehrungen zugangsbeschränkten Bereich des Internets, die Gelegenheit bietet, Menschen, Waren, Dienstleistungen oder Inhalte (§ 11 Absatz 3) anzubieten oder auszutauschen.

(3) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer im Fall des Absatzes 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer bei der Begehung einer Tat nach Absatz 1 beabsichtigt oder weiß, dass die Handelsplattform im Internet den Zweck hat, Verbrechen zu ermöglichen oder zu fördern.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer eine Handelsplattform im Internet betreibt, deren Zweck darauf ausgerichtet ist, die Begehung von rechtswidrigen Taten zu ermöglichen oder zu fördern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. Rechtswidrige Taten im Sinne des Satzes 1 sind

1.
Verbrechen,
2.
Vergehen nach
a)
den §§ 86, 86a, 91, 130, 147 und 148 Absatz 1 Nummer 3, den §§ 149, 152a und 176a Absatz 2, § 176b Absatz 2, § 180 Absatz 2, § 184b Absatz 1 Satz 2, § 184c Absatz 1, § 184l Absatz 1 und 3, den §§ 202a, 202b, 202c, 202d, 232 und 232a Absatz 1, 2, 5 und 6, nach § 232b Absatz 1, 2 und 4 in Verbindung mit § 232a Absatz 5, nach den §§ 233, 233a, 236, 259 und 260, nach § 261 Absatz 1 und 2 unter den in § 261 Absatz 5 Satz 2 genannten Voraussetzungen sowie nach den §§ 263, 263a, 267, 269, 275, 276, 303a und 303b,
b)
§ 4 Absatz 1 bis 3 des Anti-Doping-Gesetzes,
c)
§ 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, sowie Absatz 2 und 3 des Betäubungsmittelgesetzes,
d)
§ 19 Absatz 1 bis 3 des Grundstoffüberwachungsgesetzes,
e)
§ 4 Absatz 1 und 2 des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes,
f)
§ 95 Absatz 1 bis 3 des Arzneimittelgesetzes,
g)
§ 52 Absatz 1 Nummer 1 und 2 Buchstabe b und c, Absatz 2 und 3 Nummer 1 und 7 sowie Absatz 5 und 6 des Waffengesetzes,
h)
§ 40 Absatz 1 bis 3 des Sprengstoffgesetzes,
i)
§ 13 des Ausgangsstoffgesetzes,
j)
§ 83 Absatz 1 Nummer 4 und 5 sowie Absatz 4 des Kulturgutschutzgesetzes,
k)
den §§ 143, 143a und 144 des Markengesetzes sowie
l)
den §§ 51 und 65 des Designgesetzes.

(2) Handelsplattform im Internet im Sinne dieser Vorschrift ist jede virtuelle Infrastruktur im frei zugänglichen wie im durch technische Vorkehrungen zugangsbeschränkten Bereich des Internets, die Gelegenheit bietet, Menschen, Waren, Dienstleistungen oder Inhalte (§ 11 Absatz 3) anzubieten oder auszutauschen.

(3) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer im Fall des Absatzes 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer bei der Begehung einer Tat nach Absatz 1 beabsichtigt oder weiß, dass die Handelsplattform im Internet den Zweck hat, Verbrechen zu ermöglichen oder zu fördern.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer einen Menschen mit der Begehung einer gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten rechtswidrigen Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutendem Wert bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Ebenso wird bestraft, wer wider besseres Wissen einem Menschen vortäuscht, daß die Verwirklichung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bevorstehe.

(4) Wird die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen, ist in den Fällen des Absatzes 1 auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder auf Geldstrafe und in den Fällen der Absätze 2 und 3 auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder auf Geldstrafe zu erkennen.

(5) Die für die angedrohte Tat geltenden Vorschriften über den Strafantrag sind entsprechend anzuwenden.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

10
a) Eine Körperverletzung im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB begeht, wer seinem Opfer durch ein von außen unmittelbar auf den Körper einwirken- des gefährliches Tatmittel eine Körperverletzung im Sinne von § 223 Abs. 1 StGB beibringt (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschluss vom 30. Juni 2011 – 4 StR 266/11, Tz. 5). Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein fahrendes Kraftfahrzeug, das zur Verletzung einer Person eingesetzt wird, in der Regel als ein solches gefährliches Werkzeug anzusehen (Senatsbeschluss aaO; Senatsbeschluss vom 16. Januar 2007 – 4 StR 524/06, NStZ 2007, 405). Wird eine Person durch ein gezieltes Anfahren zu Fall gebracht, kann darin eine gefährliche Körperverletzung im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB liegen, wenn bereits durch den Anstoß eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens und damit eine körperliche Misshandlung gemäß § 223 Abs. 1 StGB ausgelöst worden ist. Erst infolge des anschließenden Sturzes erlittene Verletzungen sind dagegen nicht auf den unmittelbaren Kontakt zwischen Kraftfahrzeug und Körper zurückzuführen, sodass eine Verurteilung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB allein darauf nicht gestützt werden kann (Senatsbeschlüsse vom 30. Juni 2011 sowie vom 16. Januar 2007, jeweils aaO).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 275/13
vom
30. Juli 2013
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführerin am 30. Juli 2013 gemäß § 206a StPO
und § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankenthal vom 15. März 2013 wird 1. das Verfahren im Fall II. 5 der Urteilsgründe eingestellt; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten der Staatskasse zur Last; 2. das vorbezeichnete Urteil im Übrigen mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung – auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels – an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte freigesprochen, ihre Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet und Maßregeln nach den §§ 69, 69a StGB verhängt. Hiergegen richtet sich ihre auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision. Das Verfahren ist hinsichtlich einer Tat einzustellen , weil es an einer Verfahrensvoraussetzung fehlt. Das Rechtsmittel hat auch im Übrigen Erfolg. Die Unterbringungsentscheidung ist nicht tragfähig begründet.

I.


2
Nach den Feststellungen des sachverständig beratenen Landgerichts leidet die Angeklagte an einer schizoaffektiven Psychose gemäß ICD 10, F 25.0. Im Jahr 2006 wurde sie erstmalig im Pfalzklinikum für Psychiatrie in Klingenmünster stationär aufgenommen. Danach kam es zu weiteren Aufenthalten u.a. wegen Ängsten vor ihrem Vater und Verfolgungsideen.
3
Am 24. Januar 2011 bezeichnete die Angeklagte die Zeugin H. anlässlich eines Gerichtstermins im Sorgerechtsverfahren über ihre Kinder als „Schlampe“ und versetzteihr eine Ohrfeige (Fall II. 10 der Urteilsgründe). Am 12. März 2011 entwendete sie in einem Drogeriemarkt einen Duftanhänger. Als sie deshalb von der Zeugin W. ins Büro gebeten wurde, bezeichnete sie diese als „blöde Fotze“ und entfernte sich. Kurze Zeitdarauf kehrte sie zurück und beleidigte die Zeugin W. erneut. Als sie die Filialleiterin daraufhin aus dem Geschäft verwies, schlug ihr die Angeklagte zweimal in das Gesicht und zerrte ihr an den Haaren. Dem eingreifenden Zeugen A. zerriss sie das Polo-Shirt, kratzte ihn und beschimpfte ihn als „Kanaken“ (Fall II. 11 der Urteilsgründe). Am 29. Juli 2011 trat die Angeklagte ihrer Schwester im Rahmen einer verbalen Auseinandersetzung auf den Fuß. Als sie von ihrer Schwester „in den Schwitzkasten“ genommen wurde, biss sie ihr in den linken Oberarm und in die linke Brust. Von dem Biss in die Brust konnte die Geschädigte nur mit Hilfe von Familienmitgliedern gelöst werden. Im weiteren Verlauf warf die Angeklagte ihrer Schwester einen Schlüssel in den Rücken und riss von hinten mit aller Kraft an ihrem Pullover. Infolgedessen konnte die Geschä- digte zwar noch atmen, aber nicht mehr richtig sprechen (Fall II. 1 der Urteilsgründe ). Im Verlauf des 13. November 2011 und am 18. November 2011 schickte die Angeklagte der Zeugin T. vier beleidigende Kurznachrichten (Fälle II. 2 bis 5 der Urteilsgründe) und zerkratzte am 25. November 2011 die Motorhaube des Pkw des Zeugen F. , wodurch ein Schaden in Höhe von ca. 500 Euro entstand (Fall II. 6 der Urteilsgründe). Am Nachmittag des 26. November 2011 bezeichnete die Angeklagte die jugendlichen Zeitungsausträger D. und A. K. , die auf der Straße mit ihren Fahrrädern un- terwegs waren, als „Juden“ und „Schwarzarbeiter“ und warf ihnen vor, zu „stinken“ und Menschen zu „killen“. Anschließend fuhr sie mit ihrem Pkw hinter den mit ihren Fahrrädern wegfahrenden Zeugen her. Als D. K. deshalb aus Angst in eine Seitenstraße abbog, folgte ihm die Angeklagte nach. Nachdem D. K. hinter einem Stromkasten Schutz gesucht hatte, fuhr die Angeklagte in einem Abstand von nur etwa 30 cm an ihm vorbei. D. K. kehrte daraufhin sogleich zu seinem Bruder A. zurück und warnte ihn vor der Angeklagten. Als beide mit ihren Fahrrädern nebeneinander auf der Straße und dem angrenzenden Gehweg fuhren, fuhr die Angeklagte mit ihrem Pkw zielgerichtet auf den Zeugen A. K. auf, der dadurch von seinem Fahrrad stürzte. A. K. spürte sofort Schmerzen am Rücken und hatte Schwierigkeiten beim Atmen. An seinem Fahrrad entstand ein Schaden in Höhe von ca. 100 Euro. Die Angeklagte beschleunigte ihr Fahrzeug und entfernte sich ohne anzuhalten (Fälle II. 7 bis 9 der Urteilsgründe).
4
Das Landgericht hat die Taten der Angeklagten ohne nähere Zuordnung als Beleidigung in neun Fällen, Sachbeschädigung in zwei Fällen, Diebstahl, unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr nach § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB und Körperverletzung in sechs Fällen gewertet , wobei es sich in einem Fall um eine gefährliche Körperverletzung ge- mäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB und in einem Fall um eine versuchte gefährliche Körperverletzung gehandelt haben soll (UA S. 15). Bei den Taten am 12. März 2011 (Fall II. 11 der Urteilsgründe), 29. Juli 2011 (Fall II. 1 der Urteilsgründe) und 26. November 2011 (Fälle II. 7 bis 9 der Urteilsgründe) sei die Schuldfähigkeit der Angeklagten infolge der bestehenden schizoaffektiven Psychose sicher aufgehoben gewesen. Bezüglich der weiteren Taten könne dies nicht ausgeschlossen werden (UA S. 16 f.). Die Angeklagte sei deshalb von allen Vorwürfen freizusprechen. Ihre Unterbringung nach § 63 StGB habe angeordnet werden müssen, weil von ihr in Folge ihres Krankheitsbildes auch in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten seien. Dabei könne es insbesondere auch zu erneuten Tätlichkeiten wie zum Nachteil der ZeugenK. kommen. Die Angeklagte sei deshalb für die Allgemeinheit gefährlich (UA S. 17).

II.


5
Im Fall II. 5 der Urteilsgründe ist das Verfahren gemäß § 206a StPO einzustellen , weil es insoweit an dem gemäß § 194 Abs. 1 Satz 1 StGB erforderlichen schriftlichen (§ 158 Abs. 2 StPO) Strafantrag der von der beleidigenden Äußerung betroffenen Zeugin T. fehlt. Bei den Akten befindet sich lediglich ein Strafantrag dieser Zeugin vom 14. November 2011 (Fallakte III. Bl. 6), der sich nur auf die Vorfälle unter II. 2 bis 4 der Urteilsgründe bezieht.

III.


6
Die Anordnung der Unterbringung der Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
7
1. Die zu den Anlasstaten und dem psychischen Zustand der Angeklagten getroffenen Feststellungen und Wertungen sind lückenhaft und unklar.
8
a) Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB darf nur angeordnet werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende bei der Begehung der den Anlass für die Unterbringung bildenden rechtswidrigen Taten aufgrund eines psychischen Defekts schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war und die Tatbegehung hierauf beruht (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Januar 2013 – 4 StR 520/12, NStZ-RR 2013, 141; Beschluss vom 11. März 2009 – 2 StR 42/09, NStZ-RR 2009, 198; Beschluss vom 8. April 2003 – 3 StR 79/03, NStZ-RR 2003, 232). Hierzu enthält das angefochtene Urteil keine ausreichenden Feststellungen.
9
aa) Soweit das Landgericht im Anschluss an die Sachverständige davon ausgeht, dass die Angeklagte an einer schizoaffektiven Psychose gemäß ICD 10, F 25.0 erkrankt ist, werden die diese Bewertung tragenden Anknüpfungs - und Befundtatsachen nicht in ausreichendem Umfang wiedergegeben (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2012 – 4 StR 348/12 Rn. 8, NStZ 2013, 424 [insoweit nicht abgedruckt]; Beschluss vom 29. Mai 2012 – 2 StR 139/12, NStZ-RR 2012, 306, 307; Beschluss vom 14. September 2010 – 5 StR 229/10 Rn. 8). Die Urteilsgründe beschränken sich auf eine Mitteilung der Diagnose und knappe – allgemein gehaltene – Ausführungen zu dem bei der Angeklagten seit dem Jahr 2006 bestehenden Krankheitserleben (UA S. 16). Zu den konkreten Auswirkungen der Erkrankung verhält sich das Urteil nicht, sodass weder die Diagnose noch der symptomatische Zusammenhang zwischen der Erkrankung der Angeklagten und ihren Taten nachvollzogen werden kann.
10
bb) Eine Schuldunfähigkeit der Angeklagten wird nur hinsichtlich der Taten vom 29. Juli 2011 (Fall II. 1 der Urteilsgründe), 12. März 2011 (Fall II. 11 der Urteilsgründe) und 26. November 2011 (Fälle II. 7 und 8 der Urteilsgründe) zweifelsfrei festgestellt (UA S. 16). Hinsichtlich der übrigen Taten vermochte das Landgericht lediglich nicht auszuschließen, dass die Angeklagte im Zeitpunkt der Tatbegehung schuldunfähig war (UA S. 17). Da es für diese Taten daneben an einer eindeutigen Bejahung der Voraussetzungen des § 21 StGB fehlt, konnten sie nicht als Anlasstaten herangezogen werden.
11
b) Die Wertung des Landgerichts, die Angeklagte habe alsAnlasstaten unter anderem eine vollendete und eine versuchte gefährliche Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB) begangen (UA S. 15), findet im Urteil keine Grundlage. Da das Landgericht auf eine Darlegung der rechtlichen Subsumtion verzichtet hat, bleibt unklar, welche der geschilderten Vorfälle diese Bewertung tragen sollen.
12
Das Auffahren mit dem Pkw auf das Fahrrad des ZeugenA. K. und dessen anschließender – zu Rückenschmerzen und Atemnot führender – Sturz (Fall II. 8 der Urteilsgründe) können die Annahme einer vollendeten gefährlichen Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht rechtfertigen. Eine gefährliche Körperverletzung im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB begeht, wer seinem Opfer durch ein von außen unmittelbar auf den Körper einwirkendes gefährliches Tatmittel eine Körperverletzung im Sinne von § 223 Abs. 1 StGB beibringt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2012 – 4 StR 292/12 Rn. 10, StV 2013, 438 f.; Beschluss vom 30. Juni 2011 – 4 StR 266/11 Tz. 5). Wird – wie hier – eine Person durch ein gezieltes Anfah- ren mit einem Kraftfahrzeug zu Fall gebracht, setzt die Annahme einer gefährlichen Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB voraus, dass bereits durch den Anstoß eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens und damit eine körperliche Misshandlung gemäß § 223 Abs. 1 StGB ausgelöst worden ist. Erst infolge des anschließenden Sturzes erlittene Verletzungen, die nicht auf den unmittelbaren Kontakt zwischen Kraftfahrzeug und Körper zurückzuführen sind, können für sich allein die Beurteilung als gefährliche Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht tragen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2012 – 4 StR 292/12 Rn. 10 aaO; Beschluss vom 30. Juni 2011 – 4 StR 266/11 Tz. 5; Beschluss vom 16. Januar 2007 – 4 StR 524/06, NStZ 2007, 405).
13
Die Feststellungen zu dem Wurf mit dem Schlüssel (Fall II. 1 der Urteilsgründe ) lassen eine Bewertung als gefährliche Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht zu, weil schon nicht zu ersehen ist, ob hierdurch überhaupt eine Gesundheitsschädigung hervorgerufen wurde.
14
Auch das Vorliegen einer versuchten gefährlichen Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 StGB) wird nicht ausreichend mit Tatsachen belegt. Soweit die Angeklagte an dem hinter einem Stromkasten Schutz suchenden Zeugen D. K. mit ihrem Pkw in einem Abstand von 30 cm vorbeigefahren ist (Fall II. 8 der Urteilsgründe), bleibt offen, welches Ziel sie dabei verfolgte. Der für die Annahme einer Versuchsstrafbarkeit erforderliche Tatentschluss ist damit nicht dargetan.
15
2. Die Gefährlichkeitsprognose begegnet ebenfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
16
a) Eine Unterbringung nach § 63 StGB kommt nur in Betracht, wenn eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades dafür besteht, dass der Täter infolge seines Zustands in Zukunft Taten begehen wird, die eine schwere Störung des Rechtsfriedens zur Folge haben (BGH, Urteil vom 2. März 2011 – 2 StR 550/10, NStZ-RR 2011, 240, 241; Beschluss vom 22. Februar 2011 – 4 StR 635/10, NStZ-RR 2011, 202). Ob eine zu erwartende Straftat zu einer schweren Störung des Rechtsfriedens führt, muss anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls entschieden werden (BGH, Beschluss vom 16. Januar 2013 – 4 StR 520/12 aaO; Beschluss vom 22. Februar 2011 – 4 StR 635/10, NStZ-RR 2011, 202; Beschluss vom 26. April 2001 – 4 StR 538/00, StV 2002, 477 f.). Die erforderliche Prognose ist auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung der Persönlichkeit des Täters, seines Vorlebens und der von ihm begangenen Anlasstaten zu entwickeln (BGH, Beschluss vom 16. Januar 2013 – 4 StR 520/12 aaO; Beschluss vom 26. September 2012 – 4 StR 348/12 aaO; Urteil vom 17. November 1999 – 2 StR 453/99, BGHR StGB § 63 Gefährlichkeit 27). An die Darlegungen und die vorzunehmende Abwägung sind umso höhere Anforderungen zu stellen, je mehr es sich bei dem zu beurteilenden Sachverhalt unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (§ 62 StGB) um einen Grenzfall handelt (BGH, Beschluss vom 16. Januar 2013 – 4 StR 520/12 aaO; Beschluss vom 26. September 2012 – 4 StR 348/12 aaO; Beschluss vom 4. Juli 2012 – 4 StR 224/12 Rn. 8; Beschluss vom 8. November 2006 – 2 StR 465/06, NStZ-RR 2007, 73, 74).
17
b) Diesen Maßstäben werden die Erwägungen des Landgerichts nicht gerecht. Eine die Biographie der Angeklagten und ihre Krankheitsgeschichte in den Blick nehmende Gesamtwürdigung wurde nicht erkennbar vorgenommen. Vor dem Hintergrund der eher dem unteren Kriminalitätsbereich zuzuordnenden verfahrensgegenständlichen Taten, wäre es insbesondere erforderlich gewesen , die früheren Straftaten der Angeklagten, die im Jahr 2007 wegen gefährlicher Körperverletzung, im Jahr 2009 wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung, Sachbeschädigung und versuchtem Diebstahl und im Jahr 2010 wegen Diebstahl, Betrug, Körperverletzung und Beleidigung jeweils zu Bewährungsstrafen verurteilt werden musste, näher zu erörtern und darzulegen, welche Schlüsse aus diesen Taten für das bei der Angeklagten bestehende individuelle Delinquenzrisiko zu ziehen sind (vgl. Boetticher/Kröber/ Müller-Isberner/Böhm/Müller-Metz/Wolf, NStZ 2006, 537, 543). Dies gilt umso mehr, als die 2010 abgeurteilten Taten „jeweils im Zustand verminderter Schuldfähigkeit“ (UA S. 5) begangen wurden und sich deshalb ein Bezug zur Krankheitsgeschichte der Angeklagten aufdrängt. Schließlich hätte auch erkennbar Berücksichtigung finden müssen, dass die Angeklagte im Oktober 2012 freiwillig das Pfalzklinikum zur Behandlung aufsuchte, nachdem sie im Sommer 2012 wieder verstärkt unter Verfolgungsideen litt (UA S. 3).
18
3. Die Sache bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung. Der Senat war durch den Umstand, dass allein die Angeklagte Revision eingelegt hat, nicht gehindert, auch den Freispruch aufzuheben. Wird die Anordnung einer Unterbringung nach § 63 StGB auf eine Revision des Angeklagten hin aufgehoben, hindert das Schlechterstellungsverbot des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO den neuen Tatrichter nicht daran, an Stelle einer Unterbringung nunmehr eine Strafe zu verhängen (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO). Dadurch soll vermieden werden, dass die erfolgreiche Revision eines Angeklagten gegen die alleinige Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus dazu führt, dass eine Tat, die wegen angenommener Schuldunfähigkeit gemäß § 20 StGB nicht zu einer Bestrafung geführt hat, ohne strafrechtliche Sanktion bleibt, wenn sich in der neuen Hauptverhandlung herausstellt, dass der Angeklagte bei Begehung der Tat schuldfähig war (BT-Drucks. 16/1344, S. 17). Dieses gesetzgeberische Ziel kann nur erreicht werden, wenn das Revisionsgericht in diesen Fällen nicht nur die auf rechtsfehlerhaften Feststellungen zur Schuldfähigkeit beruhende Maßregelanordnung, sondern auch den hierauf gestützten Freispruch aufhebt (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2012 – 4 StR 348/12 aaO; Beschluss vom 29. Mai 2012 – 2 StR 139/12, NStZ-RR 2012, 306, 307; Beschluss vom 14. September 2010 – 5 StR 229/10, NStZ-RR 2011, 320; Beschluss vom 27. Oktober 2009 – 3 StR 369/09 Rn. 9).
Sost-Scheible Roggenbuck Mutzbauer
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR200/14
vom
4. November 2014
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 4. November 2014 gemäß § 154
Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO analog beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 23. Mai 2013 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte in den Fällen II.1.a und II.6.a der Urteilsgründe wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr verurteilt ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) das vorbezeichnete Urteil aa) im Fall II.9.a der Urteilsgründe im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr schuldig ist; bb) im Strafausspruch hinsichtlich Fall II.9.a der Urteilsgründe und im Gesamtstrafenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
c) Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in sechs Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung (Fall II.9.a der Urteilsgründe), wegen Sachbeschädigung in zwei Fällen, wegen Betruges in neun Fällen, versuchten Betruges in drei Fällen und wegen Vortäuschens einer Straftat zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Ferner hat es angeordnet, dass drei Monate der Gesamtstrafe wegen überlanger Verfahrensdauer als vollstreckt gelten. Gegen diese Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit der Revision, die er auf mehrere Verfahrensrügen und die ausgeführte Sachrüge stützt. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Auf Antrag des Generalbundesanwalts stellt der Senat das Verfahren nach § 154 Abs. 2 StPO ein, soweit der Angeklagte in den Fällen II.1.a und II.6.a der Urteilsgründe wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr verurteilt worden ist.
3
2. Die (tateinheitliche) Verurteilung wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB im Fall II.9.a der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung nicht stand, weil sich aus den Urteilsgründen nicht ergibt, dass der Angeklagte den erforderlichen Tatvorsatz hatte.
4
a) Nach den Feststellungen fasste der mit seinem Pkw vor einer Rotlicht zeigenden Ampel wartende Angeklagte den Entschluss, einen Anstoß mit dem direkt vor ihm stehenden Motorroller des Zeugen E. zu provozieren. Als die Ampelanlage grünes Licht zeigte, überholte er E. und scherte ohne zu blinken direkt vor ihm ein. Dabei stieß er mit der rechten hinteren Fahrzeugseite gegen die linke Seite des Motorrollers. Der mit ca. 40 bis 50 km/h fahrende E. konnte einen Sturz nur mit großer Mühe verhindern. Das Landgericht hat zwar angenommen, dass der Angeklagte erhebliche Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit des Zeugen billigend in Kauf nahm, hierzu in der rechtlichen Würdigung aber weiter ausgeführt , dass sich diese Inkaufnahme auf einen Sturz und dadurch ausgelöste Verletzungen bezog.
5
b) Damit ist nicht belegt, dass der Angeklagte mit dem für die Annahme einer versuchten gefährlichen Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB erforderlichen Vorsatz gehandelt hat.
6
Einen auf die Begehung einer gefährlichen Körperverletzung in der Variante des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB gerichteten Vorsatz hat, wer eine andere Person durch ein von außen unmittelbar auf den Körper einwirkendes gefährliches Tatmittel im Sinne von § 223 Abs. 1 StGB misshandeln oder an der Gesundheit beschädigen will oder dies zumindest billigend in Kauf nimmt (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2013 – 4 StR 551/12, Rn. 24; Beschluss vom 25. April 2012 – 4 StR 30/12, NStZ 2012, 697, 698; Beschluss vom 30. Juni 2011 – 4 StR 266/11, Rn. 5). Fährt der Täter mit einem Pkw auf einen anderen Verkehrsteilnehmer zu, ist der innere Tatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB daher nur dann erfüllt, wenn er sich dabei wenigstens mit der Möglichkeit abgefunden hat, dass die betroffene Person angefahren oder überfahren wird und unmittelbar hierdurch eine Körperverletzung erleidet (BGH, Beschluss vom 14. Januar 2014 – 4 StR 453/13; Beschluss vom 30. Juli 2013 – 4 StR 275/13, NStZ 2014, 36 f.; Beschluss vom 16. Januar 2007 – 4 StR 524/06, NStZ 2007, 405; Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 224 Rn. 5). Rechnet der Täter – wie hier – dagegen nur mit Verletzungen infolge von Ausweichbewegungen oder einem Sturz, scheidet die Annahme einer versuchten gefährlichen Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB aus (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2013 – 4 StR 551/12, NStZ-RR 2013, 369 f.).
7
3. Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen getroffen werden können, die eine Verurteilung wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB rechtfertigen würden. Da die Annahme einer versuchten vorsätzlichen Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 2, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB nicht in Betracht kommt, weil es an den Voraussetzungen des § 230 Abs. 1 StGB fehlt, ist der Angeklagte im Fall II.9.a der Urteilsgründe nur des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr gemäß § 315b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 i.V.m. § 315 Abs. 3 Nr. 1a und 1b StGB schuldig. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab (§ 354 Abs. 1 StPO analog). § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich derAngeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
8
4. Die Schuldspruchänderung hat die Aufhebung der Einzelstrafe im Fall II.9.a der Urteilsgründe zur Folge, weil das Landgericht bei der Bemessung der dem Strafrahmen des § 315b Abs. 3 StGB entnommenen Strafe ausdrücklich zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt hat, dass er tateinheitlich einer versuchten gefährlichen Körperverletzung schuldig ist. Dies und das durch die Teileinstellung gemäß § 154 Abs. 2 StPO bedingte Entfallen der in den Fällen II.1.a und II.6.a der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 158/12
vom
17. Juli 2012
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 17. Juli
2012 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO analog einstimmig

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 18. Oktober 2011, soweit es ihn betrifft , im Schuldspruch dahin geändert sowie neu gefasst, dass der Angeklagte wegen besonders schweren Raubes, wegen vorsätzlicher Körperverletzung sowie wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt ist. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels sowie die dem Nebenkläger S. im Revisionsverfahren hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "schweren Raubes" sowie gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen unter Einbeziehung dreier weiterer Verurteilungen zu der Jugendstrafe von vier Jahren verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts.
Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg ; im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Der Senat hat den Schuldspruch dahin neu gefasst, dass der Angeklagte hinsichtlich der Tat vom 9. Januar 2010 (B. II. 1 der Urteilsgründe) wegen besonders schweren Raubes verurteilt ist. Die Jugendkammer hat den Angeklagten insoweit rechtsfehlerfrei einer Tat nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB für schuldig befunden, ohne dies allerdings im Schuldspruch zum Ausdruck zu bringen. Dies holt der Senat nach, weil die von § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO geforderte rechtliche Bezeichnung der Straftat eine Kennzeichnung der begangenen Qualifikation erfordert (BGH, Beschluss vom 3. September 2009 - 3 StR 297/09, NStZ 2010, 101; BGH, Beschluss vom 12. Juni 2012 - 3 StR 186/12).
3
2. Der Schuldspruch für die unter B. I. der Urteilsgründe festgestellte Tat vom 29. Mai 2010 hat keinen Bestand. Der Senat ändert diesen in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO dahin ab, dass sich der Angeklagte nur einer vorsätzlichen Körperverletzung schuldig gemacht hat. Der Ausspruch über die Einheitsjugendstrafe bleibt davon unberührt.
4
a) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen schlug der Angeklagte , der sich in einer Gruppe Jugendlicher aufhielt, die mit der Gruppe um den Geschädigten R. in einen zunächst verbal ausgetragenen Streit geraten war, diesem unvermittelt mit der Faust ins Gesicht, so dass er zu Boden fiel. Dabei war dem Angeklagten klar, dass er sich in der nun erwartungsgemäß folgenden Schlägerei auf seine Freunde verlassen könne. Tatsächlich kam es in der Folge zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen den Mitgliedern der beiden Gruppen, in deren Verlauf es zu weiteren Straftaten eines Mitangeklagten kam, die dem Angeklagten aber nicht zuzurechnen waren.
5
b) Danach hat sich der Angeklagte nicht der gefährlichen Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB schuldig gemacht. Zur Erfüllung dieses Qualifikationstatbestandes genügt es zwar, wenn ein am Tatort anwesender Tatgenosse die Wirkung der Körperverletzungshandlung des Täters bewusst in einer Weise verstärkt, welche die Lage des Verletzten zu verschlechtern geeignet ist (BGH, Urteil vom 3. September 2002 - 5 StR 210/02, BGHSt 47, 383). Daran fehlt es hier indes. Den Feststellungen kann nur entnommen werden, dass der Angeklagte auf die Hilfe seiner Freunde bei der erwarteten folgenden Schlägerei vertraute, nicht aber, dass diese ihn zum Zeitpunkt seiner anfänglichen Körperverletzungshandlung in irgendeiner Form unterstützt hätten.
6
Unter den gegebenen Umständen kann der Senat ausschließen, dass eine neue Hauptverhandlung zu weitergehenden, einen Schuldspruch nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB rechtfertigenden Feststellungen führen könnte. Er ändert den Schuldspruch daher insoweit dahin ab, dass der Angeklagte nur einer vorsätzlichen Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB) schuldig ist. Dem steht § 265 StPO nicht entgegen, weil der Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
7
c) Die Änderung des Schuldspruchs lässt den Ausspruch über die Strafe unberührt. Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe kann noch hinreichend entnommen werden, dass das Landgericht rechtsfehlerfrei schädliche Neigungen des Angeklagten im Sinne des § 17 Abs. 2 JGG angenommen hat. Der Senat kann im Hinblick auf die beiden anderen abgeurteilten Taten sowie die drei einbezogenen Urteile ausschließen, dass das Landgericht im Falle einer Verurteilung nur wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer milderen Strafe gelangt wäre, zumal es die abgeurteilte Körperverletzungshandlung als minderschweren Fall gewertet hat.
8
Der geringe Teilerfolg rechtfertigt eine Ermäßigung der Gebühr und die Auferlegung eines Teils der Auslagen auf die Staatskasse nach § 473 Abs. 4 StPO nicht.
Becker Schäfer Mayer Gericke Spaniol

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 1 7 1 / 1 5
vom
30. Juni 2015
in der Strafsache
gegen
wegen räuberischer Erpressung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 30. Juni
2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mainz vom 22. Dezember 2014, soweit es ihn betrifft, im Schuldspruch dahin geändert, dass er der räuberischen Erpressung in Tateinheit mit Körperverletzung schuldig ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zur Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision.
2
Das Rechtsmittel führt lediglich zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Der - zu der rechtsfehlerfreien Verurteilung wegen räuberischer Erpressung - tateinheitlich hinzutretende Schuldspruch wegen gefährlicher Körperverletzung kann keinen Bestand haben.
4
a) Das Landgericht hat hierzu festgestellt, dass der Angeklagte - wie zuvor mit dem gesondert Verfolgten E. abgesprochen - als "Lockvogel" agierte und den Nebenkläger und dessen Frau an einem Gebüsch vorbeiführte, in dem sich E. und ein weiterer Mittäter versteckt hielten. Beim Passieren der Stelle sprangen E. und der Mittäter, der sich im Folgenden allerdings absprachewidrig passiv verhielt, unvermittelt aus dem Gebüsch, um - wie von Anfang an geplant - den Nebenkläger zu berauben und dabei gegebenenfalls auch Gewalt anzuwenden. Der gesondert Verfolgte E. versetzte dem Nebenkläger sofort einen Faustschlag und forderte die Herausgabe des mitgeführten Geldes. Der Angeklagte beteiligte sich an dem Angriff auf den Nebenkläger nicht eigenhändig; vielmehr brachte er die Ehefrau des Nebenklägers, die fliehen wollte, zu Fall und drohte ihr, er werde "die Knarre" zücken, wenn sie nicht liegenbleibe.
5
Die Strafkammer hat in der rechtlichen Würdigung ausgeführt, die von E. gegen den Nebenkläger ausgeführten Gewalthandlungen müsse sich der Angeklagte nach den Regeln der Mittäterschaft zurechnen lassen; er habe über die ihm zugedachte Rolle als "Lockvogel" hinaus aus Eigeninteresse am Erfolg der Tat auch selbst Gewalt gegen die Ehefrau des Nebenklägers angewendet und diese mit weiterer Gewalt bedroht. Die im Rahmen des gemeinsamen Wirkens beigebrachten Verletzungen hätten die Täter im Übrigen gemeinschaftlich im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB begangen.
6
b) Diese rechtliche Würdigung erweist sich als nicht frei von Rechtsfehlern.
7
Zwar begegnet die Beurteilung, der Angeklagte müsse sich auch die Gewalthandlungen des E. als Mittäter zurechnen lassen, insbesondere angesichts des festgestellten Eigeninteresses des Angeklagten am Erfolg der Tat keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Indes ergeben die Feststellungen nicht, dass der Angeklagte Mittäter einer gefährlichen Körperverletzung in Gestalt einer mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begangenen Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB war, denn es fehlt an der gemeinschaftlichen Begehungsweise im Sinne der Vorschrift: Diese Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn Täter und Beteiligter bei Begehung der Körperverletzung einverständlich zusammenwirken. Daran fehlt es indes, wenn sich - wie hier der Nebenkläger und seine Frau - mehrere Opfer jeweils nur einem Angreifer ausgesetzt sehen, ohne dass die Positionen ausgetauscht werden (LK/Lilie, StGB, 11. Aufl., § 224 Rn. 35; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, StGB, 29. Aufl., § 224 Rn. 11b; MüKoStGB/Hardtung, 2. Aufl., § 224 Rn. 34; Gerhold, Jura 2010, 379, 380). Denn in diesem Fall stehen dem jeweiligen Opfer die Beteiligten gerade nicht gemeinschaftlich gegenüber. Damit fehlt es an dem Grund für die Strafschärfung des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB, der in der erhöhten abstrakten Gefährlichkeit der Tat liegt, weil einem Geschädigten mehrere Angreifer körperlich gegenüber stehen und er deshalb in seiner Verteidigungsmöglichkeit tatsächlich oder vermeintlich eingeschränkt ist (LK/Lilie aaO; OLG Schleswig, Beschluss vom 17. November 2009 - 2 Ss 201/09, juris Rn. 14; Gerhold aaO).
8
c) Da der Angeklagte aber nach der - wie dargelegt - rechtsfehlerfreien Wertung der Strafkammer Mittäter der von dem gesondert Verfolgten E. zum Nachteil des Nebenklägers begangenen (einfachen) Körperverletzung war, konnte der Senat den Schuldspruch entsprechend ändern (§ 354 Abs. 1 StPO). Soweit der Angeklagte sich auch der Körperverletzung zu Lasten der Ehefrau des Nebenklägers schuldig gemacht haben könnte, fehlt es an dem nach § 230 Abs. 1 StGB erforderlichen Strafantrag.
9
2. Der Strafausspruch wird von der Änderung des Schuldspruchs nicht berührt. Der Senat kann angesichts des von dem Rechtsfehler nicht betroffenen und im Zentrum des Vorwurfs stehenden Schuldspruch wegen räuberischer Erpressung und mit Blick auf die in erster Linie mit dem notwendigen Erziehungsbedarf begründete Höhe der Jugendstrafe ausschließen, dass das Landgericht eine niedrigere Strafe verhängt hätte, wenn es - rechtlich zutreffend - lediglich von einer tateinheitlich verwirklichten einfachen Körperverletzung ausgegangen wäre.
Becker Hubert Mayer Gericke Spaniol

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 93/17
vom
25. Juli 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:250717B3STR93.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 25. Juli 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig beschlossen :
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird
a) das Urteil des Landgerichts Trier vom 4. November 2016 in den Schuldsprüchen dahin geändert, dass die Angeklagten im Fall 2 der Urteilsgründe wie folgt schuldig sind: aa) die Angeklagten E. und A. der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, der Angeklagte E. zusätzlich in Tateinheit mit Beleidigung; bb) der Angeklagte H. der Körperverletzung in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte ;
b) das vorgenannte Urteil aufgehoben aa) im Fall 1 der Urteilsgründe mit den zugehörigen Feststellungen, soweit es die Angeklagten H. und E. betrifft; bb) in den (verbleibenden) Strafaussprüchen; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten wie folgt verurteilt: die Angeklagten H. und E. jeweils wegen gefährlicher Körperverletzung in drei tateinheitlichen Fällen und wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in zwei tateinheitlichen Fällen - den Angeklagten E. insoweit zusätzlich in weiterer Tateinheit mit Beleidigung - zu Gesamtfreiheitsstrafen von drei Jahren (Angeklagter H. ) bzw. vier Jahren (Angeklagter E. ) und den Angeklagten A. wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in zwei tateinheitlichen Fällen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten ; im Übrigen hat es den Angeklagten A. freigesprochen. Die Beschwerdeführer wenden sich mit ihren Revisionen gegen ihre Verurteilungen und rügen die Verletzung materiellen Rechts; der Angeklagte A. beanstandet zudem das Verfahren. Die Rechtsmittel haben den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen erweisen sie sich als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
I. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
3
Die Angeklagten beschlossen in der Tatnacht, nachdem sie an einem Clubtreffen des Motorradclubs C. MC teilgenommen hatten, gemeinsam mit zwei Bekannten eine Kneipentour durch T. zu unternehmen. Sie tranken dabei Alkohol, ohne dass festgestellt werden konnte, was genau und wieviel jeder von ihnen zu sich nahm. Gegen 5:30 Uhr morgens begegneten sie den später Geschädigten und deren Begleiterin, die von einer Weihnachtsfeier kamen , dort ebenfalls Alkohol getrunken hatten und leicht angetrunken waren. Eine Person aus der Gruppe um die Angeklagten hob einen Gullideckel aus seiner Fassung und legte ihn mitten auf die Straße. Dies sah der Zeuge M. , war darüber verärgert, äußerte dies laut und begann, den Deckel wieder zurückzuschieben. Darauf entwickelte sich eine zunächst verbale Auseinandersetzung zwischen dem Zeugen und den Angeklagten H. und E. , die kurz darauf begannen, auf M. und die beiden anderen Geschädigten , die Zeugen K. und V. , einzuschlagen und davon auch nicht abließen, als die Zeugen zu Boden gegangen waren. Der Angeklagte E. schlug dem Zeugen V. unter anderem mit der Faust ins Gesicht; weitere konkrete Feststellungen dazu, wer wie oft und wen schlug, hat das Landgericht nicht treffen können (Fall 1 der Urteilsgründe).
4
Dem Zeugen M. gelang es, sich zu befreien und loszulaufen, um Hilfe zu holen. Er traf nach etwa 100 Metern auf zwei uniformierte Polizisten, die sich mit ihm zurück zum Tatort begaben. Der Angeklagte H. schlug zu diesem Zeitpunkt noch auf einen der Geschädigten ein, ohne dass aufgeklärt werden konnte, auf wen. PHK S. gab sich sofort als Polizeibeamter zu erkennen und forderte H. auf, den Angriff zu beenden. Dieser ließ daraufhin von seinem Opfer ab und wollte - wie auch der Rest der Gruppe um die Angeklagten - fliehen. PHK S. setzte den Angeklagten nach und befahl ihnen, stehen zu bleiben. Der Angeklagte E. fragte daraufhin: "Was willst du Scheißbulle machen, wenn nicht?", und schlug ihm unmittelbar danach vor die Brust. Der Angeklagte A. war währenddessen hinter PHK S. hergegangen und versetzte ihm von der Seite einen Faustschlag, so dass er zu Boden ging. Sodann schlugen und traten die Angeklagten A. undE. - teils massiv - gemeinsam auf Kopf und Körper des Polizeibeamten ein, der versuchte , sich mit seinem Schlagstock zu schützen und diesen auch zu Schlägen einsetzte. Nachdem der Angeklagte A. , der weiter auf PHK S. hatte einwirken wollen, von einer unbekannten Person weggezogen worden war, kniete der Angeklagte E. auf dem immer noch am Boden liegenden Polizeibeamten. In diesem Moment kam ihm die zweite Polizistin, PK'in B. , zu Hilfe und schlug dem Angeklagten E. mit ihrem Schlagstock auf den Rücken. Dies nahm wiederum der Angeklagte H. zum Anlass, PK'in B. wegzuziehen und ihr einen Faustschlag zu versetzen. In der rechtlichen Würdigung hat die Strafkammer ausgeführt, dass der Angriff der Angeklagten A. undE. auf PHK S. nicht ausschließbar bereits beendet war, als der Angeklagte H. PK'in B. angriff (Fall 2 der Urteilsgründe).
5
II. Die von dem Angeklagten A. erhobene Verfahrensrüge hat aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen keinen Erfolg.
6
III. Die auf die Rügen der Verletzung materiellen Rechts veranlasste umfassende Überprüfung des Urteils führt zur Aufhebung der Verurteilungen der Angeklagten H. und E. im Fall 1 der Urteilsgründe, zur Änderung der Schuldsprüche betreffend alle Angeklagten im Fall 2 der Urteilsgründe sowie zur Aufhebung der (verbleibenden) Strafaussprüche. Im Einzelnen:
7
1. Im Fall 1 der Urteilsgründe hält die Verurteilung der Angeklagten H. und E. wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
8
Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen ist eine gemeinschaftliche Begehungsweise im Sinne der Vorschrift nicht belegt; eine solche ist nur gegeben, wenn Täter und Beteiligter bei Begehung der Körperverletzung einverständlich zusammenwirken, wobei es bereits genügt, wenn ein am Tatort anwesender Tatgenosse die Wirkung der Körperverletzungshandlung des Täters bewusst in einer Weise verstärkt, welche die Lage des Verletzten zu verschlechtern geeignet ist (BGH, Beschluss vom 17. Juli 2012 - 3 StR 158/12, BGHR StGB § 224 Abs. 1 Nr. 4 Gemeinschaftlich 4 mwN). Daran kann es indes fehlen, wenn sich mehrere Opfer jeweils nur einem Angreifer ausgesetzt sehen, ohne dass die Positionen ausgetauscht werden. Denn in einem solchen Fall stehen dem jeweiligen Opfer die Beteiligten gerade nicht gemeinschaftlich gegenüber. Damit fehlt es an dem Grund für die Strafschärfung des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB, der in der erhöhten abstrakten Gefährlichkeit der Tat liegt, weil einem Geschädigten mehrere Angreifer körperlich gegenüberstehen und er deshalb in seiner Verteidigungsmöglichkeit tatsächlich oder vermeintlich eingeschränkt ist (BGH, Beschluss vom 30. Juni 2015 - 3 StR 171/15, BGHR StGB § 224 Abs. 1 Nr. 4 Gemeinschaftlich 5 mwN). Da die Strafkammer - bis auf einen Faustschlag des Angeklagten E. gegen den Zeugen V. - nicht feststellen konnte, wer von den Angeklagten welchen Geschädigten schlug, bleibt offen, ob die Angeklagten bei der Verletzung der Geschädigten in dem für die Verwirklichung des Qualifikationstatbestands erforderlichen Sinn zusammenwirkten.
9
Da der Senat in diesem Fall nicht ausschließen kann, dass in einer neuen Hauptverhandlung weitergehende Feststellungen getroffen werden, die eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung erlauben, hebt er das Urteil insoweit mit den zugehörigen Feststellungen auf.
10
2. Im Fall 2 der Urteilsgründe gilt Folgendes:
11
a) Indem die Angeklagten A. und E. gemeinsam auf PHK S. einschlugen und -traten, haben sie sich gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 4, 5 StGB wegen gefährlicher Körperverletzung strafbar gemacht. In diesem Fall ist ein gemeinschaftliches Vorgehen im Sinne der Vorschrift ausdrücklich festgestellt; zudem liegen wegen der massiven Tritte gegen den Kopf auch die Voraussetzungen einer (abstrakt) lebensgefährlichen Behandlung im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB vor. Tateinheitlich verwirklichten sie den Tatbestand des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte gemäß § 113 Abs. 1 StGB und der Angeklagte E. darüber hinaus denjenigen der Beleidigung nach § 185 StGB. Allerdings fehlt es an der Begehung der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte "in zwei tateinheitlichen Fällen": Die Tätlichkeiten der Angeklagten richteten sich nur gegen PHK S. . Die Angeklagten A. und E. haben damit nur einem Vollstreckungsbeamten Widerstand geleistet und auch nur zum Nachteil eines Menschen gemeinschaftlich eine Körperverletzung begangen. Die allein durch den Angeklagten H. begangene Körperverletzung zum Nachteil von PK'in B. könnte ihnen in diesem Zusammenhang allenfalls zugerechnet werden, wenn dadurch weitere Tätlichkeiten der Angeklagten zum Nachteil von PHK S. ermöglicht worden wären. Das hat das Landgericht indes nicht festzustellen vermocht, sondern ist zu Gunsten des Angeklagten H. davon aus- gegangen, dass der Angriff der Angeklagten A. und E. bereits beendet war, als der Angeklagte H. in das Geschehen eingriff.
12
b) Aus dem gleichen Grund hat der Angeklagte H. , der allein auf PK'in B. einwirkte, nur einer Vollstreckungsbeamtin Widerstand geleistet und nur zum Nachteil eines Menschen eine Körperverletzung begangen. Dies geschah - wie dargelegt - auch nicht mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich und erfüllte auch keinen anderen Qualifikationstatbestand des § 224 Abs. 1 StGB, so dass eine gefährliche Körperverletzung durch ihn insoweit nicht begangen wurde. Allerdings hat er sich wegen einer Körperverletzung nach § 223 Abs. 1 StGB strafbar gemacht; Strafantrag ist von PK'in B. rechtzeitig gestellt worden (§ 230 Abs. 1, § 77 Abs. 1 StGB).
13
c) Der Senat hat die Schuldsprüche in diesem Fall in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO geändert; er schließt aus, dass ein neues Tatgericht in diesem Fall weitere Feststellungen würde treffen können, die zu anderen Schuldsprüchen führen würden.
14
3. Die Aufhebung des Urteils im Fall 1 der Urteilsgründe führt zum Wegfall der gegenüber den Angeklagten H. und E. verhängten Einzelstrafen und bedingt die Aufhebung der Gesamtstrafen. Aus den Schuldspruchänderungen im Fall 2 der Urteilsgründe folgt darüber hinaus die Aufhebung der insoweit verhängten (Einzel-)Strafen gegenüber allen drei Angeklagten. Dies folgt hinsichtlich des Angeklagten H. bereits daraus, dass der Qualifikationstatbestand , aus dessen - gemilderten - Strafrahmen die Strafkammer die Strafe entnommen hat, nicht erfüllt ist. Hinsichtlich der Angeklagten A. und E. hat das Landgericht - wie bei dem Angeklagten H. im Übrigen auch - zudem straferschwerend berücksichtigt, dass durch die Tat mehrere Personen verletzt wurden, was indes - wie dargelegt - nicht der Fall ist. Der Senat kann deshalb nicht ausschließen, dass die Strafkammer unter Zugrundelegung der zutreffenden Schuldsprüche zu niedrigeren (Einzel-)Strafen gelangt wäre.
15
Die zu den Strafaussprüchen getroffenen Feststellungen sind von den Rechtsfehlern indes nicht betroffen und können deshalb bestehen bleiben.
Becker Gericke Spaniol
Tiemann Berg

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 347/05
vom
22. Dezember 2005
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
zu 1. und 2. wegen unerlaubten Führens einer halbautomatischen
Selbstladekurzwaffe u.a.
zu 3. wegen Anstiftung zum unerlaubten Führen einer halbautomatischen
Selbstladekurzwaffe u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 22. Dezember
2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Kuckein,
Athing,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten P. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten Ö. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten A. ,
Rechtsanwalt
als Vertreter des Nebenklägers Cemal Ak. ,
Rechtsanwalt
als Vertreter des Nebenklägers Ziver Ak. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen des Nebenklägers Cemal Ak. wird das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 28. Februar 2005 in den Schuldsprüchen dahin ergänzt, dass die Angeklagten P. und Ö. auch der tateinheitlich verwirklichten versuchten gefährlichen Körperverletzung in drei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen und der Angeklagte A. der Anstiftung hierzu schuldig sind.
2. Die weitergehenden Revisionen des Nebenklägers Cemal Ak. und die Revisionen der Angeklagten werden verworfen.
3. Die Angeklagten tragen die Kosten ihrer Rechtsmittel und die dem Nebenkläger Ziver Ak. hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen. Der Nebenkläger Cemal Ak. hat die Kosten seiner Rechtsmittel zu tragen, jedoch wird die Revisionsgebühr um ein Drittel ermäßigt. Von Rechts wegen

Gründe:

I.

1
Das Landgericht hat die Angeklagten P. und Ö. des unerlaubten Führens einer halbautomatischen kurzläufigen Selbstladewaffe in Tateinheit mit vorsätzlichem gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr und den Angeklagten A. der Anstiftung hierzu für schuldig befunden. Es hat deswegen die Angeklagten P. und A. jeweils zu Freiheitsstrafen von zwei Jahren und neun Monaten, den Angeklagten Ö. zu einer solchen von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Angeklagten und des Nebenklägers Cemal Ak. . Die Angeklagten Ö. und A. rügen die Verletzung materiellen Rechts, der Angeklagte P. darüber hinaus auch die Verletzung von Verfahrensrecht. Der Nebenkläger verfolgt mit seinen Revisionen in erster Linie das Ziel einer Verurteilung der Angeklagten (auch) wegen eines versuchten Tötungsdelikts, zumindest aber wegen versuchter (gefährlicher) Körperverletzung und beanstandet mit der Sachrüge die Beweiswürdigung des Landgerichts. Die Revisionen der Angeklagten erweisen sich als unbegründet, die des Nebenklägers Cemal Ak. nur als teilweise begründet.

II.

2
Das Landgericht hat festgestellt:
3
Der Angeklagte A. beabsichtigte, den Nebenkläger Cemal Ak. für eine aus seiner Sicht ihm zugefügte Ehrverletzung zu bestrafen. Hintergrund hierfür war, dass ihm seine Ehefrau mitgeteilt hatte, der Nebenkläger habe vor Jahren versucht, sich ihr sexuell zu nähern. Die Mitangeklagten Ö. und P. erklärten sich bereit, die „Bestrafungsaktion“ gegen Zahlung von 3.000 € zu übernehmen. Hierbei wurde zunächst ins Auge gefasst, den Nebenkläger „zu schlagen“. Später kam man überein, mit einer vom Angeklagten Ö. zu beschaffenden Pistole auf das Fahrzeug des Nebenklägers zu schießen, um diesen „nachhaltig zu erschrecken“. Für ein solches Vorgehen verlangten P. und Ö. die Zahlung weiterer 4.500 €. Der Angeklagte A. erklärte sich hiermit einverstanden.
4
Am Abend des Tattages fuhren die Angeklagten P. und Ö. zu einer zuvor von P. ausgekundschafteten Stelle, die der Nebenkläger mit seinem Pkw von seiner Arbeitsstelle kommend passieren musste. Der Angeklagte Ö. hatte – wie verabredet – eine Pistole, Kaliber 9 mm, nebst Munition mitgebracht, zu deren Führung weder er noch der Angeklagte P. berechtigt waren. Mit dieser sollte der Angeklagte P. als geübter Sportschütze die Schüsse auf das Fahrzeug des Nebenklägers abgeben. Der Angeklagte Ö. positionierte sich auf einem dem späteren Tatort benachbarten Grundstück, um P. das Herannahen des Pkw des Nebenklägers mit einem Anruf seines Mobiltelefons anzukündigen. Für die Angeklagten stand fest, dass durch die Schüsse niemand verletzt werde sollte, „was sie aufgrund der Schießerfahrung des Angeklagten P. für machbar hielten“. Als der Nebenkläger – durch den Angeklagten Ö. wie vereinbart angekündigt – sich mit seinem Fahrzeug, in welchem sich noch zwei weitere Mitfahrer befanden , mit einer Geschwindigkeit von 30 – 40 km/h der Position des Angeklagten P. näherte, feuerte dieser hinter einer Hecke verborgen aus einer Entfernung von etwa fünf bis sieben Meter innerhalb weniger Sekunden in zwei oder drei kurzen Serien insgesamt sieben, auf die Reifen des Fahrzeugs gezielte Schüsse ab. Vier der Schüsse trafen das Fahrzeug. Ein Geschoß drang an der Vorderkante der linken hinteren Tür ca. 42,5 cm über dem Türschweller in die Karosserie ein. Die drei weiteren Einschläge erfolgten im Bereich des linken vorderen Reifens und Radkastens. Bei Abfeuern der Schüsse erkannte der Angeklagte P. die Möglichkeit, dass diese die Fahrzeuginsassen treffen und unter Umständen tödlich verletzen könnten. Einen solchen Erfolg wollte er jedoch nicht. Aufgrund seiner Erfahrung als Schütze vertraute er auf seine Treffsicherheit und deshalb darauf, dass die drei von ihm erkannten Fahrzeuginsassen nicht verletzt würden. Allerdings nahm er mindestens billigend in Kauf, dass es aufgrund des erwarteten und erwünschten Erschreckens des Fahr- zeugführers oder aber einer Beschädigung des Fahrzeugs, insbesondere der Reifen, zu einem Unfall kommen könnte. Es kam ihm jedoch nicht darauf an, einen Unfall herbeizuführen (UA 15).
5
Der Nebenkläger hielt sein Fahrzeug kurz an und fuhr - als er bemerkte, dass auf das Fahrzeug geschossen wurde – mit erhöhter Geschwindigkeit davon. Sowohl er wie auch seine zwei Mitfahrer blieben unverletzt.

III.

6
Die Revisionen des Nebenklägers:
7
1. Die Beweiswürdigung des Landgerichts, mit der es einen Tötungsvorsatz , auch in der Form eines Eventualvorsatzes, verneint hat, lässt Rechtsfehler nicht erkennen (zur eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfbarkeit tatrichterlicher Beweiswürdigung vgl. nur BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 13 und Überzeugungsbildung 33 m.w.N.).
8
a) Es hat mit tragfähigen Begründungen unter Abwägung der maßgeblichen Tatumstände und Indizien das Vorliegen eines versuchten Auftragsmordes im Rahmen einer Blutfehde zwischen der Familiengruppe des Nebenklägers und einer anderen kurdischen Familiengruppierung um den Angeklagten A. verneint. Die hiergegen gerichteten Angriffe des Beschwerdeführers („Scheinargumente“, „Würdigungsfehler“) decken keinen Rechtsfehler auf, sondern stellen nur den revisionsrechtlich unzulässigen Versuch dar, die eigene Beweiswürdigung an Stelle der des Tatrichters zu setzen.
9
b) Auch die weiteren Erwägungen, mit denen das Landgericht das Vorliegen eines (bedingten) Tötungsvorsatzes verneint hat, geben keinen Anlass zu rechtlichen Bedenken. Die erkennende Strafkammer hat insoweit maßgeblich darauf abgestellt, dass von den sieben Schüssen, die der Angeklagte P. aus relativ kurzer Entfernung auf das Fahrzeug des Nebenklägers abgegeben hat, drei das Ziel völlig verfehlt haben und drei weitere im Bereich des linken Vorderreifens eingeschlagen sind. Hieraus und aus dem Umstand, dass der Angeklagte P. in den Jahren vor der Tat regelmäßig an dem Pistolen-Schusstraining seines Schützenvereins teilgenommen und als Sportschütze zumindest mittelmäßige Ergebnisse erzielt hatte, hat sie den – jedenfalls möglichen - Schluss gezogen, dass der Angeklagte ausschließlich auf die Reifen des Fahrzeugs des Nebenklägers gezielt und eine tödliche Verletzung der Fahrzeuginsassen weder wollte noch billigend in Kauf genommen hat. Soweit der weitere Schuss links hinten in Höhe der Oberkörper der Fahrzeuginsassen auftraf, hat das Landgericht in Anbetracht der genannten Umstände die Einlassung des Angeklagten bei seiner polizeilichen Vernehmung, er sei bei dem Mitschwenken mit dem Schießarm gegen die Hecke gekommen, als nicht widerlegbar erachtet. Dies lässt Rechtsfehler nicht erkennen, zumal das Landgericht die nach Auffassung der Revision für die Annahme eines Tötungsvorsatzes sprechenden Umstände, nämlich dass die Schüsse bei Dunkelheit, auf ein sich bewegendes Ziel und mit einer dem Schützen nicht vertrauten Waffe abgegeben worden sind, ausdrücklich in seine Überlegungen mit einbezogen hat.
10
2. Aus den vorgenannten Gründen ist es auch revisionsrechtlich noch hinzunehmen, dass das Landgericht zu der Überzeugung gelangt ist, die Angeklagten hätten eine Verletzung der Fahrzeuginsassen (unmittelbar) durch die auf das Fahrzeug aufprallenden Geschosse weder gewollt noch billigend in Kauf genommen.
11
3. a) Keinen Bestand hat jedoch das Urteil, soweit das Landgericht einen (bedingten) Körperverletzungsvorsatz auch in Bezug auf ein (mögliches) durch die abgegebenen Schüsse ausgelöstes Unfallgeschehen verneint hat. Nach dem gemeinsamen Tatplan der Angeklagten sollte der Nebenkläger Cemal Ak. durch die auf sein Fahrzeug aufprallenden Geschosse „erschreckt“ werden. Das Landgericht hat hierzu – bezogen auf den Angeklagten P. – ausgeführt, er habe es bei Abgabe der Schüsse „mindestens billigend in Kauf“ genommen, dass es aufgrund des Erschreckens des Fahrzeugführers oder aber einer Beschädigung des Fahrzeugs zu einem Unfall kommen könnte. Nichts anderes gilt nach den Urteilsfeststellungen in Bezug auf die - in die wesentlichen Tatmodalitäten - eingeweihten Mitangeklagten Ö. und A. . Dass es in Anbetracht der hier gegebenen Umstände – das Fahrzeug hielt zum Zeitpunkt der Abgabe der ersten Schüsse eine Geschwindigkeit von 30 bis 40 km/h ein und befand sich in einem Abbiegevorgang - bei einem Unfallgeschehen, etwa einem Abkommen von der Fahrbahn und anschließendem Aufprall auf ein Hindernis, nicht zu einer – zumindest leichten - Verletzung der Insassen kommen würde, lag eher fern. Jedenfalls konnten - was das Landgericht verkannt hat - bei dieser Sachlage die Angeklagten nicht mehr ernsthaft darauf vertrauen , dass die Betroffenen bei einem Unfall unverletzt bleiben würden.
12
b) Das Landgericht hätte daher auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen die Angeklagten P. und Ö. auch der tateinheitlich verwirklichten versuchten gefährlichen Körperverletzung in drei rechtlich zusammentreffenden Fällen und den Angeklagten A. der Anstiftung hierzu für schuldig befinden müssen.
13
aa) Allerdings ist die Tatbestandsvariante des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB („mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs“) hier nicht gegeben. Sie setzt voraus, dass die Körperverletzung durch ein von Außen auf den Körper des Tatopfers einwirkendes gefährliches Tatmittel verursacht wird (Tröndle/Fischer StGB 53. Aufl. § 224 Rdn. 7; vgl. auch Schönke/SchröderStree StGB 26. Aufl. § 224 Rdn. 3). Gegenstand des (bedingten) Tatvorsatzes der Angeklagten war jedoch nicht, dass die Fahrzeuginsassen durch die mit der Waffe abgefeuerten Projektile körperlich verletzt würden, sondern durch ein infolge der Schüsse ausgelöstes Unfallgeschehen. Ein Körperverletzungserfolg wäre danach erst durch den nachfolgenden Unfall und nicht „mittels“ der eingesetzten Waffe eingetreten.
14
bb) Jedoch liegen die Voraussetzungen einer Versuchsstrafbarkeit nach §§ 224 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2, 22, 23 StGB vor. Nach den Feststellungen hat der Angeklagte P. mit einem anderen Beteiligten, dem Mitangeklagten Ö. , zu der hier relevanten Körperverletzungshandlung – Verursachung eines Unfalls – unmittelbar angesetzt; zu dieser Handlung hat der Angeklagte A. die beiden Mitangeklagten bestimmt (§ 26 StGB).
15
§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB setzt voraus, dass mindestens zwei Personen bei der Körperverletzung bewusst zusammenwirken. Nicht erforderlich ist die eigenhändige Mitwirkung jedes einzelnen an der Verletzungshandlung. Vielmehr genügt es, dass eine am Tatort anwesende Person den unmittelbar Tatausführenden aktiv - physisch oder psychisch – unterstützt (st. Rspr.; vgl. nur BGHSt 47, 383, 386/387; BGH NStZ 2000, 194, 195 ). So verhält es sich hier. Der Mitangeklagte Ö. befand sich im näheren Tatortbereich. Er hat weiterhin mit dem Angeklagten P. bei der (versuchten) Körperverletzung täterschaftlich zusammengewirkt, indem er das Herannahen der Tatopfer mit einem Anruf seines Mobiltelefons ankündigte und es P. damit ermöglichte, hierauf rechtzeitig zu reagieren. Der Annahme gemeinschaftlicher Begehungsweise steht hier nicht entgegen, dass die Tatopfer von der Beteiligung einer zweiten Person keine Kenntnis hatten (vgl. hierzu MünchKommStGB/Hardtung § 224 Rdn. 26; Tröndle/Fischer StGB 53. Aufl. § 224 Rdn. 11 a; Lackner/Kühl 25. Aufl. § 224 Rdn. 7 sowie zu § 223 a StGB a.F. BGHR § 223 a Abs. 1 gemeinschaftlich 2). Durch den Qualifikationstatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB sollen Begehungsweisen erfasst werden, bei denen durch das Zusammenwirken mehrerer eine verstärkte Gefährlichkeit der Körperverletzung für das Tatopfer begründet wird (BGHSt 47, 383, 386). Der Grad der Gefährlichkeit der Körperverletzung hängt jedoch von der konkreten Tatsituation, nicht aber von der Kenntnis des Tatopfers ab. Bei einem offen geführten Angriff werden die Täter dem Verletzten in aller Regel unmittelbar gegenüberstehen und das Tatopfer damit von der Beteiligung mehrerer Personen wissen. Wird der Angriff – wie hier – bei Dunkelheit verdeckt aus einem Hinterhalt geführt, so ist das Tatopfer vielfach gar nicht in der Lage, den oder die Angreifer wahrzunehmen. Die Gefährlichkeit der Körperverletzungshandlung ist in einem solchen Fall jedoch nicht geringer, sondern im Allgemeinen eher höher anzusetzen.
16
c) Der Senat hat daher die Schuldsprüche, wie aus der Urteilsformel ersichtlich , in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO ergänzt. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich die Angeklagten nicht anders als geschehen hätten verteidigen können.
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4. Die Strafaussprüche können jedoch bestehen bleiben. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht bei Verurteilung der Angeklagten P. und Ö. auch wegen tateinheitlich verwirklichter versuchter gefährlicher Körperverletzung und des Angeklagten A. wegen Anstiftung hierzu auf höhere Freiheitsstrafen erkannt hätte, zumal es das Maß der Gefährdung der drei Fahrzeuginsassen bei der Strafzumessung nicht unberücksichtigt gelassen hat.
18
Die Revisionen der Angeklagten:
19
Die Rüge formellen Rechts des Angeklagten P. ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Sachrügen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Soweit der Angeklagte A. speziell die Strafzumessung beanstandet, wird auf die zutreffenden Ausführungen in der Zuschrift des Generalbundesanwalts Bezug genommen.

IV.

20
Von einer Überbürdung der durch die Revisionen der Angeklagten dem Nebenkläger Cemal Ak. entstandenen notwendigen Auslagen sieht der Senat ab, denn die Rechtsmittel der Angeklagten waren insgesamt und die des Nebenklägers im Wesentlichen erfolglos (§§ 472 Abs. 1 Satz 2, 473 Abs. 4 StPO; BGHR StPO § 473 Abs. 1 Satz 3 Auslagenerstattung 1). Tepperwien Kuckein Athing Solin-Stojanović Ernemann

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Die vorsätzliche Körperverletzung nach § 223 und die fahrlässige Körperverletzung nach § 229 werden nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, daß die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält. Stirbt die verletzte Person, so geht bei vorsätzlicher Körperverletzung das Antragsrecht nach § 77 Abs. 2 auf die Angehörigen über.

(2) Ist die Tat gegen einen Amtsträger, einen für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einen Soldaten der Bundeswehr während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst begangen, so wird sie auch auf Antrag des Dienstvorgesetzten verfolgt. Dasselbe gilt für Träger von Ämtern der Kirchen und anderen Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

BGHR: ja
BGHSt: ja
1. Das Fehlen einer Unterschrift oder eines Verhinderungsvermerks im Urteil
macht dessen Zustellung nicht unwirksam, wenn das zugestellte Schriftstück
der Urschrift entspricht.
2. Ein solcher Mangel des Urteils ist nur auf eine Verfahrensbeschwerde, nicht
aber auf Sachrüge zu beachten.
BGH, Beschluß vom 21. November 2000 - 4 StR 354/00 - LG Essen

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 354/00
vom
21. November 2000
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 21. November 2000 gemäß
§§ 44 ff., 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Dem Angeklagten wird nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 20. März 2000 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. 2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte des versuchten Totschlags in Tateinheit mit zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen der gefährlichen Körperverletzung schuldig ist. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 4. Der Beschwerdeführer hat die Kosten der Wiedereinsetzung und seines Rechtsmittels sowie die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten "des versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und in einem weiteren Fall der gefährlichen Körperverletzung" schuldig gesprochen und ihn zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er allgemein die Verlet-
zung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel führt zu einer Ä nderung des Schuldspruchs; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Dem Angeklagten ist nach Versäumung der Revisionsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da ihn, wie sein Verteidiger glaubhaft vorgetragen hat, an der Versäumung der Frist kein (Mit-) Verschulden trifft (§ 44 Satz 1 StPO). Die Frist ist versäumt worden, denn sie lief am 16. Juni 2000 ab, da das Urteil am 16. Mai 2000 zugestellt worden ist (§ 345 Abs. 1 Satz 2 StPO). Die Zustellung war wirksam. Dem steht nicht entgegen , daß die Unterschrift der zweiten richterlichen Beisitzerin oder ein entsprechender (zweiter) Verhinderungsvermerk unter dem Urteil fehlt (vgl. RG JW 1923, 934 [obiter dictum]; a.A. Hanack in Löwe/Rosenberg StPO 25. Aufl. § 345 Rdn. 6; Gollwitzer in Löwe/Rosenberg StPO 24. Aufl. § 275 Rdn. 36). Zwar hat die große Jugendkammer nach dem Hauptverhandlungsprotokoll und dem Rubrum in der in § 33 b Abs. 2 JGG bestimmten Besetzung mit drei Richtern und zwei Jugendschöffen entschieden. Der demnach gegebene Verstoß gegen § 275 Abs. 2 StPO hindert aber die Wirksamkeit der Zustellung nicht; insoweit besteht kein Unterschied zu den Folgen anderer Auslassungen im schriftlichen Urteil (vgl. etwa BGH NStZ 1989, 584 und 1994, 47 f. [Rubrum lückenhaft]; NJW 1999, 800 [Tenor unvollständig]). In derartigen Fällen handelt es sich nämlich nicht um einen Mangel der Zustellung, sondern um einen Fehler des Urteils selbst; ein solcher kann die Rechtswirksamkeit der Zustellung nicht berühren. Entscheidend ist vielmehr allein, daß dem Empfänger eine mit der Urschrift des Urteils übereinstimmende Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift zugestellt worden ist (vgl. Kuckein in KK 4. Aufl. § 345 Rdn. 6; Kleinknecht /Meyer-Goßner StPO 44. Aufl. § 37 Rdn. 2), woran zu zweifeln der Senat im gegebenen Fall keinen Anlaß hat. Dem Beschwerdeführer war daher ohne
weiteres erkennbar, daß er die für seine Rechtsmittelbegründung maßgebliche Fassung in Händen hielt (vgl. BayObLGSt 1996, 155, 156). Die (erneute) Zustellung mit allen erforderlichen Unterschriften bzw. Verhinderungsvermerken kam im übrigen schon deswegen nicht in Betracht, weil nach Ablauf der in § 275 StPO bestimmten Frist der Mangel ohnehin nicht mehr behoben werden kann (BGH NStZ-RR 2000, 237; BGHR § 275 Abs. 2 Satz 1 Unterschrift 3 bis 5). Das Fehlen einer Unterschrift bzw. eines Verhinderungsvermerks unter dem Urteil ist daher zwar gemäß § 338 Nr. 7 StPO ein absoluter Revisionsgrund, nicht jedoch ein Hindernis für das weitere Revisionsverfahren.
2. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Sachbeschwerde führt lediglich zu einer Ä nderung des Schuldspruchs, da das Landgericht das Konkurrenzverhältnis unrichtig beurteilt hat.

a) Das Urteil unterliegt hier nicht deshalb der Aufhebung, weil die Unterschrift der zweiten beisitzenden Richterin bzw. ein entsprechender Verhinderungsvermerk fehlt. Entgegen dem Bayerischen Obersten Landesgericht (NJW 1967, 1578; GA 1981, 475; JR 1983, 261 mit abl. Anm. Foth; bei Rüth DAR 1983, 253; ebenso Hanack aaO § 338 Rdn. 115, 116; Gollwitzer in Festschrift für Kleinknecht 1985 S. 147, 168) ist dies nicht auf Sachrüge zu beachten, es hätte vielmehr mit einer Verfahrensrüge beanstandet werden müssen; eine solche Rüge ist indes nicht erhoben worden.
Die Unterzeichnung des Urteils durch die mitwirkenden Berufsrichter ist ausschließlich in einer Norm des Verfahrensrechts (§ 275 Abs. 2 StPO) vorgesehen; Rechtsfehler müssen daher mit der Verfahrensbeschwerde (§ 338 Nr. 7 StPO) geltend gemacht werden. Hiergegen kann nicht eingewandt werden, daß
ein Urteil, welches nicht von allen Richtern unterschrieben worden ist, überhaupt keine - endgültig fertiggestellten - Entscheidungsgründe enthalten könnte. Auf Sachrüge darf ein solcher Mangel nur beachtet werden, wenn die Gründe völlig fehlen (BGHR StPO § 338 Nr. 7 Entscheidungsgründe 2; Kuckein aaO § 338 Rdn. 94; Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 338 Rdn. 52); nicht anders wird es sich verhalten, wenn das Urteil überhaupt keine Unterschriften trägt. Eine revisionsrechtliche Prüfung, ob es sich bei an sich vorhandenen schriftlichen Gründen - sowie einzelnen Unterschriften - lediglich um einen Urteilsentwurf handelt, kann der Revisionsführer hingegen nur mit einer ordnungsgemäß ausgeführten Verfahrensrüge erreichen, weil diese Frage nicht ohne Kenntnis der zugrunde liegenden Verfahrenstatsachen beurteilt werden kann (vgl. hierzu Gollwitzer in Löwe/Rosenberg StPO 24. Aufl. § 275 Rdn. 4 und 5; s. auch BayObLG JR 1983, 261, 262); die aus der Urteilsurkunde allein ersichtliche Zahl der Unterschriften genügt hierfür nicht (vgl. BGHSt 27, 334 f.). Hinzu kommt, daß selbst dann, wenn die erforderlichen richterlichen Unterschriften geleistet worden sind, ein bloßer Entwurf vorliegen kann (so ausdrücklich BGH NStZ 1993, 200; ebenso OLG Köln NJW 1980, 1405; OLG Zweibrücken DAR 1978, 194).
Im Blick auf diese Differenzierung zwischen Verfahrens- und Sachrüge erstreckt das Revisionsgericht deshalb auch die Urteilsaufhebung gemäß § 357 StPO auf Nichtrevidenten nur bei völligem Fehlen der Gründe (BGHR StPO § 338 Nr. 7 Entscheidungsgründe 2; OLG Celle NJW 1959, 1647), nicht aber bei bloßem Fehlen einer Unterschrift (BGHR StPO § 275 Abs. 2 Satz 1 Unterschrift 3).

b) Der Schuldspruch bedarf jedoch der Ä nderung, weil die vom Landgericht nicht weiter begründete Annahme von Tatmehrheit zwischen den z um Nachteil der Geschädigten K. einerseits und O. andererseits begangenen Straftaten rechtlicher Prüfung nicht standhält. Nach den Feststellungen stach der Angeklagte - in ungeklärter Abfolge - mehrfach mit dem "Schlagmesser" auf seine beiden in einem Pkw sitzenden Opfer ein, um sie davon abzubringen , ihrem Bekannten Ka. zu helfen. Da somit eine äußerlich erkennbare Zäsur oder ein Weiterhandeln aufgrund eines neu gefaßten Entschlusses ersichtlich ausscheidet, stellt sich das Vorgehen des Angeklagten insgesamt als eine natürliche Handlungseinheit und damit als eine Handlung im Rechtssinne dar. So verhält es sich ausnahmsweise auch dann, wenn es um die Beeinträchtigung höchstpersönlicher Rechtsgüter verschiedener Personen geht. Die Annahme einer natürlichen Handlungseinheit ist in derartigen Fällen dann gerechtfertigt, wenn eine Aufspaltung in Einzeltaten wegen eines außergewöhnlich engen zeitlichen und situativen Zusammenhangs willkürlich und gekünstelt erschiene (BGHR StGB vor § 1/natürliche Handlungseinheit - Entschluß, einheitlicher 1 und 9; BGH, Beschluß vom 24. Oktober 2000 - 5 StR 323/00). Ein solcher Ausnahmefall ist hier gegeben, da der Angeklagte innerhalb weniger Sekunden ohne jegliche zeitliche Zäsur mehrfach mit einem Messer auf zwei Personen eingestochen hat (BGHR vor § 1/natürliche Handlungseinheit - Entschluß, einheitlicher 2 und 5).
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil der Angeklagte sich insoweit nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
3. Der Strafausspruch kann bestehen bleiben. Der Senat schließt aus, daß das Landgericht unter Berücksichtigung der tateinheitlichen Begehung der Straftaten auf eine mildere Jugendstrafe erkannt hätte; es hat nämlich eine Jugendstrafe von zwei Jahren und neun Monaten für erforderlich gehalten, "um die notwendige erzieherische Wirkung zu erzielen". Der Schuldgehalt der Tat (vgl. BGH StV 1994, 598, 599; NStZ-RR 1996, 120) wird von der geänderten rechtlichen Bewertung des Konkurrenzverhältnisses ohnehin nicht berührt.
Meyer-Goßner Kuckein Athing

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 422/11
vom
29. März 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
29. März 2012, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Hubert,
Mayer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Menges
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten K. ,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin des Angeklagten A. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kleve vom 30. Juni 2011, soweit es die Angeklagten betrifft, im jeweiligen Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen schuldig gesprochen und den Angeklagten K. zu der Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten sowie den Angeklagten A. zu einer solchen von einem Jahr und sechs Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, die sie jeweils auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts stützen, der Angeklagte A. darüber hinaus auch auf eine Verfahrensbeanstandung. Die Rechtsmittel haben mit den Sachbeschwerden zu den Strafaussprüchen Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet.

I.


2
Das Landgericht hat im Wesentlichen festgestellt:
3
In der Nacht vom 28. auf den 29. Dezember 2010 waren die Angeklagten sowie der Mitangeklagte und Nichtrevident D. als Türsteher in der Diskothek in M. tätig. Gegen 1.00 Uhr forderte D. nach einem Wortwechsel den Geschädigten Y. auf, die Diskothek zu verlassen, und begleitete ihn zur Tür. Y. war deswegen verärgert. Auf sein Geheiß ging sein Begleiter Mä. zum Eingang der Diskothek zurück und forderte den Angeklagten D. auf, nach draußen zu kommen, um die Sache mit dem Zeugen Y. "Mann gegen Mann" zu klären. Gemeinsam mit den Angeklagten K. und A. begaben sich D. , Y. und Mä. vor die Diskothek , wobei allen Beteiligten klar war, dass es nun zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen Y. und D. kommen würde. Sogleich begann eine Rangelei zwischen diesen beiden, in deren Verlauf sich - entgegen der Erwartung der drei Angeklagten - der Zeuge Y. als der Überlegene herausstellte. Es gelang ihm, den Angeklagten D. zu Fall zu bringen, sich auf ihn zu setzen und auf ihn einzuschlagen. Dieser unerwartete Verlauf missfiel den Angeklagten K. und A. , so dass sie sich entschlossen, zugunsten des Mitangeklagten D. in die Auseinandersetzung einzugreifen, um das Blatt zu dessen Gunsten zu wenden. Sie traten und schlugen daher gemeinsam gegen Kopf und Körper des Zeugen Y. , der währenddessen - von den übrigen Beteiligten unbemerkt - von D. mehrfach mit einem - ohne Wis- sen der beiden anderen Angeklagten mitgeführten - Faustmesser gestochen wurde. Als der bis dahin an der Auseinandersetzung völlig unbeteiligte Mä. bemerkte, dass sein Freund sich nunmehr drei Gegnern gegenübersah, versuchte er mit den Worten: "Was soll das, ausgemacht war einer gegen einen", dem Geschädigten Y. zur Hilfe zu kommen. Er wurde daraufhin von den Angeklagten A. und K. abgewehrt und geschlagen, wodurch er ein blaues Auge und Prellungen im Rippenbereich erlitt. Gleichwohl leistete er heftigen Widerstand, weswegen die Angeklagten K. und A. zunächst von ihm abließen und sich - vermutlich ins Innere der Diskothek - zurückzogen. Dies nutzte der Geschädigte Mä. , um den Angeklagten D. , der zwischenzeitlich die Oberhand gewonnen hatte und auf dem Zeugen Y. saß, von diesem herunterzuziehen und die beiden voneinander zu trennen. Gemeinsam mit Y. , der bereits sichtbar aus mehreren Stich- und Schnittverletzungen an den Armen, Beinen und am Oberkörper blutete und sich nur noch humpelnd fortbewegen konnte, flüchtete Mä. in Richtung seines Autos. Die drei Angeklagten waren zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zu sehen.
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Nachdem die beiden Geschädigten etwa 30 Meter zurückgelegt hatten, wurden sie von allen drei Angeklagten, die sich zwischenzeitlich jeder mit einem Schlagwerkzeug - vermutlich mit Baseballschlägern oder Teleskopschlagstöcken - bewaffnet hatten, verfolgt. Als Mä. sich umdrehte und die Angeklagten K. und A. auf sich zukommen sah, rannte er davon. Währenddessen stürzte sich D. mit gezücktem Messer auf Y. und stach, nunmehr in der Absicht, ihn zu töten, mindestens sechs Mal gezielt auf dessen Hals, Kopf und Rücken ein. Der Zeuge Y. erlitt dadurch und durch die vorangegangenen Stiche zahlreiche erhebliche Verletzungen. Nachdem Y. gestürzt war und D. sein Messer verloren hatte, schlug der Mitangeklagte mit Fäusten weiter auf sein Opfer ein. Die Angeklagten K. und A. , denen es nicht gelungen war, den Zeugen Mä. einzuholen, begaben sich jetzt ebenfalls zu dem auf dem Boden liegenden Y. und schlugen mit ihren Schlagwerkzeugen auf diesen ein, wodurch der Geschädigte unter anderem erhebliche Gesichtsschädelverletzungen erlitt.

II.


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1. Die Verfahrensrüge des Angeklagten A. versagt. Zwar hat sich die Strafkammer in den Urteilsgründen in Widerspruch zu einem Teil der Begründung gesetzt, mit der sie den Beweisantrag des Angeklagten, den Zeugen V. zum Beweis dafür zu vernehmen, dass der Geschädigte Y. - entgegen seiner Bekundung als Zeuge - intensiv Kampfsport betreibe, wegen tatsächlicher Bedeutungslosigkeit der Beweistatsache im Sinne von § 244 Abs. 3 Satz 2 Var. 2 StPO zurückgewiesen hat (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 244 Rn. 56 mwN); denn während sie im Ablehnungsbeschluss die Glaubhaftigkeit der Angaben des Geschädigten Y. und dessen Glaubwürdigkeit selbst bei (unterstellter) Richtigkeit der Beweisbehauptung u.a. deshalb nicht als erschüttert angesehen hat, weil der Geschädigte Erinnerungslücken und Unsicherheiten eingeräumt sowie auf besondere Nachfrage, wer ihn mit einem Stock geschlagen habe, angegeben habe, dies nicht mehr sicher sagen zu können, führt sie in den Urteilsgründen aus, sie habe sich von einem Schlagstockeinsatz durch den Angeklagten A. gegen den Geschädigten Y. auch deshalb überzeugt, weil dieser sich sicher gewesen sei, auch A. habe mit einem Schlagstock auf ihn eingeschlagen.
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Indes beruht die Verurteilung des Angeklagten auf diesem Verfahrensfehler nicht (§ 337 Abs. 1 StPO). Sowohl die antizipierende Beweiswürdigung im Ablehnungsbeschluss als auch die im Urteil mitgeteilte, Schuld- und Strafausspruch tragende Überzeugungsbildung sind - je für sich - frei von Rechtsfehlern. Der hier maßgebliche Verfahrensfehler liegt deshalb darin, dass die Strafkammer ihre von einem Teil der Begründung des Ablehnungsbeschlusses abweichende Beweiswürdigung dem Antragsteller vor der Urteilsverkündung nicht bekannt gegeben und ihm somit die Möglichkeit genommen hat, sein Verteidigungsverhalten auf diese teilweise Abkehr von der Begründung der Zurückweisung des Beweisantrages einzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 1963 - 1 StR 501/62, BGHSt 19, 24, 26 f.; LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 139). Der Senat kann aber unter den hier gegebenen Umständen ausschließen , dass der Angeklagte bei einem (rechtzeitigen) Hinweis auf die allein in einem Teilaspekt abweichende Überzeugungsbildung des Landgerichts die Möglichkeit gehabt hätte, durch weitere Anträge oder Darlegungen Schuldoder Strafausspruch für ihn günstig zu beeinflussen. Die Revision bringt insofern auch nicht vor, wie sich der Angeklagte nach einem solchen Hinweis insoweit erfolgversprechender hätte verteidigen, insbesondere die Glaubwürdigkeit des Geschädigten Y. in entscheidungserheblicher Weise hätte erschüttern können. Dafür ist dem Senat auch sonst nichts ersichtlich. Dies gilt insbesondere für das vom Landgericht widersprüchlich behandelte Sachverhaltsdetail eines Schlagstockeinsatzes durch den Angeklagten A. gegen den Geschädigten Y. ; denn seine das Urteil tragende Überzeugung, dass dieser stattgefunden hat, stützt das Landgericht nicht nur auf die Aussage dieses Geschädigten , sondern auch auf die Angaben des Geschädigten Mä. , der sich "auch auf mehrfache Nachfrage 100%ig sicher" gewesen sei, dass gerade der Angeklagte A. mit einem Schlagstock auf den Geschädigten Y. eingeschlagen habe. Zudem ist das von den beiden Verletzten geschilderte Kerngeschehen durch die geständige Einlassung des Mitangeklagten D. bestätigt worden. Dieser hatte sich zunächst dahin eingelassen, dass er zu den Tatbei- trägen der Angeklagten nichts sagen könne, hat nach der Vernehmung der beiden Geschädigten zum Tatgeschehen indes deren Darstellung als zutreffend bezeichnet. All dies belegt, dass das Landgericht bei verfahrensfehlerfreier Vorgehensweise zu keinem anderen Urteil gelangt wäre.
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2. Die aufgrund der erhobenen Sachbeschwerden veranlasste Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Dies gilt auch für die konkurrenzrechtliche Bewertung ihrer Taten als jeweils zwei tatmehrheitliche gefährliche Körperverletzungen. Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts sind die Voraussetzungen einer natürlichen Handlungseinheit nicht gegeben.
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a) Unter dem Gesichtspunkt einer natürlichen Handlungseinheit liegt eine Tat im sachlichrechtlichen Sinne vor, wenn mehrere, im Wesentlichen gleichartige Handlungen von einem einheitlichen Willen getragen werden und aufgrund ihres engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs so miteinander verbunden sind, dass sich das gesamte Tätigwerden bei natürlicher Betrachtungsweise objektiv auch für einen Dritten als ein einheitliches Geschehen darstellt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 24. Februar 1994 - 4 StR 683/93, StV 1994, 537; Beschluss vom 4. September 1990 - 1 StR 301/90, BGHR StGB § 52 Abs. 1 Entschluss, einheitlicher 1). Sie ist gekennzeichnet durch einen solchen unmittelbaren Zusammenhang zwischen mehreren menschlichen, strafrechtlich erheblichen Verhaltensweisen, dass sich das gesamte Tätigwerden an sich (objektiv) auch für einen Dritten bei natürlicher Betrachtungsweise als ein einheitlich zusammengefasstes Tun darstellt (vgl. LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., vor § 52 Rn. 10 ff.). Richten sich die Handlungen des Täters gegen höchstpersönliche Rechtsgüter der Opfer, wird die Annahme einer natürlichen Handlungseinheit zwar nicht grundsätzlich aus- geschlossen, sie liegt jedoch bereits nicht nahe (vgl. Fischer, StGB, 59. Aufl., vor § 52 Rn. 7). Denn höchstpersönliche Rechtsgüter sind einer additiven Betrachtungsweise allenfalls in Ausnahmefällen zugänglich. Deshalb können Handlungen, die sich nacheinander gegen höchstpersönliche Rechtsgüter mehrerer Personen richten, grundsätzlich weder durch ihre enge Aufeinanderfolge noch durch einen einheitlichen Plan oder Vorsatz zu einer natürlichen Handlungseinheit und damit zu einer Tat im Rechtssinne zusammengefasst werden. Ausnahmen kommen nur in Betracht, wenn ein einheitlicher Tatentschluss gegeben ist und die Aufspaltung des Tatgeschehens in Einzelhandlungen wegen eines außergewöhnlich engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhanges , etwa bei Messerstichen oder Schüssen innerhalb weniger Sekunden, willkürlich und gekünstelt erschiene (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2009 - 3 StR 87/09, BGHR StGB § 232 Konkurrenzen 1; LK/Rissing-van Saan, aaO, Rn. 14).
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b) Nach diesen Maßstäben können die Körperverletzungshandlungen der Angeklagten gegen die beiden Geschädigten im Hinblick auf die Rechtsfigur der natürlichen Handlungseinheit jeweils nicht zu einer einheitlichen Tat zusammengefasst werden. Im Ausgangspunkt wollten sich allein der Mitangeklagte D. und der Geschädigte Y. körperlich auseinandersetzen und taten dies auch. Die Angeklagten sind (im ersten Handlungsabschnitt) erst dann gemeinschaftlich gegen den Geschädigten Y. vorgegangen und haben diesen mit Tritten und Schlägen gegen Kopf und Körper verletzt, als sie erkannt hatten, dass der Mitangeklagte D. zu unterliegen drohte. Als daraufhin der Zeuge Mä. seinem Freund Y. zu Hilfe kommen wollte, haben sich die Angeklagten dem Geschädigten Mä. zugewandt und haben diesen gemeinsam geschlagen, wodurch er ein blaues Auge und Prellungen im Rippenbereich erlitt. Nachdem sich die Angeklagten vom ersten Tatort ent- fernt und mit Schlagwerkzeugen bewaffnet hatten, verfolgten sie (im zweiten Handlungsabschnitt) zunächst Mä. und wandten sich dann - als sie Mä. nicht einzuholen vermochten - dem am Boden liegenden Geschädigten Y. zu, auf den sie sodann am zweiten Tatort - gemeinschaftlich auch mit dem Mitangeklagten D. - jeweils mit ihren Schlaginstrumenten einschlugen. Auf der Grundlage dieses Geschehensablaufes, der insbesondere durch mehrere Tatentschlüsse der Angeklagten gekennzeichnet ist, die durch zeitlich aufeinanderfolgende, jeweils neue Sachverhaltsentwicklungen bedingt waren und zu unterschiedlichen Verletzungshandlungen der Angeklagten gegen beide Geschädigte an mehreren Orten führten, stellt sich die Annahme von Tatmehrheit unter keinem Blickwinkel als willkürlich und gekünstelt dar. Danach liegt auch keine der von der Rechtsprechung bei Verletzung höchstpersönlicher Rechtsgüter mehrerer Personen anerkannten Ausnahmen vor; insbesondere beruhen die verschiedenen Angriffe schon nicht auf einem einheitlichen Tatentschluss. Dass das Landgericht die Angeklagten im Hinblick auf die infolge ihres zwischenzeitlichen Rückzuges zum Zwecke der Bewaffnung eingetretene (zeitliche, räumliche und sachliche) Zäsur im Tatgeschehen nicht wegen weiterer, rechtlich selbständiger Straftaten schuldig gesprochen hat, beschwert diese nicht.
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3. Die Strafaussprüche können demgegenüber nicht bestehen bleiben. Mit Recht weisen die Revisionen darauf hin, dass die strafschärfenden Erwägungen , die Angeklagten hätten jeweils den bis dahin unbeteiligten Zeugen Mä. "ohne Not in eine Schlägerei verwickelt" und sie hätten sich "ohne Not in die ... Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten D. und dem Zeugen Y. eingemischt", rechtsfehlerhaft sind; denn damit hat das Landgericht das Fehlen von Strafmilderungsgründen strafschärfend berücksichtigt und bei beiden Angeklagten straferhöhend gewertet, die Taten überhaupt begangen haben (§ 46 Abs. 3 StGB; vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Juli 2010 - 3 StR 218/10, StraFo 2010, 466 und vom 15. Januar 2008 - 4 StR 530/07; Fischer, aaO, § 46 Rn. 76). Durchgreifend rechtsfehlerhaft ist weiterhin, dass das Landgericht zu Lasten des Angeklagten K. berücksichtigt hat, er habe es "in der Hand (gehabt), es nicht zu einer Auseinandersetzung kommen zu lassen" und die "ihm gegenüber weisungsgebundenen Angeklagten A. und D. zurückzuhalten", da schon nicht festgestellt ist, dass der Angeklagte K. der Vorgesetzte der beiden anderen Angeklagten war und im Übrigen auch eine auf anderer Grundlage fußende spezifische Pflicht, deren Auseinandersetzungen zu verhindern, nicht ersichtlich ist. Im Hinblick darauf begegnet auch die weitere zu Lasten des Angeklagten K. angestellte Erwägung, er habe "nicht einmal die kurze Kampfunterbrechung zur Deeskalation genutzt, sondern sich mit einem Schlagwerkzeug bewaffnet", rechtlichen Bedenken. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei rechtsfehlerfreier Zumessung mildere Strafen gegen beide Angeklagte verhängt hätte. Unter den gegebenen Umständen kommt eine Sachbehandlung gemäß § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO bei beiden Angeklagten nicht in Betracht.
Becker Pfister Hubert Mayer Menges

(1) Wer eine Handelsplattform im Internet betreibt, deren Zweck darauf ausgerichtet ist, die Begehung von rechtswidrigen Taten zu ermöglichen oder zu fördern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. Rechtswidrige Taten im Sinne des Satzes 1 sind

1.
Verbrechen,
2.
Vergehen nach
a)
den §§ 86, 86a, 91, 130, 147 und 148 Absatz 1 Nummer 3, den §§ 149, 152a und 176a Absatz 2, § 176b Absatz 2, § 180 Absatz 2, § 184b Absatz 1 Satz 2, § 184c Absatz 1, § 184l Absatz 1 und 3, den §§ 202a, 202b, 202c, 202d, 232 und 232a Absatz 1, 2, 5 und 6, nach § 232b Absatz 1, 2 und 4 in Verbindung mit § 232a Absatz 5, nach den §§ 233, 233a, 236, 259 und 260, nach § 261 Absatz 1 und 2 unter den in § 261 Absatz 5 Satz 2 genannten Voraussetzungen sowie nach den §§ 263, 263a, 267, 269, 275, 276, 303a und 303b,
b)
§ 4 Absatz 1 bis 3 des Anti-Doping-Gesetzes,
c)
§ 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, sowie Absatz 2 und 3 des Betäubungsmittelgesetzes,
d)
§ 19 Absatz 1 bis 3 des Grundstoffüberwachungsgesetzes,
e)
§ 4 Absatz 1 und 2 des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes,
f)
§ 95 Absatz 1 bis 3 des Arzneimittelgesetzes,
g)
§ 52 Absatz 1 Nummer 1 und 2 Buchstabe b und c, Absatz 2 und 3 Nummer 1 und 7 sowie Absatz 5 und 6 des Waffengesetzes,
h)
§ 40 Absatz 1 bis 3 des Sprengstoffgesetzes,
i)
§ 13 des Ausgangsstoffgesetzes,
j)
§ 83 Absatz 1 Nummer 4 und 5 sowie Absatz 4 des Kulturgutschutzgesetzes,
k)
den §§ 143, 143a und 144 des Markengesetzes sowie
l)
den §§ 51 und 65 des Designgesetzes.

(2) Handelsplattform im Internet im Sinne dieser Vorschrift ist jede virtuelle Infrastruktur im frei zugänglichen wie im durch technische Vorkehrungen zugangsbeschränkten Bereich des Internets, die Gelegenheit bietet, Menschen, Waren, Dienstleistungen oder Inhalte (§ 11 Absatz 3) anzubieten oder auszutauschen.

(3) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer im Fall des Absatzes 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer bei der Begehung einer Tat nach Absatz 1 beabsichtigt oder weiß, dass die Handelsplattform im Internet den Zweck hat, Verbrechen zu ermöglichen oder zu fördern.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.