Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 292/12
vom
20. Dezember 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 20. Dezember 2012 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 3. April 2012 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten A. C. und M. C. der Freiheitsberaubung in Tateinheit mit Nötigung, gefährlicher Körperverletzung , gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr sowie unerlaubtem Entfernen vom Unfallort und Sachbeschädigung schuldig gesprochen, den Angeklagten A. C. darüber hinaus der tateinheitlich begangenen Körperverletzung. Es hat den Angeklagten A. C. zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und den Angeklagten M. C. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und die Vollstreckung der Freiheitsstrafen jeweils zur Bewährung ausgesetzt. Den Angeklagten H. C. hat es wegen Nötigung in Tateinheit mit Beihilfe zur Freiheitsberaubung zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 40 € verurteilt. Ferner hat das Landgericht einen sichergestellten Pkw eingezogen und hinsichtlich der Angeklagten A. und M. C. Maßnahmen nach §§ 69, 69a StGB angeordnet. Die Revisionen, mit denen die Angeklagten jeweils die Verletzung materiellen Rechts rügen, haben Erfolg.

A.


2
Der Senat ist ordnungsgemäß besetzt.
3
Da der Eintritt des planmäßigen Vorsitzenden eines richterlichen Spruchkörpers in den Ruhestand der in § 21f GVG geregelten Verhinderung gleichsteht (BVerfGE 18, 423, 426; RGSt 56, 63; 62, 273), ist mit dem Eintritt des Vorsitzenden Richters am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann in den Ruhestand mit Wirkung zum 30. Juni 2012 im 4. Strafsenat ein Verhinderungsfall eingetreten. Gemäß § 21f Abs. 2 Satz 1 GVG nimmt daher von diesem Zeitpunkt an Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer, der mit Beschluss des Präsidiums vom 16. Juni 2010 zum stellvertretenden Vorsitzenden des 4. Strafsenats bestellt worden ist, die Aufgaben des Vorsitzenden wahr. Unter seinem Vorsitz entscheidet der Senat über die Rechtsmittel der Angeklagten gemäß der zum Beschlusszeitpunkt geltenden Fassung der senatsinternen Geschäftsverteilung in der für die Spruchgruppe II vorgesehenen Besetzung, wobei anstelle des mit Wirkung vom 15. September 2012 aus dem Senat ausgeschiedenen Richters am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Schmitt nunmehr Richter am Bundesgerichtshof Reiter planmäßiges Mitglied dieser Spruchgruppe ist.
4
Die von den Revisionen im Zusammenhang mit dem sogenannten Doppelvorsitz erhobenen, auf Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gestützten Bedenken gehen schon deshalb fehl, weil der Senat zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Rechtsmittel der Angeklagten von dem durch das Präsidium angeordneten sogenannten Doppelvorsitz nicht betroffen ist. Ein sachlicher Zusammenhang zwischen den von den Beschwerdeführern insoweit aufgeworfenen Fragen und der vom Senat zu treffenden Entscheidung über deren Rechtsmittel ist im Übrigen weder dargetan noch ersichtlich.

B.


5
Die Revisionen haben jeweils mit der Sachrüge Erfolg, da die Schuldsprüche in mehrfacher Hinsicht rechtlicher Prüfung nicht standhalten.

I.


6
Die (tateinheitliche) Verurteilung der Angeklagten A. C. und M. C. jeweils wegen gefährlicher Körperverletzung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
7
1. Das Landgericht hat insoweit folgende Feststellungen getroffen:
8
Der Angeklagte A. C. war mit der Liebesbeziehung zwischen seiner Tochter, der Geschädigten Ha. C. (nunmehr verheiratete A. ) mit dem weiteren Geschädigten M. A. nicht einverstanden und verlangte von ihr, sich von diesem zu trennen. Nachdem alle Versuche von Familienangehörigen und Bekannten, Ha. A. den Wünschen ihres Vaters und der Familie gefügig zu machen, gescheitert waren, entschloss sich der Angeklagte A. C. , der das Verhalten seiner Tochter den hergebrachten Traditionen entsprechend als Verrat an der Familie ansah, diese nunmehr gewaltsam zu einer Trennung und zur Rückkehr nach Hause zu zwingen. Gemeinsam mit seinem Sohn, dem Mitangeklagten M. C. , lauerte er den Geschädigten mit dem Pkw des M. C. am Mittag des 11. Oktober 2011 in der Nähe ihrer Wohnung auf. Als diese auf einem von M. A. gelenkten Motorroller das Fahrzeug passierten, nahmen die beiden Angeklagten sofort die Verfolgung auf, was die Geschädigten ihrerseits bemerkten und sofort die Flucht ergriffen. Nachdem die Verfolgten ebenso wie die Verfolger trotz Rotlicht zeigender Ampel eine belebte Kreuzung überfahren hatten, fuhren die Angeklagten erstmals von hinten gezielt auf den Motorroller der Geschädigten auf. Nach kurzer Trennung beider Fahrzeuge beschleunigte der Angeklagte M. C. erneut den Pkw, fuhr wiederum gezielt auf ihn auf und schob ihn über die Fahrbahn sowie über eine Verkehrsinsel quer über den Gehsteig in ein sich daran anschließendes Gebüsch, wo der Motorroller neben einem Hinweisschild zum Stehen kam und umstürzte. Auch der Pkw der Angeklagten kam in unmittelbarer Nähe zum Stillstand. M. A. hatte durch die Anstöße die Kontrolle über den Motorroller verloren und fiel vom Fahrzeug herunter, ebenso die Geschädigte Ha. A. . M. A. , der sich beim Sturz Prellungen an der Hüfte zugezogen hatte, ergriff aus Angst vor einem befürchteten Angriff der Angeklagten die Flucht. A. C. lief zu seiner Tochter, zerrte diese auf die Rückbank des Pkws, woraufhin der Mitangeklagte M. C. sogleich hinter dem Steuer Platz nahm und in Richtung Stadtzentrum davonfuhr.
9
2. Die Annahme des Landgerichts, durch dieses Verhalten hätten sich beide Angeklagten einer gemeinschaftlichen Körperverletzung "mittels eines anderen gefährlichen Werkzeugs" im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB strafbar gemacht, wird von den dazu getroffenen Feststellungen nicht getragen.
10
a) Eine Körperverletzung im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB begeht, wer seinem Opfer durch ein von außen unmittelbar auf den Körper einwirken- des gefährliches Tatmittel eine Körperverletzung im Sinne von § 223 Abs. 1 StGB beibringt (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschluss vom 30. Juni 2011 – 4 StR 266/11, Tz. 5). Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein fahrendes Kraftfahrzeug, das zur Verletzung einer Person eingesetzt wird, in der Regel als ein solches gefährliches Werkzeug anzusehen (Senatsbeschluss aaO; Senatsbeschluss vom 16. Januar 2007 – 4 StR 524/06, NStZ 2007, 405). Wird eine Person durch ein gezieltes Anfahren zu Fall gebracht, kann darin eine gefährliche Körperverletzung im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB liegen, wenn bereits durch den Anstoß eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens und damit eine körperliche Misshandlung gemäß § 223 Abs. 1 StGB ausgelöst worden ist. Erst infolge des anschließenden Sturzes erlittene Verletzungen sind dagegen nicht auf den unmittelbaren Kontakt zwischen Kraftfahrzeug und Körper zurückzuführen, sodass eine Verurteilung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB allein darauf nicht gestützt werden kann (Senatsbeschlüsse vom 30. Juni 2011 sowie vom 16. Januar 2007, jeweils aaO).
11
b) Danach liegt es im vorliegenden Fall zwar nahe, dass bereits durch den mehrfachen, gezielten Anstoß des Pkws auf den Motorroller der Geschädigten schon für sich genommen eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens des Geschädigten M. A. hervorgerufen worden ist. Zwar reichen Angst- und Panikgefühle als rein psychische Empfindungen regelmäßig nicht aus, um eine Körperverletzung im Sinne des § 223 StGB zu begründen. Etwas anderes kann jedoch dann gelten, wenn diese psychischen Einwirkungen zu einem pathologischen, somatisch objektivierbaren Zustand geführt haben (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2002 – 5 StR 42/02, BGHSt 48, 34, 36 f.; Senatsbeschluss vom 19. Oktober 1999 – 4 StR 467/99, NStZ-RR 2000, 106). Angesichts der Tatsache, dass sich die auf einem ungeschützten Motorroller fahrenden Geschädigten im belebten Stadtverkehr unversehens dem mit einem Pkw ausgeführten Angriff ausgesetzt sahen, ist es nicht ausgeschlossen , dass bereits das Auffahren auf den Roller unmittelbar Auswirkungen auf die körperliche Verfassung des Geschädigten M. A. hatte, die den Grad einer Gesundheitsbeschädigung im Sinne der §§ 223, 224 StGB erreichten. Ausreichende Feststellungen dazu sind dem angefochtenen Urteil indes nicht zu entnehmen.
12
3. Die Sache bedarf daher insoweit hinsichtlich beider Angeklagter insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung.
13
a) Der Generalbundesanwalt hat in seiner Zuschrift vom 1. August 2012 zutreffend darauf hingewiesen, dass in der Erklärung des Angeklagten A. C. , der Schuldspruch werde nur teilweise angegriffen, eine förmliche Beschränkung seines Rechtsmittels nicht zu sehen ist.
14
b) Trotz der Beschränkung der Revision des Angeklagten M. C. auf den Rechtsfolgenausspruch ist die Aufhebung des Schuldspruchs auf ihn zu erstrecken (§ 357 Satz 1 StPO). Der Angeklagte M. C. ist wegen derselben Tat verurteilt worden wie der Angeklagte A. C. . Der sachlich-rechtliche Fehler, der zur Aufhebung des Urteils gegen den Angeklagten A. C. führt, hat sich im Schuldspruch auch zum Nachteil des Angeklagten M. C. ausgewirkt (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2008 – 3 StR 441/08, Tz. 12).

II.


15
Auch die Verurteilung der Angeklagten A. und H. C. wegen (tateinheitlicher) gemeinschaftlicher Nötigung kann nicht bestehen bleiben.
16
1. Insoweit hat das Landgericht festgestellt, dass die Angeklagten A. und M. C. , nachdem sie sich der Geschädigten Ha. A. bemächtigt hatten, diese in dem Pkw zur Werkstatt des Zeugen All. verbrachten. Dort beschimpfte zunächst der Mitangeklagte A. C. seine Tochter und machte ihr weitere Vorhalte wegen ihrer Beziehung zu M. A. , wobei er verlangte, sie solle sich von ihrem Freund trennen. Für den Fall, dass dies nicht geschehen würde, drohte er damit, ihren Freund vor ihren Augen umzubringen und auch sie selbst zu töten. Er schlug dabei unter anderem mit einem Schlüsselbund auf ihre Oberschenkel und ihre linke Hand. Während dieses Geschehens kam der Angeklagte H. C. hinzu , machte seiner Schwester wegen ihres Verhaltens in gleicher Weise Vorwürfe und beschimpfte sie als Schlampe, um dem Ansinnen seines Vaters Nachdruck zu verleihen und diesen zu unterstützen. Die Geschädigte begann zu weinen und schrie wegen der ihr zugefügten Schmerzen. Unter dem Eindruck der Drohungen und Schläge "sagte sie schließlich zu der Aufforderung ihres Vaters, sich von ihrem Freund zu trennen ja, ohne dies jedoch ernst zu meinen".
17
2. Mit diesen Feststellungen hat das Landgericht die Voraussetzungen einer vollendeten Nötigung im Sinne von § 240 Abs. 1 StGB nicht hinreichend belegt.
18
a) Da der Nötigungstatbestand als Erfolgsdelikt ausgestaltet ist, muss die tatbestandsmäßige Handlung kausal zu dem vom Täter geforderten Opferverhalten führen. Vollendet ist die Nötigung erst dann, wenn der Genötigte die verlangte Handlung vorgenommen oder zumindest mit ihrer Ausführung begonnen hat. Ein Teilerfolg, der mit Blick auf ein weiter gehendes Ziel jedenfalls vorbereitend wirkt, kann für die Annahme einer vollendeten Nötigung nur dann ausreichen , wenn die abgenötigte Handlung des Opfers nach der Vorstellung des Täters eine eigenständig bedeutsame Vorstufe des gewollten Enderfolges darstellt (st. Rspr.; vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juni 2012 – 4 StR 139/12, Tz. 5 mwN).
19
b) Danach ist hier den Feststellungen nicht hinreichend zu entnehmen, ob die Angeklagten in der Erklärung der Geschädigten, sie werde sich von ihrem Freund trennen, eine eigenständig bedeutsame Vorstufe des gewollten Enderfolges erblickten. An anderer Stelle (UA 27) hat die Strafkammer insoweit ausdrücklich festgestellt, dass das Ziel der "Entführung" der Geschädigten deren (tatsächliche) Trennung von ihrem Freund und die dauerhafte Rückkehr in das Elternhaus waren und beide Ziele erst nach der Freilassung der Geschädigten erreicht werden sollten. Die Feststellungen lassen daher die Möglichkeit offen, dass eine von der Geschädigten abgegebene Erklärung von den Angeklagten gerade nicht als wesentliche Vorstufe des endgültigen Erfolges angesehen wurde.
20
Auch insoweit bedarf die Sache daher neuer Verhandlung und Entscheidung.
Mutzbauer Cierniak Franke
Quentin Reiter

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Strafgesetzbuch - StGB | § 223 Körperverletzung


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(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Einer weiteren Prüfung nach § 62 bedarf es nicht.

(2) Ist die rechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 ein Vergehen

1.
der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c),
1a.
des verbotenen Kraftfahrzeugrennens (§ 315d),
2.
der Trunkenheit im Verkehr (§ 316),
3.
des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142), obwohl der Täter weiß oder wissen kann, daß bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist, oder
4.
des Vollrausches (§ 323a), der sich auf eine der Taten nach den Nummern 1 bis 3 bezieht,
so ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.

(3) Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft des Urteils. Ein von einer deutschen Behörde ausgestellter Führerschein wird im Urteil eingezogen.

(1) Entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis, so bestimmt es zugleich, daß für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre). Die Sperre kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. Hat der Täter keine Fahrerlaubnis, so wird nur die Sperre angeordnet.

(2) Das Gericht kann von der Sperre bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen ausnehmen, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, daß der Zweck der Maßregel dadurch nicht gefährdet wird.

(3) Das Mindestmaß der Sperre beträgt ein Jahr, wenn gegen den Täter in den letzten drei Jahren vor der Tat bereits einmal eine Sperre angeordnet worden ist.

(4) War dem Täter die Fahrerlaubnis wegen der Tat vorläufig entzogen (§ 111a der Strafprozeßordnung), so verkürzt sich das Mindestmaß der Sperre um die Zeit, in der die vorläufige Entziehung wirksam war. Es darf jedoch drei Monate nicht unterschreiten.

(5) Die Sperre beginnt mit der Rechtskraft des Urteils. In die Frist wird die Zeit einer wegen der Tat angeordneten vorläufigen Entziehung eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Im Sinne der Absätze 4 und 5 steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.

(7) Ergibt sich Grund zu der Annahme, daß der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist, so kann das Gericht die Sperre vorzeitig aufheben. Die Aufhebung ist frühestens zulässig, wenn die Sperre drei Monate, in den Fällen des Absatzes 3 ein Jahr gedauert hat; Absatz 5 Satz 2 und Absatz 6 gelten entsprechend.

(1) Den Vorsitz in den Spruchkörpern bei den Landgerichten, bei den Oberlandesgerichten sowie bei dem Bundesgerichtshof führen der Präsident und die Vorsitzenden Richter.

(2) Bei Verhinderung des Vorsitzenden führt den Vorsitz das vom Präsidium bestimmte Mitglied des Spruchkörpers. Ist auch dieser Vertreter verhindert, führt das dienstälteste, bei gleichem Dienstalter das lebensälteste Mitglied des Spruchkörpers den Vorsitz.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 266/11
vom
30. Juni 2011
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Bandendiebstahls u. a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 30. Juni 2011 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 25. Januar 2011
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte im Fall II. 2 der Urteilsgründe der tateinheitlich begangenen vorsätzlichen Körperverletzung schuldig ist,
b) in den Aussprüchen über die im Fall II. 2 der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe und die Gesamtstrafe aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls (Fall II. 1 der Urteilsgründe, Einzelstrafe: ein Jahr Freiheitsstrafe) und wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung und gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr (Fall II. 2 der Urteilsgründe, Einzelstrafe: 2 Jahre Freiheitsstrafe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat außerdem Maßregeln bezüglich der Fahrerlaubnis angeordnet und ein Fahrzeug eingezogen. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung im Fall II. 2 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
3
a) Nach den insoweit getroffenen Feststellungen setzte der Angeklagte langsam sein Fahrzeug in Bewegung und fuhr auf den wenige Meter davor stehenden POK R. zu, um ihn dazu zu bewegen, zur Seite zu gehen und den Fluchtweg freizugeben. Da POK R. nicht zur Seite trat, sondern nur wenige Meter zurückging, hielt der Angeklagte an, fuhr dann erneut auf ihn zu und hielt abermals an. Da POK R. den Weg noch nicht freigab, fuhr der Angeklagte nochmals langsam an und versuchte, ihn langsam zur Seite zu drücken. POK R. , der befürchtete überrollt zu werden, hielt sich darauf an der Motorhaube oder dem Scheibenwischer des Transporters fest und zog die Beine hoch. Der Angeklagte lenkte den Wagen sodann in eine Rechtskurve, um den Parkplatz zu verlassen. POK R. nutzte die Lenkbewegung und die sich daraus ergebenden Fliehkräfte und ließ sich vom Fahrzeug „wegschleudern“. Er kam auf dem Asphalt des Parkplatzes zum Liegen und trug Schürfwunden an Armen und Knien und einige Hämatome davon.
4
b) Damit ist das Vorliegen einer gefährlichen Körperverletzung nicht belegt.
5
aa) Zwar ist ein fahrendes Kraftfahrzeug, das zur Verletzung einer Person eingesetzt wird, ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Die Feststellungen ergeben jedoch nicht, dass die Verletzungen des Po- lizeibeamten durch eine Einwirkung des Kraftfahrzeugs auf seinen Körper verursacht worden sind. Soweit er sich diese – was unklar bleibt – bei dem Sturz auf den Asphalt zugezogen hat, wäre der Körperverletzungserfolg nicht „mittels“ des Kraftfahrzeugs eingetreten (Senatsbeschlüsse vom 16. Januar 2007 – 4 StR 524/06, NStZ 2007, 405 und vom 10. Juli 2008 – 4 StR 220/08).
6
bb) Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen tragen auch nicht die Tatvariante „mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung“ (§ 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB). Zum einen lässt sich den Urteilsgründen auch insoweit nicht entnehmen, dass die Verletzungen des Geschädigten „mittels“ der Tat- handlung und nicht erst durch dessen Abspringen vom Fahrzeug verursacht worden sind (vgl. Senatsbeschlüsse vom 13. Juni 2006 – 4 StR 123/06, NStZ 2007, 34, 35, und vom 5. Januar 2010 – 4 StR 478/09, NStZ 2010, 276; Fischer, StGB, 58. Aufl. § 224 Rn. 12 m.w.N.). Zum anderen kann das hier festgestellte langsame Zufahren auf den Geschädigten nicht generell als lebensbedrohlich angesehen werden. Für die vom Landgericht angenommene Gefahr, ihn zu überrollen oder zu überfahren und dadurch lebensgefährliche Verletzungen hervorzurufen, fehlt es an konkreten Anhaltspunkten.
7
c) Das Verhalten des Angeklagten erfüllt jedoch den Tatbestand einer Körperverletzung nach § 223 StGB. Der nach § 230 StGB zur Verfolgung erforderliche Strafantrag ist vom Verletzten form- und fristgerecht gestellt worden (vgl. Bl. 231 Bd. I d. A.). Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung weiter gehende Feststellungen getroffen werden könnten und ändert den Schuldspruch entsprechend ab.
8
2. Der aufgezeigte Rechtsfehler führt zur Aufhebung der im Fall II. 2 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe und der Gesamtstrafe. Das Landgericht hat einen minder schweren Fall des gefährlichen Eingriffs in den Straßenver- kehr bejaht und deshalb die Einzelstrafe gemäß § 52 Abs. 2 StGB dem nach § 46a Nr. 1, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 224 Abs. 1 StGB als demjenigen mit der schwersten Strafandrohung entnommen. Straferschwerend hat es darüber hinaus u.a. gewürdigt, dass durch die Handlung des Angeklagten zwei Varianten des § 224 Abs. 1 StGB erfüllt sind. Von der Aufhebung sind die zugehörigen Feststellungen nicht betroffen, diese können daher bestehen bleiben.
9
3. Nach Wegfall des die Zuständigkeit des Schwurgerichts begründenden Tatvorwurfs des versuchten Mordes verweist der Senat die Sache entsprechend § 354 Abs. 3 StPO an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurück. Ernemann Roggenbuck RiBGH Dr. Franke befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Ernemann Mutzbauer Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 524/06
vom
16. Januar 2007
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 16. Januar 2007 gemäß § 349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 22. März 2006 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte im Fall II. 1 der Urteilsgründe der tateinheitlich begangenen vorsätzlichen (einfachen) Körperverletzung schuldig ist.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, mit gefährlicher Körperverletzung und mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr (Fall II. 1 der Urteilsgründe, Einzelstrafe: zwei Jahre Freiheitsstrafe) sowie wegen hierzu in Tatmehrheit stehender weiterer tateinheitlich zusammentreffender Straftaten (Fall II. 2 der Urteilsgründe, Einzelstrafe: neun Monate Freiheitsstrafe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Außerdem hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und gegen ihn eine isolierte Sperre für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis von drei Jah- ren angeordnet. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, führt lediglich zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung im Fall II. 1 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
3
a) Nach den insoweit getroffenen Feststellungen kam es zwischen dem Angeklagten und dem sich in das Fahrzeug des Angeklagten beugenden Polizeibeamten G. , der den Angeklagten an einer Weiterfahrt hindern wollte, zunächst zu einer Rangelei. G. versuchte die Handbremse zu ziehen und kam hierbei quer im vorderen Innenraum des Fahrzeugs zu Liegen. Im weiteren Verlauf der körperlichen Auseinandersetzung gelang es dem Angeklagten, sein Fahrzeug rückwärts in Gang zu setzen, so dass es schließlich gegen eine Böschung stieß. Durch den Anstoß fiel der Polizeibeamte aus dem Fahrzeug auf einen Gehweg; er erlitt „bei diesem Vorgang“ unter anderem einen Bruch des Brustbeins, eine Schwellung am rechten Auge, Schürfwunden am Armgelenk und Prellungen mehrerer Rippen.
4
b) Damit ist das Vorliegen einer gefährlichen Körperverletzung nicht belegt. Die hier allein in Betracht kommende Tatbestandsvariante des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB („mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs“ ) setzt voraus, dass die Körperverletzung durch ein von Außen auf den Körper des Tatopfers einwirkendes gefährliches Tatmittel verursacht wird (vgl. Senat NZV 2006, 270, 271/272; NZV 2006, 483, 484 [zu § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB]; Tröndle/Fischer StGB 54. Aufl. § 224 Rdn. 7; a.A. KG NZV 2006, 111 mit Anm. Krüger). Zwar ist ein fahrendes Kraftfahrzeug, das zur Verletzung ei- ner Person eingesetzt wird, als ein gefährliches Werkzeug im Sinne dieser Bestimmung anzusehen. Die Feststellungen ergeben jedoch nicht, dass die Verletzungen des Polizeibeamten durch eine Einwirkung des Kraftfahrzeugs auf seinen Körper verursacht worden sind. Soweit er sich diese - was unklar bleibt - bei dem Sturz aus dem Fahrzeug zugezogen hat, wäre der Körperverletzungserfolg erst durch den nachfolgenden Aufprall auf den Gehsteig und nicht „mittels“ des Kraftfahrzeugs eingetreten (vgl. Senat aaO).
5
c) Das Verhalten des Angeklagten erfüllt jedoch den Tatbestand einer (einfachen) Körperverletzung gemäß § 223 StGB. Der nach § 230 StGB zur Verfolgung erforderliche Strafantrag ist vom Verletzten form- und fristgerecht gestellt worden (vgl. Bl. 28 d.A.). Der Senat ändert daher den Schuldspruch entsprechend ab.
6
2. Der aufgezeigte Rechtsfehler hat auf den Bestand des Strafausspruchs keine Auswirkung. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Bewertung der Körperverletzungshandlung die im Fall II. 1 der Urteilsgründe festzusetzende Einzelstrafe, die dem nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 315 b Abs. 3 StGB zu entnehmen war, niedriger bemessen hätte. Zwar hat das Landgericht insoweit rechtsfehlerhaft den Strafrahmen des § 315 Abs. 3 StGB zu Grunde gelegt und damit verkannt , dass § 315 b Abs. 3 StGB nur bezüglich der tatbestandlichen Voraussetzungen auf diese Vorschrift verweist, im Übrigen aber über einen eigenen, im Höchstmaß niedrigeren (zehn statt fünfzehn Jahre Freiheitsstrafe) Strafrahmen verfügt. Da das Landgericht sich bei der Bemessung der Einzelstrafe jedoch ersichtlich an dem unteren Mindestmaß des Strafrahmens orientiert hat, welches in beiden Bestimmungen gleich ist, ist nicht zu besorgen, dass sich dieser Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat. Jedenfalls erachtet der Senat die festgesetzte Einzelstrafe für angemessen im Sinne des § 354 Abs. 1 a StPO.
Tepperwien Kuckein Athing
Solin-Stojanović Ernemann

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung: ja
Der Versuch einer Körperverletzung mit Todesfolge
in Form eines "erfolgsqualifizierten Versuchs" ist
möglich.
BGH, Urt. v. 9. Oktober 2002 – 5 StR 42/02
LG Cottbus –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 9. Oktober 2002
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
wegen versuchter Körperverletzung mit Todesfolge u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 9. Oktober 2002, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt S ,
Staatsanwältin K
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt H
als Verteidiger für den Angeklagten B ,
Rechtsanwalt Kl
als Verteidiger für den Angeklagten D ,
Rechtsanwalt Hi
als Verteidiger für den Angeklagten T ,
Rechtsanwalt N
als Verteidiger für den Angeklagten Ka ,
Rechtsanwalt W
als Verteidiger für den Angeklagten Ha ,
Rechtsanwalt Kn
als Verteidiger für den Angeklagten Sc ,
Rechtsanwalt M
als Verteidiger für den Angeklagten P ,
Rechtsanwalt Na
als Verteidiger für den Angeklagten He ,
Rechtsanwalt Bl ,
Rechtsanwältin G ,
Rechtsanwältin C ,
Rechtsanwältin Gi
als Vertreter der Nebenkläger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen des Nebenklägers M G wird das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 13. November 2000 dahin geändert, daß die Angeklagten B , D , T und Ka im Fall B. VII. der Urteilsgründe wegen der gegen F G begangenen Tat statt einer fahrlässigen Tötung der tateinheitlich begangenen versuchten Körperverletzung mit Todesfolge schuldig sind.
2. Auf die Revisionen des Nebenklägers Kab wird das vorbezeichnete Urteil dahin geändert, daß die genannten Angeklagten und der Angeklagte Ha im Fall B. VII. der Urteilsgründe auch der tateinheitlich begangenen versuchten gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil dieses Nebenklägers schuldig sind.
3. Auf die Revisionen der Angeklagten Sc und He wird das vorbezeichnete Urteil dahin geändert, daß diese Angeklagten im Fall B. VII. der Urteilsgründe wegen der gegen F G begangenen Tat statt einer fahrlässigen Tötung der versuchten Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit unter anderem mit versuchter gefährlicher Körperverletzung (Tat zum Nachteil des Nebenklägers Kab ) schuldig sind.
4. Die Schuldsprüche lauten hiernach wie folgt: Der Angeklagte B ist schuldig der versuchten Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, mit versuchter gefährlicher Körperver- letzung, mit Nötigung, mit Volksverhetzung und mit Beleidigung sowie der Sachbeschädigung in zwei Fällen.
Der Angeklagte D ist schuldig der versuchten Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, mit versuchter gefährlicher Körperverletzung und mit Nötigung.
Der Angeklagte T ist schuldig der versuchten Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, mit versuchter gefährlicher Körperverletzung und mit Nötigung sowie des erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit räuberischer Erpressung sowie der räuberischen Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie einer weiteren gefährlichen Körperverletzung.
Der Angeklagte Ka ist schuldig der versuchten Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, mit versuchter gefährlicher Körperverletzung und mit Nötigung sowie des erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit räuberischer Erpressung.
Der Angeklagte Ha ist schuldig der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung und mit Nötigung sowie des erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit räuberischer Erpressung sowie der räuberischen Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie der Freiheitsberaubung in Tateinheit mit Bedrohung und mit gefährlicher Körperverletzung sowie einer weiteren gefährlichen Kör- perverletzung sowie des Diebstahls sowie des versuchten Diebstahls.
Der Angeklagte Sc ist schuldig der versuchten Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, mit versuchter gefährlicher Körperverletzung und mit Nötigung sowie des erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit räuberischer Erpressung , sowie der räuberischen Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie des Diebstahls.
Der Angeklagte P ist schuldig der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung und mit Nötigung.
Der Angeklagte He ist schuldig der versuchten Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, mit versuchter gefährlicher Körperverletzung , mit Nötigung, mit Volksverhetzung und mit Beleidigung sowie der Sachbeschädigung in zwei Fällen sowie der vorsätzlichen Trunkenheit im Verkehr in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis.
5. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
6. Es wird davon abgesehen, den Angeklagten die Kosten und Auslagen des Revisionsverfahrens aufzuerlegen (§ 74 JGG). Die Nebenkläger M G und Kab tragen die Kosten ihrer Revisionen; jedoch wird die Gebühr um ein Drittel ermäßigt.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat die Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung und mit fahrlässiger Tötung – letzteres gilt nicht für die Angeklagten Ha und P – sowie wegen anderer Delikte zu Jugendstrafen verurteilt (B : zwei Jahre; D : ein Jahr zwei Monate; T : zwei Jahre acht Monate; Ka : ein Jahr; Ha : zwei Jahre; Sc : ein Jahr sechs Monate; He : ein Jahr sechs Monate). Die Vollstreckung der Jugendstrafen hat es, mit Ausnahme der gegen die Angeklagten B und T verhängten Strafen, zur Bewährung ausgesetzt. Den Angeklagten P hat das Landgericht verwarnt und ihm Auflagen sowie Weisungen erteilt. Gegen dieses Urteil haben die Angeklagten – mit Ausnahme des Angeklagten Ha – und die Nebenkläger M G (als Bruder des Getöteten F G ) sowie Kab (als Geschädigter) Revision eingelegt. Die Revisionen der Angeklagten und die Revisionen der Nebenkläger – beschränkt auf die Entscheidung über die zu ihren Lasten bzw. zu Lasten ihrer Angehörigen von den damals Heranwachsenden begangenen Taten – führen zu der aus dem Tenor ersichtlichen Umstellung der Schuldsprüche, im übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet.

A.


Dem angefochtenen Urteil liegen – neben den Feststellungen zu anderen Taten – insbesondere folgende Feststellungen betreffend das Tatgeschehen in der Nacht zum 13. Februar 1999 zugrunde (siehe B. VII. der Urteilsgründe , UA S. 54 ff.):
In dieser Nacht besuchten der Angeklagte He , der rechtskräftig Verurteilte Ba und der Zeuge Pe die Diskothek „Dance-Club“ in Guben. Alsbald gerieten sie dort in einen Streit mit mehreren vietnamesischen Besuchern, der in eine tätliche Auseinandersetzung vor der Diskothek mündete. In deren Verlauf, es war etwa 2.30 Uhr, griff der Zeuge J N , ein kubanischer Staatsangehöriger mit dunkler Hautfarbe, zu einem flachen metallischen Gegenstand, der auch eine Machete gewesen sein kann. Als er damit auf die deutschen Jugendlichen zurannte, flüchteten diese. Er lief hinter dem Zeugen Pe her, erreichte diesen und schlug ihm mit dem Gegenstand auf den Rücken. Bei der weiteren Flucht zog sich der Zeuge Pe eine Prellung des Kniegelenks und eine oberflächliche Rißwunde zu. Im Laufe der nächsten beiden Stunden trafen der Angeklagte He und der rechtskräftig Verurteilte Ba in der Nähe der Diskothek auf die weiteren Angeklagten B , Ha , Ka , R , Sc und T sowie den gesondert Verfolgten Ku und berichteten ihnen, daß sie von Ausländern bedroht und von Vietnamesen mißhandelt worden seien. „In erregter Stimmung gegenüber dem Ausländer ‚J ‘, gegenüber Vietnamesen und gegenüber Ausländern im allgemeinen“ entschlossen sich die Angeklagten, den Kubaner auf eigene Faust zu suchen und zu ergreifen. Allen war bewußt, daß sie dabei Gewalt anwenden und die Person auch möglicherweise verletzen würden; auch die später hinzukommenden Angeklagten D und P erklärten sich damit einverstanden.
Alsbald nachdem diese nunmehr aus elf Personen bestehende Gruppe mit den, von den Angeklagten R , T und Ka geführten Fahrzeugen losgefahren waren, sahen die Angeklagten B und He in der Nähe der Diskothek die Zeugin Ga . Da sie annahmen, daß diese „mit Ausländern Bekanntschaften pflege“, sprangen beide aus den Wagen und liefen auf die Zeugin zu. Sie riefen dabei sinngemäß: „Wir haben dir was mitgebracht – Hass, Hass, Hass – Ausländer raus!“ und schütteten ihr dann Bier über den Kopf. Nach Rückkehr in die Fahrzeuge setzten die Angeklagten die Suche nach dem Kubaner fort. Dabei schrieen die Angeklagten B und
He weiterhin ausländerfeindliche Parolen; die Stimmung wurde durch das lautstarke Abspielen von Musikkassetten mit fremdenfeindlichen Texten weiter geschürt.
In dieser Situation – es war etwa 4.40 Uhr – bemerkten die Angeklagten drei Ausländer: die Zeugen (und Nebenkläger) Be und Kab , sowie den später verstorbenen F G , die nach dem Besuch des „DanceClubs“ auf dem Heimweg waren. Die Fahrer bremsten auf Höhe der Ausländer die Autos scharf ab. Die Angeklagten B und He sowie weitere Angeklagte stürmten laut schreiend aus den Fahrzeugen auf die Ausländer zu. Diese ergriffen beim Anblick der zum Teil mit sogenannten Bomberjacken und Springerstiefeln bekleideten Angeklagten angstvoll die Flucht zurück in Richtung Diskothek. Mittels der PKW, in die diese Angeklagten wieder eingestiegen waren, setzten sie die Verfolgung fort. Nach ca. 50 bis 100 m überholten sie die Flüchtlinge und bremsten die Wagen direkt vor ihnen ab, um den Weg zur Diskothek zu verstellen. Die Ausländer sahen, daß wiederum mehrere Angeklagte aus den Fahrzeugen sprangen – darin verblieben neben den Fahrern nur die Angeklagten Ha und P sowie der rechtskräftig Verurteilte Ba – und auf sie zuliefen. Aus Angst und in Panik liefen sie nunmehr in unterschiedliche Richtungen davon. Die Verfolger teilten sich entsprechend auf: Während Kab und F G durch die Angeklagten B und He verfolgt wurden, liefen der rechtskräftig verurteilte Ku sowie die Angeklagten Sc und D hinter Be her; als Ku diesen eingeholt hatte, versetzte er ihm mehrere Tritte, so daß das Opfer während des Laufs wiederholt zu Fall kam und schließlich gegen ein geparktes Auto stürzte, wobei er sich eine blutende Kopfwunde zuzog; ein in Richtung des Opfers geworfener Pflasterstein verfehlte dieses. Erst jetzt erkannte Ku an der Hautfarbe des am Boden Liegenden, daß es nicht der gesuchte Kubaner war. Er und die beiden anderen Angeklagten ließen vom Opfer ab und kehrten zu den Fahrzeugen zurück. Die Angeklagten B und He hatten hingegen die weitere Verfolgung der beiden anderen Flüchtenden nach „einigen Metern“ abgebrochen, weil sie sie aus den
Augen verloren hatten oder ihnen deren Vorsprung mittlerweile zu groß erschien. Ihre Suche nach den beiden weiteren gaben die Angeklagten jedoch nicht auf.
Indessen wähnten Kab und F G die Verfolger noch hinter sich. Sie liefen zu einem etwa 200 m von dem letzten Haltepunkt der PKW entfernten Mehrfamilienhaus. Da F G die Haustür nicht öffnen konnte, trat er in Todesangst die untere Glasscheibe der Tür ein. Dabei oder beim anschließenden Durchsteigen verletzte er sich an den im Türrahmen verbliebenen Glasresten; er zog sich eine 8,5 cm tiefe Wunde am rechten Bein und die Verletzung einer Schlagader zu. Binnen kurzer Zeit verblutete das Opfer.

B.


Die Revisionen der Nebenkläger Kab und M G führen zu der aus dem Tenor ersichtlichen Umstellung des Schuldspruchs bei den Angeklagten , die die Taten vom 13. Februar 1999 (Tatkomplex B. VII.) als Heranwachsende begangen haben (vgl. § 80 Abs. 3 JGG). Im übrigen bleiben diese Rechtsmittel ohne Erfolg.
I. Die Verfahrensrügen der Nebenkläger sind zum Teil unzulässig, weil sie nicht in der Form des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ausgeführt worden sind, im übrigen unbegründet. Der Erörterung bedarf nur folgendes:
1. Die von der Revision des Nebenklägers Kab erhobene Aufklärungsrüge ist unzulässig. Die Revision rügt, daß die Jugendkammer versäumt habe, den Psychiater Dr. H als Sachverständigen zu physischen und psychischen Folgen, die die Geschädigten Kab und Be infolge der zu ihrem Nachteil begangenen Taten erlitten hätten, zu vernehmen. Diese Beweiserhebung hätte sich nach dem Akteninhalt, insbesondere den von diesem Sachverständigen erstellten und zur Sachakte genommenen schriftli-
chen Gutachten aufgedrängt. Indes versäumt die Revision, eben diese Gutachten mitzuteilen. Zudem verschweigt die Revision, daß Dr. H in der Hauptverhandlung als sachverständiger Zeuge vernommen worden ist (Protokollband IV, Bl. 812).
2. Entgegen der Ansicht des Nebenklägers M G liegt ein absoluter Revisionsgrund im Sinne des § 338 Nr. 6 StPO nicht vor.
Die Revision teilt nicht mit, daß die Öffentlichkeit für die Beweisaufnahme über die persönlichen Verhältnisse der Angeklagten bereits durch den Beschluß vom 6. Juli 2000 ausgeschlossen worden war (Protokollband IV, Bl. 881, 888). Dieser Beschluß umfaßte damit auch die Einlassung des Angeklagten Ku vom 17. Juli 2000 zu dessen persönlichen Verhältnissen. Es kann hiernach offenbleiben, ob nicht bereits § 80 Abs. 3 JGG zum Ausschluß der Rüge führen müßte, da der gerügte Öffentlichkeitsausschluß im unmittelbaren Zusammenhang mit der Vernehmung eines zur Tatzeit jugendlichen Angeklagten stand.
Der weitere Vortrag der Revision, der Angeklagte Ha habe am 17. Juli 2000 zur Sache in nichtöffentlicher Sitzung ausgesagt, ist nicht bewiesen , findet insbesondere im Protokoll der Hauptverhandlung keine Stütze. Es trifft zwar zu, daß die Öffentlichkeit zuvor allein für die Beweisaufnahme über die persönlichen Verhältnisse der Angeklagten ausgeschlossen worden war. Indes hat der Angeklagte Ha an diesem Tag nach erfolgtem Ausschluß keine Angaben zur Sache gemacht. In der Sitzungsniederschrift heißt es insoweit (Protokollband IV, Bl. 905): „Der AK Ha äußerte sich zu den persönlichen Verhältnissen (Anlage 8 zum Protokoll)“. Zwar enthält die Anlage 8, auf die hier hingewiesen wird (Protokollband IV, Bl. 918 ff.), in einem eigenen Abschnitt auch Ausführungen zur Sache. Doch ist die darin enthaltene Sacheinlassung ersichtlich schon früher abgegeben worden. Denn unmittelbar vor Öffentlichkeitsausschluß – auch dies teilt die Revision nicht mit – hat sich der Angeklagte ausweislich des Protokolls bereits zur Sache ge-
äußert. Der spätere Hinweis im Protokoll auf die Anlage 8 bezieht sich mithin allein auf die dort enthaltenen Angaben zur Person.
Die weitergehende Rüge der Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes – betreffend die Vernehmung des Zeugen Z – hat ebenfalls keinen Erfolg, da schon das Beweisthema, zu dem der Zeuge gehört worden ist, nicht mitgeteilt wird. Hiernach kann nicht beurteilt werden, ob die Frage an den Zeugen, was er unter „rechtsextrem“ verstehe, und die damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Verfahrensvorgänge (vgl. dazu BGHR StPO § 338 Nr. 6 Ausschluß 2 m. w. N.) der Aufklärung der persönlichen Verhältnisse der Angeklagten dienten. Dienten sie diesem Zweck, wäre der Ausschluß der Öffentlichkeit auf Grundlage des oben genannten Beschlusses vom 6. Juli 2000 gerechtfertigt gewesen.
3. Der Nebenkläger M G rügt ferner, daß die Jugendkammer dem Zeugen Pe – bei der Beantwortung der Frage, ob er oder andere, die in der Tatnacht in seiner Wohnung gewesen seien, dem „nationalen Widerstand“ angehörten – zu Unrecht ein Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO zugebilligt habe (§ 244 Abs. 2, § 245 StPO). Die Rüge ist unbegründet. Eine unzutreffende Beurteilung der Verfolgungsgefahr im Sinne des § 55 StPO in tatsächlicher Hinsicht ist im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht anfechtbar (vgl. BGHSt 10, 104, 105; BGHR StPO § 55 Abs. 1 Auskunftsverweigerung 10, zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen; Lemke in HK-StPO, 3. Aufl. § 55 Rdn. 10). Rechtsfehler, die zu einer unzutreffenden Anwendung des § 55 Abs. 1 StPO geführt haben könnten, sind nicht ersichtlich. Auf die Frage, ob das Urteil auf dem behaupteten Verfahrensverstoß überhaupt beruhen könnte, kommt es daher nicht mehr an.
4. Jedenfalls unbegründet ist auch die Rüge, das Fragerecht der Nebenklage sei dadurch in unzulässiger Weise verkürzt worden, daß das Gericht Fragen an den als sachverständigen Zeugen vernommenen Dr. H (s. o. B. I. 1.) – über Befundtatsachen zu psychischen Folgen der Taten hin-
aus – zu etwaigen Schlußfolgerungen nicht zugelassen habe. Eine Verletzung der §§ 240, 241, 397 Abs. 1 Satz 3 StPO ist damit nicht dargetan.
Die Annahme der Revision, Dr. H hätte vorliegend zwingend als Sachverständiger vernommen werden müssen, mit der Folge, daß er auch zu etwaigen Schlußfolgerungen hätte befragt werden dürfen, geht fehl. Im Rahmen der ihm obliegenden Aufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO und gegebenenfalls nach Maßgabe der § 244 Abs. 3 bis 5, § 245 StPO bestimmt grundsätzlich allein der Tatrichter den Umfang der Beweisaufnahme. Sofern die genannten Vorschriften nicht zu einer weiteren Beweisaufnahme zwingen , steht es im Ermessen des Gerichts zu bestimmen, mit Hilfe welcher Beweismittel Beweis erhoben werden soll. Dabei hindert ein – wie hier – früher erteilter Sachverständigenauftrag das Gericht nicht, einen Sachverständigen später ausschließlich als Zeugen, somit auch nur zu von ihm wahrgenommenen Tatsachen zu vernehmen (vgl. dazu BGH GA 1976, 78, 79). Dies hat der Bundesgerichtshof für den erfolgreich als befangen abgelehnten Sachverständigen wiederholt entschieden (BGHSt 20, 222, 224; BGH NStZ 2002, 44; StV 2002, 4, 5). Fragen, die – wie vorliegend – reine Werturteile und Schlußfolgerungen betrafen, waren somit nicht zulässig und durften als „ungeeignet“ zurückgewiesen werden (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 45. Aufl. § 241 Rdn. 15; Vor § 48 Rdn. 2, 3).
5. Auch die sich inhaltlich anschließende Aufklärungsrüge des Nebenklägers M G (Revisionsbegründung S. 151 f.) ist unbegründet. Denn originäre Beweismittel zur Feststellung etwaiger Tatfolgen waren die beiden als Zeugen gehörten Nebenkläger. Zudem ist der Psychiater Dr. H zu den bei den Explorationen von ihm wahrgenommenen Tatsachen ergänzend als sachverständiger Zeuge vernommen worden, so daß etwaige nach Vernehmung der Geschädigten verbliebene Aufklärungsdefizite jedenfalls beseitigt werden konnten. Konkrete Angaben zu dem verstorbenen Geschädigten hätte er ohnehin nicht machen können. Soweit die Revision darauf hinweist, daß mit Hilfe eines Sachverständigen als Folgen der Tat
„posttraumatische Belastungsstörungen im Sinne des ICD-10 F 43.1“ (vgl. Dilling/Mombour/Schmidt, Internationale Klassifikation psychischer Störungen , 4. Aufl.) hätten festgestellt werden können, war dies jedenfalls bei dem Geschädigten F G auszuschließen, da dieser innerhalb kürzester Zeit an den Folgen der Verletzungen verstorben war.
6. Keinen Erfolg haben auch die weiteren Rügen, mit denen der Nebenkläger M G die Verletzung seines Frage- und Beweisantragsrechts rügt.

a) In der Hauptverhandlung fragte eine der Nebenklägervertreterinnen den Sachverständigen Dr. Sch , ob ihm anläßlich der Begutachtung des Angeklagten He – zur Tatzeit noch Jugendlicher – eine freundschaftliche Beziehung zu dem Angeklagten B – zur Tatzeit Heranwachsender – mitgeteilt worden sei. Der Vorsitzende und das nach Beanstandung seiner Anordnung angerufene Gericht wiesen die Frage zurück, da die Nebenklage bezüglich des Angeklagten He nicht zugelassen und eine Befragung des Gutachters daher nicht möglich sei. Die Rüge der Verletzung des Fragerechts dringt nicht durch (§ 240 Abs. 2, § 241, § 397 Abs. 1 Satz 2 StPO).
Bei der (früher getroffenen) Entscheidung über die nur partielle Zulassung der Nebenkläger hat sich die Jugendkammer ersichtlich an den vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätzen orientiert. Hiernach ist in verbundenen Verfahren vor den Jugendgerichten die Nebenklage zulässig, soweit sie sich nicht gegen den Jugendlichen richtet. Dies hat der Bundesgerichtshof für nach § 103 Abs. 1 JGG verbundene Verfahren ausdrücklich entschieden (BGHSt 41, 288; BGH NStZ 1997, 97; zur Gegenansicht vgl. Eisenberg , JGG 9. Aufl. § 80 Rdn. 13, 13a). Da nach § 109 JGG die Regelung des § 80 Abs. 3 JGG auf Heranwachsende keine Anwendung findet, gilt der genannte Grundsatz auch für verbundene Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende (Brunner/Dölling, JGG 11. Aufl. § 109 Rdn. 6; Kleinknecht /Meyer-Goßner, StPO 45. Aufl. Vor § 395 Rdn. 6; Senge in KK 4. Aufl.
§ 395 Rdn. 18; jeweils m. w. N.). Indes hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich betont, daß das Nebeneinander von Jugendlichen einerseits und Erwachsenen andererseits im gleichen Verfahren nicht zu einer Beeinträchtigung der – das Jugendstrafrecht beherrschenden – erzieherischen Belange führen darf (BGHSt aaO S. 292). Daraus folgt, daß in Fällen gegenläufiger Interessen zwischen Nebenklage und Jugendlichen – etwa bei Ausübung des Frage- und Beweisantragsrechts zur Aufklärung des Vorwurfs gemeinsamer Tatbegehung von Jugendlichen und Heranwachsenden/Erwachsenen – im Zweifel der Position des Jugendlichen Vorrang einzuräumen ist (vgl. Ostendorf, JGG 5. Aufl. § 80 Rdn. 1a; Hilger in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. Vor § 395 Rdn. 14 f.).
Die Entscheidung des Tatgerichts, die Frage der Nebenklage zurückzuweisen , läßt hiernach keinen durchgreifenden Rechtsfehler erkennen. Zwar war die Frage der Nebenklage nicht unmittelbar an einen zur Tatzeit noch jugendlichen Angeklagten, sondern an den Sachverständigen gerichtet, doch diente sie ersichtlich (jedenfalls auch) dem Zweck, Informationen über die persönlichen Verhältnisse des bei Begehung der Tat jugendlichen Angeklagten He zu gewinnen. Sie war somit potentiell geeignet, dem mit § 80 Abs. 3 JGG verfolgten Zweck zuwiderzulaufen.

b) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge, die Jugendkammer habe zu Unrecht die Vernehmung des Leiters der Polizeiwache Guben zum Inhalt von Ermittlungsverfahren abgelehnt, die gegen einzelne Angeklagte wegen weiterer Vorwürfe geführt worden seien (§ 244 Abs. 3 StPO). Allerdings trifft die Auffassung des Landgerichts nicht zu, die Unschuldsvermutung stehe der Einführung etwaiger Nachtaten im Strengbeweisverfahren grundsätzlich entgegen (vgl. BGHSt 34, 209; Gollwitzer in Löwe/Rosenberg, StPO 24. Aufl. Art. 6 MRK Rdn. 156; Pfeiffer, StPO 4. Aufl. § 261 Rdn. 7). Gleichwohl hat die Rüge keinen Erfolg, da die tatsächliche Bedeutungslosigkeit der Beweisbehauptungen auf der Hand liegt (vgl. BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Bedeutungslosigkeit 12, 14). Soweit im Beweisantrag behauptet wird, daß sich
der Angeklagte He fünf Stunden nach der Schändung eines für den Verstorbenen aufgestellten Gedenksteines mit weiteren Personen in einem Auto befunden habe, auf dem ein Hakenkreuz geschmiert gewesen sei, läßt dies keinen Rückschluß darauf zu, daß er an dem genannten Geschehen teilgenommen hat; gleiches gilt für die Behauptung, daß die Polizei nach einer weiteren Schändung des Gedenksteines „einen der hier Angeklagten“ – eine nähere Individualisierung erfolgt im Antrag nicht – festgenommen habe.

c) Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht die Vernehmung des Zeugen Dr. Hä mit der Begründung abgelehnt, das im Beweisantrag näher bezeichnete Beweisthema sei bereits erwiesen (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO); die Urteilsgründe stehen zu diesem Beweisergebnis nicht in Widerspruch (vgl. BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 erwiesene Tatsache 1). Ein Fehler liegt auch nicht darin, daß sich die Strafkammer mit dem Ergebnis im Urteil nicht auseinandersetzt. Eine Erörterung von für „erwiesen“ erklärten Tatsachen ist in den Urteilsgründen nicht zwingend erforderlich, zumal da die Beweiserhebung auch über nicht erhebliche Tatsachen mit dieser Begründung abgelehnt werden kann (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 45. Aufl. § 244 Rdn. 57).
7. Der Revisionsführer rügt weiter einen Verstoß gegen das Gebot der „erschöpfenden Beweiswürdigung“ aus § 261 StPO (vgl. Engelhardt in KK 4. Aufl. § 261 Rdn. 49 f.), da einzelne in der Hauptverhandlung erzielte Beweisergebnisse im Urteil nicht erörtert worden seien (vgl. Revisionsbegründung F G S. 36 – 132).
Diese Rügen sind bereits unzulässig. Denn die Revision kann grundsätzlich nicht mit der Behauptung gehört werden, das Tatgericht habe sich mit einer bestimmten Aussage einer Beweisperson nicht auseinandergesetzt, wenn sich diese Aussage nicht aus dem Urteil selbst ergibt. Denn die Ergebnisse der Beweisaufnahme festzustellen und zu würdigen, ist allein Sache des Tatrichters; der dafür bestimmte Ort ist das Urteil. Was in ihm über das Ergebnis der Verhandlung zur Schuld- und Straffrage festgehalten ist, bindet
das Revisionsgericht. Eine Rekonstruktion der Beweisaufnahme ist ihm grundsätzlich verwehrt (BGHSt 38, 14, 15; 43, 212, 213).
Dies gilt letztlich auch für die gemäß § 254 StPO in die Hauptverhandlung eingeführten Vernehmungsniederschriften. Zwar ist der Inhalt von in der Hauptverhandlung verlesenen Urkunden im Revisionsverfahren regelmäßig rekonstruierbar (vgl. BGHSt 43, 212, 214). Doch legt die Revision entgegen § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht dar, daß die verlesenen Protokolle zum Zeitpunkt der Urteilsberatung noch beweiserheblich waren. Der Tatrichter muß aber nur die zum Zeitpunkt der Urteilsfällung wesentlichen beweiserheblichen Umstände in den Urteilsgründen erörtern. Ob der Inhalt einer Aussage zu diesem Zeitpunkt beweiserheblich war, läßt sich nur aus dem Inbegriff der gesamten Hauptverhandlung aufgrund des persönlichen Eindrucks vom Beweiswert der Beweismittel beurteilen. Ein Widerspruch zwischen den Bekundungen verschiedener Beweispersonen kann sich durch eine einfache Erklärung einer dieser Personen oder durch sonstige Beweismittel für alle Verfahrensbeteiligten zweifelsfrei gelöst haben, so daß kein Anlaß für seine Darlegung in den Urteilsgründen mehr bestand (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Beweiswürdigung 5, 6; Schäfer StV 1995, 147, 156 f.).
8. Ohne Erfolg bleibt auch die Aufklärungsrüge, mit der geltend gemacht wird, das Tatgericht hätte die Zeugen Ky und No angesichts ihrer bisherigen Angaben und der weiteren Ergebnisse der Beweisaufnahme nochmals hören müssen. Die Revision legt nicht dar, welcher Aufklärungsgewinn durch die wiederholte Vernehmung zu erzielen gewesen wäre. Auch die weiteren Aufklärungsrügen sind unzulässig, da sie das jeweilige Ergebnis , das von den begehrten Beweiserhebungen zu erwarten gewesen wäre, nicht mit der erforderlichen inhaltlichen Bestimmtheit behaupten (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Aufklärungsrüge 1, 4, 6, 9; Sarstedt/Hamm, Revision im Strafverfahren 6. Aufl. Rdn. 554 f.).
II. Die sachlichrechtlichen Einwendungen der Nebenkläger haben dagegen zum Teil Erfolg.
Die Angeklagten haben sich durch die zum Nachteil der Geschädigten begangenen Taten nicht nur wegen gefährlicher Körperverletzung (Vorgehen gegen Be ) in Tateinheit mit Nötigung, sondern tateinheitlich dazu auch wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 4, §§ 22, 23 StGB (Vorgehen gegen Kab ) und – ausgenommen die Angeklagten Ha und P – in Tateinheit mit versuchter Körperverletzung mit Todesfolge gemäß §§ 227, 22, 23 StGB (Vorgehen gegen F G ) schuldig gemacht. Im übrigen ist das sachlichrechtliche Vorbringen der Nebenkläger unbegründet.
1. Das Landgericht hat die Begehung versuchter Körperverletzungen zum Nachteil von F G und Kab verneint, da die Angeklagten zu diesen weiteren Delikten noch nicht „unmittelbar angesetzt“ hätten (§ 22 StGB). Das ist rechtsfehlerhaft.
Für ein unmittelbares Ansetzen ist nicht erforderlich, daß der Täter bereits ein Tatbestandsmerkmal verwirklicht. Es genügt, daß er Handlungen vornimmt, die nach seinem Tatplan der Erfüllung eines Tatbestandsmerkmals vorgelagert sind und unmittelbar in die tatbestandliche Handlung einmünden. Das Versuchsstadium erstreckt sich deshalb auch auf Handlungen, die in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen sollen oder die in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihr stehen. Dies ist der Fall, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum „jetzt geht es los" überschreitet, es eines weiteren „Willensimpulses“ nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt , so daß sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfüllung des Tatbestandes übergeht (vgl. BGHSt 28, 162, 163; 26, 201, 202 ff.; BGH NStZ 2000, 422; 1999, 395, 396).
Es kann dabei offenbleiben, ob die Angeklagten etwa bereits mit dem ersten Bremsmanöver und dem folgenden Hinausspringen aus den Fahrzeugen unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt haben. Spätestens mit dem zweiten Halt, der Verfolgung der Flüchtenden zu Fuß und dem weiteren , dem Verhalten der Flüchtenden angepaßten arbeitsteiligen Vorgehen haben die Angeklagten die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschritten; eines weiteren „Willensimpulses“ oder „Willensrucks“ zur Umsetzung ihrer Pläne bedurfte es hiernach nicht mehr, was auch durch die unmittelbar folgende Mißhandlung des Geschädigten Be belegt wird.
2. Der für die Vollendung eines Körperverletzungsdeliktes nach §§ 223 ff. StGB erforderliche Verletzungserfolg ist – entgegen der Ansicht der Nebenkläger – bei den Geschädigten Kab und F G nicht eingetreten. Im Hinblick auf die Schnitt- und Stichverletzungen des F G haben die Angeklagten jedenfalls nicht vorsätzlich gehandelt.
Zwar weisen die Nebenkläger zu Recht darauf hin, daß die Verfolgung bei den Opfern Angst- und Panikgefühle ausgelöst hätten. Jedoch genügen solche rein psychische Empfindungen nicht, um eine Körperverletzung im Sinne des § 223 StGB zu begründen. Dafür spricht neben dem Wortlaut dieser Vorschrift auch § 225 Abs. 3 Nr. 2 StGB, der zwischen der Gefahr einer erheblichen Schädigung der körperlichen und der seelischen Entwicklung ausdrücklich unterscheidet. Vielmehr liegt in diesen Fällen eine Körperverletzung nur dann vor, wenn die psychischen Einwirkungen den Geschädigten in einen pathologischen, somatisch objektivierbaren Zustand versetzt haben (vgl. nur BGHR StGB § 223 Abs. 1 Gesundheitsbeschädigung 2, insoweit in BGHSt 41, 285 nicht abgedruckt; BGH NStZ 1997, 123; 1986, 166; NStZRR 2000, 106). Ungeachtet der Frage, ob auch „posttraumatische Belastungsstörungen“ (sub I. 5.) einen „pathologischen, somatisch objektivierbaren Zustand“ begründen können, hat das Landgericht solche Störungen weder ausdrücklich festgestellt, noch sind sie dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe zu entnehmen.
Die Stich- und Schnittverletzungen, die sich F G bei der Flucht zugezogen hat und die innerhalb kürzester Zeit zu seinem Tod geführt haben, sind von den Angeklagten nicht vorsätzlich herbeigeführt worden. Angesichts der gesamten Tatumstände liegt insoweit eine wesentliche Abweichung zwischen vorgestelltem und tatsächlich eingetretenem Kausalverlauf vor (vgl. BGHSt 38, 32, 34; 37, 106, 131; 7, 325, 329).
3. Die genannten Angeklagten haben sich darüber hinaus auch wegen versuchter Körperverletzung mit Todesfolge schuldig gemacht. § 227 StGB setzt unter anderem voraus, daß der Tod der verletzten Person „durch die Körperverletzung (§§ 223 bis 226)“ verursacht worden ist, wobei dem Täter hinsichtlich dieser Tatfolge Fahrlässigkeit zur Last fallen muß (§ 18 StGB).

a) Dabei reicht es nicht aus, daß zwischen der Körperverletzungshandlung und dem Todeserfolg überhaupt ein ursächlicher Zusammenhang besteht, die Körperverletzung also nicht hinweggedacht werden kann, ohne daß damit zugleich der Tod des Verletzten entfiele. § 227 StGB soll allein der mit der Körperverletzung verbundenen Gefahr des Eintritts der qualifizierenden Todesfolge entgegenwirken. Die genannte Vorschrift erfaßt deshalb nur solche Körperverletzungen, denen die spezifische Gefahr anhaftet, zum Tode des Opfers zu führen; gerade diese Gefahr muß sich im tödlichen Ausgang niedergeschlagen haben (BGHSt 31, 96, 98; BGHR StGB § 227 [i.d.F. 6. StrRG] Todesfolge 1; BGH NStZ 1992, 335; NJW 1971, 152, 153).
Eine solche deliktsspezifische Gefahr kann auch schon von der bloßen Körperverletzungshandlung ausgehen (BGHSt 14, 110, 112; Stree in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 227 Rdn. 4 ff.; aA Hirsch in LK 11. Aufl. § 227 Rdn. 4 ff.; Küpper in FS H. J. Hirsch [1999] S. 615 ff.; jeweils m. w. N.). Der Wortlaut der Bestimmung steht einer solchen Auslegung nicht entgegen (BGHSt 14, 110, 112; Tröndle GA 1962, 225, 238). Auch der Gesetzgeber ist dieser Rechtsprechung nicht entgegengetreten. Vielmehr hat er § 227 Abs. 1 StGB durch den Zusatz „(§§ 223 bis 226)“ ergänzt (vgl. BGBl 1998 I 164),
ohne – was im Sinne der sogenannten Letalitätstheorie (vgl. Hirsch und Küpper aaO; Roxin Strafrecht AT Bd. 1, 3. Aufl. § 10 Rdn. 115; jeweils m. w. N.) dann aber angezeigt gewesen wäre – die in §§ 223, 224, 225 StGB enthaltenen versuchten Körperverletzungsdelikte (jeweils Abs. 2) vom Anwendungsbereich des § 227 StGB auszunehmen (vgl. Rengier, Strafrecht BT II 4. Aufl. § 16 Rdn. 4; aA Kühl in 50 Jahre Bundesgerichtshof Festgabe Bd. IV S. 237, 255). Verwirklicht sich die von der Körperverletzungshandlung ausgehende Gefahr und führt dies zum Tod des Opfers, kann die Anwendbarkeit des § 227 StGB ferner nicht davon abhängen, ob darüber hinaus ein vorsätzlich herbeigeführter Körperverletzungserfolg eingetreten ist, da dieser für den Unrechtsgehalt der Tat allenfalls von untergeordneter Bedeutung sein kann (aA zur Rechtslage vor der Versuchspönalisierung in § 223 Abs. 2 StGB [BGBl 1998 I 164]: BGH NJW 1971, 152 ohne Begründung und nicht tragend ). Mithin ist der Versuch einer Körperverletzung mit Todesfolge auch in Form eines „erfolgsqualifizierten Versuchs“ möglich. Es gilt insoweit nichts anderes als bei sonstigen erfolgsqualifizierten Delikten wie beim Raub mit Todesfolge nach § 251 oder bei der Brandstiftung mit Todesfolge nach § 306c StGB (vgl. BGHSt 7, 37; BGHSt 46, 24; BGHR StGB § 251 Todesfolge 3; Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 18 Rdn. 4; Stree in Schönke /Schröder, StGB 26. Aufl. § 227 Rdn. 5 m. w. N.; differenzierend Ferschl, Problem des unmittelbaren Zusammenhangs beim erfolgsqualifizierten Delikt 1999 S. 128 ff.).

b) Eine solche im Rahmen der Körperverletzung mit Todesfolge nach § 227 StGB spezifische Gefahr ging von den Handlungen der genannten Angeklagten aus und führte zum Tod des F G. Der erforderliche Zurechnungszusammenhang wurde auch nicht durch das eigene Verhalten des Opfers unterbrochen. Denn dessen Reaktion war eine naheliegende und nachvollziehbare Reaktion auf den massiven Angriff der Angeklagten. Ein solches durch eine Flucht „Hals über Kopf“ geprägtes Opferverhalten ist vielmehr bei den durch Gewalt und Drohung geprägten Straftaten geradezu
deliktstypisch und entspringt dem elementaren Selbsterhaltungstrieb des Menschen (vgl. Wessels/Hettinger, Strafrecht BT Teil 1, 25. Aufl. Rdn. 301).
Zwar hat der Bundesgerichtshof in Einzelfällen eine Zurechnung in Folge selbstgefährdenden Verhaltens des Opfers ausgeschlossen (vgl. etwa NJW 1971, 152; siehe aber auch BGHR StGB § 226 Todesfolge 5, 8 und BGH, Urt. vom 28. Juni 1960 – 1 StR 203/60); doch steht dies hier – angesichts des außergewöhnlich massiven Vorgehens der Angreifer und der weiteren Besonderheiten – dem gefundenen Ergebnis nicht entgegen. Schon angesichts der Anzahl der Fahrzeuge, des Gebarens der Fahrzeugführer, vor allem aber in Anbetracht der Anzahl und des aggressiven Auftretens der aus den Wagen überfallartig auf sie losstürmenden Angeklagten mußten alle Geschädigten damit rechnen, binnen kürzester Zeit heftig attackiert und mißhandelt zu werden. Dies veranlaßte (auch) F G in „Todesangst zur panischen Flucht in den Hauseingang“ (vgl. UA S. 170). Daß seine Verfolger zwischenzeitlich zu den Fahrzeugen zurückgekehrt waren, ohne indes die Suche endgültig aufgegeben zu haben, ist ohne Belang, da F G dies nicht bemerkt hatte. Um nicht dort noch von den Angeklagten ergriffen zu werden und um von den Bewohnern Beistand zu erlangen, sah er keine andere Möglichkeit, als die Glastür einzutreten und in das Treppenhaus einzusteigen, wobei er sich die tödlichen Verletzungen zuzog.

c) Der Tod des F G ist im Rahmen des § 227 StGB allen Angeklagten als Mittätern zuzurechnen (§ 25 Abs. 2 StGB). Anders als bei Fahrlässigkeitsdelikten, bedarf es bei der Körperverletzung mit Todesfolge nicht des Nachweises, daß ein jeder von mehreren Beteiligten einen für den Erfolg kausalen Beitrag erbracht hat. Es macht sich nach § 227 StGB nämlich auch derjenige strafbar, der die Verletzung nicht mit eigener Hand ausführt , jedoch aufgrund eines gemeinschaftlichen Tatentschlusses mit dem Willen zur Tatherrschaft zum Verletzungserfolg beiträgt. Voraussetzung ist allerdings, daß – wie vorliegend festgestellt – die Handlung der anderen im
Rahmen des allseitigen ausdrücklichen oder stillschweigenden Einverständnisses lag (vgl. BGHR StGB § 226 Kausalität 2, 3).

d) Zudem muß ein jeder hinsichtlich des Erfolges wenigstens fahrlässig gehandelt haben, insbesondere muß der Todeserfolg für jeden vorhersehbar gewesen sein. Hierfür reicht es aus, daß der Erfolg nicht außerhalb aller Lebenserfahrung liegt; alle konkreten Einzelheiten brauchen dabei nicht voraussehbar zu sein. Es genügt die Vorhersehbarkeit des Erfolgs im allgemeinen (Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 227 Rdn. 3; § 222 Rdn. 25, 26). Dies hat das Landgericht – im Rahmen des einen gleichgelagerten Prüfungsmaßstab aufweisenden § 222 StGB – hinsichtlich der aktiv an der Verfolgung beteiligten Angeklagten rechtsfehlerfrei bejaht, im Hinblick auf die in den Fahrzeugen passiv verbliebenen Angeklagten Ha und P dagegen verneint. Gegen diese Differenzierung ist aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern. Soweit das Landgericht dieses Ergebnis u.a. mit den individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten gerade dieser beiden Angeklagten und zudem, den Angeklagten P betreffend, mit dessen erheblicher alkoholischer Beeinträchtigung begründet (UA S. 169), läßt auch das keinen Rechtsfehler erkennen.
4. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen. Die hiervon betroffenen Angeklagten hätten sich gegen die Annahme einer versuchten Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung nicht anders verteidigen können.
5. Auf die Strafaussprüche bleibt dies ohne Einfluß. Der Senat schließt aus, daß ein neuerlich zur Entscheidung berufener Tatrichter auf Grundlage der aus dem Tenor ersichtlichen Schuldsprüche gegen die Heranwachsenden andere Rechtsfolgen aussprechen würde. Die Körperverletzung mit Todesfolge weist zwar gegenüber den jeweiligen Grunddelikten einen gesteigerten Unrechtsgehalt auf. Auf der anderen Seite ist jedoch zu beachten, daß seit Erlaß des tatrichterlichen Urteils beinahe zwei Jahre verstrichen
sind. Schon angesichts des außergewöhnlichen Umfangs des Verfahrens und der erforderlichen Zeit, das tatrichterliche Urteil abzusetzen, stellt dies zwar keine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung dar (vgl. nur BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 11). Doch müßte allein schon der Zeitablauf bei erneuter Strafzumessung jedenfalls strafmildernd berücksichtigt werden. Hinzu kommt, daß gerade im Anwendungsbereich des Jugendstrafrechts einer zügigen strafrechtlichen Reaktion auf Straftaten ein besonderer Stellenwert zukommt (vgl. BGHR StPO § 354 Abs. 1 Strafausspruch 8; Brunner/Dölling, JGG 11. Aufl. Einf. II Rdn. 25; Eisenberg, JGG 9. Aufl. § 18 Rdn. 15e; Ostendorf, JGG 5. Aufl. § 43 Rdn. 6, 8a).

C.


Die Revisionen der Angeklagten bleiben ohne Erfolg.
I. Sämtliche von den Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen sind, soweit sie zulässig sind, unbegründet. Der Erörterung bedürfen nur folgende Rügen:
1. Die vom Angeklagten T erhobene Besetzungsrüge (§ 338 Nr. 1 StPO) ist unbegründet. Entgegen der Ansicht der Revision war das Präsidium des Landgerichts zu einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes während des laufenden Jahres befugt, weil die Voraussetzungen des § 21e Abs. 3 Satz 1 GVG vorlagen. Da der Beisitzer der 3. Strafkammer, Richter Kr , aus dem Richterdienst ausschied, lag ein „Wechsel“ im Sinne dieser Bestimmung vor (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 45. Aufl. § 21e GVG Rdn. 15). Auch die zum 1. Juni 1999 und damit vor Beginn der Hauptverhandlung erfolgte Abordnung der Richterin am Landgericht Has an das Oberlandesgericht Brandenburg für eine Dauer von neun Monaten stellt einen Grund dar, der das Präsidium zur Änderung des Geschäftsverteilungsplanes im laufenden Jahr berechtigte. Eine Abordnung eines Richters führt grundsätzlich zu einer „Verhinderung“ im Sinne des
§ 21e Abs. 3 Satz 1 GVG, die jedenfalls dann auch „dauernd“ und nicht nur vorübergehend ist, wenn sie – wie hier – einen Zeitraum von drei Monaten überschreitet (so auch Katholnigg, Strafgerichtsverfassungsrecht 3. Aufl. § 21e Rdn. 9 und Pfeiffer, StPO 4. Aufl. § 21e GVG Rdn. 4 unter Hinweis auf § 21c Abs. 2 GVG; vgl. auch Kissel, GVG 3. Aufl. § 21e Rdn. 114).
2. Die von mehreren Angeklagten unter dem Gesichtspunkt etwaiger richterlicher Befangenheit (§§ 24, 338 Nr. 3 StPO) erhobenen Rügen haben ebensowenig Erfolg:

a) Die Rügen, mit denen behauptet wird, der Vorsitzende habe die Verteilung einzelner Flugblätter („Antifaschistisches Info-Blatt“) in der Nähe des Sitzungssaals während einer Unterbrechung der Hauptverhandlung gebilligt , genügen schon nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Die Revision des Angeklagten D teilt den Beschluß vom 7. September 1999 nicht vollständig mit (vgl. Protokollband I, Bl. 154 ff.); die Revision des Angeklagten Ka läßt die Wiedergabe der auf das Ablehnungsgesuch ergangenen dienstlichen Stellungnahmen vermissen. Vor allem aber ist in keiner Weise ersichtlich, daß die Verteilung von Flugblättern mit Wissen des Vorsitzenden erfolgte. Dieser hat vielmehr angebeben, daß er von diesem Vorgang nichts gewußt habe. Alles was die Revisionen hiergegen vorbringen, erschöpft sich in haltlosen Vermutungen und Spekulationen.

b) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge, der Vorsitzende und ein Beisitzer des erkennenden Gerichts seien befangen gewesen, da sie eine Urkundsbeamtin „angewiesen“ hätten, nachträglich das Protokoll einer richterlichen Vernehmung des Angeklagten Ka zu unterschreiben, um dieses dann in der Hauptverhandlung verlesen zu können. Die Rüge ist unzulässig, da verschwiegen wird, daß die Staatsanwaltschaft zum Ablehnungsgesuch eine Stellungnahme abgegeben hat (vgl. Befangenheitsband II, Bl. 253 f.). Ungeachtet dessen sind aber auch auf Grundlage des mitgeteilten Sachverhalts keine Umstände vorgetragen, die Mißtrauen in die Unparteilichkeit der bei-
den Richter rechtfertigen könnten (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 45. Aufl. § 24 Rdn. 8 m. w. N.). Schon aufgrund der dem Gericht obliegenden Amtsaufklärungspflicht war der Vorsitzende gehalten, die fehlende Unterschrift unter dem Vernehmungsprotokoll nachholen zu lassen. Soweit er diesen Vorgang in der Hauptverhandlung mit den Worten wiedergegeben hat, das Protokoll sei „auf mein Betreiben hin“ unterschrieben worden, läßt sich dieser Äußerung – entgegen der Ansicht der Revision – nicht entnehmen, daß die Urkundsbeamtin zur Unterschriftsleistung in unzulässiger Weise gedrängt worden sei, zumal da das Protokoll mit dem Zusatz übersandt wurde, daß die Urkundsbeamtin es unterschreiben solle, „sofern ihr das noch möglich ist“.
3. Die Rüge, die Hauptverhandlung habe am 29. Juni 2000 zwischen 10.50 und 11.10 Uhr in Abwesenheit der Verteidiger des Angeklagten Ka stattgefunden (§ 338 Nr. 5 StPO), ist unzulässig. Entgegen § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO hat der Revisionsführer die den Mangel enthaltenen Tatsachen nicht vollständig mitgeteilt. Zwar trägt er vor, daß Rechtsanwalt N in dieser Zeitspanne nicht an der Hauptverhandlung teilgenommen hat und daß auch der weitere Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Now , die Verhandlung bereits um 10.10 Uhr verlassen habe. Doch verschweigt die Revision, daß letztgenannter Verteidiger nicht erst um 12.00 Uhr, sondern schon früher, möglicherweise schon vor 10.50 Uhr, in den Sitzungssaal zurückgekehrt ist. Denn im Protokoll der Hauptverhandlung heißt es (Protokollband IV, Bl. 861 R): „Die HV wurde ... um 11.25 Uhr unterbrochen und um 12:00 Uhr mit denselben Verfahrensbeteiligten wie vor der Unterbrechung fortgesetzt (außer Rechtsanwalt Now )“. Der Hinweis „außer Rechtsanwalt Now “ läßt eindeutig darauf schließen, daß dieser Verteidiger schon vor der Unterbrechung wieder an der Hauptverhandlung teilgenommen hatte.
4. Die Revision des Angeklagten T rügt, daß „ausweislich“ der Sitzungsniederschrift vom 8. Juni 1999 der Angeklagte und sein Verteidiger
durch Beschluß „gemäß § 231c StPO beurlaubt“ worden seien, gleichwohl sei der im Sitzungssaal verbliebene Angeklagte aber später, nachdem sich sein Verteidiger entfernt habe, zu Fall 2 der Anklage vom 23. Februar 1999 vernommen worden (§ 338 Nr. 5 StPO). Der Rüge muß der Erfolg versagt bleiben.
Es ist schon zweifelhaft, ob der Revisionsführer einen Verfahrensmangel , wie für § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erforderlich, überhaupt bestimmt behauptet oder insoweit nur eine von vornherein unzulässige „Protokollrüge“ erhebt (vgl. BGHSt 7, 162; Dahs/Dahs, Revision im Strafprozeß 6. Aufl. Rdn. 471 m. w. N.). Ungeachtet dessen teilt die Revision aber auch die im Zusammenhang mit der Vernehmung in der Hauptverhandlung verlesene Urkunde inhaltlich nicht mit, obgleich diese für die Auslegung des in der Sitzungsniederschrift verwandten Begriffs der „Angeklagten“ von Bedeutung hätte sein können.
Zudem wird der bezeichnete Verfahrensverstoß durch die Sitzungsniederschrift nicht bewiesen. Zwar enthält das Protokoll die Angabe, daß (nach Beurlaubung u.a. des Revisionsführers, seines Verteidigers und Entfernung desselben) „die Angeklagten“ „bezüglich Fall 2 ... zur Sache“ ausgesagt hätten (Protokollband I, Bl. 20). Doch ergibt sich aus dem Zusammenhang eindeutig, daß der zu diesem Zeitpunkt in der Hauptverhandlung noch anwesende und der Begehung dieser Tat – ein im September 1998 begangener Diebstahl – gar nicht beschuldigte Revisionsführer damit nicht gemeint war, sondern allein die Angeklagten Ha und Sc . Dies erschließt sich ohne weiteres schon aus dem vorhergehenden Inhalt der Sitzungsniederschrift : Da an diesem Verhandlungstag allein Beweis zu den Fällen 1 und 2 der genannten Anklageschrift erhoben werden sollte, deren Begehung aber allein den beiden genannten Angeklagten vorgeworfen worden ist, hat die Jugendkammer allen weiteren Angeklagten und deren Verteidigern gestattet, sich von der Verhandlung zu entfernen. Folgerichtig enthält das Protokoll die weitere Feststellung, daß (allein) die Angeklagten Ha und Sc
über ihr Recht, sich zu den Beschuldigungen zu äußern, belehrt worden sind (§ 243 Abs. 4 StPO) und eben (nur) diese – namentlich ausdrücklich bezeichnet; anders aber der Revisionsführer, der einen Belehrungsmangel im übrigen auch gar nicht rügt – daraufhin erklärten, aussagen zu wollen, und dies dann auch taten. Sofern unmittelbar danach im Protokoll festgehalten ist, daß sich „die Angeklagten“ zu Fall 2 der Anklage eingelassen haben, sind auch damit nur die Angeklagten Ha und Sc , nicht aber der Beschwerdeführer gemeint.
5. Die Revision des Angeklagten Ka rügt ferner die Verletzung von § 338 Nr. 6 StPO und stützt sich hierbei auf die Verlesung eines an einen der Nebenkläger gerichteten Briefes des Angeklagten R in nichtöffentlicher Hauptverhandlung. Die Rüge genügt nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Die Revision verschweigt, daß die Jugendkammer schon mit Beschluß vom 6. Juli 2000 (s. o.) „die Öffentlichkeit für die Beweisaufnahme über die persönlichen Verhältnisse der Angeklagten ausgeschlossen“ hat (vgl. § 48 Abs. 3 JGG).
6. Die Revision des Angeklagten T macht weiter geltend, das Gericht habe die Nebenkläger entgegen § 80 Abs. 3 JGG zum Verfahren zugelassen.
Die Verfahrensrüge ist schon unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), weil der Beschluß des Gerichts vom 17. Mai 1999, mit der die Nebenkläger zum Verfahren zugelassen worden sind, nicht mitgeteilt wird. Im übrigen entsprach die Entscheidung, die Nebenklage nur im Hinblick auf die zur Tatzeit schon volljährigen Angeklagten zuzulassen, der Gesetzeslage (sub B. I. 6. a; vgl. zur Frage des Beruhens des Urteils nach fehlerhafter Entscheidung über die Zulassung der Nebenklage: BGH NStZ 1997, 97; Senge in KK 4. Aufl. § 396 Rdn. 13, 14 m. w. N.).
7. Schließlich macht der Angeklagte D geltend, daß das Urteil entgegen § 261 StPO eine Auseinandersetzung mit den in der Hauptverhandlung verlesenen Protokollen der richterlichen Vernehmungen der damaligen Beschuldigten T und Ka vermissen lasse.
Die Rüge kann schon deswegen keinen Erfolg haben, weil entgegen § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht mitgeteilt wird, daß die genannten Aussagen der Angeklagten aus dem Ermittlungsverfahren zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung noch beweiserheblich waren, und dem Revisionsgericht eine Rekonstruktion der Hauptverhandlung versagt ist (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Beweiswürdigung 6; s. o.). Die Rüge wäre im übrigen auch unbegründet. Die Angaben des Angeklagten T gegenüber dem Ermittlungsrichter deuten lediglich darauf hin, daß nach seiner Erinnerung der Angeklagte D nicht in seinem Wagen mitgefahren sei. Zu der insoweit allein bedeutsamen Frage, wer die Geschädigten zu Fuß verfolgt hat, konnte der Angeklagte aber keine eindeutigen Angaben machen; danach ist insbesondere nicht auszuschließen, daß auch der Angeklagte D einer der Verfolger der Opfer war. Gleiches gilt auch für die Angaben des Angeklagten Ka . Aber selbst wenn der Angeklagte D einer seiner Mitfahrer gewesen sein sollte, schließt dies nicht aus, daß dieser den PKW verlassen und die Geschädigten mit verfolgt hat, da der Angeklagte Ka es immerhin für möglich hielt, daß nach dem gemeinsamen Bremsmanöver aller drei Wagen, auch die Tür seines Fahrzeugs kurzzeitig geöffnet war. Einen Widerspruch vermag die Revision nach alledem nicht aufzuzeigen. Eine Erörterung dieser Umstände im Urteil war auch aus diesem Grund nicht erforderlich.
II. Die umfassende sachlichrechtliche Überprüfung des Urteils deckt keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf.
Das Vorbringen einzelner Angeklagter zur Beweiswürdigung hat keinen Erfolg. Die Angriffe der Revision hiergegen erschöpfen sich in dem un-
zulässigen Versuch, eine eigene Würdigung an die Stelle derjenigen des Tatrichters zu setzen (vgl. BGHSt 41, 376, 380 m. w. N.). Entsprechendes gilt für die Bemessung der Straftatfolgen. Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (vgl. BGHSt 34, 345, 349; 15, 224, 225 f. m. w. N.). Fehler der genannten Art liegen hier nicht vor.
Zum Vorgehen der Angeklagten T , Ka , Ha und Sc vom 28. November 1998 zum Nachteil des Zeugen Pl (B. VI. der Urteilsgründe, UA S. 50 ff.) ist folgendes anzumerken: Die Jugendkammer hat das Geschehen zutreffend als erpresserischen Menschenraub in Tateinheit mit räuberischer Erpressung bewertet. Es kann offenbleiben, ob das Verbringen des Opfers zum Kirchplatz gegen dessen ausdrücklich geäußerten Willen nicht bereits als „Entführen“ gemäß § 239a Abs. 1 StGB zu würdigen gewesen wäre. Jedenfalls erfüllten – angesichts der weiteren festgestellten Umstände – die sich über mehrere Minuten hinziehende Fahrt und das sich daran anschließende weitere Vorgehen der Angeklagten das Tatbestandsmerkmal „Sichbemächtigen“ im Sinne des § 239a Abs. 1 StGB. Die hierfür erforderliche „gewisse Stabilisierung“ der Zwangslage (vgl. BGHSt 40, 350, 359) war dadurch schon eingetreten. Die relativ geringe Dauer und Intensität des Vorgehens gegen das Opfer hat die Jugendkammer ausdrücklich berücksichtigt und das Vorgehen der Angeklagten als minder schweren Fall eingeordnet.
Der Senat ändert auch die Schuldsprüche der zur Zeit der Tat vom 13. Februar 1999 noch nicht volljährigen Angeklagten Sc , He und P in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang. Denn auch diese Angeklagten haben sich jeweils (auch) wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung und die Angeklagten Sc und He in Tateinheit dazu wegen versuchter Körperverletzung mit Todesfolge schuldig gemacht. Zwar waren die von den Nebenklägern eingelegten Rechtsmittel von vornherein auf die anderen (zur Tatzeit heranwachsenden) Angeklagten beschränkt. Doch ist es hier – schon aus Gründen der Gleichstellung aller Tatbeteiligten – geboten, von der Möglichkeit (vgl. BGHSt 14, 5, 7) Gebrauch zu machen, die Schuldsprüche gegen die genannten Angeklagten allein auf deren Revision schärfend zu ändern.
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(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 441/08
vom
2. Dezember 2008
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Anstiftung zur schweren Brandstiftung u. a.
zu 2.: schwerer Brandstiftung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 2. Dezember
2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 357 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 5. Mai 2008 aufgehoben,
a) bezüglich des Angeklagten S. , soweit dieser wegen Anstiftung zur schweren Brandstiftung verurteilt worden ist und im Ausspruch über die Gesamtstrafe;
b) bezüglich des Angeklagten H. in vollem Umfang; jedoch bleiben die Feststellungen aufrechterhalten mit Ausnahme derjenigen zur Gefahr einer Gesundheitsschädigung der Zeugin Ha. durch den Brand. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten S. wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Anstiftung zur schweren Brandstiftung (§ 306 a Abs. 2, § 26 StGB) und Betruges (§ 263 Abs. 1 StGB) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten H. hat es wegen schwerer Brandstiftung (§ 306 a Abs. 2 StGB) eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verhängt. Der Angeklagte S. beanstandet mit seiner Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts; der Angeklagte H. wendet sich gegen den Strafausspruch. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
2
Nach den Feststellungen stiftete der Angeklagte S. den Angeklagten H. und die mittlerweile verstorbene Mitangeklagte Har. dazu an, ein leer stehendes, renovierungsbedürftiges Fachwerkhaus in Brand zu setzen. Das Gebäude befand sich im Eigentum der S. Baubetreuung GmbH, deren alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der Angeklagte S. war. Die Angeklagten H und Har. setzten das Haus auftragsgemäß in Brand; es wurde durch das Feuer nahezu vollständig zerstört. Zur Tatzeit schlief in einem Wohnhaus, dessen Abstand zu dem Brandobjekt etwa sieben Meter betrug, die Zeugin Ha. . Sie erwachte infolge der durch das Feuer verursachten Helligkeit sowie der lauten Brandgeräusche und lief sodann aus dem Haus. In der Folgezeit meldete der Angeklagte S. den Schaden der Versicherung. Dabei verschwieg er, dass er selbst an der Tat beteiligt gewesen war. Die Versicherung zahlte an die S. Baubetreuung GmbH 33.190 € aus.
3
I. Revision des Angeklagten S.
4
Das Urteil hält der auf die Sachrüge veranlassten materiellrechtlichen Überprüfung nicht in vollem Umfang stand; denn die Annahme des Landgerichts , durch die Tat sei die Zeugin Ha. im Sinne des § 306 a Abs. 2 StGB in die Gefahr einer Gesundheitsbeschädigung gebracht worden, wird durch die Feststellungen nicht ausreichend belegt. Zum weiteren Schuldspruch wegen Betruges und zu den übrigen Feststellungen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
5
1. § 306 a Abs. 2 StGB setzt als konkretes Gefährdungsdelikt voraus, dass die Tathandlung über die ihr innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus in eine kritische Situation für das geschützte Rechtsgut - die Gesundheit eines Menschen - führt. In dieser Lage muss - was nach der allgemeinen Lebenserfahrung aufgrund einer objektiv nachträglichen Prognose zu beurteilen ist - die Sicherheit einer bestimmten Person so stark beeinträchtigt sein, dass es nur noch vom Zufall abhängt, ob ihre Gesundheit verletzt wird oder nicht. Zur Annahme einer konkreten Gesundheitsgefährdung in diesem Sinne reicht es noch nicht aus, dass sich Menschen in enger räumlicher Nähe zur Gefahrenquelle befinden (vgl. BGH NStZ 1999, 32, 33; Fischer, StGB 55. Aufl. § 306 a Rdn. 10,

11).


6
Nach diesen Maßstäben lässt sich den getroffenen Feststellungen die konkrete Gefahr einer Gesundheitsschädigung der Zeugin Ha. nicht mit hinreichender Sicherheit entnehmen. Das Landgericht hat insbesondere zur Situation in dem Zeitpunkt, in dem die Zeugin ihr Haus verließ, keine ausreichend genauen Feststellungen getroffen. So bleibt etwa unklar, wie weit der Brand des Nachbarhauses zu dieser Zeit schon fortgeschritten war, ob die Schäden an dem von der Zeugin bewohnten Haus - zumindest teilweise - bereits eingetreten waren, oder ob sie der Einwirkung von Rauch oder Gasen ausgesetzt war. Eine konkrete Gesundheitsgefährdung ist daher nicht hinreichend belegt.
7
2. Der dargelegte Rechtsfehler führt zur Aufhebung der Verurteilung wegen Anstiftung zur schweren Brandstiftung einschließlich der insoweit verhängten Einzelstrafe, der Gesamtstrafe und der Feststellungen, soweit sie die durch das Inbrandsetzen verursachte Gefahr einer Gesundheitsschädigung der Zeugin betreffen. Die übrigen Feststellungen können bestehen bleiben, da sie von dem Mangel nicht betroffen sind. Dasselbe gilt für die Verurteilung wegen Betruges und die hierfür verhängte Einzelstrafe.
8
3. Ergänzend bemerkt der Senat zu der Rüge der Verletzung des § 265 StPO:
9
Der Auffassung des Generalbundesanwalts, der unter Hinweis auf die Entscheidung BGH NStZ-RR 1997, 65 die Zulässigkeit der Rüge bezweifelt, weil die Revision die Anklageschrift nicht vollständig mitgeteilt habe, vermag der Senat nicht zu folgen. Der Inhalt der Anklage ist vom Revisionsgericht von Amts wegen zur Kenntnis zu nehmen; er muss deshalb nicht vom Revisionsführer im Einzelnen dargelegt werden. Allerdings empfiehlt sich die Mitteilung der für die Rüge bedeutsamen Umstände, um den Revisionsvortrag aus sich heraus verständlich zu machen (vgl. BGH StV 2002, 588, 589; Kuckein in KK 6. Aufl. § 344 Rdn. 39 m. w. N.).
10
Die Rüge ist indessen aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift näher dargelegten Gründen unbegründet.
11
II. Revision des Angeklagten H.
12
Die Revision des Angeklagten H. ist zwar auf den Strafausspruch beschränkt. Jedoch ist die Aufhebung des Schuldspruchs auf ihn zu erstrecken (§ 357 Satz 1 StPO). Der Angeklagte H. ist wegen derselben Tat verurteilt worden wie der Angeklagte S. (vgl. Kuckein aaO § 357 Rdn. 8 m. w. N.) und der sachlichrechtliche Fehler, der zur teilweisen Aufhebung des Urteils gegen den Angeklagten S. führt, hat sich im Schuldspruch auch zum Nachteil des Angeklagten H. ausgewirkt. Da der Angeklagte H. allein wegen schwerer Brandstiftung verurteilt worden ist, war das Urteil, soweit es ihn betrifft , in vollem Umfang aufzuheben. Hinsichtlich der Feststellungen gilt das zur Revision des Angeklagten S. Ausgeführte.
13
III. Abschließend weist der Senat auf Folgendes hin:
14
Sollte der neue Tatrichter zwar nicht die objektiven Voraussetzungen der schweren Brandstiftung, jedoch einen auf die Herbeiführung einer konkreten Gesundheitsgefahr gerichteten bedingten Vorsatz der mit den örtlichen Verhältnissen vertrauten Angeklagten feststellen, wird eine Strafbarkeit des Angeklagten H. wegen versuchter schwerer Brandstiftung (§ 306 a Abs. 2, §§ 22, 23 StGB) und des Angeklagten S. wegen Anstiftung hierzu (§ 306 a Abs. 2, §§ 22, 23, 26 StGB) in Betracht kommen (vgl. im Einzelnen Schünemann in LK 12. Aufl. § 26 Rdn. 38). Becker Miebach Sost-Scheible Hubert Schäfer

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt oder
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 139/12
vom
19. Juni 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Freiheitsberaubung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 19. Juni 2012 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Siegen vom 1. Dezember 2011
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Freiheitsberaubung in Tateinheit mit versuchter Nötigung schuldig ist;
b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Freiheitsberaubung in Tateinheit mit Nötigung zu der Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt zu einer Änderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung im Strafausspruch; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener vollendeter Nötigung nach § 240 Abs. 1 StGB kann nicht bestehen bleiben.
3
Nach den Feststellungen fuhr der Angeklagte am Tattag gegen 22.30 Uhr mit der Geschädigten, seiner ehemaligen Freundin, die er zuvor unter einem Vorwand zum Mitfahren veranlasst hatte, in einen Wald. Dort hielt er an und bedrohte die Geschädigte über einen Zeitraum von ca. einer halben Stunde mit einer ihr gegenüber als echte Waffe bezeichneten Softair-Pistole, wobei er mit der Pistole hektisch herumhantierte und sie der Geschädigten auch für wenige Sekunden an die linke Seite ihres Kopfes hielt. Mit seinem Verhalten wollte der Angeklagte der Geschädigten Angst einjagen. Er hatte die Vorstellung, dass dies für ihn das letzte Mittel sei, ihr zu zeigen, dass er es ernst meine und er sich gegenüber seinem vorherigen Verhalten geändert habe. Er wollte sie dadurch bewegen, die Beziehung zu ihm wieder aufzunehmen. Die Geschädigte, die die Pistole für echt hielt und in Todesangst geriet, erzählte dem Angeklagten in ihrer Panik, dass sie ihn noch liebe, ihn zurückhaben wolle und sie es noch einmal miteinander versuchen sollten. Sie schlug ihm auch vor, gemeinsam aus dem Siegerland wegzugehen. Daraufhin ließ der Angeklagte von ihr ab und legte die Softair-Pistole wieder in das Handschuhfach seines Autos. Das Ansinnen der Geschädigten, die Pistole wegzuwerfen, lehnte er mit der Bemerkung ab, dass es sein könne, dass sie ihn anlüge und er die Waffe noch brauchen würde.
4
Diese Sachverhaltsfeststellungen ergeben nicht, dass der Angeklagte eine vollendete Nötigung begangen hat.
5
§ 240 StGB ist als Erfolgsdelikt ausgestaltet. Die tatbestandsmäßige Nötigungshandlung des Täters muss in kausalem Sinne zu dem vom Täter geforderten Verhalten des Opfers führen. Vollendet ist die Nötigung erst dann, wenn der Genötigte die verlangte Handlung vorgenommen oder zumindest mit ihrer Ausführung begonnen hat. Ein Teilerfolg, der mit Blick auf ein weitergehendes Ziel jedenfalls vorbereitend wirkt, kann für die Annahme einer vollendeten Nötigung ausreichen, wenn die abgenötigte Handlung des Opfers nach den Vorstellungen des Täters eine eigenständig bedeutsame Vorstufe des gewollten Enderfolgs darstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2003 - 3 StR 421/03, NStZ 2004, 442; Urteile vom 14. Januar 1997 - 1 StR 507/96, NJW 1997, 1082; vom 20. Juni 2007 - 1 StR 157/07, StV 2008, 249). Entgegen der Auffassung des Landgerichts liegt in der Erklärung der Geschädigten, zu dem Angeklagten zurückzukehren, kein die Annahme einer vollendeten Nötigung rechtfertigender Teilerfolg. Das drohende Verhalten des Angeklagten zielte darauf ab, die Geschädigte zur Wiederaufnahme und Fortsetzung der Beziehung mit ihm zu bewegen. Die Tat war damit auf ein Verhalten der Geschädigten in der Zukunft gerichtet. Eine von der Geschädigten abzugebende Erklärung über ihr künftiges Verhalten war dagegen nach den Feststellungen vom Angeklagten nicht gewollt. Die Äußerungen der Geschädigten sind auch nicht als eigenständig bedeutsame Vorstufe des vom Angeklagten erstrebten künftigen Verhaltens der Geschädigten anzusehen. Zum einen entnimmt der Senat den Urteilsgründen, dass die entsprechende Ankündigung von der Geschädigten ersichtlich nicht ernst gemeint war (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2003 - 3 StR 421/03, aaO). Zum anderen zeigt die Bemerkung des Angeklagten im Zusammenhang mit seiner Weigerung, die Softair-Pistole wegzuwerfen, dass der Angeklagte selbst die Erklärung der Geschädigten nicht als verbindlich ansah.
6
Da weitere Feststellungen zum Tatgeschehen in einer neuerlichen Hauptverhandlung nicht zu erwarten sind, ändert der Senat den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil der geständige Angeklagte sich nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
7
2. Der Strafausspruch hält unabhängig von der Schuldspruchänderung einer rechtlichen Prüfung nicht stand, weil es die Jugendkammer versäumt hat, nach § 105 Abs. 2 JGG i.V.m. § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 JGG über die Einbeziehung des noch nicht erledigten Urteils des Amtsgerichts Siegen vom 22. Dezember 2010 zu entscheiden. Durch dieses seit 30. Dezember 2010 rechtskräftige Urteil wurde der Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung in acht Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt, deren Vollstreckung für die Dauer von zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde. Von der Einbeziehung der früheren Verurteilung darf nur ausnahmsweise abgesehen werden, wenn dies aus erzieherischen Gründen zweckmäßig ist (§ 105 Abs. 2 JGG i.V.m. § 31 Abs. 3 Satz 1 JGG). Dabei erfordert ein Absehen von der Einbeziehung Gründe, die unter dem Gesichtspunkt der Erziehung von ganz besonderem Gewicht sind und zur Verfolgung dieses Zwecks über die üblichen Strafzumessungsgesichtspunkte hinaus das Nebeneinander zweier Strafen notwendig erscheinen lassen (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juni 2010 - 4 StR 208/10, StV 2011, 590 m.w.N.).
8
3. Mit Blick auf das Vorbringen in der Revisionsbegründung weist der Senat darauf hin, dass die Anklageerhebung gegen den Angeklagten in einem anderen Verfahren keinen in die Gesamtabwägung nach § 21 Abs. 1 und 2 JGG einzustellenden Gesichtspunkt darstellt, weil diesem Umstand für sich genommen kein prognoserelevanter Aussagegehalt zukommt. Berücksichtigung finden können dagegen noch nicht rechtskräftig abgeurteilte Straftaten, sofern der Tatrichter hierzu prozessordnungsgemäß eigene Feststellungen trifft (vgl. zu § 56 StGB BGH, Beschluss vom 23. Mai 1995 - 4 StR 184/95, StV 1995, 521 m.w.N.; Mosbacher in Satzger/Schmitt/Widmaier, StGB, § 56 Rn. 16; Stree/ Kinzig in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 56 Rn. 21).
Ernemann Roggenbuck Mutzbauer
Bender Quentin