Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 S t R 4 8 9 / 1 3
vom
11. Juni 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 11. Juni
2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Krehl,
Dr. Eschelbach,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
der Richter am Bundesgerichtshof
Zeng,
Richterin am Landgericht in der Verhandlung,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt in der Verhandlung
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 14. Juni 2013 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge und eine Verfahrensbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat mit der Verfahrensrüge Erfolg.

I.

2
Nach den Feststellungen der Strafkammer reiste der Angeklagte am 19. Januar 2013 zusammen mit dem gesondert verfolgten S. auf dem Luftweg aus Indien in die Bundesrepublik Deutschland ein. In dem für S. aufgegebenen Gepäck führten beide aufgrund eines gemeinsamen Tatplans insgesamt 25.152 Kapseln des als Betäubungsmittel geltenden Schmerzmittels Dextropropoxyphen mit. Hintergrund der Gepäckaufgabe unter dem Namen des gesondert verfolgten S. war die Tatsache, dass der Angeklagte bereits am 19. November 2011 im Besitz von Kapseln des Schmerzmittels Proxyphen mit dem Wirkstoff Dextropropoxyphen angetroffen worden war.

II.

3
Die Verfahrensrüge, das Landgericht habe zu Unrecht ein Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden der Strafkammer wegen Besorgnis der Befangenheit verworfen, ist begründet.
4
1. Dem liegt Folgendes zu Grunde:
5
a) Der Angeklagte hatte bei seiner ersten Vernehmung als Beschuldigter und bei der Ermittlungsrichterin im Vorverfahren seine Tatbeteiligung bestritten; der Einfuhr des Schmerzmittels im Gepäck des gesondert verfolgten S. habe kein gemeinsamer Tatplan zu Grunde gelegen. Der gesondert verfolgte S. hatte dagegen schon im Vorverfahren den Angeklagten als Täter bezeichnet ; dieser habe das Gepäck mit den Betäubungsmitteln für ihn aufgege- ben und gesagt, „es sei legal“.
6
b) Am 22. März 2013 fand eine Hauptverhandlung gegen den Angeklagten und den damals mitangeklagten S. statt. Dort gaben die im Vorverfahren gerichtlich bestellten Verteidiger, die in einer Bürogemeinschaft verbunden sind, Erklärungen zur Sache für ihre Mandanten ab, zu denen diese sich äußerten. Nach Einführung auch der früheren Einlassungen zur Sache in die Hauptverhandlung und weiteren Beweiserhebungen wurde diese unterbrochen. Nach erneutem Aufruf der Sache gab der Vorsitzende der Strafkammer bekannt, „dass eine Einigung darüber erzielt wurde, dass zum Tatvorwurf vom 19.11.2011 nach § 154 StPO verfahren werden soll. Im Übrigen wurde keine Vereinbarung getroffen.“ Es folgten die Schlussvorträge, wobei die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft und der Verteidiger des Mitangeklagten S. für diesen jeweils die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren bei Strafaussetzung zur Bewährung beantragten. Für den Angeklagten erstrebte die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von drei Jahren. Sein Verteidiger beantragte die Verhängung einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren mit Strafaussetzung zur Bewährung; hilfsweise beantragte er für den Fall, dass das Gericht eine höhere Strafe erwäge, die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Bestimmung des Grenzwerts der nicht geringen Menge von Dextropropoxyphen. Den gleichen Hilfsantrag hatte auch die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft gestellt, für den Fall, „dass die Kammer zu einer Entscheidung über eine Freiheitsstrafe unter 3 Jahren kommen sollte“.
7
c) Das Landgericht verurteilte den Mitangeklagten S. wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Einfuhr zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten bei Strafaussetzung zur Bewährung. S. verzichtete sogleich auf Rechtsmittel gegen dieses Urteil, wurde aus der Untersuchungshaft entlassen, kehrte in seine Heimat zurück und stand für das weitere Verfahren nicht mehr zur Verfügung.
8
In den Gründen des Urteils gegen S. führte das Landgericht aus, dessen Aufgabe sei es gewesen, vorzutäuschen, dass er der eigentliche Transporteur der Betäubungsmittel sei, weil der Angeklagte bereits im Jahr 2011 bei einer Einfuhr von Proxyphen aufgefallen sei. Dies ergebe sich aus dem glaubhaften Geständnis des Mitangeklagten S. . Die Annahme, bei dem Betäubungsmittel habe es sich um eine nicht geringe Menge gehandelt, beschwere S. nicht. Zwar sei der Maßstab der nicht geringen Menge noch nicht bestimmt, jedoch sei auch bei äußerst großzügiger Bemessung der Zahl von Konsumeinheiten, die eine Risikodosis darstellten, von einem Überschreiten des Grenzwerts auszugehen. Diese Bewertung könne zwar „anfechtbar“ erscheinen und begünstige den Mitangeklagten „sehr weitgehend“. Jedoch ha- be die Strafkammer Bedenken hiergegen zurückgestellt, weil ohnehin mit einer Strafe für S. zu rechnen sei, „die absehbar mit einer Haftentlassung ver- bunden sein musste“. Bei der Strafbemessung berücksichtigte das Gericht, dass der Mitangeklagte „wahrscheinlich von dem Mitangeklagten K. ausgenutzt wurde“. „Der üblicherweise erschwerend zu berücksichtigende Ge- sichtspunkt, inwieweit die sogenannte nicht geringe Menge überschritten war, musste – wie ausgeführt – unberücksichtigt bleiben.“
9
Das Verfahren gegen den Beschwerdeführer wurde abgetrennt und die Hauptverhandlung ausgesetzt, um ein Sachverständigengutachten zu der bisher nicht geklärten Frage des Grenzwerts der nicht geringen Menge von Dextropropoxyphen und des Grades seiner Überschreitung im konkreten Fall einzuholen.
10
d) Unter dem 14. Mai 2013 meldete sich ein Wahlverteidiger für den Angeklagten bei Gericht, beantragte die Entpflichtung des bestellten Verteidigers und teilte mit, der Angeklagte wünsche, künftig nur noch von ihm vertreten zu werden. Der Vorsitzende der Strafkammer, der auch die erste Hauptverhandlung geleitet hatte, lehnte am 15. Mai 2013 die Entpflichtung ab, da zu befürchten sei, dass der Wahlverteidiger bei einer Entscheidung nach § 143 StPO das Wahlmandat alsbald wegen Mittellosigkeit des Angeklagten niederlegen werde.
11
Am 24. Mai 2013 beantragte der Wahlverteidiger erneut die Entpflichtung des bestellten Verteidigers, und begründete dies damit, es sei nicht ersichtlich , dass der Angeklagte mittellos sei; das Gegenteil sei der Fall. Er, der Wahlverteidiger, übernehme kein Mandat, um es alsbald zur Unzeit wieder niederzulegen. Die Entpflichtung des bestellten Verteidigers sei auch geboten, weil die Bestellung unter Verstoß gegen § 146 StPO erfolgt sei. Zudem liege ein Interessenkonflikt mit der Verteidigung des Mitangeklagten vor. Die Aufrechterhaltung der Pflichtverteidigerbestellung für den Angeklagten wirke sich als Behinderung der gewählten Verteidigung aus. Eine Bestellung zur Verfahrenssicherung sei nicht erforderlich.
12
Der Vorsitzende der Strafkammer lehnte die Entpflichtung erneut ab und half auch einer dagegen gerichteten Beschwerde nicht ab; das Oberlandesgericht Frankfurt am Main verwarf die Beschwerde gegen den Ablehnungsbeschluss. Es führte aus, zwar sei eine Verteidigerbestellung gemäß § 143 StPO grundsätzlich zurückzunehmen, wenn ein anderer Verteidiger beauftragt wurde. Dies gelte aber dann nicht, wenn ein unabweisbares Bedürfnis für die Aufrechterhaltung der Verteidigerbestellung bestehe, etwa wenn zu befürchten sei, dass der Wahlverteidiger das Mandat wegen Mittellosigkeit des Mandanten niederlegen werde. Dies habe der Vorsitzende ohne Ermessensfehler angenommen. Die mitgeteilten Einkünfte des Angeklagten seien so gering, dass er auf Dauer nicht in der Lage sein werde, das Verteidigerhonorar zu bezahlen. Dieser Einschätzung stehe nicht entgegen, dass der Wahlverteidiger mitgeteilt habe, sein Honorar sei bereits beglichen. Es sei nämlich nicht mitgeteilt worden , welche Gebühren im Einzelnen erfasst seien; auch sei nicht ersichtlich, dass für den Fall, dass weitere Verhandlungstage erforderlich werden sollten, deren Kosten vom Angeklagten übernommen werden könnten. Auch die Auswahl des bestellten Verteidigers sei nicht zu beanstanden. § 146 StPO stehe nicht entgegen, weil es allgemein als zulässig angesehen werde, wenn anwaltliche Sozien auch Mitbeschuldigte verteidigten. Anhaltspunkte für einen Interessenkonflikt seien nicht ersichtlich, weil das Verfahren gegen den früheren Mitangeklagten S. rechtskräftig abgeschlossen und dieser zur neuen Hauptverhandlung gegen den Beschwerdeführer auchnicht als Zeuge geladen sei.
13
e) Hierauf lehnte der Angeklagte mit Schreiben seines Wahlverteidigers den Vorsitzenden der Strafkammer wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Diese ergebe sich aus dem Gang der Hauptverhandlung vom 22. März 2013 sowie aus dem gegen den Mitangeklagten ergangenen Urteil. Der Angeklagte bestreite die Beteiligung an der Tat. Dies sei bereits aus seiner Einlassung beim Zoll und bei der Ermittlungsrichterin ersichtlich geworden. In der ersten Hauptver- handlung habe nicht er selbst, sondern sein bestellter Verteidiger eine Erklärung zur Sache abgegeben. Diese sei zwar nicht dokumentiert, Einzelheiten "müssten aber, da der Angeklagte den Tatvorwurf weiterhin bestreitet, im Wesentlichen inhaltsidentisch gewesen sein." Gleichwohl habe der bestellte Verteidiger seine Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe beantragt. In den Gründen des sodann nur gegen S. ergangenen Urteils sei die geringere Tatbeteiligung des Mitangeklagten S. und seine eigene Haupttäterschaft festgestellt worden. S. stehe zudem nach seiner gesonderten Aburteilung für eine neue Hauptverhandlung nicht mehr als Zeuge zur Verfügung, was zurzeit des Urteils absehbar gewesen sei. Vor diesem Hintergrund befürchte er, dass er ungeachtet seines Bestreitens aus der Sicht des abgelehnten Richters bereits als schuldig angesehen werde. Nach den Gesamtumständen sei schließlich anzunehmen, dass eine informelle Absprache zwischen seinem bestellten Verteidiger , dem Gericht und der Staatsanwaltschaft vorgelegen habe, wonach nur noch über die Strafe verhandelt werden müsse.
14
Ferner werde die Besorgnis der Befangenheit daraus hergeleitet, dass die Entpflichtung des bestellten Verteidigers abgelehnt worden sei, obwohl kein Grund für eine Abweichung von § 143 StPO vorliege und die Entpflichtung wegen einer Interessenkollision angezeigt gewesen sei. Der abgelehnte Vorsitzende unternehme alles, um die gewählte Verteidigung zu behindern und um der zu erwartenden Verurteilung des Angeklagten durch Aufrechterhaltung der Bestellung eines dem Gericht genehmen Verteidigers eine scheinbare Legitimation zu verschaffen.
15
f) Der abgelehnte Vorsitzende bestätigte in seiner dienstlichen Erklärung, dass der äußere Ablauf zutreffend bezeichnet worden sei; jedoch sei die daran anknüpfende Folgerung nicht zutreffend.
16
g) Das Landgericht wies das Ablehnungsgesuch als unbegründet zurück. Die Behauptung einer informellen Absprache beruhe auf einer unbelegten Mutmaßung; aus dem Protokoll der Hauptverhandlung folge, dass es keine Vereinbarungen gegeben habe. Das Urteil gegen den Mitangeklagten sei nur auf dessen Geständnis gestützt, dem aber die Angaben des Angeklagten nicht gegenübergestellt worden seien. Eine weitere Inhaftierung des Mitangeklagten S. , nur um seine Verfügbarkeit für die Hauptverhandlung gegen den Angeklagten zu sichern, sei ausgeschlossen gewesen; die Verfahrensabtrennung sei erfolgt, weil ein Sachverständigengutachten einzuholen gewesen sei. Die Zurückweisung der Anträge auf Entpflichtung des gerichtlich bestellten Verteidigers sei ohne Ermessensfehler erfolgt. Es liege auch keine unzulässige Behinderung der Verteidigung vor.
17
h) Mit der Revision rügt der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf seine Ablehnungsbegründung, die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs sei zu Unrecht erfolgt. Aus dem Protokollvermerk vom 22. März 2013 folge, dass jedenfalls eine „Einigung“ über die Teileinstellung des Verfahrens gegen ihn gemäß § 154 Abs. 2 StPO nach Erörterungen außerhalb der Hauptverhandlung erfolgt sei. Diese „Einigung“ mit dem bestellten Verteidiger sei nur damit zu erklären , dass das Gericht und der bestellte Verteidiger nicht von der Möglichkeit eines Freispruchs ausgegangen seien. Die Festlegung des abgelehnten Vorsitzenden ergebe sich aber auch aus der einseitigen Begünstigung des Mitangeklagten , der zu einer Freiheitsstrafe mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt und aus der Untersuchungshaft entlassen worden sei, so dass er in absehbarer Weise als Zeuge für die nächste Hauptverhandlung nicht mehr erreichbar gewesen sei. Hinzu komme die Zurückweisung der Anträge auf Entpflichtung des bestellten Verteidigers trotz Vorliegens einer Interessenkollision.
18
2. Der Angeklagte macht zutreffend geltend, die Richterablehnung sei mit Unrecht verworfen worden (§§ 24 Abs. 2, 338 Nr. 3 StPO).
19
a) Die Rüge ist im Sinne von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO zulässig. Soweit der Generalbundesanwalt dies damit in Frage gestellt hat, dass von der Revisi- onsbegründung nicht alle Prozesserklärungen im Originalwortlaut mitgeteilt wurden, greift sein Bedenken nicht durch.
20
Der am 14. Mai 2013 per Telefax und am 16. Mai 2013 per Post beim Landgericht eingegangene Schriftsatz enthielt den ersten Entpflichtungsantrag des Wahlverteidigers, der allein auf die Mitteilung gestützt war, dass der Beschwerdeführer die alleinige Verteidigung durch ihn wünsche. Die Ablehnung dieses Antrags wurde nur damit begründet, dass „zu befürchten ist, dass der Wahlverteidiger bei einer Entscheidung nach § 143 StPO das Mandat alsbald wegen Mittellosigkeit des Angeklagten wieder niederlegen wird“. Diese Gründe für den Antrag und dessen Ablehnung hat die Revisionsbegründung inhaltlich vollständig mitgeteilt.
21
Der erneute Entpflichtungsantrag vom 24. Mai 2013 mit seiner näheren Begründung ist vom Beschwerdeführer in Kopie vorgelegt worden. Die hierauf erneut erfolgte Ablehnung der Entpflichtung des bestellten Verteidigers durch den Vorsitzenden vom 1. Mai 2013 enthielt keine eigenständige Begründung, die Beschwerde hiergegen nahm auf die Begründung des von der Revision mitgeteilten Entpflichtungsantrags Bezug, die Nichtabhilfeentscheidung des Vorsitzenden vom 6. Juni 2013 verwies auf die bisherigen Gegengründe. Die Mitteilung des Originalwortlauts aller Eingaben und Entscheidungen hätte keinen weiteren Informationsgehalt gehabt.
22
Die Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgericht ist in Kopie vorgelegt worden, ebenso das Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden der Strafkammer, dessen dienstliche Erklärung und die hierzu ergangene Entscheidung der Strafkammer. Die Einlassungen des Beschwerdeführers und des Mitangeklagten S. bei der Ermittlungsrichterin hat er durch wörtliche Zitate in der Revisionsbegründung wiedergegeben.
23
Danach ist das Revisionsvorbringen ausreichend. Es ist nicht zu beanstanden , dass der Beschwerdeführer auch solche Eingaben und Entscheidungen , die keine weiter gehenden Argumente enthielten, der Rügebegründung nicht in Kopie beigefügt oder in sonstiger Weise mit dem Originalwortlaut mitgeteilt hat. Den Anforderungen gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ist Genüge getan , wenn das maßgebliche Prozessgeschehen inhaltlich vollständig und zutreffend vorgetragen wird. Der Beweis der Richtigkeit des Revisionsvorbringens ist nicht Teil der Prüfung der Zulässigkeit der Revisionsrüge, sondern der Begründetheit.
24
b) Die Rüge ist begründet. Das Ablehnungsgesuch ist mit Unrecht verworfen worden.
25
aa) Die Besorgnis der Befangenheit ist aufgrund der Art und Weise der Vorbefassung des abgelehnten Vorsitzenden mit der Sache gerechtfertigt. Eine solche Besorgnis ist zwar nicht generell begründet, wenn ein Richter im Rahmen einer früheren Entscheidung mit der Sache befasst war. Das Gesetz hätte andernfalls eine Ausschließung eines solchen Richters von der weiteren Mitwirkung am Verfahren anordnen können (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 1967 – 4StR 512/66, BGHSt 21, 334, 342 f.). Die Ablehnung eines mit der Sache schon früher befassten Richters ist jedoch gerechtfertigt, wenn konkrete Umstände vorliegen, die der Vermutung seiner Unvoreingenommenheit widersprechen (vgl. BGH, aaO, BGHSt 21, 334, 343; Urteil vom 30. Juni 2010 – 2 StR 455/09, NStZ 2011, 44, 46; Beschluss vom 10. Januar 2012 – 3 StR 400/11, NStZ 2012, 519, 520). Das ist hier der Fall.
26
Die Frage des Grenzwerts der nicht geringen Menge des Schmerzmittels und des Grades seiner Überschreitung betraf beide Angeklagte gleichermaßen. Die Abtrennung des Verfahrens gegen den Beschwerdeführer, um nur ihm gegenüber eine Klärung dieser Frage mit Hilfe eines Sachverständigen herbeizuführen , erscheint kaum verständlich. Die gleichzeitige Entlassung des Mitange- klagten S. aus dem Verfahren in einer Weise, die ihn – vorhersehbar – als Auskunftsperson im fortgesetzten Verfahren gegen den Beschwerdeführer ausschloss, durfte nicht ohne weiteres zum Nachteil des Angeklagten erfolgen. Die Doppelwirkung einer solchen Maßnahme im Verfahren gegen Mitangeklagte mit gegenläufigen Verteidigungszielen (vgl. Dehne-Niemann HRRS 2010, 189, 191 f.), die sich im Ergebnis zum prozessualen Nachteil des Beschwerdeführers ausgewirkt hat, wurde nicht erkennbar berücksichtigt. Die Strafkammer unter Vorsitz des abgelehnten Richters hat das Unterlassen der Beweiserhebung im Verfahren gegen den Mitangeklagten S. nur damit begründet, dies beschwere S. nicht. Dabei war aber die Klärung der Tatsachenfrage, die für die Strafzumessung auch nach den Urteilsgründen „üblicherweise“ relevant ist, bei der Sachaufklärung für und gegen beide Mitangeklagten von Bedeutung. Das einseitige Unterlassung der Sachaufklärung gegenüber dem Mitangeklagten S. beeinträchtigte umgekehrt die prozessuale Rechtsposition des Beschwerdeführers.
27
Wenn absehbar ist, dass eine Auskunftsperson im weiteren Verfahren als Zeuge benötigt wird, hat das Gericht im Allgemeinen dafür Sorge zu tragen, dass eine Vernehmung dieser Person in der Hauptverhandlung möglichbleibt (vgl. EGMR, Urteil vom 19. Juli 2012 – Nr. 26171/07, NJW 2013, 3225, 3226; Urteil vom 17. April 2014 – Nr. 9154/10 Rn. 68). Art. 6 Abs. 3 lit. d EMRK erfasst auch Aussagen von Mitangeklagten (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2009 – 4 StR 461/08, StV 2010, 57; Beschluss vom 15. Juni 2010 - 3 StR 157/10, StV 2010, 673), so dass es auf die Prozessrolle der Auskunftsperson im Sinne der Strafprozessordnung nicht ankommt. Daher waren bei der Verfahrensabtrennung auch Maßnahmen zu erwägen, die eine konfrontative Befragung des vormaligen Mitangeklagten und jetzigen Zeugen S. durch den Beschwerdeführer oder seinen Verteidiger in der neuen Hauptverhandlung ermöglichen konnten. Überlegungen des Gerichts in diese Richtung sind nicht ersichtlich.
28
Im Sinne eines Besorgnisgrundes gemäß § 24 Abs. 2 StPO erscheint es problematisch, dass der Mitangeklagte S. nach einem ihn in - selbst nach Meinung des Landgerichts - anfechtbarer Weise begünstigenden Urteil ohne weitere Sachaufklärung mit der absehbaren Folge entlassen wurde, dass das Konfrontationsrecht des Beschwerdeführers in der neuen Hauptverhandlung nicht mehr wahrgenommen werden konnte.
29
All dies sind besondere Umstände, welche die Vorbefassung des abgelehnten Vorsitzenden mit der Sache hier zu einem berechtigten Grund für die Besorgnis der Befangenheit erstarken lassen.
30
bb) Auch die wiederholte Zurückweisung des vom Wahlverteidiger gestellten Antrags auf Entpflichtung des gerichtlich bestellten Verteidigers lässt besorgen, dass der abgelehnte Richter dem Beschwerdeführer nicht unvoreingenommen gegenübergestanden hat.
31
(1) Für die Aufrechterhaltung der gerichtlichen Verteidigerbestellung nach Anzeige eines Wahlmandats entgegen § 143 StPO war kein Raum. Nach dieser Vorschrift ist die Bestellung zurückzunehmen, wenn ein anderer Verteidiger gewählt wird und dieser die Wahl annimmt. Eine Verteidigerbestellung kann - als ungeschriebene Ausnahme von der gesetzlichen Regel - nur aufrecht erhalten werden, wenn konkrete Gründe für die Annahme vorhanden sind, andernfalls sei die ordnungsgemäße Durchführung der Hauptverhandlung gefährdet (vgl. LR/Lüderssen/Jahn, StPO, 26. Aufl., § 141 Rn. 39 ff.; MeyerGoßner /Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 143 Rn. 2; SK/Wohlers, StPO, 4. Aufl., § 143 Rn. 6). Mit Blick auf die Erklärung des gewählten Verteidigers, er werde an der Hauptverhandlung teilnehmen, bestand kein Grund zu der Annahme, er werde für die nach der Terminplanung nur eintägige Hauptverhandlung nicht zur Verfügung stehen (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 24. Januar 2000 – 3 Ws 31/00, StV 2001, 610 f.).
32
(2) Zudem begegnet die Aufrechterhaltung der Bestellung eines Verteidigers aus derselben Bürogemeinschaft wie der Verteidiger des Mitangeklagten jedenfalls nach den Hinweisen auf einen Interessenkonflikt durchgreifenden Bedenken.
33
Ein konkret manifestierter Interessenkonflikt ist - unabhängig vom Fall des § 143 StPO - ein Grund, von der Verteidigerbestellung abzusehen oder eine bereits bestehende Bestellung aufzuheben, weil dadurch die mindere Effektivität des Einsatzes dieses Verteidigers für seinen Mandanten zu befürchten ist (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2003 – 5 StR 251/02, BGHSt 48, 170, 173; OLG Frankfurt, Beschluss vom 28. Januar 1999 – 3 Ws 53, 54/99, StV 1999, 199, 200; OLG Hamm, Beschluss vom 1. Juni 2004 – 2 Ws 156/04, StV 2004, 641 f.; KK/Laufhütte/Willnow, StPO, 7. Aufl., § 142 Rn. 7). Das Verbot, widerstreitende Interessen zu vertreten, ist geeignet und erforderlich, im Interesse von Mandanten und Rechtspflege die mit dem Gesetz bezweckten Ziele zu erreichen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Juli 2003 – 1 BvR 238/01, BVerfGE 108, 150, 167).
34
Zwar ist eine Verteidigerbestellung von Anwälten aus derselben Kanzlei für Mitbeschuldigte nicht generell unzulässig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. Oktober 1976 – 2 BvR 23/76, BVerfGE 43, 79, 93 f.; OLG Rostock, Beschluss vom 17. März 2003 – 1 Ws 64/03, StV 2003, 373, 374). Eine gemeinschaftliche Verteidigung kann bei gleichartigem Verteidigungsziel auch sachdienlich sein (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20. August 2002 – 1 Ws 318/02, JR 2003, 346 ff. mit Anm. Beulke). Liegen aber konkrete Hinweise auf einen Interessenkonflikt vor, hat eine Verteidigerbestellung von Sozien oder Mitgliedern einer Bürogemeinschaft für die Beschuldigten aus Gründen der Fairness des Verfahrens zu unterbleiben; eine bereits erfolgte Bestellung ist in diesem Fall aufzuheben (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 5. September 2000 – 5 Ws 31/00, StV 2000, 656, 658).
35
Ob ein solcher Interessenkonflikt vorliegt, ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu prüfen und objektiv zu bestimmen (vgl. BGH, Urteil vom 23. April 2012 – AnwZ [Brfg] 35/11, NJW 2012, 3039, 3040). Das Verteidigungsziel der Mitangeklagten, die sich im Vorverfahren der Allein- oder Haupttäterschaft des jeweils anderen bezichtigten, war aus deren Einlassungen gegenüber der Zollbehörde und der Ermittlungsrichterin zu erkennen. Diese lagen auch der Anklageschrift vom 23. Januar 2013 zu Grunde, wonach der Beschwerdeführer die Tat vom 19. November 2011 eingeräumt, diejenige vom 19. Januar 2013 aber bestritten und auf den Mitangeklagten S. als Alleintäter verwiesen hatte, während S. den Beschwerdeführer als Haupttäter bezeichnet hatte. Aus dieser Beweislage ergab sich schon zurzeit der Verteidigerbestellung ein konkreter Interessenwiderstreit (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juni 2008 – 5 StR 109/07, BGHSt 52, 307, 311), der im Verlauf des Verfahrens nicht entfallen ist.
36
Die Folge eines derartigen Interessenwiderstreits sind berufsrechtliche Hindernisse für die Wahrnehmung der Verteidigermandate durch Mitglieder einer Sozietät oder Bürogemeinschaft im Sinne von § 43a Abs. 4 BRAO, § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BORA n.F. Das berufsrechtliche Vertretungsverbot ist zwar nicht mit der strafprozessrechtlichen Bewertung aufgrund von § 143 und § 146 StPO identisch; jedoch kommt der - mit Wirkung vom 1. Juni 2006 neugefassten und verfassungskonformen (BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2006 – 1 BvR 594/06, NJW 2006, 2469) - Regelung des § 3 Abs. 2 Satz 1 BORA eine Orientierungswirkung zu (so zur früheren Fassung BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 1997 – 2 BvQ 32/97, StV 1998, 356, 357). Danach ist auch für das Gericht bei der Verteidigerbestellung ein Mandat für Rechtsanwälte aus einer Bürogemeinschaft zu vermeiden, wenn ein konkreter Interessenkonflikt besteht oder abzusehen ist. Gewählte Verteidiger haben in diesem Fall nach der zwingenden Regel des § 3 Abs. 4 BORA das Mandat niederzulegen. Dieselbe Interessenlage gebietet, gerichtliche Beiordnungs- oder Bestellungsakte zu unter- lassen oder aufzuheben. Hinsichtlich der Interessenlage besteht kein Unterschied zwischen bestellten und gewählten Verteidigern (vgl. OLG Stuttgart aaO). Es wäre widersprüchlich und überdies grob unbillig anzunehmen, die Regelungen der StPO zwängen Strafverteidiger dazu, Pflichtmandate zu über- nehmen oder aufrechtzuerhalten, deren „unverzügliche“ Niederlegung aus Gründen des Mandantenschutzes ihnen das Berufsrecht im Fall der Wahlverteidigung gebietet.
37
Bedenken gegen dieAufrechterhaltung der Verteidigerbestellung wegen des Interessenkonflikts, die der Wahlverteidiger gegenüber dem abgelehnten Vorsitzenden ausdrücklich angesprochen hatte, wären bei der Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Verteidigerbestellung zu berücksichtigen gewesen. Der Vorsitzende ist in seinen ablehnenden Entscheidungen hierauf aber nicht eingegangen, obwohl es sich aufdrängen musste. Auch hieraus konnte die Besorgnis seiner Befangenheit hergeleitet werden. Denn das – mit überdies schwer nachvollziehbaren Gründen – fortgesetzte Beharren des Vorsitzenden auf der Beiordnung des Pflichtverteidigers trotz nicht nur erkennbaren, sondern auch tatsächlich erkannten Interessenkonflikts mit der Verteidigung des früheren Mitangeklagten S. konnte bei dem Angeklagten den Eindruck nahelegen , der abgelehnte Richter stehe seinen berechtigten Interessen nicht oder jedenfalls nicht mehr mit der gebotenen Neutralität gegenüber, sondern wolle ein bereits feststehendes „Programm“ der Gesamterledigung beider Verfahren zu seinem Nachteil verwirklichen.
38
(3) Die Annahme des Landgerichts, der Interessenkonflikt sei durch rechtskräftige Aburteilung des Mitangeklagten und dessen Ausscheiden als Mitangeklagter aus dem Verfahren beendet, ist unzutreffend. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 356 StGB kommt es für die Frage eines Interessenkonflikts nicht auf die Mandatsbeendigung an (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 1986 – 1 StR 519/86, BGHSt 34, 190, 191; Beschluss vom 15. Januar 2003 – 5 StR 251/02, BGHSt 48, 170, 172). Auch berufsrechtlich folgt aus § 3 Abs. 1 BORA, dass ein Vertretungsverbot bei widerstreitenden Mandaten anzunehmen ist, wenn der Rechtsanwalt einen anderen Mandanten beraten oder vertreten hat; § 3 Abs. 2 Satz 1 BORA erstreckt dieses Verbot auf Sozien und Mitglieder einer Bürogemeinschaft. Auch die faktische Interessenlage , die bei der Entscheidung nach § 143 StPO im Vordergrund steht, wird durch Beendigung eines Mandats nicht grundlegend verändert. Die kollegiale Verbundenheit der Rechtsanwälte und ihre Möglichkeit zur Nutzung gemeinsamer Mittel bleiben bestehen. Auch insoweit gilt es, einem Anschein mangelnder Neutralität entgegenzuwirken (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2006 – 1 BvR 594/06, NJW 2006, 2469, 2470). Fischer Krehl Eschelbach Ott Zeng

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 11. Juni 2014 - 2 StR 489/13

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 11. Juni 2014 - 2 StR 489/13

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Juni 2014 - 2 StR 489/13 zitiert 8 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Bundesrechtsanwaltsordnung - BRAO | § 43a Grundpflichten


(1) Der Rechtsanwalt darf keine Bindungen eingehen, die seine berufliche Unabhängigkeit gefährden. (2) Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Diese Pflicht bezieht sich auf alles, was ihm in Ausübung seines Berufes bekanntgeworde

Strafprozeßordnung - StPO | § 24 Ablehnung eines Richters; Besorgnis der Befangenheit


(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. (2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt,

Strafgesetzbuch - StGB | § 356 Parteiverrat


(1) Ein Anwalt oder ein anderer Rechtsbeistand, welcher bei den ihm in dieser Eigenschaft anvertrauten Angelegenheiten in derselben Rechtssache beiden Parteien durch Rat oder Beistand pflichtwidrig dient, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis

Strafprozeßordnung - StPO | § 143 Dauer und Aufhebung der Bestellung


(1) Die Bestellung des Pflichtverteidigers endet mit der Einstellung oder dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens einschließlich eines Verfahrens nach den §§ 423 oder 460. (2) Die Bestellung kann aufgehoben werden, wenn kein Fall notwen

Strafprozeßordnung - StPO | § 146 Verbot der Mehrfachverteidigung


Ein Verteidiger kann nicht gleichzeitig mehrere derselben Tat Beschuldigte verteidigen. In einem Verfahren kann er auch nicht gleichzeitig mehrere verschiedener Taten Beschuldigte verteidigen.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Juni 2014 - 2 StR 489/13 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Juni 2014 - 2 StR 489/13 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Jan. 2012 - 3 StR 400/11

bei uns veröffentlicht am 10.01.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 400/11 vom 10. Januar 2012 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen zu 1.: Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. zu 2.: Beihilfe zum Bandenhandel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Meng

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juni 2009 - 4 StR 461/08

bei uns veröffentlicht am 09.06.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 461/08 vom 9. Juni 2009 in der Strafsache gegen wegen schweren Raubes u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 9. Juni 2009 gemäß § 349

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Jan. 2003 - 5 StR 251/02

bei uns veröffentlicht am 15.01.2003

Nachschlagewerk: ja BGHSt : ja Veröffentlichung : ja StPO § 142 Abs. 1 Gebotene Ablehnung der Bestellung eines vom Beschuldigten bezeichneten Rechtsanwalts zum Pflichtverteidiger bei konkreter Gefahr einer Interessenkollision in einem Fall sukzessi

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Juni 2010 - 3 StR 157/10

bei uns veröffentlicht am 15.06.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 157/10 vom 15. Juni 2010 in der Strafsache gegen 1. 2. alias: wegen zu 1.: Mordes zu 2.: Beihilfe zum Mord Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Besc
5 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 11. Juni 2014 - 2 StR 489/13.

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Feb. 2020 - StB 4/20

bei uns veröffentlicht am 26.02.2020

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS StB 4/20 vom 26. Februar 2020 in dem Strafverfahren gegen wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung u.a. hier: sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen die Ablehnung eines Verteidigerwe

Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 29. Sept. 2016 - 1 Ws (s) 318/16

bei uns veröffentlicht am 29.09.2016

Tenor I. Auf die Beschwerde der Angeklagten wird der Beschluss des Landgerichts Magdeburg vom 08. September 2016 aufgehoben und 1. die Beiordnung von Rechtsanwalt M. Sch. aufgehoben sowie 2. der Angeklagten Rechtsanwalt K. als Verteidiger b

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Feb. 2016 - 2 StR 319/15

bei uns veröffentlicht am 24.02.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil 2 StR 319/15 vom 24. Februar 2016 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. 4. wegen erpresserischen Menschenraubs u.a. ECLI:DE:BGH:2016:240216U2STR319.15.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf

Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Dez. 2015 - 1 StR 169/15

bei uns veröffentlicht am 03.12.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 169/15 vom 3. Dezember 2015 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Untreue ECLI:DE:BGH:2015:031215B1STR169.15.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Dezember 2015 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlosse

Referenzen

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Die Bestellung des Pflichtverteidigers endet mit der Einstellung oder dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens einschließlich eines Verfahrens nach den §§ 423 oder 460.

(2) Die Bestellung kann aufgehoben werden, wenn kein Fall notwendiger Verteidigung mehr vorliegt. In den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 5 gilt dies nur, wenn der Beschuldigte mindestens zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung aus der Anstalt entlassen wird. Beruht der Freiheitsentzug in den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 5 auf einem Haftbefehl gemäß § 127b Absatz 2, § 230 Absatz 2 oder § 329 Absatz 3, soll die Bestellung mit der Aufhebung oder Außervollzugsetzung des Haftbefehls, spätestens zum Schluss der Hauptverhandlung, aufgehoben werden. In den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 4 soll die Bestellung mit dem Ende der Vorführung aufgehoben werden, falls der Beschuldigte auf freien Fuß gesetzt wird.

(3) Beschlüsse nach Absatz 2 sind mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar.

Ein Verteidiger kann nicht gleichzeitig mehrere derselben Tat Beschuldigte verteidigen. In einem Verfahren kann er auch nicht gleichzeitig mehrere verschiedener Taten Beschuldigte verteidigen.

(1) Die Bestellung des Pflichtverteidigers endet mit der Einstellung oder dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens einschließlich eines Verfahrens nach den §§ 423 oder 460.

(2) Die Bestellung kann aufgehoben werden, wenn kein Fall notwendiger Verteidigung mehr vorliegt. In den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 5 gilt dies nur, wenn der Beschuldigte mindestens zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung aus der Anstalt entlassen wird. Beruht der Freiheitsentzug in den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 5 auf einem Haftbefehl gemäß § 127b Absatz 2, § 230 Absatz 2 oder § 329 Absatz 3, soll die Bestellung mit der Aufhebung oder Außervollzugsetzung des Haftbefehls, spätestens zum Schluss der Hauptverhandlung, aufgehoben werden. In den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 4 soll die Bestellung mit dem Ende der Vorführung aufgehoben werden, falls der Beschuldigte auf freien Fuß gesetzt wird.

(3) Beschlüsse nach Absatz 2 sind mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar.

Ein Verteidiger kann nicht gleichzeitig mehrere derselben Tat Beschuldigte verteidigen. In einem Verfahren kann er auch nicht gleichzeitig mehrere verschiedener Taten Beschuldigte verteidigen.

(1) Die Bestellung des Pflichtverteidigers endet mit der Einstellung oder dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens einschließlich eines Verfahrens nach den §§ 423 oder 460.

(2) Die Bestellung kann aufgehoben werden, wenn kein Fall notwendiger Verteidigung mehr vorliegt. In den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 5 gilt dies nur, wenn der Beschuldigte mindestens zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung aus der Anstalt entlassen wird. Beruht der Freiheitsentzug in den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 5 auf einem Haftbefehl gemäß § 127b Absatz 2, § 230 Absatz 2 oder § 329 Absatz 3, soll die Bestellung mit der Aufhebung oder Außervollzugsetzung des Haftbefehls, spätestens zum Schluss der Hauptverhandlung, aufgehoben werden. In den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 4 soll die Bestellung mit dem Ende der Vorführung aufgehoben werden, falls der Beschuldigte auf freien Fuß gesetzt wird.

(3) Beschlüsse nach Absatz 2 sind mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht der Staatsanwaltschaft, dem Privatkläger und dem Beschuldigten zu. Den zur Ablehnung Berechtigten sind auf Verlangen die zur Mitwirkung bei der Entscheidung berufenen Gerichtspersonen namhaft zu machen.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Die Bestellung des Pflichtverteidigers endet mit der Einstellung oder dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens einschließlich eines Verfahrens nach den §§ 423 oder 460.

(2) Die Bestellung kann aufgehoben werden, wenn kein Fall notwendiger Verteidigung mehr vorliegt. In den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 5 gilt dies nur, wenn der Beschuldigte mindestens zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung aus der Anstalt entlassen wird. Beruht der Freiheitsentzug in den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 5 auf einem Haftbefehl gemäß § 127b Absatz 2, § 230 Absatz 2 oder § 329 Absatz 3, soll die Bestellung mit der Aufhebung oder Außervollzugsetzung des Haftbefehls, spätestens zum Schluss der Hauptverhandlung, aufgehoben werden. In den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 4 soll die Bestellung mit dem Ende der Vorführung aufgehoben werden, falls der Beschuldigte auf freien Fuß gesetzt wird.

(3) Beschlüsse nach Absatz 2 sind mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 400/11
vom
10. Januar 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
zu 2.: Beihilfe zum Bandenhandel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 10. Januar 2012 gemäß § 349
Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 5. Mai 2011 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten H. des Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen, der Beihilfe zum Bandenhandel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei weiteren Fällen sowie der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen, gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten verhängt sowie Wertersatz in Höhe von 26.100 € für verfallen erklärt. Den Angeklagten S. hat es wegen Beihilfe zum Bandenhandel mit Betäubungsmitteln in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt und ihn vom Vorwurf der Beihilfe zum Bandenhandel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in einem weiteren Fall freigesprochen. Außerdem hat es "die Einziehung der beschlagnahmten Betäubungsmittel und der beschlagnahmten Handys" angeordnet.
2
Die Revisionen der Angeklagten haben jeweils mit der Verfahrensrüge nach § 24 Abs. 2, § 338 Nr. 3 StPO Erfolg, weil ihr Befangenheitsantrag vom 23. März 2011 gegen die erkennenden Berufsrichter und Schöffen zu Unrecht zurückgewiesen worden ist.
3
1. Dem liegt folgender Verfahrensablauf zugrunde:
4
a) Im vorliegenden Verfahren angeklagt waren die Angeklagten H. und S. sowie der frühere Mitangeklagte B. , u.a. wegen des Vorwurfs einer von ihnen am 11. Februar 2008 als Bande begangenen Betäubungsmittelstraftat. Im Hauptverhandlungsprotokoll des ersten Verhandlungstages vom 8. Dezember 2010 ist zu Gesprächen über eine Verständigung Folgendes festgehalten:
5
"Es hat ein ausführliches Rechtsgespräch gegeben. Hinsichtlich des Angeklagten B. wurde seitens der Verteidigung eine Erklärung angekündigt. Es bestand zwischen den Verfahrensbeteiligten Einigkeit, dass bei einer Aussage - auch zu den hier anwesenden weiteren Angeklagten - eine Einstellung des Verfahrens gem. § 154 StPO in Betracht kommt. Im Übrigen ist im Rahmen des Rechtsgesprächs zuvor für den Angeklagten B. eine Straferhöhung der bisherigen Verurteilung (Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren) von bis zu einem Jahr einverständlich erörtert worden im Hinblick auf ein entsprechendes Aussageverhalten. Für den Angeklagten H. hat es keine Verständigung gegeben. Die Kammer hatte bei einem umfassenden Geständnis eine Strafobergrenze von bis zu fünf Jahren und sechs Monaten vorgeschlagen.
Hinsichtlich des Angeklagten S. wurde Einigkeit erzielt, dass bei einem umfassenden Geständnis eine Strafe bis zu vier Jahren in Betracht kommt."
6
Im Hauptverhandlungstermin vom 15. Dezember 2010 erklärten die Angeklagten H. und S. , sich derzeit zur Sache nicht äußern zu wollen. Der Verteidiger des Angeklagten B. gab für seinen Mandanten mündlich Erklärungen zur Sache ab, zu denen sich dieser auf Befragen äußerte.
7
Mit Beschluss vom 16. Dezember, der außerhalb der Hauptverhandlung erging, trennte die Strafkammer das Verfahren gegen den Angeklagten B. gemäß § 4 Abs. 1 StPO mit der Begründung ab, die Sache sei insoweit entscheidungsreif. Am 22. Dezember 2010 wurde die Beweisaufnahme im Verfahren gegen die Angeklagten H. und S. fortgesetzt, am 5. Januar 2011 die Hauptverhandlung im Verfahren gegen den Angeklagten B. .
8
Mit Urteil vom 5. Januar 2011 wurde der frühere Mitangeklagten B. wegen bandenmäßiger Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum bandenmäßigen Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einem rechtskräftigen Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten verurteilt.
9
In der am 12. Januar 2011 fortgesetzten Hauptverhandlung gegen die Angeklagten H. und S. wurden auf Beschluss der Strafkammer aus dem Protokoll vom 5. Januar 2011 Angaben des Angeklagten B. zur Sache verlesen, die dieser in seinem Verfahren gemacht hatte und durch die er die Angeklagten H. und S. belastete.
10
b) Anschließend stellten die Verteidiger der Angeklagten einen Befangenheitsantrag gegen die Berufsrichter und die Schöffen. Zur Begründung führten sie im Wesentlichen aus: Aus Sicht der Angeklagten sei an der Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit der erkennenden Richter zu zweifeln, weil die Besorgnis bestehe, sie hätten sich bereits eine vom Ergebnis der weiteren Beweisaufnahme nicht mehr beeinflussbare Meinung gebildet. Bei der mündlichen Begründung des gegen den Angeklagten B. ergangenen Urteils habe der Vorsitzende die Überzeugung der Strafkammer dargelegt, dieser habe am 11. Februar 2008 vom Angeklagten H. gekauftes, zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmtes Kokain im bandenmäßigen Zusammenwirken mit den Angeklagten H. und S. aus den Niederlanden in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt. Für die Angeklagten müsse hieraus der Eindruck erwachsen, die Kammer habe sich allein aufgrund der geständigen Einlassung des Angeklagten B. von einem bandenmäßigen Zusammenwirken überzeugt und sich insoweit vor Abschluss der Beweisaufnahme im hiesigen Verfahren festgelegt.
11
Alle Mitglieder des erkennenden Gerichts gaben daraufhin dienstliche Erklärungen mit dem Inhalt ab, es sei ausdrücklich erörtert worden, dass im Verfahren gegen die Angeklagten allein auf der Grundlage der in diesem Verfahren durchgeführten Beweisaufnahme zu entscheiden sei, und zwar unabhängig vom Beweisergebnis des gegen den Angeklagten B. gerichteten Verfahrens.
12
In der folgenden Hauptverhandlung vom 2. Februar 2011 wurde ein - ohne Mitwirkung der abgelehnten Richter gefasster - Beschluss des Landgerichts vom 28. Januar 2011 verkündet, durch den die Befangenheitsanträge im Wesentlichen mit folgender Begründung zurückgewiesen wurden: Es bestehe kein vernünftiger Grund, an der Unparteilichkeit der abgelehnten Richter zu zweifeln. Der Angeklagte B. habe vor der Abtrennung seines Verfahrens keine die früheren Mitangeklagten belastenden Angaben gemacht. Seine Einlassung nach der Abtrennung sei im Verfahren gegen die Angeklagten H. und S. nicht der Urteilsfindung zugrunde zu legen, wie die Berufsrichter den Schöffen verdeutlicht hätten.
13
c) In der Hauptverhandlung vom 16. März 2011 wurde den Verteidigern der Angeklagten eine Kopie des gegen den früheren Mitangeklagten B. ergangenen Urteils vom 5. Januar 2011 ausgehändigt. In den Urteilsgründen ist zur Tat vom 11. Februar 2008 Folgendes feststellt: "Der Angeklagte (B. ) sowie H. und S. schlossen sich spätestens Ende 2007 zusammen, um arbeitsteilig regelmäßig Betäubungsmittel aus den Niederlanden nach Deutschland zu schmuggeln und hier gewinnbringend zu verkaufen. ... Es wurde geplant, dass H. alleine oder zusammen mit S. die Drogen in den Niederlanden beschafft und dass der Angeklagte B. diese vor der Grenze zum Zwecke der Einfuhr in seinem Pkw übernimmt. ... am 11. Februar 2008 erwarb H. zum Zwecke des Handeltreibens in Rotterdam eine nicht geringe Menge Kokain, zumindest 40 - 250 Gramm. S. begleitete und unterstützte ihn bei dieser Fahrt. Gegen 18.40 Uhr übergaben sie in der Nähe von Hoogeveen/Niederlande wie zuvor vereinbart das erworbene Rauschgift an den Angeklagten B. , der planmäßig das Rauschgift in seinem Fahrzeug deponierte und es unter Absicherung des Grenzübertritts und des weiteren Transportes durch H. und S. über die grüne Grenze nach Deutschland einführte. ..."
14
d) Im folgenden Hauptverhandlungstermin vom 23. März 2011 lehnten die Verteidiger der Angeklagten die Berufsrichter und die Schöffen erneut wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Zur Begründung führten sie im Wesentli- chen aus: Bei verständiger Würdigung der Gründe des gegen den früheren Mitangeklagten B. ergangenen Urteils müssten die Angeklagten besorgen, die erkennenden Richter hätten sich zumindest hinsichtlich der Tat vom 11. Februar 2008 eine abschließende Meinung gebildet, obwohl die Beweisaufnahme in dem gegen sie geführten Verfahren noch nicht abgeschlossen sei. In der Beweiswürdigung habe die Strafkammer die geständige Einlassung des Angeklagten B. , die in Widerspruch zu den schriftlichen Einlassungen der Angeklagten stehe, als glaubhaft und das Ermittlungsergebnis der Polizei als plausibel und keine andere Deutung zulassend bezeichnet. Sie habe dabei fehlerhaft auf die angebliche Aussage der Zeugin KHK'in He. abgestellt, die nicht in dem abgetrennten Verfahren gegen den Angeklagten B. , sondern erst nach Abtrennung im hiesigen Verfahren vernommen worden sei. Deshalb müsse von den Angeklagten besorgt werden, die Kammer differenziere nicht zwischen den in beiden Verfahren erhobenen Beweisen. Bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände müssten die Angeklagten den Eindruck gewinnen, die Verfahrensabtrennung habe nur dazu gedient, den Angeklagten B. durch einen geringen Strafaufschlag zu konkreten, die Angeklagten H. und S. belastenden Aussagen zu bewegen.
15
Die abgelehnten Richter erklärten in ihren dienstlichen Stellungnahmen, sie fühlten sie nicht befangen, sie würden zwischen den Beweisaufnahmen in beiden Verfahren differenzieren.
16
In der Hauptverhandlung vom 31. März 2011 wurde ein - wiederum ohne Mitwirkung der abgelehnten Richter gefasster - Beschluss des Landgerichts vom 29. März 2011 verkündet, durch den die Befangenheitsanträge im Wesentlichen mit folgender Begründung zurückgewiesen wurden: Die bloße Mitwirkung der abgelehnten Richter in dem abgetrennten Verfahren reiche nicht aus, um eine Befangenheit anzunehmen. Auch die weiteren aufgeführten Umstände könnten aus Sicht eines verständigen Angeklagten nicht die Annahme begründen , die Richter würden nicht mit der gebotenen Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit urteilen. Die Feststellungen sowie die Beweiswürdigung in dem Urteil gegen den Angeklagten B. ließen keine Rückschlüsse auf eine festgelegte Überzeugung der Kammer im Verfahren gegen die Angeklagten H. und S. zu. Diese habe durch die Fortsetzung der Beweisaufnahme an acht weiteren Verhandlungstagen für die Angeklagten deutlich gemacht, dass sie ihre Aufgabe, zu einer von dem abgetrennten Verfahren losgelösten, unabhängigen Entscheidung zu finden, sehr ernst nehme. An dieser Einschätzung könne auch nichts der Umstand ändern, dass die Kammer in dem gegen den Angeklagten B. ergangenen Urteil ihre Überzeugung rechtsfehlerhaft auch auf die Vernehmung der tatsächlich in dem Verfahren gegen B. nicht vernommenen Zeugin KHK'in He. gestützt habe. Daraus könne nicht geschlossen werden, dass sie im hiesigen Verfahren Beweismittel berücksichtigen könnte, die allein im abgetrennten Verfahren erhoben worden seien. Die Abtrennung des Verfahrens habe ausschließlich der Beschleunigung des gegen B. geführten, entscheidungsreifen Verfahrens gedient, eine Absprache mit ihm, dass er ein geringeres Strafmaß erwarten dürfe, wenn er die Angeklagten H. und S. belaste, habe es nicht gegeben. Auch die Gesamtschau aller Umstände rechtfertige nicht die Besorgnis der Befangenheit.
17
2. Die zulässige Verfahrensrüge ist begründet.
18
Bei der gebotenen objektiven Beurteilung aus der Sicht eines verständigen Angeklagten konnten die Angeklagten H. und S. durch die Verfahrensweise des Gerichts den Eindruck gewinnen, die abgelehnten Richter stünden ihnen bei der Entscheidung über die Vorwürfe der Anklage, insbesondere zu der entscheidenden Frage einer Bandenbildung bei der Tat vom 11. Februar 2008 nicht mehr mit der gebotenen Unvoreingenommenheit gegenüber (§ 24 Abs. 2 StPO).
19
a) Eine den Verfahrensgegenstand betreffende Vortätigkeit eines erkennenden Richters ist, soweit sie nicht den Tatbestand eines Ausschlussgrundes gemäß § 23 StPO erfüllt, nach ständiger Rechtsprechung regelmäßig nicht geeignet , die Besorgnis der Befangenheit des Richters im Sinne von § 24 Abs. 2 StPO zu begründen, wenn nicht besondere Umstände hinzukommen, die diese Besorgnis rechtfertigen (vgl. BGH, Urteil vom 9. September 1966 - 4 StR 261/66, BGHSt 21, 142; BGH, Urteil vom 10. November 1967 - 4 StR 512/66, BGHSt 21, 334; BGH, Beschluss vom 27. April 1972 - 4 StR 149/72, BGHSt 24, 336, 337; BGH, Urteil vom 30. Juni 2010 - 2 StR 455/09, NStZ 2011, 44; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 24 Rn. 12 f. mwN). Das betrifft nicht nur die Vorbefassung mit Zwischenentscheidungen im selben Verfahren, insbesondere etwa die Mitwirkung am Eröffnungsbeschluss oder an Haftentscheidungen, sondern auch die Mitwirkung eines erkennenden Richters in Verfahren gegen andere Beteiligte derselben Tat.
20
Nach diesen Kriterien grundsätzlich unbedenklich ist auch die Mitwirkung an einem Urteil über dieselbe Tat gegen einen anderen Beteiligten in einem abgetrennten Verfahren. Dies gilt auch dann, wenn Verfahren gegen einzelne Angeklagte zur Verfahrensbeschleunigung abgetrennt werden und in dem abgetrennten Verfahren ein Schuldspruch wegen einer Tat ergeht, zu der sich das Gericht im Ursprungsverfahren gegen den oder die früheren Angeklagten später ebenfalls noch eine Überzeugung zu bilden hat (BGH, Urteil vom 29. Juni 2006 - 5 StR 485/05, NJW 2006, 2864, 2866). Da eine solche Beteiligung an Vorentscheidungen im nämlichen oder in einem anderen damit zusammenhängenden Verfahren von Strafprozessordnung und Gerichtsverfassungsgesetz ausdrücklich vorgesehen und vorausgesetzt wird, kann die Vorbefassung als solche - abgesehen von den in § 22 Nr. 4 und 5, § 23 und § 148a Abs. 2 Satz 1 StPO genannten Ausschließungstatbeständen - die Besorgnis der Befangenheit aus normativen Erwägungen im Allgemeinen nicht begründen. Anders verhält es sich lediglich beim Hinzutreten besonderer Umstände, die über die Tatsache bloßer Vorbefassung als solcher und die damit notwendig verbundenen inhaltlichen Äußerungen hinausgehen. Dies wird etwa angenommen, wenn Äußerungen in früheren Urteilen unnötige und sachlich unbegründete Werturteile über einen der jetzigen Angeklagten enthalten oder wenn ein Richter sich bei seiner Vorentscheidung in sonst unsachlicher Weise zum Nachteil des Angeklagten geäußert hat (BGH, Beschluss vom 10. August 2005 - 5 StR 180/05, BGHSt 50, 216, 221; BGH, Urteil vom 30. Juni 2010 - 2 StR 455/09, NStZ 2011, 44).
21
b) Vorliegend waren solche besonderen Umstände gegeben. Es lag eine Vielzahl von Faktoren vor, die zwar isoliert für sich betrachtet noch nicht die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigte aber in ihrer Kumulation waren die Einzelaspekte geeignet, aus der Sicht der Angeklagten bei der gebotenen objektiven Beurteilung Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der abgelehnten Richter zu begründen. Denn für ihre Befürchtung, die Strafkammer differenziere nicht ausreichend zwischen den getrennt geführten Verfahren und sei hinsichtlich der Tat vom 11. Februar 2008 auf eine bandenmäßige Begehung festgelegt , bestanden nachvollziehbare Gründe.
22
Bereits das protokollierte, formell rechtsfehlerfreie Rechtsgespräch über eine Verständigung am ersten Hauptverhandlungstag konnte bei den Angeklagten den Eindruck erwecken, die Strafkammer sage dem früheren Mitangeklagten B. eine Einstellung des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 2 StPO oder eine nur moderate Erhöhung der bereits rechtskräftigen Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren nur zu, um ihn zu einer die Angeklagten H. und S. belastenden Aussage zu veranlassen. Gegenstand der Vereinbarung mit dem Angeklagten B. war ausdrücklich eine Aussage auch zu den Mitangeklagten , während bei diesen die vorgeschlagene Strafobergrenze nur von einem umfassenden Geständnis abhängig gemacht wurde.
23
In der hier gegebenen Verfahrenssituation, in der der frühere Mitangeklagte B. entsprechend der getroffenen, für ihn günstigen Absprache in erster Linie über seinen Verteidiger Angaben zur Sache gemacht hatte, während sich die Angeklagten in der Hauptverhandlung noch nicht eingelassen hatten , war die Abtrennungsentscheidung mit der Begründung, das Verfahren gegen B. sei entscheidungsreif, für sich betrachtet zwar noch nicht ermessensfehlerhaft , bewegte sich jedoch im Grenzbereich zu einem Ermessensfehler. Wenn mehrere Personen angeklagt sind, als Mitglieder einer Bande eine Betäubungsmittelstraftat begangen zu haben, ist es im Hinblick auf die Amtsaufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) regelmäßig sachgerecht und erforderlich , gegen alle Angeklagten aufgrund einer einheitlichen, alle Beweismittel umfassenden Beweisaufnahme zu entscheiden. Denn es ist nicht fernliegend, dass der aussagebereite Angeklagte zu Lasten der Mitangeklagten seine eigenen Tatbeiträge beschönigende Angaben macht, die anschließend das Gericht nach einer nur rudimentären Beweisaufnahme dem Urteil gegen diesen zugrunde legt. Unter Berücksichtigung der Pflicht zur Amtsaufklärung kann die Abtrennungsentscheidung mit der Begründung, das Verfahren sei insoweit entscheidungsreif , aus der Sicht der schweigenden Angeklagten den Eindruck erwecken , das Gericht werde auch in ihrem Verfahren von dem Tathergang ausgehen , den der aussagebereite Angeklagte geschildert hatte.
24
Die weitere Gestaltung beider Verfahren sowie der Inhalt des gegen den Angeklagten B. ergangenen Urteils waren geeignet, die dargestellten Befürchtungen der Angeklagten von einer Befangenheit der erkennenden Richter zu verstärken. In dem abgetrennten Verfahren gegen B. stellte die Strafkammer zwei angeklagte Taten gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein und verurteilte diesen nach einer kurzen Beweisaufnahme unter Einbeziehung der Strafen aus seiner rechtskräftigen Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten und damit zu einer um lediglich drei Monate erhöhten Gesamtfreiheitsstrafe. In den schriftlichen Gründen des Urteils vom 5. Januar 2011 stellte die Kammer zu der Tat vom 11. Februar 2008 nicht nur eine bandenmäßige Begehung fest, sondern ging entsprechend der Einlassung des Angeklagten B. davon aus, dass dieser lediglich als Kurier vom Angeklagten H. gekauftes, für dessen Betäubungsmittelhandel bestimmtes Kokain nach Deutschland einführte. In der Beweiswürdigung bezeichnete sie die Einlassung des Angeklagten B. , die im Gegensatz zu den späteren Einlassungen der Angeklagten H. und S. stand, als glaubhaft sowie das Ermittlungsergebnis der Polizei als plausibel und keine andere Deutung zulassend, obwohl die Beweisaufnahme in dem gegen die Angeklagten geführten Verfahren noch andauerte. Dadurch, dass in der Beweiswürdigung darüber hinaus KHK'in He. als Zeugin angeführt wird, obwohl diese nach der Abtrennung des Verfahrens gegen B. ausschließlich in dem Verfahren gegen die Angeklagten vernommen worden war, verstärkten die erkennenden Richter letztlich in entscheidender Weise die Besorgnis, sie vermischten die Beweisergebnisse der beiden getrennt geführten Verfahren und behandelten diese entgegen ihren Beteuerungen als eine Einheit. Dieser Eindruck war auch schon zuvor hervorgerufen worden, weil in der Hauptverhandlung gegen die Angeklagten H. und S. die protokollierte, die Angeklagten H. und S. belastende Einlassung des Angeklagten B. aus dessen Verfahren gemäß § 251 Abs. 1 StPO verlesen worden war, ohne dass hierfür die Voraussetzungen dieser Vorschrift vorlagen oder eine andere Rechtsgrundlage erkennbar ist.
25
Über die Anklagevorwürfe ist daher neu zu verhandeln und zu entscheiden.
26
3. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
27
a) Sollen nach § 154 StPO eingestellte Straftaten bei der Beweiswürdigung berücksichtigt werden, ist in der Regel der Angeklagte zuvor darauf hinzuweisen (Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 154 Rn. 25, § 154a Rn. 2).
28
b) Die Ausübung eines Auskunftsverweigerungsrechts nach § 55 StPO muss ausdrücklich erklärt werden. Das bloße Nichterscheinen eines geladenen Zeugen kann daher regelmäßig nicht als Ausübung dieses Rechts gewertet werden (BGH, Beschluss vom 9. August 1988 - 4 StR 326/88, StV 1989, 140).
29
c) In Fällen, in denen der Täter Betäubungsmittel zum Teil zum Eigenverbrauch und zum Teil zum gewinnbringenden Weiterverkauf erwirbt, besteht zwischen dem Erwerb und dem Handel Tateinheit (vgl. Weber, BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 726). Erwirbt ein Betäubungsmittelkonsument Rauschgift, liegt es nicht fern, dass ein Teil davon zum Eigenkonsum bestimmt ist.
30
d) Bei Verurteilung wegen Beihilfe drängt sich regelmäßig die ausdrückliche Prüfung auf, ob dieser vertypte Strafmilderungsgrund geeignet ist, im Zusammenwirken mit den allgemeinen Strafmilderungsgründen einen minder schweren Fall zu begründen.
31
e) Einzuziehende Gegenstände sind in der Urteilsformel so konkret zu bezeichnen, dass für die Beteiligten und die Vollstreckungsbehörde Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht (Fischer, StGB, 54. Aufl., § 74 Rn. 4). Becker von Lienen Schäfer Mayer Menges

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 461/08
vom
9. Juni 2009
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 9. Juni 2009 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 24. Januar 2008, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass im Fall II. 3 der Urteilsgründe die Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen unerlaubten Führens einer Schusswaffe und erlaubten Munitionsbesitzes entfällt,
b) im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer in Tateinheit mit versuchtem schweren Raub und unerlaubtem Führen einer Schusswaffe und unerlaubtem Munitionsbesitz (Fall II. 3 der Urteilsgründe), wegen schweren Raubes, Verabredung zu einem schweren Raub in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer Schusswaffe und mit unerlaubtem Munitionsbesitz, wegen Missbrauchs von Ausweispapieren sowie wegen Verstoßes gegen § 11 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 95 Abs. 2 Nr. 1 a) und b) Aufenthaltsgesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt. Ferner hat es gegen den Angeklagten die Sicherungsverwahrung angeordnet.
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
2
1. Im Fall II. 3 der Urteilsgründe beruht die Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen unerlaubten Führens einer Schusswaffe und unerlaubten Munitionsbesitzes, worauf das Landgericht hingewiesen hat (UA 80), auf einem Versehen und muss daher entfallen. Die in diesem Fall verhängte Einzelstrafe kann jedoch bestehen bleiben, weil das Landgericht bei der Strafzumessung die versehentlich in die Urteilsformel aufgenommenen Verstöße gegen das Waffengesetz ausdrücklich (UA 88/89) nicht berücksichtigt hat.
2. Die Anordnung der Sicherungsverwahrung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat die Anordnung auf § 66 Abs. 1 StGB gestützt. Die bisherigen Feststellungen zu den Vorverurteilungen belegen jedoch nicht, dass der Angeklagte, wie nach § 66 Abs. 1 Nr. 1 StGB erforderlich, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt
worden ist. Zwar sind die Gesamtfreiheitsstrafen aus den Verurteilungen durch das Landgericht Frankfurt/Oder vom 16. September 1999 und durch das Landgericht Berlin vom 4. Dezember 2000 jeweils aus mehreren Einzelfreiheitsstrafen von mehr als einem Jahr gebildet worden. Diese Einzelstrafen gelten aber gemäß § 66 Abs. 4 StGB als eine einzige Verurteilung, weil die Einzelstrafen aus dem Urteil vom 16. September 1999 in die im Wege der nachträglichen Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB durch das Urteil vom 4. Dezember 2000 verhängte Gesamtfreiheitsstrafe einbezogen worden sind (vgl. BGH StV 1982, 420; BGH NStZ-RR 2004, 9, 10). Soweit der Angeklagte vom Landgericht Berlin am 17. Dezember 1991 wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden ist, kann der Senat nicht überprüfen, ob die Verjährungsregelung des § 66 Abs. 4 Satz 3 und 4 StGB eingreift. Hierzu hätte es der Mitteilung der Einzelstrafen und der Tatzeiten beider Taten bedurft. Zwar
liegt beim Angeklagten auch die Anwendung der Absätze 2 und 3 des § 66 StGB nicht fern. Das Revisionsgericht kann aber die dem Tatrichter insoweit obliegende Ermessensentscheidung nicht selbst treffen (Senat, Beschluss vom 4. September 2008 – 4 StR 378/08). Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.
Tepperwien Athing Solin-Stojanović
Ernemann Franke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 157/10
vom
15. Juni 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
alias:
wegen zu 1.: Mordes
zu 2.: Beihilfe zum Mord
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 15. Juni 2010 einstimmig beschlossen
:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Kleve vom 29. Dezember 2009 werden als unbegründet verworfen, da
die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen
keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349
Abs. 2 StPO).
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Senat zu der vom Angeklagten H. erhobenen Verfahrensrüge einer
Verletzung des Rechts auf konfrontative Befragung (Art. 6 Abs. 3
Buchst. d MRK):
Wer als Belastungszeuge im Sinne von Art. 6 Abs. 3 Buchst. d MRK
anzusehen ist, ist in der Konvention zum Schutze der Menschenrechte
und Grundfreiheiten eigenständig bestimmt. Die Vorschrift erfasst auch
die Aussagen eines Mitangeklagten im Ermittlungsverfahren, der - wie
hier der Mitangeklagte S. - in der Hauptverhandlung von seinem
Schweigerecht Gebrauch gemacht hat (BGHR MRK Art. 6 Abs. 3
Buchst. d Fragerecht 3; EGMR NStZ 2007, 103, 104). Dass der Angeklagte
H. den Mitangeklagten S. , dessen Aussagen im
Ermittlungsverfahren die wesentliche Grundlage für seine Verurteilung
waren, zu keinem Zeitpunkt befragen oder befragen lassen konnte,
führt jedoch hier nicht zu einem Konventionsverstoß, weil seine Verteidigungsrechte
insgesamt angemessen gewahrt wurden und das Verfahren
in seiner Gesamtheit fair war. Das Tatgericht hat besonders
sorgfältig und kritisch die Angaben des Mitangeklagten S.
auf ihre Glaubhaftigkeit überprüft und ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen
, dass dessen Bekundungen durch andere wichtige Indizien
außerhalb der Aussage selbst bestätigt wurden (BGHR MRK Art. 6
Abs. 3 Buchst. d Fragerecht 5). Dazu gehören der am Tatort aufgefundene
Knopf von der Jacke des Angeklagten H. mit Anhaftungen
vom Blut des Tatopfers, die Erkenntnisse aus dem Einsatz von Spürhunden
und aus Telekommunikationsverbindungsdaten sowie die
Übereinstimmung einer an der linken Hand des Tatopfers vorgefundenen
männlichen genetischen Spur mit den DYS-Merkmalen des Angeklagten.
Becker Pfister von Lienen
RiBGH Hubert befindet sich
im Urlaub und ist daher Schäfer
gehindert zu unterschreiben.
Becker

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht der Staatsanwaltschaft, dem Privatkläger und dem Beschuldigten zu. Den zur Ablehnung Berechtigten sind auf Verlangen die zur Mitwirkung bei der Entscheidung berufenen Gerichtspersonen namhaft zu machen.

(1) Die Bestellung des Pflichtverteidigers endet mit der Einstellung oder dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens einschließlich eines Verfahrens nach den §§ 423 oder 460.

(2) Die Bestellung kann aufgehoben werden, wenn kein Fall notwendiger Verteidigung mehr vorliegt. In den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 5 gilt dies nur, wenn der Beschuldigte mindestens zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung aus der Anstalt entlassen wird. Beruht der Freiheitsentzug in den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 5 auf einem Haftbefehl gemäß § 127b Absatz 2, § 230 Absatz 2 oder § 329 Absatz 3, soll die Bestellung mit der Aufhebung oder Außervollzugsetzung des Haftbefehls, spätestens zum Schluss der Hauptverhandlung, aufgehoben werden. In den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 4 soll die Bestellung mit dem Ende der Vorführung aufgehoben werden, falls der Beschuldigte auf freien Fuß gesetzt wird.

(3) Beschlüsse nach Absatz 2 sind mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Gebotene Ablehnung der Bestellung eines vom Beschuldigten
bezeichneten Rechtsanwalts zum Pflichtverteidiger bei
konkreter Gefahr einer Interessenkollision in einem Fall
sukzessiver Mehrfachverteidigung.
BGH, Beschl. v. 15. Januar 2003 – 5 StR 251/02
LG Berlin –

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 15. Januar 2003
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Anstiftung zum Mord u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Januar 2003

beschlossen:
I. 1. Dem Angeklagten J wird auf seine Kosten zur weiteren Begründung seiner Revision gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 11. Dezember 2001 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
2. Auf die Revision des Angeklagten J wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 11. Dezember 2001, soweit es ihn betrifft, nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.
3. Insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Revision, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
II. 1. Die Revision des Angeklagten D gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 11. Dezember 2001 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
2. Der Angeklagte D hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dadurch den Nebenklägern entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

G r ü n d e

I.


Das Schwurgericht hat den Angeklagten J wegen Anstiftung zum Mord zu lebenslanger Freiheitsstrafe – nach Einbeziehung anderweits ver hängter rechtskräftiger Strafen als Gesamtstrafe –, den Angeklagten D wegen Beihilfe zum Mord zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.
1. Das Schwurgericht hat folgendes festgestellt:
Die Angeklagten hatten seit 1992 massive Konflikte mit ihrem Geschäftspartner G . Der Angeklagte J begann im Jahre 1993, den mit ihm und seiner Ehefrau befreundeten B zu überreden, G zu töten. Dem wiederholten Drängen J s schloß sich der Angeklagte D an; er war an der Tötung des mit beiden Angeklagten zerstrittenen, ihnen für ihr geschäftliches Fortkommen lästig und gefährlich gewordenen Partners gleichfalls interessiert. Schließlich erschoß B den G G im März 1994 hinterrücks – wie von beiden Angeklagten einkalkuliert – mit einer ihm von J zur Tatausführung übergebenen Pistole.
B wurde ein Jahr später vom Landgericht Berlin wegen heimtückisch begangenen Mordes – unter Zubilligung erheblich verminderter Schuldfähigkeit – zu neun Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Verteidigt wurde er von Rechtsanwalt S . Bereits vor der Tat hatte der Angeklagte J seinem damaligen Freund B diesen Rechtsanwalt für den Fall, daß er als Täter ermittelt würde, benannt; B müsse dann „auf Macke“ machen und werde nach fünf bis sechs Jahren entlassen werden.
Erst im Sommer 2000 offenbarte B der Polizei die Beteiligung der Angeklagten an dem von ihm begangenen Mord. Zuvor waren weitere Zuwendungen des Angeklagten J an ihn während seiner Strafhaft schließlich ausgeblieben; Konflikte zwischen den Eheleuten J waren B , der sich um J s Ehefrau sorgte, bekannt geworden. Zudem hatte ein Mitgefangener , dem B sich offenbart hatte, ihm zu der Aussage geraten; ihn motivierte dabei nicht zuletzt der näher rückende Zeitpunkt der Zweidrittelverbüßung seiner Strafe. Einen Monat vor der polizeilichen Aussage hatte B seinen früheren Verteidiger Rechtsanwalt S schriftlich aufgefordert , im Streit zwischen den Eheleuten J zugunsten der Ehefrau zu vermitteln; in dem durch Frau J übermittelten Brief teilte er mit, der schon früher von Rechtsanwalt S geäußerte Verdacht, J habe ihn, B , zur Ermordung G s angestiftet, treffe zu. Das Schreiben, über das B der Polizei berichtet hatte und dessen Original die Ehefrau des Angeklagten J , die Rechtsanwalt S nur eine Abschrift überlassen hatte, einbehalten und den Ermittlungsbehörden übergeben hatte, hat das Schwurgericht als wesentliches Indiz zur Stützung der Zeugenaussage des Haupttäters B gewertet, auf die es seine Beweiswürdigung maßgeblich gestützt hat.
2. Soweit die Revisionen der Angeklagten zunächst jeweils mit der Sachrüge begründet worden sind, haben sie keinen Erfolg. Die Beweiswürdigung des Schwurgerichts begegnet insgesamt im Ergebnis keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Auch erweist sich die auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage beruhende Auffassung des Schwurgerichts als rechtsfehlerfrei , die Angeklagten hätten hinsichtlich des zutreffend angenommenen Mordmerkmals der Heimtücke den jeweils erforderlichen Beteiligtenvorsatz gehabt (vgl. BGHR StGB § 26 Vorsatz 2).
Bei dieser Sachlage ist die Revision des Angeklagten D nach § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen.

II.


Der Umstand, daß der Angeklagte J in der Tatsacheninstanz allein durch den – freilich auf Wunsch dieses Angeklagten – zum Pflichtverteidiger bestellten Rechtsanwalt S verteidigt worden ist, begegnet ebenso durchgreifenden Bedenken wie die anfänglich entsprechend geordneten Verteidigungsverhältnisse im Revisionsverfahren. Nachdem dem Angeklagten J aufgrund dieser Bedenken im Revisionsverfahren ein weiterer Verteidiger bestellt worden ist, hat dieser zur weiteren Begründung der Revision des Angeklagten J eine Verfahrensrüge wegen Verletzung des § 142 Abs. 1 Satz 3 StPO erhoben und hierfür Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Das Wiedereinsetzungsgesuch und diese Verfahrensrüge sind begründet; dies führt zur umfassenden Aufhebung des Urteils auf die Revision des Angeklagten J , soweit dieser Angeklagte verurteilt worden ist.
1. Kollidiert der Wunsch eines Beschuldigten, von einem bestimmten Rechtsanwalt verteidigt zu werden, mit einem möglichen Konflikt dieses Rechtsanwalts in Bezug auf die Interessen eines anderen – auch früheren – Mandanten (vgl. – zur Unmaßgeblichkeit des Fortbestehens des anderen Mandats für die Frage rechtlich relevanter Interessenkonflikte wegen fortwirkender Berufspflichten – nur BGHSt 34, 190, 191; Cramer in Schönke /Schröder, StGB 26. Aufl. § 356 Rdn. 10, 17; Eylmann in Henssler/Prütting, BRAO 1996 § 43a Rdn. 41, 126 ff.; Feuerich/Braun, BRAO 5. Aufl. § 43a Rdn. 20, 55 ff.), sind folgende Grundsätze zu beachten.

a) Dem Beschuldigten ist aufgrund seines Rechts auf ein faires, rechtsstaatlich geordnetes Verfahren eine effektive Verteidigung im Strafverfahren zu gewährleisten (Art. 6 Abs. 3 lit. c MRK; Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG). Daher muß für den Beschuldigten – abgesehen von seinem grundsätzlich gegebenen Recht aus § 137 Abs. 1 Satz 1 StPO auf Verteidigerwahl – in gewichtigen Strafverfahren ein Verteidiger mitwirken (§ 140 StPO), dessen juristische Qualifikation – regelmäßig als Rechtsanwalt – si-
chergestellt (vgl. §§ 138, 139, 142 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 StPO) und dessen notwendige Anwesenheit während der gesamten Hauptverhandlung durch den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO abgesichert ist.
Sofern kein Wahlverteidiger mitwirkt, bedarf es in diesen Fällen mithin der Pflichtverteidigerbestellung. Hierbei soll auf ein Vertrauensverhältnis zwischen Beschuldigtem und Verteidiger hingewirkt werden; zudem sind dem Beschuldigten in einem fairen, rechtsstaatlich geordneten Verfahren aktive Mitwirkungsbefugnisse zuzubilligen. Dies gab Anlaß zu der Regelung in § 142 Abs. 1 Sätze 2 und 3 StPO, wonach ein Wunsch des Beschuldigten auf Verteidigung durch einen bestimmten Rechtsanwalt durch Nachfrage zu fördern und diesem weitgehend Rechnung zu tragen ist (vgl. BGHSt 43, 153, 154 f.; BGHR StPO § 142 Abs. 1 Auswahl 7, 8; Meyer-Goßner, StPO 46. Aufl. § 142 Rdn. 9 m. w. N.).

b) Ein absehbarer Interessenkonflikt in der Person eines als Pflichtverteidiger in Betracht gezogenen Rechtsanwalts kann, sofern deshalb eine mindere Effektivität seines Verteidigungseinsatzes zu befürchten ist, seiner Bestellung entgegenstehen (vgl. BVerfG – Kammer – NStZ 1998, 46; BGH NStZ 1992, 292; OLG Frankfurt NJW 1999, 1414, 1415). Hierin kann auch ein wichtiger Grund im Sinne des § 142 Abs. 1 Satz 3 StPO liegen, von der Bestellung des vom Beschuldigten bezeichneten Rechtsanwalts zum Pflichtverteidiger abzusehen (vgl. Laufhütte in KK 4. Aufl. § 142 Rdn. 7). Eine solche Entscheidung löst ein Spannungsfeld, bei dem jeweils im fairen Verfahren angelegte Elemente widerstreiten: die Beachtlichkeit der aktiven Mitwirkung des Beschuldigten bei der Suche nach einem Verteidiger, dem er vertraut , einerseits; die durch gerichtliche Fürsorgepflicht zu sichernde Effektivität der Verteidigung andererseits, die bei greifbaren Interessenkonflikten regelmäßig als vorrangig zu werten sein wird.

c) Der Gefahr einer Interessenkollision durch die Verteidigung mehrerer derselben Tat Beschuldigter – wie auch durch die Verteidigung mehrerer
Beschuldigter im selben Verfahren – begegnet die Regelung des § 146 StPO. In Abwägung zwischen der Gefahr einer nicht ausreichend sachgerecht geführten Verteidigung einerseits und den aus einem generellen Verbot folgenden Einschränkungen der freien Verteidigerwahl sowie der freien Berufsausübung der Verteidiger andererseits hat der Gesetzgeber im Jahre 1987 Anlaß gesehen, von dem noch bei Einführung der Regelung Ende 1974 aufgestellten strikten Verbot der Mehrfachverteidigung durch das zusätzliche Erfordernis der Gleichzeitigkeit die sukzessive Mehrfachverteidigung auszunehmen (vgl. dazu näher Laufhütte aaO § 146 Rdn. 1).
Hieraus ist zu folgern, daß die Bestellung eines vom Beschuldigten bezeichneten Rechtsanwalts zum Pflichtverteidiger allein mit Rücksicht auf die abstrakte Gefahr einer Interessenkollision nicht abgelehnt werden darf, die sich für einen Verteidiger schon daraus ergeben kann, daß er die Verteidigung eines Beschuldigten übernimmt, obgleich er zuvor schon einen anderen derselben Tat Beschuldigten verteidigt hat. Dies ist aus der Gleichwertigkeit von Wahl- und Pflichtverteidigung zu folgern, da der entsprechende Sachverhalt eine Zurückweisung des Verteidigers nach § 146a StPO nicht rechtfertigt (vgl. BGHR StPO § 142 Abs. 1 Auswahl 6).
Dies hindert freilich auch in einem Fall sukzessiver Mehrfachverteidigung nicht etwa schlechthin die Ablehnung der Beiordnung des gewünschten Rechtsanwalts zum Pflichtverteidiger aus dem wichtigen Grund der konkreten Gefahr eines Interessenkonflikts (vgl. Laufhütte aaO § 142 Rdn. 7 und § 146 Rdn. 1).

d) Zu beachten ist dabei, daß der Rechtsanwalt grundsätzlich allein für die Wahrung seiner Berufspflichten verantwortlich ist (vgl. BGH NStZ 1992, 292; OLG Düsseldorf NStZ 1991, 352; OLG Frankfurt NJW 1999, 1414, 1415), hier speziell bezogen auf das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen (§ 43a Abs. 4 BRAO). Das wird in Fällen, in denen der Bestellung eines vom Beschuldigten gewünschten Rechtsanwalts zum Pflichtverteidiger
kein anderer wichtiger Grund als die konkrete Gefahr einer Interessenkollision entgegensteht, regelmäßig Anlaß für folgende Verfahrensweise sein: Der für die Verteidigerbestellung zuständige Gerichtsvorsitzende sollte vor einer Ablehnung der gewünschten Pflichtverteidigerbestellung den Rechtsanwalt – gegebenenfalls daneben auch den Beschuldigten selbst – zu dem Sachverhalt anhören, der die Gefahr der Interessenkollision begründen kann. Liegt ein derartiger Sachverhalt nach Lage des Einzelfalles auf der Hand, wird der Vorsitzende eine derartige Anhörung durchführen müssen und jedenfalls gehindert sein, den gewünschten Pflichtverteidiger ohne weiteres sofort zu bestellen.
Entsprechendes wird zu gelten haben in Fällen, in denen wegen nachträglich erkannter konkreter Gefahr eines Interessenkonflikts die Rücknahme der Pflichtverteidigerbestellung aus wichtigem Grund (vgl. Laufhütte aaO § 143 Rdn. 4 f.) zu erwägen oder aufgrund einer entsprechenden Gefahr der Interessenkollision in der Person eines Wahlverteidigers die zusätzliche Bestellung eines Pflichtverteidigers (vgl. Laufhütte aaO § 141 Rdn. 7) in Betracht zu ziehen ist.

e) Bei der Annahme des wichtigen Grundes der konkreten Gefahr einer Interessenkollision, welcher die Ablehnung der Bestellung des vom Beschuldigten bezeichneten Rechtsanwalts zum Pflichtverteidiger gemäß § 142 Abs. 1 Satz 3 StPO rechtfertigt, steht dem zuständigen Gerichtsvorsitzenden ein Beurteilungsspielraum zu, der nicht der umfassenden Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt. So kann in Grenzfällen die Ablehnung der vom Beschuldigten gewünschten Verteidigerbestellung wegen vom Vorsitzenden angenommener Gefahr der Interessenkollision als vertretbare Entscheidung ebenso unbeanstandet bleiben wie die bei gleicher Sachlage gleichwohl – ebenfalls vertretbar – verfügte Bestellung des Verteidigers.
Insbesondere kann sich die Vertretbarkeit der getroffenen Entscheidung über die Pflichtverteidigerbestellung auch aus dem Motiv der Verfah-
renssicherung ergeben. So kann die Ablehnung der gewünschten Verteidigerbestellung im Einzelfall dann vertretbar sein, wenn die Gefahr einer Interessenkollision aktuell noch nicht übermäßig groß erscheint, indes unbedingt vermieden werden soll, daß sie später doch virulent wird und dann zum Abbruch einer Hauptverhandlung mit beträchtlichem Umfang zur Unzeit nötigen könnte. In Fällen dieser Art mag auch einmal die Bestellung eines weiteren Pflichtverteidigers neben dem gewünschten angezeigt sein.

f) Die Verneinung der Gefahr eines Interessenkonflikts und die deshalb dem Wunsch des Beschuldigten gemäß verfügte Pflichtverteidigerbestellung wird umso eher vom Revisionsgericht als vertretbar zu bewerten sein, wenn Gegengründe, die sich im Einzelfall aufdrängen, mit dem benannten Verteidiger, gegebenenfalls auch mit dem Beschuldigten, erörtert und wenn daraufhin in Kenntnis des kritischen Sachverhalts keine Bedenken gegen die Bestellung geäußert oder gar beachtliche Gründe gegen einen möglichen Interessenkonflikt vorgebracht worden sind.
2. Nach diesen Maßstäben war die Bestellung des Rechtsanwalts S zum Pflichtverteidiger des Angeklagten J rechtsfehlerhaft.

a) Der Haupttäter B hatte mit der Offenbarung, daß der Angeklagte J die Ermordung G s als Anstifter veranlaßt – und der Angeklagte D dies durch psychische Beihilfe unterstützt – hatte, Anlaß zu maßgeblicher Intensivierung des gegen beide Angeklagte geführten Ermittlungsverfahrens gegeben. Dieses Verfahren hatte den Vorwurf der Beteiligung an derselben Tat zum Gegenstand, wegen deren Begehung B rechtskräftig verurteilt war und sich zur Zeit seiner Offenbarung noch in Strafhaft befand. Zunächst waren die beiden Angeklagten den Ermittlungsbehörden und Gerichten während des Strafverfahrens gegen B lediglich als „Tatinteressenten“ bekanntgeworden, später war ein Ermittlungsverfahren gegen J , in dem B zunächst noch zu seinen Gunsten ausgesagt hatte, nur aufgrund von Angaben Dritter vom Hörensagen eingeleitet worden.

Nachdem Rechtsanwalt S den Haupttäter B verteidigt hatte , verstieß die spätere sukzessive Übernahme der Verteidigung des Anstifters J zwar mangels Gleichzeitigkeit nicht gegen das Verbot des § 146 StPO. Indes bestanden jenseits der generell bei solcher Fallgestaltung gegebenen Gefahr einer Interessenkollision deutliche konkrete Anhaltspunkte für einen möglichen Interessenkonflikt, in den dieser Rechtsanwalt bei der Verteidigung des Angeklagten J im Blick auf seine fortwirkenden Pflichten gegenüber seinem früheren Mandanten B geraten konnte.
Der Angeklagte J war weitestgehend nicht geständig. Für seine Überführung wegen Anstiftung zum Mord war die Zeugenaussage B s – wie von Anfang an erkennbar – von maßgeblicher Bedeutung. Bei dieser Sachlage drängte sich die Aufdeckung möglicher Schwachstellen dieser Aussage als eine zentrale Aufgabe von J s Verteidiger auf. Indes unterlag S einer Verschwiegenheitspflicht gegenüber seinem früheren Mandanten B , zudem traf ihn als Rechtsanwalt naheliegend auch eine gewisse berufsrechtliche Verpflichtung, dem im Strafverfahren Verteidigten während dessen anschließender Strafvollstreckung nicht durch aktive Wahrnehmung eines Mandats mit gegenläufigen Interessen Nachteil zuzufügen. Rechtsanwalt S war daher gehindert, ihm von seinem früheren Mandanten während dessen Verteidigung etwa anvertrautes Wissen, das seinem jetzigen Mandanten J hätte nützen können, zu offenbaren. Er konnte unter Umständen auch in Konflikt geraten, wenn es sich ihm etwa im Interesse seines jetzigen Mandanten J aufdrängen mußte, entlastende Indizien vorzutragen, über deren Bewertung er indes aufgrund vertraulicher Mitteilungen seines früheren Mandanten B nicht offenbarungsfähige nähere Kenntnisse besaß. Darüber hinaus konnte er in die Situation geraten, durch Vorbringen, mit dem er J gezielt gegen B s jetzige Aussage verteidigte, jedenfalls den Verdacht zu erwecken, sich hierdurch in entsprechender Weise standesrechtlich pflichtwidrig – mindestens aber bedenklich – gegenüber seinem früheren Mandanten zu verhalten, so daß er unter Hint-
anstellung von J s berechtigten Verteidigungsinteressen leicht hätte motiviert werden können, von solchem Verteidigervorbringen Abstand zu nehmen.

b) Allein diese auf der Hand liegenden Umstände hätten dem ermittelnden Staatsanwalt, bevor er dem Schwurgerichtsvorsitzenden bereits im Ermittlungsverfahren den Antrag auf Bestellung des Rechtsanwalts S zum Pflichtverteidiger des damaligen Beschuldigten J befürwortend zuleitete, Anlaß geben sollen, auf Klärung der auf eine Interessenkollision hindeutenden Anzeichen gegenüber dem Rechtsanwalt und dem Beschuldigten J hinzuwirken. Sofern sich dies dem damals mit dem Verfahren noch nicht näher befaßten Schwurgerichtsvorsitzenden selbst noch nicht hätte aufdrängen müssen, hätte dieser jedenfalls nach Kenntnis von der Anklage entsprechend allen Anlaß gehabt, die verfügte Verteidigerbestellung zu hinterfragen und auf eine derartige Klärung hinzuwirken. Die jetzt im Revisionsverfahren eingeholten dienstlichen Erklärungen, die den Wunsch des Angeklagten J nach Verteidigung durch Rechtsanwalt S in den Mittelpunkt stellen und ein sachlich unauffälliges Verteidigerverhalten betonen , machen es dem Senat nicht verständlich, daß die sich bei der vorliegenden Fallgestaltung aufdrängenden Anhaltspunkte für eine mögliche Interessenkollision in der Person des gewünschten Verteidigers nach außen hin gänzlich unbeachtet geblieben sind.

c) Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die Bestellung des Rechtsanwalts S zum Pflichtverteidiger allein aufgrund der genannten Umstände bereits als unvertretbar und damit rechtsfehlerhaft zu bewerten wäre. Dies läge jedenfalls in Ermangelung ausdrücklicher Hinterfragung der mit einer möglichen Interessenkollision zusammenhängenden Probleme gegenüber den Beteiligten nicht ganz fern. Andererseits sind vor dem Hintergrund genereller Zulässigkeit sukzessiver Mehrfachverteidigung gemäß § 146 StPO der ausdrückliche Wunsch des Angeklagten J nach Bestellung dieses Verteidigers und das Fehlen eines Vortrags eigener Bedenken gegen
die Ordnungsmäßigkeit seiner Bestellung durch den zur Prüfung standesrechtlich pflichtgemäßen Verhaltens primär berufenen Rechtsanwalt nicht unbeachtlich. Hier kommen jedoch weitere Fallbesonderheiten hinzu, welche der Annahme einer noch vertretbaren, daher nicht als rechtsfehlerhaft zu qualifizierenden Verteidigerbestellung jedenfalls entgegenstehen.
aa) Zum einen drängten sich Überlegungen über eine mögliche Interessenkollision nicht nur infolge der Verhältnisse zwischen den Beschuldigten vor dem Hintergrund ihrer unterschiedlichen Rollen bei Tatbegehung und in der Entwicklung der jeweils gegen sie geführten Strafverfahren auf. Darüber hinaus war die Person des Rechtsanwalts S – ohne daß dies etwa für sich dem Rechtsanwalt ohne weiteres zum Vorwurf gereichen müßte – hier schon zeitnah zur Tatbegehung im Gespräch: Nach den Urteilsfeststellungen benannte der Angeklagte J schon im Rahmen seiner Anstiftungshandlungen diesen Rechtsanwalt dem Haupttäter B als potentiellen späteren Verteidiger; J verband so mit der Person dieses Rechtsanwalts die Prognose eines verminderten Sanktionsrisikos, mit deren Benennung er Hemmungen des Haupttäters abzubauen suchte. Diese Urteilsfeststellung gründet auf der entsprechenden Zeugenaussage B s. Dieser hatte schon in seiner ersten polizeilichen Vernehmung Angaben über prozessuale Verhaltensmuster, seine Schuldfähigkeit betreffend, gemacht, die ihm der Angeklagte J – freilich nach der Tat, aber vor seiner Entdeckung und Verhaftung – nahegebracht habe, und hatte dabei auch Angaben zur Vermittlung und Bezahlung von Rechtsanwalt S als Verteidiger durch J gemacht.
Es liegt auf der Hand, daß schon die Angaben seines früheren Mandanten B im Ermittlungsverfahren gegen J , namentlich aber dessen spätestens in der Hauptverhandlung gemachte belastende Angabe, sein jetziger Mandant J habe sich im Rahmen seiner Anstiftungshandlungen in einer derartigen, für die Person des Verteidigers anrüchigen Weise geäußert, für Rechtsanwalt S die gebotene in jeder Beziehung unbefangene
Wahrnehmung seiner Verteidigeraufgaben gegenüber dem Angeklagten J nachhaltig zu erschweren geeignet war. Schon B s Aussage bei der Polizei zu diesem Themenkreis hätte mindestens eine kritische Nachfrage an Rechtsanwalt S , die erstrebte Verteidigung J s betreffend , veranlassen sollen. Jedenfalls nach B s entsprechender Zeugenaussage in der Hauptverhandlung war sie unbedingt geboten.
bb) Zu dieser herausgehobenen Sachnähe kam eine weitere maßgebliche Besonderheit hinzu. Ein Brief des Haupttäters B an seinen früheren Verteidiger Rechtsanwalt S war Gegenstand der Ermittlungsakten geworden. Es lag auf der Hand, daß dieses Schreiben wegen der deutlich vor B s Offenbarung gegenüber der Polizei geäußerten, zudem darin nachvollziehbar motivierten Erwägung einer solchen Offenbarung eine nicht unwesentliche indizielle Bedeutung für die Beurteilung der Zuverlässigkeit von B s Angaben gewinnen konnte – die ihm das Schwurgericht später tatsächlich auch zugemessen hat. Hinzu kam, daß im Inhalt dieses Schreibens eigene Erwägungen des Rechtsanwalts S über eine Tatbeteiligung des Angeklagten J behauptet wurden. Rechtsanwalt S wäre danach im Verfahren gegen den Angeklagten J sogar als Zeuge in Betracht gekommen, wobei er sich freilich naheliegend auf ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO, womöglich gar auf ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 Abs. 1 StPO, hätte berufen können.
Diese weitergehende Besonderheit begründete zusätzliche nachhaltige Bedenken dagegen, daß dieser Rechtsanwalt die Verteidigung des Angeklagten J in der gebotenen unabhängigen und distanzierten Weise werde führen können. Jedenfalls danach können seine Bestellung zum Pflichtverteidiger des Angeklagten J und die alleinige Wahrnehmung der Verteidigeraufgaben durch ihn in der gesamten Tatsacheninstanz ohne jede gerichtliche Hinterfragung – ungeachtet des entsprechenden Wunsches des Angeklagten J – nurmehr als verfahrensfehlerhaft bewertet werden. Hätte sich
Rechtsanwalt S bei der gegebenen Sachlage ungeachtet geäußerter und nicht etwa zu entkräftender gerichtlicher Bedenken gegen seine Mitwirkung dann als Wahlverteidiger des Angeklagten J gemeldet, hätte er zwar naheliegend nicht zurückgewiesen werden können. Dem Angeklagten J wäre jedoch gleichwohl aus den nämlichen Gründen, die der Beiordnung S s zum Pflichtverteidiger entgegenstanden, ein anderer Rechtsanwalt als Pflichtverteidiger beizuordnen gewesen (vgl. Laufhütte aaO § 141 Rdn. 7).
3. Daß der rechtsfehlerhaft zum Verteidiger bestellte Rechtsanwalt S als einziger Verteidiger des Angeklagten J…. in diesem Fall notwendiger Verteidigung die danach angezeigte Verfahrensrüge wegen seiner eigenen verfahrensfehlerhaften Mitwirkung nicht erhoben hat, geht auf die verfahrensfehlerhafte Bestellung dieses Verteidigers zurück. Hierin liegt eine auf das Revisionsverfahren fortwirkende Vernachlässigung der dem Angeklagten J gegenüber bestehenden prozessualen Fürsorgepflicht. Deren Folgen sind ihm ungeachtet seines entsprechenden – freilich auf laienhafter Verkennung seiner eigenen Verteidigungsinteressen beruhenden – Wunsches nach Bestellung dieses Verteidigers nicht als verschuldet anzulasten.
Danach liegt ein Ausnahmefall vor, in welchem dem Angeklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung einer Verfahrensrüge zu gewähren ist (vgl. Meyer-Goßner, StPO 46. Aufl. § 44 Rdn. 7a m. w. N.). Den entsprechenden Antrag hat der zusätzlich bestellte Verteidiger innerhalb einer Woche (s. § 45 Abs. 1 StPO) nach Zustellung des Urteils und seiner Bestellung unter formgerechter Nachholung der versäumten Verfahrensrüge gestellt.
4. Ein absoluter Revisionsgrund nach § 338 Nr. 5 StPO ist nicht geltend gemacht (vgl. dagegen auch BGHR StPO § 338 Nr. 5 Verteidiger 1 und 5). Indes greift die Rüge wegen Verletzung des § 142 Abs. 1 Satz 3
StPO durch. Es läßt sich nicht ausschließen, daß der Schuldspruch zum Nachteil des Angeklagten J auf der verfahrensfehlerhaften Gestaltung seiner Verteidigungsverhältnisse beruht (§ 336 Satz 1 StPO). Ungeachtet der letztlich rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung und trotz mangelnder konkreter Hinweise auf abweichende Sachaufklärungsmöglichkeiten ist nicht auszuschließen , daß ein anderer Verteidiger, dessen Mitwirkung geboten war, mit zulässigen prozessualen Mitteln auf abweichende, für den Angeklagten J günstigere Tatfeststellungen hätte hinwirken können.
Das Urteil ist daher, soweit es den Angeklagten J betrifft, auf die entsprechende Verfahrensrüge umfassend aufzuheben.
5. Der neue Tatrichter wird für den Fall einer erneuten Verurteilung des Angeklagten J jedenfalls nunmehr nicht mehr gehindert sein, unter Berücksichtigung sämtlicher nach Tatbegehung erfolgter rechtskräftiger Verurteilungen eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung nach den bei Tröndle /Fischer, StGB 51. Aufl. § 55 Rdn. 6, 8, 9, 11, 13, 19 genannten Grundsätzen vorzunehmen.
Harms Häger Basdorf Gerhardt Raum

(1) Der Rechtsanwalt darf keine Bindungen eingehen, die seine berufliche Unabhängigkeit gefährden.

(2) Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Diese Pflicht bezieht sich auf alles, was ihm in Ausübung seines Berufes bekanntgeworden ist. Dies gilt nicht für Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen. Der Rechtsanwalt hat die von ihm beschäftigten Personen in Textform zur Verschwiegenheit zu verpflichten und sie dabei über die strafrechtlichen Folgen einer Pflichtverletzung zu belehren. Zudem hat er bei ihnen in geeigneter Weise auf die Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht hinzuwirken. Den von dem Rechtsanwalt beschäftigten Personen stehen die Personen gleich, die im Rahmen einer berufsvorbereitenden Tätigkeit oder einer sonstigen Hilfstätigkeit an seiner beruflichen Tätigkeit mitwirken. Satz 4 gilt nicht für Referendare und angestellte Personen, die im Hinblick auf die Verschwiegenheitspflicht den gleichen Anforderungen wie der Rechtsanwalt unterliegen. Hat sich ein Rechtsanwalt mit anderen Personen, die im Hinblick auf die Verschwiegenheitspflicht den gleichen Anforderungen unterliegen wie er, zur gemeinschaftlichen Berufsausübung zusammengeschlossen und besteht zu den Beschäftigten ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis, so genügt auch der Nachweis, dass eine andere dieser Personen die Verpflichtung nach Satz 4 vorgenommen hat.

(3) Der Rechtsanwalt darf sich bei seiner Berufsausübung nicht unsachlich verhalten. Unsachlich ist insbesondere ein Verhalten, bei dem es sich um die bewußte Verbreitung von Unwahrheiten oder solche herabsetzenden Äußerungen handelt, zu denen andere Beteiligte oder der Verfahrensverlauf keinen Anlaß gegeben haben.

(4) Der Rechtsanwalt darf nicht tätig werden, wenn er einen anderen Mandanten in derselben Rechtssache bereits im widerstreitenden Interesse beraten oder vertreten hat. Das Tätigkeitsverbot gilt auch für Rechtsanwälte, die ihren Beruf gemeinschaftlich mit einem Rechtsanwalt ausüben, der nach Satz 1 nicht tätig werden darf. Ein Tätigkeitsverbot nach Satz 2 bleibt bestehen, wenn der nach Satz 1 ausgeschlossene Rechtsanwalt die gemeinschaftliche Berufsausübung beendet. Die Sätze 2 und 3 sind nicht anzuwenden, wenn die betroffenen Mandanten der Tätigkeit des Rechtsanwalts nach umfassender Information in Textform zugestimmt haben und geeignete Vorkehrungen die Einhaltung der Verschwiegenheit des Rechtsanwalts sicherstellen. Ein Tätigkeitsverbot nach Satz 1, das gegenüber einer Berufsausübungsgesellschaft besteht, entfällt, wenn die Voraussetzungen des Satzes 4 erfüllt sind. Soweit es für die Prüfung eines Tätigkeitsverbots nach Satz 1 oder Satz 2 erforderlich ist, dürfen der Verschwiegenheitspflicht unterliegende Tatsachen einem Rechtsanwalt auch ohne Einwilligung des Mandanten offenbart werden.

(5) Absatz 4 Satz 1 gilt entsprechend für die Tätigkeit als Referendar im Vorbereitungsdienst im Rahmen der Ausbildung bei einem Rechtsanwalt. Absatz 4 Satz 2 ist nicht anzuwenden, wenn dem Tätigkeitsverbot nach Absatz 4 Satz 1 eine Tätigkeit als Referendar nach Satz 1 zugrunde liegt.

(6) Absatz 4 Satz 1 gilt entsprechend für ein berufliches Tätigwerden des Rechtsanwalts außerhalb des Anwaltsberufs, wenn für ein anwaltliches Tätigwerden ein Tätigkeitsverbot nach Absatz 4 Satz 1 bestehen würde.

(7) Der Rechtsanwalt ist bei der Behandlung der ihm anvertrauten Vermögenswerte zu der erforderlichen Sorgfalt verpflichtet. Fremde Gelder sind unverzüglich an den Empfangsberechtigten weiterzuleiten oder auf ein Anderkonto einzuzahlen.

(8) Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, sich fortzubilden.

(1) Die Bestellung des Pflichtverteidigers endet mit der Einstellung oder dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens einschließlich eines Verfahrens nach den §§ 423 oder 460.

(2) Die Bestellung kann aufgehoben werden, wenn kein Fall notwendiger Verteidigung mehr vorliegt. In den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 5 gilt dies nur, wenn der Beschuldigte mindestens zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung aus der Anstalt entlassen wird. Beruht der Freiheitsentzug in den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 5 auf einem Haftbefehl gemäß § 127b Absatz 2, § 230 Absatz 2 oder § 329 Absatz 3, soll die Bestellung mit der Aufhebung oder Außervollzugsetzung des Haftbefehls, spätestens zum Schluss der Hauptverhandlung, aufgehoben werden. In den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 4 soll die Bestellung mit dem Ende der Vorführung aufgehoben werden, falls der Beschuldigte auf freien Fuß gesetzt wird.

(3) Beschlüsse nach Absatz 2 sind mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar.

Ein Verteidiger kann nicht gleichzeitig mehrere derselben Tat Beschuldigte verteidigen. In einem Verfahren kann er auch nicht gleichzeitig mehrere verschiedener Taten Beschuldigte verteidigen.

(1) Ein Anwalt oder ein anderer Rechtsbeistand, welcher bei den ihm in dieser Eigenschaft anvertrauten Angelegenheiten in derselben Rechtssache beiden Parteien durch Rat oder Beistand pflichtwidrig dient, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Handelt derselbe im Einverständnis mit der Gegenpartei zum Nachteil seiner Partei, so tritt Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren ein.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Gebotene Ablehnung der Bestellung eines vom Beschuldigten
bezeichneten Rechtsanwalts zum Pflichtverteidiger bei
konkreter Gefahr einer Interessenkollision in einem Fall
sukzessiver Mehrfachverteidigung.
BGH, Beschl. v. 15. Januar 2003 – 5 StR 251/02
LG Berlin –

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 15. Januar 2003
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Anstiftung zum Mord u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Januar 2003

beschlossen:
I. 1. Dem Angeklagten J wird auf seine Kosten zur weiteren Begründung seiner Revision gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 11. Dezember 2001 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
2. Auf die Revision des Angeklagten J wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 11. Dezember 2001, soweit es ihn betrifft, nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.
3. Insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Revision, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
II. 1. Die Revision des Angeklagten D gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 11. Dezember 2001 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
2. Der Angeklagte D hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dadurch den Nebenklägern entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

G r ü n d e

I.


Das Schwurgericht hat den Angeklagten J wegen Anstiftung zum Mord zu lebenslanger Freiheitsstrafe – nach Einbeziehung anderweits ver hängter rechtskräftiger Strafen als Gesamtstrafe –, den Angeklagten D wegen Beihilfe zum Mord zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.
1. Das Schwurgericht hat folgendes festgestellt:
Die Angeklagten hatten seit 1992 massive Konflikte mit ihrem Geschäftspartner G . Der Angeklagte J begann im Jahre 1993, den mit ihm und seiner Ehefrau befreundeten B zu überreden, G zu töten. Dem wiederholten Drängen J s schloß sich der Angeklagte D an; er war an der Tötung des mit beiden Angeklagten zerstrittenen, ihnen für ihr geschäftliches Fortkommen lästig und gefährlich gewordenen Partners gleichfalls interessiert. Schließlich erschoß B den G G im März 1994 hinterrücks – wie von beiden Angeklagten einkalkuliert – mit einer ihm von J zur Tatausführung übergebenen Pistole.
B wurde ein Jahr später vom Landgericht Berlin wegen heimtückisch begangenen Mordes – unter Zubilligung erheblich verminderter Schuldfähigkeit – zu neun Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Verteidigt wurde er von Rechtsanwalt S . Bereits vor der Tat hatte der Angeklagte J seinem damaligen Freund B diesen Rechtsanwalt für den Fall, daß er als Täter ermittelt würde, benannt; B müsse dann „auf Macke“ machen und werde nach fünf bis sechs Jahren entlassen werden.
Erst im Sommer 2000 offenbarte B der Polizei die Beteiligung der Angeklagten an dem von ihm begangenen Mord. Zuvor waren weitere Zuwendungen des Angeklagten J an ihn während seiner Strafhaft schließlich ausgeblieben; Konflikte zwischen den Eheleuten J waren B , der sich um J s Ehefrau sorgte, bekannt geworden. Zudem hatte ein Mitgefangener , dem B sich offenbart hatte, ihm zu der Aussage geraten; ihn motivierte dabei nicht zuletzt der näher rückende Zeitpunkt der Zweidrittelverbüßung seiner Strafe. Einen Monat vor der polizeilichen Aussage hatte B seinen früheren Verteidiger Rechtsanwalt S schriftlich aufgefordert , im Streit zwischen den Eheleuten J zugunsten der Ehefrau zu vermitteln; in dem durch Frau J übermittelten Brief teilte er mit, der schon früher von Rechtsanwalt S geäußerte Verdacht, J habe ihn, B , zur Ermordung G s angestiftet, treffe zu. Das Schreiben, über das B der Polizei berichtet hatte und dessen Original die Ehefrau des Angeklagten J , die Rechtsanwalt S nur eine Abschrift überlassen hatte, einbehalten und den Ermittlungsbehörden übergeben hatte, hat das Schwurgericht als wesentliches Indiz zur Stützung der Zeugenaussage des Haupttäters B gewertet, auf die es seine Beweiswürdigung maßgeblich gestützt hat.
2. Soweit die Revisionen der Angeklagten zunächst jeweils mit der Sachrüge begründet worden sind, haben sie keinen Erfolg. Die Beweiswürdigung des Schwurgerichts begegnet insgesamt im Ergebnis keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Auch erweist sich die auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage beruhende Auffassung des Schwurgerichts als rechtsfehlerfrei , die Angeklagten hätten hinsichtlich des zutreffend angenommenen Mordmerkmals der Heimtücke den jeweils erforderlichen Beteiligtenvorsatz gehabt (vgl. BGHR StGB § 26 Vorsatz 2).
Bei dieser Sachlage ist die Revision des Angeklagten D nach § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen.

II.


Der Umstand, daß der Angeklagte J in der Tatsacheninstanz allein durch den – freilich auf Wunsch dieses Angeklagten – zum Pflichtverteidiger bestellten Rechtsanwalt S verteidigt worden ist, begegnet ebenso durchgreifenden Bedenken wie die anfänglich entsprechend geordneten Verteidigungsverhältnisse im Revisionsverfahren. Nachdem dem Angeklagten J aufgrund dieser Bedenken im Revisionsverfahren ein weiterer Verteidiger bestellt worden ist, hat dieser zur weiteren Begründung der Revision des Angeklagten J eine Verfahrensrüge wegen Verletzung des § 142 Abs. 1 Satz 3 StPO erhoben und hierfür Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Das Wiedereinsetzungsgesuch und diese Verfahrensrüge sind begründet; dies führt zur umfassenden Aufhebung des Urteils auf die Revision des Angeklagten J , soweit dieser Angeklagte verurteilt worden ist.
1. Kollidiert der Wunsch eines Beschuldigten, von einem bestimmten Rechtsanwalt verteidigt zu werden, mit einem möglichen Konflikt dieses Rechtsanwalts in Bezug auf die Interessen eines anderen – auch früheren – Mandanten (vgl. – zur Unmaßgeblichkeit des Fortbestehens des anderen Mandats für die Frage rechtlich relevanter Interessenkonflikte wegen fortwirkender Berufspflichten – nur BGHSt 34, 190, 191; Cramer in Schönke /Schröder, StGB 26. Aufl. § 356 Rdn. 10, 17; Eylmann in Henssler/Prütting, BRAO 1996 § 43a Rdn. 41, 126 ff.; Feuerich/Braun, BRAO 5. Aufl. § 43a Rdn. 20, 55 ff.), sind folgende Grundsätze zu beachten.

a) Dem Beschuldigten ist aufgrund seines Rechts auf ein faires, rechtsstaatlich geordnetes Verfahren eine effektive Verteidigung im Strafverfahren zu gewährleisten (Art. 6 Abs. 3 lit. c MRK; Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG). Daher muß für den Beschuldigten – abgesehen von seinem grundsätzlich gegebenen Recht aus § 137 Abs. 1 Satz 1 StPO auf Verteidigerwahl – in gewichtigen Strafverfahren ein Verteidiger mitwirken (§ 140 StPO), dessen juristische Qualifikation – regelmäßig als Rechtsanwalt – si-
chergestellt (vgl. §§ 138, 139, 142 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 StPO) und dessen notwendige Anwesenheit während der gesamten Hauptverhandlung durch den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO abgesichert ist.
Sofern kein Wahlverteidiger mitwirkt, bedarf es in diesen Fällen mithin der Pflichtverteidigerbestellung. Hierbei soll auf ein Vertrauensverhältnis zwischen Beschuldigtem und Verteidiger hingewirkt werden; zudem sind dem Beschuldigten in einem fairen, rechtsstaatlich geordneten Verfahren aktive Mitwirkungsbefugnisse zuzubilligen. Dies gab Anlaß zu der Regelung in § 142 Abs. 1 Sätze 2 und 3 StPO, wonach ein Wunsch des Beschuldigten auf Verteidigung durch einen bestimmten Rechtsanwalt durch Nachfrage zu fördern und diesem weitgehend Rechnung zu tragen ist (vgl. BGHSt 43, 153, 154 f.; BGHR StPO § 142 Abs. 1 Auswahl 7, 8; Meyer-Goßner, StPO 46. Aufl. § 142 Rdn. 9 m. w. N.).

b) Ein absehbarer Interessenkonflikt in der Person eines als Pflichtverteidiger in Betracht gezogenen Rechtsanwalts kann, sofern deshalb eine mindere Effektivität seines Verteidigungseinsatzes zu befürchten ist, seiner Bestellung entgegenstehen (vgl. BVerfG – Kammer – NStZ 1998, 46; BGH NStZ 1992, 292; OLG Frankfurt NJW 1999, 1414, 1415). Hierin kann auch ein wichtiger Grund im Sinne des § 142 Abs. 1 Satz 3 StPO liegen, von der Bestellung des vom Beschuldigten bezeichneten Rechtsanwalts zum Pflichtverteidiger abzusehen (vgl. Laufhütte in KK 4. Aufl. § 142 Rdn. 7). Eine solche Entscheidung löst ein Spannungsfeld, bei dem jeweils im fairen Verfahren angelegte Elemente widerstreiten: die Beachtlichkeit der aktiven Mitwirkung des Beschuldigten bei der Suche nach einem Verteidiger, dem er vertraut , einerseits; die durch gerichtliche Fürsorgepflicht zu sichernde Effektivität der Verteidigung andererseits, die bei greifbaren Interessenkonflikten regelmäßig als vorrangig zu werten sein wird.

c) Der Gefahr einer Interessenkollision durch die Verteidigung mehrerer derselben Tat Beschuldigter – wie auch durch die Verteidigung mehrerer
Beschuldigter im selben Verfahren – begegnet die Regelung des § 146 StPO. In Abwägung zwischen der Gefahr einer nicht ausreichend sachgerecht geführten Verteidigung einerseits und den aus einem generellen Verbot folgenden Einschränkungen der freien Verteidigerwahl sowie der freien Berufsausübung der Verteidiger andererseits hat der Gesetzgeber im Jahre 1987 Anlaß gesehen, von dem noch bei Einführung der Regelung Ende 1974 aufgestellten strikten Verbot der Mehrfachverteidigung durch das zusätzliche Erfordernis der Gleichzeitigkeit die sukzessive Mehrfachverteidigung auszunehmen (vgl. dazu näher Laufhütte aaO § 146 Rdn. 1).
Hieraus ist zu folgern, daß die Bestellung eines vom Beschuldigten bezeichneten Rechtsanwalts zum Pflichtverteidiger allein mit Rücksicht auf die abstrakte Gefahr einer Interessenkollision nicht abgelehnt werden darf, die sich für einen Verteidiger schon daraus ergeben kann, daß er die Verteidigung eines Beschuldigten übernimmt, obgleich er zuvor schon einen anderen derselben Tat Beschuldigten verteidigt hat. Dies ist aus der Gleichwertigkeit von Wahl- und Pflichtverteidigung zu folgern, da der entsprechende Sachverhalt eine Zurückweisung des Verteidigers nach § 146a StPO nicht rechtfertigt (vgl. BGHR StPO § 142 Abs. 1 Auswahl 6).
Dies hindert freilich auch in einem Fall sukzessiver Mehrfachverteidigung nicht etwa schlechthin die Ablehnung der Beiordnung des gewünschten Rechtsanwalts zum Pflichtverteidiger aus dem wichtigen Grund der konkreten Gefahr eines Interessenkonflikts (vgl. Laufhütte aaO § 142 Rdn. 7 und § 146 Rdn. 1).

d) Zu beachten ist dabei, daß der Rechtsanwalt grundsätzlich allein für die Wahrung seiner Berufspflichten verantwortlich ist (vgl. BGH NStZ 1992, 292; OLG Düsseldorf NStZ 1991, 352; OLG Frankfurt NJW 1999, 1414, 1415), hier speziell bezogen auf das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen (§ 43a Abs. 4 BRAO). Das wird in Fällen, in denen der Bestellung eines vom Beschuldigten gewünschten Rechtsanwalts zum Pflichtverteidiger
kein anderer wichtiger Grund als die konkrete Gefahr einer Interessenkollision entgegensteht, regelmäßig Anlaß für folgende Verfahrensweise sein: Der für die Verteidigerbestellung zuständige Gerichtsvorsitzende sollte vor einer Ablehnung der gewünschten Pflichtverteidigerbestellung den Rechtsanwalt – gegebenenfalls daneben auch den Beschuldigten selbst – zu dem Sachverhalt anhören, der die Gefahr der Interessenkollision begründen kann. Liegt ein derartiger Sachverhalt nach Lage des Einzelfalles auf der Hand, wird der Vorsitzende eine derartige Anhörung durchführen müssen und jedenfalls gehindert sein, den gewünschten Pflichtverteidiger ohne weiteres sofort zu bestellen.
Entsprechendes wird zu gelten haben in Fällen, in denen wegen nachträglich erkannter konkreter Gefahr eines Interessenkonflikts die Rücknahme der Pflichtverteidigerbestellung aus wichtigem Grund (vgl. Laufhütte aaO § 143 Rdn. 4 f.) zu erwägen oder aufgrund einer entsprechenden Gefahr der Interessenkollision in der Person eines Wahlverteidigers die zusätzliche Bestellung eines Pflichtverteidigers (vgl. Laufhütte aaO § 141 Rdn. 7) in Betracht zu ziehen ist.

e) Bei der Annahme des wichtigen Grundes der konkreten Gefahr einer Interessenkollision, welcher die Ablehnung der Bestellung des vom Beschuldigten bezeichneten Rechtsanwalts zum Pflichtverteidiger gemäß § 142 Abs. 1 Satz 3 StPO rechtfertigt, steht dem zuständigen Gerichtsvorsitzenden ein Beurteilungsspielraum zu, der nicht der umfassenden Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt. So kann in Grenzfällen die Ablehnung der vom Beschuldigten gewünschten Verteidigerbestellung wegen vom Vorsitzenden angenommener Gefahr der Interessenkollision als vertretbare Entscheidung ebenso unbeanstandet bleiben wie die bei gleicher Sachlage gleichwohl – ebenfalls vertretbar – verfügte Bestellung des Verteidigers.
Insbesondere kann sich die Vertretbarkeit der getroffenen Entscheidung über die Pflichtverteidigerbestellung auch aus dem Motiv der Verfah-
renssicherung ergeben. So kann die Ablehnung der gewünschten Verteidigerbestellung im Einzelfall dann vertretbar sein, wenn die Gefahr einer Interessenkollision aktuell noch nicht übermäßig groß erscheint, indes unbedingt vermieden werden soll, daß sie später doch virulent wird und dann zum Abbruch einer Hauptverhandlung mit beträchtlichem Umfang zur Unzeit nötigen könnte. In Fällen dieser Art mag auch einmal die Bestellung eines weiteren Pflichtverteidigers neben dem gewünschten angezeigt sein.

f) Die Verneinung der Gefahr eines Interessenkonflikts und die deshalb dem Wunsch des Beschuldigten gemäß verfügte Pflichtverteidigerbestellung wird umso eher vom Revisionsgericht als vertretbar zu bewerten sein, wenn Gegengründe, die sich im Einzelfall aufdrängen, mit dem benannten Verteidiger, gegebenenfalls auch mit dem Beschuldigten, erörtert und wenn daraufhin in Kenntnis des kritischen Sachverhalts keine Bedenken gegen die Bestellung geäußert oder gar beachtliche Gründe gegen einen möglichen Interessenkonflikt vorgebracht worden sind.
2. Nach diesen Maßstäben war die Bestellung des Rechtsanwalts S zum Pflichtverteidiger des Angeklagten J rechtsfehlerhaft.

a) Der Haupttäter B hatte mit der Offenbarung, daß der Angeklagte J die Ermordung G s als Anstifter veranlaßt – und der Angeklagte D dies durch psychische Beihilfe unterstützt – hatte, Anlaß zu maßgeblicher Intensivierung des gegen beide Angeklagte geführten Ermittlungsverfahrens gegeben. Dieses Verfahren hatte den Vorwurf der Beteiligung an derselben Tat zum Gegenstand, wegen deren Begehung B rechtskräftig verurteilt war und sich zur Zeit seiner Offenbarung noch in Strafhaft befand. Zunächst waren die beiden Angeklagten den Ermittlungsbehörden und Gerichten während des Strafverfahrens gegen B lediglich als „Tatinteressenten“ bekanntgeworden, später war ein Ermittlungsverfahren gegen J , in dem B zunächst noch zu seinen Gunsten ausgesagt hatte, nur aufgrund von Angaben Dritter vom Hörensagen eingeleitet worden.

Nachdem Rechtsanwalt S den Haupttäter B verteidigt hatte , verstieß die spätere sukzessive Übernahme der Verteidigung des Anstifters J zwar mangels Gleichzeitigkeit nicht gegen das Verbot des § 146 StPO. Indes bestanden jenseits der generell bei solcher Fallgestaltung gegebenen Gefahr einer Interessenkollision deutliche konkrete Anhaltspunkte für einen möglichen Interessenkonflikt, in den dieser Rechtsanwalt bei der Verteidigung des Angeklagten J im Blick auf seine fortwirkenden Pflichten gegenüber seinem früheren Mandanten B geraten konnte.
Der Angeklagte J war weitestgehend nicht geständig. Für seine Überführung wegen Anstiftung zum Mord war die Zeugenaussage B s – wie von Anfang an erkennbar – von maßgeblicher Bedeutung. Bei dieser Sachlage drängte sich die Aufdeckung möglicher Schwachstellen dieser Aussage als eine zentrale Aufgabe von J s Verteidiger auf. Indes unterlag S einer Verschwiegenheitspflicht gegenüber seinem früheren Mandanten B , zudem traf ihn als Rechtsanwalt naheliegend auch eine gewisse berufsrechtliche Verpflichtung, dem im Strafverfahren Verteidigten während dessen anschließender Strafvollstreckung nicht durch aktive Wahrnehmung eines Mandats mit gegenläufigen Interessen Nachteil zuzufügen. Rechtsanwalt S war daher gehindert, ihm von seinem früheren Mandanten während dessen Verteidigung etwa anvertrautes Wissen, das seinem jetzigen Mandanten J hätte nützen können, zu offenbaren. Er konnte unter Umständen auch in Konflikt geraten, wenn es sich ihm etwa im Interesse seines jetzigen Mandanten J aufdrängen mußte, entlastende Indizien vorzutragen, über deren Bewertung er indes aufgrund vertraulicher Mitteilungen seines früheren Mandanten B nicht offenbarungsfähige nähere Kenntnisse besaß. Darüber hinaus konnte er in die Situation geraten, durch Vorbringen, mit dem er J gezielt gegen B s jetzige Aussage verteidigte, jedenfalls den Verdacht zu erwecken, sich hierdurch in entsprechender Weise standesrechtlich pflichtwidrig – mindestens aber bedenklich – gegenüber seinem früheren Mandanten zu verhalten, so daß er unter Hint-
anstellung von J s berechtigten Verteidigungsinteressen leicht hätte motiviert werden können, von solchem Verteidigervorbringen Abstand zu nehmen.

b) Allein diese auf der Hand liegenden Umstände hätten dem ermittelnden Staatsanwalt, bevor er dem Schwurgerichtsvorsitzenden bereits im Ermittlungsverfahren den Antrag auf Bestellung des Rechtsanwalts S zum Pflichtverteidiger des damaligen Beschuldigten J befürwortend zuleitete, Anlaß geben sollen, auf Klärung der auf eine Interessenkollision hindeutenden Anzeichen gegenüber dem Rechtsanwalt und dem Beschuldigten J hinzuwirken. Sofern sich dies dem damals mit dem Verfahren noch nicht näher befaßten Schwurgerichtsvorsitzenden selbst noch nicht hätte aufdrängen müssen, hätte dieser jedenfalls nach Kenntnis von der Anklage entsprechend allen Anlaß gehabt, die verfügte Verteidigerbestellung zu hinterfragen und auf eine derartige Klärung hinzuwirken. Die jetzt im Revisionsverfahren eingeholten dienstlichen Erklärungen, die den Wunsch des Angeklagten J nach Verteidigung durch Rechtsanwalt S in den Mittelpunkt stellen und ein sachlich unauffälliges Verteidigerverhalten betonen , machen es dem Senat nicht verständlich, daß die sich bei der vorliegenden Fallgestaltung aufdrängenden Anhaltspunkte für eine mögliche Interessenkollision in der Person des gewünschten Verteidigers nach außen hin gänzlich unbeachtet geblieben sind.

c) Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die Bestellung des Rechtsanwalts S zum Pflichtverteidiger allein aufgrund der genannten Umstände bereits als unvertretbar und damit rechtsfehlerhaft zu bewerten wäre. Dies läge jedenfalls in Ermangelung ausdrücklicher Hinterfragung der mit einer möglichen Interessenkollision zusammenhängenden Probleme gegenüber den Beteiligten nicht ganz fern. Andererseits sind vor dem Hintergrund genereller Zulässigkeit sukzessiver Mehrfachverteidigung gemäß § 146 StPO der ausdrückliche Wunsch des Angeklagten J nach Bestellung dieses Verteidigers und das Fehlen eines Vortrags eigener Bedenken gegen
die Ordnungsmäßigkeit seiner Bestellung durch den zur Prüfung standesrechtlich pflichtgemäßen Verhaltens primär berufenen Rechtsanwalt nicht unbeachtlich. Hier kommen jedoch weitere Fallbesonderheiten hinzu, welche der Annahme einer noch vertretbaren, daher nicht als rechtsfehlerhaft zu qualifizierenden Verteidigerbestellung jedenfalls entgegenstehen.
aa) Zum einen drängten sich Überlegungen über eine mögliche Interessenkollision nicht nur infolge der Verhältnisse zwischen den Beschuldigten vor dem Hintergrund ihrer unterschiedlichen Rollen bei Tatbegehung und in der Entwicklung der jeweils gegen sie geführten Strafverfahren auf. Darüber hinaus war die Person des Rechtsanwalts S – ohne daß dies etwa für sich dem Rechtsanwalt ohne weiteres zum Vorwurf gereichen müßte – hier schon zeitnah zur Tatbegehung im Gespräch: Nach den Urteilsfeststellungen benannte der Angeklagte J schon im Rahmen seiner Anstiftungshandlungen diesen Rechtsanwalt dem Haupttäter B als potentiellen späteren Verteidiger; J verband so mit der Person dieses Rechtsanwalts die Prognose eines verminderten Sanktionsrisikos, mit deren Benennung er Hemmungen des Haupttäters abzubauen suchte. Diese Urteilsfeststellung gründet auf der entsprechenden Zeugenaussage B s. Dieser hatte schon in seiner ersten polizeilichen Vernehmung Angaben über prozessuale Verhaltensmuster, seine Schuldfähigkeit betreffend, gemacht, die ihm der Angeklagte J – freilich nach der Tat, aber vor seiner Entdeckung und Verhaftung – nahegebracht habe, und hatte dabei auch Angaben zur Vermittlung und Bezahlung von Rechtsanwalt S als Verteidiger durch J gemacht.
Es liegt auf der Hand, daß schon die Angaben seines früheren Mandanten B im Ermittlungsverfahren gegen J , namentlich aber dessen spätestens in der Hauptverhandlung gemachte belastende Angabe, sein jetziger Mandant J habe sich im Rahmen seiner Anstiftungshandlungen in einer derartigen, für die Person des Verteidigers anrüchigen Weise geäußert, für Rechtsanwalt S die gebotene in jeder Beziehung unbefangene
Wahrnehmung seiner Verteidigeraufgaben gegenüber dem Angeklagten J nachhaltig zu erschweren geeignet war. Schon B s Aussage bei der Polizei zu diesem Themenkreis hätte mindestens eine kritische Nachfrage an Rechtsanwalt S , die erstrebte Verteidigung J s betreffend , veranlassen sollen. Jedenfalls nach B s entsprechender Zeugenaussage in der Hauptverhandlung war sie unbedingt geboten.
bb) Zu dieser herausgehobenen Sachnähe kam eine weitere maßgebliche Besonderheit hinzu. Ein Brief des Haupttäters B an seinen früheren Verteidiger Rechtsanwalt S war Gegenstand der Ermittlungsakten geworden. Es lag auf der Hand, daß dieses Schreiben wegen der deutlich vor B s Offenbarung gegenüber der Polizei geäußerten, zudem darin nachvollziehbar motivierten Erwägung einer solchen Offenbarung eine nicht unwesentliche indizielle Bedeutung für die Beurteilung der Zuverlässigkeit von B s Angaben gewinnen konnte – die ihm das Schwurgericht später tatsächlich auch zugemessen hat. Hinzu kam, daß im Inhalt dieses Schreibens eigene Erwägungen des Rechtsanwalts S über eine Tatbeteiligung des Angeklagten J behauptet wurden. Rechtsanwalt S wäre danach im Verfahren gegen den Angeklagten J sogar als Zeuge in Betracht gekommen, wobei er sich freilich naheliegend auf ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO, womöglich gar auf ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 Abs. 1 StPO, hätte berufen können.
Diese weitergehende Besonderheit begründete zusätzliche nachhaltige Bedenken dagegen, daß dieser Rechtsanwalt die Verteidigung des Angeklagten J in der gebotenen unabhängigen und distanzierten Weise werde führen können. Jedenfalls danach können seine Bestellung zum Pflichtverteidiger des Angeklagten J und die alleinige Wahrnehmung der Verteidigeraufgaben durch ihn in der gesamten Tatsacheninstanz ohne jede gerichtliche Hinterfragung – ungeachtet des entsprechenden Wunsches des Angeklagten J – nurmehr als verfahrensfehlerhaft bewertet werden. Hätte sich
Rechtsanwalt S bei der gegebenen Sachlage ungeachtet geäußerter und nicht etwa zu entkräftender gerichtlicher Bedenken gegen seine Mitwirkung dann als Wahlverteidiger des Angeklagten J gemeldet, hätte er zwar naheliegend nicht zurückgewiesen werden können. Dem Angeklagten J wäre jedoch gleichwohl aus den nämlichen Gründen, die der Beiordnung S s zum Pflichtverteidiger entgegenstanden, ein anderer Rechtsanwalt als Pflichtverteidiger beizuordnen gewesen (vgl. Laufhütte aaO § 141 Rdn. 7).
3. Daß der rechtsfehlerhaft zum Verteidiger bestellte Rechtsanwalt S als einziger Verteidiger des Angeklagten J…. in diesem Fall notwendiger Verteidigung die danach angezeigte Verfahrensrüge wegen seiner eigenen verfahrensfehlerhaften Mitwirkung nicht erhoben hat, geht auf die verfahrensfehlerhafte Bestellung dieses Verteidigers zurück. Hierin liegt eine auf das Revisionsverfahren fortwirkende Vernachlässigung der dem Angeklagten J gegenüber bestehenden prozessualen Fürsorgepflicht. Deren Folgen sind ihm ungeachtet seines entsprechenden – freilich auf laienhafter Verkennung seiner eigenen Verteidigungsinteressen beruhenden – Wunsches nach Bestellung dieses Verteidigers nicht als verschuldet anzulasten.
Danach liegt ein Ausnahmefall vor, in welchem dem Angeklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung einer Verfahrensrüge zu gewähren ist (vgl. Meyer-Goßner, StPO 46. Aufl. § 44 Rdn. 7a m. w. N.). Den entsprechenden Antrag hat der zusätzlich bestellte Verteidiger innerhalb einer Woche (s. § 45 Abs. 1 StPO) nach Zustellung des Urteils und seiner Bestellung unter formgerechter Nachholung der versäumten Verfahrensrüge gestellt.
4. Ein absoluter Revisionsgrund nach § 338 Nr. 5 StPO ist nicht geltend gemacht (vgl. dagegen auch BGHR StPO § 338 Nr. 5 Verteidiger 1 und 5). Indes greift die Rüge wegen Verletzung des § 142 Abs. 1 Satz 3
StPO durch. Es läßt sich nicht ausschließen, daß der Schuldspruch zum Nachteil des Angeklagten J auf der verfahrensfehlerhaften Gestaltung seiner Verteidigungsverhältnisse beruht (§ 336 Satz 1 StPO). Ungeachtet der letztlich rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung und trotz mangelnder konkreter Hinweise auf abweichende Sachaufklärungsmöglichkeiten ist nicht auszuschließen , daß ein anderer Verteidiger, dessen Mitwirkung geboten war, mit zulässigen prozessualen Mitteln auf abweichende, für den Angeklagten J günstigere Tatfeststellungen hätte hinwirken können.
Das Urteil ist daher, soweit es den Angeklagten J betrifft, auf die entsprechende Verfahrensrüge umfassend aufzuheben.
5. Der neue Tatrichter wird für den Fall einer erneuten Verurteilung des Angeklagten J jedenfalls nunmehr nicht mehr gehindert sein, unter Berücksichtigung sämtlicher nach Tatbegehung erfolgter rechtskräftiger Verurteilungen eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung nach den bei Tröndle /Fischer, StGB 51. Aufl. § 55 Rdn. 6, 8, 9, 11, 13, 19 genannten Grundsätzen vorzunehmen.
Harms Häger Basdorf Gerhardt Raum

(1) Die Bestellung des Pflichtverteidigers endet mit der Einstellung oder dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens einschließlich eines Verfahrens nach den §§ 423 oder 460.

(2) Die Bestellung kann aufgehoben werden, wenn kein Fall notwendiger Verteidigung mehr vorliegt. In den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 5 gilt dies nur, wenn der Beschuldigte mindestens zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung aus der Anstalt entlassen wird. Beruht der Freiheitsentzug in den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 5 auf einem Haftbefehl gemäß § 127b Absatz 2, § 230 Absatz 2 oder § 329 Absatz 3, soll die Bestellung mit der Aufhebung oder Außervollzugsetzung des Haftbefehls, spätestens zum Schluss der Hauptverhandlung, aufgehoben werden. In den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 4 soll die Bestellung mit dem Ende der Vorführung aufgehoben werden, falls der Beschuldigte auf freien Fuß gesetzt wird.

(3) Beschlüsse nach Absatz 2 sind mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar.