Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Jan. 2012 - 3 StR 400/11

bei uns veröffentlicht am10.01.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 400/11
vom
10. Januar 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
zu 2.: Beihilfe zum Bandenhandel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 10. Januar 2012 gemäß § 349
Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 5. Mai 2011 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten H. des Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen, der Beihilfe zum Bandenhandel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei weiteren Fällen sowie der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen, gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten verhängt sowie Wertersatz in Höhe von 26.100 € für verfallen erklärt. Den Angeklagten S. hat es wegen Beihilfe zum Bandenhandel mit Betäubungsmitteln in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt und ihn vom Vorwurf der Beihilfe zum Bandenhandel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in einem weiteren Fall freigesprochen. Außerdem hat es "die Einziehung der beschlagnahmten Betäubungsmittel und der beschlagnahmten Handys" angeordnet.
2
Die Revisionen der Angeklagten haben jeweils mit der Verfahrensrüge nach § 24 Abs. 2, § 338 Nr. 3 StPO Erfolg, weil ihr Befangenheitsantrag vom 23. März 2011 gegen die erkennenden Berufsrichter und Schöffen zu Unrecht zurückgewiesen worden ist.
3
1. Dem liegt folgender Verfahrensablauf zugrunde:
4
a) Im vorliegenden Verfahren angeklagt waren die Angeklagten H. und S. sowie der frühere Mitangeklagte B. , u.a. wegen des Vorwurfs einer von ihnen am 11. Februar 2008 als Bande begangenen Betäubungsmittelstraftat. Im Hauptverhandlungsprotokoll des ersten Verhandlungstages vom 8. Dezember 2010 ist zu Gesprächen über eine Verständigung Folgendes festgehalten:
5
"Es hat ein ausführliches Rechtsgespräch gegeben. Hinsichtlich des Angeklagten B. wurde seitens der Verteidigung eine Erklärung angekündigt. Es bestand zwischen den Verfahrensbeteiligten Einigkeit, dass bei einer Aussage - auch zu den hier anwesenden weiteren Angeklagten - eine Einstellung des Verfahrens gem. § 154 StPO in Betracht kommt. Im Übrigen ist im Rahmen des Rechtsgesprächs zuvor für den Angeklagten B. eine Straferhöhung der bisherigen Verurteilung (Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren) von bis zu einem Jahr einverständlich erörtert worden im Hinblick auf ein entsprechendes Aussageverhalten. Für den Angeklagten H. hat es keine Verständigung gegeben. Die Kammer hatte bei einem umfassenden Geständnis eine Strafobergrenze von bis zu fünf Jahren und sechs Monaten vorgeschlagen.
Hinsichtlich des Angeklagten S. wurde Einigkeit erzielt, dass bei einem umfassenden Geständnis eine Strafe bis zu vier Jahren in Betracht kommt."
6
Im Hauptverhandlungstermin vom 15. Dezember 2010 erklärten die Angeklagten H. und S. , sich derzeit zur Sache nicht äußern zu wollen. Der Verteidiger des Angeklagten B. gab für seinen Mandanten mündlich Erklärungen zur Sache ab, zu denen sich dieser auf Befragen äußerte.
7
Mit Beschluss vom 16. Dezember, der außerhalb der Hauptverhandlung erging, trennte die Strafkammer das Verfahren gegen den Angeklagten B. gemäß § 4 Abs. 1 StPO mit der Begründung ab, die Sache sei insoweit entscheidungsreif. Am 22. Dezember 2010 wurde die Beweisaufnahme im Verfahren gegen die Angeklagten H. und S. fortgesetzt, am 5. Januar 2011 die Hauptverhandlung im Verfahren gegen den Angeklagten B. .
8
Mit Urteil vom 5. Januar 2011 wurde der frühere Mitangeklagten B. wegen bandenmäßiger Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum bandenmäßigen Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einem rechtskräftigen Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten verurteilt.
9
In der am 12. Januar 2011 fortgesetzten Hauptverhandlung gegen die Angeklagten H. und S. wurden auf Beschluss der Strafkammer aus dem Protokoll vom 5. Januar 2011 Angaben des Angeklagten B. zur Sache verlesen, die dieser in seinem Verfahren gemacht hatte und durch die er die Angeklagten H. und S. belastete.
10
b) Anschließend stellten die Verteidiger der Angeklagten einen Befangenheitsantrag gegen die Berufsrichter und die Schöffen. Zur Begründung führten sie im Wesentlichen aus: Aus Sicht der Angeklagten sei an der Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit der erkennenden Richter zu zweifeln, weil die Besorgnis bestehe, sie hätten sich bereits eine vom Ergebnis der weiteren Beweisaufnahme nicht mehr beeinflussbare Meinung gebildet. Bei der mündlichen Begründung des gegen den Angeklagten B. ergangenen Urteils habe der Vorsitzende die Überzeugung der Strafkammer dargelegt, dieser habe am 11. Februar 2008 vom Angeklagten H. gekauftes, zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmtes Kokain im bandenmäßigen Zusammenwirken mit den Angeklagten H. und S. aus den Niederlanden in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt. Für die Angeklagten müsse hieraus der Eindruck erwachsen, die Kammer habe sich allein aufgrund der geständigen Einlassung des Angeklagten B. von einem bandenmäßigen Zusammenwirken überzeugt und sich insoweit vor Abschluss der Beweisaufnahme im hiesigen Verfahren festgelegt.
11
Alle Mitglieder des erkennenden Gerichts gaben daraufhin dienstliche Erklärungen mit dem Inhalt ab, es sei ausdrücklich erörtert worden, dass im Verfahren gegen die Angeklagten allein auf der Grundlage der in diesem Verfahren durchgeführten Beweisaufnahme zu entscheiden sei, und zwar unabhängig vom Beweisergebnis des gegen den Angeklagten B. gerichteten Verfahrens.
12
In der folgenden Hauptverhandlung vom 2. Februar 2011 wurde ein - ohne Mitwirkung der abgelehnten Richter gefasster - Beschluss des Landgerichts vom 28. Januar 2011 verkündet, durch den die Befangenheitsanträge im Wesentlichen mit folgender Begründung zurückgewiesen wurden: Es bestehe kein vernünftiger Grund, an der Unparteilichkeit der abgelehnten Richter zu zweifeln. Der Angeklagte B. habe vor der Abtrennung seines Verfahrens keine die früheren Mitangeklagten belastenden Angaben gemacht. Seine Einlassung nach der Abtrennung sei im Verfahren gegen die Angeklagten H. und S. nicht der Urteilsfindung zugrunde zu legen, wie die Berufsrichter den Schöffen verdeutlicht hätten.
13
c) In der Hauptverhandlung vom 16. März 2011 wurde den Verteidigern der Angeklagten eine Kopie des gegen den früheren Mitangeklagten B. ergangenen Urteils vom 5. Januar 2011 ausgehändigt. In den Urteilsgründen ist zur Tat vom 11. Februar 2008 Folgendes feststellt: "Der Angeklagte (B. ) sowie H. und S. schlossen sich spätestens Ende 2007 zusammen, um arbeitsteilig regelmäßig Betäubungsmittel aus den Niederlanden nach Deutschland zu schmuggeln und hier gewinnbringend zu verkaufen. ... Es wurde geplant, dass H. alleine oder zusammen mit S. die Drogen in den Niederlanden beschafft und dass der Angeklagte B. diese vor der Grenze zum Zwecke der Einfuhr in seinem Pkw übernimmt. ... am 11. Februar 2008 erwarb H. zum Zwecke des Handeltreibens in Rotterdam eine nicht geringe Menge Kokain, zumindest 40 - 250 Gramm. S. begleitete und unterstützte ihn bei dieser Fahrt. Gegen 18.40 Uhr übergaben sie in der Nähe von Hoogeveen/Niederlande wie zuvor vereinbart das erworbene Rauschgift an den Angeklagten B. , der planmäßig das Rauschgift in seinem Fahrzeug deponierte und es unter Absicherung des Grenzübertritts und des weiteren Transportes durch H. und S. über die grüne Grenze nach Deutschland einführte. ..."
14
d) Im folgenden Hauptverhandlungstermin vom 23. März 2011 lehnten die Verteidiger der Angeklagten die Berufsrichter und die Schöffen erneut wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Zur Begründung führten sie im Wesentli- chen aus: Bei verständiger Würdigung der Gründe des gegen den früheren Mitangeklagten B. ergangenen Urteils müssten die Angeklagten besorgen, die erkennenden Richter hätten sich zumindest hinsichtlich der Tat vom 11. Februar 2008 eine abschließende Meinung gebildet, obwohl die Beweisaufnahme in dem gegen sie geführten Verfahren noch nicht abgeschlossen sei. In der Beweiswürdigung habe die Strafkammer die geständige Einlassung des Angeklagten B. , die in Widerspruch zu den schriftlichen Einlassungen der Angeklagten stehe, als glaubhaft und das Ermittlungsergebnis der Polizei als plausibel und keine andere Deutung zulassend bezeichnet. Sie habe dabei fehlerhaft auf die angebliche Aussage der Zeugin KHK'in He. abgestellt, die nicht in dem abgetrennten Verfahren gegen den Angeklagten B. , sondern erst nach Abtrennung im hiesigen Verfahren vernommen worden sei. Deshalb müsse von den Angeklagten besorgt werden, die Kammer differenziere nicht zwischen den in beiden Verfahren erhobenen Beweisen. Bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände müssten die Angeklagten den Eindruck gewinnen, die Verfahrensabtrennung habe nur dazu gedient, den Angeklagten B. durch einen geringen Strafaufschlag zu konkreten, die Angeklagten H. und S. belastenden Aussagen zu bewegen.
15
Die abgelehnten Richter erklärten in ihren dienstlichen Stellungnahmen, sie fühlten sie nicht befangen, sie würden zwischen den Beweisaufnahmen in beiden Verfahren differenzieren.
16
In der Hauptverhandlung vom 31. März 2011 wurde ein - wiederum ohne Mitwirkung der abgelehnten Richter gefasster - Beschluss des Landgerichts vom 29. März 2011 verkündet, durch den die Befangenheitsanträge im Wesentlichen mit folgender Begründung zurückgewiesen wurden: Die bloße Mitwirkung der abgelehnten Richter in dem abgetrennten Verfahren reiche nicht aus, um eine Befangenheit anzunehmen. Auch die weiteren aufgeführten Umstände könnten aus Sicht eines verständigen Angeklagten nicht die Annahme begründen , die Richter würden nicht mit der gebotenen Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit urteilen. Die Feststellungen sowie die Beweiswürdigung in dem Urteil gegen den Angeklagten B. ließen keine Rückschlüsse auf eine festgelegte Überzeugung der Kammer im Verfahren gegen die Angeklagten H. und S. zu. Diese habe durch die Fortsetzung der Beweisaufnahme an acht weiteren Verhandlungstagen für die Angeklagten deutlich gemacht, dass sie ihre Aufgabe, zu einer von dem abgetrennten Verfahren losgelösten, unabhängigen Entscheidung zu finden, sehr ernst nehme. An dieser Einschätzung könne auch nichts der Umstand ändern, dass die Kammer in dem gegen den Angeklagten B. ergangenen Urteil ihre Überzeugung rechtsfehlerhaft auch auf die Vernehmung der tatsächlich in dem Verfahren gegen B. nicht vernommenen Zeugin KHK'in He. gestützt habe. Daraus könne nicht geschlossen werden, dass sie im hiesigen Verfahren Beweismittel berücksichtigen könnte, die allein im abgetrennten Verfahren erhoben worden seien. Die Abtrennung des Verfahrens habe ausschließlich der Beschleunigung des gegen B. geführten, entscheidungsreifen Verfahrens gedient, eine Absprache mit ihm, dass er ein geringeres Strafmaß erwarten dürfe, wenn er die Angeklagten H. und S. belaste, habe es nicht gegeben. Auch die Gesamtschau aller Umstände rechtfertige nicht die Besorgnis der Befangenheit.
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2. Die zulässige Verfahrensrüge ist begründet.
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Bei der gebotenen objektiven Beurteilung aus der Sicht eines verständigen Angeklagten konnten die Angeklagten H. und S. durch die Verfahrensweise des Gerichts den Eindruck gewinnen, die abgelehnten Richter stünden ihnen bei der Entscheidung über die Vorwürfe der Anklage, insbesondere zu der entscheidenden Frage einer Bandenbildung bei der Tat vom 11. Februar 2008 nicht mehr mit der gebotenen Unvoreingenommenheit gegenüber (§ 24 Abs. 2 StPO).
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a) Eine den Verfahrensgegenstand betreffende Vortätigkeit eines erkennenden Richters ist, soweit sie nicht den Tatbestand eines Ausschlussgrundes gemäß § 23 StPO erfüllt, nach ständiger Rechtsprechung regelmäßig nicht geeignet , die Besorgnis der Befangenheit des Richters im Sinne von § 24 Abs. 2 StPO zu begründen, wenn nicht besondere Umstände hinzukommen, die diese Besorgnis rechtfertigen (vgl. BGH, Urteil vom 9. September 1966 - 4 StR 261/66, BGHSt 21, 142; BGH, Urteil vom 10. November 1967 - 4 StR 512/66, BGHSt 21, 334; BGH, Beschluss vom 27. April 1972 - 4 StR 149/72, BGHSt 24, 336, 337; BGH, Urteil vom 30. Juni 2010 - 2 StR 455/09, NStZ 2011, 44; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 24 Rn. 12 f. mwN). Das betrifft nicht nur die Vorbefassung mit Zwischenentscheidungen im selben Verfahren, insbesondere etwa die Mitwirkung am Eröffnungsbeschluss oder an Haftentscheidungen, sondern auch die Mitwirkung eines erkennenden Richters in Verfahren gegen andere Beteiligte derselben Tat.
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Nach diesen Kriterien grundsätzlich unbedenklich ist auch die Mitwirkung an einem Urteil über dieselbe Tat gegen einen anderen Beteiligten in einem abgetrennten Verfahren. Dies gilt auch dann, wenn Verfahren gegen einzelne Angeklagte zur Verfahrensbeschleunigung abgetrennt werden und in dem abgetrennten Verfahren ein Schuldspruch wegen einer Tat ergeht, zu der sich das Gericht im Ursprungsverfahren gegen den oder die früheren Angeklagten später ebenfalls noch eine Überzeugung zu bilden hat (BGH, Urteil vom 29. Juni 2006 - 5 StR 485/05, NJW 2006, 2864, 2866). Da eine solche Beteiligung an Vorentscheidungen im nämlichen oder in einem anderen damit zusammenhängenden Verfahren von Strafprozessordnung und Gerichtsverfassungsgesetz ausdrücklich vorgesehen und vorausgesetzt wird, kann die Vorbefassung als solche - abgesehen von den in § 22 Nr. 4 und 5, § 23 und § 148a Abs. 2 Satz 1 StPO genannten Ausschließungstatbeständen - die Besorgnis der Befangenheit aus normativen Erwägungen im Allgemeinen nicht begründen. Anders verhält es sich lediglich beim Hinzutreten besonderer Umstände, die über die Tatsache bloßer Vorbefassung als solcher und die damit notwendig verbundenen inhaltlichen Äußerungen hinausgehen. Dies wird etwa angenommen, wenn Äußerungen in früheren Urteilen unnötige und sachlich unbegründete Werturteile über einen der jetzigen Angeklagten enthalten oder wenn ein Richter sich bei seiner Vorentscheidung in sonst unsachlicher Weise zum Nachteil des Angeklagten geäußert hat (BGH, Beschluss vom 10. August 2005 - 5 StR 180/05, BGHSt 50, 216, 221; BGH, Urteil vom 30. Juni 2010 - 2 StR 455/09, NStZ 2011, 44).
21
b) Vorliegend waren solche besonderen Umstände gegeben. Es lag eine Vielzahl von Faktoren vor, die zwar isoliert für sich betrachtet noch nicht die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigte aber in ihrer Kumulation waren die Einzelaspekte geeignet, aus der Sicht der Angeklagten bei der gebotenen objektiven Beurteilung Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der abgelehnten Richter zu begründen. Denn für ihre Befürchtung, die Strafkammer differenziere nicht ausreichend zwischen den getrennt geführten Verfahren und sei hinsichtlich der Tat vom 11. Februar 2008 auf eine bandenmäßige Begehung festgelegt , bestanden nachvollziehbare Gründe.
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Bereits das protokollierte, formell rechtsfehlerfreie Rechtsgespräch über eine Verständigung am ersten Hauptverhandlungstag konnte bei den Angeklagten den Eindruck erwecken, die Strafkammer sage dem früheren Mitangeklagten B. eine Einstellung des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 2 StPO oder eine nur moderate Erhöhung der bereits rechtskräftigen Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren nur zu, um ihn zu einer die Angeklagten H. und S. belastenden Aussage zu veranlassen. Gegenstand der Vereinbarung mit dem Angeklagten B. war ausdrücklich eine Aussage auch zu den Mitangeklagten , während bei diesen die vorgeschlagene Strafobergrenze nur von einem umfassenden Geständnis abhängig gemacht wurde.
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In der hier gegebenen Verfahrenssituation, in der der frühere Mitangeklagte B. entsprechend der getroffenen, für ihn günstigen Absprache in erster Linie über seinen Verteidiger Angaben zur Sache gemacht hatte, während sich die Angeklagten in der Hauptverhandlung noch nicht eingelassen hatten , war die Abtrennungsentscheidung mit der Begründung, das Verfahren gegen B. sei entscheidungsreif, für sich betrachtet zwar noch nicht ermessensfehlerhaft , bewegte sich jedoch im Grenzbereich zu einem Ermessensfehler. Wenn mehrere Personen angeklagt sind, als Mitglieder einer Bande eine Betäubungsmittelstraftat begangen zu haben, ist es im Hinblick auf die Amtsaufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) regelmäßig sachgerecht und erforderlich , gegen alle Angeklagten aufgrund einer einheitlichen, alle Beweismittel umfassenden Beweisaufnahme zu entscheiden. Denn es ist nicht fernliegend, dass der aussagebereite Angeklagte zu Lasten der Mitangeklagten seine eigenen Tatbeiträge beschönigende Angaben macht, die anschließend das Gericht nach einer nur rudimentären Beweisaufnahme dem Urteil gegen diesen zugrunde legt. Unter Berücksichtigung der Pflicht zur Amtsaufklärung kann die Abtrennungsentscheidung mit der Begründung, das Verfahren sei insoweit entscheidungsreif , aus der Sicht der schweigenden Angeklagten den Eindruck erwecken , das Gericht werde auch in ihrem Verfahren von dem Tathergang ausgehen , den der aussagebereite Angeklagte geschildert hatte.
24
Die weitere Gestaltung beider Verfahren sowie der Inhalt des gegen den Angeklagten B. ergangenen Urteils waren geeignet, die dargestellten Befürchtungen der Angeklagten von einer Befangenheit der erkennenden Richter zu verstärken. In dem abgetrennten Verfahren gegen B. stellte die Strafkammer zwei angeklagte Taten gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein und verurteilte diesen nach einer kurzen Beweisaufnahme unter Einbeziehung der Strafen aus seiner rechtskräftigen Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten und damit zu einer um lediglich drei Monate erhöhten Gesamtfreiheitsstrafe. In den schriftlichen Gründen des Urteils vom 5. Januar 2011 stellte die Kammer zu der Tat vom 11. Februar 2008 nicht nur eine bandenmäßige Begehung fest, sondern ging entsprechend der Einlassung des Angeklagten B. davon aus, dass dieser lediglich als Kurier vom Angeklagten H. gekauftes, für dessen Betäubungsmittelhandel bestimmtes Kokain nach Deutschland einführte. In der Beweiswürdigung bezeichnete sie die Einlassung des Angeklagten B. , die im Gegensatz zu den späteren Einlassungen der Angeklagten H. und S. stand, als glaubhaft sowie das Ermittlungsergebnis der Polizei als plausibel und keine andere Deutung zulassend, obwohl die Beweisaufnahme in dem gegen die Angeklagten geführten Verfahren noch andauerte. Dadurch, dass in der Beweiswürdigung darüber hinaus KHK'in He. als Zeugin angeführt wird, obwohl diese nach der Abtrennung des Verfahrens gegen B. ausschließlich in dem Verfahren gegen die Angeklagten vernommen worden war, verstärkten die erkennenden Richter letztlich in entscheidender Weise die Besorgnis, sie vermischten die Beweisergebnisse der beiden getrennt geführten Verfahren und behandelten diese entgegen ihren Beteuerungen als eine Einheit. Dieser Eindruck war auch schon zuvor hervorgerufen worden, weil in der Hauptverhandlung gegen die Angeklagten H. und S. die protokollierte, die Angeklagten H. und S. belastende Einlassung des Angeklagten B. aus dessen Verfahren gemäß § 251 Abs. 1 StPO verlesen worden war, ohne dass hierfür die Voraussetzungen dieser Vorschrift vorlagen oder eine andere Rechtsgrundlage erkennbar ist.
25
Über die Anklagevorwürfe ist daher neu zu verhandeln und zu entscheiden.
26
3. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
27
a) Sollen nach § 154 StPO eingestellte Straftaten bei der Beweiswürdigung berücksichtigt werden, ist in der Regel der Angeklagte zuvor darauf hinzuweisen (Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 154 Rn. 25, § 154a Rn. 2).
28
b) Die Ausübung eines Auskunftsverweigerungsrechts nach § 55 StPO muss ausdrücklich erklärt werden. Das bloße Nichterscheinen eines geladenen Zeugen kann daher regelmäßig nicht als Ausübung dieses Rechts gewertet werden (BGH, Beschluss vom 9. August 1988 - 4 StR 326/88, StV 1989, 140).
29
c) In Fällen, in denen der Täter Betäubungsmittel zum Teil zum Eigenverbrauch und zum Teil zum gewinnbringenden Weiterverkauf erwirbt, besteht zwischen dem Erwerb und dem Handel Tateinheit (vgl. Weber, BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 726). Erwirbt ein Betäubungsmittelkonsument Rauschgift, liegt es nicht fern, dass ein Teil davon zum Eigenkonsum bestimmt ist.
30
d) Bei Verurteilung wegen Beihilfe drängt sich regelmäßig die ausdrückliche Prüfung auf, ob dieser vertypte Strafmilderungsgrund geeignet ist, im Zusammenwirken mit den allgemeinen Strafmilderungsgründen einen minder schweren Fall zu begründen.
31
e) Einzuziehende Gegenstände sind in der Urteilsformel so konkret zu bezeichnen, dass für die Beteiligten und die Vollstreckungsbehörde Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht (Fischer, StGB, 54. Aufl., § 74 Rn. 4). Becker von Lienen Schäfer Mayer Menges

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

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(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Strafprozeßordnung - StPO | § 338 Absolute Revisionsgründe


Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen, 1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswid

Strafprozeßordnung - StPO | § 55 Auskunftsverweigerungsrecht


(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

Strafprozeßordnung - StPO | § 24 Ablehnung eines Richters; Besorgnis der Befangenheit


(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. (2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt,

Strafprozeßordnung - StPO | § 251 Urkundenbeweis durch Verlesung von Protokollen


(1) Die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten kann durch die Verlesung eines Protokolls über eine Vernehmung oder einer Urkunde, die eine von ihm erstellte Erklärung enthält, ersetzt werden, 1. wenn der Angeklagte einen Vert

Strafprozeßordnung - StPO | § 4 Verbindung und Trennung rechtshängiger Strafsachen


(1) Eine Verbindung zusammenhängender oder eine Trennung verbundener Strafsachen kann auch nach Eröffnung des Hauptverfahrens auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder des Angeklagten oder von Amts wegen durch gerichtlichen Beschluß angeordnet werden.

Strafprozeßordnung - StPO | § 22 Ausschließung von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes


Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen, 1. wenn er selbst durch die Straftat verletzt ist;2. wenn er Ehegatte, Lebenspartner, Vormund oder Betreuer des Beschuldigten oder des Verletzten ist oder gewesen ist;3.

Strafprozeßordnung - StPO | § 23 Ausschließung eines Richters wegen Mitwirkung an der angefochtenen Entscheidung


(1) Ein Richter, der bei einer durch ein Rechtsmittel angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, ist von der Mitwirkung bei der Entscheidung in einem höheren Rechtszug kraft Gesetzes ausgeschlossen. (2) Ein Richter, der bei einer durch einen Antrag

Strafprozeßordnung - StPO | § 148a Durchführung von Überwachungsmaßnahmen


(1) Für die Durchführung von Überwachungsmaßnahmen nach § 148 Abs. 2 ist der Richter bei dem Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Vollzugsanstalt liegt. Ist eine Anzeige nach § 138 des Strafgesetzbuches zu erstatten, so sind Schriftstücke oder

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(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht der Staatsanwaltschaft, dem Privatkläger und dem Beschuldigten zu. Den zur Ablehnung Berechtigten sind auf Verlangen die zur Mitwirkung bei der Entscheidung berufenen Gerichtspersonen namhaft zu machen.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
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5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Eine Verbindung zusammenhängender oder eine Trennung verbundener Strafsachen kann auch nach Eröffnung des Hauptverfahrens auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder des Angeklagten oder von Amts wegen durch gerichtlichen Beschluß angeordnet werden.

(2) Zuständig für den Beschluß ist das Gericht höherer Ordnung, wenn die übrigen Gerichte zu seinem Bezirk gehören. Fehlt ein solches Gericht, so entscheidet das gemeinschaftliche obere Gericht.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht der Staatsanwaltschaft, dem Privatkläger und dem Beschuldigten zu. Den zur Ablehnung Berechtigten sind auf Verlangen die zur Mitwirkung bei der Entscheidung berufenen Gerichtspersonen namhaft zu machen.

(1) Ein Richter, der bei einer durch ein Rechtsmittel angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, ist von der Mitwirkung bei der Entscheidung in einem höheren Rechtszug kraft Gesetzes ausgeschlossen.

(2) Ein Richter, der bei einer durch einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, ist von der Mitwirkung bei Entscheidungen im Wiederaufnahmeverfahren kraft Gesetzes ausgeschlossen. Ist die angefochtene Entscheidung in einem höheren Rechtszug ergangen, so ist auch der Richter ausgeschlossen, der an der ihr zugrunde liegenden Entscheidung in einem unteren Rechtszug mitgewirkt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die Mitwirkung bei Entscheidungen zur Vorbereitung eines Wiederaufnahmeverfahrens.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht der Staatsanwaltschaft, dem Privatkläger und dem Beschuldigten zu. Den zur Ablehnung Berechtigten sind auf Verlangen die zur Mitwirkung bei der Entscheidung berufenen Gerichtspersonen namhaft zu machen.

Nachschlagewerk ja
BGHSt nein
Veröffentlichung ja
1. Zur Anwendung von § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO bei Vorbefassung des Gerichts
nach Abtrennung von Verfahren gegen Tatbeteiligte und deren gesonderter
Aburteilung.
2. Kommt es durch Schmiergeldzahlungen an einen Treupflichtigen zur Ausschaltung
des Wettbewerbs, liegt es nahe, dass Preise vereinbart werden,
die unter Wettbewerbsbedingungen nicht erzielbar wären. In diesem Fall
ist die Annahme eines Vermögensnachteils in Höhe sachfremder oder unter
Wettbewerbsbedingungen nicht ohne weiteres durchsetzbarer Rechnungsposten
gerechtfertigt.
BGH, Urteil vom 29. Juni 2006 – 5 StR 485/05 - Landgericht Wuppertal -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 29. Juni 2006
in der Strafsache
gegen
- Adhäsionsklägerin: G. W. mbH
Wuppertal, vertreten durch den Geschäftsführer -
wegen Untreue u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 27. und 29. Juni 2006, an der teilgenommen haben:
Richter Basdorf als Vorsitzender,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Schaal
alsbeisitzendeRichter,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin M. ,
Rechtsanwalt E.
alsVerteidiger,
Rechtsanwalt P.
alsVertreterderAdhäsionsklägerin,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,
in der Sitzung vom 29. Juni 2006 für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 29. Juni 2004 aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte im Fall II. 6 der Urteilsgründe wegen Untreue verurteilt worden ist,
b) im Einzelstrafausspruch im Fall II. 5 der Urteilsgründe,
c) im Ausspruch über die Gesamtstrafe,
d) im Ausspruch über die Adhäsionsentscheidung.
2. Der Angeklagte wird im Fall II. 6 der Urteilsgründe freigesprochen. Insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten.
3. Von der Entscheidung über den Adhäsionsantrag wird abgesehen. Insoweit trägt die Staatskasse die gerichtlichen Auslagen.
4. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
5. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung über die Bildung einer Einzelstrafe (Fall II. 5 der Urteilsgründe ) und einer Gesamtstrafe und über die verbleibenden Kosten der Revision an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in vier Fällen und wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Zudem hat es den Angeklagten verurteilt, an die Adhäsionsklägerin 1.511.378,73 Euro nebst 4% Zinsen seit dem 25. Februar 2003 zu zahlen. Die Revision des Angeklagten erzielt den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg ; im Übrigen ist sie unbegründet.

I.


2
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
3
Der Angeklagte war „kaufmännischer“ Geschäftsführer der Adhäsionsklägerin G. W. mbH Wuppertal (nachfolgend: GWG). In dieser war der Angeklagte maßgeblich an der Vergabe von zwei großen Bauaufträgen und dem Ankauf von zwei Grundstücken beteiligt. Dabei handelte es sich um die Vergabe von Generalunternehmeraufträgen an das Bauunternehmen H. G. GmbH und Co. KG (nachfolgend: G. KG) zur Errichtung des vierten Bauabschnitts eines von der H. -Stiftung geplanten Altenwohnheims mit einem Auftragsvolumen von ca. 30 Mio. DM (nachfolgend: Projekt H. -Stiftung) und zur Errichtung eines von der D. -Stiftung geplanten Wohnquartiers für betreutes Altenwohnen mit einem Auftragsvolumen von ca. 28 Mio. DM (nachfolgend: Projekt D. -Stiftung). Die Grundstücksaufkäufe betrafen zum einen ein Grundstück in der Wuppertaler Tannenbergstraße (nachfolgend : Grundstück Tannenbergstraße) zur Errichtung von etwa 200 Studentenwohnungen für etwa 7,1 Mio. DM und zum anderen ein Grundstück der ehemaligen B. -Brauerei in Wuppertal zur städtebaulichen Entwicklung des brachliegenden Geländes zum Preis von 7,7 Mio. DM (nachfolgend: Grundstück B. ).
4
Der Angeklagte ließ sich bei der Auftragsvergabe und den Grundstücksankäufen wesentlich von erheblichen Zuwendungen des gesondert Verfolgten K. leiten. K. – ein frühpensionierter ehemaliger Oberamtsanwalt , in Wuppertal als „Mister 10 %“ bekannt – war bereits seit geraumer Zeit erfolgreich im Immobilien- und Baugeschäft tätig und hatte seit Beginn der 80er Jahre durch die Investition in größere Bauprojekte mit der G. KG Kontakt bekommen, von der er für die Beauftragung jeweils verdeckte Provisionen erhielt. K. wurde im Vorstand der H. -Stiftung und der D. -Stiftung auch tätig, um in dieser Funktion bei zukünftigen Bauvorhaben für eine Auftragsvergabe an die G. KG zu sorgen und damit weitere Provisionen zu verdienen. Aus demselben Beweggrund unterhielt K. auch jahrelang enge Beziehungen zu dem Angeklagten, dem ursprünglich mitangeklagten gesondert abgeurteilten „technischen“ Geschäftsführer der GWG S. und dem ebenfalls ursprünglich mitangeklagten gesondert abgeurteilten Prokuristen der GWG St. . K. kam es dabei darauf an, diese durch großzügige Zuwendungen zu einer ihm nützlichen Geschäftspolitik der GWG zu bewegen. Der Angeklagte erhielt von K. in den Jahren 1995 bis 1998 Bargeldzuwendungen von insgesamt 150.000 DM und Sachzuwendungen in Form von Reisen, Uhren etc. im Wert von insgesamt ca. 125.000 DM. Der Angeklagte gab diese Zuwendungen in seinen Steuererklärungen für die jeweiligen Jahre nicht an und verkürzte hierdurch Einkommensteuern in Höhe von insgesamt etwa 130.000 DM.
5
Die zwischen G. und K. vereinbarten Provisionen für die Bauvorhaben H. -Stiftung und D. -Stiftung in Höhe von 5 % der Auftragssumme hat das Landgericht als Mindestschaden der GWG im Rahmen der ohne Wettbewerb erfolgten Auftragsvergabe gewertet. Nach Auffassung des Landgerichts handelt es sich dabei um einen sachfremden Rechnungsposten, der bei wettbewerbskonformer Vergabe nicht in die Kalkulation der G. KG eingeflossen wäre und deshalb letztlich von der GWG nicht hätte getragen werden müssen. Das Landgericht hat bei dem Angeklagten, der keine positive Kenntnis von der Provisionsabsprache zwischen G. und K. hatte, bedingten Vorsatz hinsichtlich der Höhe des Vermögensnachteils angenommen.
6
Betreffend das Grundstück Tannenbergstraße hatte K. ein Gutachten über den Verkehrswert in Auftrag gegeben, das unter Ansetzung nicht angefallener Baunebenkosten in Höhe von 2,2 Mio. DM einen Wert von 7,1 Mio. DM auswies. Etwa ein Jahr vor dem schließlich zu diesem Preis erfolgten Ankauf des Grundstücks durch die GWG hatte ein anderes Unternehmen das Grundstück zum Preis von 6,1 Mio. DM erwerben wollen; der Verkäufer war auch zu einem Verkauf zu diesem Preis bereit. Die Differenz zwischen beiden Kaufpreisen hat das Landgericht als vom Eventualvorsatz des Angeklagten erfassten Mindestschaden gewertet.
7
Der Verkäufer des Grundstücks B. , der gesondert Verfolgte Z. , ein Geschäftsfreund K. s, war im Jahr 1995 in finanziellen Schwierigkeiten und stand kurz vor der Insolvenz, nachdem ihm die finanzierende Deutsche Bank gedroht hatte, die Kredite für dieses Projekt zu kündigen. Z. hatte das Grundstück bereits 1993 der GWG zum Kauf angeboten , woraufhin die GWG die Prüfung einer städtebaulichen Entwicklung des Geländes beschloss. Auf Druck K. s, der dem Angeklagten die finanziellen Schwierigkeiten seines Freundes Z. beschrieb und wegen dessen drohender Insolvenz zur Eile drängte, wurde im März 1995 der notarielle Kaufvertrag über das Grundstück B. zu dem von der Deutschen Bank vorgegebenen Kaufpreis von 7,7 Mio. DM geschlossen; die Deutsche Bank war Inhaberin einer auf dem Grundstück lastenden Grundschuld über 6 Mio. DM. Das Landgericht hat eine Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht durch den Angeklagten darin gesehen, dass dieser beim Grundstücksankauf nicht bis zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit Z. s zugewartet und sich dadurch einer günstigeren Ankaufsmöglichkeit begeben hat. Der GWG sei hierdurch ein Mindestvermögensnachteil von 2 Mio. DM entstanden, weil um mindestens diesen Betrag der Kaufpreis bei längerem Zuwarten günstiger ausgefallen wäre.

II.


8
Die Revision hat mit der Sachrüge nur teilweise Erfolg.
9
1. Zu den Verfahrensrügen
10
a) Der von der Revision geltend gemachte absolute Revisionsgrund nach § 338 Nr. 3 StPO wegen etwa unrechtmäßiger Verwerfung eines Ablehnungsgesuchs nach § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO liegt nicht vor.
11
aa) Der Rüge liegt im Wesentlichen folgender Verfahrensgang zugrunde:
12
Ursprünglich wurde wegen der Vorwürfe im Zusammenhang mit Schmiergeldzahlungen K. s gegen sieben Angeklagte verhandelt: den Angeklagten sowie die früheren Mitangeklagten S. , St. , K. , G. , Pi. und Sch. . K. und Sch. wurde dabei u. a. eine Beteiligung an Untreuetaten des Angeklagten vorgeworfen. Nachdem K. ein umfassendes Geständnis abgelegt hatte, hat die Wirtschaftsstrafkammer das Verfahren gegen ihn im November 2003 abgetrennt und ihn u. a. wegen Anstiftung zu vier vom Angeklagten begangenen Untreuetaten verurteilt. Kurz zuvor war bereits das Verfahren gegen den früheren Mitangeklagten Pi. abgetrennt worden. Im Zusammenhang mit der beabsichtigten Abtrennung des Verfahrens gegen K. wies der Vorsitzende in einem Rechtsgespräch ausdrücklich darauf hin, dass die Feststellungen der Straf- kammer in diesem abgetrennten Verfahren nicht verbindlich für die verbleibenden Mitangeklagten seien, insbesondere weil ein solches Urteil auf der geständigen Einlassung K. s beruhe; eine Abtrennung werde aber nicht erfolgen, wenn die Verteidigung deshalb ein Ablehnungsgesuch stelle.
13
Im März 2004 lehnten der Angeklagte und der damalige Mitangeklagte S. sämtliche Mitglieder der erkennenden Wirtschaftsstrafkammer mit der Begründung ab, nach Abtrennung des Verfahrens gegen den Mitangeklagten Sch. am 1. März 2004 (55. Verhandlungstag) sei dieser am 23. März 2004 wegen Beihilfe zu zwei vom Angeklagten und S. begangenen Untreuetaten (Projekte H. -Stiftung und D. - Stiftung) ver-urteilt worden; dies begründe – auch vor dem Hintergrund des im Oktober 2003 geführten Rechtsgesprächs – die Besorgnis der Befangenheit , weil sich die Kammer notwendigerweise schon eine Überzeugung von der Begehung einer Haupttat durch den Angeklagten und S. habe machen müssen und dies der Vorsitzende auch bei seiner mündlichen Urteilsbegründung in Sachen Sch. deutlich erklärt habe. Zudem habe der Vorsitzende in einem weiteren abgetrennten Verfahren gegen den Mitangeklagten G. durch Erörterung von Verfallsbeträgen deutlich gemacht, dass er auch in diesem Verfahren vom Vorliegen einer Untreuehandlung durch den Angeklagten ausgehe.
14
Die Befangenheitsanträge wurden von der Wirtschaftsstrafkammer gemäß § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO als unzulässig zurückgewiesen, weil die Begründung aus zwingenden rechtlichen Gründen zur Rechtfertigung eines Ablehnungsgesuchs ungeeignet sei, was dem Fehlen einer Begründung gleichstehe: Sachlich begründete Entscheidungen in abgetrennten Verfahren nach mehr als 50 Hauptverhandlungstage andauernder Beweisaufnahme könnten aus Sicht eines vernünftigen Angeklagten kein Anlass zum Misstrauen in die Unparteilichkeit eines Richters sein.
15
bb) Es kann dahinstehen, ob der Vortrag des Beschwerdefüh- rers in jeder Hinsicht den Anforderungen von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entspricht. Die Rüge ist jedenfalls unbegründet.
16
Der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO liegt nicht vor. Bei dem angegriffenen Urteil hat kein Richter mitgewirkt, nachdem ein gegen ihn gerichtetes Ablehnungsgesuch mit Unrecht verworfen wurde. Die Entscheidung der Strafkammer, nach § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO zu verfahren, war weder willkürlich noch hat die Kammer damit die Grenzen dieser Norm in einer die Anforderungen von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkennenden Weise überschritten. Eine Überprüfung der Entscheidung unter Beschwerdegesichtspunkten ergibt zumal keinen Grund, der geeignet wäre, die Besorgnis der Befangenheit gegen die abgelehnten Kammermitglieder zu begründen.
17
(1) Ein Ablehnungsgesuch ist nach der neueren Rechtsprechung des Senats zwar auch dann im Sinne von § 338 Nr. 3 StPO „mit Unrecht verworfen“, wenn die unter Mitwirkung des abgelehnten Richters beschlossene Verwerfung gemäß § 26a StPO als unzulässig auf einer willkürlichen oder die Anforderungen des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkennenden Rechtsanwendung beruht; auf die sachliche Berechtigung der Ablehnungsgründe kommt es in diesem Fall nicht an (anknüpfend an BVerfG – Kammer – StV 2005, 478: BGHSt 50, 216; vgl. auch BGH NJW 2005, 3434; BVerfG – Kammer – StraFo 2006, 232). Willkür in diesem Sinne liegt vor, wenn die Entscheidung des Gerichts auf einem Fall grober Missachtung oder grober Fehlanwendung des Gesetzesrechts beruht und daher in der Sache offensichtlich unhaltbar ist. Ebenso zu behandeln ist der Fall, dass das Gericht bei der Rechtsanwendung Bedeutung und Tragweite des von der Verfassung garantierten Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) grundlegend verkennt. Ob ein solcher Fall vorliegt, kann nur anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (BGHSt 50, 216, 219 f.).
18
(2) Nach diesen Maßstäben hat die Kammer die Grenzen der Vorschrift des § 26a StPO, die den gesetzlichen Richter gewährleistet, nicht überschritten:
19
Grundsätzlich ist die Gleichsetzung eines Ablehnungsgesuchs, dessen Begründung aus zwingenden rechtlichen Gründen zur Rechtfertigung einer Richterablehnung völlig ungeeignet ist, mit einem Ablehnungsgesuch ohne Angabe eines Ablehnungsgrundes (§ 26a Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 StPO) unbedenklich. Entscheidend für die Abgrenzung zu Ablehnungsgesuchen, die nach § 27 StPO zu behandeln sind, ist die Frage, ob das Ablehnungsgesuch ohne nähere Prüfung und losgelöst von den konkreten Umständen des Einzelfalls zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet ist oder ob es über diese bloß formale Prüfung hinaus eine nähere inhaltliche Prüfung der Ablehnungsgründe erfordert, wodurch sich der abgelehnte Richter im Rahmen einer Entscheidung nach § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO zum „Richter in eigener Sache“ machen würde.
20
Nach diesen Kriterien unbedenklich ist die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs nach § 26a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 StPO, das lediglich damit begründet wird, der Richter sei an einer Vorentscheidung beteiligt gewesen. Hierzu gehört auch die Mitwirkung an einem Urteil über dieselbe Tat gegen einen daran Beteiligten in einem abgetrennten Verfahren (BGHSt aaO S. 221). Da eine solche Beteiligung an Vorentscheidungen im nämlichen und in anderen damit zusammenhängenden Verfahren von Strafprozessordnung und Gerichtsverfassungsrecht ausdrücklich vorgesehen und vorausgesetzt wird, kann die Vorbefassung als solche – abgesehen von den in § 22 Nr. 4 und Nr. 5, § 23 und § 148a Abs. 2 Satz 1 StPO genannten Ausschließungstatbeständen – die Besorgnis der Befangenheit aus normativen (nicht tatsächlichen) Erwägungen grundsätzlich nicht begründen. Wird das Ablehnungsgesuch allein auf solche Umstände der Vorbefassung gestützt, kann es ohne inhaltliche Prüfung als unzulässig nach § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO verworfen werden, weil eine solche Begründung aus zwingenden rechtlichen Gründen zur Rechtfertigung eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet ist und dies dem Fehlen einer Begründung gleichsteht (BGHSt aaO S. 221). Anders verhält es sich lediglich beim Hinzutreten besonderer Umstände , die über die Tatsache bloßer Vorbefassung als solcher und die damit notwendig verbundenen inhaltlichen Äußerungen sowie die übrigen genannten Aspekte hinausgehen. Dies kann etwa der Fall sein, wenn Äußerungen in früheren Urteilen nach der Sachlage unnötige und sachlich unbegründete Werturteile über einen der jetzigen Angeklagten enthalten oder wenn ein Richter sich bei einer Vorentscheidung in sonst unsachlicher Weise zum Nachteil des Angeklagten geäußert hat (BGHSt aaO S. 221 f.).
21
(3) Die Befangenheitsanträge werden vorliegend inhaltlich entscheidend darauf gestützt, dass sich die Kammer durch die abschließende Entscheidung in einem abgetrennten Verfahren zwangsläufig eine Meinung über die Täterschaft des Angeklagten gebildet habe. Eine notwendige Vorbefassung des Gerichts ist jedoch – wie ausgeführt – für sich gesehen grundsätzlich kein geeigneter Befangenheitsgrund; dies gilt auch, wenn Verfahren gegen einzelne Angeklagte zur Verfahrensbeschleunigung abgetrennt werden und anschließend ein Schuldspruch wegen Teilnahme an später abzuurteilenden Taten erfolgt.
22
Besondere Umstände, die über die Vorbefassung als solche hinaus ausnahmsweise eine inhaltliche Sachprüfung notwendig machten, sind nicht ersichtlich, mindestens nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Unsachliche oder nicht gebotene Äußerungen der abgelehnten Richter werden mit den Befangenheitsanträgen nicht geltend gemacht, sondern lediglich mit der Vorentscheidung im Zusammenhang stehende Äußerungen, welche die bei der Verurteilung eines Teilnehmers zwingend notwendige Überzeugung des Gerichts von der Begehung einer Haupttat belegen. Dies reicht aber – wie oben ausgeführt – aus Rechtsgründen gerade nicht, für sich allein die Besorgnis der Befangenheit im Verfahren gegen den Haupttäter zu begründen. Dass die Abtrennung selbst auf sachfremden Erwägungen beruht hätte, ist weder von der Revision geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
23
Im Zusammenhang mit der Abtrennung des Verfahrens gegen den Mitangeklagten K. hat der Vorsitzende zutreffend die Verteidigung darauf hingewiesen, dass die Feststellungen zu einer Beihilfehandlung in einem abgetrennten Verfahren keinerlei Verbindlichkeit für die Feststellungen in einem anderen Verfahren gegen den Haupttäter entfalten. Eine Wiederholung dieser rechtlichen Selbstverständlichkeit war im weiteren Verfahrensgang (anlässlich weiterer Abtrennungen oder von Urteilen in abgetrennten Verfahren) entgegen der Auffassung der Revision nicht veranlasst. Aus Zeitungsbeiträgen über die Urteilsverkündung in abgetrennten Verfahren, deren Inhalt und Wortwahl auch nach dem Vortrag der Revision nicht den abgelehnten Richtern zuzurechnen ist, kann eine Besorgnis der Befangenheit ebenfalls nicht hergeleitet werden. Von jedem Richter ist selbstverständlich zu erwarten, dass er bei dem als Haupttäter Angeklagten auch dann für neue Feststellungen und eine abweichende rechtliche Würdigung offen bleibt, wenn er zuvor in einem abgetrennten Verfahren einen früheren Angeklagten wegen Teilnahme an der dem Haupttäter vorgeworfenen Tat abgeurteilt und sich lediglich in diesem Zusammenhang notwendigerweise die Überzeugung vom Vorliegen einer vorsätzlichen und rechtswidrigen Haupttat gebildet hat.
24
(4) Wie sich aus dem Vorgenannten ergibt, war ein Vorgehen der Kammer nach § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO vertretbar. Die abgelehnten Richter haben sich nicht zum „Richter in eigener Sache“ gemacht, sondern die geltend gemachten Befangenheitsgründe aus rein rechtlichen Gründen als ungeeignet angesehen, ohne sie dafür inhaltlich näher prüfen zu müssen. Damit haben sie bei der Ablehnung der Befangenheitsanträge weder willkürlich gehandelt, noch die Anforderungen des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkannt.
25
(5) Die Überprüfung der Befangenheitsanträge unter Beschwerdegesichtspunkten kann danach ebenfalls keine Umstände ergeben, die geeignet wären, die Besorgnis der Befangenheit gegenüber den abgelehnten Richtern zu begründen.
26
b) Auch die weiteren Verfahrensrügen bleiben erfolglos: Bei der Aufklärungsrüge (§ 244 Abs. 2 StPO) fehlt es an der bestimmten Behauptung des zu erwartenden Beweisergebnisses. Bei der Rüge eines Verstoßes gegen § 244 Abs. 3 und 4 StPO trägt der Beschwerdeführer eine Vielzahl unterschiedlicher Beweisanträge und Beschlüsse vor, ohne konkret anzugeben, welche einzelne Entscheidung des Gerichts er mit welcher Begründung angreift. Die zur Begründung der Rüge vorgebrachten pauschalen Rechtsausführungen können den notwendigen geordneten Revisionsvortrag (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) nicht ersetzen. Die weiteren Rügen sind mangels vollständigen Vortrags der die Verfahrensfehler begründenden Tatsachen unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
27
2. Zur Sachrüge:
28
a) Die Schuldsprüche wegen Untreue durch Auftragsvergabe an die G. KG bei den Projekten H. -Stiftung und D. -Stiftung halten revisionsgerichtlicher Überprüfung stand.
29
aa) Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden. Die Aussage des Hauptbelastungszeugen K. ist insbesondere im Hinblick auf ihre Entstehung im Rahmen einer verfahrensbeendenden Absprache hinreichend kritisch gewürdigt worden. Auch die von der Revision aufgezeigten einzelnen Widersprüche und Erinnerungslücken K. s hat das Landgericht gesehen und in seine Würdigung miteinbezogen. Der vom Landgericht gezogene Schluss, K. habe dem Angeklagten bereits 1995 einen Betrag in Höhe von 50.000 DM zugewendet, ist auf der Grundlage der landgerichtlichen Feststellungen möglich und deshalb vom Revisionsgericht hinzunehmen.
30
bb) Das Landgericht ist auf tragfähiger Beweisgrundlage zu dem Schluss gekommen, dass der Angeklagte als Geschäftsführer der GWG seine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der GWG verletzt hat, indem er – zur Ausschaltung jeglichen Wettbewerbs aufgrund erheblicher Schmiergeldzahlungen veranlasst – die Generalunternehmeraufträge an die G. KG zu einem überhöhten Preis vergeben hat, obwohl die konkrete Möglichkeit eines Abschlusses zu einem niedrigeren Preis bestand. Diese konkrete Möglichkeit hat das Landgericht nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe aus dem Umstand geschlossen, dass die Provisionszahlungen an K. in G. s Preiskalkulation der Aufträge eingeflossen sind und ein solcher Rechnungsposten bei einem lauteren Vorgehen der Beteiligten unter Wettbewerbsbedingungen nicht zusätzlich eingerechnet worden wäre.
31
Ein derartiger Schluss ist vor dem Hintergrund der erheblichen Schmiergeldzahlungen K. s, die zur Auftragsvergabe an G. ohne Einholung mehrerer Angebote beigetragen haben, aus Sicht des Revisionsgerichts nicht zu beanstanden. Lässt sich ein Treupflichtiger durch Schmiergeldzahlungen davon abhalten, seine Pflichten zur Wahrung der wirtschaftlichen Interessen des Treugebers (hier: durch Auftragsvergabe unter Wettbewerbsbedingungen ) wahrzunehmen, liegt regelmäßig die Annahme eines Vermögensnachteils im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB in Höhe sachfremder Rechnungsposten nahe (vgl. BGHSt 47, 83, 88 zur Submissionsabsprache). Die Zahlung von Schmiergeldern in beträchtlicher Höhe und über einen längeren Zeitraum zum Zweck der Auftragserlangung lässt in aller Regel darauf schließen, dass hierdurch unter Wettbewerbsbedingungen nicht erzielbare Preise erlangt werden. Denn ein solches Verhalten ist wirtschaftlich nur sinnvoll , wenn damit nicht nur die Schmiergelder, sondern auch darüber hinausgehende wirtschaftliche Vorteile zu Lasten des Auftraggebers (Treugebers) erwirtschaftet werden können. Die Ausschaltung von Wettbewerb durch Vorteilszuwendungen an die Entscheidungsträger führt dazu, dass Marktmechanismen keine Wirkung entfalten können. In solchen Fällen liegt es nach der Lebenserfahrung nahe, dass auf diese Art erzielte Preise höher liegen als die im Wettbewerb erreichbaren Marktpreise, weil Unternehmen, die nicht im Wettbewerb bestehen müssen, überhöhte Preise verlangen können und Preissenkungsspielräume nicht nutzen müssen (vgl. BGH NJW 2006, 163, 164 f.; vgl. auch BGHSt 38, 186, 194).
32
cc) Den Umfang der sachfremden Rechnungsposten hat das Landgericht in Höhe der Provisionszahlung an K. angenommen. Derartige Provisionszahlungen sind zwar, worauf die Revision zutreffend hinweist, für sich gesehen grundsätzlich noch nicht zu beanstanden. Unter den festgestellten Umständen liegt es aber nahe, dass unter Wettbewerbsbedingungen gerade dieser Rechnungsposten von der G. KG nicht zu erwirtschaften gewesen wäre, dass vielmehr die Preiskalkulation entsprechend niedriger hätte ausfallen können. Dass bei einer wettbewerbskonformen Auftragsvergabe sämtliche in Frage kommenden Bauunternehmen Provisionen in der an

K.

gezahlten erheblichen Höhe von 5 % der Auftragssumme in ihre Kalkulation eingestellt hätten, liegt fern.
33
dd) Letztlich ist auch der subjektive Tatbestand hinreichend belegt. Angesichts der vom Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellten objektiven Umstände – umfangreiche Vorteilszuwendungen im Wert von mehreren hunderttausend DM nicht nur an den Angeklagten, sondern mit seiner Kenntnis auch an den anderen Geschäftsführer, sichtbar überaus luxuriöse Lebensführung K. s – ist der Schluss auf bedingten Vorsatz des Angeklagten hinsichtlich einer Überhöhung des Preises um insgesamt 5 % der Auftragssumme nicht zu beanstanden. Weiterer Ausführungen hierzu in den Urteilsgründen bedurfte es angesichts der geschilderten Umstände nicht.
34
b) Hinsichtlich der beiden Grundstücksaufkäufe hält der Schuldspruch wegen Untreue nur im Fall des Grundstücks Tannenbergstraße revisionsgerichtlicher Überprüfung stand (aa); in diesem Fall ist lediglich der Strafausspruch zu beanstanden (bb). Im Fall des Grundstücks B. spricht der Senat den Angeklagten hingegen vom Vorwurf der Untreue frei (cc).
35
aa) Das Landgericht hat auf der Grundlage tragfähiger Beweiswürdigung festgestellt, dass der Angeklagte bei dem Grundstücksankauf Tannenbergstraße seine Vermögensbetreuungspflicht verletzt hat, indem er – motiviert durch umfangreiche Zuwendungen K. s – ungeprüft ein von der Verkäuferseite in Auftrag gegebenes Wertgutachten als Grundlage der Preisfestsetzung und damit letztlich einen zu hohen Preis akzeptiert hat, obwohl die konkrete Möglichkeit eines günstigeren Vertragsabschlusses durch ein Infragestellen des Verkäufergutachtens bestand. Dass sich der Angeklagte als Treupflichtiger durch die Schmiergeldzahlungen K. s davon abhalten ließ, die wirtschaftlichen Interessen seines Treugebers durch Überprüfung eines von der Verkäuferseite vorgelegten Wertgutachtens wahrzunehmen, begründet unter den gegebenen Umständen (das Gutachten wies nicht näher belegte Baunebenkosten von 2,2 Mio. DM aus) ohne weiteres eine Verletzung seiner Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der GWG. Diese Pflichtverletzung hat auch zu einem entsprechenden Vermögensnachteil der GWG geführt, weil diese nach den Feststellungen des Landgerichts das Grundstück bei ordnungsgemäßer Prüfung ohne weiteres zu einem geringeren Kaufpreis hätte erwerben können.
36
Dem Schluss des Landgerichts, der Mindestvermögensnachteil der GWG sei mit ca. 1 Mio. DM anzusetzen, nämlich mit der Differenz zu einem etwa ein Jahr zuvor ausgehandelten konkreten Kaufangebot, steht nach Auffassung des Senats – entgegen der Meinung der Bundesanwaltschaft – auch kein durchgreifender Erörterungsmangel in Hinblick auf mögliche Entwicklungen des Grundstückmarkts entgegen: Dafür könnte zwar sprechen, dass nach den Urteilsfeststellungen zu Beginn der Vertragsverhandlungen in Wuppertal ein vorübergehender Mangel an preiswerten Studentenwohnungen bestand (UA S. 33); dagegen spricht aber die Feststellung der Wirtschaftsstrafkammer, wonach der Geschäftsführer des Hochschulsozialwerks kurz vor der Vertragsunterzeichnung mitteilte, dass sich die Nachfrage nach Studentenwohnungen mittlerweile wieder etwas gelegt habe (UA S. 36). Weil sich das Landgericht mit diesen Fragen an mehreren Stellen der Urteilsgründe beschäftigt hat, schließt der Senat jedenfalls aus, dass es diesen Aspekt bei der Bestimmung des Nachteilsumfangs etwa nicht bedacht haben könnte.
37
Vor diesem Hintergrund durfte die Wirtschaftsstrafkammer maßgelblich darauf abstellen, dass K. aufgrund der Enttäuschung über den zunächst gescheiterten Verkauf des Grundstücks den mit der vorherigen Kaufinteressentin ausgehandelten Preis ohne jede sachliche Grundlage völlig willkürlich um 1 Mio. DM erhöhte (UA S. 65), dass der unter dubiosen Umständen erteilte Gutachtenauftrag diesen erhöhten Preis von 7,1 Mio. DM dem Gutachter als zu errechnenden Grundstückswert vorgab und das Verkehrswertgutachten deshalb nicht näher belegte „Baunebenkosten“ in Höhe von 2,2 Mio. DM enthielt, denen im Wesentlichen keine realen Leistungen zugrunde lagen. Unter diesen Umständen begegnet es keinen Bedenken, dass das Landgericht bei der konkreten Schadensberechnung zum Vergleich auf das etwa ein Jahr zuvor abgegebene Kaufangebot über 6,1 Mio. DM abgestellt hat.
38
Ohne Rechtsfehler konnte das Landgericht angesichts dieses Vorlaufs und der umfangreichen Vorteilszuwendungen von K. auf einen entsprechenden Eventualvorsatz des Angeklagten schließen. Wer sich als Treupflichtiger durch erhebliche Schmiergeldzahlungen davon abhalten lässt, seinen Pflichten zur Wahrung der wirtschaftlichen Interessen des Treugebers nachzukommen, indem er sich jeder Überprüfung von Wertangaben der Verkäuferseite trotz eines ganz erheblichen Geschäftsumfangs bewusst verschließt , nimmt regelmäßig eine Schädigung seines Treugebers in erheblicher Höhe in Kauf.
39
bb) Allerdings hält die Strafzumessung des Landgerichts in diesem Fall revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand. Damit folgt der Senat insoweit jedenfalls im Ergebnis der Bundesanwaltschaft.
40
Die Kammer hat für den Fall des Grundstücks Tannenbergstraße eine Einzelfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten und in den Fällen der H. -Stiftung und der D. -Stiftung trotz dort teils gering , teils wesentlich höheren Nachteilsumfangs (1 Mio. DM und 1,5 Mio. DM) jeweils drei Jahre Freiheitsstrafe verhängt. Bei der Strafzumessung im Fall des Grundstücks Tannenbergstraße hat das Landgericht allerdings nicht erkennbar bedacht, dass sich der Schuldumfang in beiden Untreuekonstellationen wesentlich unterscheidet: Bei der Vergabe der Generalunternehmeraufträge an die G. KG im Volumen von jeweils ca. 30 Mio. DM hat der Angeklagte aktiv jeglichen Wettbewerb ausgeschaltet, wobei den Kontrollgremien teilweise mit nicht unerheblicher krimineller Energie die Durchführung eines ordnungsgemäßen Wettbewerbs durch eine fingierte Ausschreibung vorgespiegelt wurde. Demgegenüber hat der Angeklagte im Fall des Grundstücks Tannenbergstraße lediglich auf der Grundlage eines nicht näher hinterfragten Wertgutachtens vor etwaigen überhöhten Forderungen der Verkäuferseite die Augen verschlossen und seinen Treugeber hierdurch um die konkrete Möglichkeit eines vorteilhafteren Vertragsschlusses gebracht. Dieses Vorgehen ist gegenüber den Beauftragungsfällen in Hinblick auf die Intensität der Vermögensbetreuungspflichtverletzung und auch in subjektiver Hinsicht von deutlich geringerem Gewicht. Dieser grundlegende Unterschied im Schuldumfang muss im vorliegenden Fall letztlich auch in der Strafzumessung und der angemessenen Abstufung der Strafen untereinander zum Ausdruck kommen.
41
cc) Keinen Bestand kann die Verurteilung des Angeklagten wegen Untreue im Fall II. 6 der Urteilsgründe (Grundstück B. ) haben.
42
Die Feststellungen des Landgerichts rechtfertigen eine Verurteilung des Angeklagten wegen Untreue nicht. Das Landgericht hat eine Untreuehandlung des Angeklagten darin erblickt, dass er nicht längere Zeit abgewartet hat, um nach der Insolvenz Z. s einen wesentlich günstigeren Ankauf durchzusetzen. Es erscheint schon zweifelhaft, ob die Vermögens- betreuungspflicht gebietet, bei einem wirtschaftlich angeschlagenen Geschäftspartner solange mit einem beabsichtigten Geschäftsabschluss zuzuwarten , bis der Vertragspartner in Vermögensverfall gerät, um dann den Kaufgegen-stand im Wege der Zwangsversteigerung günstiger erwerben zu können. Jedenfalls hat das Landgericht keine konkreten Feststellungen dazu getroffen, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses aufgrund der wirtschaftlichen Schwierigkeiten Z. s bereits die gesicherte Aussicht auf einen vorteilhafteren Vertragsschluss bestanden hätte (vgl. hierzu Tröndle /Fischer, StGB 53. Aufl. § 266 Rdn. 60 m.w.N.). Eine weitere Verhandlung des Preises schied nach den Feststellungen der Wirtschaftsstrafkammer aus, weil die Deutsche Bank als Hauptgläubigerin den Preis „diktierte“; eine Insolvenz Z. s und damit die eventuelle Möglichkeit eines Grundstückserwerbs im Zwangsversteigerungsverfahren war nach den Urteilsfeststellungen noch nicht derart konkret, dass schon eine gesicherte Erwerbsaussicht zu einem erheblich günstigeren Preis bestand. Dass bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit Z. s die Chance, das Grundstück etwa billiger zu erwerben, in absehbarer Zeit bestanden hätte, begründet die gesicherte Erwartung eines vorteilhafteren Vertragsschlusses unter den gegebenen und rechtsfehlerfrei festgestellten Umständen (noch) nicht. Dass der Grundstückspreis für sich gesehen unangemessen war, hat das Landgericht ebenfalls nicht festgestellt.
43
Auch die Schätzung eines Mindestschadens von 2 Mio. DM entbehrt einer hinreichenden Grundlage. Die hierfür allein herangezogene Aussage eines Mitarbeiters der Deutschen Bank, man habe Z. wegen Vermietungsproblemen zum Grundstücksverkauf geraten, die Grundschulden von 6 Mio. DM auf 3 Mio. DM wertberichtigen müssen und er selbst habe lediglich mit einem wesentlich geringeren Verkaufserlös gerechnet, belegt lediglich , dass die Bank mit dem durch ihre Vorgaben „diktierten“ Kaufpreis ein aus ihrer Sicht gutes Geschäft gemacht hat. Angesichts des nach außen durch die Höhe bestehender Grundschulden von insgesamt 6 Mio. DM be- legten Grundstückswerts ist auch die Feststellung des Landgerichts bezüglich des Eventualvorsatzes des Angeklagten zur Nachteilszufügung bei einem Kaufpreis von 7,7 Mio. DM nicht tragfähig begründet.
44
Der Senat spricht den Angeklagten in diesem Fall frei. Die Sache ist entscheidungsreif (§ 354 Abs. 1 StPO). Der Senat schließt aus, dass weitergehende Feststellungen möglich sind, die eine Verurteilung des Angeklagten wegen Untreue in diesem Fall tragfähig begründen könnten.
45
c) Die weitere Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erbracht. Der Erörterung bedarf insoweit nur Folgendes:
46
aa) Die Verurteilung wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen ist nicht zu beanstanden. Die von K. erhaltenen erheblichen Zuwendungen waren gemäß § 22 Nr. 3 EStG als „sonstige Einkünfte“ in den jeweiligen Einkommensteuererklärungen der Jahre 1995 bis 1998 zu erklären. Nach den Feststellungen des Landgerichts erfolgten die Zahlungen und Sachgeschenke nicht aus bloßer freundschaftlicher Verbundenheit, sondern weil K. dafür – wie auch geschehen – ein Entgegenkommen des Angeklagten in geschäftlicher Hinsicht erwartete. Die Erklärungspflicht des Angeklagten war auch nicht etwa in Hinblick auf den Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit suspendiert (vgl. BGHSt 50, 299, 316 ff.).
47
bb) Die Strafzumessung in den beiden übrigen Untreuefällen und den Fällen der Steuerhinterziehung hält sich im Rahmen des weiten Ermessensspielraums des Tatrichters. Mit der Erwägung, der Angeklagte habe als erster Geschäftsführer der GWG eine besondere Vertrauensstellung missbraucht und dabei aus eigennützigen Motiven gehandelt, hat das Landgericht nicht gegen § 46 Abs. 3 StGB vorstoßen, weil es damit ersichtlich lediglich die im Vergleich zum Mitgeschäftsführer S. besonders hervorgehobene Stellung des Angeklagten in der Geschäftsführung der GWG und seine Motivation zur Tatbegehung berücksichtigt hat. Der Senat schließt aus, dass die weggefallene Einsatzstrafe von vier Jahren Freiheitsstrafe und die weggefallene Einzelfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten die Bemessung der übrigen Einzelfreiheitsstrafen in den verbleibenden Untreuefällen (zweimal drei Jahre) oder der Geldstrafen in den Fällen der Steuerhinterziehung (zwischen zehn und 180 Tagessätzen) beeinflusst hat.
48
3. Der Senat hebt die Adhäsionsentscheidung auf und sieht von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag ab. Dies folgt für den Teil der Adhäsionsentscheidung, die den Fall des Grundstücks B. betrifft, bereits aus dem diesbezüglichen Teilfreispruch des Angeklagten. Bezüglich des verbleibenden Teils in Höhe von 488.795,03 Euro betreffend das Grundstück Tannenbergstraße ist der Antrag ausnahmsweise auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Adhäsionsklägerin zur Erledigung im Strafverfahren ungeeignet (§ 406 Abs. 1 Satz 4 StPO). Dies folgt u. a. daraus , dass nach den Urteilsfeststellungen des Landgerichts mit der Gründung der GWG S. und P. gesellschaft mbH (GWG SPE) Teile des Projekts Tannenbergstraße als Sacheinlage von der GWG in die GWG SPE eingeflossen sind. Ob diese Sacheinlage auch zu dem Projekt gehörige Schadensersatzansprüche erfasst, bleibt nach den Urteilsfeststellungen unklar. Auch die von der Revision erhobene Einrede der Verjährung lässt sich anhand der Urteilsfeststellungen nicht ohne weiteres überprüfen. Das Landgericht stellt insoweit lediglich fest, dass die GWG am 9. August 2000 durch Überreichung von umfangreichen Durchsuchungsbeschlüssen über die Zuwendungen K. s an den Angeklagten informiert wurde, andererseits die GWG aber bereits zu einem nicht genannten früheren Zeitpunkt über ein mögliches Fehlverhalten der Geschäftsführung in Kenntnis gesetzt worden war. Weshalb sich diese Informationen nach der Einschätzung des Landgerichts nur auf ein kaufmännisches, nicht aber auf ein deliktisches Fehlverhalten bezogen haben sollen, obgleich jede vorsätzliche Nachteilszufügung durch einen vermögensbetreuungspflichtigen Geschäftsführer zugleich den Verdacht einer Untreue nach § 266 StGB begründet, bleibt unklar. Insgesamt erscheint dem Senat das Strafverfahren im jetzigen Stadium, in dem nunmehr lediglich über eine Einzel- und die Gesamtfreiheitsstrafe zu befinden sein wird, für die Klärung derartiger Zweifelsfragen ungeeignet. Die Kostenentscheidung für das Adhäsionsverfahren, wonach die Staatskasse die Gerichtskosten und jeder der Beteiligten seine notwendigen Auslagen selbst trägt, entspricht billigem Ermessen (vgl. § 472a Abs. 2 StPO; vgl. auch Eb. Schmidt, Lehrkommentar zur StPO und zum GVG, Nachtragsband II § 472a Rdn. 3; Granderath NStZ 1984, 399, 400 m. Fn. 14). Damit erledigt sich die Kostenbeschwerde.
49
4. Das neue Tatgericht wird auf der Grundlage der verbliebenen rechtskräftigen Feststellungen und der verbliebenen Einzelstrafen lediglich über die Bildung einer neuen Einzelstrafe im Fall des Grundstücks Tannenbergstraße und die Bildung einer neuen Gesamtfreiheitsstrafe befinden müssen; bei letzterem wird es nicht nur den engen situativen Zusammenhang zwischen den drei Taten, sondern auch die inzwischen verstrichene Zeit hinreichend zu berücksichtigen haben.
Basdorf Häger Gerhardt Raum Schaal

Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen,

1.
wenn er selbst durch die Straftat verletzt ist;
2.
wenn er Ehegatte, Lebenspartner, Vormund oder Betreuer des Beschuldigten oder des Verletzten ist oder gewesen ist;
3.
wenn er mit dem Beschuldigten oder mit dem Verletzten in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war;
4.
wenn er in der Sache als Beamter der Staatsanwaltschaft, als Polizeibeamter, als Anwalt des Verletzten oder als Verteidiger tätig gewesen ist;
5.
wenn er in der Sache als Zeuge oder Sachverständiger vernommen ist.

(1) Ein Richter, der bei einer durch ein Rechtsmittel angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, ist von der Mitwirkung bei der Entscheidung in einem höheren Rechtszug kraft Gesetzes ausgeschlossen.

(2) Ein Richter, der bei einer durch einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, ist von der Mitwirkung bei Entscheidungen im Wiederaufnahmeverfahren kraft Gesetzes ausgeschlossen. Ist die angefochtene Entscheidung in einem höheren Rechtszug ergangen, so ist auch der Richter ausgeschlossen, der an der ihr zugrunde liegenden Entscheidung in einem unteren Rechtszug mitgewirkt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die Mitwirkung bei Entscheidungen zur Vorbereitung eines Wiederaufnahmeverfahrens.

(1) Für die Durchführung von Überwachungsmaßnahmen nach § 148 Abs. 2 ist der Richter bei dem Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Vollzugsanstalt liegt. Ist eine Anzeige nach § 138 des Strafgesetzbuches zu erstatten, so sind Schriftstücke oder andere Gegenstände, aus denen sich die Verpflichtung zur Anzeige ergibt, vorläufig in Verwahrung zu nehmen; die Vorschriften über die Beschlagnahme bleiben unberührt.

(2) Der Richter, der mit Überwachungsmaßnahmen betraut ist, darf mit dem Gegenstand der Untersuchung weder befaßt sein noch befaßt werden. Der Richter hat über Kenntnisse, die er bei der Überwachung erlangt, Verschwiegenheit zu bewahren; § 138 des Strafgesetzbuches bleibt unberührt.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Ein Ablehnungsgesuch ist auch dann im Sinne von § 338
Nr. 3 StPO „mit Unrecht verworfen“, wenn die unter Mitwirkung
des abgelehnten Richters beschlossene Verwerfung
gemäß § 26a StPO als unzulässig auf einer willkürlichen
oder die Anforderungen des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG
grundlegend verkennenden Rechtsanwendung beruht; auf
die sachliche Berechtigung der Ablehnungsgründe kommt
es in diesem Fall nicht an (Abkehr von BGHSt 23, 265;
im Anschluss an BVerfG [Kammer], Beschluss vom
2. Juni 2005 – 2 BvR 625 und 638/01).
BGH, Beschluss vom 10. August 2005 – 5 StR 180/05
LG Hamburg-

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 10. August 2005
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. August 2005

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 17. August 2004 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten – unter Einbeziehung verschiedener Einzelfreiheitsstrafen aus einer vorangegangenen Verurteilung – wegen Vergewaltigung (Einsatzfreiheitsstrafe sechs Jahre) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.
1. Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
a) Der Angeklagte hat den Vorsitzenden der Strafkammer wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Er hat seine Ablehnung auf die Mitwirkung des Richters in einem vorangegangenen Verfahren gegen einen anderen Angeklagten unter anderem wegen weiterer Vergewaltigungen desselben Opfers und wegen Menschenhandels gestützt: Der Richter habe aufgrund der Angaben der in beiden Verfahren als Hauptbelastungszeugin auftretenden Geschädigten Feststellungen zu dem Vorwurf des hiesigen Verfahrens – einer zuvor verübten Vergewaltigung – getroffen, die nach Auffassung des Angeklagten in jenem Verfahren nicht zwingend erforderlich gewesen wären.
Aufgrund des Ausmaßes der vorangegangenen Festlegung zum Tatgeschehen sowie zur Glaubwürdigkeit der Zeugin gebe es für den Angeklagten begründeten Anlass, an der Unparteilichkeit des Richters zu zweifeln. Die Feststellungen im Vorverfahren zum Tatvorwurf im hiesigen Verfahren stünden weder notwendig noch untrennbar mit den zuvor verhandelten Vorwürfen gegen den damaligen Angeklagten in Zusammenhang, so dass ein Sonderfall vorliege, der ausnahmsweise die Ablehnung wegen Vorbefassung rechtfertige.

b) Die Strafkammer hat das Ablehnungsgesuch unter Mitwirkung des abgelehnten Richters gemäß § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO als unzulässig verworfen : Die angegebene Begründung sei aus zwingenden rechtlichen Gründen zur Rechtfertigung eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet, was dem Fehlen einer Begründung im Sinne von § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO gleichstehe; für einen in der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmefall vom Grundsatz, dass eine Vorbefassung die Besorgnis der Befangenheit regelmäßig nicht begründe, gebe es keinerlei Anhaltspunkte.
2. Der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO liegt vor. Bei dem angegriffenen Urteil hat ein Richter mitgewirkt, nachdem ein gegen ihn gerichtetes Ablehnungsgesuch mit Unrecht verworfen wurde. Die Strafkammer durfte nicht nach § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO verfahren; damit hat sie die Grenzen dieser Norm in einer die Anforderungen von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkennenden Weise überschritten.

a) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs war bislang anerkannt , dass die fehlerhafte Ablehnung eines Ablehnungsgesuchs als unzulässig gemäß § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO für sich keinen absoluten Revisionsgrund nach § 338 Nr. 3 StPO eröffnet, sondern das Revisionsgericht auch in diesen Fällen nach Beschwerdegrundsätzen prüft, ob das Ablehnungsgesuch in der Sache begründet war oder nicht (st. Rspr.; vgl. nur BGHSt 18, 200, 203; 23, 265; BGHR StPO § 26a Unzulässigkeit 1, 3, 9). Mit dem Gene- ralbundesanwalt, der seinen Antrag nach § 349 Abs. 2 StPO vor der nachfolgend genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gestellt hat, liegt es nahe anzunehmen, dass das in Frage stehende Ablehnungsgesuch als unbegründet zu bewerten gewesen wäre und die entsprechende Rüge der Revision deshalb nach dem Maßstab der bisherigen Rechtsprechung nicht zum Erfolg verholfen hätte.
Diese Rechtsprechung kann indes nicht mehr in vollem Umfang aufrecht erhalten werden. Ein Ablehnungsgesuch ist jedenfalls auch dann im Sinne von § 338 Nr. 3 StPO „mit Unrecht verworfen“, wenn die unter Mitwirkung des abgelehnten Richters beschlossene Verwerfung gemäß § 26a StPO als unzulässig auf einer willkürlichen oder die Anforderungen des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkennenden Rechtsanwendung beruht; auf die sachliche Berechtigung der Ablehnungsgründe kommt es in diesem Fall nicht an.
aa) Nach der Kammerentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 2. Juni 2005 – 2 BvR 625 und 638/01 – (vgl. auch schon BVerfG [Kammer ] StraFo 2005, 109; BGH NStZ 2005, 218, 219) darf die Anwendung von § 26a StPO nicht dazu führen, dass der abgelehnte Richter sein eigenes Verhalten beurteilt und damit „Richter in eigener Sache“ wird. Werden die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO in sachlich nicht nachvollziehbarer Weise dahingehend ausgelegt, dass das Ablehnungsgesuch unter Mitwirkung des abgelehnten Richters in der Sache auf seine Begründetheit überprüft wird, entzieht dies dem Beschuldigten im Ablehnungsverfahren seinen gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG). Zugleich kann ein solches Vorgehen den Anspruch des Beschuldigten auf Wahrung rechtlichen Gehörs verletzen (BVerfG [Kammer], Beschluss vom 2. Juni 2005 – 2 BvR 625 und 638/01).
bb) Ist ein Ablehnungsgesuch unter Mitwirkung des abgelehnten Richters (§ 26a Abs. 2 Satz 1 StPO) als unzulässig verworfen worden, darf das Revisionsgericht sich demnach nicht darauf beschränken, die hypothetische Begründetheit des Ablehnungsgesuchs nach Beschwerdegrundsätzen (§ 28 Abs. 2 StPO) zu prüfen; vielmehr muss das Revisionsgericht zunächst darüber entscheiden, ob die Grenzen der Vorschrift des § 26a StPO, die den gesetzlichen Richter gewährleistet, eingehalten wurden (vgl. BVerfG aaO). Jedenfalls bei einer willkürlichen oder die Verfassungsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG erheblich missachtenden Überschreitung des durch § 26a StPO abgesteckten Rahmens hat das Revisionsgericht – eine ordnungsgemäße Rüge des Verfahrensfehlers gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO vorausgesetzt – das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Tatgericht zurückzuverweisen (vgl. BVerfG aaO).
cc) Willkür in diesem Sinne liegt vor, wenn die Entscheidung des Gerichts auf einem Fall grober Missachtung oder grober Fehlanwendung des Gesetzesrechts beruht und daher in der Sache offensichtlich unhaltbar ist. Ebenso zu behandeln ist der Fall, dass das Gericht bei der Rechtsanwendung Bedeutung und Tragweite des von der Verfassung garantierten Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) grundlegend verkennt. Ob ein solcher Fall vorliegt, kann nur anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls beurteilt werden.
dd) Für die Anwendung von § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO hat dies insbesondere folgende Konsequenzen: Grundsätzlich ist die Gleichsetzung eines Ablehnungsgesuchs, dessen Begründung aus zwingenden rechtlichen Gründen zur Rechtfertigung eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet ist, mit einem Ablehnungsgesuch ohne Angabe eines Ablehnungsgrundes (§ 26a Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 StPO) – auch aus verfassungsrechtlicher Sicht – unbedenklich (BVerfG aaO; BGH NStZ 1999, 311). Entscheidend für die Abgrenzung zu „offensichtlich unbegründeten“ Ablehnungsgesuchen, die von § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO nicht erfasst und damit nach § 27 StPO zu behandeln sind (BGH StraFo 2004, 238; BGHR StPO § 26a Unzulässigkeit 9), ist die Frage, ob das Ablehnungsgesuch ohne nähere Prüfung und losgelöst von den konkreten Umständen des Einzelfalls zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet ist (BVerfG aaO). Über diese bloß formale Prüfung hinaus darf sich der abgelehnte Richter nicht durch Mitwirkung an einer näheren inhaltlichen Prüfung der Ablehnungsgründe im Rahmen von Entscheidungen nach § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO zum „Richter in eigener Sache“ machen. Dabei muss die Auslegung des Ablehnungsgesuchs darauf ausgerichtet sein, es seinem Inhalt nach vollständig zu erfassen, um nicht im Gewande der Zulässigkeitsprüfung in eine Begründetheitsprüfung einzutreten (BVerfG aaO).
Bleiben bei der Abgrenzung Zweifel, ist einem Vorgehen nach § 27 StPO der Vorzug zu geben. Dieses hat zudem den Vorteil, dass der abgelehnte Richter durch seine dienstliche Stellungnahme gemäß § 26 Abs. 3 StPO mögliche Missverständnisse aus dem Weg zu räumen vermag. Das Fehlen einer Stellungnahme beim Vorgehen gemäß § 26a StPO kann bereits nach bisheriger Rechtsprechung der Revision nach § 338 Nr. 3 StPO zum Erfolg verhelfen, wenn es deshalb an einer Grundlage für die sachliche Überprüfung des Ablehnungsgesuchs mangelte (vgl. BGHSt 23, 200, 202 f.) oder das im Befangenheitsgesuch enthaltene tatsächliche Vorbringen der Revisionsentscheidung ohne weiteres zugrunde zu legen war (BGHR StPO § 338 Nr. 3 Revisibilität 1; BGH NStZ 2005, 218, 219).
ee) Nach diesen Kriterien unbedenklich ist die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs nach § 26a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 StPO, das lediglich damit begründet wird, der Richter sei an einer Vorentscheidung zu Lasten des Angeklagten – etwa Eröffnungsbeschluss, Haftentscheidungen, Zurückweisungen vorangegangener Ablehnungsgesuche, den Umfang der Beweisaufnahme bestimmende Beschlüsse, Urteil über dieselbe Tat gegen einen daran Beteiligten in einem abgetrennten Verfahren – beteiligt gewesen. Da eine solche Beteiligung an Vorentscheidungen im nämlichen und in anderen damit zusammenhängenden Verfahren von Strafprozessordnung und Ge- richtsverfassungsrecht ausdrücklich vorgesehen und vorausgesetzt wird, kann die Vorbefassung als solche – abgesehen von den in § 22 Nr. 4 und Nr. 5, § 23 und § 148a Abs. 2 Satz 1 StPO genannten Ausschließungstatbeständen – die Besorgnis der Befangenheit nicht begründen (vgl. BGHR StPO § 338 Nr. 3 Strafkammer 1, insoweit in BGHSt 43, 96 nicht abgedruckt). Auch (vermeintliche) Rechtsfehler bei der Vorentscheidung können für sich genommen eine Ablehnung nicht ohne weiteres rechtfertigen (BGH NStZ 1999, 311). Unzulässig wäre auch der Versuch, einen Streit über das Ergebnis der bisherigen Beweisaufnahme zum Gegenstand des Ablehnungsverfahrens zu machen, weil der Ort, um den entscheidungserheblichen Inhalt der Beweisaufnahme festzustellen, das Urteil ist (vgl. BGHR StPO § 26a Unzulässigkeit 10 m.w.N.). Wird das Ablehnungsgesuch allein auf solche Umstände der Vorbefassung gestützt, kann es ohne inhaltliche Prüfung als unzulässig nach § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO verworfen werden, weil eine solche Begründung aus zwingenden rechtlichen Gründen zur Rechtfertigung eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet ist und dies dem Fehlen einer Begründung gleichsteht (BGH aaO).
Anders verhält es sich allerdings beim Hinzutreten besonderer Umstände , die über die Tatsache bloßer Vorbefassung als solcher und die damit notwendig verbundenen inhaltlichen Äußerungen sowie d ie übrigen genannten Aspekte hinausgehen. Dies kann etwa der Fall sein, wenn Äußerungen in früheren Urteilen nach der Sachlage unnötige und sachlich unbegründete Werturteile über einen der jetzigen Angeklagten enthalten (BGHR StPO § 338 Nr. 3 Strafkammer 1, insoweit in BGHSt 43, 96 nicht abgedruckt) oder wenn ein Richter sich bei einer Vorentscheidung in sonst unsachlicher Weise zum Nachteil des Angeklagten geäußert hat (vgl. BGH StV 2002, 116; NStZ 2005, 218).
Allerdings darf auch hinsichtlich der hinzutretenden besonderen Umstände die Besorgnis der Befangenheit nur aus Tatsachen, nicht aus bloßen Vermutungen des Antragstellers abgeleitet werden (vgl. BGH NStZ 1998, 422, 424; StV 1996, 355); insbesondere haltlose Behauptungen ohne tatsächliche Grundlage können deshalb ein im übrigen allein auf Vorbefassung gestütztes Ablehnungsgesuch nicht zulässig begründen (vgl. BGHR StPO § 26a Unzulässigkeit 2). Unabhängig hiervon bleibt dem Tatrichter in jedem Fall die Möglichkeit unbenommen, die Verwerfung des Befangenheitsgesuchs auf § 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO zu stützen, wenn mit haltloser Begründung versucht wird, das Institut der Richterablehnung als Druckmittel zur Durchsetzung genehmer oder Verhinderung unangenehmer Entscheidungen zu missbrauchen; gerade die völlige Abwegigkeit der Ablehnungsgründe kann die Sachfremdheit des angebrachten Gesuchs im Sinne von § 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO deutlich machen (vgl. BGHR StPO § 26a Unzulässigkeit 7).
Für die Frage, ob auf Vorbefassung gestützte Ablehnungsanträge nach § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO als unzulässig verworfen werden können oder nach § 27 StPO zu behandeln sind, kommt es damit entscheidend darauf an, ob der Antragsteller neben der Vorbefassung und den damit notwendig einhergehenden inhaltlichen Aussagen besondere Umstände konkret vorträgt und glaubhaft macht (vgl. hierzu BGHR StPO § 26a Unzulässigkeit 2; BGH NStZ 1999, 311), die eine inhaltliche Prüfung erfordern und den abgelehnten Richter bei einer Beteiligung an der Entscheidung nach § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO deshalb zum „Richter in eigener Sache“ machen würden.

b) Den genannten Anforderungen aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG wird die von der Revision gerügte Verwerfung des Befangenheitsgesuchs als unzulässig gemäß § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO nicht gerecht.
Das Ablehnungsgesuch hat gerade solche zur Vorbefassung hinzutretenden besonderen Umstände vorgetragen, die eine inhaltliche Prüfung erforderten. Die im vorangegangenen Verfahren unter maßgeblicher Mitwirkung des abgelehnten Richters getroffenen Festlegungen zum Tatbeitrag des Revisionsführers waren vom dortigen Verfahrensstoff nicht zweifelsfrei unbedingt erfordert (vgl. hierzu BGHR StPO § 338 Nr. 3 Strafkammer 1, insoweit in BGHSt 43, 96 nicht abgedruckt). Zudem ging es in beiden Verfahren entscheidend um die Frage der Glaubwürdigkeit der Hauptbelastungszeugin. Beide Aspekte zusammen hätten eine inhaltliche Prüfung erfordert, ob diese Umstände ausnahmsweise geeignet sind, eine Besorgnis der Befangenheit wegen Vorbefassung zu begründen. Statt in einer dienstlichen Stellungnahme nach § 26 Abs. 3 StPO seine trotz der konkreten Vorbefassung verbliebene Offenheit für die Beurteilung der Schuldfrage in Bezug auf den Angeklagten herauszustellen und danach die Entscheidung über die Frage berechtigter Bedenken an seiner erforderlichen Unvoreingenommenheit nach § 27 StPO von anderen Richtern entscheiden zu lassen, hat sich der abgelehnte Richter mit dem Vorgehen nach § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO unter eigener Beteiligung zum „Richter in eigener Sache“ gemacht; damit sind im Verwerfungsbeschluss die Anforderungen aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkannt worden.

c) Bei derartigen Verfassungsverstößen im Ablehnungsverfahren obliegt es dem Revisionsgericht, diese durch Aufhebung der angegriffenen Entscheidungen zu beheben. Nach der Systematik des Revisionsrechts ist eine solche Aufhebung und Zurückverweisung jedoch nicht isoliert in der Weise möglich, dass lediglich erneut über das Ablehnungsgesuch in der Besetzung des § 27 StPO entschieden werden könnte (missverständlich daher BVerfG aaO unter IV. 3. c am Ende). Vielmehr muss in Fällen, in denen der Angeklagte im Rahmen einer willkürlichen Verwerfung des Ablehnungsgesuchs nach § 26a StPO seinem gesetzlichen Richter entzogen wurde, der Anwendungsbereich des § 338 Nr. 3 StPO mit der Folge der Urteilsaufhebung auch dann eröffnet sein, wenn die Ablehnung womöglich sachlich nicht begründet gewesen wäre (vgl. Meyer-Goßner, StPO 48. Aufl. § 338 Rdn. 28).

d) Einer Divergenzvorlage nach § 132 Abs. 2 GVG bedarf es nicht. Die bisherigen entgegenstehenden Entscheidungen der übrigen Senate des Bundesgerichtshofs sind mit der genannten Entscheidung der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts überholt (vgl. Hannich in KK 5. Aufl. § 132 GVG Rdn. 8; vgl. auch BGHSt 44, 171, 173 zu § 121 GVG). Nach § 93c Abs. 1 Satz 2 BVerfGG steht die Kammerentscheidung der Entscheidung eines Senats des Bundesverfassungsgerichts gleich; ihr kommt damit auch die Bindungswirkung des § 31 Abs. 1 BVerfGG zu (vgl. BVerfG [Kammer] NJW 1991, 2821; Graßhof in Maunz/SchmidtBleibtreu /Klein/Bethge BVerfGG § 93c Rdn. 34). Demnach ist die rechtliche Grundlage der früheren anders lautenden Entscheidungen in Fällen wie dem vorliegenden entfallen (vgl. BGHSt 46, 17, 20).
Basdorf Häger Gerhardt Brause Schaal

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten kann durch die Verlesung eines Protokolls über eine Vernehmung oder einer Urkunde, die eine von ihm erstellte Erklärung enthält, ersetzt werden,

1.
wenn der Angeklagte einen Verteidiger hat und der Staatsanwalt, der Verteidiger und der Angeklagte damit einverstanden sind;
2.
wenn die Verlesung lediglich der Bestätigung eines Geständnisses des Angeklagten dient und der Angeklagte, der keinen Verteidiger hat, sowie der Staatsanwalt der Verlesung zustimmen;
3.
wenn der Zeuge, Sachverständige oder Mitbeschuldigte verstorben ist oder aus einem anderen Grunde in absehbarer Zeit gerichtlich nicht vernommen werden kann;
4.
soweit das Protokoll oder die Urkunde das Vorliegen oder die Höhe eines Vermögensschadens betrifft.

(2) Die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten darf durch die Verlesung des Protokolls über seine frühere richterliche Vernehmung auch ersetzt werden, wenn

1.
dem Erscheinen des Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten in der Hauptverhandlung für eine längere oder ungewisse Zeit Krankheit, Gebrechlichkeit oder andere nicht zu beseitigende Hindernisse entgegenstehen;
2.
dem Zeugen oder Sachverständigen das Erscheinen in der Hauptverhandlung wegen großer Entfernung unter Berücksichtigung der Bedeutung seiner Aussage nicht zugemutet werden kann;
3.
der Staatsanwalt, der Verteidiger und der Angeklagte mit der Verlesung einverstanden sind.

(3) Soll die Verlesung anderen Zwecken als unmittelbar der Urteilsfindung, insbesondere zur Vorbereitung der Entscheidung darüber dienen, ob die Ladung und Vernehmung einer Person erfolgen sollen, so dürfen Protokolle und Urkunden auch sonst verlesen werden.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 2 beschließt das Gericht, ob die Verlesung angeordnet wird. Der Grund der Verlesung wird bekanntgegeben. Wird das Protokoll über eine richterliche Vernehmung verlesen, so wird festgestellt, ob der Vernommene vereidigt worden ist. Die Vereidigung wird nachgeholt, wenn sie dem Gericht notwendig erscheint und noch ausführbar ist.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

(2) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.