Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Okt. 2012 - X ZB 10/11

bei uns veröffentlicht am16.10.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 10/11
vom
16. Oktober 2012
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Steckverbindung
Schematische Darstellungen, wie sie üblicherweise in Patentschriften zu finden
sind, offenbaren in der Regel nur das Prinzip der beanspruchten Vorrichtung,
nicht aber exakte Abmessungen.
Ein Gericht ist grundsätzlich nicht gehalten, einen Beteiligten zur Wahrung des
rechtlichen Gehörs ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass es eine in einer
Patentschrift wiedergegebene Zeichnung nur als schematische Darstellung und
nicht als maßstabsgerechte Konstruktionszeichnung ansieht.
BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2012 - X ZB 10/11 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Oktober 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Gröning, Dr. Grabinski
und Dr. Bacher sowie die Richterin Schuster

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den am 19. Oktober 2011 verkündeten Beschluss des 19. Senats (Technischen Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten der Patentinhaberin zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert wird auf 50.000 Euro festgesetzt.

Gründe:


1
I. Die Rechtsbeschwerdeführerin ist Inhaberin des deutschen Patents 10 2005 039 619 (Streitpatents), das am 19. August 2005 angemeldet worden ist und eine Steckverbindung betrifft. Patentanspruch 1, auf den sechs weitere Ansprüche zurückbezogen sind, lautet in der erteilten Fassung: "Steckverbindung mit wenigstens drei vielpoligen Kontaktreihen, vorzugsweise aus Messer- und Federleisten bestehende Steckverbindungen, wobei die Messerleisten (100) mindestens ein erstes Kontaktelement (120) und die Federleisten (200) mindestens ein zweites, zum ersten Kontaktelement korrespondierendes Kontaktelement (220) aufweisen, dadurch gekennzeichnet, dass Lötanschlüsse (128, 228; 128', 228') der Kontaktelemente (120, 220; 120', 220') wenigstens einer Kontaktreihe so angeordnet sind, dass die Abstände zwischen den Lötanschlüssen (128, 228; 128', 228') der Kontaktelemente (120, 220; 120', 220') dieser wenigstens einen Kontaktreihe und den Lötanschlüssen (128, 228; 128', 228') der Kontaktelemente (120, 220; 120', 220') der restlichen Kontaktreihen größer sind als die Abstände zwischen den Lötanschlüssen (128, 228; 128', 228') der Kontaktelemente (120, 220; 120', 220') innerhalb der restlichen Kontaktreihen."
2
Die Rechtsbeschwerdegegnerin hat gegen das Streitpatent Einspruch erhoben und geltend gemacht, dessen Gegenstand sei nicht patentfähig. Die Patentinhaberin hat das Streitpatent in der erteilten Fassung und hilfsweise in geänderter Fassung verteidigt.
3
Das Patentamt hat das Streitpatent widerrufen. Die Beschwerde der Patentinhaberin, mit der sie das Patent in geänderten Fassungen verteidigt hat, ist erfolglos geblieben. Dagegen wendet sich die Patentinhaberin mit der Rechtsbeschwerde, der die Einsprechende entgegentritt.
4
II. Das form- und fristgerecht eingelegte Rechtsmittel ist statthaft, weil die Patentinhaberin einen Zulassungsgrund im Sinne von § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG geltend macht. Es ist jedoch unbegründet. Das Patentgericht hat den Anspruch der Patentinhaberin auf rechtliches Gehör nicht verletzt.
5
1. Der Rechtsbeschwerdegrund des § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG trägt der Bedeutung des verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) für ein rechtsstaatliches Verfahren Rechnung, in dem jeder Verfahrensbeteiligte seine Rechte wirksam wahrnehmen kann. Dies setzt voraus, dass das Gericht das tatsächliche und rechtliche Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis nimmt und auf seine sachlich-rechtliche und verfahrensrechtliche Entscheidungserheblichkeit prüft und ferner keine Erkenntnisse verwertet, zu denen die Verfahrensbeteiligten sich nicht äußern konnten (vgl. nur BGH, Beschluss vom 27. Juni 2007 - X ZB 6/05, BGHZ 173, 47 = GRUR 2007, 862 Rn. 30 - Informationsübermittlungsverfahren II).
6
Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs schließt keine allgemeine Pflicht zu Hinweisen an die Parteien ein. Ein Hinweis kann jedoch geboten sein, wenn für die Beteiligten auch bei sorgfältiger Prozessführung nicht vorhersehbar ist, auf welche Erwägungen das Gericht seine Entscheidung stützen wird (BGH, Beschluss vom 16. September 2008 - X ZB 29/07, GRUR 2009, 91 Rn. 9 - Antennenhalter; Beschluss vom 25. Januar 2000 - X ZB 7/99, GRUR 2000, 792, 793 - Spiralbohrer). Diese Voraussetzung kann zum Beispiel gegeben sein, wenn das Gericht den Antrag eines Beteiligten in einer Weise auslegt, die in erkennbarem Widerspruch zu dessen Bestreben liegt (BGH, Beschluss vom 22. September 2009 - Xa ZB 36/08, GRUR 2010, 87 Rn. 15 - Schwingungsdämpfer ), wenn das Gericht seine Beurteilung auf eine Entgegenhaltung stützt, die von den Beteiligten nur beiläufig angeführt worden ist (BGH, Beschluss vom 12. April 2011 - X ZB 1/10, GRUR 2011, 656 Rn. 7 - Modularer Fernseher I; Beschluss vom 8. September 2009 - X ZB 35/08, GRUR 2009, 1192 Rn. 16 - Polyolefinfolie), oder wenn ein Beteiligter erkennbar einem Missverständnis oder einem Rechtsirrtum erlegen ist (BGH, Beschluss vom 22. September 2009 - Xa ZB 36/08, GRUR 2010, 87 Rn. 17 - Schwingungsdämpfer).
7
2. Im Streitfall war das Patentgericht nicht verpflichtet, die Patentinhaberin zur Wahrung des rechtlichen Gehörs darauf hinzuweisen, dass es die Zeichnungen in den Figuren 1 bis 6 der Streitpatentschrift als nicht maßstabsgetreue perspektivische Darstellungen ansieht.
8
Das Patentgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, das in allen verteidigten Fassungen von Patentanspruch 1 vorgesehene Merkmal, wonach für die Kontaktelemente der Messerleiste und die Kontaktelemente der Federleiste jeweils (nur) ein Kontaktelement (eines einzigen Typs) vorgesehen ist, sei in den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht als zur Erfindung gehörend offenbart. Dieses Merkmal werde weder in der ursprünglichen Fassung der Patentansprüche noch in der Beschreibung explizit genannt. Es sei auch keiner der Figuren eindeutig zu entnehmen. Bei perspektivischen Darstellungen der in den Figuren 1 bis 6 wiedergegebenen Art würden Einzelheiten regelmäßig nicht maßstäblich , sondern verzerrt wiedergegeben. Der Fachmann habe daher keinen Anlass gehabt, aufgrund dieser Figuren zu mutmaßen, in der Art der Darstellung der Kontakte könnte eine Erfindung offenbart sein, zumal die Patentansprüche und die Beschreibung einen anderen Schwerpunkt gesetzt hätten, nämlich die Gestaltung der Lötanschlüsse. Die Figuren 7 und 8, die den Anschein einer Konstruktionszeichnung erweckten, zeigten Steckverbinder, bei denen die Kontaktpole unterschiedlicher Reihen eindeutig nicht miteinander übereinstimmend ausgeführt worden seien.
9
Diese Beurteilung beruht nicht auf Erwägungen, die für die Patentinhaberin unvorhersehbar gewesen sind. Es entspricht einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass schematische Darstellungen, wie sie üblicherweise in Patentschriften zu finden sind, regelmäßig nur das Prinzip der beanspruchten Vorrichtung offenbaren, nicht aber exakte Abmessungen (Benkard/Melullis, Patentgesetz, 10. Auflage, § 3 PatG Rn. 27; Benkard/ Scharen, § 14 PatG Rn. 29; Busse/Keukenschrijver, Patentgesetz, 6. Auflage, § 14 PatG Rn. 70; Schulte/Moufang, Patentgesetz, 8. Auflage, § 34 PatG Rn. 320; BPatG, Beschluss vom 17. Oktober 2007 - 7 W (pat) 367/04, juris Rn. 42; Urteil vom 14. Juni 2007 - 2 Ni 32/05 (EU), juris Rn. 53; Urteil vom 13. März 2001 - 4 Ni 12/00 (EU), juris Rn. 55). Angesichts dessen konnte und durfte die Patentinhaberin nicht darauf vertrauen, dass das Patentgericht die Figuren 1 bis 6 der Streitpatentschrift als maßstabsgerechte Konstruktionszeichnungen ansehen würde. Vielmehr lag es an der Patentinhaberin, spätestens in der Beschwerdeinstanz vorzutragen, dass die Figuren 1 bis 6 nach ihrer Auffassung isometrische Darstellungen enthalten. Besondere Umstände, aus denen sich eine abweichende Beurteilung ergeben könnte, sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
10
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 109 Abs. 1 Satz 2 PatG, die Festsetzung des Beschwerdewerts auf § 51 Abs. 1 GKG.
11
IV. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten (§ 107 Abs. 1 Halbsatz 2 PatG).
Meier-Beck Gröning Grabinski
Bacher Schuster
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 19.10.2011 - 19 W(pat) 92/09 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Okt. 2012 - X ZB 10/11

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Okt. 2012 - X ZB 10/11

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Okt. 2012 - X ZB 10/11 zitiert 11 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 51 Gewerblicher Rechtsschutz


(1) In Rechtsmittelverfahren des gewerblichen Rechtsschutzes (§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 14) und in Verfahren über Ansprüche nach dem Patentgesetz, dem Gebrauchsmustergesetz, dem Markengesetz, dem Designgesetz, dem Halbleiterschutzgesetz und dem Sort

Patentgesetz - PatG | § 100


(1) Gegen die Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts, durch die über eine Beschwerde nach § 73 oder über die Aufrechterhaltung oder den Widerruf eines Patents nach § 61 Abs. 2 entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesger

Patentgesetz - PatG | § 109


(1) Sind an dem Verfahren über die Rechtsbeschwerde mehrere Personen beteiligt, so kann der Bundesgerichtshof bestimmen, daß die Kosten, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, von einem Beteiligten ganz oder teilwei

Patentgesetz - PatG | § 21


(1) Das Patent wird widerrufen (§ 61), wenn sich ergibt, daß 1. der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 nicht patentfähig ist,2. das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann,3. der w

Patentgesetz - PatG | § 14


Der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung wird durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.

Patentgesetz - PatG | § 34


(1) Eine Erfindung ist zur Erteilung eines Patents beim Deutschen Patent- und Markenamt anzumelden. (2) Die Anmeldung kann auch über ein Patentinformationszentrum eingereicht werden, wenn diese Stelle durch Bekanntmachung des Bundesministeriums d

Patentgesetz - PatG | § 3


(1) Eine Erfindung gilt als neu, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört. Der Stand der Technik umfaßt alle Kenntnisse, die vor dem für den Zeitrang der Anmeldung maßgeblichen Tag durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benutzung od

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Okt. 2012 - X ZB 10/11 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Okt. 2012 - X ZB 10/11 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Sept. 2009 - X ZB 35/08

bei uns veröffentlicht am 08.09.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 35/08 vom 8. September 2009 in dem Rechtsbeschwerdeverfahren betreffend das Patent 100 51 495 Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Polyolefinfolie PatG § 100 Abs. 3 Nr. 3 a) Es verletzt den Ans

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Apr. 2011 - X ZB 1/10

bei uns veröffentlicht am 12.04.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 1/10 vom 12. April 2011 in dem Rechtsbeschwerdeverfahren betreffend das deutsche Patent 197 57 493 Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Modularer Fernseher PatG § 100 Abs. 3 Nr. 3; GG Art. 103 Abs

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Juni 2007 - X ZB 6/05

bei uns veröffentlicht am 27.06.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 6/05 vom 27. Juni 2007 in der Rechtsbeschwerdesache Nachschlagewerk: ja BGHZ : ja BGHR : ja Informationsübermittlungsverfahren II PatG § 21 Abs. 2 Das Patent darf im Einspruchs(beschwerde)verfahren nur da

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Jan. 2000 - X ZB 7/99

bei uns veröffentlicht am 25.01.2000

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 7/99 vom 25. Januar 2000 in der Rechtsbeschwerdesache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein Spiralbohrer PatG 1981 § 100 Abs. 3 Nr. 3 i.d.F. des 2. PatGÄ ndG a) Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs im Sinne

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Sept. 2008 - X ZB 29/07

bei uns veröffentlicht am 16.09.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 29/07 vom 16. September 2008 in der Rechtsbeschwerdesache betreffend das Gebrauchsmuster 202 19 274 Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Antennenhalter GG Art. 103 Abs. 1; PatG § 100 Abs. 3 Nr. 3 De
4 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Okt. 2012 - X ZB 10/11.

Bundesgerichtshof Urteil, 20. März 2014 - X ZR 128/12

bei uns veröffentlicht am 20.03.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X Z R 1 2 8 / 1 2 Verkündet am: 20. März 2014 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Der X. Zivilsenat

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Nov. 2012 - X ZR 82/09

bei uns veröffentlicht am 29.11.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 82/09 Verkündet am: 29. November 2012 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Der X. Zivilsenat des Bundesgerich

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Mai 2016 - X ZR 28/14

bei uns veröffentlicht am 24.05.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 28/14 Verkündet am: 24. Mai 2016 Hartmann Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache ECLI:DE:BGH:2016:240516UXZR28.14.0

Bundesgerichtshof Urteil, 02. Dez. 2014 - X ZR 151/12

bei uns veröffentlicht am 02.12.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X Z R 1 5 1 / 1 2 Verkündet am: 2. Dezember 2014 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk:

Referenzen

(1) Das Patent wird widerrufen (§ 61), wenn sich ergibt, daß

1.
der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 nicht patentfähig ist,
2.
das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann,
3.
der wesentliche Inhalt des Patents den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften oder Einrichtungen eines anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne dessen Einwilligung entnommen worden ist (widerrechtliche Entnahme),
4.
der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist; das gleiche gilt, wenn das Patent auf einer Teilanmeldung oder einer nach § 7 Abs. 2 eingereichten neuen Anmeldung beruht und der Gegenstand des Patents über den Inhalt der früheren Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der früheren Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist.

(2) Betreffen die Widerrufsgründe nur einen Teil des Patents, so wird es mit einer entsprechenden Beschränkung aufrechterhalten. Die Beschränkung kann in Form einer Änderung der Patentansprüche, der Beschreibung oder der Zeichnungen vorgenommen werden.

(3) Mit dem Widerruf gelten die Wirkungen des Patents und der Anmeldung als von Anfang an nicht eingetreten. Bei beschränkter Aufrechterhaltung ist diese Bestimmung entsprechend anzuwenden.

(1) Eine Erfindung gilt als neu, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört. Der Stand der Technik umfaßt alle Kenntnisse, die vor dem für den Zeitrang der Anmeldung maßgeblichen Tag durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benutzung oder in sonstiger Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind.

(2) Als Stand der Technik gilt auch der Inhalt folgender Patentanmeldungen mit älterem Zeitrang, die erst an oder nach dem für den Zeitrang der jüngeren Anmeldung maßgeblichen Tag der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind:

1.
der nationalen Anmeldungen in der beim Deutschen Patent- und Markenamt ursprünglich eingereichten Fassung;
2.
der europäischen Anmeldungen in der bei der zuständigen Behörde ursprünglich eingereichten Fassung, wenn mit der Anmeldung für die Bundesrepublik Deutschland Schutz begehrt wird und die Benennungsgebühr für die Bundesrepublik Deutschland nach Artikel 79 Abs. 2 des Europäischen Patentübereinkommens gezahlt ist und, wenn es sich um eine Euro-PCT-Anmeldung (Artikel 153 Abs. 2 des Europäischen Patentübereinkommens) handelt, die in Artikel 153 Abs. 5 des Europäischen Patentübereinkommens genannten Voraussetzungen erfüllt sind;
3.
der internationalen Anmeldungen nach dem Patentzusammenarbeitsvertrag in der beim Anmeldeamt ursprünglich eingereichten Fassung, wenn für die Anmeldung das Deutsche Patent- und Markenamt Bestimmungsamt ist.
Beruht der ältere Zeitrang einer Anmeldung auf der Inanspruchnahme der Priorität einer Voranmeldung, so ist Satz 1 nur insoweit anzuwenden, als die danach maßgebliche Fassung nicht über die Fassung der Voranmeldung hinausgeht. Patentanmeldungen nach Satz 1 Nr. 1, für die eine Anordnung nach § 50 Abs. 1 oder Abs. 4 erlassen worden ist, gelten vom Ablauf des achtzehnten Monats nach ihrer Einreichung an als der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

(3) Gehören Stoffe oder Stoffgemische zum Stand der Technik, so wird ihre Patentfähigkeit durch die Absätze 1 und 2 nicht ausgeschlossen, sofern sie zur Anwendung in einem der in § 2a Abs. 1 Nr. 2 genannten Verfahren bestimmt sind und ihre Anwendung zu einem dieser Verfahren nicht zum Stand der Technik gehört.

(4) Ebenso wenig wird die Patentfähigkeit der in Absatz 3 genannten Stoffe oder Stoffgemische zur spezifischen Anwendung in einem der in § 2a Abs. 1 Nr. 2 genannten Verfahren durch die Absätze 1 und 2 ausgeschlossen, wenn diese Anwendung nicht zum Stand der Technik gehört.

(5) Für die Anwendung der Absätze 1 und 2 bleibt eine Offenbarung der Erfindung außer Betracht, wenn sie nicht früher als sechs Monate vor Einreichung der Anmeldung erfolgt ist und unmittelbar oder mittelbar zurückgeht

1.
auf einen offensichtlichen Mißbrauch zum Nachteil des Anmelders oder seines Rechtsvorgängers oder
2.
auf die Tatsache, daß der Anmelder oder sein Rechtsvorgänger die Erfindung auf amtlichen oder amtlich anerkannten Ausstellungen im Sinne des am 22. November 1928 in Paris unterzeichneten Abkommens über internationale Ausstellungen zur Schau gestellt hat.
Satz 1 Nr. 2 ist nur anzuwenden, wenn der Anmelder bei Einreichung der Anmeldung angibt, daß die Erfindung tatsächlich zur Schau gestellt worden ist und er innerhalb von vier Monaten nach der Einreichung hierüber eine Bescheinigung einreicht. Die in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Ausstellungen werden vom Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz im Bundesanzeiger bekanntgemacht.

(1) Gegen die Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts, durch die über eine Beschwerde nach § 73 oder über die Aufrechterhaltung oder den Widerruf eines Patents nach § 61 Abs. 2 entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn der Beschwerdesenat die Rechtsbeschwerde in dem Beschluß zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.

(3) Einer Zulassung zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts bedarf es nicht, wenn einer der folgenden Mängel des Verfahrens vorliegt und gerügt wird:

1.
wenn das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
wenn bei dem Beschluß ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
wenn einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
wenn ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
wenn der Beschluß auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
wenn der Beschluß nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Gegen die Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts, durch die über eine Beschwerde nach § 73 oder über die Aufrechterhaltung oder den Widerruf eines Patents nach § 61 Abs. 2 entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn der Beschwerdesenat die Rechtsbeschwerde in dem Beschluß zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.

(3) Einer Zulassung zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts bedarf es nicht, wenn einer der folgenden Mängel des Verfahrens vorliegt und gerügt wird:

1.
wenn das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
wenn bei dem Beschluß ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
wenn einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
wenn ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
wenn der Beschluß auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
wenn der Beschluß nicht mit Gründen versehen ist.

30
Der Rechtsbeschwerdegrund des § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG trägt der Bedeutung des verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) für ein rechtsstaatliches Verfahren Rechnung, in dem jeder Verfahrensbeteiligte seine Rechte wirksam wahrnehmen kann. Dies setzt voraus, dass das Gericht das tatsächliche und rechtliche Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis nimmt und auf seine sachlich-rechtliche und verfahrensrechtliche Entscheidungserheblichkeit prüft und ferner keine Erkenntnisse verwertet, zu denen die Verfahrensbeteiligten sich nicht äußern konnten (Sen.Beschl. v. 11.6.2002 - X ZB 27/01, GRUR 2002, 957 - Zahnstruktur, m.w.N.).
9
a) Der Anspruch auf rechtliches Gehör gibt jedem Verfahrensbeteiligten das Recht, sich zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt zu äußern und dem Gericht die eigene Auffassung zu den erheblichen Rechtsfragen darzulegen. Das Gericht ist verpflichtet, dieses Vorbringen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (st. Rspr., BVerfG NJW 1995, 2095, 2096 m.w.N.; BVerfGE 86, 133, 144; BGHZ 173, 47 Tz. 30 - Informationsübermittlungsverfahren II; Sen.Beschl. v. 19.5.1999 - X ZB 13/98, GRUR 1999, 919 - Zugriffsinformation; Sen.Beschl. v. 30.3.2005 - X ZB 8/04, GRUR 2005, 572 - Vertikallibelle). Zwar schließt das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs im Sinne des § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG keine allgemeine Pflicht zu Hinweisen an die Parteien im Sinne der §§ 139, 238 ZPO, § 91 PatG ein. Ein solcher Hinweis kann aber im Hinblick auf das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs dann geboten sein, wenn für die Parteien auch bei sorgfältiger Prozessführung nicht vorhersehbar ist, auf welche Erwägungen das Gericht seine Entscheidung stützen wird (Sen.Beschl. v. 25.1.2000 - X ZB 7/99, GRUR 2000, 792 - Spiralbohrer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 7/99
vom
25. Januar 2000
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Spiralbohrer
PatG 1981 § 100 Abs. 3 Nr. 3 i.d.F. des 2. PatGÄ ndG

a) Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs im Sinne des § 100 Abs. 3
Nr. 3 i.d.F. des 2. PatGÄ ndG schließt keine allgemeine Pflicht zu Hinweisen
an die Parteien im Sinne der §§ 139, 238 ZPO, § 91 PatG ein.

b) Ein solcher Hinweis kann im Hinblick auf das Gebot der Gewährung rechtlichen
Gehörs allenfalls dann geboten sein, wenn wegen der Auffassung des
Gerichts für die Parteien nicht vorhersehbar ist, auf welche Erwägungen
das Gericht seine Entscheidung stützen wird.
BGH, Beschluß vom 25. Januar 2000 - X ZB 7/99 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 25. Januar 2000
durch den Vorsitzenden Richter Rogge, die Richter Dr. Jestaedt, Dr. Melullis,
Scharen und Keukenschrijver

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 8. Senats (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts vom 16. März 1999 wird auf Kosten der Patentinhaberin zurückgewiesen.
Der Wert des Gegenstandes der Rechtsbeschwerde wird auf 100.000,-- DM festgesetzt.

Gründe:


I. Die Rechtsbeschwerdeführerin ist eingetragene Inhaberin des am 22. Mai 1982 angemeldeten Patents 32 19 341, das einen Spiralbohrer betrifft.
Nachdem gegen dieses Schutzrecht von seiten der weiteren Verfahrensbeteiligten Einspruch eingelegt worden war, hat die Patentabteilung 14 des Deutschen Patentamtes es mit Beschluß vom 3. April 1997 in beschränktem
Umfang aufrechterhalten. Gegen diese Entscheidung haben die Einsprechenden Beschwerde und die Patentinhaberin Anschlußbeschwerde eingelegt. In der mündlichen Verhandlung über die Beschwerden hat die Patentinhaberin neu gefaßte Unterlagen eingereicht, auf deren Grundlage sie das Streitpatent mit Haupt- und Hilfsanträgen verteidigt hat.
Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent unter Berücksichtigung aller dieser Anträge mit Beschluß vom 16. März 1999 insgesamt widerrufen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vom Bundespatentgericht nicht zugelassene Rechtsbeschwerde der Patentinhaberin, mit der sie geltend macht, das Bundespatentgericht habe ihr zum einen das rechtliche Gehör versagt, zum anderen fehle der angefochtenen Entscheidung eine hinreichende Begründung. Die Einsprechenden treten der Rechtsbeschwerde entgegen.
II. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und zulässig, weil sie geltend macht, daß der angefochtene Beschluß auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs beruht (§ 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG 1981 i.d.F. des 2. Gesetzes zur Ä nderung des Patentgesetzes und anderer Gesetze [2. PatGÄ ndG] v. 16.7.1998 - BGBl. I S. 1827), und ferner beanstandet, der angefochtene Beschluß sei nicht mit Gründen versehen (§ 100 Abs. 3 Nr. 5 PatG 1981 - seit der Ä nderung durch das 2. PatGÄ ndG § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG). Sie ist jedoch nicht begründet , weil die gerügten Mängel nicht vorliegen.
1. a) Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs macht die Rechtsbeschwerde mit der Begründung geltend, das Bundespatentgericht habe die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung nicht darauf hingewiesen, daß seine gegenüber der Zulässigkeit der ursprünglich formulierten Ansprüche be-
stehenden Zweifel auch nach der Neufassung nach den Haupt- und Hilfsanträgen fortbestünden. Da gegenüber diesen auch von der Einsprechenden Zweifel nicht geäußert worden seien, hätten die Patentinhaberin und ihre anwaltlichen Vertreter darauf vertrauen dürfen, daß nach der Modifizierung der Schutzansprüche solche Bedenken nicht mehr bestünden, zumal sie mit der mit Wortlaut und Wortsinn nicht zu vereinbarenden Interpretation durch das Bundespatentgericht weder hätten rechnen müssen noch können. Darüber hinaus habe ihr Prozeßbevollmächtigter mit der Anmerkung, daß nach der Neufassung der Ansprüche seiner Ansicht nach allen Bedenken Rechnung getragen worden sei, für alle Beteiligten deutlich gemacht, daß aus der Sicht der Patentinhaberin solche Bedenken nicht mehr bestünden und aus ihrer Sicht daher weitere Reaktionen nicht erforderlich seien.
Das hätte dem Bundespatentgericht nach Meinung der Rechtsbeschwerde Anlaß geben müssen, auf gleichwohl fortbestehende Bedenken hinzuweisen. Hätte es dieser Verpflichtung genügt, hätte die Patentinhaberin entweder ohne weiteres diese Bedenken ausräumen oder aber in dem vom Bundespatentgericht als wesentlich angesehenen Punkt auf den Wortlaut des ursprünglichen Anspruchs zurückgreifen können, bei dem das in der angefochtenen Entscheidung herausgestellte Zulässigkeitsbedenken nicht bestehe.
Der Verstoß gegen die Pflicht zur sachgemäßen und angemessenen Erörterung (§ 91 PatG) und der Gewährung des rechtlichen Gehörs (§ 93 PatG) wiege um so schwerer, als die Patentinhaberin, wovon das Bundespatentgericht nach den Erklärungen ihrer Vertreter habe ausgehen müssen, zu weiteren Ä nderungen in den Patentansprüchen bereit gewesen sei, um etwa noch bestehende Mängel zu beheben.


b) Mit diesem Vorbringen wird eine der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde zum Erfolg verhelfende Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht dargelegt. Die durch das 2. PatGÄ ndG in den Katalog der Verfahrensmängel, bei deren Vorliegen auch ohne Zulassung durch das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zulässig ist, in das Gesetz eingefügte Regelung des § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG trägt der Bedeutung des Anspruchs auf rechtliches Gehör als verfassungsrechtlichem Gebot und grundlegender Verfahrensregel Rechnung (vgl. Gesetzesbegründung BT-Drucks. 13/9971 S. 34 zu Art. 2 Nr. 25 - BIPMZ 1998, 393, 405). Sie knüpft damit an die verfassungsrechtliche Gewährleistung dieses Anspruchs und seine Ausprägung insbesondere in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an, so daß die von diesem entwickelten Grundsätze zu Inhalt und Ausbildung dieses Rechts auch bei der Interpretation der Vorschrift heranzuziehen sind.
Danach verpflichtet das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs das mit der Sache befaßte Gericht, die Ausführungen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidung zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 11, 218, 220; 62, 347, 352; 79, 51, 61; 83, 24, 35; 86, 133, 144; vgl. a. BVerfG NJW 1993, 51; NJW 1999, 1387, 1388). Er ist verletzt, wenn im Einzelfall Umstände vorliegen, aus denen sich ergibt, daß das Gericht das Vorbringen einer oder mehrerer Parteien entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung nicht erwogen hat (vgl. BVerfGE 47, 182, 188). Daß das Beschwerdegericht in diesem Sinne Vorbringen der Patentinhaberin übergangen hat, wird auch von der Rechtsbeschwerde nicht geltend gemacht. Von ihr wird lediglich gerügt, daß das Bundespatentgericht seine Rechtsauffassung nicht vor seiner Entscheidung in einer Weise geäußert hat, die der Patentinha-
berin eine weitere Anpassung ihrer Anträge ermöglicht hätte. In diesem Unterlassen kann eine Verletzung des rechtlichen Gehörs indessen nicht gesehen werden.
Zwar kann es im Einzelfall im Hinblick auf das verfassungsrechtlich in Art. 103 GG geschützte Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs unter besonderen Voraussetzungen, nämlich dann, wenn die Parteien bei der von ihnen zu erwartenden Sorgfalt die maßgeblichen Gesichtspunkte nicht schon von sich aus haben erkennen können, erforderlich sein, sie auf die Rechtsauffassung hinzuweisen, die das Gericht seiner Entscheidung zugrunde legen will (vgl. BVerfG DVBl. 1995, 34). An einer hinreichenden Gelegenheit zur Stellungnahme , die das Gebot des rechtlichen Gehörs gewährleisten will, fehlt es nicht nur dann, wenn ein Beteiligter gar nicht zu Wort gekommen ist oder das Gericht bei seiner Entscheidung Tatsachen zugrunde gelegt hat, zu denen die Parteien nicht Stellung nehmen konnten. Ein dem verfahrens- wie verfassungsrechtlichen Gebot genügende Gewährung rechtlichen Gehörs setzt vielmehr auch voraus, daß die Beteiligten in Anwendung der von ihnen zu erwartenden Sorgfalt erkennen konnten, auf welches Vorbringen es für die Entscheidung ankommen kann und wird (vgl. BVerfGE 84, 188, 190; 86, 133, 144).
Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs schließt jedoch auch in diesem Zusammenhang keine allgemeine Pflicht zu Hinweisen an die Parteien ein, wie sie ihren Niederschlag etwa in den §§ 139, 238 ZPO und § 91 PatG gefunden hat (vgl. BVerfGE 66, 116, 147). Ihr läßt sich daher weder eine allgemeine Verpflichtung des Gerichts zur Darlegung seiner Rechtsauffassung (vgl. dazu BVerfGE 74, S. 1, 6) noch eine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht entnehmen (vgl. BVerfGE 66, 116, 147). Im Hinblick auf das Gebot der
Gewährung rechtlichen Gehörs kann ein solcher Hinweis allenfalls dann geboten sein, wenn wegen der Auffassung des Gerichts für die Beteiligten nicht vorhersehbar ist, auf welche Erwägungen es seine Entscheidung stützen wird, und deshalb, weil diese Gesichtspunkte nicht angesprochen wurden, ein für die Entscheidung relevanter Sachvortrag unterbleibt (vgl. BVerfGE 84, 188, 190; s.a. BVerfG NJW 1994, 848, 849).
Eine Ungewißheit in diesem Sinne ist von der Rechtsbeschwerde nicht dargelegt worden. Wie sich aus der von ihr insoweit nicht in Zweifel gezogenen angefochtenen Entscheidung ergibt, ist die für das Beschwerdegericht maßgebliche Frage nach der Zulässigkeit der von der Patentinhaberin vorgenommenen Ä nderungen am Wortlaut der Patentansprüche und der Beschreibung in der Verhandlung vom Gericht angesprochen und mit den Parteien diskutiert worden. Mit diesem Hinweis hat das Gericht die möglichen Grundlagen seiner Entscheidung bezeichnet und den Parteien und ihren Vertretern Gelegenheit gegeben, hierzu Stellung zu nehmen und die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Hiervon hat die Patentinhaberin durch eine Neufassung der Ansprüche, mit denen sie das Patent verteidigen wollte, auch Gebrauch gemacht. Die Rechtsbeschwerde stützt ihre Rüge gerade unter anderem auch darauf, daß die Patentinhaberin im Hinblick auf diese Hinweise die Schutzansprüche neu formuliert hat.
Zu weitergehenden Hinweisen, insbesondere dazu, ob die bereits vorgenommenen Ä nderungen ausreichten, um den Bedenken des Gerichts Rechnung zu tragen, war dieses auch dann nicht gehalten, wenn es erkannt haben sollte, daß die Patentinhaberin nach ihrer Auffassung von einer nunmehr erreichten Zulässigkeit aller Ä nderungen ausgegangen sein sollte. Mit dem Hin-
weis auf die bestehenden Zweifel und deren Diskussion hat das Beschwerdegericht der aus dem Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs folgenden Hinweispflicht , die ohnehin nur in Ausnahmefällen besteht, genügt. Eine weitergehende Hinweispflicht konnte sich damit allenfalls aus § 91 PatG ergeben, auf dessen Verletzung sich die Rechtsbeschwerde ebenfalls stützt. Da ein solcher Verfahrensmangel im Katalog der Gründe nicht aufgeführt ist, die nach § 100 Abs. 3 PatG die Rechtsbeschwerde auch ohne Zulassung durch das Beschwerdegericht eröffnen, bedarf es hier keines Eingehens auf die Frage, ob das Gericht gehalten sein kann, auch nach einer Erörterung der Sach- und Rechtslage einen zum behandelten Thema fortbestehenden Rechtsirrtum der Parteien oder ihrer Vertreter entgegenzuwirken, und in welchem Umfang eine solche Belehrung mit seiner Pflicht zur Unparteilichkeit zu vereinbaren ist.
2. Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Rechtsbeschwerde, der angefochtenen Entscheidung fehle die erforderliche Begründung (§ 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG). Wie auch die Rechtsbeschwerde nicht verkennt, ist der Beschluß des Beschwerdegerichts mit einer Begründung versehen und genügt daher insoweit den formalen Anforderungen des Begründungszwangs.
Soweit die Rechtsbeschwerde rügt, das Bundespatentgericht habe bei seiner Auslegung übersehen, daß der von ihm zitierte Keilwinkel normalerweise für die gesamte Hauptschneide definiert sei und damit entgegen seiner Auffassung doch einen Hinweis darauf bilde, daß die gesamte Hauptschneide von der Ausspitzung gebildet werde, wendet sie sich in unzulässiger Weise gegen die sachliche Richtigkeit der Entscheidung. Dasselbe gilt für die Angriffe gegen die Auffassung des Beschwerdegerichts, um zu einer anderen als der von ihm vorgenommenen Auslegung des Patents zu gelangen, wären zusätzli-
che Angaben in der Patentbeschreibung erforderlich gewesen, die zwingend erforderten, daß mit der Lehre des Patents auch die Verwendung nur einer der alternativ durch das Wort "oder" verbundenen Ausführungsformen unter Schutz gestellt sein solle.
Zu Unrecht beanstandet die Rechtsbeschwerde schließlich einen Begründungsmangel auch mit der Erwägung, der angefochtene Beschluß lasse nicht erkennen, ob und mit welchem Gewicht das Beschwerdegericht die seiner Auslegung entgegenstehende zeichnerische Darstellung der patentgemäßen Lehre berücksichtigt habe. Mit der darauf gestützten Rüge, die Ausführungen des Beschwerdegerichts ließen mindestens drei Interpretationsmöglichkeiten zu, wird ein Begründungsmangel im Sinne des § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG nicht aufgezeigt. Geltend gemacht werden Unvollständigkeit und Widersprüchlichkeit in der Begründung, die einen Begründungsmangel nur dann darstellen, wenn die vorhandenen Gründe ganz unverständlich, verworren oder in sich widersprüchlich sind oder wenn sie sich auf leere Redensarten oder die bloße Wiedergabe des Gesetzestextes beschränken, so daß sie nicht erkennen lassen, welche tatsächlichen Feststellungen und welche rechtlichen Erwägungen für die getroffene Entscheidung maßgebend waren (st. Rspr., vgl. u.a. Sen.Beschl. v. 2.3.1993 - X ZB 14/92, GRUR 1993, 655, 656 - Rohrausformer), oder wenn eines von mehreren geltend gemachten Angriffs- oder Verteidigungsmitteln, das einen selbständigen Charakter hat und deshalb in den Gründen auch zu bescheiden war, bei der Begründung übergangen wurde (vgl. Sen.Beschl. v. 26.9.1996 - X ZB 18/95, GRUR 1997, 120, 122 - elektrisches Speicherheizgerät ; Sen.Beschl. v. 22.4.1998 - X ZB 5/97, GRUR 1998, 907 - Alkyläther). Einen solchen Mangel zeigt die Rechtsbeschwerde hier nicht auf; sie wendet sich allein dagegen, daß das Beschwerdegericht bei seiner Begründung der von ihr
in den Vordergrund gerückten zeichnerischen Darstellung eine oder nicht die von ihr gewünschte Aufmerksamkeit geschenkt hat und dabei nicht zu den Ergebnissen gelangt ist, wie sie die Rechtsbeschwerde als allein richtig ansieht. Auch das betrifft lediglich die sachliche Richtigkeit der getroffenen Entscheidung , nicht jedoch einen Verfahrensmangel im Sinne des § 100 Abs. 3 PatG.
3. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten (§ 107 Abs. 1 PatG). Die Kostenentscheidung beruht auf § 109 Abs. 1 Satz 2 PatG.
Rogge Jestaedt Melullis Scharen Keukenschrijver
7
Unter dem zuletzt genannten Aspekt kommt eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG insbesondere dann in Betracht, wenn das Gericht bei seiner Entscheidung Tatsachen zu Grunde gelegt hat, zu denen ein Beteiligter nicht mehr Stellung nehmen konnte. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gebietet allerdings nicht, dass das Patentgericht darauf hinweist, welchen Offenbarungsgehalt es einer in der mündlichen Verhandlung erörterten Veröffentlichung entnimmt. Art. 103 Abs. 1 GG ist jedoch verletzt, wenn das Patentgericht die Patentfähigkeit unter Berufung auf eine zum Stand der Technik gehörende Veröffentlichung verneint, die der Einsprechende nur beiläufig in Zusammenhang mit einem (neben der fehlenden Patentfähigkeit) zusätzlich geltend gemachten Widerrufsgrund erwähnt hat, ohne zuvor den Patentinhaber darauf hinzuweisen, dass diese Veröffentlichung der Patentfähigkeit entgegenstehen könnte (BGH, Beschluss vom 8. September 2009 - X ZB 35/08, GRUR 2009, 1192 Rn. 16 - Polyolefinfolie).
16
Mit der Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs kann nicht nur geltend gemacht werden, dass das entscheidende Gericht Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen oder in seiner Entscheidung nicht in Erwägung gezogen hat, sondern auch, dass es Erkenntnisse verwertet hat, zu denen ein Verfahrensbeteiligter nicht Stellung nehmen konnte. Der letztgenannte Fall kommt in Betracht , wenn der Verfahrensbeteiligte gar nicht zu Wort gekommen ist oder das Gericht bei seiner Entscheidung Tatsachen zugrunde gelegt hat, zu denen der Beteiligte nicht mehr Stellung nehmen konnte. Gleiches gilt, wenn der Verfahrensbeteiligte bei Anwendung der von ihm zu erwartenden Sorgfalt nicht erkennen konnte, auf welches Vorbringen es für die Entscheidung des Gerichts ankommen kann und wird (Sen.Beschl. v. 25.1.2000 - X ZB 7/99, GRUR 2000, 792 - Spiralbohrer; Beschl. v. 16.9.2008 - X ZB 29/07, GRUR 2009, 91, 92 - Antennenhalter ). Da die Parteien kein Recht darauf haben, vor der gerichtlichen Entscheidung zu erfahren, wie das Gericht den die Grundlage seiner Entscheidung bildenden Sachverhalt (voraussichtlich) würdigen wird, ist der Anspruch auf rechtliches Gehör allerdings nicht schon dann verletzt, wenn das Patentgericht nicht darauf hinweist, welchen Offenbarungsgehalt es einer in der mündlichen Verhandlung erörterten Veröffentlichung entnimmt (Sen., aaO - Antennenhalter ). Es verletzt den Anspruch auf rechtliches Gehör jedoch, wenn das Patentgericht die Patentfähigkeit eines Patents unter Berufung auf eine zum Stand der Technik gehörende Veröffentlichung verneint, die der Einsprechende nur beiläufig in Zusammenhang mit einem (neben der fehlenden Patentfähigkeit) zusätzlich geltend gemachten Widerrufsgrund erwähnt hat, ohne zuvor den Pa- tentinhaber darauf hinzuweisen, dass diese Veröffentlichung der Patentfähigkeit des Patentes entgegenstehen könnte.

(1) Eine Erfindung gilt als neu, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört. Der Stand der Technik umfaßt alle Kenntnisse, die vor dem für den Zeitrang der Anmeldung maßgeblichen Tag durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benutzung oder in sonstiger Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind.

(2) Als Stand der Technik gilt auch der Inhalt folgender Patentanmeldungen mit älterem Zeitrang, die erst an oder nach dem für den Zeitrang der jüngeren Anmeldung maßgeblichen Tag der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind:

1.
der nationalen Anmeldungen in der beim Deutschen Patent- und Markenamt ursprünglich eingereichten Fassung;
2.
der europäischen Anmeldungen in der bei der zuständigen Behörde ursprünglich eingereichten Fassung, wenn mit der Anmeldung für die Bundesrepublik Deutschland Schutz begehrt wird und die Benennungsgebühr für die Bundesrepublik Deutschland nach Artikel 79 Abs. 2 des Europäischen Patentübereinkommens gezahlt ist und, wenn es sich um eine Euro-PCT-Anmeldung (Artikel 153 Abs. 2 des Europäischen Patentübereinkommens) handelt, die in Artikel 153 Abs. 5 des Europäischen Patentübereinkommens genannten Voraussetzungen erfüllt sind;
3.
der internationalen Anmeldungen nach dem Patentzusammenarbeitsvertrag in der beim Anmeldeamt ursprünglich eingereichten Fassung, wenn für die Anmeldung das Deutsche Patent- und Markenamt Bestimmungsamt ist.
Beruht der ältere Zeitrang einer Anmeldung auf der Inanspruchnahme der Priorität einer Voranmeldung, so ist Satz 1 nur insoweit anzuwenden, als die danach maßgebliche Fassung nicht über die Fassung der Voranmeldung hinausgeht. Patentanmeldungen nach Satz 1 Nr. 1, für die eine Anordnung nach § 50 Abs. 1 oder Abs. 4 erlassen worden ist, gelten vom Ablauf des achtzehnten Monats nach ihrer Einreichung an als der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

(3) Gehören Stoffe oder Stoffgemische zum Stand der Technik, so wird ihre Patentfähigkeit durch die Absätze 1 und 2 nicht ausgeschlossen, sofern sie zur Anwendung in einem der in § 2a Abs. 1 Nr. 2 genannten Verfahren bestimmt sind und ihre Anwendung zu einem dieser Verfahren nicht zum Stand der Technik gehört.

(4) Ebenso wenig wird die Patentfähigkeit der in Absatz 3 genannten Stoffe oder Stoffgemische zur spezifischen Anwendung in einem der in § 2a Abs. 1 Nr. 2 genannten Verfahren durch die Absätze 1 und 2 ausgeschlossen, wenn diese Anwendung nicht zum Stand der Technik gehört.

(5) Für die Anwendung der Absätze 1 und 2 bleibt eine Offenbarung der Erfindung außer Betracht, wenn sie nicht früher als sechs Monate vor Einreichung der Anmeldung erfolgt ist und unmittelbar oder mittelbar zurückgeht

1.
auf einen offensichtlichen Mißbrauch zum Nachteil des Anmelders oder seines Rechtsvorgängers oder
2.
auf die Tatsache, daß der Anmelder oder sein Rechtsvorgänger die Erfindung auf amtlichen oder amtlich anerkannten Ausstellungen im Sinne des am 22. November 1928 in Paris unterzeichneten Abkommens über internationale Ausstellungen zur Schau gestellt hat.
Satz 1 Nr. 2 ist nur anzuwenden, wenn der Anmelder bei Einreichung der Anmeldung angibt, daß die Erfindung tatsächlich zur Schau gestellt worden ist und er innerhalb von vier Monaten nach der Einreichung hierüber eine Bescheinigung einreicht. Die in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Ausstellungen werden vom Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz im Bundesanzeiger bekanntgemacht.

Der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung wird durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.

(1) Eine Erfindung ist zur Erteilung eines Patents beim Deutschen Patent- und Markenamt anzumelden.

(2) Die Anmeldung kann auch über ein Patentinformationszentrum eingereicht werden, wenn diese Stelle durch Bekanntmachung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz im Bundesgesetzblatt dazu bestimmt ist, Patentanmeldungen entgegenzunehmen. Eine Anmeldung, die ein Staatsgeheimnis (§ 93 Strafgesetzbuch) enthalten kann, darf bei einem Patentinformationszentrum nicht eingereicht werden.

(3) Die Anmeldung muß enthalten:

1.
den Namen des Anmelders;
2.
einen Antrag auf Erteilung des Patents, in dem die Erfindung kurz und genau bezeichnet ist;
3.
einen oder mehrere Patentansprüche, in denen angegeben ist, was als patentfähig unter Schutz gestellt werden soll;
4.
eine Beschreibung der Erfindung;
5.
die Zeichnungen, auf die sich die Patentansprüche oder die Beschreibung beziehen.

(4) Die Erfindung ist in der Anmeldung so deutlich und vollständig zu offenbaren, daß ein Fachmann sie ausführen kann.

(5) Die Anmeldung darf nur eine einzige Erfindung enthalten oder eine Gruppe von Erfindungen, die untereinander in der Weise verbunden sind, daß sie eine einzige allgemeine erfinderische Idee verwirklichen.

(6) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Bestimmungen über die Form und die sonstigen Erfordernisse der Anmeldung zu erlassen. Es kann diese Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf das Deutsche Patent- und Markenamt übertragen.

(7) Auf Verlangen des Deutschen Patent- und Markenamts hat der Anmelder den Stand der Technik nach seinem besten Wissen vollständig und wahrheitsgemäß anzugeben und in die Beschreibung (Absatz 3) aufzunehmen.

(8) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Bestimmungen über die Hinterlegung von biologischem Material, den Zugang hierzu einschließlich des zum Zugang berechtigten Personenkreises und die erneute Hinterlegung von biologischem Material zu erlassen, sofern die Erfindung die Verwendung biologischen Materials beinhaltet oder sie solches Material betrifft, das der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist und das in der Anmeldung nicht so beschrieben werden kann, daß ein Fachmann die Erfindung danach ausführen kann (Absatz 4). Es kann diese Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf das Deutsche Patent- und Markenamt übertragen.

(1) Sind an dem Verfahren über die Rechtsbeschwerde mehrere Personen beteiligt, so kann der Bundesgerichtshof bestimmen, daß die Kosten, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, von einem Beteiligten ganz oder teilweise zu erstatten sind, wenn dies der Billigkeit entspricht. Wird die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen oder als unzulässig verworfen, so sind die durch die Rechtsbeschwerde veranlaßten Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen. Hat ein Beteiligter durch grobes Verschulden Kosten veranlaßt, so sind ihm diese aufzuerlegen.

(2) Dem Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamts können Kosten nur auferlegt werden, wenn er die Rechtsbeschwerde eingelegt oder in dem Verfahren Anträge gestellt hat.

(3) Im übrigen gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen entsprechend.

(1) In Rechtsmittelverfahren des gewerblichen Rechtsschutzes (§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 14) und in Verfahren über Ansprüche nach dem Patentgesetz, dem Gebrauchsmustergesetz, dem Markengesetz, dem Designgesetz, dem Halbleiterschutzgesetz und dem Sortenschutzgesetz ist der Wert nach billigem Ermessen zu bestimmen.

(2) In Verfahren über Ansprüche nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und nach dem Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(3) Ist die Bedeutung der Sache für den Beklagten erheblich geringer zu bewerten als der nach Absatz 2 ermittelte Streitwert, ist dieser angemessen zu mindern. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts hinsichtlich des Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruchs keine genügenden Anhaltspunkte, ist insoweit ein Streitwert von 1 000 Euro anzunehmen. Dieser Wert ist auch anzunehmen, wenn die dem Rechtsstreit zugrunde liegende Zuwiderhandlung angesichts ihrer Art, ihres Ausmaßes und ihrer Folgen die Interessen von Verbrauchern, Mitbewerbern oder sonstigen Marktteilnehmern in nur unerheblichem Maße beeinträchtigt. Der nach Satz 2 oder Satz 3 anzunehmende Wert ist auch maßgebend, wenn in den dort genannten Fällen die Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung nebeneinander geltend gemacht werden.

(4) Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist der sich aus den Absätzen 2 und 3 ergebende Wert in der Regel unter Berücksichtigung der geringeren Bedeutung gegenüber der Hauptsache zu ermäßigen.

(5) Die Vorschriften über die Anordnung der Streitwertbegünstigung (§ 12 Absatz 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, § 144 des Patentgesetzes, § 26 des Gebrauchsmustergesetzes, § 142 des Markengesetzes, § 54 des Designgesetzes, § 22 des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen) sind anzuwenden.