Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Juni 2007 - X ZB 6/05

bei uns veröffentlicht am27.06.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 6/05
vom
27. Juni 2007
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : ja
BGHR : ja
Informationsübermittlungsverfahren II
Das Patent darf im Einspruchs(beschwerde)verfahren nur dann insgesamt widerrufen
werden, wenn die Widerrufsgründe sämtliche selbständigen Patentansprüche
betreffen oder der Patentinhaber die Aufrechterhaltung des Patents nur
im Umfang eines Anspruchssatzes begehrt, der zumindest einen nicht rechtsbeständigen
Patentanspruch enthält (Fortführung des Sen.Beschl. v. 26.9.1996
- X ZB 18/95, GRUR 1997, 120 - elektrisches Speicherheizgerät).
BGH, Beschl. v. 27. Juni 2007 - X ZB 6/05 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 27. Juni 2007 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die Richter Scharen, Keukenschrijver,
Prof. Dr. Meier-Beck und Gröning

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 20. Senats (Technischen Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 10. Januar 2005 wird auf Kosten der Rechtsbeschwerdeführerin zurückgewiesen.
Der Wert des Gegenstands der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000,-- € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Die Rechtsbeschwerdeführerin ist Inhaberin des am 29. Oktober 1999 angemeldeten deutschen Patents 199 54 032 (Streitpatents), das ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Übermitteln von Informationen betrifft und neun Patentansprüche umfasst. Die Veröffentlichung der Patenterteilung ist am 8. August 2002 erfolgt. Die Patentansprüche 1 und 9 lauten wie folgt: "1. Verfahren zum Übermitteln von Informationen von einem Sender zu wenigstens einem Empfänger, wobei sendeseitig eine aus wenigstens zwei zusammengehörigen, nicht identi- schen Symbolen (Bildsequenzen) bestehende Bilderfolge ausgewählt wird, zu jedem der wenigstens zwei Symbole sendeseitig eine Zeichenfolge ermittelt wird, die den Symbolen zugeordneten Zeichenfolgen dem Empfänger gesendet werden und empfangsseitig die Zeichenfolgen in die zugehörigen Symbole gewandelt werden und die Symbole nacheinander als Bilderfolge auf einer Anzeigeeinrichtung angezeigt werden und gleichzeitig wenigstens eine der Bilderfolge zugeordnete Tonfolge akustisch wiedergegeben wird.
9. Vorrichtung zum Übermitteln von Informationen von einem Sender zu wenigstens einem Empfänger, wobei dem Sender und dem wenigstens einen Empfänger ein Mikroprozessor, der mit wenigstens einem Speichermittel zusammenwirkt, zugeordnet sind, und in dem wenigstens einen Speichermittel eine vorgebbare Anzahl von zusammengehörigen, nicht identischen Symbolen (Bildsequenzen) mit ihren zugehörigen Zeichenfolgen sowie wenigstens eine den Symbolen zugeordnete Tonfolge abgelegt sind, und mit einer Anzeigeeinrichtung zum Anzeigen der Symbole sowie mit einer akustischen Wiedergabeeinrichtung zum Wiedergeben der wenigstens einen Tonfolge, und mit einer Sende- und Empfangseinrichtung zum Übermitteln der Zeichenfolgen."
2
Die Einsprechende hat geltend gemacht, der Gegenstand des Patents sei nicht patentfähig.
3
Die Patentinhaberin hat beantragt, das Streitpatent in vollem Umfang aufrechtzuerhalten, hilfsweise mit Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung.
4
In der Fassung dieses Hilfsantrags lautet Patentanspruch 1 (Änderung kursiv): "Verfahren zum Übermitteln von Informationen von einem Sender zu wenigstens einem Empfänger, wobei sendeseitig eine aus wenigstens zwei zusammengehörigen, nicht identischen Symbolen (Bildsequenzen) bestehende Bilderfolge, die in zeitlich ver- setzter Darstellung ein bewegtes Bild ergeben, ausgewählt wird, zu jedem der wenigstens zwei Symbole sendeseitig eine Zeichenfolge ermittelt wird, die den Symbolen zugeordneten Zeichenfolgen dem Empfänger gesendet werden und empfangsseitig die Zeichenfolgen in die zugehörigen Symbole gewandelt werden und die Symbole nacheinander als Bilderfolge auf einer Anzeigeeinrichtung angezeigt werden und gleichzeitig wenigstens eine der Bilderfolge zugeordnete Tonfolge akustisch wiedergegeben wird."
5
Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent widerrufen.
6
Mit der - nicht zugelassenen - Rechtsbeschwerde rügt die Patentinhaberin , der angefochtene Beschluss sei nicht mit Gründen versehen und verletze ihren Anspruch auf rechtliches Gehör. Darüber hinaus macht sie geltend, die Zuständigkeitsregelung des § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG in der Fassung vom 13. Dezember 2001 sei verfassungswidrig und nichtig.
7
II. Die Rechtsbeschwerde ist, da sie das Bundespatentgericht nicht zugelassen hat, nur insoweit statthaft, als die Rechtsbeschwerdegründe des § 100 Abs. 3 Nrn. 3 und 6 PatG geltend gemacht werden.
8
Gegen den Beschluss des Bundespatentgerichts, mit dem über den Einspruch entschieden wurde, findet nach § 147 Abs. 3 Satz 5 PatG in der Fassung vom 19. Juli 2002 die Rechtsbeschwerde "nach § 100" statt. Diese Regelung eröffnet die Rechtsbeschwerde, wenn sie, wie § 100 PatG bestimmt, vom Patentgericht zugelassen oder auf die Rüge eines der in § 100 Abs. 3 PatG aufgeführten Verfahrensmängel gestützt ist.
9
Es kann dahinstehen, ob es geboten wäre, die Bestimmung des § 147 Abs. 3 Satz 5 PatG verfassungskonform dahin auszulegen, dass es bei einer Einspruchsentscheidung des Bundespatentgerichts der Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht bedarf, wenn nur auf diese Weise verhindert werden könnte, dass sich aus der Übertragung des Einspruchsverfahrens auf das Bundespatentgericht für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 30. Juni 2006 ein verfassungswidriger Zustand ergäbe. Denn entgegen der von der Patentinhaberin in ihrer gegen die angefochtene Entscheidung eingelegten Verfassungsbeschwerde vertretenen Auffassung ist § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG in der Fassung vom 13. Dezember 2001 nicht verfassungswidrig (Sen.Beschl. v. 17.4.2007 - X ZB 9/06, Tz. 26 ff. - Informationsübermittlungsverfahren I, für BGHZ vorgesehen ).
10
Weder ist, wie der Senat in dem genannten Beschluss näher ausgeführt hat, die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG verletzt, noch bestehen gegen die zeitweise Suspendierung des Einspruchsverfahrens vor der Patentabteilung Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Dass die Zuständigkeit des Bundespatentgerichts davon abhängt, ob die Einspruchs- frist vor oder - wie im Streitfall - nach dem 1. Januar 2002 begonnen hat, liegt in der Natur einer verfahrensrechtlichen Regelung, die notwendigerweise einen Zeitpunkt bestimmen muss, von dem an sie Geltung beansprucht, und damit Sachverhalte, die in den einen Zeitraum fallen, anders behandeln muss als diejenigen , die den für den anderen Zeitraum geltenden Regeln unterliegen. Art. 3 Abs. 1 GG schützt jedoch nicht vor jeder Ungleichbehandlung, sondern nur vor der ungerechtfertigten Verschiedenbehandlung. Der allgemeine Gleichheitssatz ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfGE 55, 72, 88; 88, 87, 96 f.; 101, 239, 269; st. Rspr.). Dass der Patentanmelder keinen oder nur begrenzten Einfluss darauf hat, wann die Einspruchsfrist gegen das ihm erteilte Patent beginnt , begründet keinen sachlichen Einwand gegen den vom Gesetzgeber gewählten Stichtag. Es war vielmehr sachgerecht und naheliegend, die Zuständigkeit des Bundespatentgerichts davon abhängig zu machen, zu welchem Zeitpunkt ein Patent mit dem Einspruch angegriffen werden konnte. Nach dem allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsatz der perpetuatio fori, der in § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO Ausdruck gefunden hat und von dem abweichen zu wollen auch der Gesetzgeber des Gesetzes zur Änderung des patentrechtlichen Einspruchsverfahrens und des Patentkostengesetzes vom 21. Juni 2006 nicht hat erkennen lassen, besteht eine solche vor dem 1. Juli 2006 begründete gerichtliche Zuständigkeit - entgegen der Auffassung des 11. Senats des Bundespatentgerichts (Beschl. v. 12.4.2007 - 11 W (pat) 383/06) - unbeschadet dessen fort, dass sie infolge der Aufhebung des § 147 Abs. 3 PatG nach dem 30. Juni 2006 nicht mehr auf der Grundlage dieser Vorschrift begründet werden kann.
11
III. Soweit die Rechtsbeschwerde hiernach zulässig ist, bleibt sie in der Sache ohne Erfolg, weil die angefochtene Entscheidung weder im Sinne des § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG nicht mit Gründen versehen ist, noch dem Patentinhaber das rechtliche Gehör versagt worden ist (§ 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG).
12
1. Das Bundespatentgericht hat ausgeführt, der Gegenstand des Streitpatents sei sowohl in der erteilten Fassung des Anspruchs 1 als auch in dessen mit dem Hilfsantrag verteidigten engeren Fassung durch den Stand der Technik in Verbindung mit dem Fachwissen nahegelegt und stelle keine patentfähige Erfindung dar. Aus der US-Patentschrift 5 784 001 sei bekannt, eine graphische Botschaft dadurch zu übermitteln, dass auf Seiten des Senders eine Zeichenfolge, die aus bestimmten, nicht identischen Codes bestehe, ausgewählt und an den Empfänger gesendet werde. Beim Empfänger würden die Codes entsprechend einer graphischen Tabelle (Fig. 2 der US-Patentschrift 5 784 001) in die zugehörigen, nicht identischen Symbole umgewandelt und auf einer Anzeigeeinrichtung angezeigt. Es liege nahe, dieses Verfahren so weiterzuentwickeln , dass sich damit auch bewegte Bilder auswählen und auf Seiten des Empfängers darstellen ließen. Die internationale Patentanmeldung WO 97/35280 beschreibe die Möglichkeit, von einem Sender zu einem Empfänger zusammengehörige, nicht identische Symbole zu übertragen, die in zeitlich versetzter Darstellung ein bewegtes graphisches Bild ergäben, und dieses auf einer Anzeigeeinrichtung wiederzugeben. Bei Übertragung dieses Gedankens auf das Verfahren nach der US-Patentschrift 5 784 001 müssten die empfangenen Codes jeweils zusammengehörige, nicht identische Symbole repräsentieren , die als Bildsequenzen in der graphischen Tabelle abgelegt seien und durch die Reihenfolge der zeitlich nacheinander eintreffenden Codes als bewegtes Bild ausgelesen und dargestellt würden. Für den Fachmann liege der dann noch erforderliche Schritt zum Gegenstand des Streitpatents auf der Hand. Damit der Absender möglichst anschaulich unter den zur Verfügung stehenden festgelegten Bilderfolgen auswählen könne, lasse man im Sender den umgekehrten Vorgang ablaufen: Nach Auswahl einer bestimmten Bilderfolge ermittle man die zugehörige Codefolge der einzelnen Bildsequenzen und übertrage die Codes zum Empfänger. Aus der Beschreibung der internationalen Patentanmeldung WO 97/35280 (S. 17 Z. 12 f.) ergebe sich weiter die Anregung, der Bilderfolge eine Tonfolge zuzuordnen. Die US-Patentschrift 5 784 001 rege an (Sp. 7 Z. 55-57), die Tonfolge zusätzlich zu den einzelnen Bildsequenzen als wichtige Information zumindest beim Empfänger abzuspeichern und sie gleichzeitig mit der Anzeige der Bilderfolge abzuspielen.
13
2. Diese Ausführungen beanstandet die Rechtsbeschwerde als solche nicht. Sie meint, der angefochtene Beschluss sei deshalb nicht mit Gründen versehen, weil er keine Begründung für die Annahme mangelnder Patentfähigkeit des von den Verfahrensansprüchen unabhängigen Vorrichtungsanspruchs 9 enthalte, der einem selbständigen Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit der Folge gleichzuachten sei, dass für den Widerruf eines solchen Nebenanspruchs eine eigene Begründung gegeben werden müsse. Die Patentinhaberin sei deshalb auch in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. In ihrer Einspruchserwiderung habe sie darauf hingewiesen, dass Patentanspruch 9 insbesondere im Hinblick auf die US-Patentschrift 5 784 001 neu sei und auch auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Der Umstand, dass Patentanspruch 9 weder in der Sachdarstellung noch in der Entscheidungsbegründung des angefochtenen Beschlusses Erwähnung finde, lasse vermuten, dass das Patentgericht diesen Sachvortrag nicht zur Kenntnis genommen habe.
14
3. Die Rügen der Rechtsbeschwerde sind nicht begründet.
15
a) Die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde nach § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG ermöglicht keine Richtigkeitskontrolle der Entscheidungen des Bundespatentgerichts. Sie dient ausschließlich der Sicherung der Verpflichtung des Gerichts , seine Entscheidung zu begründen. Für die unterlegene Partei muss aus den schriftlichen Gründen der Entscheidung erkennbar sein, welche rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkte nach dem Willen des Bundespatentgerichts die getroffene Entscheidung tragen sollen (Sen.Beschl. v. 30.3.2005 - X ZB 8/04, GRUR 2005, 572, 573 - Vertikallibelle; Sen.Beschl. v. 12.7.2006 - X ZB 33/05, GRUR 2006, 929 Tz. 9 - Rohrleitungsprüfverfahren; st. Rspr.).
16
Daraus ergibt sich einerseits, dass eine sachlich fehlerhafte, unvollständige oder unschlüssige Begründung die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde nicht rechtfertigt (Sen.Beschl. "Rohrleitungsprüfverfahren" aaO Tz. 10). Andererseits genügt es dem Begründungszwang noch nicht, dass die Entscheidung formal überhaupt Gründe enthält. Eine Entscheidung ist vielmehr u.a. dann "nicht mit Gründen versehen", wenn eines von mehreren selbständigen Angriffs - oder Verteidigungsmitteln bei der Begründung übergangen ist (Sen.Beschl. v. 26.9.1996 - X ZB 18/95, GRUR 1997, 120, 122 - elektrisches Speicherheizgerät; Sen.Beschl. v. 22.4.1998 - X ZB 5/97, GRUR 1998, 907 - Alkyläther; Sen.Beschl. v. 12.1.1999 - X ZB 7/98, GRUR 1999, 573, 574 - Staatsgeheimnis; st. Rspr.).
17
Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Mit der gegebenen Begründung hat das Bundespatentgericht vielmehr das Rechtsschutzbegehren der Patentinhaberin vollständig beschieden.
18
aa) Im Patenterteilungsverfahren ist der einzelne Patentanspruch kein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel, das notwendig einer besonderen Erörterung bedürfte, wenn die Patenterteilung versagt wird. Zur Entscheidung steht vielmehr der gesamte Antrag auf Erteilung eines Patents. Dem liegt der Grundsatz zugrunde, dass ein Patent nur so erteilt oder aufrechterhalten werden darf, wie es vom Patentanmelder oder -inhaber (zumindest hilfsweise) beantragt ist. Es obliegt allein dem Anmelder, anzugeben, was als patentfähig unter Schutz gestellt werden soll (§ 34 Abs. 3 Nr. 3 PatG). Er kann dabei innerhalb seiner Anmeldung mehrere Begehren im Eventualverhältnis verfolgen. Hingegen darf das Patent nicht in einer Fassung erteilt werden, die der Anmelder nicht gebilligt hat. Ohne seine Zustimmung darf daher das Patent auch nicht mit einzelnen Patentansprüchen aus einem vom Anmelder zur Entscheidung gestellten Anspruchssatz erteilt werden.
19
bb) Dieser Grundsatz gilt im Einspruchs- und Einspruchsbeschwerdeverfahren nicht uneingeschränkt. Das Patent ist zu widerrufen, wenn sich ein Widerrufsgrund im Sinne des § 21 Abs. 1 PatG ergibt. Betreffen die Widerrufsgründe nur einen Teil des Patents, so wird es mit einer entsprechenden Beschränkung aufrechterhalten (§ 21 Abs. 2 PatG). Das Patent darf daher grundsätzlich nur insoweit widerrufen werden, als die Widerrufsgründe reichen.
20
Auch insoweit steht es allerdings dem Patentinhaber frei, das Patent nur mit bestimmten Ansprüchen (Anspruchssätzen) zu verteidigen. Patentamt und Patentgericht dürfen sich daher bei Änderungen des Patents, zu denen auch der Widerruf im Umfang einzelner Patentansprüche gehört, auch im Einspruchs - oder Einspruchsbeschwerdeverfahren nicht in Widerspruch zum Willen des Patentinhabers setzen.
21
cc) Enthält ein Patent zwei oder mehrere selbständige Ansprüche, von denen sich einer als nicht rechtsbeständig erweist, darf das Patent nicht schon deshalb in vollem Umfang widerrufen werden. Da der Patentinhaber nicht gehalten ist, im Einspruchsverfahren einen Antrag zu stellen, darf allein aus dem Umstand, dass der Patentinhaber nicht ausdrücklich auch die Aufrechterhaltung des Patents im Umfang einzelner Patentansprüche begehrt, nicht geschlossen werden, er sei nicht (hilfsweise) auch mit der Aufrechterhaltung im Umfang dieser selbständigen Ansprüche einverstanden.
22
Beantragt hingegen der Patentinhaber, das Patent in beschränktem Umfang mit einem bestimmten Anspruchssatz oder bestimmten Anspruchssätzen aufrechtzuerhalten, so ist dieser Antrag des Patentinhabers maßgeblich. In einem solchen Fall rechtfertigt es grundsätzlich den Widerruf des Patents, wenn sich auch nur der Gegenstand eines Patentanspruchs aus dem vom Patentinhaber verteidigten Anspruchssatz als nicht patentfähig erweist (Sen.Beschl. v. 26.9.1996 - X ZB 18/95, GRUR 1997, 120, 122 - elektrisches Speicherheizgerät

).


23
Dabei ist zu berücksichtigen, dass wie in jedem Verfahren zur Auslegung des Antrags das gesamte Vorbringen des Patentinhabers zu berücksichtigen ist. Sofern sich aus der Fassung des Antrags oder dem zu seiner Begründung Vorgebrachten Zweifel an seinem prozessualen Begehren ergeben, hat die Patentabteilung oder das Patentgericht auf eine Klarstellung hinzuwirken, in welchem Umfang der Patentinhaber das Patent (hilfsweise) verteidigen will.
24
dd) Hiernach war das Bundespatentgericht im Streitfall nicht gehalten, auf die Patentfähigkeit des Gegenstands des Patentanspruchs 9 gesondert einzugehen. Dem Antrag der Patentinhaberin und der für diesen Antrag gegebenen Begründung war nicht zu entnehmen, dass die Patentinhaberin das Streit- patent nicht nur in der erteilten Fassung und in der Fassung seines Hilfsantrages , sondern auch im Umfang lediglich des Patentanspruchs 9 verteidigen wollte.
25
Die Patentinhaberin hat beantragt, das Patent in vollem Umfang aufrechtzuerhalten , hilfsweise mit Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag. Der als Anlage zur Sitzungsniederschrift genommene Hilfsantrag macht dabei deutlich, dass das prozessuale Begehren der Patentinhaberin dahin zu verstehen war, dass das Streitpatent in der erteilten Fassung aufrechterhalten werden sollte, hilfsweise in einer Fassung, bei der dem beschränkten Patentanspruch 1 die weiteren Patentansprüche folgen sollten, wobei Rückbeziehungen auf Patentanspruch 1 dessen beschränkte Fassung betreffen sollten. Die Aufrechterhaltung des Streitpatents (nur) im Umfang des Patentanspruchs 9 war hiernach nicht begehrt.
26
Für ein (stillschweigendes) Begehren dieses Inhalts ergeben sich keine Anhaltspunkte und macht auch die Rechtsbeschwerde nichts geltend. Wie die Rechtsbeschwerdeerwiderung der Einsprechenden zutreffend ausführt, wird in Patentanspruch 9 diejenige Lösung des technischen Problems, die in Patentanspruch 1 in Gestalt eines Verfahrens beansprucht ist, als Vorrichtungsanspruch formuliert. Die Einsprechende hat demgemäß zu der von ihr geltend gemachten mangelnden Patentfähigkeit des Gegenstands des Patentanspruchs 9 u.a. ausgeführt , sie ergebe sich "in Analogie" zu den Ausführungen zu Patentanspruch 1, und die diesbezüglichen Ausführungen der Patentinhaberin folgen - angepasst an den Wortlaut des Patentanspruchs 9 - ihrerseits im Kern den entsprechenden Ausführungen zum Patentanspruch 1. Soweit die Rechtsbeschwerde sich darauf beruft, die Patentinhaberin habe auf Patentanspruch 9 "sogar ausdrücklich hingewiesen" und dargelegt, dass dieser Anspruch insbesondere gegenüber der US-Patentschrift 5 784 001 neu sei und auf erfinderi- scher Tätigkeit beruhe, ändert dies nichts an diesem Gleichklang und demgemäß nichts daran, dass es an jedem Anhaltspunkt dafür fehlt, dass die Patentinhaberin einen für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit auch nur möglicherweise relevanten Unterschied zwischen den Gegenständen der Patentansprüche 1 und 9 gesehen hätte, der die Annahme nahelegen könnte, die Patentinhaberin wolle hilfsweise auch auf eine Aufrechterhaltung des Streitpatents im Umfang nur des Patentanspruchs 9 antragen.
27
Das Bundespatentgericht hat nach alledem seine Entscheidung im Sinne des § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG hinreichend begründet.
28
ee) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Rechtsbeschwerde herangezogenen Beschluss des Senats vom 5. Oktober 1982 (X ZB 26/81, GRUR 1983, 63 - Streckenvortrieb). Dieser Entscheidung lag ein Fall zugrunde, in welchem das Bundespatentgericht im Einspruchsbeschwerdeverfahren - alten Rechts - unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde der Einsprechenden das Patent mit in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüchen 1 und 2 erteilt hatte, von denen Patentanspruch 2 in den Gründen der Entscheidung als Unteranspruch formuliert war, für dessen Patentfähigkeit demgemäß eine gesonderte Begründung nicht gegeben worden war. Sodann hatte das Bundespatentgericht seine Entscheidung dadurch berichtigt , dass Patentanspruch 2 ein anderer Wortlaut gegeben wurde, der diesen Patentanspruch nunmehr als Nebenanspruch auswies. Damit fehlte der die Patentfähigkeit des Gegenstands des Patentanspruchs 2 bejahenden Entscheidung eine Begründung, welche sich nach der Berichtigung nicht mehr aus den für die Patentfähigkeit des Gegenstands des Patentanspruchs 1 angeführten Erwägungen ergab. Für die im Streitfall vorliegende umgekehrte Konstellation verneinter Patentfähigkeit eines Patentanspruchs lässt sich daraus nichts herleiten.
29
b) Das Patentgericht hat auch nicht den Anspruch der Patentinhaberin auf rechtliches Gehör verletzt.
30
Der Rechtsbeschwerdegrund des § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG trägt der Bedeutung des verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) für ein rechtsstaatliches Verfahren Rechnung, in dem jeder Verfahrensbeteiligte seine Rechte wirksam wahrnehmen kann. Dies setzt voraus, dass das Gericht das tatsächliche und rechtliche Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis nimmt und auf seine sachlich-rechtliche und verfahrensrechtliche Entscheidungserheblichkeit prüft und ferner keine Erkenntnisse verwertet, zu denen die Verfahrensbeteiligten sich nicht äußern konnten (Sen.Beschl. v. 11.6.2002 - X ZB 27/01, GRUR 2002, 957 - Zahnstruktur, m.w.N.).
31
Art. 103 Abs. 1 GG ist verletzt, wenn im Einzelfall deutlich wird, dass Vorbringen überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (BVerfGE 65, 293, 295; 70, 288, 293; 86, 133, 145 f.; st. Rspr.). Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Parteivorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, ohne dass das Gericht verpflichtet wäre, sich in den Gründen seiner Entscheidung mit jedem Vorbringen ausdrücklich zu befassen. Geht das Gericht indessen auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von besonderer Bedeutung ist, nicht ein, lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (BVerfGE 86, 133, 146).
32
Hiernach kann die Rechtsbeschwerde die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht mit Erfolg darauf stützen, dass der Wortlaut des Patentanspruchs 9 in den Beschlussgründen nicht wiedergegeben ist und das Bundespatentgericht sich mit diesem Anspruch und dem Vorbringen der Patentinhaberin hierzu auch inhaltlich nicht auseinandergesetzt hat. Denn hierauf kam es, wie ausgeführt, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht an. Zwar erwähnt das Bundespatentgericht weder diese Rechtsprechung noch führt es - was insbesondere angesichts seiner Zuständigkeit als einzige Instanz des Einspruchsverfahrens zweckmäßig gewesen wäre - aus, dass es auf die Patentfähigkeit der von ihm nicht abgehandelten Patentansprüche nicht ankomme. Gleichwohl spricht nichts dafür, dass das Bundespatentgericht seiner Entscheidung einen anderen Rechtsstandpunkt zugrunde gelegt und gleichwohl Patentanspruch 9 und das Vorbringen der Patentinhaberin hierzu unerwähnt gelassen hätte.
33
Bei dieser Sachlage wäre nur noch denkbar, dass das Bundespatentgericht der Patentinhaberin einen Hinweis hätte erteilen müssen, wenn es der Auffassung gewesen wäre, dass das Streitpatent zwar nicht im erteilten und auch nicht im hilfsweise verteidigten Umfang aufrechterhalten werden könne, jedoch im Umfang des Patentanspruchs 9 Bestand haben könne. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch einen unterbliebenen Hinweis wird von der Rechtsbeschwerde jedoch nicht gerügt. Zudem bestehen nach dem Vorstehenden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das Bundespatentgericht bei Patentanspruch 9 eine andere Beurteilung der Patentfähigkeit in Erwägung gezogen hat.
34
IV. Die Rechtsbeschwerde ist hiernach mit der Kostenfolge des § 109 Abs. 1 Satz 2 PatG zurückzuweisen.
35
Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Meier-Beck Gröning
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 10.01.2005 - 20 W(pat) 342/02 -

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(1) Das Patent wird widerrufen (§ 61), wenn sich ergibt, daß

1.
der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 nicht patentfähig ist,
2.
das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann,
3.
der wesentliche Inhalt des Patents den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften oder Einrichtungen eines anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne dessen Einwilligung entnommen worden ist (widerrechtliche Entnahme),
4.
der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist; das gleiche gilt, wenn das Patent auf einer Teilanmeldung oder einer nach § 7 Abs. 2 eingereichten neuen Anmeldung beruht und der Gegenstand des Patents über den Inhalt der früheren Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der früheren Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist.

(2) Betreffen die Widerrufsgründe nur einen Teil des Patents, so wird es mit einer entsprechenden Beschränkung aufrechterhalten. Die Beschränkung kann in Form einer Änderung der Patentansprüche, der Beschreibung oder der Zeichnungen vorgenommen werden.

(3) Mit dem Widerruf gelten die Wirkungen des Patents und der Anmeldung als von Anfang an nicht eingetreten. Bei beschränkter Aufrechterhaltung ist diese Bestimmung entsprechend anzuwenden.

(1) Artikel 229 § 6 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass § 33 Abs. 3 und § 141 in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Verjährung in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung gleichgestellt sind.

(2) Für Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents oder des ergänzenden Schutzzertifikats oder wegen Erteilung oder Rücknahme der Zwangslizenz oder wegen der Anpassung der durch Urteil festgesetzten Vergütung für eine Zwangslizenz, die vor dem 18. August 2021 durch Klage beim Bundespatentgericht eingeleitet wurden, sind die Vorschriften dieses Gesetzes in der bis zum 17. August 2021 geltenden Fassung weiter anzuwenden.

(3) Für Verfahren, in denen ein Antrag auf ein Zusatzpatent gestellt worden ist oder nach § 16 Absatz 1 Satz 2 dieses Gesetzes in der vor dem 1. April 2014 geltenden Fassung noch gestellt werden kann oder ein Zusatzpatent in Kraft ist, sind § 16 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2, § 17 Absatz 2, § 23 Absatz 1, § 42 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4, Satz 2 und Absatz 3 Satz 1 sowie § 43 Absatz 2 Satz 4 dieses Gesetzes in ihrer bis zum 1. April 2014 geltenden Fassung weiter anzuwenden.

(4) Für Anträge auf Verlängerung der Frist zur Benennung des Erfinders sind § 37 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 20 Absatz 1 Nummer 2 dieses Gesetzes in der vor dem 1. April 2014 geltenden Fassung weiter anzuwenden, wenn die Anträge vor dem 1. April 2014 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen sind und das Patent bereits erteilt worden ist.

(5) Für Anträge auf Anhörung nach § 46 Absatz 1, die vor dem 1. April 2014 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen sind, ist § 46 dieses Gesetzes in der bis dahin geltenden Fassung weiter anzuwenden.

(1) Gegen die Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts, durch die über eine Beschwerde nach § 73 oder über die Aufrechterhaltung oder den Widerruf eines Patents nach § 61 Abs. 2 entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn der Beschwerdesenat die Rechtsbeschwerde in dem Beschluß zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.

(3) Einer Zulassung zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts bedarf es nicht, wenn einer der folgenden Mängel des Verfahrens vorliegt und gerügt wird:

1.
wenn das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
wenn bei dem Beschluß ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
wenn einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
wenn ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
wenn der Beschluß auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
wenn der Beschluß nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Artikel 229 § 6 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass § 33 Abs. 3 und § 141 in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Verjährung in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung gleichgestellt sind.

(2) Für Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents oder des ergänzenden Schutzzertifikats oder wegen Erteilung oder Rücknahme der Zwangslizenz oder wegen der Anpassung der durch Urteil festgesetzten Vergütung für eine Zwangslizenz, die vor dem 18. August 2021 durch Klage beim Bundespatentgericht eingeleitet wurden, sind die Vorschriften dieses Gesetzes in der bis zum 17. August 2021 geltenden Fassung weiter anzuwenden.

(3) Für Verfahren, in denen ein Antrag auf ein Zusatzpatent gestellt worden ist oder nach § 16 Absatz 1 Satz 2 dieses Gesetzes in der vor dem 1. April 2014 geltenden Fassung noch gestellt werden kann oder ein Zusatzpatent in Kraft ist, sind § 16 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2, § 17 Absatz 2, § 23 Absatz 1, § 42 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4, Satz 2 und Absatz 3 Satz 1 sowie § 43 Absatz 2 Satz 4 dieses Gesetzes in ihrer bis zum 1. April 2014 geltenden Fassung weiter anzuwenden.

(4) Für Anträge auf Verlängerung der Frist zur Benennung des Erfinders sind § 37 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 20 Absatz 1 Nummer 2 dieses Gesetzes in der vor dem 1. April 2014 geltenden Fassung weiter anzuwenden, wenn die Anträge vor dem 1. April 2014 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen sind und das Patent bereits erteilt worden ist.

(5) Für Anträge auf Anhörung nach § 46 Absatz 1, die vor dem 1. April 2014 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen sind, ist § 46 dieses Gesetzes in der bis dahin geltenden Fassung weiter anzuwenden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet.

(2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird.

(3) Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen:

1.
während der Dauer der Rechtshängigkeit kann die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden;
2.
die Zuständigkeit des Prozessgerichts wird durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt.

(1) Artikel 229 § 6 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass § 33 Abs. 3 und § 141 in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Verjährung in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung gleichgestellt sind.

(2) Für Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents oder des ergänzenden Schutzzertifikats oder wegen Erteilung oder Rücknahme der Zwangslizenz oder wegen der Anpassung der durch Urteil festgesetzten Vergütung für eine Zwangslizenz, die vor dem 18. August 2021 durch Klage beim Bundespatentgericht eingeleitet wurden, sind die Vorschriften dieses Gesetzes in der bis zum 17. August 2021 geltenden Fassung weiter anzuwenden.

(3) Für Verfahren, in denen ein Antrag auf ein Zusatzpatent gestellt worden ist oder nach § 16 Absatz 1 Satz 2 dieses Gesetzes in der vor dem 1. April 2014 geltenden Fassung noch gestellt werden kann oder ein Zusatzpatent in Kraft ist, sind § 16 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2, § 17 Absatz 2, § 23 Absatz 1, § 42 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4, Satz 2 und Absatz 3 Satz 1 sowie § 43 Absatz 2 Satz 4 dieses Gesetzes in ihrer bis zum 1. April 2014 geltenden Fassung weiter anzuwenden.

(4) Für Anträge auf Verlängerung der Frist zur Benennung des Erfinders sind § 37 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 20 Absatz 1 Nummer 2 dieses Gesetzes in der vor dem 1. April 2014 geltenden Fassung weiter anzuwenden, wenn die Anträge vor dem 1. April 2014 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen sind und das Patent bereits erteilt worden ist.

(5) Für Anträge auf Anhörung nach § 46 Absatz 1, die vor dem 1. April 2014 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen sind, ist § 46 dieses Gesetzes in der bis dahin geltenden Fassung weiter anzuwenden.

(1) Gegen die Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts, durch die über eine Beschwerde nach § 73 oder über die Aufrechterhaltung oder den Widerruf eines Patents nach § 61 Abs. 2 entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn der Beschwerdesenat die Rechtsbeschwerde in dem Beschluß zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.

(3) Einer Zulassung zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts bedarf es nicht, wenn einer der folgenden Mängel des Verfahrens vorliegt und gerügt wird:

1.
wenn das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
wenn bei dem Beschluß ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
wenn einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
wenn ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
wenn der Beschluß auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
wenn der Beschluß nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Eine Erfindung ist zur Erteilung eines Patents beim Deutschen Patent- und Markenamt anzumelden.

(2) Die Anmeldung kann auch über ein Patentinformationszentrum eingereicht werden, wenn diese Stelle durch Bekanntmachung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz im Bundesgesetzblatt dazu bestimmt ist, Patentanmeldungen entgegenzunehmen. Eine Anmeldung, die ein Staatsgeheimnis (§ 93 Strafgesetzbuch) enthalten kann, darf bei einem Patentinformationszentrum nicht eingereicht werden.

(3) Die Anmeldung muß enthalten:

1.
den Namen des Anmelders;
2.
einen Antrag auf Erteilung des Patents, in dem die Erfindung kurz und genau bezeichnet ist;
3.
einen oder mehrere Patentansprüche, in denen angegeben ist, was als patentfähig unter Schutz gestellt werden soll;
4.
eine Beschreibung der Erfindung;
5.
die Zeichnungen, auf die sich die Patentansprüche oder die Beschreibung beziehen.

(4) Die Erfindung ist in der Anmeldung so deutlich und vollständig zu offenbaren, daß ein Fachmann sie ausführen kann.

(5) Die Anmeldung darf nur eine einzige Erfindung enthalten oder eine Gruppe von Erfindungen, die untereinander in der Weise verbunden sind, daß sie eine einzige allgemeine erfinderische Idee verwirklichen.

(6) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Bestimmungen über die Form und die sonstigen Erfordernisse der Anmeldung zu erlassen. Es kann diese Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf das Deutsche Patent- und Markenamt übertragen.

(7) Auf Verlangen des Deutschen Patent- und Markenamts hat der Anmelder den Stand der Technik nach seinem besten Wissen vollständig und wahrheitsgemäß anzugeben und in die Beschreibung (Absatz 3) aufzunehmen.

(8) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Bestimmungen über die Hinterlegung von biologischem Material, den Zugang hierzu einschließlich des zum Zugang berechtigten Personenkreises und die erneute Hinterlegung von biologischem Material zu erlassen, sofern die Erfindung die Verwendung biologischen Materials beinhaltet oder sie solches Material betrifft, das der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist und das in der Anmeldung nicht so beschrieben werden kann, daß ein Fachmann die Erfindung danach ausführen kann (Absatz 4). Es kann diese Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf das Deutsche Patent- und Markenamt übertragen.

(1) Das Patent wird widerrufen (§ 61), wenn sich ergibt, daß

1.
der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 nicht patentfähig ist,
2.
das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann,
3.
der wesentliche Inhalt des Patents den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften oder Einrichtungen eines anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne dessen Einwilligung entnommen worden ist (widerrechtliche Entnahme),
4.
der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist; das gleiche gilt, wenn das Patent auf einer Teilanmeldung oder einer nach § 7 Abs. 2 eingereichten neuen Anmeldung beruht und der Gegenstand des Patents über den Inhalt der früheren Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der früheren Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist.

(2) Betreffen die Widerrufsgründe nur einen Teil des Patents, so wird es mit einer entsprechenden Beschränkung aufrechterhalten. Die Beschränkung kann in Form einer Änderung der Patentansprüche, der Beschreibung oder der Zeichnungen vorgenommen werden.

(3) Mit dem Widerruf gelten die Wirkungen des Patents und der Anmeldung als von Anfang an nicht eingetreten. Bei beschränkter Aufrechterhaltung ist diese Bestimmung entsprechend anzuwenden.

(1) Gegen die Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts, durch die über eine Beschwerde nach § 73 oder über die Aufrechterhaltung oder den Widerruf eines Patents nach § 61 Abs. 2 entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn der Beschwerdesenat die Rechtsbeschwerde in dem Beschluß zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.

(3) Einer Zulassung zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts bedarf es nicht, wenn einer der folgenden Mängel des Verfahrens vorliegt und gerügt wird:

1.
wenn das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
wenn bei dem Beschluß ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
wenn einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
wenn ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
wenn der Beschluß auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
wenn der Beschluß nicht mit Gründen versehen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 27/01
vom
11. Juni 2002
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend das Patent 37 23 555
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zahnstruktur
PatG § 100 Abs. 3 Nr. 3 Fassung 2. PatGÄndG
Die im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts liegende Entscheidung, mit der dieses
die Zuziehung eines gerichtlichen Sachverständigen ablehnt, stellt regelmäßig
keine Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör der Partei dar, die einen
solchen Beweisantrag gestellt hatte.
BGH, Beschl. v. 11. Juni 2002 - X ZB 27/01 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 11. Juni 2002 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Keukenschrijver, die Richterin
Mühlens und die Richter Dr. Meier-Beck und Asendorf

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den am 10. Juli 2001 verkündeten Beschluû des 21. Senats (Technischen Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten des Patentinhabers zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert wird auf 50.000,-- ? festgesetzt.

Gründe:


I. Der Rechtsbeschwerdeführer ist Inhaber des Patents 37 23 555, das ein "Verfahren zur Herstellung von Zahnersatz" betrifft. Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung lautet:
"Verfahren zur Herstellung von Zahnersatz, bei dem Höhenschichtoder Konturlinien (6; 25) auf dem beschliffenen Zahn (5) und seiner Umgebung erzeugt werden,
die Linien (6; 25) mit einer optoelektronischen Einrichtung (7) erfaût werden,
aus den erfaûten Werten die räumliche Struktur des Zahnes (5) und des Zahnersatzes nach der Formel
I = a x (1 + m x cos q)
berechnet wird, wobei bedeuten:
I = Intensität a = Untergrundhelligkeit m = Kontrast q = Winkel x = Multiplikationszeichen
und der Zahnersatz anhand der berechneten Werte gefertigt wird."
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat das Patent nach Prüfung zweier Einsprüche widerrufen, weil es die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbare, daû ein Fachmann sie ausführen könne.
Die Beschwerde des Patentinhabers ist ohne Erfolg geblieben.
Gegen die Beschwerdeentscheidung richtet sich die vom Bundespatentgericht nicht zugelassene Rechtsbeschwerde des Patentinhabers, mit der er rügt, daû die angefochtene Entscheidung seinen Anspruch auf rechtliches Ge-
hör nach Art. 103 Abs. 1 GG verletze (§ 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG) und im Sinne von § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG nicht mit Gründen versehen sei.
II. Die Rechtsbeschwerde, mit der der Patentinhaber Verfahrens- und Begründungsmängel nach §§ 100 Abs. 3 Nr. 3 und Nr. 6 PatG geltend macht, ist statthaft und zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, denn die gerügten Mängel liegen nicht vor.
1. a) Die durch das 2. PatGÄndG in den Katalog des § 100 Abs. 3 PatG eingefügte Regelung des § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG trägt der Bedeutung des Anspruchs auf rechtliches Gehör als verfassungsrechtlichem Gebot Rechnung und knüpft damit an die verfassungsrechtliche Gewährleistung dieses Anspruchs und seine Ausprägung insbesondere in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an. Bei der Interpretation der Vorschrift sind daher die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze zu Inhalt und Ausbildung dieses Rechts heranzuziehen (Sen.Beschl. v. 25.01.2000 - X ZB 7/99, GRUR 2000, 792, 793 - Spiralbohrer). Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet danach das mit der Sache befaûte Gericht, die Ausführungen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidung zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 11, 218, 220; 62, 347, 352; 79, 51, 61; 83, 24, 35; 86, 133, 144). Verletzt ist der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs, wenn das entscheidende Gericht entscheidungserhebliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung nicht in Erwägung gezogen hat (vgl. BVerfGE 47, 182, 188; Sen.Beschl. v. 25.01.2000 aaO; Beschl. v. 19.05.1999 - X ZB 13/98, GRUR 1999, 919 - Zugriffsinformation), oder wenn es Erkenntnisse verwertet hat, zu denen die Verfahrensbeteiligten nicht Stellung nehmen konnten (BGH, Beschl. v.
30.01.1997 - I ZB 3/95, GRUR 1997, 637 - TOP-Selection). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bietet der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs keinen Schutz dagegen, daû ein angebotener Beweis aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts nicht erhoben wird; die Nichtberücksichtigung eines Beweisangebots verstöût jedoch dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozeûrecht keine Stütze mehr findet (BVerfGE 69, 141, 144). Die Zurückweisung eines Beweisantrags wie des Antrags auf Einholung eines Sachverständigengutachtens enthält daher keine Verletzung des Gebots der Gewährung rechtlichen Gehörs. Dieses verwehrt es den Gerichten nicht, das Vorbringen eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts unberücksichtigt zu lassen (BVerfGE 21, 191, 194; 22, 267, 273; 70, 93, 100); eine Verletzung des Gebots ist erst dann gegeben , wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ergibt, daû das Gericht tatsächliches Vorbringen entweder nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung nicht in Erwägung gezogen hat (BVerfGE 54, 86, 92). Das Prozeûrecht gebot hier eine solche Einholung nicht. Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat und auch die Rechtsbeschwerde ausdrücklich nicht in Abrede nimmt, steht die Entscheidung über die Zuziehung eines gerichtlichen Sachverständigen im pflichtgemäûen Ermessen des Gerichts. Danach bedarf es der Hinzuziehung eines Sachverständigen nicht, wenn das Gericht gegebenenfalls aufgrund der Vorbereitung des Prozeûstoffs durch die Parteien und seiner eigenen langjährigen Erfahrung mit entsprechenden Verfahren selbst über die erforderliche Sachkunde verfügt (Sen.Urt. v. 28.01.1988 - X ZR 6/87, GRUR 1988, 444, 446 - Betonstahlmattenwender; v. 12.07.1990 - X ZR 121/88, GRUR 1991, 436, 440 - Befestigungsvorrichtung II; s.a. BGH, Urt. v. 18.03.1993 - IX ZR 198/92, MDR 1993, 579 = NJW 1993, 1796;
BVerfGE 54, 86, 93); ihre Ablehnung bedeutet in diesem Rahmen daher regelmäûig keine Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör.
Danach scheidet hier eine Verletzung des rechtlichen Gehörs aus.

b) Das Beschwerdegericht ist in den Entscheidungsgründen auf das Vorbringen des Patentinhabers eingegangen; die Hinzuziehung eines Sachverständigen hat es für entbehrlich gehalten, weil es die entscheidungserheblichen Fragen selbst beurteilen könne, die keine so groûen Schwierigkeiten bereiteten , daû sie von dem mit sachkundigen Mitgliedern besetzten, seit langem für den technischen Fachbereich derartiger Verfahren zuständigen Senat nicht ohne eine Unterstützung durch einen Sachverständigen hätten erfaût und beurteilt werden können. Bei dieser Würdigung hat das Beschwerdegericht das Vorbringen des Patentinhabers zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidung in Erwägung gezogen.
Der Patentinhaber hat zu allen verwerteten Erkenntnissen Stellung nehmen können und von dieser Möglichkeit auch Gebrauch gemacht, unter anderem, indem er in der mündlichen Verhandlung den Antrag gestellt hat, einen Sachverständigen zuzuziehen. Allein der Umstand, daû das Berufungsgericht diesem Antrag nicht entsprochen hat, verletzt den Patentinhaber nicht in seinem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs.
Soweit die Rechtsbeschwerde meint, Besonderheiten des vorliegenden Falls geböten die Beauftragung eines gerichtlichen Sachverständigen und lieûen die Ablehnung eines entsprechenden Antrags als ermessens- und damit verfahrensfehlerhaft erscheinen, berührt dies nicht die Beachtung dieses
Grundrechts, sondern allein die sachliche Richtigkeit der Entscheidung. Im Rahmen der nicht zugelassenen Rechtsbeschwerde, bei der es aber allein um die Frage der Einhaltung des Verfassungsgrundsatzes rechtlichen Gehörs geht, ist dies jedoch nicht zu prüfen.
Als eine Verletzung des rechtlichen Gehörs stellt sich die Nichteinholung des Gutachtens auch nicht deshalb dar, weil das Beschwerdegericht damit von einer Aufklärungsmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat. Mit dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs wird nur sichergestellt, daû einerseits das Gericht die Ausführungen der Parteien zur Kenntnis nimmt und seiner Entscheidung zugrunde legt und andererseits nur solche Tatsachen von ihm verwertet werden , zu denen die Beteiligten Stellung nehmen konnten (BVerfGE 64, 135, 144). Es gibt ihnen jedoch keinen Anspruch darauf, daû es Tatsachen erst beschafft (BVerfGE 63, 45, 60).
2. a) Auch der von der Rechtsbeschwerde angeführte Mangel der Begründung liegt nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Senats kann ein Begründungsmangel im Sinne des § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG bei einer vorhandenen Begründung dann vorliegen, wenn diese Begründung nicht erkennen läût, welche Überlegungen für die Entscheidung maûgeblich waren, oder wenn die Gründe inhaltslos sind bzw. sich auf eine Wiederholung des Gesetzestextes beschränken (vgl. Sen.Beschl. v. 03.12.1991 - X ZB 5/91, GRUR 1992, 159 - Crackkatalysator II; BGHZ 39, 333 - Warmpressen).

b) Auch solche Gründe hat der Patentinhaber nicht geltend gemacht. Die Gründe der Entscheidung lassen erkennen, worauf das Beschwerdegericht seine Würdigung, das Patent offenbare die Erfindung nicht so deutlich und
vollständig, daû ein Fachmann sie ausführen könne, gestützt hat. Das Beschwerdegericht hat seine zu diesem Ergebnis führenden Überlegungen im einzelnen dargelegt. Im Zusammenhang mit diesen Ausführungen handelt es sich bei der abschlieûenden Stellungnahme des Beschwerdegerichts zu dem Beweisantrag des Patentinhabers nicht nur um eine inhaltsleere Floskel. Das Beschwerdegericht hat nicht nur die eigene Sachkunde bejaht, sondern zuvor die entscheidungserheblichen Fragen, für die die Sachkunde erforderlich war, eingehend abgehandelt. Dem hält die Rechtsbeschwerde allein die abweichende Beurteilung anderer Patentbehörden entgegen. Dieser Angriff zielt wiederum darauf, daû die tatrichterliche Beurteilung fehlerhaft sei. Soweit die Rechtsbeschwerde ausführt, die "Begründungslast" sei um so höher, je stärker für das Beschwerdegericht Veranlassung bestanden habe, sich inhaltlich mit dem Vorbringen oder den Beweisanträgen von Verfahrensbeteiligten auseinanderzusetzen , so hat das Beschwerdegericht diesen Anforderungen durch seine Auseinandersetzung mit den entscheidungserheblichen Fragen genügt. Es hat damit ausreichend deutlich gemacht, daû die Fragen von dem seit langem für den technischen Fachbereich derartiger Verfahren zuständigen Senat ohne Zuziehung eines Sachverständigen beurteilt werden konnten.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 109 Abs. 1 Satz 2 PatG.
IV. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Sind an dem Verfahren über die Rechtsbeschwerde mehrere Personen beteiligt, so kann der Bundesgerichtshof bestimmen, daß die Kosten, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, von einem Beteiligten ganz oder teilweise zu erstatten sind, wenn dies der Billigkeit entspricht. Wird die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen oder als unzulässig verworfen, so sind die durch die Rechtsbeschwerde veranlaßten Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen. Hat ein Beteiligter durch grobes Verschulden Kosten veranlaßt, so sind ihm diese aufzuerlegen.

(2) Dem Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamts können Kosten nur auferlegt werden, wenn er die Rechtsbeschwerde eingelegt oder in dem Verfahren Anträge gestellt hat.

(3) Im übrigen gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen entsprechend.