Bundesgerichtshof Urteil, 02. Dez. 2014 - X ZR 151/12

bei uns veröffentlicht am02.12.2014
vorgehend
Bundespatentgericht, 1 Ni 6/11, 10.07.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X Z R 1 5 1 / 1 2 Verkündet am:
2. Dezember 2014
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zwangsmischer

a) Der Kläger, der im Patentnichtigkeitsverfahren geltend macht, dass der
Gegenstand des Streitpatents dem Fachmann nahegelegt gewesen sei,
muss dartun, dass im Stand der Technik technische Lehren bekanntwaren,
aus denen der Fachmann mit Hilfe seines Fachwissens den Gegenstand der
Erfindung entwickeln konnte. Er muss ferner diejenigen technischen und
sonstigen tatsächlichen Gesichtspunkte darlegen, aus denen das Patentgericht
die rechtliche Schlussfolgerung ziehen soll, dass der Fachmann Anlass
hatte, den ihm nach seinem Fachwissen und -können objektiv möglichen
Weg auch zu gehen.

b) Erachtet das Patentgericht das Streitpatent in der Fassung eines Hilfsantrags
, den der Beklagte erst in der mündlichen Verhandlung nach einem
Hinweis des Gerichts gestellt hat, für rechtsbeständig, ist ein neues Angriffsmittel
, das aus erstmals im zweiten Rechtszug eingeführten technischen Informationen
einer Entgegenhaltung hergeleitet werden soll, zuzulassen,
wenn für den Kläger aus dem Hinweis nicht erkennbar war, dass das Patentgericht
den Gegenstand des Hilfsantrags als (möglicherweise) patentfähig
ansah.
BGH, Urteil vom 2. Dezember 2014 - X ZR 151/12 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Dezember 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Meier-Beck, den Richter Gröning, die Richterin Schuster, den Richter
Dr. Deichfuß und die Richterin Dr. Kober-Dehm

für Recht erkannt:
Berufung und Anschlussberufung gegen das am 10. Juli 2012 verkündete Urteil des 1. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts werden zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagten sind Inhaber des mit Wirkung für die Bundesrepublik
1
Deutschland erteilten europäischen Patents 1 121 193 (Streitpatents), das am 29. September 2000 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 21. Oktober 1999 angemeldet wurde und einen insbesondere als Betonmischer verwendeten Zwangsmischer betrifft. Das Streitpatent umfasst in der erteilten Fassung acht Patentansprüche, von denen Patentanspruch 1 in der Verfahrenssprache wie folgt lautet: "Zwangsmischer zum Mischen von Komponenten mit einem trichterförmigen Mischraum, in dessen Mittelachse (3) koaxial ein inne- res und ein äußeres Rührwerk angebracht sind, wobei das innere Rührwerk (2) aus einer Schnecke (5) besteht, die bis zum Auslaufschieber (6) reicht, wobei das äußere Rührwerk (8) Mischscharen (9) bzw. Abstreifer aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass die Mischscharen (9) bzw. Abstreifer die vom Mischgut berührten Mischbehälterflächen (1) bestreichen und das äußere Rührwerk (8) einen Antrieb (10) aufweist, durch den das äußere Rührwerk (8) intervallartig zwischen einer ersten Drehrichtung und einer entgegengesetzten Drehrichtung wechselnd antreibbar ist." Die übrigen Ansprüche sind unmittelbar oder mittelbar auf Patentan2 spruch 1 rückbezogen. Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei
3
nicht patentfähig. Die Beklagte hat das Streitpatent in erster Instanz in der erteilten Fassung und hilfsweise in sechs geänderten Fassungen verteidigt. Das Patentgericht hat das Streitpatent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet
4
der Bundesrepublik Deutschland unter Abweisung der Klage im Übrigen für nichtig erklärt, soweit es über die mit dem sechsten Hilfsantrag verteidigte und nachstehend wiedergegebene Fassung hinausgeht, in der Patentanspruch 1 um die Merkmale des Unteranspruchs 3 ergänzt ist und in Patentanspruch 3 die Merkmale des erteilten Patentanspruchs 1 mit den Merkmalen des Unteranspruchs 5 kombiniert werden: "1. Zwangsmischer zum Mischen von Komponenten mit einem trichterförmigen Mischraum, in dessen Mittelachse (3) koaxial ein inneres und ein äußeres Rührwerk angebracht sind, wobei das innere Rührwerk (2) aus einer Schnecke (5) besteht, die bis zum Auslaufschieber (6) reicht, wobei das äußere Rührwerk (8) Mischscharen (9) bzw. Abstreifer aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass die Mischscharen (9) bzw. Abstreifer die vom Mischgut berührten Mischbehälterflächen (1) bestreichen und das äußere Rührwerk (8) einen Antrieb (10) aufweist, durch den das äußere Rührwerk (8) intervallartig zwischen einer ersten Drehrichtung und einer entgegengesetzten Drehrichtung wechselnd antreibbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Schnecke (5) des inneren Rührwerks (2) konisch, d.h. mit nach oben zunehmendem Durchmesser ausgebildet ist. 2. Zwangsmischer nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das innere Rührwerk aus einer Welle mit schneckenförmig angeordneten Flügeln ausgebildet ist. 3. Zwangsmischer zum Mischen von Komponenten mit einem trichterförmigen Mischraum, in dessen Mittelachse (3) koaxial ein inneres und ein äußeres Rührwerk angebracht sind, wobei das innere Rührwerk (2) aus einer Schnecke (5) besteht, die bis zum Auslaufschieber (6) reicht, wobei das äußere Rührwerk (8) Mischscharen (9) bzw. Abstreifer aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass die Mischscharen (9) bzw. Abstreifer die vom Mischgut berührten Mischbehälterflächen (1) bestreichen und das äußere Rührwerk (8) einen Antrieb (10) aufweist, durch den das äußere Rührwerk (8) intervallartig zwischen einer ersten Drehrichtung und einer entgegengesetzten Drehrichtung wechselnd antreibbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass an der Schnecke bzw. den übereinander angeordneten Flügeln (5) Schneidelemente (17) angeordnet sind. 4. Zwangsmischer nach einem der Ansprüche 1 bis 2, dadurch gekennzeichnet, dass an der Schnecke bzw. den übereinander angeordneten Flügeln (5) Schneidelemente (17) angeordnet sind. 5. Zwangsmischer nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Antriebe der beiden Rührwerke mit festen Drehzahlen ausgelegt sind. 6. Zwangsmischer nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Antriebe der beiden Rührwerke stufenlos regelbar sind.
7. Zwangsmischer nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Antriebe der beiden Rührwerke über gummi-elastische Auflagen gelagert sind und ein Rüttler (14) am Mischbehälter vorgesehen ist." Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr erstin5 stanzliches Klageziel weiterverfolgt. Die Beklagten treten dem Rechtsmittel entgegen und haben Anschlussberufung eingelegt, mit der sie die Abweisung der Klage erstreben und das Streitpatent hilfsweise in der Fassung des erstinstanzlichen Hilfsantrags II verteidigen.

Entscheidungsgründe:


6
Beide Rechtsmittel sind zulässig, aber unbegründet. I. Das Streitpatent betrifft einen Zwangsmischer zur Herstellung von
7
Mischungen aus flüssigen, pulverförmigen und körnigen Komponenten, wie beispielsweise Betonmischungen. 1. Nach den Ausführungen in der Streitpatentschrift sind im Stand der
8
Technik Zwangsmischer mit Rührwerken unterschiedlicher Art und Funktion bekannt. Die deutsche Offenlegungsschrift 31 10 437 offenbare einen Mischer mit einer inneren Mischerschnecke und einem äußeren, ebenfalls als Schneckengetriebe ausgebildeten Rührwerk, das in eine rings der Mischerbehälterwandung umlaufende Bewegung versetzt werde, wobei innere und äußere Mischerschnecke das Mischgut nach oben förderten. Der in der europäischen Patentanmeldung 796 708 (D3) beschriebene Mischer weise ebenfalls ein inneres und äußeres Rührwerk auf, wobei jedoch lediglich das innere Rührwerk als Schneckengetriebe ausgebildet sei, während das äußere Rührwerk aus Misch- scharen bestehe. Das innere Rührwerk fördere das Mischgut aufwärts. Demgegenüber habe das äußere Rührwerk, das mit einer geringeren Geschwindigkeit als das innere Rührwerk umlaufe, die Aufgabe, das Mischgut im Außenbereich des Mischbehälters nach unten und zur Mitte zu fördern. Das Problem bei diesem Mischer - so erläutert die Streitpatentschrift - bestehe darin, dass beide Rührwerke mit der gleichen Drehrichtung umliefen und sich die Drehrichtung des äußeren Rührwerks während des Mischvorgangs nicht ändere. Dadurch könne unvermischtes Material über einen längeren Zeitraum vor den Mischscharen hergeschoben und aus diesem Grund nur langsam untergearbeitet werden (Beschr. Abs. 3). 2. Nach der Streitpatentschrift besteht die Aufgabe des Streitpatents
9
darin, einen Zwangsmischer zu entwickeln, der insbesondere als Betonmischer geeignet ist und unvermischtes, vor den Mischscharen hergeschobenes Material schnell untermischt (Beschr. Abs. 4). Allgemeiner ist das Problem mit dem Patentgericht dahin zu formulieren, einen Mischer zu schaffen, bei dem unvermischtes Material schnell untergemischt wird. 3. Zur Lösung dieses Problems schlägt Patentanspruch 1 des Streitpa10 tents einen Zwangsmischer zum Mischen von Komponenten vor, dessen Merkmale sich wie folgt gliedern lassen (Gliederungspunkte des Patentgerichts in eckigen Klammern): 1. Der Zwangsmischer zum Mischen von Komponenten [M1] weist folgende Bestandteile auf: 1.1 einen trichterförmigen Mischraum [M1], 1.2 ein inneres Rührwerk und 1.3 ein äußeres Rührwerk.
2. Das innere und das äußere Rührwerk sind koaxial in der Mittelachse (3) des Mischraums angebracht [M2]. 3. Das innere Rührwerk (2) besteht aus einer Schnecke (5) [M3], 3.1 die bis zum Auslaufschieber (6) reicht [M3]. 4. Das äußere Rührwerk (8) weist auf: 4.1 Mischscharen (9) bzw. Abstreifer [M4], 4.1.1 die die vom Mischgut berührten Mischbehälterflächen (1) bestreichen [M5] und 4.2 einen Antrieb (10), durch den das äußere Rührwerk (8) [M6] 4.2.1 intervallartig zwischen einer ersten Drehrichtung und einer entgegengesetzten Drehrichtung wechselnd antreibbar ist [M7a und M7b].
11
4. Zum Verständnis des Merkmals 1.1 und der Merkmalsgruppen 3 und 4 sind folgende Bemerkungen veranlasst:
a) Die Streitpatentschrift erläutert nicht näher, was unter einem trichter12 förmigen Mischraum im Sinne von Merkmal 1.1 zu verstehen ist. Aus Figur 1 des Streitpatents lässt sich für die dort dargestellte Ausführungsform entnehmen , dass jedenfalls der Teil des Mischers, in dem sich die Schnecke des inneren Rührwerks und die Mischscharen des äußeren Rührwerks bewegen, und damit der eigentliche Mischraum konisch gestaltet ist. Nach allgemeinem Sprachverständnis bedeutet der Begriff "trichterförmig" jedoch nicht notwendig, dass das betreffende Behältnis durchgängig konische Außenwände aufweisen muss. Vielmehr fallen darunter auch Behältnisse, die am oberen Ende einen zylindrisch geformten Abschnitt aufweisen. Nachdem Figur 1 des Streitpatents nur eine mögliche Ausführungsform darstellt und die Beschreibung des Streitpatents den Begriff nicht spezifisch in Bezug auf die Erfindung definiert, ist unter Zugrundelegung des allgemeinen Sprachverständnisses mit dem Patentgericht davon auszugehen, dass Merkmal 1.1 auch einen Mischraum umfasst, der im oberen Teil zylindrisch geformt ist.
b) Nach Merkmal 3.1 reicht die das innere Rührwerk bildende Schnecke
13
"bis zum" Auslaufschieber, der - in der Beschreibung des Streitpatents als Verschlussschieber bezeichnet - sich am Auslaufende des Mischbehälters befindet, diesen zusammen mit einer Dichtung abdichtet und durch ein Stellelement betätigt wird, um das Mischgut über ein Rohr oder einen Schlauch in einen Transportbehälter überzuleiten (Beschr. Abs. 11). Das Patentgericht hat angenommen , die Formulierung "bis zum" sei dahin zu verstehen, dass die Schnecke "bis in die Nähe" des Auslaufschiebers reiche, weil nach der Beschreibung des Streitpatents lediglich für ein Ausführungsbeispiel vorgesehen sei, dass die Schnecke "unmittelbar" bis an den Verschlussschieber heranreiche. Die Formulierung "bis in die Nähe von" ist in diesem Zusammenhang nicht präziser als die Aussage "bis zum". Ausgehend von der vom Patentgericht herangezogenen Beschreibung des Ausführungsbeispiels kann aber jedenfalls angenommen werden, dass Patentanspruch 1 nicht in dem Sinne eine unmittelbar bis an den Auslaufschieber heranreichende Ausgestaltung fordert, dass jeder kleine Spalt zwischen den Teilen ausgeschlossen ist.
c) Merkmal 4.1.1 hat das Patentgericht zutreffend dahin interpretiert,
14
dass der Ausdruck "bestreichen" nicht zwingend voraussetzt, dass die Mischscharen über die Behälterwand kratzen. Merkmal 4.1.1 ist in einem funktionalen Sinn auszulegen und erfasst damit auch den Fall, dass die Mischscharen eng an der Behälterwand entlang gleiten, diese aber nicht berühren, weil auch dies ausreicht, um Material von der Wandung abzuschieben.
15
II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung, soweit für das Berufungsverfahren von Interesse, im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung sei zwar
16
neu, beruhe jedoch nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Die europäische Patentanmeldung 796 708 (D3) offenbare einen Zwangsmischer mit einem im Wesentlichen trichterförmigen Mischraum im Sinne des Merkmals 1.1 sowie einem inneren und äußeren Rührwerk entsprechend den Merkmalen 1.2 und 1.3. Das innere Rührwerk bestehe aus einer Schnecke im Sinne des Merkmals 3, die bis an das Ende der Welle reiche, so dass auch Merkmal 3.1 in dem Sinne verwirklicht sei, dass die Schnecke bis in die Nähe des Auslaufschiebers reiche. Das äußere Rührwerk weise Mischwerkzeuge nach Merkmal 4.1 und einen Antrieb im Sinne des Merkmals 4.2 auf. Eine Ausgestaltung des Antriebs entsprechend den Merkmalen 4.2.1 und 4.2.2 werde durch die D3 zwar nicht offenbart. Dem Fachmann werde jedoch durch die britische Patentschrift 1 145 481 (D5), die einen Zwangsmischer mit feststehendem Behälter und umlaufendem inneren und äußeren Rührwerk beschreibe, nahegelegt, die dort beschriebene Drehrichtungsumkehr des äußeren Rührwerks auf einen Mischer nach der D3 zu übertragen. Das äußere Rührwerk des in der D5 offenbarten Mischers verwirkliche sämtliche Merkmale der Merkmalsgruppe 4. Es liege vorzugsweise an der Innenseite des Mischbehälters an, um ein Absetzen des Mischgutes hinter den Strömungsleitblechen bzw. an der Innenwandung des Mischers zu verhindern (Merkmale 4.1 und 4.1.1) und weise einen Antrieb auf, der eine Drehrichtungsumkehr des äußeren Rührwerks im Sinne der Merkmalsgruppe 4.2 ermögliche. So werde, nachdem der Mischbehälter nach Beendigung eines Mischvorgangs entleert worden sei, das äußere Rührwerk in entgegengesetzter Drehrichtung zu derjenigen beim anschließenden Mischvorgang angetrieben. Hierdurch könnten möglicherweise noch an dem äußeren Rührwerk haftende Mischgutreste durch das Anmachwasser abgespült werden. Damit sei das äußere Rührwerk, da die Drehrichtungsumkehr nur für einen gewissen Zeitraum erfolge , intervallartig zwischen einer ersten und einer entgegengesetzten Drehrichtung wechselnd antreibbar. Da Patentanspruch 1 des Streitpatents Zweck und Zeitpunkt der Drehrichtungsumkehr nach den Merkmalen 4.2.1 und 4.2.2 offenlasse , sei die Übertragung der Drehrichtungsumkehr auf einen Mischer der in der D3 dargestellten Art für einen Fachmann, der Ablagerungen am äußeren Rührwerk beseitigen und schnell untermischen wolle, nahegelegt. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der mit Hilfsantrag II verteidig17 ten Fassung, wonach Merkmal 3 um die Angabe ergänzt werden solle, dass die Schnecke das Material nach oben fördere, sei ebenfalls nicht patentfähig. So sei - wie sich aus den in Figur 1 der D3 eingezeichneten Strömungspfeilen im Bereich des inneren Rührwerks ergebe - auch bei dem in der D3 offenbarten Mischer eine Förderung des Materials nach oben vorgesehen. Dagegen sei der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der mit Hilfsan18 trag VI verteidigten Fassung, wonach die Schnecke des inneren Rührwerks - wie in Unteranspruch 3 der erteilten Fassung vorgesehen - konisch mit nach oben zunehmendem Durchmesser ausgebildet sein solle, patentfähig. Durch die konische Ausbildung der Schnecke würden bei einem konischen Mischraum Totzonen vermieden und die Transportfunktion der Schnecke optimiert. Für eine derartige Ausbildung der Schnecke gebe der Stand der Technik keine Anregung. Insbesondere offenbare die deutsche Offenlegungsschrift 1 557 009 (D4) entgegen der Auffassung der Klägerin keine Schnecken, sondern lediglich schraubenförmig gewundene, bandförmige Mischwendeln, die Totzonen nicht vermieden, da lediglich Teilbereiche des Mischraums überstrichen würden und damit ein Effekt wie bei einer konisch ausgebildeten Schnecke nicht eintreten könne.
19
Der Gegenstand von Patentanspruch 3 in der mit Hilfsantrag VI verteidigten Fassung sei ebenfalls patentfähig. Die nach dieser Fassung vorgesehene Ausgestaltung der Schnecke entsprechend Unteranspruch 5 der erteilten Fassung , wonach an der Schnecke bzw. den übereinander angeordneten Flügeln Schneidelemente angeordnet seien, werde im Stand der Technik nicht offenbart und habe auch nicht im Griffbereich des Fachmanns gelegen.
20
III. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Berufung und der Anschlussberufung stand.
21
1. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung ist nicht patentfähig (Art. 52 Abs. 1 EPÜ).
a) Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung ist
22
zwar neu (Art. 54 Abs. 1 und 2 EPÜ). Insbesondere ist er entgegen der Auffassung der Berufung nicht durch eine offenkundige Vorbenutzung vorweggenommen. Die Klägerin hat insoweit geltend gemacht, dass konische Mischbehälter mit den Merkmalen des Streitpatents bereits seit 1981 in Serienproduktion hergestellt worden seien, und hierzu eine eidesstattliche Erklärung eines Mitarbeiters eines Koaxialmischer herstellenden Unternehmens vom 29. Dezember 2010 sowie weitere Unterlagen vorgelegt. Diesen lässt sich jedenfalls nicht entnehmen, dass das innere Rührwerk im Sinne des Merkmals 3 des Streitpatents als Schnecke ausgebildet ist. In der Erklärung ist lediglich angegeben , dass die innere Welle mit Mischwerkzeugen bestückt sei. Über die Art der Mischwerkzeuge geben indessen weder die Erklärung noch die weiteren vorgelegten Unterlagen Aufschluss. Das Patentgericht hat die Parteien bereits in seinem Hinweis nach § 83
23
Abs. 1 PatG darauf hingewiesen, dass es bei den von der Klägerin als Vorbenutzung genannten Mischern an der Verwirklichung des Merkmals 3 fehle, so dass die Rüge der Klägerin, das Patentgericht habe die eidesstattliche Erklärung verfahrensfehlerhaft nicht näher gewürdigt, unbegründet ist.
b) Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung war
24
dem Fachmann, den das Patentgericht zutreffend und von den Parteien unbeanstandet als Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau oder Verfahrenstechnik mit mehrjähriger Erfahrung in der Konstruktion und Entwicklung von Mischern definiert hat, aber durch den Stand der Technik nahegelegt (Art. 56 EPÜ). (1) Die Entgegenhaltung D3 betrifft einen Mischer, der wie der Gegen25 stand des Streitpatents u.a. zum Mischen von Beton geeignet ist (Sp. 1 Z. 7 = S. 2 Z. 7 der Übers.). Der Mischbehälter ist im oberen Teil zylindrisch geformt und weist eine konische Bodenplatte (conical shaped bottom plate) auf. Der Mischer verfügt über ein im Zentrum des Mischbehälters angeordnetes inneres und ein um die Peripherie des Mischbehälters angeordnetes äußeres Mischmittel. Jedes Mischmittel ist mit einer Welle verbunden (innere und äußere Welle). Damit sind die Merkmalsgruppe 1 und Merkmal 2 verwirklicht. Das innere Mischmittel besteht aus Mischschaufelelementen, von denen
26
jedes mindestens eine Mischschaufel aufweist, wobei die Mischschaufeln schraubenförmig konfiguriert sind (Sp. 29 bis 32, Z. 45 bis 47 = S. 6 Z. 23 bis 25, Z. 36 bis 37 der Übers.) und damit der Schnecke im Sinne von Merkmal 3 des Streitpatents entsprechen. Das Patentgericht hat zutreffend auch Merkmal 3.1 als offenbart angese27 hen. Die Schnecke des in der D3 gezeigten Mischers reicht bis an das Ende der Welle. Zwar zeigt Figur 1 der D3 einen gewissen Abstand der Schnecke zur Auslassöffnung des Mischraums und damit auch zum Auslassschieber. Nach Figur 7a schließt aber das untere Schaufelende 18c der inneren Mischschaufel mit der Unterkante der Endplatte 17b der Welle ab. Die schraubenförmig angeordneten Mischschaufeln erreichen mithin das Ende der inneren Welle. Berücksichtigt man, dass schematische Darstellungen, wie sie üblicherweise in Patentschriften zu finden sind, regelmäßig nur das Prinzip der beanspruchten Vorrichtung offenbaren, nicht aber exakte Abmessungen (BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2012 - X ZB 10/11, GRUR 2012, 1242 Rn. 9 - Steckverbindung; Benkard/Melullis, Patentgesetz, 10. Aufl., § 3 PatG Rn. 27; Benkard/Scharen, § 14 PatG Rn. 29; Busse/Keukenschrijver, Patentgesetz, 7. Aufl., § 14 PatG Rn. 47; Schulte/Moufang, Patentgesetz, 9. Aufl., § 34 PatG Rn. 309), ist Figur 1 dahin zu interpretieren, dass auch bei dem in der D3 offenbarten Mischer die Schnecke bis zum Auslaufschieber reicht. Unabhängig hiervon ist anzunehmen, dass es dem Fachmann durch sein
28
Fachwissen jedenfalls nahe gelegt war, die aus der D3 bekannte, in der Mittelachse des Behälters angebrachte Schnecke möglichst nah an den Boden des Mischbehälters und damit bis zu dem dort befindlichen Auslassschieber heranreichen zu lassen, um Materialablagerungen im Mischbehälter zu vermeiden. Das äußere Rührwerk des in der D3 gezeigten Mischers wird über einen
29
Motor angetrieben, der gleichzeitig auch das innere Rührwerk antreibt (Sp. 1 Z. 41 bis 43 = S. 2 Z. 36 bis 37 der Übers.; nach Sp. 5 Z. 41 bis 45 = S. 8 Z. 8 bis 11 der Übers. gelten diese sich auf einen im Stand der Technik bekannten Mischer beziehenden Ausführungen auch für den erfindungsgemäßen Mischer nach der D3). Es weist drei Mischschaufeln auf, von denen eine an der äußeren Peripherie, eine an der inneren Peripherie und eine auf halber Höhe der konisch ausgebildeten Bodenplatte des im Übrigen zylindrisch geformten Mischbehälters umläuft (vgl. Sp. 2 Z. 3 bis 8 = S. 3 Z. 15 bis 18 der Übers.). Damit sind von der Merkmalsgruppe 4 die Merkmale 4.1 und 4.2 offenbart.
30
Schließlich verwirklichen die in der D3 beschriebenen Mischwerkzeuge des äußeren Rührwerks, da sie an die Behälterform angepasst sind, auch Merkmal 4.1.1. Nach Patentanspruch 1 der D3 und der Beschreibung sollen die äußeren Mischschaufeln das vom inneren Rührwerk in der Mitte des Mischbehälters vom Boden nach oben und von dort gegen die Seitenwände des Mischbehälters bewegte Mischgut von der oberen in die untere Peripherie und schließlich über die konische Bodenplatte wiederum zur Mitte des Bodens befördern , wo es erneut vom inneren Rührwerk erfasst, weiter gerührt und wieder nach oben transportiert wird (Sp. 2 Z. 39 bis 43 = S. 4 Z. 8 bis 11 der Übers.; Sp. 3 Z. 50 bis Sp. 4 Z. 2 = S. 5 Z. 28 bis 36 der Übers.; Sp. 8 Z. 28 bis 39 = S. 12 Z. 3 bis 11 der Übers.). Die auf unterschiedlicher Höhe in der Peripherie des Mischbehälters umlaufenden äußeren Mischschaufeln haben damit die Aufgabe, das Mischgut innerhalb des Mischbehälters von oben nach unten zu befördern und so im Zusammenwirken mit dem inneren Rührwerk für eine Umwälzung des Mischguts zu sorgen. Von einem Abstreifen durch die äußeren Mischschaufeln oder einer Berührung der Mischbehälterwand ist zwar nicht die Rede. Vielmehr geht die D3 davon aus, dass neben den Mischschaufeln auch die konische Ausbildung der Bodenplatte dafür sorgt, dass das Mischgut wieder dem inneren Rührwerk in der Mitte des Behälters zufließt (Sp. 2 Z. 35 bis 36 = S. 4 Z. 4 bis 5 der Übers.; Sp. 4 Z. 1 bis 2 = S. 5 Z. 34 der Übers.). Dennoch ist angesichts des in Figur 1 gezeigten sehr geringen Abstands zwischen Mischschaufel und vertikaler Behälterwand und in Anbetracht des zugrunde zu legenden funktionalen Verständnisses des Merkmals 4.1.1 die Verwirklichung dieses Merkmals durch die in der D3 gezeigten äußeren Mischschaufeln mit dem Patentgericht zu bejahen. Hingegen ist, wie das Patentgericht zutreffend - und von der Klägerin
31
auch nicht angegriffen - ausgeführt hat, Merkmal 4.2.1 in der Entgegenhaltung D3 nicht offenbart.
32
(2) Ebenfalls zu Recht hat das Patentgericht entschieden, dass der Fachmann durch die Entgegenhaltung D5 die Anregung erhält, das äußere Rührwerk mit einem Antrieb mit Drehrichtungsumkehr entsprechend Merkmal 4.2.1 auszustatten. Die D5 betrifft neben einem entsprechenden Verfahren auch ein Gerät
33
zum Mischen von hydraulisch aushärtbaren Bindemitteln und Wasser. Der Mischer verfügt jedenfalls in der in Figur 2 gezeigten Ausführungsform über ein inneres in der Mittelachse des trichterförmigen Mischraums angebrachtes Rührwerk. Ferner weist der Mischer Strömungsleitplatten (flow guiding plates) auf, die auf die Innenwand des Mischbehälters ausgerichtet und auf einer Drehvorrichtung (rotable member turntable) angeordnet sind, die um die Drehachse des Mischbehälters bewegt werden kann. Durch die Drehbewegung der Leitplatten soll ein Anhaften des Mischmaterials hinter den Leitplatten verhindert werden (S. 6 Z. 44 bis 48 = S. 18 Abs. 1 der Übers.). Dies wird dadurch unterstützt , dass die Strömungsleitplatten zur Innenwand des Mischbehälters hin auf unterschiedlichen Höhen Aussparungen aufweisen, durch die das Mischgut hindurchfließen kann (S. 6 Z. 16 bis 19 = S. 17 Abs. 2 der Übers.). Die zwischen diesen Aussparungen liegenden Abschnitte der Strömungsleitplatten grenzen dagegen unmittelbar an die Mischbehälterwand an und sollen einerseits verhindern, dass sich Mischgut an der Innenwand absetzt, und andererseits das Mischgut wieder der Umwälzung im Mischbehälter zuführen (S. 6 Z. 51 bis 56 = S. 18 Abs. 1 a.E. der Übers.). Die Strömungsleitplatten können über einen elektrischen Antrieb entweder in derselben Drehrichtung wie das innere Rührwerk oder in entgegengesetzter Richtung bewegt werden (S. 4 Z. 73 bis 91 = S. 12 Abs. 3 bis S. 13 Abs. 1 der Übers.; S. 6 Z. 39 bis 44 = S. 18 Abs. 1 der Übers.).
34
Die Strömungsleitplatten des in D5 gezeigten Mischers entsprechen damit sowohl hinsichtlich ihrer Konstruktion als auch in Bezug auf die Funktion den Mischscharen des Streitpatents. Im Ausführungsbeispiel sind die Mischscharen des Streitpatents als balkenartige Scharen bzw. quaderförmige Körper gestaltet. Sie streifen in unterschiedlichen Höhen versetzt an der Behälterinnenwand entlang und sind zur Anpassung an die Behälterwandung in vertikaler Richtung und im Winkel zur Behälterwandung einstellbar (vgl. Beschr. Abs. 12 bis 14). Zwischen den balkenartigen Scharen sind freie Abschnitte, in denen das Mischgut über die Behälterwand fließt. Die Strömungsleitplatten des in D5 beschriebenen Mischers bestehen zwar anders als die im Streitpatent dargestellten Mischscharen aus über die Länge der Behälterinnenwand durchgängigen Platten, die in einem gewissen Abstand von der Behälterinnenwand angeordnet sind, weisen aber zur Behälterwand hin in unterschiedlichen Höhen versetzt Abschnitte auf, die an die Behälterwand angrenzen und die einerseits verhindern sollen, dass sich Mischgut an der Innenwand absetzt, und andererseits das Mischgut wieder der Umwälzung im Mischbehälter zuführen sollen (S. 6 Z. 51 bis 56 = S. 18 Abs. 1 a.E. der Übers.).
Auch wenn hinsichtlich des umkehrbaren Antriebs der Strömungsleitplat35 ten der Fokus der D5 darauf liegt, Mischgutrückstände auf den Leitplatten leichter entfernen zu können und damit die Reinigung zu erleichtern, konnte der Fachmann der Schrift entnehmen, dass die dort vorgeschlagene Drehrichtungsumkehr der Strömungsleitplatten nicht nur für den Reinigungsschritt, sondern auch für den Mischvorgang selbst nutzbar gemacht werden und dazu beitragen kann, das sich während des Mischvorgangs an den Mischscharen ablagernde Mischgut wieder dem Mischprozess zuzuführen und diesen dadurch zu beschleunigen. Der Fachmann hatte daher Anlass, die Möglichkeit der Dreh-
richtungsumkehr auf das aus der D3 bekannte äußere Rührwerk zu übertragen und dieses gemäß Merkmal 4.2.1 auszugestalten. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann dies nicht mit der Begrün36 dung verneint werden, dass die D5 anstrebe, Materialansammlungen hinter den Strömungsleitplatten zu vermeiden, während es beim Streitpatent darum gehe, unvermischtes Material, das vor den Mischscharen hergeschoben werde, schneller untermischen zu können. Es trifft zwar zu, dass es (auch) Aufgabe der D5 ist, das Anhaften von Material hinter den Leitplatten zu vermeiden. Dies wird nach den Erläuterungen in der D5 jedoch alleine dadurch erreicht, dass anders als im früheren Stand der Technik die Strömungsleitplatten nicht mehr starr an der Behälterinnenwand angebracht, sondern auf einem Drehteller angeordnet werden, der um die Mittelachse des Mischbehälters bewegt werden kann (S. 4 Z. 73 bis 86 = S. 12 Abs. 2 der Übers.). Ausreichend hierfür ist also allein die Drehbarkeit der Leitplatten als solche, nicht jedoch die weitergehende Möglichkeit , die Leitplatten auch entgegen der Drehrichtung des inneren Rührwerks zu bewegen. Demgegenüber wird die Drehrichtungsumkehr in der D5 für die Reinigung als vorteilhaft angesehen, weil dadurch eventuell zurückgebliebenes Material nicht nur von der Rückseite, sondern auch von der Vorderseite der Leitplatten entfernt werden kann.
Ebenso wenig kann den Beklagten darin gefolgt werden, dass der Fach37 mann, die in der D5 offenbarte Möglichkeit der Drehrichtungsumkehr nicht für einen Mischer des in der D3 gezeigten Typs in Betracht ziehe, weil die in der D5 gezeigte Konstruktion des äußeren Rührwerks auf das Mischen von Zementleim ausgelegt sei und die Drehrichtungsumkehr lediglich zum Einsatz komme, wenn sich nur Mischwasser im Behälter befinde, demgegenüber beim Mischen von Beton, der in der Regel auch grobes Material enthalte, ungleich stärkere Kräfte auf das Rührwerk einwirkten, so dass dies einer stärkeren Be-
anspruchung standhalten müsse, als dies bei den durch die D5 offenbarten Mischern der Fall sei. Patentanspruch 1 des Streitpatents enthält keine Einschränkung auf Betonmischer, sondern betrifft allgemein einen Zwangsmischer zum Mischen von Komponenten, ohne dass diese näher spezifiziert würden. In der Beschreibung des Streitpatents ist dazu ausgeführt, dass mit dem erfindungsgemäßen Mischer Mischungen aus flüssigen, pulverförmigen und körnigen Komponenten hergestellt werden sollen. Betonmischungen werden nur als Beispiel genannt (Beschr. Abs. 1). Es sind daher keine Gründe dafür ersichtlich und auch von den Beklagten nicht vorgetragen, weshalb der Fachmann davon absehen sollte, die in der D5 offenbarte Möglichkeit einer Drehrichtungsumkehr des äußeren Rührwerks auch bei einem Mischer nach der D3 in Betracht zu ziehen, auch wenn der Mischer nach der D5 auf andere Mischmaterialien als Beton ausgelegt ist.
2. Die mit Hilfsantrag II verteidigte Fassung von Patentanspruch 1 hat
38
das Patentgericht ebenfalls zu Recht als nicht patentfähig angesehen. Das in dieser Fassung zusätzlich aufgenommene Merkmal, wonach die Schnecke, die das innere Rührwerk bildet, das Material nach oben fördert, ist bereits durch die D3 vorweggenommen. Die schneckenförmig konfigurierten Mischschaufeln des inneren Mischmittels des in der D3 gezeigten Mischers bewegen die Mischmaterialien vom Boden des Zentrums des Mischbehälters nach oben (Sp. 3 Z. 55 bis 58 = S. 5 Z. 31 bis 34 der Übers.). 3. Das Patentgericht hat zu Recht entschieden, dass der Gegenstand
39
von Patentanspruch 1 und Patentanspruch 3 in der mit dem erstinstanzlichen Hilfsantrag VI verteidigten Fassung patentfähig ist.
a) Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in dieser Fassung war dem
40
Fachmann nicht durch den erstinstanzlich angeführten Stand der Technik na- hegelegt. Die Entgegenhaltungen D3 (Figur 1) und D5 (Figur 5) offenbaren als innere Rührwerke lediglich zylindrisch geformte Schnecken und geben keine Anregung zu einer konischen Gestaltung. Die in der ersten Instanz in Bezug auf dieses dem Unteranspruch 3 ent41 nommene Merkmal allein vorgelegte Entgegenhaltung D4 offenbart zwar mit den in den Figuren 2, 4 und 5 gezeigten Ausführungsformen Mischwerkzeuge, die an das kegelförmige Mischgefäß angepasst sind und dementsprechend konisch mit nach oben zunehmendem Durchmesser ausgebildet sind. So folgen die Mischflügel des äußeren Rührwerks der Form der Innenwandung und die Innenmischflügel, die zwar weniger ausgeprägt, aber ebenfalls konisch geformt sind, laufen innerhalb der Außenmischflügel um (Beschr. S. 11, 15 und 17). Allerdings handelt es sich bei diesen Mischwerkzeugen nicht um Schnecken, sondern gemäß Patentanspruch 1 um schraubenförmig gewundene, bandförmige Mischflügel. Im Übrigen bestehen bei der D4 sowohl das äußere als auch das innere Rührwerk aus derartigen bandförmigen Mischflügeln. Es ist daher nicht erkennbar, inwiefern der Fachmann, der einen Mischer weiterentwickeln will, bei dem das innere und das äußere Rührwerk jeweils mit unterschiedlichen Mischwerkzeugen versehen sind, der D4 die Anregung entnehmen sollte, das innere Rührwerkzeug, für das er anders als in der D4 eine Schnecke vorgesehen hat, konisch zu formen.
b) Der Gegenstand von Patentanspruch 3 in der Fassung des erstin42 stanzlichen Hilfsantrags VI beruht gegenüber dem erörterten Stand der Technik ebenfalls auf erfinderischer Tätigkeit. Das Patentgericht hat zutreffend angenommen, dass keine der in der
43
ersten Instanz vorgelegten Entgegenhaltungen Schneidelemente an einem als Schnecke ausgebildeten oder an einem mit übereinander angeordneten Flügeln versehenen inneren Rührwerk offenbart oder hierfür Anregungen gibt. 4. Eine andere Beurteilung der Patentfähigkeit des Gegenstands von
44
Patentanspruch 1 und Patentanspruch 3 in der mit dem erstinstanzlichen Hilfsantrag VI verteidigten Fassung ergibt sich auch nicht aus den von der Klägerin erstmals mit der Berufungsbegründung vorgelegten Entgegenhaltungen BB1 bis BB9.
a) Die britische Patentschrift 881 741 (BB1), die US-amerikanischen
45
Patentschriften 1 394 371 (BB2), 1 268 813 (BB3), 4 185 925 (BB4), 3 445 090 (BB5) und 2 315 251 (BB6) sowie die europäische Patentschrift 323 767 (BB7), die deutsche Auslegeschrift 1 932 094 (BB8) und die deutsche Offenlegungsschrift 26 43 560 (BB9) sind im Prinzip der Sachprüfung durch den Senat zugrunde zu legen. Die Voraussetzungen für eine Zulassung dieser neuen Angriffsmittel im Berufungsverfahren sind gegeben (§ 117 Satz 1 PatG in Verbindung mit §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO). Die Beklagten machen insoweit geltend, die neuen Angriffsmittel seien
46
als verspätet zurückzuweisen, weil die Klägerin aufgrund des Hinweises des Patentgerichts in der mündlichen Verhandlung hätte erkennen können, dass es auf die mit Hilfsantrag VI eingeführten Gesichtspunkte (Ausgestaltung der Schnecke in konischer Form, Schneidelemente an der Schnecke bzw. an den übereinander angeordneten Flügeln) ankommen und diese die Patentfähigkeit begründen könnten. Im Übrigen beruhe es auf der Nachlässigkeit der Klägerin, dass sie die Entgegenhaltungen BB1 bis BB9 nicht bereits vor dem Patentgericht vorgelegt habe. Bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte die Klägerin diese Entgegenhaltungen - von denen die BB1 auf dem Deckblatt der Streitpatentschrift aufgeführt wird - bereits bei Klageerhebung auffinden können.
47
Zwar waren die mit Hilfsantrag VI verteidigten Patentansprüche 1 und 3 als Nebenansprüche 2 und 5 in der von den Beklagten bereits in der ersten Instanz als Reaktion auf den gerichtlichen Hinweis nach § 83 Abs. 1 PatG mit Schriftsatz vom 20. April 2012 als Hilfsantrag IV verteidigten Fassung des Streitpatents enthalten. Zu diesem Hilfsantrag und dabei insbesondere auch zu den zusätzlichen Merkmalen, dass die Schnecke konisch geformt ist und an der Schnecke bzw. an den übereinander angeordneten Flügel Schneidelemente angeordnet sind, hat die Klägerin schon mit Schriftsatz vom 24. Mai 2012 - im Wesentlichen unter Bezugnahme auf ihre Klageschrift vom 10. Februar 2011 - Stellung genommen, ohne die nunmehr im Berufungsrechtszug vorgelegten Entgegenhaltungen zu nennen. Allerdings lässt sich auf der Grundlage des Protokolls über die mündliche Verhandlung nicht feststellen, inwieweit das Patentgericht mit seinem Hinweis zu der mit Hilfsantrag IV verteidigten Fassung auch zu erkennen gegeben hat, dass es die darin enthaltenen - und im Anschluss an den Hinweis mit Hilfsantrag VI als Patentansprüche 1 und 3 verteidigten - selbständigen Patentansprüche für jedenfalls möglicherweise rechtsbeständig erachtete ; der Inhalt des Hinweises wird weder in der Sitzungsniederschrift noch im Urteil mitgeteilt. Schließlich lässt auch der Hinweis des Patentgerichts nach § 83 Abs. 1 PatG keine Rückschlüsse auf die Einschätzung des Patentgerichts zu, da dort lediglich Ausführungen zu Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung , nicht jedoch zu den - in die mit Hilfsantrag VI verteidigte Fassung aufgenommenen - Merkmalen der einzelnen Unteransprüche enthalten sind. Vor diesem Hintergrund beruht es jedenfalls nicht auf Nachlässigkeit, dass die Klägerin sich nicht bereits im ersten Rechtszug auf die Entgegenhaltungen BB1 bis BB9 berufen oder angesichts der durch Hilfsantrag VI veränderten Sachlage zumindest eine Vertagung beantragt hat, um weitere, auf die nunmehr verteidigte Fassung des Streitpatents ausgerichtete Recherchen vornehmen zu können.
48
b) In der Sache hat die Klägerin jedoch im Berufungsverfahren keinen auf die neu vorgelegten Entgegenhaltungen gestützten Vortrag gehalten, der die rechtliche Wertung tragen könnte, dass dem Fachmann der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags VI nahegelegt war. Der Kläger, der im Patentnichtigkeitsverfahren den Nichtigkeitsgrund der
49
mangelnden Patentfähigkeit und insbesondere wie im Streitfall geltendmacht, dass der Gegenstand des Streitpatents dem Fachmann nahegelegt gewesen sei, muss dartun, dass im Stand der Technik eine technische Lehre oder technische Lehren bekannt waren, aus denen der Fachmann mit Hilfe seines Fachwissens den Gegenstand der Erfindung entwickeln konnte. Er muss ferner diejenigen technischen und sonstigen tatsächlichen Gesichtspunkte darlegen, aus denen das Patentgericht oder im zweiten Rechtszug der Bundesgerichtshof die angestrebte rechtliche Schlussfolgerung ziehen soll, dass der Fachmann Anlass hatte, den ihm nach seinem Fachwissen und -können objektiv möglichen Weg auch zu gehen. Der Amtsermittlungsgrundsatz entbindet den Kläger hiervon nicht, denn nach ihm hat das Gericht lediglich das präsente technische Wissen seiner Richter zu berücksichtigen und im Übrigen gegebenenfalls denjenigen tatsächlichen Anhaltspunkten weiter nachzugehen, die sich aus dem Sachvortrag der Parteien für oder gegen eine mangelnde Patentfähigkeit ergeben. Ergeben sich solche Anhaltspunkte nicht, ist es weder im zweiten noch im ersten Rechtszug Aufgabe des Gerichts, anstelle des Klägers Sachverhaltselemente zu ermitteln und zusammenzufügen, die für sich oder zusammen mit anderen das Klageziel rechtfertigen könnten (BGH, Urteil vom 27. August 2013 - X ZR 19/12, BGHZ 198, 187 Rn. 36 - Tretkurbeleinheit).
50
Dieser Darlegungslast hat die Klägerin nicht genügt.
51
(1) Die Berufungsbegründung verweist lediglich pauschal darauf, dass sich aus den Entgegenhaltungen BB1 bis BB4 die Vorbekanntheit von Mischern mit inneren als konische Schnecken ausgebildeten Rührwerken ergebe und dass die inneren Rührwerke der in den Entgegenhaltungen BB5, BB6 und BB7 offenbarten Mischer einen nach oben zunehmenden Durchmesser aufwiesen. Dazu ergibt sich aus den vorgelegten Schriften, dass die in den Entge52 genhaltungen BB1, BB2, BB3 und BB4 gezeigten Mischgeräte zwar sämtlich über ein Rührwerk verfügen, das aus einer konisch mit nach oben zunehmendem Durchmesser ausgebildeten Schnecke besteht. Allerdings handelt es sich hierbei jeweils um das einzige Rührwerk des Mischers, so dass das Merkmal, dass die Schnecke des inneren Rührwerks konisch ausgebildet ist, mangels eines zweiten, äußeren Rührwerks schon für sich genommen nicht erfüllt wird. Hinsichtlich der Entgegenhaltung BB5 ist zwischen den Parteien streitig,
53
ob der dort offenbarte Mischer, der in der Mittelachse des Mischbehälters eine Schnecke aufweist, die im konischen Teil des Behälters an ihrem unteren Ende mit Rührarmen versehen ist, damit über zwei Rührwerke verfügt. Dies kann jedoch dahin gestellt bleiben. Denn jedenfalls ist die Schnecke des in der Entgegenhaltung BB5 offenbarten Mischers nicht konisch geformt. Sie ist vielmehr in vier Abschnitte unterteilt, deren Außendurchmesser mit jedem Abschnitt nach oben größer wird (Sp. 4 Z. 51 bis 54 = S. 9 der Übers.). Der Durchmesser dieses Rührwerks nimmt damit zwar nach oben hin zu, allerdings lediglich in Stufen. Die in den Entgegenhaltungen BB6 und BB7 offenbarten Mischer weisen
54
zwar zwei Rührwerke auf, die in ihrer Ausdehnung an die Form des Mischbehälters angepasst sind und im Durchmesser entsprechend der Mischbehälterwand nach oben hin zunehmen. Allerdings sind diese Rührwerke nicht als Schnecken ausgebildet, sondern mit Mischschaufeln bzw. Mischflügeln ausgestattet (vgl. jeweils Figur 1). Somit zeigt die Berufungsbegründung schon nicht auf, dass das hinzuge55 tretene Merkmal des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag VI für sich genommen bekannt gewesen ist. (2) Darüber hinaus hat die Klägerin weder in der Berufungsbegründung
56
noch - nach Hinweis des Senats - in der mündlichen Verhandlung dargelegt, aus welchen tatsächlichen Gesichtspunkten sich ergeben soll, dass der erstund zweitinstanzlich eingeführte Stand der Technik dem Fachmann den Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag VI in seiner Gesamtheit nahegelegt hat. Sie hat weder zu einem Ausgangspunkt vorgetragen, den der Fachmann
57
insoweit hätte wählen können, noch zu den Gesichtspunkten, die die Wahl dieses Ausgangspunkts aus fachlicher Sicht plausibel machen könnten (vgl. dazu BGH, Urteil vom 18. Juni 2009 - Xa ZR 138/05, GRUR 2009, 1039 - Fischbissanzeiger ). Nimmt man zu ihren Gunsten an, dass sie auch insoweit von den - wie ausgeführt der Nachprüfung standhaltenden - Erwägungen des Patentgerichts ausgehen will, nach denen der Fachmann Anlass hatte, ausgehend von der Entgegenhaltung D3 deren Gegenstand unter Heranziehung der der D5 zu entnehmenden Anregungen weiterzuentwickeln, fehlt es gleichwohl an einer Darlegung, welche technischen Aspekte den Fachmann veranlassen sollten, zusätzlich auf eine oder mehrere der Entgegenhaltungen BB1 bis BB7 zurückzugreifen und das innere Rührwerk der D3 nach diesem Vorbild umzugestalten. Schon weil die neuen Entgegenhaltungen, wie ausgeführt, das zusätzliche Merkmal des Hilfsantrags VI nicht einmal für sich genommen aufweisen, ver- steht sich der Anlass zu einer solchen Kombination auch keineswegs von selbst.
c) Entsprechendes gilt in Bezug auf Patentanspruch 3 in der mit Hilfs58 antrag VI verteidigten Fassung. Auch insoweit macht die Klägerin lediglich geltend , dass die Entgegenhaltungen BB1, BB8 und BB9 es dem Fachmann nahelegten , an der Schnecke bzw. an den übereinander angeordneten Flügeln Schneidelemente anzubringen, ohne darzulegen, von welchem Ausgangspunkt und auf welchem wie motiviertem Wege der Fachmann naheliegenderweise zum Gegenstand des Patentanspruchs 3 in seiner Gesamtheit gelangt wäre.
59
(1) Auch hier fehlt es schon an der Darlegung, dass das hinzugefügte Merkmal für sich genommen bekannt war. Die BB1 betrifft ein Gerät für das Vorbereiten von Gemischen aus pulve60 risierten Feststoffsubstanzen, dessen Rührwerk aus einer konisch ausgebildeten Schnecke besteht, bei der die Außenflächen der Arme zur Behälterwand hin in einem Winkel von 45° geneigt sind. Dafür, dass es sich bei diesen Außenflächen um Schneidelemente handelt, wie die Klägerin vorträgt, enthält die BB1 keinerlei Anhaltspunkte. Die Neigung der Außenflächen soll vielmehr nach den Ausführungen in der BB1 lediglich sicherstellen, dass der Mischbehälter vollständig entleert werden kann (S. 2 li. Sp. Z. 35 bis 49 = S. 3 der Übers.). Die BB8 zeigt eine Vorrichtung zum Mischen pulverförmiger und breiarti61 ger Güter in einem sich nach unten verjüngenden kegelstumpfförmigen Behälter mit senkrechter Achse und einer um die Mittelachse des Behälters rotierenden Bandschnecke. Die Bandschnecke kann in einer als vorteilhaft beschriebenen Ausführungsform außen mit einer scharfen Kante versehen sein. Diese Kante soll eine Ansatzbildung an der Innenwand und am Boden des Mischbehälters verhindern (Sp. 3 Z. 63 bis 67). Ob die Kante, wie die Klägerin geltend macht, auch die Funktion haben kann, grobes Material zu zerkleinern, ist aus der BB8 dagegen nicht ersichtlich. Die BB9 betrifft eine Rührvorrichtung, die wenigstens ein Rührwerkzeug
62
mit blattförmigen Flügeln aufweist. Bei dieser Entgegenhaltung fehlt es bereits an einem schneckenförmig ausgestalteten Rührwerk. Soweit die Klägerin geltend macht, dass die Abkantungen und (Rand-)Ansätze der Flügelflächen als Schneidelemente im Sinne des Patentanspruchs 3 der mit Hilfsantrag VI verteidigten Fassung anzusehen seien, kann dem nicht gefolgt werden. Diese Bauteile sollen nach der Beschreibung lediglich für eine Änderung der Förderrichtung und für eine weitere Verwirbelung sorgen (vgl. Beschr. S. 13 und S. 16). Dazu, dass diese Kanten und Absätze das Mischmaterial zerkleinern ("schneiden") sollen, ist der Beschreibung dagegen nichts zu entnehmen. (2) Abgesehen davon hat die Klägerin auch insoweit nicht darzulegen
63
vermocht, was den Fachmann veranlassen sollte, die Entgegenhaltungen BB1, BB8 und/oder BB9 mit der D3 und/oder der D5 zu kombinieren, um zum Gegenstand von Patentanspruch 3 in der Fassung des Hilfsantrags VI zu gelangen.
64
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG und § 92 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Gröning Schuster
Deichfuß Kober-Dehm
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 10.07.2012 - 1 Ni 6/11 (EP) -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 02. Dez. 2014 - X ZR 151/12

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 02. Dez. 2014 - X ZR 151/12

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 02. Dez. 2014 - X ZR 151/12 zitiert 10 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 531 Zurückgewiesene und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht

Patentgesetz - PatG | § 121


(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d

Patentgesetz - PatG | § 14


Der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung wird durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.

Patentgesetz - PatG | § 83


(1) In dem Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents oder des ergänzenden Schutzzertifikats weist das Patentgericht die Parteien so früh wie möglich auf Gesichtspunkte hin, die für die Entscheidung voraussichtlich von besonderer Bedeutung

Patentgesetz - PatG | § 117


Auf den Prüfungsumfang des Berufungsgerichts, die verspätet vorgebrachten, die zurückgewiesenen und die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sind die §§ 529, 530 und 531 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden. Dabei tritt an die Stelle de

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 02. Dez. 2014 - X ZR 151/12 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 02. Dez. 2014 - X ZR 151/12 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Okt. 2012 - X ZB 10/11

bei uns veröffentlicht am 16.10.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 10/11 vom 16. Oktober 2012 in dem Rechtsbeschwerdeverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Steckverbindung PatG § 21 Abs. 1 Nr. 4, § 3 Abs. 1 Schematische Darstellungen, wie sie üblicherw

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Aug. 2013 - X ZR 19/12

bei uns veröffentlicht am 27.08.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 19/12 Verkündet am: 27. August 2013 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ:
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 02. Dez. 2014 - X ZR 151/12.

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Apr. 2015 - X ZR 19/13

bei uns veröffentlicht am 21.04.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X Z R 1 9 / 1 3 Verkündet am: 21. April 2015 Hartmann Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Der X. Zivilsenat d

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Apr. 2015 - X ZR 74/13

bei uns veröffentlicht am 21.04.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X Z R 7 4 / 1 3 Verkündet am: 21. April 2015 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Der X. Zivilsenat d

Bundesgerichtshof Urteil, 03. Feb. 2015 - X ZR 76/13

bei uns veröffentlicht am 03.02.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X Z R 7 6 / 1 3 Verkündet am: 3. Februar 2015 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Referenzen

Auf den Prüfungsumfang des Berufungsgerichts, die verspätet vorgebrachten, die zurückgewiesenen und die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sind die §§ 529, 530 und 531 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden. Dabei tritt an die Stelle des § 520 der Zivilprozessordnung der § 112.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

9
Diese Beurteilung beruht nicht auf Erwägungen, die für die Patentinhaberin unvorhersehbar gewesen sind. Es entspricht einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass schematische Darstellungen, wie sie üblicherweise in Patentschriften zu finden sind, regelmäßig nur das Prinzip der beanspruchten Vorrichtung offenbaren, nicht aber exakte Abmessungen (Benkard/Melullis, Patentgesetz, 10. Auflage, § 3 PatG Rn. 27; Benkard/ Scharen, § 14 PatG Rn. 29; Busse/Keukenschrijver, Patentgesetz, 6. Auflage, § 14 PatG Rn. 70; Schulte/Moufang, Patentgesetz, 8. Auflage, § 34 PatG Rn. 320; BPatG, Beschluss vom 17. Oktober 2007 - 7 W (pat) 367/04, juris Rn. 42; Urteil vom 14. Juni 2007 - 2 Ni 32/05 (EU), juris Rn. 53; Urteil vom 13. März 2001 - 4 Ni 12/00 (EU), juris Rn. 55). Angesichts dessen konnte und durfte die Patentinhaberin nicht darauf vertrauen, dass das Patentgericht die Figuren 1 bis 6 der Streitpatentschrift als maßstabsgerechte Konstruktionszeichnungen ansehen würde. Vielmehr lag es an der Patentinhaberin, spätestens in der Beschwerdeinstanz vorzutragen, dass die Figuren 1 bis 6 nach ihrer Auffassung isometrische Darstellungen enthalten. Besondere Umstände, aus denen sich eine abweichende Beurteilung ergeben könnte, sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.

Der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung wird durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.

Auf den Prüfungsumfang des Berufungsgerichts, die verspätet vorgebrachten, die zurückgewiesenen und die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sind die §§ 529, 530 und 531 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden. Dabei tritt an die Stelle des § 520 der Zivilprozessordnung der § 112.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) In dem Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents oder des ergänzenden Schutzzertifikats weist das Patentgericht die Parteien so früh wie möglich auf Gesichtspunkte hin, die für die Entscheidung voraussichtlich von besonderer Bedeutung sein werden oder der Konzentration der Verhandlung auf die für die Entscheidung wesentlichen Fragen dienlich sind. Dieser Hinweis soll innerhalb von sechs Monaten nach Zustellung der Klage erfolgen. Ist eine Patentstreitsache anhängig, soll der Hinweis auch dem anderen Gericht von Amts wegen übermittelt werden. Das Patentgericht kann den Parteien zur Vorbereitung des Hinweises nach Satz 1 eine Frist für eine abschließende schriftliche Stellungnahme setzen. Setzt das Patentgericht keine Frist, darf der Hinweis nicht vor Ablauf der Frist nach § 82 Absatz 3 Satz 2 und 3 erfolgen. Stellungnahmen der Parteien, die nach Fristablauf eingehen, muss das Patentgericht für den Hinweis nicht berücksichtigen. Eines Hinweises nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die zu erörternden Gesichtspunkte nach dem Vorbringen der Parteien offensichtlich erscheinen. § 139 der Zivilprozessordnung ist ergänzend anzuwenden.

(2) Das Patentgericht kann den Parteien eine Frist setzen, binnen welcher sie zu dem Hinweis nach Absatz 1 durch sachdienliche Anträge oder Ergänzungen ihres Vorbringens und auch im Übrigen abschließend Stellung nehmen können. Die Frist kann verlängert werden, wenn die betroffene Partei hierfür erhebliche Gründe darlegt. Diese sind glaubhaft zu machen.

(3) Die Befugnisse nach den Absätzen 1 und 2 können auch von dem Vorsitzenden oder einem von ihm zu bestimmenden Mitglied des Senats wahrgenommen werden.

(4) Das Patentgericht kann Angriffs- und Verteidigungsmittel einer Partei oder eine Klageänderung oder eine Verteidigung des Beklagten mit einer geänderten Fassung des Patents, die erst nach Ablauf einer hierfür nach Absatz 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn

1.
die Berücksichtigung des neuen Vortrags eine Vertagung des bereits anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung erforderlich machen würde und
2.
die betroffene Partei die Verspätung nicht genügend entschuldigt und
3.
die betroffene Partei über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist.
Der Entschuldigungsgrund ist glaubhaft zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 19/12 Verkündet am:
27. August 2013
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Tretkurbeleinheit

a) Ein neues Angriffsmittel, das aus im zweiten Rechtszug neu eingeführten
technischen Informationen einer Entgegenhaltung hergeleitet werden und
das Klagevorbringen stützen soll, ist im Patentnichtigkeitsberufungsverfahren
unabhängig davon nur unter den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2
Satz 1 Nrn. 1 bis 3 ZPO zuzulassen, ob Vorveröffentlichung und technischer
Inhalt der Entgegenhaltung außer Streit stehen. Für Dokumente, die
eine von der Erfindung wegführende technische Entwicklung belegen könnten
und daher als Verteidigungsmittel des Beklagten in Betracht kommen,
gilt Entsprechendes.

b) Beruft sich der Kläger darauf, eine Entgegenhaltung erst durch eine nach
Erlass des erstinstanzlichen Urteils durchgeführte Recherche aufgefunden
zu haben, ist das hierauf gestützte Angriffsmittel nur dann nach § 531
Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO zuzulassen, wenn der Kläger dartut, dass die Entgegenhaltung
mit einem sachgerecht gewählten Suchprofil bei der für die
Begründung der Patentnichtigkeitsklage durchgeführten Recherche nicht
aufgefunden werden konnte.
BGH, Urteil vom 27. August 2013 - X ZR 19/12 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. August 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. MeierBeck
, die Richter Gröning, Dr. Grabinski und Hoffmann sowie die Richterin
Schuster

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das am 9. November 2011 verkündete Urteil des 5. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist Inhaberin des am 7. März 2003 unter Inanspruchnahme der Priorität einer amerikanischen Voranmeldung vom 8. März 2002 angemeldeten , auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 342 656, das eine Fahrradkurbeleinheit und ein Montagewerkzeug betrifft. Es umfasst 40 Ansprüche, deren erster in der Verfahrenssprache lautet: 1. A bicycle crank arm apparatus comprising: an axle (59) being adapted to be rotatably supported within a bottom bracket (33) of a bicycle frame, said axle having an axle body (348) with a first end portion (350) and a second end portion (354), wherein the second end portion has an outer peripheral surface and a threaded inner peripheral surface; an axle bolt (380) having a threaded outer peripheral surface screwed into the threaded inner peripheral surface of the second end portion of the axle (59); a crank arm (60B) having an axle mounting boss (332) defining an opening for receiving the second end portion (354) of the axle therein, wherein the axle mounting boss (332) includes a first fastener for tightening the crank arm mounting boss around the second end portion of the axle (59); and wherein the axle mounting boss (332) is positioned axially inwardly of the axle bolt (380), c h a r a c t e r i z e d i n t h a t said axle (59) further comprises a projection extending radially outwardly from one of the first and second end portions (350, 354) of the axle body (348), wherein the projection is dimensioned and positioned to be located externally of the bottom bracket (33) so as to abut against a laterally outer side surface of a bicycle crank arm (60A) to prevent the crank arm (60A) from moving axially outwardly.
2
Die Klägerin hat das Streitpatent im Umfang der Patentansprüche 1 bis 25 angegriffen. Sie hat geltend gemacht, Patentanspruch 1 gehe über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen hinaus, und der Gegenstand der Ansprüche 1 bis 25 sei nicht patentfähig, weil er jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Dafür hat die Klägerin sich erstinstanzlich auf die deutschen Offenlegungsschriften 100 32 778 (D1) und 23 59 437 (D2) sowie auf die amerikanische Patentschrift 4 201 120 (D3) gestützt.
3
Die Beklagte hat das Streitpatent im angegriffenen Umfang nur beschränkt verteidigt. Das Patentgericht hat es in diesem Rahmen für nichtig erklärt , soweit es über die aus dem Tenor seines Urteils vom 9. November 2011 ersichtliche Fassung der Patentansprüche 1 bis 22 hinausgeht und die Klage im Übrigen abgewiesen. Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Klageziel weiterverfolgt. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


4
I. 1. Das Streitpatent betrifft eine zur Montage in der Tretlageraufnahme des Rahmens vorgesehene Fahrradkurbel-Baugruppe. Solche Baugruppen umfassen üblicherweise eine Welle (im Folgenden in Anlehnung an die Übersetzung der Streitpatentschrift: Achse), die sich gelagert durch die Tretlageraufnahme hindurch erstreckt, sowie zwei an der Achse befestigte Kurbelarme für Pedale zum Antrieb des Fahrrads über eines oder mehrere zumeist am rechten Kurbelarm befestigte vordere Zahnräder (Kettenräder) und an der Hinterradachse angebrachte Ritzel sowie eine Antriebskette.
5
2. In der Beschreibung des Streitpatents wird angesprochen, dass Kettenräder und Ritzel üblicherweise für den unbeeinträchtigten Gebrauch des Fahrrads korrekt fluchten müssten. Zur dafür erforderlichen seitlichen Ausrichtung der Achse sehe ein bekanntes Verfahren vor, diese drehbar und zentriert innerhalb eines rohrförmigen Elements zu lagern und dabei in seitlicher Richtung durch an gegenüberliegenden Enden des rohrförmigen Elements installierte Lagerbaugruppen zu halten. Achse und rohrförmiges Element würden dann in die Tretlageraufnahme eingesetzt und die benötigte seitliche Position der Achse werde eingestellt, indem Adapter, deren Außenumfangsflächen mit einem Gewinde versehen seien, auf beiden Seiten unterschiedlich weit in die Tretlageraufnahme eingeschraubt würden. Die Streitpatentschrift kritisiert daran , dass die Adapterelemente lang genug sein müssten, um die vielen unterschiedlichen seitlichen Positionen abzudecken, die für die Achse in Betracht kommen. Das habe zur Folge, dass regelmäßig ein Abschnitt der mit einem Gewinde versehenen Außenumfangsfläche eines jeden Adapterelements frei liege und die Gewinde deshalb häufig verschmutzten oder verrosteten. Auch müssten Achse, rohrförmiges Element und Lagerbaugruppen zumeist als Einheit ausgetauscht werden.
6
3. Das Patentgericht hat das Problem, deren Lösung das Streitpatent unausgesprochen - eine Aufgabe ist in seiner Beschreibung nicht formuliert - bezweckt, darin gesehen, dass ein Tretkurbelmechanismus für ein Fahrrad bereitgestellt werden solle, dessen Bauteile trotz Einstellbarkeit der Achse auf unterschiedliche Querpositionen vor Rostansatz und Schmutz geschützt positioniert werden könnten und die weitgehend einzeln für sich austauschbar seien. Dazu stellt Patentanspruch 1 in der Fassung des angefochtenen Urteils (im Folgenden nur: Patentanspruch 1) eine Fahrradkurbelarmvorrichtung unter Schutz, welche aufweist (in eckigen Klammern die vom Patentgericht verwendeten Gliederungsziffern): 1. eine Achse (59) [2], 1.1 die so ausgebildet ist, dass sie in einer Tretlageraufnahme eines Fahrradrahmens (33) drehbar gelagert werden kann [2.1], und 1.2 deren Achsenkörper (348) einen ersten (350) und einem zweiten Endabschnitt (354) aufweist [2.2], 2. einen Flansch (366) [6], der 2.1 sich vom ersten Endabschnitt (350) des Achsenkörpers (348) in radialer Richtung nach außen erstreckt [ex- tending radially outwardly from the first end portion] [6.1], 2.2 so dimensioniert und positioniert ist, dass er sich außerhalb der Tretlageraufnahme (33) befindet [6.2], 2.3 so dass er gegen eine äußere Seitenfläche eines (ersten ) Fahrradkurbelarmes (60A) zur Anlage kommt, um zu verhindern, dass sich der Kurbelarm (60A) in axialer Richtung nach außen bewegt, [6.3, 6.4] 3. einen Achsbolzen (380) [3], der 3.1 eine mit einem Gewinde versehene Außenumfangsfläche aufweist [3.1] und 3.2 in die Innenumfangsfläche (368) des zweiten Endabschnitts (354) der Achse eingeschraubt ist [3.2], der eine Außenumfangsfläche aufweist und an seiner Innenumfangsfläche (368) mit einem (Gegen-) Gewinde versehen ist [2.3, 2.4], 4. einen (zweiten) Kurbelarm (60B) [4] mit einem Achsbefesti- gungsauge [mounting boss] (331) [4.1], das 4.1 eine Öffnung (332) zur Aufnahme des zweiten Endabschnitts (354) der Achse begrenzt, [4.2] 4.2 eine erste Befestigungseinrichtung zum Festziehen des Befestigungsauges um den zweiten Endabschnitt (354) der Achse umfasst [4.3, 4.4] und 4.3 axial innenseitig vom Achsbolzen (380) positioniert [posi- tioned axially inwardly of the axle bolt] ist.[5]
7
4. a) Das mit "Achsbefestigungsauge" übersetzte Merkmalselement "axle mounting boss" (Merkmale 4, 4.2) bezeichnet in der maßgeblichen Terminologie des Streitpatents in der Verfahrenssprache nicht die Öffnungen in den Tretkurbeln, durch die diese auf die Achse aufgesteckt werden. Diesen sind vielmehr eigene Bezugszeichen zugeordnet (308, 332). Ebenso wenig ist dieser Begriff auf die ringnutähnliche radiale Vertiefung am Außenrand der Öffnung bezogen, in die der Flansch in einer gezeigten Ausführungsform eingelassen wird. Mit "axle mounting boss" wird in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen und in der erteilten Fassung des Streitpatents vielmehr der die Öffnun- gen 308 und 332 umschließende Körper der Kurbeln ohne radiale Bereichseingrenzung beschrieben.
8
b) Der technische Sinngehalt der mit Patentanspruch 1 unter Schutz gestellten Vorrichtung erschließt sich im Lichte der Erläuterung ihrer Montage in der Beschreibung (Rn. 23 = Rn. 32 der Übersetzung). Der Achsbolzen 380 ist dafür vorgesehen, die axiale Position des Tretkurbelarms 60B einzustellen, nachdem die Achse zunächst von außen durch die Öffnung 308 im Achsbefestigungsauge 304 des kettenradseitigen Kurbelarms 60A gesteckt wurde, so dass dieser axial außen vom Achsflansch gehalten wird. Dann wird die Achse durch die Tretlageraufnahme hindurchgeschoben und der Kurbelarm 60B mit der Öffnung 332 im Achsbefestigungsauge 331 auf den zweiten Endabschnitt 354 der Achse aufgesetzt. Der am Kurbelarm 60B anliegende Achsbolzen wird dann so weit in die mit einem Gewinde versehene Innenumfangsfläche 368 der Achse eingeschraubt, bis die gewünschte laterale Achsposition des Kurbelarms erreicht ist, um diesen jetzt mit der ersten Befestigungseinrichtung festzuziehen (Merkmal 4.2). In dem in Rn. 23 der Beschreibung vorgestellten Ausführungsbeispiel werden im Zusammenhang mit dem Einbau der anspruchsgemäßen Vorrichtung noch Adapterbaugruppen 124A und 124B beschrieben , zu denen Abstandsstücke 154A und 154B gehören, die der Festlegung des erwünschten Spiels zwischen den Tretkurbelarmen 60A und 60B und der Tretlageraufnahme dienen (vgl. Figur 2).
9
II. Das Patentgericht hat, soweit es die Klage abgewiesen hat, angenommen , der Gegenstand von Patentanspruch 1 werde nicht dadurch unzulässig erweitert, dass ein Achsbolzen 380 und eine erste Befestigungseinrichtung ohne Einbeziehung der Abstandsstücke 154A und 154B vorgesehen seien. Den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen sei nicht nur die gemeinsame Verwendung dieser Bauteile zu entnehmen, sondern auch der Aufbau der Pedalgruppe ohne solche Distanzelemente, und zwar in dem dort formulierten Patentan- spruch 1. Die weitere Beschränkung des erteilten Patentanspruchs 1 durch Beanspruchung eines Flansches anstelle des ursprünglich vorgesehenen Vorsprungs sei ebenfalls zulässig, weil ein Flansch eine Ausführungsform eines Vorsprungs darstelle.
10
Seine Annahme, der Gegenstand von Patentanspruch 1 beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit, hat das Patentgericht im Wesentlichen wie folgt begründet. Die in D3 offenbarte Fahrradkurbelarmvorrichtung zeige keinen Flansch im Sinne der Merkmalsgruppe 2 und keine Befestigungseinrichtung im Sinne von Merkmal 4.2. Dabei biete D3 eine komplette Lösung für die Aufgaben , die sich das Streitpatent stelle (oben I 3). Davon ausgehend habe keine Notwendigkeit zu einer Abänderung der dort vorgeschlagenen Anordnung bestanden.
11
Eine hinreichend konkrete Anregung zur Auffindung des Gegenstands von Patentanspruch 1 gebe auch D2 nicht. Der dortige kettenradseitige Endabschnitt der Achse könne zwar als ein einstückig an die Achse angeformtes Achsbefestigungsauge und insoweit als Flansch interpretiert werden; dieser sei jedenfalls aber nicht zur Verhinderung einer Bewegung des Kurbelarms in axialer Richtung nach außen gestaltet. D2 zeige auch keinen Achsbolzen und die damit zusammenhängenden Merkmale. Aus fachlicher Sicht möge zwar die einstückige Ausgestaltung von Achse und Kurbelarm als nachteilig erkannt werden; die Schrift lege insoweit aber allenfalls nahe, auch den Kurbelarm auf der Seite des Kettenrads über eine Keilverzahnung und eine Befestigungseinrichtung (Figur 3 von D2, Bezugszeichen 15) an der Achse zu befestigen. Soweit es den Aspekt des Schutzes vor Rost- und Verschmutzung betreffe, rege D2 allenfalls zur Übernahme der Staubkappe (Figur 1, Bezugszeichen 8) an, nicht aber zur Verwendung eines Achsbolzens.
12
D1 führe ebenfalls nicht zum Gegenstand von Patentanspruch 1. Die dort offenbarte Vorrichtung weise keine Befestigungseinrichtung nach Maßgabe von Merkmal 4.2 auf und keinen Achsbolzen mit der Merkmalsgruppe 3. Unterstelle man den Austausch der aus D1 ersichtlichen Sicherungsmutter gegen einen Achsbolzen zum Einschrauben in ein Innengewinde der Achse als für den Fachmann angesichts des Problems der Schmutz und Korrosion ausgesetzten freiliegenden Gewindeabschnitte naheliegende Maßnahme, ergäbe sich dabei trotzdem keine streitpatentgemäße Befestigungseinrichtung zum Festziehen des Achsbefestigungsauges um einen Endabschnitt der Achse, erst recht nicht um denjenigen Endabschnitt, der mit einem Innengewinde versehen sei und den Achsbolzen aufnehme. Vor Verschmutzung schütze eine solche Befestigungseinrichtung nicht. Kombinationen aus den drei genannten Entgegenhaltungen führten ebenfalls nicht zum Gegenstand von Patentanspruch 1.
13
III. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Berufung haben keinen Erfolg.
14
1. Zu Recht hat das Patentgericht keine unzulässige Erweiterung darin gesehen, dass die mit Patentanspruch 1 unter Schutz gestellte Vorrichtung keine Abstandsstücke 154A und 154B einschließt, obwohl solche Elemente in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen beschrieben sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es für den Offenbarungsgehalt der Patentanmeldung zwar, worauf die Berufung noch zutreffend hinweist, auf die Gesamtheit der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen an. Das zielt aber auf den häufig erhobenen Einwand, die erteilten Patentansprüche gingen über den Gegenstand der in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen formulierten Ansprüche hinaus, und stellt in diesem Zusammenhang klar, dass es für den Offenbarungsgehalt auf die Gesamtheit der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen und auf das ankommt, was aus ihnen aus fachmännischer Sicht unmittelbar und eindeutig als zur Erfindung gehörend hervorgeht (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 2009 - X ZR 28/06, GRUR 2010, 513 Rn. 29 mwN - Hubgliedertor II). Als zur Erfindung gehörend ist eine bestimmte Ausführungsform auch dann offenbart, wenn sie nur in den mit den Anmeldungsunterlagen eingereichten Ansprüchen beschrieben ist, nicht aber daneben auch in der Beschreibung oder dort - wie hier geltend gemacht - mit bestimmten zusätzlichen Elementen, wie den hier in Rede stehenden Abstandsstücken (vgl. hierzu beispielsweise BGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - Xa ZR 124/07, GRUR 2010, 910 Rn. 46 - Fälschungssicheres Dokument).
15
2. Die Zulässigkeit der beschränkten Verteidigung durch Einfügungen in der Merkmalsgruppe 2 stellt die Klägerin ebenfalls zu Unrecht infrage. Dafür kann offen bleiben, ob der Einwand der Beklagten, die Klägerin habe die Beschränkung des Streitpatents insoweit vor dem Patentgericht hingenommen und sei deshalb im Berufungsverfahren mit Angriffen gegen deren Übereinstimmung mit der Ursprungsoffenbarung ausgeschlossen, verfahrensrechtlich durchgreift. Denn jedenfalls wird der Gegenstand von Patentanspruch 1 durch Merkmale der Merkmalsgruppe 2 nicht unzulässig erweitert.
16
a) Fehl geht die Berufung in ihrer Annahme, der Fachmann sehe den in der Beschreibung erwähnten und den Zeichnungen zu entnehmenden Flansch nicht als ein für die Erfindung wesentliches Bauteil an, das er bereits beim Lesen der Beschreibung entsprechend verallgemeinere. In den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen ist unmittelbar die Funktion des Flansches beschrieben , die Tretkurbel 60A in ihrer Position axial außen an der Achse zu halten (europäische Patentanmeldung 1 342 656 A2 Abs. 20 ff.: "… A radially outwardly extending flange 366 is disposed at the extreme end portion 350 for abutting against the laterally outer surface of axle mounting boss 308 of crank arm 60A …"). Nichts anderes bringt die Merkmalsgruppe 2 zum Ausdruck. Soweit in Merkmal 2.3 zusätzlich beschrieben ist, dass die Anlage des Flansches an einer äußeren Seitenfläche eines Fahrradkurbelarmes verhindern soll, dass sich der Kurbelarm in axialer Richtung nach außen bewegt, handelt es sich lediglich um eine zusätzliche Wirkungsbeschreibung dessen, was mit der Merkmalsgruppe 2 insgesamt bereits zum Ausdruck gebracht ist.
17
b) Dass der Flansch sich "in radialer Richtung nach außen erstreckt", deckt sich unmittelbar mit den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen ("a radially outwardly extending flange", aaO Abs. 20). Soweit in der beschränkt verteidigten Fassung von Patentanspruch 1 - überflüssigerweise - außerdem formuliert ist, dass sich der Flansch "radial außerhalb vom ersten Endabschnitt 350" erstrecke, wird mit dieser Übernahme aus der missglückten deutschen Übersetzung der Patentschrift von Patentanspruch 1 nichts Zusätzliches hinzugefügt. Maßgeblich bleibt im Übrigen ohnehin der Wortlaut in der Verfahrenssprache , in der das Streitpatent im Übrigen besser beschränkt zu verteidigen gewesen wäre.
18
c) Die Anordnung des Flansches "außerhalb der Tretlageraufnahme" (Merkmal 2.2) mag in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen nicht wörtlich zum Ausdruck gebracht sein, ergibt sich aber aus Figur 3 und ist aus fachmännischer Sicht, für die nach den unangefochtenen Feststellungen des Patentgerichts auf einen Fachschulingenieur der Fachrichtung Maschinenbau abzustellen ist, der bei einem Fahrradhersteller oder -zulieferer mit der Konstruktion von Tretkurbelmechanismen befasst ist und auf diesem Gebiet über mehrjährige Berufserfahrung verfügt, nach Art der mit Patentanspruch 1 beanspruchten Vorrichtung ohnehin eine technische Selbstverständlichkeit.
19
d) Soweit der Flansch nach dem Wortlaut der beschränkten Fassung von Patentanspruch 1 gegen eine "äußere Seitenfläche eines Fahrradkurbelarmes" zur Anlage kommt, liegt darin keine unzulässige Erweiterung, weil die "äußere Seitenfläche eines Fahrradkurbelarmes" in der Diktion des Streitpatents derjenigen des Achsbefestigungsauges entspricht und aus Letzterem ent- gegen der Ansicht der Klägerin keine abgrenzbare Beschränkung der radialen Erstreckung des Flansches hergeleitet werden kann (oben I 4 a).
20
3. Die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit durch das Patentgericht wird von der Berufung nicht erschüttert und ist rechtlich auch sonst nicht zu beanstanden.
21
Der dem Streitpatent erstinstanzlich entgegengehaltene Stand der Technik lässt den Gegenstand von Patentanspruch 1 schon deshalb nicht als nahegelegt erscheinen, weil weder eines der drei Dokumente D1 bis D3 für sich noch vorstellbare Kombinationen der Schriften eine hinreichend konkrete Anregung für die erfindungsgemäße Vorrichtung boten, deren technischer Sinngehalt , wie ausgeführt, insbesondere darin zu sehen ist, dass die axiale Relativposition des Tretkurbelarms 60B mithilfe des in ein Innengewinde der Achse zu schraubenden Bolzens 380 festgelegt werden kann, um den Arm danach an dieser Position festzuziehen (oben I 4 b).
22
Wegen der Würdigung der Dokumente D1 bis D3 für die Beurteilung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit im Einzelnen nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil und bemerkt ergänzend mit Blick auf das schriftsätzliche Berufungsvorbringen und die Erörterungen in der mündlichen Verhandlung: Die Aufgabe hat das Patentgericht durch Auslegung des Anspruchs unter Heranziehung der Beschreibung richtig ermittelt. Ist, wie vorliegend , keine Aufgabe formuliert, kommen die in der Beschreibung erwähnten, mit den bekannten Lösungen verbundenen Probleme als Anhaltspunkte für die zutreffende Auslegung des Patentanspruchs in Betracht, aus dessen Leistungsergebnis sich wiederum die Aufgabe im Sinne des tatsächlich gelösten technischen Problems ableiten lässt (BGH, Urteil vom 4. Februar 2010 - Xa ZR 36/08, GRUR 2010, 602 Rn. 27 - Gelenkanordnung). Dies schließt nicht aus, dass bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit auch andere techni- sche Probleme zu berücksichtigen sind, zu deren Lösung der Fachmann veranlasst sein kann, die technische Lehre der Erfindung vorzuschlagen oder jedenfalls in Erwägung zu ziehen (Urteil vom 11. März 2011 - X ZR 72/08, GRUR 2011, 607 Rn. 12, 14 - kosmetisches Sonnenschutzmittel III).
23
Um vom Gegenstand von D1 zum Gegenstand von Patentanspruch 1 zu gelangen, wäre es nicht damit getan, in der in D1 gezeigten Tretkurbelvorrichtung die Sicherungsmutter durch einen Achsbolzen zu ersetzen, wie er etwa zur Arretierung der Tretkurbeln in D3 vorgesehen ist. Denn weder in D1 noch in D3 ist die axiale Justierungsfunktion angelegt, die dem Bolzen innerhalb der Lösung des Streitpatents zukommt. Deshalb ist nicht ersichtlich, was ohne rückschauende Betrachtung fachlichen Anlass hätte geben sollen, D1 insoweit abzuwandeln. Außerdem bestünde aus fachlicher Sicht kein Anlass, die Befestigung des dem Tretkurbelarm 60B des Streitpatents entsprechenden Kurbelarms 14 in D1 kurzerhand durch die in D2 gezeigte zu ersetzen, die das Streitpatent nur bei isolierter Betrachtung von Merkmal 4.2 aufzugreifen scheint. Denn das Kettenantriebssystem zum Hinterrad, das den eigentlichen Gegenstand von D1 bildet, bringt es, wie aus den Figuren ersichtlich, mit sich, dass Kettenräder auf beiden Seiten der Rahmenrohre angebracht sind, so dass für ein Festziehen einer dem Kurbelarm 60B entsprechenden Tretkurbel unter Schließung eines Spalts zwischen zwei Befestigungszipfeln 337 und 338 (vgl. Figuren 6 und 7 des Streitpatents) technisch-konstruktiv selbst unter der Voraussetzung kein Raum ist, dass dieses Dokument fachlich für die Montage von Fahrradkurbeleinheiten überhaupt herangezogen wird. Der Anregungsgehalt von D1 geht deshalb jedenfalls nicht über die vom Streitpatent verwendete Anbringung und Halterung des Kurbelarms 60A hinaus.
24
4. Es bedarf keiner Entscheidung, inwieweit der Berufungsvortrag neues Vorbringen im Sinne des § 117 PatG in Verbindung mit § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO darstellt, soweit sich die Klägerin für die nach ihrer Auffassung na- heliegende Kombination einer Tretkurbelvorrichtung nach der D1 mit einer Befestigung des dem Tretkurbelarm 60B des Streitpatents entsprechenden Kurbelarms , wie sie in der D2 gezeigt ist, alternativ zur D2 erstmals in der Berufungsbegründung auch auf die britische Patentschrift 549 498 (D8), das USPatent 4 406 504 (D4), die japanische Offenlegungsschrift Hei 8-258779 (D5), die europäische Patentschrift 887 207 (Übersetzung = D6) sowie - pauschal - auf weitere Schriften (D9 - D14) beruft, in denen Klemmmechanismen für Fahrradkurbeln mit Tangentialschraube beschrieben seien. Denn die Klägerin leitet hieraus nichts ab, was über die D2 hinausginge.
25
5. Soweit sich die Klägerin erstmals in der Berufungsbegründung auf die japanische Offenlegungsschrift Sho 63-133488 (D7) beruft und in dem nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist eingereichten Schriftsatz vom 28. August 2012 einen selbständigen Angriff auf diese Schrift stützt, die in Kombination mit der Entgegenhaltung D1 den Gegenstand des Streitpatents nahelege, erstreckt sich der Prüfungsumfang des Berufungsgerichts nach § 117 PatG in Verbindung mit den entsprechend anzuwendenden Vorschriften der § 529 Abs. 1 Nr. 2, § 531 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 ZPO hierauf nicht.
26
a) Trotz des ihr unmittelbar nach Eingang der Berufungsbegründung erteilten Hinweises hat die Klägerin auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat keinen Gesichtspunkt dargetan, unter dem das neue Angriffsmittel nach diesen Vorschriften zugelassen werden dürfte.
27
Es betrifft weder einen Gesichtspunkt, den das Patentgericht erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hätte (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO), noch wird von der Berufung ein Verfahrensmangel, insbesondere in Gestalt eines unzureichenden Hinweises nach § 83 Abs. 1 PatG gerügt (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Eine Zulassung käme daher nur dann in Betracht, wenn die unterbliebene Geltendmachung im ersten Rechtszug nicht auf Nachlässigkeit der Klägerin oder deren Prozessbevollmächtigten beruhte (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO).
28
Hierzu hat die Klägerin angegeben, zwischen den Parteien seien mehrere gerichtliche Auseinandersetzungen anhängig, die mehrere Patentverletzungsklagen der Beklagten und einige gegen die Klageschutzrechte anhängige europäische Einspruchsverfahren einschlössen. Zuletzt habe die Beklagte eine neue Verletzungsklage auf Basis des europäischen Patents 2 202 141 erhoben. Gegen dieses Patent sei am 31. Mai 2012 Einspruch eingelegt und zu dessen Vorbereitung eine umfassende Recherche des Stands der Technik durchgeführt worden, bei dem der in das Berufungsverfahren eingeführte Stand der Technik zutage gefördert worden sei.

b) Diese Begründung ist schon deshalb ungeeignet, eine nachlässige
29
Prozessführung auszuschließen, weil von den in der Berufungsbegründung erstmals erwähnten Entgegenhaltungen nicht weniger als fünf, nämlich die britische Patentschrift 549 498 (D8), die deutsche Patentschrift 61 009 (D11) und die US-Patentschriften 4 728 218, 4 704 919 und 5 010 785 (D12 bis D14) bereits auf dem Deckblatt der Streitpatentschrift als Entgegenhaltungen aufgeführt sind und D8 darüber hinaus in der Beschreibung des Streitpatents abgehandelt wird. In der geltend gemachten Pauschalität kann daher die Behauptung nicht zutreffen, dass erst eine erneute Recherche die Klägerin in die Lage versetzt hat, weiteren Stand der Technik in das Patentnichtigkeitsverfahren einzuführen.
c) Im Übrigen kann fehlende Nachlässigkeit nicht damit begründet wer30 den, die Recherche, die den neu eingeführten Stand der Technik zutage gefördert habe, sei erst in der Berufungsinstanz durchgeführt worden. Darzulegen ist vielmehr, warum diese Recherche auch bei sorgfältiger Prozessführung in erster Instanz (noch) nicht veranlasst war. An einer solchen Darlegung fehlt es hier; sie ergibt sich auch nicht aus den weiteren Ausführungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung. Sie hat sich zum einen ergänzend darauf berufen, die nachträglich einge31 führten Dokumente hätten nur bei einer breiter als die für das erstinstanzliche Verfahren durchgeführte angelegten Recherche ermittelt werden können, die entsprechend umfangreicher ausgefallen wäre. Dies ist in Bezug auf die D7, die in den zweitinstanzlichen Ausführungen der Klägerin eine hervorgehobene Position einnimmt und deren Zulassung nach dem Vorstehenden allein der Prüfung bedarf, schon deshalb nicht ohne - von der Klägerin nicht gegebene - weitere Erläuterung stichhaltig, weil die Schrift derselben Gruppe derselben Unterklasse der internationalen Patentklassifikation wie das Streitpatent angehört (B62M 3/00). Im Übrigen setzt die Darlegung mangelnder Nachlässigkeit bei der Ermittlung des für die Begründung des Klageangriffs relevanten Standes der Technik voraus, dass der Kläger konkret dartut, wie er das Suchprofil seiner erstinstanzlichen Recherche angelegt hat, warum er ein solches Profil gewählt hat und nicht dasjenige, das zur Ermittlung des in zweiter Instanz neu angeführten Stands der Technik geführt hat, und dass bei dem gewählten Suchprofil der in zweiter Instanz vorgebrachte Angriff gegen die Patentfähigkeit des Gegenstands des Streitpatents in erster Instanz nicht geführt werden konnte. Erst durch eine solche - im Streitfall fehlende - Darlegung wird der Beklagte in die Lage versetzt, zu der Frage Stellung zu nehmen, ob die erstinstanzliche Recherche sorgfältiger Prozessführung entsprochen hat, und dem Bundesgerichtshof die Prüfung ermöglicht, ob die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO für die Zulassung des neuen Vorbringens vorliegen. Nach § 112 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. c PatG gehören die Tatsachen, aufgrund deren neue Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 117 PatG zuzulassen sind, deshalb auch zu den Berufungsgründen, die bereits die Berufungsbegründung enthalten muss, wenn sie die Zulässigkeit der Berufung tragen sollen. Es war erklärtes Regelungsziel des Reformgesetzgebers, das Nichtigkeitsberufungsverfahren zu einem Instrument der Fehlerkontrolle und -beseitigung umzugestalten (Begründung zum Entwurf zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts, BlPMZ 2009, 307, 316). Dem reformierten Patentgesetz liegt das gesetzgeberische Bekenntnis zu einem Patentnichtigkeitsverfahren zugrunde, in dem der Streitstoff in erster Instanz prinzipiell abschließend festgelegt wird und der später nur unter den Voraussetzungen einer entsprechenden Anwendung der §§ 529 bis 531 ZPO erweitert werden kann. Mit dieser Zielsetzung wäre die Gestattung eines unter den Vorbehalt subjektiver Zweckmäßigkeit gestellten, prinzipiell zwischen den beiden Instanzen des Nichtigkeitsverfahrens unterscheidenden Patentrechercheaufwands unvereinbar. Soweit die Klägerin mit Blick auf den japanischen Ursprung von D7 zum
32
anderen darauf verwiesen hat, dass japanische Dokumente erst ab 2006 in einschlägige Datenbanken eingepflegt worden seien und auch das nicht rückwirkend , weist die Beklagte überzeugend darauf hin, dass die Klägerin in Anbetracht der Marktstellung der Beklagten bei der Herstellung von Fahrradkomponenten gesteigerten Anlass hatte, ihre Recherche auf japanische Dokumente zu erstrecken. Im Übrigen hat die Klägerin auch unter diesem Gesichtspunkt nicht erläutert, worauf es zurückzuführen ist, dass sie die Entgegenhaltung D7, die vor 2006 veröffentlicht wurde (1988), im Berufungsverfahren, aber nicht in erster Instanz vorzulegen vermocht hat.
d) Zur Darlegung fehlender Nachlässigkeit reicht es, anders als die Klä33 gerin zu meinen scheint, grundsätzlich auch nicht aus, dass das Patentgericht in seinem Hinweis nach § 83 Abs. 1 PatG, wie hier, keine Frist zur Ergänzung ihres Vorbringens gesetzt hat. Die Verfügung des Vorsitzenden, in dem das Patentgericht die Klägerin darauf hingewiesen hat, dass die von ihr geführten, auf die Entgegenhaltungen D1 bis D3 gestützten Angriffe ein Naheliegen des Gegenstands des Streitpatents voraussichtlich nicht begründen könnten, gab ihr Anlass zu der Prüfung, ob eine Ergänzung des Klagevorbringens möglich und geboten war. Der Verzicht des Patentgerichts auf die in § 83 Abs. 2 PatG vorgesehene Fristsetzung begünstigte die Klägerin dabei insoweit, als es ihr danach gestattet war, als Reaktion auf den erteilten Hinweis mit diesem in sachlichem Zusammenhang stehende Entgegenhaltungen ohne Bindung an eine gesetzte Frist noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in das erstinstanzliche Verfahren einzuführen, ohne eine Zurückweisung nach § 83 Abs. 4 Satz 1 PatG fürchten zu müssen. Die unterbliebene Fristsetzung durch das Patentgericht bietet aber keine Handhabe dafür, das in erster Instanz insoweit gänzlich Unterlassene in der Berufungsinstanz außerhalb des entsprechend § 531 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 ZPO gesteckten Rahmens nachzuholen.
e) Das neue, auf die D7 gestützte Angriffsmittel ist entgegen der Auf34 fassung der Klägerin auch nicht deshalb zuzulassen, weil die öffentliche Zugänglichkeit der Schrift vor dem Prioritätstag und der ihr zu entnehmende technische Informationsgehalt unstreitig wären. aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfasst der Be35 griff der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel im Zivilprozess zwar nur streitiges und daher beweisbedürftiges Vorbringen (BGH, Urteil vom 18. November 2004 - IX ZR 229/03, BGHZ 161, 138, 142; Beschluss vom 23. Juni 2008 - GSZ 1/08, BGHZ 177, 212 Rn. 10). Zur Begründung hat der Bundesgerichtshof insbesondere darauf hingewiesen, dass dem Zweck des Zivilprozesses eine Auslegung der Vorschrift widerspreche, nach der das Gericht sehenden Auges auf einer falschen, von keiner Partei vorgetragenen tatsächlichen Grundlage entscheiden müsste (BGHZ 161, 138, 143). Diese Erwägungen können auf die Einführung von neuem Stand der Technik im Patentnichtigkeitsverfahren, dessen Besonderheiten der Gesetzgeber des Patentrechtsmodernisierungsgesetzes in § 117 PatG durch die Anordnung einer lediglich entsprechenden Anwendung des § 531 Abs. 2 Rechnung getragen hat (s. dazu die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/11339, S. 24; Gröning, GRUR 2012, 996, 998 f.), aber nicht übertragen werden. bb) Über die Patentfähigkeit des Gegenstands des Streitpatents ent36 scheidet, ob der Stand der Technik die unter Schutz gestellte technische Lehre vorwegnimmt oder dem Fachmann hinreichende Anregungen vermittelt, bekannte technische Lösungen zu dieser technischen Lehre abzuwandeln oder weiterzuentwickeln. Der Stand der Technik besteht dabei aus der regelmäßig unüberschaubaren Vielzahl von Druckschriften und sonstigen Entgegenhaltungen , aus der sich Bausteine für die dem Kläger des Patentnichtigkeitsverfahrens obliegende Darlegung ergeben können, dass und inwiefern der Gegenstand des Streitpatents neuheitsschädlich getroffen oder dem Fachmann nahegelegt gewesen sei. Von den eher seltenen Fällen abgesehen, in denen relevante Bestandteile des Standes der Technik aus einer vom Kläger behaupteten offenkundigen Vorbenutzung bestehen oder der Zeitpunkt streitig ist, zu dem eine bestimmte technische Lehre der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist, besteht der im Rechtsstreit erörterte Stand der Technik im Wesentlichen aus amtlich veröffentlichten Patentdokumenten oder anderen Veröffentlichungen feststehenden Datums und ist daher in aller Regel als solcher unstreitig. Ein Angriffsmittel wird aus dem typischerweise ebenso unbegrenzten wie unüberschaubaren Stand der Technik jedoch erst durch die Darlegung des Klägers, welchen konkreten Beitrag welche Bestandteile welcher Entgegenhaltung zu der geltend gemachten mangelnden Patentfähigkeit leisten sollen (BGH, Urteil vom 28. August 2012 - X ZR 99/11, BGHZ 194, 290 Rn. 36 - Fahrzeugwechselstromgenerator ). Obwohl über die Patentfähigkeit letztlich die rechtlichen Schlussfolgerungen entscheiden, die aus den (potentiell) relevanten Beiträgen zur Beurteilung der Neuheit oder erfinderischen Tätigkeit zu ziehen sind, ist das Patentgericht weder verpflichtet noch auch nur berechtigt, von sich aus zu ermitteln , worin diese relevanten Beiträge liegen könnten. Andernfalls könnte sich der Kläger darauf beschränken, eine Vielzahl von Entgegenhaltungen vorzule- gen oder auch nur aufzulisten, und es dem Patentgericht überlassen, deren Inhalt auszuwerten und zu prüfen, ob und inwiefern sich hieraus Anhaltspunkte für eine mangelnde Patentfähigkeit ergeben. Damit würde das Patentgericht jedoch seine Aufgabe verfehlen, unparteiisch zu wägen, ob der Klagevortrag das Klagebegehren rechtfertigt, und sich in die Rolle eines Klägerhelfers begeben ; dafür bietet indes auch der Amtsermittlungsgrundsatz keine Grundlage. Dies erhellt, dass im Patentnichtigkeitsverfahren die unstreitige Zugehörigkeit einer bestimmten Entgegenhaltung zum Stand der Technik keinen tauglichen Maßstab für die Qualifikation als (neues) Angriffsmittel bilden kann. Angriffsmittel ist vielmehr die Darlegung des Klägers, welche bestimmten technischen Informationen , die der Fachmann einer bestimmten Entgegenhaltung oder bestimmten Entgegenhaltungen entnehmen kann, das Klagebegehren rechtfertigen sollen. Für Entgegenhaltungen, die eine von der Erfindung wegführende technische Entwicklung belegen könnten und daher als Verteidigungsmittel des Beklagten in Betracht kommen, gilt Entsprechendes. cc) Danach kommt es nicht mehr darauf an, dass die Klägerin auch im
37
Termin noch keine Übersetzung des Beschreibungsteils der Entgegenhaltung D7 aus dem Japanischen in die deutsche Sprache vorgelegt hat, die einen unstreitigen Inhalt der von der Entgegenhaltung gegebenen technischen Information begründen könnte und es dem Senat in der Sache ermöglicht hätte, den Offenbarungsgehalt der Schrift zu würdigen.
38
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 2 PatG in Verbindung mit § 97 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Gröning Richter am Bundesgerichtshof Dr. Grabinski kann wegen Urlaubs nicht unterschreiben. Meier-Beck Hoffmann Schuster
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 09.11.2011 - 5 Ni 36/10 (EP) -

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.