vorgehend
Landgericht Lüneburg, 10 O 12/12, 20.12.2012
Oberlandesgericht Celle, 20 U 2/13, 20.09.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 302/13
vom
11. November 2014
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Von einer Beweiserhebung darf grundsätzlich nicht bereits deswegen abgesehen
werden, weil die beweisbelastete Partei keine schlüssige Erklärung dafür liefert,
weshalb eine von ihr behauptete Absprache zu einer schriftlich getroffenen Abrede
keinen Eingang in den schriftlichen Vertrag gefunden hat. Denn der Grad der Wahrscheinlichkeit
der Sachverhaltsschilderung ist für den Umfang der Darlegungslast
regelmäßig ohne Bedeutung. Das Fehlen einer schlüssigen Erklärung spielt daher in
aller Regel erst im Rahmen der tatrichterlichen Würdigung des Prozessstoffs eine
Rolle (Bestätigung der Senatsbeschlüsse vom 25. Oktober 2011 - VIII ZR 125/11,
NJW 2012, 382, und vom 21. Oktober 2014 - VIII ZR 34/14, zur Veröffentlichung vorgesehen
).
BGH, Beschluss vom 11. November 2014 - VIII ZR 302/13 - OLG Celle
LG Lüneburg
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. November 2014 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richter Dr. Achilles und Dr. Schneider,
die Richterin Dr. Fetzer und den Richter Dr. Bünger

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 20. September 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Der Streitwert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wird auf 23.400 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
1. Der Kläger verkaufte Anfang 2008 den Isländerhengst "N. " zum Kaufpreis von 50.000 € an die Beklagte. Der hierüber gefertigte Kaufvertrag enthält in § 4 unter anderem folgende Regelung: "[…] Zusätzlich wurde vereinbart, dass N. bis 2013 Herrn H. [= Kläger] für 2 Deckperioden á 6 Wochen kostenfrei zur Verfügung steht. Der Zeitpunkt der Deckperioden erfolgt nach Absprache mit dem Besitzer und je nach Training und Turnierteilnahme." Die Beklagte verkaufte den Hengst Anfang 2009 unter Weitergabe der
2
Verpflichtung aus § 4 des Kaufvertrags an Dritte, die das Pferd Mitte 2010 ihrerseits unter Weitergabe der genannten Verpflichtung nach S. veräu- ßerten. Im Jahr 2010 verhandelte der Kläger mit den Dritten und später auch mit der Beklagten erfolglos über die in der genannten Vertragsbestimmung geregelte Zurverfügungstellung des Hengstes. Dabei verlangte er, das Pferd müsse - worüber sich nach seiner Behauptung die Parteien bei Aufnahme der Bestimmung in den Vertrag einig gewesen seien - für die beiden Deckperioden entweder zu ihm oder zu dem von ihm als Zeugen benannten Herrn F. verbracht werden. Dies verweigerte die Beklagte als von ihr nicht geschuldet und verwies den Kläger darauf, die zur Bedeckung vorgesehenen Stuten für die Deckperioden zum Gestüt der nachfolgenden Käufer zu bringen, wo der Hengst vereinbarungsgemäß bereitstehe.
3
Der Kläger begehrt wegen der Weigerung der Beklagten, ihm das Pferd nach Maßgabe der getroffenen Absprachen als Deckhengst zur Verfügung zu stellen, Schadensersatz wegen Nichterfüllung, den er nach Maßgabe des für einen vergleichbaren Hengst aufzuwendenden Deckgeldes mit 23.400 € beziffert. Die Beklagte bestreitet den Anspruch nach Grund und Höhe und wendet zusätzlich ein, der Hengst sei inzwischen wegen einer Viruserkrankung zur Bedeckung der Stuten nicht mehr in der Lage. Der Kläger seinerseits bestreitet eine solche erkrankungsbedingte Zuchtuntauglichkeit; für den Fall, dass diese gleichwohl eingetreten sei, begehrt er hilfsweise Schadensersatz wegen einer der Beklagten anzulastenden Unmöglichkeit.
4
Die auf Zahlung des beanspruchten Schadenersatzes gerichtete Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Gegen die vom Oberlandesgericht gemäß § 522 Abs. 2 ZPO erkannte Berufungszurückweisung wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde, um mit der erstrebten Revisionszulassung sein Klagebegehren weiterzuverfolgen.

II.

5
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist begründet, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2, § 544 Abs. 6, 7 ZPO). Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Dies führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts.
6
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass durch § 4 des zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrages keine Verpflichtung der Beklagten begründet worden sei, den Hengst zu Beginn einer noch zu bestimmenden Deckperiode nach Südwestdeutschland zum Kläger oder dem von ihm benannten Gestüt zu bringen oder ihn dem Kläger zwecks Abholung und dreimonatiger Abwesenheit zu überlassen. Schon der Wortlaut der Vertragsbestimmung und der hierin verwendete Terminus "zur Verfügung stehen" spreche dafür, dass lediglich die Bereitstellung des Hengstes geschuldet sein sollte. Zudem entspreche die so gewählte Formulierung dem in § 269 Abs. 1 BGB geregelten Leitbild zum Leistungsort, wonach die Leistung an dem Ort zu erfolgen habe, an dem der Schuldner - hier die Beklagte - ihren Wohnort habe. Die Auffassung des Klägers, nach der die Beklagte für einen Zeitraum von drei Monaten komplett auf die Nutzung des Pferdes verzichten und darüber hinaus noch einen zeitaufwändigen und kostenträchtigen Hin- und Rücktransport vornehmen solle, widerspreche auch der typischen Interessenlage von Kaufvertragsparteien. § 4 des Kaufvertrages formuliere zwar ein kostenfreies Nutzungsrecht des Klägers, rechtfertige es aber nicht, in diese Vertragsklausel einen sehr weit reichenden Nutzungsverzicht und kostenintensive Nebenpflichten hineinzulesen. Die vom Kläger vorgenommene Vertragsauslegung finde mithin im Vertragstext insgesamt keine Stütze.
7
Das Landgericht - so das Berufungsgericht weiter - habe auch zu Recht von einer Beweisaufnahme zu weiteren mündlichen Abreden der Parteien abgesehen. Der schriftlichen Regelung in § 4 des Vertrages komme die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit zu. Der Kläger hätte daher eine hiervon abweichende mündliche Abrede schlüssig darlegen müssen, zumal in § 6 des Vertrages geregelt sei, dass "außer den in diesem Vertrag schriftlich festgeleg- ten Vereinbarungen keine weiteren Vereinbarungen getroffen […] worden" sei- en. Der Vortrag des Klägers werde den hohen Anforderungen, die an die Widerlegung der Vollständigkeitsvermutung zu stellen seien, nicht gerecht. Er hätte dazu nachvollziehbar und schlüssig erläutern müssen, dass sich beide Parteien auch über das schriftlich nicht Fixierte einig gewesen seien und aus welchen Umständen sich die Unvollständigkeit der Urkunde erklären lasse, warum die Parteien also von einer schriftlichen Fixierung der mündlichen Nebenabrede abgesehen hätten. Dies habe der Kläger jedoch nicht vermocht, sondern sich auf die unter Zeugenbeweis gestellte Behauptung beschränkt, alles sei mündlich zu seinen Gunsten anders und sehr viel detailreicher vereinbart worden. Das genüge nicht, um dem schriftlichen Gehalt des Vertragstextes eine stark abweichende Bedeutung zu geben. Davon abgesehen sei auch sonst nach den Gesamtumständen davon auszugehen, dass die schriftlich formulierte Regelung den endgültigen und wohlformulierten Willen der Parteien enthalte und es keinen vernünftigen Anlass gegeben habe, mündliche Nebenabreden zu treffen.
8
Die von der Beklagten behauptete gesundheitliche Einschränkung des Hengstes rechtfertige ebenfalls keinen Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1, 3, § 283 BGB. Selbst wenn die geschuldete Bedeckung der Stuten des Klägers durch den verkauften Hengst im Sinne von § 275 Abs. 1 BGB krankheitsbedingt unmöglich sein sollte, sei dem Vortrag der Parteien nicht zu entnehmen , dass das Leistungshindernis willentlich oder fahrlässig herbeigeführt worden sei. Vielmehr sei die Erkrankung, deren Ursprung ungeklärt sei, als allgemeines Risiko bei Lebewesen für die Beklagte nicht vermeidbar oder im Ein- zelnen vorhersehbar gewesen. Insoweit gehe § 280 Abs. 1 BGB zwar von einer Verschuldensvermutung aus, mache aber nicht die Darlegung entbehrlich, warum die Erkrankung auf einem Fehlverhalten der Beklagten beruhe.
9
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) dadurch verletzt hat, dass es bei Auslegung von § 4 des Kaufvertrages entscheidungserheblichen Vortrag zu dem dieser Regelung zugrunde liegenden Willen der Vertragsparteien und dafür angetretenen Zeugenbeweis in offenkundig rechtsfehlerhafter Weise nicht berücksichtigt hat.
10
a) Das Berufungsgericht hat sich mit dem Vorbringen des Klägers, die Vertragsparteien seien sich bei der nachträglichen Einfügung der streitigen Regelung in § 4 des dann zum Abschluss gelangten Kaufvertragsentwurfs über die Verpflichtung der Beklagten einig gewesen, das Pferd für die beiden Deckperioden zum Kläger beziehungsweise zum Gestüt des Zeugen F. bringen, inhaltlich nicht näher beschäftigt, sondern diesen Kernvortrag gehörswidrig als unbeachtlich außer Betracht gelassen, weil er weder im Vertragswortlaut noch in der im dispositiven Recht zum Ausdruck kommenden Interessenlage eine Stütze finde. Diese Vorgehensweise verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG).
11
Es gehört zwar zu den anerkannten Grundsätzen für die - an sich dem Tatrichter vorbehaltene - Auslegung einer Individualvereinbarung, dass der Wortlaut der Vereinbarung den Ausgangspunkt einer nach §§ 133, 157 BGB vorzunehmenden Auslegung bildet. Gleichzeitig gilt hierbei aber auch, dass ein übereinstimmender Parteiwille dem Wortlaut und jeder anderen Interpretation vorgeht, selbst wenn er im Inhalt der Erklärung keinen oder nur einen unvollkommenen Ausdruck gefunden hat (BGH, Beschlüsse vom 5. April 2005 - VIII ZR 160/04, NJW 2005, 1950 unter II 2 a; vom 20. September 2006 - VIII ZR 141/05, juris Rn. 7; vom 6. März 2007 - X ZR 58/06, juris Rn. 12; vom 30. April 2014 - XII ZR 124/12, juris Rn.17; jeweils mwN). Schon wegen dieses Vorrangs eines übereinstimmenden Parteiwillens hätte das Berufungsgericht das dahingehende zentrale Vorbringen des Klägers und den hierzu angetretenen Zeugenbeweis nicht als unbeachtlich übergehen dürfen, zumal es - wie seine ergänzenden Überlegungen zu der sich vermeintlich aus dem dispositiven Recht ergebenden Interessenlage zeigen - auch schon den Vertragswortlaut, der das Wie und Wo des Zurverfügungstehens offenlässt, als für sich allein noch nicht in der von ihm letztlich angenommenen Richtung zwingend erachtet hat.
12
b) Das Vorgehen des Berufungsgerichts bei der Auslegung von § 4 des Kaufvertrages wird auch nicht durch die von ihm insoweit für anwendbar erachtete Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Vertragsurkunde gedeckt. Denn das Berufungsgericht hat auch in dieser Hinsicht den Inhalt und die Reichweite einer solchen Vermutung offenkundig verkannt und deshalb den vom Kläger angetretenen Zeugenbeweis gehörswidrig als unbeachtlich angesehen.
13
Zwar besteht für die über ein Rechtsgeschäft aufgenommenen Urkunden die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit. Eine Partei, die sich auf außerhalb der Urkunde liegende Umstände - sei es zum Nachweis eines vom Urkundstext abweichenden übereinstimmenden Willens der Parteien, sei es zum Zwecke der Deutung des Inhalts des Beurkundeten aus Sicht des Erklärungsempfängers - beruft, trifft die Beweislast für deren Vorliegen (BGH, Urteil vom 5. Juli 2002 - V ZR 143/01, NJW 2002, 3164 unter II 1 a mwN). Soweit das Berufungsgericht im vorliegenden Fall unter Heranziehung anderer obergerichtlicher Rechtsprechung (KG, MDR 2003, 79) meint, der Kläger hätte zur Erheblichkeit seines Sachvortrags nicht nur das mit der Regelung in § 4 des Kaufvertrages tatsächlich Gewollte darlegen, sondern zusätzlich noch nachvollziehbar und schlüssig erläutern müssen, aus welchen Umständen sich die Unvollständigkeit der Urkunde erklären lasse, warum die Parteien also von einer schriftli- chen Fixierung der mündlichen Nebenabrede abgesehen hätten, finden - wie der Senat bereits in der Vergangenheit klargestellt hat (Senatsbeschluss vom 25. Oktober 2011 - VIII ZR 125/11, NJW 2012, 382 Rn. 23; ebenso auch Senatsbeschluss vom 21. Oktober 2014 - VIII ZR 34/14, unter II 2 b bb [2] mwN, zur Veröffentlichung vorgesehen) - derart weitgehende Darlegungsnotwendigkeiten im Prozessrecht keine Stütze mehr und überspannen die an einen rechtlich beachtlichen Sachvortrag zu stellenden Substantiierungsanforderungen in einer nicht mit Art. 103 Abs. 1 GG in Einklang stehenden Weise.
14
Ein Sachvortrag ist zur Begründung eines Anspruchs bereits dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen, wobei unerheblich ist, wie wahrscheinlich diese Darstellung ist. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen. Sind diese Anforderungen erfüllt, ist es Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls die benannten Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach weiteren Einzelheiten zu befragen. Dagegen ist die Frage, ob ein Sachvortrag wahrscheinlich oder angesichts der Urkundenlage eher unwahrscheinlich ist, für die Erheblichkeit und damit die Beweisbedürftigkeit des Vorbringens ohne Belang (Senatsbeschlüsse vom 11. Mai 2010 - VIII ZR 212/07, NJW-RR 2010, 1217 Rn. 11; vom 12. März 2013 - VIII ZR 179/12, juris Rn. 10 f.; jeweils mwN). Dementsprechend darf bei einem Parteivortrag zu Umständen, die in einer Vertragsurkunde keinen oder nur undeutlichen Niederschlag gefunden haben, nicht zusätzlich zur Darlegung einer Willensübereinstimmung bei Vertragsschluss noch eine Erklärung dafür gefordert werden, weshalb die Parteien davon abgesehen haben, eine behauptete münd- liche (Neben-)Abrede in die Vertragsurkunde aufzunehmen (Senatsbeschlüsse vom 25. Oktober 2011 - VIII ZR 125/11, aaO; vom 21. Oktober 2014 - VIII ZR 34/14, aaO).
15
3. Der angefochtene Beschluss beruht auf der dargestellten Verletzung des rechtlichen Gehörs, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers zum Verständnis von § 4 des Kaufvertrages und bei Erhebung der dazu angebotenen Beweise zu einer anderen Beurteilung des Falles gekommen wäre. Der Beschluss ist deshalb aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 544 Abs. 7 ZPO). Dabei macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.
16
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
17
Sollte dem Kläger der Beweis des von ihm behaupteten Vereinbarungsinhalts gelingen, stünde ihm aufgrund der ernsthaften und endgültigen Weigerung der Beklagten, ihre Verpflichtung in der geschuldeten Weise zu erfüllen, dem Grunde nach der geltend gemachte Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB zu. Danach kann ein Gläubiger , der einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung hat, verlangen, wirtschaftlich so gestellt zu werden, wie er stehen würde, wenn der Schuldner den Vertrag ordnungsgemäß erfüllt hätte. Zur Berechnung des Nichterfüllungsschadens bedarf es eines Vergleichs zwischen der Vermögenslage, die eingetreten wäre, wenn der Schuldner ordnungsgemäß erfüllt hätte, und der durch die Nichterfüllung tatsächlich entstandenen Vermögenslage, also wie sich die Vermögenslage des Klägers bei vertragsgemäßem Verhalten der Beklagten entwickelt hätte und wie sie sich tatsächlich entwickelt hat (vgl. Senatsurteil vom 11. Februar 2009 - VIII ZR 328/07, JZ 2010, 44 Rn. 20 mwN). Diesliefe hier mit Blick auf § 281 Abs. 4 BGB auf den (objektiven) Wert der dem Kläger vertragswidrig vorenthaltenen Zurverfügungstellung des Hengstes hinaus.
18
Dieser Wert könnte allerdings dadurch gemindert sein, dass die Deckfähigkeit des Hengstes - wie von der Beklagten behauptet - aufgrund nachträglich aufgetretener gesundheitlicher Einschränkungen beeinträchtigt war. In diesem Fall wird das Berufungsgericht jedoch zu prüfen haben, ob die Beklagte dem Kläger bei interessengerechter Auslegung der getroffenen Vereinbarungen den Hengst, was nahe liegt, nur zeitweilig zum Mitgebrauch als Deckhengst zu überlassen und auf diese Verwendung neben der im Vordergrund stehenden Verwendung zu eigenen Zwecken lediglich in gewissem Maße Rücksicht zu nehmen hatte, aber nicht - wie vom Berufungsgericht angenommen - eine erfolgreiche Bedeckung der Stuten des Klägers durch den Hengst schuldete. Weiterhin wäre nach der vertraglichen Interessenlage zu erwägen, ob und inwieweit die Beklagte für nachträgliche Verschlechterungen der bei Kaufvertragsschluss als gegeben angenommenen Deckeigenschaften uneingeschränkt nach § 276 Abs. 1 BGB verantwortlich wäre oder ob nicht stattdessen eine Anwendbarkeit des in § 277 BGB beschriebenen Sorgfaltsmaßstabs jedenfalls insoweit angezeigt wäre, als im Zeitpunkt der behaupteten Erkrankung nicht bereits eine Haftungsverschärfung nach § 287 BGB eingetreten wäre.
Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
LG Lüneburg, Entscheidung vom 20.12.2012 - 10 O 12/12 -
OLG Celle, Entscheidung vom 20.09.2013 - 20 U 2/13 -

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ZPO: Zur Darlegungslast bei Sachverhaltsschilderung

13.01.2015

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Zivilprozessrecht

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Ist ein Ort für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses, zu entnehmen, so hat die Leistung an dem Ort zu erfolgen, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte.

(2) Ist die Verbindlichkeit im Gewerbebetrieb des Schuldners entstanden, so tritt, wenn der Schuldner seine gewerbliche Niederlassung an einem anderen Ort hatte, der Ort der Niederlassung an die Stelle des Wohnsitzes.

(3) Aus dem Umstand allein, dass der Schuldner die Kosten der Versendung übernommen hat, ist nicht zu entnehmen, dass der Ort, nach welchem die Versendung zu erfolgen hat, der Leistungsort sein soll.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen. § 281 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.

*

(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.

(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

7
a) Es gehört zu den anerkannten Grundsätzen für die Auslegung einer Individualvereinbarung, dass zwar der Wortlaut einer Vereinbarung den Ausgangspunkt der Auslegung bildet, dass jedoch der übereinstimmende Parteiwille dem Wortlaut und jeder anderen Interpretation vorgeht (st.Rspr., z.B. BGH, Urteil vom 20. Januar 1994 - VII ZR 174/92, NJW 1994, 1528 = WM 1994, 551, unter II 2 a = BGHR BGB § 131, Wille 13 m.w.Nachw.). Dies gilt selbst dann, wenn das übereinstimmende Verständnis in der erstellten Urkunde keinen Niederschlag gefunden hat (BGH, Urteil vom 19. Januar 2004 - II ZR 303/01, WM 2004, 627 = NJW-RR 2004, 630 unter II 2). Schon wegen des Vorrangs des (behaupteten) übereinstimmenden Parteiwillens hätte das Berufungsgericht den Beweisantrag der Klägerin nicht übergehen dürfen, zumal es den Wortlaut der Klausel selbst für nicht eindeutig gehalten hat.
12
b) Demgegenüber hat das Berufungsgericht in seinen Entscheidungsgründen nur - wenngleich ausführlich - ausgeführt, der schriftliche Vertragstext weise so eindeutig darauf hin, dass die Teilzahlungen des Klägers für die im Aufgabenplan niedergelegten bestimmten Leistungen der Insolvenzschuldnerin erfolgen sollten, dass eine Auslegung des Vertrags in dem vom Beklagten gewünschten Sinne nicht in Betracht komme. Auf die unter Beweis gestellte Behauptung des Beklagten, die Vertragsparteien hätten etwas anderes vereinbart, als das, was im schriftlichen Vertragstext stehe, ist das Berufungsgericht nicht eingegangen. Dieser Vortrag und der dazugehörige Beweisantritt waren aber erheblich. Denn es gehört zu den anerkannten Auslegungsgrundsätzen, dass zwar der Wortlaut einer Vereinbarung den Ausgangspunkt der Auslegung bildet, jedoch der übereinstimmende Parteiwille dem Wortlaut und jeder anderen In- terpretation vorgeht. Ein übereinstimmender Wille der vertragsschließenden Parteien ist für den Vertragsinhalt auch dann maßgebend, wenn er im Inhalt der Erklärung keinen oder nur einen unvollkommenen Ausdruck gefunden hat (st. Rspr. d. BGH; vgl. nur Urt. v. 08.05.2002 - I ZR 28/00, NJW-RR 2002, 1433; Beschl. v. 05.04.2005 - VIII ZR 160/04, NJW 2005, 1950). Das angefochtene Urteil lässt nicht erkennen, dass das Berufungsgericht das diesbezügliche Vorbringen des Klägers sowie den dazugehörigen Beweisantritt zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Davon könnte nur ausgegangen werden , wenn das Berufungsgericht dargelegt hätte, dass und weshalb es der Ansicht sei, sich mit dem Vorbringen des Beklagten sowie dem diesbezüglichen Beweisantritt nicht befassen zu müssen (vgl. BGH, Beschl. v. 18.01.2005, aaO). Dazu findet sich in den Entscheidungsgründen aber kein Hinweis.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZR 124/12
vom
30. April 2014
in dem Rechtsstreit
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. April 2014 durch den
Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Schilling, Dr. Günter, Dr. NeddenBoeger
und Dr. Botur

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin zu 1 wird die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 21. September 2012 zugelassen, soweit das Oberlandesgericht zum Nachteil der Klägerin zu 1 entschieden hat. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin zu 2 gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 21. September 2012 wird verworfen. Auf die Revision der Klägerin zu 1 wird das vorgenannte Urteil im Kostenpunkt und im Umfang der Zulassung aufgehoben. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, einschließlich der Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gründe:

I.

1
Der Beklagte ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen der ehemaligen Beklagten (nachfolgend Insolvenzschuldnerin). Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Insolvenzschuldnerin zur Zahlung von Umsatzsteuer auf ein vertraglich vereinbartes Nutzungsentgelt und eine Betriebskostenpauschale.
2
Die Klägerin zu 1 betreibt ein Krankenhaus, die Klägerin zu 2 unterhielt dort unter Nutzung der vorhandenen Ressourcen (OP-Raum, Aufwachraum, medizinische Geräte, Catering u.a.) eine orthopädische Privatklinik, die die Insolvenzschuldnerin im Wege der Untervermietung übernehmen sollte. Nach umfangreichen Verhandlungen schloss die Insolvenzschuldnerin mit der Klägerin zu 1 einen Nutzungsvertrag, der sie zur Nutzung der vorhandenen Ressourcen des Krankenhauses gegen Zahlung einer Pauschalvergütung in Höhe von jährlich 1.100.000 € berechtigte. Mit der Klägerin zu 2 schloss die Insolvenzschuldnerin einen Untermietvertrag über die Praxisräume. Obwohl die an den Vertragsverhandlungen beteiligten Personen ausweislich des vorvertraglichen Schriftverkehrs die verhandelten Zahlungsbeträge stets als Nettobeträge bezeichnet haben, findet sich weder in Ziffer 9 des Nutzungsvertrags bezüglich der Pauschalvergütung noch in § 5 des Untermietvertrags bezüglich der Betriebskosten eine ausdrückliche Regelung, ob die Insolvenzschuldnerin auf diese Beträge zusätzlich Umsatzsteuer zu entrichten hat.
3
Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin zu 1 Umsatzsteuer auf die Pauschalvergütung für die Mitnutzung der Krankenhauseinrichtungen in den Monaten Juni 2010 bis August 2011 in Höhe von monatlich 17.416,67 €. Die Klägerin zu 2 verlangt von der Insolvenzschuldnerin Umsatzsteuer in Höhe von monatlich 380,00 € auf die Betriebskostenpauschale für die Monate April 2010 bis August 2011.
4
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Insolvenzschuldnerin hat das Oberlandesgericht die Klage unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung abgewiesen.
5
Nachdem die Klägerinnen gegen das Berufungsurteil Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt hatten, ist mit Beschluss des Amtsgerichts vom 1. Oktober 2012 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Die Klägerinnen haben den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 6. Mai 2013 wieder aufgenommen. Nach Zulassung der Revision möchten die Klägerinnen die Feststellung der erstinstanzlich zuerkannten Haupt- und Nebenforderungen zur Insolvenztabelle erreichen.

II.

6
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin zu 1 ist begründet. Die insoweit zugelassene Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit darin zum Nachteil der Klägerin zu 1 entschieden worden ist, und im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 544 Abs. 7 ZPO). Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin zu 2 ist unzulässig.
7
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin zu 2 ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt, § 26 Nr. 8 EGZPO.
8
a) Für die Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 26 Nr. 8 EGZPO ist der Wert des Beschwerdegegenstands aus dem beabsichtigten Revisionsverfahren maßgebend (BGH Beschluss vom 25. September 2013 - VII ZR 340/12 - juris Rn. 3). Dieser ist im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung ohne Bindung an eine Streitwertfestsetzung durch das Berufungsgericht von Amts wegen zu bestimmen (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Juli 2005 - XII ZR 295/02 - NJW-RR 2005, 1728).
9
b) Der Wert des Beschwerdegegenstands richtet sich im vorliegenden Fall allerdings nicht nach § 182 InsO. Nach dieser Vorschrift, die auch für die Ermittlung des Werts der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer gilt (vgl. BGH Beschluss vom 25. September 2013 - VII ZR 340/12 juris Rn. 3 mwN), bestimmt sich der Wert des Streitgegenstandes einer Klage auf Feststellung einer Forderung, deren Bestand vom Insolvenzverwalter oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten wird, grundsätzlich nur nach dem Betrag, der bei der Verteilung der Insolvenzmasse für die Forderung zu erwarten ist. Für die Ermittlung der erforderlichen Beschwer ist jedoch der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels maßgeblich; durch eine spätere Verminderung der Beschwerdesumme wird das Rechtsmittel nicht unzulässig (BGH Urteil vom 17. Juli 2008 - IX ZR 126/07 - NJW-RR 2009, 126 Rn. 5).
10
Die Klägerinnen haben die Nichtzulassungsbeschwerde zu einem Zeitpunkt eingelegt, als das Insolvenzverfahren über das Vermögen der ehemaligen Beklagten noch nicht eröffnet war. Erst nach der Wiederaufnahme des durch die Insolvenzeröffnung unterbrochenen Verfahrens haben die Klägerinnen ihre Klageanträge geändert und auf Feststellung der erstinstanzlich zuerkannten Haupt- und Nebenforderungen zur Insolvenztabelle angetragen. Deshalb bestimmt sich im vorliegenden Fall der Wert der Beschwer nicht nach § 182 InsO, sondern nach der Höhe der ursprünglichen Klageforderungen.
11
Da die ursprünglich geltend gemachte Forderung der Klägerin zu 2 jedoch nur 6.922,83 € beträgt, ist insoweit der Beschwerdewert des § 26 Nr. 8 EGZPO nicht erreicht. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin zu 2 ist daher als unzulässig zu verwerfen. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin zu 1 ist dagegen zulässig, da sie durch das Berufungsurteil in Höhe ihrer zunächst geltend gemachten Klageforderung von 254.863,94 € beschwert ist.
12
c) Entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde können für die Berechnung des Beschwerdewerts die beiden Klageforderungen nicht addiert werden. Beide Klägerinnen machen jeweils eine selbständige Forderung gegen den Beklagten geltend. Sie sind somit einfache Streitgenossen nach §§ 59, 60 ZPO. Daraus folgt, dass zwei voneinander unabhängige Prozessrechtsverhältnisse bestehen, die nur äußerlich miteinander zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden sind, im Übrigen aber selbständige Verfahren darstellen (Zöller/Vollkommer ZPO 30. Aufl. § 61 Rn. 1 und 8). Deshalb ist die Nichtzulassungsbeschwerde eines Streitgenossen nur dann zulässig , wenn seine mit der Revision geltend zu machende Beschwer den maßgeblichen Wert des § 26 Nr. 8 EGZPO überschreitet (Thomas/Putzo/Hüßtege ZPO 34. Aufl. § 26 EGZPO Rn. 15). Dies ist für die Klägerin zu 2 nicht der Fall.
13
2. Zu Recht rügt die Klägerin zu 1, dass das Berufungsgericht ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat, weil es bei der Auslegung von § 9 des Nutzungsvertrags entscheidungserheblichen Vortrag und Beweisantritte der Klägerin zu 1 nicht berücksichtigt hat.
14
a) Das Grundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) gebietet es, dass sich das Gericht mit allen wesentlichen Punkten des Vortrags einer Partei auseinandersetzt. Zwar muss nicht jede Erwägung in den Urteilsgründen ausdrücklich erörtert werden (§ 313 Abs. 3 ZPO). Aus dem Gesamtzusammen- hang der Gründe muss aber hervorgehen, dass das Gericht das zentrale, entscheidungserhebliche Vorbringen einer Partei berücksichtigt und in seine Überlegungen mit einbezogen hat. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann auch in der Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots liegen, wenn diese im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (Senatsbeschluss vom 7. September 2011 - XII ZR 114/10 - GuT 2012, 268 Rn. 9 mwN). Ein solcher Verstoß liegt hier vor, weil das Berufungsgericht bei seinen allein am Wortlaut der Ziffer 9.1 des Nutzungsvertrags orientierten Erwägungen zur Auslegung der Entgeltklausel nicht erkennen lässt, ob es den Vortrag der Klägerin zu 1 hierzu sowie den damit verbundenen Beweisantritt zur Kenntnis genommen und in seine Überlegungen einbezogen hat.
15
b) Zwar ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Auslegung von Individualvereinbarungen grundsätzlich Sache des Tatrichters. Dessen Auslegung unterliegt nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung dahin, ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt worden ist, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, sonstige Erfahrungssätze oder die Denkgesetze verletzt sind oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht (vgl. Senatsurteil vom 21. Januar 2009 - XII ZR 79/07 - NJW-RR 2009, 593 Rn. 18; BGHZ 194, 301 = NJW 2012, 3505 Rn. 14 mwN). Ein solcher revisionsrechtlich beachtlicher Verfahrensfehler liegt hier jedoch vor, weil das Berufungsgericht wesentliche Umstände für die Auslegung entgegen Art. 103 Abs. 1 GG, mithin unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften , nicht berücksichtigt hat.
16
c) Das Berufungsgericht hat zur Auslegung der Entgeltregelung in Ziffer 9.1 des Nutzungsvertrags nur ausgeführt, der abgeschlossene Vertrag sei in Bezug auf die Vergütungsregelung eindeutig und klar. Der Begriff "sämtliche Leistungen" in Ziffer 9.1 des Nutzungsvertrags erfasse auch die Umsatzsteuer, zumal eine Pauschalvergütung vereinbart worden sei. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Klausel sei für eine Auslegung kein Raum. Auch der vorvertragliche Schriftverkehr zwischen den Parteien lasse keinen Schluss darauf zu, dass die jährliche Nutzungspauschale als Nettobetrag angesehen worden wäre. Eine ergänzende Vertragsauslegung scheide ebenfalls aus.
17
Damit stellt das Berufungsgericht ausschließlich auf den Wortlaut der Vereinbarung in Ziffer 9. 1 des Nutzungsvertrags ab. Es meint, dieser Wortlaut sei eindeutig und deshalb komme eine weitere Auslegung nicht in Betracht. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts verstoßen gegen das sich aus den §§ 133, 157 BGB ergebende Verbot einer sich ausschließlich am Wortlaut orientierenden Interpretation. Es kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob der Wortlaut der Vereinbarung in Ziffer 9.1 des Nutzungsvertrags tatsächlich so eindeutig ist, wie das Berufungsgericht annimmt. Auch ein klarer und eindeutiger Wortlaut einer Erklärung bildet keine Grenze für die Auslegung anhand der Gesamtumstände. Das Berufungsgericht verkennt, dass sich die Feststellung, ob eine Erklärung eindeutig ist oder nicht, erst durch eine alle Umstände berücksichtigende Auslegung treffen lässt (Senatsurteil vom 19. Dezember 2001 - XII ZR 281/99 - NJW 2002, 1260, 1261 mwN). Es gehört zu den anerkannten Grundsätzen für die Auslegung einer Individualvereinbarung , dass zwar ihr Wortlaut den Ausgangspunkt der Auslegung bildet, dass jedoch der übereinstimmende Parteiwille dem Wortlaut und jeder anderen Interpretation vorgeht (BGH Beschluss vom 5. April 2005 - VIII ZR 160/04 - NJW 2005, 1950, 1951 mwN). Schon wegen dieses Vorrangs des von der Klägerin zu 1 behaupteten übereinstimmenden Parteiwillens hätte das Berufungsgericht den Beweisantrag der Klägerin zu 1 nicht übergehen dürfen. Soweit das Berufungsgericht ausführt, die vorvertragliche Korrespondenz lasse nicht darauf schließen, dass die Parteien die Summe von 1.100.000 € als Nettobetrag angesehen haben, weil sie keinen Niederschlag in der schriftlichen Vertragsurkunde gefunden hätte, übersieht das Berufungsgericht, dass der Inhalt der vorvertraglichen Verhandlungen für die Auslegung eines Vertrages entscheidende Bedeutung haben kann (Senatsurteil vom 19. Dezember 2001 - XII ZR 281/99 - NJW 2002, 1260, 1261 mwN). Das Berufungsgericht hätte damit Anlass gehabt, für die Auslegung die Interessenlage der Beteiligten näher aufzuklären. Wesentliche Erkenntnisse für die Auslegung hätten sich dabei aus der Erhebung der von der Klägerin zu 1 angebotenen Beweise ergeben können.
18
d) Die Klägerin zu 1 hat bereits erstinstanzlich vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass sich ihre Geschäftsführerin und der Zeuge Prof. Dr. S. bei einem abschließenden Gespräch am 16. Februar 2010 über die Höhe der Pauschalvergütung , die Miete und die Betriebskosten geeinigt hätten und das Ergebnis dieses Gesprächs in dem von der Klägerin zu 1 vorgelegten Schreiben des Zeugen W. an den Zeugen Dr. H. vom 19. Februar 2010 festgehalten worden sei. Aus diesem Schreiben gehe hervor, dass sich die Beteiligten auf ein jährliches pauschales Nutzungsentgelt von netto 1.100.000 € und einen jährlichen Nettomietzins von 186.000 €, also auf ein Jahresentgelt von insgesamt 1.286.000 € netto verständigt haben. Der Wortlaut von Ziffer 9.1 in der von dem Zeugen Dr. H. erstellten Vertragsurkunde gebe deshalb den Parteiwillen unzutreffend wieder. Dafür spreche auch die vor Vertragsabschluss gewechselte Korrespondenz, in der die Beteiligten ausnahmslos von Nettobeträgen ausgegangen seien.
19
e) Das angefochtene Urteil lässt nicht erkennen, dass das Berufungsgericht dieses Vorbringen der Klägerin zu 1 sowie den Beweisantritt zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Die Klägerin zu 1 wird dadurch in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt (§ 544 Abs. 7 ZPO). Dose Schilling Günter Nedden-Boeger Botur
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 16.03.2012 - 16 O 200/11 -
OLG Köln, Entscheidung vom 21.09.2012 - 1 U 37/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 143/01 Verkündet am:
5. Juli 2002
K a n i k
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 125, 133 Fa, 157 Ha

a) Die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit einer Urkunde ist begründet,
wenn der Urkundstext nach Wortlaut und innerem Zusammenhang unter Berücksichtigung
der Verkehrssitte einen bestimmten Geschäftsinhalt zum Ausdruck
bringt.

b) Zur Widerlegung der Vermutung kann auf außerhalb der Urkunde liegende Mittel
der Auslegung (Begleitumstände des Geschäfts, Äußerungen der Parteien außerhalb
der Urkunde u.a.) zurückgegriffen werden.
BGH, Urt. v. 5. Juli 2002 - V ZR 143/01 – Kammergericht in Berlin
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Juli 2002 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Lemke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 25. Januar 2001 aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 31 des Landgerichts Berlin vom 9. Dezember 1999 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelinstanzen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariellen Verträgen vom 16. Dezember 1998 kaufte die Klägerin von dem Beklagten zwei bebaute Grundstücke zu Preisen von 403.000 DM und 635.000 DM und beauftragte jeweils die G. W. - und F. bau (GWF), die Gebäude zu sanieren; der Sanierungsaufwand betrug 1.065.530 DM und 1.535.420 DM. Mit weiteren notariellen Urkunden vom
22. Dezember 1998 ergänzten die drei Beteiligten die Verträge vom 16. Dezember 1998 dahingehend, "daû die Vertretene zu 3 (scil. Klägerin) das Recht hat, von diesem (scil. vom jeweiligen) Vertrag bis zum 31. März 1999 einseitig zurückzutreten, wenn eine Finanzierung für den Kaufpreis - einschlieûlich des Sanierungsanteils - nicht möglich ist". Für die Zeitspanne vom 30. Dezember 1998 bis 1. März 1999 finanzierte die Hausbank der Klägerin die Objekte, nachdem der Beklagte und GWF Bankbürgschaften erbracht hatten, ohne Eigenkapitalbeteiligung der Klägerin. Die mit der Vermittlung der endgültigen Finanzierung beauftragte Firma B. Finanz teilte der Klägerin am 10. März 1999 mit, daû eine Beleihung ohne Eigenkapitalbeteiligung nicht erreicht werden könne. Mit Schreiben vom gleichen Tage erklärte die Klägerin gegenüber dem Beklagten und GWF "unter Bezugnahme auf die Änderung bzw. Ergänzung der ... Verträge durch die URNrn. ..., alle vom 22. Dezember 1998 ... den Rücktritt von den ... Verträgen".
Die Klägerin, die sich wegen der Zahlung der Kaufpreise der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hatte, hat Vollstreckungsgegenklage erhoben und diese (u.a.) auf den am 10. März 1999 erklärten Rücktritt gestützt. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts erstrebt. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht meint, die notariellen Urkunden vom 22. Dezember 1998 räumten der Klägerin kein "freies" Rücktrittsrecht ein, da sie einen Rücktrittsgrund bezeichneten. Mangels eindeutigen Wortlauts der Rücktrittsvereinbarungen könne sich die Klägerin für ihre Auffassung, bereits der Umstand , daû ihr keine Finanzierung ohne Eigenkapital gelungen sei, habe sie zum Rücktritt berechtigt, nicht auf die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Urkunden stützen. Die Beweisaufnahme über die vor und bei den notariellen Verhandlungen abgegebenen Erklärungen lasse eine Feststellung im Sinne der Klägerin nicht zu.
Dies hält den Angriffen der Revision nicht stand.

II.


1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsurteils, die ergänzenden Vereinbarungen vom 22. Dezember 1998 räumten der Klägerin kein Rücktrittsrecht ein, dessen Ausübung allein in ihrem Belieben stehe. Die Vereinbarungen bezeichnen vielmehr einen Rücktrittsgrund. Die Bezeichnung des Rücktrittsgrundes in den Urkunden begründet indessen, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, die Vermutung dafür, daû das Rücktrittsrecht der Klägerin an keine weitere Voraussetzung gebunden war, als das Scheitern der Finanzierung als solches. Die Vermutung umfaût mithin auch den
Fall des Unvermögens der Klägerin, die Finanzierungsmittel ohne Eigenkapitalbeteiligung zu erlangen.

a) Nach ständiger Rechtsprechung besteht für die über ein Rechtsgeschäft aufgenommenen Urkunden die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit (BGHZ 20, 109, 111; BGH, Urt. v. 14. Oktober 1999, III ZR 203/98, ZIP 1999, 1887, 1888). Die Partei, die sich auf auûerhalb der Urkunde liegende Umstände - sei es zum Nachweis eines vom Urkundstext abweichenden übereinstimmenden Willens der Beteiligten, sei es zum Zwecke der Deutung des Inhalts des Beurkundeten aus der Sicht des Erklärungsempfängers (§§ 133, 157 BGB) - beruft, trifft die Beweislast für deren Vorliegen (Senatsurt. v. 5. Februar 1999, V ZR 353/97, WM 1999, 965). Die Vollständigkeits- und Richtigkeitsvermutung setzt allerdings voraus, daû der Geschäftsinhalt durch den Urkundstext bestimmt werden kann; unklar Bleibendes kann keine Vermutung für eine bestimmte Erklärung begründen. Dies bedeutet aber nicht, daû das Beurkundete, wovon das Berufungsgericht (möglicherweise) ausgeht, in dem Sinne eindeutig zu sein hätte, daû für eine Auslegung kein Raum mehr bleibt (vgl. BGHZ 25, 318, 319; 80, 246, 250; krit. MünchKomm-BGB/MayerMaly /Busche, 4. Aufl., § 133 Rdn. 46). Denn in diesem Falle wäre die Vermutung dem Beweis des Gegenteils nicht zugänglich, ginge mithin über eine Beweislastregelung hinaus. Die Vermutung ist vielmehr bereits dann begründet, wenn der Urkundstext nach Wortlaut und innerem Zusammenhang unter Berücksichtigung der Verkehrssitte (§ 157 BGB) einen bestimmten Geschäftsinhalt zum Ausdruck bringt. Die auûerhalb der Urkunde liegenden Mittel der Auslegung, die Begleitumstände des Vertragsabschlusses, dessen Entstehungsgeschichte , Äuûerungen der Parteien auûerhalb der Urkunde u.a., ble i-
ben hierbei allerdings auûer Betracht. Sie sind Hilfsmittel zur Widerlegung der durch die Urkunde begründeten Vermutung des Geschäftsinhalts.

b) Dem wird das Berufungsurteil nicht gerecht. Das Berufungsgericht gründet seine Zweifel am Inhalt der Urkunde darauf, daû der beurkundende Notar das Rücktrittsrecht nicht an die Finanzierung des "gesamten Kaufpreises" , sondern an das Scheitern "einer" Finanzierung "für" den Kaufpreis geknüpft hat. Dabei bleibt es, entgegen dem Gebot des § 133 BGB, am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks haften und läût den wirklichen Willen der Beteiligten unerforscht. Nach § 433 Abs. 2 BGB hat der Käufer für die Zahlung des Kaufpreises als Geldschuld einzustehen. Wie er die erforderlichen Mittel aufbringt, insbesondere ob er hierzu ganz oder teilweise Eigenkapital einsetzt, ist seine Sache. Behält er sich den Rücktritt für den Fall des Scheiterns der Kaufpreisfinanzierung vor, so ist, wenn sich aus der Urkunde nichts anderes ergibt, davon auszugehen, daû der Grund des Scheiterns, in den Grenzen der §§ 162 entspr., 242 BGB, keine Rolle spielt. Der Verkäufer kann, wenn er nicht darauf besteht, den Rücktrittsgrund weiter einzugrenzen, nicht davon ausgehen , daû der Käufer sich in seiner Dispositionsfreiheit, auf welchem Wege und in welcher Weise er die Kaufpreismittel aufbringt, Einschränkungen unterzogen hat. Im Streitfalle hat die Klägerin ihr Rücktrittsrecht daran geknüpft, daû ihr die Finanzierung von Kaufpreis und Sanierungsaufwand "nicht möglich ist". Einschränkungen ihrer Dispositionsbefugnis dahin, daû sie die Kreditmöglichkeiten , welche einem Darlehensnehmer am Markt schlechthin zur Verfügung stehen , ausschöpfen, also auch Eigenkapital einsetzen müsse, hat sie sich nicht unterworfen. Insoweit zu Recht meint das Berufungsgericht, ob und in welchem Umfang Eigenmittel hätten zum Einsatz kommen sollen, sei von den Gegebenheiten des Falles abhängig gewesen. Im Sinne des Rücktrittsgrundes ist der
Klägerin die Finanzierung auch dann nicht möglich, wenn ihr Eigenkapital nicht zur Verfügung steht oder dieses anderweit eingesetzt wird. Eine Grenze wäre nur dann überschritten, wenn die Finanzierung des Kauf- und Sanierungsvorhabens der Parteien ohne Einsatz von Eigenmitteln auûerhalb der Grenzen der Verkehrssitte läge. Hiervon kann aber weder im allgemeinen noch gerade im Hinblick auf die Geschäftstätigkeit der Klägerin ausgegangen werden. Diese hatte, was unstreitig ist, vorher ein Vorhaben ähnlichen Zuschnitts allein mit Fremdmitteln verwirklicht.
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht über die für die Auslegung des Rücktrittsgrundes erheblichen Begleitumstände Beweis erhoben. Denn auch ein Beweisergebnis, welches die Behauptung der Beklagten gestützt hätte, die Klägerin habe vor Erklärung des Rücktritts Eigenkapital einsetzen müssen, wäre rechtlich beachtlich gewesen. Es hätte in der Urkunde einen, wenn auch nur andeutungsweisen, Niederschlag gefunden und hätte mithin dem Urkundserfordernis des § 313 Satz 1 BGB a.F. genügt. Da das Berufungsgericht Feststellungen in der einen oder anderen Richtung nicht zu treffen vermochte, ist die Sache im Sinne der Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts entscheidungsreif (§ 565 Abs. 3 ZPO a.F.).
Die Gegenrüge des Beklagten ändert hieran nichts. Der Beklagte vermag nicht auf einen Beweisantrag zu verweisen, zum Begriff der Finanzierung sachverständigen Rat einzuholen. Daû die besonderen Voraussetzungen vorgelegen hätten, unter denen das Gericht entweder Beweis von Amts wegen zu erheben (§ 144 ZPO) oder auf die Stellung eines Beweisantrags hinzuwirken (§ 139 ZPO) hat (zum Sachverständigenbeweis: BGH, Urt. v. 16. Oktober 1986, III ZR 121/85, NJW 1987, 591), legt die Revision nicht dar.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf RiBGH Prof. Dr. Krüger ist wegen Urlaubsabwesenheit gehindert, zu unterschreiben Karlsruhe, den 09.07.2002 Wenzel Klein Lemke
23
Das Zustandekommen einer solchen Vereinbarung hat der Beklagte ausreichend dargelegt und unter Beweis gestellt. Er hat vorgetragen, dass ihm - wie allen anderen Mietern auch - bei Vertragsschluss das Recht zur Nutzung der Gartenfläche eingeräumt worden sei, ohne dass dies schriftlich fixiert worden sei, und hat dies in das Wissen der Zeugin P. gestellt, die nach seinem Vorbringen bei den Vertragsverhandlungen zugegen war. Soweit zusätzlich zur Darlegung einer Willensübereinstimmung bei Vertragsschluss (vgl. hierzu BAG, NZA 2005, 1298, 1301) in der obergerichtlichen Rechtsprechung eine Erklärung dafür gefordert wird, weshalb die Parteien davon abgesehen haben, eine behauptete mündliche Nebenabrede in die Vertragsurkunde aufzunehmen (vgl. KG, aaO mwN), stehen diese Anforderungen in Widerspruch dazu, dass nach höchstrichterlicher Rechtsprechung der Grad der Wahrscheinlichkeit der Sachverhaltsschilderung für den Umfang der Darlegungslast regelmäßig ohne Bedeutung ist (vgl. BGH, Urteile vom 13. Dezember 2002 - V ZR 359/01, aaO; vom 12. Juni 2008 - V ZR 223/07, aaO Rn. 7; jeweils mwN). Unabhängig davon genügt das Vorbringen des Beklagten selbst diesen strengen Substantiierungsanforderungen , denn er hat dargetan, dass die ursprüngliche Vermieterin auch mit den übrigen Mietern des Anwesens entsprechende mündliche Nebenabreden über die Gartennutzung getroffen habe. Dieser Vortrag enthält bei vernünftiger Betrachtung die die unterbliebene Aufnahme der Nebenabrede in den Vertragstext erklärende Aussage, das von den Vertragsparteien gewählte Vorgehen habe der üblichen Handhabung entsprochen. Das Berufungsgericht hat somit rechtsfehlerhaft und gehörswidrig von der Vernehmung der Zeugin P. abgesehen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 34/14
vom
21. Oktober 2014
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Von einer Beweiserhebung darf grundsätzlich nicht bereits deswegen abgesehen
werden, weil die beweisbelastete Partei keine schlüssige Erklärung dafür liefert,
weswegen eine von ihr behauptete mündliche oder stillschweigende Vereinbarung
keinen Eingang in den schriftlichen Vertrag gefunden hat. Denn der Grad der Wahrscheinlichkeit
der Sachverhaltsschilderung ist für den Umfang der Darlegungslast
regelmäßig ohne Bedeutung (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 25. Oktober
2011 - VIII ZR 125/11, NJW 2012, 382 Rn. 23). Das Fehlen einer schlüssigen Erklärung
spielt daher in aller Regel erst im Rahmen der tatrichterlichen Würdigung des
Prozessstoffs eine Rolle.
BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2014 - VIII ZR 34/14 - KG Berlin
LG Berlin
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Oktober 2014 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Hessel, den Richter
Dr. Schneider, die Richterin Dr. Fetzer und den Richter Kosziol

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil des Kammergerichts vom 20. Januar 2014 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Streitwert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wird auf bis zu 25.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Beklagte mietete von der Rechtsvorgängerin der Klägerin mit schriftlichem Mietvertrag vom 17. November 1975 Räume im Erdgeschoss und im Kellergeschoss eines in Berlin gelegenen Anwesens. Der Vertrag wurde unter Verwendung eines Mietvertragsformulars mit der Überschrift "Mietvertrag für gewerbliche Räume" geschlossen. Die Räume im Erdgeschoss wurden ausweislich § 1 des Mietvertrags "zum Betrieb eines Ateliers" und die Kellerräume zu Lagerzwecken vermietet. Gemäß § 2 des Mietvertrags sollte das Mietverhältnis mit Ablauf des 30. November 1980 enden, sich aber jeweils um ein Jahr verlängern, falls nicht eine der Parteien bis spätestens drei Monate vor Ablauf der Mietzeit der Verlängerung widersprechen sollte. Die zuletzt geschuldete Nettomonatsmiete belief sich auf 666,90 €.
2
Mit Schreiben vom 17. August 2011 widersprach die Klägerin über ihre Hausverwaltung der Fortsetzung des Mietverhältnisses über den 30. November 2011 hinaus. Die Beklagte berief sich auf das Vorliegen eines Wohnraummietverhältnisses und auf die Einhaltung der insoweit geltenden Kündigungsvorschriften.
3
Der daraufhin von der Klägerin erhobenen Klage auf Räumung und Herausgabe der Mietsache und zusätzlich - für den Fall, dass das Gericht diesem Begehren stattgeben sollte - anhängig gemachten Klage auf Zahlung einer mo- natlichen Nutzungsentschädigung von 1.833,10 € (2.500 € abzüglich bezahlter 666,90 €) hat das Landgericht in vollem Umfang stattgegeben. Das Kammerge- richt hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen und dabei im Hinblick auf die zwischenzeitlich erfolgte Räumung und Herausgabe des Mietobjekts an die Klägerin und die anschließend von dieser abgegebene Erledigungserklärung festgestellt, dass sich der Rechtsstreit hinsichtlich des Räumungsantrags in der Hauptsache erledigt habe. Die Revision hat es nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde.

II.

4
Die zulässige Nichtzulassungsbeschwerde hat in der Sache Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die angefochtene Ent- scheidung verletzt in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).
5
1. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
6
Das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis sei aufgrund der Erklärung der Klägerin vom 17. August 2011 gemäß § 2 des Mietvertrags mit Ablauf des 30. November 2011 beendet worden. Die genannte Regelung sei wirksam, denn zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin und der Beklagten sei am 17. November 1975 ein Mietvertrag über Gewerberäume und nicht über Wohnräume geschlossen worden. Ausweislich der schriftlichen Vertragsurkunde , der die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit zukomme, seien die Räumlichkeiten der Beklagten "zum Betrieb eines Ateliers" überlassen worden.
7
Das Landgericht habe zu Recht davon abgesehen, dem unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten nachzugehen, die Vertragsparteien seien entgegen dem Inhalt des schriftlichen Mietvertragsformulars von Anfang an übereinstimmend von einer reinen Wohnnutzung ausgegangen. Das Vorbringen der Beklagten sei bereits widersprüchlich. Einerseits habe sie unter Beweisantritt vorgetragen, es sei von Anfang an der Abschluss eines Wohnraummietvertrags vereinbart worden. Andererseits habe sie behauptet, die Mieträume seien bei der Anmietung zur Wohnraumnutzung nicht geeignet gewesen; erst kurze Zeit später sei unter anderem ein Bad eingebaut worden, wonach sich das Vertragsverhältnis in ein Mietverhältnis über Wohnraum umgewandelt habe.
8
Abgesehen von dieser Widersprüchlichkeit ergebe sich aus dem Vorbringen der Beklagten auch nicht, weshalb die Mietvertragsparteien, wenn ohnehin unmittelbar nach Vertragsbeginn ein Bad eingebaut worden sei, nicht von vornherein einen Vertrag über die Anmietung von Wohnräumen unterzeichnet hätten. Das verwendete Vertragsformular sehe lediglich eine Nutzung zu dem dort genannten gewerblichen Zweck vor. Die Beklagte habe nicht ausreichend dargelegt, dass und weshalb die Mietvertragsparteien einen Vertrag mit bei einem Wohnraummietverhältnis teilweise unwirksamen Klauseln abgeschlossen haben sollten, obwohl angeblich für alle Beteiligten eine Wohnraumnutzung ersichtlich und zeitnah gewollt gewesen sei. Sie habe insoweit lediglich vorgetragen , es sei "von Anfang an ein Wohnungsmietvertrag vereinbart" gewesen und habe sich zum Beweis dieser Behauptung auf den Zeugen R. berufen.
9
Dass die Vertragsparteien nach dem anfänglichen Abschluss eines Gewerberaummietvertrags das Vertragsverhältnis später übereinstimmend in ein Wohnraummietverhältnis umgewandelt hätten, sei dem Vorbringen der Beklagten ebenfalls nicht ausreichend zu entnehmen. Sie habe weder dargelegt, wann eine solche Nutzungsänderung erfolgt sein solle, noch dass und wodurch der Wille insbesondere der Vermieterin erkennbar geworden wäre, den Mietvertrag nun den - vor allem hinsichtlich der Kündigungsmöglichkeiten und der Mieterhöhungen strengeren - Vorschriften des Wohnraummietrechts zu unterstellen.
10
Der ursprüngliche Mietvertrag vom 17. November 1975 sei schließlich auch nicht infolge einer am 20. Juli 1994 von der Rechtsvorgängerin der Klägerin abgegebenen Erklärung beendet worden. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt habe, sei der in diesem Schreiben ausgesprochene Widerspruch gegen eine Verlängerung des Mietverhältnisses unter der - zulässigen und nicht eingetretenen - Potestativbedingung erklärt worden, dass die Beklagte nicht bereit gewesen wäre, das Vertragsverhältnis zu der dort verlangten höheren Miete fortzusetzen. Da das Mietverhältnis weitergelaufen sei, komme es auf das Vorbringen der Beklagten nicht an, zu diesem Zeitpunkt sei allein die Begründung eines Wohnraummietverhältnisses in Betracht gekommen.
11
Den danach bestehenden Räumungs- und Herausgabeanspruch der Klägerin habe die Beklagte zwischenzeitlich freiwillig erfüllt, weswegen die Erledigung des Rechtsstreits festzustellen gewesen sei. Zu Recht habe das Landgericht die Beklagte weiter zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung (§ 546a Abs. 1 BGB) in Höhe von 1.833,10 € monatlich (2.500 € abzüglich be- zahlter 666,90 €)von April 2012 bis zum Zeitpunkt der Räumung zugespro- chen. Nach dem Vortrag der Klägerin belaufe sich die ortsübliche Miete für Ge- werberäume auf 2.500 € monatlich. Die Beklagte habe dem zwar die deutlich niedrigere ortsübliche Miete für Wohnraum entgegengehalten. Ihrem Vorbringen lasse sich aber nicht entnehmen, dass sie damit auch die Ortsüblichkeit der von der Klägerin angegebenen Miete bei gewerblicher Nutzung habe bestreiten wollen.
12
2. Mit Erfolg macht die Nichtzulassungsbeschwerde geltend, dass das Berufungsgericht den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat, weil es deren Vorbringen zum Vorliegen eines Wohnraummietverhältnisses unberücksichtigt gelassen hat, ohne den von ihr angebotenen Zeugenbeweis zu erheben.
13
a) Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (st. Rspr.; siehe etwa BVerfG, WM 2009, 671, 672; BGH, Beschlüsse vom 11. Mai 2010 - VIII ZR 212/07, NJW-RR 2010, 1217 Rn. 10; vom 16. November 2010 - VIII ZR 228/08, juris Rn. 14; vom 6. Februar 2013 - I ZR 22/12, TranspR 2013, 430 Rn. 10). Dies gilt auch dann, wenn die Nichtberücksichtigung des Beweisangebots darauf beruht, dass das Gericht verfahrensfehlerhaft überspannte Anforderungen an den Vortrag einer Partei gestellt hat (BGH, Beschluss vom 6. Februar 2013 - I ZR 22/12, aaO). Eine solche nur scheinbar das Parteivorbringen würdigende Verfahrensweise stellt sich als Weigerung des Tatrichters dar, in der nach Art. 103 Abs. 1 GG gebotenen Weise den Parteivortrag zur Kenntnis zu nehmen und sich mit ihm inhaltlich auseinanderzusetzen (BGH, Urteil vom 22. Juni 2009 - II ZR 143/08, NJW 2009, 2598 Rn. 2 mwN; Beschluss vom 6. Februar 2013 - I ZR 22/12, aaO).
14
b) So liegen die Dinge hier. Das Berufungsgericht hat in verschiedener Hinsicht zu strenge Anforderungen an die Widerspruchsfreiheit und Substantiierung des Vortrags der Beklagten zum Abschluss eines Wohnraummietvertrages gestellt.
15
aa) Die Beklagte hat bereits in ihrer Klageerwiderung vorgetragen, die Vertragsparteien seien "von Anfang an" von einem Wohnraummietverhältnis ausgegangen, und hat sich in einem weiteren Schriftsatz zum Nachweis dieser Behauptung auf die Einvernahme des von ihr als Zeugen benannten Mitarbeiters R. der Rechtsvorgängerin der Klägerin berufen.
16
(1) Die Nichtzulassungsbeschwerde weist mit Recht darauf hin, dass dieses Vorbringen bei verständiger Würdigung nicht in Widerspruch zu der in der Klageerwiderung wenige Sätze zuvor aufgestellten Behauptung steht, zwar sei im schriftlichen "Ausgangsmietvertrag" ein "Atelier" vermietet worden, jedoch sei der Vertrag kurz nach Beginn des Mietverhältnisses mit Zustimmung der damaligen Parteien in einen Wohnraummietvertrag abgeändert worden. Die Beklagte hat die kurze Zeit nach Vertragsabschluss erfolgte Vertragsänderung damit begründet, dass die Mieträume zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Vertragsformulars aufgrund ihres "bedauernswerten Zustands" und des Fehlens eines Badezimmers nur als Gewerberäume hätten vermietet werden können, die Vertragsparteien aber noch vor dem Bezug der Räumlichkeiten vereinbart hätten, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin ein Bad einbauen lasse, um der Beklagten eine Nutzung als Wohnung zu ermöglichen. Diese Vereinbarung sei noch im Verlauf des ersten Mietmonats in die Tat umgesetzt worden. Im Jahr 2000 sei ein weiteres Bad eingebaut worden, um die weitere Nutzung zu Wohnzwecken sicherzustellen.
17
(2) Der Nichtzulassungsbeschwerde ist darin beizupflichten, dass die Beklagte damit letztlich behauptet hat, die damaligen Vertragsparteien hätten zwar im November 1975 einen schriftlichen Mietvertrag über Gewerberäume abgeschlossen, jedoch schon damals eine mündliche Übereinkunft darüber erzielt , dass das Mietverhältnis mit dem vereinbarten - und kurze Zeit später auch erfolgten - Einbau eines Badezimmers in ein Wohnraummietverhältnis umgewandelt würde. Soweit die Beklagte ihre Sachverhaltsdarstellung in der Klageerwiderung mit der Behauptung abschließt, beide Parteien seien "von Anfang an" von einem Wohnraummietverhältnis ausgegangen, stellt dies bei näherer Betrachtung eine verkürzte Zusammenfassung ihrer wenige Sätze zuvor erfolgten Darstellung dar.
18
(3) Dieser Einsicht hat sich das Berufungsgericht verschlossen und damit in einer gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßenden Weise den Kerngehalt des Beklagtenvorbringens nicht hinreichend erfasst (vgl. BGH, Beschluss vom 24. November 2011 - VII ZR 65/11, ZfBR 2012, 228 unter II 2), was wiederum dazu führte, dass es von der prozessual gebotenen Erhebung des angetretenen Zeugenbeweises abgesehen hat. Zusätzlich zu der unzureichenden Erfassung des Beklagtenvortrags hat es verkannt, dass - bei Konsistenz des Kernvortrags der Partei - Widersprüchlichkeiten in Einzelheiten die Nichterhebung angebotener Beweise nicht rechtfertigen. Vielmehr läuft die unterbleibende Erhebung eines erheblichen Beweisangebots wegen (vermeintlicher) Widersprüche im Vortrag der beweisbelasteten Partei auf eine vorweggenommene tatrichterliche Beweiswürdigung hinaus, die im Prozessrecht keine Stütze findet und damit zugleich gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstößt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Juli 2011 - IV ZR 216/09, VersR 2011, 1384 Rn. 6; vom 6. Februar 2013 - I ZR 22/12, aaO Rn.11; jeweils mwN).
19
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich die Nichterhebung des angebotenen Zeugenbeweises auch nicht mit einer unzureichenden Substantiierung des Vortrags der Beklagten zu der nach ihrer Darstellung schon im Zusammenhang mit der Unterzeichnung des Gewerberaummietvertragsformulars mündlich erzielten Einigung über eine Umwandlung in ein Wohnraummietverhältnis begründen.
20
(1) Eine Partei genügt bei einem von ihr zur Rechtsverteidigung gehaltenen Sachvortrag ihren Substantiierungspflichten, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das von der anderen Seite geltend gemachte Recht als nicht bestehend erscheinen zu lassen. Dabei ist unerheblich, wie wahrscheinlich die Darstellung ist und ob sie auf eigenem Wissen oder auf einer Schlussfolgerung aus Indizien beruht (Senatsbeschluss vom 11. Mai 2010 - VIII ZR 212/07, aaO Rn. 11; vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 25. Oktober 2011 - VIII ZR 125/11, NJW 2012, 382 Rn. 23; vom 28. Februar 2012 - VIII ZR 124/11, WuM 2012, 311 Rn. 7; jeweils mwN).
21
Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung , kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen, die etwa den Zeitpunkt und den Vorgang bestimmter Ereignisse betreffen, nicht verlangt werden (Senatsbeschluss vom 11. Mai 2010 - VIII ZR 212/07, aaO; vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 25. Oktober 2011 - VIII ZR 125/11, aaO Rn. 14; vom 28. Februar 2012 - VIII ZR 124/11, aaO Rn. 6; jeweils mwN). Es ist vielmehr Sache des Tatrichters , bei der Beweisaufnahme die benannten Zeugen nach Einzelheiten zu befragen , die ihm für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Bekundungen erfor- derlich erscheinen (BGH, Beschlüsse vom 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, WM 2007, 1569 Rn. 8; vom 11. Mai 2010 - VIII ZR 212/07, aaO; vom 25. Oktober 2011 - VIII ZR 125/11, aaO; vom 28. Februar 2012 - VIII ZR 124/11, aaO; jeweils mwN). Der Pflicht zur Substantiierung ist mithin nur dann nicht genügt, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau bezeichnet sind, dass das Gericht aufgrund ihrer Darstellung nicht beurteilen kann, ob die Behauptung überhaupt erheblich ist, also die gesetzlichen Voraussetzungen der daran geknüpften Rechtsfolge erfüllt sind (BGH, Beschlüsse vom 11. Mai 2010 - VIII ZR 212/07, aaO; vom 11. Juli 2007 - IV ZR 112/05, juris Rn. 6 mwN; vom 1. Juni 2005 - XII ZR 275/02, NJW 2005, 2710 unter II 2 a mwN).
22
(2) Nach diesen Maßstäben durfte der Beweisantritt auf Vernehmung des Zeugen R. nicht unberücksichtigt bleiben. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht ergänzenden Vortrag der Beklagten zu den Gründen und den Umständen der nach den Angaben der Beklagten neben dem schriftlichen Vertragsschluss mündlich getroffenen Einigung über die zeitnahe Umwandlung des Mietverhältnisses in eine Wohnraummiete vermisst. Das Berufungsgericht durfte die Erhebung des angebotenen Beweises weder wegen mangelnder Plausibilität der Sachverhaltsschilderung der Beklagten noch wegen unzureichend vorgetragener Tatsachengrundlage ablehnen.
23
Dem schriftlichen Mietvertrag vom 17. November 1975 kommt zwar als eine über ein Rechtsgeschäft errichtete Privaturkunde die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit zu (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2002 - V ZR 143/01, NJW 2002, 3164 unter II 1 a mwN). Zur Widerlegung dieser Vermutung hat die Beklagte aber vorgetragen, dass die Parteien neben dem schriftlichen Mietvertrag über eine Ateliernutzung einen mündlichen Vertrag über eine mit dem Einbau eines Badezimmers einsetzende Wohnraumnutzung geschlossen hätten.
Mit dieser Behauptung ist die Beklagte ihrer Darlegungslast bezüglich der von ihr behaupteten Umwandlung in ein Wohnraummietverhältnis nachgekommen.
24
Sie hat vorgetragen, dass die von ihr behauptete ergänzende mündliche Abrede über die Änderung der Nutzungsart anlässlich der Unterzeichnung des Gewerberaummietvertrags oder jedenfalls im zeitlichen Zusammenhang damit getroffen worden sei und dass die Umwandlung in ein Wohnraummietverhältnis mit dem Einbau eines Badezimmers habe erfolgen sollen. Weiter lässt sich ihrem Vorbringen unter anderem entnehmen, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin kurze Zeit später auf eigene Kosten den Einbau eines Bads veranlasst, im Verlauf des Mietverhältnisses noch ein weiteres Badezimmer hat einbauen lassen und die Beklagte bei den Wasserkostenabrechnungen 1998 und 1999 zum Kreis der nichtgewerblichen Mieter gezählt hat. Die Beklagte hat sich damit nicht auf die bloße Behauptung beschränkt, die damaligen Mietvertragsparteien hätten sich bei Abschluss des Gewerberaummietvertrags auf eine künftige Wohnungsnutzung geeinigt, sondern hat auch einzelne Indizien angeführt, die auf eine solche Absprache hindeuten könnten.
25
Anders als das Berufungsgericht meint, durfte die Beweiserhebung auch nicht deswegen unterbleiben, weil die Beklagte keine plausible Erklärung dafür geliefert habe, weshalb eine schon bei Abschluss des schriftlichen Mietvertrags über Gewerberäume gewollte baldige Umwandlung in ein Wohnraummietverhältnis in dem Vertragsformular keine Erwähnung gefunden hat und weshalb die damaligen Vertragsparteien den Gewerberaummietvertrag unter Verwendung von Klauseln geschlossen haben, die bei einem Wohnraummietvertrag unwirksam wären. Denn nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist der Grad der Wahrscheinlichkeit der Sachverhaltsschilderung für den Umfang der Darlegungslast regelmäßig ohne Bedeutung (vgl. Senatsbeschlüsse vom 25. Oktober 2011 - VIII ZR 125/11, aaO Rn. 23; vom 28. Februar 2012 - VIII ZR 124/11, aaO Rn. 7; jeweils mwN). Diese Umstände spielen daher in aller Regel erst im Rahmen der tatrichterlichen Würdigung des Prozessstoffs (§ 286 Abs. 1 ZPO) eine Rolle.
26
3. Das Urteil des Berufungsgerichts beruht auf der aufgezeigten Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Denn es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht bei Erhebung des angebotenen Zeugenbeweises zu der Überzeugung gelangt wäre, dass das ursprünglich als Gewerberaummiete ausgestaltete Vertragsverhältnis schon nach kurzer Zeit einvernehmlich in ein Wohnraummietverhältnis - oder, wie die Nichtzulassungsbeschwerde hilfsweise geltend macht, - in ein Mischmietverhältnis mit Schwerpunkt auf der Wohnungsnutzung (vgl. Senatsurteil vom 9.Juli 2014 - VIII ZR 376/13, NJW 2014, 2864 Rn. 24, 26) umgestaltet worden ist.
27
Dies hätte zur Folge, dass sich die am 17. August 2011 von der Klägerin ausgesprochene Kündigung des - zum Zeitpunkt der Neufassung des Mietrechts zum 1. September 2001 noch bestehenden - Mietverhältnisses entweder (bei einem unbefristeten Mietverhältnis) an § 573 BGB (vgl. Art. 229 § 3 Abs. 1 EGBGB) oder (bei einem befristeten Mietverhältnis mit Verlängerungsoption) an § 565a Abs. 1 BGB aF, §§ 565, 564b BGB aF (vgl. Art. 229 § 3 Abs. 3 EGBGB) messen lassen müsste. Der am 20. Juli 1994 von der Rechtsvorgängerin der Klägerin erklärte Widerspruch gegen die Verlängerung des Vertrags hatte das Vertragsverhältnis - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - schon deswegen nicht beendet, weil diese Erklärung unter die zulässige, nicht eingetretene Potestativbedingung gestellt worden ist, dass die Beklagte der angestrebten Mieterhöhung nicht zustimmte. Die hiergegen gerichtete Rüge der Nichtzulassungsbeschwerde, diese Würdigung sei widersprüchlich (Art. 3 Abs. 1 GG), entbehrt jeder Grundlage. Die Nichtzulassungsbeschwerde setzt hierbei lediglich ihre eigene Würdigung an die Stelle der tatrichterlichen Würdi- gung des Berufungsgerichts. Zudem wäre, wenn - wie die Beklagte geltend macht - zu diesem Zeitpunkt schon ein Wohnraummietverhältnis vorgelegen hätte, eine Kündigung des Mietverhältnisses nur unter den Voraussetzungen des 564b BGB aF in Betracht gekommen.

III.

28
Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung wird das Berufungsgericht , falls es aufgrund der Würdigung des zu erhebenden Zeugenbeweises und des weiteren Prozessstoffs erneut zu der Überzeugung gelangen sollte, das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis sei als Gewerberaummietverhältnis einzuordnen und sei aufgrund der Kündigung der Klägerin mit Ablauf des 30. November 2011 beendet worden, auch zu berücksichtigen haben , dass die Beklagte die Ortsüblichkeit der von der Klägerin verlangten Nutzungsentschädigung (§ 546a BGB) bestritten hat.
29
Das Berufungsgericht hat sich - wiederum unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG - der Einsicht verschlossen, dass sich das Bestreiten der Beklagten bezüglich der Ortsüblichkeit des von der Klägerin verlangten Betrags von 2.500 € monatlich nicht auf die Vermietung von Wohnraum beschränkt, sondern auch gewerbliche Vermietungen miteinschließt. Dass die Beklagte in diesem Zusammenhang nähere Angaben zur Höhe üblicher Mieten für Wohnraum gemacht hat, ändert nichts daran, dass sie den von der Klägerin angesetzten Be- trag "in jeglicher Höhe und Verbindlichkeit bestritten" und damit bei verständiger Betrachtung die Ortsüblichkeit einer solchen Miete in jeder Hinsicht in Abrede gestellt hat. Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Schneider Dr. Fetzer Kosziol
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 26.09.2012 - 29 O 515/11 -
KG Berlin, Entscheidung vom 20.01.2014 - 12 U 132/12 -

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 212/07
vom
12. August 2010
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. August 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen Dr. Milger und Dr. Hessel, den Richter
Dr. Achilles und die Richterin Dr. Fetzer

beschlossen:
Gemäß § 319 Abs. 1 ZPO wird der Senatsbeschluss vom 11. Mai 2010 von Amts wegen dahin berichtigt, dass im vorletzten Satz der Textziffer 8 das Wort „Verkäufer“ durch das Wort „Käufer“ ersetzt wird, so dass dieser Satz nun anstatt: „Ebenso ist durch die- ses Urteil geklärt, dass bei einem Fehlen vertraglicher Regelungen der Parteien zum Lieferort derjenige Ort zuständigkeitsbegründend im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Spiegelstrich EuGVVO ist, an dem die körperliche Übergabe der Waren an den Verkäufer erfolgt ist oder hätte erfolgen müssen (EuGH, aaO, Rdnr. 62).“ wie folgt lautet: „Ebenso ist durch dieses Urteil geklärt, dass bei einem Fehlen vertraglicher Regelungen der Parteien zum Lieferort derjenige Ort zuständigkeitsbegründend im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Spiegelstrich EuGVVO ist, an dem die körperliche Übergabe der Waren an den Käufer erfolgt ist oder hätte erfolgen müssen (EuGH, aaO, Rdnr. 62).“ Ball Milger Hessel Achilles Fetzer
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 11.01.2007 - 83 O 238/05 -
OLG Köln, Entscheidung vom 21.06.2007 - 12 U 16/07 -
10
a) Ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen, wobei unerheblich ist, wie wahrscheinlich diese Darstellung ist. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen. Sind diese Anforderungen erfüllt, ist es Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls die benannten Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. Februar 2012 - VIII ZR 124/11, aaO Rn. 6 mwN; vom 21. Juli 2011 - IV ZR 216/09, VersR 2011, 1384 Rn. 6). Dies hat das Berufungsgericht verkannt.
23
Das Zustandekommen einer solchen Vereinbarung hat der Beklagte ausreichend dargelegt und unter Beweis gestellt. Er hat vorgetragen, dass ihm - wie allen anderen Mietern auch - bei Vertragsschluss das Recht zur Nutzung der Gartenfläche eingeräumt worden sei, ohne dass dies schriftlich fixiert worden sei, und hat dies in das Wissen der Zeugin P. gestellt, die nach seinem Vorbringen bei den Vertragsverhandlungen zugegen war. Soweit zusätzlich zur Darlegung einer Willensübereinstimmung bei Vertragsschluss (vgl. hierzu BAG, NZA 2005, 1298, 1301) in der obergerichtlichen Rechtsprechung eine Erklärung dafür gefordert wird, weshalb die Parteien davon abgesehen haben, eine behauptete mündliche Nebenabrede in die Vertragsurkunde aufzunehmen (vgl. KG, aaO mwN), stehen diese Anforderungen in Widerspruch dazu, dass nach höchstrichterlicher Rechtsprechung der Grad der Wahrscheinlichkeit der Sachverhaltsschilderung für den Umfang der Darlegungslast regelmäßig ohne Bedeutung ist (vgl. BGH, Urteile vom 13. Dezember 2002 - V ZR 359/01, aaO; vom 12. Juni 2008 - V ZR 223/07, aaO Rn. 7; jeweils mwN). Unabhängig davon genügt das Vorbringen des Beklagten selbst diesen strengen Substantiierungsanforderungen , denn er hat dargetan, dass die ursprüngliche Vermieterin auch mit den übrigen Mietern des Anwesens entsprechende mündliche Nebenabreden über die Gartennutzung getroffen habe. Dieser Vortrag enthält bei vernünftiger Betrachtung die die unterbliebene Aufnahme der Nebenabrede in den Vertragstext erklärende Aussage, das von den Vertragsparteien gewählte Vorgehen habe der üblichen Handhabung entsprochen. Das Berufungsgericht hat somit rechtsfehlerhaft und gehörswidrig von der Vernehmung der Zeugin P. abgesehen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 34/14
vom
21. Oktober 2014
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Von einer Beweiserhebung darf grundsätzlich nicht bereits deswegen abgesehen
werden, weil die beweisbelastete Partei keine schlüssige Erklärung dafür liefert,
weswegen eine von ihr behauptete mündliche oder stillschweigende Vereinbarung
keinen Eingang in den schriftlichen Vertrag gefunden hat. Denn der Grad der Wahrscheinlichkeit
der Sachverhaltsschilderung ist für den Umfang der Darlegungslast
regelmäßig ohne Bedeutung (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 25. Oktober
2011 - VIII ZR 125/11, NJW 2012, 382 Rn. 23). Das Fehlen einer schlüssigen Erklärung
spielt daher in aller Regel erst im Rahmen der tatrichterlichen Würdigung des
Prozessstoffs eine Rolle.
BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2014 - VIII ZR 34/14 - KG Berlin
LG Berlin
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Oktober 2014 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Hessel, den Richter
Dr. Schneider, die Richterin Dr. Fetzer und den Richter Kosziol

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil des Kammergerichts vom 20. Januar 2014 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Streitwert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wird auf bis zu 25.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Beklagte mietete von der Rechtsvorgängerin der Klägerin mit schriftlichem Mietvertrag vom 17. November 1975 Räume im Erdgeschoss und im Kellergeschoss eines in Berlin gelegenen Anwesens. Der Vertrag wurde unter Verwendung eines Mietvertragsformulars mit der Überschrift "Mietvertrag für gewerbliche Räume" geschlossen. Die Räume im Erdgeschoss wurden ausweislich § 1 des Mietvertrags "zum Betrieb eines Ateliers" und die Kellerräume zu Lagerzwecken vermietet. Gemäß § 2 des Mietvertrags sollte das Mietverhältnis mit Ablauf des 30. November 1980 enden, sich aber jeweils um ein Jahr verlängern, falls nicht eine der Parteien bis spätestens drei Monate vor Ablauf der Mietzeit der Verlängerung widersprechen sollte. Die zuletzt geschuldete Nettomonatsmiete belief sich auf 666,90 €.
2
Mit Schreiben vom 17. August 2011 widersprach die Klägerin über ihre Hausverwaltung der Fortsetzung des Mietverhältnisses über den 30. November 2011 hinaus. Die Beklagte berief sich auf das Vorliegen eines Wohnraummietverhältnisses und auf die Einhaltung der insoweit geltenden Kündigungsvorschriften.
3
Der daraufhin von der Klägerin erhobenen Klage auf Räumung und Herausgabe der Mietsache und zusätzlich - für den Fall, dass das Gericht diesem Begehren stattgeben sollte - anhängig gemachten Klage auf Zahlung einer mo- natlichen Nutzungsentschädigung von 1.833,10 € (2.500 € abzüglich bezahlter 666,90 €) hat das Landgericht in vollem Umfang stattgegeben. Das Kammerge- richt hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen und dabei im Hinblick auf die zwischenzeitlich erfolgte Räumung und Herausgabe des Mietobjekts an die Klägerin und die anschließend von dieser abgegebene Erledigungserklärung festgestellt, dass sich der Rechtsstreit hinsichtlich des Räumungsantrags in der Hauptsache erledigt habe. Die Revision hat es nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde.

II.

4
Die zulässige Nichtzulassungsbeschwerde hat in der Sache Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die angefochtene Ent- scheidung verletzt in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).
5
1. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
6
Das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis sei aufgrund der Erklärung der Klägerin vom 17. August 2011 gemäß § 2 des Mietvertrags mit Ablauf des 30. November 2011 beendet worden. Die genannte Regelung sei wirksam, denn zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin und der Beklagten sei am 17. November 1975 ein Mietvertrag über Gewerberäume und nicht über Wohnräume geschlossen worden. Ausweislich der schriftlichen Vertragsurkunde , der die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit zukomme, seien die Räumlichkeiten der Beklagten "zum Betrieb eines Ateliers" überlassen worden.
7
Das Landgericht habe zu Recht davon abgesehen, dem unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten nachzugehen, die Vertragsparteien seien entgegen dem Inhalt des schriftlichen Mietvertragsformulars von Anfang an übereinstimmend von einer reinen Wohnnutzung ausgegangen. Das Vorbringen der Beklagten sei bereits widersprüchlich. Einerseits habe sie unter Beweisantritt vorgetragen, es sei von Anfang an der Abschluss eines Wohnraummietvertrags vereinbart worden. Andererseits habe sie behauptet, die Mieträume seien bei der Anmietung zur Wohnraumnutzung nicht geeignet gewesen; erst kurze Zeit später sei unter anderem ein Bad eingebaut worden, wonach sich das Vertragsverhältnis in ein Mietverhältnis über Wohnraum umgewandelt habe.
8
Abgesehen von dieser Widersprüchlichkeit ergebe sich aus dem Vorbringen der Beklagten auch nicht, weshalb die Mietvertragsparteien, wenn ohnehin unmittelbar nach Vertragsbeginn ein Bad eingebaut worden sei, nicht von vornherein einen Vertrag über die Anmietung von Wohnräumen unterzeichnet hätten. Das verwendete Vertragsformular sehe lediglich eine Nutzung zu dem dort genannten gewerblichen Zweck vor. Die Beklagte habe nicht ausreichend dargelegt, dass und weshalb die Mietvertragsparteien einen Vertrag mit bei einem Wohnraummietverhältnis teilweise unwirksamen Klauseln abgeschlossen haben sollten, obwohl angeblich für alle Beteiligten eine Wohnraumnutzung ersichtlich und zeitnah gewollt gewesen sei. Sie habe insoweit lediglich vorgetragen , es sei "von Anfang an ein Wohnungsmietvertrag vereinbart" gewesen und habe sich zum Beweis dieser Behauptung auf den Zeugen R. berufen.
9
Dass die Vertragsparteien nach dem anfänglichen Abschluss eines Gewerberaummietvertrags das Vertragsverhältnis später übereinstimmend in ein Wohnraummietverhältnis umgewandelt hätten, sei dem Vorbringen der Beklagten ebenfalls nicht ausreichend zu entnehmen. Sie habe weder dargelegt, wann eine solche Nutzungsänderung erfolgt sein solle, noch dass und wodurch der Wille insbesondere der Vermieterin erkennbar geworden wäre, den Mietvertrag nun den - vor allem hinsichtlich der Kündigungsmöglichkeiten und der Mieterhöhungen strengeren - Vorschriften des Wohnraummietrechts zu unterstellen.
10
Der ursprüngliche Mietvertrag vom 17. November 1975 sei schließlich auch nicht infolge einer am 20. Juli 1994 von der Rechtsvorgängerin der Klägerin abgegebenen Erklärung beendet worden. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt habe, sei der in diesem Schreiben ausgesprochene Widerspruch gegen eine Verlängerung des Mietverhältnisses unter der - zulässigen und nicht eingetretenen - Potestativbedingung erklärt worden, dass die Beklagte nicht bereit gewesen wäre, das Vertragsverhältnis zu der dort verlangten höheren Miete fortzusetzen. Da das Mietverhältnis weitergelaufen sei, komme es auf das Vorbringen der Beklagten nicht an, zu diesem Zeitpunkt sei allein die Begründung eines Wohnraummietverhältnisses in Betracht gekommen.
11
Den danach bestehenden Räumungs- und Herausgabeanspruch der Klägerin habe die Beklagte zwischenzeitlich freiwillig erfüllt, weswegen die Erledigung des Rechtsstreits festzustellen gewesen sei. Zu Recht habe das Landgericht die Beklagte weiter zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung (§ 546a Abs. 1 BGB) in Höhe von 1.833,10 € monatlich (2.500 € abzüglich be- zahlter 666,90 €)von April 2012 bis zum Zeitpunkt der Räumung zugespro- chen. Nach dem Vortrag der Klägerin belaufe sich die ortsübliche Miete für Ge- werberäume auf 2.500 € monatlich. Die Beklagte habe dem zwar die deutlich niedrigere ortsübliche Miete für Wohnraum entgegengehalten. Ihrem Vorbringen lasse sich aber nicht entnehmen, dass sie damit auch die Ortsüblichkeit der von der Klägerin angegebenen Miete bei gewerblicher Nutzung habe bestreiten wollen.
12
2. Mit Erfolg macht die Nichtzulassungsbeschwerde geltend, dass das Berufungsgericht den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat, weil es deren Vorbringen zum Vorliegen eines Wohnraummietverhältnisses unberücksichtigt gelassen hat, ohne den von ihr angebotenen Zeugenbeweis zu erheben.
13
a) Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (st. Rspr.; siehe etwa BVerfG, WM 2009, 671, 672; BGH, Beschlüsse vom 11. Mai 2010 - VIII ZR 212/07, NJW-RR 2010, 1217 Rn. 10; vom 16. November 2010 - VIII ZR 228/08, juris Rn. 14; vom 6. Februar 2013 - I ZR 22/12, TranspR 2013, 430 Rn. 10). Dies gilt auch dann, wenn die Nichtberücksichtigung des Beweisangebots darauf beruht, dass das Gericht verfahrensfehlerhaft überspannte Anforderungen an den Vortrag einer Partei gestellt hat (BGH, Beschluss vom 6. Februar 2013 - I ZR 22/12, aaO). Eine solche nur scheinbar das Parteivorbringen würdigende Verfahrensweise stellt sich als Weigerung des Tatrichters dar, in der nach Art. 103 Abs. 1 GG gebotenen Weise den Parteivortrag zur Kenntnis zu nehmen und sich mit ihm inhaltlich auseinanderzusetzen (BGH, Urteil vom 22. Juni 2009 - II ZR 143/08, NJW 2009, 2598 Rn. 2 mwN; Beschluss vom 6. Februar 2013 - I ZR 22/12, aaO).
14
b) So liegen die Dinge hier. Das Berufungsgericht hat in verschiedener Hinsicht zu strenge Anforderungen an die Widerspruchsfreiheit und Substantiierung des Vortrags der Beklagten zum Abschluss eines Wohnraummietvertrages gestellt.
15
aa) Die Beklagte hat bereits in ihrer Klageerwiderung vorgetragen, die Vertragsparteien seien "von Anfang an" von einem Wohnraummietverhältnis ausgegangen, und hat sich in einem weiteren Schriftsatz zum Nachweis dieser Behauptung auf die Einvernahme des von ihr als Zeugen benannten Mitarbeiters R. der Rechtsvorgängerin der Klägerin berufen.
16
(1) Die Nichtzulassungsbeschwerde weist mit Recht darauf hin, dass dieses Vorbringen bei verständiger Würdigung nicht in Widerspruch zu der in der Klageerwiderung wenige Sätze zuvor aufgestellten Behauptung steht, zwar sei im schriftlichen "Ausgangsmietvertrag" ein "Atelier" vermietet worden, jedoch sei der Vertrag kurz nach Beginn des Mietverhältnisses mit Zustimmung der damaligen Parteien in einen Wohnraummietvertrag abgeändert worden. Die Beklagte hat die kurze Zeit nach Vertragsabschluss erfolgte Vertragsänderung damit begründet, dass die Mieträume zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Vertragsformulars aufgrund ihres "bedauernswerten Zustands" und des Fehlens eines Badezimmers nur als Gewerberäume hätten vermietet werden können, die Vertragsparteien aber noch vor dem Bezug der Räumlichkeiten vereinbart hätten, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin ein Bad einbauen lasse, um der Beklagten eine Nutzung als Wohnung zu ermöglichen. Diese Vereinbarung sei noch im Verlauf des ersten Mietmonats in die Tat umgesetzt worden. Im Jahr 2000 sei ein weiteres Bad eingebaut worden, um die weitere Nutzung zu Wohnzwecken sicherzustellen.
17
(2) Der Nichtzulassungsbeschwerde ist darin beizupflichten, dass die Beklagte damit letztlich behauptet hat, die damaligen Vertragsparteien hätten zwar im November 1975 einen schriftlichen Mietvertrag über Gewerberäume abgeschlossen, jedoch schon damals eine mündliche Übereinkunft darüber erzielt , dass das Mietverhältnis mit dem vereinbarten - und kurze Zeit später auch erfolgten - Einbau eines Badezimmers in ein Wohnraummietverhältnis umgewandelt würde. Soweit die Beklagte ihre Sachverhaltsdarstellung in der Klageerwiderung mit der Behauptung abschließt, beide Parteien seien "von Anfang an" von einem Wohnraummietverhältnis ausgegangen, stellt dies bei näherer Betrachtung eine verkürzte Zusammenfassung ihrer wenige Sätze zuvor erfolgten Darstellung dar.
18
(3) Dieser Einsicht hat sich das Berufungsgericht verschlossen und damit in einer gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßenden Weise den Kerngehalt des Beklagtenvorbringens nicht hinreichend erfasst (vgl. BGH, Beschluss vom 24. November 2011 - VII ZR 65/11, ZfBR 2012, 228 unter II 2), was wiederum dazu führte, dass es von der prozessual gebotenen Erhebung des angetretenen Zeugenbeweises abgesehen hat. Zusätzlich zu der unzureichenden Erfassung des Beklagtenvortrags hat es verkannt, dass - bei Konsistenz des Kernvortrags der Partei - Widersprüchlichkeiten in Einzelheiten die Nichterhebung angebotener Beweise nicht rechtfertigen. Vielmehr läuft die unterbleibende Erhebung eines erheblichen Beweisangebots wegen (vermeintlicher) Widersprüche im Vortrag der beweisbelasteten Partei auf eine vorweggenommene tatrichterliche Beweiswürdigung hinaus, die im Prozessrecht keine Stütze findet und damit zugleich gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstößt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Juli 2011 - IV ZR 216/09, VersR 2011, 1384 Rn. 6; vom 6. Februar 2013 - I ZR 22/12, aaO Rn.11; jeweils mwN).
19
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich die Nichterhebung des angebotenen Zeugenbeweises auch nicht mit einer unzureichenden Substantiierung des Vortrags der Beklagten zu der nach ihrer Darstellung schon im Zusammenhang mit der Unterzeichnung des Gewerberaummietvertragsformulars mündlich erzielten Einigung über eine Umwandlung in ein Wohnraummietverhältnis begründen.
20
(1) Eine Partei genügt bei einem von ihr zur Rechtsverteidigung gehaltenen Sachvortrag ihren Substantiierungspflichten, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das von der anderen Seite geltend gemachte Recht als nicht bestehend erscheinen zu lassen. Dabei ist unerheblich, wie wahrscheinlich die Darstellung ist und ob sie auf eigenem Wissen oder auf einer Schlussfolgerung aus Indizien beruht (Senatsbeschluss vom 11. Mai 2010 - VIII ZR 212/07, aaO Rn. 11; vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 25. Oktober 2011 - VIII ZR 125/11, NJW 2012, 382 Rn. 23; vom 28. Februar 2012 - VIII ZR 124/11, WuM 2012, 311 Rn. 7; jeweils mwN).
21
Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung , kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen, die etwa den Zeitpunkt und den Vorgang bestimmter Ereignisse betreffen, nicht verlangt werden (Senatsbeschluss vom 11. Mai 2010 - VIII ZR 212/07, aaO; vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 25. Oktober 2011 - VIII ZR 125/11, aaO Rn. 14; vom 28. Februar 2012 - VIII ZR 124/11, aaO Rn. 6; jeweils mwN). Es ist vielmehr Sache des Tatrichters , bei der Beweisaufnahme die benannten Zeugen nach Einzelheiten zu befragen , die ihm für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Bekundungen erfor- derlich erscheinen (BGH, Beschlüsse vom 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, WM 2007, 1569 Rn. 8; vom 11. Mai 2010 - VIII ZR 212/07, aaO; vom 25. Oktober 2011 - VIII ZR 125/11, aaO; vom 28. Februar 2012 - VIII ZR 124/11, aaO; jeweils mwN). Der Pflicht zur Substantiierung ist mithin nur dann nicht genügt, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau bezeichnet sind, dass das Gericht aufgrund ihrer Darstellung nicht beurteilen kann, ob die Behauptung überhaupt erheblich ist, also die gesetzlichen Voraussetzungen der daran geknüpften Rechtsfolge erfüllt sind (BGH, Beschlüsse vom 11. Mai 2010 - VIII ZR 212/07, aaO; vom 11. Juli 2007 - IV ZR 112/05, juris Rn. 6 mwN; vom 1. Juni 2005 - XII ZR 275/02, NJW 2005, 2710 unter II 2 a mwN).
22
(2) Nach diesen Maßstäben durfte der Beweisantritt auf Vernehmung des Zeugen R. nicht unberücksichtigt bleiben. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht ergänzenden Vortrag der Beklagten zu den Gründen und den Umständen der nach den Angaben der Beklagten neben dem schriftlichen Vertragsschluss mündlich getroffenen Einigung über die zeitnahe Umwandlung des Mietverhältnisses in eine Wohnraummiete vermisst. Das Berufungsgericht durfte die Erhebung des angebotenen Beweises weder wegen mangelnder Plausibilität der Sachverhaltsschilderung der Beklagten noch wegen unzureichend vorgetragener Tatsachengrundlage ablehnen.
23
Dem schriftlichen Mietvertrag vom 17. November 1975 kommt zwar als eine über ein Rechtsgeschäft errichtete Privaturkunde die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit zu (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2002 - V ZR 143/01, NJW 2002, 3164 unter II 1 a mwN). Zur Widerlegung dieser Vermutung hat die Beklagte aber vorgetragen, dass die Parteien neben dem schriftlichen Mietvertrag über eine Ateliernutzung einen mündlichen Vertrag über eine mit dem Einbau eines Badezimmers einsetzende Wohnraumnutzung geschlossen hätten.
Mit dieser Behauptung ist die Beklagte ihrer Darlegungslast bezüglich der von ihr behaupteten Umwandlung in ein Wohnraummietverhältnis nachgekommen.
24
Sie hat vorgetragen, dass die von ihr behauptete ergänzende mündliche Abrede über die Änderung der Nutzungsart anlässlich der Unterzeichnung des Gewerberaummietvertrags oder jedenfalls im zeitlichen Zusammenhang damit getroffen worden sei und dass die Umwandlung in ein Wohnraummietverhältnis mit dem Einbau eines Badezimmers habe erfolgen sollen. Weiter lässt sich ihrem Vorbringen unter anderem entnehmen, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin kurze Zeit später auf eigene Kosten den Einbau eines Bads veranlasst, im Verlauf des Mietverhältnisses noch ein weiteres Badezimmer hat einbauen lassen und die Beklagte bei den Wasserkostenabrechnungen 1998 und 1999 zum Kreis der nichtgewerblichen Mieter gezählt hat. Die Beklagte hat sich damit nicht auf die bloße Behauptung beschränkt, die damaligen Mietvertragsparteien hätten sich bei Abschluss des Gewerberaummietvertrags auf eine künftige Wohnungsnutzung geeinigt, sondern hat auch einzelne Indizien angeführt, die auf eine solche Absprache hindeuten könnten.
25
Anders als das Berufungsgericht meint, durfte die Beweiserhebung auch nicht deswegen unterbleiben, weil die Beklagte keine plausible Erklärung dafür geliefert habe, weshalb eine schon bei Abschluss des schriftlichen Mietvertrags über Gewerberäume gewollte baldige Umwandlung in ein Wohnraummietverhältnis in dem Vertragsformular keine Erwähnung gefunden hat und weshalb die damaligen Vertragsparteien den Gewerberaummietvertrag unter Verwendung von Klauseln geschlossen haben, die bei einem Wohnraummietvertrag unwirksam wären. Denn nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist der Grad der Wahrscheinlichkeit der Sachverhaltsschilderung für den Umfang der Darlegungslast regelmäßig ohne Bedeutung (vgl. Senatsbeschlüsse vom 25. Oktober 2011 - VIII ZR 125/11, aaO Rn. 23; vom 28. Februar 2012 - VIII ZR 124/11, aaO Rn. 7; jeweils mwN). Diese Umstände spielen daher in aller Regel erst im Rahmen der tatrichterlichen Würdigung des Prozessstoffs (§ 286 Abs. 1 ZPO) eine Rolle.
26
3. Das Urteil des Berufungsgerichts beruht auf der aufgezeigten Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Denn es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht bei Erhebung des angebotenen Zeugenbeweises zu der Überzeugung gelangt wäre, dass das ursprünglich als Gewerberaummiete ausgestaltete Vertragsverhältnis schon nach kurzer Zeit einvernehmlich in ein Wohnraummietverhältnis - oder, wie die Nichtzulassungsbeschwerde hilfsweise geltend macht, - in ein Mischmietverhältnis mit Schwerpunkt auf der Wohnungsnutzung (vgl. Senatsurteil vom 9.Juli 2014 - VIII ZR 376/13, NJW 2014, 2864 Rn. 24, 26) umgestaltet worden ist.
27
Dies hätte zur Folge, dass sich die am 17. August 2011 von der Klägerin ausgesprochene Kündigung des - zum Zeitpunkt der Neufassung des Mietrechts zum 1. September 2001 noch bestehenden - Mietverhältnisses entweder (bei einem unbefristeten Mietverhältnis) an § 573 BGB (vgl. Art. 229 § 3 Abs. 1 EGBGB) oder (bei einem befristeten Mietverhältnis mit Verlängerungsoption) an § 565a Abs. 1 BGB aF, §§ 565, 564b BGB aF (vgl. Art. 229 § 3 Abs. 3 EGBGB) messen lassen müsste. Der am 20. Juli 1994 von der Rechtsvorgängerin der Klägerin erklärte Widerspruch gegen die Verlängerung des Vertrags hatte das Vertragsverhältnis - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - schon deswegen nicht beendet, weil diese Erklärung unter die zulässige, nicht eingetretene Potestativbedingung gestellt worden ist, dass die Beklagte der angestrebten Mieterhöhung nicht zustimmte. Die hiergegen gerichtete Rüge der Nichtzulassungsbeschwerde, diese Würdigung sei widersprüchlich (Art. 3 Abs. 1 GG), entbehrt jeder Grundlage. Die Nichtzulassungsbeschwerde setzt hierbei lediglich ihre eigene Würdigung an die Stelle der tatrichterlichen Würdi- gung des Berufungsgerichts. Zudem wäre, wenn - wie die Beklagte geltend macht - zu diesem Zeitpunkt schon ein Wohnraummietverhältnis vorgelegen hätte, eine Kündigung des Mietverhältnisses nur unter den Voraussetzungen des 564b BGB aF in Betracht gekommen.

III.

28
Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung wird das Berufungsgericht , falls es aufgrund der Würdigung des zu erhebenden Zeugenbeweises und des weiteren Prozessstoffs erneut zu der Überzeugung gelangen sollte, das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis sei als Gewerberaummietverhältnis einzuordnen und sei aufgrund der Kündigung der Klägerin mit Ablauf des 30. November 2011 beendet worden, auch zu berücksichtigen haben , dass die Beklagte die Ortsüblichkeit der von der Klägerin verlangten Nutzungsentschädigung (§ 546a BGB) bestritten hat.
29
Das Berufungsgericht hat sich - wiederum unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG - der Einsicht verschlossen, dass sich das Bestreiten der Beklagten bezüglich der Ortsüblichkeit des von der Klägerin verlangten Betrags von 2.500 € monatlich nicht auf die Vermietung von Wohnraum beschränkt, sondern auch gewerbliche Vermietungen miteinschließt. Dass die Beklagte in diesem Zusammenhang nähere Angaben zur Höhe üblicher Mieten für Wohnraum gemacht hat, ändert nichts daran, dass sie den von der Klägerin angesetzten Be- trag "in jeglicher Höhe und Verbindlichkeit bestritten" und damit bei verständiger Betrachtung die Ortsüblichkeit einer solchen Miete in jeder Hinsicht in Abrede gestellt hat. Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Schneider Dr. Fetzer Kosziol
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 26.09.2012 - 29 O 515/11 -
KG Berlin, Entscheidung vom 20.01.2014 - 12 U 132/12 -

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Soweit der Schuldner die fällige Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbringt, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat. Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung nur verlangen, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht wie geschuldet bewirkt, so kann der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung nicht verlangen, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert oder wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs rechtfertigen.

(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.

(4) Der Anspruch auf die Leistung ist ausgeschlossen, sobald der Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz verlangt hat.

(5) Verlangt der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung, so ist der Schuldner zur Rückforderung des Geleisteten nach den §§ 346 bis 348 berechtigt.

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c) Der Gläubiger, der einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung hat, kann verlangen, wirtschaftlich so gestellt zu werden, wie er stehen würde, wenn der Schuldner den Vertrag ordnungsgemäß erfüllt hätte. Zur Berechnung des Nichterfüllungsschadens bedarf es daher eines Vergleichs zwischen der Vermögenslage, die eingetreten wäre, wenn der Schuldner ordnungsgemäß erfüllt hätte, und der durch die Nichterfüllung tatsächlich entstandenen Vermögenslage. Grundsätzlich ist der Schaden konkret zu ermitteln, also unter Darlegung im einzelnen, wie sich die Vermögenslage bei vertragsgemäßem Verhalten entwickelt hätte und wie sie sich tatsächlich entwickelt hat (Senatsurteil vom 27. Mai 1998 – VIII ZR 362/96, NJW 1998, 2901, unter II 2 a; BGH, Urteil vom 24. September 1999 – V ZR 71/99, NJW 1999, 3625, unter II 2, jeweils zu § 326 Abs. 1 BGB aF und m.w.N.; MünchKommBGB/Emmerich, 5. Aufl., Vor § 281 Rdnr. 7; Bamberger/Roth/Unberath, BGB, 2. Aufl., § 281 Rdnr. 34, 36; Staudinger/Otto, BGB (2004), § 281 Rdnr. B 152, B 155).

(1) Soweit der Schuldner die fällige Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbringt, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat. Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung nur verlangen, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht wie geschuldet bewirkt, so kann der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung nicht verlangen, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert oder wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs rechtfertigen.

(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.

(4) Der Anspruch auf die Leistung ist ausgeschlossen, sobald der Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz verlangt hat.

(5) Verlangt der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung, so ist der Schuldner zur Rückforderung des Geleisteten nach den §§ 346 bis 348 berechtigt.

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

Wer nur für diejenige Sorgfalt einzustehen hat, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt, ist von der Haftung wegen grober Fahrlässigkeit nicht befreit.

Der Schuldner hat während des Verzugs jede Fahrlässigkeit zu vertreten. Er haftet wegen der Leistung auch für Zufall, es sei denn, dass der Schaden auch bei rechtzeitiger Leistung eingetreten sein würde.