vorgehend
Amtsgericht Friedberg (Hessen), 61 IN 354/09, 30.10.2014
Landgericht Gießen, 7 T 113/15, 14.07.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 52/15
vom
14. Juli 2016
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Insolvenzverwalter kann seinen Vergütungsanspruch verwirken, wenn er bei seiner
Bestellung verschweigt, dass er in einer Vielzahl früherer Insolvenzverfahren als
Verwalter an sich selbst und an von ihm beherrschte Gesellschaften grob pflichtwidrig
Darlehen aus den dortigen Massen ausgereicht hat (Anschluss an BGH, ZIP
2011, 1526).
BGH, Beschluss vom 14. Juli 2016 - IX ZB 52/15 - LG Gießen
AG Friedberg (Hessen)
ECLI:DE:BGH:2016:140716BIXZB52.15.0

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Grupp und Dr. Schoppmeyer
am 14. Juli 2016
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Gießen vom 14. Juli 2015 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zu 2 zurückgewiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 24.997,44 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der weitere Beteiligte zu 2 ist Verwalter in dem am 15. Februar 2011 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des R. . Dieser war am 1. März 2010 zum Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin bestellt worden. Im Zuge seiner Bestellung zum Insolvenzverwalter verschwieg R. gegenüber dem Insolvenzgericht, dass er seit dem Jahr 2004 als Verwalter in anderen Insolvenzverfahren in 20 Fällen aus den dortigen Massen Darlehen im Gesamtbetrag von 21 Mio. € auf Konten von Gesellschaften ausgezahlt hatte, an denen er selbst maßgeblich beteiligt war. Bis zum Ende des Jahres 2010 flossen auf diese Weise in acht Teilbeträgen weitere 1,23 Mio. € ab. Der Verbleib der Gelder ist unbekannt, die empfangenden Gesellschaften sind inzwischen überwiegend selbst insolvent. Am 27. Dezember 2010 beantragte R. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen. Mit Beschluss vom 17. Januar 2011 wurde R. auf seinen eigenen Antrag in allen ihm vom Insolvenzgericht übertragenen Konkurs-, Insolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahren aus seinem Amt entlassen. Am 3. Mai 2011 beantragte der weitere Beteiligte zu 2, für dessen Tätigkeit als Verwalter im vorliegenden Insolvenzverfahren eine restliche Vergütung in Höhe von 24.997,44 € festzusetzen. Bereits im September 2010 hatte R. einen Vergütungsvorschuss in Höhe von 18.668,11 € erhalten.
2
Das Insolvenzgericht hat den Antrag abgelehnt mit der Begründung, R. habe seinen Anspruch auf Vergütung verwirkt. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der weitere Beteiligte zu 2 den Vergütungsanspruch weiter.

II.


3
Die Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg.
4
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Das Amtsgericht habe die beantragte weitere Vergütung mit Recht versagt. Zwar sei die Vergütung des Insolvenzverwalters als reine Tätigkeitsvergütung ausgestaltet. Eine mangelhafte fachliche oder persönliche Eignung des Verwalters allein rechtfertige die Versagung der Vergütung deshalb nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesge- richtshofs könne der Vergütungsanspruch eines Insolvenzverwalters aber entsprechend dem Rechtsgedanken des § 654 BGB verwirkt sein, wenn dieser besonders schwerwiegende schuldhafte Pflichtverletzungen in Form von Straftaten zum Nachteil der Masse begangen habe. Vergütungsansprüche seien auch dann ausgeschlossen, wenn der Verwalter seine Bestellung in strafbarer Weise erschlichen habe. Ein dringender Tatverdacht für eine strafbare Handlung des R. lasse sich im Streitfall zwar nicht begründen. Gleichwohl sei die Vergütung zu versagen, weil R. vor seiner Ernennung zum Insolvenzverwalter gegenüber dem Insolvenzgericht Umstände nicht offen gelegt habe, die erhebliche Zweifel an seiner persönlichen Integrität begründeten und bei deren Kenntnis das Insolvenzgericht von einer Ernennung abgesehen hätte.
5
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
6
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verwirkt der Insolvenzverwalter seinen Anspruch auf Vergütung entsprechend dem der Regelung in § 654 BGB zugrunde liegenden allgemeinen Rechtsgedanken, wenn er vorsätzlich oder grob leichtfertig die ihm obliegende Treuepflicht so schwerwiegend verletzt, dass er sich seines Lohnes als "unwürdig" erweist (BGH, Beschluss vom 6. Mai 2004 - IX ZB 349/02, BGHZ 159, 122, 131 f; vom 9. Juni 2011 - IX ZB 248/09, ZIP 2011, 1526 Rn. 6; Urteil vom 16. Oktober 2014 - IX ZR 190/13, ZIP 2014, 2299 Rn. 27; Beschluss vom 6. November 2014 - IX ZB 90/12, ZIP 2014, 2450 Rn. 13; für die Vergütung des Zwangsverwalters: BGH, Beschluss vom 23. September 2009 - V ZB 90/09, NZI 2009, 820 Rn. 8 ff). Da der Insolvenzverwalter einen gemäß Art. 12 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Vergütung seiner Tätigkeit hat, kommt ein Ausschluss der Vergütung bei Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsat- zes allerdings nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht (BGH, Beschluss vom 6. Mai 2004, aaO S. 132; vom 9. Juni 2011, aaO). Es genügt nicht jede objektiv erhebliche Pflichtverletzung. Die Versagung jeglicher Vergütung kommt vielmehr nur bei einer schweren, subjektiv in hohem Maße vorwerfbaren Verletzung der Treuepflicht in Betracht. Ein solcher Fall liegt insbesondere dann vor, wenn der Insolvenzverwalter besonders schwerwiegende Pflichtverletzungen in Form von Straftaten zum Nachteil der Masse begangen hat. Vergütungsansprüche sind aber auch dann ausgeschlossen, wenn der Verwalter seine Bestellung durch eine Täuschung in strafbarer Weise erschleicht und damit im eigenen wirtschaftlichen Interesse eine Gefährdung der erfolgreichen Abwicklung des Insolvenzverfahrens in Kauf nimmt (BGH, Beschluss vom 6. Mai 2004, aaO S. 132; vom 23. September 2009, aaO Rn. 15).
7
b) Nach diesen Grundsätzen hat das Beschwerdegericht dem früheren Insolvenzverwalter R. ohne Rechtsfehler eine über den erhaltenen Vorschuss hinausgehende Vergütung versagt. Zwar hat sich R. keiner Straftaten zum Nachteil der Insolvenzmasse des vorliegenden Verfahrens schuldig gemacht. Auch ist nicht festgestellt, dass sein Verhalten in anderen Insolvenzverfahren oder sein Verhalten im Zusammenhang mit seiner Bestellung zum Insolvenzverwalter im hiesigen Verfahren den Tatbestand einer Straftat erfüllt. Gleichwohl tragen die Feststellungen des Beschwerdegerichts die Versagung der Vergütung.
8
aa) Entscheidender Grund für die Beurteilung, dass der Anspruch auf Vergütung verwirkt ist, ist der schwere Treubruch des Verwalters gegenüber dem Insolvenzgericht, das ihn zum Insolvenzverwalter bestellt hat. Das Insolvenzgericht hat zum Insolvenzverwalter nach § 56 Abs. 1 InsO eine geeignete Person zu bestellen. Zu den persönlichen Anforderungen an den Insolvenzver- walter gehört neben der fachlichen Qualifikation auch seine persönliche Integrität , insbesondere seine Ehrlichkeit (BGH, Beschluss vom 9. Juni 2011 - IX ZB 248/09, ZIP 2011, 1526 Rn. 6 mwN). Der Insolvenzverwalter verwaltet fremdes Vermögen (§ 80 Abs. 1, § 148 Abs. 1 InsO). Ihm obliegt insbesondere die Pflicht, das ihm anvertraute Vermögen des Schuldners zu sichern und zu erhalten (BGH, Urteil vom 5. Mai 2011 - IX ZR 144/10, BGHZ 189, 299 Rn. 49; vom 26. Juni 2014 - IX ZR 162/13, WM 2014, 1434 Rn. 18). Eine absolute persönliche Zuverlässigkeit und Korrektheit im Umgang mit fremdem Vermögen ist daher - auch wegen der begrenzten Kontrollmöglichkeiten des Gerichts - eine unerlässliche Voraussetzung der Bestellung zum Insolvenzverwalter (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Januar 2008 - III ZR 161/07, WM 2008, 659 Rn. 5; MünchKomm -InsO/Graeber, 3. Aufl., § 56 Rn. 55; FK-InsO/Jahntz, 8. Aufl., § 56 Rn. 12; Voß, EWiR 2011, 389, 390). Wer, wie der frühere Verwalter R. , in einer Vielzahl von Insolvenzverfahren hohe Geldbeträge im Gesamtbetrag von mehr als 20 Mio. € der Masse entnimmt, sie an sich selbst oder an von ihm beherrschte Gesellschaften darlehensweise ausreicht und die Rückzahlungsansprüche nicht einmal für den Fall der Insolvenz absichert (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2014, aaO Rn. 22), lässt die erforderliche Zuverlässigkeit und Korrektheit in hohem Maße vermissen.
9
bb) Indem R. seine Bestellung zum Verwalter im vorliegenden Insolvenzverfahren angenommen und dabei sein grob pflichtwidriges Verhalten in anderen Insolvenzverfahren verschwiegen hat, hat er das vom Insolvenzgericht mit der Bestellung in ihn gesetzte Vertrauen in grober Weise missbraucht. Zwar ist ein Insolvenzverwalter nicht verpflichtet, dem Insolvenzgericht vor der Bestellung ungefragt jegliche Pflichtwidrigkeit aus anderen Verfahren mitzuteilen, und nicht jegliche Unterlassung dieser Art führt zum Verlust des Vergütungsanspruchs. Im Streitfall handelt es sich aber um Pflichtwidrigkeiten in einem Aus- maß, das - wie R. unschwer erkennen konnte - im Falle des Bekanntwerdens nach der Bestellung seine sofortige Entlassung aus dem Amt des Verwalters nach § 59 InsO nicht nur rechtfertigte, sondern als zwingende Folge seines Handelns gebot (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 2011 - IX ZB 192/10, ZIP 2011, 671 Rn. 20; vom 26. April 2012 - IX ZB 31/11, ZIP 2012, 1187 Rn. 11). Die aus der besonderen Stellung des Insolvenzverwalters entspringenden Treuepflichten gegenüber dem Insolvenzgericht, aber auch gegenüber dem Schuldner und den Gläubigern, verbieten es, bei der Bestellung Umstände zu verschweigen, welche die fehlende Integrität des Verwalters belegen und wegen ihres Gewichts zu seiner umgehenden Entlassung führen müssten. Im Hinblick auf die Häufigkeit, den wirtschaftlichen Umfang und die Art des festgestellten Fehlverhaltens des früheren Verwalters R. in anderen Insolvenzverfah- ren stellt das Verschweigen dieser Umstände, auch wenn keine Straftat erwiesen ist, einen schweren Treubruch gegenüber dem Insolvenzgericht dar.
Kayser Gehrlein Vill
Grupp Schoppmeyer
Vorinstanzen:
AG Friedberg (Hessen), Entscheidung vom 30.10.2014 - 61 IN 354/09 -
LG Gießen, Entscheidung vom 14.07.2015 - 7 T 113/15 -

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(1) Der Insolvenzverwalter hat Anspruch auf Vergütung für seine Geschäftsführung und auf Erstattung angemessener Auslagen. Der Regelsatz der Vergütung wird nach dem Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Insolvenzverfahrens berechnet. Dem Umfang und der Schwierigkeit der Geschäftsführung des Verwalters wird durch Abweichungen vom Regelsatz Rechnung getragen.

(2) Sind die Kosten des Verfahrens nach § 4a gestundet, steht dem Insolvenzverwalter für seine Vergütung und seine Auslagen ein Anspruch gegen die Staatskasse zu, soweit die Insolvenzmasse dafür nicht ausreicht.

(3) Die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters wird gesondert vergütet. Er erhält in der Regel 25 Prozent der Vergütung des Insolvenzverwalters bezogen auf das Vermögen, auf das sich seine Tätigkeit während des Eröffnungsverfahrens erstreckt. Maßgebend für die Wertermittlung ist der Zeitpunkt der Beendigung der vorläufigen Verwaltung oder der Zeitpunkt, ab dem der Gegenstand nicht mehr der vorläufigen Verwaltung unterliegt. Beträgt die Differenz des tatsächlichen Werts der Berechnungsgrundlage der Vergütung zu dem der Vergütung zugrunde gelegten Wert mehr als 20 Prozent, so kann das Gericht den Beschluss über die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die Vergütung des Insolvenzverwalters ändern.

Der Anspruch auf den Maklerlohn und den Ersatz von Aufwendungen ist ausgeschlossen, wenn der Makler dem Inhalt des Vertrags zuwider auch für den anderen Teil tätig gewesen ist.

6
a) Die Versagung der Vergütung des Insolvenzverwalters kommt in entsprechender Anwendung des Grundgedankens des § 654 BGB bei gewichtigen , vorsätzlichen oder zumindest leichtfertigen Pflichtenverstößen des Insolvenzverwalters in Betracht. Hierbei gebietet der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine enge Begrenzung der Fälle, in denen ein Anspruch auf Vergütung ausgeschlossen ist (BGH, Beschluss vom 6. Mai 2004 - IX ZB 349/02, BGHZ 159, 122, 132). In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist jedoch anerkannt, dass zu den persönlichen Anforderungen an den Insolvenzverwalter neben der fachlichen Qualifikation auch seine persönliche Integrität, insbesondere seine Ehrlichkeit gehört (BGH, Beschluss vom 6. Mai 2004 - IX ZB 349/02, aaO S. 129; vom 17. März 2011 - IX ZB 192/10, WM 2011, 663 Rn. 20). Darum können strafbare Handlungen eines Verwalters zum Nachteil der Masse seine Entlassung rechtfertigen. Dabei erfordert die Entlassung nicht, dass die strafbare Pflichtverletzung im Rahmen des konkreten Verfahrens erfolgte. Vielmehr genügt es, wenn eine in anderen Verfahren verübte Straftat die charakterliche Eignung des Verwalters, fremdes Vermögen zu verwalten, entfallen lässt (BGH, Beschluss vom 17. März 2011 - IX ZB 192/10, aaO).
27
aa) Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, unter welchen (engen ) Voraussetzungen ein an sich begründeter Vergütungsanspruch eines Insolvenzverwalters entsprechend dem Rechtsgedanken des § 654 BGB verwirkt sein kann. Die Tätigkeit des Insolvenzverwalters wird insbesondere dann nicht vergütet, wenn dieser besonders schwerwiegende schuldhafte Pflichtverletzungen in Form von Straftaten zum Nachteil der Masse begangen hat. Vergütungsansprüche sind auch dann ausgeschlossen, wenn der Verwalter seine Bestellung in strafbarer Weise erschleicht und damit im eigenen wirtschaftlichen Interesse eine Gefährdung der erfolgreichen Abwicklung des Insolvenzverfahrens in Kauf nimmt (BGH, Beschluss vom 6. Mai 2004 - IX ZB 349/02, BGHZ 159, 122, 132). Diese Rechtsprechung trifft den vorliegenden Fall nicht. Einerseits wurden dem Kläger keine Straftaten zum Nachteil der Masse und kein Fehlverhalten im Zusammenhang mit seiner Bestellung zum Verwalter vorgeworfen ; andererseits wurde ihm nicht jegliche Vergütung aberkannt, sondern nur die Zustimmung zur Entnahme eines Vorschusses verweigert.
13
c) Der weitere Beteiligte zu 2 hat seinen Vergütungsanspruch nicht verwirkt. Unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Verwirkung, der auch im Verfahren über die Festsetzung der Vergütung zu berücksichtigen ist, kann der Anspruch des Insolvenzverwalters auf Vergütung ausgeschlossen sein, wenn dieser besonders schwerwiegende schuldhafte Pflichtverletzungen in Form von Straftaten zum Nachteil der Masse begangen hat. Vergütungsansprüche sind auch dann ausgeschlossen, wenn der Verwalter seine Bestellung in strafbarer Weise erschleicht und damit im eigenen wirtschaftlichen Interesse eine Gefährdung der erfolgreichen Abwicklung des Insolvenzverfahrens in Kauf nimmt (BGH, Beschluss vom 6. Mai 2004 - IX ZB 349/02, BGHZ 159, 122, 132; vom 9. Juni 2011 - IX ZB 248/09, WM 2011, 1522 Rn. 6 f). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.
8
b) Die Verwirkung des Anspruchs auf Vergütung und Ersatz von Auslagen folgt aus dem Rechtsgedanken des § 654 BGB.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Zum Insolvenzverwalter ist eine für den jeweiligen Einzelfall geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige natürliche Person zu bestellen, die aus dem Kreis aller zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen bereiten Personen auszuwählen ist. Wer als Restrukturierungsbeauftragter oder Sanierungsmoderator in einer Restrukturierungssache des Schuldners tätig war, kann, wenn der Schuldner mindestens zwei der drei in § 22a Absatz 1 genannten Voraussetzungen erfüllt, nur dann zum Insolvenzverwalter bestellt werden, wenn der vorläufige Gläubigerausschuss zustimmt. Die Bereitschaft zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen kann auf bestimmte Verfahren beschränkt werden. Die erforderliche Unabhängigkeit wird nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass die Person

1.
vom Schuldner oder von einem Gläubiger vorgeschlagen worden ist oder
2.
den Schuldner vor dem Eröffnungsantrag in allgemeiner Form über den Ablauf eines Insolvenzverfahrens und dessen Folgen beraten hat.

(2) Der Verwalter erhält eine Urkunde über seine Bestellung. Bei Beendigung seines Amtes hat er die Urkunde dem Insolvenzgericht zurückzugeben.

6
a) Die Versagung der Vergütung des Insolvenzverwalters kommt in entsprechender Anwendung des Grundgedankens des § 654 BGB bei gewichtigen , vorsätzlichen oder zumindest leichtfertigen Pflichtenverstößen des Insolvenzverwalters in Betracht. Hierbei gebietet der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine enge Begrenzung der Fälle, in denen ein Anspruch auf Vergütung ausgeschlossen ist (BGH, Beschluss vom 6. Mai 2004 - IX ZB 349/02, BGHZ 159, 122, 132). In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist jedoch anerkannt, dass zu den persönlichen Anforderungen an den Insolvenzverwalter neben der fachlichen Qualifikation auch seine persönliche Integrität, insbesondere seine Ehrlichkeit gehört (BGH, Beschluss vom 6. Mai 2004 - IX ZB 349/02, aaO S. 129; vom 17. März 2011 - IX ZB 192/10, WM 2011, 663 Rn. 20). Darum können strafbare Handlungen eines Verwalters zum Nachteil der Masse seine Entlassung rechtfertigen. Dabei erfordert die Entlassung nicht, dass die strafbare Pflichtverletzung im Rahmen des konkreten Verfahrens erfolgte. Vielmehr genügt es, wenn eine in anderen Verfahren verübte Straftat die charakterliche Eignung des Verwalters, fremdes Vermögen zu verwalten, entfallen lässt (BGH, Beschluss vom 17. März 2011 - IX ZB 192/10, aaO).

(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.

(2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt (§§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), hat im Verfahren keine Wirkung. Die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung bleiben unberührt.

(1) Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat der Insolvenzverwalter das gesamte zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen sofort in Besitz und Verwaltung zu nehmen.

(2) Der Verwalter kann auf Grund einer vollstreckbaren Ausfertigung des Eröffnungsbeschlusses die Herausgabe der Sachen, die sich im Gewahrsam des Schuldners befinden, im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen. § 766 der Zivilprozeßordnung gilt mit der Maßgabe, daß an die Stelle des Vollstreckungsgerichts das Insolvenzgericht tritt.

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c) Auch ein mitbestimmender vorläufiger Insolvenzverwalter oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter ohne jede Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis ist ungeachtet einer ergänzenden gerichtlichen Anordnung - wie sie im Streitfall tatsächlich ergangen ist - zur Sicherung und Erhaltung des Schuldnervermögens verpflichtet. Eine solche Pflicht sieht § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 InsO für den vorläufigen Insolvenzverwalter vor, auf den die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis übergegangen ist. Sie gilt aber unabhängig von einer besonderen gerichtlichen Anordnung (§ 22 Abs. 2 InsO) auch für die anderen vorläufigen Insolvenzverwalter. Zwar sollten die Rechte und Pflichten solcher vorläufiger Insolvenzverwalter tunlichst von dem Insolvenzgericht ausdrücklich festgelegt werden (HK-InsO/Kirchhof, aaO § 22 Rn. 47). Kernaufgabe jedes, auch eines mitbestimmenden oder mit keiner Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis ausgestatteten vorläufigen Insolvenzverwalters ist jedoch die Überwachung des Schuldners (Pape in Kübler/Prütting/Bork, InsO § 22 Rn. 54; HK-InsO/Kirchhof, aaO § 22 Rn. 47; Stefan Meyer, Die Haftung des vorläufigen Insolvenzverwalters , 2003, S. 196 f). Aus dem Zweck der Überwachungspflicht folgt ohne weiteres , dass jedem vorläufigen Insolvenzverwalter ungeachtet einer spezifischen gerichtlichen Pflichtenzuweisung bereits kraft seiner Funktion als originäre Pflicht die Sicherung und Erhaltung des Schuldnervermögens obliegt (Münch- Komm-InsO/Haarmeyer, aaO § 22 Rn. 29; Uhlenbruck/Vallender, aaO § 22 Rn. 208a; Stefan Meyer, aaO S. 195; in diesem Sinne wohl auch Pape in Kübler/Prütting/Bork, aaO; a.A. HmbKomm-InsO/Schröder, aaO § 22 Rn. 105).
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Im Regelfall beginnt die Einarbeitungszeit schon mit der Bestellung zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Unerheblich ist, welche Entscheidungsbefugnisse diesem zukommen. Kernaufgabe eines jeden, auch des mitbestimmenden oder mit keiner Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis ausgestatteten vorläufigen Insolvenzverwalters ist die Überwachung des Schuldners. Aus dem Zweck der Überwachungspflicht folgt ohne weiteres, dass jedem vorläufigen Insolvenzverwalter ungeachtet einer spezifischen gerichtlichen Pflichtenzuweisung bereits kraft seiner Funktion als originäre Pflicht die Sicherung und Erhaltung des Schuldnervermögens obliegt (BGH, Urteil vom 5. Mai 2011 - IX ZR 144/10, BGHZ 189, 299 Rn. 49 mwN). Die Erfüllung dieser Pflicht setzt zwingend voraus , dass sich der vorläufige Verwalter einen Überblick über das Vermögen des Schuldners verschafft. Dabei werden zur Masse gehörende Gelder und deren Verfügbarkeit für eine zinsgünstige Anlage ebenso offenbar wie im Falle der endgültigen Verwaltung.
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1. Dass das Insolvenzgericht nur einen persönlich geeigneten, zuverlässigen Insolvenzverwalter bestellen darf, ist anerkannt und wird im Ansatz auch vom Berufungsgericht nicht in Frage gestellt (vgl. nur MünchKomm/Graeber, InsO, 2. Aufl., § 56 Rn. 55 m.w.N.; s. ferner Senatsurteile vom 12. Juli 1965 - III ZR 40/64 und 41/64 - VersR 1965, 1194 und 1196). Eine Vorstrafe wegen Insolvenzvergehen, wie hier, wird daher - entgegen dem Berufungsurteil - auch bei fehlendem Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt oder Insolvenzverwalter im Allgemeinen Zweifel an der Zuverlässigkeit des potentiellen Verwalters begründen und daher Anlass sein, von dessen Ernennung abzusehen, mindestens aber nachträglich eine erheblich gesteigerte Überwachung erfordern.

(1) Das Insolvenzgericht kann den Insolvenzverwalter aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. Die Entlassung kann von Amts wegen oder auf Antrag des Verwalters, des Schuldners, des Gläubigerausschusses, der Gläubigerversammlung oder eines Insolvenzgläubigers erfolgen. Auf Antrag des Schuldners oder eines Insolvenzgläubigers erfolgt die Entlassung nur, wenn dies innerhalb von sechs Monaten nach der Bestellung beantragt wird und der Verwalter nicht unabhängig ist; dies ist von dem Antragsteller glaubhaft zu machen. Vor der Entscheidung des Gerichts ist der Verwalter zu hören.

(2) Gegen die Entlassung steht dem Verwalter die sofortige Beschwerde zu. Gegen die Ablehnung des Antrags steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu. Hat die Gläubigerversammlung den Antrag gestellt, steht auch jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu.

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aa) Zu den persönlichen Anforderungen an den Insolvenzverwalter gehören neben der fachlichen Qualifikation auch seine persönliche Integrität, insbesondere seine Ehrlichkeit (BGH, Beschluss vom 6. Mai 2004 - IX ZB 349/02, BGHZ 159, 122, 129). Darum können strafbare Handlungen eines Verwalters zum Nachteil der Masse seine Entlassung rechtfertigen (MünchKomm-InsO/ Graeber, aaO § 59 Rn. 22, HmbKomm-InsO/Frind, 3. Aufl. § 59 Rn. 6). Bereits eine einmalige, in der Begehung einer Straftat zum Ausdruck kommende Pflichtverletzung kann die Entlassung eines Verwalters gebieten (Uhlenbruck, aaO § 59 Rn. 9). Dabei erfordert die Entlassung nicht, dass die strafbare Pflichtverletzung im Rahmen des konkreten Verfahrens erfolgte. Vielmehr genügt es, wenn - wie im Streitfall - eine in anderen Verfahren verübte Straftat die charakterliche Eignung des Verwalters, fremdes Vermögen zu verwalten, entfallen lässt (Uhlenbruck, aaO; MünchKomm-InsO/Graeber, aaO § 59 Rn. 23; FKInsO /Jahntz, 6. Aufl. § 59 Rn. 8).
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bb) Eine Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Insolvenzgericht reicht für die Entlassung des Verwalters nicht aus, wenn sie lediglich auf persönlichem Zwist beruht. Dies gilt entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts auch dann, wenn das Vertrauensverhältnis in einem Maße gestört ist, dass ein gedeihliches Zusammenwirken nicht mehr möglich erscheint. Denn mit einer Entlassung des Verwalters ist ein Eingriff in sein verfassungsrechtlich geschütztes Recht auf freie Berufsausübung nach Art. 12 GG verbunden (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012, aaO Rn. 10, ständig). Dieser Eingriff ist in der Regel nur dann verhältnismäßig, wenn die Störung des Vertrauensverhältnisses ihre Grundlage in einem pflichtwidrigen Verhalten des Verwalters hat, welches objektiv geeignet ist, das Vertrauen des Insolvenzgerichts in seine Amtsführung schwer und nachhaltig zu beeinträchtigen. Dabei kommt auch ein Fehlverhalten des Verwalters in einem anderen Insolvenzverfahren in Betracht, sofern aus diesem Verhalten zu schließen ist, dass die rechtmäßige und geordnete Abwicklung des laufenden Verfahrens bei einem Verbleiben des Verwalters im Amt nachhaltig beeinträchtigt werden würde. Dies kann etwa der Fall sein, wenn masseschädigende Verhaltensweisen erheblichen Umfangs in anderen Insolvenzverfahren die generelle Unzuverlässigkeit des Verwalters erweisen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 2011 - IX ZB 192/10, ZInsO 2011, 724 Rn. 20; vom 19. Januar 2012, aaO Rn. 10). Indem das Beschwerdegericht eine die gedeihliche Zusammenarbeit ausschließende Störung oder Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Gericht und dem Treuhänder als Entlassungsgrund anerkennt, ohne die Störung aus einer Pflichtverletzung der Treuhänderin abzuleiten, hat es diesen Maßstab verkannt.