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Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 320/06

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 13. März 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Mordes u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. März 2007 beschlossen
:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Cottbus vom 20. Februar 2006 nach § 349
Abs. 4 StPO

a) in den Schuldsprüchen dahingehend geändert, dass
die Angeklagten jeweils wegen Totschlags in Tateinheit
mit Misshandlung von Schutzbefohlenen
verurteilt sind,

b) in den Strafaussprüchen aufgehoben.
2. Die weitergehenden Revisionen werden nach § 349
Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer
Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten
der Rechtsmittel, an eine andere Schwurgerichtskammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1 Das Landgericht Cottbus hat die beiden miteinander verheirateten Angeklagten
jeweils wegen Mordes in Tateinheit mit Misshandlung von Schutzbefohlenen
zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Die Revisionen der Angeklagten
haben den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg; sie sind im Übrigen
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2 1. Nach den Feststellungen des Schwurgerichts töteten die Angeklagten
durch Unterlassen ihren gemeinsamen Sohn Dennis, der im Alter von
sechs Jahren am 20. Dezember 2001 an Atrophie infolge einerüber mehrere
Monate andauernden hochgradigen Unterernährung verstarb. Dennis wurde
als drittes von sieben gemeinsamen Kindern der Angeklagten und als siebtes
von elf Kindern der Angeklagten A. B. am 4. Januar 1995 geboren.
Schon zu dieser Zeit stand die Familie unter Beobachtung des Jugendamtes.
Unzureichende hygienische Verhältnisse und die Gefahr einer nicht
ordnungsgemäßen Versorgung führten im Mai 1995 zum Entzug des Sorgerechts
für Dennis und die anderen Kinder. Einen Monat später kam Dennis in
ein Pflegeheim. Als er 18 Monate alt war, wog er knapp zehn Kilogramm und
war gesund. Von Seiten des Heims wurde er als sehr lebhaftes, zuweilen
auch aggressives Kind geschildert, welches oft etwas unruhig sei und eines
geregelten Tagesablaufs bedürfe. Am 30. September 1996 kehrte er auf Antrag
der Angeklagten in den elterlichen Haushalt zurück; zwei Monate später
wurde der Sorgerechtsentzug aufgehoben. Bis Ende 2000 erfolgten Hausbesuche
des Jugend- und Sozialamtes, wobei es jedoch nicht um Dennis ging.
Den Mitarbeitern der Ämter fiel auch in Bezug auf ihn nichts Ungewöhnliches
auf. Bei Besuchen in der Wohnung der Angeklagten bemühten sich diese
nicht etwa, Dennis zu verbergen. Die Erziehung von Dennis gestaltete sich
allerdings für die Angeklagte A. B. , die sich um die Kinder und den
Haushalt fast ausschließlich allein kümmerte, schwieriger als bei ihren anderen
Kindern. Sie empfand Dennis’ Verhalten oft als „bockig“ und griff bei ihm
auch zu körperlichen Strafen; so schlug sie ihn mit der flachen Hand auf das
Gesäß oder warf ihn auf das Bett. Um ihn nachts am Verlassen des Bettes
zu hindern, band sie ihm einen Bademantelgürtel um den Bauch, den sie an
den Bettstreben befestigte. Zudem kam es vor, dass Dennis ohne Abendessen
zu Bett gehen musste, wenn er sich nicht „fügen wollte“. Wenn dies in
Gegenwart des Angeklagten F. B. geschah, brachte er Dennis, der
nach den Angaben der Angeklagten sein „Liebling“ war, mehrfach „etwas zu
essen ans Bett“, im Übrigen zog er es jedoch vor, nicht gegen die Erziehungsmethoden
seiner dominanten Ehefrau zu opponieren.
3 Dennis verlor spätestens „ab dem dritten bis vierten Lebensjahr rapide
an Gewicht“, da er immer weniger Nahrung zu sich nahm. Wurde er zum Essen
gerufen, blieb er zuweilen im Kinderzimmer; bei den grundsätzlich gemeinsam
im Familienkreis eingenommenen Mahlzeiten verzehrte er sehr
wenig, da er kein Verlangen nach Nahrung mehr verspürte. Seine Eltern bemerkten
, dass er immer weniger aß und immer dünner wurde, schließlich nur
noch „Haut und Knochen“ war. In den Monaten vor seinem Tode nähte die
Angeklagte A. B. zweimal seine Hose um etwa zehn bis 15 Zentimeter
enger, der Angeklagte F. B. besorgte für Dennis immer kleinere
Kleidung beim Sozialamt. Er schlug mehrmals vor, wegen des Zustands von
Dennis einen Arzt aufzusuchen. Die Angeklagte A. B. beschwichtigte
ihren Ehemann jeweils, indem sie ihm wider besseres Wissen mitteilte,
mit Dennis sei „alles in Ordnung“. Danach drängte der Angeklagte, der von
März 2001 bis März 2002 durchgehend im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme
tätig war, auch nicht weiter auf einen Arztbesuch. In den
letzten drei Monaten vor seinem Tode war Dennis schließlich so schwach,
dass er kaum noch laufen konnte und – z. B. beim Spielen – mit dem Rücken
angelehnt sitzen musste. Die Angeklagten erkannten den lebensbedrohlichen
Gesundheitszustand, sie ließen Dennis dennoch keine Hilfe zuteil werden
, womit sie seinen Tod billigend in Kauf nahmen.
4 Im Laufe des 20. Dezember 2001 brach Dennis infolge der sich über
Monate entwickelten Auszehrung zusammen. Die Angeklagte A. B.
, die sich als einzige mit ihm in der Wohnung befand, legte ihn in sein Bett
und brachte ihm Tee, Dennis zeigte aber keine Reaktion. Den später von ihr
festgestellten Tod von Dennis verheimlichte sie den anderen Familienmitgliedern
, auch dem Angeklagten F. B. . Sie lagerte Dennis Leiche zunächst
für ein bis zwei Tage im Bettkasten und schließlich in einer ungenutzten
Tiefkühltruhe in der Küche. Um das Verschwinden von Dennis zu erklären
, gab sie – auch gegenüber dem Mitangeklagten – an, Dennis befinde
sich aufgrund einer Diabeteserkrankung in einem Berliner Krankenhaus. Dies
erklärten die Angeklagten schließlich auch gegenüber der Schulbehörde und
dem Sozialamt, die sich zuweilen nach Dennis erkundigten, denn dieser war
bereits seit 2001 schulpflichtig, jedoch nie in der Schule oder zu einer schulärztlichen
Voruntersuchung erschienen. Da zunächst niemand Verdacht
schöpfte, blieb der Tod von Dennis über zweieinhalb Jahre unbemerkt.
5 2. Soweit sich die Revisionen gegen die Annahme des Schwurgerichts
wenden, Dennis sei aufgrund einer Atrophie verstorben und die Angeklagten
hätten die gebotene Hilfe mit Tötungsvorsatz unterlassen, sind sie unbegründet.
6 a) Die Feststellungen der sachverständig beratenen Strafkammer zur
Todesursache sind ohne durchgreifenden Rechtsfehler getroffen worden. So
ist der Tod von Dennis infolge einer Atrophie aufgrund einer über mehrere
Monate andauernden Unterernährung unter Ausschluss anderer denkbarer
Todesursachen nachvollziehbar belegt. Auch lässt sich den Urteilsausführungen
noch hinreichend sicher entnehmen, dass Dennis bei entsprechender
intensivmedizinischer Hilfe kurz vor seinem Tode hätte gerettet werden können.
7 b) Auch die Annahme bedingten Tötungsvorsatzes hält revisionsgerichtlicher
Überprüfung stand.
8 aa) Die vom Landgericht zur Begründung des Tötungsvorsatzes herangezogenen
Tatsachen beruhen auf einer tragfähigen Beweiswürdigung,
wenn sich diese auch im Wesentlichen in der Wiedergabe der verschiedenen
, teilweise in sich und zueinander widersprüchlichen Angaben der Angeklagten
erschöpft. Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe lässt sich
noch entnehmen, dass das Tatgericht sich insoweit auf die für glaubhaft befundenen
Angaben des Angeklagten F. B. gestützt und so die teilweise
abweichende Einlassung der Angeklagten A. B. widerlegt hat.
9 bb) So hat die Strafkammer ihre Überzeugung, dass die Angeklagten
den Tod von Dennis billigend in Kauf genommen und nicht mehr auf eine von
allein einsetzende Besserung vertraut haben, aus dem sich verschlechternden
Zustand und der hieraus resultierenden, auch ihnen erkennbaren Gefährdung
des Jungen gewonnen. Dieser Schluss auf die geistige Vorwegnahme
und Billigung seines möglichen Todes war – auch unter Berücksichtigung
, dass die Billigung der Tötung des eigenen Kindes naturgemäß die
Überschreitung höchster Hemmschwellen voraussetzt (vgl. BGHR StGB
§ 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 50) – jedenfalls aufgrund der Kenntnis der
Angeklagten davon, dass Dennis nur noch „Haut und Knochen war“ sowie
kaum mehr aus eigener Kraft laufen und ohne Stütze sitzen konnte, und weil
deswegen die Hinzuziehung eines Arztes zwischen ihnen diskutiert wurde,
möglich und ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Damit ist bedingter
Tötungsvorsatz zumindest für die letzte Phase des Gesamtverhaltens der
Angeklagten noch ausreichend belegt.
10 Das vom Tötungsvorsatz getragene Unterlassen von Hilfsmaßnahmen
war auch kausal für den Tod von Dennis. Dieser hätte kurz vor seinem Tode
noch gerettet werden können. Es versteht sich zudem von selbst, dass bei
pflichtgemäßem Handeln zu dem Zeitpunkt, als die Angeklagten die tödliche
Gefährdung ihres Kindes erkannten, dessen Leben verlängert worden wäre.
11 3. Die Annahme des Mordmerkmals der grausamen Begehungsweise
hat hingegen keinen Bestand.
12 Das Mordmerkmal „grausam“ wird durch eine gefühllose und unbarmherzige
Gesinnung des Täters und die Billigung von Tatumständen gekennzeichnet
, welche es bedingen, dass dem Opfer durch die Tötungshandlung
besondere Schmerzen oder Qualen zugefügt werden (vgl. BGHSt 3, 180,
181; BGH NJW 1986, 265, 266). Hierzu hat das Schwurgericht bezogen auf
die dafür maßgebliche Phase des vom Tötungsvorsatz getragenen Unterlassens
keine tragfähigen Feststellungen getroffen.
13 a) Es hat zwar im Ansatz zutreffend darauf abgestellt, dass Verhungern
regelmäßig besonders starke körperliche und seelische Schmerzen
verursacht (vgl. BGH MDR bei Dallinger 1974, 14; BGH, Beschluss vom
31. März 2004 – 5 StR 351/03; Senatsbeschluss nach § 349 Abs. 2 StPO
vom 10. Oktober 2006 – 5 StR 212/06 [Fall Jessica, Presseerklärung des
BGH Nr. 139/2006]). Ausgehend hiervon, hat es die Tötung von Dennis als
„grausam“ gewürdigt, denn er habe immer wieder nach Nahrung verlangt und
sie nicht erhalten. Solches wird von der Gesamtheit der im Urteil getroffenen
gesicherten Feststellungen nicht getragen.
14 Danach lag die vom Tötungsvorsatz getragene Tathandlung im Unterlassen
geeigneter Hilfsmaßnahmen, nicht in der Verweigerung von Nahrung.
Letzteres ist nicht belegt. Die geschilderten Vorfälle, bei denen Dennis ohne
Abendessen bleiben musste, hat das Landgericht nicht zeitlich oder mengenmäßig
eingeordnet, nach dem Gesamtzusammenhang ist nur auf gelegentliche
Maßnahmen zu schließen; eine relevante Ursache für den Tod von
Dennis kann hierin nicht gesehen werden. Auch den ohne weitere Würdigung
nebeneinander gestellten Einlassungen lässt sich nicht entnehmen, dass die
Angeklagten Dennis von ihm verlangte Nahrung verweigert hätten. Vielmehr
legt das Schwurgericht seiner Überzeugung vom Tatgeschehen zugrunde,
dass Dennis die zur Verfügung stehende Nahrung nicht in ausreichendem
Umfang verzehrt hat, wie die Schilderungen der gemeinsamen Mahlzeiten
und einer Kaffeerunde im Beisein der Mutter des Angeklagten F. B.
belegen.
15 Darüber hinaus ist zu besorgen, das Schwurgericht habe für die Würdigung
der Tötung als „grausam“ zusätzlich auf ein Durstleiden von Dennis
abgestellt. Auch unter Berücksichtigung der nahezu unkommentiert eingerückten
Obduktionsergebnisse ist nicht belegt, dass Dennis unter mangelnder
Flüssigkeitsversorgung litt. Insoweit entbehren bereits die Feststellungen,
Dennis habe unter Durstgefühlen gelitten und der Angeklagte F. B.
habe dies wahrgenommen bzw. die Angeklagten hätten ihn nicht ausreichend
mit „Trinken“ versorgt, einer tragfähigen Grundlage.
16 Jedenfalls aber ist nicht belegt, dass Dennis zu dem Zeitpunkt, als die
Angeklagten mit Tötungsvorsatz handelten, unter Hunger litt. Denn er starb
nach den Feststellungen nicht an den Folgen akuten Verhungerns, vielmehr
hatte sich sein unterernährter, letztlich zum Tode führender Zustand während
eines längeren – mindestens dreijährigen – Zeitraumes langsam entwickelt.
In diesem Zusammenhang hat sich das Schwurgericht den Ausführungen
des medizinischen Sachverständigen R. angeschlossen, wonach
Kinder mit chronischer Mangelernährung kein Verlangen nach Essen
und Trinken mehr verspüren und dieser Zustand bei Dennis bereits seit Frühjahr
/Sommer 2000 vorlag. Ab wann die Angeklagten den Tod von Dennis
geistig vorwegnahmen und sich damit abfanden, letztlich also mit bedingten
Tötungsvorsatz handelten, ist ebenso wie die Tatsachengrundlage, auf der
dieser Schluss (vgl. oben 2 b, bb) beruht, nicht zeitlich eingeordnet worden.
Die für den Tötungsvorsatz relevanten Anknüpfungspunkte lagen aber ersichtlich
nicht schon im Frühjahr/Sommer 2000 vor. Ab diesem Zeitpunkt
schließt die Strafkammer bei Dennis Hungergefühle aus. Zur Erfüllung des
Merkmals „grausam“ ist aber erforderlich, dass das Opfer die besonderen
Schmerzen oder Qualen während des tatbestandsmäßigen Geschehens
– Handeln mit Tötungsvorsatz – erlitten hat (BGH NJW 1986, 265, 266).
Auch wenn das Erreichen des Zustands, in dem Dennis keinen Hunger mehr
verspürte, quälend gewesen sein mag, ist jedenfalls für diesen früheren Zeitraum
kein Tötungsvorsatz nachweisbar.
17 b) Zudem ist die innere Tatseite zur Verwirklichung des Mordmerkmals
„grausam“ nicht tragfähig belegt. Zwar hat das Landgericht ausgeführt, dass
die Angeklagten die Schmerzen körperlicher und seelischer Art von Dennis
erkannt und ihn dennoch ohne jegliches Mitgefühl, herzlos und bis zuletzt
unbarmherzig seinen Qualen überlassen hätten. Dies schließt es im Wesentlichen
allein aus der Tathandlung, nämlich dem Unterlassen von Hilfeleistun-
gen trotz Kenntnis der fortschreitenden Auszehrung des Jungen, ohne auf
die besonderen Umstände im Tatbild und der Täterpersönlichkeiten einzugehen
: Dennis äußerte kein Hungergefühl, die Angeklagten waren mit einer
kindgerechten Haushaltsführung und der Erziehung der Kinder offensichtlich
nicht nur in Bezug auf Dennis heillos überfordert, sie leiden beide unter psychischen
Beeinträchtigungen. Hierzu ist trotz der rechtsfehlerfreien Annahme
noch nicht erheblich verminderter Schuldfähigkeit aufgrund sachverständiger
Beratung festgestellt worden, dass die Angeklagte A. B. eine Borderline
-Persönlichkeitsstörung sowie angstvolle und depressive Zustände hat
und der Angeklagte F. B. mit einem Intelligenzquotienten von 55 an
einer Intelligenzminderung vom Grade einer Debilität leidet, weswegen seine
Fähigkeit zu problemlösendem Denken und Erkennen von UrsacheWirkungszusammenhängen
sehr eingeschränkt ist. Deshalb hätte es der
eingehenden Erörterung bedurft, ob den Angeklagten aufgrund ihrer Persönlichkeitsstruktur
das mögliche Leiden des immer stärker abmagernden Dennis
angesichts des Fehlens zuverlässiger Beweisanzeichen für Schmerzen
oder seelische Qualen tatsächlich bewusst war und ihr Unterlassen von Abhilfe
nicht auf einer von Gedanken- und Hilflosigkeit geprägten, durch Passivität
gekennzeichneten Lebensführung beruhte, sondern tatsächlich darüber
hinausgehend einer gefühllosen, unbarmherzigen Gesinnung entsprang, wofür
insgesamt keine ausreichenden Anhaltspunkte vorliegen. Die unzulängliche
Berücksichtigung der persönlichkeitsbedingten Besonderheiten der Angeklagten
(vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 1972 – 5 StR 193/72; BGH
NStZ 1982, 379) weckt die Besorgnis, das Schwurgericht habe es zum
Nachweis der Grausamkeit für genügend erachtet, dass sich die Angeklagten
der harten Auswirkungen ihrer Tat – des Todes des Kindes – bewusst waren.
18 4. Der Schuldspruch wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen hat
Bestand. Insoweit belegen die Feststellungen in noch ausreichendem Maße
jedenfalls eine böswillige Vernachlässigung der Fürsorgepflicht der Angeklagten
für Dennis und die dadurch herbeigeführte Schädigung von dessen
Gesundheit, die sich über die drei Jahre des Verfalls des Kindes erstreckte
und schließlich zu dessen – erst in der Endphase billigend in Kauf genommenem
– Tod führte (§ 225 Abs. 1 Nr. 1 dritte Var., Abs. 3 Nr. 1 erste Alt.
19 5. Der Senat schließt angesichts des Zeitablaufs und der besonderen
Tatentwicklung aus, dass das Landgericht das Mordmerkmal der Grausamkeit
oder sonstige Mordmerkmale tragende Feststellungen noch treffen könnte.
Er ändert deshalb den Schuldspruch von Mord auf Totschlag, wovon
schon die Anklage ausging.
20 Aufgrund des geänderten Schuldspruchs bedarf die Bemessung der
Strafen erneuter schwurgerichtlicher Prüfung auf der Grundlage der bisherigen
rechtsfehlerfreien Feststellungen. Das neue Tatgericht darf hierzu nur
solche ergänzenden Feststellungen treffen, die den bisherigen nicht widersprechen.
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass
das Schwurgericht ohne Wertungsfehler eine Strafrahmenverschiebung nach
§ 13 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB abgelehnt hat, hier ablehnen musste. Gleichwohl
wird die Annahme eines besonders schweren Falls des Totschlags im
Sinne von § 212 Abs. 2 StGB angesichts der Gesamtheit der Feststellungen
nicht in Betracht kommen. Der Senat hat die Ahndung mit – gegebenenfalls
zu staffelnden – zeitigen Freiheitsstrafen im oberen Bereich des Strafrahmens
einem neuen Tatgericht zu überlassen.
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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 49 Besondere gesetzliche Milderungsgründe


(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö

Strafgesetzbuch - StGB | § 212 Totschlag


(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

Strafgesetzbuch - StGB | § 13 Begehen durch Unterlassen


(1) Wer es unterläßt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, daß der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichun

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Landgericht Detmold Urteil, 17. Juni 2016 - 4 Ks 45 Js 3/13-9/15

bei uns veröffentlicht am 17.06.2016

Tenor Der Angeklagte wird wegen Beihilfe zum Mord in 170.000 tateinheitlich zusammentreffenden Fällen zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Neb

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

5 StR 351/03

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 31. März 2004
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. März 2004

beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 24. Februar 2003 nach § 349 Abs. 4 StPO im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Mordes zu einer lebens- langen Freiheitsstrafe verurteilt. Die Revision der Angeklagten führt mit der Sachrüge zur Aufhebung des Strafausspruchs; im übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Zur Frage der Schuldfähigkeit der zur Tatzeit 21 Jahre alten Angeklagten , die nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts ihren zweijährigen Sohn A unversorgt und unbeaufsichtigt in der Wohnung zurückließ, während sie sich selbst bei Bekannten aufhielt , und dadurch innerhalb von drei Tagen den Tod des Kindes durch Verdursten herbeiführte, hat die sachverständig beratene Strafkammer folgendes ausgeführt: Zur Tatzeit habe die Angeklagte unter einer “unreifen Persönlichkeitsstörung“ gelitten, die durch die Unfähigkeit, das eigene Leben zu planen, durch einen verzerrten Realitätsbezug, ein “schwarzweißes Weltbild“ sowie einen ausgeprägten Selbstbezug gekennzeichnet gewesen sei. Die Störung habe aber nicht den Schweregrad erreicht, der für die Eingangsvoraussetzungen der §§ 20, 21 StGB erforderlich sei. Letzteres gelte auch, wenn man mit dem psychiatrischen Sachverständigen davon ausgehe, daß bei der Angeklagten zwischen Anfang und Mitte Oktober 2001 und dem Verlassen der Wohnung im November 2001 eine leichte depressive Episode vorgelegen habe. Von einer mittelgradigen oder schwerwiegenden Depression könne auch nicht im Blick auf die vor der Tat von der Angeklagten ab Oktober 2001 herbeigeführte Vermüllung ihrer Wohnung ausgegangen werden, weil diese nicht auf ihre depressive Verstimmung, sondern vor allem auf die für Ende November 2001 anberaumte Zwangsräumung zurückzuführen gewesen sei; der Zustand der Wohnung sei der Angeklagten deshalb gleichgültig gewesen. Außerdem habe die Bewährungshelferin bei einem Besuch der Angeklagten am 9. Oktober 2001 in der Behörde keine “Depressivität“ bemerkt. Der Schweregrad einer Depression könne aber nicht ausgeprägt sein, wenn es dem Betroffenen noch gelinge, diese nach außen zu verbergen.
Selbst wenn man der depressiven Episode der Angeklagten eine Relevanz für den ersten Akt der Tatausführung, das Verlassen der Wohnung, und für einen gewissen Zeitraum danach, etwa bis zum Kontakt der Angeklagten zu ihren Bekannten zuschreiben wolle, sei spätestens mit dem ersten Treffen der Angeklagten mit ihren Freunden ihre depressive Episode – welchen Schweregrad diese auch gehabt haben möge – beendet gewesen. Dies ergebe sich aus den Aussagen von drei Bekannten der Angeklagten, die in der fraglichen Zeit mit ihr umgegangen seien und sie in ihrer “(positiven) Gestimmtheit“ so erlebt hätten wie früher. Diese Bewertung werde auch nicht durch den Betäubungsmittelmißbrauch der Angeklagten nach Verlassen der Wohnung in Frage gestellt. In dieser Zeit habe die Angeklagte täglich Haschisch und gelegentlich auch Kokain konsumiert. Mit Haschisch habe die Angeklagte nach ihren eigenen Angaben ihr schlechtes Gewissen beruhigen und die Angst vor der Situation in ihrer Wohnung verdrängen wollen. Insofern fehle es schon an einer Kausalität zwischen dem Mißbrauch der Droge und der Tatbegehung.
2. Diese Erwägungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.
Bedenklich ist bereits, den Schweregrad einer Depression in die Beurteilung von ungeschulten medizinischen Laien zu stellen und maßgeblich auch auf dieser Grundlage das Vorliegen einer für die Anwendung von § 21 StGB beachtlichen mittelgradigen oder schwerwiegenden Depression abzulehnen. Die Bekannten der Angeklagten, die zu den möglichen Tatzeitpunkten mit ihr umgegangen sind, haben sie zumeist unter dem Einfluß von Cannabis erlebt, das sie zur Beruhigung genommen hatte. Auch war die Angeklagte gerade bestrebt, ihrer Bedrückung durch ein vermeintlich abwechslungsreiches und ungebundenes Leben zu entgehen, so daß sie – dies liegt jedenfalls nahe – ihre möglicherweise erheblich depressive Grundstimmung vor sich selbst und anderen verborgen hat. Darüber hinaus ist in der psychiatrischen Fachwissenschaft seit langem anerkannt, daß es nicht selten Depressionen gibt, die selbst Ärzte nicht erkennen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich die Depression hinter körperlichen und/oder psychopathologischen Phänomenen wie z.B. Gewichtsabnahme, Schlafstörungen, Verhaltensauffälligkeiten , Aggressionszuständen, Alkoholismus oder Drogenmißbrauch verbirgt (vgl. Kielholz, Die larvierte Depression, 1981, S. 9 und 39; Rasch, Forensische Psychiatrie 2. Aufl. S. 247).
Die Ausführungen des Landgerichts lassen darüber hinaus die gebotene Gesamtschau vermissen, in welche die Täterpersönlichkeit und deren Entwicklung, die Vorgeschichte, der unmittelbare Anlaß, die Ausführung der Tat sowie das Verhalten nach der Tat einzubeziehen sind (BGHR StGB § 21 seelische Abartigkeit 4, 9, 16, 24, 29). Hierzu bestand im vorliegenden Fall schon deshalb Anlaß, weil dem Urteil zu entnehmen ist, daß die noch junge Angeklagte eine sehr belastete Kindheit durchlebt hat und daß auch ihr späterer Lebensweg äußerst problematisch verlaufen ist (frühe Schwangerschaft und Freigabe des Kindes zur Adoption, Prostitution und Betäubungsmittelmißbrauch , gestörte Beziehung zu dem Vater des Tatopfers, schwierige soziale Verhältnisse, Überforderung und Einsamkeit).
Für die Prüfung und Bewertung des Schweregrades der vom Sachverständigen festgestellten depressiven Störung hätte insbesondere die unmittelbare Vorgeschichte, nämlich die Entwicklung der depressiven Störung bzw. die möglichen Anzeichen für deren progredienten Verlauf, vertieft einbezogen werden müssen. Hierzu hat die Strafkammer ausführlich dargelegt, daß es der Angeklagten ab März 2001 immer schwerer gelang, alltägliche Anforderungen zu bewältigen, sie keiner sinnvollen Beschäftigung mehr nachging, sie sich die meiste Zeit in schlechter Stimmung in ihrer Wohnung aufhielt, häufig an Erkältungskrankheiten litt und Termine bei ihrer Bewährungshelferin nicht mehr einhielt. Seit Juni 2001 nahm die Angeklagte auch die Termine bei dem Sozialamt nicht mehr wahr, so daß die Mietzahlungen für ihre Wohnung eingestellt wurden. Stattdessen arbeitete sie gelegentlich wieder als Prostituierte. Im Juli 2001 lebte die Beziehung der Angeklagten zu dem Vater von A wieder auf, und sie machten Pläne für eine gemeinsame Zukunft. Nach einer Woche trennte sich der Kindsvater jedoch wieder von der Angeklagten, was sie sehr enttäuschte. Im September 2001 erhielt die Angeklagte die Mitteilung, daß sie wegen der Mietschulden ihre Wohnung bis zum 30. November 2001 räumen müsse. In der Folgezeit hielt sie sich überwiegend zu Hause auf und war sehr niedergeschlagen. Sie vernachlässigte ihre Wohnung, die zunehmend vermüllte. In jedem Zimmer stapelte sich Unrat. Die Angeklagte wechselte ihrem Sohn zwar noch die Windeln , entsorgte sie jedoch nicht mehr, sondern warf die gebrauchten in eine Küchenecke. Schließlich war sie auch frustriert darüber, daß ihre Mutter, von der sie sich nicht geliebt fühlte, mehr Interesse an A zeigte als an ihr.
Die Strafkammer hat in diesem Zusammenhang nicht nachvollziehbar begründet, warum sie aus dieser auf eine nicht unerhebliche Depression hindeutenden kontinuierlichen Abnahme von sozial gebotenen Verhaltensweisen und persönlichem Wohlbefinden ausgerechnet das für den Schweregrad einer depressiven Störung besonders bedeutsame Kriterium, nämlich die Vermüllung der Wohnung, herausnimmt und dieses Phänomen nicht auf die psychische Verfassung der Angeklagten, sondern ausschließlich darauf zurückführt , daß die Wohnung Ende November hätte geräumt werden müssen. Das hierfür angeführte Argument, daß sie in dieser Zeit immerhin noch die Windeln des Kindes gewechselt habe, ist nicht aussagekräftig. Es besagt allenfalls, daß noch Reste von Verantwortungsgefühl für den Sohn erhalten geblieben waren. Die weitere Begründung, die Bewährungshelferin habe am 9. Oktober 2001 keine „Depressivität“ bei der Angeklagten festgestellt, ist aus den oben bereits dargelegten Gründen nicht genügend tragfähig.
Schließlich hätte die depressive Verstimmung der Angeklagten auch vor dem Hintergrund der vom Sachverständigen ebenfalls diagnostizierten “unreifen Persönlichkeitsstörung“ beurteilt und erwogen werden müssen, ob möglicherweise das Zusammenwirken beider Faktoren dazu geführt hat, daß zur Tatzeit die Schuldfähigkeit der Angeklagten erheblich im Sinne von § 21 StGB beeinträchtigt war, dies zumindest nicht ausgeschlossen werden kann.
3. Der Senat hebt das Urteil lediglich im Strafausspruch auf. Die Voraussetzungen des § 20 StGB liegen offensichtlich nicht vor. Sollte der neue Tatrichter auf der Grundlage eines weiteren Sachverständigengutachtens zu einer anderen Bewertung der Schuldfähigkeit der Angeklagten gelangen, vermag dies das Mordmerkmal der Grausamkeit hier nicht in Zweifel zu ziehen. Unabhängig von der Frage des Vorliegens der Voraussetzungen von § 21 StGB wird die besondere psychische Befindlichkeit der Angeklagten bei der nach § 13 Abs. 2 StGB gebotenen Ermessensentscheidung zu beachten sein (BGHR StGB § 13 Abs. 2 Strafrahmenverschiebung 2).
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer es unterläßt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, daß der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht.

(2) Die Strafe kann nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.