Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Nov. 2012 - 3 StR 199/12

bei uns veröffentlicht am15.11.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 199/12
vom
15. November 2012
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
Zur Strafbarkeit wegen Bankrotts in Fällen der sog. Firmenbestattung.
BGH, Beschluss vom 15. November 2012 - 3 StR 199/12 - LG Rostock
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Betruges u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu 3. auf dessen Antrag - am
15. November 2012 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO einstimmig

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten B. wird das Urteil des Landgerichts Rostock vom 10. Juni 2011, soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die getroffenen Feststellungen aufrecht erhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Auf die Revision des Angeklagten P. wird das vorgenannte Urteil, soweit es ihn betrifft, im Schuldspruch dahin geändert , dass er der Beihilfe zur Insolvenzverschleppung und zum Bankrott sowie zum Betrug in acht Fällen schuldig ist; die im Fall A.V.8 der Urteilsgründe verhängte Einzelfreiheitsstrafe von sieben Monaten entfällt.
3. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten B. und P. sowie die Revision des Angeklagten M. werden verworfen.
4. Die Beschwerdeführer M. und P. haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten M. unter Freispruch im Übrigen wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung und vorsätzlichen Bankrotts in jeweils vier Fällen sowie wegen Betruges in 21 Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren, den Angeklagten B. wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung und vorsätzlichen Bankrotts in jeweils zwei Fällen sowie wegen Betruges in zwölf Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten sowie den Angeklagten P. wegen Beihilfe zur Insolvenzverschleppung und zum Bankrott sowie zum Betrug in neun Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung hat es jeweils Teile der verhängten Gesamtfreiheitsstrafen für vollstreckt erklärt. Dagegen richten sich die Revisionen der Beschwerdeführer. Die Angeklagten M. und B. rügen die Verletzung formellen und materiellen Rechts, der Angeklagte P. erhebt die allgemeine Sachrüge.
2
Die Rechtsmittel der Angeklagten B. und P. haben den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen sind sie - wie die Revision des Angeklagten M. - unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Der Strafausspruch gegen den Angeklagten B. hält sachlichrechtlicher Überprüfung nicht stand. Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 StGB sind bei der Festsetzung der schuldangemessenen Strafe die Wirkungen zu berücksichtigen , die von ihr für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind. Dazu gehören nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch die berufs- und standesrechtlichen Folgen der Strafe. Der Umstand, dass eine strafgerichtliche Verurteilung nach den Vorschriften des Beamtenrechts die Beendigung des Beamtenverhältnisses zur Folge hat, ist deshalb regelmäßig als bestimmender Strafzumessungsgrund im Sinne des § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO zu erörtern (BGH, Beschluss vom 3. November 2009 - 4 StR 445/09, NStZ-RR 2010, 39 mwN).
4
Dies hat die Strafkammer bei dem Angeklagten B. , einem Zollbeamten , dessen Beamtenverhältnis nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG mit Eintritt der Rechtskraft der strafgerichtlichen Verurteilung zu mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe endet, ersichtlich nicht bedacht. Das Urteil beruht auf dem Rechtsfehler, denn der Senat kann nicht ausschließen, dass die Strafkammer bei Berücksichtigung dieses Umstandes, der bereits bei der Strafrahmenwahl in den Blick zu nehmen ist (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1987 - 2 StR 527/87, BGHSt 35, 148), niedrigere Einzelstrafen und/oder eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe gegen den Angeklagten verhängt hätte.
5
Die dem Strafausspruch zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen werden von dem Rechtsfehler nicht berührt und können deshalb aufrecht erhalten bleiben. Ergänzende Feststellungen sind zulässig, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen.
6
2. Der Schuldspruch gegen den Angeklagten P. weist allein mit Blick auf die konkurrenzrechtliche Bewertung durch das Landgericht einen durchgreifenden Rechtsfehler zu seinen Ungunsten auf. Bei einer Deliktserie unter Beteiligung mehrerer Personen ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, für jeden einzelnen Beteiligten gesondert zu prüfen und dabei auf seinen individuellen Tatbeitrag abzustellen. Bewirkt dieser, dass dadurch mehrere Tatbeiträge von Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden, sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - 3 StR 344/03, NJW 2004, 2840, 2841 mwN).
7
Nach diesen Maßstäben ergeben die Urteilsgründe nicht, dass der Angeklagte P. in den Fällen A.V.1 bis A.V.9 der Urteilsgründe in neun Fällen Beihilfe zu den Betrugstaten des Angeklagten M. geleistet hat. In den Fällen A.V.5 und A.V.8 der Urteilsgründe ist eine konkrete, die jeweiligen Betrugstaten gesondert fördernde Handlung des Angeklagten P. - anders als in den übrigen Fällen dieses Tatkomplexes - nicht festgestellt. Insoweit liegt sein Beitrag einzig darin, dass er durch die Übernahme des Amtes des Geschäftsführers der Gesellschaft in Kenntnis der betrügerischen Absichten des Angeklagten M. es diesem ermöglichte, die Fassade einer tatsächlich am Markt werbenden Spedition aufrecht zu erhalten und ihn so bei der Durchführung der Betrugstaten unterstützte. Dies stellt neben den festgestellten Beihilfehandlungen in den sieben anderen Fällen lediglich einen weiteren Fall der Beihilfe dar, so dass der Schuldspruch entsprechend auf Beihilfe zum Betrug in acht Fällen zu ändern war.
8
Dies führt zum Wegfall der für den zeitlich später liegenden Fall A.V.8 verhängten Einzelfreiheitsstrafe von sieben Monaten. Der Gesamtstrafenausspruch wird davon nicht berührt; der Senat kann ausschließen, dass die Strafkammer bei rechtlich zutreffender Beurteilung der Konkurrenzen, die den Umfang der die Tatschuld des Angeklagten im Wesentlichen prägenden Betrugsschäden unberührt lässt, auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
9
3. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten B. und P. sowie das Rechtsmittel des Angeklagten M. haben - auch mit Blick auf die von den Beschwerdeführern M. und B. umfänglich erhobenen Verfahrensrügen - aus den Gründen der Antragsschriften des Generalbundesanwalts keinen Erfolg. Der näheren Erörterung bedarf insoweit nur Folgendes:
10
Im Ergebnis zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Angeklagten M. und B. sich in den Fällen der Verurteilungen wegen Bankrotts jeweils nach § 283 Abs. 1 Nr. 6 und Nr. 8 StGB strafbar gemacht haben.
11
a) Hierzu hat die Strafkammer festgestellt, dass der Angeklagte M. , der faktischer Geschäftsführer eines in Form einer GmbH geführten Speditionsunternehmens war, im Laufe des Jahres 2002 den Plan fasste, dieses und weitere, später von ihm ebenfalls als faktischer Geschäftsführer beherrschte Gesellschaften unter Einschaltung eines sog. Firmenbestatters verdeckt zu liquidieren. Zum jeweils geplanten Ende des Unternehmens sollten Forderungen der Gläubiger - insbesondere die in betrügerischer Absicht durch Stoßbetankungen der Fahrzeuge begründeten - nicht mehr erfüllt und die unternehmerische Tätigkeit mit einer Nachfolgegesellschaft fortgeführt werden. Dazu bediente sich der Angeklagte M. eines in Berlin ansässigen Dienstleistungsunternehmens - des sog. Firmenbestatters -, das gegen ein von den Angeklagten zu zahlendes Entgelt die Abwicklung übernahm. Teil dieser Dienstleistung war es, Personen zu finden - im internen Sprachgebrauch "Strohgeschäftsführer" genannt -, auf die die Geschäftsanteile zum Kaufpreis von einem Euro übertragen wurden und die das Amt des Geschäftsführers übernahmen. Diese veräußerten die Anteile nach wenigen Wochen an im europäischen Ausland lebende Personen weiter, die sich - teilweise nach Umfirmierung der Gesellschaft, die der weiteren Verschleierung diente - wiederum als Geschäftsführer einsetzen ließen. Auch diese Personen wählte der Firmenbestatter aus und wies sie an, wie sie sich bei den notariell beurkundeten Anteilsübertragungen und Geschäftsführerbestellungen zu verhalten hatten. Bei etwaigen Nachfragen von Gläubigern bereitete der Firmenbestatter - in der Regel hinhaltende - Schreiben vor, die von den neuen Geschäftsführern unterschrieben werden mussten; zum Teil leiste- ten sie auch Blankounterschriften, die für solche Zwecke verwendet wurden. Für ihre Bereitschaft, als "Strohgeschäftsführer" zu agieren, erhielten die ausgewählten Personen, bei denen es sich regelmäßig um Rentner oder Empfänger von Arbeitslosengeld II handelte, einmalige Zahlungen in Höhe von 500 oder 1.000 €. Sie waren sämtlich nicht in der Lage, ein Speditionsunternehmen zu führen und hatten daran auch kein Interesse.
12
Im Vorfeld der Anteilsübertragungen vernichteten und/oder versteckten die Angeklagten teilweise Geschäftsunterlagen, teilweise wurden diese auch an den Firmenbestatter übergeben, ohne dass sie allerdings den neuen Geschäftsführern zum Zwecke der Fortführung der Gesellschaft zur Verfügung gestellt wurden; sie sollten vielmehr dem Zugriff der Gläubiger und eines etwaigen Insolvenzverwalters dauerhaft entzogen werden. Ein Teil der Unterlagen wurde aus diesem Grund - neben denen anderer Gesellschaften - ungeordnet auf Paletten an einen der "Strohgeschäftsführer" in Griechenland versandt.
13
Die Geschäfte der auf diese Weise übertragenen Gesellschaften führte ein ebenfalls von dem Angeklagten M. beherrschtes Nachfolgeunternehmen weiter, das - jedenfalls soweit erforderlich - die Fahrzeuge und das Personal und teilweise auch die Büroausstattung und die -räumlichkeiten übernahm. Mit der Liquidation dieser Unternehmenswerte waren die Angeklagten jeweils noch nach den Anteilsübertragungen befasst. Ebenso wurden die in betrügerischer Absicht eingesetzten Tankkarten der Unternehmen noch nach der Anteilsübertragung auf Weisung des Angeklagten M. verwendet, um Benzinvorräte für die Nachfolgeunternehmen in illegalen Tanklagern anzulegen bzw. weiter aufzufüllen. In einigen Fällen hoben die von dem Angeklagten M. eingesetzten früheren Geschäftsführer - auch der Angeklagte B. - nach der offiziellen Veräußerung der Gesellschaft noch die auf dem Geschäftskonto be- findlichen bzw. dort noch eingehenden Guthabenbeträge ab und gaben das Geld an ihn weiter.
14
Nach diesem Muster verfuhr der Angeklagte M. bei der A. Spedition GmbH, deren nomineller Geschäftsführer bis zur Anteilsveräußerung im Oktober 2002 sein Vater gewesen war, bei der R. GmbH (Geschäftsführer vor der Anteilsveräußerung im September 2004: zunächst die Lebensgefährtin des Angeklagten und sodann der gesondert Verfolgte T. ), bei der S L. GmbH (Geschäftsführer vor der Anteilsveräußerung im November 2005: der Angeklagte B. ,der mit dem Angeklagten M. arbeitsteilig zusammenwirkte) und bei der I GmbH (Geschäftsführer vor der Anteilsveräußerung im Juni 2005: der Angeklagte P. ), die von vornherein in erster Linie dazu bestimmt war, Dieseltreibstoff betrügerisch zu erlangen und ansonsten keine nennenswerte Geschäftstätigkeit entfaltete. In gleicher Weise agierte der Angeklagte B. bei der von ihm auch als eingetragener Geschäftsführer geleiteten & GmbH, deren Speditionsgeschäfte die R. GmbH weiter führte.
15
b) aa) Das Landgericht hat mit Blick auf die teilweise Vernichtung und letztlich vollständige Entziehung der gesamten Geschäftsunterlagen - rechtlich unbedenklich - den Tatbestand des § 283 Abs. 1 Nr. 6 StGB als erfüllt angesehen : Es handelte sich insoweit um Handelsbücher und sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung die durchweg in der wirtschaftlichen Krise befindlichen Gesellschaften verpflichtet waren; durch ihre Unterdrückung wurde auch die Übersicht über ihren Vermögensstand erschwert.
16
bb) Auch die Annahme der Strafkammer, in der Übertragung der Unternehmen auf einen zur Fortführung des Geschäfts ungeeigneten und unwilligen Strohmann liege eine Verschleierung der wirklichen geschäftlichen Verhältnisse im Sinne von § 283 Abs. 1 Nr. 8 Alt. 2 StGB, hält im Ergebnis sachlichrechtlicher Prüfung stand. Mit dem Merkmal der "geschäftlichen Verhältnisse" sind über die Vermögensverhältnisse im engeren Sinn hinaus die Umstände angesprochen, die für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit des in der Krise befindlichen Schuldners erheblich sind. Da der Tatbestand mit Blick auf die Gläubigerinteressen auszulegen ist, geht es bei der Tathandlung des Verschleierns zwar in erster Linie um die unrichtige Darstellung der Vermögensverhältnisse (BGH, Beschluss vom 24. März 2009 - 5 StR 353/08, NStZ 2009, 635, 636 mwN). Zu den geschäftlichen Verhältnissen zählen aber auch grundlegende unternehmerische Gesichtspunkte, namentlich Investitionsvorhaben, Planungsmaßnahmen und die zukünftige Entwicklung des Unternehmens (Kümmel , wistra 2012, 165, 168; LK/Tiedemann, 12. Aufl., § 283 Rn. 173). Insbesondere über letztere wurden die Gläubiger vorliegend getäuscht, weil durch den Wechsel des Gesellschafters/Geschäftsführers ohne die Absicht, das Unternehmen fortzuführen, verschleiert wurde, dass die Gesellschaften tatsächlich von den Angeklagten liquidiert wurden und mangels jeglicher weiterer unternehmerischer Tätigkeit bereits feststand, dass sie die entstandenen Verbindlichkeiten auf keinen Fall würden begleichen können und dies auch nicht wollten. Dadurch sowie durch die durchgeführten weiteren Veräußerungen und die damit verbundenen Sitzverlegungen ins Ausland konnten Gläubiger davon abgehalten werden, in Vermögensgegenstände der Gesellschaften zu vollstrecken (vgl. dazu BGH aaO). Angesichts des alleinigen Ziels der Gläubigerbenachteiligung waren diese Handlungen auch erkennbar grob wirtschaftswidrig.
17
c) Allerdings hat sich das Landgericht nicht mit der Frage befasst, ob die insoweit maßgeblichen Bankrotthandlungen den Angeklagten auch als täterschaftliches Handeln zugerechnet werden können. Sie stellt sich, weil es sich bei dem Tatbestand des Bankrotts nach § 283 StGB um ein Sonderdelikt des Schuldners handelt; ist der Schuldner - wie hier - eine juristische Person, die nur durch ihre Organe/Vertreter handeln kann, so ist die Zurechnung der Schuldnereigenschaft über § 14 StGB vorzunehmen (BGH, Beschluss vom 10. Februar 2009 - 3 StR 372/08, NJW 2009, 2225, 2226 mwN; zu den Zurechnungskriterien nach Aufgabe der Interessentheorie durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vgl. BGH, Beschluss vom 15. Mai 2012 - 3 StR 118/11, NJW 2012, 2366, 2368 f., zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt). Im Ergebnis gefährden die fehlenden Ausführungen dazu den Bestand des angefochtenen Urteils aber nicht.
18
aa) Die Einhaltung der außerstrafrechtlichen Aufbewahrungspflicht, deren Verletzung die Strafbarkeit nach § 283 Abs. 1 Nr. 6 StGB begründet, hatten bei den Gesellschaften deren Organe bzw. Vertretungsberechtigte zu gewährleisten (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Mai 2012 - 3 StR 118/11, NJW 2012, 2366, 2369), also der Angeklagte M. als faktischer und der Angeklagte B. in den ihn betreffenden Fällen als eingetragener Geschäftsführer.
19
bb) Die den Tatbestand des § 283 Abs. 1 Nr. 8 StGB begründenden Tathandlungen begingen die Angeklagten nur zum Teil selbst, indem sie die Geschäftsanteile veräußerten. Dies allein begründet die Strafbarkeit - jedenfalls wegen vollendeten Bankrotts - indes noch nicht, weil der formelle Akt der Anteilsübertragung für sich betrachtet - auch im Zusammenhang mit dem Ziel der "Firmenbestattung" - kein vollendetes Verschleiern der geschäftlichen Verhältnisse darstellt (Brand/Reschke, ZIP 2010, 2134, 2135 f.; Kümmel, wistra 2012, 165, 168). Erst im Zusammenhang mit den weiteren Handlungen der Strohmänner , die sich nach dem Erwerb der Anteile selbst zu Geschäftsführern einsetzten und - wenn auch auf Weisung des eingeschalteten Firmenbestatters - die Gesellschaften an im Ausland lebende weitere Strohmänner veräußerten und zum Teil auch umfirmierten, wurden die Gläubiger im oben dargelegten Sinne über die geschäftlichen Verhältnisse der Unternehmen in die Irre geführt. Diese Handlungen können den Angeklagten jedoch nach § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden. Insoweit gilt:
20
Die Angeklagten blieben auch nach den jeweiligen Anteilsveräußerungen und den Bestellungen der Strohmänner zu Geschäftsführern der Gesellschaften nach § 14 StGB taugliche Täter des Bankrotts nach § 283 StGB.
21
Nach einer in der Literatur und insbesondere in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung im Vordringen befindlichen Auffassung soll dies schon daraus folgen, dass sowohl die Anteilsübertragung als auch sämtliche Gesellschafterbeschlüsse , mit denen der frühere Geschäftsführer abberufen und der neue bestellt, die Firma geändert oder ihr Sitz verlegt wird, wegen der damit verbundenen und intendierten Gläubigerbenachteiligung sittenwidrig im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB und deshalb - mit Blick auf die Gesellschafterbeschlüsse in entsprechender Anwendung von § 241 Nr. 4 AktG - nichtig sind (Kilper, Unternehmensabwicklung außerhalb des gesetzlichen Insolvenz- und Liquidationsverfahrens in der GmbH, 2009, S. 371 ff.; Kümmel, wistra 2012, 165, 167; AG Memmingen, Beschluss vom 2. Dezember 2003 - HRB 8361, GmbHR 2004, 952, mit zust. Anm. Wachter, GmbHR 2004, 955 und Ries, Rpfleger 2004, 226; LG Potsdam, Beschluss vom 17. September 2004 - 25 Qs 11/04, wistra 2005, 193, 195 f. mwN; für Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB auch Kleindiek, ZGR 2007, 276, 291 mwN; vgl. auch BGH, Beschluss vom 24. März 2009 - 5 StR 353/08, NStZ 2009, 635, 636; offen gelassen von BGH, Beschluss vom 30. Juli 2003 - 5 StR 221/03, BGHR StGB § 266a Abs. 1 Vorsatz 2, insoweit in BGHSt 48, 307 nicht abgedruckt; aA Brand/Reschke, ZIP 2010, 2134, 2136 f. mwN).
22
Die Frage kann hier aufgrund der Besonderheiten des Falles indes offen bleiben: Der Angeklagte M. war - zum maßgeblichen Zeitpunkt - in keinem Fall eingetragener Geschäftsführer der von ihm faktisch beherrschten Gesellschaften , so dass die Frage einer Wirksamkeit der Gesellschafterbeschlüsse seine Strafbarkeit nicht berührt. Er war vielmehr vor den jeweiligen Anteilsveräußerungen faktischer Geschäftsführer der Gesellschaften und blieb dies auch über diesen Zeitpunkt hinaus bzw. übernahm die Stellung eines faktischen Liquidators (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 20. September 1999 - 5 StR 729/98, NStZ 2000, 34, 36; Tiedemann in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl., § 82 Rn. 46), indem er die Gesellschaften abwickelte. Der Angeklagte B. war zwar in beiden ihn betreffenden Fällen eingetragener Geschäftsführer der Gesellschaften ; auf die zivilrechtliche Wirksamkeit seiner Abberufung kommt es aber ebenfalls nicht an, weil auch er - in einem Fall im arbeitsteiligen Zusammenwirken mit dem Angeklagten M. - diese Gesellschaften nach der Anteilsveräußerung faktisch weiter liquidierte.
23
Daher kann beiden Angeklagten über § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB das besondere persönliche Merkmal der Schuldnereigenschaft nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zugerechnet werden. Sie wurden in ihrer Eigenschaft als (faktisches) Organ im Geschäftskreis der Gesellschaften tätig: Soweit sie rechtsgeschäftlich handelten, etwa bei der weiteren Verwendung der Tankkarten, zeigt sich ihr organschaftliches Handeln daran, dass die Rechtsfolgen - jedenfalls nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht - im Außenverhältnis unmittelbar die Gesellschaften trafen. Im Übrigen - etwa bei den Barabhebungen von den Geschäftskonten - handelten die Angeklagten mit Zustimmung der (neuen) Gesellschafter/Geschäftsführer, denn wesentlicher Bestandteil der Abrede zur Firmenbestattung war gerade, dass diese die Gesellschaften nicht fortführen wollten und den Angeklagten bei deren Abwicklung freie Hand ließen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Mai 2012 - 3 StR 118/11, NJW 2012, 2366, 2368 f.).
24
Die jeweils neu eingesetzten Geschäftsführer wiesen ebenfalls gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB die erforderliche Schuldnereigenschaft auf, so dass sie taugliche Mittäter des Bankrotts waren und ihre täterschaftlich begangenen Beiträge zur Tatbestandverwirklichung den Angeklagten gemäß § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden können. Sie handelten als Vertretungsberechtigte der Gesellschaft , denn ohne ihre besondere Organstellung als Geschäftsführer wären ihnen Handlungen wie Umfirmierung oder Sitzverlegung nicht möglich gewesen (vgl. BGH aaO). Auch insoweit kommt es auf die zivilrechtliche Wirksamkeit insbesondere ihrer Geschäftsführerbestellungen nicht an, denn im Falle der Unwirksamkeit wäre § 14 Abs. 1 StGB gleichwohl anzuwenden (§ 14 Abs. 3 StGB). Es kann deshalb offen bleiben, ob ihre Handlungen den Angeklagten nicht auch dann zugerechnet werden könnten, wenn die "Strohgeschäftsführer" selbst sich nur wegen Beihilfe zum Bankrott strafbar gemacht hätten, weil in ihrer Person das besondere persönliche Merkmal der Schuldnereigenschaft nicht vorlag.
Becker Schäfer Mayer Gericke Spaniol

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Nov. 2012 - 3 StR 199/12

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Nov. 2012 - 3 StR 199/12

Anwälte

1 relevante Anwälte

1 Anwälte, die Artikel geschrieben haben, die diesen Urteil erwähnen

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner


Wirtschaftsrecht / Existenzgründung / Insolvenzrecht / Gesellschaftsrecht / Strafrecht
EnglischDeutsch

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Nov. 2012 - 3 StR 199/12 zitiert 13 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher


(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. (2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen W

Strafgesetzbuch - StGB | § 46 Grundsätze der Strafzumessung


(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen. (2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Um

Strafprozeßordnung - StPO | § 267 Urteilsgründe


(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese

Strafgesetzbuch - StGB | § 25 Täterschaft


(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht. (2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

Strafgesetzbuch - StGB | § 266a Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt


(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldst

Strafgesetzbuch - StGB | § 283 Bankrott


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit 1. Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Ins

Strafgesetzbuch - StGB | § 14 Handeln für einen anderen


(1) Handelt jemand 1. als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs,2. als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft oder3. als gesetzlicher Vertreter eines an

Aktiengesetz - AktG | § 241 Nichtigkeitsgründe


Ein Beschluß der Hauptversammlung ist außer in den Fällen des § 192 Abs. 4, §§ 212, 217 Abs. 2, § 228 Abs. 2, § 234 Abs. 3 und § 235 Abs. 2 nur dann nichtig, wenn er 1. in einer Hauptversammlung gefaßt worden ist, die unter Verstoß gegen § 121 Abs. 2

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 24 Verlust der Beamtenrechte


(1) Wenn eine Beamtin oder ein Beamter im ordentlichen Strafverfahren durch das Urteil eines deutschen Gerichts 1. wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder2. wegen einer vorsätzlichen Tat, die nach den Vor

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Nov. 2012 - 3 StR 199/12 zitiert oder wird zitiert von 11 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Nov. 2012 - 3 StR 199/12 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Nov. 2009 - 4 StR 445/09

bei uns veröffentlicht am 03.11.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 445/09 vom 3. November 2009 in der Strafsache gegen wegen schweren Raubes u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 3. Novemb

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. März 2009 - 5 StR 353/08

bei uns veröffentlicht am 24.03.2009

5 StR 353/08 (alt: 5 StR 412/03) BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 24. März 2009 in der Strafsache gegen wegen Bankrotts u. a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. März 2009 beschlossen: 1. Auf Antrag des Generalbundesanwalts wird

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Feb. 2009 - 3 StR 372/08

bei uns veröffentlicht am 10.02.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 372/08 vom 10. Februar 2009 Nachschlagewerk: ja BGHSt: nein Veröffentlichung: ja ___________________________________ StGB §§14, 246, 266, 283 ff. Zur Strafbarkeit des Geschäftsführers einer Gesellschaft mit be

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Mai 2012 - 3 StR 118/11

bei uns veröffentlicht am 15.05.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 118/11 vom 15. Mai 2012 Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja StGB §§ 14, 283 Die Strafbarkeit des Geschäftsführers einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung wegen Bankrotts setzt ni

Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Juli 2003 - 5 StR 221/03

bei uns veröffentlicht am 30.07.2003

Nachschlagewerk: ja BGHSt : ja Veröffentlichung : ja StGB § 266a Abs. 1; GmbHG § 64 Unterläßt der Verantwortliche während des Laufs der Insolvenzantragsfrist nach § 64 Abs. 1 GmbHG die Abführung von Arbeitnehmerbeiträgen an die Sozialversicherun
6 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Nov. 2012 - 3 StR 199/12.

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Apr. 2019 - 1 StR 646/18

bei uns veröffentlicht am 10.04.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 646/18 vom 10. April 2019 in der Strafsache gegen wegen versuchten Totschlags u.a. ECLI:DE:BGH:2019:100419U1STR646.18.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlu

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Juli 2019 - 1 StR 456/18

bei uns veröffentlicht am 11.07.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 456/18 vom 11. Juli 2019 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Bankrotts u.a. ECLI:DE:BGH:2019:110719B1STR456.18.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Genera

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2014 - 4 StR 323/14

bei uns veröffentlicht am 18.12.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR323/14 4 StR324/14 vom 18. Dezember 2014 BGHSt: nein BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja ––––––––––––––––––––––––––- InsO § 15a Abs. 4 Der faktische Geschäftsführer einer Gesellschaft m

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2014 - 4 StR 324/14

bei uns veröffentlicht am 18.12.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR323/14 4 StR324/14 vom 18. Dezember 2014 BGHSt: nein BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja ––––––––––––––––––––––––––- InsO § 15a Abs. 4 Der faktische Geschäftsführer einer Gesellschaft m

Referenzen

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

1.
Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
2.
in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
3.
Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt,
4.
Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt,
5.
Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
6.
Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
7.
entgegen dem Handelsrecht
a)
Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b)
es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder
8.
in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.

(2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit wenigstens fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit wenigstens leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 445/09
vom
3. November 2009
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 3. November 2009
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 4. März 2009 im Strafausspruch aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte und rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
2
1. Die vom Beschwerdeführer erhobenen Verfahrensrügen haben keinen Erfolg. Die auf die Sachrüge vorzunehmende Überprüfung der angefochtenen Entscheidung hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Insoweit wird auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 28. September 2009 Bezug genommen.
3
2. Jedoch hat der Strafausspruch keinen Bestand.
4
a) Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 StGB sind bei der Festsetzung der schuldangemessenen Strafe die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehören dazu auch die berufs - und standesrechtlichen Folgen der Strafe (Senatsbeschluss vom 14. September 1982 - 4 StR 436/82 - NStZ 1982, 507; BGH, Urteil vom 3. Dezember 1996 - 5 StR 492/96 - NStZ-RR 1997, 195). Deshalb ist der Umstand, dass eine strafgerichtliche Verurteilung nach den Vorschriften des Beamtenrechts die Beendigung des Beamtenverhältnisses zur Folge hat, bei der Straffestsetzung regelmäßig als bestimmender Strafzumessungsgrund im Sinne des § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO zu erörtern (BGH, Beschluss vom 17. Oktober 1986 - 2 StR 501/86 - BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 2).
5
Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte zuletzt als Polizeimeister bei dem Polizeipräsidium R. tätig. Das Beamtenverhältnis des Angeklagten wird gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Regelung der Statusrechte der Beamtinnen und Beamten in den Ländern - Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) - vom 17. Juni 2008 (BGBl. I S. 1010) mit Eintritt der Rechtskraft seiner strafgerichtlichen Verurteilung enden. Die Strafzumessungserwägungen im angefochtenen Urteil lassen nicht erkennen, dass das Landgericht diesen Umstand erwogen hat. Es ist deshalb zu besorgen, dass ein für die Strafzumessung wesentlicher Gesichtspunkt unberücksichtigt geblieben ist.
6
b) Auf diesem Rechtsfehler kann der Strafausspruch beruhen.
7
Dabei kann offen bleiben, ob das Landgericht bei Berücksichtigung der beamtenrechtlichen Nebenfolge zur Annahme eines minder schweren Falles des schweren Raubes im Sinne des § 250 Abs. 3 StGB gelangt wäre (zur Bedeutung dieser Nebenfolge für die Strafrahmenwahl vgl. BGHSt 35, 148). Angesichts der im angefochtenen Urteil festgestellten straferschwerenden Umstände erscheint die Verneinung der Voraussetzungen eines minder schweren Falles jedenfalls vertretbar. Dass die Höhe der Strafe ohne den Rechtsfehler niedriger ausgefallen wäre, kann jedoch nicht ausgeschlossen werden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des - angesichts der in den Urteilsgründen mitgeteilten Beweislage nur schwer nachvollziehbaren - Umstandes, dass das Landgericht dem Angeklagten für den Fall einer - letztlich nicht erfolgten - geständigen Einlassung unter Anwendung des Strafrahmens des § 250 Abs. 3 StGB eine Strafe im Bereich von einem Jahr sechs Monaten bis zu drei Jahren in Aussicht gestellt hat.
8
3. Die dem Strafausspruch zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen werden von dem Rechtsfehler nicht berührt. Sie sind in rechtlich einwandfreier Weise getroffen worden und können aufrecht erhalten bleiben. Ergänzende Feststellungen sind zulässig, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen.
Tepperwien Maatz Solin-Stojanović Franke Mutzbauer

(1) Wenn eine Beamtin oder ein Beamter im ordentlichen Strafverfahren durch das Urteil eines deutschen Gerichts

1.
wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder
2.
wegen einer vorsätzlichen Tat, die nach den Vorschriften über Friedensverrat, Hochverrat und Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates, Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit oder, soweit sich die Tat auf eine Diensthandlung im Hauptamt bezieht, Bestechlichkeit, strafbar ist, zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten
verurteilt wird, endet das Beamtenverhältnis mit der Rechtskraft des Urteils. Entsprechendes gilt, wenn die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter aberkannt wird oder wenn die Beamtin oder der Beamte aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Artikel 18 des Grundgesetzes ein Grundrecht verwirkt hat.

(2) Wird eine Entscheidung, die den Verlust der Beamtenrechte zur Folge hat, in einem Wiederaufnahmeverfahren aufgehoben, gilt das Beamtenverhältnis als nicht unterbrochen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

1.
Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
2.
in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
3.
Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt,
4.
Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt,
5.
Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
6.
Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
7.
entgegen dem Handelsrecht
a)
Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b)
es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder
8.
in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.

(2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit wenigstens fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit wenigstens leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

5 StR 353/08
(alt: 5 StR 412/03)

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 24. März 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Bankrotts u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. März 2009

beschlossen:
1. Auf Antrag des Generalbundesanwalts wird das Verfahren nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte wegen Bankrotts in vier Fällen und wegen Betrugs zu Lasten der Arbeitnehmer Ka. und S. sowie zu Lasten des Arbeitnehmers F. verurteilt worden ist; insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Rostock vom 30. Oktober 2007 demgemäß nach § 349 Abs. 4 StPO dahin abgeändert, dass der Angeklagte wegen Betrugs und wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen die Konkursantragspflicht zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt ist, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.
3. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
4. Der Angeklagte hat die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in drei Fällen, wegen (vorsätzlichen) Verstoßes gegen die Insolvenzantragspflicht (richtig: Konkursantragspflicht) und wegen Bankrotts in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt und die Vollstreckung dieser Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt. Dabei waren die der Verurteilung wegen Betrugs zugrunde liegenden Fälle bereits Gegenstand des Senatsbeschlusses vom 7. Juli 2004 – 5 StR 412/03 (wistra 2004, 429) gewesen. Die Vorwürfe der Steuerhinterziehung, die ebenfalls Gegenstand des vorgenannten Senatsbeschlusses gewesen waren , sind im neuen Rechtsgang nach § 154 Abs. 2 StPO aus dem Verfahren ausgeschieden worden. Nach weiterer Teileinstellung im Revisionsverfahren ist auf die mit Verfahrensrügen und der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten die Gesamtfreiheitsstrafe auf neun Monate herabzusetzen. Das weitergehende Rechtsmittel ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Zur Verfahrenseinstellung haben folgende Erwägungen Anlass gegeben :
3
a) Bezüglich der Verurteilung nach § 283 Abs. 1 Nr. 8 StGB teilt der Senat die Bedenken des Generalbundesanwalts, der insoweit ursprünglich Freispruch beantragt hat, zwar nicht. Um jedoch eine hier in Betracht zu ziehende Zurückverweisung zu vermeiden, ist dieser Fall einzustellen.
4
aa) Es ist durchaus erwägenswert, die Veräußerung der Geschäftsanteile an der A. I. K. G. (AIG), die Umfirmierung, die Sitzverlegung und das Abberufen des Angeklagten vom Amt als Geschäftsführer am 22. Dezember 1998 unter die Vorschrift des § 283 Abs. 1 Nr. 8 zweite Alternative, gegebenenfalls vorrangig unter § 283 Abs. 1 Nr. 4 StGB zu subsumieren. Der Begriff der „geschäftlichen Verhältnisse“ ist bislang vom Bundesgerichtshof nicht ausgelegt worden. Vor allem soll dieses Tatbestandsmerkmal Umstände erfassen, die für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit (Bonität) des in der Krise befindlichen Schuldners erheblich sind (Hoyer in SK-StGB 7. Aufl. [März 2002] § 283 Rdn. 94; Tiede- mann in LK 11. Aufl. § 283 Rdn. 172; Radtke in MünchKomm-StGB § 283 Rdn. 67). Der Auffangtatbestand des § 283 Abs. 1 Nr. 8 StGB ist jedenfalls mit Blick auf die Gläubigerinteressen auszulegen: Bei der Tathandlung des Verheimlichens muss der Täter die Gläubiger oder den Insolvenzverwalter über Zugriffsmöglichkeiten auf das Schuldnervermögen in Unkenntnis setzen oder halten; bei der Tathandlung des Verschleierns geht es um die unrichtige Darstellung insbesondere der Vermögensverhältnisse.
5
Hier hat sich der Angeklagte eine Option auf Rückkauf der Gesellschaftsanteile an der AIG einräumen lassen; darüber hinaus war er aufgrund einer Vollmacht zur umfassenden Vertretung der umbenannten GmbH weiterhin befugt. Dies könnte dafür sprechen, dass es sich bei der Abtretung der Anteile und dem Wechsel in der Geschäftsführung um Scheingeschäfte (§ 117 BGB) handelte; solches würde zumindest die Annahme einer Treuhänderschaft sowie einer faktischen Geschäftsführung nahe legen. Sofern der Angeklagte damit tatsächlich weiterhin bestimmenden Einfluss auf die in I. GmbH umfirmierte AIG nahm, könnte er die Fremdgläubiger über die tatsächlichen Beteiligungsverhältnisse und die faktisch ausgeübte Geschäftsführung einschließlich des Firmensitzes getäuscht haben. Dies hätte zwar keine verbesserte Darstellung der Bonität der AIG zur Folge. Gleichwohl wird durch diese „Firmenbestattung“ die Position der Gläubiger verschlechtert (vgl. Raik Kilper, „Firmenbestattung“, Hamburg, 2009). Diese könnten durch die verschleiernden Maßnahmen davon abgehalten worden sein, in Vermögensgegenstände der AIG zu vollstrecken oder gar den Angeklagten wegen der Konkursverschleppung etwa nach § 826 BGB in Regress zu nehmen. Die sogenannte Interessentheorie dürfte auf § 283 Abs. 1 Nr. 8 zweite Alternative StGB keine Anwendung finden (vgl. allerdings BGH wistra 2000, 136 für § 283 Abs. 1 Nr. 8 erste Alternative StGB; vgl. auch Ogiermann, wistra 2000, 250, 251).
6
Von § 283 Abs. 1 Nr. 8 zweite Alternative StGB könnten sogar auch solche im Rahmen der „Firmenbestattung“ vorgenommenen Rechtsgeschäfte erfasst sein, bei denen die Rechtsfolgen von den Beteiligten tatsächlich gewollt sind. Die Übertragung der Anteile und das Abberufen vom Amt des Geschäftsführers wären dann zwar nicht als Scheingeschäfte (§ 117 BGB) zu werten. Gleichwohl könnten die Rechtsgeschäfte wegen der beabsichtigten Gläubigerbenachteiligung und der Umgehung der insolvenzrechtlichen Pflicht zur Antragstellung zivilrechtlich unwirksam sein (BGHR StGB § 266a Abs. 1 Vorsatz 2, insoweit in BGHSt 48, 307 nicht abgedruckt; vgl. auch § 15a Abs. 3 InsO n.F.). Dann hätte der bisherige Geschäftsführer sein Amt behalten und die Fremdgläubiger wären über die tatsächlichen geschäftlichen Verhältnisse der Gesellschaft getäuscht worden.
7
bb) Einer Verurteilung könnte indes entgegenstehen, dass – ungeachtet noch pfändbarer (allerdings geringer) Bankguthaben – nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe für Dezember 1998 von Zahlungseinstellung (§ 283 Abs. 6 StGB) auszugehen sein könnte. Jedenfalls für die Verletzung der Pflicht zur Aufstellung des Jahresabschlusses ist entschieden, dass der Tatbestand des Bankrotts nicht mehr verwirklicht werden kann, wenn – was dann näherer Auklärung bedürfte – die objektive Bedingung der Strafbarkeit bereits eingetreten ist (BGHR StGB § 283 Abs. 1 Nr. 7b Zeit 1 m.w.N.). Entsprechendes könnte für § 283 Abs. 1 Nr. 8 StGB gelten. Diese wie auch die vorgenannten Fragen bedürfen wegen der Verfahrenseinstellung nicht der Vertiefung.
8
b) Bei den drei übrigen Bankrottdelikten stehen die Schuldsprüche in Frage, weil das Landgericht etwaige Auswirkungen einer Durchsuchung und Beschlagnahme von Geschäftsunterlagen im Juni 1997 auch mit Blick auf die damals anhängigen Ermittlungsverfahren nicht weiter aufgeklärt hat. Zudem fehlt es ebenso wie bei zwei Betrugsfällen an der nach § 47 Abs. 1 StGB gebotenen Begründung für die Verhängung kurzer Freiheitsstrafen. Mit Blick auf die lange Verfahrensdauer erscheint die Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO als angemessene Verfahrenserledigung. Dies ermöglicht, das Verfahren nunmehr rechtskräftig abzuschließen.
9
2. Das Urteil hält in dem nach Teileinstellung verbleibenden Umfang der rechtlichen Nachprüfung stand.
10
a) Soweit der Angeklagte wegen Betrugs verurteilt worden ist, werden die Feststellungen des Landgerichts den Vorgaben aus dem Senatsbeschluss vom 7. Juli 2004 (vgl. auch BGHSt 1, 262, 264; BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 39; BGH wistra 1986, 170) gerecht. Dem Urteil ist hinreichend deutlich zu entnehmen, dass der geschädigten Arbeitnehmerin R. im Dezember 1998 die Vollstreckung in ein Bankguthaben in Höhe von rund 11.600 DM noch möglich gewesen wäre und sie sich – wie auch die übrigen Arbeitnehmer – nur deswegen von der Beitreibung der Forderung hat abhalten lassen, weil sie auf die Erfüllung der Stundungs- und Ratenzahlungsvereinbarung vertraute, zumal der Angeklagte persönlich mit der Bürgschaft einzustehen versprach. Eines weiteren Eingehens auf die subjektive Tatseite bedurfte es bei dieser Sachlage nicht.
11
b) Im Rahmen der Konkursverschleppung (§ 84 Abs. 1 Nr. 2, 64 Abs. 1 GmbHG a.F.; jetzt, insoweit ohne inhaltliche Änderungen, § 15a Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 InsO n.F., § 2 Abs. 2, Abs. 3 StGB), die nicht verjährt ist (vgl. dazu insbesondere BGH wistra 2009, 117, 119, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt), belegen die Feststellungen sowohl die Überschuldung als auch die Zahlungsunfähigkeit der AIG. Insoweit bemerkt der Senat ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts zur Aufklärungsrüge des Beschwerdeführers, die den etwaigen, angeblich vom Sachverständigen nicht berücksichtigten Rangrücktritt des Angeklagten zum Gegenstand hat (S. 25 bis 41 aus der Revisionsbegründung vom 12. Februar 2008):
12
Die – auch in der Sache insbesondere hinsichtlich des Konkursgrundes der Zahlungsunfähigkeit ersichtlich aussichtslose – Aufklärungsrüge ist bereits deswegen unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), weil sie keine konkret bestimmten aufklärungsbedürftigen Tatsachen bezeichnet. Es wird nur in den Raum gestellt, dass der Angeklagte in Höhe seiner Gesellschafterforderung von rund 11,6 Mio. DM einen Rangrücktritt erklärt habe, ohne dies nach Ort, Zeit und den weiteren Umständen zu konkretisieren. Einer solchen Präzisierung hätte es insbesondere auch deswegen bedurft, weil die AIG Zinszahlungen auf das Gesellschafterdarlehen leistete, was eindeutig gegen einen Rangrücktritt spricht.
13
c) Der Senat schließt aus, dass die für die Konkursverschleppung verhängte Einzelfreiheitsstrafe von acht Monaten und die für den Betrugsfall zu Lasten der Arbeitnehmerin R. verhängte Einzelfreiheitsstrafe von sechs Monaten durch die Straffindung in den übrigen Fällen beeinflusst worden sein könnten. Auch führt der Umstand, dass das Landgericht Art und Ausmaß der von ihm festgestellten rechtsstaatswidrigen Verzögerung rechtsfehlerhaft nicht bestimmt hat, hier zu keinem durchgreifenden Strafzumessungsfehler. Noch mildere Einzelfreiheitsstrafen hätte das Landgericht angesichts des Umstandes, dass der Angeklagte im Dezember 1998 die eine „Firmenbestattung“ betrieb und die Geschädigte R. als langjährige vertraute Angestellte über Jahre hinweg von dem Einfordern ihrer Lohnforderungen abhielt , ersichtlich nicht verhängt. Dass es die Einzelstrafen nach der so genannten mittlerweile überholten (BGHSt [GS] 52, 124) Strafabschlagslösung gemindert hat, beschwert den Angeklagten nicht (vgl. BGH wistra 2008, 348,

349).


14
3. Der Senat hat – entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts – die erneut erforderliche Gesamtstrafenbildung selbst vorgenommen, indem er die Einsatzstrafe um einen Monat erhöht hat. Eine noch geringere Erhöhung nach Wochen kam ersichtlich nicht in Betracht. Die so gebildete Gesamtfreiheitsstrafe berücksichtigt unter Beachtung der einer Verfahrensrüge zu entnehmenden für die Verfahrensverzögerung maßgeblichen Anknüpfungstatsachen und angesichts der bereits vom Landgericht gewährten Strafabschläge sowie der Verfahrenseinstellungen in weit ausreichendem Maße die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung. Ein „echter“ Härte- ausgleich mit Blick auf die Erledigung der Geldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 17. September 1998 war bereits deswegen nicht zu gewähren, weil insoweit für die verbliebenen abgeurteilten Taten zu keinem Zeitpunkt, insbesondere nicht im hierfür maßgeblichen ersten Urteil vom 23. Dezember 2002, eine Gesamtstrafenkonstellation (§ 55 Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB) vorlag. Die Konkursverschleppung war jedenfalls nicht vor dem 22. Dezember 1998 beendet (vgl. BGHR StGB § 55 Abs. 1 Begehung 1; BGH NJW 1997, 750, 751, insoweit in BGHSt 42, 268 nicht abgedruckt ; BGH wistra 1996, 144, 145); der Betrug zu Lasten der Arbeitnehmerin R. begann sogar erst Ende Oktober 1998.
15
Das Tatgericht wird über den gegenstandslos gewordenen Bewährungszeit - und Pflichtenbeschluss (§ 268a StPO) neu zu befinden haben.
Basdorf Raum Brause Schaal Dölp

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

1.
Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
2.
in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
3.
Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt,
4.
Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt,
5.
Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
6.
Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
7.
entgegen dem Handelsrecht
a)
Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b)
es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder
8.
in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.

(2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit wenigstens fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit wenigstens leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

(1) Handelt jemand

1.
als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs,
2.
als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft oder
3.
als gesetzlicher Vertreter eines anderen,
so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Eigenschaften, Verhältnisse oder Umstände (besondere persönliche Merkmale) die Strafbarkeit begründen, auch auf den Vertreter anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Vertretenen vorliegen.

(2) Ist jemand von dem Inhaber eines Betriebs oder einem sonst dazu Befugten

1.
beauftragt, den Betrieb ganz oder zum Teil zu leiten, oder
2.
ausdrücklich beauftragt, in eigener Verantwortung Aufgaben wahrzunehmen, die dem Inhaber des Betriebs obliegen,
und handelt er auf Grund dieses Auftrags, so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Merkmale die Strafbarkeit begründen, auch auf den Beauftragten anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Inhaber des Betriebs vorliegen. Dem Betrieb im Sinne des Satzes 1 steht das Unternehmen gleich. Handelt jemand auf Grund eines entsprechenden Auftrags für eine Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, so ist Satz 1 sinngemäß anzuwenden.

(3) Die Absätze 1 und 2 sind auch dann anzuwenden, wenn die Rechtshandlung, welche die Vertretungsbefugnis oder das Auftragsverhältnis begründen sollte, unwirksam ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 372/08
vom
10. Februar 2009
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
___________________________________
Zur Strafbarkeit des Geschäftsführers einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung
wegen Bankrotts durch Beiseiteschaffen von Gesellschaftsvermögen sowie
zum Verhältnis von Bankrott und den Vermögens- bzw. Eigentumsdelikten
in diesen Fällen (nur Hinweis).
BGH, Beschl. vom 10. Februar 2009 - 3 StR 372/08 - LG Oldenburg
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Beihilfe zum Bankrott
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 10. Februar 2009 gemäß § 349 Abs.
4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 27. Februar 2008 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Beihilfe zum Bankrott zu Geldstrafen verurteilt. Dagegen wenden sich deren Revisionen, mit denen sie die Verletzung materiellen Rechts rügen. Der Angeklagte S. beanstandet darüber hinaus das Verfahren; die Angeklagte L. begehrt wegen der insoweit versäumten Revisionsbegründungsfrist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung von Verfahrensrügen.
2
Die Revisionen haben bereits mit der Sachrüge Erfolg, so dass es auf die von dem Angeklagten S. erhobenen Verfahrensrügen bzw. auf den von der Angeklagten L. gestellten Wiedereinsetzungsantrag nicht ankommt.
3
I. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
4
Der Angeklagte S. war Geschäftsführer, die Angeklagte L. Prokuristin der Georg S. GmbH mit Sitz in W. . Diese Gesellschaft war Komplementärin der Georg S. GmbH & Co. KG, deren alleinige Kommanditisten die Angeklagten waren. Über diese Besitzgesellschaft betrieben sie unter Einschaltung mehrerer Tochtergesellschaften (sog. Produktionsgesellschaften) u. a. unter der Marke "B. Enten" die Entenzucht und den weltweiten Vertrieb von Entenprodukten. In den Produktionsgesellschaften fungierten sie ebenfalls - zumindest teilweise - als Geschäftsführer bzw. Prokuristin. Nachdem sich die Unternehmensgruppe der Angeklagten bis in das Jahr 2002 bei jeweils deutlichen Jahresgewinnen zum Marktführer in Deutschland entwickelt hatte, kam es im Jahr 2003 zu einem Umsatzeinbruch und deshalb zu einem erhöhten Kreditbedarf. Eine auf Veranlassung der kreditgebenden Banken durchgeführte Unternehmensanalyse hielt die Suche nach einem strategischen Partner für unbedingt erforderlich. Die Angeklagten, die befürchteten, die Banken strebten die Übernahme ihrer Unternehmen durch einen Konkurrenten an, bemühten sich unter Einschaltung externer Berater in der Folgezeit vergeblich um eine Umfinanzierung.
5
Anfang des Jahres 2004 meldeten sie ihren Hausbanken einen Verlust für das Jahr 2003 von mehr als 4,5 Mio. € und kündigten einen über die bestehenden Kredite hinausgehenden Liquiditätsbedarf von über 4 Mio. € an. Die Banken, die zu einer Erhöhung der Kreditlinie nicht bereit waren, sprachen eine mögliche Insolvenz der Unternehmen an. Weitere Versuche der Angeklagten, eine Umfinanzierung oder eine staatliche Liquiditätshilfe zu erreichen, scheiterten ebenso wie ihre Bemühungen, einen Bekannten an den Gesellschaften zu beteiligen, um so über zusätzliche Geldmittel verfügen zu können. Die Banken verlangten nun als weitere Sicherheit auch die Abtretung der Rechte aus der Marke "B. Enten".
6
Die Angeklagten, die sich zunehmend unter Druck gesetzt fühlten, bestellten in dieser Situation Ende Februar 2004 auf Empfehlung eines Rechtsanwalts den ehemaligen Mitangeklagten K. zum Geschäftsführer von jedenfalls zwei ihrer Produktionsgesellschaften, der Georg S. GmbH (im Folgenden: S. GmbH) und der Se. GmbH, jeweils mit Sitz in N. . Da der neue Geschäftsführer über keine Erfahrung in der Branche verfügte, blieben die Angeklagten weiter für die Gesellschaften tätig, wofür sie pauschal jeweils 250.000 € erhalten sollten. Wegen der angespannten Liquiditätslage der Gesellschaften vereinbarten sie mit dem früheren Mitangeklagten eine rein erfolgsabhängige Geschäftsführervergütung. Es kam indes nur zu einem nach dieser Vereinbarung provisionspflichtigen Geschäftsabschluss mit einem Volumen von 1,67 Mio. €, weitere in Aussicht genommene Verträge kamen nicht zustande. In einem Gespräch mit Bankvertretern Anfang März 2004 kündigte K. an, zur Verbesserung der Liquidität Reserven aufzulösen, und erklärte, er werde auch gegen den erklärten Widerspruch der Banken diesen zustehendes Sicherungsgut verwerten. Auf ein Schreiben vom 9. März 2004, mit dem die Banken binnen drei Tagen die Vorlage eines Liquiditätsstatus und eine Übersicht über bereits veräußertes Sicherungsgut verlangten, vertröstete er sie auf den 23. März 2004. Die Banken kündigten daraufhin die gesamte Geschäftsverbindung und setzten für die bestehenden Verbindlichkeiten aller Gesellschaften , insgesamt fast 23 Mio. €, eine Zahlungsfrist bis zum 2. April 2004. Nachdem der frühere Mitangeklagte ihren Mitarbeitern mehrfach eine Inaugenscheinnahme des Sicherungsgutes verweigert hatte, stellten die Banken am 26. März 2004 Insolvenzantrag gegen die Georg S. GmbH & Co. KG und die vier Produktionsgesellschaften.
7
In der Zeit vom 31. März bis zum 7. April 2004 stellte K. in Absprache und nach Vereinbarung mit den Angeklagten der S. GmbH und der Se.
GmbH drei Rechnungen über insgesamt fast 2 Mio. €, die nunmehr auch eine erfolgsunabhängige Vergütung sowie Erfolgshonorare für tatsächlich nicht zustande gekommene Geschäfte zum Gegenstand hatten, und vereinnahmte diesen Betrag aus dem Vermögen der S. GmbH. Nach der ursprünglichen Vereinbarung hätte ihm ein Anspruch in Höhe von allenfalls knapp 200.000 € zugestanden. Über das Vermögen der S. GmbH und der Se. GmbH wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.
8
II. Auf der Grundlage dieser Feststellungen hält der Schuldspruch wegen Beihilfe zum Bankrott der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
9
1. Das Landgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass der frühere Mitangeklagte K. durch die Vereinnahmung der Rechnungsbeträge jedenfalls in Höhe von ca. 1,7 Mio. € im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB Vermögen der S. GmbH beiseite schaffte. Die Bezahlung der Rechnungen erfolgte unter Verstoß gegen die Grundsätze eines ordnungsgemäßen Wirtschaftens (vgl. dazu BGHSt 34, 309, 310; Stree/Heine in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 283 Rdn. 4 m. w. N.), weil provisionspflichtige Hauptgeschäfte in diesem Umfang nicht getätigt worden waren, deshalb ein Anspruch auf eine erfolgsabhängige Vergütung in dieser Höhe nicht bestand und eine weitere, erfolgsunabhängige Vergütung angesichts der angespannten Liquiditätslage nicht rückwirkend vereinbart werden durfte.
10
2. Die Vorschrift des § 283 StGB stellt indes ein Sonderdelikt dar, dessen Täter nur der Schuldner sein kann (Radtke in MünchKomm StGB § 283 Rdn. 4; Tiedemann in LK 11. Aufl. § 283 Rdn. 225), also die (natürliche oder juristische) Person, die für die Erfüllung einer Verbindlichkeit haftet (Radtke aaO vor § 283 Rdn. 36). Ist der Schuldner - wie hier - eine juristische Person, die nur durch ihre Organe/Vertreter handeln kann, so gilt § 14 StGB. Diese Vorschrift setzt für die strafrechtliche Zurechnung voraus, dass die handelnde Person "als" Organ oder Vertreter (Abs. 1) bzw. "auf Grund dieses Auftrags" (Abs. 2) agiert. Nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der wohl herrschenden Auffassung in der Literatur ist es danach für eine Strafbarkeit des Vertreters nach § 283 StGB erforderlich, dass er zumindest auch im Interesse des Geschäftsherrn handelt. Liegen ausschließlich eigennützige Motive vor, so kann eine Strafbarkeit wegen Untreue nach § 266 StGB in Betracht kommen; eine Verurteilung wegen Bankrotts scheidet hingegen aus (sog. Interessentheorie, BGHSt 30, 127, 128 f.; 34, 221, 223; BGHR StGB § 283 Abs. 1 Konkurrenzen 3; BGH NStZ 2000, 206, 207; zustimmend Schünemann in LK 12. Aufl. § 14 Rdn. 50; Fischer, StGB 56. Aufl. § 283 Rdn. 4 b; im Ergebnis auch Kindhäuser in NK-StGB 2. Aufl. vor § 283 Rdn. 56; aA Tiedemann aaO vor § 283 Rdn. 80; Hoyer in SK-StGB 116. Lfg. § 283 Rdn. 103 f.; Lenckner/Perron in Schönke /Schröder aaO § 14 Rdn. 26; jew. m. w. N.; differenzierend Radtke aaO vor § 283 Rdn. 55).
11
Das Landgericht hat das Vorliegen eines solchen Interesses rechtsfehlerhaft bejaht. Ob eine Handlung wenigstens auch im Interesse des Vertretenen vorgenommen worden ist, bestimmt sich nach einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise (BGHSt 30, 127, 128 f.). Dass - wie die Strafkammer ausgeführt hat - der frühere Mitangeklagte sein weiteres Tätigwerden für die Gesellschaften der Angeklagten von der Bezahlung der Rechnungen abhängig gemacht hat, begründet ein wirtschaftliches Interesse der vertretenen S. GmbH nicht; es widerspricht einem solchen vielmehr, weiter mit einem Geschäftsführer zusammenzuarbeiten , der im großen Umfang eine ihm nicht zustehende Vergütung verlangt. Nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten kann in der Überweisung der ca. 1,7 Mio. € durch den früheren Mitangeklagten K. zur Bezahlung der materiell unberechtigten Rechnungen daher nur ein Handeln aufgrund eigennütziger Motive gesehen werden, das der Gesellschaft schadete. Das Einverständnis der Angeklagten mit der Rechnungsstellung und ihrer Begleichung war nicht ausreichend (vgl. BGHSt 30, 127, 128 f.; BGH bei Holtz MDR 1979, 806; BGH NStZ 1984, 118, 119; JR 1988, 254, 255 f.; vgl. die Nachweise bei Labsch wistra 1985, 1, 7); die Zustimmung der Gesellschafter einer juristischen Person löst - anders als bei einer Kommanditgesellschaft (vgl. BGHSt 34, 221, 223 f.) - den Interessenwiderstreit zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft nicht auf.
12
3. Darüber hinaus tragen die Feststellungen des Landgerichts die Annahme einer drohenden Zahlungsunfähigkeit der S. GmbH nicht, so dass sich auch bei Nichtanwendung der Interessentheorie (dazu unten IV.) die Verurteilung wegen Beihilfe zum Bankrott als rechtsfehlerhaft erwiese.
13
Die Strafkammer hat in der Beweiswürdigung des Urteils unter summarischer Gegenüberstellung der liquiden Mittel und der fälligen Forderungen ausgeführt , Anfang April 2004 habe bei der S. GmbH eine Unterdeckung von ca. 4 Mio. € bestanden; infolge der Kreditkündigungen seien Verbindlichkeiten in Höhe von fast 23 Mio. € hinzu gekommen. Dies ist bereits widersprüchlich, weil an anderer Stelle des Urteils mitgeteilt wird, dass diese Summe der Kreditaufnahme aller Unternehmen der Angeklagten entsprach; auf die S. GmbH entfiel nur ein Teil davon. In der Darstellung des Landgerichts ist zudem ein von Rechtsanwalt F. für die S. GmbH geführtes Anderkonto nicht berücksichtigt , von dem der frühere Mitangeklagte K. am 5. April 2004 das letztlich von ihm vereinnahmte Geld an die Se. GmbH überwies.
14
Abgesehen von diesen Widersprüchen und Unvollständigkeiten begegnet die Darstellung der Liquiditätslage der S. GmbH zu den ausgewählten Stichtagen durchgreifenden Bedenken, weil sich das Landgericht auf die Mitteilung der Summen aus dem Liquiditätsstatus und hinsichtlich der liquiden Mittel auf Guthaben auf Girokonten beschränkt. Damit ist dem Senat die Überprüfung verwehrt, ob der vom Landgericht zugrunde gelegte Liquiditätsstatus nicht nur alle relevanten kurzfristig fälligen Verbindlichkeiten, sondern auch die zu ihrer Tilgung vorhandenen oder herbeizuschaffenden Mittel (also die flüssigen Mittel und kurzfristig einziehbaren Forderungen sowie gegebenenfalls die kurzfristig liquidierbaren Vermögensgegenstände) enthält (vgl. § 17 Abs. 2 InsO und BGH wistra 2001, 306, 307; 2007, 312). Selbst wenn dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe noch zu entnehmen wäre, dass die S. GmbH durch Forderungseinzug oder Veräußerung von Vermögensgegenständen weitere liquide Mittel jedenfalls nicht kurzfristig realisieren konnte, war das Abstellen allein auf die angegebenen Kontenguthaben nicht ausreichend; denn in der rechtlichen Würdigung teilt die Strafkammer mit, dass die Gesellschaften der Angeklagten untereinander ein cash-management betrieben, demzufolge Zahlungen jeweils von dem Konto der Gesellschaft vorgenommen wurden, auf dem Guthaben vorhanden war. Dann hätte es zur nachvollziehbaren Annahme der drohenden Zahlungsunfähigkeit der S. GmbH aber auch Feststellungen zu den Vermögensverhältnissen aller anderen Gesellschaften der Angeklagten bedurft. Dies gilt insbesondere deswegen, weil sich dem Urteil nur entnehmen lässt, dass über das Vermögen von zwei der Produktionsgesellschaften das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Über das Schicksal der beiden anderen ergibt sich nichts.
15
III. Eine Schuldspruchänderung kommt nicht in Betracht. Zwar kann ein eigennütziges Beiseiteschaffen von Vermögen durch den Geschäftsführer einer Gesellschaft den Tatbestand der Untreue gemäß § 266 StGB erfüllen (BGHSt 28, 371; BGHR StGB § 283 Abs. 1 Konkurrenzen 3). Die Angeklagten hatten der Rechnungsstellung und -begleichung indes zugestimmt.
16
Das Einverständnis des Geschäftsherrn schließt regelmäßig den Tatbestand der Untreue aus (Fischer aaO § 266 Rdn. 49 m. w. N.). Das gilt grundsätzlich auch für vermögensnachteilige Dispositionen des Geschäftsführers einer Kapitalgesellschaft, wenn sie im Einverständnis der Gesellschafter getroffen werden. Ein Einverständnis der Gesellschafter ist allerdings unwirksam und die Vermögensverfügung des Geschäftsführers deshalb missbräuchlich, wenn unter Verstoß gegen Gesellschaftsrecht die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft gefährdet wird, etwa durch Beeinträchtigung des Stammkapitals entgegen § 30 GmbHG, durch Herbeiführung oder Vertiefung einer Überschuldung oder durch Gefährdung der Liquidität (BGHSt 35, 333; 49, 147, 158; BGH wistra 2003, 457, 460; 2006, 265; vgl. auch Schünemann aaO § 266 Rdn. 25; Kindhäuser aaO § 266 Rdn. 68 ff.; Lackner/Kühl, StGB 26. Aufl. § 266 Rdn. 20).
17
Eine solche Existenzgefährdung der Gesellschaft - etwa durch Gefährdung ihrer Liquidität - ist aus den oben unter II. 3. genannten Gründen aber ebenfalls nicht belegt.

18
IV. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
19
1. Die von der Rechtsprechung entwickelte Interessentheorie ist in der Literatur auf Ablehnung gestoßen, weil sie für die Insolvenzdelikte nur einen geringen Anwendungsbereich lässt, wenn Schuldner im Sinne des § 283 StGB eine Handelsgesellschaft ist (Tiedemann aaO vor § 283 Rdn. 80; Hoyer aaO § 283 Rdn. 103; Radtke aaO vor § 283 Rdn. 55; Labsch wistra 1985, 1, 6 ff.; jew. m. w. N.). Dieser Kritik ist zuzugeben, dass die in § 283 StGB aufgezählten Bankrotthandlungen ganz überwiegend dem wirtschaftlichen Interesse der Gesellschaft widersprechen und der vom Gesetzgeber intendierte Gläubigerschutz in der wirtschaftlichen Krise insbesondere von Kapitalgesellschaften bei Anwendung der Interessentheorie weitgehend leerläuft. Besonders augenfällig wird dies in Fällen der Ein-Mann-GmbH, in denen der Gesellschafter /Geschäftsführer der Gesellschaft angesichts der drohenden Insolvenz zur Benachteiligung der Gläubiger Vermögen entzieht und auf seine privaten Konten umleitet, nach wirtschaftlicher Betrachtung also aus eigennützigen Motiven handelt. Nach der Interessentheorie ist er nicht des Bankrotts schuldig, obwohl er die Insolvenz gezielt herbeigeführt hat (vgl. BGHSt 30, 127, 128 f.; kritisch dazu Tiedemann aaO vor § 283 Rdn. 80, 85).
20
Während Einzelkaufleute in vergleichbaren Fällen regelmäßig wegen Bankrotts strafbar sind, entstehen so Strafbarkeitslücken für Vertreter oder Organe von Kapitalgesellschaften. Angesichts der besonderen Insolvenzanfälligkeit von in der Rechtsform der GmbH betriebenen Unternehmen wird der Schutzzweck der Insolvenzdelikte dadurch konterkariert (vgl. Hoyer aaO; Radtke aaO). Dies gilt insbesondere, wenn man die Interessenformel konsequent auch auf die Bankrotthandlungen anwendet, die die Verletzung von Buchführungs - oder Bilanzierungspflichten sanktionieren (§ 283 Abs. 1 Nr. 5-7 StGB): Entfällt wegen des fehlenden Interesses der Gesellschaft die Bankrottstrafbarkeit , scheitert eine Verurteilung wegen Untreue regelmäßig am nicht festzustellenden oder nicht nachzuweisenden Vermögensschaden der Gesellschaft (vgl. Arloth NStZ 1990, 570, 572; Tiedemann aaO vor § 283 Rdn. 84). Über diese nicht gerechtfertigte Privilegierung von GmbH-Geschäftsführern gegenüber Einzelkaufleuten hinaus wird der Zweck der § 283 Abs. 1 Nr. 5-7, § 283 b StGB unterlaufen, der Verstöße gegen Buchführungs- und Bilanzierungsvorschriften wegen der besonderen Gefahr von Fehleinschätzungen mit schwerwiegenden wirtschaftlichen Folgen als eigenständiges Unrecht erfassen will (vgl. Arloth NStZ 1990, 570, 572).
21
2. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Interessentheorie bei Vertretern von Personengesellschaften für die praktisch relevanten Fälle, dass die Gesellschafter der Bankrotthandlung zustimmen (vgl. dazu Labsch wistra 1985, 1, 7), zudem nicht durchgehalten worden; ein Handeln, das aus wirtschaftlicher Sicht im vollständigen Widerstreit zu den Interessen der vertretenen Gesellschaft steht, soll etwa bei der Kommanditgesellschaft gleichwohl von dem durch das Einverständnis erweiterten Auftrag des Schuldners - also der Gesellschaft - gedeckt sein, wenn der Komplementär zustimmt (BGHSt 34, 221, 223 f. = BGH StV 1988, 14, 15 m. Anm. Weber). Die Einschränkung der Interessentheorie sei insbesondere aus Gründen des Gläubigerschutzes geboten (BGHSt 34, 221, 224). Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof in der Folge auch auf Fälle der GmbH & Co. KG erstreckt, in denen der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH die Bankrotthandlungen mit Zustimmung der Gesellschafter dieser Kapitalgesellschaft und damit der Komplementärin vorgenommen hatte (BGH wistra 1989, 264, 267; aA BGH wistra 1984, 71; JR 1988, 254, 255 f. m. abl. Anm. Gössel; offen gelassen von BGH NJW 1992, 250, 252). Der Gläubigerschutz hat aber bei den in der Rechtsform der GmbH betriebenen Gesellschaften kein geringeres Gewicht als bei Personengesellschaften oder insbesondere der Mischform der GmbH & Co. KG, so dass mit dieser Argumentation nicht nachvollziehbar erscheint, warum die Zustimmung der Gesellschafter einer Komplementär-GmbH den Auftrag des Geschäftsführers erweitern kann, das Einverständnis der Gesellschafter bei einer reinen Kapitalgesellschaft für die Frage, ob der Geschäftsführer als Organ oder im Auftrag der Gesellschaft handelt, hingegen bedeutungslos sein soll.
22
3. Der Senat neigt deshalb dazu, von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Strafbarkeit eines Vertreters wegen Bankrotts abzuweichen und die Abgrenzung zwischen den Insolvenzdelikten der §§ 283 ff. StGB und insbesondere der Untreue nach § 266 StGB, aber auch den Eigentumsdelikten gemäß §§ 242, 246 StGB nicht mehr nach der Interessenformel vorzunehmen, zumal das Abstellen auf das Interesse des Vertretenen und damit auf ein subjektives Element vom Wortlaut des § 14 StGB nicht gefordert wird (Arloth NStZ 1990, 570, 574; Tiedemann aaO vor § 283 Rdn. 84).
23
Es erscheint vielmehr geboten, für die Zurechnung der Schuldnereigenschaft im Sinne der §§ 283 ff. StGB maßgeblich daran anzuknüpfen, ob der Vertreter im Sinne des § 14 StGB im Geschäftskreis des Vertretenen tätig geworden ist. Dies wird bei rechtgeschäftlichem Handeln zu bejahen sein, wenn der Vertreter entweder im Namen des Vertretenen auftritt oder letzteren wegen der bestehenden Vertretungsmacht jedenfalls im Außenverhältnis die Rechtswirkungen des Geschäfts unmittelbar treffen (vgl. Radtke aaO vor § 283 Rdn. 58; Lenckner/Perron aaO § 14 Rdn. 26; Labsch wistra 1985, 59, 60). Gleiches gilt, wenn sich der Vertretene zur Erfüllung seiner außerstrafrechtlichen, aber gleichwohl strafbewehrten Pflichten (vgl. § 283 Abs. 1 Nr. 5-7 StGB) eines Vertreters bedient (Tiedemann aaO vor § 284 Rdn. 84, Lenckner/Perron aaO; Radtke aaO; Arloth NStZ 1990, 570, 572; Winkelbauer JR 1988, 33, 34). Bei faktischem Handeln muss die Zustimmung des Vertretenen - unabhängig von der Rechtsform, in der dieser agiert - ebenfalls dazu führen, dass der Vertreter in seinem Auftrag handelt und ihm die Schuldnerstellung zugerechnet wird (Radtke aaO; Hoyer aaO § 283 Rdn. 106).
24
Bei Beachtung dieser Grundsätze kann die trotz gleichartiger Verhaltensweisen mit der Interessentheorie verbundene Ungleichbehandlung zwi- schen Einzelkaufleuten und GmbH-Geschäftsführern ebenso vermieden werden (vgl. Radtke aaO), wie Strafbarkeitslücken bei Verstoß gegen Buchführungs - und Bilanzierungspflichten, wodurch der Gläubigerschutz verbessert wird. Soweit der Vertreter eigennützig handelt, wird häufiger als bisher eine Verurteilung wegen Bankrotts in Tateinheit mit Untreue oder einem Eigentumsdelikt in Betracht kommen, insbesondere wenn die Zustimmung der Gesellschafter (oder des alleinigen Gesellschafters/Geschäftsführers) einer GmbH wegen des damit verbundenen existenzgefährdenden Eingriffs in das Gesellschaftsvermögen kein tatbestandsausschließendes Einverständnis mit der nachteiligen Vermögensverfügung darstellt (vgl. BGHSt 35, 333; 49, 147, 158; BGH wistra 2003, 457, 460; 2006, 265). Dieses Ergebnis ist jedoch gerechtfertigt , weil in diesen Fällen durch dieselbe Handlung unterschiedliche Rechtsgüter - der Schutz der Gläubiger einerseits und das Vermögen bzw. das Eigentum der Gesellschaft andererseits - beeinträchtigt werden.
Becker Miebach Pfister Sost-Scheible Hubert

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 118/11
vom
15. Mai 2012
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
Die Strafbarkeit des Geschäftsführers einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung
wegen Bankrotts setzt nicht voraus, dass die Tathandlung im Interesse der
Gesellschaft liegt (Aufgabe der "Interessentheorie").
BGH, Beschluss vom 15. Mai 2012 - 3 StR 118/11 - LG Oldenburg
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Beihilfe zur Untreue u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 15. Mai 2012 gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 27. September 2010 werden verworfen. Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Beihilfe zur Untreue in Tateinheit mit Beihilfe zum Bankrott zu Geldstrafen verurteilt, nachdem der Senat (mit Beschluss vom 10. Februar 2009 - 3 StR 372/08, NJW 2009, 2225) eine in derselben Sache zuvor ergangene Verurteilung wegen Beihilfe zum Bankrott aufgrund unzureichender Feststellungen aufgehoben hatte. Die gegen die (erneute ) Verurteilung gerichteten Revisionen der Angeklagten, die sie auf Verfahrensrügen und sachlich-rechtliche Beanstandungen stützen, haben keinen Erfolg.

I.

2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts waren die Angeklagten zu nahezu gleichen Teilen an der nach dem Tode des Vaters übernommenen G. S. Gruppe beteiligt. Der Angeklagte S. war Geschäftsführer der G. S. GmbH mit Sitz in E. . Diese Gesellschaft war Komplementärin der am selben Ort ansässigen G. S. GmbH & Co. KG (im Folgenden: S. KG), deren alleinige Kommanditisten der Angeklagte S. zu 51 Prozent und die Angeklagte L. , geborene S. , zu 49 Prozent waren. Die S. KG fungierte als Besitzgesellschaft und hielt die Anteile an der in N. ansässigen G. S. GmbH (im Folgenden: S. GmbH) sowie an der ebenfalls in N. ansässigen Se. Zucht- und Mastenten GmbH (im Folgenden: Se. GmbH), die wiederum die Anteile an weiteren Produktionsgesellschaften hielt. Der Angeklagte S. war auch in der S. GmbH und der Se. GmbH jeweils Geschäftsführer, der Angeklagten L. war Prokura erteilt.
3
Die Angeklagten betrieben bis zum Jahr 2002 mit wirtschaftlichem Erfolg u.a. unter der Marke "B. Enten" die Entenzucht und den weltweiten Vertrieb von Entenprodukten. Ein Umsatzeinbruch führte im Frühjahr 2003 zu einem erhöhten Kreditbedarf. Es kam zu verschiedenen Verhandlungen mit den beiden Hausbanken. Als nach einem Gespräch am 13. Februar 2004 den Kreditwünschen nicht entsprochen wurde, erkannten die Angeklagten, dass der Bestand ihres Unternehmens ernsthaft in Gefahr war. Sie bemühten sich daraufhin - wie bereits zuvor - um eine Umschuldung und die Gewinnung eines weiteren Gesellschafters, blieben damit aber erfolglos.
4
In dieser Situation bestellten die Angeklagten zum 1. März 2004 den ehemaligen Mitangeklagten K. zum Geschäftsführer der G. S. GmbH sowie der S. GmbH und der Se. GmbH. Der Angeklagte S. schied als Geschäftsführer aus, die Prokura der Angeklagten L. wurde widerrufen. Da der neue Geschäftsführer über keine Erfahrung in der Branche verfügte, blieben die Angeklagten weiter für die Gesellschaften tätig, wofür sie vom neuen Geschäftsführer pauschal jeweils 250.000 € erhalten sollten. Wegen der angespannten Liquiditätslage der Gesellschaften vereinbarten die Angeklagten mit dem früheren Mitangeklagten eine rein erfolgsabhängige Geschäftsführervergütung. Es kam indes nur zu einem nach dieser Vereinbarung provisionspflichtigen Geschäftsabschluss mit einem Volumen von 1,67 Mio. €, weitere in Aussicht genommene Verträge kamen nicht zustande.
5
In einem Gespräch mit Bankvertretern am 8. März 2004 kündigte K. an, zur Verbesserung der Liquidität Reserven aufzulösen. Die Bankvertreter untersagten ihm daraufhin weitere Verfügungen über den Banken zustehendes Sicherungsgut ohne deren Zustimmung, weil sie befürchteten, K. wolle Waren oder Güter verschleudern. Tatsächlich hatte er schon am 27. Februar 2004 zusammen mit dem Angeklagten S. 1.475 Tonnen Enten- fleisch zum Gesamtpreis von 1,67 Mio. € - und damit erheblich unter den Gestehungskosten - verkauft und dabei die Bezahlung mit LZB-Schecks vereinbart , die sodann nicht bei den Hausbanken, sondern bei anderen Banken eingelöst wurden. Die Hausbanken wurden davon nicht informiert, der Gegenwert der Schecks wurde nicht an diese abgeführt. Dies verstieß sowohl hinsichtlich der Preisgestaltung als auch hinsichtlich der Entgegennahme des Kaufpreises gegen die mit den Banken bestehende Globalzessionsabrede. Ab 1. März 2004 ließ sich K. eingehende Schecks vorlegen und brachte diese unter Umgehung der Buchhaltung neu eröffneten Konten gut. Insgesamt reichte er in den folgenden Wochen Schecks im Wert von rund 3 Mio. € bei anderen Banken ein. In Absprache mit den Angeklagten, die auch sonst über alle wesentlichen Vorgänge informiert waren, verlagerte K. ab Ende März 2004 das operative Geschäft auf die "LM. GmbH". Diese Gesellschaft war die einzige innerhalb der S. -Firmengruppe, die keine unmittelbaren vertraglichen Beziehungen zu den Hausbanken hatte.
6
Mit Schreiben vom 9. März 2004 verlangten die Hausbanken binnen drei Tagen u.a. die Vorlage eines Liquiditätsstatus und eine Übersicht über bereits veräußertes Sicherungsgut und drohten für den Fall des fruchtlosen Verstreichens der Frist mit der außerordentlichen Kündigung des Kreditengagements. K. vertröstete sie auf den 23. März 2004. Die Banken kündigten daraufhin am 15. März 2004 und am 23. März 2004 die gesamte Geschäftsverbindung und setzten für die bestehenden Verbindlichkeiten aller Gesellschaften, insgesamt fast 23 Mio. €, eine Zahlungsfrist bis zum 2. April 2004. Weder die S. GmbH noch die S. -Gruppe in ihrer Gesamtheit waren in der Lage, diese Forderung bei Fälligkeit oder in den folgenden drei Wochen zu begleichen.
7
Anfang April 2004 stellte der Geschäftsführer K. in Absprache und nach Vereinbarung mit den Angeklagten der S. GmbH und der Se. GmbH drei Rechnungen über insgesamt fast 2 Mio. €, die nunmehr - entgegen der ursprünglichen Vereinbarung - auch eine erfolgsunabhängige Vergütung sowie Erfolgshonorare für tatsächlich nicht zustande gekommene Geschäfte zum Gegenstand hatten, und vereinnahmte diesen Betrag (abzüglich bereits erhaltener 250.000 €) letztlich aus dem Vermögen der S. GmbH. Nach der ursprünglichen Vereinbarung hätte ihm ein Anspruch in Höhe von allenfalls knapp 200.000 € zugestanden. Die Angeklagten waren einverstanden, weil sie sich aus den Beträgen, die K. erhielt, ihrerseits je 250.000 € erwarteten und mit Hilfe dieser Summe mit der zwischenzeitlich von ihnen erworbenen Gesellschaft "LM. GmbH" und der Marke "B. Enten" einen Neustart des Familienunternehmens schaffen wollten. Sie kannten die fehlende Berechtigung der Forderungen und wussten zum Zeitpunkt ihrer Zustimmung um die wirtschaftliche Lage der Unternehmensgruppe, insbesondere, dass eine infolge der Kündigungen erforderliche fristgerechte Zahlung der bei den Banken bestehenden Verbindlichkeiten nicht geleistet werden konnte und sich die S. -Gruppe daher im Zustand der drohenden Zahlungsunfähigkeit befand. K. zahlte aus dem entnommenen Betrag an die beiden Angeklagten insgesamt 500.000 €. Über das Vermögen der S. GmbH und der Se. GmbH wurde auf Antrag der Banken das Insolvenzverfahren eröffnet.
8
2. Das Landgericht hat das Verhalten des früheren Mitangeklagten K. - die Entnahme von rund 1,7 Mio. €, auf die ein Rechtsanspruch nicht bestand - als Untreue zum Nachteil der S. GmbH gewertet. Es hat ausgeführt, dass das Einverständnis der Angeklagten wegen der Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz der Gesellschaft durch die Entnahme unwirksam sei. Zugleich hat es das Verhalten als Bankrotthandlung nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB angesehen. Zwar habe der Geschäftsführer K. nicht im Interesse der S. GmbH, sondern eigennützig gehandelt, hierauf komme es indes nicht an. Das Verhalten der Angeklagten hat das Landgericht als Beihilfe zu den Taten des früheren Mitangeklagten K. beurteilt.

II.

9
Die gegen das Urteil von beiden Angeklagten übereinstimmend erhobenen Verfahrensrügen sind, wie vom Generalbundesanwalt dargelegt, im Ergebnis unbegründet. Die Sachrüge hat ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Der näheren Erörterung bedarf insoweit lediglich die (zutreffende) rechtliche Würdigung des Landgerichts.
10
1. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass sich der frühere Mitangeklagte als Geschäftsführer der S. GmbH wegen Bankrotts unabhängig davon strafbar machte, dass er eigennützig und zum Schaden der Gesellschaft handelte, und die Angeklagten dazu Beihilfe leisteten.
11
a) Der Bundesgerichtshof ist bislang - die Rechtsprechung des Reichsgerichts (Urteil vom 29. März 1909 - III 877/08, RGSt 42, 278, 282; aA indes RG, Urteil vom 22. Dezember 1938 - 2 D 581/38, RGSt 73, 68, 70) fortführend - in ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen, dass der Geschäftsführer einer GmbH sich wegen Bankrotts nach § 283 Abs. 1 Nr. 1, § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB nur strafbar machen könne, wenn er die Tathandlung für die GmbH und (zumindest auch) in deren Interesse vorgenommen hat (vgl. etwa BGH, Urteile vom 20. Mai 1981 - 3 StR 94/81, BGHSt 30, 127, 128; vom 5. Oktober 1954 - 2 StR 447/53, BGHSt 6, 314, 316 f.; vom 6. November 1986 - 1 StR 327/86, BGHSt 34, 221, 223; Beschluss vom 14. Dezember 1999 - 5 StR 520/99, NStZ 2000, 206, 207, jeweils mwN; s. auch LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., Vor §§ 283 ff. Rn. 79 ff.; Arloth, NStZ 1990, 570 ff.). Dieser als "Interessentheorie" bezeichneten Ansicht liegt die Auffassung zugrunde, dass das Gesellschaftsorgan nicht in dieser Eigenschaft handele, wenn ein Bezug zum - durch den Interessenkreis bestimmten - Geschäftsbetrieb fehle (RG, Urteil vom 29. März 1909 - III 877/08, RGSt 42, 278, 282). Daher hat die bisherige Rechtsprechung eine Strafbarkeit wegen Bankrotts abgelehnt, wenn der Vertreter ausschließlich im eigenen Interesse handelt.
12
b) An der Interessentheorie hält der Senat nicht weiter fest, da sich weder aus dem Gesetzeswortlaut noch nach dem Gesetzeszweck eine solche auf das Interesse des Vertretenen abstellende Einschränkung ergibt und sie berechtigte Kritik erfahren hat.
13
aa) Der Gesetzeswortlaut stellt für die Zurechnung nicht auf das Interesse des Vertretenen ab: Nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 StGB kommt die Strafbarkeit des Geschäftsführers einer GmbH bei Bankrotttaten in Betracht, wenn er "als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person" gehandelt hat. Dies setzt neben der Organstellung als solcher voraus, dass der Vertretungsberechtigte in seiner Eigenschaft als Organ gehandelt hat (vgl. BT-Drucks. 5/1319 S. 63; BT-Drucks. 14/8998 S. 8: " 'in Ausübung' seiner Funktion"). Eine nähere Konkretisierung, wann ein Vertretungsberechtigter gerade in dieser Eigenschaft handelt, enthält der Gesetzeswortlaut nicht.
14
bb) Der vom Gesetzgeber mit der Regelung des § 14 StGB verfolgte Zweck besteht - ebenso wie bei dem zuvor geltenden § 50a StGB - darin, den Anwendungsbereich von Straftatbeständen allgemein auf Personen zu erweitern , die in einem bestimmten Vertretungs- oder Auftragsverhältnis für den Normadressaten handeln, und die kriminalpolitisch nicht erträgliche Lücke zu schließen, die sich daraus ergibt, dass der Normadressat mangels Handlung und der Handelnde deshalb nicht zur Verantwortung gezogen werden kann, weil er nicht Normadressat ist (BT-Drucks. 5/1319 S. 62). Dieser Regelungszweck spricht nicht für eine einschränkende Normauslegung.
15
cc) Mit der dargelegten Intention des § 14 StGB lässt sich insbesondere nicht vereinbaren, dass die Interessentheorie im Ergebnis bei einer Vielzahl von Taten einer Strafbarkeit nach § 283 StGB entgegensteht, weil der Vermögensträger als juristische Person und die handelnde natürliche Person auseinanderfallen.
16
So lässt die Interessentheorie für die Insolvenzdelikte nur einen geringen Anwendungsbereich, wenn Schuldner im Sinne des § 283 StGB eine Handelsgesellschaft ist (LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., Vor §§ 283 ff. Rn. 80; SKStGB /Hoyer, § 283 Rn. 103 [Stand: März 2002]; MünchKommStGB/Radtke, 1. Aufl., Vor §§ 283 ff. Rn. 55; Labsch, wistra 1985, 1, 6 ff.; jeweils mwN); denn die in § 283 StGB aufgezählten Bankrotthandlungen widersprechen ganz überwiegend dem wirtschaftlichen Interesse der Gesellschaft. Damit läuft bei Anwendung der Interessentheorie der vom Gesetzgeber intendierte Gläubigerschutz in der wirtschaftlichen Krise insbesondere von Kapitalgesellschaften bei Anwendung der Interessentheorie weitgehend leer (vgl. Winkler, jurisPR-StrafR 16/2009 Anm. 1). Besonders augenfällig wird dies in Fällen der Ein-MannGmbH , in denen der Gesellschafter/Geschäftsführer der Gesellschaft angesichts der drohenden Insolvenz zur Benachteiligung der Gläubiger Vermögen entzieht und auf seine privaten Konten umleitet, nach wirtschaftlicher Betrachtung also aus eigennützigen Motiven handelt. Nach der Interessentheorie ist er nicht des Bankrotts schuldig, obwohl er die Insolvenz gezielt herbeigeführt hat (vgl. BGH, Urteil vom 20. Mai 1981 - 3 StR 94/81, BGHSt 30, 127, 128 f.; kritisch dazu LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., Vor §§ 283 ff. Rn. 80, 85).
17
Während Einzelkaufleute in vergleichbaren Fällen regelmäßig wegen Bankrotts strafbar sind, entstehen so Strafbarkeitslücken für Vertreter oder Organe von Kapitalgesellschaften. Dies lässt sich nicht mit der Intention des Gesetzgebers vereinbaren, durch die Regelung des § 14 StGB Strafbarkeitslücken zu schließen. Zudem wird angesichts der besonderen Insolvenzanfälligkeit von in der Rechtsform der GmbH betriebenen Unternehmen der Schutzzweck der Insolvenzdelikte konterkariert (vgl. BGH, Beschluss vom 1. September 2009 - 1 StR 301/09, BGHR StGB § 283 Abs. 1 Geschäftsführer 4; SK-StGB/Hoyer, § 283 Rn. 103 [Stand: März 2002]; MünchKommStGB/Radtke, 1. Aufl., Vor §§ 283 ff. Rn. 55). Das gilt insbesondere, wenn man die Interessenformel kon- sequent auch auf die Bankrotthandlungen anwendet, die die Verletzung von Buchführungs- oder Bilanzierungspflichten sanktionieren (§ 283 Abs. 1 Nr. 5-7 StGB): Entfällt wegen des fehlenden Interesses der Gesellschaft die Bankrottstrafbarkeit , scheitert eine Verurteilung wegen Untreue regelmäßig am nicht festzustellenden oder nicht nachzuweisenden Vermögensschaden der Gesellschaft (vgl. Arloth, NStZ 1990, 570, 572; LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., Vor §§ 283 ff. Rn. 84).
18
Über die nicht gerechtfertigte Privilegierung von GmbH-Geschäftsführern gegenüber Einzelkaufleuten hinaus wird der Zweck der § 283 Abs. 1 Nr. 5-8, § 283b StGB unterlaufen, der Verstöße gegen Buchführungs- und Bilanzierungsvorschriften wegen der besonderen Gefahr von Fehleinschätzungen mit schwerwiegenden wirtschaftlichen Folgen als eigenständiges Unrecht erfassen will (vgl. Arloth, NStZ 1990, 570, 572). Angesichts der dort genannten objektiven Anforderungen wäre kaum verständlich, dass daneben noch auf ein - zudem oft schwerlich zu ermittelndes - subjektives Interesse abzustellen sein soll (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2011 - 5 StR 122/11, StV 2012, 216; S/S-Perron, StGB, 28. Aufl., § 14 Rn. 26 mwN). Es besteht auch kein Anlass, bei der Auslegung des § 14 StGB im Hinblick auf § 283 Abs. 1 Nr. 5-7, § 283b StGB andere Anforderungen zu stellen als etwa im Rahmen des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB, da § 14 StGB eine der Rechtsvereinheitlichung dienende allgemeine Vorschrift darstellt (BT-Drucks. 5/1319 S. 62).
19
Überdies erscheint es problematisch, bei Fahrlässigkeits- und Unterlassungstaten die Zurechnung davon abhängig zu machen, in wessen Interesse der Vertreter handelte oder untätig blieb (vgl. S/S-Perron, StGB, 28. Aufl., § 14 Rn. 26). Ähnliches gilt bei nicht eigennützigem Verhalten, etwa bei der Zerstörung von Vermögensbestandteilen (§ 283 Abs. 1 Nr. 1 Var. 3 StGB), da ein solches bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise (vgl. BGH, Urteil vom 20. Mai 1981 - 3 StR 94/81, BGHSt 30, 127, 128 mwN) weder im Interesse des Vertreters noch des Vertretenen liegt (vgl. Brand, NStZ 2010, 9, 11).
20
dd) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Interessentheorie bei Vertretern von Personengesellschaften für die praktisch relevanten Fälle, dass die Gesellschafter der Bankrotthandlung zustimmen (vgl. dazu Labsch, wistra 1985, 1, 7), zudem nicht durchgehalten worden; ein Handeln, das aus wirtschaftlicher Sicht im vollständigen Widerstreit zu den Interessen der vertretenen Gesellschaft steht, soll etwa bei der Kommanditgesellschaft gleichwohl von dem durch das Einverständnis erweiterten Auftrag des Schuldners - also der Gesellschaft - gedeckt sein, wenn der Komplementär zustimmt (BGH, Urteil vom 6. November 1986 - 1 StR 327/86, BGHSt 34, 221, 223 f. = BGH StV 1988, 14, 15 m. Anm. Weber). Die Einschränkung der Interessentheorie sei insbesondere aus Gründen des Gläubigerschutzes geboten (BGH, Urteil vom 6. November 1986 - 1 StR 327/86, BGHSt 34, 221, 224). Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof in der Folge auch auf Fälle der GmbH & Co. KG erstreckt, in denen der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH die Bankrotthandlungen mit Zustimmung der Gesellschafter dieser Kapitalgesellschaft und damit der Komplementärin vorgenommen hatte (BGH, Urteil vom 12. Mai 1989 - 3 StR 55/89, wistra 1989, 264, 267; aA BGH, Urteil vom 29. November 1983 - 5 StR 616/83, wistra 1984, 71; BGH, Urteil vom 17. März 1987 - 5 StR 272/86, JR 1988, 254, 255 f. m. abl. Anm. Gössel; offen gelassen von BGH, Urteil vom 3. Mai 1991 - 2 StR 613/90, NJW 1992, 250, 252). Der Gläubigerschutz hat aber bei den in der Rechtsform der GmbH betriebenen Gesellschaften kein geringeres Gewicht als bei Personengesellschaften oder insbesondere der Mischform der GmbH & Co. KG, so dass mit dieser Argumentation nicht nachvollziehbar erscheint, warum die Zustimmung der Gesellschafter einer Komplementär-GmbH den Auftrag des Geschäftsführers erweitern kann, das Einverständnis der Gesellschafter bei einer reinen Kapitalgesell- schaft für die Frage, ob der Geschäftsführer als Organ oder im Auftrag der Gesellschaft handelt, hingegen bedeutungslos sein soll.
21
Auch in Bezug auf die Buchführungs- und Bilanzdelikte hat der Bundesgerichtshof nicht einheitlich an der Interessentheorie festgehalten, sondern diese - teils ausdrücklich, teils stillschweigend - in Frage gestellt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. Dezember 2011 - 5 StR 122/11, StV 2012, 216; vom 24. Mai 2009 - 5 StR 353/08, NStZ 2009, 635, 636; vom 18. Januar 1995 - 2 StR 693/94, wistra 1995, 146 f.; anders etwa BGH, Beschluss vom 14. Dezember 1999 - 5 StR 520/99, NStZ 2000, 206, 207).
22
c) Kommt es für ein Handeln als Vertretungsberechtigter im Sinne des § 14 Abs. 1 StGB nicht (mehr) darauf an, ob dieses im Interesse des Geschäftsherrn liegt, ist auf andere taugliche Abgrenzungskriterien Bedacht zu nehmen (dazu bereits BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2009 - 3 StR 372/08, NJW 2009, 2225, 2228; vom 15. September 2011 - 3 StR 118/11, NStZ 2012, 89, 91). Entscheidend bleibt, dass der Handelnde gerade in seiner Eigenschaft als vertretungsberechtigtes Organ, also im Geschäftskreis des Vertretenen (BGH aaO), und nicht bloß "bei Gelegenheit" tätig wird (vgl. BTDrucks. 14/8998 S. 8; 5/1319 S. 63). Dabei kann zwischen rechtsgeschäftlichem und sonstigem Handeln zu differenzieren sein (vgl. MünchKommStGB /Radtke, 2. Aufl., § 14 Rn. 65 ff.; S/S-Perron, StGB, 28. Aufl., § 14 Rn. 26; ausdrücklich anders noch BGH, Urteil vom 20. Mai 1981 - 3 StR 94/81, BGHSt 30, 127, 129).
23
Handelt ein Organwalter rechtsgeschäftlich, ist ein organschaftliches Tätigwerden jedenfalls dann naheliegend gegeben, wenn er im Namen der juristischen Person auftritt oder für diese aufgrund der bestehenden Vertretungsmacht bindende Rechtsfolgen zumindest im Außenverhältnis herbeiführt (vgl.
BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2009 - 3 StR 372/08, NJW 2009, 2225, 2228; vom 15. September 2011 - 3 StR 118/11, NStZ 2012, 89, 91 m. Anm. Radtke/Hoffmann). Das Handeln des Vertretungsberechtigten als Organ wird etwa dadurch deutlich, dass er lediglich aufgrund seiner besonderen Organstellung überhaupt in der Lage ist, die vertretene juristische Person rechtlich zu binden. Diese Wirkung könnte er nicht herbeiführen, wenn er nicht als vertretungsberechtigtes Organ, sondern - gleichsam wie ein Außenstehender - als natürliche (Privat-) Person agierte (vgl. Arloth, NStZ 1990, 570, 574).
24
Eine Zurechnung der Schuldnereigenschaft ist auch in den Fällen möglich , in denen der Vertretungsberechtigte aufgrund seiner Stellung außerstrafrechtliche , aber gleichwohl strafbewehrte Pflichten des Vertretenen zu erfüllen hat (s. LK/Tiedemann, 12. Aufl., Vor §§ 283 ff. Rn. 84; NK-StGB-Kindhäuser, 3. Aufl., Vor §§ 283 bis 283d Rn. 54).
25
Dagegen erscheint die Abgrenzung bei einem bloß faktischen Handeln problematischer. Ein solches kann jedenfalls dann Grundlage für eine Zurechnung sein, wenn eine Zustimmung des Vertretenen vorliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 15. September 2011 - 3 StR 118/11, NStZ 2012, 89, 91; weitergehend BGH, Beschluss vom 10. Januar 2012 - 4 ARs 17/11, wistra 2012, 191; s. auch MünchKommStGB/Radtke, 2. Aufl., § 14 Rn. 67 f.; Valerius, NZWiSt 2012, 65, 66).
26
Es bedarf hier keiner abschließenden Klärung, unter welchen Voraussetzungen im Einzelnen bei rein tatsächlichen Verhaltensweisen eine Zurechnung nach § 14 StGB in Betracht kommt; denn ein solches liegt nicht vor. Der Geschäftsführer K. ist rechtsgeschäftlich tätig geworden. Er verschaffte sich die Beträge im Wesentlichen durch Überweisungen, die er als Geschäftsführer der GmbH mit Wirkung für diese vornahm.
27
d) Der Senat ist durch die bislang ergangenen Entscheidungen nicht daran gehindert, eine Strafbarkeit der Angeklagten wegen Beihilfe zum Bankrott anzunehmen, obschon der Geschäftsführer der S. GmbH Gesellschaftsvermögen nicht im Interesse der GmbH, sondern in eigenem Interesse beiseite schaffte. Auf Anfrage (§ 132 Abs. 3 Satz 1 GVG) haben sämtliche anderen Strafsenate erklärt, an ihrer insoweit entgegenstehenden früheren Rechtsauffassung nicht festzuhalten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. November 2011 - 1 ARs 19/11, wistra 2012, 113; vom 22. Dezember 2011 - 2 ARs 403/11; vom 10. Januar 2012 - 4 ARs 17/11, wistra 2012, 191; vom 7. Februar 2012 - 5 ARs 64/11). Auch der Senat selbst gibt seine entgegenstehende Rechtsansicht auf.
28
2. Das Landgericht hat die Strafbarkeit wegen Beihilfe zur Untreue (§§ 266, 27 StGB) ebenfalls rechtsfehlerfrei angenommen.
29
Der Geschäftsführer K. verursachte durch die vorgenommenen Verfügungen einen Vermögensnachteil der S. GmbH. Dies geschah pflichtwidrig , auch wenn die Angeklagten - durch die G. S. GmbH und die S. KG vermittelt - letztlich als natürliche Personen hinter der S. GmbH standen und damit einverstanden waren; denn ein solches Einverständnis ist jedenfalls dann unbeachtlich, wenn die betreffenden Verfügungen - wie hier - die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft gefährden. Hierzu gilt im Einzelnen:
30
Ein - wirksames - Einverständnis des Inhabers des zu betreuenden Vermögens schließt bereits die Tatbestandsmäßigkeit aus, weil die Pflichtwidrigkeit des Handelns Merkmal des Untreuetatbestandes ist (BGH, Urteil vom 24. Juni 2010 - 3 StR 90/10, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Missbrauch 7 mwN). Vermögensträgerin ist die GmbH selbst, Vermögensträger sind nicht die einzelnen Gesellschafter. Allerdings tritt an die Stelle des Vermögensinhabers bei juristi- schen Personen deren oberstes Willensorgan für die Regelung der inneren Angelegenheiten (BGH aaO), bei einer GmbH also die Gesamtheit ihrer Gesellschafter (BGH, Urteil vom 27. August 2010 - 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 278). Indes kann auch diese nicht unbeschränkt in Vermögensverfügungen einwilligen. Vielmehr ist ein Einverständnis nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, an welcher der Senat festhält, bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung ausgeschlossen, wenn unter Verstoß gegen Gesellschaftsrecht die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft gefährdet wird, namentlich durch Beeinträchtigung des Stammkapitals entgegen § 30 GmbHG, durch Herbeiführung oder Vertiefung einer Überschuldung oder durch Gefährdung der Liquidität (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 30. August 2011 - 3 StR 228/11, NStZ-RR 2012, 80; Beschluss vom 31. Juli 2009 - 2 StR 95/09, BGHSt 54, 52, 57 f.; Beschluss vom 30. September 2004 - 4 StR 381/04, NStZRR 2005, 86; Urteil vom 13. Mai 2004 - 5 StR 73/03, BGHSt 49, 147, 157 ff. [zur AG]; Urteil vom 20. Juni 1999 - 1 StR 668/98, NJW 2000, 154, 155; s. auch Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 266 Rn. 20a; MünchKommStGB/Dierlamm, 2006, § 266 Rn. 133 ff.; LK/Rönnau, StGB, 12. Aufl., Vor § 32 Rn. 178; LK/Schünemann, StGB, 11. Aufl., § 266 Rn. 125; ablehnend SK-StGB/Hoyer, § 266 Rn. 70 [Stand: Juli 2010]; S/S-Perron, StGB, 28. Aufl., § 266 Rn. 21b; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 266 Rn. 99; SSW-StGB/Saliger, 2009, § 266 Rn. 86). Eine solche Sachlage, die einem wirksamen Einverständnis entgegensteht, ist durch die vom Landgericht getroffenen Feststellungen belegt.
31
Es stellt entgegen einer vielfach im Schrifttum geäußerten Auffassung (s. z.B. Labsch, wistra 1985, 1, 7 f.; Arloth, NStZ 1990, 570, 573; Kasiske JR 2011, 235, 240; SK-StGB/Hoyer, § 266 Rn. 73 [Stand: Juli 2010]) keinen Wertungswiderspruch dar, die mit Zustimmung der Gesellschafter vorgenommene Entnahme von Vermögenswerten durch den Geschäftsführer sowohl als Bankrott als auch als Untreue zu beurteilen. Ein Eingriff in das Gesellschaftsvermögen kann gleichzeitig verschiedene Rechtsgüter beeinträchtigen, die durch die unterschiedlichen Strafvorschriften geschützt sind: Während der Untreuetatbestand das Vermögen des Treugebers wahren soll, dienen die Bankrottbestimmungen dem Schutz der Insolvenzmasse im Interesse der Gläubiger (vgl. BGH, Urteile vom 20. Juli 1999 - 1 StR 668/98, NJW 2000, 154, 155; vom 4. April 1979 - 3 StR 488/78, BGHSt 28, 371, 372 f.). Angesichts der eigenen Rechtspersönlichkeit der GmbH (§ 13 GmbHG) kann in den Fällen, in denen ein Einverständnis der Gesellschafter mit der Vermögensverfügung aus den dargelegten Gründen ausgeschlossen ist, ein Eingriff in das betreute Vermögen mithin die Strafbarkeit sowohl wegen Untreue als auch wegen Bankrotts begründen (s. BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2009 - 3 StR 372/08, NJW 2009, 2225, 2228; vom 15. September 2011 - 3 StR 118/11, NStZ 2012, 89, 91 m. zust. Anm. Radtke/Hoffmann; LK/Schünemann, StGB, 11. Aufl., § 266 Rn. 125, 171; aA etwa SK-StGB/Hoyer, § 266 Rn. 73 [Stand: Juli 2010]; S/S-Perron, StGB, 28. Aufl., § 266 Rn. 21b mwN).
32
Es bleibt dabei, dass die Untreue den Schutz des betreuten Vermögens, nämlich des Vermögens der GmbH, zum Gegenstand hat. Die Unwirksamkeit des Einverständnisses dient gerade diesem Vermögensschutz, unabhängig davon, dass dies mittelbar auch den Gläubigern zugutekommt (vgl. Radtke, GmbHR 2012, 28, 30; Ransiek, wistra 2005, 121, 122). Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kapitalschutz nach § 30 GmbHG nicht ausschließlich den Gläubigern eine Befriedigungsreserve, sondern überdies der GmbH nach Möglichkeit ein ihren Bestand schützendes Mindestbetriebsvermögen sichern soll (s. BGH, Urteile vom 24. November 2003 - II ZR 171/01, BGHZ 157, 72, 75; vom 17. März 2008 - II ZR 24/07, BGHZ 176, 62, 65; Hommelhoff in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl., § 30 Rn. 1). Es bestehen somit gesetzlich gewährleistete Eigeninteressen der GmbH (BGH, Urteil vom 10. Juli 1996 - 3 StR 50/96, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 37; s. auch BGH, Urteil vom 13. Mai 2004 - 5 StR 73/03, BGHSt 49, 147, 157 ff.), die von den Interessen der Gesellschafter unabhängig sind und daher deren Dispositionsmöglichkeit begrenzen. Becker Pfister RiBGH Dr. Schäfer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Mayer Menges

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

1.
Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
2.
in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
3.
Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt,
4.
Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt,
5.
Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
6.
Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
7.
entgegen dem Handelsrecht
a)
Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b)
es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder
8.
in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.

(2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit wenigstens fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit wenigstens leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 118/11
vom
15. Mai 2012
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
Die Strafbarkeit des Geschäftsführers einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung
wegen Bankrotts setzt nicht voraus, dass die Tathandlung im Interesse der
Gesellschaft liegt (Aufgabe der "Interessentheorie").
BGH, Beschluss vom 15. Mai 2012 - 3 StR 118/11 - LG Oldenburg
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Beihilfe zur Untreue u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 15. Mai 2012 gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 27. September 2010 werden verworfen. Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Beihilfe zur Untreue in Tateinheit mit Beihilfe zum Bankrott zu Geldstrafen verurteilt, nachdem der Senat (mit Beschluss vom 10. Februar 2009 - 3 StR 372/08, NJW 2009, 2225) eine in derselben Sache zuvor ergangene Verurteilung wegen Beihilfe zum Bankrott aufgrund unzureichender Feststellungen aufgehoben hatte. Die gegen die (erneute ) Verurteilung gerichteten Revisionen der Angeklagten, die sie auf Verfahrensrügen und sachlich-rechtliche Beanstandungen stützen, haben keinen Erfolg.

I.

2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts waren die Angeklagten zu nahezu gleichen Teilen an der nach dem Tode des Vaters übernommenen G. S. Gruppe beteiligt. Der Angeklagte S. war Geschäftsführer der G. S. GmbH mit Sitz in E. . Diese Gesellschaft war Komplementärin der am selben Ort ansässigen G. S. GmbH & Co. KG (im Folgenden: S. KG), deren alleinige Kommanditisten der Angeklagte S. zu 51 Prozent und die Angeklagte L. , geborene S. , zu 49 Prozent waren. Die S. KG fungierte als Besitzgesellschaft und hielt die Anteile an der in N. ansässigen G. S. GmbH (im Folgenden: S. GmbH) sowie an der ebenfalls in N. ansässigen Se. Zucht- und Mastenten GmbH (im Folgenden: Se. GmbH), die wiederum die Anteile an weiteren Produktionsgesellschaften hielt. Der Angeklagte S. war auch in der S. GmbH und der Se. GmbH jeweils Geschäftsführer, der Angeklagten L. war Prokura erteilt.
3
Die Angeklagten betrieben bis zum Jahr 2002 mit wirtschaftlichem Erfolg u.a. unter der Marke "B. Enten" die Entenzucht und den weltweiten Vertrieb von Entenprodukten. Ein Umsatzeinbruch führte im Frühjahr 2003 zu einem erhöhten Kreditbedarf. Es kam zu verschiedenen Verhandlungen mit den beiden Hausbanken. Als nach einem Gespräch am 13. Februar 2004 den Kreditwünschen nicht entsprochen wurde, erkannten die Angeklagten, dass der Bestand ihres Unternehmens ernsthaft in Gefahr war. Sie bemühten sich daraufhin - wie bereits zuvor - um eine Umschuldung und die Gewinnung eines weiteren Gesellschafters, blieben damit aber erfolglos.
4
In dieser Situation bestellten die Angeklagten zum 1. März 2004 den ehemaligen Mitangeklagten K. zum Geschäftsführer der G. S. GmbH sowie der S. GmbH und der Se. GmbH. Der Angeklagte S. schied als Geschäftsführer aus, die Prokura der Angeklagten L. wurde widerrufen. Da der neue Geschäftsführer über keine Erfahrung in der Branche verfügte, blieben die Angeklagten weiter für die Gesellschaften tätig, wofür sie vom neuen Geschäftsführer pauschal jeweils 250.000 € erhalten sollten. Wegen der angespannten Liquiditätslage der Gesellschaften vereinbarten die Angeklagten mit dem früheren Mitangeklagten eine rein erfolgsabhängige Geschäftsführervergütung. Es kam indes nur zu einem nach dieser Vereinbarung provisionspflichtigen Geschäftsabschluss mit einem Volumen von 1,67 Mio. €, weitere in Aussicht genommene Verträge kamen nicht zustande.
5
In einem Gespräch mit Bankvertretern am 8. März 2004 kündigte K. an, zur Verbesserung der Liquidität Reserven aufzulösen. Die Bankvertreter untersagten ihm daraufhin weitere Verfügungen über den Banken zustehendes Sicherungsgut ohne deren Zustimmung, weil sie befürchteten, K. wolle Waren oder Güter verschleudern. Tatsächlich hatte er schon am 27. Februar 2004 zusammen mit dem Angeklagten S. 1.475 Tonnen Enten- fleisch zum Gesamtpreis von 1,67 Mio. € - und damit erheblich unter den Gestehungskosten - verkauft und dabei die Bezahlung mit LZB-Schecks vereinbart , die sodann nicht bei den Hausbanken, sondern bei anderen Banken eingelöst wurden. Die Hausbanken wurden davon nicht informiert, der Gegenwert der Schecks wurde nicht an diese abgeführt. Dies verstieß sowohl hinsichtlich der Preisgestaltung als auch hinsichtlich der Entgegennahme des Kaufpreises gegen die mit den Banken bestehende Globalzessionsabrede. Ab 1. März 2004 ließ sich K. eingehende Schecks vorlegen und brachte diese unter Umgehung der Buchhaltung neu eröffneten Konten gut. Insgesamt reichte er in den folgenden Wochen Schecks im Wert von rund 3 Mio. € bei anderen Banken ein. In Absprache mit den Angeklagten, die auch sonst über alle wesentlichen Vorgänge informiert waren, verlagerte K. ab Ende März 2004 das operative Geschäft auf die "LM. GmbH". Diese Gesellschaft war die einzige innerhalb der S. -Firmengruppe, die keine unmittelbaren vertraglichen Beziehungen zu den Hausbanken hatte.
6
Mit Schreiben vom 9. März 2004 verlangten die Hausbanken binnen drei Tagen u.a. die Vorlage eines Liquiditätsstatus und eine Übersicht über bereits veräußertes Sicherungsgut und drohten für den Fall des fruchtlosen Verstreichens der Frist mit der außerordentlichen Kündigung des Kreditengagements. K. vertröstete sie auf den 23. März 2004. Die Banken kündigten daraufhin am 15. März 2004 und am 23. März 2004 die gesamte Geschäftsverbindung und setzten für die bestehenden Verbindlichkeiten aller Gesellschaften, insgesamt fast 23 Mio. €, eine Zahlungsfrist bis zum 2. April 2004. Weder die S. GmbH noch die S. -Gruppe in ihrer Gesamtheit waren in der Lage, diese Forderung bei Fälligkeit oder in den folgenden drei Wochen zu begleichen.
7
Anfang April 2004 stellte der Geschäftsführer K. in Absprache und nach Vereinbarung mit den Angeklagten der S. GmbH und der Se. GmbH drei Rechnungen über insgesamt fast 2 Mio. €, die nunmehr - entgegen der ursprünglichen Vereinbarung - auch eine erfolgsunabhängige Vergütung sowie Erfolgshonorare für tatsächlich nicht zustande gekommene Geschäfte zum Gegenstand hatten, und vereinnahmte diesen Betrag (abzüglich bereits erhaltener 250.000 €) letztlich aus dem Vermögen der S. GmbH. Nach der ursprünglichen Vereinbarung hätte ihm ein Anspruch in Höhe von allenfalls knapp 200.000 € zugestanden. Die Angeklagten waren einverstanden, weil sie sich aus den Beträgen, die K. erhielt, ihrerseits je 250.000 € erwarteten und mit Hilfe dieser Summe mit der zwischenzeitlich von ihnen erworbenen Gesellschaft "LM. GmbH" und der Marke "B. Enten" einen Neustart des Familienunternehmens schaffen wollten. Sie kannten die fehlende Berechtigung der Forderungen und wussten zum Zeitpunkt ihrer Zustimmung um die wirtschaftliche Lage der Unternehmensgruppe, insbesondere, dass eine infolge der Kündigungen erforderliche fristgerechte Zahlung der bei den Banken bestehenden Verbindlichkeiten nicht geleistet werden konnte und sich die S. -Gruppe daher im Zustand der drohenden Zahlungsunfähigkeit befand. K. zahlte aus dem entnommenen Betrag an die beiden Angeklagten insgesamt 500.000 €. Über das Vermögen der S. GmbH und der Se. GmbH wurde auf Antrag der Banken das Insolvenzverfahren eröffnet.
8
2. Das Landgericht hat das Verhalten des früheren Mitangeklagten K. - die Entnahme von rund 1,7 Mio. €, auf die ein Rechtsanspruch nicht bestand - als Untreue zum Nachteil der S. GmbH gewertet. Es hat ausgeführt, dass das Einverständnis der Angeklagten wegen der Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz der Gesellschaft durch die Entnahme unwirksam sei. Zugleich hat es das Verhalten als Bankrotthandlung nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB angesehen. Zwar habe der Geschäftsführer K. nicht im Interesse der S. GmbH, sondern eigennützig gehandelt, hierauf komme es indes nicht an. Das Verhalten der Angeklagten hat das Landgericht als Beihilfe zu den Taten des früheren Mitangeklagten K. beurteilt.

II.

9
Die gegen das Urteil von beiden Angeklagten übereinstimmend erhobenen Verfahrensrügen sind, wie vom Generalbundesanwalt dargelegt, im Ergebnis unbegründet. Die Sachrüge hat ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Der näheren Erörterung bedarf insoweit lediglich die (zutreffende) rechtliche Würdigung des Landgerichts.
10
1. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass sich der frühere Mitangeklagte als Geschäftsführer der S. GmbH wegen Bankrotts unabhängig davon strafbar machte, dass er eigennützig und zum Schaden der Gesellschaft handelte, und die Angeklagten dazu Beihilfe leisteten.
11
a) Der Bundesgerichtshof ist bislang - die Rechtsprechung des Reichsgerichts (Urteil vom 29. März 1909 - III 877/08, RGSt 42, 278, 282; aA indes RG, Urteil vom 22. Dezember 1938 - 2 D 581/38, RGSt 73, 68, 70) fortführend - in ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen, dass der Geschäftsführer einer GmbH sich wegen Bankrotts nach § 283 Abs. 1 Nr. 1, § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB nur strafbar machen könne, wenn er die Tathandlung für die GmbH und (zumindest auch) in deren Interesse vorgenommen hat (vgl. etwa BGH, Urteile vom 20. Mai 1981 - 3 StR 94/81, BGHSt 30, 127, 128; vom 5. Oktober 1954 - 2 StR 447/53, BGHSt 6, 314, 316 f.; vom 6. November 1986 - 1 StR 327/86, BGHSt 34, 221, 223; Beschluss vom 14. Dezember 1999 - 5 StR 520/99, NStZ 2000, 206, 207, jeweils mwN; s. auch LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., Vor §§ 283 ff. Rn. 79 ff.; Arloth, NStZ 1990, 570 ff.). Dieser als "Interessentheorie" bezeichneten Ansicht liegt die Auffassung zugrunde, dass das Gesellschaftsorgan nicht in dieser Eigenschaft handele, wenn ein Bezug zum - durch den Interessenkreis bestimmten - Geschäftsbetrieb fehle (RG, Urteil vom 29. März 1909 - III 877/08, RGSt 42, 278, 282). Daher hat die bisherige Rechtsprechung eine Strafbarkeit wegen Bankrotts abgelehnt, wenn der Vertreter ausschließlich im eigenen Interesse handelt.
12
b) An der Interessentheorie hält der Senat nicht weiter fest, da sich weder aus dem Gesetzeswortlaut noch nach dem Gesetzeszweck eine solche auf das Interesse des Vertretenen abstellende Einschränkung ergibt und sie berechtigte Kritik erfahren hat.
13
aa) Der Gesetzeswortlaut stellt für die Zurechnung nicht auf das Interesse des Vertretenen ab: Nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 StGB kommt die Strafbarkeit des Geschäftsführers einer GmbH bei Bankrotttaten in Betracht, wenn er "als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person" gehandelt hat. Dies setzt neben der Organstellung als solcher voraus, dass der Vertretungsberechtigte in seiner Eigenschaft als Organ gehandelt hat (vgl. BT-Drucks. 5/1319 S. 63; BT-Drucks. 14/8998 S. 8: " 'in Ausübung' seiner Funktion"). Eine nähere Konkretisierung, wann ein Vertretungsberechtigter gerade in dieser Eigenschaft handelt, enthält der Gesetzeswortlaut nicht.
14
bb) Der vom Gesetzgeber mit der Regelung des § 14 StGB verfolgte Zweck besteht - ebenso wie bei dem zuvor geltenden § 50a StGB - darin, den Anwendungsbereich von Straftatbeständen allgemein auf Personen zu erweitern , die in einem bestimmten Vertretungs- oder Auftragsverhältnis für den Normadressaten handeln, und die kriminalpolitisch nicht erträgliche Lücke zu schließen, die sich daraus ergibt, dass der Normadressat mangels Handlung und der Handelnde deshalb nicht zur Verantwortung gezogen werden kann, weil er nicht Normadressat ist (BT-Drucks. 5/1319 S. 62). Dieser Regelungszweck spricht nicht für eine einschränkende Normauslegung.
15
cc) Mit der dargelegten Intention des § 14 StGB lässt sich insbesondere nicht vereinbaren, dass die Interessentheorie im Ergebnis bei einer Vielzahl von Taten einer Strafbarkeit nach § 283 StGB entgegensteht, weil der Vermögensträger als juristische Person und die handelnde natürliche Person auseinanderfallen.
16
So lässt die Interessentheorie für die Insolvenzdelikte nur einen geringen Anwendungsbereich, wenn Schuldner im Sinne des § 283 StGB eine Handelsgesellschaft ist (LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., Vor §§ 283 ff. Rn. 80; SKStGB /Hoyer, § 283 Rn. 103 [Stand: März 2002]; MünchKommStGB/Radtke, 1. Aufl., Vor §§ 283 ff. Rn. 55; Labsch, wistra 1985, 1, 6 ff.; jeweils mwN); denn die in § 283 StGB aufgezählten Bankrotthandlungen widersprechen ganz überwiegend dem wirtschaftlichen Interesse der Gesellschaft. Damit läuft bei Anwendung der Interessentheorie der vom Gesetzgeber intendierte Gläubigerschutz in der wirtschaftlichen Krise insbesondere von Kapitalgesellschaften bei Anwendung der Interessentheorie weitgehend leer (vgl. Winkler, jurisPR-StrafR 16/2009 Anm. 1). Besonders augenfällig wird dies in Fällen der Ein-MannGmbH , in denen der Gesellschafter/Geschäftsführer der Gesellschaft angesichts der drohenden Insolvenz zur Benachteiligung der Gläubiger Vermögen entzieht und auf seine privaten Konten umleitet, nach wirtschaftlicher Betrachtung also aus eigennützigen Motiven handelt. Nach der Interessentheorie ist er nicht des Bankrotts schuldig, obwohl er die Insolvenz gezielt herbeigeführt hat (vgl. BGH, Urteil vom 20. Mai 1981 - 3 StR 94/81, BGHSt 30, 127, 128 f.; kritisch dazu LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., Vor §§ 283 ff. Rn. 80, 85).
17
Während Einzelkaufleute in vergleichbaren Fällen regelmäßig wegen Bankrotts strafbar sind, entstehen so Strafbarkeitslücken für Vertreter oder Organe von Kapitalgesellschaften. Dies lässt sich nicht mit der Intention des Gesetzgebers vereinbaren, durch die Regelung des § 14 StGB Strafbarkeitslücken zu schließen. Zudem wird angesichts der besonderen Insolvenzanfälligkeit von in der Rechtsform der GmbH betriebenen Unternehmen der Schutzzweck der Insolvenzdelikte konterkariert (vgl. BGH, Beschluss vom 1. September 2009 - 1 StR 301/09, BGHR StGB § 283 Abs. 1 Geschäftsführer 4; SK-StGB/Hoyer, § 283 Rn. 103 [Stand: März 2002]; MünchKommStGB/Radtke, 1. Aufl., Vor §§ 283 ff. Rn. 55). Das gilt insbesondere, wenn man die Interessenformel kon- sequent auch auf die Bankrotthandlungen anwendet, die die Verletzung von Buchführungs- oder Bilanzierungspflichten sanktionieren (§ 283 Abs. 1 Nr. 5-7 StGB): Entfällt wegen des fehlenden Interesses der Gesellschaft die Bankrottstrafbarkeit , scheitert eine Verurteilung wegen Untreue regelmäßig am nicht festzustellenden oder nicht nachzuweisenden Vermögensschaden der Gesellschaft (vgl. Arloth, NStZ 1990, 570, 572; LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., Vor §§ 283 ff. Rn. 84).
18
Über die nicht gerechtfertigte Privilegierung von GmbH-Geschäftsführern gegenüber Einzelkaufleuten hinaus wird der Zweck der § 283 Abs. 1 Nr. 5-8, § 283b StGB unterlaufen, der Verstöße gegen Buchführungs- und Bilanzierungsvorschriften wegen der besonderen Gefahr von Fehleinschätzungen mit schwerwiegenden wirtschaftlichen Folgen als eigenständiges Unrecht erfassen will (vgl. Arloth, NStZ 1990, 570, 572). Angesichts der dort genannten objektiven Anforderungen wäre kaum verständlich, dass daneben noch auf ein - zudem oft schwerlich zu ermittelndes - subjektives Interesse abzustellen sein soll (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2011 - 5 StR 122/11, StV 2012, 216; S/S-Perron, StGB, 28. Aufl., § 14 Rn. 26 mwN). Es besteht auch kein Anlass, bei der Auslegung des § 14 StGB im Hinblick auf § 283 Abs. 1 Nr. 5-7, § 283b StGB andere Anforderungen zu stellen als etwa im Rahmen des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB, da § 14 StGB eine der Rechtsvereinheitlichung dienende allgemeine Vorschrift darstellt (BT-Drucks. 5/1319 S. 62).
19
Überdies erscheint es problematisch, bei Fahrlässigkeits- und Unterlassungstaten die Zurechnung davon abhängig zu machen, in wessen Interesse der Vertreter handelte oder untätig blieb (vgl. S/S-Perron, StGB, 28. Aufl., § 14 Rn. 26). Ähnliches gilt bei nicht eigennützigem Verhalten, etwa bei der Zerstörung von Vermögensbestandteilen (§ 283 Abs. 1 Nr. 1 Var. 3 StGB), da ein solches bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise (vgl. BGH, Urteil vom 20. Mai 1981 - 3 StR 94/81, BGHSt 30, 127, 128 mwN) weder im Interesse des Vertreters noch des Vertretenen liegt (vgl. Brand, NStZ 2010, 9, 11).
20
dd) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Interessentheorie bei Vertretern von Personengesellschaften für die praktisch relevanten Fälle, dass die Gesellschafter der Bankrotthandlung zustimmen (vgl. dazu Labsch, wistra 1985, 1, 7), zudem nicht durchgehalten worden; ein Handeln, das aus wirtschaftlicher Sicht im vollständigen Widerstreit zu den Interessen der vertretenen Gesellschaft steht, soll etwa bei der Kommanditgesellschaft gleichwohl von dem durch das Einverständnis erweiterten Auftrag des Schuldners - also der Gesellschaft - gedeckt sein, wenn der Komplementär zustimmt (BGH, Urteil vom 6. November 1986 - 1 StR 327/86, BGHSt 34, 221, 223 f. = BGH StV 1988, 14, 15 m. Anm. Weber). Die Einschränkung der Interessentheorie sei insbesondere aus Gründen des Gläubigerschutzes geboten (BGH, Urteil vom 6. November 1986 - 1 StR 327/86, BGHSt 34, 221, 224). Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof in der Folge auch auf Fälle der GmbH & Co. KG erstreckt, in denen der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH die Bankrotthandlungen mit Zustimmung der Gesellschafter dieser Kapitalgesellschaft und damit der Komplementärin vorgenommen hatte (BGH, Urteil vom 12. Mai 1989 - 3 StR 55/89, wistra 1989, 264, 267; aA BGH, Urteil vom 29. November 1983 - 5 StR 616/83, wistra 1984, 71; BGH, Urteil vom 17. März 1987 - 5 StR 272/86, JR 1988, 254, 255 f. m. abl. Anm. Gössel; offen gelassen von BGH, Urteil vom 3. Mai 1991 - 2 StR 613/90, NJW 1992, 250, 252). Der Gläubigerschutz hat aber bei den in der Rechtsform der GmbH betriebenen Gesellschaften kein geringeres Gewicht als bei Personengesellschaften oder insbesondere der Mischform der GmbH & Co. KG, so dass mit dieser Argumentation nicht nachvollziehbar erscheint, warum die Zustimmung der Gesellschafter einer Komplementär-GmbH den Auftrag des Geschäftsführers erweitern kann, das Einverständnis der Gesellschafter bei einer reinen Kapitalgesell- schaft für die Frage, ob der Geschäftsführer als Organ oder im Auftrag der Gesellschaft handelt, hingegen bedeutungslos sein soll.
21
Auch in Bezug auf die Buchführungs- und Bilanzdelikte hat der Bundesgerichtshof nicht einheitlich an der Interessentheorie festgehalten, sondern diese - teils ausdrücklich, teils stillschweigend - in Frage gestellt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. Dezember 2011 - 5 StR 122/11, StV 2012, 216; vom 24. Mai 2009 - 5 StR 353/08, NStZ 2009, 635, 636; vom 18. Januar 1995 - 2 StR 693/94, wistra 1995, 146 f.; anders etwa BGH, Beschluss vom 14. Dezember 1999 - 5 StR 520/99, NStZ 2000, 206, 207).
22
c) Kommt es für ein Handeln als Vertretungsberechtigter im Sinne des § 14 Abs. 1 StGB nicht (mehr) darauf an, ob dieses im Interesse des Geschäftsherrn liegt, ist auf andere taugliche Abgrenzungskriterien Bedacht zu nehmen (dazu bereits BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2009 - 3 StR 372/08, NJW 2009, 2225, 2228; vom 15. September 2011 - 3 StR 118/11, NStZ 2012, 89, 91). Entscheidend bleibt, dass der Handelnde gerade in seiner Eigenschaft als vertretungsberechtigtes Organ, also im Geschäftskreis des Vertretenen (BGH aaO), und nicht bloß "bei Gelegenheit" tätig wird (vgl. BTDrucks. 14/8998 S. 8; 5/1319 S. 63). Dabei kann zwischen rechtsgeschäftlichem und sonstigem Handeln zu differenzieren sein (vgl. MünchKommStGB /Radtke, 2. Aufl., § 14 Rn. 65 ff.; S/S-Perron, StGB, 28. Aufl., § 14 Rn. 26; ausdrücklich anders noch BGH, Urteil vom 20. Mai 1981 - 3 StR 94/81, BGHSt 30, 127, 129).
23
Handelt ein Organwalter rechtsgeschäftlich, ist ein organschaftliches Tätigwerden jedenfalls dann naheliegend gegeben, wenn er im Namen der juristischen Person auftritt oder für diese aufgrund der bestehenden Vertretungsmacht bindende Rechtsfolgen zumindest im Außenverhältnis herbeiführt (vgl.
BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2009 - 3 StR 372/08, NJW 2009, 2225, 2228; vom 15. September 2011 - 3 StR 118/11, NStZ 2012, 89, 91 m. Anm. Radtke/Hoffmann). Das Handeln des Vertretungsberechtigten als Organ wird etwa dadurch deutlich, dass er lediglich aufgrund seiner besonderen Organstellung überhaupt in der Lage ist, die vertretene juristische Person rechtlich zu binden. Diese Wirkung könnte er nicht herbeiführen, wenn er nicht als vertretungsberechtigtes Organ, sondern - gleichsam wie ein Außenstehender - als natürliche (Privat-) Person agierte (vgl. Arloth, NStZ 1990, 570, 574).
24
Eine Zurechnung der Schuldnereigenschaft ist auch in den Fällen möglich , in denen der Vertretungsberechtigte aufgrund seiner Stellung außerstrafrechtliche , aber gleichwohl strafbewehrte Pflichten des Vertretenen zu erfüllen hat (s. LK/Tiedemann, 12. Aufl., Vor §§ 283 ff. Rn. 84; NK-StGB-Kindhäuser, 3. Aufl., Vor §§ 283 bis 283d Rn. 54).
25
Dagegen erscheint die Abgrenzung bei einem bloß faktischen Handeln problematischer. Ein solches kann jedenfalls dann Grundlage für eine Zurechnung sein, wenn eine Zustimmung des Vertretenen vorliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 15. September 2011 - 3 StR 118/11, NStZ 2012, 89, 91; weitergehend BGH, Beschluss vom 10. Januar 2012 - 4 ARs 17/11, wistra 2012, 191; s. auch MünchKommStGB/Radtke, 2. Aufl., § 14 Rn. 67 f.; Valerius, NZWiSt 2012, 65, 66).
26
Es bedarf hier keiner abschließenden Klärung, unter welchen Voraussetzungen im Einzelnen bei rein tatsächlichen Verhaltensweisen eine Zurechnung nach § 14 StGB in Betracht kommt; denn ein solches liegt nicht vor. Der Geschäftsführer K. ist rechtsgeschäftlich tätig geworden. Er verschaffte sich die Beträge im Wesentlichen durch Überweisungen, die er als Geschäftsführer der GmbH mit Wirkung für diese vornahm.
27
d) Der Senat ist durch die bislang ergangenen Entscheidungen nicht daran gehindert, eine Strafbarkeit der Angeklagten wegen Beihilfe zum Bankrott anzunehmen, obschon der Geschäftsführer der S. GmbH Gesellschaftsvermögen nicht im Interesse der GmbH, sondern in eigenem Interesse beiseite schaffte. Auf Anfrage (§ 132 Abs. 3 Satz 1 GVG) haben sämtliche anderen Strafsenate erklärt, an ihrer insoweit entgegenstehenden früheren Rechtsauffassung nicht festzuhalten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. November 2011 - 1 ARs 19/11, wistra 2012, 113; vom 22. Dezember 2011 - 2 ARs 403/11; vom 10. Januar 2012 - 4 ARs 17/11, wistra 2012, 191; vom 7. Februar 2012 - 5 ARs 64/11). Auch der Senat selbst gibt seine entgegenstehende Rechtsansicht auf.
28
2. Das Landgericht hat die Strafbarkeit wegen Beihilfe zur Untreue (§§ 266, 27 StGB) ebenfalls rechtsfehlerfrei angenommen.
29
Der Geschäftsführer K. verursachte durch die vorgenommenen Verfügungen einen Vermögensnachteil der S. GmbH. Dies geschah pflichtwidrig , auch wenn die Angeklagten - durch die G. S. GmbH und die S. KG vermittelt - letztlich als natürliche Personen hinter der S. GmbH standen und damit einverstanden waren; denn ein solches Einverständnis ist jedenfalls dann unbeachtlich, wenn die betreffenden Verfügungen - wie hier - die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft gefährden. Hierzu gilt im Einzelnen:
30
Ein - wirksames - Einverständnis des Inhabers des zu betreuenden Vermögens schließt bereits die Tatbestandsmäßigkeit aus, weil die Pflichtwidrigkeit des Handelns Merkmal des Untreuetatbestandes ist (BGH, Urteil vom 24. Juni 2010 - 3 StR 90/10, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Missbrauch 7 mwN). Vermögensträgerin ist die GmbH selbst, Vermögensträger sind nicht die einzelnen Gesellschafter. Allerdings tritt an die Stelle des Vermögensinhabers bei juristi- schen Personen deren oberstes Willensorgan für die Regelung der inneren Angelegenheiten (BGH aaO), bei einer GmbH also die Gesamtheit ihrer Gesellschafter (BGH, Urteil vom 27. August 2010 - 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 278). Indes kann auch diese nicht unbeschränkt in Vermögensverfügungen einwilligen. Vielmehr ist ein Einverständnis nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, an welcher der Senat festhält, bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung ausgeschlossen, wenn unter Verstoß gegen Gesellschaftsrecht die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft gefährdet wird, namentlich durch Beeinträchtigung des Stammkapitals entgegen § 30 GmbHG, durch Herbeiführung oder Vertiefung einer Überschuldung oder durch Gefährdung der Liquidität (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 30. August 2011 - 3 StR 228/11, NStZ-RR 2012, 80; Beschluss vom 31. Juli 2009 - 2 StR 95/09, BGHSt 54, 52, 57 f.; Beschluss vom 30. September 2004 - 4 StR 381/04, NStZRR 2005, 86; Urteil vom 13. Mai 2004 - 5 StR 73/03, BGHSt 49, 147, 157 ff. [zur AG]; Urteil vom 20. Juni 1999 - 1 StR 668/98, NJW 2000, 154, 155; s. auch Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 266 Rn. 20a; MünchKommStGB/Dierlamm, 2006, § 266 Rn. 133 ff.; LK/Rönnau, StGB, 12. Aufl., Vor § 32 Rn. 178; LK/Schünemann, StGB, 11. Aufl., § 266 Rn. 125; ablehnend SK-StGB/Hoyer, § 266 Rn. 70 [Stand: Juli 2010]; S/S-Perron, StGB, 28. Aufl., § 266 Rn. 21b; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 266 Rn. 99; SSW-StGB/Saliger, 2009, § 266 Rn. 86). Eine solche Sachlage, die einem wirksamen Einverständnis entgegensteht, ist durch die vom Landgericht getroffenen Feststellungen belegt.
31
Es stellt entgegen einer vielfach im Schrifttum geäußerten Auffassung (s. z.B. Labsch, wistra 1985, 1, 7 f.; Arloth, NStZ 1990, 570, 573; Kasiske JR 2011, 235, 240; SK-StGB/Hoyer, § 266 Rn. 73 [Stand: Juli 2010]) keinen Wertungswiderspruch dar, die mit Zustimmung der Gesellschafter vorgenommene Entnahme von Vermögenswerten durch den Geschäftsführer sowohl als Bankrott als auch als Untreue zu beurteilen. Ein Eingriff in das Gesellschaftsvermögen kann gleichzeitig verschiedene Rechtsgüter beeinträchtigen, die durch die unterschiedlichen Strafvorschriften geschützt sind: Während der Untreuetatbestand das Vermögen des Treugebers wahren soll, dienen die Bankrottbestimmungen dem Schutz der Insolvenzmasse im Interesse der Gläubiger (vgl. BGH, Urteile vom 20. Juli 1999 - 1 StR 668/98, NJW 2000, 154, 155; vom 4. April 1979 - 3 StR 488/78, BGHSt 28, 371, 372 f.). Angesichts der eigenen Rechtspersönlichkeit der GmbH (§ 13 GmbHG) kann in den Fällen, in denen ein Einverständnis der Gesellschafter mit der Vermögensverfügung aus den dargelegten Gründen ausgeschlossen ist, ein Eingriff in das betreute Vermögen mithin die Strafbarkeit sowohl wegen Untreue als auch wegen Bankrotts begründen (s. BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2009 - 3 StR 372/08, NJW 2009, 2225, 2228; vom 15. September 2011 - 3 StR 118/11, NStZ 2012, 89, 91 m. zust. Anm. Radtke/Hoffmann; LK/Schünemann, StGB, 11. Aufl., § 266 Rn. 125, 171; aA etwa SK-StGB/Hoyer, § 266 Rn. 73 [Stand: Juli 2010]; S/S-Perron, StGB, 28. Aufl., § 266 Rn. 21b mwN).
32
Es bleibt dabei, dass die Untreue den Schutz des betreuten Vermögens, nämlich des Vermögens der GmbH, zum Gegenstand hat. Die Unwirksamkeit des Einverständnisses dient gerade diesem Vermögensschutz, unabhängig davon, dass dies mittelbar auch den Gläubigern zugutekommt (vgl. Radtke, GmbHR 2012, 28, 30; Ransiek, wistra 2005, 121, 122). Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kapitalschutz nach § 30 GmbHG nicht ausschließlich den Gläubigern eine Befriedigungsreserve, sondern überdies der GmbH nach Möglichkeit ein ihren Bestand schützendes Mindestbetriebsvermögen sichern soll (s. BGH, Urteile vom 24. November 2003 - II ZR 171/01, BGHZ 157, 72, 75; vom 17. März 2008 - II ZR 24/07, BGHZ 176, 62, 65; Hommelhoff in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl., § 30 Rn. 1). Es bestehen somit gesetzlich gewährleistete Eigeninteressen der GmbH (BGH, Urteil vom 10. Juli 1996 - 3 StR 50/96, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 37; s. auch BGH, Urteil vom 13. Mai 2004 - 5 StR 73/03, BGHSt 49, 147, 157 ff.), die von den Interessen der Gesellschafter unabhängig sind und daher deren Dispositionsmöglichkeit begrenzen. Becker Pfister RiBGH Dr. Schäfer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Mayer Menges

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

1.
Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
2.
in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
3.
Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt,
4.
Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt,
5.
Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
6.
Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
7.
entgegen dem Handelsrecht
a)
Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b)
es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder
8.
in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.

(2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit wenigstens fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit wenigstens leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Handelt jemand

1.
als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs,
2.
als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft oder
3.
als gesetzlicher Vertreter eines anderen,
so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Eigenschaften, Verhältnisse oder Umstände (besondere persönliche Merkmale) die Strafbarkeit begründen, auch auf den Vertreter anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Vertretenen vorliegen.

(2) Ist jemand von dem Inhaber eines Betriebs oder einem sonst dazu Befugten

1.
beauftragt, den Betrieb ganz oder zum Teil zu leiten, oder
2.
ausdrücklich beauftragt, in eigener Verantwortung Aufgaben wahrzunehmen, die dem Inhaber des Betriebs obliegen,
und handelt er auf Grund dieses Auftrags, so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Merkmale die Strafbarkeit begründen, auch auf den Beauftragten anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Inhaber des Betriebs vorliegen. Dem Betrieb im Sinne des Satzes 1 steht das Unternehmen gleich. Handelt jemand auf Grund eines entsprechenden Auftrags für eine Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, so ist Satz 1 sinngemäß anzuwenden.

(3) Die Absätze 1 und 2 sind auch dann anzuwenden, wenn die Rechtshandlung, welche die Vertretungsbefugnis oder das Auftragsverhältnis begründen sollte, unwirksam ist.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

1.
Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
2.
in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
3.
Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt,
4.
Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt,
5.
Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
6.
Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
7.
entgegen dem Handelsrecht
a)
Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b)
es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder
8.
in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.

(2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit wenigstens fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit wenigstens leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

Ein Beschluß der Hauptversammlung ist außer in den Fällen des § 192 Abs. 4, §§ 212, 217 Abs. 2, § 228 Abs. 2, § 234 Abs. 3 und § 235 Abs. 2 nur dann nichtig, wenn er

1.
in einer Hauptversammlung gefaßt worden ist, die unter Verstoß gegen § 121 Abs. 2 und 3 Satz 1 oder Abs. 4 und 4b Satz 1 einberufen war,
2.
nicht nach § 130 Absatz 1 bis 2 Satz 1 und Absatz 4 beurkundet ist,
3.
mit dem Wesen der Aktiengesellschaft nicht zu vereinbaren ist oder durch seinen Inhalt Vorschriften verletzt, die ausschließlich oder überwiegend zum Schutz der Gläubiger der Gesellschaft oder sonst im öffentlichen Interesse gegeben sind,
4.
durch seinen Inhalt gegen die guten Sitten verstößt,
5.
auf Anfechtungsklage durch Urteil rechtskräftig für nichtig erklärt worden ist,
6.
nach § 398 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit auf Grund rechtskräftiger Entscheidung als nichtig gelöscht worden ist.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

5 StR 353/08
(alt: 5 StR 412/03)

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 24. März 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Bankrotts u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. März 2009

beschlossen:
1. Auf Antrag des Generalbundesanwalts wird das Verfahren nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte wegen Bankrotts in vier Fällen und wegen Betrugs zu Lasten der Arbeitnehmer Ka. und S. sowie zu Lasten des Arbeitnehmers F. verurteilt worden ist; insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Rostock vom 30. Oktober 2007 demgemäß nach § 349 Abs. 4 StPO dahin abgeändert, dass der Angeklagte wegen Betrugs und wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen die Konkursantragspflicht zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt ist, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.
3. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
4. Der Angeklagte hat die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in drei Fällen, wegen (vorsätzlichen) Verstoßes gegen die Insolvenzantragspflicht (richtig: Konkursantragspflicht) und wegen Bankrotts in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt und die Vollstreckung dieser Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt. Dabei waren die der Verurteilung wegen Betrugs zugrunde liegenden Fälle bereits Gegenstand des Senatsbeschlusses vom 7. Juli 2004 – 5 StR 412/03 (wistra 2004, 429) gewesen. Die Vorwürfe der Steuerhinterziehung, die ebenfalls Gegenstand des vorgenannten Senatsbeschlusses gewesen waren , sind im neuen Rechtsgang nach § 154 Abs. 2 StPO aus dem Verfahren ausgeschieden worden. Nach weiterer Teileinstellung im Revisionsverfahren ist auf die mit Verfahrensrügen und der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten die Gesamtfreiheitsstrafe auf neun Monate herabzusetzen. Das weitergehende Rechtsmittel ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Zur Verfahrenseinstellung haben folgende Erwägungen Anlass gegeben :
3
a) Bezüglich der Verurteilung nach § 283 Abs. 1 Nr. 8 StGB teilt der Senat die Bedenken des Generalbundesanwalts, der insoweit ursprünglich Freispruch beantragt hat, zwar nicht. Um jedoch eine hier in Betracht zu ziehende Zurückverweisung zu vermeiden, ist dieser Fall einzustellen.
4
aa) Es ist durchaus erwägenswert, die Veräußerung der Geschäftsanteile an der A. I. K. G. (AIG), die Umfirmierung, die Sitzverlegung und das Abberufen des Angeklagten vom Amt als Geschäftsführer am 22. Dezember 1998 unter die Vorschrift des § 283 Abs. 1 Nr. 8 zweite Alternative, gegebenenfalls vorrangig unter § 283 Abs. 1 Nr. 4 StGB zu subsumieren. Der Begriff der „geschäftlichen Verhältnisse“ ist bislang vom Bundesgerichtshof nicht ausgelegt worden. Vor allem soll dieses Tatbestandsmerkmal Umstände erfassen, die für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit (Bonität) des in der Krise befindlichen Schuldners erheblich sind (Hoyer in SK-StGB 7. Aufl. [März 2002] § 283 Rdn. 94; Tiede- mann in LK 11. Aufl. § 283 Rdn. 172; Radtke in MünchKomm-StGB § 283 Rdn. 67). Der Auffangtatbestand des § 283 Abs. 1 Nr. 8 StGB ist jedenfalls mit Blick auf die Gläubigerinteressen auszulegen: Bei der Tathandlung des Verheimlichens muss der Täter die Gläubiger oder den Insolvenzverwalter über Zugriffsmöglichkeiten auf das Schuldnervermögen in Unkenntnis setzen oder halten; bei der Tathandlung des Verschleierns geht es um die unrichtige Darstellung insbesondere der Vermögensverhältnisse.
5
Hier hat sich der Angeklagte eine Option auf Rückkauf der Gesellschaftsanteile an der AIG einräumen lassen; darüber hinaus war er aufgrund einer Vollmacht zur umfassenden Vertretung der umbenannten GmbH weiterhin befugt. Dies könnte dafür sprechen, dass es sich bei der Abtretung der Anteile und dem Wechsel in der Geschäftsführung um Scheingeschäfte (§ 117 BGB) handelte; solches würde zumindest die Annahme einer Treuhänderschaft sowie einer faktischen Geschäftsführung nahe legen. Sofern der Angeklagte damit tatsächlich weiterhin bestimmenden Einfluss auf die in I. GmbH umfirmierte AIG nahm, könnte er die Fremdgläubiger über die tatsächlichen Beteiligungsverhältnisse und die faktisch ausgeübte Geschäftsführung einschließlich des Firmensitzes getäuscht haben. Dies hätte zwar keine verbesserte Darstellung der Bonität der AIG zur Folge. Gleichwohl wird durch diese „Firmenbestattung“ die Position der Gläubiger verschlechtert (vgl. Raik Kilper, „Firmenbestattung“, Hamburg, 2009). Diese könnten durch die verschleiernden Maßnahmen davon abgehalten worden sein, in Vermögensgegenstände der AIG zu vollstrecken oder gar den Angeklagten wegen der Konkursverschleppung etwa nach § 826 BGB in Regress zu nehmen. Die sogenannte Interessentheorie dürfte auf § 283 Abs. 1 Nr. 8 zweite Alternative StGB keine Anwendung finden (vgl. allerdings BGH wistra 2000, 136 für § 283 Abs. 1 Nr. 8 erste Alternative StGB; vgl. auch Ogiermann, wistra 2000, 250, 251).
6
Von § 283 Abs. 1 Nr. 8 zweite Alternative StGB könnten sogar auch solche im Rahmen der „Firmenbestattung“ vorgenommenen Rechtsgeschäfte erfasst sein, bei denen die Rechtsfolgen von den Beteiligten tatsächlich gewollt sind. Die Übertragung der Anteile und das Abberufen vom Amt des Geschäftsführers wären dann zwar nicht als Scheingeschäfte (§ 117 BGB) zu werten. Gleichwohl könnten die Rechtsgeschäfte wegen der beabsichtigten Gläubigerbenachteiligung und der Umgehung der insolvenzrechtlichen Pflicht zur Antragstellung zivilrechtlich unwirksam sein (BGHR StGB § 266a Abs. 1 Vorsatz 2, insoweit in BGHSt 48, 307 nicht abgedruckt; vgl. auch § 15a Abs. 3 InsO n.F.). Dann hätte der bisherige Geschäftsführer sein Amt behalten und die Fremdgläubiger wären über die tatsächlichen geschäftlichen Verhältnisse der Gesellschaft getäuscht worden.
7
bb) Einer Verurteilung könnte indes entgegenstehen, dass – ungeachtet noch pfändbarer (allerdings geringer) Bankguthaben – nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe für Dezember 1998 von Zahlungseinstellung (§ 283 Abs. 6 StGB) auszugehen sein könnte. Jedenfalls für die Verletzung der Pflicht zur Aufstellung des Jahresabschlusses ist entschieden, dass der Tatbestand des Bankrotts nicht mehr verwirklicht werden kann, wenn – was dann näherer Auklärung bedürfte – die objektive Bedingung der Strafbarkeit bereits eingetreten ist (BGHR StGB § 283 Abs. 1 Nr. 7b Zeit 1 m.w.N.). Entsprechendes könnte für § 283 Abs. 1 Nr. 8 StGB gelten. Diese wie auch die vorgenannten Fragen bedürfen wegen der Verfahrenseinstellung nicht der Vertiefung.
8
b) Bei den drei übrigen Bankrottdelikten stehen die Schuldsprüche in Frage, weil das Landgericht etwaige Auswirkungen einer Durchsuchung und Beschlagnahme von Geschäftsunterlagen im Juni 1997 auch mit Blick auf die damals anhängigen Ermittlungsverfahren nicht weiter aufgeklärt hat. Zudem fehlt es ebenso wie bei zwei Betrugsfällen an der nach § 47 Abs. 1 StGB gebotenen Begründung für die Verhängung kurzer Freiheitsstrafen. Mit Blick auf die lange Verfahrensdauer erscheint die Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO als angemessene Verfahrenserledigung. Dies ermöglicht, das Verfahren nunmehr rechtskräftig abzuschließen.
9
2. Das Urteil hält in dem nach Teileinstellung verbleibenden Umfang der rechtlichen Nachprüfung stand.
10
a) Soweit der Angeklagte wegen Betrugs verurteilt worden ist, werden die Feststellungen des Landgerichts den Vorgaben aus dem Senatsbeschluss vom 7. Juli 2004 (vgl. auch BGHSt 1, 262, 264; BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 39; BGH wistra 1986, 170) gerecht. Dem Urteil ist hinreichend deutlich zu entnehmen, dass der geschädigten Arbeitnehmerin R. im Dezember 1998 die Vollstreckung in ein Bankguthaben in Höhe von rund 11.600 DM noch möglich gewesen wäre und sie sich – wie auch die übrigen Arbeitnehmer – nur deswegen von der Beitreibung der Forderung hat abhalten lassen, weil sie auf die Erfüllung der Stundungs- und Ratenzahlungsvereinbarung vertraute, zumal der Angeklagte persönlich mit der Bürgschaft einzustehen versprach. Eines weiteren Eingehens auf die subjektive Tatseite bedurfte es bei dieser Sachlage nicht.
11
b) Im Rahmen der Konkursverschleppung (§ 84 Abs. 1 Nr. 2, 64 Abs. 1 GmbHG a.F.; jetzt, insoweit ohne inhaltliche Änderungen, § 15a Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 InsO n.F., § 2 Abs. 2, Abs. 3 StGB), die nicht verjährt ist (vgl. dazu insbesondere BGH wistra 2009, 117, 119, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt), belegen die Feststellungen sowohl die Überschuldung als auch die Zahlungsunfähigkeit der AIG. Insoweit bemerkt der Senat ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts zur Aufklärungsrüge des Beschwerdeführers, die den etwaigen, angeblich vom Sachverständigen nicht berücksichtigten Rangrücktritt des Angeklagten zum Gegenstand hat (S. 25 bis 41 aus der Revisionsbegründung vom 12. Februar 2008):
12
Die – auch in der Sache insbesondere hinsichtlich des Konkursgrundes der Zahlungsunfähigkeit ersichtlich aussichtslose – Aufklärungsrüge ist bereits deswegen unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), weil sie keine konkret bestimmten aufklärungsbedürftigen Tatsachen bezeichnet. Es wird nur in den Raum gestellt, dass der Angeklagte in Höhe seiner Gesellschafterforderung von rund 11,6 Mio. DM einen Rangrücktritt erklärt habe, ohne dies nach Ort, Zeit und den weiteren Umständen zu konkretisieren. Einer solchen Präzisierung hätte es insbesondere auch deswegen bedurft, weil die AIG Zinszahlungen auf das Gesellschafterdarlehen leistete, was eindeutig gegen einen Rangrücktritt spricht.
13
c) Der Senat schließt aus, dass die für die Konkursverschleppung verhängte Einzelfreiheitsstrafe von acht Monaten und die für den Betrugsfall zu Lasten der Arbeitnehmerin R. verhängte Einzelfreiheitsstrafe von sechs Monaten durch die Straffindung in den übrigen Fällen beeinflusst worden sein könnten. Auch führt der Umstand, dass das Landgericht Art und Ausmaß der von ihm festgestellten rechtsstaatswidrigen Verzögerung rechtsfehlerhaft nicht bestimmt hat, hier zu keinem durchgreifenden Strafzumessungsfehler. Noch mildere Einzelfreiheitsstrafen hätte das Landgericht angesichts des Umstandes, dass der Angeklagte im Dezember 1998 die eine „Firmenbestattung“ betrieb und die Geschädigte R. als langjährige vertraute Angestellte über Jahre hinweg von dem Einfordern ihrer Lohnforderungen abhielt , ersichtlich nicht verhängt. Dass es die Einzelstrafen nach der so genannten mittlerweile überholten (BGHSt [GS] 52, 124) Strafabschlagslösung gemindert hat, beschwert den Angeklagten nicht (vgl. BGH wistra 2008, 348,

349).


14
3. Der Senat hat – entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts – die erneut erforderliche Gesamtstrafenbildung selbst vorgenommen, indem er die Einsatzstrafe um einen Monat erhöht hat. Eine noch geringere Erhöhung nach Wochen kam ersichtlich nicht in Betracht. Die so gebildete Gesamtfreiheitsstrafe berücksichtigt unter Beachtung der einer Verfahrensrüge zu entnehmenden für die Verfahrensverzögerung maßgeblichen Anknüpfungstatsachen und angesichts der bereits vom Landgericht gewährten Strafabschläge sowie der Verfahrenseinstellungen in weit ausreichendem Maße die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung. Ein „echter“ Härte- ausgleich mit Blick auf die Erledigung der Geldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 17. September 1998 war bereits deswegen nicht zu gewähren, weil insoweit für die verbliebenen abgeurteilten Taten zu keinem Zeitpunkt, insbesondere nicht im hierfür maßgeblichen ersten Urteil vom 23. Dezember 2002, eine Gesamtstrafenkonstellation (§ 55 Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB) vorlag. Die Konkursverschleppung war jedenfalls nicht vor dem 22. Dezember 1998 beendet (vgl. BGHR StGB § 55 Abs. 1 Begehung 1; BGH NJW 1997, 750, 751, insoweit in BGHSt 42, 268 nicht abgedruckt ; BGH wistra 1996, 144, 145); der Betrug zu Lasten der Arbeitnehmerin R. begann sogar erst Ende Oktober 1998.
15
Das Tatgericht wird über den gegenstandslos gewordenen Bewährungszeit - und Pflichtenbeschluss (§ 268a StPO) neu zu befinden haben.
Basdorf Raum Brause Schaal Dölp
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Unterläßt der Verantwortliche während des Laufs der Insolvenzantragsfrist
nach § 64 Abs. 1 GmbHG die Abführung von Arbeitnehmerbeiträgen
an die Sozialversicherung, macht er sich
nicht nach § 266a Abs.1 StGB strafbar.
Die Strafvorschrift des § 266a Abs. 1 StGB verlangt auch dann
die vorrangige Abführung von Arbeitnehmerbeiträgen, wenn
die Zahlung möglicherweise im Insolvenzverfahren später angefochten
werden kann (im Anschluß an BGHSt 47, 318).
BGH, Beschluß vom 30. Juli 2003 - 5 StR 221/03
LG Potsdam -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 30. Juli 2003
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlicher Konkursverschleppung u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. Juli 2003

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten P wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 14. Januar 2003, soweit es ihn betrifft, gemäß § 349 Abs. 4 StPO
a) aufgehoben bezüglich der Fälle 3, 4, 6, 7, 9, 10, 12 und 13 der Urteilsgründe; hinsichtlich dieser Fälle wird der Angeklagte freigesprochen; insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten;
b) im übrigen dahin abgeändert, daß der Angeklagte P wegen vorsätzlicher Konkursverschleppung und Vorenthaltens von Arbeitnehmerbeiträgen in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt wird, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt ist.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten P wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Der Angeklagte trägt die verbleibenden Kosten des Revisionsverfahrens.
G r ü n d e Das Landgericht hat den allein revidierenden Angeklagten P we- gen vorsätzlicher Konkursverschleppung und Vorenthaltens von Arbeitnehmerbeiträgen in zwölf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Mona- ten verurteilt und die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit der Sachrüge. Die Revision hat in dem aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte – ebenso wie der Mitangeklagte O – Gesellschafter und Mitgeschäftsführer der O & P G , die im Jahre 1993 gegründet wurde und deren Geschäftsgegenstand die Durchführung von Zimmerer- und Bautischlerarbeiten war. Im Zuge der allgemeinen Wirtschaftskrise im Baugewerbe geriet das Unternehmen im Jahr 1997 in wirtschaftliche Schwierigkeiten ; es war spätestens mit Ablauf des 30. September 1997 zahlungsunfähig und erheblich überschuldet. Obwohl der Angeklagte die Zahlungsunfähigkeit erkannte, stellten er und der Mitangeklagte O keinen Insolvenzantrag. Sie veräußerten im Notartermin vom 5. Dezember 1997 ihre Geschäftsanteile an die Om G , die von einem sogenannten „Firmenbeerdiger“ beherrscht wurde. Dessen Funktion bestand im wesentlichen darin, durch Sitz- und Firmenänderungen die Gläubiger der Gesellschaft faktisch abzuschütteln und sie zur Aufgabe der Verfolgung ihrer Ansprüche zu veranlassen. Im Notartermin wurden der Angeklagte und der Mitangeklagte O als Geschäftsführer abberufen und durch den Mitangeklagten S ersetzt.
Der Angeklagte unterließ es ebenso wie der Mitangeklagte O , die Arbeitnehmerbeiträge an die Sozialversicherungsträger abzuführen. Dies betraf gegenüber jeweils unterschiedlichen gesetzlichen Krankenkassen die Beiträge für Oktober 1997 (Fälle 2, 5, 8 und 11 der Urteilsgründe), für November 1997 (Fälle 3, 6, 9 und 12) und für Dezember 1997 (Fälle 4, 7, 10 und 13). Die O & P G hat dadurch Beitragsrückstände in Höhe von etwa 23.000 DM auflaufen lassen. Nach den Feststellungen des Landge-
richts verfügte sie jedenfalls bis 17. Dezember 1997 auf ihrem Geschäftskonto über einen Betrag in Höhe von 18.000 DM, bevor der Mitangeklagte O diese Summe auf das Konto eines anderen, von ihm beherrschten Unternehmens überwies.

II.


Die Revision des Angeklagten führt zu einem Teilfreispruch hinsichtlich des Vorwurfs der Nichtabführung von Arbeitnehmerbeiträgen an die Sozialversicherung für die Monate November und Dezember 1997 und folglich zu einer Herabsetzung der Gesamtstrafe.
1. Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht den Angeklagten wegen vierer tatmehrheitlich begangener Vergehen des Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen nach § 266a Abs. 1 StGB verurteilt, soweit er die Arbeitnehmerbeiträge für Oktober 1997 nicht an die jeweiligen Sozialversicherungsträger abgeführt hat.

a) Einer Strafbarkeit nach § 266a Abs. 1 StGB steht nicht entgegen, daß nach den Feststellungen des Landgerichts die O & P G bereits seit 30. September 1997 zahlungsunfähig war.
aa) Allerdings bedeutet der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit, den der Angeklagte nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts erkannt hat, daß der Geschäftsführer nach § 64 Abs. 1 GmbHG unverzüglich, spätestens aber nach drei Wochen, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hätte beantragen müssen. Diese Drei-Wochen-Frist des § 64 Abs. 1 GmbHG ist eine Höchstfrist, die mit der Kenntnis des Organs beginnt (BGHZ 75, 96, 110 f.). Sie dient dazu, den Organen der Gesellschaft noch die Möglichkeit zu geben, Sanierungsversuche durchzuführen (vgl. Schmidt-Leithoff in Rowedder /Schmidt-Leithoff, GmbHG 4. Aufl. § 64 Rdn. 12 ff.; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG 17. Aufl. § 64 Rdn. 44). Deshalb ist der Insol-
venzantrag dann früher zu stellen, wenn sich bereits vor Ablauf der DreiWochen -Frist ersehen läßt, daß mit einer fristgerechten Sanierung nicht ernstlich zu rechnen ist.
bb) Während des Laufs der Drei-Wochen-Frist des § 64 Abs. 1 GmbHG ist – wie sich aus dem besonderen Zweck der Schutzvorschrift des § 64 Abs. 2 GmbHG ergibt – die verteilungsfähige Vermögensmasse einer insolvenzreifen GmbH im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger zu erhalten und eine zu ihrem Nachteil gehende bevorzugte Befriedigung einzelner Gläubiger zu verhindern (BGHZ 143, 184, 188 f.; 146, 264, 274 f.). Dementsprechend hat der Gesetzgeber, um den Schutz der Massesicherung zu verstärken, in § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG eine persönliche Haftung der Geschäftsführer für den Fall angeordnet, daß nach Eintritt der Insolvenzreife Zahlungen der Gesellschaft geleistet werden.
Die Ersatzpflicht des Geschäftsführers hat Auswirkungen auf die Auslegung des § 266a Abs. 1 StGB. Der Gedanke der Sicherung der Masse ist im Rahmen der den Geschäftsführern eingeräumten zeitlichen Zwischenphase für Sanierungsbemühungen im Hinblick auf Sozialversicherungsbeiträge zu beachten. Da die Sozialversicherungsbeiträge im hier in Betracht kommenden Gesamtvollstreckungsverfahren (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 3b GesO) nicht denselben absoluten Vorrang – wie außerhalb des Gesamtvollstreckungsverfahrens durch § 266a Abs. 1 StGB – genießen, würde eine Zahlung der Arbeitnehmerbeiträge letztlich die Masse schmälern. Dieses Ergebnis wäre mit dem Schutzzweck des § 64 Abs. 2 GmbHG nicht vereinbar, der die Massesicherung und -erhaltung gewährleisten soll (vgl. Goette DStR 2003, 604 m.w.N.). Dazu stünde aber die strafbewehrte Pflicht zur Zahlung von Arbeitnehmerbeiträgen in Widerspruch. Dieser ist nach dem auch hier geltenden Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung dadurch aufzulösen, daß die Regelung des § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG während des Laufs der DreiWochen -Frist die Nichtabführung der Arbeitnehmerbeiträge rechtfertigt.
Zwar ist die Bestimmung des § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG als Ersatzanspruch gegen den Geschäftsführer ausgestaltet. Jedoch setzt dies voraus – um im Wege einer zivilrechtlichen Sanktion zu einem entsprechenden Ersatzanspruch zu kommen –, daß es einen Normbefehl gibt, dessen Verletzung in Form eines Ausgleichsanspruches kompensiert wird. Auch wenn der Grundsatz der Massesicherung und -erhaltung nur in der negativen Form, als Anspruchsgrundlage für den Verletzungsfall formuliert ist, steht dies deshalb der Annahme einer Rechtfertigung auch in strafrechtlicher Hinsicht nicht entgegen. Da der Geschäftsführer sich nach § 266a Abs. 1 StGB im Falle einer Nichtzahlung deshalb weder strafbar macht noch zivilrechtlich für die Nichtabführung der Beiträge in Anspruch genommen werden kann – es entstehen keine Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 266a Abs. 1 StGB –, befindet er sich in keiner Pflichtenkollision, wenn er die Sozialversicherungsbeiträge nicht abführt. Dementsprechend kann der Geschäftsführer, wenn er dennoch zahlt, sich nicht ohne weiteres darauf berufen, mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns im Sinne des § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG gehandelt zu haben (BGHZ 146, 264, 275).
cc) Läßt der Geschäftsführer die Frist für die Stellung des Konkursantrages verstreichen, fällt diese sich aus § 64 Abs. 2 GmbHG ergebende Rechtfertigung weg. Dies gilt namentlich dann, wenn die Insolvenzreife des Unternehmens fortbesteht. Die aus § 64 Abs. 2 GmbHG hergeleitete Rechtfertigung knüpft nämlich nicht an der Insolvenzreife des Unternehmens an sich an, sondern sie privilegiert lediglich die noch aussichtsreichen Sanierungsversuche nach Eintritt der Krise, und zwar beschränkt auf einen Zeitraum von höchstens drei Wochen. Daraus folgt, daß die Nichtbeachtung der strafbewehrten Pflicht zur Abführung der Arbeitnehmerbeiträge nach Ablauf der Frist nicht mehr gerechtfertigt ist. Soweit noch verfügbare Mittel des Unternehmens zur Verfügung stehen, sind diese dann in erster Linie für die Begleichung der Arbeitnehmerbeiträge im Sinne des § 266a Abs. 1 StGB einzusetzen. Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, daß sich aus der
Strafbewehrung der Nichtabführung von Arbeitnehmerbeiträgen nach § 266a Abs. 1 StGB deren Vorrang ergibt (BGHSt 47, 318, 321).
(1) Soweit in der Literatur (Radtke NStZ 2003, 154, 156; Tag JR 2002, 521, 522) diese Vorrangrechtsprechung kritisiert wird, vermögen die vorgebrachten Einwände nicht zu überzeugen. Weshalb ein Vorrangverhältnis nur durch außerstrafrechtliche Normen (insbesondere des Zivilrechts oder des öffentlichen Rechts) begründet werden kann (so aber Radtke aaO), ist nicht nachvollziehbar. Vielmehr gebietet gerade die strafrechtliche Beurteilung eine Prüfung, ob trotz tatbestandlicher Verwirklichung eines Strafgesetzes (hier § 266a Abs. 1 StGB) die Strafbarkeit entfallen kann. In Betracht käme – von schuldbeseitigenden Gesichtspunkten abgesehen – nur der Rechtfertigungsgrund einer Pflichtenkollision. Hierfür wäre aber erforderlich, daß die Pflichten gleichgewichtig sind (vgl. Lenckner in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. Vorbem. §§ 32 ff. Rdn. 71 ff. m.w.N.). Daran fehlt es indes, wenn die Nichterfüllung der alternativen Verbindlichkeiten nicht strafbewehrt ist.
Entgegen der Auffassung von Tag (aaO) stützt weiterhin die Regelung des § 266a Abs. 6 (früher Abs. 5) StGB dieses Ergebnis. Ersichtlich regelt nämlich Satz 1 Nr. 2 dieses Absatzes nicht den (tatbestandsausschließenden – vgl. BGHSt 47, 318, 320) Fall, daß überhaupt keine finanziellen Mittel mehr vorhanden sind, sondern den Sachverhalt, daß diese in für den Fortbestand des Betriebes notwendige Zahlungen geflossen sind (vgl. Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 266a Rdn. 23). Da der Gesetzgeber für diese Fallkonstellation nur einen fakultativen Strafbefreiungsgrund normiert hat, erlaubt dies wiederum den Schluß, daß er in der Begleichung anderer Verbindlichkeiten weder einen Tatbestandsausschluß noch eine Rechtfertigung gesehen hat, mithin diese Verbindlichkeiten ungeachtet ihrer wirtschaftlichen Bedeutung für den Betrieb als rangniedriger eingestuft hat. Aus der Beschränkung der Strafbewehrung allein auf die Arbeitnehmerbeiträge läßt sich ebenfalls kein Argument gegen die Vorrangrechtsprechung des Senats herleiten.
(2) Es besteht auch kein Wertungswiderspruch zur Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (BGHZ 149, 100 ff.; ZIP 2003, 1666 ff.). Das entspricht im übrigen auch der eigenen Auffassung dieses Se- nats (kritisch hierzu OLG Dresden ZIP 2003, 360, 364). Der IX. Zivilsenat weist selbst darauf hin, daß die Vorrangrechtsprechung des 5. Strafsenats den Zeitraum betreffe, der dem Insolvenzverfahren vorgelagert sei; für das Insolvenzverfahren komme der Regelung des § 266a Abs. 1 StGB aber nicht die Bedeutung zu, daß der Sozialversicherungsträger die Arbeitnehmerbeiträge bevorzugt behalten dürfe (BGH ZIP 2003, 1666, 1668).
Dieser Auffassung tritt der Senat bei. Zum Vorfeld des Insolvenzverfahrens hat der Gesetzgeber für die Erfüllung der Pflicht zur Abführung der Arbeitnehmerbeiträge den besonderen strafrechtlichen Schutz nach § 266a Abs. 1 StGB vorgesehen, wobei der Arbeitgeber einer Strafbarkeit nur unter den engen Voraussetzungen des § 266a Abs. 6 StGB entgehen kann. Mit dieser Vorschrift will der Gesetzgeber die Zahlung sicherstellen, weil erfahrungsgemäß in der sich abzeichnenden oder eingetretenen Krisensituation anderenfalls gerade die Ansprüche der Sozialkassen häufig nicht bedient würden. Der Arbeitgeber hat gerade an derartigen Zahlungen regelmäßig kein Eigeninteresse. Dies würde zu einem ganz erheblichen Ausfall bei den Sozialkassen führen. Anders ist dagegen die Situation im Insolvenzverfahren , das innerhalb eines förmlichen Rahmens abzuwickeln und das auf eine gemeinschaftliche Befriedigung aller Gläubiger unter Wahrung des Gleichheitsgrundsatzes gerichtet ist (vgl. Flöther/Bräuer DZWIR 2003, 353, 355 m.w.N.). Der Gleichbehandlungsgrundsatz gilt – von den inzwischen auslaufenden Vorschriften des § 59 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 und § 61 Abs. 1 KO sowie § 13 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 und § 17 Abs. 3 GesO abgesehen – gleichermaßen für private wie hoheitliche Gläubiger (BGH ZIP 2003, 1666, 1668).
Abgesehen davon, daß der Insolvenzverwalter nur unter bestimmten Voraussetzungen anfechten kann (vgl. § 129 Abs. 1 InsO), besteht im Insol-
venzverfahren eine hinreichende Gewähr dafür, daß die vorhandene Masse unter Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes verteilt wird. Die Verteilung der Masse bestimmt sich dementsprechend abschließend nach den Regelungen der Insolvenzordnung (bzw. für den hier vorliegenden Altfall nach der Gesamtvollstreckungsordnung). Da aber die Interessenlage bei Zahlungen im Vorfeld einer Krise oder auch in der Krise eine andere ist, abhängig davon, ob es überhaupt zur Durchführung eines Insolvenzverfahrens kommt, ist auch eine unterschiedliche gesetzliche Regelung für beide Sachverhaltskonstellationen kein Wertungswiderspruch. Diese unterschiedliche Interessenlage stellt im übrigen auch den Grund dafür dar, daß eine vorrangige Zahlungspflicht außerhalb der Insolvenz nicht notwendig zu einem Behaltendürfen der Leistungen im Insolvenzverfahren führt.
In dem hier zu entscheidenden Fall wurde nach den Urteilsfeststellungen weder ein Insolvenzverfahren durchgeführt noch die Durchführung eines solchen irgendwann beantragt. Auch aus diesem Grund ist eine Kollision mit der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs hier ausgeschlossen.

b) Da der Angeklagte das Unternehmen über die Drei-Wochen-Frist hinaus weiterbetrieb, mußte er die Arbeitnehmerbeiträge aus den noch vorhandenen Mitteln abführen. Der Umstand, daß die O & P G ab 30. September 1997 zahlungsunfähig war und der Angeklagte dies wußte, führt hier lediglich zu einer Unterbrechung der Zahlungspflicht nach § 64 Abs. 1 GmbHG von längstens drei Wochen. Die Oktoberbeiträge, die bis spätestens 15. November 1997 fällig waren (vgl. § 23 SGB IV), hätte der Angeklagte bis zu diesem Zeitpunkt an die jeweiligen Einzugstellen überweisen müssen.
aa) Ausreichende Gelder waren trotz Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung noch vorhanden. Aus den Urteilsgründen ergibt sich nämlich, daß auf dem Betriebskonto der O & P G noch 18.000 DM verfüg-
bar waren, die hier vorrangig für die Begleichung der Sozialverbindlichkeiten hätten verwendet werden müssen.
bb) Der Angeklagte P war als Geschäftsführer strafrechtlich verantwortlich (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB) für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Pflichten. Allein der Umstand, daß er mehr den technischen Bereich des Unternehmens betreut hat, berührt – wie das Landgericht zutreffend erkannt hat – hier seine Verantwortlichkeit nicht. Er hatte nämlich nach den Feststellungen des Landgerichts durch betriebswirtschaftliche Auswertungen Kenntnis über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens. Ihm war damit auch die Krisensituation des Unternehmens klar. Der Angeklagte durfte deshalb die Regelung der finanziellen Belange nicht mehr seinem Mitgeschäftsführer O überlassen (vgl. BGHSt 37, 106, 125; BGH NStZ 1997, 125, 126 f.).

c) Zutreffend ist das Landgericht hinsichtlich der Beitragsvorenthaltung gegenüber mehreren Kassen von jeweils selbständigen Taten im Sinne des § 53 Abs. 1 StGB ausgegangen. Die Gesamtsozialversicherungsbeiträge (§ 28d SGB IV) sind an die jeweiligen gesetzlichen Krankenkassen abzuführen , die nach § 28h SGB IV die Einzugstellen für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag bilden. Im vorliegenden Fall waren die Mitarbeiter der O & P G bei vier unterschiedlichen Krankenkassen versichert. Dies bedeutet, daß die Zahlungen gegenüber vier verschiedenen Krankenkassen jeweils durch eine eigenständige Handlung vorzunehmen waren. Allein der Umstand, daß die Zahlungen zum selben Termin fällig werden und auf demselben Rechtsgrund beruhen, verbindet die Verletzung gegenüber unterschiedlichen Adressaten vorzunehmender Handlungspflichten nicht zu einer tateinheitlichen Handlung (vgl. Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 266a Rdn. 28).
2. Hinsichtlich der weiteren Fälle der Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen in den Monaten November 1997 und Dezember 1997
(Fälle 3, 4, 6, 7, 9, 10, 12 und 13 der Urteilsgründe) war der Angeklagte freizusprechen. Insoweit läßt sich nicht ausschließen, daß der Angeklagte zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten (15. Dezember 1997 und 15. Januar 1998) zumindest subjektiv davon ausging, nicht mehr Verantwortlicher der O & P G gewesen zu sein.

a) Das Landgericht leitet eine fortdauernde Verantwortlichkeit des Angeklagten daraus ab, daß die Geschäftsanteilsveräußerung entsprechend § 241 Nr. 4 AktG nichtig und damit auch seine darauf gestützte Abberufung als Geschäftsführer unwirksam gewesen sei.

b) Der Senat kann dahinstehen lassen, ob die Auffassung des Landgerichts zutrifft. Selbst wenn nämlich der rechtliche Ansatzpunkt des Landgerichts richtig wäre, daß die Geschäftsanteilsabtretung ungeachtet ihres neutralen Charakters wegen der hier konkret beabsichtigten Gläubigerbenachteiligung mit Wirkung inter omnes (vgl. zu den Anforderungen Hüffer, AktG 4. Aufl. § 241 Rdn. 24) nichtig wäre, dann hätte dies nicht zwangsläufig die Folge, daß der Angeklagte seine Geschäftsführerstellung beibehalten hätte. In den Verhandlungen um die einvernehmliche Abberufung der Geschäftsführer könnte hier nämlich zugleich eine Niederlegung dieses Amts durch den Angeklagten selbst gesehen werden. Ersichtlich erfolgte die Aufgabe seiner organschaftlichen Funktion mit dem Willen des Angeklagten. Bei einer derartigen Fallkonstellation liegt es deshalb nahe, aus dem Gesamtzusammenhang eine jedenfalls auch einseitige Niederlegung der Geschäftsführerstellung in Betracht zu ziehen (vgl. BGH DStR 2002, 183; DStR 2003, 602 mit Anm. Goette). Dies entspräche auch dem Interesse des Angeklagten, das gerade darauf gerichtet war, sich der Pflichtenstellung als Geschäftsführer der O & P G zu entledigen.
Eine entsprechende einseitige Niederlegung ist grundsätzlich wirksam (BGHZ 121, 257). Eine Ausnahme hat der Bundesgerichtshof allenfalls dann angenommen, wenn durch die einseitige Niederlegung die insolvenzrechtli-
chen Pflichten beeinträchtigt werden, insbesondere die notwendige Stellung eines Insolvenzantrages dadurch umgangen werden könnte (vgl. BGHSt 2, 53, 54). Zwar war die O & P G hier konkursreif. Es ist aber fraglich, ob die von der Rechtsprechung gemachte Ausnahme auch dann anzuerkennen wäre, wenn die GmbH durch einen anderen Geschäftsführer weitergeführt wird und damit eine Leitungsverantwortung gewährleistet ist (vgl. zum Streitstand Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG 17. Aufl. § 64 Rdn. 41; Schmidt-Leithoff in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG 64. Aufl. Rdn. 21). Maßgebliche Erwägung ist hierbei nämlich, daß in der wirtschaftlichen Krisensituation die Gesellschaft nicht ohne organschaftlich Verantwortlichen bleiben darf, weil dann die Einhaltung der in der Krise maßgeblichen öffentlich-rechtlichen Pflichten nicht gewährleistet werden könnte. Ob diese Ausgangslage auch bei einer Sachverhaltskonstellation gegeben sein kann, in der ein mit der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft Vertrauter als neuer Geschäftsführer bestellt wird, kann hier gleichfalls offenbleiben.

c) Im vorliegenden Fall sind die subjektiven Voraussetzungen vom Landgericht nicht näher belegt. Selbst wenn nämlich bei dem Angeklagten eine fortdauernde Pflichtenstellung gegeben wäre, führte dies nur dann zu einer Strafbarkeit nach § 266a Abs. 1 StGB, wenn der Angeklagte trotz seiner Abberufung seine Stellung als nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB Verantwortlicher erkannt hätte. Dies versteht sich nicht von selbst. Eine solche Annahme würde nämlich voraussetzen, daß der Angeklagte eine juristische Wertung vorgenommen hat, die einem juristischen Laien nicht ohne weiteres unterstellt werden kann (vgl. BGHSt 48, 108, 117 f.; BGHR AÜG § 9 Unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung 1).
Ausgehend von der Auffassung des Landgerichts, das hier die Geschäftsanteilsveräußerung im Hinblick auf § 241 Nr. 4 AktG und sämtliche darauf aufbauende Folgegeschäfte als unwirksam angesehen hat, hätte der Angeklagte nämlich das Wissen nicht nur um die tatsächlichen Grundlagen
haben, sondern zugleich damit rechnen müssen, daß die in Anwesenheit der Alt- und Neugesellschafter geführten Verhandlungen im Notartermin vom 5. Dezember 1997 nicht zu einem Verlust seiner Geschäftsführerfunktion geführt hätten. Da die Fortdauer der Pflichtenstellung als Geschäftsführer Tatbestandsmerkmal der Strafvorschrift des § 266a Abs. 1 i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB ist, unterlag der Angeklagte nach § 16 Abs. 1 StGB einem Tatbestandsirrtum, wenn er davon ausging, daß die im Notartermin erfolgte Abberufung auch rechtlich seine Verantwortlichkeit erlöschen ließ (vgl. BGHR StGB § 16 Abs. 1 Umstand 1, 2). Eine nur vorsätzlich zu begehende Beitragsvorenthaltung nach § 266a Abs. 1 StGB hätte deshalb vorausgesetzt , daß der Angeklagte die Unwirksamkeit seiner Abberufung als Geschäftsführer erkannt hätte, weil er überhaupt nur dann von einer strafbewehrten Pflichtenstellung hätte ausgehen müssen (vgl. BGHSt 48, 108, 117 f.; BGHR AÜG § 9 Unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung 1). Diese hier gebotene Prüfung hat das Landgericht unterlassen.

d) Dieser Mangel führt hier zu einem Freispruch hinsichtlich der vorgenannten acht Fälle, bei denen der Fälligkeitszeitpunkt für die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge nach dem 5. Dezember 1997 lag. Dies betrifft die Verletzung der Abführungspflichten für die Monate November und Dezember 1997, weil deren Fälligkeit jeweils am 15. des Folgemonats eintrat.
Das Landgericht hat zur Kenntnis des Angeklagten über die Wirksamkeit der Abberufung keine Feststellungen getroffen. Dies nötigt im vorliegenden Fall nicht zur Aufhebung der Sache und zur Zurückverweisung, weil der Senat ausschließen kann, daß ein neuer Tatrichter noch zureichende Feststellungen treffen könnte, die eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Beitragsvorenthaltung nach § 266a Abs. 1 StGB für diese Monate tragen könnten. Die Tatbegehung liegt bereits nahezu sechs Jahre zurück, weshalb eine Rekonstruktion des Vorstellungsbildes des Angeklagten nicht mehr zu erwarten ist. Im übrigen ist es gerade im Hinblick auf den Angeklagten, der als ge-
lernter Bautischler hauptsächlich für den technischen Bereich des Unternehmens verantwortlich war, eher fernliegend, daß dieser die in einem Notartermin erfolgte Abberufung als Geschäftsführer für unwirksam angesehen haben sollte. Da auch keinerlei Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, daß der Angeklagte sich in der Folgezeit weiter um die Belange des Unternehmens gekümmert hat, sprechen die Gesamtumstände dafür, daß der Angeklagte von der Wirksamkeit seiner Abberufung ausgegangen ist.
3. Der Teilfreispruch führt zu einer Änderung der Gesamtstrafe. Diese setzt der Senat hier selbst auf sieben Monate Gesamtfreiheitsstrafe fest. Im Hinblick auf die rechtskräftige Einsatzstrafe von sechs Monaten Freiheitsstrafe (wegen vorsätzlicher Konkursverschleppung) sowie die vier Einzelgeldstrafen in Höhe von jeweils 30 Tagessätzen erscheint dem Senat auf der Grundlage der rechtsfehlerfreien Strafzumessungserwägungen des Landgerichts die Verhängung einer anderen Gesamtfreiheitsstrafe ausgeschlossen.

III.


Eine Erstreckung der Aufhebung auf den Mitangeklagten O gemäß § 357 StPO kam bei der hier gegebenen Fallgestaltung nicht in Betracht. Soweit der Mitangeklagte O ebenfalls wegen Nichtabführung von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung verurteilt wurde, lag dem ein anderer Sachverhalt zugrunde. Der Mitangeklagte O hatte
nämlich ausweislich der Urteilsgründe eine von dem Mitangeklagten S erteilte Abwicklungsvollmacht. Da der Mitangeklagte O damit nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 StGB als Arbeitgeber im strafrechtlichen Sinne für die Nichtabführung der Beiträge haftet, scheidet hier schon aus diesem Grunde eine die Angeklagten P und O gleichermaßen betreffende Gesetzesverletzung aus.
Basdorf Häger Gerhardt Raum Brause

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Handelt jemand

1.
als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs,
2.
als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft oder
3.
als gesetzlicher Vertreter eines anderen,
so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Eigenschaften, Verhältnisse oder Umstände (besondere persönliche Merkmale) die Strafbarkeit begründen, auch auf den Vertreter anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Vertretenen vorliegen.

(2) Ist jemand von dem Inhaber eines Betriebs oder einem sonst dazu Befugten

1.
beauftragt, den Betrieb ganz oder zum Teil zu leiten, oder
2.
ausdrücklich beauftragt, in eigener Verantwortung Aufgaben wahrzunehmen, die dem Inhaber des Betriebs obliegen,
und handelt er auf Grund dieses Auftrags, so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Merkmale die Strafbarkeit begründen, auch auf den Beauftragten anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Inhaber des Betriebs vorliegen. Dem Betrieb im Sinne des Satzes 1 steht das Unternehmen gleich. Handelt jemand auf Grund eines entsprechenden Auftrags für eine Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, so ist Satz 1 sinngemäß anzuwenden.

(3) Die Absätze 1 und 2 sind auch dann anzuwenden, wenn die Rechtshandlung, welche die Vertretungsbefugnis oder das Auftragsverhältnis begründen sollte, unwirksam ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 118/11
vom
15. Mai 2012
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
Die Strafbarkeit des Geschäftsführers einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung
wegen Bankrotts setzt nicht voraus, dass die Tathandlung im Interesse der
Gesellschaft liegt (Aufgabe der "Interessentheorie").
BGH, Beschluss vom 15. Mai 2012 - 3 StR 118/11 - LG Oldenburg
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Beihilfe zur Untreue u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 15. Mai 2012 gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 27. September 2010 werden verworfen. Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Beihilfe zur Untreue in Tateinheit mit Beihilfe zum Bankrott zu Geldstrafen verurteilt, nachdem der Senat (mit Beschluss vom 10. Februar 2009 - 3 StR 372/08, NJW 2009, 2225) eine in derselben Sache zuvor ergangene Verurteilung wegen Beihilfe zum Bankrott aufgrund unzureichender Feststellungen aufgehoben hatte. Die gegen die (erneute ) Verurteilung gerichteten Revisionen der Angeklagten, die sie auf Verfahrensrügen und sachlich-rechtliche Beanstandungen stützen, haben keinen Erfolg.

I.

2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts waren die Angeklagten zu nahezu gleichen Teilen an der nach dem Tode des Vaters übernommenen G. S. Gruppe beteiligt. Der Angeklagte S. war Geschäftsführer der G. S. GmbH mit Sitz in E. . Diese Gesellschaft war Komplementärin der am selben Ort ansässigen G. S. GmbH & Co. KG (im Folgenden: S. KG), deren alleinige Kommanditisten der Angeklagte S. zu 51 Prozent und die Angeklagte L. , geborene S. , zu 49 Prozent waren. Die S. KG fungierte als Besitzgesellschaft und hielt die Anteile an der in N. ansässigen G. S. GmbH (im Folgenden: S. GmbH) sowie an der ebenfalls in N. ansässigen Se. Zucht- und Mastenten GmbH (im Folgenden: Se. GmbH), die wiederum die Anteile an weiteren Produktionsgesellschaften hielt. Der Angeklagte S. war auch in der S. GmbH und der Se. GmbH jeweils Geschäftsführer, der Angeklagten L. war Prokura erteilt.
3
Die Angeklagten betrieben bis zum Jahr 2002 mit wirtschaftlichem Erfolg u.a. unter der Marke "B. Enten" die Entenzucht und den weltweiten Vertrieb von Entenprodukten. Ein Umsatzeinbruch führte im Frühjahr 2003 zu einem erhöhten Kreditbedarf. Es kam zu verschiedenen Verhandlungen mit den beiden Hausbanken. Als nach einem Gespräch am 13. Februar 2004 den Kreditwünschen nicht entsprochen wurde, erkannten die Angeklagten, dass der Bestand ihres Unternehmens ernsthaft in Gefahr war. Sie bemühten sich daraufhin - wie bereits zuvor - um eine Umschuldung und die Gewinnung eines weiteren Gesellschafters, blieben damit aber erfolglos.
4
In dieser Situation bestellten die Angeklagten zum 1. März 2004 den ehemaligen Mitangeklagten K. zum Geschäftsführer der G. S. GmbH sowie der S. GmbH und der Se. GmbH. Der Angeklagte S. schied als Geschäftsführer aus, die Prokura der Angeklagten L. wurde widerrufen. Da der neue Geschäftsführer über keine Erfahrung in der Branche verfügte, blieben die Angeklagten weiter für die Gesellschaften tätig, wofür sie vom neuen Geschäftsführer pauschal jeweils 250.000 € erhalten sollten. Wegen der angespannten Liquiditätslage der Gesellschaften vereinbarten die Angeklagten mit dem früheren Mitangeklagten eine rein erfolgsabhängige Geschäftsführervergütung. Es kam indes nur zu einem nach dieser Vereinbarung provisionspflichtigen Geschäftsabschluss mit einem Volumen von 1,67 Mio. €, weitere in Aussicht genommene Verträge kamen nicht zustande.
5
In einem Gespräch mit Bankvertretern am 8. März 2004 kündigte K. an, zur Verbesserung der Liquidität Reserven aufzulösen. Die Bankvertreter untersagten ihm daraufhin weitere Verfügungen über den Banken zustehendes Sicherungsgut ohne deren Zustimmung, weil sie befürchteten, K. wolle Waren oder Güter verschleudern. Tatsächlich hatte er schon am 27. Februar 2004 zusammen mit dem Angeklagten S. 1.475 Tonnen Enten- fleisch zum Gesamtpreis von 1,67 Mio. € - und damit erheblich unter den Gestehungskosten - verkauft und dabei die Bezahlung mit LZB-Schecks vereinbart , die sodann nicht bei den Hausbanken, sondern bei anderen Banken eingelöst wurden. Die Hausbanken wurden davon nicht informiert, der Gegenwert der Schecks wurde nicht an diese abgeführt. Dies verstieß sowohl hinsichtlich der Preisgestaltung als auch hinsichtlich der Entgegennahme des Kaufpreises gegen die mit den Banken bestehende Globalzessionsabrede. Ab 1. März 2004 ließ sich K. eingehende Schecks vorlegen und brachte diese unter Umgehung der Buchhaltung neu eröffneten Konten gut. Insgesamt reichte er in den folgenden Wochen Schecks im Wert von rund 3 Mio. € bei anderen Banken ein. In Absprache mit den Angeklagten, die auch sonst über alle wesentlichen Vorgänge informiert waren, verlagerte K. ab Ende März 2004 das operative Geschäft auf die "LM. GmbH". Diese Gesellschaft war die einzige innerhalb der S. -Firmengruppe, die keine unmittelbaren vertraglichen Beziehungen zu den Hausbanken hatte.
6
Mit Schreiben vom 9. März 2004 verlangten die Hausbanken binnen drei Tagen u.a. die Vorlage eines Liquiditätsstatus und eine Übersicht über bereits veräußertes Sicherungsgut und drohten für den Fall des fruchtlosen Verstreichens der Frist mit der außerordentlichen Kündigung des Kreditengagements. K. vertröstete sie auf den 23. März 2004. Die Banken kündigten daraufhin am 15. März 2004 und am 23. März 2004 die gesamte Geschäftsverbindung und setzten für die bestehenden Verbindlichkeiten aller Gesellschaften, insgesamt fast 23 Mio. €, eine Zahlungsfrist bis zum 2. April 2004. Weder die S. GmbH noch die S. -Gruppe in ihrer Gesamtheit waren in der Lage, diese Forderung bei Fälligkeit oder in den folgenden drei Wochen zu begleichen.
7
Anfang April 2004 stellte der Geschäftsführer K. in Absprache und nach Vereinbarung mit den Angeklagten der S. GmbH und der Se. GmbH drei Rechnungen über insgesamt fast 2 Mio. €, die nunmehr - entgegen der ursprünglichen Vereinbarung - auch eine erfolgsunabhängige Vergütung sowie Erfolgshonorare für tatsächlich nicht zustande gekommene Geschäfte zum Gegenstand hatten, und vereinnahmte diesen Betrag (abzüglich bereits erhaltener 250.000 €) letztlich aus dem Vermögen der S. GmbH. Nach der ursprünglichen Vereinbarung hätte ihm ein Anspruch in Höhe von allenfalls knapp 200.000 € zugestanden. Die Angeklagten waren einverstanden, weil sie sich aus den Beträgen, die K. erhielt, ihrerseits je 250.000 € erwarteten und mit Hilfe dieser Summe mit der zwischenzeitlich von ihnen erworbenen Gesellschaft "LM. GmbH" und der Marke "B. Enten" einen Neustart des Familienunternehmens schaffen wollten. Sie kannten die fehlende Berechtigung der Forderungen und wussten zum Zeitpunkt ihrer Zustimmung um die wirtschaftliche Lage der Unternehmensgruppe, insbesondere, dass eine infolge der Kündigungen erforderliche fristgerechte Zahlung der bei den Banken bestehenden Verbindlichkeiten nicht geleistet werden konnte und sich die S. -Gruppe daher im Zustand der drohenden Zahlungsunfähigkeit befand. K. zahlte aus dem entnommenen Betrag an die beiden Angeklagten insgesamt 500.000 €. Über das Vermögen der S. GmbH und der Se. GmbH wurde auf Antrag der Banken das Insolvenzverfahren eröffnet.
8
2. Das Landgericht hat das Verhalten des früheren Mitangeklagten K. - die Entnahme von rund 1,7 Mio. €, auf die ein Rechtsanspruch nicht bestand - als Untreue zum Nachteil der S. GmbH gewertet. Es hat ausgeführt, dass das Einverständnis der Angeklagten wegen der Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz der Gesellschaft durch die Entnahme unwirksam sei. Zugleich hat es das Verhalten als Bankrotthandlung nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB angesehen. Zwar habe der Geschäftsführer K. nicht im Interesse der S. GmbH, sondern eigennützig gehandelt, hierauf komme es indes nicht an. Das Verhalten der Angeklagten hat das Landgericht als Beihilfe zu den Taten des früheren Mitangeklagten K. beurteilt.

II.

9
Die gegen das Urteil von beiden Angeklagten übereinstimmend erhobenen Verfahrensrügen sind, wie vom Generalbundesanwalt dargelegt, im Ergebnis unbegründet. Die Sachrüge hat ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Der näheren Erörterung bedarf insoweit lediglich die (zutreffende) rechtliche Würdigung des Landgerichts.
10
1. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass sich der frühere Mitangeklagte als Geschäftsführer der S. GmbH wegen Bankrotts unabhängig davon strafbar machte, dass er eigennützig und zum Schaden der Gesellschaft handelte, und die Angeklagten dazu Beihilfe leisteten.
11
a) Der Bundesgerichtshof ist bislang - die Rechtsprechung des Reichsgerichts (Urteil vom 29. März 1909 - III 877/08, RGSt 42, 278, 282; aA indes RG, Urteil vom 22. Dezember 1938 - 2 D 581/38, RGSt 73, 68, 70) fortführend - in ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen, dass der Geschäftsführer einer GmbH sich wegen Bankrotts nach § 283 Abs. 1 Nr. 1, § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB nur strafbar machen könne, wenn er die Tathandlung für die GmbH und (zumindest auch) in deren Interesse vorgenommen hat (vgl. etwa BGH, Urteile vom 20. Mai 1981 - 3 StR 94/81, BGHSt 30, 127, 128; vom 5. Oktober 1954 - 2 StR 447/53, BGHSt 6, 314, 316 f.; vom 6. November 1986 - 1 StR 327/86, BGHSt 34, 221, 223; Beschluss vom 14. Dezember 1999 - 5 StR 520/99, NStZ 2000, 206, 207, jeweils mwN; s. auch LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., Vor §§ 283 ff. Rn. 79 ff.; Arloth, NStZ 1990, 570 ff.). Dieser als "Interessentheorie" bezeichneten Ansicht liegt die Auffassung zugrunde, dass das Gesellschaftsorgan nicht in dieser Eigenschaft handele, wenn ein Bezug zum - durch den Interessenkreis bestimmten - Geschäftsbetrieb fehle (RG, Urteil vom 29. März 1909 - III 877/08, RGSt 42, 278, 282). Daher hat die bisherige Rechtsprechung eine Strafbarkeit wegen Bankrotts abgelehnt, wenn der Vertreter ausschließlich im eigenen Interesse handelt.
12
b) An der Interessentheorie hält der Senat nicht weiter fest, da sich weder aus dem Gesetzeswortlaut noch nach dem Gesetzeszweck eine solche auf das Interesse des Vertretenen abstellende Einschränkung ergibt und sie berechtigte Kritik erfahren hat.
13
aa) Der Gesetzeswortlaut stellt für die Zurechnung nicht auf das Interesse des Vertretenen ab: Nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 StGB kommt die Strafbarkeit des Geschäftsführers einer GmbH bei Bankrotttaten in Betracht, wenn er "als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person" gehandelt hat. Dies setzt neben der Organstellung als solcher voraus, dass der Vertretungsberechtigte in seiner Eigenschaft als Organ gehandelt hat (vgl. BT-Drucks. 5/1319 S. 63; BT-Drucks. 14/8998 S. 8: " 'in Ausübung' seiner Funktion"). Eine nähere Konkretisierung, wann ein Vertretungsberechtigter gerade in dieser Eigenschaft handelt, enthält der Gesetzeswortlaut nicht.
14
bb) Der vom Gesetzgeber mit der Regelung des § 14 StGB verfolgte Zweck besteht - ebenso wie bei dem zuvor geltenden § 50a StGB - darin, den Anwendungsbereich von Straftatbeständen allgemein auf Personen zu erweitern , die in einem bestimmten Vertretungs- oder Auftragsverhältnis für den Normadressaten handeln, und die kriminalpolitisch nicht erträgliche Lücke zu schließen, die sich daraus ergibt, dass der Normadressat mangels Handlung und der Handelnde deshalb nicht zur Verantwortung gezogen werden kann, weil er nicht Normadressat ist (BT-Drucks. 5/1319 S. 62). Dieser Regelungszweck spricht nicht für eine einschränkende Normauslegung.
15
cc) Mit der dargelegten Intention des § 14 StGB lässt sich insbesondere nicht vereinbaren, dass die Interessentheorie im Ergebnis bei einer Vielzahl von Taten einer Strafbarkeit nach § 283 StGB entgegensteht, weil der Vermögensträger als juristische Person und die handelnde natürliche Person auseinanderfallen.
16
So lässt die Interessentheorie für die Insolvenzdelikte nur einen geringen Anwendungsbereich, wenn Schuldner im Sinne des § 283 StGB eine Handelsgesellschaft ist (LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., Vor §§ 283 ff. Rn. 80; SKStGB /Hoyer, § 283 Rn. 103 [Stand: März 2002]; MünchKommStGB/Radtke, 1. Aufl., Vor §§ 283 ff. Rn. 55; Labsch, wistra 1985, 1, 6 ff.; jeweils mwN); denn die in § 283 StGB aufgezählten Bankrotthandlungen widersprechen ganz überwiegend dem wirtschaftlichen Interesse der Gesellschaft. Damit läuft bei Anwendung der Interessentheorie der vom Gesetzgeber intendierte Gläubigerschutz in der wirtschaftlichen Krise insbesondere von Kapitalgesellschaften bei Anwendung der Interessentheorie weitgehend leer (vgl. Winkler, jurisPR-StrafR 16/2009 Anm. 1). Besonders augenfällig wird dies in Fällen der Ein-MannGmbH , in denen der Gesellschafter/Geschäftsführer der Gesellschaft angesichts der drohenden Insolvenz zur Benachteiligung der Gläubiger Vermögen entzieht und auf seine privaten Konten umleitet, nach wirtschaftlicher Betrachtung also aus eigennützigen Motiven handelt. Nach der Interessentheorie ist er nicht des Bankrotts schuldig, obwohl er die Insolvenz gezielt herbeigeführt hat (vgl. BGH, Urteil vom 20. Mai 1981 - 3 StR 94/81, BGHSt 30, 127, 128 f.; kritisch dazu LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., Vor §§ 283 ff. Rn. 80, 85).
17
Während Einzelkaufleute in vergleichbaren Fällen regelmäßig wegen Bankrotts strafbar sind, entstehen so Strafbarkeitslücken für Vertreter oder Organe von Kapitalgesellschaften. Dies lässt sich nicht mit der Intention des Gesetzgebers vereinbaren, durch die Regelung des § 14 StGB Strafbarkeitslücken zu schließen. Zudem wird angesichts der besonderen Insolvenzanfälligkeit von in der Rechtsform der GmbH betriebenen Unternehmen der Schutzzweck der Insolvenzdelikte konterkariert (vgl. BGH, Beschluss vom 1. September 2009 - 1 StR 301/09, BGHR StGB § 283 Abs. 1 Geschäftsführer 4; SK-StGB/Hoyer, § 283 Rn. 103 [Stand: März 2002]; MünchKommStGB/Radtke, 1. Aufl., Vor §§ 283 ff. Rn. 55). Das gilt insbesondere, wenn man die Interessenformel kon- sequent auch auf die Bankrotthandlungen anwendet, die die Verletzung von Buchführungs- oder Bilanzierungspflichten sanktionieren (§ 283 Abs. 1 Nr. 5-7 StGB): Entfällt wegen des fehlenden Interesses der Gesellschaft die Bankrottstrafbarkeit , scheitert eine Verurteilung wegen Untreue regelmäßig am nicht festzustellenden oder nicht nachzuweisenden Vermögensschaden der Gesellschaft (vgl. Arloth, NStZ 1990, 570, 572; LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., Vor §§ 283 ff. Rn. 84).
18
Über die nicht gerechtfertigte Privilegierung von GmbH-Geschäftsführern gegenüber Einzelkaufleuten hinaus wird der Zweck der § 283 Abs. 1 Nr. 5-8, § 283b StGB unterlaufen, der Verstöße gegen Buchführungs- und Bilanzierungsvorschriften wegen der besonderen Gefahr von Fehleinschätzungen mit schwerwiegenden wirtschaftlichen Folgen als eigenständiges Unrecht erfassen will (vgl. Arloth, NStZ 1990, 570, 572). Angesichts der dort genannten objektiven Anforderungen wäre kaum verständlich, dass daneben noch auf ein - zudem oft schwerlich zu ermittelndes - subjektives Interesse abzustellen sein soll (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2011 - 5 StR 122/11, StV 2012, 216; S/S-Perron, StGB, 28. Aufl., § 14 Rn. 26 mwN). Es besteht auch kein Anlass, bei der Auslegung des § 14 StGB im Hinblick auf § 283 Abs. 1 Nr. 5-7, § 283b StGB andere Anforderungen zu stellen als etwa im Rahmen des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB, da § 14 StGB eine der Rechtsvereinheitlichung dienende allgemeine Vorschrift darstellt (BT-Drucks. 5/1319 S. 62).
19
Überdies erscheint es problematisch, bei Fahrlässigkeits- und Unterlassungstaten die Zurechnung davon abhängig zu machen, in wessen Interesse der Vertreter handelte oder untätig blieb (vgl. S/S-Perron, StGB, 28. Aufl., § 14 Rn. 26). Ähnliches gilt bei nicht eigennützigem Verhalten, etwa bei der Zerstörung von Vermögensbestandteilen (§ 283 Abs. 1 Nr. 1 Var. 3 StGB), da ein solches bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise (vgl. BGH, Urteil vom 20. Mai 1981 - 3 StR 94/81, BGHSt 30, 127, 128 mwN) weder im Interesse des Vertreters noch des Vertretenen liegt (vgl. Brand, NStZ 2010, 9, 11).
20
dd) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Interessentheorie bei Vertretern von Personengesellschaften für die praktisch relevanten Fälle, dass die Gesellschafter der Bankrotthandlung zustimmen (vgl. dazu Labsch, wistra 1985, 1, 7), zudem nicht durchgehalten worden; ein Handeln, das aus wirtschaftlicher Sicht im vollständigen Widerstreit zu den Interessen der vertretenen Gesellschaft steht, soll etwa bei der Kommanditgesellschaft gleichwohl von dem durch das Einverständnis erweiterten Auftrag des Schuldners - also der Gesellschaft - gedeckt sein, wenn der Komplementär zustimmt (BGH, Urteil vom 6. November 1986 - 1 StR 327/86, BGHSt 34, 221, 223 f. = BGH StV 1988, 14, 15 m. Anm. Weber). Die Einschränkung der Interessentheorie sei insbesondere aus Gründen des Gläubigerschutzes geboten (BGH, Urteil vom 6. November 1986 - 1 StR 327/86, BGHSt 34, 221, 224). Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof in der Folge auch auf Fälle der GmbH & Co. KG erstreckt, in denen der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH die Bankrotthandlungen mit Zustimmung der Gesellschafter dieser Kapitalgesellschaft und damit der Komplementärin vorgenommen hatte (BGH, Urteil vom 12. Mai 1989 - 3 StR 55/89, wistra 1989, 264, 267; aA BGH, Urteil vom 29. November 1983 - 5 StR 616/83, wistra 1984, 71; BGH, Urteil vom 17. März 1987 - 5 StR 272/86, JR 1988, 254, 255 f. m. abl. Anm. Gössel; offen gelassen von BGH, Urteil vom 3. Mai 1991 - 2 StR 613/90, NJW 1992, 250, 252). Der Gläubigerschutz hat aber bei den in der Rechtsform der GmbH betriebenen Gesellschaften kein geringeres Gewicht als bei Personengesellschaften oder insbesondere der Mischform der GmbH & Co. KG, so dass mit dieser Argumentation nicht nachvollziehbar erscheint, warum die Zustimmung der Gesellschafter einer Komplementär-GmbH den Auftrag des Geschäftsführers erweitern kann, das Einverständnis der Gesellschafter bei einer reinen Kapitalgesell- schaft für die Frage, ob der Geschäftsführer als Organ oder im Auftrag der Gesellschaft handelt, hingegen bedeutungslos sein soll.
21
Auch in Bezug auf die Buchführungs- und Bilanzdelikte hat der Bundesgerichtshof nicht einheitlich an der Interessentheorie festgehalten, sondern diese - teils ausdrücklich, teils stillschweigend - in Frage gestellt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. Dezember 2011 - 5 StR 122/11, StV 2012, 216; vom 24. Mai 2009 - 5 StR 353/08, NStZ 2009, 635, 636; vom 18. Januar 1995 - 2 StR 693/94, wistra 1995, 146 f.; anders etwa BGH, Beschluss vom 14. Dezember 1999 - 5 StR 520/99, NStZ 2000, 206, 207).
22
c) Kommt es für ein Handeln als Vertretungsberechtigter im Sinne des § 14 Abs. 1 StGB nicht (mehr) darauf an, ob dieses im Interesse des Geschäftsherrn liegt, ist auf andere taugliche Abgrenzungskriterien Bedacht zu nehmen (dazu bereits BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2009 - 3 StR 372/08, NJW 2009, 2225, 2228; vom 15. September 2011 - 3 StR 118/11, NStZ 2012, 89, 91). Entscheidend bleibt, dass der Handelnde gerade in seiner Eigenschaft als vertretungsberechtigtes Organ, also im Geschäftskreis des Vertretenen (BGH aaO), und nicht bloß "bei Gelegenheit" tätig wird (vgl. BTDrucks. 14/8998 S. 8; 5/1319 S. 63). Dabei kann zwischen rechtsgeschäftlichem und sonstigem Handeln zu differenzieren sein (vgl. MünchKommStGB /Radtke, 2. Aufl., § 14 Rn. 65 ff.; S/S-Perron, StGB, 28. Aufl., § 14 Rn. 26; ausdrücklich anders noch BGH, Urteil vom 20. Mai 1981 - 3 StR 94/81, BGHSt 30, 127, 129).
23
Handelt ein Organwalter rechtsgeschäftlich, ist ein organschaftliches Tätigwerden jedenfalls dann naheliegend gegeben, wenn er im Namen der juristischen Person auftritt oder für diese aufgrund der bestehenden Vertretungsmacht bindende Rechtsfolgen zumindest im Außenverhältnis herbeiführt (vgl.
BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2009 - 3 StR 372/08, NJW 2009, 2225, 2228; vom 15. September 2011 - 3 StR 118/11, NStZ 2012, 89, 91 m. Anm. Radtke/Hoffmann). Das Handeln des Vertretungsberechtigten als Organ wird etwa dadurch deutlich, dass er lediglich aufgrund seiner besonderen Organstellung überhaupt in der Lage ist, die vertretene juristische Person rechtlich zu binden. Diese Wirkung könnte er nicht herbeiführen, wenn er nicht als vertretungsberechtigtes Organ, sondern - gleichsam wie ein Außenstehender - als natürliche (Privat-) Person agierte (vgl. Arloth, NStZ 1990, 570, 574).
24
Eine Zurechnung der Schuldnereigenschaft ist auch in den Fällen möglich , in denen der Vertretungsberechtigte aufgrund seiner Stellung außerstrafrechtliche , aber gleichwohl strafbewehrte Pflichten des Vertretenen zu erfüllen hat (s. LK/Tiedemann, 12. Aufl., Vor §§ 283 ff. Rn. 84; NK-StGB-Kindhäuser, 3. Aufl., Vor §§ 283 bis 283d Rn. 54).
25
Dagegen erscheint die Abgrenzung bei einem bloß faktischen Handeln problematischer. Ein solches kann jedenfalls dann Grundlage für eine Zurechnung sein, wenn eine Zustimmung des Vertretenen vorliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 15. September 2011 - 3 StR 118/11, NStZ 2012, 89, 91; weitergehend BGH, Beschluss vom 10. Januar 2012 - 4 ARs 17/11, wistra 2012, 191; s. auch MünchKommStGB/Radtke, 2. Aufl., § 14 Rn. 67 f.; Valerius, NZWiSt 2012, 65, 66).
26
Es bedarf hier keiner abschließenden Klärung, unter welchen Voraussetzungen im Einzelnen bei rein tatsächlichen Verhaltensweisen eine Zurechnung nach § 14 StGB in Betracht kommt; denn ein solches liegt nicht vor. Der Geschäftsführer K. ist rechtsgeschäftlich tätig geworden. Er verschaffte sich die Beträge im Wesentlichen durch Überweisungen, die er als Geschäftsführer der GmbH mit Wirkung für diese vornahm.
27
d) Der Senat ist durch die bislang ergangenen Entscheidungen nicht daran gehindert, eine Strafbarkeit der Angeklagten wegen Beihilfe zum Bankrott anzunehmen, obschon der Geschäftsführer der S. GmbH Gesellschaftsvermögen nicht im Interesse der GmbH, sondern in eigenem Interesse beiseite schaffte. Auf Anfrage (§ 132 Abs. 3 Satz 1 GVG) haben sämtliche anderen Strafsenate erklärt, an ihrer insoweit entgegenstehenden früheren Rechtsauffassung nicht festzuhalten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. November 2011 - 1 ARs 19/11, wistra 2012, 113; vom 22. Dezember 2011 - 2 ARs 403/11; vom 10. Januar 2012 - 4 ARs 17/11, wistra 2012, 191; vom 7. Februar 2012 - 5 ARs 64/11). Auch der Senat selbst gibt seine entgegenstehende Rechtsansicht auf.
28
2. Das Landgericht hat die Strafbarkeit wegen Beihilfe zur Untreue (§§ 266, 27 StGB) ebenfalls rechtsfehlerfrei angenommen.
29
Der Geschäftsführer K. verursachte durch die vorgenommenen Verfügungen einen Vermögensnachteil der S. GmbH. Dies geschah pflichtwidrig , auch wenn die Angeklagten - durch die G. S. GmbH und die S. KG vermittelt - letztlich als natürliche Personen hinter der S. GmbH standen und damit einverstanden waren; denn ein solches Einverständnis ist jedenfalls dann unbeachtlich, wenn die betreffenden Verfügungen - wie hier - die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft gefährden. Hierzu gilt im Einzelnen:
30
Ein - wirksames - Einverständnis des Inhabers des zu betreuenden Vermögens schließt bereits die Tatbestandsmäßigkeit aus, weil die Pflichtwidrigkeit des Handelns Merkmal des Untreuetatbestandes ist (BGH, Urteil vom 24. Juni 2010 - 3 StR 90/10, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Missbrauch 7 mwN). Vermögensträgerin ist die GmbH selbst, Vermögensträger sind nicht die einzelnen Gesellschafter. Allerdings tritt an die Stelle des Vermögensinhabers bei juristi- schen Personen deren oberstes Willensorgan für die Regelung der inneren Angelegenheiten (BGH aaO), bei einer GmbH also die Gesamtheit ihrer Gesellschafter (BGH, Urteil vom 27. August 2010 - 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 278). Indes kann auch diese nicht unbeschränkt in Vermögensverfügungen einwilligen. Vielmehr ist ein Einverständnis nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, an welcher der Senat festhält, bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung ausgeschlossen, wenn unter Verstoß gegen Gesellschaftsrecht die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft gefährdet wird, namentlich durch Beeinträchtigung des Stammkapitals entgegen § 30 GmbHG, durch Herbeiführung oder Vertiefung einer Überschuldung oder durch Gefährdung der Liquidität (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 30. August 2011 - 3 StR 228/11, NStZ-RR 2012, 80; Beschluss vom 31. Juli 2009 - 2 StR 95/09, BGHSt 54, 52, 57 f.; Beschluss vom 30. September 2004 - 4 StR 381/04, NStZRR 2005, 86; Urteil vom 13. Mai 2004 - 5 StR 73/03, BGHSt 49, 147, 157 ff. [zur AG]; Urteil vom 20. Juni 1999 - 1 StR 668/98, NJW 2000, 154, 155; s. auch Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 266 Rn. 20a; MünchKommStGB/Dierlamm, 2006, § 266 Rn. 133 ff.; LK/Rönnau, StGB, 12. Aufl., Vor § 32 Rn. 178; LK/Schünemann, StGB, 11. Aufl., § 266 Rn. 125; ablehnend SK-StGB/Hoyer, § 266 Rn. 70 [Stand: Juli 2010]; S/S-Perron, StGB, 28. Aufl., § 266 Rn. 21b; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 266 Rn. 99; SSW-StGB/Saliger, 2009, § 266 Rn. 86). Eine solche Sachlage, die einem wirksamen Einverständnis entgegensteht, ist durch die vom Landgericht getroffenen Feststellungen belegt.
31
Es stellt entgegen einer vielfach im Schrifttum geäußerten Auffassung (s. z.B. Labsch, wistra 1985, 1, 7 f.; Arloth, NStZ 1990, 570, 573; Kasiske JR 2011, 235, 240; SK-StGB/Hoyer, § 266 Rn. 73 [Stand: Juli 2010]) keinen Wertungswiderspruch dar, die mit Zustimmung der Gesellschafter vorgenommene Entnahme von Vermögenswerten durch den Geschäftsführer sowohl als Bankrott als auch als Untreue zu beurteilen. Ein Eingriff in das Gesellschaftsvermögen kann gleichzeitig verschiedene Rechtsgüter beeinträchtigen, die durch die unterschiedlichen Strafvorschriften geschützt sind: Während der Untreuetatbestand das Vermögen des Treugebers wahren soll, dienen die Bankrottbestimmungen dem Schutz der Insolvenzmasse im Interesse der Gläubiger (vgl. BGH, Urteile vom 20. Juli 1999 - 1 StR 668/98, NJW 2000, 154, 155; vom 4. April 1979 - 3 StR 488/78, BGHSt 28, 371, 372 f.). Angesichts der eigenen Rechtspersönlichkeit der GmbH (§ 13 GmbHG) kann in den Fällen, in denen ein Einverständnis der Gesellschafter mit der Vermögensverfügung aus den dargelegten Gründen ausgeschlossen ist, ein Eingriff in das betreute Vermögen mithin die Strafbarkeit sowohl wegen Untreue als auch wegen Bankrotts begründen (s. BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2009 - 3 StR 372/08, NJW 2009, 2225, 2228; vom 15. September 2011 - 3 StR 118/11, NStZ 2012, 89, 91 m. zust. Anm. Radtke/Hoffmann; LK/Schünemann, StGB, 11. Aufl., § 266 Rn. 125, 171; aA etwa SK-StGB/Hoyer, § 266 Rn. 73 [Stand: Juli 2010]; S/S-Perron, StGB, 28. Aufl., § 266 Rn. 21b mwN).
32
Es bleibt dabei, dass die Untreue den Schutz des betreuten Vermögens, nämlich des Vermögens der GmbH, zum Gegenstand hat. Die Unwirksamkeit des Einverständnisses dient gerade diesem Vermögensschutz, unabhängig davon, dass dies mittelbar auch den Gläubigern zugutekommt (vgl. Radtke, GmbHR 2012, 28, 30; Ransiek, wistra 2005, 121, 122). Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kapitalschutz nach § 30 GmbHG nicht ausschließlich den Gläubigern eine Befriedigungsreserve, sondern überdies der GmbH nach Möglichkeit ein ihren Bestand schützendes Mindestbetriebsvermögen sichern soll (s. BGH, Urteile vom 24. November 2003 - II ZR 171/01, BGHZ 157, 72, 75; vom 17. März 2008 - II ZR 24/07, BGHZ 176, 62, 65; Hommelhoff in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl., § 30 Rn. 1). Es bestehen somit gesetzlich gewährleistete Eigeninteressen der GmbH (BGH, Urteil vom 10. Juli 1996 - 3 StR 50/96, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 37; s. auch BGH, Urteil vom 13. Mai 2004 - 5 StR 73/03, BGHSt 49, 147, 157 ff.), die von den Interessen der Gesellschafter unabhängig sind und daher deren Dispositionsmöglichkeit begrenzen. Becker Pfister RiBGH Dr. Schäfer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Mayer Menges

(1) Handelt jemand

1.
als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs,
2.
als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft oder
3.
als gesetzlicher Vertreter eines anderen,
so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Eigenschaften, Verhältnisse oder Umstände (besondere persönliche Merkmale) die Strafbarkeit begründen, auch auf den Vertreter anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Vertretenen vorliegen.

(2) Ist jemand von dem Inhaber eines Betriebs oder einem sonst dazu Befugten

1.
beauftragt, den Betrieb ganz oder zum Teil zu leiten, oder
2.
ausdrücklich beauftragt, in eigener Verantwortung Aufgaben wahrzunehmen, die dem Inhaber des Betriebs obliegen,
und handelt er auf Grund dieses Auftrags, so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Merkmale die Strafbarkeit begründen, auch auf den Beauftragten anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Inhaber des Betriebs vorliegen. Dem Betrieb im Sinne des Satzes 1 steht das Unternehmen gleich. Handelt jemand auf Grund eines entsprechenden Auftrags für eine Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, so ist Satz 1 sinngemäß anzuwenden.

(3) Die Absätze 1 und 2 sind auch dann anzuwenden, wenn die Rechtshandlung, welche die Vertretungsbefugnis oder das Auftragsverhältnis begründen sollte, unwirksam ist.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Handelt jemand

1.
als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs,
2.
als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft oder
3.
als gesetzlicher Vertreter eines anderen,
so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Eigenschaften, Verhältnisse oder Umstände (besondere persönliche Merkmale) die Strafbarkeit begründen, auch auf den Vertreter anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Vertretenen vorliegen.

(2) Ist jemand von dem Inhaber eines Betriebs oder einem sonst dazu Befugten

1.
beauftragt, den Betrieb ganz oder zum Teil zu leiten, oder
2.
ausdrücklich beauftragt, in eigener Verantwortung Aufgaben wahrzunehmen, die dem Inhaber des Betriebs obliegen,
und handelt er auf Grund dieses Auftrags, so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Merkmale die Strafbarkeit begründen, auch auf den Beauftragten anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Inhaber des Betriebs vorliegen. Dem Betrieb im Sinne des Satzes 1 steht das Unternehmen gleich. Handelt jemand auf Grund eines entsprechenden Auftrags für eine Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, so ist Satz 1 sinngemäß anzuwenden.

(3) Die Absätze 1 und 2 sind auch dann anzuwenden, wenn die Rechtshandlung, welche die Vertretungsbefugnis oder das Auftragsverhältnis begründen sollte, unwirksam ist.