Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Okt. 2017 - 2 StR 252/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:251017B2STR252.16.1
25.10.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
BGHR: ja
Veröffentlichung: ja
1. Zwar wird der Ablauf der Verjährungsfrist durch ein auf Einstellung des Verfahrens
wegen örtlicher Unzuständigkeit lautendes Prozessurteil gehemmt
(§ 78b Abs. 3 StGB). Die Wirkung des § 78b Abs. 3 StGB endet jedoch mit
Eintritt der Rechtskraft des Prozessurteils und dem dadurch bewirkten Abschluss
des Verfahrens (Fortführung von BGH, Beschluss vom
20. Dezember 1983 – 1 StR 821/83, BGHSt 32, 209).
2. Bei Fortführung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft ist die Verjährungsfrist
so zu berechnen, als wäre ihr Ablauf nicht gehemmt gewesen.
BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2017 - 2 StR 252/16 - LG Darmstadt
ECLI:DE:BGH:2017:251017B2STR252.16.1
BESCHLUSS 2 StR 252/16 vom 25. Oktober 2017 in der Strafsache gegen

wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr

ECLI:DE:BGH:2017:251017B2STR252.16.0
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts – zu Ziff. 2 auf dessen Antrag – und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 25. Oktober 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO, § 354 Abs. 1 i.V.m. § 206a StPO beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten O. gegen das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 11. März 2016 wird 1. das vorbezeichnete Urteil, auch soweit es den Mitangeklagten E. betrifft, in den Fällen II. 1 bis II. 16 der Urteilsgründe aufgehoben und das Verfahren eingestellt; die Kosten des Verfahrens und die den Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last; 2. das vorbezeichnete Urteil
a) im Schuldspruch dahin neu gefasst, dass aa) der Angeklagte O. der Bestechung im geschäftlichen Verkehr in vierzehn Fällen und bb) der Angeklagte E. der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in vierzehn Fällen schuldig ist,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafen sowie – hinsichtlich des Angeklagten E. – im Ausspruch über den Wertersatzverfall aufgehoben. Insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbliebe- nen Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. II. Die weiter gehende Revision des Angeklagten O. wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten O. wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr in 30 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Den nicht revidierenden Mitangeklagten E. hat es wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in 30 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt; darüber hinaus hat es den Verfall von Wertersatz in Höhe von 122.700 Euro angeordnet. Wegen überlanger Verfahrensdauer hat es jeweils einen Monat der verhängten Gesamtfreiheitsstrafen für vollstreckt erklärt.
2
Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten O. .
3
Das Rechtsmittel hat den aus dem Tenor dieses Beschlusses ersichtlichen Erfolg und führt wegen Verfolgungsverjährung zur Urteilsaufhebung in den Fällen II. 1 bis II. 16 der Urteilsgründe und zur Einstellung des Verfahrens. Dies bedingt die Änderung des Schuldspruchs sowie die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe. Die Urteilsaufhebung in den Fällen II. 1 bis II. 16 ist auf den nicht revidierenden Mitangeklagten E. zu erstrecken (§ 357StPO) und führt insoweit auch zur Aufhebung der Wertersatzverfallentscheidung. Im Übrigen erweist sich das Rechtsmittel des Angeklagten O. als unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.

4
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen :
5
a) Der Angeklagte O. war Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer des Speditionsunternehmens Q. GmbH (im Folgenden: Q. GmbH). Zu den Kunden des Unternehmens zählte auch die Firma H. GmbH (künftig: H. GmbH). Der Mitangeklagte E. , der zunächst als selbstständiger Spediteur für die H. GmbH Transportaufträge ausgeführt hatte, wurde von dieser Firma zum 1. Februar 1999 als Versandleiter eingestellt; ihm oblag dabei die eigenständige und freie Vergabe von Sonder- und Eiltransporten. Der Angeklagte E. vereinbarte daraufhin mit dem Angeklagten O. , dass er die Q. GmbH künftig bevorzugt und unter Ausschluss der Konkurrenz mit der Durchführung von Sonder- und Eiltransporten beauftragen werde; als Gegenleistung sollte er hierfür monatlich einen Geldbetrag in Höhe von rund 8.000 DM erhalten.
6
Dieser Vereinbarung entsprechend hatte der Mitangeklagte E. in den Jahren 1999 bis 2003, die von der Anklage nicht umfasst sind, Transportaufträge in unbekanntem Umfang unter Ausschluss der Konkurrenz an die Firma des Angeklagten vergeben und als „Gegenleistung“ Zahlungen in Höhe von monatlich rund 8.000 DM erhalten. In dieses etablierte System war im Jahr 2003 der Bruder des Angeklagten O. , der gesondert verfolgte N. , eingetreten, der die Geschäftsführung der Q. GmbH übernommen und im Einvernehmen mit dem Angeklagten O. für die Zahlungen an den Angeklagten E. durch monatliche Scheckübergaben gesorgt hatte.
7
b) Der Angeklagte E. beauftragte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum die Firma Q. GmbH unter Ausschluss der Konkurrenz mit Transportaufträgen und erhielt als Gegenleistung dafür jeweils am Monatsende einen Scheck in Höhe von rund 4.090 €. Der Angeklagte E. löste die Schecks jeweils zeitnah nach Erhalt ein; die Beträge wurden seinem Konto am 2. November 2004 (Fall 1), 6. Dezember 2004 (Fall 2), 5. Januar 2005 (Fall 3), 2. Februar 2005 (Fall 4), 4. März 2005 (Fall 5), 1. April 2005 (Fall 6), 4. Mai 2005 (Fall 7), 6. Juni 2005 (Fall 8), 5. Juli 2005 (Fall 9), 3. August 2005 (Fall 10), 6. September 2005 (Fall 11), 5. Oktober 2005 (Fall 12), 2. November 2005 (Fall 13), 5. Dezember 2005 (Fall 14), 3. Februar 2006 (Fall 15) und am 2. März 2006 (Fall 16) gutgeschrieben.
8
Auch in der Folgezeit kam es zu weiteren Scheckübergaben, die dem eingespielten System folgten und denen jeweils Auftragsvergaben an die Q. GmbH vorausgingen. Der Angeklagte E. erhielt weiterhin monatlich Schecks in gleichbleibender Höhe von rund 4.090 Euro monatlich, die seinem Konto nach Scheckeinlösung durch ihn jeweils am 5. April 2006 (Fall 17), 4. Mai 2006 (Fall 18), 6. Juni 2006 (Fall 19), 5. Juli 2006 (Fall 20), 2. August 2006 (Fall 21), 6. September 2006 (Fall 22), 4. Oktober 2006 (Fall 23), 1. November 2006 (Fall 24), 5. Dezember 2006 (Fall 25), 5. Januar 2007 (Fall 26), 7. Februar 2007 (Fall 27), 5. März 2007 (Fall 28), 4. Mai 2007 (Fall 29) und am 4. Juni 2007 (Fall 30) gutgeschrieben wurden.
9
2. Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass hinsichtlich keiner der im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander stehenden Taten (absolute) Verfolgungsverjährung eingetreten sei. Es hat angenommen, dass das (Prozess-) Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 21. Oktober 2014 auch in dem nach erneuter Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft anhängig gewordenen gerichtlichen Verfahren verjährungshemmende Wirkung im Sinne des § 78b Abs. 3 StGB entfalte.
10
Insoweit liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
11
a) Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main hatte am 11. Juli 2013 gegen den Angeklagten O. , den Mitangeklagten E. und den gesondert verfolgten N. Anklage zur Großen Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Wiesbaden erhoben und den drei Angeklagten jeweils 32 selbstständige, zwischen dem 6. September 2004 und dem 4. Juni 2007 begangene Taten der Bestechlichkeit und der Bestechung im geschäftlichen Verkehr vorgeworfen. Mit Beschluss vom 17. Juli 2014 hatte die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Wiesbaden die Anklageschrift unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. In der am 21. Oktober 2014 stattgefundenen Hauptverhandlung hatten die Angeklagten O. und E. den Einwand örtlicher Unzuständigkeit (§ 16 StPO) erhoben und die Einstellung des Verfahrens gemäß § 260 Abs. 3 StPO beantragt. Das Landgericht Wiesbaden hatte das Verfahren nach Verfahrensabtrennung antragsgemäß nach § 260 Abs. 3 StPO eingestellt. Rechtsmittel gegen dieses Urteil wurde nicht eingelegt; das Prozessurteil ist am 29. Oktober 2014 in Rechtskraft erwachsen.
12
b) Nach Durchführung weiterer Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main unter dem 30. Januar 2015 erneut Anklage gegen die Angeklagten O. und E. erhoben und diese Anklage an die Große Wirtschafts- strafkammer des Landgerichts Darmstadt adressiert. Den Angeklagten O. und E. wurden nunmehr jeweils 30 Vergehen der Bestechung bzw. der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr zur Last gelegt, die sie im Zeitraum vom 2. November 2004 bis zum 4. Juni 2007 begangen haben sollen. Die Staatsanwaltschaft hatte darauf hingewiesen, dass der – erneuten – Anklageerhebung der Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit nicht entgegenstehe, weil die Rechtshängigkeit des vor dem Landgericht Wiesbaden anhängig gewesenen Verfahrens mit Eintritt der Rechtskraft des Prozessurteils entfallen sei.

II.

13
Die Revision des Angeklagten hat teilweise Erfolg und führt zur Aufhebung in den Fällen II. 1 bis II. 16 der Urteilsgründe sowie zur Einstellung des Verfahrens (§ 206a StPO). Entgegen der Auffassung des Landgerichts war bereits vor Erlass des nunmehr mit der Revision angegriffenen Urteils insoweit absolute Verfolgungsverjährung eingetreten (1.). Das Prozessurteil des Landgerichts Wiesbaden vom 21. Oktober 2014 entfaltete für das von der Staatsanwaltschaft durch eine neue Anklageerhebung fortgeführte Verfahren keine verjährungshemmende Wirkung im Sinne des § 78b Abs. 3 StGB (2.).
14
1. Die im Zeitraum vom 2. November 2004 bis zum 2. März 2006 beendeten Taten waren im Zeitpunkt ihrer Aburteilung durch das angegriffene Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 11. März 2016 bereits verjährt.
15
a) Die für das Vergehen der Bestechung bzw. der Bestechlichkeit gemäß § 299 StGB a.F. maßgebliche Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4, Abs. 4 StGB), die absolute Verjährungsfrist zehn Jahre (§ 78c Abs. 3 Satz 2 StGB). Die Verjährungsfrist beginnt gemäß § 78a StGB mit der Beendi- gung der Tat zu laufen. Die im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander stehenden Taten der Bestechung waren hier jeweils mit der Gewährung des Vorteils an den nicht revidierenden Mitangeklagten E. beendet.
16
aa) Materiell beendet ist eine Tat, wenn der Täter sein rechtsverneinendes Tun insgesamt abgeschlossen hat, das Tatunrecht mithin in vollem Umfang verwirklicht ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Februar 1997 – 3 StR 525/96, BGHSt 43, 1, 7; vom 18. Juni 2003 – 5 StR 489/02, NJW 2003, 2996, 2997). Zur Tatbeendigung zählen auch solche Umstände, die zwar nicht mehr von der objektiven Tatbestandsumschreibung erfasst werden, aber dennoch das materielle Unrecht der Tat vertiefen, weil sie den Angriff auf das geschützte Rechtsgut perpetuieren oder intensivieren (vgl. BGH, Urteile vom 19. Juni 2008 – 3 StR 90/08, BGHSt 52, 300, 303 und vom 6. September 2011 – 1 StR 633/10, NStZ 2012, 511, 513). Sind solche Handlungen nicht festgestellt, so beginnt die Verjährung , sobald der Vorteil vollständig entgegengenommen und zugleich die bevorzugende Handlung vollständig abgeschlossen ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 1994 – 1 StR 614/93, BGHR UWG § 12 Abs. 2 Angestelltenbestechlichkeit 1; vom 2. Dezember 2005 – 5 StR 119/05, NJW 2006, 925, 927; Beschluss vom 9. Oktober 2007 – 4 StR 444/07, NStZ-RR 2008, 42, 43; vgl. auch BGH, Urteil vom 18. Mai 2017 – 3 StR 103/17, NJW 2017, 2565).
17
bb) Die Verjährungsfrist begann gemäß § 78a StGB jeweils mit der Gewährung des Vorteils – der Gutschrift der Schecks zu Gunsten des Kontos des Angeklagten E. – zu laufen. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen , dass die festgestellten Taten jeweils im Verhältnis der Tatmehrheit (§ 53 StGB) und nicht im Verhältnis der Tateinheit (§ 52 StGB) zueinander stehen.
18
Zwar gingen die verfahrensgegenständlichen Zahlungen auf die zuvor generell getroffene Unrechtsvereinbarung zwischen den Angeklagten O. und E. zurück, wonach der Angeklagte E. die Firma Q. GmbH bevorzugt mit Transportaufträgen beauftragen und als „Gegenleistung“ hierfür monatliche Geldzahlungen erhalten sollte. Jedoch verbindet die Tatbegehung in Gestalt dieser Unrechtsvereinbarung die späteren einzelnen Zahlungen nicht zu einer tatbestandlichen Handlungseinheit.
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(1) Eine tatbestandliche Handlungseinheit läge nur vor, wenn bereits die Unrechtsvereinbarung selbst den zu leistenden Vorteil genau festlegt, mag er auch später in bestimmten Teilleistungen zu erbringen sein (Senat, Urteil vom 11. Februar 2009 – 2 StR 339/08, NStZ 2009, 347; BGH, Urteil vom 11. Mai 2001 – 3 StR 549/00, BGHSt 47, 22, 30). In Fällen, in denen die Laufzeit der Vorteilsgewährung offen ist, die Vorteilsgewährung also „open-end“-Charakter trägt, erfüllt jede einzelne Zahlung erneut den Tatbestand der Bestechung im geschäftlichen Verkehr (vgl. Senat, Urteil vom 11. Februar 2009 – 2 StR 339/08, NStZ 2009, 445; BGH, Urteil vom 13. Oktober 1994 – 1 StR 614/93, NStZ 1995, 92; Urteil vom 13. November 1997 – 1 StR 323/97, NStZ-RR 1998, 269; Beschluss vom 5. Juni 1996 – 3 StR 534/95 II, BGHR StGB vor § 1/Serienstraftaten; Urteil vom 18. Oktober 1995 – 3 StR 324/94, BGHSt 41, 292, 302).
20
(2) Gemessen hieran ist die Annahme rechtlich selbstständiger Taten von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Nach den Feststellungen ist eine genaue Festlegung des Vorteils bei der Unrechtsvereinbarung nicht erfolgt. Zwar haben die Beteiligten monatliche Zahlungen in gleichbleibender Höhe vereinbart. Der damit versprochene Vorteil hing jedoch nach den getroffenen Vereinbarungen jeweils davon ab, dass auch der Angeklagte E. die vereinbarte bevorzugende Beauftragung der Q. GmbH fortsetzte. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts waren die Taten mithin jeweils mit der Gewährung des Vorteils an den Angeklagten E. beendet.
21
b) Absolute Verfolgungsverjährung trat gemäß § 78c Abs. 3 Satz 2 StGB mit Verstreichen des Doppelten der gesetzlichen Verjährungsfrist ein. Ein Fall des § 78b Abs. 4 StGB liegt nicht vor. § 300 StGB sieht für den besonders schweren Fall der Bestechung bzw. der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr einen Strafrahmen von drei Monaten bis fünf Jahren vor und erfüllt damit nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 78b Abs. 4 StGB. Die vor dem 11. März 2006 beendeten 16 Taten waren im Zeitpunkt des Erlasses des angegriffenen Urteils bereits verjährt.
22
2. Entgegen der Auffassung des Landgerichts kommt dem Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 21. Oktober 2014, mit dem dieses das Verfahren wegen örtlicher Unzuständigkeit eingestellt hat, keine den Eintritt der absoluten Verjährung hemmende Wirkung zu. Zwar wird der Ablauf der Verjährungsfrist auch durch ein auf Einstellung des Verfahrens wegen örtlicher Unzuständigkeit lautendes Prozessurteil gemäß § 78b Abs. 3 StGB gehemmt. Diese Wirkung endete jedoch mit Rechtskraft des Prozessurteils. Es entfaltete über den Eintritt seiner Rechtskraft hinaus für das von der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main durch (erneute) Anklageerhebung vor dem Landgericht Darmstadt angestrengte neue gerichtliche Verfahren keine verjährungshemmende Wirkung im Sinne des § 78c Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 78b Abs. 3 StGB.
23
a) Gemäß § 78b Abs. 3 StGB läuft die Verjährungsfrist in Fällen, in denen ein Urteil des ersten Rechtszugs ergangen ist, nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist. Die mit § 78b Abs. 3 StGB bewirkte Ablaufhemmung der Verjährung knüpft nicht an ein verurteilen- des Erkenntnis an; sie ist vielmehr jedem, also auch dem auf Freispruch oder auf Einstellung des Verfahrens lautenden Urteil beigelegt. Die Ablaufhemmung des § 78b Abs. 3 StGB wird deshalb nicht nur durch ein Sachurteil, sondern auch durch ein Prozessurteil bewirkt (Senat, Urteil vom 25. Oktober 2000 – 2 StR 232/00, BGHSt 46, 159; BGH, Urteil vom 12. Juni 2001 – 5 StR 606/00, NStZ-RR 2001, 328). Dies ist in Rechtsprechung und Schrifttum ebenso anerkannt wie die sich aus Wortlaut, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Norm ergebende Folgerung, dass es für die Auslösung der verjährungshemmenden Wirkung nicht auf die sachliche Richtigkeit der Entscheidung oder das Fehlen von Verfahrensvoraussetzungen ankommt (Senat, Urteil vom 25. Oktober 2000 – 2 StR 232/00, BGHSt 46, 159, 167; BGH, Beschluss vom 20. Dezember 1983 – 1 StR 821/83, BGHSt 32, 209). Darüber hinaus ist eine Tat selbst dann Gegenstand „des Verfahrens“ im Sinne des § 78b Abs. 3 StGB, wenn ein Gericht lediglich irrig davon ausgegangen ist, dass die abgeurteilte Tat von der Anklage umfasst wäre (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 1996 – 3 StR 352/96, NStZ-RR 1997, 167).
24
b) Die verjährungshemmende Wirkung des § 78b Abs. 3 StGB wird deshalb auch durch ein Einstellungsurteil ausgelöst, das – wie hier das auf Verfahrenseinstellung wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit lautende Prozessurteil – das Verfahren zwar förmlich beendet, aber die Strafklage nicht verbraucht (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 1962 – 4 StR 194/62, BGHSt 18, 1, 5; Urteil vom 12. Juni 2001 – 5 StR 606/00, NStZ-RR 2001, 328). Eine Differenzierung nach den das Einstellungsurteil tragenden Gründen ist dem Gesetz nicht zu entnehmen und wäre mit dem gerade im Verjährungsrecht geltenden Gebot klarer und einfacher Regelungen unvereinbar (vgl. Senat, Urteil vom 25. Oktober 2000 – 2 StR232/00, BGHSt 46, 159, 167). Verjährungshemmende Wirkung kommt daher auch dem auf Verfahrenseinstellung wegen fehlender Anklageschrift, fehlendem Eröffnungsbeschluss oder wegen Verjährung lautenden Urteil zu.
25
c) Die weitere Frage, ob die verjährungshemmende Wirkung eines auf Verfahrenseinstellung lautenden Urteils nach Eintritt seiner Rechtskraft entfällt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Januar 1992 – 3 Ws 658/91, JR 1993, 77; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2. November 1982 – 1 Ws (B) 223/82 OWiG, NStZ 1983, 224; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 23. Juli 1976 – 1 Ss [B] 292/76, VRs 52, 197; Stree, JR 1993, 79, 80; NK-StGB/Saliger, 5. Aufl., § 78b Rn. 22; SK-StGB/Wolter, 5. Aufl., § 78b Rn. 13; Schönke/Schröder SternbergLieben /Bosch, 29. Aufl., § 78b Rn. 12; Fischer, StGB, 65. Aufl., § 78b Rn. 11) oder ob dem Prozessurteil bis zur rechtskräftigen Erledigung des Tatvorwurfs insgesamt und damit zeitlich unbegrenzt verjährungshemmende Wirkung beizumessen ist (in diesem Sinne LK/Schmid, 12. Aufl., § 78b Rn. 16 im Anschluss an Jähnke, 11. Aufl., Rn. 16), ist durch den Bundesgerichtshof – soweit ersichtlich – bisher noch nicht entschieden (ausdrücklich offen gelassen in BGH, Beschluss vom 20. Dezember 1983 – 1 StR 821/83, BGHSt 32, 209, 210).
26
Der Senat beantwortet die Rechtsfrage dahin, dass die verjährungshemmende Wirkung eines Prozessurteils, das die Strafklage nichtverbraucht, nach dem durch die Rechtskraft bewirkten Abschluss des gerichtlichen Verfahrens hinaus nicht fortwirkt. Die verjährungshemmende Wirkung des § 78b Abs. 3 StGB ist auf „das Verfahren“ bezogen, in dem das erstinstanzliche Urteil ergeht. Endet die Rechtshängigkeit dieses Verfahrens, so endet damit auch die verjährungshemmende Wirkung des erstinstanzlichen Urteils. Eine erweiternde Auslegung der Norm des § 78b Abs. 3 StGB dahin, dass das Prozessurteil über die Beendigung der Rechtshängigkeit des Verfahrens hinaus zu einer zeitlich unbegrenzten Hemmung des Eintritts der Verfolgungsverjährung führt, ist abzulehnen.
27
aa) Für eine Auslegung des § 78b Abs. 3 StGB in diesem Sinne spricht bereits der Gesetzeswortlaut. § 78b Abs. 3 StGB bezieht die verjährungshem- mende Wirkung eines im ersten Rechtszug ergangenen Urteils auf „das Verfah- ren“, in welchem das Urteil ergeht. Darunter ist der Abschluss des konkreten gerichtlichen Verfahrens zu verstehen, das durch den Erlass des erstinstanzlichen Urteils seinen Abschluss findet.
28
Zwar wird insoweit darauf hingewiesen, dass unter dem Begriff „des Verfahrens“ , an dessen rechtskräftigen Abschluss das Gesetz die – zeitlich unbegrenzte (zutreffend LK/Schmid, StGB, 12. Aufl., § 78b Rn. 15) – verjährungshemmende Wirkung eines erstinstanzlichen Urteils knüpft, nicht ein konkretes gerichtliches Verfahren, sondern „nach dem Zusammenhang des Gesetzes […] die Erledigung der Sache insgesamt, nicht die Rechtskraft des einstellenden Urteils zu verstehen“ sei (in diesem Sinne LK/Schmid, aaO, § 78b Rn. 16; so schon LK/Jähnke, 11. Aufl., § 78b Rn. 16).
29
Diese Auffassung teilt der Senat jedoch nicht. Zwar sind die Regelungen über die Verjährung, die eine Ahndung der Tat (vgl. § 78 Abs. 1 StGB) ausschließen , grundsätzlich tat- und nicht verfahrensbezogen ausgestaltet. Dies gilt für die Vorschrift des § 78b Abs. 3 StGB jedoch nicht.
30
§ 78b Abs. 3 StGB führt in einer spezifischen prozessualen Konstellation – der des Rechtsmittelverfahrens nach Erlass eines erstinstanzlichen Urteils gleich welchen Inhalts – zu einer zeitlich unbegrenzten Hemmung des weiteren Ablaufs der Verjährungsfrist. Bereits dieser spezifische Bezug zu einer konkreten , gesetzlich durch die Verwendung des Begriffs „Urteil des ersten Rechtszu- ges“ hinreichend bestimmt umschriebenenprozessualen Konstellation spricht dafür, die hemmende Wirkung des § 78b Abs. 3 StGB auf das konkrete Verfah- ren zu beziehen, das erstinstanzlich durch das die Hemmungswirkung auslösende Urteil seinen Abschluss findet.
31
§ 78b StGB enthält für diese spezifische prozessuale Konstellation eine Sondervorschrift, welche die Wirkung des Ablaufs der Verjährungsfrist suspendiert. Kraft gesetzlicher Anordnung läuft die Verjährungsfrist zwar weiter, die Wirkungen der Verjährung treten jedoch nicht ein. Das Gesetz ordnet mithin in einer spezifischen prozessualen Konstellation – der eines Rechtsmittelverfahrens – an, dass der Ablauf der Verjährungsfrist ohne Wirkung auf die Verfolgbarkeit der Tat bleibt. Dieser spezifische Bezug zu einer konkreten prozessualen Konstellation lässt es als fernliegend erscheinen, dass unter dem Begriff des Verfahrens im Sinne des § 78b Abs. 3 StGB nicht das konkrete, gerichtliche Verfahren, sondern die „Erledigung der Sache insgesamt“ zu verstehen sein soll.
32
Der Gesetzeswortlaut spricht mithin dafür, die Wirkungen des § 78b Abs. 3 StGB, der auch den Eintritt absoluter Verfolgungsverjährung dauerhaft aufschiebt (vgl. § 78c Abs. 3 Satz 3 StGB), auf das konkrete gerichtliche Verfahren zu beschränken, in welchem das erstinstanzliche Urteil ergeht. Findet dieses Verfahren seinen endgültigen Abschluss, so endet damit auch die durch § 78b Abs. 3 StGB angeordnete Wirkung des Urteils auf die Verjährung (ebenso OLG Düsseldorf, aaO). Anhaltspunkte dafür, dass die verjährungshemmende Wirkung auch einer gerichtlichen Entscheidung, die lediglich in einem „ge- richtlichen Zwischenspiel“ (vgl. Stree, JR 1993, 79, 80) ergangen ist, beizumes- sen sein sollte, findet jedenfalls in dem Gesetzeswortlaut keine Stütze.
33
bb) Sinn und Zweck des § 78b Abs. 3 StGB, wie sie sich unter Beachtung des aus den Gesetzesmaterialien ersichtlichen Willens des Gesetzgebers ergeben, sprechen ebenfalls für ein solch enges Verständnis der Norm. Sie stellt im Gefüge der Vorschriften über die Verjährung eine Ausnahmevorschrift dar.
34
(1) Die Regelungen über die Verjährung begrenzen die Verfolgbarkeit der Tat (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Juni 2005 – 2 StR 122/05, BGHSt 50, 138, 139). Sie sollen – ungeachtet ihrer unterschiedlich beurteilten Zwecksetzung im Einzelnen (vgl. Asholt, Verjährung im Strafrecht, 2016, S. 90 ff.) – der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden dienen (BGH, Beschluss vom 19. Februar 1963 – 1 StR 318/62, BGHSt 18, 274, 278). Darüber hinaus sollen sie einer etwaigen Untätigkeit der Behörden in jedem Abschnitt des Verfahrens entgegenwirken (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juni 2017 – GSSt 2/17, NJW 2017, 3537, 3539; Beschluss vom 19. Februar 1963 – 1 StR 318/62, BGHSt 18, 274, 278; Beschluss vom 23. Januar 1959 – 4 StR 428/58, BGHSt 12, 335, 337 f.; Urteil vom 26. Juni 1958 – 4 StR 145/58, BGHSt 11, 393, 396). Sie dienen damit auch den schutzwürdigen Belangen des von strafrechtlichen Ermittlungen Betroffenen, der sich strafrechtlicher Verfolgung nicht ohne jede zeitliche Begrenzung ausgesetzt sehen soll. Diesem Zweck trägt insbesondere das Institut der absoluten Verjährung Rechnung. Ist das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist verstrichen, so soll das Verfahren unabhängig von der Frage, ob die Ermittlungsbehörden es betreiben oder nicht ein Ende finden (vgl. Schönke /Schröder Sternberg-Lieben/Bosch, aaO, § 78c Rn. 22).
35
(2) Demgegenüber soll die Vorschrift des § 78b Abs. 3 StGB ausweislich der Gesetzesmaterialien verhindern, dass „die Verjährung während eines schwebenden und von den Strafverfolgungsbehörden betriebenen Verfahrens“ eintritt (BT-Drucks. IV/650 S. 259 zu § 129 Abs. 2 E 1962). Vor diesem Hintergrund erscheint es gerechtfertigt, den Ablauf der Verjährungsfrist in der besonderen prozessualen Konstellation, in der bereits ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen ist, zu hemmen und dem Ablauf der Verjährungsfrist die Wirkung eines Verfolgungshindernisses zu nehmen. Der Eintritt eines Verfolgungshindernisses erschiene in dieser spezifischen prozessualen Konstellation, in der das Verfahren von den Strafverfolgungsbehörden aktiv betrieben wird und bereits ein erstinstanzliches Urteil ergangen ist, aus dem Grundgedanken der Verjährung , einer Untätigkeit der Strafverfolgungsbehörden entgegen zu wirken, weder geboten noch sachgerecht. Darüber hinaus wollte der Gesetzgeber dem Angeklagten auch einen Anreiz dafür nehmen, „das Rechtsmittel allein im Hin- blick auf die u.U. in Kürze bevorstehende Vollendung der Verjährung einzule- gen“ (vgl. Niederschriften über die Sitzungen derGroßen Strafrechtskommission , 1958, Anhang Nr. 67, S. 211).
36
Die Regelung des § 78b Abs. 3 StGB ist mithin auf eine spezifische prozessuale Konstellation bezogen und in ihren Wirkungen hierauf beschränkt. Wird das Verfahren anschließend weiterbetrieben, so entfällt der begrenzte Schutzzweck des § 78b Abs. 3 StGB und die Verjährungsfrage ist „unabhängig“ von § 78b Abs. 3 StGB zu prüfen (so Ulsenheimer, wistra 1992, 111, 112 unter Bezugnahme auf die Gesetzesmaterialien).
37
Dieser spezifische Bezug der Vorschrift des § 78b Abs. 3 StGB zum Rechtsmittelverfahren spricht für eine enge Auslegung der Norm und eine Beschränkung ihrer die Verjährung dauerhaft aufschiebenden Wirkung auf das konkrete gerichtliche Verfahren, in dem das erstinstanzliche Urteil ergeht. Ein Verständnis der Norm dahin, dass ihre Wirkungen nach Beendigung des spezifischen Verfahrens, in dem das Prozessurteil ergangen ist, über dieses hinausreichen und auch in ein von den Strafverfolgungsbehörden betriebenes weiteres gerichtliches Verfahren hineinwirken, wäre mit Sinn und Zweck der Norm nicht bruchlos zu vereinbaren. Insbesondere der gesetzgeberische Zweck, dem Angeklagten die Möglichkeit zu nehmen, durch aussichtslose Rechtsmittelverfahren die Verjährung herbeizuführen (BT-Drucks. IV/650; StGB-E 1962, Begr zu § 129, S. 259; Mitsch in Münchener Kommentar zu StGB, 3. Aufl., § 78b Rn. 19) spricht für eine enge Auslegung der Norm. Denn nach Erlass eines Prozessurteils, das die Strafklage nicht verbraucht, hat es nicht der Angeklagte, sondern allein die Staatsanwaltschaft in der Hand, durch eine zügige Fortführung des Verfahrens ein erstinstanzliches Sachurteil zu erwirken.
38
cc) Den Gesetzesmaterialien ist außerdem zu entnehmen, dass die ursprünglich in § 129 StGB-E enthaltene und später in § 78b Abs. 3 StGB Gesetz gewordene Regelung den Besonderheiten des Rechtsmittelverfahrens Rechnung tragen sollte. In diesem Verfahrensabschnitt werden regelmäßig keine richterlichen Handlungen mit verjährungsunterbrechender Wirkung mehr erforderlich. Ohne die in § 78b Abs. 3 StGB getroffene Sonderregelung bestünde deshalb die Gefahr, dass im Rechtsmittelverfahren Verjährung eintritt, obwohl das Verfahren von den Strafverfolgungsbehörden betrieben wird (vgl. BTDrucks. IV/650, S. 259). Eine solche Gefahr besteht im Falle des Erlasses eines Prozessurteils, dem selbst verjährungsunterbrechende Bedeutung beigemessen werden kann (§ 78c Abs. 1 Nr. 9 StGB; vgl. für den Fall der Einstellung wegen örtlicher Unzuständigkeit OLG Stuttgart NStZ 1981, 105; ebenso Stree, JR 1993, 79, 81) nicht in gleicher Weise. Etwaige nachteilige Wirkungen sind allerdings – worauf die Vertreter einer erweiternden Auslegung des § 78b Abs. 3 StGB zu Recht hinweisen (vgl. LK/Schmid, aaO) – in Fällen zu verzeichnen, in denen der Eintritt absoluter Verfolgungsverjährung droht.
39
dd) Zwar dürfte dem Gesetzgeber die Problematik, welche Wirkung ein Prozessurteil ohne strafklageverbrauchende Wirkung für ein nach Beendigung der Rechtshängigkeit durch Eintritt der Rechtskraft des Prozessurteils beginnendes weiteres gerichtliches Verfahren und für die Beurteilung der Verjährungsfrage haben sollte, nicht vor Augen gestanden haben. Die in den Gesetzesmaterialien enthaltenen Ausführungen dazu, dass für den Fall einer späte- ren Wiederaufnahme des Verfahrens die Verjährung unabhängig von Verjährungshemmung zu prüfen sei (vgl. BT-Drucks. IV/650, S. 259: „Diese reicht nur bis zum Abschluss des Verfahrens. Kommt es später zur Wiederaufnahme, so ist die Frage der Verjährung unabhängig von § 129 Abs. 2 neu zu prüfen.“), sprechen jedoch eher dafür, dass der Gesetzgeber von einer auf das konkrete Verfahren beschränkten hemmenden Wirkung des erstinstanzlichen Urteils ausgegangen ist (vgl. OLG Düsseldorf, JR 1993, 77, 78).
40
ee) Die Gesetzesmaterialien belegen im Übrigen, dass die verjährungshemmende Wirkung zeitlich begrenzt werden sollte (vgl. die Niederschriften über die Sitzungen der Großen Strafrechtskommission, 2. Bd. AT, 1958, Anhang Nr. 67 S. 211: „Diese Hemmung muss zeitlich begrenzt sein“; ausführlich zur Reformdiskussion Kohlmann, Festschrift für G. Pfeiffer 1988, S. 203, 213 ff.). Zwar ist die ursprünglich vorgesehene zeitliche Begrenzung der verjährungshemmenden Wirkung des § 78b Abs. 3 StGB auf drei oder auf vier Jahre nicht Gesetz geworden (vgl. zur Entstehungsgeschichte des § 78b Abs. 3 StGB Kohlmann, aaO, S. 218; Asholt, aaO, S. 406 Fn. 613). Der Gesetzgeber, der die Ruhensregelungen des § 78b Abs. 1 StGB in den vergangenen Jahren mehrfach novelliert und ihren Anwendungsbereich stets erweitert hat (vgl. BTDrucks. 15/350, S. 13 f.; 15/5653, S. 6 f.; 18/2601, S. 14, 22 f.), hat § 78b Abs. 3 StGB ungeachtet des restriktiven Verständnisses der Norm durch die herrschende Meinung bislang unverändert gelassen. Im Übrigen ist der Gesetzgeber von dem Grundgedanken einer zeitlichen Begrenzung der Hemmungswirkung nicht völlig abgerückt, wie die Einführung des § 78b Abs. 4 StGB zeigt (BT-Drucks. 12/3832, S. 44). Zwar wurde mit Einführung dieser Vorschrift ein weiterer Tatbestand geschaffen, der den Eintritt der Verfolgungsverjährung hemmt. Die Regelung wurde ausdrücklich für notwendig erachtet, um den Eintritt der absoluten Verfolgungsverjährung aufzuschieben, und damit begründet, dass „Gerichte im Einzelfall auf Schwierigkeiten stoßen, bis zum Eintritt der ab- soluten Verfolgungsverjährung zu einem erstinstanzlichen Urteil zu gelangen und damit das Ruhen der Verjährung (§ 78b Abs. 3 StGB) zu bewirken“. Der Gesetzgeber hat dem Regelungsgefüge der Verjährungsvorschriften also einen weiteren Tatbestand angefügt, in dem der Ablauf der Verjährungsfrist vor Erlass eines Urteils gehemmt ist. Er hat diesen Ausnahmetatbestand aber auf fünf Jahre begrenzt und damit den Willen zu einer zeitlichen Begrenzung auch der Tatbestände dokumentiert, die eine Hemmung der Verjährung bewirken.
41
ff) Für eine enge Auslegung der Norm sprechen auch systematische Erwägungen.
42
Nach der gesetzlichen Systematik der Verjährungsregelungen handelt es sich bei § 78b Abs. 3 StGB um eine Ausnahmevorschrift, die angesichts des mit ihr verfolgten – beschränkten – gesetzgeberischen Zwecks und ihres Spannungsverhältnisses zu den zentralen Grundgedanken der Verjährung eng auszulegen ist. § 78b Abs. 3 StGB ermöglicht es in den von seinem Anwendungsbereich erfassten Fällen, den Eintritt der Verjährung dauerhaft zu verhindern (vgl. Kohlmann, aaO, S. 219: „Der Endzeitpunkt der Strafverfolgungsverjährung wird nicht hinausgeschoben […], sondern schlicht beseitigt.“; kritisch auch Asholt, aaO, S. 407). Vor dem Hintergrund, dass die Verjährungsregelungen, insbesondere die Regelungen über den Eintritt absoluter Verfolgungsverjährung nach einer gewissen Dauer der Ermittlungen im Interesse des Rechtsfriedens ein Verfolgungshindernis begründen sollen, ist nicht nur § 78c StGB (BGH, Urteil vom 10. April 1979 – 4 StR 127/79, BGHSt 28, 381, 382), sondern auch und gerade § 78b Abs. 3 StGB als Ausnahmevorschrift eng auszulegen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 2. Mai 1986 – 1 StR 630/85, BGHSt 34, 79, 81 zu § 32 Abs. 2 OWiG; OLG Düsseldorf, aaO, wistra 1992, 108, 110; NKStGB /Saliger, aaO, § 78b Rn. 1; vgl. auch Asholt, aaO, S. 406, 611).
43
gg) Für eine einengende Auslegung der Norm sprechen schließlich auch die schutzwürdigen Belange des Angeklagten, denen das Rechtsinstitut der Verjährung – auch – Rechnung trägt. Würde Prozessurteilen, die keine Sperrwirkung für die weitere Strafverfolgung entfalten, über den rechtskräftigen Verfahrensabschluss hinaus dauerhaft verjährungshemmende Wirkung beigemessen , hätten es die Strafverfolgungsbehörden ohne jede zeitliche Beschränkung in der Hand, das Verfahren fortzusetzen und den staatlichen Strafanspruch gegen den Angeklagten durchzusetzen, ohne dass er sich noch auf den Schutz der Verjährungsvorschriften berufen könnte (vgl. OLG Düsseldorf, wistra 1992, 108, 110). Dies widerspräche dem mit dem Institut der Verjährung verfolgten Ziel, eine Ahndung der Tat nicht ohne jede zeitliche Begrenzung zuzulassen und Rechtsfrieden zu schaffen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 1958 – 4 StR 145/58, BGHSt 11, 393, 396).
44
hh) Zwar wird gegen eine enge Auslegung des § 78b Abs. 3 StGB eingewandt , sie bewirke, dass mit Eintritt der Rechtskraft des Einstellungsurteils auch das Verfolgungshindernis der Verjährung eintrete und die enge Auslegung der Norm daher nicht zu sachgerechten Ergebnissen führe, weil die Einbeziehung von Prozessurteilen ohne strafklageverbrauchende Wirkung gleichsam folgenlos bliebe (vgl. LK/Jähnke, 10. Aufl., § 78b Rn. 16). Außerdem wird darauf verwiesen, dass die Staatsanwaltschaft in Fällen, in denen ein Gericht ein – im weiteren Verfahren behebbares – Verfahrenshindernis feststelle, vor Beendigung der Rechtshängigkeit des Verfahrens keine Möglichkeit zu einer weiteren Verfolgung der Tat habe, weil einer erneuten Anklageerhebung das Verfahrenshindernis anderweitiger Rechtshängigkeit entgegenstehe.
45
Diese Einwände vermögen jedoch eine weite Auslegung der Vorschrift des § 78b Abs. 3 StGB nicht zu rechtfertigen.
46
Zwar trifft es zu, dass die Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 78b Abs. 3 StGB dazu führen kann, dass absolute Verfolgungsverjährung eintritt , obwohl die Strafverfolgungsbehörden das Verfahren betreiben. Dieser Gesichtspunkt gilt jedoch für die Frage einer Hemmung des Eintritts der absoluten Verfolgungsverjährung (vgl. § 78c Abs. 3 Satz 3 iVm § 78b Abs. 3 StGB) nicht uneingeschränkt. § 78c Abs. 3 Satz 2 StGB setzt der Möglichkeit der Verlängerung der Verjährungsfrist durch verfahrensfördernde Unterbrechungshandlungen im Interesse des Grundgedankens der Verjährung, Rechtsfrieden zu schaffen , eine absolute Grenze. Vor diesem Hintergrund erscheint es geboten, Regelungen , welche zu einer Suspendierung dieser äußersten Fristen führen, eng auszulegen.
47
Hinzu tritt, dass nach Erlass und Rechtskraft eines Prozessurteils, das – wie hier – eine Sperrwirkung für die weitere Strafverfolgungnicht entfaltet, regelmäßig mit der Erhebung einer neuen Anklage und einem neuen Eröffnungsbeschluss weitere verjährungsunterbrechende Handlungen vorgenommen werden können (vgl. OLG Frankfurt, NStZ 1987, 573 zur Notwendigkeit einer neuen Anklage), so dass insoweit nicht in gleicher Weise ein Bedürfnis für eine weitere Hemmung der Verfolgungsverjährung besteht.
48
3. Die Hemmungswirkung des § 78b Abs. 3 StGB ist daher auf das konkrete gerichtliche Verfahren beschränkt, in dem das erstinstanzliche Prozessurteil ergeht. Bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens ist der Eintritt der Verfolgungsverjährung gehemmt. Endet dieses Verfahren infolge des Eintritts der Rechtskraft des Prozessurteils und wird das Verfahren fortgesetzt, so endet die Wirkung des § 78b Abs. 3 StGB. Die Verjährungsfrist ist so zu berechnen , als ob die verjährungshemmende Wirkung durch das Prozessurteil nicht eingetreten wäre.
49
Das Prozessurteil des Landgerichts Wiesbaden vom 21. Oktober 2014 führte mithin über den Eintritt seiner Rechtskraft hinaus nicht zu einer Hemmung des Eintritts der absoluten Verfolgungsverjährung im Sinne des § 78b Abs. 3 Satz 3 StGB. Der Lauf der Verjährung wurde hierdurch in dem von der Staatsanwaltschaft durch – erneute – Anklageerhebung zum Landgericht Darmstadt eingeleiteten weiteren gerichtlichen Verfahren nicht bis zu dessen rechtskräftigem Abschluss gehemmt. Sie war vielmehr für die vor März 2006 begangenen Taten bereits abgelaufen. Die vor dem 2. März 2006 beendeten Taten 1 bis 16 sind daher wegen Eintritts der (absoluten) Verjährung gemäß §§ 78c Abs. 3 Satz 2, 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB nicht mehr verfolgbar.

III.

50
1. Das bereits vor Erlass des angegriffenen Urteils eingetretene Verfahrenshindernis der Verjährung führt zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Einstellung des Verfahrens gemäß § 206a StPO (BGH, Beschluss vom 7. August 2014 – 1 StR 198/14, NStZ-RR 2014, 340; vgl. Meyer-Goßner/ Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 206a Rn. 6a; Meyer-Goßner, Prozessvoraussetzungen und Prozesshindernisse, 2011, S. 44, 90; ders. GA 1973, 366, 371).
51
2. Urteilsaufhebung und Verfahrenseinstellung wegen Verjährung sind auf den nicht revidierenden Mitangeklagten E. zu erstrecken.
52
a) § 357 StPO findet auch in Fällen Anwendung, in denen die Aufhebung eines Urteils wegen Vorliegens eines Verfahrenshindernisses erfolgt (BGH, Beschluss vom 23. Januar 1959 – 4 StR 428/58; BGHSt 12, 335, 340; Urteil vom 26. Mai 1964 – 5 StR 136/64, BGHSt 19, 320, 321; Beschluss vom 13. Oktober 1982 – 3 StR 236/82, StV 1983, 2; Senat, Beschluss vom 31. Januar 1986 – 2 StR 726/85, StV 1986, 329). Dies gilt auch für das Verfahrenshindernis der Verjährung (BGH, Beschluss vom 16. September 1971 – 1 StR 284/71, BGHSt 24, 208, 210 f. mwN; aA noch BGH, Beschluss vom 27. Oktober 1955, 3 StR 316/55, NJW 1955, 1934 m. abl. Anm. Wilhelm NJW 1956, 1646; BGH, Beschluss vom 29. November 1994 – 3 StR 221/94, BGHR PresseG-BW § 24 Verjährung 1).
53
b) DieAngeklagten O. und E. sind wegen der „nämlichen Tat“ (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Januar 1959 – 4 StR 428/58, BGHSt 12, 335, 341; Urteil vom 22. April 1983 – 3 StR 25/83, BGHSt 31, 348) verurteilt worden. Darauf , dass die Angeklagten unterschiedliche Delikte verwirklicht haben, kommt es nicht an. Das Geschehen erscheint vielmehr aufgrund des Zusammenwirkens beider Angeklagter aufgrund gemeinsamer Unrechtsvereinbarung bei natürlicher Betrachtung als einheitlicher Vorgang (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Januar 1959 – 4 StR 428/58, BGHSt 12, 335, 341; BeckOK-StPO/Wiedner, 28. Edition, § 357 Rn. 12), bei dem der eine Teil von dem anderen nicht gelöst werden kann, ohne dass der Sinnzusammenhang der Tat oder des Gesamtgeschehens wesentlich gestört wird (SSW-StPO/Momsen, 2. Aufl., § 357 Rn. 16 mwN).
54
3. Die wegen Verfolgungsverjährung gebotene Aufhebung der Schuldund Strafaussprüche hinsichtlich der Taten 1 bis 16 sowie die Verfahrenseinstellung führt zu einer Schuldspruchänderung sowie zur Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe. Sie führt außerdem – weil nach Ablauf der Verjährungsfrist nicht nur die Ahndung der Tat, sondern auch die Anordnung von Maßnahmen hinsichtlich der verjährten Taten nicht mehr möglich ist (BGH, Beschluss vom 12. Juni 2017 – GSSt 2/17, NJW 2017, 3537, 3539) – zur Aufhebung der Entscheidung über den Wertersatzverfall hinsichtlich des Angeklagten E. (vgl. BGH, Beschluss vom 6. November 2014 – 4 StR 290/14, BGHR StPO § 357 Erstreckung 13; vom 13. Februar 2004 – 3 StR 501/03).
55
4. Der Ausspruch über die Kompensation bleibt von dem Rechtsfehler unberührt und kann bestehen bleiben.

IV.

56
Die weitergehende Revision des Angeklagten O. ist unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
Appl Eschelbach Zeng Bartel Grube

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bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 182, 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 2, §§ 225, 226a und 237,
2.
solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen.

(2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem

1.
die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder
2.
eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung).

(3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

(4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt.

(5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat

1.
bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden,
2.
bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat,
3.
bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder
4.
bis zur Rücknahme dieses Ersuchens.
Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht.

(6) In den Fällen des § 78 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ruht die Verjährung ab der Übergabe der Person an den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zu ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder bis zu ihrer Freilassung durch den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verfahrenshindernis heraus, so kann das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung das Verfahren durch Beschluß einstellen.

(2) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Verjährung ruht

1.
bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 182, 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 2, §§ 225, 226a und 237,
2.
solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen.

(2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem

1.
die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder
2.
eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung).

(3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

(4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt.

(5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat

1.
bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden,
2.
bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat,
3.
bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder
4.
bis zur Rücknahme dieses Ersuchens.
Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht.

(6) In den Fällen des § 78 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ruht die Verjährung ab der Übergabe der Person an den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zu ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder bis zu ihrer Freilassung durch den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat.

(1) Das Gericht prüft seine örtliche Zuständigkeit bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens von Amts wegen. Danach darf es seine Unzuständigkeit nur auf Einwand des Angeklagten aussprechen. Der Angeklagte kann den Einwand nur bis zum Beginn seiner Vernehmung zur Sache in der Hauptverhandlung geltend machen.

(2) Ist Anklage von der Europäischen Staatsanwaltschaft erhoben worden, so prüft das Gericht auf Einwand des Angeklagten auch, ob die Europäische Staatsanwaltschaft gemäß Artikel 36 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2017/1939 des Rates vom 12. Oktober 2017 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) (ABl. L 283 vom 31.10.2017, S. 1) befugt ist, vor einem Gericht im Geltungsbereich dieses Gesetzes Anklage zu erheben. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.

(2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, genau zu bezeichnen.

(3) Die Einstellung des Verfahrens ist im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird. Hat ein Straftatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur rechtlichen Bezeichnung der Tat verwendet werden. Wird eine Geldstrafe verhängt, so sind Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel aufzunehmen. Wird die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten, die Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt, der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt oder von Strafe abgesehen, so ist dies in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen unterliegt die Fassung der Urteilsformel dem Ermessen des Gerichts.

(5) Nach der Urteilsformel werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt. Ist bei einer Verurteilung, durch die auf Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt wird, die Tat oder der ihrer Bedeutung nach überwiegende Teil der Taten auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden, so ist außerdem § 17 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes anzuführen.

(1) Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verfahrenshindernis heraus, so kann das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung das Verfahren durch Beschluß einstellen.

(2) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

(1) Die Verjährung ruht

1.
bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 182, 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 2, §§ 225, 226a und 237,
2.
solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen.

(2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem

1.
die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder
2.
eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung).

(3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

(4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt.

(5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat

1.
bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden,
2.
bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat,
3.
bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder
4.
bis zur Rücknahme dieses Ersuchens.
Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht.

(6) In den Fällen des § 78 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ruht die Verjährung ab der Übergabe der Person an den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zu ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder bis zu ihrer Freilassung durch den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(1) Die Verjährung schließt die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) aus. § 76a Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Verbrechen nach § 211 (Mord) verjähren nicht.

(3) Soweit die Verfolgung verjährt, beträgt die Verjährungsfrist

1.
dreißig Jahre bei Taten, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind,
2.
zwanzig Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als zehn Jahren bedroht sind,
3.
zehn Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als fünf Jahren bis zu zehn Jahren bedroht sind,
4.
fünf Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren bedroht sind,
5.
drei Jahre bei den übrigen Taten.

(4) Die Frist richtet sich nach der Strafdrohung des Gesetzes, dessen Tatbestand die Tat verwirklicht, ohne Rücksicht auf Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind.

(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch

1.
die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe,
2.
jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder deren Anordnung,
3.
jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist,
4.
jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
5.
den Haftbefehl, den Unterbringungsbefehl, den Vorführungsbefehl und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
6.
die Erhebung der öffentlichen Klage,
7.
die Eröffnung des Hauptverfahrens,
8.
jede Anberaumung einer Hauptverhandlung,
9.
den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung,
10.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens oder im Verfahren gegen Abwesende zur Ermittlung des Aufenthalts des Angeschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen ergeht,
11.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten ergeht, oder
12.
jedes richterliche Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen.
Im Sicherungsverfahren und im selbständigen Verfahren wird die Verjährung durch die dem Satz 1 entsprechenden Handlungen zur Durchführung des Sicherungsverfahrens oder des selbständigen Verfahrens unterbrochen.

(2) Die Verjährung ist bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung abgefasst wird. Ist das Dokument nicht alsbald nach der Abfassung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist.

(3) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 78a bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und, wenn die Verjährungsfrist nach besonderen Gesetzen kürzer ist als drei Jahre, mindestens drei Jahre verstrichen sind. § 78b bleibt unberührt.

(4) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht.

(5) Wird ein Gesetz, das bei der Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert und verkürzt sich hierdurch die Frist der Verjährung, so bleiben Unterbrechungshandlungen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts vorgenommen worden sind, wirksam, auch wenn im Zeitpunkt der Unterbrechung die Verfolgung nach dem neuen Recht bereits verjährt gewesen wäre.

Die Verjährung beginnt, sobald die Tat beendet ist. Tritt ein zum Tatbestand gehörender Erfolg erst später ein, so beginnt die Verjährung mit diesem Zeitpunkt.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung: ja
1. Zur Beendigung der Bestechung durch Versprechen
eines Vorteils.
2. Zur Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch objektiv
neutrale Handlung.
BGH, Urteil vom 18. Juni 2003 - 5 StR 489/02
LG Bochum -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 18. Juni 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
18. Juni 2003, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt K ,
Rechtsanwalt Dr. S
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 15. Mai 2002 mit den Feststellungen aufgehoben
a) soweit der Angeklagte wegen Untreue in zwei Fällen und Beihilfe zur Steuerhinterziehung in fünf Fällen verurteilt worden ist,
b) im gesamten Strafausspruch.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten – unter Freisprechung im übrigen – wegen Untreue in zwei Fällen, Angestelltenbestechung und Beihilfe zur Steuerhinterziehung in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen diese Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit Verfahrens- und Sachrügen, ferner macht er Verfahrenshindernisse geltend.
Das Rechtsmittel hat in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Um- fang Erfolg. Im übrigen ist es unbegründet.

I.


Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
Der Angeklagte war Gesellschafter der A W P GmbH und Co. KG (A-GmbH & Co. KG) und der G B GmbH (G-GmbH). In beiden Unternehmen veranlaßte er den Abfluß von Geldern (insgesamt mehr als 5,5 Mio. DM) durch Bezahlung von Scheinrechnungen der Firma I . Das dann durch Bezahlung eigener fingierter Gegenrechnungen gewonnene Schwarzgeld setzte er für Schmiergeldzahlungen an die gesondert abgeurteilten früheren Mitangeklagten Prof. Dr. M und H ein. Diese sorgten als Verantwortliche bei der DB I , einem Tochterunternehmen der Deutschen Bahn, dafür, daß mit Firmen des Angeklagten für diesen äußerst lukrative Verträge, u.a. über große Neubauprojekte der Deutschen Bahn, abgeschlossen wurden. Nachdem er in erhebliche Zahlungsschwierigkeiten geraten war, sagte der Angeklagte den beiden Bestochenen die Übertragung seines 50 %igen Geschäftsanteils an einem Verwaltungsgebäude in Sydney/Australien zu; zu einer tatsächlichen Eigentumsübertragung an M und H kam es wegen Besonderheiten des australischen Grundstücksrechts nicht mehr. Darüber hinaus gab der Angeklagte M und H einen „Tip“, wo und wie sie die erhaltenen Gelder in der Schweiz anlegen konnten.

II.


Die Verurteilung des Angeklagten wegen Angestelltenbestechung (Bestechung im geschäftlichen Verkehr) nach § 299 Abs. 2 Var. 2, § 300 StGB – die allein im Hinblick auf das Versprechen, einen Gebäudean-
teil an M und H zu übertragen, erfolgt ist – hält rechtlicher Nachprüfung stand.
1. Verfahrenshindernisse bestehen nicht.

a) Hinsichtlich dieser Verurteilung liegt eine wirksame Anklage vor, insbesondere ist die ausgeurteilte Begehungsform des „Versprechens eines Vorteils“ von Anklage und Eröffnungsbeschluß umfaßt.
Gegenstand der Urteilsfindung ist gemäß § 264 Abs. 1 StPO „die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt“. In diesem Sinne umfaßt die Tat nicht nur das einzelne in der Anklage und im Eröffnungsbeschluß erwähnte Tun des Angeklagten, sondern den ganzen, nach der Auffassung des Lebens eine Einheit bildenden geschichtlichen Vorgang, innerhalb dessen der Angeklagte als Täter oder Teilnehmer einen Straftatbestand verwirklicht haben soll. Den Rahmen der Untersuchung bildet zunächst das tatsächliche Geschehen, wie es die Anklage beschreibt. Dazu kommt aber auch das gesamte Verhalten des Angeklagten , soweit es mit dem durch die Anklage bezeichneten geschichtlichen Vorkommnis nach der Auffassung des Lebens einen einheitlichen Vorgang bildet, auch wenn diese Umstände in der Anklageschrift nicht ausdrücklich erwähnt sind (vgl. BGHSt 13, 320, 321; 23, 141, 145 f.; 32, 215, 216; BGHR StPO § 264 Abs. 1 Tatidentität 36 m. w. N.). Insoweit darf auch auf das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen zur Verdeutlichung und ergänzenden Erläuterung des Anklagesatzes zurückgegriffen werden (vgl. BGHSt 46, 130, 134; BGHR StPO § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 12 – jew. m. w. N.; BGH NStZ 2001, 656, 657).
Danach zieht die Revision zu Unrecht die Identität zwischen dem der Anklage und dem der Verurteilung zugrundeliegenden Sachverhalt in Zweifel. Dem Gewähren eines Vorteils geht in aller Regel, wie auch hier, ein entsprechendes Versprechen voraus, welches im Fall der Erfüllung von der
spezielleren Begehungsform des Gewährens verdrängt wird. Das Versprechen des Angeklagten, einen Geschäftsanteil an einem Verwaltungsgebäude in Sydney/Australien an M und H zu übertragen, ging dabei auf die sich erheblich verschlechternde Liquiditätslage des Angeklagten zurück. Allein wegen Besonderheiten des australischen Grundstücksrechts kam es letztlich nicht zum Vollzug der Übertragung, was offenbar bei Anklageerhebung noch nicht sicher bekannt war. Seine Übertragungsbemühungen stoppte der Angeklagte erst nach seiner Verhaftung am 22. März 2000. Die zeitliche Differenz, bezogen auf das erste Versprechen, zwischen Anklage und tatgerichtlichen Feststellungen stellt angesichts des dargelegten Zusammenhangs zwischen Versprechen und – hier noch nicht zur Verwirklichung gelangter – Gewährung die Tatidentität im Sinne von § 264 StPO ebensowenig in Frage, wie der Umstand, daß der Vorgang in der Anklage als Gewähren eines Vorteils im Sinne des § 299 Abs. 2 StGB gewertet wurde.

b) Die Bestechung im geschäftlichen Verkehr ist nicht verjährt.
Nach § 78a Satz 1 StGB beginnt die Verjährung, sobald die Tat beendet ist. Die Beendigung der Tat tritt erst in dem Zeitpunkt ein, in dem das Tatunrecht seinen tatsächlichen Abschluß findet. Die Verjährung kann danach erst einsetzen, wenn der Täter sein rechtsverneinendes Tun insgesamt abgeschlossen hat. Vorher besteht kein Anlaß, durch den Beginn der Verjährungsfrist einen Verfolgungsverzicht in Aussicht zu stellen (vgl. BGHSt 43, 1, 7; Jähnke in LK 11. Aufl. § 78a Rdn. 3 m. w. N.).
In den Bestechungsfällen, in denen zwar ein Vorteil versprochen oder gefordert wird, es aber nicht zum Gewähren des Vorteils kommt, ist die Tat somit beendet, wenn die Forderung oder das Versprechen sich endgültig als „fehlgeschlagen“ erwiesen haben und der Täter mit einer Erfüllung nicht mehr rechnet (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 51. Aufl. § 331 Rdn. 30 – zu den Amtsbestechungsdelikten). Bis zu diesem Zeitpunkt entfaltet das Verspre-
chen für den Empfänger seine motivierende Kraft, sich entsprechend der Unrechtsvereinbarung zu verhalten.
Zwar konnte das Landgericht nicht ausschließen, daß das erste Versprechen des Angeklagten, einen Anteil an dem Geschäftsgebäude in Sydney zu übertragen, bereits Anfang 1997 und somit vor Inkrafttreten des durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 (BGBl I 2038) eingeführten § 299 StGB erfolgte (UA S. 27). Nach den Feststellungen der Strafkammer rückte der Angeklagte jedoch erst mit seiner Verhaftung am 22. März 2000 von seinem Versprechen ab und beendete entsprechende Übertragungsbemühungen (UA S. 19, 27). Danach ist hinsichtlich des Vorwurfs der Angestelltenbestechung keine Verjährung eingetreten, da das Tatunrecht erst zu diesem Zeitpunkt seinen Abschluß gefunden hat.
Die Entscheidung des 1. Strafsenats vom 29. Januar 1997 – 1 StR 64/97 (NJW 1998, 2373) steht dem schon deswegen nicht entgegen, weil anders als im hier vorliegenden Fall dort nicht aufgeklärt werden konnte, aus welchen Gründen die versprochene Zahlung an den bestochenen städtischen Angestellten unterblieb.

c) Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr nach § 299 StGB werden nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, die Strafverfolgungsbehörde hält wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten (§ 301 StGB). Die Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses kann auch noch im Revisionsverfahren nachgeholt werden (BGHSt 6, 282, 285; vgl. auch BGHSt 46, 310, 315 ff.). Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 21. Januar 2003 ausdrücklich das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung gemäß § 301 StGB bejaht.
2. Die auf den Schuldspruch wegen Angestelltenbestechung bezogenen Verfahrensrügen haben keinen Erfolg.

a) Soweit die Revision mit der Aufklärungsrüge (§ 244 Abs. 2 StPO) die unterbliebene Vernehmung der früheren Mitangeklagten Prof. Dr. M und H zur Frage des Wertes des Grundstückanteils in Sydney beanstandet, genügt diese Rüge nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Es hätte zusätzlich mitgeteilt werden müssen, ob und in welcher Rolle die Auskunftspersonen bereits vernommen worden sind und welche Angaben dabei gemacht wurden (vgl. BGH NStZ 1999, 45 m. w. N.).

b) Ohne Erfolg rügt die Revision, der Angeklagte sei nicht darauf hingewiesen worden (§ 265 StPO), daß auch eine Verurteilung wegen Versprechens eines Vorteils im Sinne von § 299 Abs. 2 Var. 2 StGB und nicht – wie angeklagt – wegen Gewährens eines solchen Vorteils in Betracht kommt.
Es ist schon zweifelhaft, ob die beiden Tatbestandsvarianten des Versprechens und des Gewährens im Sinne des § 299 Abs. 2 StGB ihrem Wesen nach andersartige Begehungsformen desselben Strafgesetzes sind, mit der Folge, daß das Gericht verpflichtet war, einen förmlichen Hinweis gemäß § 265 StPO zu erteilen (vgl. Engelhardt in KK 4. Aufl. § 265 Rdn. 9). Denn dem Gewähren eines Vorteils wird in aller Regel ein entsprechendes Versprechen – möglicherweise unmittelbar, möglicherweise länger zurückliegend – vorausgehen.
Jedenfalls beruht das Urteil nicht auf dem fehlenden Hinweis. Die Rüge der Verletzung von § 265 StPO kann keinen Erfolg haben, wenn sich mit Sicherheit ausschließen läßt, daß sich der Angeklagte bei einem rechtzeitig gegebenen Hinweis anders und erfolgreicher als geschehen hätte verteidigen können (vgl. dazu Engelhardt aaO Rdn. 33).
So liegt es hier. Zwar geht die Staatsanwaltschaft im Anklagesatz betreffend den Angeklagten E davon aus, daß der Vorteil gewährt wurde. Bereits im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen wurde jedoch klargestellt, daß nicht sicher war, ob die Übertragung tatsächlich vollzogen war. Der An-
geklagte bestätigte in Kenntnis dieser Umstände in seiner Einlassung, die er in der Hauptverhandlung vom 6. Mai 2002 dem Gericht schriftlich übergab, zu dem betreffenden Tatkomplex gleichwohl, er habe M und H den Gesellschaftsanteil an dem Gebäude übertragen wollen, da er selbst nicht mehr über genügend liquide Mittel verfügt habe, um deren Geldforderungen zu erfüllen; zu einer Übertragung sei es dann aber nicht mehr gekommen.
3. Der Schuldspruch wegen Angestelltenbestechung hält sachlichrechtlicher Prüfung stand.

a) Eine Verurteilung wegen § 299 Abs. 2 StGB erfordert die Feststellung des Anbietens, Versprechens oder Gewährens eines Vorteils im Rahmen einer Unrechtsvereinbarung, deren Gegenstand und Ziel die zukünftige unlautere Bevorzugung eines anderen bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen ist. Bevorzugung bedeutet dabei die sachfremde Entscheidung zwischen zumindest zwei Bewerbern, setzt also Wettbewerb und Benachteiligung eines Konkurrenten voraus. Dabei kommt es entscheidend nicht auf den Zeitpunkt der Tathandlung, sondern den zukünftigen Zeitpunkt des Bezuges von Waren oder gewerblichen Leistungen an (vgl. Tiedemann in LK 11. Aufl. § 299 Rdn. 28 ff.). Hierbei genügt es, wenn die zum Zwecke des Wettbewerbs vorgenommenen Handlungen nach der Vorstellung des Täters geeignet sind, seine eigene Bevorzugung oder die eines Dritten im Wettbewerb zu veranlassen. Dabei bedarf es nicht der Vorstellung eines bestimmten verletzten Mitbewerbers (vgl. BGHSt 10, 358, 367 f. zu § 12 UWG a. F.). Unter dem vom Täter gewährten Vorteil ist jede Leistung zu verstehen, auf die der Empfänger keinen Rechtsanspruch hat und die seine wirtschaftliche, rechtliche oder auch nur persönliche Lage objektiv verbessert (BGH wistra 2001, 260, 261 m. w. N.).

b) Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe lassen sich die erforderlichen Feststellungen noch entnehmen. Danach wendete der Ange-
klagte den früheren Mitangeklagten Prof. Dr. M und H einen Anteil an seinem Gewinn zu, den er mit den Aufträgen der DB I erzielte, insgesamt ca. fünf Millionen DM (ausgeurteilt ist insoweit allerdings nur das Versprechen der Übertragung des Grundstücksanteils). Aufgrund dessen beeinflußten M und H die Auftragsvergabe der DB I zugunsten des Angeklagten. Damit wurde ganz offensichtlich von vornherein jeglicher Wettbewerb bei den Vergabeentscheidungen für die einzelnen an den Angeklagten vergebenen Bauprojekte der Deutschen Bahn unterbunden. Dies war dem Angeklagten auch bewußt und in seinem Sinne, da er wegen seiner angespannten finanziellen Lage auf die (verbleibenden) Gewinne aus diesen Aufträgen angewiesen war und deshalb auf das entsprechende Ansinnen des früheren Mitangeklagten Prof. Dr. M einging.

III.


Hinsichtlich der Verurteilungen des Angeklagten wegen Untreue in zwei Fällen und Beihilfe zur Steuerhinterziehung hat die Revision mit der Sachrüge Erfolg. Auf die insoweit erhobenen Verfahrensrügen kommt es daher nicht an.
1. a) Die Strafkammer hat hinsichtlich des Untreuevorwurfes im Zusammenhang mit der G-GmbH im einzelnen noch folgende Feststellungen getroffen (Fall C II der Urteilsgründe): Der Angeklagte war mit einem Anteil von 95 % Gesellschafter der G-GmbH. Die anderen 5 % der Anteile gehörtem seinem Sohn Dr. Er , der dem Angeklagten mit notarieller Urkunde vom 28. Mai 1998 eine umfassende Generalvollmacht erteilt hatte. Der gesondert abgeurteilte frühere Mitangeklagte R berechnete auf Veranlassung des Angeklagten der G-GmbH durch seine Firma I mit Scheinrechnung vom 8. Juni 1998 für angebliche, tatsächlich jedoch nicht in diesem Umfang erbrachte Maklertätigkeiten 3.480.000,00 DM. Die Rechnung wurde am 20. Juni 1998 bezahlt. Am 25. Juni 1998 stellte der Angeklagte persönlich eine Gegenrechnung in Höhe von 3.248.000,00 DM an die
Fa. I , die am 26. Juni 1998 bezahlt wurde. Die Differenz zwischen beiden Rechnungen beruhte auf tatsächlich erbrachten Maklertätigkeiten des R . Durch diese – dem Mitgesellschafter nicht bekannten – Manipulationen wurden Gelder freigesetzt, die der Angeklagte als Schmiergelder für M und H einsetzte.
Das Landgericht wertet dieses Vorgehen als Untreue gemäß § 266 StGB, da das Handeln des Angeklagten nicht durch die erteilte Generalvollmacht seines Sohnes abgedeckt gewesen sei; diese decke nur ein den Pflichten eines ordentlichen Geschäftsführers entsprechendes Handeln und könne nicht dahingehend ausgelegt werden, daß pauschal (bereits im Vorfeld ) strafrechtlichem Verhalten des Geschäftsführers zugestimmt werde. Dem Sohn des Angeklagten sei daraus – entsprechend seinem 5 %igen Gesellschaftsanteil – ein Schaden in Höhe von 150.000,00 DM entstanden.

b) Diese Beurteilung hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat keine zureichenden Feststellungen getroffen, die seine rechtliche Bewertung tragen.
aa) Der Untreuetatbestand bezweckt den Schutz des Vermögens, das der Pflichtige zu betreuen hat. Dieser verletzt dementsprechend seine Pflicht nicht, wenn sein Vorgehen im Einverständnis des Vermögensinhabers erfolgt. Handelt es sich um das Vermögen einer GmbH, fehlt es infolgedessen grundsätzlich an der Pflichtwidrigkeit des Handelns, wenn sich die Gesellschafter mit dem Vorgehen des Pflichtigen einverstanden erklärt haben (vgl. BGH NJW 2000, 154, 155).
Im Hinblick auf die eigene Rechtspersönlichkeit der GmbH (§ 13 Abs. 1 GmbHG) ist anerkannt, daß eine Strafbarkeit wegen Untreue aber dann in Betracht kommt, wenn die Zustimmung der Gesellschafter zu einem Rechtsgeschäft der GmbH gegenüber treuwidrig und somit wirkungslos ist. Diese Voraussetzung hat der Bundesgerichtshof zunächst bejaht, wenn die
Zustimmung dazu führt, das Stammkapital der GmbH zu beeinträchtigen (BGHSt 9, 203, 216). Dem hat er den Fall gleichgestellt, daß die Zustimmung gegen die Grundsätze eines ordentlichen Kaufmanns verstößt (BGHSt 34, 379, 386 ff.). Da jedoch die Gesellschafter nach der gesetzlichen Konzeption grundsätzlich frei sind, über das Gesellschaftsvermögen zu verfügen, hat der Bundesgerichtshof den erweiterten Anwendungsbereich unwirksamer Zustimmungen wieder auf Handlungen des Pflichtigen beschränkt, welche die wirtschaftliche Existenz der GmbH gefährden (BGHSt 35, 333, 336 f.; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 23). Der 3. Strafsenat hat dies schließlich – in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des für Gesellschaftsrecht zuständigen II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs – dahingehend präzisiert, daß die Gesellschafter über das Gesellschaftsvermögen nicht verfügen dürfen , wenn dadurch eine konkrete Existenzgefährdung für die Gesellschaft entsteht, was jedenfalls bei einem Angriff auf das durch § 30 GmbHG geschützte Stammkapital der Fall ist (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 37; s. insgesamt BGH NJW 2000, 154, 155 = BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 45 m. w. N.; vgl. auch Schaal in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG 4. Aufl. Vor §§ 82 – 85 Rdn. 16, 17).
bb) Bei Anwendung dieses Maßstabes läßt sich die Annahme einer Untreue nicht auf die Urteilsfeststellungen stützen. Feststellungen, daß durch den Entzug der als Schmiergelder benötigten Gelder eine konkrete Existenzgefährdung für die G-GmbH eingetreten ist, etwa indem das Stammkapital angegriffen wurde, hat das Landgericht nicht getroffen. Diese Feststellungen waren auch nicht entbehrlich, da die Annahme des Landgerichts, die durch den Sohn erteilte Generalvollmacht sei hier nicht wirksam, auf einer nicht tragfähigen Erwägung beruht. Eine generelle Einschränkung der Generalvollmacht dahin, daß sie nur im Einklang mit den Grundsätzen eines ordentlichen Kaufmanns zu gebrauchen sein solle oder jedenfalls nicht für ein irgendwie geartetes strafbares Verhalten genutzt werden dürfte, ist weder belegt noch ersichtlich.
2. Im Zusammenhang mit den Untreuevorwürfen betreffend Vermögensverschiebungen in der A-GmbH & Co. KG entnimmt der Senat dem Urteil im einzelnen noch folgende Feststellungen (Fall C I der Urteilsgründe):
Der Angeklagte war zu 50 % Mitgesellschafter der A-GmbH & Co. KG. Weitere Gesellschafterin war eine Firma Ko , über deren gesellschaftsrechtliche Verhältnisse lediglich mitgeteilt wird, daß sie „über die Ra AG in der Schweiz der Firma Ho gehörte“. Der Angeklagte war in der A-GmbH & Co. KG für den Bau und die Vermarktung zuständig. Sein Mitgeschäftsführer Ma betreute den kaufmännischen Betrieb. Ma war nach den Feststellungen von der Firma Ho eingesetzt worden.
Der Angeklagte veranlaßte, daß der frühere Mitangeklagte R unter der Firma I zwei Scheinrechnungen vom 6. Januar 1997 in Höhe von 569.250,00 DM und 1.749.626,10 DM für angebliche Maklertätigkeiten an die A-GmbH & Co. KG schrieb. Da sich der Mitgeschäftsführer Ma zunächst weigerte, diese Rechnungen zu bezahlen, wandte sich der Angeklagte an den Vorstandsvorsitzenden der Ra AG, Ka , und erklärte diesem, daß die Rechnungen bezahlt werden müßten, da R behilflich gewesen sei. Über die wahren Hintergründe klärte er (der Angeklagte) Ka nicht auf. Dieser wies den Mitgeschäftsführer Ma daraufhin an, die Rechnungen zu bezahlen, was dieser auch tat. Die Beträge forderte der Angeklagte mit Gegenrechnungen vom 27. Februar 1997 und 3. Juli 1997 über 2.031.376,10 DM und über 287.500,00 DM für angebliche Beratungsleistungen von R zurück. Die Rechnungen wurden bezahlt und das Geld ebenfalls als Schmiergeld verwendet. Das Landgericht wertet diesen Sachverhalt als Untreue zum Nachteil der Ho AG, welcher aufgrund ihrer 50 %igen Beteiligung ein Schaden in Höhe von 1.159.483,00 DM entstanden sei. Diese Feststellungen vermögen eine Verurteilung des Angeklagten wegen Untreue nicht zu tragen.

a) Untreue gegenüber der GmbH & Co. KG kommt nicht in Betracht (vgl. BGH NJW 1992, 250, 251 m. w. N.). Bei einer Kommanditgesellschaft kann die Schädigung des Gesamthandsvermögens jedoch dann zu einem im Rahmen des § 266 StGB bedeutsamen Vermögensnachteil führen, wenn und soweit sie zugleich das Vermögen der einzelnen Gesellschafter berührt (BGHSt 34, 221, 222 f.; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 25; BGHZ 100, 190, 192 f.; vgl. Schaal aaO Rdn. 24 ff.). Auch hier schließt ein wirksames Einverständnis aller Gesellschafter die Annahme von Untreue aus (vgl. BGHR aaO). Handelt es sich bei einem der Gesellschafter um eine GmbH (bei einer GmbH & Co. KG regelmäßig der Komplementär), beurteilt sich die Wirksamkeit von deren Einwilligung nach den oben unter III. 1. b) aa) genannten Grundsätzen.

b) Vorliegend kommt somit zunächst die Firma Ko als Mitgesellschafterin der A-GmbH & Co. KG als Geschädigte einer Untreuehandlung in Betracht. Jedoch könnte in der Rechnungsbegleichung durch den Mitgeschäftsführer Ma aufgrund der entsprechenden Anweisung des Vorstandsvorsitzenden Ka ein den Untreuetatbestand ausschließendes Einverständnis in das Handeln des Angeklagten liegen. Erkennbar geht das Landgericht allerdings davon aus, daß diese Zustimmung unwirksam war, da der Angeklagte Ka über die wahren Hintergründe nicht aufgeklärt hatte. Zu Recht rügt die Revision, daß dem Urteil nicht zu entnehmen ist, woraus das Landgericht seine diesbezügliche Überzeugung schöpft. Der Vorstandsvorsitzende Ka ist zu dieser Frage erkennbar nicht vernommen worden. Somit ist es nicht möglich zu überprüfen, ob die Strafkammer rechtsfehlerfrei davon ausgegangen ist, daß kein tatbestandsauschließendes Einverständnis vorlag, da der Angeklagte Ka nicht vollständig über die Hintergründe der Rechnungen aufgeklärt und das Einverständnis somit erschlichen hatte.

c) Für den Fall, daß der Angeklagte auch Geschäftsführer der Komplementär -GmbH war – was das Urteil nicht ausdrücklich mitteilt – und somit
dieser gegenüber eine besondere Vermögensbetreuungspflicht hatte, kommt auch eine Untreue zum Nachteil dieser GmbH in Betracht. Wenn zudem die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse in dieser GmbH, die das Landgericht aber ebenfalls nicht mitteilt, gleich denen der KG waren (50 % der Angeklagte und 50 % die Fa. Ko ), käme es insoweit wieder auf die Wirksamkeit des Einverständnisses der Verantwortlichen der Fa. Ko in das Handeln des Angeklagten an, welches jedoch aus den oben angeführten Gründen nicht überprüft werden kann.
Das Landgericht, das insgesamt von einer fehlenden Einwilligung der Mitgesellschafterin ausgeht, hat die für eine Verurteilung wegen Untreue im übrigen notwendigen Feststellungen nicht getroffen, ob durch die Zahlungen eine Existenzgefährdung für die GmbH, insbesondere eine Gefährdung des Stammkapitals, eingetreten war. Insoweit wäre u.a. von Bedeutung, ob die GmbH am Vermögen der A-GmbH & Co. KG beteiligt war oder ob sich durch die Manipulation das Haftungsrisiko erhöht hatte (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 45).
3. Zum Vorwurf der Beihilfe zur Steuerhinterziehung hat das Landgericht die Feststellung getroffen, der Angeklagte habe aus Angst, die früheren Mitangeklagten M und H könnten mit den erheblichen Schmiergeldsummen einen auffallend aufwendigen Lebensstil führen, diesen schon bei der Übergabe des ersten Betrages einen „Tip“ gegeben, wie und wo sie diese Gelder in der Schweiz anlegen könnten. Dabei sei ihm bewußt gewesen , daß Schmiergeldzahlungen schon allein aufgrund ihrer strafrechtlichen Herkunft nicht geeignet seien, in Einkommensteuererklärungen Eingang zu finden, und er habe billigend in Kauf genommen, daß die Gelder, sobald sie in der Schweiz wären, dem deutschen Fiskus entzogen sein würden.
Die Feststellungen des Landgerichts reichen als Grundlage für eine Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung nicht aus.

a) Beihilfe ist die dem Täter vorsätzlich geleistete Hilfe zur Begehung einer rechtswidrigen Tat. Als Hilfeleistung im Sinne des § 27 StGB ist dabei grundsätzlich jede Handlung anzusehen, welche die Herbeiführung des Taterfolgs des Haupttäters objektiv fördert, ohne daß sie für den Erfolg selbst ursächlich sein muß (st. Rspr.; vgl. nur BGHSt 46, 107, 109 m. w. N.). Die Hilfeleistung muß auch nicht zur Ausführung der Tat selbst geleistet werden, es genügt schon die Unterstützung bei einer vorbereitenden Handlung (BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 22 m. w. N.). Das kann grundsätzlich auch durch äußerlich neutrale Handlungen geschehen (BGH, Urt. vom 23. Januar 1985 – 3 StR 515/84). Es ist jedoch anerkannt, daß nicht jede Handlung, die sich im Ergebnis objektiv tatfördernd auswirkt, als (strafbare) Beihilfe gewertet werden kann. Vielmehr bedarf es insbesondere in Fällen, die sog. „neutrale" Handlungen betreffen, einer bewertenden Betrachtung im Einzelfall (BGHR aaO).
aa) Der Bundesgerichtshof hat in den vergleichbaren Fällen berufstypischer neutraler Handlungen folgende Grundsätze aufgestellt: Zielt das Handeln des Haupttäters ausschließlich darauf ab, eine strafbare Handlung zu begehen, und weiß dies der Hilfeleistende, so ist sein Tatbeitrag in jedem Fall als strafbare Beihilfehandlung zu werten. Denn unter diesen Voraussetzungen verliert sein Tun stets den „Alltagscharakter"; es ist als „Solidarisierung" mit dem Täter zu deuten. Weiß der Hilfeleistende dagegen nicht, wie der von ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter verwendet wird, hält er es lediglich für möglich, daß sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, so ist sein Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen , es sei denn, das von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten war derart hoch, daß er sich mit seiner Hilfeleistung „die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein“ ließ (BGHSt 46, 107, 112; BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 20).
bb) In den Fällen, in denen nicht eine „berufstypische“, sondern vielmehr eine neutrale Alltagshandlung ohne berufstypischen Bezug vorliegt,
bedarf die Beurteilung, ob eine strafbare Beihilfe vorliegt, einer besonders eingehenden Prüfung. Die entwickelten Grundsätze zu den berufstypischen neutralen Handlungen sind jedoch auch hier grundsätzlich anwendbar.
Gibt z. B. jemand einem Schwarzgeldempfänger, den er zuvor selbst bestochen hat, konkrete Hinweise, an welche Personen oder Institutionen sich dieser zwecks Geldtransfer und -anlage in der Schweiz wenden kann oder bietet er gar an, den entsprechenden Kontakt herzustellen, dann liegt es nahe, daß er sich „die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein“ läßt. In diesem Fall verliert die an sich neutrale Handlung des Hinweisgebers ihren Alltagscharakter und das Handeln ist als Beihilfe i. S. d. § 27 StGB zu werten.
cc) Indes ist vorliegend die Feststellung der Strafkammer, der Angeklagte habe den Vorteilsempfängern einen „Tip“ gegeben, „wie und wo sie diese Gelder in der Schweiz anlegen konnten“, zu ungenau; sie trägt daher eine Verurteilung wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung nicht. Bei derart allgemein gehaltenen Feststellungen, welche Aussagen der Angeklagte hier gemacht und welche Auswirkungen der „Tip“ auf das Verhalten der Bestochenen gehabt haben soll, ist eine revisionsrechtliche Prüfung, ob tatsächlich eine Beihilfehandlung i. S. d. § 27 StGB und eine Erleichterung oder Förderung der Haupttat vorliegt, nicht möglich. Es fehlt insbesondere an hinreichend deutlichen, durch eine tragfähige Beweiswürdigung belegten Feststellungen , daß Prof. Dr. M und H tatsächlich zumindest auch aufgrund dieses „Tips“ die Gelder in der Schweiz anlegten, um diese dem deutschen Fiskus gegenüber nicht zu offenbaren, und unter Ausnutzung dieses Umstandes unrichtige Einkommensteuererklärungen abgaben.

b) Sollte sich das Verhalten des Angeklagten so weit konkretisieren lassen, daß die Annahme einer Beihilfe zur Steuerhinterziehung von M und H in Betracht kommt, hat er durch seine Angaben bei der Be-
schuldigtenvernehmung durch die Staatsanwaltschaft – entgegen der Auffassung der Revision – keine Straffreiheit nach § 371 AO erlangt.
Eine wirksame Selbstanzeige gem. § 371 Abs. 1 AO setzt voraus, daß dem Finanzamt durch die Angaben ermöglicht wird, auf ihrer Grundlage ohne langwierige größere Nachforschungen den Sachverhalt vollends aufzuklären und die Steuer richtig zu errechnen (vgl. BGHSt 3, 373, 376; HansOLG Hamburg, wistra 1986, 116).
Die Selbstanzeigemöglichkeit besteht auch für den Gehilfen einer Steuerhinterziehung. Offenlassen kann der Senat, inwieweit dieser im Hinblick auf etwaige faktische Gegebenheiten verpflichtet ist, Besteuerungsgrundlagen offenzulegen. Denn jedenfalls muß der Gehilfe seinen eigenen Tatbeitrag offenlegen (Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht 5. Aufl. § 371 Rdn. 63; Kohlmann, Steuerstrafrecht 30. Lfg. November 2002 § 371 AO Rdn. 65; Rüping in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO 175. Lfg. Dezember 2002 § 371 Rdn. 90). Daran fehlt es hier. Der Angeklagte hat in seiner Beschuldigtenvernehmung bei der Staatsanwaltschaft nicht offenbart, daß er die anderweitig Verfolgten M und H beim Geldtransfer in die Schweiz zumindest durch nützliche Informationen („Tips“) unterstützt hat.
Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil der „Tip“ gegeben wurde, noch bevor die Haupttat in das strafbare Versuchsstadium getreten war (vgl. auch BGH wistra 1993, 19, 21 m. w. N.).
Nicht zu entscheiden braucht der Senat daher die Frage, ob eine wirksame Selbstanzeige gegenüber der Staatsanwaltschaft abgegeben werden kann, die nach § 116 AO verpflichtet ist, ihre Erkenntnisse, die den Verdacht einer Steuerstraftat begründen, an die Finanzbehörden weiterzuleiten.

c) Rechtsfehlerhaft ist darüber hinaus die Annahme der Strafkammer, daß sich der Angeklagte durch den – einen – „Tip“, der sich jedoch in mehreren Steuererklärungen der früheren Mitangeklagten M und H ausgewirkt hat, der Beihilfe in fünf Fällen schuldig gemacht hat. Die Frage, ob das Verhalten eines Tatbeteiligten eine Einheit oder Mehrheit von Handlungen bildet, richtet sich nicht nach der Haupttat, sondern nach dem Tatbeitrag , den der Beteiligte geleistet hat. Beziehen sich mehrere Hilfeleistungen auf eine Tat, liegt nur eine Beihilfe vor. Fördert der Gehilfe durch eine Handlung mehrere Haupttaten eines oder mehrerer Haupttäter, liegt ebenfalls nur eine einheitliche Beihilfe vor (BGH NJW 2000, 1732, 1735 m. w. N.).

IV.


Der Wegfall der Einzelstrafen in den Fällen C I, II und IV führt zur Aufhebung der Gesamtstrafe. Der Senat hebt auch die Einzelstrafe im Fall C III (Bestechung im geschäftlichen Verkehr) auf, um dem neuen Tatrichter zu ermöglichen, die Strafen insgesamt neu festzusetzen.
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf folgendes hin:
Der neue Tatrichter wird im Hinblick auf die bisherige Einlassung des Angeklagten zur Untreue den Vorsatz einer Nachteilszufügung unter Berücksichtigung der insoweit strengen Anforderungen genau zu prüfen haben (vgl. BGH wistra 2000, 60, 61).
Im Hinblick auf den langen Zeitraum zwischen Tatbegehung (1997 – 1998) und Aburteilung der Taten wird auch ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 MRK zu prüfen (vgl. BVerfG, Beschl. vom 5. Februar 2003 – 2 BvR 327/02) und gegebenenfalls entsprechend den hierzu entwickelten Grundsätzen bei der Strafzumessung zu berücksichtigen sein (vgl. BVerfG NStZ 1997, 591).
Harms Basdorf Gerhardt Brause Schaal

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 90/08
vom
19. Juni 2008
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
___________________________________
StGB §§ 78 a, 332, 334
Werden Bestechung und Bestechlichkeit in der Form begangen, dass der Bestechende
zunächst den Vorteil gewährt und der Amtsträger sodann die pflichtwidrige
Diensthandlung vornimmt, so beginnt die Verjährung beider Straftaten erst mit der
Vornahme der Diensthandlung.
BGH, Urt. vom 19. Juni 2008 - 3 StR 90/08 - LG Düsseldorf
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen zu 1.: Bestechlichkeit
zu 2. und 3.: Bestechung
zu 4.: Beihilfe zur Bestechlichkeit
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
12. Juni 2008 in der Sitzung am 19. Juni 2008, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Miebach,
Pfister,
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt in der Verhandlung,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt Dr. und
Prof. Dr.
- in der Verhandlung vom 12. Juni 2008 -
als Verteidiger des Angeklagten J. ,
Rechtsanwältin
- in der Verhandlung vom 12. Juni 2008 -
als Verteidigerin des Angeklagten T. ,
Rechtsanwalt Dr.
- in der Verhandlung vom 12. Juni 2008 -
als Verteidiger des Angeklagten Dr. M. ,
Justizangestellte in der Verhandlung vom 12. Juni 2008,
Justizamtsinspektor bei der Verkündung am 19. Juni 2008
als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 20. August 2007 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat das gegen den Angeklagten J. wegen des Vorwurfs der Bestechlichkeit, gegen die Angeklagten T. und V. wegen des Vorwurfs der Bestechung sowie gegen den Angeklagten Dr. M. wegen des Vorwurfs der Beihilfe zur Bestechlichkeit geführte Strafverfahren hinsichtlich aller Angeklagter eingestellt (§ 260 Abs. 3 StPO), weil der Verfolgung der angeklagten Delikte das Verfahrenshindernis der Verjährung entgegenstehe. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.


2
Nach der Anklageschrift soll der Angeklagte J. als für das Bauplanungs - und Bauordnungsamt zuständiger Beigeordneter der Stadt R. aufgrund einer entsprechenden Absprache mit den Angeklagten T. und V.
im Zeitraum von 1992 bis 1999 im Zusammenhang mit drei Bauprojekten pflichtwidrige Diensthandlungen im Interesse der Angeklagten T. und V. vorgenommen haben, deren Unternehmen an diesen Projekten beteiligt waren. Im Gegenzug habe der Angeklagte J. vereinbarungsgemäß zwei größere Geldzahlungen erhalten. Diese Zahlungen seien von den Angeklagten T. und V. zur Verschleierung auf Scheinrechnungen an die Dr. Ing. M. & Partner GmbH geleistet worden, deren Geschäftsführer der Angeklagte Dr. M. war.
3
Das Landgericht hat lediglich festgestellt, dass 149.500 DM am 4. November 1994 und 100.050 DM am 23. Mai 1995 von den Angeklagten T. und V. an die Dr. Ing. M. & Partner GmbH flossen und als letzte eventuell pflichtwidrige Diensthandlung des Angeklagten J. zugunsten der Angeklagten T. und V. ein Bescheid vom 4. Mai 1999 in Betracht kommt, durch den der V. GmbH & Co. KG im Wege der Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB der Bau von drei Doppelhäusern anstelle der im Bebauungsplan vorgesehenen zwei Gruppen zu je drei Häusern genehmigt wurde. Von einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das Landgericht abgesehen , weil bei dieser Sachlage nach seiner Auffassung Verfolgungsverjährung eingetreten sei. Sowohl die mögliche Bestechlichkeit als auch die mögliche Bestechung seien mit dem letzten Zufluss eines Vorteils an den Angeklagten J. über die Dr. Ing. M. & Partner GmbH am 23. Mai 1995 beendet gewesen ; dagegen sei es unerheblich, dass der Angeklagte J. danach mit Bescheid vom 4. Mai 1999 noch eine möglicherweise pflichtwidrige Diensthandlung vorgenommen habe, die auf die getroffene Unrechtsvereinbarung zurückging. Seit dem 23. Mai 1995 sei aber mehr als das Doppelte der fünf Jahre betragenden Verjährungsfrist verstrichen (§ 78 c Abs. 3 Satz 2 StGB i. V. m. § 78 Abs. 3 Nr. 4, § 78 a StGB).

II.



4
Das Urteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Da das Landgericht abweichende Feststellungen nicht getroffen hat, ist für diese Prüfung davon auszugehen, dass die Anklagevorwürfe zutreffen, mithin auch der Bescheid vom 4. Mai 1999 pflichtwidrig und durch die Unrechtsvereinbarung zwischen den Angeklagten J. , T. und V. sowie die bereits geleisteten Zahlungen motiviert war. Auf dieser Grundlage sind die den Angeklagten angelasteten Straftaten der Bestechlichkeit, der Bestechung sowie der Beihilfe zur Bestechlichkeit entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht verjährt.
5
1. Das Landgericht hat für die dem Angeklagten J. vorgeworfene Bestechlichkeit (§ 332 Abs. 1 Satz 1 StGB) und die den Angeklagten T. und V. angelastete Bestechung (§ 334 Abs. 1 Satz 1 StGB) einen unzutreffenden Verjährungsbeginn angenommen. Der jeweilige Lauf der Verjährungsfrist wurde nicht schon mit dem Zufluss des letzten Vorteils am 23. Mai 1995, sondern erst mit der Vornahme der letzten Diensthandlung am 4. Mai 1999 in Gang gesetzt.
6
a) Gemäß § 78 a Satz 1 StGB beginnt die Verjährung, sobald die Tat beendet ist. Nach dem vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung angewendeten materiellen Beendigungsbegriff ist dies erst der Fall, wenn der Täter sein rechtsverneinendes Tun insgesamt abschließt, das Tatunrecht mithin tatsächlich in vollem Umfang verwirklicht ist (s. etwa BGHSt 43, 1, 7; BGH NStZ 2004, 41; NJW 2006, 925, 927 [insoweit in BGHSt 50, 299 nicht abgedruckt]). Dies bedeutet, dass die Beendigung der Tat nicht allein an die weitere Verwirklichung tatbestandlich umschriebener Merkmale der Straftat nach deren Vollendung anknüpft (so aber die Vertreter der tatbestandlichen Beendigungslehre; vgl. etwa Kühl in FS für Roxin S. 665, 673 ff.; Schmitz, Unrecht und Zeit S. 213 ff.; Mitsch in MünchKomm-StGB § 78 a Rdn. 5; Lackner/Kühl, StGB 26. Aufl. vor § 22 Rdn. 2 m. w. N.); vielmehr zählen zur Tatbeendigung auch solche Um- stände, die - etwa weil der Gesetzgeber zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsgüterschutzes einen Deliktstypus mit vorverlagertem Vollendungszeitpunkt gewählt hat - zwar nicht mehr von der objektiven Tatbestandsbeschreibung erfasst werden, aber dennoch das materielle Unrecht der Tat vertiefen, weil sie den Angriff auf das geschützte Rechtsgut perpetuieren oder gar intensivieren (vgl. Jescheck in FS für Welzel, S. 683, 685 ff.; Hillenkamp in LK vor § 22 Rdn. 30; Eser in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. vor § 22 Rdn. 4, 8; Hau, Die Beendigung der Straftat und ihre rechtliche Wirkungen, 1974, S. 31 f.). Von diesen Grundsätzen abzuweichen, besteht kein Anlass.
7
b) Für den Straftatbestand der Bestechlichkeit bedeutet dies: Sind sich der Amtsträger und der Bestechende über die pflichtwidrige Diensthandlung sowie die hierfür zu erbringende Gegenleistung einig und wird die Unrechtsvereinbarung auch tatsächlich vollständig umgesetzt, so kommt es für die Tatbeendigung auf die jeweils letzte Handlung zur Erfüllung der Unrechtsvereinbarung an. Wird die pflichtwidrige Diensthandlung erst nach der Zuwendung des Vorteils vorgenommen, so führt somit erst dies zur Beendigung der Tat (Jähnke in LK 11. Aufl. § 78 a Rdn. 3, 5; ebenso Schmid in LK 12. Aufl. § 78 a Rdn. 3, 5; wohl auch Fischer, StGB 55. Aufl. § 331 Rdn. 30; Lackner/Kühl aaO § 78 a Rdn. 4; s. die - allerdings nicht tragende - Formulierung in BGHSt 11, 345, 347; vgl. Tiedemann in LK 11. Aufl. § 299 Rdn. 60 für Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr; Senat, Urt. vom 10. Januar 2008 - 3 StR 462/07 - Rdn. 22 - juris - für die Abgeordnetenbestechung, § 108 e StGB; offen gelassen bei Jescheck in LK § 331 Rdn. 32; aA Otto in FS für Lackner, S. 715, 720, 722; Korte in MünchKomm-StGB § 331 Rdn. 192; Lemke in NK StGB § 78 a Rdn. 4; Kuhlen in NK § 331 Rdn. 128; Stree/Sternberg-Lieben in Schönke /Schröder aaO § 78 a Rdn. 2). Zwar ist die Vornahme der pflichtwidrigen Diensthandlung nicht objektives tatbestandliches Element des § 332 Abs. 1 Satz 1 StGB; die Bestechlichkeit ist vielmehr bereits dann vollendet, wenn der Amtsträger für eine ausgeübte oder künftige pflichtwidrige Diensthandlung ei- nen Vorteil fordert, sich versprechen lässt oder annimmt. Die pflichtwidrige Diensthandlung ist aber dennoch zentraler Bezugspunkt all dieser Tatbestandsvarianten. Sie umschreibt den materiellen Unrechtskern, der den Tatbestand der Bestechlichkeit von dem der Vorteilsannahme abhebt und die erhöhte Strafandrohung im Vergleich zu § 331 Abs. 1 StGB rechtfertigt; dies gilt selbst im Falle einer für sich fehlerfreien Ermessensentscheidung, deren Pflichtwidrigkeit allein dadurch begründet wird, dass der Amtsträger sich bei der Entscheidung durch den Vorteil beeinflussen lässt oder sich wenigstens beeinflussbar zeigt (§ 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB; Fischer aaO § 332 Rdn. 6 m. w. N.). Wird die pflichtwidrige Diensthandlung vorgenommen, so findet der Angriff auf das Schutzgut des § 331 StGB erst darin seinen Abschluss; denn die Lauterkeit der Amtsausübung (BGHSt 10, 237, 241 f.; 14, 123, 131; 15, 88, 96) sowie das öffentliche Vertrauen in diese (BGHSt 15, 88, 96; 30, 46, 48; BGH NJW 1984, 2654) werden am nachhaltigsten dadurch beeinträchtigt, dass der durch die Bestechung befangene Amtsträger den "Staatswillen" tatsächlich verfälscht, indem er die erkaufte pflichtwidrige Diensthandlung ausübt (vgl. BTDrucks. 7/550 S. 269).
8
c) Nichts anderes gilt für die Bestechung. Für dieses der Bestechlichkeit spiegelbildlich gegenüberstehende Vergehen wird allgemein von einem identischen Beendigungszeitpunkt ausgegangen (vgl. BGH NJW 1998, 2373; 2006, 925, 927; Kuhlen aaO § 333 Rdn. 17, § 334Rdn. 12; Korte aaO § 333 Rdn. 46; Lemke aaO § 78 a Rdn. 4; Fischer aaO § 78 a Rdn. 8; Jähnke aaO § 78 a Rdn. 5; Schmid aaO § 78 a Rdn. 5; Lackner/Kühl aaO § 78 a Rdn. 4). Dem ist jedenfalls für den Fall zu folgen, dass Amtsträger und Bestechender die getroffene Unrechtsvereinbarung beidseitig erfüllen; hier gilt auch für die Bestechung, dass die Tat erst mit der letzten Handlung zur Erfüllung der Unrechtsvereinbarung beendet wird, unabhängig davon, ob diese in der Zuwendung des Vorteils oder der pflichtwidrigen Diensthandlung liegt. Auch bei der Bestechung tritt mit der pflichtwidrigen Diensthandlung eine Vertiefung des materiellen Unrechts durch Intensivierung der Rechtsgutsverletzung ein, da der Bestechende damit die Früchte seiner unlauteren Zuwendung erhält und damit das Endziel seines strafbaren Verhaltens erreicht. Erst hierdurch finden auch aus seiner Sicht das unlautere Zusammenwirken mit dem Amtsträger und sein rechtsverneinendes Tun ihren Abschluss. Nur nachfolgende Handlungen des Bestechenden, die die pflichtwidrige Diensthandlung ausnutzen, sind für die Beendigung der Bestechung ohne Belang; denn sie liegen außerhalb der Erfüllung der Unrechtsvereinbarung (vgl. BGH NJW 1998, 2373; Lackner/Kühl aaO § 78 a Rdn. 4). Dies ähnelt der Rechtslage beim Betrug, wo erst mit dem Eintritt des erstrebten rechtswidrigen Vermögensvorteils die Tat beendet ist.
9
d) Gegen dieses Ergebnis kann nicht eingewendet werden, dass danach in den Fällen, in denen es - etwa weil sich die Tat in dem Fordern oder Anbieten eines Vorteils erschöpft - nicht zu einer Unrechtsvereinbarung kommt oder in denen der Amtsträger die Unrechtsvereinbarung nicht erfüllt, die Tat nie beendet werde und damit auch die Verjährungsfrist nie zu laufen beginne; denn dieser Einwand trifft schon in seiner Voraussetzung nicht zu. Lehnt etwa der Amtsträger den ihm angebotenen Vorteil und die ihm angesonnenen pflichtwidrige Diensthandlung ab, so ist die Bestechung in der Tatvariante des Anbietens schon hiermit nicht nur voll-, sondern auch beendet; gleiches gilt spiegelbildlich für die Bestechlichkeit, wenn der Amtsträger vergeblich einen Vorteil für eine pflichtwidrige Diensthandlung fordert. Kommt es dagegen in der Form des Versprechens und Sich-Versprechen-Lassens eines Vorteils oder in sonstiger Weise zu einer Unrechtsvereinbarung, deren Erfüllung ausbleibt, so ist die Bestechung wie die Bestechlichkeit jedenfalls in dem Zeitpunkt beendet, in dem sich die Vereinbarung endgültig als "fehlgeschlagen" erweist (so BGH NStZ 2004, 41, 42). Es könnte demgegenüber aber auch erwogen werden, die jeweilige Tat in einer Betrachtung ex post dann als mit der Unrechtsvereinbarung beendet anzusehen, wenn innerhalb des der gesetzlichen Verjährungsfrist entsprechen- den Zeitraums von fünf Jahren keine Bemühungen zu deren Erfüllung mehr entfaltet werden.
10
Auch aus §§ 331, 333 StGB nF lässt sich nichts Gegenteiliges herleiten. Zwar muss bei der Vorteilsannahme und der Vorteilsgewährung der Vorteil nicht mehr auf eine konkretisierte Diensthandlung bezogen sein; vielmehr genügt es, wenn er allgemein für die Dienstausübung gedacht ist. Dies bedeutet indessen nur, dass in den Fällen der §§ 331, 333 StGB, in denen sich die Unrechtsvereinbarung nicht auf eine konkrete Diensthandlung, sondern nur allgemein auf die Dienstausübung des Amtsträgers bezieht, die Tatbeendigung gegebenenfalls nach anderen rechtlichen Kriterien zu bestimmen ist. Weitergehende Folgerungen, insbesondere zu §§ 332, 334 StGB ergeben sich hieraus nicht.
11
e) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht vorliegender Entscheidung nicht entgegen. Soweit für die Beendigung der Bestechlichkeit verschiedentlich ausschließlich auf den Zufluss des Vorteils abgestellt wurde, ohne den Zeitpunkt der Diensthandlung zu erwähnen (BGHSt 10, 237, 243 f.; BGH NJW 2006, 925, 927; NStZ-RR 2008, 42), lag dies allein daran, dass es in diesen Fällen auf die Vornahme der pflichtwidrigen Diensthandlung nicht ankam. In der Entscheidung NJW 1998, 2373 hat der Bundesgerichtshof, nachdem die pflichtwidrige Diensthandlung in jedenfalls verjährter Zeit vorgenommen worden und die versprochene Zahlung unterblieben war, auf den Zeitpunkt der Unrechtsvereinbarung abgestellt und es ausdrücklich offen gelassen, ob die Diensthandlung für den Verjährungsbeginn relevant sein könne.
12
2. Auch die dem Angeklagten Dr. M. vorgeworfene Beihilfe zur Bestechlichkeit ist nach derzeitigem Sachstand nicht verjährt. Die Verjährung der Teilnahmehandlung beginnt grundsätzlich mit Beendigung der Haupttat (BGHSt 20, 227, 228; BGH NJW 1951, 727; wistra 1990, 146, 148; Jähnke aaO § 78 a Rdn. 15; Schmid aaO § 78 a Rdn. 18; Stree/Sternberg-Lieben aaO § 78 a Rdn. 8). Dies folgt aus dem Grundsatz der Akzessorietät. Den Feststellungen des Landgerichts lässt sich nicht entnehmen, dass von diesem Grundsatz hier eine Ausnahme zu machen wäre, etwa weil sich die Beihilfehandlung des Angeklagten Dr. M. nur auf abgrenzbare Teile der Haupttat (vgl. BGHSt 20, 227, 228/229) oder einen begrenzten Zeitraum (vgl. BGH wistra 1990, 149, 150) beschränkte. Es ist daher derzeit davon auszugehen, dass die Verjährungsfrist für die Beihilfetat des Angeklagten Dr. M. erst zu laufen begann, als die Haupttat am 4. Mai 1999 insgesamt beendet wurde.
13
3. Danach kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Nach dem Anklagevorwurf ist es möglich, dass die Diensthandlung vom 4. Mai 1999 auf dieselbe Unrechtsvereinbarung wie die anderen inkriminierten Diensthandlungen des Angeklagten J. zurückgeht und mit diesen eine tatbestandliche Handlungseinheit bildet (vgl. BGH NStZ 1995, 92). Läge damit Tatbeendigung erst mit dem 4. Mai 1999 vor, so wäre für die Taten der Angeklagten Verfolgungsverjährung nicht eingetreten. Die fünfjährige Verjährungsfrist wurde zunächst durch die staatsanwaltschaftliche Beauftragung eines Sachverständigen am 23. August 2001 (§ 78 c Nr. 3 StGB) und sodann durch die Erhebung der öffentlichen Klage am 24. Juni 2005 (§ 78 c Nr. 6 StGB) unterbrochen. Das angefochtene Urteil ist vor Ablauf der absoluten Verjährungsfrist ergangen; seither ruht die Verjährung (§ 78 b Abs. 3 StGB).

III.


14
Mit der Aufhebung des Urteils werden die sofortigen Beschwerden der Staatsanwaltschaft gegen die Kosten- und Auslagen- sowie die Entschädigungsentscheidung gegenstandslos.
15
Der Senat hat von der Möglichkeit des § 354 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. StPO Gebrauch gemacht.
Becker Miebach Pfister RiBGH Hubert und RiBGH Dr. Schäfer befinden sich im Urlaub und sind daher gehindertzuunterschreiben. Becker

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 633/10
vom
6. September 2011
in der Strafsache
gegen
Karlheinz S c h r e i b e r ,
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
6. September 2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Rothfuß,
Hebenstreit,
Prof. Dr. Sander,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof ,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 5. Mai 2010, soweit er verurteilt wurde, mit den Feststellungen zu seiner Ansässigkeit , zu den von ihm erzielten Gewinnen sowie zur Höhe des zu versteuernden Einkommens und der verkürzten Steuern aufgehoben.
Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorgenannte Urteil mit den Feststellungen aufgehoben, soweit das Verfahren hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung eingestellt wurde. Ausgenommen hiervon sind Feststellungen , soweit sie die Einrichtung der Rubrikkonten "Holgart" und die diesbezüglichen Kontobewegungen zum Gegenstand haben.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Soweit ihm darüber hinaus in der Anklage Vergehen der Bestechung und der Beihilfe zur Untreue zur Last gelegt worden waren, hat das Landgericht das Verfahren im Hinblick auf den Vorwurf der Bestechung wegen Eintritts von Verfolgungsverjährung und hinsichtlich der Beihilfe zur Untreue eingestellt, weil insoweit die Auslieferung vom kanadischen Justizminister nicht bewilligt wurde. Das Landgericht hat weiter bestimmt, dass von der in Kanada erlittenen Auslieferungshaft neun Tage auf die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe angerechnet werden.
2
Die Revision des Angeklagten rügt die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision, die ebenfalls auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützt ist, gegen die Einstellung des Verfahrens hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung.
3
Das Rechtsmittel des Angeklagten führt zur Aufhebung der Verurteilung, das der Staatsanwaltschaft zur Aufhebung der Einstellung des Verfahrens hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung. Demgegenüber können die Feststellungen teilweise - wie aus dem Tenor ersichtlich - aufrechterhalten bleiben.

A.


Die Revision des Angeklagten

I.


4
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen verurteilt, weil er in seinen Steuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 1988 bis 1993 ihm zugeflossene Einkünfte nicht erklärt hatte. Im Einzelnen hat das Landgericht zu der Verurteilung des Angeklagten folgende Feststellungen und rechtliche Wertungen getroffen:
5
1. Der seit Ende der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts zunächst im Bereich des Straßenbaus unternehmerisch tätige Angeklagte verlagerte im Laufe der Zeit seine geschäftlichen Aktivitäten hin zum Vermitteln und Vermakeln von Geschäften aller Art. Hierbei kamen ihm seine bereits bestehenden geschäftlichen und freundschaftlichen Beziehungen zu „Exponenten der Wirtschaft und der Politik“ zu Gute.
6
Spätestens Mitte der 80er Jahre beschloss der Angeklagte, die ihm aus seinen Vermittlungsaktivitäten zufließenden Provisionen zumindest zum Teil gegenüber den deutschen Finanzbehörden zu verheimlichen, um so seine Einkommensteuerlast rechtswidrig zu reduzieren. Zum Vollzug dieses Tatplans bediente er sich mindestens zweier Tarnfirmen, die formell als Träger der Vermittlungsgeschäfte und wirtschaftlich Berechtigter der verdienten Provisionen auftreten sollten, obwohl sie mangels Personals und Geschäftsausstattung zu werbender Tätigkeit nicht imstande waren. Diese oblag vielmehr tatsächlich dem Angeklagten, der auch Inhaber der jeweiligen Provisionsansprüche wurde und an den die Provisionszahlungen - wenngleich verschleiert - erfolgten.
7
Bei den Tarnfirmen handelte es sich einerseits um die Firma A. , die in Panama gegründet worden und dort auch ansässig war, sowie die in Liechtenstein gegründete und ansässige Firma I. . Beide Gesellschaften waren Tochterunternehmen der ebenfalls in Liechtenstein ansässigen K. - Anstalt; sie wurden in den Jahren 1984 bis 1991 im Auftrag des Angeklagten durch den Schweizer Staatsangehörigen Pe. treuhänderisch verwaltet.
8
Die Gesellschaften unterhielten verschiedene Stamm- und Unterkonten bei Banken in der Schweiz und in Liechtenstein, hinsichtlich derer im Wesentlichen der Angeklagte und seine Ehefrau verfügungsberechtigt waren. Die zunächst den Stammkonten der Gesellschaften gutgeschriebenen Provisionszahlungen wurden von dort aus auf die Unterkonten weitergeleitet und verteilt. Durch die vielfältigen Kontobewegungen sollte nach dem Plan des Angeklagten „eine Vielzahl von Provisionsempfängern vor- und [dadurch] darüber hinwegge- täuscht werden, dass die Provisionen ausschließlich dem Angeklagten zuflos- sen.“
9
Im Einzelnen kam es zwischen April 1988 und Oktober 1993 zu Provisionszahlungen an den Angeklagten in einer Gesamthöhe von mehr als 64 Millionen DM. Die Zahlungen erfolgten dabei von der T. AG, der M. GmbH und der A. G.I.E.. Ihnen lagen Vermittlungstätigkeiten des Angeklagten im Zusammenhang mit verschiedenen Geschäften der vorgenannten Firmen zu Grunde, u.a. Flugzeugverkäufe der A. G.I.E. an kanadische und thailändische Fluggesellschaften und die Lieferung von Panzerfahr- zeugen des Typs F. von der T. AG an das saudi-arabische Verteidigungsministerium.
10
Die vorgenannten, ihm zugeflossenen Einkünfte erklärte der Angeklagte, der in den fraglichen Veranlagungszeiträumen seinen Hauptwohnsitz in Kaufering in der Bundesrepublik Deutschland hatte, in den von ihm in Deutschland abgegebenen Einkommensteuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 1988 bis 1993 nicht. Neben der deutschen Staatsangehörigkeit besitzt der Angeklagte seit 1982 auch die kanadische Staatsangehörigkeit. Auch gegenüber den kanadischen Finanzbehörden erklärte der Angeklagte indes die vorgenannten Einkünfte nicht.
11
Das Verschweigen der Provisionseinkünfte hatte zur Folge, dass in den Veranlagungszeiträumen 1988 bis 1993 Einkommensteuer in einer Gesamthöhe von mehr als 14 Millionen DM nicht festgesetzt wurde.
12
2. Nach der Auffassung der Strafkammer hatte der Angeklagte auf der Grundlage dieser Feststellungen sein (Welt-)Einkommen in den Jahren 1988 bis 1993 in Deutschland zu versteuern.
13
Der Umstand, dass der Angeklagte außer seinem Wohnsitz und seiner Betriebsstätte in Kaufering noch mehrere Wohnungen und Büros in Kanada besessen habe und auch kanadischer Staatsangehöriger ist, sei insoweit un- beachtlich. Die vom Angeklagten „intendierte Verlegung der Steuerpflicht nach Kanada“ scheitere daran, dass er die ihm wirtschaftlich zuzurechnenden Provi- sionseinnahmen nicht in Kanada versteuert habe. Aufgrund der in Art. 23 Abs. 3 des zur Tatzeit geltenden Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kanada zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und bestimmter anderer Steuern vom 17. Juli 1981 (BGBl. 1982 II S. 801, nachfolgend: DBA Kanada 1981) enthaltenen sog. Rückfallklausel sei das Besteuerungsrecht deshalb für die zunächst möglicherweise freigestellten Einkünfte wieder zurück an die Bundesrepublik Deutschland gefallen.
14
Die dem Angeklagten wirtschaftlich zugeflossenen Provisionseinkünfte seien daher in den vom Angeklagten abgegebenen Einkommensteuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 1988 bis 1993 zu erklären gewesen. Indem er sie verschwieg, verwirklichte er den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO.

II.

15
Die gegen die Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten ist begründet , soweit im Zusammenhang mit der Ablehnung eines Antrags vom 22. Februar 2010 (von der Revision als sog. „Ansässigkeitsantrag“ bezeichnet) eine Verfahrensrüge erhoben wird. Sie führt zur Aufhebung des Schuld- und Strafausspruchs. Die Feststellungen können indes mit Ausnahme derer zur Ansässigkeit des Angeklagten, zu den von ihm erzielten Gewinnen sowie zur Höhe des zu versteuernden Einkommens und der verkürzten Steuern aufrechterhalten bleiben.
16
1. Der Strafkammer ist bei der Ablehnung des Antrags vom 22. Februar 2010 ein durchgreifender Rechtsfehler unterlaufen, der seine Ursache letztlich in einer unzutreffenden Rechtsansicht zur Besteuerung der Einkünfte des Angeklagten nach Maßgabe des DBA Kanada 1981 hatte.
17
a) Der Verfahrensrüge liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
18
Am 22. Februar 2010 stellte der Verteidiger des Angeklagten einen Antrag , dessen Ziel der Nachweis war, dass der Angeklagte in den fraglichen Veranlagungszeiträumen nach Maßgabe von Art. 4 Abs. 2 DBA Kanada 1981 in Kanada ansässig war. Insoweit wurden 17 einzelne Behauptungen aufgestellt. Diese hatten z.B. zum Gegenstand, dass der Angeklagte „seit den 70er Jahren eine mindestens 100m² große repräsentative Wohnung … in Calgary und seit 1988 ein repräsentatives Haus … in Ottawa besaß“ und dass sich der Ange- klagte „von Mitte der 80er Jahre bis mindestens Ende des Jahres 1993 regel- mäßig über Wochen und Monate in Kanada aufgehalten hat und dass der Angeklagte insgesamt häufig über 6 Monate pro Jahr in Kanada und stets mehr in Kanada als in Deutschland gewesen ist“. Zum Beweis dieser Behauptungen wurden 14 in Kanada lebende Zeugen und ein Zeuge, der über das Auswärtige Amt in Berlin geladen werden sollte, benannt. Im Anschluss finden sich in dem Antrag dann Ausführungen dazu, weshalb die benannten Zeugen Angaben zu den einzelnen Beweisbehauptungen machen könnten.
19
Zu dem Antrag nahm neben dem Vertreter des Finanzamts AugsburgStadt am 24. März 2010 auch der Vertreter der Staatsanwaltschaft Stellung. Er beantragte, den Antrag abzulehnen, weil die Behauptungen teilweise zu unbestimmt seien und teilweise lediglich Beweisziele enthielten.
20
Mit am 21. April 2010 in der Hauptverhandlung verkündetem Beschluss lehnte die Strafkammer den als Beweisantrag behandelten Antrag wegen rechtlicher Bedeutungslosigkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen ab. Soweit hier von Interesse hat die Begründung des Beschlusses folgenden Wortlaut: „Die unter Beweis gestellten Tatsachen sind unter dem Aspekt des Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) rechtlich ohne Bedeutung (§ 244 III S. 2 StPO). Selbst dann, wenn der Angeklagte außer seinem Wohnsitz und seiner Betriebsstätte in Kaufering derartige Niederlassungen auch in Kanada gehabt haben sollte, hätte das DBA die anklagegegenständlichen Provisionseinnahmen des Angeklagten nicht dem steuerlichen Zugriff des deutschen Fiskus entzogen. Denn das in den Jahren 1988 – 1993 in Kraft befindliche DBA 1981 war in Art. 23 III mit einer sog. Rückfallklausel ausgestattet. Danach fiel das Besteuerungsrecht für zunächst freigestellte Einkünfte wieder zurück , wenn in dem Vertragsstaat, wo diese Einkünfte auf Grund einer dort vorhandenen Betriebsstätte erzielt worden waren, entgegen dem DBA und gleich aus welchem Grund keine Besteuerung erfolgte.“
21
b) Die Ablehnung des „Beweisantrages“ erfolgte rechtsfehlerhaft, da die Behauptungen rechtlich nicht bedeutungslos sind, denn die Frage, ob der Angeklagte im maßgeblichen Zeitpunkt nach Maßgabe von Art. 4 Abs. 2 DBA Kanada 1981 in Kanada war, ist für den Schuldspruch entscheidend.
22
aa) Nicht zu beanstanden ist indes die Auffassung der Strafkammer, wonach es sich bei Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 um eine sog. Rückfallklausel handelt, die zur Folge hat, dass das Besteuerungsrecht für zunächst freigestellte Einkünfte wieder zurück an den Ansässigkeitsstaat fällt, wenn in dem Vertragsstaat, wo diese Einkünfte auf Grund einer dort vorhandenen Betriebsstätte erzielt worden waren, entgegen dem DBA und gleich aus welchem Grund keine Besteuerung erfolgte. Dieses Verständnis steht in Übereinstimmung mit der - auch aus Sicht des Senats zutreffenden - Auslegung des Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 durch den Bundesfinanzhof (BFH, Urteil vom 17. Oktober 2007 - I R 96/06, BFHE 219, 534; vgl. auch BFH, Urteil vom 11. Juni 1996 - I R 8/96, BFHE 181, 125).

23
bb) Die in Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 enthaltene Rückfallklausel ist allerdings nicht geeignet, die rechtliche Bedeutungslosigkeit der im gegenständlichen Antrag aufgestellten Behauptungen i.S.v. § 244 Abs. 3 Satz 2 Var. 2 StPO zu begründen, weshalb die Ablehnung des Antrags nicht auf diesen Ablehnungsgrund gestützt werden konnte.
24
(a) Da der Angeklagte nach den Feststellungen sowohl in Deutschland, als auch in Kanada einen Wohnsitz hatte und er deshalb i.S.v. Art. 4 Abs. 1 DBA Kanada 1981 sowohl in Deutschland als auch in Kanada unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war (vgl. einerseits § 1 Abs. 1 EStG i.V.m. § 8 AO sowie andererseits Part I Division A Subsection 2 des Kanadischen Income Tax Act), ist für die Frage, welchem der beiden Staaten das Besteuerungsrecht zusteht , maßgeblich, wo der Angeklagte nach Maßgabe von Art. 4 Abs. 2 DBA Kanada 1981 ansässig war. Art. 4 Abs. 2 DBA Kanada 1981 entscheidet insoweit darüber, welcher der beiden Vertragsstaaten als Ansässigkeitsstaat und welcher als Quellenstaat zu behandeln ist, wenn eine Person nach Art. 4 Abs. 1 DBA Kanada 1981 in beiden Staaten ansässig ist (vgl. allgemein Debatin/ Wassermeyer, Doppelbesteuerung, 112. Aufl., OECD-Musterabkommen, Art. 4 Rn. 51). Dem danach gegebenen Ansässigkeitsstaat steht grundsätzlich das Besteuerungsrecht für die Gewinne des Unternehmens zu, es sei denn, das Unternehmen verfügt in dem jeweils anderen Staat über eine Betriebsstätte (vgl. Art. 7 Abs. 1 DBA Kanada 1981), der dann der sog. Quellenstaat ist.
25
(b) Stehen demnach sowohl dem Ansässigkeitsstaat, als auch dem Quellenstaat Besteuerungsrechte zu, sieht Art. 23 DBA Kanada 1981 eine Regelung vor, wie die Doppelbesteuerung vermieden werden kann. Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 definiert insoweit (lediglich), unter welchen Voraussetzungen Gewinne oder Einkünfte aus Quellen eines der beiden Staaten stammen, damit die in Art. 23 Abs. 1 und Abs. 2 DBA Kanada 1981 enthaltenen Vorschriften zur Beseitigung der Doppelbesteuerung angewandt werden können und ordnet sie dem Ansässigkeitsstaat zu, wenn - wie oben dargelegt - im Quellenstaat eine Besteuerung nicht erfolgt. Daher kann Art. 23 DBA Kanada 1981 in seiner Gesamtheit, einschließlich Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981, erst Anwendung finden, wenn nach Maßgabe von Art. 4 DBA Kanada 1981 die Ansässigkeit eines Steuerpflichtigen geklärt ist.
26
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies: Sollte der Angeklagte nach Maßgabe von Art. 4 DBA Kanada 1981 in Kanada ansässig gewesen sein, dann wären im Quellenstaat (Deutschland) zwar erzielte, aber nicht besteuerte Einkünfte aufgrund der Rückfallklausel in Kanada (Ansässigkeitsstaat) zu versteuern. Nur dann, wenn der Angeklagte in Deutschland ansässig war, steht dem deutschen Steuerfiskus die Besteuerung der im Quellenstaat Kanada nicht besteuerten Einkünfte zu. Bei der Anwendung der Rückfallklausel muss daher zunächst die Vorfrage beantwortet werden, welcher Staat der Ansässigkeitsstaat war - Kanada oder Deutschland. Deshalb ist es - wie das Landgericht rechtsirrig annimmt - für die Anwendung der Rückfallklausel eben nicht bedeutungslos , wo der Angeklagte ansässig war.
27
(c) Dies hat die Strafkammer verkannt, wenn sie annimmt, dass esfür die Begründung der Ansässigkeit eines Steuerpflichtigen in einem der Vertragsstaaten ausreicht, dass in dem anderen Vertragsstaat eine Besteuerung der dort erzielten Gewinne und Einkünfte nicht erfolgte. Davon ausgehend wird die rechtliche Bedeutungslosigkeit, auf die die Ablehnung des Beweisantrags gestützt wird, rechtsfehlerhaft aus einem Tatbestand abgeleitet, der voraus- setzt, dass das Gegenteil der unter Beweis gestellten Tatsachen bereits erwiesen ist.
28
cc) Auf der rechtsfehlerhaften Ablehnung des Antrags beruht das Urteil auch. Bei der gegebenen Sachlage kann der Senat nicht ausschließen, dass das Urteil bei zutreffender Bescheidung des Antrags möglicherweise anders ausgefallen wäre. Ein Austausch der Ablehnungsgründe (z.B. mit dem Ablehnungsgrund der tatsächlichen Bedeutungslosigkeit oder dem des § 244 Abs. 5 StPO) ist dem Senat nicht möglich (vgl. BGH, Beschluss vom 28. August 2002 - 1 StR 277/02, NStZ 2003, 101, 102).
29
dd) Zu keinem anderen Ergebnis würde es führen, wenn man - was offen bleiben kann - den Antrag der Verteidigung vom 22. Februar 2010 nicht als Beweisantrag, sondern lediglich als Beweisermittlungsantrag ansehen würde.
30
(1) Für letzteres könnte zunächst sprechen, dass - wie von der Staatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 24. März 2010 angeführt - die Behauptungen teilweise zu unbestimmt und teilweise lediglich Beweisziele benannt sind.
31
Darüber hinaus bestehen Zweifel, ob die erforderliche Konnexität zwischen den einzelnen Beweisbehauptungen und den Zeugen gegeben ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 1993 - 3 StR 446/93, BGHSt 40, 3, 6; BGH, Urteil vom 28. November 1997 - 3 StR 114/97, BGHSt 43, 321, 329 f.; BGH, Beschluss vom 3. November 2010 - 1 StR 497/10, NStZ 2011, 169). Denn es versteht sich zunächst nicht von selbst, warum die einzelnen Zeugen zu den einzelnen Beweisbehauptungen etwas bekunden können. Auch die im Antrag hinsichtlich der einzelnen Zeugen angeführten Begründungen erschöpfen sich in pauschalen Ausführungen, die den diesbezüglichen Anforderungen nicht gerecht werden. Insoweit gilt allgemein, dass der Antragsteller auch die Tatsachen hinreichend bestimmt zu behaupten hat, aus denen sich die Konnexität ergibt (vgl. BGH, Beschluss vom 3. November 2010 - 1 StR 497/10, NStZ 2011, 169). Dies gilt umso mehr, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen ihrerseits - wie hier - teilweise von gewisser, im Einzelfall aber hinzunehmender Unschärfe sind.
32
(2) Selbst wenn es sich aber lediglich um einen Beweisermittlungsantrag handeln würde, könnte aufgrund der Behandlung des Antrags durch die Strafkammer ein durchgreifender Rechtsfehler vorliegend nicht ausgeschlossen werden.
33
(a) In solchen Fällen gilt zwar grundsätzlich, dass die Zurückweisung eines Beweisermittlungsantrags die Revision nur dann begründet, wenn das Tatgericht seine Aufklärungspflicht verletzt hat (BGH, Beschluss vom 15. Mai 1996 - 1 StR 131/96, StV 1996, 581). Dass die Zurückweisung des Beweisermittlungsantrags dabei in der Form der Bescheidung eines Beweisantrags erfolgte, ändert hieran grundsätzlich nichts (BGH, Beschluss vom 15. Mai 1996 - 1 StR 131/96, StV 1996, 581 mwN). Ob das Tatgericht seine Aufklärungspflicht verletzt hat, prüft das Revisionsgericht dabei aus seiner Sicht der Dinge (vgl. BGH, Beschluss vom 14. März 1985 - 1 StR 775/84, NStZ 1985, 324, 325 mwN).
34
(b) Hat das Tatgericht aber durch die Behandlung als Beweisantrag und die unzutreffende Begründung hinsichtlich der Bedeutung der Behauptung eine „irreführende Prozesslage“ geschaffen, führt dies - abweichend vom vorge- nannten Grundsatz - auch dann zum Erfolg der Revision, wenn - am vorstehenden Maßstab gemessen - eine rechtsfehlerfreie Ablehnung des Antrags möglich gewesen wäre (BGH, Beschluss vom 15. Mai 1996 - 1 StR 131/96, StV 1996, 581 mwN).
35
(c) So stellt sich die Sachlage vorliegend dar. Indem das Landgericht den Antrag - trotz abweichender Stellungnahme der Staatsanwaltschaft - als Beweisantrag beschied und zur Ablehnung des Antrags allein die rechtliche Bedeutungslosigkeit anführte, brachte es zum Ausdruck, dass es sich auch aus seiner Sicht um einen Beweisantrag handelte.
36
Insoweit wurde dem Angeklagten und seinen Verteidigern die Möglichkeit genommen, den möglicherweise wegen zu unbestimmter Behauptungen und fehlender Konnexität lediglich als Beweisermittlungsantrag zu qualifizierenden Antrag so nachzubessern, dass er die Qualität eines Beweisantrags erlangt. Dass dem Antragssteller eine solche Nachbesserung nicht möglich gewesen wäre, kann der Senat nicht ausschließen. Es ist ihm daher verwehrt, auf den Gesichtspunkt abzustellen, es handele sich tatsächlich bei dem fraglichen Antrag lediglich um einen Beweisermittlungsantrag.
37
Hinzu kommt, dass das Landgericht den Antragsteller durch die rechtsfehlerhafte Behandlung des Antrags auch im Unklaren darüber lässt, welches Gewicht die Strafkammer den auf Grund der bisherigen Beweisaufnahme erlangten durchaus bedeutsamen Gesichtspunkten beimisst, die für eine Ansässigkeit des Angeklagten in Deutschland sprechen (z.B. Angaben in den Einkommensteuererklärungen , Vorbringen im finanzgerichtlichen Verfahren). Der Angeklagte und seine Verteidiger hatten daher auch keine Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen, aus welchen Gesichtspunkten und in welchem Umfang die Aufklärungspflicht zur Erhebung der beantragten Beweise drängen könnte.

III.


38
Der festgestellte Verfahrensverstoß zieht die Aufhebung des Schuldspruchs nach sich. Zwar hat der Angeklagte selbst dann, wenn er in den fraglichen Veranlagungszeiträumen in Kanada i.S.v. Art. 4 DBA Kanada 1981 ansässig gewesen sein sollte, in den verfahrensgegenständlichen Einkommensteuererklärungen unrichtige Angaben i.S.v. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO gemacht, indem er pflichtwidrig die ihm zurechenbaren Provisionseinkünfte verschwieg. Dies ist vorliegend aber nicht geeignet, den Schuldspruch bestehen zu lassen.
39
Es spricht zwar einiges dafür, dass es aufgrund des Verschweigens der Provisionseinkünfte in den Veranlagungszeiträumen jeweils zu Steuerverkürzung i.S.v. § 370 Abs. 4 AO kam, wenngleich die Höhe der Steuerverkürzung noch nicht abschließend beurteilt werden kann. Danach könnte zwar der Schuldspruch grundsätzlich bestätigt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 17. April 2008 - 5 StR 547/07, NStZ 2009, 157). Der Senat kann aber in der Gesamtheit nicht sicher ausschließen, dass dann, wenn das neue Tatgericht zu der Feststellung kommen sollte, dass der Angeklagte im Tatzeitraum in Kanada ansässig i.S.v. Art. 4 DBA Kanada 1981 war, in einzelnen Veranlagungszeiträumen die Möglichkeit besteht, dass sich das in Deutschland zu versteuernde Einkommen soweit reduziert, dass eine Steuerverkürzung vollständig entfällt (vgl. insoweit BGH, Beschluss vom 24. Mai 2007 – 5 StR 58/07).

IV.


40
Die Aufhebung des Schuldspruchs führt zum Wegfall der Einzelstrafen und des Gesamtstrafenausspruchs.
41
Der Senat kann daher offen lassen, ob - wie von der Revision behauptet - Rechtsfehler bei der Strafzumessung durch das Landgericht zum Nachteil des Angeklagten gegeben sind.

V.


42
Der Verfahrensfehler bedingt die Aufhebung der Feststellungen zur Ansässigkeit des Angeklagten in den fraglichen Veranlagungszeiträumen, zum vom Angeklagten in den Veranlagungszeiträumen erzielten Gewinnen, zur Höhe des jeweils zu versteuernden Einkommens und zur Höhe der jeweils verkürzten Steuern. Demgegenüber können die weitergehenden Feststellungen, namentlich zur Höhe der verfahrensgegenständlichen Provisionseinnahmen und zu deren wirtschaftlicher Zuordnung zum Angeklagten aufrechterhalten bleiben.
43
1. Die dem Urteil zu Grunde liegenden Feststellungen sind aufzuheben, soweit sie durch die Gesetzesverletzung betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO). Erweist sich die Revision hinsichtlich der gesamten Verurteilung als begründet, so sind mit dem Urteil an sich auch die ihm zugrunde liegenden, gemäß § 267 Abs. 1 und Abs. 5 StPO in die Urteilsgründe aufgenommenen Feststellungen insgesamt aufzuheben, um dem Tatrichter, an den die Sache zurückverwiesen wird, Gelegenheit zu einer umfassenden neuen Sachverhaltsfeststellung zu geben (vgl. Kuckein in KK-StPO, § 353 Rn. 24 mwN). Das gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Das Revisionsgericht hat insbesondere zu prüfen, ob und inwiefern sich der angenommene Rechtsverstoß überhaupt auf die Sachverhaltsfeststellung ausgewirkt hat (BGH, Urteil vom 27. November 1959 - 4 StR 394/59, BGHSt 14, 30, 34). Sodann ist zu untersuchen, in welchem Umfang die betroffenen Feststellungen aus dem Gesamtzusammenhang des festgestellten Sachverhalts herausgelöst werden können, ohne dass damit die anderen Feststellungen , und sei es auch nur durch Wegfall eines Beweisanzeichens, in Zweifel gezogen werden (BGH aaO, BGHSt 14, 30, 35).
44
2. Danach sind zunächst die Feststellungen zur Ansässigkeit des Angeklagten aufzuheben. Diese beschränken sich im Wesentlichen darauf, dass der Angeklagte, wie vom Landgericht ausgeführt, seinen Hauptwohnsitz in Kaufering hatte.
45
Insoweit kann offen bleiben, ob das Urteil in diesem Zusammenhang auch einen auf die Sachrüge zu berücksichtigenden Darlegungsmangel aufweist , weil sich die Strafkammer aufgrund des unzutreffenden Verständnisses von Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 den Blick für das Erfordernis weiterer Darlegungen im Zusammenhang mit der Frage der Ansässigkeit verbaut hat.
46
3. Aufzuheben sind auch die Feststellungen zu den vom Angeklagten erzielten Gewinnen sowie zur Höhe seines zu versteuernden Einkommens und der verkürzten Steuern.
47
Dies folgt bereits daraus, dass sich die Bemessungsgrundlage für die Ermittlung des vom Angeklagten erzielten Gewinns und des in Deutschland zu versteuernden Einkommens des Angeklagten ändern würde, wenn in der neuen Hauptverhandlung festgestellt werden sollte, dass der Angeklagte in den fraglichen Veranlagungszeiträumen in Kanada ansässig war. Bemessungsgrundlage sind dann neben den erklärten Einkünften des Angeklagten auch die verschwiegenen Provisionseinkünfte, die aus Quellen innerhalb Deutschlands stammen. In diesem Fall wären daher in der neuen Hauptverhandlung auch Feststellungen dazu erforderlich, aus welchen Quellen i.S.d. DBA Kanada 1981 die jeweiligen Provisionseinkünfte stammen.
48
Die insoweit mögliche Verringerung des zu versteuernden Einkommens würde darüber hinaus auch die Höhe der - zum Nachteil des deutschen Fiskus - verkürzten Steuern betreffen.
49
Der Senat kann daher offen lassen, ob das vom Angeklagten zu versteuernde Einkommen rechtsfehlerfrei ermittelt wurde.
50
4. Mit Ausnahme der vorgenannten Feststellungen haben die weiteren rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen Bestand. Hierbei handelt es sich namentlich um solche zum Rechtsgrund und zur Höhe der Provisionseinkünfte sowie die diesbezügliche wirtschaftliche Berechtigung des Angeklagten. In Bestandskraft erwachsen auch die Feststellungen dazu, dass die Provisionseinkünfte nicht in Kanada besteuert und in den in Deutschland abgegebenen Steuererklärungen des Angeklagten nicht erklärt wurden.
51
a) Diese Feststellungen sind durch den aufgezeigten Verfahrensverstoß nicht betroffen und können von den aufgehobenen Feststellungen im vorgenannten Sinn getrennt werden.
52
b) Soweit im Zusammenhang mit den in Bestandskraft erwachsenden Feststellungen Verfahrensrügen erhoben wurden, sind diese unbegründet oder aber für den Bestand der Feststellungen ohne Bedeutung. Näherer Erörterung bedarf insoweit lediglich Folgendes:
53
aa) Zum Rechtsgrund und zur Höhe der vom Angeklagten verschwiegenen Provisionseinkünfte:
54
(1) Die Ansässigkeit des Angeklagten ist insoweit ohne Bedeutung. Auch soweit das neue Tatgericht zu der Überzeugung gelangen sollte, dass der Angeklagte in den fraglichen Veranlagungszeiträumen in Kanada ansässig gewesen ist, stünden die bisherigen Feststellungen solchen neuen Feststellungen nicht entgegen. Sie könnten widerspruchsfrei getroffen werden.
55
Insoweit könnte sich allerdings die Notwendigkeit ergeben, weitergehende Feststellungen dazu zu treffen, aus welchen Quellen i.S.d. DBA Kanada 1981 die jeweiligen Provisionseinkünfte stammen (vgl. oben III. und V. 3).
56
(2) Soweit die Revision im Hinblick auf den Quellenstaat der Provisionseinkünfte die Verletzung von § 245 Abs. 2, § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO im Zusammenhang mit der Ablehnung eines Beweisantrags vom 14. April 2010 rügt, ist diese Rüge für die bestandskräftigen Feststellungen aufgrund der vorstehenden Erwägungen nicht mehr relevant. Auf dem mit ihr aufgezeigten Rechtsfehler beruht das Urteil daher nicht:
57
(a) Der Verfahrensrüge liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
58
In dem genannten Beweisantrag wurde unter Beweis gestellt, dass der Angeklagte die Provisionen aus drei Provisionsgeschäften allein in kanadischen Betriebsstätten erzielt haben soll. Zum Beweis dieser Behauptungen wurden einerseits vier Zeugen benannt. Weiter wurden als Beweismittel 57, teils in ausländischer Sprache verfasste Schriftstücke angeführt, die zusammen mit dem Beweisantrag in der Hauptverhandlung in Kopie übergeben wurden.

59
Die Strafkammer lehnte auch diesen Beweisantrag mit dem in der Hauptverhandlung vom 21. April 2010 verkündeten Beschluss und der bereits oben angeführten Begründung wegen rechtlicher Bedeutungslosigkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen ab.
60
(b) Insoweit kann offen bleiben, ob es sich bei in Kopie vorgelegten Urkunden tatsächlich um präsente Beweismittel i.S.v. § 245 Abs. 2 StPO handelt, wofür nach Auffassung des Senats im Grundsatz einiges spricht (vgl. aber insoweit BGH, Beschluss vom 22. Juni 1994 - 3 StR 646/93, NStZ 1994, 593). Soweit es sich indes um fremdsprachliche Urkunden handelt, bestehen - losgelöst von der Frage, ob nur Originalurkunden präsente Beweismittel sind - angesichts der Tatsache, dass bei deren Vorlage ein Dolmetscher nicht anwesend war, demgegenüber Zweifel.
61
(c) Bei der gegebenen Sachlage erweist sich die Ablehnung des Beweisantrages wegen rechtlicher Bedeutungslosigkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen zwar als rechtsfehlerhaft.
62
Die Ablehnung wäre nur dann nicht zu beanstanden, wenn - was die Strafkammer indes nicht rechtsfehlerfrei festgestellt hat - der Angeklagte im Veranlagungszeitraum in Deutschland ansässig war. Denn dann würde, selbst wenn darüber hinaus erwiesen wäre, dass die fraglichen Provisionseinkünfte des Angeklagten durch Betriebsstätten in Kanada verdient worden sind, Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 greifen, nachdem rechtsfehlerfrei - und von der Revision auch nicht angegriffen - festgestellt ist, dass der Angeklagte die Provisionseinkünfte in Kanada nicht versteuerte (vgl. UA S. 85). Dies hätte zur Folge, dass die dann grundsätzlich zwar der kanadischen Besteuerung unterliegenden Einkünfte wegen der in Kanada unterlassenen Besteuerung wieder der deutschen Besteuerung unterfallen. Durch das Verschweigen dieser Einkünfte wäre bei Ansässigkeit des Angeklagten in Deutschland der Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO erfüllt. Bei der Verkürzungsberechnung könnten dann sämtliche Provisionseinkünfte des Angeklagten - unabhängig vom Quellenstaat - zu Grunde gelegt werden.
63
(d) Dieser Rechtsfehler wirkt sich indes im Hinblick auf die Feststellungen , die aufrechterhalten bleiben, nicht aus.
64
bb) Bestehen bleiben können auch die Feststellungen zur wirtschaftlichen Zuordnung der Provisionseinkünfte für den Angeklagten und dazu, dass diese dem Angeklagten im fraglichen Zeitraum zugeflossen sind.
65
Die von der Revision in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge ist nicht begründet.
66
(1) Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zu Grunde:
67
Im Zusammenhang mit dem Zustandekommen und dem Inhalt eines Schuldanerkenntnisses, das zu Gunsten der Firma I. von dem Zeugen Pe. abgegeben wurde und dem die Strafkammer im Zusammenhang mit der Inhaberschaft an der Firma I. zu Lasten des Angeklagten indizielle Bedeutung beimisst, stellte der Verteidiger des Angeklagten in der Hauptverhandlung am 15. März 2010 einen Beweisantrag. Dieser hatte verschiedene Geschehnisse im Vorfeld der Abgabe des Schuldanerkenntnisses und zu dessen tatsächlichen Hintergründen zum Gegenstand.
68
Zum Beweis der im Antrag aufgestellten Beweisbehauptungen wurden einerseits verschiedene Zeugen benannt. Die Ablehnung von deren Vernehmung wird mit der Revision nicht angegriffen.
69
Weiter wurde die Verlesung mehrerer - wiederum teils fremdsprachiger - Urkunden und deren Inaugenscheinnahme beantragt. Zu diesem Zwecke waren die Urkunden dem Beweisantrag in Kopie beigefügt.
70
Mit am 12. April 2010 in der Hauptverhandlung verkündetem Beschluss wurde der Beweisantrag zurückgewiesen. Der unter Beweis gestellte Sachverhalt , sprich die Entstehungsgeschichte des Schuldanerkenntnisses, wurde zu Gunsten des Angeklagten als wahr unterstellt.
71
(2) Soweit im Hinblick auf die abgelehnte Verlesung (und Inaugenscheinnahme ) der mit dem Beweisantrag in Kopie vorgelegten Urkunden die Verletzung von § 245 Abs. 2 StPO gerügt wird, beruht das Urteil auf einem möglicherweise gegebenen Rechtsfehler nicht.
72
(a) Auch insoweit kann offen bleiben, ob und ggfs. in welchem Umfang es sich bei in Kopie vorgelegten Urkunden tatsächlich um präsente Beweismittel i.S.v. § 245 Abs. 2 StPO handelt.
73
(b) Aber selbst wenn aufgrund der Präsenz der Urkunden eine Ablehnung nur im Rahmen der Ablehnungsgründe des § 245 Abs. 2 StPO möglich gewesen wäre, beruht das Urteil nicht auf der dann rechtsfehlerhaft auf § 244 Abs. 3 Satz 2 Var. 7 StPO gestützten Ablehnung des Beweisantrags.
74
(aa) Insoweit ist bei einem Verstoß gegen § 245 Abs. 1 StPO anerkannt, dass der Umstand, dass der Ablehnungsgrund der Unerheblichkeit in Fällen des § 245 StPO nicht gilt, nicht dazu führt, dass bei rechtsfehlerhafter Nichtverwendung eines präsenten Beweismittels eine Beruhensprüfung grundsätzlich zu unterbleiben hat bzw. dass ein Beruhen des Urteils auf der Gesetzesverletzung regelmäßig nicht auszuschließen ist (BGH, Urteil vom 31. Januar 1996 - 2 StR 596/95, NJW 1996, 1685). Für die Prüfung des Beruhens gelten daher auch bei einem Verstoß gegen § 245 Abs. 2 StPO keine Besonderheiten (Becker in LR-StPO § 245 Rn. 80).
75
(bb) Vorliegend kann sicher ausgeschlossen werden, dass das Urteil bei Erhebung der Beweise anders ausgefallen wäre.
76
Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausführt, hat sich die Strafkammer an die im Ablehnungsbeschluss getroffene Wahrunterstellung ohne Einengung, Umdeutung oder inhaltliche Änderung (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 1982 - 1 StR 802/81, NStZ 1982, 213) im Rahmen der Beweiswürdigung gehalten und sich dort - soweit geboten (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 1979 - 2 StR 749/78, BGHSt 28, 310) - ebenso wie im Ablehnungsbeschluss mit den als wahr unterstellten (Indiz-)Tatsachen auseinandergesetzt. Dass das Landgericht daraus nicht die Schlussfolgerung gezogen hat, die der Antragsteller gezogen wissen wollte, ist nicht zu beanstanden (vgl. BGH, Urteil vom 6. August 1986 - 3 StR 234/86, StV 1986, 467). Namentlich kannhierin - wie von der Revision behauptet - keine unzulässige Beweisantizipation erblickt werden. Demnach ist nicht ersichtlich, zu welchen anderen Feststellungen das Landgericht gekommen wäre, wenn es die beantragte Beweiswürdigung durchgeführt hätte.

B.


Die Revision der Staatsanwaltschaft
77
Die - auf die Einstellung des Verfahrens hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung beschränkte - Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der Sachrüge Erfolg. Eines Eingehens auf die Verfahrensrügen, mit der ein Verstoß gegen § 261 StPO geltend gemacht wird, bedarf es daher nicht. Die von der Aufhebung ausgenommenen Feststellungen sind von dem geltend gemachten Verfahrensverstoß nicht betroffen, wie auch der Antrag des Generalbundesanwalts in der Hauptverhandlung zeigt.

I.


78
Soweit die Einstellung des Verfahrens im Hinblick auf den Vorwurf der Bestechung von der Revision der Staatsanwaltschaft angegriffen ist, hat die Strafkammer in der Gesamtschau der Urteilsgründe folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
79
1. Der Angeklagte richtete im September 1991 beim Schweizerischen Bankverein unter der Kontonummer ein Rubrikkonto mit der Bezeich- nung „Holgart“ ein, über das nur der Angeklagte sowie die von ihm bevollmäch- tigten Familienangehörigen verfügungsberechtigt waren. Hinter der Bezeich- nung „Holgart“ stand der ehemalige Staatssekretär Dr. P. .
80
Am 2. September 1991 wurden auf diesem Konto 3.800.000 DM einbezahlt. Dr. P. erhielt vom Angeklagten sodann „aufgrund vorangegangener Unrechtsvereinbarung“, die im Urteil nicht näher dargelegt wird, am 13. Dezember 1991 250.000 DM, am 23. Januar 1992 127.000 DM und „letztmals“ am 28. April 1992 500.000 DM, die dem vorgenannten Rubrikkonto entnommen wurden.
81
Ende des Jahres 1994 schichtete der Angeklagte das auf dem Rubrik- konto „Holgart“ vorhandene Guthaben auf sein Konto Nr. beim Schwei- zerischen Bankverein um. Auch hier richtete er wieder Rubrikkonten, u.a. eines mit der Bezeichnung „Holgart“, ein. Ende Januar 1995 befanden sich auf die- sem Rubrikkonto 3.162.000 DM.
82
Am 26. Januar 1995 eröffnete die Ehefrau des Angeklagten bei der Verwaltungs - und Privatbank Vaduz in Liechtenstein drei Währungskonten. Am 27. Januar 1995 wurden dort dem DM-Konto „3.162.00,00“ (gemeint sind wohl 3.162.000,00) DM unter Angabe des Zahlungsgrunds „Ref. Holgart“ gutgeschrieben. Bei dieser Gutschrift handelt es sich um das Restguthaben des oben genannten Rubrikkontos „Holgart“ beim Schweizerischen Bankverein.
83
Am 31. Januar 1995 hob die Ehefrau des Angeklagten von den Währungskonten einen Betrag von insgesamt 11.780.837,50 SFR ab; danach wurden die Währungskonten gelöscht. Anschließend wurden erneut Rubrikkonten eröffnet, darunter auch eines mit der Bezeichnung „Holgart“. Die von diesen Rubrikkonten bis Ende 1996 nachvollziehbaren Kontobewegungen weisen keinen Bezug zu Dr. P. auf.
84
2. Hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung ist nach Auffassung der Strafkammer Verfolgungsverjährung eingetreten, da die Tat am 28. April 1992 beendet gewesen sei. Die höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach die ra- tenweise Bestechung erst dann beendet ist, wenn der Bestochene die ihm abverlangte Diensthandlung vollführt, käme in vorliegender Sache nicht zum Zu- ge, da die vom Angeklagten belohnten rechtswidrigen Entscheidungen „laut Anklage“ bereits am 12. und 20. März 1991 getroffen worden seien. Offen kön- ne bleiben, ob die Tat nicht bereits mit dem Ausscheiden Dr. P. aus seinem Amt als Staatssekretär am 29. Februar 1992 beendet war, da dies am Ergebnis nichts ändere.
85
Ausgehend von diesem Beendigungszeitpunkt und unter Berücksichtigung der im Strafverfahren getroffenen verjährungsunterbrechenden Maßnahmen sei absolute Verfolgungsverjährung am 27. April 2002 um Mitternacht eingetreten. Die Verjährung habe auch nicht nach Maßgabe von § 78b Abs. 4 oder 5 StGB geruht. § 78b Abs. 4 StGB sei vorliegend im Hinblick auf § 2 Abs. 3 StGB nicht anwendbar; bei Inkrafttreten des § 78b Abs. 5 StGB am 11. August 2005 sei die Tat bereits verjährt gewesen.
86
Anhaltspunkte für eine spätere Beendigung der Tat gäbe es auf Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht. Namentlich die Kontobewegungen in den Jahren 1995 und 1996 würden nicht für eine Beendigung der Tat erst am 14. Dezember 1995, dem Tag, als bei Dr. P. eine Hausdurchsuchung im Hinblick auf die ihm zur Last liegenden Taten stattfand, sprechen. Dass der Angeklagte darüber hinaus für Dr. P. das Rubrikkonto „Holgart“ treuhänderisch verwaltet hat, konnte die Kammer nicht feststellen.

II.

87
Die Einstellung hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil das Landgericht insoweit keine hinreichenden Feststellungen getroffen hat, die dem Revisionsgericht die Prüfung ermöglichen , wann die Tat ihre Beendigung fand. Das Urteil genügt in diesem Zusammenhang nicht den Anforderungen, die an ein Einstellungsurteil wegen Verjährung zu stellen sind.
88
1. Insoweit gilt allgemein:
89
In den Urteilsgründen eines Einstellungsurteils wegen Verjährung muss grundsätzlich, von der zugelassenen Anklage ausgehend, in revisionsrechtlich nachprüfbarer Weise dargelegt werden, aus welchen Gründen die Durchführung des Strafverfahrens unzulässig ist, d.h. die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen des Verfahrenshindernisses sind festzustellen und anzugeben. Der Umfang der Darlegung richtet sich nach den besonderen Gegebenheiten des Einzelfalles, insbesondere nach der Eigenart des Verfahrenshindernisses (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2010 - 1 StR 266/10, BGHSt 56, 6 mwN).
90
Gerade bei der Prüfung der Voraussetzungen der Verjährung sind die tatsächlichen Voraussetzungen des behaupteten Verfahrenshindernisses, das zur Einstellung des Verfahrens nach § 260 Abs. 3 StPO führen müsste, hinreichend festzustellen. Hier benötigt ein Einstellungsurteil eine vom Tatrichter festzustellende Sachverhaltsgrundlage. Erst auf dieser Grundlage lässt sich die Verjährungsfrage beurteilen. Daher sind in solchen Fällen eine umfassende Beweisaufnahme und detaillierte Feststellungen zum Tatgeschehen erforderlich , bevor die Verjährungsfrage beurteilt werden kann (BGH aaO mwN).
91
Die Sachverhaltsdarstellung sollte dabei - unbeschadet des Grundsatzes der Einheit der Urteilsgründe - in sich geschlossen sein. Verteilen sich die Feststellungen - wie hier - auf unterschiedliche Passagen des Urteils und wird nicht zwischen der Darlegung des Tatgeschehens, der Beweiswürdigung und der rechtlichen Würdigung unterschieden, so kann das Urteil dem Leser die wesentlichen , die Entscheidung tragenden tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Erwägungen ohne aufwändige eigene Bemühungen nicht vermitteln (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Februar 2009 - 1 StR 687/08, NStZ-RR 2009, 183).
92
2. Diesen Anforderungen an ein Einstellungsurteil wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.
93
a) Das Urteil teilt bereits nicht mit, welchen konkreten Inhalt die zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen Dr. P. getroffene Unrechtsvereinbarung hatte. Vielmehr erschöpfen sich die Feststellungen im Urteil darin, dass „der Angeklagte dem Mitverfolgten Dr. P. aufgrund vorangegangener Unrechtsvereinbarung letztmals am 28. April 1992 eine Bestechungssumme von 500.000,-- DM ausbezahlt“. Hinreichend konkrete Feststellungen zum Inhalt der Unrechtsvereinbarung sind indes für die revisionsrechtliche Überprüfung, ob die Strafkammer zu Recht den Eintritt der Verfolgungsverjährung bejaht hat, von erheblicher Bedeutung. Denn grundsätzlich gilt, dass erst dann, wenn der Beamte die Amtshandlung vollzogen und den Vorteil, den er dafür forderte oder sich versprechen ließ, in seinem letzten Stück erhalten und angenommen hat, die Tat beendet ist (BGH, Urteil vom 30. April 1957 - 1 StR 287/56, BGHSt 10, 237, 243; BGH, Urteil vom 22. Mai 1958 - 1 StR 551/57, BGHSt 11, 345). Erforderlich ist daher, dass sich die Feststellungen zur Unrechtsvereinbarung insbesondere auch dazu verhalten, welchen Bestechungslohn der Beamte erhalten und wie die Zuwendung des Bestechungslohns konkret ausgestaltet werden sollte.
94
Vor diesem Hintergrund ist auch die Formulierung, dass die Zahlung „aufgrund vorangegangener Unrechtsvereinbarung letztmals“ erfolgte, nicht hinreichend aussagekräftig. Ihr kann insbesondere nicht der alleinige Erklärungsinhalt beigemessen werden, dass der gesamte Bestechungslohn mit der Zahlung der fraglichen 500.000 DM am 28. April 1992 dem Bestochenen zugeflossen ist. Denn insoweit ergeben sich aufgrund der Feststellungen insgesamt allenfalls Zahlungen an Dr. P. in Höhe von 877.000 DM, wohingegen etwa die zugelassene Anklage einen vereinbarten Bestechungslohn von 3.800.000 DM annimmt.
95
b) Der Darlegungsmangel wird auch nicht durch weitere Ausführungen im Urteil beseitigt. Namentlich die sich unmittelbar an die vorstehende Feststel- lung anschließende rechtliche Würdigung „An diesem Tag [gemeint ist der 28. April 1999] also waren die Bestechungshandlungen des Angeklagten beendet und begann insofern die Verjährung (vgl. BGH aaO BGHSt 11, 345, 347)“, ist nicht geeignet die erforderlichen Feststellungen zu ersetzen. Insbesondere kann dieser rechtlichen Würdigung - noch dazu im Zusammenspiel mit dem in der zitierten Fundstelle angeführten Rechtssatz - kein wie auch immer gearteter Feststellungsinhalt beigemessen werden. Auch insoweit ist zu berücksichtigen, dass in der Anklage, die im Eröffnungsbeschluss unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen wurde, dem Angeklagten zur Last gelegt wird, dem gesondert verfolgten Dr. P. einen Bestechungslohn von 3.800.000 DM versprochen zu haben.
96
c) Weitergehende Feststellungen waren zur Unrechtsvereinbarung auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Bestochene bereits am 29. Februar 1992 aus seinem Amt ausgeschieden war.
97
aa) Zwar beginnt die Verjährung der Bestechlichkeit nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs spätestens mit dem Ausscheiden des Täters als Beamter, was auch dann gilt, wenn er noch später Vorteile für seine frühere Bestechlichkeit erhält und annimmt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 1958 - 1 StR 551/57, BGHSt 11, 345). Diese Rechtsprechung wird in der Kommentarliteratur ohne weiteres auf die Bestechung übertragen (Fischer, StGB, 56. Aufl., § 331 Rn. 30a).
98
bb) Der Senat kann offen lassen, ob er an seiner bisherigen Rechtsprechung zur Bestechlichkeit festhält. Sie ist jedenfalls nicht auf den Tatbestand der Bestechung zu übertragen. Im Einzelnen ist insoweit Folgendes zu sehen:
99
(1) Wesentlicher Gesichtspunkt, auf den die bisherige Meinung des Senats hinsichtlich der Beendigung der Bestechlichkeit gestützt wurde, war, dass Vergehen gegen §§ 331, 332 StGB nur begehen kann, wer Beamter ist. Verliert jemand das Amt und die Eigenschaft als Beamter, empfängt er aber gleichwohl noch Vorteile aus einer früheren Bestechlichkeit, so setze er diese nicht mehr in strafbarer Weise fort. Strafloses Handeln sei für die Strafverfolgung und deshalb auch für ihre Verjährung nicht bedeutsam. Diese beginne mit der Beendigung strafbaren Verhaltens (BGH, Urteil vom 22. Mai 1958 - 1 StR 551/57, BGHSt 11, 345).
100
(2) Gegen diese Begründung sprechen freilich gewichtige Argumente. Insoweit gelten nachfolgende Grundsätze:
101
(a) Gemäß § 78a Satz 1 StGB beginnt die Verjährung, sobald die Tat beendet ist. Nach dem vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung angewendeten materiellen Beendigungsbegriff ist dies erst der Fall, wenn der Täter sein rechtsverneinendes Tun insgesamt abschließt, das Tatunrecht mithin tatsächlich in vollem Umfang verwirklicht ist. Dies bedeutet, dass die Beendigung der Tat nicht allein an die weitere Verwirklichung tatbestandlich umschriebener Merkmale der Straftat nach deren Vollendung anknüpft. Vielmehr zählen zur Tatbeendigung auch solche Umstände, die - etwa weil der Gesetzgeber zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsgüterschutzes einen Deliktstypus mit vorverlagertem Vollendungszeitpunkt gewählt hat - zwar nicht mehr von der objektiven Tatbestandsbeschreibung erfasst werden, aber dennoch das materielle Unrecht der Tat vertiefen, weil sie den Angriff auf das geschützte Rechtsgut perpetuieren oder gar intensivieren (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 2008 - 3 StR 90/08, BGHSt 52, 300 mwN auch zur Gegenansicht).
102
(b) Für den Straftatbestand der Bestechlichkeit bedeutet dies: Sind sich der Amtsträger und der Bestechende über die pflichtwidrige Diensthandlung sowie die hierfür zu erbringende Gegenleistung einig und wird die Unrechtsvereinbarung auch tatsächlich vollständig umgesetzt, so kommt es für die Tatbeendigung auf die jeweils letzte Handlung zur Erfüllung der Unrechtsvereinbarung an.
103
Wird die pflichtwidrige Diensthandlung hingegen erst nach der Zuwendung des Vorteils vorgenommen, so führt somit erst dies zur Beendigung der Tat. Zwar ist die Vornahme der pflichtwidrigen Diensthandlung nicht objektives tatbestandliches Element des § 332 Abs. 1 Satz 1 StGB; die Bestechlichkeit ist vielmehr bereits dann vollendet, wenn der Amtsträger für eine ausgeübte oder künftige pflichtwidrige Diensthandlung einen Vorteil fordert, sich versprechen lässt oder annimmt. Die pflichtwidrige Diensthandlung ist aber dennoch zentraler Bezugspunkt all dieser Tatbestandsvarianten. Sie umschreibt den materiellen Unrechtskern, der den Tatbestand der Bestechlichkeit von dem der Vor- teilsannahme abhebt und die im Vergleich zu § 331 Abs. 1 StGB erhöhte Strafandrohung rechtfertigt; dies gilt selbst im Falle einer für sich fehlerfreien Ermessensentscheidung , deren Pflichtwidrigkeit allein dadurch begründet wird, dass der Amtsträger sich bei der Entscheidung durch den Vorteil beeinflussen lässt oder sich wenigstens beeinflussbar zeigt (§ 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB). Wird die pflichtwidrige Diensthandlung erst nach der Zuwendung des Vorteils vorgenommen , so findet der Angriff auf das Schutzgut des § 331 StGB erst darin seinen Abschluss; denn die Lauterkeit der Amtsausübung sowie das öffentliche Vertrauen in diese werden am nachhaltigsten dadurch beeinträchtigt, dass der durch die Bestechung befangene Amtsträger den "Staatswillen" tatsächlich verfälscht , indem er die erkaufte pflichtwidrige Diensthandlung ausübt (BGH aaO mwN).
104
(c) Für den Tatbestand der Bestechung besteht kein Anlass von diesen Grundsätzen abzuweichen. Für die Beurteilung des vorliegenden Falles bedeutet dies, dass der Abschluss des rechtsverneinenden Tuns in der Auszahlung des gesamten für die Tat vereinbarten Bestechungslohns zu erblicken ist, wenn diese der Diensthandlung nachfolgt. So wie die Vornahme der Diensthandlung auf Seiten des Bestochenen der zentrale Bezugspunkt des Tatbestands ist, erweist sich die Zahlung des Bestechungslohns als der Gesichtspunkt, der das Tatunrecht tatsächlich in vollem Umfang verwirklicht.
105
Ob der Bestochene zur Zeit der Zahlung des Bestechungslohns noch in dem Amtsverhältnis steht, ist demgegenüber jedenfalls für die Beendigung der Bestechung unbeachtlich. Vielmehr ist insoweit lediglich erforderlich, aber auch ausreichend, dass er zur Zeit der Unrechtsvereinbarung tauglicher Täter einer Vorteilsannahme bzw. Bestechlichkeit war. Der Fortbestand des Amtsverhältnisses über diesen Zeitpunkt hinaus ist für den materiellen Unrechtskern der Bestechung ohne Bedeutung. Dies gilt umso mehr, als dass die „Gewährung des Vorteils“- anders die Vornahme der Diensthandlung im Falle der Vorteilsannahme bzw. der Bestechlichkeit - als das die Tatbeendigung markierende Ereignis vom Tatbestand der §§ 333, 334 StGB erfasst und als eigenständige Tathandlungsalternative mit den anderen Alternativen (Anbieten und Versprechen eines Vorteils) regelmäßig zu tatbestandlicher Handlungseinheit verknüpft ist (BGH, Urteil vom 10. Mai 2001 - 3 StR 549/00, BGHSt 47, 22; BGH, Urteil vom 13. Oktober 1994 - 1 StR 614/93, NStZ 1995, 92). Hinzu kommt, dass es ansonsten zu schwer nachvollziehbaren Strafbarkeitslücken kommen könnte (vgl. insoweit aber Fischer, StGB, 58. Aufl., § 331 Rn. 24b mwN).
106
(d) Demgemäß ist bei sukzessiver Zahlung des Bestechungslohns jedenfalls , soweit - wie hier angeklagt, aber nicht aufgeklärt - ein von vornherein feststehender Betrag den Bestochenen zugewendet werden soll, die Tat regelmäßig erst mit der Zahlung des letzten Teils des Bestechungslohns beendet, auch wenn der Bestochene zuvor aus dem Amt ausgeschieden ist.
107
3. Die Einstellung des Verfahrens im Hinblick auf den Vorwurf der Bestechung kann danach keinen Bestand haben. Der Senat kann nicht ausschließen , dass es in einer neuen Hauptverhandlung insoweit zu einer Verurteilung nach § 334 StGB in der zur Tatzeit geltenden Fassung kommt. Denn soweit mit der Zahlung am 28. April 1992 die zwischen dem Angeklagten und Dr. P. getroffene Unrechtsvereinbarung noch nicht in vollem Umfang vollzogen war, kommt auf Grundlage des bisherigen Sachstands in Betracht, dass die Bestechung erst mit der am 14. Dezember 1995 erfolgten Durchsuchung der Wohnung des Zeugen Dr. P. beendet ist. Dann hätte sich das Versprechen bzw. die Unrechtsvereinbarung als endgültig fehlgeschlagen erwiesen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 2003 - 5 StR 489/02, NStZ 2004, 41). Ausgehend von die- sem Beendigungszeitpunkt wäre die Tat zur Zeit des Zugangs des Auslieferungsersuchens an die kanadischen Behörden und zur Zeit des Inkrafttretens des § 78b Abs. 5 StGB noch nicht verjährt gewesen.
108
Das Urteil war deshalb auch insoweit mit den Feststellungen aufzuheben. Ausgenommen werden hiervon die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen , soweit sie die Einrichtung der Rubrikkonten „Holgart“ und die diesbezüglichen Kontobewegungen zum Gegenstand haben. Diese Feststellungen sind von dem aufgezeigten Darlegungsmangel nicht betroffen.
109
Keinen Bestand haben die Feststellungen dazu, dass hinter der Bezeichnung „Holgart“ der ehemalige Staatssekretär Dr. P. stand und dass die Konten durch den Angeklagten nicht treuhänderisch gehalten wurden. Hinsichtlich dieser den Angeklagten mit Blick auf den Tatbestand der Bestechung belastenden Feststellungen hatte der Angeklagte bislang keine Möglichkeit, sich mit seiner Revision zu verteidigen.

C.

110
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
111
1. Der neue Tatrichter wird Gelegenheit haben, die Frage der Ansässigkeit des Angeklagten in den verfahrensgegenständlichen Veranlagungszeiträumen anhand der in § 4 DBA Kanada 1981 genannten Kriterien aufzuklären. Für die diesbezüglich von Amts wegen bestehende Aufklärungspflicht gilt:
112
Dem Tatrichter ist es dabei erlaubt und aufgegeben, das bisherige Ergebnis seiner Beweisaufnahme zugrunde zu legen. Das sonst im Beweisantragsrecht weitgehend herrschende Verbot einer Beweisantizipation gilt nicht.
Der Tatrichter darf also seine Entscheidung davon abhängig machen, welche Ergebnisse von der Beweisaufnahme - vor dem Hintergrund des bisherigen Beweisergebnisses - zu erwarten sind und wie diese zu erwartenden Ergebnisse zu würdigen wären (BGH, Beschluss vom 5. September 2000 - 1 StR 325/00, NJW 2001, 695; Urteil vom 9. Juni 2005 - 3 StR 269/04, NStZ 2005,

701).


113
Bei dieser Prognose könnte die bestandskräftige Feststellung, dass der Angeklagte seine Provisionseinkünfte in Kanada nicht versteuert hat und dass diese auch dort nicht versteuert wurden, ein gewichtiges Indiz dafür sein, dass er i.S.d. DBA nicht in Kanada ansässig war. Weitere Beweisumstände für den Ort der Ansässigkeit können sich möglicherweise aus den Unterlagen zu seinen deutschen Einkommensteuererklärungen, den finanzgerichtlichen Akten und den Auslieferungsunterlagen ergeben.
114
Zu der Frage, ob die Aufklärungspflicht insoweit auch zur Vernehmung von Auslandszeugen drängt, und zur Bewertung des dadurch möglicherweise zu erzielenden Beweisergebnisses verweist der Senat auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 12. Oktober 1999 - 1 StR 109/99, NStZ 2000, 156, vom 7. Mai 2008 - 5 StR 634/07 und vom 14. September 2004 - 4 StR 309/04, StV 2005, 115 sowie des Bundesverfassungsgerichts vom 2. Oktober 2003 - 2 BvR 149/03, NStZ 2004, 214.
115
Falls der Angeklagte eine Ansässigkeit in Kanada - sei es auch in Form eines förmlichen Beweisantrags - durch Auslandszeugen unter Beweis stellt, gilt, wenn eine Bescheidung nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO in Erwägung gezogen wird, derselbe Maßstab der Aufklärungspflicht (BGH, Beschluss vom 5. September 2000 - 1 StR 325/00, NJW 2001, 695).

116
2. Sollte das neue Tatgericht hingegen zu der Überzeugung gelangen, dass der Angeklagte in den verfahrensgegenständlichen Veranlagungszeiträumen in Kanada ansässig war, schlösse dies eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Steuerhinterziehung nicht von vornherein aus. Denn nach Art. 7 Abs. 1 Satz 2 DBA Kanada 1981 stünde der Bundesrepublik Deutschland auch in diesem Fall das Besteuerungsrechtfür Einkünfte aus deutschen Quellen zu. Eine eingetretene Strafbarkeit würde dabei auch dann nicht nachträglich wieder entfallen , wenn gemäß Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 im Ergebnis die Besteuerung an Kanada zurückgefallen sein sollte, weil die deutschen Finanzbehörden in Unkenntnis von den vom Angeklagten verschwiegenen Besteuerungsgrundlagen eine Besteuerung insoweit nicht durchgeführt haben.
117
3. Sollte das Landgericht für die Gewinnermittlung die Besteuerungsgrundlagen erneut zu schätzen haben, wird es zunächst die Gewinnermittlungsmethode festzustellen haben (zu den Voraussetzungen einer Schätzung vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2009 - 1 StR 283/09, NStZ 2010, 635, 636). Denn zu schätzen sind nicht die verkürzten Steuern, sondern die je nach Gewinnermittlungsmethode maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juli 2007 - 5 StR 251/07, wistra 2007, 470).
118
Welche Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln sind, hängt von der Gewinnermittlungsmethode ab. Maßgeblich für die Schätzung ist daher, ob der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG, § 5 EStG) oder nach Maßgabe von § 4 Abs. 3 EStG als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben zu bestimmen war. Betriebsvermögensvergleich und Einnahme-Überschussrechnung sind zwei unterschiedliche, aber grundsätzlich gleichwertige Gewinnermittlungsmethoden. Die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich als Grundform hat nur Bedeutung für die Frage, nach welcher Methode der Gewinn zu ermitteln ist, wenn der Steuerpflichtige keine (wirksame) Wahl für die eine oder andere Gewinnermittlungsart getroffen hat. In einem solchen Fall bleibt es bei der Grundform des § 4 Abs. 1 EStG, also bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (BFH, Urteil vom 19. März 2009 - IV R 57/07, BFHE 224, 513). Formal wird das Wahlrecht dabei allein durch die Bestandskraft der Steuerfestsetzung bzw. Feststellung begrenzt. In materiell-rechtlicher Hinsicht wird das Wahlrecht auch durch die in § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG genannten Voraussetzungen beschränkt (BFH, Urteil vom 21. Juli 2009 - X R 46/08, BFH/NV 2010, 186). Im vorliegenden Fall könnte sich möglicherweise aus den vom Angeklagten eingereichten Steuererklärungen die Ausübung des Wahlrechts entnehmen lassen (vgl. BFH, Urteil vom 24. September 2008 - X R 58/06, BFHE 223, 80).
119
Die für die Bestimmung des tatbestandlichen Schuldumfangs (ggf. durch Schätzung) maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen hängen auch davon ab, ob im Rahmen der steuerlichen Erklärungen nicht geltend gemachte steuermindernde Tatsachen bei der Feststellung der Steuerverkürzung wegen des Kompensationsverbots (§ 370 Abs. 4 Satz 3 AO) nicht zu berücksichtigen sind. Auf diese hat sich - sofern trennbar - die Schätzung der für den tatbestandlichen Schuldumfang bedeutsamen Tatsachen auch nicht zu erstrecken. Nicht vom Kompensationsverbot erfasst werden im Ergebnis auch solche Umstände, die als Faktoren im Rahmen der Schätzung selbst berücksichtigt werden müssen (vgl. Wulf in MüKo-StGB § 370 AO Rn. 149). In die Schätzung einbezogen werden müssen jedenfalls solche steuermindernde Faktoren, für die das Kompensationsverbot ohnehin nicht gilt, weil sie mit den verschwiegenen steuererhöhenden Umständen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, so dass die Steuerermäßigung nicht „aus anderen Gründen“ zu erfol- gen hat. Hierunter fallen namentlich solche Betriebsausgaben, die unmittelbar mit verschwiegenen Betriebseinnahmen zusammenhängen, nicht aber solche Betriebsausgaben, die andere als die nicht verbuchten Geschäfte betreffen (vgl. auch BGH, Urteil vom 18. November 1960 - 4 StR 131/60, BStBl I 1961, 496; siehe auch Jäger in Klein, AO, 10. Aufl., § 370 Rn. 136 mwN).
120
Die vom Kompensationsverbot erfassten steuermindernden Umstände sind dann aber bei der Strafzumessung zu berücksichtigen (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 8. Januar 2008 - 5 StR 582/07, wistra 2008, 153); ihr Umfang ist erforderlichenfalls ebenfalls durch Schätzung zu bestimmen.
121
Wiegen die steuermindernden Tatsachen - einschließlich derjenigen, die dem Kompensationsverbot unterfallen - und die verschwiegenen steuererhöhenden Faktoren sich gegenseitig auf, kann dies ein Umstand sein, der für die Frage des Hinterziehungsvorsatzes von Bedeutung sein kann (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 1990 - 3 StR 16/90, NStZ 1991, 89). Nach den bislang getroffenen Feststellungen liegt hier allerdings angesichts der Höhe der verschwiegenen Einkünfte und der vom Angeklagten getroffenen Verschleierungsmaßnahmen das Fehlen eines Hinterziehungsvorsatzes fern.
122
4. Die - isoliert betrachtet rechtsfehlerfreien - Ausführungen des Landgerichts zur Annahme eines unbenannten besonders schweren Falles i.S.d. § 370 Abs. 3 Satz 1 AO (vgl. UA S. 110 f.) geben dem Senat Anlass zu dem Hinweis, dass diejenigen Umstände, die allein zur Einstufung des Falles als besonders schwer herangezogen worden sind und damit zur Wahl des erhöhten Strafrahmens geführt haben, im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne nicht nochmals erschwerend berücksichtigt werden dürfen (vgl. für den Fall eines verwirklichten Regelbeispiels BGH, Beschluss vom 22. April 2004 - 3 StR 113/04, NStZ-RR 2004, 262).
123
5. Auch wenn - wie vom Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt - das Verfahren besonderes Aufsehen in der Öffentlichkeit erregt hat und die Taten des Angeklagten nicht nur wegen des hohen Schadens, den sie verursachten , sondern auch aus anderen Gründen besonders schwer wiegen, bedarf es, um generalpräventive Gesichtspunkte strafschärfend zu berücksichtigen , der Feststellung, dass es zu einer gemeinschaftsgefährdenden Zunahme von Straftaten kam, wie sie zur Aburteilung stehen (BGH, Beschluss vom 8. Mai 2007 - 4 StR 173/07, NStZ 2007, 702 mwN). Solche Feststellungen sind bisher nicht getroffen.
124
6. Wenngleich die vom Angeklagten im Auslieferungsverfahren bemühten zahlreichen Rechtmittel angesichts ihrer überwiegenden Erfolglosigkeit durchaus missbräuchlichen Charakter aufweisen, erscheint fraglich, ob die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 51 Abs. 1 Satz 2 StGB gegeben sind. Denn die Anwendung von § 51 Abs. 1 Satz 2 StGB kommt bei einem Verhalten in Betracht, das nicht der Verteidigung des Täters dient und entweder gerade darauf abzielt, eine (angeordnete) U-Haft zu verlängern, um sich durch deren spätere Anrechnung einen Vorteil bei der Strafvollstreckung zu verschaffen , oder den Zweck verfolgt, das Verfahren aus anderen Gründen böswillig zu verschleppen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Februar 1999 - 4 StR 49/99, NStZ 1999, 347). Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte allein in der Absicht handelte, seine Auslieferung zu verhindern und eine Verschleppung des Verfahrens indes lediglich als Folge seiner von anderweitigen Motiven getragenen Vorgehensweise hinnahm.
125
Das neue Tatgericht wird bei einer etwaigen Anrechnungsentscheidung auch Gelegenheit haben, nach § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB den Anrechnungsmaßstab zu bestimmen.
Nack Wahl Rothfuß Hebenstreit Sander

(1) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden.

(2) Ist auf Grund dieses Gesetzes Klage auf Unterlassung erhoben worden, so kann das Gericht der obsiegenden Partei die Befugnis zusprechen, das Urteil auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen, wenn sie ein berechtigtes Interesse dartut. Art und Umfang der Bekanntmachung werden im Urteil bestimmt. Die Befugnis erlischt, wenn von ihr nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft Gebrauch gemacht worden ist. Der Ausspruch nach Satz 1 ist nicht vorläufig vollstreckbar.

(3) Macht eine Partei in Rechtsstreitigkeiten, in denen durch Klage ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird, glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Gericht auf ihren Antrag anordnen, dass die Verpflichtung dieser Partei zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst. Die Anordnung hat zur Folge, dass

1.
die begünstigte Partei die Gebühren ihres Rechtsanwalts ebenfalls nur nach diesem Teil des Streitwerts zu entrichten hat,
2.
die begünstigte Partei, soweit ihr Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden oder soweit sie diese übernimmt, die von dem Gegner entrichteten Gerichtsgebühren und die Gebühren seines Rechtsanwalts nur nach dem Teil des Streitwerts zu erstatten hat und
3.
der Rechtsanwalt der begünstigten Partei, soweit die außergerichtlichen Kosten dem Gegner auferlegt oder von ihm übernommen werden, seine Gebühren von dem Gegner nach dem für diesen geltenden Streitwert beitreiben kann.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 kann vor der Geschäftsstelle des Gerichts zur Niederschrift erklärt werden. Er ist vor der Verhandlung zur Hauptsache anzubringen. Danach ist er nur zulässig, wenn der angenommene oder festgesetzte Streitwert später durch das Gericht heraufgesetzt wird. Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Gegner zu hören.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, § 73 Abs. 1 Satz 1, § 266;
1. Privatrechtlich organisierte Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge
sind keine "sonstigen Stellen" im Sinne von § 11 Abs. 1
Nr. 2 Buchst. c StGB, wenn ein Privater daran in einem Umfang beteiligt
ist, dass er durch eine Sperrminorität wesentliche unternehmerische
Entscheidungen mitbestimmen kann.
2. Bei der Auftragserlangung durch Bestechung im geschäftlichen
Verkehr bildet der auf den Preis aufgeschlagene Betrag, der lediglich
der Finanzierung des Schmiergelds dient, regelmäßig die
Mindestsumme des beim Auftraggeber entstandenen Vermögensnachteils
im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB.
3. Durch Bestechung erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB
ist bei der korruptiven Manipulation einer Auftragsvergabe der gesamte
wirtschaftliche Wert des Auftrags im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses
, nicht der vereinbarte Werklohn.
4. Wer Bestechungsgelder erhält, muss diese versteuern. Dem steht
der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit auch in Fällen des
§ 393 Abs. 2 Satz 2 AO nicht entgegen, soweit sich die Erklärungspflicht
auf die betragsmäßige Angabe der Einnahmen beschränkt
und nicht deren deliktische Herkunft umfasst.
BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 – 5 StR 119/05
LG Köln –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 2. Dezember 2005
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
- Verfallsbeteiligte:
wegen Untreue u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 1. und 2. Dezember 2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum
alsbeisitzendeRichter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt Sc
alsVerteidigerfürdenAngeklagten E ,
Rechtsanwalt W ,
Rechtsanwältin We
als Verteidiger für den Angeklagten M ,
Rechtsanwalt L ,
Rechtsanwältin H
alsVerteidigerfürdenA ngeklagten R ,
Rechtsanwalt M
alsVertreterderVerfallsbeteiligten,
Justizhauptsekretärin
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,
in der Sitzung vom 2. Dezember 2005 für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft sowie der Angeklagten E und M gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 13. Mai 2004 werden verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und die hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen der Angeklagten und der Verfallsbeteiligten; die Angeklagten E und M tragen die Kosten ihrer Rechtsmittel.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten E wegen Untreue und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr sowie wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten M hat es wegen Beihilfe zur Untreue und wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und daneben eine Geldstrafe von 270 Tagessätzen zu je 165 Euro festgesetzt. Aus tatsächlichen Gründen freigesprochen hat das Landgericht den Angeklagten R insgesamt sowie den Angeklagten M , soweit diesem eine Steuerhinterziehung vorgeworfen wurde; zudem hat es die Anordnung des Verfalls von Wertersatz gegen die Angeklagten und die Verfallsbeteiligte abgelehnt.
Die zuungunsten der Angeklagten und der Verfallsbeteiligten eingelegten Revisionen der Staatsanwaltschaft richten sich mit der Sachrüge zum einen gegen die Freisprüche, die Strafzumessung und die Strafaussetzung zur Bewährung beim Angeklagten M sowie die Nichtanordnung des Verfalls von Wertersatz gegen die Verfallsbeteiligte; nur insoweit werden sie vom Generalbundesanwalt vertreten. Darüber hinaus beanstandet die Staatsanwaltschaft, dass die Angeklagten nicht wegen Bestechung bzw. Bestechlichkeit verurteilt worden sind, ferner auch die Strafzumessung bei dem Angeklagten E . Die Angeklagten E und M wenden sich mit ihren auf die Sachrüge gestützten Revisionen umfassend gegen ihre Verurteilung.
Sämtliche Revisionen bleiben erfolglos.

I.


Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen :
Im Jahr 1990 beschloss der Rat der Stadt Köln die Gründung einer Abfallverwertungsgesellschaft in Form einer städtisch beherrschten Mischgesellschaft unter maßgeblicher Beteiligung der Privatwirtschaft. Die Einbeziehung eines privaten Unternehmers sollte dessen Fachwissen und wirtschaftliche Erfahrung nutzbar machen sowie zur Kostenersparnis beitragen. Als Mitgesellschafter wurde der gesondert Verfolgte T gewonnen, der über verschiedene Gesellschaften eine beherrschende Stellung – vom Zeugen A anschaulich als „Monopölchen“ bezeichnet – auf dem Abfallsektor im Rheinland besaß. Die Stadt Köln (Anteil am Stammkapital 50,1 %), die S K G (Anteil 24,8 %) und die T E G V (Anteil 25,1 %) gründeten 1992 die „AVG “ (nachfolgend: AVG). Gegenstand der Gesellschaft waren insbesondere die Errichtung und der Be-
trieb von Anlagen für die thermische Behandlung und die Kompostierung von Abfällen sowie das Baustellen- und Gewerbeabfallrecycling unter Beachtung der Leitlinien des Abfallwirtschaftskonzepts der Stadt Köln. Der Gesellschaftsvertrag sah bei wichtigen Entscheidungen die Notwendigkeit einer Dreiviertel-Mehrheit vor. Die Stadt Köln schloss mit der AVG einen langfristigen Entsorgungsvertrag, wonach sie die AVG als sog. „Dritte“ mit der Wahrnehmung der Abfallentsorgungsaufgaben in zentralen Bereichen des Recyclings , der Kompostierung und der thermischen Behandlung beauftragte. Alleiniger Geschäftsführer der AVG wurde der Angeklagte E . Die Stadt Köln regelte die Müllentsorgung weiterhin durch Abfallsatzungen, nach denen die Abfallwirtschaft als öffentliche Einrichtung im Sinne einer rechtlichen , wirtschaftlichen und organisatorischen Einheit betrieben wurde.
Eine der zentralen Aufgaben der AVG war in den folgenden Jahren der Bau einer Restmüllverbrennungsanlage (nachfolgend: RMVA) in Köln zum Zweck der thermischen Müllentsorgung. Nach der Ausschreibung der Aufträge zur Planung und zum Bau der RMVA gaben mehrere Firmen Angebote ab; sie stellten teilweise auch die Zahlung von Schmiergeldern zwischen 2 % und 3 % des Auftragsvolumens bei Auftragsvergabe in Aussicht. Einer der Mitwettbewerber war die Verfallsbeteiligte L & C (nachfolgend: LCS), deren Geschäftsführer der Angeklagte M war. Unter maßgeblicher Einflussnahme des gesondert Verfolgten Wi , der seit mehreren Jahren als Unternehmensberater für die LCS tätig war und durch seine politische Laufbahn zahlreiche Kontakte zu den Entscheidungsträgern der Stadt Köln hatte, wurde schließlich im Herbst 1993 – einige Zeit vor dem Submissionstermin – zwischen E , T und M vereinbart, dass im Falle der Auftragsvergabe an die LCS von dieser ein Schmiergeld in Höhe von insgesamt 3 % des Auftragswerts in gleichen Teilen an E , T und Wi gezahlt werde, und zwar ein Drittel nach Vertragsschluss, ein Drittel nach Baubeginn und das letzte Drittel nach Abschluss der Bauarbeiten. E und M manipulierten die Ausschreibung, so dass die LCS nach Kenntnis der
anderen Angebote als günstigster Bieter schließlich den Zuschlag erhielt. In dem durch Verhandlungsgeschick des Angeklagten E schließlich erzielten, für die AVG insgesamt günstigen Festpreis von 792 Mio. DM war durch verschiedene Aufschläge auf einzelne Bau-Lose eine schmiergeldbedingte Erhöhung des Werklohns um rund 24 Mio. DM enthalten. Da sich dieser Betrag aus Sicht der LCS lediglich als Durchlaufposten darstellte, wäre der Angeklagte M auch bereit gewesen, für die LCS zu einem um den Schmiergeldbetrag verminderten Preis abzuschließen.
Die AVG zahlte den vereinbarten Werklohn einschließlich des darin enthaltenen Schmiergeldanteils bis August 2000 fast vollständig an die LCS. Die Abwicklung der Schmiergeldzahlungen, die in Höhe von insgesamt 21,6 Mio. DM flossen, erfolgte über verschiedene Schweizer Firmen, die der gesondert Verfolgte T absprachegemäß zur Verschleierung der Zahlungsflüsse vermittelte. An diese Firmen zahlte LCS im Jahr 1994 insgesamt 9 Mio. DM, 1995 2,7 Mio. DM, 1996 insgesamt 5,5 Mio. DM, 1998 insgesamt 3,4 Mio. DM und 1999 einen Restbetrag von 1 Mio. DM. Hiervon erhielt der Angeklagte E insgesamt 14,29 Mio. DM, und zwar 1994 3,2 Mio. DM, 1995 2 Mio. DM, 1996 5,2 Mio. DM, 1998 2 Mio. DM und 1999 schließlich 1,89 Mio. DM. Einen weiteren Betrag von mindestens 1 Mio. DM gab E 1995 oder 1996 an den Angeklagten M weiter; T und Wi erhielten zumindest 1994 jeweils 2 Mio. DM, wobei T seinen Anteil an Wi weiterreichte. Dass E von seinem Anteil weitere Millionensummen an die Angeklagten R und M sowie den gesondert Verfolgten Wienand auskehrte, konnte das Landgericht nicht sicher feststellen; es hat indes zugunsten des Angeklagten E angenommen, dass diesem lediglich Schmiergeldbeträge von insgesamt 7,49 Mio. DM verblieben sind.
Die Verfallsbeteiligte LCS rechnete das Projekt RMVA – nach einem zwischenzeitlichen vorläufigen Gewinn in Höhe von ca. 8 bis 9 Mio. Euro – im Jahr 2001 wegen verschiedener Gewährleistungsarbeiten endgültig mit
einem Verlust in Höhe von 688.000 Euro ab. Über das Vermögen der Verfallsbeteiligten ist inzwischen das Insolvenzverfahren eröffnet worden.

II.


Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben keinen Erfolg.
1. Dass die Angeklagten E und M nicht wegen Bestechlichkeit bzw. Bestechung, sondern nur wegen Bestechlichkeit bzw. Bestechung im geschäftlichen Verkehr gemäß §§ 299, 300 StGB verurteilt worden sind, ist nicht rechtsfehlerhaft. Das Landgericht hat eine Amtsträgerstellung des Angeklagten E als Geschäftsführer der AVG nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB zutreffend verneint, weil es sich bei der AVG nicht um eine „sonstige Stelle“ im Sinne dieser Vorschrift handelt.

a) Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB ist, wer sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen. „Sonstige Stellen“ sind – ohne Rücksicht auf ihre Organisationsform – behördenähnliche Institutionen, die zwar keine Behörden im organisatorischen Sinne sind, aber rechtlich befugt sind, bei der Ausführung von Gesetzen und bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitzuwirken (vgl. BGHSt 43, 370, 375 ff.; 49, 214, 219). Es entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass auch als juristische Personen des Privatrechts organisierte Einrichtungen und Unternehmen der öffentlichen Hand als „sonstige Stellen“ den Behörden gleichzustellen sind, wenn bei ihnen Merkmale vorliegen, die eine Gleichstellung rechtfertigen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie bei ihrer Tätigkeit öffentliche Aufgaben wahrnehmen und dabei derart staatlicher – gegebenenfalls auch kommunaler – Steuerung unterliegen, dass sie bei einer Gesamtbewertung der sie kennzeichnenden Merkmale als „verlängerter Arm“ des Staates erscheinen (vgl. BGHSt 49, 214, 219 m.w.N.).

b) Diese Voraussetzungen liegen bei der AVG nicht vor.
aa) Die AVG ist zwar nach dem Gesellschaftsvertrag auf dem Gebiet der Müllentsorgung und damit in einem Bereich der Daseinsvorsorge tätig (vgl. BGHZ 40, 355, 360; BGH MDR 1983, 824; KG-Report 2005, 145); solche Tätigkeit wird von der Rechtsprechung seit jeher als öffentliche Aufgabe angesehen (vgl. BGHSt 12, 89, 90; 31, 264, 268; 45, 16, 19; BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 7; vgl. auch den Gesetzentwurf zum Korruptionsbekämpfungsgesetz BT-Drucks. 13/5584, S. 12). Als „verlängerter Arm“ des Staates und damit als „sonstige Stellen“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB können aber privatrechtlich organisierte Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge jedenfalls dann nicht mehr verstanden werden, wenn ein Privater an dem Unternehmen in einem Umfang beteiligt ist, dass er durch eine Sperrminorität wesentliche unternehmerische Entscheidungen mitbestimmen kann.
bb) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass eine Tätigkeit auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge für sich genommen nicht ausreicht, um eine der Behörde gleichgestellte „sonstige Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB anzunehmen (vgl. BGHSt 43, 370, 377; 45, 16, 19). Die Tatsache, dass vielfältige der Daseinsvorsorge zugerechnete Aufgaben wie etwa die Energie- und Wasserversorgung oder die Müllentsorgung nach einer Liberalisierung der entsprechenden Märkte auch von privaten Unternehmen erbracht werden und dass die öffentliche Hand daneben in unterschiedlicher Organisations- und Beteiligungsform weiterhin auf diesen Gebieten tätig ist, erfordert jedenfalls im Bereich der Daseinsvorsorge ein aussagekräftiges zusätzliches Unterscheidungskriterium, um privates Handeln von staatlichem Handeln hinreichend abgrenzen zu können.
cc) Mit der Ergänzung von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB durch die Worte „unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform“ durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997
(BGBl I S. 2038) hat der Gesetzgeber klargestellt, dass die Wahl der Organisationsform – privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich – für sich gesehen kein solches Abgrenzungskriterium sein kann. Der Bundesgerichtshof hat anstelle eines solchen formalen ein inhaltliches Abgrenzungskriterium entwickelt: Die „sonstige Stelle“ muss bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben derart staatlicher Steuerung unterliegen, dass sie als „verlängerter Arm“ des Staates erscheint ; erforderlich ist dabei eine Gesamtbewertung aller relevanten Umstände des Einzelfalls (BGHSt 43, 370, 377; 45, 16, 19; 46, 310, 312 f.; 49, 214, 219; BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 6; BGH NJW 2004, 693, 694 m. Anm. Krehl StV 2005, 325 und Dölling JR 2005, 30, insoweit in BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 7 nicht abgedruckt).
dd) Soweit ersichtlich noch nicht entschieden hat der Bundesgerichtshof dabei die Frage, ob auch ein solches Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge eine „sonstige Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB sein kann, an dem ein Privater beteiligt ist.
(1) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind weder die alleinige Inhaberschaft einer Gesellschaft noch die damit verbundenen Aufsichtsbefugnisse für sich genommen geeignet, eine für die Annahme von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB ausreichende staatliche oder kommunale Steuerung zu bejahen (vgl. BGHSt 43, 370, 378; 45, 16, 20; BGH NJW 2001, 3062, 3064, insoweit in BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 6 nicht abgedruckt; BGH NJW 2004, 693, 694). Auch bei solchen Konstellationen ist vielmehr entscheidend, ob zusätzlich zu der alleinigen Inhaberschaft die Umstände des Einzelfalls bei einer Gesamtbewertung aller relevanten Umstände die Gleichstellung mit einer Behörde rechtfertigen können (vgl. BGH aaO). Daraus folgt, dass – anders als die Staatsanwaltschaft meint – auf eine Ähnlichkeit mit dem Begriff des „herrschenden Unternehmens“ i. S. von § 17 AktG allein nicht maßgeblich abzustellen ist.
(2) Ist schon die Alleininhaberschaft der öffentlichen Hand bei Unternehmen auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge kein hinreichendes Kriterium zur Annahme behördenähnlicher staatlicher Steuerung, gilt dies erst recht, wenn Private an einem Unternehmen beteiligt sind, das sich lediglich im Mehrheitsbesitz der öffentlichen Hand befindet. Unabhängig von der Frage, ob jede Beteiligung von Privaten an öffentlich beherrschten Unternehmen schon die Anwendung von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB hindert, liegt die Gleichstellung eines Unternehmens mit einer Behörde jedenfalls dann fern, wenn der Private durch seine Beteiligung über derart weitgehende Einflussmöglichkeiten verfügt, dass er wesentliche unternehmerische Entscheidungen mitbestimmen kann (vgl. auch EuGH NVwZ 2005, 187, 190 zum Vergaberecht). Räumt der Gesellschaftsvertrag dem Privaten aufgrund der Höhe seiner Beteiligung eine Sperrminorität für wesentliche unternehmerische Entscheidungen ein, kann das Unternehmen nicht mehr als „verlängerter Arm“ des Staates und sein Handeln damit nicht mehr als unmittelbar staatliches Handeln verstanden werden.
ee) Nach diesen Kriterien ist die AVG nicht als „sonstige Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB anzusehen:
Die Gesellschafterin T besaß aufgrund ihrer Beteiligung in Höhe von 25,1 % eine Sperrminorität für wesentliche unternehmerische Entscheidungen der AVG: Der Gesellschaftsvertrag der AVG sah vor, dass wesentliche Angelegenheiten der Gesellschaft nur mit DreiviertelMehrheit beschlossen werden können. Dazu zählten neben der Veräußerung eines Gesellschaftsanteils, der Änderung des Gesellschaftsvertrages und der Abberufung des Geschäftsführers insbesondere die Investitions- und Darlehensaufnahme , der Abschluss und die Kündigung von Unternehmensverträgen , die Bestellung eines Abschlussprüfers und die Feststellung des Wirtschaftsplans. Der Gesellschafterin T wurde zudem das Recht zur Stellung eines Prokuristen für den technischen Bereich eingeräumt und T selbst erhielt den stellvertretenden Vorsitz des – freilich von
den kommunalen Mitgesellschaftern dominierten – siebzehnköpfigen Aufsichtsrats , der die Geschäftsführung der AVG beraten, überwachen und überprüfen sollte.
Schon allein aufgrund dieser vom Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vorgesehenen wesentlichen Einflussmöglichkeiten des privaten Gesellschafters auf Kernbereiche unternehmerischen Handelns wie etwa die Möglichkeit einer Darlehensaufnahme stellte die AVG nicht mehr den „verlängerten Arm“ des Staates dar. Die weiteren, von der Staatsanwaltschaft in ihrer Revisionsbegründungsschrift zutreffend aufgeführten Möglichkeiten der Stadt Köln – insbesondere durch ihre Mehrheitsbeteiligung, den Aufsichtsrat, den Abschluss des langfristigen Entsorgungsvertrages und die im Gesellschaftsvertrag verankerte Bindung der AVG an die von der Stadt Köln beschlossenen Leitlinien des Abfallwirtschaftskonzepts –, Einfluss auf das Unternehmen AVG zu nehmen, hat das Landgericht bei seiner ausführlichen Gesamtbetrachtung hinreichend gesehen und im Ergebnis zutreffend gewürdigt. Diese Gesichtspunkte rechtfertigen es angesichts der dargestellten Sperrminorität der privaten Gesellschafterin auch in der Gesamtschau nicht, die AVG als behördenähnlich zu verstehen und wie eine Behörde zu behandeln.
ff) Ob die AVG bereits keine „sonstige Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB sein kann, weil sie für einen Bereich (Abfallentsorgung) gegründet wurde, auf dem auch Private – wie etwa der Unternehmer T – als Marktteilnehmer unternehmerisch tätig sind, bedarf hier deshalb keiner weiteren Vertiefung. Angesichts der zunehmenden Schaffung wettbewerblicher Strukturen und der Öffnung auch zentraler Bereiche der Daseinsvorsorge für private Marktteilnehmer wie etwa beim Bahnverkehr (hierzu BGHSt 49, 214), bei der Wärmeversorgung (hierzu BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 7) oder bei der Energie- und Wasserversorgung spricht allerdings einiges dafür, dass privatrechtlich organisierte Gesellschaften der öffentlichen Hand, die auf solchen Märkten tätig werden, – wie andere (rein private) Marktteilnehmer auch – allein erwerbswirtschaftlich tätig sind (vgl.
BGH wistra 2001, 267, 270, insoweit in BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 5 nicht abgedruckt). Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, kann insbesondere im Bereich der Daseinsvorsorge von einer öffentlichen Aufgabe dann nicht (mehr) gesprochen werden, wenn der Hoheitsträger diesen Bereich aus der Hand gibt und ihre Erledigung einem privaten, marktwirtschaftlichen Unternehmen überlässt (Aufgabenprivatisierung im Gegensatz zur Organisationsprivatisierung), selbst wenn das private Unternehmen einer staatlichen Aufsicht unterstellt wird (BGHSt 49, 214, 221). In diesen Fällen fehlt der spezifisch öffentlich-rechtliche Bezug, der eine Gleichstellung mit behördlichem Handeln rechtfertigt. Auch eine Gesellschaft in alleiniger staatlicher Inhaberschaft würde letztlich nur einen weiteren Wettbewerber auf einem Markt darstellen, der vom Staat eröffnet wurde und sich um die Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebildet hat.
2. Das mithin verbleibende Vergehen der Bestechung bzw. Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr ist nicht etwa verjährt.

a) Nach § 78a Satz 1 StGB beginnt die Verjährung, sobald die Tat beendet ist. Die Beendigung tritt erst in dem Zeitpunkt ein, in dem das Tatunrecht seinen tatsächlichen Abschluss findet. Die Verjährung setzt nur ein, wenn der Täter sein rechtsverneinendes Tun insgesamt abgeschlossen hat. Vorher besteht kein Anlass, durch den Beginn der Verjährungsfrist einen Verfolgungsverzicht in Aussicht zu stellen (BGHR StGB § 78a Satz 1 Bestechung 1). Die Bestechung im geschäftlichen Verkehr ist in diesem Sinne erst mit der letzten Annahme des von der Unrechtsvereinbarung umfassten Vorteils beendet (BGHR UWG § 12 Abs. 2 Angestelltenbestechlichkeit 1; Tröndle /Fischer, StGB 53. Aufl. § 299 Rdn. 21; Heine in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 299 Rdn. 31; vgl. auch BGHSt 10, 237, 243; 11, 345, 347; BGHR StGB § 334 Verjährung 1; jeweils zu §§ 331 ff. StGB).

b) Das Landgericht hat für die Frage der Beendigung zutreffend auf die letzte Zahlung von Schmiergeld an den Angeklagten E im Früh-
jahr 1999 abgestellt. Demgegenüber meinen die Angeklagten, die Unrechtsvereinbarung sei mit derjenigen Zahlung im Jahr 1996 an den Angeklagten E beendet worden, durch die – zumindest nicht ausschließbar – die Summe der ursprünglich allein für diesen Angeklagten vorgesehenen Zahlungen erreicht worden sei; sämtliche späteren Zahlungen an die Angeklagten E und M beruhten auf einer neuen, nicht von § 12 UWG a.F. oder § 299 StGB erfassten Vereinbarung.

c) Mit dieser Bewertung lösen sich die Revisionen von den Feststellungen des Landgerichts:
aa) Der von den Revisionen in Zweifel gezogene Ausgangspunkt des Landgerichts – sämtliche gemeinschaftlich vereinbarten und schließlich geleisteten Schmiergeldzahlungen seien vom Tatbestand der Bestechung bzw. Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr umfasst und daher für die Verjährungsfrage erheblich – trifft zu. Nicht nur die vereinbarten Zahlungen an E selbst, sondern auch diejenigen an T und Wi stellen sich als „Vorteile“ für E im Sinne von § 12 UWG a.F. und § 299 StGB dar.
(1) Zahlungen an Dritte wurden – wie in §§ 331 ff. StGB a.F. – schon vor den Änderungen des Tatbestands der Angestelltenbestechlichkeit durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 (BGBl I S. 2038) von § 12 UWG a.F. erfasst, wenn sie dem bestochenen Angestellten oder Beauftragten mittelbar zugute kamen (von Gamm, Wettbewerbsrecht 5. Aufl. Kap. 47 Rdn. 12; vgl. auch BGHSt 14, 123, 128; 33, 336, 339; 35, 128, 133; jeweils zu §§ 331 ff. StGB a.F.). Für die Frage, ob bei einer Drittzuwendung ein solcher Vorteil vorliegt, kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an, wobei dem persönlichen Interesse des Bestochenen entscheidende Bedeutung zukommt (vgl. BGHSt 33, 336, 339 f.). Mit Einfügung der Worte „für sich oder einen Dritten“ in § 299 Abs. 1 StGB bzw. „für diesen oder einen Dritten“ in § 299 Abs. 2 StGB (sowie entsprechend in §§ 331 ff.
StGB) wurde nach dem Willen des Gesetzgebers im Wesentlichen lediglich eine Klarstellung erstrebt, aber keine Änderung des bisherigen Rechtszustands (vgl. Gesetzesbegründung BT-Drucks. 13/5584 S. 15 f.; Tiedemann in LK 11. Aufl. § 299 Rdn. 25).
(2) Nach diesen Kriterien waren auch sämtliche gemeinsam vereinbarten Zahlungen an T (und auch an Wi ) mittelbar für E von Vorteil: Nur durch die Einbeziehung des an maßgeblichen Stellen in entscheidender Position tätigen T (stellvertretender Vorsitzender des AVG-Aufsichtsrats und Geschäftsführer der Mitgesellschafterin) konnte sichergestellt werden, dass es zu dem von E gewünschten und für den Empfang seines Schmiergeldanteils notwendigen Vertragsschluss zwischen der AVG und der LCS kommt; nur seine Beteiligung ermöglichte zudem die notwendige verdeckte Zahlungsabwicklung über die Schweiz. Die verabredeten Zahlungen an T gereichten E also selbst zum Vorteil, weil sie notwendige Voraussetzung des Geldflusses an ihn selbst waren. Für die Beteiligung Wi s als in der SPD einflussreicher „Strippenzieher“ sowie Mitinitiator und -organisator der Schmiergeldabrede, dessen Einbindung aus Sicht E s Grundvoraussetzung für deren Durchführung war, gilt – zumal ein mittelbarer Vorteil ausreichte – nichts anderes. Im Übrigen käme es auf Wi s Beteiligung für die Frage der Verjährung angesichts der festgestellten höchstmöglichen Zuflüsse von Schmiergeldern bei E nicht einmal an.
Zudem hatte E – mit Ausnahme von 4 Mio. DM, die zu Anfang direkt an T und Wi überreicht wurden – zunächst jeweils persönlich die Verfügungsmöglichkeit über sämtliche aus der Schweiz weitergegebene Schmiergelder erhalten (vgl. hierzu BGHSt 35, 128, 134 f.). Da bei § 12 UWG a.F. und bei § 299 StGB jeweils auf die gesamte vereinbarte Schmiergeldsumme abzustellen ist, konnte die Verjährung erst mit der letzten in diesem Rahmen geflossenen Zahlung beginnen; dies war die Zahlung an E im Frühjahr 1999.
bb) Die ursprüngliche Schmiergeldvereinbarung – Zahlung von insgesamt 3 % der Auftragssumme in drei Zeitabschnitten – ist auch nicht durch eine spätere Zahlungsvereinbarung ersetzt worden. Ursprung des Zahlungsflusses blieb bis zum Frühjahr 1999 die Abrede vom Herbst 1993. Das zwischenzeitliche Ausscheiden von Wi und T aus dem Kreis der Zahlungsempfänger hatte lediglich eine Veränderung der Zahlungsströme zur Folge. Die bloße Änderung der Richtung des Zahlungsflusses ist jedoch nicht derart wesentlich, dass hierin eine gänzlich neue, die Ursprungsvereinbarung ersetzende Vereinbarung gesehen werden muss, weil damit nicht das „Ob“, sondern nur das „Wie“ der Zahlung modifiziert wurde. Ein solches bloßes Umleiten von Geldern führt auch nicht zu einem für den Verjährungsbeginn entscheidenden Abschluss des rechtsverneinenden Handelns.
cc) Zudem ist für den Verjährungsbeginn nicht allein auf die vereinbarten Beträge, sondern gleichermaßen auf den vereinbarten Zahlungszeitraum abzustellen. Nach dem gemeinsam verabredeten Zahlungsplan sollte die Zahlung des Schmiergelds an E , T und den gesondert verfolgten Wi zu gleichen Teilen in drei Zahlungsabschnitten entsprechend dem Baufortschritt erfolgen. Tatsächlich hat der Angeklagte E nach den Feststellungen des Landgerichts den vereinbarten Bestechungslohn im Wesentlichen entsprechend dieser Fälligkeitsabrede erhalten, nämlich einen ersten Teil 1994 nach Abschluss des Vertrages, weitere Beträge nach Beginn der Bauarbeiten sowie den Rest nach deren Ende. Damit wurde die Schmiergeldabrede in dem Zeitrahmen erfüllt, den die Beteiligten vereinbart hatten. Dass der Angeklagte E über seinen ursprünglich vereinbarten Anteil hinaus aufgrund des Ausscheidens von Wi und T als Zahlungsempfänger nicht ausschließbar bereits in den Jahren bis 1996 mehr Geld erhalten hatte, als ihm eigentlich zu diesem Zeitpunkt zufließen sollte, ist demgegenüber unbeachtlich, da jedenfalls die Zahlungen in den Jahren 1998 und 1999 dem ursprünglich vereinbarten Zahlungsplan entsprachen, wonach die letzte Zahlung nach Beendigung der Bauarbeiten erfolgen sollte.
3. Der Freispruch des Angeklagten R und der Teilfreispruch des Angeklagten M vom Vorwurf der Steuerhinterziehung haben Bestand.
In beiden Fällen war einziges Beweismittel für den Vorwurf, den Angeklagten seien in unverjährter Zeit erhebliche Geldbeträge zugeflossen, die sie nicht versteuert hätten, die belastende Aussage des Mitangeklagten E . Dass sich das Landgericht allein auf dieser Grundlage keine für eine Verurteilung hinreichende Überzeugung vom Geldzufluss hat bilden können, ist aus revisionsgerichtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

a) Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist das durch das Revisionsgericht grundsätzlich hinzunehmen, da die Beweiswürdigung Sache des Tatrichters ist. Der Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt nur, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, wenn sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder das Gericht überspannte Anforderungen an die zur Verurteilung erforderliche Überzeugungsbildung gestellt hat (st. Rspr.: vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 33; BGH NStZ 2000, 48; BGH wistra 2002, 260, 261). Aus den Urteilsgründen muss sich auch ergeben , dass die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt wurden (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2, 11, 24). Weitergehende zum Schutz des Angeklagten aufgestellte besonders strikte Anforderungen an die Begründung der Beweiswürdigung in der Situation „Aussage gegen Aussage“ (BGHSt 44, 153, 158 f.; 44, 256, 257) gelten zwar – wie die Revision des Angeklagten M zutreffend hervorgehoben hat – grundsätzlich unmittelbar nur in Verurteilungsfällen. Gleichwohl kann das Bedürfnis nach vollständiger , nachprüfbarer Beweiswürdigung in Fällen gleich karger und widersprüchlicher Beweisgrundlage in ähnlicher Weise auch dann zum Tragen
kommen, wenn ein Angeklagter freigesprochen wird, weil sich das Gericht von der Richtigkeit der belastenden Aussage eines Zeugen nicht überzeugen kann (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 174, 175).

b) Den genannten Anforderungen genügt die Darstellung der Beweiswürdigung durch das Landgericht, soweit es sich keine hinreichende Überzeugung von der Richtigkeit der belastenden Angaben des Angeklagten E zu den von den Mitangeklagten bestrittenen Schmiergeldweitergaben gebildet hat, gerade noch.
Folgende Umstände waren aus Sicht des Landgerichts maßgebend: E hat die Mitangeklagten erstmals in Zusammenhang mit Gesprächen über einen Strafnachlass belastet; er hatte ein gewichtiges Motiv, den bei ihm verbliebenen Anteil des Schmiergeldes möglichst gering darzustellen , und hatte im Verlauf der Ermittlungen auch anderweitig versucht, sich durch unrichtige Angaben Teile der Tatbeute zu sichern; seine – zudem eher farblosen – Angaben zur zeitlichen Einordnung und zu Begleitumständen im Zusammenhang mit mehreren Geldübergaben waren uneinheitlich.
Den genannten Umständen hat das Landgericht sämtliche für die Glaubhaftigkeit der Angaben E s sprechenden Tatsachen gegenübergestellt , insbesondere dass andere Angaben E s in der Hauptverhandlung ihre Bestätigung gefunden haben, er maßgeblich und frühzeitig zur Aufklärung der Taten beigetragen hat und die Angaben von R und M zu diesem Vorwurf wenig überzeugend waren. Aufgrund einer Gesamtschau der für und gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben E sprechenden s Gesichtspunkte hat sich das Landgericht schließlich außer Stande gesehen, sich eine Überzeugung von der Richtigkeit dieser einzigen Belastungsangaben zu bilden; Anhaltspunkte für weitergehende Ermittlungsansätze waren nicht ersichtlich.
Diese tatrichterliche Wertung ist letztlich hinzunehmen. Der Revision der Staatsanwaltschaft ist allerdings zuzugeben, dass – wie der Generalbundesanwalt im Einzelnen ausgeführt hat – das Landgericht Umstände wie insbesondere die Aussagegenese und den Inhalt divergierender oder detailarmer Aussagen von E nicht in einer Weise dargestellt hat, wie dies in dem sonst überaus umfangreichen Urteil konsequent und wünschenswert gewesen wäre. Lediglich im Hinblick auf die umgekehrt strengen Anforderungen an eine Verurteilung in der vorliegenden besonderen Konstellation, bei der der einzige Belastungszeuge ein erhebliches Motiv für eine Falschbelastung hat und seine Aussage auch sonst Ungereimtheiten aufweist, lässt der Senat im vorliegenden Fall den Freispruch unbeanstandet.
4. Die Strafzumessung des Landgerichts weist im Ergebnis keine Rechtsfehler zu Gunsten der Angeklagten E und M auf.

a) Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Ihm obliegt es, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn der Tatrichter gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängten Strafen nach oben oder unten von ihrer Bestimmung lösen, gerechter Schuldausgleich zu sein (BGHSt 34, 345, 349; st. Rspr.).

b) Solche Rechtsfehler zeigt die Beschwerdeführerin, wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, bei dem Angeklagten E nicht auf. Insbesondere durfte das Landgericht den Umstand zu seinen Gunsten berücksichtigen, dass er von der ihm zustehenden Möglichkeit, die Aussetzung der Hauptverhandlung nach § 265 Abs. 4 StPO wegen erst spä-
ter bekannt gewordenen umfangreichen Aktenmaterials zu verlangen, keinen Gebrauch gemacht und damit eine zügige Erledigung der Hauptverhandlung ermöglicht hat. Anhaltspunkte dafür, dass diesem Umstand vom Landgericht unangebracht großes Gewicht zugemessen worden wäre, bestehen nicht. Die gegen den Angeklagten E verhängten Einzelstrafen sind ebenso wenig unvertretbar milde wie die Gesamtstrafe.

c) Gleichfalls weist die Strafzumessung keinen Rechtsfehler zu Gunsten des Angeklagten M auf; dies gilt auch für die Aussetzung der Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung.
aa) Hinreichende Anhaltspunkte, dass das Landgericht, etwa nur um zu einer Strafaussetzung zur Bewährung zu gelangen, die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe unangemessen niedrig bemessen hätte, liegen nicht vor, letztlich auch nicht im Blick auf die für sich rechtsfehlerfreie Anwendung des § 41 StGB.
bb) Das Landgericht durfte im Hinblick auf zahlreiche gewichtige Strafmilderungsgründe – insbesondere Unbestraftheit, erstmalige Verbüßung von Untersuchungshaft, lange Dauer der seit der Tat vergangenen Zeit, Handeln auch im Interesse des Unternehmens, Abgabe eines Schuldanerkenntnisses über 1 Mio. DM – besondere Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB annehmen, die die Aussetzung der zweijährigen Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung gestatteten. Die Entscheidung des Landgerichts, dass auch § 56 Abs. 3 StGB einer Strafaussetzung zur Bewährung nicht entgegenstehe, ist ebenfalls rechtlich noch hinzunehmen. Allerdings erfordern die durch Bestechung im geschäftlichen Verkehr und durch damit einhergehende Untreue hervorgerufenen erheblichen wirtschaftlichen Schäden ein nachdrückliches und energisches Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden. Doch dürfen auch bei der Ahndung solcher Taten die besonderen Umstände des Einzelfalles nicht außer Acht gelassen werden. Sie sind insbesondere in der mangelnden Tatinitiative des Angeklagten M und in seiner Kon-
frontation als Unternehmer mit ersichtlich verbreiteten skrupellosen Geschäftspraktiken bei der Konzeption von Großanlagen und dabei – sogar ungeachtet gegebener „Staatsnähe“ – bedenkenlos angebrachten Schmiergeldforderungen des von ihm gewünschten Vertragspartners zu finden. Danach kann die Entscheidung des Landgerichts nach § 56 Abs. 3 StGB noch als vertretbar angesehen werden, wenngleich eine gegenteilige Würdigung des Landgerichts rechtlich möglich gewesen wäre und im Blick auf die spätere Eigenbereicherung des Angeklagten M sogar näher gelegen hätte.
cc) In diesem Zusammenhang sieht der Senat Anlass zu folgender Anmerkung: Nach der Erfahrung des Senats kommt es bei einer Vielzahl von großen Wirtschaftsstrafverfahren dazu, dass eine dem Unrechtsgehalt schwerwiegender Korruptions- und Steuerhinterziehungsdelikte adäquate Bestrafung allein deswegen nicht erfolgen kann, weil für die gebotene Aufklärung derart komplexer Sachverhalte keine ausreichenden justiziellen Ressourcen zur Verfügung stehen. Die seit der Tat vergangene Zeit und auch die Dauer des Ermittlungs- und Strafverfahrens (vgl. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK) werden in vergleichbaren Verfahren häufig zu derart bestimmenden Strafzumessungsfaktoren , dass die Verhängung mehrjähriger Freiheitsstrafen oder – wie hier – die Versagung einer Strafaussetzung zur Bewährung nach § 56 Abs. 3 StGB namentlich wegen des Zeitfaktors ausscheidet. Dem in § 56 Abs. 3 StGB zum Ausdruck gekommenen Anliegen des Gesetzgebers, das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts vor einer Erschütterung durch unangemessen milde Sanktionen zu bewahren, kann im Bereich des überwiegend tatsächlich und rechtlich schwierigen Wirtschaftsund Steuerstrafrechts nach Eindruck des Senats nur durch eine spürbare Stärkung der Justiz in diesem Bereich Rechnung getragen werden. Nur auf diese Weise – nicht durch bloße Gesetzesverschärfungen – wird es möglich sein, dem drohenden Ungleichgewicht zwischen der Strafpraxis bei der allgemeinen Kriminalität und der Strafpraxis in Steuer- und Wirtschaftsstrafverfahren entgegenzutreten und dem berechtigten besonderen öffentlichen Inte-
resse an einer effektiven Strafverfolgung schwerwiegender Wirtschaftskriminalität gerecht zu werden.
5. Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz gegen die Verfallsbeteiligte abgesehen; der Senat geht mit dem Generalbundesanwalt davon aus, dass die Staatsanwaltschaft insoweit ihre Revision auf das Fehlen einer entsprechenden Nebenentscheidung gegenüber der Verfallsbeteiligten beschränkt hat, zumal das Absehen von der Anordnung des Verfalls bei den Angeklagten E und M im Hinblick auf § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB keinen Bedenken begegnet.

a) Zutreffend hat der Generalbundesanwalt allerdings darauf hingewiesen , dass das Landgericht das „Erlangte“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73a Satz 1 StGB nicht hinreichend genau bestimmt hat; entgegen der – insoweit vom Generalbundesanwalt nicht vertretenen – Auffassung der Staatsanwaltschaft ist das Erlangte aber auch nicht der für den Bau der RMVA vereinbarte Werklohn in Höhe von 792 Mio. DM. Durch Bestechung (im geschäftlichen Verkehr) erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB ist bei der korruptiven Manipulation einer Auftragsvergabe nicht der vereinbarte Preis, sondern der gesamte wirtschaftliche Wert des Auftrags im Zeitpunkt des Vertragsschlusses; dieser umfasst den kalkulierten Gewinn und etwaige weitere, gegebenenfalls nach § 73b StGB zu schätzende wirtschaftliche Vorteile.
aa) „Aus der Tat erlangt“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind alle Vermögenswerte, die dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (BGH NStZ 2001, 155, 156); „für die Tat erlangt“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind dagegen Vermögenswerte, die dem Täter als Gegenleistung für sein rechtswidriges Handeln gewährt werden, aber – wie etwa ein Lohn für die Tatbegehung – nicht auf der Tatbestandsverwirklichung selbst beruhen
(vgl. BGHR StGB § 73 Erlangtes 4). Für die Bestimmung desjenigen, was der Täter in diesem Sinne aus einer Tat oder für sie erlangt hat, ist das Bruttoprinzip unerheblich. Erst wenn feststeht, worin der erlangte Vorteil des Täters besteht, besagt dieses Prinzip, dass bei der Bemessung der Höhe des Erlangten gewinnmindernde Abzüge unberücksichtigt bleiben müssen (vgl. BGHSt 47, 260, 269). Zudem muss die Abschöpfung spiegelbildlich dem Vermögensvorteil entsprechen, den der Täter gerade aus der Tat gezogen hat; dies setzt eine Unmittelbarkeitsbeziehung zwischen Tat und Vorteil voraus (vgl. BGHSt 45, 235, 247 f.; 47, 260, 269; Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 17; Eser in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 73 Rdn. 16; jeweils m.w.N.).
bb) Unmittelbar aus einer Bestechung (im geschäftlichen Verkehr) erlangt ein Werkunternehmer im Rahmen korruptiver Manipulation bei der Auftragsvergabe lediglich die Auftragserteilung – also den Vertragsschluss – selbst, nicht hingegen den vereinbarten Werklohn (vgl. Sedemund DB 2003, 323, 325 ff.; a. A. OLG Köln ZIP 2004, 2013; OLG Thüringen wistra 2005, 114). Bei der Auftragserlangung durch Bestechung (im geschäftlichen Verkehr ) führt die „Tat“ als solche unmittelbar nur zu dem Vorteil des schuldrechtlichen Vertragsschlusses; die Vorteile aus der Ausführung des Auftrags wären hingegen nicht mehr unmittelbar aus der „Tat“ erlangt (vgl. Joecks in MünchKomm-StGB § 73 Rdn. 30). Strafrechtlich bemakelt ist lediglich die Art und Weise, wie der Auftrag erlangt ist, nicht dass er ausgeführt wird. In diesem Punkt unterscheidet sich der Fall einer Auftragserlangung durch Bestechung von verbotenen Betäubungsmittelgeschäften oder Embargoverstößen. Nur in solchen Fällen ist es deshalb gerechtfertigt, als das „Erlangte“ i. S. von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB den gesamten vereinbarten Kaufpreis anzusehen (vgl. BGH NStZ 2000, 480; BGHSt 47, 369).
cc) Der wirtschaftliche Wert des Auftrags im Zeitpunkt der Auftragserlangung bemisst sich vorrangig nach dem zu erwartenden Gewinn. Aussagekräftiges Indiz hierfür wird regelmäßig die Gewinnspanne sein, die der Auftragnehmer in die Kalkulation des Werklohns hat einfließen lassen.
tragnehmer in die Kalkulation des Werklohns hat einfließen lassen. Fehlen hierfür Anhaltspunkte, kann u. U. auch ein branchenüblicher Gewinnaufschlag Grundlage einer Schätzung (§ 73b StGB) sein. Mit dem zu erwartenden Gewinn wird in aller Regel der wirtschaftliche Wert des durch Bestechung erlangten Auftrags und damit das „Erlangte“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB hinreichend erfasst.
Im Einzelfall können darüber hinaus konkrete Anhaltspunkte für weitergehende wirtschaftliche Vorteile bestehen, die durch den Vertragsschluss als solchen erlangt wurden (vgl. Sedemund DB 2003, 323, 328; vgl. zum Begriff des wirtschaftlichen Vorteils auch § 17 Abs. 4 Satz 1 OWiG). Hierzu zählen mittelbare Vorteile wie etwa die konkrete Chance auf Abschluss von Wartungsverträgen für eine errichtete Anlage oder von sonstigen Folgegeschäften durch Aufbau einer Geschäftsbeziehung, die Chance zur Erlangung weiterer Aufträge für vergleichbare Anlagen, die Steigerung des wirtschaftlich werthaltigen „Goodwill“ eines Unternehmens durch Errichtung eines Prestigeobjekts für einen renommierten Auftraggeber, die Vermeidung von Verlusten durch Auslastung bestehender Kapazitäten oder die Verbesserung der Marktposition durch Ausschalten von Mitwettbewerbern (vgl. BayObLG wistra 1998, 199, 200; König in Göhler, OWiG 13. Aufl. § 17 Rdn. 41; Lemke /Mosbacher, OWiG 2. Aufl. § 17 Rdn. 38). Solche Vorteile hat auch das Landgericht bei der LCS durch den Vertragsschluss festgestellt (UA S. 78).
Bestehen im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für derartige weitere konkrete wirtschaftliche Vorteile, kann deren Wert, wenn der konkrete Sachverhalt eine tragfähige Grundlage dafür bietet (hierzu BGHR StGB § 73b Schätzung 1, 2), nach § 73b StGB geschätzt werden. Gegebenenfalls wird sich hierfür die Hinzuziehung von Sachverständigen anbieten (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 73b Rdn. 5).
Ein tragfähiger Anhaltspunkt im Rahmen der Bestimmung eines solchen über den kalkulierten Gewinn hinausgehenden Werts eines Auftrags
kann u. U. auch der Preis sein, den für die Auftragsvergabe zu zahlen der Auftragnehmer bereit ist. Wird ein Auftrag durch Bestechung (im geschäftlichen Verkehr) erlangt, wird die Bestechungssumme allerdings nur dann ein aussagekräftiges Indiz für eine Art „Marktpreis“ der Auftragsvergabe jenseits des kalkulierten Gewinns sein, wenn der Auftragnehmer selbst die Bestechungssumme aufbringt und nicht – wie hier – in korruptivem Zusammenwirken mit den Verantwortlichen des Auftraggebers der Auftragssumme aufschlägt , so dass sie aus seiner Sicht einen bloßen Durchlaufposten bildet.
dd) Ist der Wert des durch Bestechung erlangten Auftrags im Zeitpunkt der Auftragsvergabe auf diese Weise – ggf. mit sachverständiger Hilfe und mittels Schätzung nach § 73b StGB – ermittelt worden, folgt aus dem Bruttoprinzip , dass etwaige für den Vertragsschluss getätigte Aufwendungen (wie insbesondere eine vom Auftragnehmer gezahlte Bestechungssumme) nicht weiter in Abzug gebracht, sondern allenfalls im Rahmen von § 73c StGB berücksichtigt werden können.

b) Der Anordnung des Verfalls steht – entgegen der Auffassung der Verfallsbeteiligten – nicht bereits grundsätzlich die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Verfallsbeteiligten unter dem Gesichtspunkt eines vorrangigen Schutzes der Geschädigten in der Insolvenz entgegen. Die Vorschrift des § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO betrifft lediglich die Frage, wie ein angeordneter Verfall rangmäßig im Insolvenzverfahren zu behandeln ist (vgl. OLG Schleswig wistra 2001, 312, 313). Anders als nach § 240 ZPO kommt auch eine Unterbrechung des Strafverfahrens insoweit nicht in Betracht , weil die Anordnung des Verfalls als strafrechtliche Nebenfolge dem strafrichterlichen Erkenntnis vorbehalten bleiben muss. Ansprüche der Geschädigten werden im Rahmen von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB hinreichend berücksichtigt.

c) Auch wenn das Landgericht den Umfang des Erlangten nicht in der vorbeschriebenen Weise ermittelt, sondern letztlich eher unbestimmt gelas-
sen hat, was es genau als das „Erlangte“ in diesem Sinne ansieht, hat es doch zumindest im Ergebnis zu Recht von einer Anordnung des Verfalls von Wertersatz bei der Verfallsbeteiligten nach § 73c Abs. 1 StGB abgesehen.
aa) Schadensersatzansprüche der AVG stehen nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB einer Verfallsentscheidung zu Lasten der Verfallsbeteiligten zumindest in der Höhe entgegen, in denen diese Ansprüche noch nicht durch Zahlungen der Angeklagten erfüllt worden sind. Ob der Wert des Auftrags im Zeitpunkt des Vertragsschlusses diese noch vorhandenen – gegebenenfalls nach § 254 BGB geminderten – Ansprüche übersteigt, kann letztlich offen bleiben.
bb) Die Voraussetzungen von § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB hat das Landgericht zwar – auch in Abgrenzung zu Satz 2 – nicht hinreichend dargelegt (vgl. hierzu BGH wistra 2000, 379, 382; Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 73c Rdn. 3 m.w.N.). Ergänzend hat es jedoch unter Hinweis auf § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB folgende Umstände genannt, die eine Verfallsanordnung jedenfalls unangemessen erscheinen lassen: Ein bleibender Gewinn , der Schadensersatzansprüche der AVG übersteigen würde, ist bei der LCS nicht vorhanden; letztlich ergab sich bei der endgültigen Abrechnung des Projekts im Jahr 2001 aufgrund von Gewährleistungsarbeiten ein Verlust von insgesamt 688.000 Euro (UA S. 159); zudem befindet sich die Verfallsbeteiligte in der Insolvenz.
cc) Ungeachtet der rechtlich nicht unbedenklichen Ausführungen des Landgerichts zu §§ 73 ff. StGB ist es aus Sicht des Senats im Hinblick auf § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB jedenfalls angemessen (vgl. § 354 Abs. 1a StPO), gegenüber der insolventen Verfallsbeteiligten, die letztlich keinen Gewinn erzielt hat und sich erheblichen Regressansprüchen gegenüber sieht, von einer Anordnung des Verfalls von Wertersatz abzusehen.

III.


Die Revisionen der Angeklagten bleiben ebenfalls erfolglos.
1. Die Verurteilungen des Angeklagten E wegen Untreue nach § 266 StGB und des Angeklagten M wegen Beihilfe zu dieser Tat begegnen keinen Bedenken.

a) Zutreffend weist die Revision des Angeklagten E allerdings zunächst darauf hin, dass die Annahme des Landgerichts, dieser Angeklagte habe mit seinem Verhalten die Missbrauchalternative des § 266 Abs. 1 StGB erfüllt, unzutreffend ist. Voraussetzung dieser Alternative ist, dass der rechtsgeschäftliche Missbrauch der Verpflichtungsbefugnis zu einer wirksamen Verpflichtung des Treugebers führt (vgl. BGH bei Holtz, MDR 1983, 92; Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 266 Rdn. 20, 22 m.w.N.; Seier in Achenbach/Ransiek, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 2004, Abschnitt V 2 Rdn. 47). Dem steht hier bereits § 138 BGB entgegen. Die Sittenwidrigkeit der kollusiven Absprache zwischen den Angeklagten E und M zur Schädigung der AVG durch Vereinbarung eines um den Schmiergeldanteil überhöhten Preises wirkt sich auch auf den Hauptvertrag aus (vgl. BGH NJW 1989, 26, 27; Tröndle/Fischer aaO Rdn. 21; Seier aaO Rdn. 48; vgl. auch BGHZ 141, 357, 362 f.; BGH BB 1990, 733, 734; BGH NJW 2000, 511, 512). Zudem hat E bei dem Abschluss des um den Schmiergeldanteil überhöhten Vertrages im kollusiven Zusammenwirken mit dem Angeklagten M ersichtlich seine Vertretungsmacht zum Nachteil der AVG missbraucht (vgl. hierzu Tröndle/Fischer aaO § 266 Rdn. 22 m.w.N.; BGHZ 50, 112, 114; Bernsmann StV 2005, 576, 577).
Hieraus folgt indes unmittelbar, dass der Angeklagte E durch Abschluss des dergestalt unerkannt nichtigen Vertrages mit einem kollusiv überhöhten Auftragspreis die Treubruchalternative des § 266 Abs. 1 StGB erfüllt und der Angeklagte M zu solcher Tat Beihilfe geleistet
hat. Hierauf kann der Senat von sich aus erkennen (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Missbrauch 2). Es ist auszuschließen, dass sich die Angeklagten gegen den tatsächlich identisch fundierten Vorwurf des Treubruchs anders als geschehen hätten verteidigen können.

b) Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Angeklagte E durch den Abschluss des Vertrages mit der LCS zum Gesamtpreis von 792 Mio. DM seine als Geschäftsführer gegenüber der AVG bestehende Vermögensbetreuungspflicht verletzt und hierdurch der AVG einen Vermögensnachteil in Höhe des vereinbarten Schmiergeldaufschlags zugefügt hat.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt bei der Vereinbarung von Schmiergeldzahlungen in Form eines prozentualen Preisaufschlags regelmäßig ein Nachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB vor (vgl. BGHSt 47, 295, 298 f.; 49, 317, 332 f.; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 49, insoweit in BGHSt 46, 310 nicht abgedruckt). Diese Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, dass jedenfalls mindestens der Betrag, den der Vertragspartner für Schmiergelder aufwendet, auch in Form eines Preisnachlasses dem Geschäftsherrn des Empfängers hätte gewährt werden können (vgl. Raum in Wabnitz/Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts 2. Aufl. S. 304 m.w.N.). Bei der Auftragserlangung durch Bestechung im geschäftlichen Verkehr bildet deshalb der auf den Preis aufgeschlagene Betrag, der lediglich der Finanzierung des Schmiergelds dient, regelmäßig die Mindestsumme des beim Auftraggeber entstandenen Vermögensnachteils im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB.
bb) Die Vermögensbetreuungspflicht gebietet in diesen Fällen, dass der Treupflichtige die Möglichkeit des vorteilhaften Vertragsschlusses im Interesse des betreuten Vermögens nutzt und den Vertrag zu dem günstigeren Preis abschließt (BGH wistra 1984, 109, 110; 1989, 224, 225). Zumeist liegt auf der Hand, dass das Geschäft auch für einen um den aufgeschlagenen
Schmiergeldanteil verminderten Preis abgeschlossen worden wäre, wenn das Schmiergeld – wie hier – einen bloßen Durchlaufposten darstellt (vgl. BGH wistra 1983, 118, 119; 1986, 67; 2001, 295, 296). Inwieweit andere Anbieter noch teurere Angebote eingereicht haben, bleibt demgegenüber unerheblich (vgl. BGH wistra 2001, 295, 296).
Der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit liegt in diesem Fall im aktiven Tun, nämlich im Abschluss des um den Schmiergeldanteil überteuerten Vertrages und in der damit einhergehenden Verlagerung der Schmiergeldzahlungen zugunsten des Geschäftsführers auf die vertretene Gesellschaft durch Vereinbarung entsprechend überhöhter Zahlungsverpflichtungen mit Dritten (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 266 Rdn. 38a m.w.N.). Der Abschluss des überteuerten Vertrages hindert gleichzeitig den Abschluss eines um den Schmiergeldanteil verminderten günstigeren. Zudem steht der eingegangenen Zahlungsverpflichtung in Höhe des vereinbarten Schmiergelds keinerlei Gegenleistung gegenüber. Nach anderer, aber gleichgerichteter Betrachtungsweise ist der Unrechtsschwerpunkt in der bewussten Verhandlung mit einem sachlich nicht gerechtfertigten Verteuerungsfaktor zu finden, der dem Geschäftsführer zu Unrecht einen von der vertretenen Gesellschaft nicht genehmigten, über seine Vergütung hinausgehenden wirtschaftlichen Vorteil verschaffen soll (vgl. auch BGHSt 49, 317, 333 ff.).
cc) Nach den Feststellungen des Landgerichts war in der vereinbarten Auftragssumme von 792 Mio. DM ein Schmiergeldanteil in Höhe von rund 24 Mio. DM enthalten. Dieser Anteil sollte als bloßer Durchlaufposten nicht der LCS, sondern auf Kosten der AVG allein den an der Schmiergeldabrede Beteiligten zukommen. Der vom Landgericht gezogene Schluss, die LCS wäre bereit gewesen, den Vertrag auch zu einem um diesen Schmiergeldanteil verminderten Betrag abzuschließen, ist nicht nur nachvollziehbar, sondern vielmehr naheliegend.
dd) Demgegenüber verfängt der Einwand der Revision nicht, der Angeklagte E habe ein solches Geschäft zum verminderten Preis überhaupt nicht abschließen dürfen, weil dieses durch die vorangegangene Vergabemanipulation nach wie vor wettbewerbswidrig gewesen wäre; vom Treupflichtigen könne nicht der Abschluss verbotener oder wettbewerbswidriger Geschäfte verlangt werden (vgl. Bernsmann StV 2005, 576, 578).
Nachdem sich E für den Zuschlag an die LCS entschlossen hatte, bestand die Alternative lediglich in dem Abschluss des Vertrages zum Preis von 792 Mio. DM oder zu einem um mehr als 24 Mio. DM verminderten Preis. Seine Vermögensbetreuungspflicht gebot E in dieser Situation den Abschluss zum geringeren statt zum höheren Preis. Da es für den Vorwurf der Untreue entscheidend auf den Vertragsschluss zu einem um den Schmiergeldanteil überhöhten Preis ankommt, sind die von der Revision angeführten Alternativszenarien ohne Bedeutung.
ee) Das Landgericht geht auch zutreffend von einem Nachteilsumfang in Höhe von rund 24 Mio. DM aus.
Die Berechnung des im vereinbarten Preis enthaltenen Schmiergeldanteils (3 % Aufschlag bei einem Teil der Lose, zusätzliche Anhebung beim Los Abgasbehandlung um 20 Mio. DM) ist nicht zu beanstanden. Das Landgericht ist zudem richtigerweise davon ausgegangen, dass Vorteile, die der Angeklagte E durch besonders nachdrückliche und geschickte Verhandlungen bei der Preisgestaltung erreicht hat oder die zur Ermöglichung einer Vergabe des Auftrags an die LCS notwendig waren, nicht gegengerechnet werden können (treffend UA S. 309, 317). Dies gilt insbesondere für die Absenkung des Preises beim Los Bauteil um 9 Mio. DM im Rahmen der Vergabemanipulation. Denn es kommt allein darauf an, ob – was das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat – der Angeklagte M letztendlich bereit war, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses den Vertrag auch ohne den Schmiergeldanteil abzuschließen oder nicht. Es kann deshalb da-
hinstehen, ob der abweichende Ansatz der Verteidigung auch im Blick auf die zur Schmiergeldfinanzierung überhöhte Kalkulation des Gesamtpreises im ersten Angebot der LCS verfehlt ist. Selbst wenn man vom festgestellten Nachteilsumfang einen für Wi ursprünglich vorgesehenen Provisionsanteil in Höhe von 0,5 % der Auftragssumme abziehen würde, wäre dies angesichts des verbleibenden Nachteilumfangs in Höhe von etwa 20 Mio. DM letztlich unerheblich; auch ein solcher Nachteil rechtfertigt ohne weiteres die für die Untreue bzw. die Beihilfe hierzu verhängten Einzelfreiheitsstrafen (vgl. § 354 Abs. 1a StPO).
2. Der Schuldspruch wegen – wie ausgeführt, nicht verjährter – Bestechlichkeit bzw. Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§§ 299, 300 Nr. 1 StGB) ist rechtsfehlerfrei. Auch die Bestimmung der Konkurrenzverhältnisse zur Untreue bzw. Beihilfe dazu hält revisionsgerichtlicher Überprüfung stand.
Zutreffend ist das Landgericht bezüglich der Untreue und der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr bei dem Angeklagten E (a) sowie hinsichtlich der Beihilfe zur Untreue und der Bestechung im geschäftlichen Verkehr durch den Angeklagten M (b) jeweils von zwei Taten im Sinne von § 53 StGB ausgegangen.

a) Regelmäßig besteht zwischen Angestelltenbestechlichkeit und der in Aussicht gestellten „bevorzugenden Handlung“ Tatmehrheit (BGHR UWG § 12 Abs. 2 Angestelltenbestechlichkeit 1; vgl. auch BGHSt 47, 22, 25 f., zu § 332 StGB). Dies gilt auch dann, wenn die Taten auf eine einheitliche Unrechtsvereinbarung zurückgehen (vgl. BGHSt 47, 22, 26; BGH NStZ 1987, 326, 327; BGH wistra 1993, 189, 190). Denn die Vornahme der durch die Unrechtsvereinbarung verabredeten unlauteren Bevorzugung im Wettbewerb gehört nicht zum Tatbestand der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (BGH NStZ 1987, 326, 327; vgl. auch BGHSt 47, 22, 26; jeweils zu § 332 StGB).
Tateinheit ist lediglich in solchen Fällen möglich, in denen die Verwirklichung beider Tatbestände in einer Ausführungshandlung zusammentrifft (BGHSt 47, 22, 26, zu § 332 StGB). Solches hat das Landgericht nicht festgestellt. Verletzt hat der Angeklagte E seine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der AVG erst durch den Abschluss des um den Schmiergeldanteil überhöhten Vertrages; erst dadurch kam es auch zu einer schadensgleichen konkreten Vermögensgefährdung (UA S. 500). Die Unrechtsvereinbarung , mit der die Angestelltenbestechlichkeit vollendet war (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 299 Rdn. 21), gehört angesichts der Notwendigkeit zahlreicher weiterer Zwischenschritte im vorliegenden Fall nicht zum Ausführungsstadium der Untreue.
Soweit die Revision für ihre Ansicht auf die Entscheidung BGHSt 47, 22 verweist, war der dortige Fall im Tatsächlichen anders gelagert; dort ging es um die Schaffung eines eingespielten Preisabsprachesystems unter Einbindung weiterer Mitwettbewerber im Rahmen langfristiger Geschäftsbeziehungen (vgl. BGHSt 47, 22, 28), nicht – wie hier – um den Abschluss eines einzigen Vertrages. Zudem war es nach dem Inhalt der Unrechtsvereinbarung zwar naheliegend, aber nicht einmal zwingend notwendig, dass der Schmiergeldanteil durch eine Untreue zu Lasten der AVG erwirtschaftet wird. Nach den Feststellungen des Landgerichts machte sich der Angeklagte M erst nach der Unrechtsvereinbarung vom Herbst 1993 Gedanken darüber, wie dieser Betrag aufgebracht werden soll (UA S. 97). Erst als er erfuhr, dass LCS über keinen „Topf“ für solche Gelder verfügt, entschloss er sich, das verabredete Schmiergeld durch einen entsprechenden Aufschlag auf den Werklohn zu Lasten der AVG zu erwirtschaften.

b) Rechtlich vertretbar ist das Landgericht auch davon ausgegangen, dass die Bestechung im geschäftlichen Verkehr und die Beihilfe zur Untreue durch den Angeklagten M im vorliegenden Fall materiellrechtlich als zwei Taten im Sinne von § 53 StGB zu bewerten sind. Die Bestechung im geschäftlichen Verkehr war bereits mit dem Abschluss der Un-
rechtsvereinbarung im Herbst 1993 vollendet. Dagegen bestand die Beihilfe zu der vom Angeklagten E begangenen Untreue im Abschluss des um den Schmiergeldanteil überhöhten Vertrages für die von M vertretene LCS. Die Vertragsunterzeichnung durch den Angeklagten E – die eigentliche Untreuehandlung – konnte nur zu einem Vermögensnachteil bei der AVG führen, weil auch der Angeklagte M den Vertrag seinerseits für die LCS unterzeichnete. Gegenüber dieser notwendigen Mitwirkung an der eigentlichen Untreuehandlung konnten für die Beurteilung der Konkurrenzen die im Vorfeld begangenen Vorbereitungsbeiträge als nachrangig bewertet werden. Selbst wenn das Landgericht das Konkurrenzverhältnis bei dem Angeklagten M falsch beurteilt hätte, wäre im Übrigen die verhängte Gesamtstrafe angesichts des gleichbleibenden Schuldumfangs als Einzelfreiheitsstrafe angemessen (vgl. § 354 Abs. 1a StPO).
3. Die Verurteilung des Angeklagten E wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen ist rechtsfehlerfrei.

a) Bei den erhaltenen Bestechungsgeldern handelt es sich um erklärungspflichtige sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 3 EStG (vgl. BFH DStRE 2000, 1187; BFHE 191, 274; BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht 4 m.w.N.). Die Kapitalerträge aus der Anlage der verschwiegenen Schmiergelder stellen erklärungspflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG dar. Für die Jahre 1995 bis 1998 hat der Angeklagte E solche Einkünfte in Höhe von rund 4 Mio. DM verschwiegen und hierdurch Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag in der Gesamthöhe von rund 2,2 Mio. DM hinterzogen.

b) Die Pflicht zur Abgabe einer wahrheitsgemäßen Steuererklärung war auch nicht unter dem Gesichtspunkt suspendiert, dass niemand verpflichtet ist, sich selbst anzuklagen oder sonst zur eigenen Überführung bei-
zutragen (nemo tenetur se ipsum accusare; hierzu näher Jäger NStZ 2005, 552, 556 ff. m.w.N.).
aa) Ein Steuerpflichtiger, der Einkünfte aus Bestechungsgeldern anzugeben hat, wird seiner durch § 370 AO strafbewehrten Erklärungspflicht regelmäßig bereits dadurch nachkommen können, dass er diese Einkünfte betragsmäßig offen legt und einer Einkunftsart zuordnet, ohne die genaue Einkunftsquelle zu benennen (vgl. auch BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht 4). Denn diese Erklärung reicht regelmäßig zu einer Festsetzung von Einkommensteuer aus, durch die im Ergebnis eine Verkürzung von Steuern – also der von § 370 AO vorausgesetzte Taterfolg – vermieden wird. Derartige Angaben, durch die sich der Steuerpflichtige nicht selbst einer Straftat bezichtigt, sondern lediglich Einkünfte offenbart, sind ihm ohne weiteres zumutbar. Die strafrechtliche Erzwingbarkeit dieser Erklärungspflicht in dem genannten beschränkten Umfang gerät regelmäßig nicht in Konflikt mit dem verfassungsrechtlich verbürgten Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit.
bb) Soweit nach der AO darüber hinaus Erläuterungspflichten (§§ 93 ff. AO) bestehen, die mit den in §§ 328 ff. AO genannten Zwangsmitteln durchsetzbar sind, ist der Steuerpflichtige zunächst durch das Steuergeheimnis (§ 30 AO) sowie das in § 393 Abs. 2 AO normierte begrenzte strafrechtliche Verwertungsverbot geschützt (vgl. BVerfGE 56, 37, 47; BGHR aaO). In dem Umfang, in dem dieser Schutz aufgrund überragender öffentlicher Interessen durch § 393 Abs. 2 Satz 2, § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO durchbrochen wird, gebietet der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit allenfalls, dass sich die erzwingbare Erklärungspflicht auf die betragsmäßige Angabe der Einkünfte als solche beschränkt und der Steuerpflichtige nicht mit Zwangsmitteln zur Abgabe weitergehender Erläuterungen zur – allein hierdurch nicht ermittelbaren – deliktischen Herkunft der Einkünfte angehalten werden kann (vgl. BGHR aaO). Nur soweit die steuerrechtliche Pflicht zur umfassenden Auskunft mit Zwangsmitteln durchsetzbar wäre, könnte ein Konflikt mit dem verfassungsrechtlich verbürgten Grundsatz bestehen, dass
niemand zur eigenen Überführung beitragen muss (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2005, 352, 353).
cc) Weder das allgemeine Persönlichkeitsrecht noch die Menschenwürde werden schon allein dadurch tangiert, dass ein Steuerpflichtiger zur Angabe von Einnahmen aus Straftaten verpflichtet ist (vgl. auch BVerfG – Vorprüfungsausschuss – wistra 1988, 302). Denn der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit schützt nicht vor einer Bestrafung strafbaren Verhaltens , sondern lediglich vor einer strafrechtlichen Verurteilung, die auf einem rechtlichen Zwang zur Selbstbelastung beruht (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2005, 352, 353). Die Grundrechte des Steuerpflichtigen sind jedenfalls dann gewahrt, wenn sich die Erzwingbarkeit der Erklärung nur auf die Angabe der Einnahme als solche und nicht auf deren – allein hierdurch nicht ermittelbare – deliktische Herkunft bezieht.
4. Die Strafzumessung lässt keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten erkennen. Insbesondere hat das Landgericht entgegen der Auffassung der Revision des Angeklagten E bei diesem den besonders engen Zusammenhang zwischen der Bestechlichkeit und der Steuerhinterziehung bei der Gesamtstrafbildung (vgl. hierzu BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht
4) ersichtlich dadurch hinreichend berücksichtigt, dass es die verhängten Einzelfreiheitsstrafen von drei Jahren, einem Jahr und sechs Monaten, zweimal einem Jahr, neun und vier Monaten straff zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten zusammengezogen
hat; ausdrücklicher Erwähnung bedurfte dieser Gesichtspunkt im vorliegenden Fall nicht.
Harms Häger Basdorf Gerhardt Raum

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 444/07
vom
9. Oktober 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 9. Oktober 2007 gemäß §§ 206 a
Abs. 1, 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird
a) das Verfahren in den Fällen II. 26., 27. und 91. der Urteilsgründe eingestellt. Insoweit trägt die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen Auslagen die Staatskasse;
b) das Urteil des Landgerichts Münster vom 26. März 2007 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in 154 Fällen schuldig ist. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Angeklagte trägt die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in 157 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und fünf Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt er die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
2
1. In den Fällen II. 26., 27. und 91. der Urteilsgründe kann das Urteil keinen Bestand haben, da bezüglich der dort ausgeurteilten Taten Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Das Verfahren ist daher insoweit in Anwendung des § 206 a Abs. 1 StPO einzustellen.
3
a) Die für das Vergehen nach § 299 StGB maßgebliche Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4, Abs. 4 StGB). Ihr Lauf begann nach § 78 a StGB jeweils mit der Annahme des Vorteils, d.h. hier mit der Entgegennahme der Vorteilszahlungen durch den Angeklagten. Wegen der betroffenen Taten wurde die Verjährung erstmals unterbrochen durch die Beschuldigtenvernehmung vom 18. Dezember 2002 (§ 78 c Abs. 1 Nr. 1 StGB). Der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Münster vom 28. November 2002 und der Haftbefehl des Amtsgerichts Münster vom 2. Dezember 2002 vermochten die Unterbrechung der Verjährung nicht herbeizuführen, da sie sich ausschließlich auf Taten des ersten Tatkomplexes (Taten II 1-20 der Urteilsgründe, Tatkomplex Firma ) bezogen. Der Senat schließt aus, dass bei den Taten zu II. 26., 27. und 91. der Urteilsgründe noch Feststellungen zu den genauen Zeitpunkten der Annahme der Vorteilszuwendungen durch den Angeklagten getroffen werden können. In Anwendung des Zweifelsgrundsatzes (vgl. hierzu Tröndle/Fischer StGB 54. Aufl. § 78 a Rdn. 6 m.w.N.) muss deshalb davon ausgegangen werden, dass auf die Rechnungen vom 1. Dezember 1997 (Fall II. 26.), 4. Dezember 1997 (Fall II. 27.) und 9. Dezember 1997 (Fall II. 91.) noch vor dem 18. Dezember 1997 die Zahlungen an den Angeklagten erfolgt sind, so dass insoweit Verfolgungsverjährung eingetreten ist.
4
b) Die Verfahrenseinstellung führt zum Wegfall der in den Fällen II. 26., 27. und 91. der Urteilsgründe festgesetzten Einzelstrafen. Der Bestand der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe wird hierdurch nicht berührt. Der Senat schließt in Anbetracht der Vielzahl und der Höhe der verbleibenden Einzelstrafen aus, dass das Landgericht ohne den aufgezeigten Rechtsfehler, das heißt bei Verurteilung "nur" wegen 154 Einzeltaten, auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
5
2. Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Entgegen der Auffassung der Revision steht der Anwendung des § 299 StGB auch nicht entgegen, dass die den einzelnen Zahlungen zu Grunde liegenden Unrechtsvereinbarungen in der Zeit vor dem 20. August 1997, also noch vor dem Inkrafttreten des Korruptionsbekämpfungsgesetzes vom 13. August 1997 (BGBl. I 2038) getroffen wurden. Denn auch vor Inkrafttreten des § 299 StGB stand das Verhalten des Angeklagten unter einer - wenn auch milderen - Strafandrohung, nämlich der des § 12 UWG. Die Anwendung des schärferen Strafrahmens der §§ 299, 300 StGB entspricht daher der Regelung des § 2 Abs. 2 StGB, da die abgeurteilten Taten jeweils erst nach dem 20. August 1997 mit der Entgegennahme der Vorteilszuwendungen durch den Angeklagten beendet worden sind.
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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 103/17
vom
18. Mai 2017
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
___________________________________
1. Werden Bestechung oder Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in der Form
begangen, dass der Bestechende zunächst den Vorteil gewährt und der Bestochene
sodann die im Wettbewerb unlauter bevorzugende Handlung vornimmt, so
sind beide Taten beendet und beginnt damit die Frist für deren Verfolgungsverjährung
zu laufen, wenn diese Handlung vollständig abgeschlossen ist.
2. Bestehen die bevorzugenden Handlungen nach der getroffenen Unrechtsvereinbarung
in dem Abschluss und der Durchführung eines Vertrags, so tritt daher die
Beendigung der Taten erst ein, wenn der Bestochene die letzte von ihm zur Vertragserfüllung
bestimmte Leistung erbringt.
3. Zum tatrichterlichen Ermessen bei der Gewinnabschöpfung mittels Verbandsgeldbuße
gemäß § 30 OWiG.
ECLI:DE:BGH:2017:180517U3STR103.17.0
BGH, Urteil vom 18. Mai 2017 - 3 StR 103/17 - LG Verden
in der Strafsache gegen

die Nebenbeteiligte

wegen Verbandsgeldbuße
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 18. Mai 2017, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Becker,
Richter am Bundesgerichtshof Gericke, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Spaniol, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Tiemann, Dr. Berg als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Vertreter der Nebenbeteiligten,
Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Verden vom 11. Juli 2016 im Ausspruch über die gegen die Nebenbeteiligte festgesetzten Geldbußen mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten P. und N. jeweils wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr in zwei Fällen sowie Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in 101 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Gegen die Nebenbeteiligte hat es wegen der beiden Taten der Bestechung im geschäftlichen Verkehr, "die durch die Angeklagten als vertretungsberechtigtes Organ des Unternehmens der Nebenbeteiligten begangen wurden", zwei Geldbußen von jeweils 25.000 € festgesetzt. Mit ihrer zu Ungunsten der Nebenbeteiligten eingelegten, auf den diese betreffenden Rechtsfolgenausspruch beschränkten und auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft die Höhe der Geldbußen. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

2
1. Zu den zwei Fällen der Bestechung im geschäftlichen Verkehr hat das Landgericht im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
3
Die Angeklagten P. und N. waren bis 2010 Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Nebenbeteiligten, einer Bauunternehmung im Hoch- und Gewerbebau. Die Nebenbeteiligte führte für die Firma B. ab 2001 Bau- und Modernisierungsmaßnahmen in sechs Baustufen auf deren Betriebsgelände durch. Die Angeklagten kamen mit zwei Verantwortlichen der Firma B. , dem Geschäftsführer H. und dem Leiter der Abteilung Bauwesen Bö. , überein, dass diese von der Nebenbeteiligten bestimmte wirtschaftliche Vorteile als Gegenleistung für den Auftrag zur Baustufe 6 erhalten sollten. Die von den Angeklagten anschließend bewirkte Vorteilsgewährung fand wie folgt statt:
4
An H. und dessen Ehefrau veräußerte die Nebenbeteiligte drei in ihrem Eigentum stehende Doppelhaushälften für insgesamt 300.000 € bei einem realistischen Gesamtwert von 600.000 €; am 1. Juni 2005 wurden die neuen Eigentümer in das Grundbuch eingetragen (Fall 1).
5
An Bö. zahlte die Nebenbeteiligte am 2. September 2005 ohne vertragliche Grundlage 55.680 € für "Beratungsleistungen". Darüber hinaus veräußerte sie an ihn zwei in ihrem Eigentum stehende Doppelhaushälften zu einem um insgesamt 137.000 € vergünstigten Kaufpreis; die Eintragungen des neuen Eigentümers in das Grundbuch wurden am 8. Dezember 2005 vorgenommen (Fall 2).
6
H. und Bö. unterzeichneten am 6. Juli 2005 im Namen der Firma B. das Vergabeprotokoll für die Baustufe 6 über eine Auftragssumme von 2,785 Mio. € zu Gunsten der Nebenbeteiligten. Beide ließen sich von den (versprochenen) Zuwendungen leiten, worauf es den Angeklagten ankam. Die Baustufe 6 hatte später - nach Zusatzaufträgen - ein Gesamtvolumen von ca. 3,4 Mio. €.
7
2. Bei der Bemessung der Höhe der Geldbußen hat das Landgericht, ausgehend von einem Bußgeldrahmen zwischen 5 € und 1 Mio. € jeweils nur einen Ahndungsanteil von 25.000 €, jedoch keinen Abschöpfungsanteil bestimmt.
8
Von einer Gewinnabschöpfung mittels Geldbuße hat es - "nach pflichtgemäßem Ermessen" - abgesehen, obwohl es den wirtschaftlichen "Gesamtvorteil" , den die Nebenbeteiligte durch die Baustufe 6 erzielte, auf 15% des Gesamtvolumens , mithin auf 500.000 €, geschätzt hat. Es hat seine Ermessensausübung im Kern darauf gestützt, dass die Firma B. gegen die Nebenbeteiligte in einem Zivilrechtsstreit im Wege der Widerklage Ersatzansprüche in Höhe von 3,7 Mio. € geltend macht. Die Bestimmung von Abschöpfungsanteilen würde die Realisierung der Ansprüche für die Firma B. unangemessen erschweren.

II.

9
Hinsichtlich der gemäß § 30 OWiG festgesetzten Geldbußen besteht nicht das Verfahrenshindernis der Verfolgungsverjährung.
10
1. Der Senat hat das Verfahrenshindernis von Amts wegen auf Grund eigener Sachuntersuchung im Freibeweisverfahren zu prüfen (vgl. BGH, Urteil vom 22. August 2006 - 1 StR 547/05, NStZ 2007, 213, 214). Es wirkt sich insoweit nicht aus, dass die Staatsanwaltschaft ihr Rechtsmittel auf den die Neben- beteiligte betreffenden Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat und somit der den Geldbußen zugrundeliegende Schuldspruch gegen die Angeklagten nicht der revisionsgerichtlichen Kontrolle unterliegt (s. LR/Franke, StPO, 26. Aufl., § 337 Rn. 26 mwN); denn ein Verfahrenshindernis beträfe unmittelbar auch die Geldbußen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Februar 2017 - 3 StR 546/16, juris Rn. 5).
11
2. Die - auch zu Gunsten der Nebenbeteiligten vorzunehmende (vgl. § 301 StPO) - freibeweisliche Überprüfung hat ergeben, dass keine Verfolgungsverjährung eingetreten ist.
12
Die gegen die Nebenbeteiligte als rechtsfähige Personengesellschaft festgesetzten Geldbußen sind denselben Verjährungsregeln unterworfen wie die zugrundeliegenden Taten der Bestechung im geschäftlichen Verkehr nach § 299 Abs. 2 aF StGB (vgl. § 2 Abs. 1 StGB). Löst eine von einer natürlichen Person begangene Straftat die Haftung einer juristischen Person oder einer Personenvereinigung nach § 30 OWiG aus, so gelten im Verfahren gegen die juristische Person bzw. die Personenvereinigung die für die Tat der natürlichen Person maßgeblichen Vorschriften über die Verjährung (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2000 - 1 StR 411/00, BGHSt 46, 207).
13
Die Frist für die Verjährung der Bußgeldverfolgung bemisst sich demnach gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 i.V.m. § 299 Abs. 1, 2 aF StGB auf fünf Jahre. Die Verjährungsfristen für die Geldbußen haben nicht vor dem 30. Oktober 2006 zu laufen begonnen (nachfolgend a). Die Fristen wurden bis zur Verkündung des Urteils am 11. Juli 2016 wiederholt jeweils vor ihrem Ablauf mit der Rechtsfolge des § 78c Abs. 3 Satz 1 StGB unterbrochen (unten b). Die absolute Grenze zur Verjährung (§ 78c Abs. 3 Satz 2 StGB) war bei Urteilsverkündung noch nicht erreicht (unten c). Seither ruht die Verjährung nach § 78b Abs. 3 StGB78c Abs. 3 Satz 3 StGB).
14
a) Die Verjährungsfristen für die abgeurteilten Taten der Bestechung im geschäftlichen Verkehr haben nach § 78a StGB mit der jeweiligen materiellen Tatbeendigung begonnen. Diese trat in beiden Fällen nicht vor dem 30. Oktober 2006 ein, als Schlussrechnungen für die Baustufe 6 gestellt wurden (FA 8.01 Reg. 5 Bl. 11 ff. [Rechnungen Nrn. 22.222 & 22.225]; SA Bd. X Bl. 14). Auf die Vornahme der (letzten) Vorteilsgewährung am 1. Juni 2005 (Fall 1) bzw. am 8. Dezember 2005 (Fall 2) oder auf die Vergabe des Auftrags zur Baustufe 6 am 6. Juli 2005 ist dagegen nicht abzustellen. Vielmehr waren die Taten erst mit der Zahlungsabwicklung hinsichtlich dieser Baustufe beendet.
15
aa) Materiell beendet ist eine Tat, wenn der Täter sein rechtsverneinendes Tun insgesamt abgeschlossen hat, das Tatunrecht mithin tatsächlich in vollem Umfang verwirklicht ist (vgl. BGH, Urteile vom 26. Februar 1997 - 3 StR 525/96, BGHSt 43, 1, 7; vom 18. Juni 2003 - 5 StR 489/02, NJW 2003, 2996, 2997). Zur Tatbeendigung zählen daher auch solche Umstände, die zwar nicht mehr von der objektiven Beschreibung des Tatbestands erfasst werden, aber dennoch das materielle Unrecht der Tat vertiefen, weil sie den Angriff auf das geschützte Rechtsgut perpetuieren oder gar intensivieren (BGH, Urteile vom 19. Juni 2008 - 3 StR 90/08, BGHSt 52, 300, 302 f.; vom 6. September 2011 - 1 StR 633/10, NStZ 2012, 511, 513).
16
Für die Bestechung im geschäftlichen Verkehr nach § 299 Abs. 2 aF bzw. § 299 Abs. 2 Nr. 1 nF StGB bedeutet dies: Sind sich der Bestochene und der Bestechende über die bevorzugende Handlung und die hierfür zu erbringende Gegenleistung einig und wird die Unrechtsvereinbarung tatsächlich voll umgesetzt, kommt es für die Tatbeendigung auf die jeweils letzte Handlung zur beidseitigen Erfüllung der getroffenen Vereinbarung an. Die Taten sind in diesen Fällen beendet, wenn der Vorteil vollständig entgegengenommen (s. hierzu BGH, Urteile vom 13. Oktober 1994 - 1 StR 614/93, BGHR UWG § 12 Abs. 2 Angestelltenbestechlichkeit 1; vom 2. Dezember 2005 - 5 StR 119/05, NJW 2006, 925, 927 [in BGHSt 50, 299 nicht abgedr.]; Beschluss vom 9. Oktober 2007 - 4 StR 444/07, NStZ-RR 2008, 42, 43) und zugleich die bevorzugende Handlung vollständig abgeschlossen ist.
17
Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsprechung zu den Straftatbeständen der Bestechlichkeit (§ 332 StGB) und der Bestechung (§ 334 StGB) entwickelt (s. insb. Urteile vom 29. Januar 1998 - 1 StR 64/97, NJW 1998, 2373; vom 19. Juni 2008 - 3 StR 90/08, BGHSt 52, 300, 303 ff.; ferner Urteil vom 6. September 2011 - 1 StR 633/10, NStZ 2012, 511, 513; Beschluss vom 31. März 2011 - 4 StR 657/10, wistra 2011, 308, 309). Sie ist im Hinblick auf die gleichartige Deliktsstruktur auf die Bestechung und die Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (§ 299 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB) zu übertragen (vgl. SK-StGB/Rogall, 131. Lfg., § 299 Rn. 90; ferner Fischer, StGB, 64. Aufl., § 299 Rn. 38; MüKoStGB/Krick, 2. Aufl., § 299 Rn. 38; Sahan in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 299 StGB Rn. 55). So wie die Lauterkeit der Amtsausübung am nachhaltigsten durch die erkaufte pflichtwidrige Diensthandlung beeinträchtigt wird (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 2008 - 3 StR 90/08, aaO, S. 304), ist der freie Wettbewerb in erster Linie durch die bevorzugende - wettbewerbswidrige - Handlung bedroht.
18
bb) Die bevorzugende Handlung war hier erst mit der Zahlungsabwicklung der Baustufe 6 abgeschlossen, mithin keinesfalls vor Erstellung der Schlussrechnungen vom 30. Oktober 2006. Bevor die Rechnungen beglichen waren, lag noch keine vollständige Umsetzung der Unrechtsvereinbarung vor.
19
(1) Das ergibt sich aus Folgendem:
20
Die Unrechtsvereinbarung zwischen den Angeklagten P. und N. sowie H. und Bö. sah nicht nur den Vertragsschluss durch Vergabe des Auftrags zur Baustufe 6, sondern auch die Vertragserfüllung durch gegenseitige Leistungserbringung vor. Das versteht sich auf der Grundlage der Feststellungen von selbst: Auf der einen Seite kam es den Angeklagten gerade auf die Werklohnzahlungen zu Gunsten der Nebenbeteiligten an; an einem nicht durchgeführten Bauvertrag hatten sie ersichtlich kein Interesse. Auf der anderen Seite waren H. und Bö. in die Abwicklung der Baumaßnahmen eingebunden; Bö. war - unter der Aufsicht und Mitwirkung von H. - insbesondere auch dafür zuständig, die Rechnungen zu prüfen und die Zahlungen freizugeben (UA S. 4).
21
Dieses Verständnis der im vorliegenden Fall getroffenen Unrechtsvereinbarung korrespondiert mit der gesetzlichen Wertung: Die Vorschrift des § 299 Abs. 2 aF StGB299 Abs. 2 Nr. 1 nF StGB) definiert die Unrechtsvereinbarung in einem weiten Sinne. Hiernach muss die für den Vorteil erstrebte Gegenleistung eine Bevorzugung beim "Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen" (nunmehr "Dienstleistungen", womit - zusätzlich - Leistungen von Freiberuflern erfasst werden [s. BeckOK StGB/Momsen/Laudien, § 299 Rn. 21]) betreffen , gleichviel ob der Bestochene oder - wie hier - der Bestechende Waren liefern oder Leistungen erbringen soll (vgl. MüKoStGB/Krick aaO, Rn. 26 mwN). Der Begriff "Bezug" umfasst das gesamte auf die Erlangung oder den Absatz von Waren oder Leistungen gerichtete Geschäft. Darunter fallen alle wirtschaftlichen Vorgänge von der Bestellung bis zur Bezahlung (vgl. LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 31), mithin gerade die als Entgelt bewirkten Geldleistungen (BGH, Urteil vom 2. Mai 1957 - 4 StR 119-120/56, BGHSt 10, 269, 270), die auch hier Bestandteil der Unrechtsvereinbarung waren.
22
Hinzu kommt, dass durch die Werklohnzahlungen der Angriff auf die Rechtsgüter des § 299 StGB perpetuiert und intensiviert wurde. Die Strafnorm schützt neben dem freien Wettbewerb auch die Geschäftsinteressen des Geschäftsherrn des bestochenen Angestellten oder Beauftragten bei intern pflichtwidrigem Verhalten (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 1983 - 1 StR 490/82, BGHSt 31, 207, 210 ff.; MüKoStGB/Krick aaO, Rn. 2 mwN); der Geschäftsherr ist unter ökonomischen Gesichtspunkten darauf angewiesen, dass Mitarbeiter ihr geschäftliches Handeln grundsätzlich nach wettbewerblichen Kriterien ausrichten. Hier wurde die die Interessen der Firma B. verletzende, wettbewerbswidrige Bevorzugung der Nebenbeteiligten durch H. und Bö. im Wege der Rechnungsbegleichung fortgesetzt; sie fand erst mit der letzten Zahlung ihren Abschluss.
23
(2) Dieser rechtlichen Beurteilung steht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den Amtsdelikten der Bestechlichkeit und der Bestechung nicht entgegen, wonach nachfolgende Handlungen des Bestechenden, die die pflichtwidrige Diensthandlung des Bestochenen lediglich ausnutzen, für die Beendigung des Delikts deshalb ohne Belang sind, weil sie außerhalb der Erfüllung der Unrechtsvereinbarung liegen (so Urteil vom 29. Januar 1998 - 1 StR 64/97, NJW 1998, 2373; vgl. auch Urteil vom 19. Juni 2008 - 3 StR 90/08, BGHSt 52, 300, 305). Inwieweit dieser Rechtssatz sinngemäß auf die Bestechung und die Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr zu übertragen ist (so MüKoStGB/Krick aaO, Rn. 38: bloßes Ausnutzen der bevorzugenden Handlung ), kann vorliegend dahinstehen. Eine vergleichbare Fallgestaltung ist hier nicht gegeben. Zu beurteilen sind nicht Handlungen des Bestechenden, vielmehr weitere Handlungen des Bestochenen in Erfüllung der Unrechtsvereinbarung unter fortwährender Verletzung der Interessen des Geschäftsherrn. Überdies hatte der Bestechende in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall (Urteil vom 29. Januar 1998 - 1 StR 64/97, aaO) die Handlungen gerade ge- genüber dritten, nicht an der Unrechtsvereinbarung beteiligten Personen vorgenommen.
24
b) Die Verjährung wurde unter anderem durch die Durchsuchungsbeschlüsse des Amtsgerichts Verden vom 18. Februar 2010 (SA Bd. I Bl. 77 f.) und vom 27. April 2010 (SA Bd. I Bl. 168 ff.) nach § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB sowie durch den Eingang der Anklage beim Landgericht Verden am 8. April 2015 (SA Bd. X Bl. 17) nach § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StGB unterbrochen. Da gegen die Nebenbeteiligte kein selbständiges Verfahren geführt wurde , haben die gegen den Angeklagten P. ergangenen richterlichen Durchsuchungsanordnungen auch ihr gegenüber verjährungsunterbrechend gewirkt (s. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2000 - 1 StR 411/00, BGHSt 46, 207, 208; Beschluss vom 5. Juli 1995 - KRB 10/95, NStZ-RR 1996, 147, 148; vom 28. Juni 2005 - KRB 2/05, BGHR OWiG § 30 Abs. 1 Verjährung 2), unbeschadet dessen, dass die Durchsuchungsanordnungen nach §§ 103, 105 StPO Geschäftsräume der Nebenbeteiligten betrafen (s. BGH, Beschluss vom 1. August 1995 - 1 StR 275/95, BGHR StGB § 78c Abs. 4 Bezug 1).
25
c) Die absolute Verjährungsfrist beträgt gemäß § 78c Abs. 3 Satz 2 StPO zehn Jahre ab jeweiliger Tatbeendigung, die nicht vor dem 30. Oktober 2006 eintrat, so dass sie in beiden Fällen bei Urteilsverkündung am 11. Juli 2016 noch nicht abgelaufen war.

III.

26
Die Überprüfung des Ausspruchs über die gegen die Nebenbeteiligte festgesetzten Geldbußen führt zu dessen Aufhebung. Das Landgericht hat zu deren Gunsten rechtsfehlerhaft davon abgesehen, Abschöpfungsanteile der Geldbußen zu bestimmen. Hinsichtlich der Ahndungsanteile haben sich weder zum Vorteil der Nebenbeteiligten noch (vgl. § 301 StPO) zu ihrem Nachteil durchgreifende Rechtsfehler ergeben.
27
1. Die Voraussetzungen für die Festsetzung von Geldbußen nach § 30 Abs. 1 OWiG liegen vor.
28
Die Angeklagten waren als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Nebenbeteiligten taugliche Täter (entweder nach § 30 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 oder § 30 Abs. 1 Nr. 5 OWiG [s. hierzu Niesler in Graf/Jäger /Wittig, aaO, § 30 OWiG Rn. 31 aE; KK-Rogall, OWiG, 4. Aufl., § 30 Rn. 74 f.]). Die Nebenbeteiligte wurde durch die beiden Taten der Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 Abs. 2 aF StGB) bereichert (s. Förster in Rebmann /Roth/Herrmann, OWiG, 3. Aufl., 7. Lfg., § 30 Rn. 31). Darüber hinaus verletzten die Angeklagten mit den Bestechungshandlungen betriebsbezogene Pflichten (s. BeckOK OWiG/Meyberg, § 30 Rn. 82; einschränkend - ohne Auswirkung auf die hiesige Fallgestaltung - Groß/Reichling, wistra 2013, 89, 92 f.).
29
2. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landgericht bei der Zumessung der Geldbußen dem Grunde nach zwischen den Bedürfnissen der Ahndung des Rechtsverstoßes und der Gewinnabschöpfung unterschieden. Die Verbandsgeldbuße soll aus einem der Höhe nach durch den Bußgeldrahmen des § 30 Abs. 2 OWiG begrenzten Ahndungsanteil, der unter sinngemäßer Anwendung des § 17 Abs. 3 OWiG zu bestimmen ist, und einem Abschöpfungsanteil bestehen , der gemäß § 17 Abs. 4, § 30 Abs. 3 OWiG - gegebenenfalls unter Überschreitung dieses Bußgeldrahmens - den aus der Anknüpfungstat erwachsenen wirtschaftlichen Vorteil erfasst. Grundsätzlich muss sich aus den Entscheidungsgründen ergeben, in welcher Höhe eine Geldbuße ahndender und in welcher Höhe sie abschöpfender Natur ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. April 2005 - KRB 22/04, NStZ 2006, 231, 232; vom 17. Oktober 2013 - 3 StR 167/13, wistra 2014, 228, 232 [in BGHSt 59, 34 nicht abgedr.]; Göhler/Gürtler, OWiG, 16. Aufl., § 17 Rn. 43).
30
a) Die Entscheidung der Strafkammer, von der Abschöpfung der wirtschaftlichen Vorteile abzusehen, hält jedoch rechtlicher Prüfung nicht stand.
31
aa) Insoweit gilt:
32
Der Tatrichter ist zwar nicht stets zur Bestimmung des Abschöpfungsteils der Verbandsgeldbuße neben dem Ahndungsanteil verpflichtet. Im Einzelfall können auch Gründe dafür bestehen, nur eine Ahndung auszusprechen. Der - nach herrschender Meinung auf der Grundlage des Nettoprinzips zu bestimmende (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2016 - 5 StR 424/15, juris Rn. 4 f.; KK-Rogall aaO, Rn. 141 mwN; offen gelassen im Senatsbeschluss vom 17. Oktober 2013 - 3 StR 167/13, aaO) - wirtschaftliche Vorteil, der der Personenvereinigung aus der Tat zugeflossen ist, stellt jedoch nach § 30 Abs. 3, § 17 Abs. 4 Satz 1 OWiG rechnerisch im Regelfall die untere Grenze der Geldbuße dar. Bleibt die für erforderlich gehaltene Ahndung hinter dem wirtschaftlichen Vorteil zurück, wird der Restbetrag regelmäßig durch den Abschöpfungsanteil zu erfassen sein (vgl. - für den kartellbedingten Mehrerlös - BGH, Beschlüsse vom 25. April 2005 - KRB 22/04, aaO; vom 19. Juni 2007 - KRB 12/07, BGHSt 52, 1, 11).
33
Dass aus der Anknüpfungstat erwachsene Ansprüche von Verletzten gegen die juristische Person oder Personenvereinigung bestehen oder geltend gemacht werden, hindert die Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils nicht. Das Recht der Ordnungswidrigkeiten kennt keine einschränkende Regelung, die § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB in der noch geltenden Fassung entspricht; der darin normierte Rechtsgedanke findet keine Anwendung. Das gilt nicht nur für den gemäß § 30 Abs. 5 OWiG nachrangigen Verfall des § 29a OWiG (vgl. KKMitsch , OWiG, 4. Aufl., § 99 Rn. 7), sondern auch für die vorliegend zu beurteilende Geldbuße nach § 30 OWiG (vgl. KK-Rogall aaO, Rn. 146 mwN). Auch soweit diese Vorschrift - wie hier - auf der Tatbestandsseite nicht an eine Ordnungswidrigkeit , sondern an eine Kriminalstraftat anknüpft, so dass die Verfolgungsverjährung (s. dazu oben II.2.) ebenso wie Unrecht und Schuld strafrechtlich zu beurteilen sind, enthält sie eine eigenständige Rechtsfolgenregelung rein ordnungswidrigkeitenrechtlicher Natur, die für einen derartigen Rückgriff auf § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB keinen Raum lässt.
34
Von dem Grundsatz, dass durch die Geldbuße der wirtschaftliche Vorteil auch tatsächlich abzuschöpfen ist, kann im Rahmen der pflichtgemäßen Ausübung des Ermessens (s. § 17 Abs. 4 Satz 1 OWiG: "soll") unter dem Gesichtspunkt von Ansprüchen Verletzter nur dann eine Ausnahme gemacht werden, wenn eine Abschöpfung durch die Verletzten bereits durchgeführt oder unmittelbar eingeleitet ist (so - für den kartellbedingten Mehrerlös - BGH, Beschluss vom 19. Juni 2007 - KRB 12/07, aaO). In der zweiten Alternative setzt dies die Feststellung voraus, dass die Realisierung der Ansprüche gesichert ist, was ohne Vorliegen eines unanfechtbaren Titels selten wird angenommen werden können. Insoweit macht es sachlich keinen Unterschied, ob ein solcher Titel zwingend für erforderlich (so Göhler/Gürtler aaO, Rn. 42; KK-Rogall aaO, Rn. 146 f.) oder es für ausreichend gehalten wird, dass mit der Abschöpfung durch den Verletzten unzweifelhaft zu rechnen ist (so Förster aaO, 19. Lfg., § 30 Rn. 45). Verbleibt ein nicht zu vernachlässigendes Risiko, dass die Ansprüche Verletzter nicht realisiert werden können, so besteht jedenfalls allein unter diesem Gesichtspunkt für ein Absehen von der Bestimmung eines entsprechenden Abschöpfungsanteils kein Anlass.
35
Hiermit korrespondiert, dass das Ordnungswidrigkeitenrecht in § 99 Abs. 2 OWiG eine vollstreckungsrechtliche Lösung für derartige Fallgestaltungen vorsieht. Nach dieser - unmittelbar nur für den Verfall nach § 29a OWiG geltenden - Regelung ist die Beitreibung des Verfallsbetrags einzustellen und ein etwa gezahlter Betrag zurückzuerstatten, wenn eine rechtskräftige Entscheidung über den Anspruch eines Verletzten vorgelegt wird. Auf den Abschöpfungsanteil der Geldbuße ist die Regelung auf Grund gleichartiger Interessenlage zu übertragen (vgl. KK-Mitsch aaO, § 17 Rn. 129).
36
bb) Gemessen an den dargelegten Maßstäben erweisen sich die im Urteil dargelegten Erwägungen zu den Abschöpfungsanteilen als ermessensfehlerhaft.
37
(1) Im Urteil wird zwar mitgeteilt, dass mit der Feststellung der Ersatzpflicht der Nebenbeteiligten gegenüber der geschädigten Firma B. in einer Höhe der auf 500.000 € geschätzten wirtschaftlichen Vorteile "zweifelsfrei zu rechnen" sei (UA S. 26). Jedoch wird diese Prognose nicht hinreichend belegt. Die Strafkammer hat sie damit begründet, dass die Firma B. gegen die Nebenbeteiligte in einem - bei Urteilsverkündung im Hinblick auf das hiesige Strafverfahren ausgesetzten - Zivilrechtsstreit widerklagend Ersatzansprüche in Höhe von 3,7 Mio. € geltend macht und sich die bei der Nebenbeteiligten ausgeschiedenen Angeklagten zu den Tatvorwürfen geständig eingelassen haben. Diese Erwägungen tragen die getroffene Prognose indes nicht; notwendige wesentliche Feststellungen fehlen:
38
Auf die Erhebung der zivilrechtlichen Widerklage kann die hinreichend sichere Realisierung der geltend gemachten Ansprüche nicht ohne Weiteres gestützt werden. Die Erfolgsaussichten lassen sich allein anhand dieser Feststellung nicht bewerten. Zwar mag es auch sein, dass die Angeklagten in dem Zivilverfahren prinzipiell als Zeugen zur Verfügung stehen; es bleibt jedoch bereits unklar, ob ihre Einvernahme von der Firma B. angeboten worden ist und sie - zuverlässig - ausgesagt haben oder aussagen werden.
39
Selbst wenn jedoch der Erfolg der von der Firma B. erhobenen Widerklage gesichert wäre, wäre die Abschöpfung der aus den verfahrensgegenständlichen Taten der Bestechung im geschäftlichen Verkehr resultierenden wirtschaftlichen Vorteile nicht geklärt. Denn der Gegenstand der Widerklage wird nicht konkretisiert. So wird nicht mitgeteilt, inwieweit zu den geltend gemachten Ersatzansprüchen solche für die hier verfahrensgegenständliche Baustufe 6 zählen. Vielmehr könnte sich die Widerklage ebenso auf andere bei der Firma B. eingetretene Vermögensschäden beziehen.
40
Derartige Schäden kommen hier, auch in einem hohen Ausmaß, ernstlich in Betracht. Nach den vom Landgericht zum Vortatgeschehen getroffenen Feststellungen hatte zeitlich vor den verfahrensgegenständlichen Taten die Firma B. der Nebenbeteiligten bereits in beträchtlichem Umfang Bauaufträge erteilt; im Gegenzug hatten H. und Bö. ganz erhebliche Zuwendungen von der Nebenbeteiligten erhalten. Diese Zuwendungen waren in an die Firma B. gestellten Rechnungen unberechtigt "aufgeschlagen" worden (UA S. 5), so dass sie letztlich deren Vermögen schmälerten. Die einzelnen Summen zu den an die Nebenbeteiligte geleisteten Zahlungen sowie den H. und Bö. zugewendeten Vermögenswerten sind im Urteil nicht genannt. Ein Hinweis auf die Größenordnung kann allerdings darin bestehen, dass der Gesamtumsatz, den die Nebenbeteiligte zwischen 2002 und 2009 mit der Firma B. erzielte, auf ca. 10 Mio. € beziffert wird. Auf der anderen Seite sind für die verfahrensgegenständlichen Taten Feststellungen zu einem vergleichbaren Kick-back-Verfahren nicht getroffen.
41
(2) Hinzu kommt, dass die Erwägung der Strafkammer, eine Abschöpfung der wirtschaftlichen Vorteile würde für die Firma B. die Realisierung ihrer Ersatzansprüche hinsichtlich der Baustufe 6 unangemessen erschweren, von nicht zutreffenden rechtlichen Prämissen ausgeht. Sollte die Firma B. einen diesbezüglichen Titel erstreiten, so wäre er im ordnungswidrigkeitenrechtlichen Vollstreckungsverfahren analog § 99 Abs. 2 OWiG zu behandeln, so dass das der zivilrechtlichen Zwangsvollstreckung unterfallende Vermögen der Nebenbeteiligten nicht dauerhaft geschmälert wäre.
42
b) Gegen die Bemessung der Ahndungsanteile ist hingegen rechtlich nichts zu erinnern.
43
Das Landgericht hat sich zutreffend an den Maßstäben des § 17 Abs. 3 OWiG orientiert, wobei es gemäß der Eigenart des § 30 OWiG namentlich auf die Bedeutung der Straftaten nach § 299 Abs. 2 aF StGB und das Ausmaß der den Angeklagten vorzuwerfenden Pflichtverletzungen (s. BGH, Urteil vom 14. Februar 2007 - 5 StR 323/06, NStZ-RR 2008, 13, 15; Beschluss vom 17. Oktober 2013 - 3 StR 167/13, wistra 2014, 228, 231) sowie die wirtschaftlichen Verhältnisse der Nebenbeteiligten abgestellt hat. Auch hat das Landgericht die ihr zugeflossenen wirtschaftlichen Vorteile schon bei der Bemessung der Ahndungsanteile mitberücksichtigen dürfen (s. BGH, Beschluss vom 24. April 1991 - KRB 5/90, BGHR OWiG § 17 Vorteil 1).

IV.

44
1. Infolge des rechtsfehlerhaften Absehens von der Bestimmung von Abschöpfungsanteilen ist das Urteil im Ausspruch über die gegen die Nebenbeteiligte festgesetzten Geldbußen aufzuheben. Entgegen dem Antrag der Be- schwerdeführerin können die Feststellungen zur Höhe der Geldbußen nicht bestehen bleiben, weil sie nicht rechtsfehlerfrei getroffen sind. Das Urteil legt die Grundlagen für die Schätzung des aus den Taten erwachsenen "Gesamtvorteils" in Höhe von 500.000 € nicht hinreichend dar.
45
Für die Bezifferung der wirtschaftlichen Vorteile ist ein Vergleich der tatsächlichen Vermögenssituation der Nebenbeteiligten mit derjenigen Vermögenssituation vorzunehmen, die bestanden hätte, wenn die Angeklagten nicht die abgeurteilten Taten der Bestechung im geschäftlichen Verkehr begangen hätten. Zwar ist insoweit eine grobe Schätzung ausreichend (vgl. BGH, Urteil vom 14. Februar 2007 - 5 StR 323/06, aaO). Erforderlich sind jedoch - wenngleich keine überspannten Anforderungen zu stellen sind - nachprüfbare Angaben zu den tragenden Grundlagen in den Urteilsgründen (vgl. auch KK-Mitsch aaO, § 17 Rn. 124).
46
Die Strafkammer ist bei ihrer Schätzung von einer im Hochbau üblichen Gewinnspanne von 10% des Auftragsvolumens ausgegangen, ohneallerdings - was ausreichend sein könnte - die Quelle dieses Erfahrungssatzes mitzuteilen. Den prozentualen Anteil hat sie "im Hinblick auf die langjährig praktizierte Gewährung von Vorteilen an ... H. und P. " (gemeint: Bö. ) noch um weitere 5% des Auftragsvolumens erhöht (UA S. 25 f.). Ein - offenbar hiermit postulierter - regelhafter kausaler Zusammenhang zwischen der Dauer des korrupten Zusammenwirkens einerseits und dem prozentualen Gewinnanteil am Umsatz andererseits ist ohne weitere Darlegungen indes nicht plausibel und trägt daher, isoliert betrachtet, als Schätzgrundlage nicht. Das gilt umso mehr, als die Strafkammer, anders als die Generalstaatsanwaltschaft Celle meint, für die Baustufe 6 gerade nicht festgestellt hat, dass die Zuwendungen der Nebenbeteiligten an H. und Bö. bei der Rechnungsstellung an die Firma B. betragsmäßig aufgeschlagen worden wären.
47
2. Abschließend weist der Senat auf Folgendes hin:
48
Bei der Festsetzung einer Geldbuße gegen eine juristische Person oder Personenvereinigung gemäß § 30 OWiG ist darauf Bedacht zu nehmen, dass diese mit Namen und Anschrift sowie unter Angabe des bzw. der Vertretungsberechtigten in das Rubrum aufgenommen oder zumindest in der Urteilsformel bezeichnet wird. Nur so bildet das Urteil eine geeignete Grundlage für die Vollstreckung (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 444 Rn. 15).
Becker Gericke Spaniol Tiemann Berg

Die Verjährung beginnt, sobald die Tat beendet ist. Tritt ein zum Tatbestand gehörender Erfolg erst später ein, so beginnt die Verjährung mit diesem Zeitpunkt.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch

1.
die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe,
2.
jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder deren Anordnung,
3.
jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist,
4.
jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
5.
den Haftbefehl, den Unterbringungsbefehl, den Vorführungsbefehl und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
6.
die Erhebung der öffentlichen Klage,
7.
die Eröffnung des Hauptverfahrens,
8.
jede Anberaumung einer Hauptverhandlung,
9.
den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung,
10.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens oder im Verfahren gegen Abwesende zur Ermittlung des Aufenthalts des Angeschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen ergeht,
11.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten ergeht, oder
12.
jedes richterliche Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen.
Im Sicherungsverfahren und im selbständigen Verfahren wird die Verjährung durch die dem Satz 1 entsprechenden Handlungen zur Durchführung des Sicherungsverfahrens oder des selbständigen Verfahrens unterbrochen.

(2) Die Verjährung ist bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung abgefasst wird. Ist das Dokument nicht alsbald nach der Abfassung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist.

(3) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 78a bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und, wenn die Verjährungsfrist nach besonderen Gesetzen kürzer ist als drei Jahre, mindestens drei Jahre verstrichen sind. § 78b bleibt unberührt.

(4) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht.

(5) Wird ein Gesetz, das bei der Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert und verkürzt sich hierdurch die Frist der Verjährung, so bleiben Unterbrechungshandlungen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts vorgenommen worden sind, wirksam, auch wenn im Zeitpunkt der Unterbrechung die Verfolgung nach dem neuen Recht bereits verjährt gewesen wäre.

(1) Die Verjährung ruht

1.
bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 182, 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 2, §§ 225, 226a und 237,
2.
solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen.

(2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem

1.
die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder
2.
eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung).

(3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

(4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt.

(5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat

1.
bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden,
2.
bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat,
3.
bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder
4.
bis zur Rücknahme dieses Ersuchens.
Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht.

(6) In den Fällen des § 78 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ruht die Verjährung ab der Übergabe der Person an den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zu ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder bis zu ihrer Freilassung durch den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat.

In besonders schweren Fällen wird eine Tat nach den §§ 299, 299a und 299b mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
die Tat sich auf einen Vorteil großen Ausmaßes bezieht oder
2.
der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(1) Die Verjährung ruht

1.
bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 182, 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 2, §§ 225, 226a und 237,
2.
solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen.

(2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem

1.
die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder
2.
eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung).

(3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

(4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt.

(5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat

1.
bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden,
2.
bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat,
3.
bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder
4.
bis zur Rücknahme dieses Ersuchens.
Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht.

(6) In den Fällen des § 78 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ruht die Verjährung ab der Übergabe der Person an den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zu ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder bis zu ihrer Freilassung durch den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
StGB § 78 b Abs. 3; MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1

a) Die Ablaufhemmung des § 78 b Abs. 3 StGB wird auch durch ein Prozeßurteil
bewirkt, durch welches das Verfahren wegen Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 1
Satz 1 MRK eingestellt wird.

b) Ein durch rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung bewirkter Verstoß gegen
Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK kann in außergewöhnlichen Einzelfällen, wenn eine angemessene
Berücksichtigung des Verstoßes im Rahmen einer Sachentscheidung
bei umfassender Gesamtwürdigung nicht mehr in Betracht kommt, zu einem Verfahrenshindernis
führen, das vom Tatrichter zu beachten und vom Revisionsgericht
von Amts wegen zu berücksichtigen ist.

c) Im Prozeßurteil, durch welches das Verfahren wegen eines Verstoßes gegen
Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgrundsatz eingestellt
wird, hat der Tatrichter sowohl die Verfahrenstatsachen als auch Feststellungen
zum Schuldumfang des Angeklagten und die der Prognose über die weitere
Verfahrensdauer zugrundeliegenden Tatsachen sowie die die Entscheidung
tragende Gesamtwürdigung im einzelnen und in nachprüfbarer Weise darzulegen.
BGH, Urteil vom 25. Oktober 2000 - 2 StR 232/00 - LG Köln

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 232/00
vom
25. Oktober 2000
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Grund der Verhandlung vom
4. Oktober 2000 in der Sitzung am 25. Oktober 2000, an denen teilgenommen
haben:
Vizepräsident des Bundesgerichtshofes
Dr. Jähnke,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Otten,
die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Prof. Dr. Fischer,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt in der Verhandlung,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt
in der Verhandlung
als Verteidiger,
der Angeklagte in Person in der Verhandlung,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 4. Oktober 1999 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Bonn zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat das Verfahren gegen den Angeklagten wegen Betrugs in 60 Fällen und versuchten Betrugs in sieben Fällen durch Prozeßurteil eingestellt, weil einer Fortsetzung des Verfahrens eine rechtsstaatswidrige überlange Verfahrensdauer entgegenstehe. Die hiergegen eingelegte, vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Revision der Staatsanwaltschaft rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sie führt zur Aufhebung des Einstellungsurteils.

I.


1. Dem Angeklagten wird zur Last gelegt, als Alleingesellschafter und Vorstand der D.-AG den Verkauf einer Vielzahl von Eigentumswohnungen in Wohnanlagen des sozialen Wohnungsbaus im sogenannten "Erwerbermodell" zwischen privaten Anlegern und mehreren von ihm beherrschten Gesellschaf-
ten, die die Immobilien zuvor angekauft hatten, betrügerisch vermittelt zu haben. Dabei sollen die Anleger zum einen durch eine den - überhöhten - Kaufpreis der minderwertigen, zumeist sanierungsbedürftigen Wohnungen weit übersteigende Gesamtfinanzierung, weiterhin durch das in Aussicht stellen von - angesichts der Einkommens- und Vermögenslage der Erwerber zumeist unrealistisch hohen - Steuerersparnissen, insbesondere aber durch eine von den jeweiligen Vermittlern mündlich gegebene Zusage zum Kauf veranlaßt worden sein, die erworbene Eigentumswohnung könne nach zwei Jahren zum Bruttofinanzierungspreis - der in Einzelfällen bei über 150 % des Kaufpreises lag - an die D.-AG "zurückgegeben" werden. Der Angeklagte soll als Alleinvorstand der D.-AG dieses Vertriebsmodell etwa im Jahre 1983 entwickelt und über seine beherrschende Rolle in drei zum De.-Konzern gehörenden Vermittlungs- und Finanzierungsgesellschaften sowie in zwei weiteren, als Treuhänder eingeschalteten Gesellschaften in der Weise umgesetzt haben, daß er in Besprechungen und Schulungen die nach Art einer Vertriebspyramide organisierten Vertriebsmitarbeiter der zum De.-Konzern gehörenden Gesellschaften unmittelbar oder mittelbar anwies, die Wohnungen insbesondere auch mit dem Rückkaufs-Argument anzubieten. Durch diese in Täuschungsabsicht abgegebene - und unter Hinweis auf die Steuerschädlichkeit nur mündlich erklärte und nicht beurkundete - Zusage sollen zwischen Oktober 1984 und November 1986 eine Vielzahl von Anlegern getäuscht und zum Kauf von Eigentumswohnungen zu überhöhten Preisen bewogen worden sein. Die Wohnungen sollen später entgegen der Zusage jedoch nur in Einzelfällen - bei Abschluß neuer Verträge - zurückgenommen, teilweise auch in Immobilienfonds eingebracht worden sein; ganz überwiegend sollen die Immobilien nach Ablauf einer vereinbarten Mietgarantie für die Erwerber nur weit unter dem Einstandspreis verwertbar oder auf dem freien Markt gar nicht mehr verkäuflich gewesen sein. Hierdurch
sei den Erwerbern jeweils ein Schaden in Höhe des Minderwerts der Wohnung entstanden.
2. Dem angefochtenen Urteil liegt folgender Verfahrensablauf zugrunde:

a) Strafanzeigen gegen den Angeklagten und andere am Vertrieb der Wohnungen beteiligte Personen gingen ab November 1986 bei verschiedenen Staatsanwaltschaften im Bundesgebiet ein. Der Angeklagte erhielt durch Ladung vom 19. Februar 1987 zur polizeilichen Vernehmung erstmals Kenntnis von den gegen ihn gerichteten Ermittlungen. Am 24. Mai 1988 verband die Staatsanwaltschaft Köln insgesamt acht an sie abgegebene und eigene Ermittlungsverfahren ; im August 1988 und Februar 1989 wurden weitere Verfahren hinzuverbunden. In der Folgezeit zog die Staatsanwaltschaft eine Vielzahl von Urkunden bei, insbesondere Handelsregister- und Grundbuchauszüge. Im Oktober 1988 ergingen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse gegen den Angeklagten, vier weitere Mitbeschuldigte sowie gegen die von ihnen geführten Gesellschaften; die Durchsuchungen sowie die Beschlagnahme umfangreicher Unterlagen hinsichtlich 34 von der D.-AG vermittelter Wohnungsanlagen - die Wohnung des Angeklagten wurde erst fünf Monate später durchsucht - erfolgten im Februar 1989. Am 19. Dezember 1988 leitete die Staatsanwaltschaft die Akten der Kriminalpolizei Köln mit dem Auftrag zu, die notwendigen Ermittlungen durchzuführen.
Am 9. Februar 1989 ergingen auf Antrag der Staatsanwaltschaft weitere Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse gegen eine weitere vom Angeklagten beherrschte Treuhand-Gesellschaft sowie gegen eine Vielzahl von Banken im gesamten Bundesgebiet, in der Folgezeit auch gegen eine Vielzahl
von Vermittlern. Eine Auswertung der Durchsuchungen sowie einer mittels Fragebogen bei zahlreichen Anlegern durchgeführten Zeugenbefragung legte die Polizei im Februar 1990 vor. Am 5. Oktober 1990 wurden die Ermittlungen auf eine weitere in die Gesamtabwicklung eingeschaltete Gesellschaft ausgedehnt. Es ergingen in der Folge weitere Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse gegen verschiedene Gesellschaften und deren Mitarbeiter, unter anderem erneut gegen den Angeklagten und die von ihm geführte D.-AG; die Durchsuchungen wurden bis 6. Dezember 1990 vollzogen. Zwischen dem 11. Dezember 1990 und dem 14. November 1991 wurden sechs Mitarbeiter und Geschäftsführer von in das Vertriebssystem eingebundenen Gesellschaften vernommen; vermutlich im Frühjahr 1992 führte die Polizei darüber hinaus Befragungen von Vertriebsrepräsentanten durch. Am 27. August 1992 sandte die Kriminalpolizei Köln die Akten mit einem umfangreichen Schlußvermerk an die Staatsanwaltschaft zurück.

b) Eine Verfahrensförderung erfolgte dort - bis auf die Anforderung von Beiakten - zunächst nicht. Im November 1993 wurde der frühere Mitbeschuldigte G., der Geschäftsführer einer der eingeschalteten Gesellschaften, von der Staatsanwaltschaft vernommen; es wurde mit ihm eine mögliche Verfahrenseinstellung nach § 153 a StPO erörtert. Ein weiteres Gespräch über eine Verfahrenseinstellung fand mit dem früheren Mitbeschuldigten D. im Januar 1994 statt. Bei einer am 15. Dezember 1993 mit dem Verteidiger des Angeklagten geführten Besprechung über eine mögliche Verfahrenseinstellung wurde keine Einigkeit über die Höhe einer möglichen Geldzahlungsauflage erzielt.
Am 7. Juni 1994 stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen G. gegen Zahlung eines Geldbetrags von 240.000 DM und das Verfahren gegen
D. gegen Zahlung eines Geldbetrags von 150.000 DM ein. Alle Verfahren gegen Bankmitarbeiter wurden nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, ebenso die Verfahren gegen Mitarbeiter einer eingeschalteten Treuhand-Gesellschaft sowie gegen alle Vertriebsrepräsentanten. Die Verfahren gegen die Erwerber der Immobilien wegen Steuerdelikten wurden nach § 153 Abs. 1 StPO eingestellt, das Verfahren gegen Mitarbeiter einer weiteren Treuhand-Gesellschaft abgetrennt , das Verfahren gegen die Verantwortlichen zweier weiterer Gesellschaften nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Die Tatvorwürfe gegen den Angeklagten als Vorstand einer Verwaltungsgesellschaft (V-AG) wurden nach § 154 Abs. 1 StPO ausgeschieden.

c) Am 1. August 1994 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage zur Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Köln wegen 74 selbständiger Fälle des Betrugs "bzw." des Betrugsversuchs im besonders schweren Fall in der Zeit zwischen September 1984 und November 1986, begangen jeweils in Mittäterschaft mit den früheren Mitbeschuldigten G. und D. Nur pauschal aufgeführt sind daneben weitere 256 Fälle, in denen bereits zum Zeitpunkt der Anklageerhebung die (absolute) Verjährung nach § 78 c Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB eingetreten war. Die Anklage im Fall 9 a (letzter Tatzeitpunkt ) wurde am 14. September 1994 zurückgenommen.
Anregungen der Kammervorsitzenden, die Täuschungshandlung und den jeweiligen Vermögensschaden darzulegen, trat die Staatsanwaltschaft am 14. September 1994 entgegen. Die Verteidigung beantragte am 17. Oktober 1994, im Zwischenverfahren Beweis zum Fehlen eines Vermögensschadens durch Einholung von Sachverständigen-Gutachten zu erheben.

d) Am 21. November 1994 erging - ohne weitere Beweiserhebung - Eröffnungsbeschluß. Die Eröffnung des Hauptverfahrens wurde in einem Fall (Fall 11 a) wegen inzwischen eingetretener Verjährung, in fünf Fällen (Fälle 13 a, 14 b, 14 c, 14 e, 14 g der Anklage) mangels hinreichenden Tatverdachts abgelehnt; in sieben Fällen (Fälle 4 b, 6 f, 8 d, 8 g, 8 h, 10 g, 13 b) bejahte die Kammer hinreichenden Tatverdacht nur wegen versuchten Betrugs. Zur Frage der Verjährung führte der Eröffnungsbeschluß aus, es komme entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft für die Beendigung der Taten und damit für den Beginn der Verjährungsfrist nicht auf den Abschluß der notariellen Kaufoder Treuhandverträge, sondern auf den Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung an. Diesen Zeitpunkt habe die Kammer in neun Fällen den Akten entnehmen können ; in den übrigen Fällen sei es hinreichend wahrscheinlich, daß die Taten nicht verjährt seien. Eine Bescheidung des von der Verteidigung im Zwischenverfahren gestellten Beweisantrags erfolgte nicht. In einem Beschluß vom 22. Februar 1995, mit welchem ein Antrag der Verteidigung auf Nachholung des rechtlichen Gehörs zurückgewiesen wurde, ist hierzu ausgeführt, es habe der Beweiserhebung "zur Beurteilung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens erforderlichen dringenden Tatverdachts nicht bedurft"; davon abgesehen, hätte die Beweiserhebung "dazu geführt, daß die Verjährung hinsichtlich weiterer Fälle nicht rechtzeitig durch den Eröffnungsbeschluß zum Ruhen gebracht worden wäre. Dem hatte die Kammer auch unter Berücksichtigung und Abwägung der Interessen des Angeklagten an der beantragten Beweiserhebung durch rechtzeitigen Erlaß des Eröffnungsbeschlusses entgegenzuwirken."
Im folgenden wurde - unter Verfügung der Wiedervorlage zum 1. Juni, 1. September und 1. Dezember 1995 sowie zum 1. März 1996 - jeweils in der Akte vermerkt, eine Terminierung sei wegen vorrangiger Haftsachen nicht
möglich. Mit Beschluß vom 13. Juni 1996 ordnete das Landgericht die Erstellung von 69 Wertgutachten durch sieben Sachverständige zur Ermittlung des Verkehrswerts der Wohnungen an; die Gutachten gingen bis zum 19. März 1997 ein. Unter dem 21. März, 21. August und 21. November 1997, 20. Februar, 6. Mai und 24. Juni 1998 vermerkte der Vorsitzende der Wirtschaftsstrafkammer jeweils, eine Förderung des Verfahrens sei wegen anderweitiger Verhandlungen in Haftsachen nicht möglich.
Am 27. Juli 1998 beantragte der Verteidiger des Angeklagten, das Verfahren wegen überlanger Verfahrensdauer einzustellen, hilfsweise eine Verfahrenseinstellung nach § 153 a StPO. Bis zum Dezember 1998 folgten Verhandlungen zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung über eine mögliche Verfahrenseinstellung gegen die Auflage einer Geldzahlung. Am 3. Dezember 1998 vermerkte der Vorsitzende in der Akte, die Kammer halte eine Einstellung nach § 153 a StPO für sachgerecht, eine Einigung zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung sei jedoch nicht erzielt worden. Am 11. Dezember 1998 wurde die Hauptverhandlung auf (vorerst) 126 Sitzungstage vom 13. Januar bis 29. Dezember 1999 terminiert.

e) Die Kammer verhandelte vom 13. Januar 1999 bis zum 30. September 1999 an insgesamt 44 Verhandlungstagen; es wurden 48 Zeugen und zwei Sachverständige vernommen. Im Laufe der Hauptverhandlung (29., 30., 31. Verhandlungstag) wurde erneut die Möglichkeit einer Einstellung nach § 153 a StPO erörtert, eine Einigung konnte nicht erzielt werden. Am 34. Verhandlungstag (9. Juli 1999) stellte das Landgericht das Verfahren hinsichtlich aller Anklagepunkte bis auf 16 nach § 154 Abs. 2 StPO vorläufig ein.
Am 44. Verhandlungstag wurden diese eingestellten Fälle wieder einbezogen; am 45. Verhandlungstag erging das Einstellungsurteil.
3. In dem Urteil vom 4. Oktober 1999 hat das Landgericht ausgeführt, eine kurzfristige Beendigung des Verfahrens durch Sachurteil sei nicht möglich ; nach dem Stand der Beweisaufnahme seien noch eine Vielzahl weiterer Zeugen sowie weitere Sachverständige zu vernehmen. Die Verfahrensverzögerungen im Bereich der Justiz seien auf andauernde, strukturelle Umstände zurückzuführen ; eine Hilfsstrafkammer habe wegen der Personalknappheit beim Landgericht Köln nicht gebildet werden können. Die bisherige Beweisaufnahme habe ergeben, "daß eine möglicherweise festzustellende Schuld des Angeklagten ... jedenfalls nicht übermäßig groß ist" (UA S. 15). Die Schuld des Angeklagten sei, "sollte eine solche überhaupt feststellbar sein, jedenfalls gering" (UA S. 17); sie "würde sich ... jedenfalls geringer darstellen, als dies in der Anklageschrift zum Ausdruck kommt" (UA S. 18). Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen , daß die Erwerber der Wohnungen die angestrebten Steuervorteile tatsächlich erlangt haben. Es sei nicht ausgeschlossen, daß vor November 2001 - Eintritt der absoluten Verjährung des letzten Falles - ein Sachurteil nicht ergehen könne. In noch hinnehmbarer Zeit werde weder ein Sachurteil noch ein Abschluß des Verfahrens durch Einstellung nach § 153 a oder § 153 StPO möglich sein. Unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles habe zwar zu Beginn der Hauptverhandlung ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 MRK noch nicht vorgelegen; die Fortsetzung der Hauptverhandlung sei jedoch mit rechtsstaatlichen Anforderungen nicht mehr vereinbar (UA S. 17).

II.


Ein Verfahrenshindernis läßt sich nicht abschließend feststellen.
1. Ein Verfahrenshindernis ergibt sich hier nicht aus dem Eintritt der Verfolgungsverjährung.

a) Das Landgericht hat im Eröffnungsbeschluß vom 21. November 1994 die auch von der Anklage vertretene Auffassung zugrunde gelegt, es handele sich bei den dem Angeklagten vorgeworfenen Handlungen um selbständige Taten mit jeweils einzeln zu bestimmendem Verjährungsbeginn. Auch wenn dies zuträfe, so war bei Erlaß des Eröffnungsbeschlusses die - absolute - Verjährungsfrist hinsichtlich derjenigen Fälle nicht abgelaufen, in welchen die vollständige Kaufpreiszahlung durch den jeweiligen Erwerber der Immobilie nach dem 20. November 1984 erfolgte, denn die Tatbeendigung tritt im Fall des § 263 StGB erst mit Erlangung des (letzten) Vermögensvorteils ein; erst zu diesem Zeitpunkt begann daher die Verjährungsfrist zu laufen (§ 78 a StGB). Die hier nach § 78 Abs. 3 Nr. 4, § 263 Abs. 1 a.F. StGB geltende regelmäßige Verjährungsfrist von fünf Jahren ist durch die Bekanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfahrens, die mehrfachen Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen sowie die Anklageerhebung wirksam unterbrochen worden.

b) Nach § 78 b Abs. 3 StGB läuft die Verjährung nach Erlaß eines Urteils im ersten Rechtszug nicht vor dem rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens ab. Die Wirkung der Ablaufhemmung, die nach § 78 c Abs. 3 Satz 3 StGB auch für den Eintritt der "absoluten" Verjährung nach § 78 c Abs. 3 Satz 2 StGB gilt, tritt auch durch ein auf Einstellung lautendes Prozeßurteil unabhängig von
dessen sachlicher Richtigkeit ein (BGHSt 32, 209, 210; Jähnke in LK 11. Aufl. § 78 b Rdn. 14; Lackner/Kühl, StGB 23. Aufl. § 78 b Rdn. 7; Stree in Schönke /Schröder, StGB 25. Aufl. § 78 b Rdn. 12; Tröndle/Fischer, StGB 49. Aufl. § 78 b Rdn. 11; jew.m.w.N.). Auch auf Mängel der Anklage oder des Eröffnungsbeschlusses kommt es - im Rahmen der Reichweite des § 264 StPO - für den Eintritt der Ablaufhemmung grundsätzlich nicht an (vgl. BGH NJW 1994, 808, 809; BGH NStZ-RR 1997, 167). Das gilt auch für ein Urteil, das die Einstellung des Verfahrens auf die Annahme eines aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Verfahrenshindernisses stützt. Auch ein solches Urteil wird vom Wortlaut des § 78 b Abs. 3 StGB erfaßt; eine Differenzierung nach den das Einstellungsurteil tragenden Gründen ist dem Gesetz nicht zu entnehmen und wäre mit dem gerade im Verjährungsrecht geltenden Gebot klarer, einfacher Regelungen unvereinbar.

c) Der Eröffnungsbeschluß vom 21. November 1994 hatte entgegen der Auffassung der Verteidigung die Wirkung des § 78 b Abs. 4 Satz 1 StGB, wonach die Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem Landgericht in Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB - hier § 263 Abs. 3 StGB a.F. - ein Ruhen der Verjährung für einen Zeitraum von höchstens 5 Jahren bewirkt. Diese Hinausschiebung des Eintritts der Verjährung auf einen Zeitpunkt bis zu 15 Jahre nach Tatbeendigung, falls zum Zeitpunkt des Eröffnungsbeschlusses die absolute Verjährung noch nicht eingetreten war, ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (BVerfG NJW 1995, 1145) und entspricht einem dringenden praktischen Bedürfnis in Fällen besonders aufwendiger Hauptverhandlungen (vgl. BT-Drucks. 12/3832 S. 44 ff). Ob die verjährungsverlängernde Wirkung des Eröffnungsbeschlusses dann ausscheidet, wenn er in willkürlicher Weise ergangen ist, kann offenbleiben; es liegt dafür hier kein Anhaltspunkt vor. Ein
solcher ergibt sich auch nicht daraus, daß das Landgericht den Eröffnungsbeschluß angesichts des drohenden Ablaufs der (absoluten) Verjährungsfrist am 21. November 1994 erließ, ohne den vom Verteidiger des Angeklagten im Zwischenverfahren gestellten Beweisantrag zur Ermittlung eines möglichen Schadenseintritts zu bescheiden, die beantragte Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten jedoch - ohne daß das Verfahren zwischenzeitlich eine Förderung erfahren hatte - am 22. April 1996 anordnete. Dies mag, namentlich im Hinblick darauf, daß das Landgericht schon nach Eingang der Anklageschrift im August 1994 die Staatsanwaltschaft ersucht hatte, konkretisierend zur Frage des Eintritts eines Vermögensschadens Stellung zu nehmen (Bd. XVI Bl. 77 ff d.A.), zu einer weiteren vermeidbaren Verfahrensverzögerung geführt haben; gleichwohl wird die Wirksamkeit des Eröffnungsbeschlusses davon nicht berührt. Das Landgericht hat im Eröffnungsbeschluß einen hinreichenden (im Beschluß mißverständlich: "dringenden") Tatverdacht im Umfang der zugelassenen Anklage bejaht und dies mit vertretbaren Erwägungen über den Nichteintritt der Verjährung in den Fällen begründet, in welchen sich der Zeitpunkt der Tatbeendigung weder aus der Anklage noch aus den Verfahrensakten ergab. Daß das Landgericht in einem weiteren, auf einen Antrag des Verteidigers nach § 33 a StPO ergangenen Beschluß vom 22. Februar 1995 ausgeführt hat, daß die Kammer durch rechtzeitigen Erlaß des Eröffnungsbeschlusses der Gefahr des Eintritts der absoluten Verjährung entgegenzuwirken "hatte" (Bd. XVI Bl. 280 ff. d.A.), gibt keinen Hinweis auf eine sachwidrige Behandlung , da Maßnahmen, welche einzig dem Ziel dienen, den Eintritt der Verjährung zu verhindern, auch im übrigen grundsätzlich zulässig sind (vgl. Jähnke in LK 11. Aufl. § 78 c Rdn. 11 m.w.N.).
2. Der Senat kann nicht abschließend prüfen, ob sich hier aus der Verletzung des Beschleunigungsgebots ein zur Einstellung zwingendes Verfahrenshindernis ergibt.

a) Ein Verfahrenshindernis wird durch solche Umstände begründet, die es ausschließen, daß über einen Prozeßgegenstand mit dem Ziel einer Sachentscheidung verhandelt werden darf (BGHSt 32, 345, 350; 36, 294, 295; 41, 72, 75; Rieß in LR 25. Aufl. § 206 a Rdn. 22; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. Einl. Rdn. 143; Tolksdorf in KK StPO 4. Aufl. § 206 a Rdn. 1; Pfeiffer, StPO 2. Aufl. § 206 a Rdn. 4 und in KK-StPO 4. Aufl. Einl. Rdn. 131). Sie müssen so schwer wiegen, daß von ihrem Vorhandensein oder Nichtvorhandensein die Zulässigkeit des gesamten Verfahrens abhängig gemacht werden muß (BGHSt 35, 137, 140). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führt die Verletzung des Beschleunigungsgebots grundsätzlich nicht zu einem solchen Verfahrenshindernis (BGHSt 21, 81; 24, 239; 27, 274; 35, 137, 140; BGH NJW 1995, 737; 1996, 2739; wistra 1993, 340; 1997, 347; NStZ 1990, 94; 1996, 21; 1996, 506; 1997, 543; Strafverteidiger 1992, 452, 453; 1994, 652, 653; NStZ-RR 1998, 103, 104; 108). Dies hat seinen Grund darin, daß die Tatsache und das Gewicht des Verstoßes nur in einer Gesamtabwägung und mit Blick auf die dem Verfahren zugrundeliegende Beschuldigung und das Maß des Verschuldens bestimmt werden können; diese Feststellung entzieht sich einer allein formellen Betrachtung. Das Bundesverfassungsgericht hat im Beschluß vom 24. November 1983 (NJW 1984, 967) darauf hingewiesen , die Auffassung, aus einer Verletzung des Beschleunigungsgebots könne in keinem Fall ein Verfahrenshindernis hergeleitet werden, begegne verfassungsrechtlichen Bedenken. Zugleich hat es klargestellt, daß ein unmittelbar aus dem Rechtsstaatsgebot des Grundgesetzes abzuleitendes Verfahrenshin-
dernis allein dann in Betracht komme, wenn in extrem gelagerten Fällen, in welchen das Ausmaß der Verfahrensverzögerung besonders schwer wiegt und die Dauer des Verfahrens zudem mit besonderen Belastungen für den Beschuldigten einhergegangen ist, das Strafverfahrensrecht keine Möglichkeit zur Verfahrensbeendigung, z.B. durch Anwendung des § 153 StPO, zur Verfügung stellt. Im Beschluß vom 19. April 1993 (NJW 1993, 3254 ff; vgl. auch BVerfG NJW 1995, 1277, 1278) hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung müsse sich, da die Strafe verhältnismäßig sein und in einem gerechten Verhältnis zu dem Verschulden des Täters stehen müsse, bei der Strafzumessung auswirken, wenn sie nicht im Extrembereich zur Einstellung oder zum Vorliegen eines Verfahrenshindernisses führe.
Der Bundesgerichtshof hat in BGHSt 35, 137 im Fall eines Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK aufgrund einer willkürlichen, "außergewöhnlichen und beispiellosen Verzögerung" der Aktenvorlage nach § 347 StPO ein "Zurückverweisungsverbot" angenommen, das Verfahren abgebrochen und durch Urteil eingestellt. Dem lag die Besonderheit zugrunde, daß der Schuldspruch in dem außerordentlich umfangreichen und komplexen Verfahren von den tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichts nicht getragen wurde, so daß das Urteil insgesamt hätte aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung hätte zurückverwiesen werden müssen. Der Bundesgerichtshof ist in der genannten Entscheidung auf der Grundlage der tatrichterlichen - wenngleich unzureichenden - Feststellungen davon ausgegangen, daß eine neue Verhandlung auch zum Schuldspruch voraussichtlich erst nach Jahren zu einem Abschluß des Verfahrens führen und daher den Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK weiter vertiefen würde; eine Einstellung des Verfahrens nach
§ 153 StPO kam wegen Verweigerung der Zustimmung durch die Staatsanwaltschaft nicht in Betracht.
Entsprechend haben verschiedene Oberlandesgerichte einen Abbruch des Verfahrens aus rechtsstaatlichen Gründen für unabweisbar gehalten, wenn einer außergewöhnlichen, vom Beschuldigten nicht zu vertretenden und auf Versäumnisse der Justiz zurückzuführenden Verfahrensverzögerung, die den Beschuldigten unter Abwägung der Gesamtumstände des Einzelfalls, namentlich des Tatvorwurfs, des festgestellten oder voraussichtlich feststellbaren Schuldumfangs sowie möglicher Belastungen durch das Verfahren, in unverhältnismäßiger Weise belastet, im Rahmen einer Sachentscheidung keinesfalls mehr hinreichend Rechnung getragen werden kann (vgl. etwa OLG Zweibrükken NStZ 1989, 134 und NStZ 1995, 49; OLG Düsseldorf NStZ 1993, 450; vgl. auch BGH StV 1995, 130, 131). Ob das bei einer solchen Sachlage bestehende Verfolgungsverbot als stets von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis zu verstehen ist (so etwa OLG Koblenz NJW 1994, 1887; OLG Zweibrücken NStZ 1989, 134; LG Düsseldorf NStZ 1988, 427; LG Bad Kreuznach NJW 1993, 1725), hat der Bundesgerichtshof bislang offen gelassen (BGHSt 35, 137, 143; vgl. auch NJW 1996, 2739; wistra 1993, 340; 1994, 21; BGH, Beschluß vom 16. August 1996 - 1 StR 745/95 [in BGHSt 42, 219 nicht abgedruckt]). In der Literatur ist die Frage umstritten; überwiegend wird die Annahme eines Verfahrenshindernisses auch in Extremfällen abgelehnt (vgl. etwa Kleinknecht/Meyer-Goßner, 44. Aufl. 1999, Rdn. 9 zu Art. 6 MRK; Rieß in Löwe /Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 206 a Rdn. 56; Paulus in KMR StPO § 206 a Rdn. 35; Pfeiffer in KK-StPO, 4. Aufl. Einl. Rdn. 12 f., 131; jeweils m.w.Nachw.).
Der Senat ist der Ansicht, daß das in ganz außergewöhnlichen Sonderfällen aus der Verletzung von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgrundsatz folgende Verbot einer weiteren Strafverfolgung als Verfahrenshindernis zu behandeln und v om Tatrichter zu beachten ist; vom Revisionsgericht ist sein Vorliegen in diesen Fällen von Amts wegen zu berücksichtigen. Dem stehen weder der Zusammenhang mit dem materiell -rechtlichen Schuldgrundsatz noch das Erfordernis entgegen, das Vorliegen des Hindernisses aufgrund einer umfassenden Gesamtwürdigung des Sachverhalts zu prüfen. Deren Notwendigkeit kann sich im Einzelfall auch bei der Prüfung anderer Verfahrensvoraussetzungen ergeben, etwa der des Vorliegens eines besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung, des Nichteintritts der Verfolgungsverjährung oder des Eingreifens eines Straffreiheitsgesetzes. Im Hinblick auf die Bedeutung des in Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK kodizifierten Menschenrechts auf eine rechtsstaatliche Behandlung und Entscheidung über die erhobene strafrechtliche Anklage innerhalb angemessener Frist kann ein Verstoß hiergegen, wenn seine Kompensation im Rahmen einer Sachentscheidung nicht mehr in Betracht kommt, für die Zulässigkeit des weiteren Verfahrens keine geringeren Folgen haben als der Verjährungseintritt, der einer Sachentscheidung sogar unabhängig von der konkreten Tatschuld entgegensteht. Der Gesichtspunkt, daß Verfahrenshindernisse in der Regel - wenngleich nicht stets - an objektiv feststellbare Tatsachen anknüpfen und nicht Ergebnis wertender Abwägungen sind (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 44. Aufl. Einl. Rdn. 148 m.w.Nachw.), tritt dem gegenüber dann zurück, wenn feststeht, daß für eine solche Abwägung aufgrund des Gewichts des Verstoßes kein Raum bleibt. In diesem Fall würde eine Fortsetzung des Verfahrens allein zur Vertiefung des Grundrechtsverstoßes führen; dem steht das Rechtsstaatsprinzip entgegen.


b) Der Senat kann hier auf der Grundlage der Urteilsfeststellungen und des ihm zugänglichen Akteninhalts feststellen, daß ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK aufgrund einer vom Angeklagten nicht zu vertretenden überlangen Verfahrensdauer vorliegt: Das Verfahren dauert seit der erstmaligen Bekanntgabe an den Angeklagten bereits 13 1/2 Jahre an. Bis zum Schlußbericht der Kriminalpolizei vergingen mehr als fünf Jahre, in denen die Ermittlungen mehrfach ausgedehnt wurden, aber jedenfalls seit Ende 1988 offenbar wenig substantiellen Erkenntnisgewinn brachten. Erst im Dezember 1990 erfolgte die erste Vernehmung eines Tatbeteiligten; Vernehmungen der Vertriebsmitarbeiter, durch welche die täuschenden Zusagen unmittelbar an die Geschädigten weitergegeben worden sein sollen, sind erst im Frühjahr 1992 durchgeführt worden. Zwischen dem Eingang des Schlußberichts der Kriminalpolizei vom 27. August 1992 und der Erhebung der Anklage am 27. Juli 1994, die im wesentlichen den Inhalt des Schlußberichts wiedergibt, vergingen zwei Jahre, in denen fast ausschließlich Verhandlungen mit verschiedenen Beschuldigten über Verfahrenseinstellungen geführt wurden. Zwischen dem Erlaß des Eröffnungsbeschlusses am 21. November 1994 und der Terminierung der Hauptverhandlung am 11. Dezember 1998 sind weitere vier Jahre vergangen, in denen außer der Einholung von Sachverständigengutachten zwischen April 1996 und März 1997 eine Verfahrensförderung nicht festzustellen ist. Eine durch das Verhalten des Angeklagten verursachte Verzögerung des Verfahrens liegt nicht vor; die Verzögerungen sind vielmehr, soweit dies dem Schreiben des Präsidenten des Landgerichts Köln vom 30. August 1999 an den Vorsitzenden der Wirtschaftsstrafkammer und dem Inhalt der Verfahrensakte entnommen werden kann, jedenfalls seit Eingang der Anklageschrift allein auf organisatorische Gründe im Bereich der Justiz zurückzuführen.

Auch wenn die Feststellung einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung jedenfalls dann nicht allein auf den insgesamt abgelaufenen Zeitraum gestützt werden kann, wenn dem Verfahren ein komplexer Sachverhalt zugrunde liegt, dessen Beurteilung umfangreiche und aufwendige Ermittlungen erforderlich macht (vgl. BVerfG NJW 1984, 967; 1993, 3254, 3255; BGH wistra 1993, 340; BGHR MRK Art. 6 I Verfahrensverzögerung 5, 6, 8, 9), so ist doch hier angesichts des Umstands, daß die Grenze der absoluten Verjährung inzwischen um mehr als drei Jahre überschritten wäre und das Verfahren seit Anklageerhebung mindestens fünf Jahre lang aus allein im Bereich der Justiz liegenden Gründen nicht gefördert wurde, ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK gegeben. Entgegen der Auffassung des Landgerichts lag dieser auch bereits zu Beginn der Hauptverhandlung vor; die Annahme, er sei erst nach Beginn der Hauptverhandlung, die an durchschnittlich zwei Tagen pro Woche stattfand, oder gerade durch diese eingetreten, trifft nicht zu.

c) Das Landgericht hat den Abbruch der Hauptverhandlung auf die rechtliche Erwägung gestützt, die Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 1 S. 1 MRK vor demjenigen Zeitpunkt, in welchem eine verfahrensabschließende Sachentscheidung ergehen kann, führe jedenfalls dann zwangsläufig zum Eintritt eines Verfahrenshindernisses, wenn die weitere Dauer des Verfahrens nicht absehbar ist, weil eine bewußte Vertiefung der Rechtsverletzung durch Fortsetzung der Hauptverhandlung - allein mit Blick auf eine spätere Kompensation bei der Rechtsfolgenentscheidung - ihrerseits mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar wäre (UA S. 31 ff.). Die Urteilsausführungen hierzu setzen im Ergebnis die Feststellung des Verstoßes mit der Notwendigkeit des Verfahrensabbruchs gleich; das ergibt sich auch aus der Annahme
des Landgerichts, bis zum Beginn der Hauptverhandlung habe ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK noch nicht vorgelegen. Diese Auffassung ist nicht zutreffend. Die Feststellung eines gravierenden Verfahrensverstoßes führt auch in sonstigen Fällen - etwa bei unzulässiger Tatprovokation durch polizeiliche V-Leute, bei Verstößen gegen § 136 a StPO oder gegen das rechtsstaatliche Gebot des "fair trial" - nicht zur Undurchführbarkeit des Verfahrens. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat bei einer Verletzung des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK nicht etwa einen Abbruch des Verfahrens gefordert, sondern eine Verpflichtung des Mitgliedsstaates festgestellt, die Rechtsverletzung in Anwendung des nationalen Rechts in angemessener Weise zu kompensieren (vgl. EGMR, Urteil vom 15. Juli 1982, EuGRZ 1983, 371). Dem entspricht der auch in BGHSt 35, 137, 140 ff. hervorgehobene Grundsatz, daß weder die Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK noch die Entscheidung darüber, in welcher Weise sich dieser Verstoß auf das Verfahrensergebnis auswirken muß, unabhängig von den Umständen des Einzelfalles , namentlich auch vom Maß der Schuld des Angeklagten möglich ist. Ob ein festgestellter Verstoß so gewichtig ist, daß eine Kompensation im Rahmen einer Sachentscheidung nicht mehr in Betracht kommt, und er daher der Weiterführung des Verfahrens insgesamt entgegensteht, kann regelmäßig nicht ohne tatsächliche Feststellungen zur Tatschuld des Angeklagten beurteilt werden.
Das Landgericht hat hierzu, wie die Revision zutreffend hervorhebt, keine für das Revisionsgericht nachprüfbaren Feststellungen getroffen. Ergebnisse der mehr als 40 Verhandlungstage umfassenden Beweisaufnahme sind in den Urteilsgründen nicht mitgeteilt; diese erschöpfen sich vielmehr in einer Darstellung der Verfahrensgeschichte sowie rechtlichen Ausführungen zum
Vorliegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung. Das Urteil enthält auch keine Feststellungen darüber, aus welchen Gründen es dem Landgericht nicht möglich war festzustellen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des Betrugs vorliegen. Die Ausführungen des Landgerichts zum Verschulden des Angeklagten , dieses sei "nicht übermäßig groß" (UA S. 15), "jedenfalls gering" (UA S. 17), eine Verfahrenseinstellung nach § 153 a StPO gegen Zahlung eines Geldbetrags von mindestens 1,5 Mio. DM, wie es die Staatsanwaltschaft gefordert habe, werde "der bisher durchgeführten Beweisaufnahme in keiner Weise gerecht" (UA S. 29), finden in den Urteilsfeststellungen keine Grundlage ; der Senat kann aufgrund des Fehlens tatsächlicher Feststellungen die rechtliche Bewertung durch das Landgericht nicht überprüfen.
Dies gilt gleichermaßen für die nur lückenhaft mitgeteilten Verfahrenstatsachen. Die Urteilsgründe geben keinen Aufschluß darüber, auf Grundlage welcher bisherigen Beweisergebnisse das Landgericht zu der Ansicht gelangt ist, eine Sachentscheidung sei "unter Umständen" nicht vor dem Ende des Jahres 2001 möglich. Insoweit wird nur pauschal erwähnt, es sei noch "eine Vielzahl von weiteren Zeugen, die zum Teil im Ausland aufhältig sind, und weitere Sachverständige zu hören" (UA S. 8); hinsichtlich sieben Fällen sei die Erstellung eines neuen Sachverständigengutachtens erforderlich (ebenda). Hieraus ergibt sich nicht mit einer vom Revisionsgericht überprüfbaren Deutlichkeit, welche tatsächlichen Hindernisse hier die vom Landgericht prognostizierte weitere Verfahrensdauer von mehr als zwei Jahren begründen könnten.
Indem das Landgericht sich in dem angefochtenen Urteil weitgehend auf die Ausführung rechtlicher Wertungen beschränkt, von der Mitteilung der diesen zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen jedoch absieht, entzieht
es dem Revisionsgericht zugleich die Grundlage für eine rechtliche Überprüfung. Dem Senat ist es - anders, als dies der Entscheidung BGHSt 35, 137 zugrunde lag - aufgrund des gänzlichen Fehlens tatsächlicher Feststellungen nicht möglich zu beurteilen, ob die Umstände des Einzelfalls angesichts der überlangen Verfahrensdauer und des vom Angeklagten nicht zu vertretenden Verstoßes gegen das Beschleunigungsgebot hier einen Extremfall begründen, in welchem der Verstoß weder durch eine Berücksichtigung im Rahmen der Strafzumessung - ggf. unter Anwendung von § 59 StGB - noch etwa durch Einstellung nach § 153 a oder § 153 StPO hinreichend ausgeglichen werden kann.
Der rechtsfehlerhafte Verzicht auf nachprüfbare Tatsachenfeststellungen muß daher zur Aufhebung des Urteils führen. Die Prüfung aufgrund des dem Senat auch ohne Verfahrensrüge zugänglichen Akteninhalts erlaubt hier zwar die Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK, nicht aber eine Entscheidung, ob unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles, insbesondere auch des dem Angeklagten zuzurechnenden Schuldumfangs, eine Verfahrenseinstellung in Fortentwicklung der Grundsätze in BGHSt 35, 137 erfolgen muß. Tatrichterliche Feststellungen zum Schuldumfang kann das Revisionsgericht nicht selbst treffen; der Tatrichter hat sie, wenn er den Eintritt eines Verfahrenshindernisses wegen überlanger Verfahrensdauer bejaht, im Einstellungsurteil ebenso wie die Verfahrenstatsachen und die der Prognose über die voraussichtliche weitere Verfahrensdauer zugrundeliegenden Tatsachen in nachprüfbarer Weise darzulegen. Andernfalls bestünde die Gefahr, daß sich das Tatgericht insbesondere bei schwierigen und umfangreichen Verfahren durch nicht begründete und daher auch nicht überprüfbare Prozeßentscheidungen der Aufgabe entheben könnte, auch solche Verfahren bei
straffer Verfahrensführung und angemessener Beschränkung des Prozeßstoffs in vertretbarer Zeit einer Sachentscheidung zuzuführen.
Nach dem Akteninhalt kommt vorliegend bei der gebotenen zügigen Sachbehandlung eine Berücksichtigung des Verstoßes im Rahmen einer Rechtsfolgeentscheidung durchaus noch in Betracht.

III.


Der Senat hat im Hinblick auf die der Sache nicht förderliche Auseinandersetzung zwischen Landgericht und Staatsanwaltschaft über die Verantwortung für die eingetretenen Verfahrensverzögerungen von der Möglichkeit des § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO Gebrauch gemacht, die Sache an die Wirtschaftsstrafkammer eines anderen Gerichts zurückzuverweisen.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
1. Bei dem hier in Betracht kommenden sog. "unechten Erfüllungsbetrug" kommt es für die Feststellung eines tatbestandlichen Vermögensschadens auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses an, der aufgrund der täuschenden Erklärung erschlichen worden ist. Soweit das Landgericht - eher kursorisch - in den Urteilsgründen erwähnt hat, die Käufer der Eigentumswohnungen hätten die von ihnen erstrebten Steuervorteile tatsächlich erhalten, wird zu berücksichtigen sein, in welchem Umfang diese steuerlichen Vorteile aufgrund der Rückveräußerungsabsicht der Käufer und der damit fehlenden Gewinner-
zielungsabsicht von vornherein nur aufgrund einer Straftat nach § 370 AO erzielt werden konnten und der Rückerstattungspflicht unterlagen.
2. Der neue Tatrichter wird schon im Hinblick auf die inzwischen vorliegende gravierende Verfahrensverzögerung den Verfahrensstoff sinnvoll zu beschränken und die Beweiserhebung auf solche Tatsachen zu konzentrieren haben, die eine Beurteilung des Schuldumfangs ermöglichen. Ob diese Feststellungen zur gegebenen Zeit eine Verfahrenseinstellung nach § 153 a oder § 153 StPO, gegebenenfalls auch eine Sachentscheidung nach § 59 StGB nahelegen und rechtfertigen, werden der neue Tatrichter sowie die Staatsanwaltschaft zu beachten haben.
Jähnke Otten Rothfuß Fischer Elf
5 StR 606/00

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 12. Juni 2001
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen Verletzung von Erziehungspflichten u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Juni
2001, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Basdorf,
Richterin Dr. Tepperwien,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt P ,
Rechtsanwalt Dr. M
als Verteidiger des Angeklagten I ,
Rechtsanwalt Me
als Verteidiger des Angeklagten H ,
Rechtsanwalt S ,
Rechtsanwalt L
als Verteidiger des Angeklagten Me ,
Rechtsanwältin K
als Verteidigerin der Angeklagten Lö ,
Rechtsanwalt St
als Vertreter des Nebenklägers Mario Se ,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 11. August 2000 aufgehoben. Soweit das Urteil Taten zum Nachteil des Nebenklägers Se betrifft, wird es auch auf dessen Revision aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an das Landgericht Leipzig zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat wegen Eintritts der absoluten Verfolgungsverjährung das vom Oberlandesgericht Dresden am 28. April 2000 eröffnete Hauptverfahren eingestellt. Die dagegen gerichteten Revisionen der Staatsanwaltschaft , die vom Generalbundesanwalt vertreten werden, und des Nebenklägers haben mit den erhobenen Sachrügen Erfolg. Auf die – den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht genügende – Aufklärungsrüge des Nebenklägers kommt es nicht an.
1. Den Angeklagten war angelastet, als Mitarbeiter im „Spezialkinderheim H " in Meerane Straftaten zum Nachteil dort untergebrachter schwer erziehbarer Jugendlicher begangen zu haben. Im einzelnen lagen zur Last – dem Angeklagten I im Zeitraum 4. Januar 1988 bis 5. Dezember 1989 ein Vergehen der Verletzung von Erziehungspflichten (§ 142 Abs.1 Nr. 2 StGB-DDR), – dem Angeklagten H z wischen 1986 und Dezember (offensichtlich 2. Oktober) 1990 Verletzung von Erziehungspflichten in fünf Fällen und z wei Vergehen der Freiheitsberaubung (§ 131 Abs.1 StGB-DDR), – dem Angeklagten M v on Herbst 1987 bis 5. Dezember 1989 fünf Fälle der Verletzung von Erziehungspflichten, davon in einem Fall zwischen Sommer und Dezember 1989 in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch eines Jugendlichen (§ 150 Abs.1 StGB-DDR), und eine Freiheitsberaubung – und der Angeklagten Lö z wischen Herbst 1987 und Sommer 1989 drei Fälle der Verletzung von Erziehungspflichten und eine Freiheitsberaubung.
2. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist in keinem Fall Verfolgungsverjährung eingetreten. Die Verjährungsfristen für die Verletzung von Erziehungspflichten und Freiheitsberaubung von fünf Jahren (§ 82 Abs. 1 Nr. 2 StGB-DDR) und von acht Jahren (§ 82 Abs. 1 Nr. 3 StGB-DDR) für den sexuellen Mißbrauch von Jugendlichen waren am 3. Oktober 1990 noch nicht verstrichen und wurden an diesem Tag unterbrochen (Art. 315a Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 EGStGB). Ab diesem Zeitpunkt sind die §§ 78 ff. StGB anzuwenden (vgl. BGH NStZ 1998, 36) mit der Folge, daß nach § 78c Abs. 3 Satz 1 StGB für alle angelasteten Taten die § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB zu entnehmenden fünfjährigen Verjährungsfristen zu laufen begannen. Diese wurden durch Art. 1 des 2. Verjährungsgesetzes vom 27. September 1993 (BGBl. I 1657) bis 31. Dezember 1997 verlängert. Die in Art. 2 dieses Gesetzes normierte Voraussetzung, Nichteintritt der Verjährung vor Ablauf des 30. September 1993 lag vor. Vor dem Inkrafttreten des 2. Verjährungsgesetzes war in keinem Fall seit Beendigung der Tat durch Ablauf von zehn Jahren absolute Verjährung eingetreten (§ 78c Abs. 3 Satz 2 StGB). Durch Art. 1 und 2 des 3. Verjährungsgesetzes vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I 3223) wurden die am 31. Dezember 1997 noch nicht abgelaufenen Verjährungsfristen bis zum 2. Oktober 2000 verlängert (Art. 315 a Abs. 2 Alt. 1 EGStGB).
Vor diesem Zeitpunkt konnte auch die absolute Verjährung nach § 78c Abs. 3 Satz 2 StGB nicht eintreten (BGHR EGStGB Art. 315a –Verjährungsfrist 2; BGH Beschluß vom 7. Februar 2001 – 3 StR 3/01 –).
Art. 315a Abs. 2 EGStGB ist eine gegenüber § 78c Abs. 3 Satz 2 StGB vorrangige Norm, die ohne sachliche Differenzierung hinsichtlich der im Gesetzgebungsverfahren diskutierten faktischen Verfolgungserschwernisse (vgl. BGHR EGStGB Art. 315a – Verjährungsfrist 3) anzuwenden ist. Diese – auch dem im Eröffnungsverfahren ergangenen Beschwerdebeschluß des Oberlandesgerichts Dresden vom 28. April 2000 (1 Ws 317/99) zutreffend zugrunde gelegte – Auffassung entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (entsprechend Jähnke in LK 11. Aufl. § 78c Rdn. 44; Letzgus NStZ 1994, 57, 63), von der abzugehen kein Anlaß besteht. Entgegen der Auffassung der Verteidigung war es nicht geboten, nur die im (1.) Verjährungsgesetz genannten Delikte von der nach Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzlich erforderlichen Gleichbehandlung der in den alten und neuen Bundesländern begangenen Straftaten auszunehmen.
Seit Verkündung des landgerichtlichen Urteils ist der Ablauf der Verjährungsfrist nach Art. 315a Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 EGStGB, § 78c Abs. 3 Satz 3, § 78b Abs. 3 StGB gehemmt. Diese Wirkung tritt auch durch ein auf Einstellung lautendes Prozeßurteil unabhängig von dessen sachlicher Richtigkeit ein (BGH NJW 2001, 1146, 1147; zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt ). Für ein Einstellungsurteil wegen Verjährung gilt nichts anderes.
Das Hinausschieben des Eintritts der Verjährung auf einen Zeitpunkt bis über 15 Jahre nach Tatbeendigung ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (BVerfG – Kammer – NJW 1995, 1145; vgl. BGH aaO). Allerdings wird einem langen Zeitablauf gegebenenfalls im Rahmen der Rechtsfolgenentscheidung Rechnung zu tragen sein (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 – Verfahrensverzögerung 13).
Zum Amnestieeinwand der Verteidigung verweist der Senat auf BGHSt 39, 353, 358, 361.
3. Der Senat hat von § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO Gebrauch gemacht.
Harms Basdorf Tepperwien Raum Brause
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
StGB § 78 b Abs. 3; MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1

a) Die Ablaufhemmung des § 78 b Abs. 3 StGB wird auch durch ein Prozeßurteil
bewirkt, durch welches das Verfahren wegen Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 1
Satz 1 MRK eingestellt wird.

b) Ein durch rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung bewirkter Verstoß gegen
Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK kann in außergewöhnlichen Einzelfällen, wenn eine angemessene
Berücksichtigung des Verstoßes im Rahmen einer Sachentscheidung
bei umfassender Gesamtwürdigung nicht mehr in Betracht kommt, zu einem Verfahrenshindernis
führen, das vom Tatrichter zu beachten und vom Revisionsgericht
von Amts wegen zu berücksichtigen ist.

c) Im Prozeßurteil, durch welches das Verfahren wegen eines Verstoßes gegen
Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgrundsatz eingestellt
wird, hat der Tatrichter sowohl die Verfahrenstatsachen als auch Feststellungen
zum Schuldumfang des Angeklagten und die der Prognose über die weitere
Verfahrensdauer zugrundeliegenden Tatsachen sowie die die Entscheidung
tragende Gesamtwürdigung im einzelnen und in nachprüfbarer Weise darzulegen.
BGH, Urteil vom 25. Oktober 2000 - 2 StR 232/00 - LG Köln

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 232/00
vom
25. Oktober 2000
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Grund der Verhandlung vom
4. Oktober 2000 in der Sitzung am 25. Oktober 2000, an denen teilgenommen
haben:
Vizepräsident des Bundesgerichtshofes
Dr. Jähnke,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Otten,
die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Prof. Dr. Fischer,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt in der Verhandlung,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt
in der Verhandlung
als Verteidiger,
der Angeklagte in Person in der Verhandlung,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 4. Oktober 1999 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Bonn zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat das Verfahren gegen den Angeklagten wegen Betrugs in 60 Fällen und versuchten Betrugs in sieben Fällen durch Prozeßurteil eingestellt, weil einer Fortsetzung des Verfahrens eine rechtsstaatswidrige überlange Verfahrensdauer entgegenstehe. Die hiergegen eingelegte, vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Revision der Staatsanwaltschaft rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sie führt zur Aufhebung des Einstellungsurteils.

I.


1. Dem Angeklagten wird zur Last gelegt, als Alleingesellschafter und Vorstand der D.-AG den Verkauf einer Vielzahl von Eigentumswohnungen in Wohnanlagen des sozialen Wohnungsbaus im sogenannten "Erwerbermodell" zwischen privaten Anlegern und mehreren von ihm beherrschten Gesellschaf-
ten, die die Immobilien zuvor angekauft hatten, betrügerisch vermittelt zu haben. Dabei sollen die Anleger zum einen durch eine den - überhöhten - Kaufpreis der minderwertigen, zumeist sanierungsbedürftigen Wohnungen weit übersteigende Gesamtfinanzierung, weiterhin durch das in Aussicht stellen von - angesichts der Einkommens- und Vermögenslage der Erwerber zumeist unrealistisch hohen - Steuerersparnissen, insbesondere aber durch eine von den jeweiligen Vermittlern mündlich gegebene Zusage zum Kauf veranlaßt worden sein, die erworbene Eigentumswohnung könne nach zwei Jahren zum Bruttofinanzierungspreis - der in Einzelfällen bei über 150 % des Kaufpreises lag - an die D.-AG "zurückgegeben" werden. Der Angeklagte soll als Alleinvorstand der D.-AG dieses Vertriebsmodell etwa im Jahre 1983 entwickelt und über seine beherrschende Rolle in drei zum De.-Konzern gehörenden Vermittlungs- und Finanzierungsgesellschaften sowie in zwei weiteren, als Treuhänder eingeschalteten Gesellschaften in der Weise umgesetzt haben, daß er in Besprechungen und Schulungen die nach Art einer Vertriebspyramide organisierten Vertriebsmitarbeiter der zum De.-Konzern gehörenden Gesellschaften unmittelbar oder mittelbar anwies, die Wohnungen insbesondere auch mit dem Rückkaufs-Argument anzubieten. Durch diese in Täuschungsabsicht abgegebene - und unter Hinweis auf die Steuerschädlichkeit nur mündlich erklärte und nicht beurkundete - Zusage sollen zwischen Oktober 1984 und November 1986 eine Vielzahl von Anlegern getäuscht und zum Kauf von Eigentumswohnungen zu überhöhten Preisen bewogen worden sein. Die Wohnungen sollen später entgegen der Zusage jedoch nur in Einzelfällen - bei Abschluß neuer Verträge - zurückgenommen, teilweise auch in Immobilienfonds eingebracht worden sein; ganz überwiegend sollen die Immobilien nach Ablauf einer vereinbarten Mietgarantie für die Erwerber nur weit unter dem Einstandspreis verwertbar oder auf dem freien Markt gar nicht mehr verkäuflich gewesen sein. Hierdurch
sei den Erwerbern jeweils ein Schaden in Höhe des Minderwerts der Wohnung entstanden.
2. Dem angefochtenen Urteil liegt folgender Verfahrensablauf zugrunde:

a) Strafanzeigen gegen den Angeklagten und andere am Vertrieb der Wohnungen beteiligte Personen gingen ab November 1986 bei verschiedenen Staatsanwaltschaften im Bundesgebiet ein. Der Angeklagte erhielt durch Ladung vom 19. Februar 1987 zur polizeilichen Vernehmung erstmals Kenntnis von den gegen ihn gerichteten Ermittlungen. Am 24. Mai 1988 verband die Staatsanwaltschaft Köln insgesamt acht an sie abgegebene und eigene Ermittlungsverfahren ; im August 1988 und Februar 1989 wurden weitere Verfahren hinzuverbunden. In der Folgezeit zog die Staatsanwaltschaft eine Vielzahl von Urkunden bei, insbesondere Handelsregister- und Grundbuchauszüge. Im Oktober 1988 ergingen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse gegen den Angeklagten, vier weitere Mitbeschuldigte sowie gegen die von ihnen geführten Gesellschaften; die Durchsuchungen sowie die Beschlagnahme umfangreicher Unterlagen hinsichtlich 34 von der D.-AG vermittelter Wohnungsanlagen - die Wohnung des Angeklagten wurde erst fünf Monate später durchsucht - erfolgten im Februar 1989. Am 19. Dezember 1988 leitete die Staatsanwaltschaft die Akten der Kriminalpolizei Köln mit dem Auftrag zu, die notwendigen Ermittlungen durchzuführen.
Am 9. Februar 1989 ergingen auf Antrag der Staatsanwaltschaft weitere Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse gegen eine weitere vom Angeklagten beherrschte Treuhand-Gesellschaft sowie gegen eine Vielzahl von Banken im gesamten Bundesgebiet, in der Folgezeit auch gegen eine Vielzahl
von Vermittlern. Eine Auswertung der Durchsuchungen sowie einer mittels Fragebogen bei zahlreichen Anlegern durchgeführten Zeugenbefragung legte die Polizei im Februar 1990 vor. Am 5. Oktober 1990 wurden die Ermittlungen auf eine weitere in die Gesamtabwicklung eingeschaltete Gesellschaft ausgedehnt. Es ergingen in der Folge weitere Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse gegen verschiedene Gesellschaften und deren Mitarbeiter, unter anderem erneut gegen den Angeklagten und die von ihm geführte D.-AG; die Durchsuchungen wurden bis 6. Dezember 1990 vollzogen. Zwischen dem 11. Dezember 1990 und dem 14. November 1991 wurden sechs Mitarbeiter und Geschäftsführer von in das Vertriebssystem eingebundenen Gesellschaften vernommen; vermutlich im Frühjahr 1992 führte die Polizei darüber hinaus Befragungen von Vertriebsrepräsentanten durch. Am 27. August 1992 sandte die Kriminalpolizei Köln die Akten mit einem umfangreichen Schlußvermerk an die Staatsanwaltschaft zurück.

b) Eine Verfahrensförderung erfolgte dort - bis auf die Anforderung von Beiakten - zunächst nicht. Im November 1993 wurde der frühere Mitbeschuldigte G., der Geschäftsführer einer der eingeschalteten Gesellschaften, von der Staatsanwaltschaft vernommen; es wurde mit ihm eine mögliche Verfahrenseinstellung nach § 153 a StPO erörtert. Ein weiteres Gespräch über eine Verfahrenseinstellung fand mit dem früheren Mitbeschuldigten D. im Januar 1994 statt. Bei einer am 15. Dezember 1993 mit dem Verteidiger des Angeklagten geführten Besprechung über eine mögliche Verfahrenseinstellung wurde keine Einigkeit über die Höhe einer möglichen Geldzahlungsauflage erzielt.
Am 7. Juni 1994 stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen G. gegen Zahlung eines Geldbetrags von 240.000 DM und das Verfahren gegen
D. gegen Zahlung eines Geldbetrags von 150.000 DM ein. Alle Verfahren gegen Bankmitarbeiter wurden nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, ebenso die Verfahren gegen Mitarbeiter einer eingeschalteten Treuhand-Gesellschaft sowie gegen alle Vertriebsrepräsentanten. Die Verfahren gegen die Erwerber der Immobilien wegen Steuerdelikten wurden nach § 153 Abs. 1 StPO eingestellt, das Verfahren gegen Mitarbeiter einer weiteren Treuhand-Gesellschaft abgetrennt , das Verfahren gegen die Verantwortlichen zweier weiterer Gesellschaften nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Die Tatvorwürfe gegen den Angeklagten als Vorstand einer Verwaltungsgesellschaft (V-AG) wurden nach § 154 Abs. 1 StPO ausgeschieden.

c) Am 1. August 1994 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage zur Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Köln wegen 74 selbständiger Fälle des Betrugs "bzw." des Betrugsversuchs im besonders schweren Fall in der Zeit zwischen September 1984 und November 1986, begangen jeweils in Mittäterschaft mit den früheren Mitbeschuldigten G. und D. Nur pauschal aufgeführt sind daneben weitere 256 Fälle, in denen bereits zum Zeitpunkt der Anklageerhebung die (absolute) Verjährung nach § 78 c Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB eingetreten war. Die Anklage im Fall 9 a (letzter Tatzeitpunkt ) wurde am 14. September 1994 zurückgenommen.
Anregungen der Kammervorsitzenden, die Täuschungshandlung und den jeweiligen Vermögensschaden darzulegen, trat die Staatsanwaltschaft am 14. September 1994 entgegen. Die Verteidigung beantragte am 17. Oktober 1994, im Zwischenverfahren Beweis zum Fehlen eines Vermögensschadens durch Einholung von Sachverständigen-Gutachten zu erheben.

d) Am 21. November 1994 erging - ohne weitere Beweiserhebung - Eröffnungsbeschluß. Die Eröffnung des Hauptverfahrens wurde in einem Fall (Fall 11 a) wegen inzwischen eingetretener Verjährung, in fünf Fällen (Fälle 13 a, 14 b, 14 c, 14 e, 14 g der Anklage) mangels hinreichenden Tatverdachts abgelehnt; in sieben Fällen (Fälle 4 b, 6 f, 8 d, 8 g, 8 h, 10 g, 13 b) bejahte die Kammer hinreichenden Tatverdacht nur wegen versuchten Betrugs. Zur Frage der Verjährung führte der Eröffnungsbeschluß aus, es komme entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft für die Beendigung der Taten und damit für den Beginn der Verjährungsfrist nicht auf den Abschluß der notariellen Kaufoder Treuhandverträge, sondern auf den Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung an. Diesen Zeitpunkt habe die Kammer in neun Fällen den Akten entnehmen können ; in den übrigen Fällen sei es hinreichend wahrscheinlich, daß die Taten nicht verjährt seien. Eine Bescheidung des von der Verteidigung im Zwischenverfahren gestellten Beweisantrags erfolgte nicht. In einem Beschluß vom 22. Februar 1995, mit welchem ein Antrag der Verteidigung auf Nachholung des rechtlichen Gehörs zurückgewiesen wurde, ist hierzu ausgeführt, es habe der Beweiserhebung "zur Beurteilung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens erforderlichen dringenden Tatverdachts nicht bedurft"; davon abgesehen, hätte die Beweiserhebung "dazu geführt, daß die Verjährung hinsichtlich weiterer Fälle nicht rechtzeitig durch den Eröffnungsbeschluß zum Ruhen gebracht worden wäre. Dem hatte die Kammer auch unter Berücksichtigung und Abwägung der Interessen des Angeklagten an der beantragten Beweiserhebung durch rechtzeitigen Erlaß des Eröffnungsbeschlusses entgegenzuwirken."
Im folgenden wurde - unter Verfügung der Wiedervorlage zum 1. Juni, 1. September und 1. Dezember 1995 sowie zum 1. März 1996 - jeweils in der Akte vermerkt, eine Terminierung sei wegen vorrangiger Haftsachen nicht
möglich. Mit Beschluß vom 13. Juni 1996 ordnete das Landgericht die Erstellung von 69 Wertgutachten durch sieben Sachverständige zur Ermittlung des Verkehrswerts der Wohnungen an; die Gutachten gingen bis zum 19. März 1997 ein. Unter dem 21. März, 21. August und 21. November 1997, 20. Februar, 6. Mai und 24. Juni 1998 vermerkte der Vorsitzende der Wirtschaftsstrafkammer jeweils, eine Förderung des Verfahrens sei wegen anderweitiger Verhandlungen in Haftsachen nicht möglich.
Am 27. Juli 1998 beantragte der Verteidiger des Angeklagten, das Verfahren wegen überlanger Verfahrensdauer einzustellen, hilfsweise eine Verfahrenseinstellung nach § 153 a StPO. Bis zum Dezember 1998 folgten Verhandlungen zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung über eine mögliche Verfahrenseinstellung gegen die Auflage einer Geldzahlung. Am 3. Dezember 1998 vermerkte der Vorsitzende in der Akte, die Kammer halte eine Einstellung nach § 153 a StPO für sachgerecht, eine Einigung zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung sei jedoch nicht erzielt worden. Am 11. Dezember 1998 wurde die Hauptverhandlung auf (vorerst) 126 Sitzungstage vom 13. Januar bis 29. Dezember 1999 terminiert.

e) Die Kammer verhandelte vom 13. Januar 1999 bis zum 30. September 1999 an insgesamt 44 Verhandlungstagen; es wurden 48 Zeugen und zwei Sachverständige vernommen. Im Laufe der Hauptverhandlung (29., 30., 31. Verhandlungstag) wurde erneut die Möglichkeit einer Einstellung nach § 153 a StPO erörtert, eine Einigung konnte nicht erzielt werden. Am 34. Verhandlungstag (9. Juli 1999) stellte das Landgericht das Verfahren hinsichtlich aller Anklagepunkte bis auf 16 nach § 154 Abs. 2 StPO vorläufig ein.
Am 44. Verhandlungstag wurden diese eingestellten Fälle wieder einbezogen; am 45. Verhandlungstag erging das Einstellungsurteil.
3. In dem Urteil vom 4. Oktober 1999 hat das Landgericht ausgeführt, eine kurzfristige Beendigung des Verfahrens durch Sachurteil sei nicht möglich ; nach dem Stand der Beweisaufnahme seien noch eine Vielzahl weiterer Zeugen sowie weitere Sachverständige zu vernehmen. Die Verfahrensverzögerungen im Bereich der Justiz seien auf andauernde, strukturelle Umstände zurückzuführen ; eine Hilfsstrafkammer habe wegen der Personalknappheit beim Landgericht Köln nicht gebildet werden können. Die bisherige Beweisaufnahme habe ergeben, "daß eine möglicherweise festzustellende Schuld des Angeklagten ... jedenfalls nicht übermäßig groß ist" (UA S. 15). Die Schuld des Angeklagten sei, "sollte eine solche überhaupt feststellbar sein, jedenfalls gering" (UA S. 17); sie "würde sich ... jedenfalls geringer darstellen, als dies in der Anklageschrift zum Ausdruck kommt" (UA S. 18). Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen , daß die Erwerber der Wohnungen die angestrebten Steuervorteile tatsächlich erlangt haben. Es sei nicht ausgeschlossen, daß vor November 2001 - Eintritt der absoluten Verjährung des letzten Falles - ein Sachurteil nicht ergehen könne. In noch hinnehmbarer Zeit werde weder ein Sachurteil noch ein Abschluß des Verfahrens durch Einstellung nach § 153 a oder § 153 StPO möglich sein. Unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles habe zwar zu Beginn der Hauptverhandlung ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 MRK noch nicht vorgelegen; die Fortsetzung der Hauptverhandlung sei jedoch mit rechtsstaatlichen Anforderungen nicht mehr vereinbar (UA S. 17).

II.


Ein Verfahrenshindernis läßt sich nicht abschließend feststellen.
1. Ein Verfahrenshindernis ergibt sich hier nicht aus dem Eintritt der Verfolgungsverjährung.

a) Das Landgericht hat im Eröffnungsbeschluß vom 21. November 1994 die auch von der Anklage vertretene Auffassung zugrunde gelegt, es handele sich bei den dem Angeklagten vorgeworfenen Handlungen um selbständige Taten mit jeweils einzeln zu bestimmendem Verjährungsbeginn. Auch wenn dies zuträfe, so war bei Erlaß des Eröffnungsbeschlusses die - absolute - Verjährungsfrist hinsichtlich derjenigen Fälle nicht abgelaufen, in welchen die vollständige Kaufpreiszahlung durch den jeweiligen Erwerber der Immobilie nach dem 20. November 1984 erfolgte, denn die Tatbeendigung tritt im Fall des § 263 StGB erst mit Erlangung des (letzten) Vermögensvorteils ein; erst zu diesem Zeitpunkt begann daher die Verjährungsfrist zu laufen (§ 78 a StGB). Die hier nach § 78 Abs. 3 Nr. 4, § 263 Abs. 1 a.F. StGB geltende regelmäßige Verjährungsfrist von fünf Jahren ist durch die Bekanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfahrens, die mehrfachen Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen sowie die Anklageerhebung wirksam unterbrochen worden.

b) Nach § 78 b Abs. 3 StGB läuft die Verjährung nach Erlaß eines Urteils im ersten Rechtszug nicht vor dem rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens ab. Die Wirkung der Ablaufhemmung, die nach § 78 c Abs. 3 Satz 3 StGB auch für den Eintritt der "absoluten" Verjährung nach § 78 c Abs. 3 Satz 2 StGB gilt, tritt auch durch ein auf Einstellung lautendes Prozeßurteil unabhängig von
dessen sachlicher Richtigkeit ein (BGHSt 32, 209, 210; Jähnke in LK 11. Aufl. § 78 b Rdn. 14; Lackner/Kühl, StGB 23. Aufl. § 78 b Rdn. 7; Stree in Schönke /Schröder, StGB 25. Aufl. § 78 b Rdn. 12; Tröndle/Fischer, StGB 49. Aufl. § 78 b Rdn. 11; jew.m.w.N.). Auch auf Mängel der Anklage oder des Eröffnungsbeschlusses kommt es - im Rahmen der Reichweite des § 264 StPO - für den Eintritt der Ablaufhemmung grundsätzlich nicht an (vgl. BGH NJW 1994, 808, 809; BGH NStZ-RR 1997, 167). Das gilt auch für ein Urteil, das die Einstellung des Verfahrens auf die Annahme eines aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Verfahrenshindernisses stützt. Auch ein solches Urteil wird vom Wortlaut des § 78 b Abs. 3 StGB erfaßt; eine Differenzierung nach den das Einstellungsurteil tragenden Gründen ist dem Gesetz nicht zu entnehmen und wäre mit dem gerade im Verjährungsrecht geltenden Gebot klarer, einfacher Regelungen unvereinbar.

c) Der Eröffnungsbeschluß vom 21. November 1994 hatte entgegen der Auffassung der Verteidigung die Wirkung des § 78 b Abs. 4 Satz 1 StGB, wonach die Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem Landgericht in Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB - hier § 263 Abs. 3 StGB a.F. - ein Ruhen der Verjährung für einen Zeitraum von höchstens 5 Jahren bewirkt. Diese Hinausschiebung des Eintritts der Verjährung auf einen Zeitpunkt bis zu 15 Jahre nach Tatbeendigung, falls zum Zeitpunkt des Eröffnungsbeschlusses die absolute Verjährung noch nicht eingetreten war, ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (BVerfG NJW 1995, 1145) und entspricht einem dringenden praktischen Bedürfnis in Fällen besonders aufwendiger Hauptverhandlungen (vgl. BT-Drucks. 12/3832 S. 44 ff). Ob die verjährungsverlängernde Wirkung des Eröffnungsbeschlusses dann ausscheidet, wenn er in willkürlicher Weise ergangen ist, kann offenbleiben; es liegt dafür hier kein Anhaltspunkt vor. Ein
solcher ergibt sich auch nicht daraus, daß das Landgericht den Eröffnungsbeschluß angesichts des drohenden Ablaufs der (absoluten) Verjährungsfrist am 21. November 1994 erließ, ohne den vom Verteidiger des Angeklagten im Zwischenverfahren gestellten Beweisantrag zur Ermittlung eines möglichen Schadenseintritts zu bescheiden, die beantragte Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten jedoch - ohne daß das Verfahren zwischenzeitlich eine Förderung erfahren hatte - am 22. April 1996 anordnete. Dies mag, namentlich im Hinblick darauf, daß das Landgericht schon nach Eingang der Anklageschrift im August 1994 die Staatsanwaltschaft ersucht hatte, konkretisierend zur Frage des Eintritts eines Vermögensschadens Stellung zu nehmen (Bd. XVI Bl. 77 ff d.A.), zu einer weiteren vermeidbaren Verfahrensverzögerung geführt haben; gleichwohl wird die Wirksamkeit des Eröffnungsbeschlusses davon nicht berührt. Das Landgericht hat im Eröffnungsbeschluß einen hinreichenden (im Beschluß mißverständlich: "dringenden") Tatverdacht im Umfang der zugelassenen Anklage bejaht und dies mit vertretbaren Erwägungen über den Nichteintritt der Verjährung in den Fällen begründet, in welchen sich der Zeitpunkt der Tatbeendigung weder aus der Anklage noch aus den Verfahrensakten ergab. Daß das Landgericht in einem weiteren, auf einen Antrag des Verteidigers nach § 33 a StPO ergangenen Beschluß vom 22. Februar 1995 ausgeführt hat, daß die Kammer durch rechtzeitigen Erlaß des Eröffnungsbeschlusses der Gefahr des Eintritts der absoluten Verjährung entgegenzuwirken "hatte" (Bd. XVI Bl. 280 ff. d.A.), gibt keinen Hinweis auf eine sachwidrige Behandlung , da Maßnahmen, welche einzig dem Ziel dienen, den Eintritt der Verjährung zu verhindern, auch im übrigen grundsätzlich zulässig sind (vgl. Jähnke in LK 11. Aufl. § 78 c Rdn. 11 m.w.N.).
2. Der Senat kann nicht abschließend prüfen, ob sich hier aus der Verletzung des Beschleunigungsgebots ein zur Einstellung zwingendes Verfahrenshindernis ergibt.

a) Ein Verfahrenshindernis wird durch solche Umstände begründet, die es ausschließen, daß über einen Prozeßgegenstand mit dem Ziel einer Sachentscheidung verhandelt werden darf (BGHSt 32, 345, 350; 36, 294, 295; 41, 72, 75; Rieß in LR 25. Aufl. § 206 a Rdn. 22; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. Einl. Rdn. 143; Tolksdorf in KK StPO 4. Aufl. § 206 a Rdn. 1; Pfeiffer, StPO 2. Aufl. § 206 a Rdn. 4 und in KK-StPO 4. Aufl. Einl. Rdn. 131). Sie müssen so schwer wiegen, daß von ihrem Vorhandensein oder Nichtvorhandensein die Zulässigkeit des gesamten Verfahrens abhängig gemacht werden muß (BGHSt 35, 137, 140). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führt die Verletzung des Beschleunigungsgebots grundsätzlich nicht zu einem solchen Verfahrenshindernis (BGHSt 21, 81; 24, 239; 27, 274; 35, 137, 140; BGH NJW 1995, 737; 1996, 2739; wistra 1993, 340; 1997, 347; NStZ 1990, 94; 1996, 21; 1996, 506; 1997, 543; Strafverteidiger 1992, 452, 453; 1994, 652, 653; NStZ-RR 1998, 103, 104; 108). Dies hat seinen Grund darin, daß die Tatsache und das Gewicht des Verstoßes nur in einer Gesamtabwägung und mit Blick auf die dem Verfahren zugrundeliegende Beschuldigung und das Maß des Verschuldens bestimmt werden können; diese Feststellung entzieht sich einer allein formellen Betrachtung. Das Bundesverfassungsgericht hat im Beschluß vom 24. November 1983 (NJW 1984, 967) darauf hingewiesen , die Auffassung, aus einer Verletzung des Beschleunigungsgebots könne in keinem Fall ein Verfahrenshindernis hergeleitet werden, begegne verfassungsrechtlichen Bedenken. Zugleich hat es klargestellt, daß ein unmittelbar aus dem Rechtsstaatsgebot des Grundgesetzes abzuleitendes Verfahrenshin-
dernis allein dann in Betracht komme, wenn in extrem gelagerten Fällen, in welchen das Ausmaß der Verfahrensverzögerung besonders schwer wiegt und die Dauer des Verfahrens zudem mit besonderen Belastungen für den Beschuldigten einhergegangen ist, das Strafverfahrensrecht keine Möglichkeit zur Verfahrensbeendigung, z.B. durch Anwendung des § 153 StPO, zur Verfügung stellt. Im Beschluß vom 19. April 1993 (NJW 1993, 3254 ff; vgl. auch BVerfG NJW 1995, 1277, 1278) hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung müsse sich, da die Strafe verhältnismäßig sein und in einem gerechten Verhältnis zu dem Verschulden des Täters stehen müsse, bei der Strafzumessung auswirken, wenn sie nicht im Extrembereich zur Einstellung oder zum Vorliegen eines Verfahrenshindernisses führe.
Der Bundesgerichtshof hat in BGHSt 35, 137 im Fall eines Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK aufgrund einer willkürlichen, "außergewöhnlichen und beispiellosen Verzögerung" der Aktenvorlage nach § 347 StPO ein "Zurückverweisungsverbot" angenommen, das Verfahren abgebrochen und durch Urteil eingestellt. Dem lag die Besonderheit zugrunde, daß der Schuldspruch in dem außerordentlich umfangreichen und komplexen Verfahren von den tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichts nicht getragen wurde, so daß das Urteil insgesamt hätte aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung hätte zurückverwiesen werden müssen. Der Bundesgerichtshof ist in der genannten Entscheidung auf der Grundlage der tatrichterlichen - wenngleich unzureichenden - Feststellungen davon ausgegangen, daß eine neue Verhandlung auch zum Schuldspruch voraussichtlich erst nach Jahren zu einem Abschluß des Verfahrens führen und daher den Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK weiter vertiefen würde; eine Einstellung des Verfahrens nach
§ 153 StPO kam wegen Verweigerung der Zustimmung durch die Staatsanwaltschaft nicht in Betracht.
Entsprechend haben verschiedene Oberlandesgerichte einen Abbruch des Verfahrens aus rechtsstaatlichen Gründen für unabweisbar gehalten, wenn einer außergewöhnlichen, vom Beschuldigten nicht zu vertretenden und auf Versäumnisse der Justiz zurückzuführenden Verfahrensverzögerung, die den Beschuldigten unter Abwägung der Gesamtumstände des Einzelfalls, namentlich des Tatvorwurfs, des festgestellten oder voraussichtlich feststellbaren Schuldumfangs sowie möglicher Belastungen durch das Verfahren, in unverhältnismäßiger Weise belastet, im Rahmen einer Sachentscheidung keinesfalls mehr hinreichend Rechnung getragen werden kann (vgl. etwa OLG Zweibrükken NStZ 1989, 134 und NStZ 1995, 49; OLG Düsseldorf NStZ 1993, 450; vgl. auch BGH StV 1995, 130, 131). Ob das bei einer solchen Sachlage bestehende Verfolgungsverbot als stets von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis zu verstehen ist (so etwa OLG Koblenz NJW 1994, 1887; OLG Zweibrücken NStZ 1989, 134; LG Düsseldorf NStZ 1988, 427; LG Bad Kreuznach NJW 1993, 1725), hat der Bundesgerichtshof bislang offen gelassen (BGHSt 35, 137, 143; vgl. auch NJW 1996, 2739; wistra 1993, 340; 1994, 21; BGH, Beschluß vom 16. August 1996 - 1 StR 745/95 [in BGHSt 42, 219 nicht abgedruckt]). In der Literatur ist die Frage umstritten; überwiegend wird die Annahme eines Verfahrenshindernisses auch in Extremfällen abgelehnt (vgl. etwa Kleinknecht/Meyer-Goßner, 44. Aufl. 1999, Rdn. 9 zu Art. 6 MRK; Rieß in Löwe /Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 206 a Rdn. 56; Paulus in KMR StPO § 206 a Rdn. 35; Pfeiffer in KK-StPO, 4. Aufl. Einl. Rdn. 12 f., 131; jeweils m.w.Nachw.).
Der Senat ist der Ansicht, daß das in ganz außergewöhnlichen Sonderfällen aus der Verletzung von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgrundsatz folgende Verbot einer weiteren Strafverfolgung als Verfahrenshindernis zu behandeln und v om Tatrichter zu beachten ist; vom Revisionsgericht ist sein Vorliegen in diesen Fällen von Amts wegen zu berücksichtigen. Dem stehen weder der Zusammenhang mit dem materiell -rechtlichen Schuldgrundsatz noch das Erfordernis entgegen, das Vorliegen des Hindernisses aufgrund einer umfassenden Gesamtwürdigung des Sachverhalts zu prüfen. Deren Notwendigkeit kann sich im Einzelfall auch bei der Prüfung anderer Verfahrensvoraussetzungen ergeben, etwa der des Vorliegens eines besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung, des Nichteintritts der Verfolgungsverjährung oder des Eingreifens eines Straffreiheitsgesetzes. Im Hinblick auf die Bedeutung des in Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK kodizifierten Menschenrechts auf eine rechtsstaatliche Behandlung und Entscheidung über die erhobene strafrechtliche Anklage innerhalb angemessener Frist kann ein Verstoß hiergegen, wenn seine Kompensation im Rahmen einer Sachentscheidung nicht mehr in Betracht kommt, für die Zulässigkeit des weiteren Verfahrens keine geringeren Folgen haben als der Verjährungseintritt, der einer Sachentscheidung sogar unabhängig von der konkreten Tatschuld entgegensteht. Der Gesichtspunkt, daß Verfahrenshindernisse in der Regel - wenngleich nicht stets - an objektiv feststellbare Tatsachen anknüpfen und nicht Ergebnis wertender Abwägungen sind (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 44. Aufl. Einl. Rdn. 148 m.w.Nachw.), tritt dem gegenüber dann zurück, wenn feststeht, daß für eine solche Abwägung aufgrund des Gewichts des Verstoßes kein Raum bleibt. In diesem Fall würde eine Fortsetzung des Verfahrens allein zur Vertiefung des Grundrechtsverstoßes führen; dem steht das Rechtsstaatsprinzip entgegen.


b) Der Senat kann hier auf der Grundlage der Urteilsfeststellungen und des ihm zugänglichen Akteninhalts feststellen, daß ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK aufgrund einer vom Angeklagten nicht zu vertretenden überlangen Verfahrensdauer vorliegt: Das Verfahren dauert seit der erstmaligen Bekanntgabe an den Angeklagten bereits 13 1/2 Jahre an. Bis zum Schlußbericht der Kriminalpolizei vergingen mehr als fünf Jahre, in denen die Ermittlungen mehrfach ausgedehnt wurden, aber jedenfalls seit Ende 1988 offenbar wenig substantiellen Erkenntnisgewinn brachten. Erst im Dezember 1990 erfolgte die erste Vernehmung eines Tatbeteiligten; Vernehmungen der Vertriebsmitarbeiter, durch welche die täuschenden Zusagen unmittelbar an die Geschädigten weitergegeben worden sein sollen, sind erst im Frühjahr 1992 durchgeführt worden. Zwischen dem Eingang des Schlußberichts der Kriminalpolizei vom 27. August 1992 und der Erhebung der Anklage am 27. Juli 1994, die im wesentlichen den Inhalt des Schlußberichts wiedergibt, vergingen zwei Jahre, in denen fast ausschließlich Verhandlungen mit verschiedenen Beschuldigten über Verfahrenseinstellungen geführt wurden. Zwischen dem Erlaß des Eröffnungsbeschlusses am 21. November 1994 und der Terminierung der Hauptverhandlung am 11. Dezember 1998 sind weitere vier Jahre vergangen, in denen außer der Einholung von Sachverständigengutachten zwischen April 1996 und März 1997 eine Verfahrensförderung nicht festzustellen ist. Eine durch das Verhalten des Angeklagten verursachte Verzögerung des Verfahrens liegt nicht vor; die Verzögerungen sind vielmehr, soweit dies dem Schreiben des Präsidenten des Landgerichts Köln vom 30. August 1999 an den Vorsitzenden der Wirtschaftsstrafkammer und dem Inhalt der Verfahrensakte entnommen werden kann, jedenfalls seit Eingang der Anklageschrift allein auf organisatorische Gründe im Bereich der Justiz zurückzuführen.

Auch wenn die Feststellung einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung jedenfalls dann nicht allein auf den insgesamt abgelaufenen Zeitraum gestützt werden kann, wenn dem Verfahren ein komplexer Sachverhalt zugrunde liegt, dessen Beurteilung umfangreiche und aufwendige Ermittlungen erforderlich macht (vgl. BVerfG NJW 1984, 967; 1993, 3254, 3255; BGH wistra 1993, 340; BGHR MRK Art. 6 I Verfahrensverzögerung 5, 6, 8, 9), so ist doch hier angesichts des Umstands, daß die Grenze der absoluten Verjährung inzwischen um mehr als drei Jahre überschritten wäre und das Verfahren seit Anklageerhebung mindestens fünf Jahre lang aus allein im Bereich der Justiz liegenden Gründen nicht gefördert wurde, ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK gegeben. Entgegen der Auffassung des Landgerichts lag dieser auch bereits zu Beginn der Hauptverhandlung vor; die Annahme, er sei erst nach Beginn der Hauptverhandlung, die an durchschnittlich zwei Tagen pro Woche stattfand, oder gerade durch diese eingetreten, trifft nicht zu.

c) Das Landgericht hat den Abbruch der Hauptverhandlung auf die rechtliche Erwägung gestützt, die Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 1 S. 1 MRK vor demjenigen Zeitpunkt, in welchem eine verfahrensabschließende Sachentscheidung ergehen kann, führe jedenfalls dann zwangsläufig zum Eintritt eines Verfahrenshindernisses, wenn die weitere Dauer des Verfahrens nicht absehbar ist, weil eine bewußte Vertiefung der Rechtsverletzung durch Fortsetzung der Hauptverhandlung - allein mit Blick auf eine spätere Kompensation bei der Rechtsfolgenentscheidung - ihrerseits mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar wäre (UA S. 31 ff.). Die Urteilsausführungen hierzu setzen im Ergebnis die Feststellung des Verstoßes mit der Notwendigkeit des Verfahrensabbruchs gleich; das ergibt sich auch aus der Annahme
des Landgerichts, bis zum Beginn der Hauptverhandlung habe ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK noch nicht vorgelegen. Diese Auffassung ist nicht zutreffend. Die Feststellung eines gravierenden Verfahrensverstoßes führt auch in sonstigen Fällen - etwa bei unzulässiger Tatprovokation durch polizeiliche V-Leute, bei Verstößen gegen § 136 a StPO oder gegen das rechtsstaatliche Gebot des "fair trial" - nicht zur Undurchführbarkeit des Verfahrens. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat bei einer Verletzung des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK nicht etwa einen Abbruch des Verfahrens gefordert, sondern eine Verpflichtung des Mitgliedsstaates festgestellt, die Rechtsverletzung in Anwendung des nationalen Rechts in angemessener Weise zu kompensieren (vgl. EGMR, Urteil vom 15. Juli 1982, EuGRZ 1983, 371). Dem entspricht der auch in BGHSt 35, 137, 140 ff. hervorgehobene Grundsatz, daß weder die Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK noch die Entscheidung darüber, in welcher Weise sich dieser Verstoß auf das Verfahrensergebnis auswirken muß, unabhängig von den Umständen des Einzelfalles , namentlich auch vom Maß der Schuld des Angeklagten möglich ist. Ob ein festgestellter Verstoß so gewichtig ist, daß eine Kompensation im Rahmen einer Sachentscheidung nicht mehr in Betracht kommt, und er daher der Weiterführung des Verfahrens insgesamt entgegensteht, kann regelmäßig nicht ohne tatsächliche Feststellungen zur Tatschuld des Angeklagten beurteilt werden.
Das Landgericht hat hierzu, wie die Revision zutreffend hervorhebt, keine für das Revisionsgericht nachprüfbaren Feststellungen getroffen. Ergebnisse der mehr als 40 Verhandlungstage umfassenden Beweisaufnahme sind in den Urteilsgründen nicht mitgeteilt; diese erschöpfen sich vielmehr in einer Darstellung der Verfahrensgeschichte sowie rechtlichen Ausführungen zum
Vorliegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung. Das Urteil enthält auch keine Feststellungen darüber, aus welchen Gründen es dem Landgericht nicht möglich war festzustellen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des Betrugs vorliegen. Die Ausführungen des Landgerichts zum Verschulden des Angeklagten , dieses sei "nicht übermäßig groß" (UA S. 15), "jedenfalls gering" (UA S. 17), eine Verfahrenseinstellung nach § 153 a StPO gegen Zahlung eines Geldbetrags von mindestens 1,5 Mio. DM, wie es die Staatsanwaltschaft gefordert habe, werde "der bisher durchgeführten Beweisaufnahme in keiner Weise gerecht" (UA S. 29), finden in den Urteilsfeststellungen keine Grundlage ; der Senat kann aufgrund des Fehlens tatsächlicher Feststellungen die rechtliche Bewertung durch das Landgericht nicht überprüfen.
Dies gilt gleichermaßen für die nur lückenhaft mitgeteilten Verfahrenstatsachen. Die Urteilsgründe geben keinen Aufschluß darüber, auf Grundlage welcher bisherigen Beweisergebnisse das Landgericht zu der Ansicht gelangt ist, eine Sachentscheidung sei "unter Umständen" nicht vor dem Ende des Jahres 2001 möglich. Insoweit wird nur pauschal erwähnt, es sei noch "eine Vielzahl von weiteren Zeugen, die zum Teil im Ausland aufhältig sind, und weitere Sachverständige zu hören" (UA S. 8); hinsichtlich sieben Fällen sei die Erstellung eines neuen Sachverständigengutachtens erforderlich (ebenda). Hieraus ergibt sich nicht mit einer vom Revisionsgericht überprüfbaren Deutlichkeit, welche tatsächlichen Hindernisse hier die vom Landgericht prognostizierte weitere Verfahrensdauer von mehr als zwei Jahren begründen könnten.
Indem das Landgericht sich in dem angefochtenen Urteil weitgehend auf die Ausführung rechtlicher Wertungen beschränkt, von der Mitteilung der diesen zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen jedoch absieht, entzieht
es dem Revisionsgericht zugleich die Grundlage für eine rechtliche Überprüfung. Dem Senat ist es - anders, als dies der Entscheidung BGHSt 35, 137 zugrunde lag - aufgrund des gänzlichen Fehlens tatsächlicher Feststellungen nicht möglich zu beurteilen, ob die Umstände des Einzelfalls angesichts der überlangen Verfahrensdauer und des vom Angeklagten nicht zu vertretenden Verstoßes gegen das Beschleunigungsgebot hier einen Extremfall begründen, in welchem der Verstoß weder durch eine Berücksichtigung im Rahmen der Strafzumessung - ggf. unter Anwendung von § 59 StGB - noch etwa durch Einstellung nach § 153 a oder § 153 StPO hinreichend ausgeglichen werden kann.
Der rechtsfehlerhafte Verzicht auf nachprüfbare Tatsachenfeststellungen muß daher zur Aufhebung des Urteils führen. Die Prüfung aufgrund des dem Senat auch ohne Verfahrensrüge zugänglichen Akteninhalts erlaubt hier zwar die Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK, nicht aber eine Entscheidung, ob unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles, insbesondere auch des dem Angeklagten zuzurechnenden Schuldumfangs, eine Verfahrenseinstellung in Fortentwicklung der Grundsätze in BGHSt 35, 137 erfolgen muß. Tatrichterliche Feststellungen zum Schuldumfang kann das Revisionsgericht nicht selbst treffen; der Tatrichter hat sie, wenn er den Eintritt eines Verfahrenshindernisses wegen überlanger Verfahrensdauer bejaht, im Einstellungsurteil ebenso wie die Verfahrenstatsachen und die der Prognose über die voraussichtliche weitere Verfahrensdauer zugrundeliegenden Tatsachen in nachprüfbarer Weise darzulegen. Andernfalls bestünde die Gefahr, daß sich das Tatgericht insbesondere bei schwierigen und umfangreichen Verfahren durch nicht begründete und daher auch nicht überprüfbare Prozeßentscheidungen der Aufgabe entheben könnte, auch solche Verfahren bei
straffer Verfahrensführung und angemessener Beschränkung des Prozeßstoffs in vertretbarer Zeit einer Sachentscheidung zuzuführen.
Nach dem Akteninhalt kommt vorliegend bei der gebotenen zügigen Sachbehandlung eine Berücksichtigung des Verstoßes im Rahmen einer Rechtsfolgeentscheidung durchaus noch in Betracht.

III.


Der Senat hat im Hinblick auf die der Sache nicht förderliche Auseinandersetzung zwischen Landgericht und Staatsanwaltschaft über die Verantwortung für die eingetretenen Verfahrensverzögerungen von der Möglichkeit des § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO Gebrauch gemacht, die Sache an die Wirtschaftsstrafkammer eines anderen Gerichts zurückzuverweisen.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
1. Bei dem hier in Betracht kommenden sog. "unechten Erfüllungsbetrug" kommt es für die Feststellung eines tatbestandlichen Vermögensschadens auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses an, der aufgrund der täuschenden Erklärung erschlichen worden ist. Soweit das Landgericht - eher kursorisch - in den Urteilsgründen erwähnt hat, die Käufer der Eigentumswohnungen hätten die von ihnen erstrebten Steuervorteile tatsächlich erhalten, wird zu berücksichtigen sein, in welchem Umfang diese steuerlichen Vorteile aufgrund der Rückveräußerungsabsicht der Käufer und der damit fehlenden Gewinner-
zielungsabsicht von vornherein nur aufgrund einer Straftat nach § 370 AO erzielt werden konnten und der Rückerstattungspflicht unterlagen.
2. Der neue Tatrichter wird schon im Hinblick auf die inzwischen vorliegende gravierende Verfahrensverzögerung den Verfahrensstoff sinnvoll zu beschränken und die Beweiserhebung auf solche Tatsachen zu konzentrieren haben, die eine Beurteilung des Schuldumfangs ermöglichen. Ob diese Feststellungen zur gegebenen Zeit eine Verfahrenseinstellung nach § 153 a oder § 153 StPO, gegebenenfalls auch eine Sachentscheidung nach § 59 StGB nahelegen und rechtfertigen, werden der neue Tatrichter sowie die Staatsanwaltschaft zu beachten haben.
Jähnke Otten Rothfuß Fischer Elf

(1) Die Verjährung ruht

1.
bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 182, 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 2, §§ 225, 226a und 237,
2.
solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen.

(2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem

1.
die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder
2.
eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung).

(3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

(4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt.

(5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat

1.
bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden,
2.
bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat,
3.
bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder
4.
bis zur Rücknahme dieses Ersuchens.
Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht.

(6) In den Fällen des § 78 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ruht die Verjährung ab der Übergabe der Person an den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zu ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder bis zu ihrer Freilassung durch den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat.

5 StR 606/00

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 12. Juni 2001
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen Verletzung von Erziehungspflichten u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Juni
2001, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Basdorf,
Richterin Dr. Tepperwien,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt P ,
Rechtsanwalt Dr. M
als Verteidiger des Angeklagten I ,
Rechtsanwalt Me
als Verteidiger des Angeklagten H ,
Rechtsanwalt S ,
Rechtsanwalt L
als Verteidiger des Angeklagten Me ,
Rechtsanwältin K
als Verteidigerin der Angeklagten Lö ,
Rechtsanwalt St
als Vertreter des Nebenklägers Mario Se ,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 11. August 2000 aufgehoben. Soweit das Urteil Taten zum Nachteil des Nebenklägers Se betrifft, wird es auch auf dessen Revision aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an das Landgericht Leipzig zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat wegen Eintritts der absoluten Verfolgungsverjährung das vom Oberlandesgericht Dresden am 28. April 2000 eröffnete Hauptverfahren eingestellt. Die dagegen gerichteten Revisionen der Staatsanwaltschaft , die vom Generalbundesanwalt vertreten werden, und des Nebenklägers haben mit den erhobenen Sachrügen Erfolg. Auf die – den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht genügende – Aufklärungsrüge des Nebenklägers kommt es nicht an.
1. Den Angeklagten war angelastet, als Mitarbeiter im „Spezialkinderheim H " in Meerane Straftaten zum Nachteil dort untergebrachter schwer erziehbarer Jugendlicher begangen zu haben. Im einzelnen lagen zur Last – dem Angeklagten I im Zeitraum 4. Januar 1988 bis 5. Dezember 1989 ein Vergehen der Verletzung von Erziehungspflichten (§ 142 Abs.1 Nr. 2 StGB-DDR), – dem Angeklagten H z wischen 1986 und Dezember (offensichtlich 2. Oktober) 1990 Verletzung von Erziehungspflichten in fünf Fällen und z wei Vergehen der Freiheitsberaubung (§ 131 Abs.1 StGB-DDR), – dem Angeklagten M v on Herbst 1987 bis 5. Dezember 1989 fünf Fälle der Verletzung von Erziehungspflichten, davon in einem Fall zwischen Sommer und Dezember 1989 in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch eines Jugendlichen (§ 150 Abs.1 StGB-DDR), und eine Freiheitsberaubung – und der Angeklagten Lö z wischen Herbst 1987 und Sommer 1989 drei Fälle der Verletzung von Erziehungspflichten und eine Freiheitsberaubung.
2. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist in keinem Fall Verfolgungsverjährung eingetreten. Die Verjährungsfristen für die Verletzung von Erziehungspflichten und Freiheitsberaubung von fünf Jahren (§ 82 Abs. 1 Nr. 2 StGB-DDR) und von acht Jahren (§ 82 Abs. 1 Nr. 3 StGB-DDR) für den sexuellen Mißbrauch von Jugendlichen waren am 3. Oktober 1990 noch nicht verstrichen und wurden an diesem Tag unterbrochen (Art. 315a Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 EGStGB). Ab diesem Zeitpunkt sind die §§ 78 ff. StGB anzuwenden (vgl. BGH NStZ 1998, 36) mit der Folge, daß nach § 78c Abs. 3 Satz 1 StGB für alle angelasteten Taten die § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB zu entnehmenden fünfjährigen Verjährungsfristen zu laufen begannen. Diese wurden durch Art. 1 des 2. Verjährungsgesetzes vom 27. September 1993 (BGBl. I 1657) bis 31. Dezember 1997 verlängert. Die in Art. 2 dieses Gesetzes normierte Voraussetzung, Nichteintritt der Verjährung vor Ablauf des 30. September 1993 lag vor. Vor dem Inkrafttreten des 2. Verjährungsgesetzes war in keinem Fall seit Beendigung der Tat durch Ablauf von zehn Jahren absolute Verjährung eingetreten (§ 78c Abs. 3 Satz 2 StGB). Durch Art. 1 und 2 des 3. Verjährungsgesetzes vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I 3223) wurden die am 31. Dezember 1997 noch nicht abgelaufenen Verjährungsfristen bis zum 2. Oktober 2000 verlängert (Art. 315 a Abs. 2 Alt. 1 EGStGB).
Vor diesem Zeitpunkt konnte auch die absolute Verjährung nach § 78c Abs. 3 Satz 2 StGB nicht eintreten (BGHR EGStGB Art. 315a –Verjährungsfrist 2; BGH Beschluß vom 7. Februar 2001 – 3 StR 3/01 –).
Art. 315a Abs. 2 EGStGB ist eine gegenüber § 78c Abs. 3 Satz 2 StGB vorrangige Norm, die ohne sachliche Differenzierung hinsichtlich der im Gesetzgebungsverfahren diskutierten faktischen Verfolgungserschwernisse (vgl. BGHR EGStGB Art. 315a – Verjährungsfrist 3) anzuwenden ist. Diese – auch dem im Eröffnungsverfahren ergangenen Beschwerdebeschluß des Oberlandesgerichts Dresden vom 28. April 2000 (1 Ws 317/99) zutreffend zugrunde gelegte – Auffassung entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (entsprechend Jähnke in LK 11. Aufl. § 78c Rdn. 44; Letzgus NStZ 1994, 57, 63), von der abzugehen kein Anlaß besteht. Entgegen der Auffassung der Verteidigung war es nicht geboten, nur die im (1.) Verjährungsgesetz genannten Delikte von der nach Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzlich erforderlichen Gleichbehandlung der in den alten und neuen Bundesländern begangenen Straftaten auszunehmen.
Seit Verkündung des landgerichtlichen Urteils ist der Ablauf der Verjährungsfrist nach Art. 315a Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 EGStGB, § 78c Abs. 3 Satz 3, § 78b Abs. 3 StGB gehemmt. Diese Wirkung tritt auch durch ein auf Einstellung lautendes Prozeßurteil unabhängig von dessen sachlicher Richtigkeit ein (BGH NJW 2001, 1146, 1147; zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt ). Für ein Einstellungsurteil wegen Verjährung gilt nichts anderes.
Das Hinausschieben des Eintritts der Verjährung auf einen Zeitpunkt bis über 15 Jahre nach Tatbeendigung ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (BVerfG – Kammer – NJW 1995, 1145; vgl. BGH aaO). Allerdings wird einem langen Zeitablauf gegebenenfalls im Rahmen der Rechtsfolgenentscheidung Rechnung zu tragen sein (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 – Verfahrensverzögerung 13).
Zum Amnestieeinwand der Verteidigung verweist der Senat auf BGHSt 39, 353, 358, 361.
3. Der Senat hat von § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO Gebrauch gemacht.
Harms Basdorf Tepperwien Raum Brause

(1) Die Verjährung ruht

1.
bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 182, 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 2, §§ 225, 226a und 237,
2.
solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen.

(2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem

1.
die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder
2.
eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung).

(3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

(4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt.

(5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat

1.
bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden,
2.
bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat,
3.
bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder
4.
bis zur Rücknahme dieses Ersuchens.
Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht.

(6) In den Fällen des § 78 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ruht die Verjährung ab der Übergabe der Person an den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zu ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder bis zu ihrer Freilassung durch den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat.

(1) Die Verjährung schließt die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) aus. § 76a Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Verbrechen nach § 211 (Mord) verjähren nicht.

(3) Soweit die Verfolgung verjährt, beträgt die Verjährungsfrist

1.
dreißig Jahre bei Taten, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind,
2.
zwanzig Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als zehn Jahren bedroht sind,
3.
zehn Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als fünf Jahren bis zu zehn Jahren bedroht sind,
4.
fünf Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren bedroht sind,
5.
drei Jahre bei den übrigen Taten.

(4) Die Frist richtet sich nach der Strafdrohung des Gesetzes, dessen Tatbestand die Tat verwirklicht, ohne Rücksicht auf Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind.

(1) Die Verjährung ruht

1.
bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 182, 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 2, §§ 225, 226a und 237,
2.
solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen.

(2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem

1.
die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder
2.
eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung).

(3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

(4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt.

(5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat

1.
bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden,
2.
bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat,
3.
bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder
4.
bis zur Rücknahme dieses Ersuchens.
Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht.

(6) In den Fällen des § 78 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ruht die Verjährung ab der Übergabe der Person an den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zu ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder bis zu ihrer Freilassung durch den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat.

(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch

1.
die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe,
2.
jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder deren Anordnung,
3.
jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist,
4.
jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
5.
den Haftbefehl, den Unterbringungsbefehl, den Vorführungsbefehl und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
6.
die Erhebung der öffentlichen Klage,
7.
die Eröffnung des Hauptverfahrens,
8.
jede Anberaumung einer Hauptverhandlung,
9.
den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung,
10.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens oder im Verfahren gegen Abwesende zur Ermittlung des Aufenthalts des Angeschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen ergeht,
11.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten ergeht, oder
12.
jedes richterliche Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen.
Im Sicherungsverfahren und im selbständigen Verfahren wird die Verjährung durch die dem Satz 1 entsprechenden Handlungen zur Durchführung des Sicherungsverfahrens oder des selbständigen Verfahrens unterbrochen.

(2) Die Verjährung ist bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung abgefasst wird. Ist das Dokument nicht alsbald nach der Abfassung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist.

(3) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 78a bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und, wenn die Verjährungsfrist nach besonderen Gesetzen kürzer ist als drei Jahre, mindestens drei Jahre verstrichen sind. § 78b bleibt unberührt.

(4) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht.

(5) Wird ein Gesetz, das bei der Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert und verkürzt sich hierdurch die Frist der Verjährung, so bleiben Unterbrechungshandlungen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts vorgenommen worden sind, wirksam, auch wenn im Zeitpunkt der Unterbrechung die Verfolgung nach dem neuen Recht bereits verjährt gewesen wäre.

(1) Die Verjährung ruht

1.
bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 182, 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 2, §§ 225, 226a und 237,
2.
solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen.

(2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem

1.
die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder
2.
eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung).

(3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

(4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt.

(5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat

1.
bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden,
2.
bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat,
3.
bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder
4.
bis zur Rücknahme dieses Ersuchens.
Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht.

(6) In den Fällen des § 78 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ruht die Verjährung ab der Übergabe der Person an den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zu ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder bis zu ihrer Freilassung durch den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
StGB § 2 Abs. 3; § 78 Abs. 3 Nr. 3 und 4; § 179 F: 10. März 1987 und 1. Juli
1997
Bei der Prüfung des milderen Rechts ist die Frage der Verjährung jedenfalls
dann zu berücksichtigen, wenn ein Gesetz infolge der Umwandlung eines Qualifikationstatbestandes
in ein Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall
bei gleichem Strafrahmen den Eintritt der Verjährung zur Folge hat.
BGH, Beschluß vom 7. Juni 2005 - 2 StR 122/05 - LG Limburg (Lahn)

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 122/05
vom
7. Juni 2005
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes u. a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 7. Juni 2005 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Limburg (Lahn) vom 22. November 2004 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall 3 der Urteilsgründe wegen sexuellen Mißbrauchs Widerstandsunfähiger verurteilt worden ist; insoweit werden die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse auferlegt,
b) das genannte Urteil im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten mit der Maßgabe aufgehoben, daß eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach §§ 460, 462 StPO, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, zu treffen ist. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in zwei Fällen und wegen sexuellen Mißbrauchs Widerstandsunfähiger unter Einbeziehung der Strafen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Limburg vom 17. Juli 2000 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs
Monaten und wegen sexuellen Mißbrauchs unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Es hat ferner gegen den Angeklagten ein lebenslanges Berufsverbot als Arzt und Psychotherapeut verhängt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1. Im Fall 3 der Urteilsgründe hat nach den Feststellungen der seinerzeit als Arzt und Psychotherapeut tätige Angeklagte an einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt im Jahre 1995 mit einer Patientin S., welche zum Tatzeitpunkt infolge einer schweren reaktiven Depression nicht in der Lage war, gegenüber dem sexuellen Ansinnen des Angeklagten einen Widerstandswillen zu bilden, den außerehelichen Beischlaf vollzogen. Das Landgericht hat der Verurteilung den zur Tatzeit geltenden § 179 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StGB in der Fassung vom 10. März 1987 zugrunde gelegt, weil spätere Gesetzesfassungen nach einem Gesamtvergleich bezogen auf den konkreten Einzelfall nicht milder seien (§ 2 Abs. 3 und Abs. 1 StGB). Zwar stelle der vom Angeklagten vollzogene Beischlaf in der Fassung des § 179 StGB vom 1. Juli 1997 im Gegensatz zum Tatzeitrecht keine echte Qualifikation mehr dar, sondern sei lediglich noch als durch ein Regelbeispiel beschriebener besonders schwerer Fall ausgestaltet (§ 179 Abs. 3, 4 i.V.m. § 177 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB). Der Strafrahmen sei jedoch identisch, denn die indizielle Bedeutung des Regelbeispiels werde im konkreten Fall auch unter Berücksichtigung der erheblich eingeschränkten Steuerungsfähigkeit des Angeklagten nicht durch andere Strafzumessungsfaktoren in der Art und Weise kompensiert, daß auf den normalen Strafrahmen zurückzugreifen sei. Die Fassung vom 1. Juli 1997 stelle sich auch im Hinblick auf eine hieraus folgende etwaige Verjährung nicht
auf eine hieraus folgende etwaige Verjährung nicht als milderes Gesetz im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB dar. Zwar wäre unter Zugrundelegung des § 179 StGB in der Fassung vom 1. Juli 1997 gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4, Abs. 4 StGB die Tat zwischenzeitlich verjährt, da bei der Bestimmung der anzuwendenden Verjährungsfrist nicht mehr die für besonders schwere Fälle geltende Strafdrohung des § 179 Abs. 3 StGB zugrunde zu legen wäre, sondern diejenige des Grundtatbestandes des Absatzes 1. Bei konkreter Betrachtung sei dieses Gesetz jedoch nicht das mildere, weil bereits vor Eintritt der Verjährung unter Zugrundelegung des § 179 StGB in der Fassung vom 1. Juli 1997 dieser durch das 6. Strafrechtsreformgesetz vom 26. Januar 1998 erneut geändert worden sei. Nach der Fassung vom 26. Januar 1998 sei der Vollzug des Beischlafs wieder ein Qualifikationstatbestand (§ 179 Abs. 4 Nr. 1 StGB), so daß nicht mehr die fünfjährige Verjährungsfrist des § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB, sondern die zwanzigjährige nach § 78 Abs. 3 Nr. 2 StGB anzuwenden wäre. Während der gesamten Geltungsdauer des § 179 StGB in der Fassung vom 1. Juli 1997 wäre die Tat niemals verjährt gewesen, so daß insoweit kein schutzwürdiges Vertrauen des Angeklagten vorliege, welches zu seinen Gunsten zu berücksichtigen wäre. 2. Diese Rechtsauffassung trifft nicht zu. Wird die Verjährungsfrist geändert, gilt das neue Recht mangels einer besonderen Übergangsregelung auch für bereits begangene Taten (Jähnke in LK 11. Aufl. vor § 78 Rdn. 11). Der Eintritt der Verjährung führt lediglich zu einem Verfahrenshindernis, weil er nicht die Strafdrohung an sich, sondern lediglich das "Ob" der Verfolgung berührt (vgl. auch BGHSt 46, 310, 317 für das Strafantragserfordernis). Insoweit betreffen die Verjährungsregeln lediglich die Verfolgbarkeit einer Tat; sie haben damit in erster Linie einen verfahrensrechtlichen Bezug (vgl. BVerfG NStZ 2000, 251). Verjährungsrechtliche Fragen sind
chen Bezug (vgl. BVerfG NStZ 2000, 251). Verjährungsrechtliche Fragen sind daher grundsätzlich nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsätzen zu behandeln und deshalb anhand der gesetzlichen Regelungen zu beurteilen, die im Zeitpunkt der Entscheidung gelten. Der Tatrichter hat stets das für ihn am Gerichtsort aktuell geltende Verfahrensrecht anzuwenden. Bereits aufgehobene oder abgeänderte Verfahrensregelungen finden grundsätzlich nur Anwendung , wenn der Gesetzgeber dies ausdrücklich regelt (vgl. BGH, Beschluß vom 22. Februar 2005 – KRB 28/04). Anders sieht die Rechtslage jedoch aus, wenn eine Verlängerung der Verjährungsfrist auf einer nachträglichen Verschärfung der bei der Berechnung zugrundezulegenden Höchststrafen beruht (§ 78 Abs. 3 StGB). Eine Verschärfung der Strafdrohung muß nach § 2 Abs. 3 StGB außer Betracht bleiben, entsprechend bleibt es auch hinsichtlich der Verjährung bei der Anknüpfung an die mildere Strafdrohung (vgl. BGHR StGB § 78 Abs. 3 Fristablauf 2 m.w.N.; BGH GA 1954, 22; BGH bei Dallinger MDR 1954, 335; BGH, Beschluß vom 13. November 2002 – 4 StR 438/02; Dreher NJW 1962, 2209, 2210; Jähnke in LK 11. Aufl. vor § 78 Rdn. 11; Gribbohm in LK 11. Aufl. § 2 Rdn. 8; Rudolphi in SKStGB [Oktober 1998] § 78 Rdn. 6; Schönke/Schröder/Stree/Sternberg-Lieben StGB 26. Aufl. § 78 Rdn. 11; Tröndle/Fischer StGB 52. Aufl. § 2 Rdn. 7 und § 78 Rdn. 5 a; vgl. auch BGHR StGB § 78 b Abs. 4 Strafdrohung 2; StGB § 129 a Verjährung 1; OLG Saarbrücken NJW 1974, 1009, 1010; anders RGSt 75, 52, 54; Jagusch in LK 8. Aufl. § 67 Anm. 3; Herlan GA 1955, 255). Die Verjährung richtet sich nach dem günstigeren Recht der Tatzeit, wenn bei Zugrundelegung des zur Tatzeit geltenden sachlichen Rechts die Strafverfolgung auch nach den zur Zeit der Aburteilung geltenden Verjährungsregeln verjährt ist. Dies gilt entsprechend auch dann, wenn die Strafdrohung nur durch ein Zwischengesetz gemildert worden ist (BGHSt 39, 353, 370).
Die Verjährung knüpft an den Strafrahmen des Grundtatbestandes an, Strafdrohungen für besonders schwere oder minder schwere Fälle bleiben außer Betracht (§ 78 Abs. 4 StGB). Wird – wie hier § 179 StGB in der Fassung vom 1. Juli 1997 – ein Qualifikationstatbestand zu einem Regelbeispiel umgewandelt , kann dies daher trotz möglicherweise gleichbleibenden Strafrahmens für einen Regelfall eine Verkürzung der Verjährungsfrist zur Folge haben. Wird die Strafdrohung anschließend, vor Eintritt der Verjährung, wieder verschärft, indem erneut ein Qualifikationstatbestand geschaffen wird, ist nach den Grundsätzen des § 2 Abs. 3 StGB die Strafe dem mildesten Gesetz zu entnehmen , welches auch für die Frage der Verjährung maßgeblich ist. Die Geltung einer kürzeren Verjährungsfrist folgt in diesen Fällen nicht schon aus Art. 309 Abs. 3 EGStGB, wonach die Verjährungsfristen des bisherigen Rechts für Altfälle dann fortgelten, wenn sie kürzer sind. Aus dieser Regelung läßt sich nicht ableiten, daß in jedem Fall die dem Täter günstigste Verjährungsregelung eingreift. Diese Vorschrift, die ersichtlich im Zuge der damaligen Reform der Verjährungsregelungen mögliche Unsicherheiten zugunsten der Täter lösen wollte, ist nicht verallgemeinerungsfähig. Das mildeste Gesetz im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB ist dasjenige, das bei einem Gesamtvergleich im konkreten Einzelfall nach dessen besonderen Umständen die dem Täter günstigste Beurteilung zuläßt. Für den Vergleich kommt nur materielles Recht in Betracht; das vom Gesetzgeber jederzeit änderbare Verfahrensrecht wie etwa ein Strafantragserfordernis bleibt außen vor, jedenfalls soweit sich die Auswirkungen nicht aus der zu berücksichtigenden materiellen Strafdrohung ergeben. Auch wenn der Tatrichter im konkreten Fall die Indizwirkung eines Regelbeispiels nicht für widerlegt ansieht, stellt sich ein Vergehenstatbestand dann als milderes Gesetz gegenüber einem Qualifikationstatbestand mit derselben Strafdrohung dar, wenn er eine kürzere Verjäh-
rung zur Folge hat. In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß als mildestes Gesetz dasjenige anzusehen ist, das den Wegfall der Strafdrohung zur Folge hat (BGH NStZ 1992, 535, 536). Günstiger als bei einer noch so milden Bestrafung stellt sich der Täter aber auch, wenn die Tat wegen Verjährung nicht mehr verfolgbar ist. Daß ein Gesetz, welches den Eintritt der Verjährung zur Folge hat, für den Täter günstiger und damit milder im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB ist, hat der Bundesgerichtshof auch in seiner Rechtsprechung zur Verjährung von DDR-Alttaten zugrundegelegt. Der Bundesgerichtshof hat in diesen Fällen den Umstand, daß die Taten nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland verjährt waren, nur deshalb nicht bei der Bestimmung des milderen Gesetzes berücksichtigt , weil Art. 315 a Satz 1 EGStGB für die Frage der Verfolgungsverjährung die Regelung des Art. 315 Abs. 1 EGStGB verdrängt, wonach auf DDR-Alttaten grundsätzlich das mildere Recht anzuwenden ist (BGHSt 39, 353, 358; 40, 113, 115). Art. 315 a Satz 1 EGStGB enthält zur Verjährungsfrage eine spezielle Regelung, wonach sich die Verjährung allein danach richtet, ob sie nach dem Recht der DDR bis zum Wirksamwerden des Beitritts eingetreten war. Bei der Prüfung, welches Recht das mildere sei, hat der Bundesgerichtshof deshalb die Verjährungsfrage ausgeklammert (BGHSt 40, 48, 56). 3. Die Tat 3 der Urteilsgründe ist deshalb entgegen der Auffassung des Landgerichts verjährt. Das mildeste Gesetz ist im vorliegenden Fall § 179 StGB in der Fassung vom 1. Juli 1997. Nach § 78 Abs. 2 Nr. 4 StGB folgt aus der Strafdrohung dieses Tatbestandes eine nur fünfjährige Verjährungsfrist, welche bei Einleitung des Strafverfahrens Anfang 2003 abgelaufen war. Dies hat die Einstellung des Verfahrens in diesem Fall zur Folge. Der Senat schließt aus, daß eine neue Hauptverhandlung zu Feststellungen führen könnte, die eine Verurteilung wegen Vergewaltigung tragen würden. Die Verfahrenseinstellung im Fall 3 der Urteilsgründe führt zur Aufhebung der ersten Gesamtfreiheitsstra-
fe. Der Senat schließt weiterhin aus, daß die übrigen Einzelstrafen und die zweite Gesamtfreiheitsstrafe sowie die Maßregel von dem Rechtsfehler beeinflußt worden sind. Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, nach § 354 Abs. 1 b Satz 1 StPO zu entscheiden. Die nachträgliche Gesamtstrafenbildung aus den nunmehr rechtskräftigen Einzelstrafen und den Einzelstrafen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Limburg vom 17. Juli 2000 obliegt danach dem nach § 462 a Abs. 3 StPO zuständigen Gericht. Da nicht ausgeschlossen werden kann, daß im Nachverfahren nach §§ 460, 462 StPO eine Herabsetzung der Gesamtfreiheitsstrafe erfolgt, hat die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels das für das Nachverfahren zuständige Gericht zusammen mit der abschließenden Sachentscheidung zu treffen (BGH wistra 2005, 187). Bode Otten Rothfuß Roggenbuck Appl

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
GSSt 2/17
vom
12. Juni 2017
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
Dem zeitlichen Abstand zwischen Tat und Urteil kommt im Rahmen der Strafzumessung
bei Taten, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand
haben, die gleiche Bedeutung zu wie bei anderen Straftaten.
BGH, Beschluss vom 12. Juni 2017- GSSt 2/17
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern
ECLI:DE:BGH:2017:120617BGSST2.17.0

Der Große Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofs hat durch die Präsidentin des Bundesgerichtshofs Limperg, den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum, die Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof SostScheible , die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Graf, Dr. Franke und Dr. Schäfer, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Schneider sowie die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. König, Prof. Dr. Krehl, Dr. Eschelbach und Gericke am 12. Juni 2017 beschlossen:
Dem zeitlichen Abstand zwischen Tat und Urteil kommt im Rahmen der Strafzumessung bei Taten, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand haben, die gleiche Bedeutung zu wie bei anderen Straftaten.

Gründe:


1
Die Vorlage betrifft eine Frage aus dem Bereich der Strafzumessung.

I.


2
1. In dem beim 3. Strafsenat anhängigen Verfahren hat das Landgericht den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 35 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen.
3
Nach den von der Strafkammer getroffenen Feststellungen nahm der Angeklagte in dem Zeitraum vom 1. März 1990 bis zum 1. März 1994 in mindestens 35 Fällen beim Zubettbringen seiner am 1. März 1985 geborenen Tochter an ihr sexuelle Handlungen vor oder ließ solche von ihr an sich vornehmen. Während der Taten erklärte der einen offenen und liberalen Erziehungsstil pflegende Angeklagte, dass dies "dazu gehöre" und eine "gute Tochter das so mache". Allerdings schärfte er seiner Tochter auch ein, sie dürfe niemandem von den Geschehnissen berichten, da er sonst "ins Gefängnis müsse".
4
Der Angeklagte hat die Verurteilung mit der Revision umfassend angegriffen und die Verletzung formellen und materiellen Rechts beanstandet.
5
Der Generalbundesanwalt hat beantragt, die Revision durch Beschluss gemäß § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen.
6
Nach Auffassung des 3. Strafsenats dringen die Verfahrensbeanstandungen aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ausgeführten Gründen nicht durch. Er ist der Ansicht, der Schuldspruch halte auch materiellrechtlicher Überprüfung stand. Die Feststellungen beruhten auf einer nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung; gegen die rechtliche Würdigung des Geschehens sei ebenfalls nichts zu erinnern.
7
Der 3. Strafsenat beabsichtigt allerdings, auf die Sachrüge den gesamten Strafausspruch aufzuheben. Anlass hierzu gibt ihm die unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Rechtsprechung des 1. Strafsenats (BGH, Beschluss vom 8. Februar 2006 - 1 StR 7/06, NStZ 2006, 393) vorgenommene Wertung des Landgerichts, zu Gunsten des Angeklagten spreche zwar, dass die Taten inzwischen sehr lange zurück lägen; jedoch könne dieser Umstand vorliegend nicht in gleicher Weise Berücksichtigung finden wie bei anderen Straftaten, da der sexuelle Kindesmissbrauch im familiären Umfeld erfolgt und die späte An- zeige der Tat hierdurch mitbedingt gewesen sei, so dass die gesetzgeberische Wertung des § 78b StGB tangiert werde.
8
Im Einzelnen hatte der 1. Strafsenat in der vom Landgericht in Bezug genommenen Entscheidung im Einklang mit Erwägungen in einem früheren Urteil des 3. Strafsenats (BGH, Urteil vom 10. November 1999 - 3 StR 361/99, NJW 2000, 748, 749), das zu dem in § 358 Abs. 2 StPO normierten Verschlechterungsverbot ergangen war, ausgeführt, dem langen Abstand zwischen Tat und Urteil komme bei Fällen sexuellen Kindesmissbrauchs nicht eine gleich hohe Bedeutung wie in anderen Fällen zu. Dies gelte insbesondere in den Fällen , in denen ein Kind vom im selben Familienverband lebenden (Stief-)Vater missbraucht werde und erst im Erwachsenenalter die Kraft zu einer Aufarbeitung des Geschehens mit Hilfe einer Strafanzeige finde. Deshalb habe der Gesetzgeber auch die besondere Verjährungsregelung in § 78b StGB getroffen. Zuvor hatte der 5. Strafsenat in einem Fall, der die Vergewaltigung eines zur Tatzeit 14 Jahre alten Mädchens betraf, - nicht tragend - darauf hingewiesen, der Umstand, dass der Angeklagte erst 18 Jahre nach der Tat strafrechtlich zur Verantwortung gezogen worden sei, stelle einen strafmildernd zu berücksichtigenden Gesichtspunkt dar, auch wenn Fälle der vorliegenden Art aus tatsächlichen Gründen vielfach lange Jahre unbekannt blieben und der Gesetzgeber diesem Umstand in § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB dadurch Rechnung getragen habe , dass die Verjährung bei diesen Delikten bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Opfers ruhe (BGH, Beschluss vom 29. September 1997 - 5 StR 363/97, NStZ-RR 1998, 207). In der Literatur hat die Auffassung des 1. Strafsenats überwiegend Zustimmung gefunden (vgl. SK-StGB/Wolters, 135. Lfg., § 176 Rn. 13; LK/Hörnle, StGB, 12. Aufl., § 176 Rn. 55; S/S-Eisele, StGB, 29. Aufl., § 176 Rn. 29; MüKoStGB/Miebach/Maier, 3. Aufl., § 46 Rn. 323); zum Teil ist sie aber auch auf Ablehnung gestoßen (vgl. Fischer, StGB, 64. Aufl., § 46 Rn. 61, § 176 Rn. 35; MüKoStGB/Renzikowski, 3. Aufl., § 176 Rn. 72).
9
Der 3. Strafsenat versteht die Ausführungen der Strafkammer dahin, diese habe durch den ausdrücklichen Verweis auf die Entscheidung des 1. Strafsenats und die Betonung der gesetzgeberischen Wertung des § 78b StGB deutlich gemacht, dass sie bezüglich des Gewichts des Strafzumessungsgesichtspunktes Zeitablauf zwischen Tat und Urteil zwischen Straftaten, die den sexuellen Missbrauch eines Kindes zum Gegenstand haben, und sonstigen Straftaten generell unterscheide. Er hält diese Erwägung für rechtsfehlerhaft und kann nicht ausschließen, dass die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe niedriger ausgefallen wären, hätte das Landgericht diesen Gesichtspunkt nicht in die Abwägung eingestellt.
10
2. Der 3. Strafsenat hat deshalb unter Darlegung seiner Auffassung bei den anderen Strafsenaten gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG angefragt, ob diese an (gegebenenfalls) entgegenstehender Rechtsprechung festhalten (BGH, Beschluss vom 29. Oktober 2015 - 3 StR 342/15, NStZ 2016, 277, mit Anm. Schiemann, NStZ 2016, 336).
11
Hierauf hat der 1. Strafsenat mit Beschluss vom 10. Mai 2016 (1 ARs 5/16, NStZ-RR 2016, 336) mitgeteilt, dass die beabsichtigte Entscheidung des 3. Strafsenats seiner Rechtsprechung widerspreche und er an seiner Rechtsansicht grundsätzlich festhalte. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, einem besonders langen Zeitraum zwischen Tat und Urteil komme für sich genommen eine strafmildernde Wirkung zu. Die strafzumessungstheoretische Verankerung dieses selbständigen Strafzumessungsgrundes sei nicht eindeutig, beruhe aber bei unbeeinflusster Tatschuld auf einem allgemein abnehmenden Sühnebedürfnis bzw. einer geminderten Notwendigkeit von Sühne; daneben könnten besondere Prüfungspflichten im Hinblick auf spezialpräventiv wirksame Umstände ausgelöst werden. Dies führe zu der Notwendigkeit einer individuellen Gewichtung des Faktors Zeitablauf; diese Wertung sei grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Nach den Maßgaben, die für die Überprüfung der tatgerichtlichen Strafzumessung in der Revisionsinstanz gelten, sei es rechtsfehlerfrei , wenn das Tatgericht in diesem Zusammenhang auf die gesetzgeberischen Wertungen zurückgreife, die in den Verjährungsvorschriften zum Ausdruck gekommen seien. Er könne deshalb die Ansicht nicht teilen, dass das Gewicht des Zeitablaufs von der Länge der Verjährungsfrist nicht beeinflusst werden dürfe. Eine entsprechende Anknüpfung finde sich in mehreren Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts. Die Verjährungsvorschriften hätten zwar "zum Teil" eine andere Zielrichtung als die Strafzumessungsregelungen, letztlich komme aber in ihnen auch zum Ausdruck , dass die Rechtsordnung ein Strafbedürfnis infolge Zeitablaufs verneine. Es gehe mithin um die Bewertung ein und desselben Phänomens, nämlich des Zeitablaufs seit den Taten. Durch den Rückgriff auf die in den Verjährungsvorschriften zum Ausdruck gekommene gesetzgeberische Wertung werde der Strafzumessungsgrund Zeitablauf entsprechend dieser Wertung ausgefüllt. Zu den Verjährungsvorschriften, an denen sich das Tatgericht orientieren dürfe, zähle auch § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB. Dass der Gesetzgeber mit dieser "Regelung betreffend die Verfolgbarkeit von Taten" nicht den ersichtlichen Willen kundgetan habe, Strafzumessungskriterien oder deren Gewichtung zu modifizieren , sei nicht aussagekräftig.
12
Der 2. Strafsenat hat mit näher begründetem Beschluss vom 14. Juni 2016 (2 ARs 67/16, juris) geantwortet, er stimme der Rechtsauffassung des 3. Strafsenats zu.
13
Der 4. und der 5. Strafsenat haben mitgeteilt, ihre Rechtsprechung stehe der beabsichtigten Entscheidung des 3. Strafsenats nicht entgegen.
14
3. Mit Beschluss vom 17. November 2016 (3 StR 342/15, NStZ-RR 2017, 103) hat der 3. Strafsenat dem Großen Senat für Strafsachen gemäß § 132 Abs. 2 GVG folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt: "Kann der zeitliche Abstand zwischen Tat und Urteil im Rahmen der Strafzumessung wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes nicht in gleicher Weise Berücksichtigung finden wie bei anderen Straftaten?"
15
Er hat ausgeführt, er vermöge sich der Ansicht des 1. Strafsenats auch unter Berücksichtigung der Erwägungen in dem Beschluss vom 10. Mai 2016 nicht anzuschließen; denn sie vermische in sachlich nicht gerechtfertigter Weise Gesichtspunkte der Strafzumessung mit solchen der Verjährung. Er halte deshalb an seiner in dem Anfragebeschluss vom 29. Oktober 2015 dargelegten Auffassung fest; soweit er in der Entscheidung vom 10. November 1999 noch Anderes vertreten habe, gebe er diese Rechtsprechung auf. Danach könne der zeitliche Abstand zwischen Tat und Urteil im Rahmen der Strafzumessung wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in gleicher Weise Berücksichtigung finden wie bei anderen Straftaten; die gesetzliche Regelung des Ruhens der Verjährung in § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB führe nicht zu einem anderen Ergebnis.
16
Dem hat die Verteidigung mit näheren Ausführungen zugestimmt.
17
4. Der Generalbundesanwalt erachtet die Vorlage für zulässig und beantragt zu beschließen: "Es ist nicht rechtsfehlerhaft, wenn im Einzelfall bei einer Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern im Rahmen der Strafzumessung der zeitliche Abstand zwischen Tat und Urteil unter Berücksichtigung der dem § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB zugrundeliegenden Motive des Gesetzgebers nicht in gleicher Weise Beachtung findet wie bei anderen Straftaten."

II.


18
Die Vorlage ist zulässig.
19
1. Sie betrifft eine Rechtsfrage im Sinne des § 132 Abs. 2 GVG und nicht die tatgerichtliche Wertung von für die Strafzumessung bedeutsamen Tatsachen , die dem Revisionsgericht grundsätzlich verschlossen und damit dem Divergenzverfahren nicht zugänglich ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. Juni 1977 - 5 StR 30/77, BGHSt 27, 212, 213 ff.; vom 15. November 2007 - 4 StR 400/07, BGHSt 52, 84, 86 ff.); denn es steht die vom 3. Strafsenat bereits im rechtlichen Ansatz und damit losgelöst von dem konkreten Einzelfall als fehlerhaft erachtete Erwägung in Rede, aufgrund einer Vorschrift aus dem Bereich der Verjährungsregelungen sei ein strafzumessungsrechtlich erheblicher Umstand für bestimmte Delikte generell mit einem geringeren Gewicht zu bewerten als bei anderen Straftaten.
20
2. Die Vorlagefrage ist entscheidungserheblich. Nach dem jedenfalls vertretbaren und deshalb für den Großen Senat für Strafsachen bindenden Verständnis der tatgerichtlichen Urteilsgründe (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Juli 1995 - GSSt 1/95, BGHSt 41, 187, 194; vom 23. April 2007 - GSSt 1/06, BGHSt 51, 298, 302; Kissel/Mayer, GVG, 8. Aufl., § 132 Rn. 29; LR/Franke, StPO, 26. Aufl., § 132 GVG Rn. 42) durch den 3. Strafsenat hängt die Entscheidung über die Revision des Angeklagten davon ab, ob die Ausführungen der Strafkammer als rechtsfehlerhaft oder rechtsfehlerfrei zu bewerten sind. Durch ihre Beantwortung wird somit das Ergebnis des konkreten Revisionsverfahrens beeinflusst (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 128; vom 15. Juli 2016 - GSSt 1/16, NJW 2017, 94, 95).
21
3. Der 3. Strafsenat kann auch mit Blick auf den im Anfrageverfahren ergangenen Antwortbeschluss des 1. Strafsenats nicht wie beabsichtigt entscheiden , ohne von dessen Rechtsauffassung abzuweichen. Dem steht im Ergebnis nicht entgegen, dass der 1. Strafsenat ausgeführt hat, er halte "grundsätzlich" an seiner Rechtsansicht fest, und im Folgenden - jedenfalls auch - darauf hingewiesen hat, es beurteile sich nach dem Einzelfall, mit welchem Gewicht sich der Zeitablauf strafmildernd auswirke. Hierdurch haben sich die Auffassungen der beiden Senate zwar angenähert, indes ist die entscheidungserhebliche Divergenz zwischen den verschiedenen Ansichten betreffend die Frage, ob die in § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB getroffene Regelung dazu führt, dass dem Zeitablauf zwischen Tat und Urteil bei Straftaten, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand haben, generell eine geringere Bedeutung als bei anderen Straftaten zukommt, nicht beseitigt.

III.


22
Der Große Senat für Strafsachen beantwortet die Vorlegungsfrage in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Sinne.
23
Die Strafzumessung erfordert eine sich am Einzelfall orientierende Bewertung der hierfür bedeutsamen Umstände (hierzu u. 1.). Zu diesen kann auch der eigenständige Strafzumessungsgesichtspunkt des zeitlichen Abstands zwischen Tat und Urteil gehören (hierzu u. 2.). Die Verjährungsvorschriften und dabei insbesondere die Regelung des § 78b StGB stehen dieser sich nach den Umständen des konkreten Falles richtenden Würdigung nicht entgegen; aus ihnen ergibt sich insbesondere nicht, dass bei dem von § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB erfassten sexuellen Missbrauch von Kindern (§ 176 StGB) dem Zeitablauf zwischen Tat und Urteil generell, d.h. losgelöst von den konkreten Einzelfallumständen , ein geringeres Gewicht zukommt als bei anderen Straftaten (hierzu u. 3.). Allerdings kann das Tatgericht diejenigen Gesichtspunkte, die der Regelung des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB zugrunde liegen, bei der Strafzumessung berücksichtigen, sofern sie im Einzelfall festgestellt und für die Bemessung der Strafe von Bedeutung sind (hierzu u. 4.). Im Einzelnen:
24
1. Die Strafe soll eine angemessene staatliche Reaktion auf die Begehung einer Straftat sein. Ihre Bemessung ist zugleich tatrichterlicher Wertungsakt und Rechtsanwendung auf einen bestimmten Strafzumessungssachverhalt unter vom Gesetzgeber formulierten Strafzumessungskriterien und Leitlinien (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2007 - 2 BvR 1447, 136/05, BVerfGE 118, 212, 228 ff.; BGH, Beschluss vom 15. November 2007 - 4 StR 400/07, BGHSt 52, 84, 87); sie erfordert nach anerkannten Grundsätzen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juni 1977 - 5 StR 30/77, BGHSt 27, 212, 215) eine einzelfallorientierte Abwägung der strafzumessungsrelevanten Umstände. Grundlagen der Strafzumessung sind dabei die Schwere der Tat in ihrer Bedeutung für die verletzte Rechtsordnung und der Grad der persönlichen Schuld des Täters (§ 46 Abs. 1 Satz 1 StGB; BGH, Urteil vom 4. August 1965 - 2 StR 282/65, BGHSt 20, 264, 266). Daneben ist dessen Resozialisierung der zentrale Ge- sichtspunkt, denn das Tatgericht hat bei der konkreten Strafbemessung die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind (§ 46 Abs. 1 Satz 2 StGB). Es ist im Rahmen der konkreten Strafzumessung gehalten, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände festzustellen, zu bewerten, gegeneinander abzuwägen (§ 46 Abs. 2 Satz 1 StGB) und die Strafe innerhalb des ihm zur Verfügung stehenden Strafrahmens zu bestimmen. Eine "Mathematisierung" oder ein sonstiger Schematismus sind dem Gesetz hierbei fremd (BGH, Beschluss vom 10. April 1987 - GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 351; Urteil vom 28. März 2013 - 4 StR 467/12, juris Rn. 30; Beschluss vom 10. November 2016 - 1 StR 417/16, juris).
25
2. Der zeitliche Abstand zwischen Tat und Urteil gehört zu den Umständen , die nach diesen am Einzelfall orientierten Maßgaben Einfluss auf die Bemessung der Strafe gewinnen können.
26
a) Kommt es in einem Strafverfahren zu einem großen Abstand zwischen Tat und Urteil, kann dies bei der Bestimmung der Rechtsfolgen unter drei verschiedenen Aspekten von Belang sein (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 1998 - 3 StR 561/98, NJW 1999, 1198 f.): Zum einen kann der betreffende Zeitraum bereits für sich genommen ins Gewicht fallen. Unabhängig hiervon kann zum zweiten einer überdurchschnittlich langen Verfahrensdauer eine eigenständige strafmildernde Bedeutung zukommen, bei der insbesondere die mit dem Verfahren selbst verbundenen Belastungen des Angeklagten zu berücksichtigen sind. Zum dritten kann sich schließlich eine darüber hin- ausgehende rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung zu Gunsten des Angeklagten auswirken.
27
b) Die sich an diese drei Gesichtspunkte anknüpfenden Rechtsfolgen sind unterschiedlich:
28
aa) Die zu einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung führende Verletzung des Beschleunigungsgebotes gebietet eine Kompensation zu Gunsten des hierdurch betroffenen Angeklagten (sog. Vollstreckungsmodell; st. Rspr.; vgl. grundlegend BGH, Beschluss vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124).
29
bb) Demgegenüber handelt es sich bei dem großen zeitlichen Abstand zwischen Tat und Urteil und bei den mit einer langen Verfahrensdauer einhergehenden Belastungen des Angeklagten um zwei selbständige, gegebenenfalls im Rahmen der nach den §§ 46 ff. StGB vorzunehmenden Strafzumessung getrennt zu prüfende und im tatgerichtlichen Urteil zu erörternde Strafzumessungsgesichtspunkte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, aaO S. 141 f.; vom 29. November 1985 - 2 StR 596/85, NStZ 1986, 217, 218; vom 29. März 1988 - 5 StR 76/88, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 2; vom 22. Januar 1992 - 3 StR 440/91, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 6; vom 21. Dezember 2010 - 2 StR 344/10, NStZ 2011, 651).
30
Dies entspricht, soweit es um die hier relevante strafmildernde Wirkung des Zeitraums zwischen Tat und Urteil geht, im Ergebnis einhelliger Auffassung in der Rechtsprechung (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 21. Dezember 1998 - 3 StR 561/98, NJW 1999, 1198; vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 141 f.; vom 13. Mai 2015 - 2 StR 535/14, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Wertungsfehler 40; vom 29. September 2015 - 2 StR 128/15, NStZ-RR 2016, 7) und Literatur (vgl. etwa Bruns, Strafzumessungsrecht, 2. Aufl., 1974, S. 461; ders., Das Recht der Strafzumessung, 2. Aufl. 1985, S. 181; Frisch, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, Festgabe aus der Wissenschaft, 2000, Bd. 4, S. 269, 299 f.; Streng, JR 2006, 257, 259; LK/Theune, StGB, 12. Aufl., § 46 Rn. 240; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 46 Rn. 61; MüKoStGB/Miebach/Maier, 3. Aufl., § 46 Rn. 319; NK-StGB-Streng, 5. Aufl., § 46 Rn. 88; S/S-Stree/Kinzig, StGB, 29. Aufl., § 46 Rn. 57a; AnwK-StGB/Seebode, 2. Aufl., § 46 Rn. 97; SSWStGB /Eschelbach, 3. Aufl., § 46 Rn. 168 ff.). Der zeitliche Abstand zwischen Tat und Urteil ist als sonstiger, nicht ausdrücklich namentlich aufgeführter Aspekt im Sinne des § 46 Abs. 2 StGB einzuordnen (vgl. Fischer, StGB, 64. Aufl., § 46 Rn. 56, 61; AnwK-StGB/Seebode, 2. Aufl., § 46 Rn. 97), wenn auch die strafzumessungstheoretische Verankerung dieses Gesichtspunktes variiert (vgl. hierzu im Einzelnen BGH, Beschluss vom 10. Mai 2016 - 1 ARs 5/16, NStZ-RR 2016, 336 m. zahlr. w.N.). Im hiesigen Zusammenhang von wesentlicher Bedeutung ist dabei, dass der Ablauf der Zeit zwar nicht die Tatschuld mindert; jedoch kann er Tat und Täter unter den Aspekten von Schuld und Spezialprävention in einem günstigeren Licht erscheinen lassen, als es bei schneller Ahndung der Fall gewesen wäre. Dies gilt insbesondere, wenn sich die Tat durch den Zeitablauf als einmalige Verfehlung des Täters erwiesen, er sich inzwischen jahrelang einwandfrei geführt und der Verletzte die Folgen der Tat überwunden hat (vgl. LK/Theune, StGB, 12. Aufl., § 46 Rn. 240 mwN). Ein langer Zeitablauf nach der Tat führt deshalb nicht nur zu einer Minderung des Sühneanspruchs , weil das Strafbedürfnis allgemein abnimmt (BGH, Beschluss vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 141 f.), sondern erfordert auch eine gesteigerte Prüfung der Wirkungen der Strafe für den Täter (BGH, Beschluss vom 20. Februar 1998 - 2 StR 20/98, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 35).
31
c) Mit den dargelegten, die Strafzumessung allgemein prägenden Grundsätzen und dem Wesen des zeitlichen Abstands zwischen Tat und Urteil als Strafzumessungsgesichtspunkt im Sinne des § 46 Abs. 2 StGB sind generalisierende , die konkreten Einzelfallumstände außer Acht lassende Wertungen nicht vereinbar. Dies gilt für alle in diesem Zusammenhang bedeutsamen Strafzumessungsfaktoren ; ein Grund, insoweit zwischen dem Zeitablauf zwischen Tat und Urteil und den sonstigen nach § 46 Abs. 2 StGB zu beachtenden Faktoren zu unterscheiden, ist nicht ersichtlich. Vielmehr ist aus strafzumessungsdogmatischer Sicht die Bedeutung des hier relevanten Kriteriums zum einen weder absolut, noch begründet es eine Regelwirkung; zum anderen ist dem strafrechtlichen Sanktionensystem auch eine Differenzierung der Bedeutung nach Deliktsgruppen fremd.
32
3. Das Gewicht, mit dem der zeitliche Abstand zwischen einer noch verfolgbaren Tat und dem Urteil in die Bemessung der Strafe einzustellen ist, hängt auch nicht von der Länge der zunächst nach den §§ 78, 78a StGB zu bestimmenden Verjährungsfrist ab. Es wird ebenfalls nicht dadurch beeinflusst, dass die Tat gegebenenfalls länger verfolgbar ist, weil die Voraussetzungen eines der Tatbestände gegeben sind, bei deren Erfüllung die Verjährung nach § 78b StGB ruht oder gemäß § 78c StGB unterbrochen ist. Insbesondere die Regelung des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB steht dem sich aus den Grundsätzen der Strafzumessung ergebenden Erfordernis, den Faktor Zeitablauf zwischen Tat und Urteil stets individuell zu betrachten und zu gewichten, nicht entgegen; sie führt nicht dazu, dass bei Straftaten, die den sexuellen Missbrauch von Kindern betreffen, dem Zeitablauf zwischen Tat und Urteil generell, d.h. losgelöst von den konkreten Einzelfallumständen, ein geringeres Gewicht zukommt als bei anderen Straftaten.
33
a) Dies folgt zunächst aus den im Vergleich zu dem Bereich der Strafzumessung unterschiedlichen Regelungsgehalten, Zielen und Ausgestaltungen der Vorschriften über die Verfolgungsverjährung.
34
§ 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB ist Teil des die Verfolgungsverjährung betreffenden gesetzlichen Regelungsgefüges. Dieses knüpft zwar wie der Strafzumessungsgesichtspunkt zeitlicher Abstand zwischen Tat und Urteil an den seit der Begehung der Straftat vergangenen Zeitraum an. Die Verjährungsvorschriften begründen indes keine Maßstäbe für eine angemessene staatliche Sanktion für eine begangene Straftat; sie regeln vielmehr - unabhängig davon, welchen Sinn und Zweck man der Verjährung im Einzelnen beimisst (vgl. hierzu etwa BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 1969 - 2 BvL 15, 23/68, BVerfGE 25, 269, 293 ff.; Asholt, Verjährung im Strafrecht, 2016, S. 90 ff.; Hörnle in Festschrift Beulke, 2015, S. 115 ff.; Schiemann, NStZ 2016, 336) - die Verfolgbarkeit der Tat und lassen deren Strafbarkeit bzw. deren Unrecht und die Schuld des Täters unberührt (BVerfG, Beschlüsse vom 26. Februar 1969 - 2 BvL 15, 23/68, BVerfGE 25, 269, 287, 294; vom 31. Januar 2000 - 2 BvR 104/00, NStZ 2000, 251). Nach Ablauf der Verjährungsfrist ist die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen nicht mehr möglich (§ 78 Abs. 1 Satz 1 StGB). Das Rechtsinstitut der Verjährung soll dem Rechtsfrieden dienen und einer etwaigen Untätigkeit der Behörden in jedem Abschnitt des Verfahrens entgegenwirken (BGH, Urteil vom 26. Juni 1958 - 4 StR 145/58, BGHSt 11, 393, 396; Beschluss vom 23. Januar 1959 - 4 StR 428/58, BGHSt 12, 335, 337 f.). Damit betrifft die Verjährung nicht die Strafdrohung an sich, sondern lediglich das "Ob" der Verfolgung; ihr Eintritt führt deshalb nach ständiger und einhelliger Rechtsprechung aller Strafsenate des Bundesgerichtshofs nicht zu einer Veränderung der materiellrechtlichen Lage, sondern zu einem Verfahrenshindernis (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 7. Juni 2005 - 2 StR 122/05, BGHSt 50, 138, 139). Ist die Straftat verjährt, so ist der Angeklagte grundsätzlich nicht freizusprechen , sondern das Verfahren einzustellen (vgl. BGH, Beschluss vom 29. September 2004 - 1 StR 565/03, wistra 2005, 27).
35
Um die mit der Verjährung verbundenen Ziele zu erreichen, hat der Gesetzgeber in den §§ 78 ff. StGB ein differenziert ausgestaltetes System normiert , innerhalb dessen die Dauer der Verjährungsfrist im Ausgangspunkt unabhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalles maßgeblich vom Höchstmaß der durch die betreffende Strafvorschrift allgemein angedrohten Strafe bestimmt wird (vgl. § 78 Abs. 3 StGB). Die diesem Regelungsgefüge zugrunde liegenden Wertungen sind Ausdruck generalisierender Betrachtungen. Eine Aussage über das Strafbedürfnis im Einzelfall treffen die Verjährungsvorschriften nicht. Für sie ist ohne Belang, ob mit Blick auf die Strafzumessungsmaximen Schuld und Spezialprävention eine staatliche Reaktion auf die Begehung einer Straftat in Form einer Sanktionierung des Täters (noch) notwendig und gegebenenfalls welche angemessen erscheint. Umgekehrt beeinflussen die für die Strafzumessung maßgebenden Aspekte den Eintritt der Verfolgungsverjährung nicht. Der Zweck der verjährungsrechtlichen Regelungen besteht nicht darin, einer Verminderung des Gewichts von Strafzumessungsgründen Rechnung zu tragen. Deshalb führt etwa ein aus welchem Grund auch immer entfallenes oder geringeres Strafbedürfnis nicht zum vorzeitigen Eintritt der Verjährung.
36
Folgerichtig hat die Rechtsprechung die Länge der Verjährungsfrist im Rahmen der Strafzumessung regelmäßig nur dafür herangezogen, um im Einzelfall die Dauer des seit der Tat vergangenen Zeitraumes bzw. das Gewicht des Tatunrechts näher zu verdeutlichen, ohne eine darüber hinausgehende innere Verknüpfung - etwa zu § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB - herzustellen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. Januar 1992 - 3 StR 440/91, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 6; vom 26. Juli 1994 - 5 StR 113/94, StV 1995, 130; vom 7. Juni 2011 - 4 StR 643/10, StV 2011, 603, 607; insoweit unklar BVerfG, Beschluss vom 21. Juni 2006 - 2 BvR 750, 752 und 761/06, NStZ 2006, 680, 682; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 12. August 2015 - 2 BvR 2646/13, juris Rn. 30).
37
b) Somit steht das Gewicht, mit dem der zeitliche Abstand zwischen einer noch verfolgbaren Tat und dem Urteil in die Strafzumessung einzustellen ist, mit der Länge der nach abstrakt-generellen Regelungen vorgegebenen Verjährungsfrist in keinem unmittelbaren Zusammenhang. Gründe dafür, von diesem allgemein für das Verhältnis zwischen Strafzumessung auf der einen und Verjährung auf der anderen Seite geltenden Grundsatz für die Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern abzuweichen und dem zeitlichen Abstand zwischen Tat und Urteil für diese Deliktsgruppe generell ein geringeres Gewicht zuzumessen, bestehen nicht.
38
aa) Solche ergeben sich insbesondere nicht aus dem Sinn und Zweck des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB, wie sie sich unter Beachtung des den Gesetzesmaterialien zu entnehmenden Willens des Gesetzgebers ergeben.
39
(1) Der Gesetzgeber hat in § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB - erstmals mit dem 30. Strafrechtsänderungsgesetz vom 23. Juni 1994 (BGBl. I S. 1310) - eine deliktsspezifische Bestimmung zum Ruhen der Verfolgungsverjährung getroffen, die den Besonderheiten bei zum Nachteil von jungen Menschen begangenen Sexualstraftaten Rechnung tragen soll (vgl. Hörnle in Festschrift Beulke, 2015, S. 115, 116). Hierzu ist in der Gesetzesbegründung ausgeführt, Sexualstraftaten an Kindern und Jugendlichen würden den Strafverfolgungsbehörden häufig erst bekannt, wenn die Taten bereits viele Jahre zurückliegen, weil sie überwie- gend von Familienangehörigen begangen und die Opfer von den Tätern häufig dahin beeinflusst würden, die Übergriffe zu verschweigen. Wenn die Opfer erst lange Zeit nach der Tat in der Lage seien, Strafanzeige zu erstatten, sei eine Strafverfolgung wegen Verjährung der Taten in vielen Fällen nicht mehr möglich (vgl. BT-Drucks. 12/2975, S. 1; 12/3825, S. 1; 12/6980, S. 1). Deshalb solle die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt ruhen, bis zu dem das Opfer in der Lage sei, das Erlebte in seiner gesamten Dimension zu erfassen und auf dieser Grundlage über das Für und Wider einer Strafanzeige zu entscheiden (vgl. BTDrucks. 12/6980, S. 4).
40
(2) Diese Erwägungen belegen zunächst, dass der Gesetzgeber lediglich den Willen hatte, die Verfolgbarkeit von bestimmten Straftaten, hinsichtlich derer er ein entsprechendes Regelungsbedürfnis sah, über die bis dahin geltenden Verjährungsfristen hinaus zu ermöglichen. Den Gesetzesmaterialien ist demgegenüber an keiner Stelle zu entnehmen, dass es ihm auch darauf ankam , die in den §§ 46 ff. StGB geregelten und von Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsätze der Strafzumessung, insbesondere die dort relevanten Kriterien sowie deren Gewichtung, zu modifizieren, und dabei eine Aussage über das Verhältnis zwischen Zeitablauf und dem Gewicht des Strafbedürfnisses zu treffen (so aber Schiemann, NStZ 2016, 336). Dies gilt auch für die nachfolgenden Änderungen der Vorschrift, durch die der Deliktskatalog erweitert und das Ruhen der Verjährung bis mittlerweile zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers angeordnet worden ist (vgl. etwa BT-Drucks. 15/350, S. 13 f.; 16/13671, S. 23 f.; 18/2601, S. 14, 22 f.).
41
bb) Dagegen, dass aufgrund der Regelung des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB das Gewicht des Strafzumessungsfaktors Zeitablauf in Fällen des sexuellen Missbrauchs von Kindern generell gemindert ist, sprechen auch die folgenden weiteren Erwägungen:
42
(1) Wollte man den Gedanken, dass durch die von § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB hervorgerufene längere Verfolgbarkeit der Tat das Gewicht des Zeitablaufs seit der Tat bei der Strafzumessung zum Nachteil des Angeklagten vermindert wird, konsequent weiter denken, so wäre die Bedeutung dieses Strafzumessungsgesichtspunktes allgemein auch über die von § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB erfassten Fallgestaltungen hinaus mit der Länge der Verjährungsfrist verknüpft bzw. hinge sie von den diesbezüglichen Ruhens- oder Unterbrechungsbestimmungen ab. Ein solcher systemwidriger Zusammenhang wäre etwa im Falle des § 78b Abs. 4 StGB, der an die Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem Landgericht und das Bestehen besonders schwerer Fälle anknüpft, die bei bestimmten Delikten als strafschärfende Umstände gesetzlich normiert sind, in besonderer Weise unplausibel. Entsprechendes gilt für die Unterbrechensregelungen des § 78c StGB. Eine derart weitgehende Anbindung der Strafzumessung an die für die Verfolgungsverjährung geltenden Fristen ist - soweit ersichtlich - bisher auch weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur befürwortet worden.
43
(2) Ließe man die Art der begangenen Straftat ausreichen, um einen anerkannten Strafmilderungsgrund zu relativieren, so fiele dies auch dann zum Nachteil des Angeklagten ins Gewicht, wenn die Gründe, die zur Schaffung des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB geführt haben, im konkreten Fall gar nicht vorliegen, der lange zeitliche Abstand zwischen Tat und Urteil vielmehr auf sonstigen Gesichtspunkten , etwa Versäumnissen der Strafverfolgungsorgane, beruht. Es bedarf keiner näheren Darlegung, dass dies mit den Grundsätzen einer den Maßgaben der §§ 46 ff. StGB folgenden Strafzumessung nicht vereinbar wäre.
Entsprechendes gilt für die vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift aufgeführte Fallkonstellation, bei der der sexuelle Missbrauch von einem Nachbarn begangen wurde, der kurz nach der Tat wegzieht und zu der Familie des kindlichen Opfers keinen Kontakt mehr unterhält. In diesen Fällen ist eine Drucksituation, die Anlass für den Gesetzgeber war, die Ruhensregelung des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB in das Strafgesetzbuch aufzunehmen, nicht gegeben. Es erschließt sich nicht, aus welchem Grunde dann gleichwohl dem Zeitablauf zwischen Tat und Urteil ein geringeres Gewicht beizumessen sein soll, nur weil es sich bei der Tat um ein bestimmtes Delikt handelt.
44
(3) Eine strafzumessungsrechtliche Koppelung des Faktors Zeitablauf an die Länge der Verjährungsfrist könnte in bestimmten Konstellationen auch zu sachwidrigen Ergebnissen führen. So verringert sich etwa mit zunehmendem zeitlichen Abstand von der Tat in den Fällen, in denen sich der Täter nicht weiter strafbar gemacht hat, unter dem Gesichtspunkt der Spezialprävention das Strafbedürfnis, möglicherweise bis zu dessen vollständigem Wegfall. Der relevante Zeitraum kann gegebenenfalls auch mehrere Jahrzehnte betragen. Dies gilt nicht nur im Anwendungsbereich von § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB, bei dem die letzte Erhöhung der Altersgrenze bewirkt hat, dass schwere Sexualdelikte frühestens mit Vollendung des 50. Lebensjahres des Opfers verjähren, wobei sich diese Frist durch Unterbrechungshandlungen bis zur Vollendung des 70. Lebensjahres des Opfers verlängern kann (BT-Drucks. 18/2601, S. 23). Noch längere Zeiträume können etwa bei den gemäß § 78 Abs. 2, 4 StGB unverjährbaren Delikten des versuchten Mordes oder der Beihilfe zum Mord (vgl. LK/Schmid, StGB, 12. Aufl., § 78 Rn. 6) eintreten. Diese Wertungen des Gesetzgebers sind zwar zu beachten. Dies führt jedoch nicht dazu, sie über den Bereich der Verjährung hinaus auf die Strafzumessung zu erstrecken, deren Wesenselement die umfassende Würdigung der Einzelfallumstände darstellt (§ 46 Abs. 2 Satz 1 StGB). Zudem wäre es nicht sachgerecht, den Strafzweck der Spezialprävention trotz seiner gesetzlich hervorgehobenen Bedeutung (§ 46 Abs. 1 Satz 2 StPO) in den beschriebenen Fällen aufgrund allein an die Art der begangenen Straftat anknüpfender Überlegungen nur eingeschränkt zu berücksichtigen.
45
(4) Wollte man schließlich die hier in Rede stehende Verknüpfung zwischen Strafzumessung und Verfolgungsverjährung herstellen, so erschiene es wenig konsequent, sie auf die Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern zu beschränken. Auch in anderen Fallkonstellationen des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB oder solchen, die von dieser Vorschrift nicht erfasst werden, kann es - wenn auch möglicherweise weniger häufig - vorkommen, dass Täter und Opfer eine besondere persönliche Beziehung verbindet und der Täter versucht, das Opfer davon abzuhalten, die Straftat zu offenbaren. Dies gilt etwa für Körperverletzungs - oder Nötigungshandlungen zum Nachteil von Lebenspartnern, kann aber auch bei anderen Delikten wie zum Beispiel gegen das Vermögen oder das Eigentum von Familienangehörigen gerichteten Straftaten von Bedeutung sein.
46
4. Die Bedeutung des Strafzumessungsgesichtspunktes zeitlicher Abstand zwischen Tat und Urteil ist nach alldem einzelfall- und nicht deliktsgruppenabhängig. Dies bedeutet jedoch nicht, dass neben anderen die wesentlichen Gründe, die den Gesetzgeber zur Schaffung und sukzessiven Erweiterung des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB bewogen haben, nicht auch im Rahmen der Strafzumessung Bedeutung erlangen können. Insbesondere erlauben es die in § 46 Abs. 2 StGB aufgeführten Strafzumessungskriterien, in systemkonformer Weise die wesentlichen unrechtssteigernden Elemente zu erfassen, die auch im Rahmen des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB eine Rolle spielen. Hierzu gilt:
47
Aus dem Umstand, dass der Faktor Zeitablauf zwischen Tat und Urteil als Strafzumessungsfaktor stets nach Maßgabe der Umstände des konkreten Falles zu betrachten und zu gewichten ist, folgt auch, dass eine Wechselwirkung mit den anderen im Einzelfall für die Bemessung der Sanktion bedeutsamen Gesichtspunkten besteht. § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB nennt als Strafzumessungskriterien neben anderen die verschuldeten Auswirkungen der Tat und das Verhalten des Täters nach dieser. Damit können dem Täter zum einen Auswirkungen auf das Tatopfer straferschwerend angelastet werden, die er verschuldet hat, sie somit von ihm mindestens vorausgesehen werden konnten und ihm vorzuwerfen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 25. September 1990 - 4 StR 359/90, BGHSt 37, 179, 180), wobei es bezüglich der Vorhersehbarkeit genügt, dass sie in ihrer Art und ihrem Gewicht im Wesentlichen erkennbar waren (vgl. BGH, Beschluss vom 29. August 2006 - 1 StR 285/06, NStZ-RR 2006, 372). Zum anderen kann jedes Tun oder Unterlassen berücksichtigt werden, das Schlüsse auf den Unrechtsgehalt der Tat zulässt, auf Rechtsfeindlichkeit, Gefährlichkeit und die Gefahr künftiger Rechtsbrüche des Täters hinweist oder Einblicke in die innere Einstellung des Täters zu seiner Tat gewährt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 24. Juli 1985 - 3 StR 127/85, NStZ 1985, 545; Beschluss vom 6. Dezember 1996 - 2 StR 468/96, NStZ-RR 1997, 196; vgl. auch S/S-Stree-Kinzig, StGB, 29. Aufl., § 46 Rn. 39; MüKoStGB/Miebach/Maier, 3. Aufl., § 46 Rn. 246 ff. jeweils mwN).
48
Nach diesen Maßgaben gewinnt das Zeitmoment aufgrund der verminderten Notwendigkeit, durch die Verhängung der Strafe spezialpräventiv auf den Angeklagten einzuwirken, etwa dann an Bedeutung, wenn der Täter sich in der Zwischenzeit nicht weiter strafbar gemacht hat. Das Gewicht des langen Abstandes zwischen Tat und Urteil kann aber auch durch andere Umstände, darunter solchen, die im Zusammenhang mit § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB relevant sind, beeinflusst werden. So war wie dargelegt vor allem der mögliche Einfluss, den der Täter auf das Opfer nimmt, um dieses zu veranlassen, die Tat nicht zu offenbaren, für den Gesetzgeber Grund für die Schaffung der genannten Norm. Dieser Umstand erfüllt zumindest regelmäßig die genannten Voraussetzungen und kann deshalb als für die Strafzumessung relevantes, die strafmildernde Wirkung des Zeitablaufs reduzierendes Nachtatverhalten zu Lasten des Angeklagten gewertet werden. Aber auch ohne ein unmittelbares Einwirken durch den Täter kann zum Beispiel die mit dem Zeitablauf einhergehende längere Dauer der psychischen Belastung, denen das Opfer durch eine familiäre Drucksituation ausgesetzt ist, von Bedeutung sein, sofern der Täter diese Auswirkungen verschuldet hat.
49
Eine solche Bewertung kann das Tatgericht systemgerecht und damit ohne Rekurs auf die Verjährungsregeln freilich nicht bereits allein aufgrund der Zuordnung der Tat zu einer bestimmten Deliktsgruppe, sondern nur auf der Grundlage der im konkreten Fall getroffenen Feststellungen nach Maßgabe aller relevanten Einzelfallumstände vornehmen.
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(1) Die Verjährung ruht

1.
bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 182, 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 2, §§ 225, 226a und 237,
2.
solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen.

(2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem

1.
die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder
2.
eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung).

(3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

(4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt.

(5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat

1.
bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden,
2.
bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat,
3.
bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder
4.
bis zur Rücknahme dieses Ersuchens.
Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht.

(6) In den Fällen des § 78 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ruht die Verjährung ab der Übergabe der Person an den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zu ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder bis zu ihrer Freilassung durch den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt.

(2) Eine Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.

(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden,

1.
wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat,
2.
wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder
3.
soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen.

(4) Der Versuch, eine in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 bezeichnete Vereinigung zu gründen, ist strafbar.

(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern der Vereinigung gehört. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Zweck oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet ist, in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, b, d bis f und h bis o, Nummer 2 bis 8 und 10 der Strafprozessordnung genannte Straftaten mit Ausnahme der in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe h der Strafprozessordnung genannten Straftaten nach den §§ 239a und 239b des Strafgesetzbuches zu begehen.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, von einer Bestrafung nach den Absätzen 1 und 4 absehen.

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter

1.
sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können;
erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft.

(1) Die Verjährung ruht

1.
bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 182, 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 2, §§ 225, 226a und 237,
2.
solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen.

(2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem

1.
die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder
2.
eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung).

(3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

(4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt.

(5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat

1.
bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden,
2.
bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat,
3.
bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder
4.
bis zur Rücknahme dieses Ersuchens.
Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht.

(6) In den Fällen des § 78 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ruht die Verjährung ab der Übergabe der Person an den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zu ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder bis zu ihrer Freilassung durch den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat.

(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch

1.
die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe,
2.
jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder deren Anordnung,
3.
jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist,
4.
jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
5.
den Haftbefehl, den Unterbringungsbefehl, den Vorführungsbefehl und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
6.
die Erhebung der öffentlichen Klage,
7.
die Eröffnung des Hauptverfahrens,
8.
jede Anberaumung einer Hauptverhandlung,
9.
den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung,
10.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens oder im Verfahren gegen Abwesende zur Ermittlung des Aufenthalts des Angeschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen ergeht,
11.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten ergeht, oder
12.
jedes richterliche Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen.
Im Sicherungsverfahren und im selbständigen Verfahren wird die Verjährung durch die dem Satz 1 entsprechenden Handlungen zur Durchführung des Sicherungsverfahrens oder des selbständigen Verfahrens unterbrochen.

(2) Die Verjährung ist bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung abgefasst wird. Ist das Dokument nicht alsbald nach der Abfassung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist.

(3) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 78a bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und, wenn die Verjährungsfrist nach besonderen Gesetzen kürzer ist als drei Jahre, mindestens drei Jahre verstrichen sind. § 78b bleibt unberührt.

(4) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht.

(5) Wird ein Gesetz, das bei der Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert und verkürzt sich hierdurch die Frist der Verjährung, so bleiben Unterbrechungshandlungen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts vorgenommen worden sind, wirksam, auch wenn im Zeitpunkt der Unterbrechung die Verfolgung nach dem neuen Recht bereits verjährt gewesen wäre.

(1) Die Verjährung ruht

1.
bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 182, 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 2, §§ 225, 226a und 237,
2.
solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen.

(2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem

1.
die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder
2.
eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung).

(3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

(4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt.

(5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat

1.
bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden,
2.
bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat,
3.
bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder
4.
bis zur Rücknahme dieses Ersuchens.
Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht.

(6) In den Fällen des § 78 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ruht die Verjährung ab der Übergabe der Person an den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zu ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder bis zu ihrer Freilassung durch den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat.

(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch

1.
die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe,
2.
jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder deren Anordnung,
3.
jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist,
4.
jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
5.
den Haftbefehl, den Unterbringungsbefehl, den Vorführungsbefehl und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
6.
die Erhebung der öffentlichen Klage,
7.
die Eröffnung des Hauptverfahrens,
8.
jede Anberaumung einer Hauptverhandlung,
9.
den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung,
10.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens oder im Verfahren gegen Abwesende zur Ermittlung des Aufenthalts des Angeschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen ergeht,
11.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten ergeht, oder
12.
jedes richterliche Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen.
Im Sicherungsverfahren und im selbständigen Verfahren wird die Verjährung durch die dem Satz 1 entsprechenden Handlungen zur Durchführung des Sicherungsverfahrens oder des selbständigen Verfahrens unterbrochen.

(2) Die Verjährung ist bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung abgefasst wird. Ist das Dokument nicht alsbald nach der Abfassung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist.

(3) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 78a bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und, wenn die Verjährungsfrist nach besonderen Gesetzen kürzer ist als drei Jahre, mindestens drei Jahre verstrichen sind. § 78b bleibt unberührt.

(4) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht.

(5) Wird ein Gesetz, das bei der Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert und verkürzt sich hierdurch die Frist der Verjährung, so bleiben Unterbrechungshandlungen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts vorgenommen worden sind, wirksam, auch wenn im Zeitpunkt der Unterbrechung die Verfolgung nach dem neuen Recht bereits verjährt gewesen wäre.

(1) Die Verjährung ruht

1.
bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 182, 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 2, §§ 225, 226a und 237,
2.
solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen.

(2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem

1.
die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder
2.
eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung).

(3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

(4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt.

(5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat

1.
bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden,
2.
bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat,
3.
bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder
4.
bis zur Rücknahme dieses Ersuchens.
Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht.

(6) In den Fällen des § 78 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ruht die Verjährung ab der Übergabe der Person an den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zu ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder bis zu ihrer Freilassung durch den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat.

(1) Die Verjährung ruht, solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann. Dies gilt nicht, wenn die Handlung nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag oder Ermächtigung fehlen.

(2) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges oder ein Beschluß nach § 72 ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

(1) Die Verjährung ruht

1.
bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 182, 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 2, §§ 225, 226a und 237,
2.
solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen.

(2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem

1.
die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder
2.
eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung).

(3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

(4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt.

(5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat

1.
bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden,
2.
bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat,
3.
bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder
4.
bis zur Rücknahme dieses Ersuchens.
Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht.

(6) In den Fällen des § 78 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ruht die Verjährung ab der Übergabe der Person an den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zu ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder bis zu ihrer Freilassung durch den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat.

(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch

1.
die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe,
2.
jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder deren Anordnung,
3.
jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist,
4.
jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
5.
den Haftbefehl, den Unterbringungsbefehl, den Vorführungsbefehl und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
6.
die Erhebung der öffentlichen Klage,
7.
die Eröffnung des Hauptverfahrens,
8.
jede Anberaumung einer Hauptverhandlung,
9.
den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung,
10.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens oder im Verfahren gegen Abwesende zur Ermittlung des Aufenthalts des Angeschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen ergeht,
11.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten ergeht, oder
12.
jedes richterliche Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen.
Im Sicherungsverfahren und im selbständigen Verfahren wird die Verjährung durch die dem Satz 1 entsprechenden Handlungen zur Durchführung des Sicherungsverfahrens oder des selbständigen Verfahrens unterbrochen.

(2) Die Verjährung ist bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung abgefasst wird. Ist das Dokument nicht alsbald nach der Abfassung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist.

(3) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 78a bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und, wenn die Verjährungsfrist nach besonderen Gesetzen kürzer ist als drei Jahre, mindestens drei Jahre verstrichen sind. § 78b bleibt unberührt.

(4) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht.

(5) Wird ein Gesetz, das bei der Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert und verkürzt sich hierdurch die Frist der Verjährung, so bleiben Unterbrechungshandlungen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts vorgenommen worden sind, wirksam, auch wenn im Zeitpunkt der Unterbrechung die Verfolgung nach dem neuen Recht bereits verjährt gewesen wäre.

(1) Die Verjährung ruht

1.
bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 182, 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 2, §§ 225, 226a und 237,
2.
solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen.

(2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem

1.
die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder
2.
eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung).

(3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

(4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt.

(5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat

1.
bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden,
2.
bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat,
3.
bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder
4.
bis zur Rücknahme dieses Ersuchens.
Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht.

(6) In den Fällen des § 78 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ruht die Verjährung ab der Übergabe der Person an den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zu ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder bis zu ihrer Freilassung durch den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat.

(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch

1.
die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe,
2.
jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder deren Anordnung,
3.
jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist,
4.
jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
5.
den Haftbefehl, den Unterbringungsbefehl, den Vorführungsbefehl und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
6.
die Erhebung der öffentlichen Klage,
7.
die Eröffnung des Hauptverfahrens,
8.
jede Anberaumung einer Hauptverhandlung,
9.
den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung,
10.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens oder im Verfahren gegen Abwesende zur Ermittlung des Aufenthalts des Angeschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen ergeht,
11.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten ergeht, oder
12.
jedes richterliche Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen.
Im Sicherungsverfahren und im selbständigen Verfahren wird die Verjährung durch die dem Satz 1 entsprechenden Handlungen zur Durchführung des Sicherungsverfahrens oder des selbständigen Verfahrens unterbrochen.

(2) Die Verjährung ist bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung abgefasst wird. Ist das Dokument nicht alsbald nach der Abfassung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist.

(3) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 78a bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und, wenn die Verjährungsfrist nach besonderen Gesetzen kürzer ist als drei Jahre, mindestens drei Jahre verstrichen sind. § 78b bleibt unberührt.

(4) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht.

(5) Wird ein Gesetz, das bei der Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert und verkürzt sich hierdurch die Frist der Verjährung, so bleiben Unterbrechungshandlungen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts vorgenommen worden sind, wirksam, auch wenn im Zeitpunkt der Unterbrechung die Verfolgung nach dem neuen Recht bereits verjährt gewesen wäre.

(1) Die Verjährung ruht

1.
bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 182, 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 2, §§ 225, 226a und 237,
2.
solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen.

(2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem

1.
die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder
2.
eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung).

(3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

(4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt.

(5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat

1.
bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden,
2.
bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat,
3.
bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder
4.
bis zur Rücknahme dieses Ersuchens.
Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht.

(6) In den Fällen des § 78 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ruht die Verjährung ab der Übergabe der Person an den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zu ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder bis zu ihrer Freilassung durch den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat.

(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch

1.
die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe,
2.
jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder deren Anordnung,
3.
jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist,
4.
jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
5.
den Haftbefehl, den Unterbringungsbefehl, den Vorführungsbefehl und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
6.
die Erhebung der öffentlichen Klage,
7.
die Eröffnung des Hauptverfahrens,
8.
jede Anberaumung einer Hauptverhandlung,
9.
den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung,
10.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens oder im Verfahren gegen Abwesende zur Ermittlung des Aufenthalts des Angeschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen ergeht,
11.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten ergeht, oder
12.
jedes richterliche Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen.
Im Sicherungsverfahren und im selbständigen Verfahren wird die Verjährung durch die dem Satz 1 entsprechenden Handlungen zur Durchführung des Sicherungsverfahrens oder des selbständigen Verfahrens unterbrochen.

(2) Die Verjährung ist bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung abgefasst wird. Ist das Dokument nicht alsbald nach der Abfassung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist.

(3) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 78a bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und, wenn die Verjährungsfrist nach besonderen Gesetzen kürzer ist als drei Jahre, mindestens drei Jahre verstrichen sind. § 78b bleibt unberührt.

(4) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht.

(5) Wird ein Gesetz, das bei der Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert und verkürzt sich hierdurch die Frist der Verjährung, so bleiben Unterbrechungshandlungen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts vorgenommen worden sind, wirksam, auch wenn im Zeitpunkt der Unterbrechung die Verfolgung nach dem neuen Recht bereits verjährt gewesen wäre.

(1) Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verfahrenshindernis heraus, so kann das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung das Verfahren durch Beschluß einstellen.

(2) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
GSSt 2/17
vom
12. Juni 2017
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
Dem zeitlichen Abstand zwischen Tat und Urteil kommt im Rahmen der Strafzumessung
bei Taten, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand
haben, die gleiche Bedeutung zu wie bei anderen Straftaten.
BGH, Beschluss vom 12. Juni 2017- GSSt 2/17
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern
ECLI:DE:BGH:2017:120617BGSST2.17.0

Der Große Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofs hat durch die Präsidentin des Bundesgerichtshofs Limperg, den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum, die Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof SostScheible , die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Graf, Dr. Franke und Dr. Schäfer, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Schneider sowie die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. König, Prof. Dr. Krehl, Dr. Eschelbach und Gericke am 12. Juni 2017 beschlossen:
Dem zeitlichen Abstand zwischen Tat und Urteil kommt im Rahmen der Strafzumessung bei Taten, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand haben, die gleiche Bedeutung zu wie bei anderen Straftaten.

Gründe:


1
Die Vorlage betrifft eine Frage aus dem Bereich der Strafzumessung.

I.


2
1. In dem beim 3. Strafsenat anhängigen Verfahren hat das Landgericht den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 35 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen.
3
Nach den von der Strafkammer getroffenen Feststellungen nahm der Angeklagte in dem Zeitraum vom 1. März 1990 bis zum 1. März 1994 in mindestens 35 Fällen beim Zubettbringen seiner am 1. März 1985 geborenen Tochter an ihr sexuelle Handlungen vor oder ließ solche von ihr an sich vornehmen. Während der Taten erklärte der einen offenen und liberalen Erziehungsstil pflegende Angeklagte, dass dies "dazu gehöre" und eine "gute Tochter das so mache". Allerdings schärfte er seiner Tochter auch ein, sie dürfe niemandem von den Geschehnissen berichten, da er sonst "ins Gefängnis müsse".
4
Der Angeklagte hat die Verurteilung mit der Revision umfassend angegriffen und die Verletzung formellen und materiellen Rechts beanstandet.
5
Der Generalbundesanwalt hat beantragt, die Revision durch Beschluss gemäß § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen.
6
Nach Auffassung des 3. Strafsenats dringen die Verfahrensbeanstandungen aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ausgeführten Gründen nicht durch. Er ist der Ansicht, der Schuldspruch halte auch materiellrechtlicher Überprüfung stand. Die Feststellungen beruhten auf einer nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung; gegen die rechtliche Würdigung des Geschehens sei ebenfalls nichts zu erinnern.
7
Der 3. Strafsenat beabsichtigt allerdings, auf die Sachrüge den gesamten Strafausspruch aufzuheben. Anlass hierzu gibt ihm die unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Rechtsprechung des 1. Strafsenats (BGH, Beschluss vom 8. Februar 2006 - 1 StR 7/06, NStZ 2006, 393) vorgenommene Wertung des Landgerichts, zu Gunsten des Angeklagten spreche zwar, dass die Taten inzwischen sehr lange zurück lägen; jedoch könne dieser Umstand vorliegend nicht in gleicher Weise Berücksichtigung finden wie bei anderen Straftaten, da der sexuelle Kindesmissbrauch im familiären Umfeld erfolgt und die späte An- zeige der Tat hierdurch mitbedingt gewesen sei, so dass die gesetzgeberische Wertung des § 78b StGB tangiert werde.
8
Im Einzelnen hatte der 1. Strafsenat in der vom Landgericht in Bezug genommenen Entscheidung im Einklang mit Erwägungen in einem früheren Urteil des 3. Strafsenats (BGH, Urteil vom 10. November 1999 - 3 StR 361/99, NJW 2000, 748, 749), das zu dem in § 358 Abs. 2 StPO normierten Verschlechterungsverbot ergangen war, ausgeführt, dem langen Abstand zwischen Tat und Urteil komme bei Fällen sexuellen Kindesmissbrauchs nicht eine gleich hohe Bedeutung wie in anderen Fällen zu. Dies gelte insbesondere in den Fällen , in denen ein Kind vom im selben Familienverband lebenden (Stief-)Vater missbraucht werde und erst im Erwachsenenalter die Kraft zu einer Aufarbeitung des Geschehens mit Hilfe einer Strafanzeige finde. Deshalb habe der Gesetzgeber auch die besondere Verjährungsregelung in § 78b StGB getroffen. Zuvor hatte der 5. Strafsenat in einem Fall, der die Vergewaltigung eines zur Tatzeit 14 Jahre alten Mädchens betraf, - nicht tragend - darauf hingewiesen, der Umstand, dass der Angeklagte erst 18 Jahre nach der Tat strafrechtlich zur Verantwortung gezogen worden sei, stelle einen strafmildernd zu berücksichtigenden Gesichtspunkt dar, auch wenn Fälle der vorliegenden Art aus tatsächlichen Gründen vielfach lange Jahre unbekannt blieben und der Gesetzgeber diesem Umstand in § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB dadurch Rechnung getragen habe , dass die Verjährung bei diesen Delikten bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Opfers ruhe (BGH, Beschluss vom 29. September 1997 - 5 StR 363/97, NStZ-RR 1998, 207). In der Literatur hat die Auffassung des 1. Strafsenats überwiegend Zustimmung gefunden (vgl. SK-StGB/Wolters, 135. Lfg., § 176 Rn. 13; LK/Hörnle, StGB, 12. Aufl., § 176 Rn. 55; S/S-Eisele, StGB, 29. Aufl., § 176 Rn. 29; MüKoStGB/Miebach/Maier, 3. Aufl., § 46 Rn. 323); zum Teil ist sie aber auch auf Ablehnung gestoßen (vgl. Fischer, StGB, 64. Aufl., § 46 Rn. 61, § 176 Rn. 35; MüKoStGB/Renzikowski, 3. Aufl., § 176 Rn. 72).
9
Der 3. Strafsenat versteht die Ausführungen der Strafkammer dahin, diese habe durch den ausdrücklichen Verweis auf die Entscheidung des 1. Strafsenats und die Betonung der gesetzgeberischen Wertung des § 78b StGB deutlich gemacht, dass sie bezüglich des Gewichts des Strafzumessungsgesichtspunktes Zeitablauf zwischen Tat und Urteil zwischen Straftaten, die den sexuellen Missbrauch eines Kindes zum Gegenstand haben, und sonstigen Straftaten generell unterscheide. Er hält diese Erwägung für rechtsfehlerhaft und kann nicht ausschließen, dass die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe niedriger ausgefallen wären, hätte das Landgericht diesen Gesichtspunkt nicht in die Abwägung eingestellt.
10
2. Der 3. Strafsenat hat deshalb unter Darlegung seiner Auffassung bei den anderen Strafsenaten gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG angefragt, ob diese an (gegebenenfalls) entgegenstehender Rechtsprechung festhalten (BGH, Beschluss vom 29. Oktober 2015 - 3 StR 342/15, NStZ 2016, 277, mit Anm. Schiemann, NStZ 2016, 336).
11
Hierauf hat der 1. Strafsenat mit Beschluss vom 10. Mai 2016 (1 ARs 5/16, NStZ-RR 2016, 336) mitgeteilt, dass die beabsichtigte Entscheidung des 3. Strafsenats seiner Rechtsprechung widerspreche und er an seiner Rechtsansicht grundsätzlich festhalte. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, einem besonders langen Zeitraum zwischen Tat und Urteil komme für sich genommen eine strafmildernde Wirkung zu. Die strafzumessungstheoretische Verankerung dieses selbständigen Strafzumessungsgrundes sei nicht eindeutig, beruhe aber bei unbeeinflusster Tatschuld auf einem allgemein abnehmenden Sühnebedürfnis bzw. einer geminderten Notwendigkeit von Sühne; daneben könnten besondere Prüfungspflichten im Hinblick auf spezialpräventiv wirksame Umstände ausgelöst werden. Dies führe zu der Notwendigkeit einer individuellen Gewichtung des Faktors Zeitablauf; diese Wertung sei grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Nach den Maßgaben, die für die Überprüfung der tatgerichtlichen Strafzumessung in der Revisionsinstanz gelten, sei es rechtsfehlerfrei , wenn das Tatgericht in diesem Zusammenhang auf die gesetzgeberischen Wertungen zurückgreife, die in den Verjährungsvorschriften zum Ausdruck gekommen seien. Er könne deshalb die Ansicht nicht teilen, dass das Gewicht des Zeitablaufs von der Länge der Verjährungsfrist nicht beeinflusst werden dürfe. Eine entsprechende Anknüpfung finde sich in mehreren Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts. Die Verjährungsvorschriften hätten zwar "zum Teil" eine andere Zielrichtung als die Strafzumessungsregelungen, letztlich komme aber in ihnen auch zum Ausdruck , dass die Rechtsordnung ein Strafbedürfnis infolge Zeitablaufs verneine. Es gehe mithin um die Bewertung ein und desselben Phänomens, nämlich des Zeitablaufs seit den Taten. Durch den Rückgriff auf die in den Verjährungsvorschriften zum Ausdruck gekommene gesetzgeberische Wertung werde der Strafzumessungsgrund Zeitablauf entsprechend dieser Wertung ausgefüllt. Zu den Verjährungsvorschriften, an denen sich das Tatgericht orientieren dürfe, zähle auch § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB. Dass der Gesetzgeber mit dieser "Regelung betreffend die Verfolgbarkeit von Taten" nicht den ersichtlichen Willen kundgetan habe, Strafzumessungskriterien oder deren Gewichtung zu modifizieren , sei nicht aussagekräftig.
12
Der 2. Strafsenat hat mit näher begründetem Beschluss vom 14. Juni 2016 (2 ARs 67/16, juris) geantwortet, er stimme der Rechtsauffassung des 3. Strafsenats zu.
13
Der 4. und der 5. Strafsenat haben mitgeteilt, ihre Rechtsprechung stehe der beabsichtigten Entscheidung des 3. Strafsenats nicht entgegen.
14
3. Mit Beschluss vom 17. November 2016 (3 StR 342/15, NStZ-RR 2017, 103) hat der 3. Strafsenat dem Großen Senat für Strafsachen gemäß § 132 Abs. 2 GVG folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt: "Kann der zeitliche Abstand zwischen Tat und Urteil im Rahmen der Strafzumessung wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes nicht in gleicher Weise Berücksichtigung finden wie bei anderen Straftaten?"
15
Er hat ausgeführt, er vermöge sich der Ansicht des 1. Strafsenats auch unter Berücksichtigung der Erwägungen in dem Beschluss vom 10. Mai 2016 nicht anzuschließen; denn sie vermische in sachlich nicht gerechtfertigter Weise Gesichtspunkte der Strafzumessung mit solchen der Verjährung. Er halte deshalb an seiner in dem Anfragebeschluss vom 29. Oktober 2015 dargelegten Auffassung fest; soweit er in der Entscheidung vom 10. November 1999 noch Anderes vertreten habe, gebe er diese Rechtsprechung auf. Danach könne der zeitliche Abstand zwischen Tat und Urteil im Rahmen der Strafzumessung wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in gleicher Weise Berücksichtigung finden wie bei anderen Straftaten; die gesetzliche Regelung des Ruhens der Verjährung in § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB führe nicht zu einem anderen Ergebnis.
16
Dem hat die Verteidigung mit näheren Ausführungen zugestimmt.
17
4. Der Generalbundesanwalt erachtet die Vorlage für zulässig und beantragt zu beschließen: "Es ist nicht rechtsfehlerhaft, wenn im Einzelfall bei einer Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern im Rahmen der Strafzumessung der zeitliche Abstand zwischen Tat und Urteil unter Berücksichtigung der dem § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB zugrundeliegenden Motive des Gesetzgebers nicht in gleicher Weise Beachtung findet wie bei anderen Straftaten."

II.


18
Die Vorlage ist zulässig.
19
1. Sie betrifft eine Rechtsfrage im Sinne des § 132 Abs. 2 GVG und nicht die tatgerichtliche Wertung von für die Strafzumessung bedeutsamen Tatsachen , die dem Revisionsgericht grundsätzlich verschlossen und damit dem Divergenzverfahren nicht zugänglich ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. Juni 1977 - 5 StR 30/77, BGHSt 27, 212, 213 ff.; vom 15. November 2007 - 4 StR 400/07, BGHSt 52, 84, 86 ff.); denn es steht die vom 3. Strafsenat bereits im rechtlichen Ansatz und damit losgelöst von dem konkreten Einzelfall als fehlerhaft erachtete Erwägung in Rede, aufgrund einer Vorschrift aus dem Bereich der Verjährungsregelungen sei ein strafzumessungsrechtlich erheblicher Umstand für bestimmte Delikte generell mit einem geringeren Gewicht zu bewerten als bei anderen Straftaten.
20
2. Die Vorlagefrage ist entscheidungserheblich. Nach dem jedenfalls vertretbaren und deshalb für den Großen Senat für Strafsachen bindenden Verständnis der tatgerichtlichen Urteilsgründe (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Juli 1995 - GSSt 1/95, BGHSt 41, 187, 194; vom 23. April 2007 - GSSt 1/06, BGHSt 51, 298, 302; Kissel/Mayer, GVG, 8. Aufl., § 132 Rn. 29; LR/Franke, StPO, 26. Aufl., § 132 GVG Rn. 42) durch den 3. Strafsenat hängt die Entscheidung über die Revision des Angeklagten davon ab, ob die Ausführungen der Strafkammer als rechtsfehlerhaft oder rechtsfehlerfrei zu bewerten sind. Durch ihre Beantwortung wird somit das Ergebnis des konkreten Revisionsverfahrens beeinflusst (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 128; vom 15. Juli 2016 - GSSt 1/16, NJW 2017, 94, 95).
21
3. Der 3. Strafsenat kann auch mit Blick auf den im Anfrageverfahren ergangenen Antwortbeschluss des 1. Strafsenats nicht wie beabsichtigt entscheiden , ohne von dessen Rechtsauffassung abzuweichen. Dem steht im Ergebnis nicht entgegen, dass der 1. Strafsenat ausgeführt hat, er halte "grundsätzlich" an seiner Rechtsansicht fest, und im Folgenden - jedenfalls auch - darauf hingewiesen hat, es beurteile sich nach dem Einzelfall, mit welchem Gewicht sich der Zeitablauf strafmildernd auswirke. Hierdurch haben sich die Auffassungen der beiden Senate zwar angenähert, indes ist die entscheidungserhebliche Divergenz zwischen den verschiedenen Ansichten betreffend die Frage, ob die in § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB getroffene Regelung dazu führt, dass dem Zeitablauf zwischen Tat und Urteil bei Straftaten, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand haben, generell eine geringere Bedeutung als bei anderen Straftaten zukommt, nicht beseitigt.

III.


22
Der Große Senat für Strafsachen beantwortet die Vorlegungsfrage in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Sinne.
23
Die Strafzumessung erfordert eine sich am Einzelfall orientierende Bewertung der hierfür bedeutsamen Umstände (hierzu u. 1.). Zu diesen kann auch der eigenständige Strafzumessungsgesichtspunkt des zeitlichen Abstands zwischen Tat und Urteil gehören (hierzu u. 2.). Die Verjährungsvorschriften und dabei insbesondere die Regelung des § 78b StGB stehen dieser sich nach den Umständen des konkreten Falles richtenden Würdigung nicht entgegen; aus ihnen ergibt sich insbesondere nicht, dass bei dem von § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB erfassten sexuellen Missbrauch von Kindern (§ 176 StGB) dem Zeitablauf zwischen Tat und Urteil generell, d.h. losgelöst von den konkreten Einzelfallumständen , ein geringeres Gewicht zukommt als bei anderen Straftaten (hierzu u. 3.). Allerdings kann das Tatgericht diejenigen Gesichtspunkte, die der Regelung des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB zugrunde liegen, bei der Strafzumessung berücksichtigen, sofern sie im Einzelfall festgestellt und für die Bemessung der Strafe von Bedeutung sind (hierzu u. 4.). Im Einzelnen:
24
1. Die Strafe soll eine angemessene staatliche Reaktion auf die Begehung einer Straftat sein. Ihre Bemessung ist zugleich tatrichterlicher Wertungsakt und Rechtsanwendung auf einen bestimmten Strafzumessungssachverhalt unter vom Gesetzgeber formulierten Strafzumessungskriterien und Leitlinien (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2007 - 2 BvR 1447, 136/05, BVerfGE 118, 212, 228 ff.; BGH, Beschluss vom 15. November 2007 - 4 StR 400/07, BGHSt 52, 84, 87); sie erfordert nach anerkannten Grundsätzen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juni 1977 - 5 StR 30/77, BGHSt 27, 212, 215) eine einzelfallorientierte Abwägung der strafzumessungsrelevanten Umstände. Grundlagen der Strafzumessung sind dabei die Schwere der Tat in ihrer Bedeutung für die verletzte Rechtsordnung und der Grad der persönlichen Schuld des Täters (§ 46 Abs. 1 Satz 1 StGB; BGH, Urteil vom 4. August 1965 - 2 StR 282/65, BGHSt 20, 264, 266). Daneben ist dessen Resozialisierung der zentrale Ge- sichtspunkt, denn das Tatgericht hat bei der konkreten Strafbemessung die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind (§ 46 Abs. 1 Satz 2 StGB). Es ist im Rahmen der konkreten Strafzumessung gehalten, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände festzustellen, zu bewerten, gegeneinander abzuwägen (§ 46 Abs. 2 Satz 1 StGB) und die Strafe innerhalb des ihm zur Verfügung stehenden Strafrahmens zu bestimmen. Eine "Mathematisierung" oder ein sonstiger Schematismus sind dem Gesetz hierbei fremd (BGH, Beschluss vom 10. April 1987 - GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 351; Urteil vom 28. März 2013 - 4 StR 467/12, juris Rn. 30; Beschluss vom 10. November 2016 - 1 StR 417/16, juris).
25
2. Der zeitliche Abstand zwischen Tat und Urteil gehört zu den Umständen , die nach diesen am Einzelfall orientierten Maßgaben Einfluss auf die Bemessung der Strafe gewinnen können.
26
a) Kommt es in einem Strafverfahren zu einem großen Abstand zwischen Tat und Urteil, kann dies bei der Bestimmung der Rechtsfolgen unter drei verschiedenen Aspekten von Belang sein (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 1998 - 3 StR 561/98, NJW 1999, 1198 f.): Zum einen kann der betreffende Zeitraum bereits für sich genommen ins Gewicht fallen. Unabhängig hiervon kann zum zweiten einer überdurchschnittlich langen Verfahrensdauer eine eigenständige strafmildernde Bedeutung zukommen, bei der insbesondere die mit dem Verfahren selbst verbundenen Belastungen des Angeklagten zu berücksichtigen sind. Zum dritten kann sich schließlich eine darüber hin- ausgehende rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung zu Gunsten des Angeklagten auswirken.
27
b) Die sich an diese drei Gesichtspunkte anknüpfenden Rechtsfolgen sind unterschiedlich:
28
aa) Die zu einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung führende Verletzung des Beschleunigungsgebotes gebietet eine Kompensation zu Gunsten des hierdurch betroffenen Angeklagten (sog. Vollstreckungsmodell; st. Rspr.; vgl. grundlegend BGH, Beschluss vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124).
29
bb) Demgegenüber handelt es sich bei dem großen zeitlichen Abstand zwischen Tat und Urteil und bei den mit einer langen Verfahrensdauer einhergehenden Belastungen des Angeklagten um zwei selbständige, gegebenenfalls im Rahmen der nach den §§ 46 ff. StGB vorzunehmenden Strafzumessung getrennt zu prüfende und im tatgerichtlichen Urteil zu erörternde Strafzumessungsgesichtspunkte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, aaO S. 141 f.; vom 29. November 1985 - 2 StR 596/85, NStZ 1986, 217, 218; vom 29. März 1988 - 5 StR 76/88, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 2; vom 22. Januar 1992 - 3 StR 440/91, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 6; vom 21. Dezember 2010 - 2 StR 344/10, NStZ 2011, 651).
30
Dies entspricht, soweit es um die hier relevante strafmildernde Wirkung des Zeitraums zwischen Tat und Urteil geht, im Ergebnis einhelliger Auffassung in der Rechtsprechung (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 21. Dezember 1998 - 3 StR 561/98, NJW 1999, 1198; vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 141 f.; vom 13. Mai 2015 - 2 StR 535/14, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Wertungsfehler 40; vom 29. September 2015 - 2 StR 128/15, NStZ-RR 2016, 7) und Literatur (vgl. etwa Bruns, Strafzumessungsrecht, 2. Aufl., 1974, S. 461; ders., Das Recht der Strafzumessung, 2. Aufl. 1985, S. 181; Frisch, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, Festgabe aus der Wissenschaft, 2000, Bd. 4, S. 269, 299 f.; Streng, JR 2006, 257, 259; LK/Theune, StGB, 12. Aufl., § 46 Rn. 240; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 46 Rn. 61; MüKoStGB/Miebach/Maier, 3. Aufl., § 46 Rn. 319; NK-StGB-Streng, 5. Aufl., § 46 Rn. 88; S/S-Stree/Kinzig, StGB, 29. Aufl., § 46 Rn. 57a; AnwK-StGB/Seebode, 2. Aufl., § 46 Rn. 97; SSWStGB /Eschelbach, 3. Aufl., § 46 Rn. 168 ff.). Der zeitliche Abstand zwischen Tat und Urteil ist als sonstiger, nicht ausdrücklich namentlich aufgeführter Aspekt im Sinne des § 46 Abs. 2 StGB einzuordnen (vgl. Fischer, StGB, 64. Aufl., § 46 Rn. 56, 61; AnwK-StGB/Seebode, 2. Aufl., § 46 Rn. 97), wenn auch die strafzumessungstheoretische Verankerung dieses Gesichtspunktes variiert (vgl. hierzu im Einzelnen BGH, Beschluss vom 10. Mai 2016 - 1 ARs 5/16, NStZ-RR 2016, 336 m. zahlr. w.N.). Im hiesigen Zusammenhang von wesentlicher Bedeutung ist dabei, dass der Ablauf der Zeit zwar nicht die Tatschuld mindert; jedoch kann er Tat und Täter unter den Aspekten von Schuld und Spezialprävention in einem günstigeren Licht erscheinen lassen, als es bei schneller Ahndung der Fall gewesen wäre. Dies gilt insbesondere, wenn sich die Tat durch den Zeitablauf als einmalige Verfehlung des Täters erwiesen, er sich inzwischen jahrelang einwandfrei geführt und der Verletzte die Folgen der Tat überwunden hat (vgl. LK/Theune, StGB, 12. Aufl., § 46 Rn. 240 mwN). Ein langer Zeitablauf nach der Tat führt deshalb nicht nur zu einer Minderung des Sühneanspruchs , weil das Strafbedürfnis allgemein abnimmt (BGH, Beschluss vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 141 f.), sondern erfordert auch eine gesteigerte Prüfung der Wirkungen der Strafe für den Täter (BGH, Beschluss vom 20. Februar 1998 - 2 StR 20/98, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 35).
31
c) Mit den dargelegten, die Strafzumessung allgemein prägenden Grundsätzen und dem Wesen des zeitlichen Abstands zwischen Tat und Urteil als Strafzumessungsgesichtspunkt im Sinne des § 46 Abs. 2 StGB sind generalisierende , die konkreten Einzelfallumstände außer Acht lassende Wertungen nicht vereinbar. Dies gilt für alle in diesem Zusammenhang bedeutsamen Strafzumessungsfaktoren ; ein Grund, insoweit zwischen dem Zeitablauf zwischen Tat und Urteil und den sonstigen nach § 46 Abs. 2 StGB zu beachtenden Faktoren zu unterscheiden, ist nicht ersichtlich. Vielmehr ist aus strafzumessungsdogmatischer Sicht die Bedeutung des hier relevanten Kriteriums zum einen weder absolut, noch begründet es eine Regelwirkung; zum anderen ist dem strafrechtlichen Sanktionensystem auch eine Differenzierung der Bedeutung nach Deliktsgruppen fremd.
32
3. Das Gewicht, mit dem der zeitliche Abstand zwischen einer noch verfolgbaren Tat und dem Urteil in die Bemessung der Strafe einzustellen ist, hängt auch nicht von der Länge der zunächst nach den §§ 78, 78a StGB zu bestimmenden Verjährungsfrist ab. Es wird ebenfalls nicht dadurch beeinflusst, dass die Tat gegebenenfalls länger verfolgbar ist, weil die Voraussetzungen eines der Tatbestände gegeben sind, bei deren Erfüllung die Verjährung nach § 78b StGB ruht oder gemäß § 78c StGB unterbrochen ist. Insbesondere die Regelung des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB steht dem sich aus den Grundsätzen der Strafzumessung ergebenden Erfordernis, den Faktor Zeitablauf zwischen Tat und Urteil stets individuell zu betrachten und zu gewichten, nicht entgegen; sie führt nicht dazu, dass bei Straftaten, die den sexuellen Missbrauch von Kindern betreffen, dem Zeitablauf zwischen Tat und Urteil generell, d.h. losgelöst von den konkreten Einzelfallumständen, ein geringeres Gewicht zukommt als bei anderen Straftaten.
33
a) Dies folgt zunächst aus den im Vergleich zu dem Bereich der Strafzumessung unterschiedlichen Regelungsgehalten, Zielen und Ausgestaltungen der Vorschriften über die Verfolgungsverjährung.
34
§ 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB ist Teil des die Verfolgungsverjährung betreffenden gesetzlichen Regelungsgefüges. Dieses knüpft zwar wie der Strafzumessungsgesichtspunkt zeitlicher Abstand zwischen Tat und Urteil an den seit der Begehung der Straftat vergangenen Zeitraum an. Die Verjährungsvorschriften begründen indes keine Maßstäbe für eine angemessene staatliche Sanktion für eine begangene Straftat; sie regeln vielmehr - unabhängig davon, welchen Sinn und Zweck man der Verjährung im Einzelnen beimisst (vgl. hierzu etwa BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 1969 - 2 BvL 15, 23/68, BVerfGE 25, 269, 293 ff.; Asholt, Verjährung im Strafrecht, 2016, S. 90 ff.; Hörnle in Festschrift Beulke, 2015, S. 115 ff.; Schiemann, NStZ 2016, 336) - die Verfolgbarkeit der Tat und lassen deren Strafbarkeit bzw. deren Unrecht und die Schuld des Täters unberührt (BVerfG, Beschlüsse vom 26. Februar 1969 - 2 BvL 15, 23/68, BVerfGE 25, 269, 287, 294; vom 31. Januar 2000 - 2 BvR 104/00, NStZ 2000, 251). Nach Ablauf der Verjährungsfrist ist die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen nicht mehr möglich (§ 78 Abs. 1 Satz 1 StGB). Das Rechtsinstitut der Verjährung soll dem Rechtsfrieden dienen und einer etwaigen Untätigkeit der Behörden in jedem Abschnitt des Verfahrens entgegenwirken (BGH, Urteil vom 26. Juni 1958 - 4 StR 145/58, BGHSt 11, 393, 396; Beschluss vom 23. Januar 1959 - 4 StR 428/58, BGHSt 12, 335, 337 f.). Damit betrifft die Verjährung nicht die Strafdrohung an sich, sondern lediglich das "Ob" der Verfolgung; ihr Eintritt führt deshalb nach ständiger und einhelliger Rechtsprechung aller Strafsenate des Bundesgerichtshofs nicht zu einer Veränderung der materiellrechtlichen Lage, sondern zu einem Verfahrenshindernis (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 7. Juni 2005 - 2 StR 122/05, BGHSt 50, 138, 139). Ist die Straftat verjährt, so ist der Angeklagte grundsätzlich nicht freizusprechen , sondern das Verfahren einzustellen (vgl. BGH, Beschluss vom 29. September 2004 - 1 StR 565/03, wistra 2005, 27).
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Um die mit der Verjährung verbundenen Ziele zu erreichen, hat der Gesetzgeber in den §§ 78 ff. StGB ein differenziert ausgestaltetes System normiert , innerhalb dessen die Dauer der Verjährungsfrist im Ausgangspunkt unabhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalles maßgeblich vom Höchstmaß der durch die betreffende Strafvorschrift allgemein angedrohten Strafe bestimmt wird (vgl. § 78 Abs. 3 StGB). Die diesem Regelungsgefüge zugrunde liegenden Wertungen sind Ausdruck generalisierender Betrachtungen. Eine Aussage über das Strafbedürfnis im Einzelfall treffen die Verjährungsvorschriften nicht. Für sie ist ohne Belang, ob mit Blick auf die Strafzumessungsmaximen Schuld und Spezialprävention eine staatliche Reaktion auf die Begehung einer Straftat in Form einer Sanktionierung des Täters (noch) notwendig und gegebenenfalls welche angemessen erscheint. Umgekehrt beeinflussen die für die Strafzumessung maßgebenden Aspekte den Eintritt der Verfolgungsverjährung nicht. Der Zweck der verjährungsrechtlichen Regelungen besteht nicht darin, einer Verminderung des Gewichts von Strafzumessungsgründen Rechnung zu tragen. Deshalb führt etwa ein aus welchem Grund auch immer entfallenes oder geringeres Strafbedürfnis nicht zum vorzeitigen Eintritt der Verjährung.
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Folgerichtig hat die Rechtsprechung die Länge der Verjährungsfrist im Rahmen der Strafzumessung regelmäßig nur dafür herangezogen, um im Einzelfall die Dauer des seit der Tat vergangenen Zeitraumes bzw. das Gewicht des Tatunrechts näher zu verdeutlichen, ohne eine darüber hinausgehende innere Verknüpfung - etwa zu § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB - herzustellen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. Januar 1992 - 3 StR 440/91, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 6; vom 26. Juli 1994 - 5 StR 113/94, StV 1995, 130; vom 7. Juni 2011 - 4 StR 643/10, StV 2011, 603, 607; insoweit unklar BVerfG, Beschluss vom 21. Juni 2006 - 2 BvR 750, 752 und 761/06, NStZ 2006, 680, 682; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 12. August 2015 - 2 BvR 2646/13, juris Rn. 30).
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b) Somit steht das Gewicht, mit dem der zeitliche Abstand zwischen einer noch verfolgbaren Tat und dem Urteil in die Strafzumessung einzustellen ist, mit der Länge der nach abstrakt-generellen Regelungen vorgegebenen Verjährungsfrist in keinem unmittelbaren Zusammenhang. Gründe dafür, von diesem allgemein für das Verhältnis zwischen Strafzumessung auf der einen und Verjährung auf der anderen Seite geltenden Grundsatz für die Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern abzuweichen und dem zeitlichen Abstand zwischen Tat und Urteil für diese Deliktsgruppe generell ein geringeres Gewicht zuzumessen, bestehen nicht.
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aa) Solche ergeben sich insbesondere nicht aus dem Sinn und Zweck des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB, wie sie sich unter Beachtung des den Gesetzesmaterialien zu entnehmenden Willens des Gesetzgebers ergeben.
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(1) Der Gesetzgeber hat in § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB - erstmals mit dem 30. Strafrechtsänderungsgesetz vom 23. Juni 1994 (BGBl. I S. 1310) - eine deliktsspezifische Bestimmung zum Ruhen der Verfolgungsverjährung getroffen, die den Besonderheiten bei zum Nachteil von jungen Menschen begangenen Sexualstraftaten Rechnung tragen soll (vgl. Hörnle in Festschrift Beulke, 2015, S. 115, 116). Hierzu ist in der Gesetzesbegründung ausgeführt, Sexualstraftaten an Kindern und Jugendlichen würden den Strafverfolgungsbehörden häufig erst bekannt, wenn die Taten bereits viele Jahre zurückliegen, weil sie überwie- gend von Familienangehörigen begangen und die Opfer von den Tätern häufig dahin beeinflusst würden, die Übergriffe zu verschweigen. Wenn die Opfer erst lange Zeit nach der Tat in der Lage seien, Strafanzeige zu erstatten, sei eine Strafverfolgung wegen Verjährung der Taten in vielen Fällen nicht mehr möglich (vgl. BT-Drucks. 12/2975, S. 1; 12/3825, S. 1; 12/6980, S. 1). Deshalb solle die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt ruhen, bis zu dem das Opfer in der Lage sei, das Erlebte in seiner gesamten Dimension zu erfassen und auf dieser Grundlage über das Für und Wider einer Strafanzeige zu entscheiden (vgl. BTDrucks. 12/6980, S. 4).
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(2) Diese Erwägungen belegen zunächst, dass der Gesetzgeber lediglich den Willen hatte, die Verfolgbarkeit von bestimmten Straftaten, hinsichtlich derer er ein entsprechendes Regelungsbedürfnis sah, über die bis dahin geltenden Verjährungsfristen hinaus zu ermöglichen. Den Gesetzesmaterialien ist demgegenüber an keiner Stelle zu entnehmen, dass es ihm auch darauf ankam , die in den §§ 46 ff. StGB geregelten und von Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsätze der Strafzumessung, insbesondere die dort relevanten Kriterien sowie deren Gewichtung, zu modifizieren, und dabei eine Aussage über das Verhältnis zwischen Zeitablauf und dem Gewicht des Strafbedürfnisses zu treffen (so aber Schiemann, NStZ 2016, 336). Dies gilt auch für die nachfolgenden Änderungen der Vorschrift, durch die der Deliktskatalog erweitert und das Ruhen der Verjährung bis mittlerweile zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers angeordnet worden ist (vgl. etwa BT-Drucks. 15/350, S. 13 f.; 16/13671, S. 23 f.; 18/2601, S. 14, 22 f.).
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bb) Dagegen, dass aufgrund der Regelung des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB das Gewicht des Strafzumessungsfaktors Zeitablauf in Fällen des sexuellen Missbrauchs von Kindern generell gemindert ist, sprechen auch die folgenden weiteren Erwägungen:
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(1) Wollte man den Gedanken, dass durch die von § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB hervorgerufene längere Verfolgbarkeit der Tat das Gewicht des Zeitablaufs seit der Tat bei der Strafzumessung zum Nachteil des Angeklagten vermindert wird, konsequent weiter denken, so wäre die Bedeutung dieses Strafzumessungsgesichtspunktes allgemein auch über die von § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB erfassten Fallgestaltungen hinaus mit der Länge der Verjährungsfrist verknüpft bzw. hinge sie von den diesbezüglichen Ruhens- oder Unterbrechungsbestimmungen ab. Ein solcher systemwidriger Zusammenhang wäre etwa im Falle des § 78b Abs. 4 StGB, der an die Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem Landgericht und das Bestehen besonders schwerer Fälle anknüpft, die bei bestimmten Delikten als strafschärfende Umstände gesetzlich normiert sind, in besonderer Weise unplausibel. Entsprechendes gilt für die Unterbrechensregelungen des § 78c StGB. Eine derart weitgehende Anbindung der Strafzumessung an die für die Verfolgungsverjährung geltenden Fristen ist - soweit ersichtlich - bisher auch weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur befürwortet worden.
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(2) Ließe man die Art der begangenen Straftat ausreichen, um einen anerkannten Strafmilderungsgrund zu relativieren, so fiele dies auch dann zum Nachteil des Angeklagten ins Gewicht, wenn die Gründe, die zur Schaffung des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB geführt haben, im konkreten Fall gar nicht vorliegen, der lange zeitliche Abstand zwischen Tat und Urteil vielmehr auf sonstigen Gesichtspunkten , etwa Versäumnissen der Strafverfolgungsorgane, beruht. Es bedarf keiner näheren Darlegung, dass dies mit den Grundsätzen einer den Maßgaben der §§ 46 ff. StGB folgenden Strafzumessung nicht vereinbar wäre.
Entsprechendes gilt für die vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift aufgeführte Fallkonstellation, bei der der sexuelle Missbrauch von einem Nachbarn begangen wurde, der kurz nach der Tat wegzieht und zu der Familie des kindlichen Opfers keinen Kontakt mehr unterhält. In diesen Fällen ist eine Drucksituation, die Anlass für den Gesetzgeber war, die Ruhensregelung des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB in das Strafgesetzbuch aufzunehmen, nicht gegeben. Es erschließt sich nicht, aus welchem Grunde dann gleichwohl dem Zeitablauf zwischen Tat und Urteil ein geringeres Gewicht beizumessen sein soll, nur weil es sich bei der Tat um ein bestimmtes Delikt handelt.
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(3) Eine strafzumessungsrechtliche Koppelung des Faktors Zeitablauf an die Länge der Verjährungsfrist könnte in bestimmten Konstellationen auch zu sachwidrigen Ergebnissen führen. So verringert sich etwa mit zunehmendem zeitlichen Abstand von der Tat in den Fällen, in denen sich der Täter nicht weiter strafbar gemacht hat, unter dem Gesichtspunkt der Spezialprävention das Strafbedürfnis, möglicherweise bis zu dessen vollständigem Wegfall. Der relevante Zeitraum kann gegebenenfalls auch mehrere Jahrzehnte betragen. Dies gilt nicht nur im Anwendungsbereich von § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB, bei dem die letzte Erhöhung der Altersgrenze bewirkt hat, dass schwere Sexualdelikte frühestens mit Vollendung des 50. Lebensjahres des Opfers verjähren, wobei sich diese Frist durch Unterbrechungshandlungen bis zur Vollendung des 70. Lebensjahres des Opfers verlängern kann (BT-Drucks. 18/2601, S. 23). Noch längere Zeiträume können etwa bei den gemäß § 78 Abs. 2, 4 StGB unverjährbaren Delikten des versuchten Mordes oder der Beihilfe zum Mord (vgl. LK/Schmid, StGB, 12. Aufl., § 78 Rn. 6) eintreten. Diese Wertungen des Gesetzgebers sind zwar zu beachten. Dies führt jedoch nicht dazu, sie über den Bereich der Verjährung hinaus auf die Strafzumessung zu erstrecken, deren Wesenselement die umfassende Würdigung der Einzelfallumstände darstellt (§ 46 Abs. 2 Satz 1 StGB). Zudem wäre es nicht sachgerecht, den Strafzweck der Spezialprävention trotz seiner gesetzlich hervorgehobenen Bedeutung (§ 46 Abs. 1 Satz 2 StPO) in den beschriebenen Fällen aufgrund allein an die Art der begangenen Straftat anknüpfender Überlegungen nur eingeschränkt zu berücksichtigen.
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(4) Wollte man schließlich die hier in Rede stehende Verknüpfung zwischen Strafzumessung und Verfolgungsverjährung herstellen, so erschiene es wenig konsequent, sie auf die Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern zu beschränken. Auch in anderen Fallkonstellationen des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB oder solchen, die von dieser Vorschrift nicht erfasst werden, kann es - wenn auch möglicherweise weniger häufig - vorkommen, dass Täter und Opfer eine besondere persönliche Beziehung verbindet und der Täter versucht, das Opfer davon abzuhalten, die Straftat zu offenbaren. Dies gilt etwa für Körperverletzungs - oder Nötigungshandlungen zum Nachteil von Lebenspartnern, kann aber auch bei anderen Delikten wie zum Beispiel gegen das Vermögen oder das Eigentum von Familienangehörigen gerichteten Straftaten von Bedeutung sein.
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4. Die Bedeutung des Strafzumessungsgesichtspunktes zeitlicher Abstand zwischen Tat und Urteil ist nach alldem einzelfall- und nicht deliktsgruppenabhängig. Dies bedeutet jedoch nicht, dass neben anderen die wesentlichen Gründe, die den Gesetzgeber zur Schaffung und sukzessiven Erweiterung des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB bewogen haben, nicht auch im Rahmen der Strafzumessung Bedeutung erlangen können. Insbesondere erlauben es die in § 46 Abs. 2 StGB aufgeführten Strafzumessungskriterien, in systemkonformer Weise die wesentlichen unrechtssteigernden Elemente zu erfassen, die auch im Rahmen des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB eine Rolle spielen. Hierzu gilt:
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Aus dem Umstand, dass der Faktor Zeitablauf zwischen Tat und Urteil als Strafzumessungsfaktor stets nach Maßgabe der Umstände des konkreten Falles zu betrachten und zu gewichten ist, folgt auch, dass eine Wechselwirkung mit den anderen im Einzelfall für die Bemessung der Sanktion bedeutsamen Gesichtspunkten besteht. § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB nennt als Strafzumessungskriterien neben anderen die verschuldeten Auswirkungen der Tat und das Verhalten des Täters nach dieser. Damit können dem Täter zum einen Auswirkungen auf das Tatopfer straferschwerend angelastet werden, die er verschuldet hat, sie somit von ihm mindestens vorausgesehen werden konnten und ihm vorzuwerfen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 25. September 1990 - 4 StR 359/90, BGHSt 37, 179, 180), wobei es bezüglich der Vorhersehbarkeit genügt, dass sie in ihrer Art und ihrem Gewicht im Wesentlichen erkennbar waren (vgl. BGH, Beschluss vom 29. August 2006 - 1 StR 285/06, NStZ-RR 2006, 372). Zum anderen kann jedes Tun oder Unterlassen berücksichtigt werden, das Schlüsse auf den Unrechtsgehalt der Tat zulässt, auf Rechtsfeindlichkeit, Gefährlichkeit und die Gefahr künftiger Rechtsbrüche des Täters hinweist oder Einblicke in die innere Einstellung des Täters zu seiner Tat gewährt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 24. Juli 1985 - 3 StR 127/85, NStZ 1985, 545; Beschluss vom 6. Dezember 1996 - 2 StR 468/96, NStZ-RR 1997, 196; vgl. auch S/S-Stree-Kinzig, StGB, 29. Aufl., § 46 Rn. 39; MüKoStGB/Miebach/Maier, 3. Aufl., § 46 Rn. 246 ff. jeweils mwN).
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Nach diesen Maßgaben gewinnt das Zeitmoment aufgrund der verminderten Notwendigkeit, durch die Verhängung der Strafe spezialpräventiv auf den Angeklagten einzuwirken, etwa dann an Bedeutung, wenn der Täter sich in der Zwischenzeit nicht weiter strafbar gemacht hat. Das Gewicht des langen Abstandes zwischen Tat und Urteil kann aber auch durch andere Umstände, darunter solchen, die im Zusammenhang mit § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB relevant sind, beeinflusst werden. So war wie dargelegt vor allem der mögliche Einfluss, den der Täter auf das Opfer nimmt, um dieses zu veranlassen, die Tat nicht zu offenbaren, für den Gesetzgeber Grund für die Schaffung der genannten Norm. Dieser Umstand erfüllt zumindest regelmäßig die genannten Voraussetzungen und kann deshalb als für die Strafzumessung relevantes, die strafmildernde Wirkung des Zeitablaufs reduzierendes Nachtatverhalten zu Lasten des Angeklagten gewertet werden. Aber auch ohne ein unmittelbares Einwirken durch den Täter kann zum Beispiel die mit dem Zeitablauf einhergehende längere Dauer der psychischen Belastung, denen das Opfer durch eine familiäre Drucksituation ausgesetzt ist, von Bedeutung sein, sofern der Täter diese Auswirkungen verschuldet hat.
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Eine solche Bewertung kann das Tatgericht systemgerecht und damit ohne Rekurs auf die Verjährungsregeln freilich nicht bereits allein aufgrund der Zuordnung der Tat zu einer bestimmten Deliktsgruppe, sondern nur auf der Grundlage der im konkreten Fall getroffenen Feststellungen nach Maßgabe aller relevanten Einzelfallumstände vornehmen.
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Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.