Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Aug. 2017 - 1 StR 625/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:240817B1STR625.16.0
bei uns veröffentlicht am24.08.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 625/16
vom
24. August 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Steuerhinterziehung u.a.
zu 2.: Betrugs u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:240817B1STR625.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 24. August 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das Urteil des Landgerichts Stade vom 12. Mai 2016 aufgehoben
a) mit den zugehörigen Feststellungen, soweit der Angeklagte K. in Bezug auf die Taten 1 und 50 der Anklage vom 4. Mai 2015 wegen Bankrotts in Tateinheit mit Betrug in zwei Fällen sowie in Bezug auf die Tat 5 der Anklage vom 10. Juni 2015 wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden ist,
b) in den Aussprüchen über die den Angeklagten K. betreffenden Einzelstrafen mit den dazugehörigen Feststellungen in Bezug auf die Taten 2 bis 49 der Anklage vom 4. Mai 2015 wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt (48 Einzeltaten) sowie in Bezug auf die Taten 21 bis 53 der Anklage vom 10. Juni 2015 wegen (Lohn-) Steuerhinterziehung (33 Einzeltaten),
c) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafen.
2. Auf die Revision der Angeklagten B. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es sie betrifft, im Schuld- und Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
4. Die weitergehende Revision des Angeklagten K. wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 31 Fällen sowie wegen Steuerhinterziehung in 25 Fällen unter Einbeziehung der durch Urteil des Landgerichts Stade vom 6. Dezember 2012 in Verbindung mit dem Urteil des Amtsgerichts Stade vom 26. Juli 2011 verhängten Einzelstrafen nach Auflösung der dort gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Zudem hat es ihn wegen Bankrotts in Tateinheit mit Betrug in zwei Fällen, Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 17 Fällen sowie wegen Steuerhinterziehung in 28 Fällen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
2
Die Angeklagte B. hat das Landgericht wegen Beihilfe zum Bankrott in zwei Fällen in Tateinheit mit Betrug in Tateinheit mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 16 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.
3
Gegen dieses Urteil wenden sich beide Angeklagten mit ihren auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO) und sind im Übrigen gemäß § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.

I.


4
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
5
1. Der Angeklagte K. betrieb gemeinsam mit dem vormals Mitangeklagten H. ein Taxiunternehmen unter der Firma „N. M. GbR“ (im Folgenden: Taxiunternehmen).
6
Im Zeitraum von Mai 2010 bis April 2014 meldeten der Angeklagte K. und der vormals Mitangeklagte H. – wie bereits in den vorangegangen Jahren – eine zu geringe Anzahl beschäftigter Arbeitnehmer (Fahrer und Funker ) mit einem zu niedrigen Arbeitslohn zur Sozialversicherung an und entrichteten aufgrund dessen im Tatzeitraum insgesamt 1.106.933,07 Euro zu wenig Sozialversicherungsbeiträge (Anklage vom 4. Mai 2015; Taten 2 bis 49 der Urteilsgründe ). Hierbei wurden sie durch die Mitangeklagte B. unterstützt, die im Dezember 2012 zum Schein das Taxiunternehmen übernommen hatte, um dem Angeklagten K. und dem vormals Mitangeklagten H. die Weiterführung des Taxibetriebs in der bisherigen Form zu ermöglichen, nachdem ihnen wegen der seit 14. Dezember 2012 rechtskräftigen Vorverurteilung durch das Amtsgericht Stade der Entzug der Konzession für das Taxiunternehmen drohte. Tatsächlich führte die Angeklagte B. aber zu keinem Zeitpunkt das Taxiunternehmen.
7
Durch ihre formale Stellung als Inhaberin des Taxiunternehmens förderte die Angeklagte B. im Zeitraum von Dezember 2012 bis April 2014 die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 370.000 Euro (Anklage vom 4. Mai 2015; Taten 33 bis 49 der Urteilsgründe).
8
2. Die A. beantragte beim Amtsgericht Cuxhaven mit Schreiben vom 13. Februar 2013 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Taxiunternehmens. Daraufhin behaupteten der Angeklagte K. und der vormals Mitangeklagte H. am 11. März 2013 im Anhörungsbogen zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens wahrheitswidrig, dass das einzige Vermögen des Taxiunternehmens ein Kontoguthaben von 35,97 Euro bei der Stadtsparkasse sei. Das Taxiunternehmen verfüge insbesondere über keine Kraftfahrzeuge , immateriellen Vermögensgegenstände und habe keine laufenden Einnahmen. Tatsächlich hatten der Angeklagte K. und der vormals Mitangeklagte H. die Vermögensgegenstände des Unternehmens zur Verhinderung des Entzugs der Konzession zum Schein auf die Mitangeklagte B. übertragen. Das Taxiunternehmen verfügte tatsächlich zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unter anderem über sieben Kraftfahrzeuge im Wert von 2.000 Euro bis 12.500 Euro, erzielte laufende Einnahmen, hatte einen ausgeprägten Kundenstamm und eine Forderung in Höhe von 4.531,93 Euro gegen eine Versicherung. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Cuxhaven vom 19. Juli 2013 mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse abgelehnt.
9
In einem weiteren Verfahren beim Amtsgericht Cuxhaven stellte der Angeklagte K. mit Schreiben vom 2. Juli 2013 einen Eigeninsolvenzantrag über sein Privatvermögen. Auch hier gab er wahrheitswidrig an, nicht mehr Inhaber des Taxiunternehmens zu sein und nur noch als Taxifahrer bei der Mitangeklagten B. für einen Arbeitslohn von 529 Euro monatlich tätig zu sein. Auch diese Angaben waren falsch, da der Angeklagte K. gemeinsam mit dem vormals Mitangeklagten H. weiterhin Inhaber des Taxiunternehmens war und die Vermögensbestandteile nicht auf die Mitangeklagte B. übertragen worden waren.
10
Die Mitangeklagte B. unterstützte den Angeklagten K. und den früheren Mitangeklagten H. bei diesen Taten, indem sie das Taxigewerbe im Dezember 2012 auf ihren Namen eintragen ließ.

II.


11
Revision des Angeklagten K.
12
1. Den erhobenen Verfahrensrügen bleibt der Erfolg aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 1. Februar 2017 versagt.
13
2. Die Verurteilung des Angeklagten K. wegen Betrugs in Tateinheit mit Bankrott in zwei Fällen (Tat 1 und 50 der Anklage vom 4. Mai 2015) sowie in einem Fall wegen Steuerhinterziehung (Tat 5 der Anklage vom 10. Juni 2015) hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
14
a) Der Schuldspruch des Angeklagten K. wegen Bankrotts in zwei Fällen weist zwar keinen Rechtsfehler auf, jedoch tragen die Feststellungen des Landgerichts eine hierzu jeweils in Tateinheit stehende Verurteilung wegen Betrugs nicht.
15
aa) Rechtsfehlerfrei geht die Kammer davon aus, dass durch die falschen Angaben des Angeklagten K. gegenüber dem Insolvenzgericht grundsätzlich eine Verurteilung wegen Bankrotts in Tateinheit mit Betrug in Betracht kommt.
16
Tateinheit liegt vor, wenn die tatbestandlichen, mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrfach verletzenden Ausführungshandlungen in einem für sämtliche Tatbestandsverwirklichungen notwendigen Teil zumindest teilweise identisch sind (BGH, Beschluss vom 25. November 1997 – 5 StR 526/96, BGHSt 43, 317 Rn. 10 mwN; Rissing-van Saan in LK-StGB, 12. Aufl., § 52 Rn. 20). Der Betrug könnte hier in Form des Prozessbetrugs als Unterfall des Dreiecksbetrugs durch den Angeklagten K. verwirklicht worden sein, wenn das Insolvenzgericht irrtumsbedingt eine Entscheidung getroffen hat, die unmittelbar die Vermögenslage der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt hat. Inso- fern stimmten die Ausführungshandlung des Bankrotts in Form des „Verheimlichens“ und die Täuschung durch die falschen Angaben gegenüberdem Insolvenzgericht überein (zur Tateinheit vgl. RG, Urteil vom 17. März 1932 – III841/31, RGSt 66, 175; Tiedemann in LK-StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 317; Richter in Müller-Gugenberger, Wirtschaftsstrafrecht, 6. Aufl., § 83 Masseschmälerung , Rn. 31; vgl. ähnlich zur Täuschung des Grundbuchrichters, RG, Urteil vom 10. Oktober 1932 – III 553/32, RGSt 66, 371).
17
Der Tatbestand des Bankrotts wird auch nicht durch den Tatbestand des Betrugs verdrängt oder umgekehrt. Das wäre nach der Rechtsprechung des BGH nur dann der Fall, wenn der Unrechtsgehalt einer Handlung durch einen von mehreren, dem Wortlaut nach anwendbaren Straftatbeständen erschöp- fend erfasst wird (BGH, Urteile vom 5. September 1974 – 4 StR 354/74, BGHSt 25, 373 Rn. 8 und vom 10. Mai 1983 – 1 StR 98/83, BGHSt 31, 380 Rn. 10; Beschluss vom 1. Februar 2007 – 5 StR 467/06, BGHR StGB § 264 Abs. 1 Konkurrenzen 3 Rn. 9). Maßgebend für die Beurteilung sind die Rechtsgüter, gegen die sich der Angriff des Täters richtet und die Tatbestände, die das Gesetz zu ihrem Schutz aufstellt (BGH, Urteil vom 5. September 1974 – 4 StR 354/74, BGHSt 25, 373 Rn. 8). Die Verletzung des durch den einen Straftatbestand geschützten Rechtsguts muss eine – wenn nicht notwendige, so doch regelmäßige – Erscheinungsform des anderen Tatbestandes sein (BGH, Beschluss vom 20. Oktober 1992 – GSSt 1/92, BGHSt 39, 100 Rn. 31). Während der Tatbestand des Bankrotts nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB die vollständige Erfassung des pfändbaren Schuldnervermögens im Interesse der Gläubiger schützt (BGH, Beschluss vom 21. März 2017 – 1 StR 602/16, wistra 2017, 355 Rn. 21 mwN; MüKoStGB/Radtke/Petermann, 2. Aufl., Rn. 11 vor §§ 283 ff. und 283 Rn. 3; Fischer, StGB, 64. Aufl., Rn. 3 vor § 283; Heine/Schuster in Schönke /Schröder, StGB, 29. Aufl., § 283 Rn. 1), bezweckt § 263 StGB ausschließlich den Vermögensschutz der einzelnen Vermögensinhaber (BGH, Beschluss vom 1. September 1994 – 1 StR 468/94, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 43 Rn. 5; zur Untreue: Urteil vom 4. April 1979 – 3 StR 488/78, BGHSt 28, 371 Rn. 19; Tiedemann in LK-StGB, 12. Aufl., Vorbemerkungen vor § 263 Rn. 18).
18
bb) Allerdings werden vom Landgericht keine ausreichenden Feststellungen zum Tatbestand des Betrugs getroffen.
19
Der Betrug setzt voraus, dass der Täter durch Täuschung einen Irrtum erregt und der Getäuschte irrtumsbedingt eine Vermögensverfügung vornimmt (BGH, Beschluss vom 30. Juni 2015 – 3 StR 9/15, wistra 2015, 392 Rn. 4). Im vorliegenden Verfahren liegt ein Prozessbetrug als Unterfall des Dreiecksbetru- ges nahe. In diesen Fällen trifft ein Organ der Rechtspflege irrtumsbedingt eine Entscheidung, die unmittelbar die Vermögenslage der materiell Berechtigten verändert (Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, 5. Aufl., § 263 Rn. 340).
20
Zwar ist aus den Urteilsgründen noch hinreichend zu entnehmen, dass das Landgericht in der Abgabe des Anhörungsbogens vom 11. März 2013 und dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom 2. Juli 2013 gegenüber dem Insolvenzgericht die Täuschungshandlungen des Angeklagten K. sieht. Die Betrugshandlung kann im Prozessverkehr jeder Art begangen werden (Lackner-LK, StGB, 10. Aufl., § 263 Rn. 304), also auch im Eröffnungsverfahren nach § 11 ff. Inso, da der Insolvenzschuldner gegenüber dem Insolvenzgericht zu wahrheitsgemäßen Auskünften und Angaben verpflichtet ist (§ 13 Abs. 1 Satz 7 InsO, § 4 InsO i.V.m. § 138 ZPO). Hiergegen hat der Angeklagte K. ausweislich der Feststellungen bewusst verstoßen. Das Urteil des Landgerichts lässt jedoch sodann weitere zur Tatbestandsverwirklichung notwendige Feststellungen zur Person des Getäuschten, zum Irrtum, zur vermögensmindernden Verfügung und zum Vermögensschaden vermissen.
21
b) Auch der Schuldspruch wegen Steuerhinterziehung in Bezug auf Tat 5 der Anklage vom 10. Juni 2015 (Umsatzsteuer Januar 2013) hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
22
Der Generalbundesanwalt weist insoweit zutreffend darauf hin, dass die getroffenen Feststellungen bisher keine Verurteilung wegen einer vollendeten Steuerhinterziehung rechtfertigen. Die Umsatzsteuervoranmeldung für Januar 2013 weist einen Erstattungsbetrag aus. Bei Steueranmeldungen (§ 150 Abs. 1 Satz 3 AO) – wie hier den Umsatzsteuervoranmeldungen (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG) – tritt der Taterfolg der Steuerverkürzung erst dann ein, wenn sie unter den Voraussetzungen des § 168 AO einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehen. Bei einer auf Steuervergütung gerichteten Umsatzsteuervoranmeldung ist dies erst dann der Fall, wenn das Finanzamt nach § 168 Satz 2 AO der Anmeldung zustimmt (BGH, Beschluss vom 6. April 2016 – 1StR 431/15, NStZ-RR 2016,172 Rn. 11). Das Landgericht hat keine Feststellung zu einer etwaigen Zustimmung durch die Finanzbehörde getroffen, so dass der Schuldspruch insoweit aufzuheben war.
23
3. Im Strafausspruch erweist sich das Urteil im Hinblick auf die gebildeten Einzelstrafen wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 48 Fällen (Taten 2 bis 49 der Anklage vom 4. Mai 2015) und in 33 Fällen wegen (Lohn-) Steuerhinterziehung (Taten 21 bis 53 der Anklage vom 10. Juni 2015) als rechtsfehlerhaft. Dies führt auch zur Aufhebung der beiden gebildeten Gesamtfreiheitsstrafen.
24
a) Der Strafausspruch hinsichtlich der Taten 2 bis 49 der Anklage vom 4. Mai 2015 hält rechtlicher Überprüfung nicht stand, da insoweit der Schuldumfang nicht rechtsfehlerfrei bestimmt wurde. Die mitgeteilten Berechnungsgrundlagen des Landgerichts versetzen das Revisionsgericht nicht in die Lage, die Berechnung des sozialversicherungspflichtigen Entgelts nachzuvollziehen.
25
aa) Dem Tatgericht obliegt es nach ständiger Rechtsprechung, die geschuldeten Beiträge – für die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte gesondert – nach Anzahl, Beschäftigungszeiten, Löhnen der Arbeitnehmer und der Höhe des Beitragssatzes der örtlich zuständigen Krankenkasse festzustellen, um eine revisionsgerichtliche Nachprüfung zu ermöglichen (BGH, Beschlüsse vom 4. März 1993 – 1 StR 16/93, StV 1993, 364 und vom 22. März 1994 – 1 StR 31/94, wistra 1994, 193; Urteil vom 20. März 1996 – 2 StR 4/96, NStZ 1996, 543; MüKoStGB/Radtke, 2. Aufl., § 266a Rn. 61). Die geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge werden auf der Grundlage des Arbeitsentgelts nach den Bei- tragssätzen der jeweiligen Krankenkassen sowie den gesetzlich geregelten Beitragssätzen der Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung berechnet (BGH, Urteil vom 11. August 2010 – 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376). Falls solche Feststellungen im Einzelfall nicht möglich sind, kann die Höhe der vorenthaltenen Beiträge auf Grundlage der tatsächlichen Umstände geschätzt werden (BGH, Beschluss vom 10. November 2009 – 1 StR 283/09, NStZ 2010, 635; MüKoStGB/Radtke, 2. Aufl., § 266a Rn. 61). Die Grundsätze, die in der Rechtsprechung bei Taten nach § 370 AO für die Darlegung der Berechnungsgrundlagen der verkürzten Steuern entwickelt wurden, gelten insoweit entsprechend (BGH, Beschlüsse vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16, NStZ 2017, 352 Rn. 6 und vom 4. März 1993 – 1 StR 16/93, StV 1993, 364; Urteil vom 11. August 2010 – 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376).
26
bb) Nach diesen Grundsätzen hat die Strafkammer zwar rechtsfehlerfrei die Höhe des Nettolohns der Fahrer und Funker des Taxiunternehmens auf der Basis eines geschätzten Umsatzes pro gefahrenen Kilometer bestimmt.
27
Allerdings ist die Hochrechnung des so ermittelten Nettolohns auf den Bruttolohn für das Revisionsgericht nicht nachvollziehbar (vgl. Tabellen UA S. 107 ff.). Beispielsweise ermittelt die Strafkammer für den Monat Mai 2010 im Weg der Schätzung zwar rechtsfehlerfrei einen Nettolohn für die Fahrer des Taxiunternehmens in Höhe von 10.698,83 Euro. Weiter wird aber für diesen Monat unter Zugrundelegung dieses Nettolohns von einer Lohnsteuer in Höhe von 15.013,33 Euro, Solidaritätszuschlag in Höhe von 825,73 Euro sowie Kirchensteuer in Höhe von 1.351,19 Euro ausgegangen, was in der Summe einen Bruttolohn von 27.889,08 Euro (brutto) ergibt. Die Strafkammer setzt jedoch für die weitere Berechnung einen Bruttolohn in Höhe von 35.069,57 Euro an. Es sind weder der von der Strafkammer angenommene Bruttolohn noch der Umstand , dass die Lohnsteuer den geschätzten Nettolohn um 50 % übersteigt, nachvollziehbar. Dieser Darlegungsmangel setzt sich für die Löhne der Fahrer – sowiein gleicher Weise auch für die Funker – im Hinblick auf den gesamten Tatzeitraum fort. Das Urteil war daher im Strafausspruch hinsichtlich der für den Angeklagten K. für die Taten 2 bis 49 der Anklage vom 4. Mai 2015 gebildeten Einzelstrafen mit den Feststellungen aufzuheben, um dem neuen Tatgericht widerspruchsfreie eigene Feststellungen zu ermöglichen.
28
cc) Der Schuldspruch bleibt insoweit bestehen, da der Senat ausschließen kann, dass sich die fehlerhafte Berechnung der nicht abgeführten Sozialversicherungsbeiträge auf die Verwirklichung des Tatbestandes auswirkt (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2016 – 1 StR 505/16, StraFo 2017, 254 Rn. 10; BGH, Urteil vom 22. Mai 2012 – 1 StR 103/12, NZWiSt 2012, 299 Rn. 28).
29
b) Der Senat kann allerdings nicht ausschließen, dass sich bei erneuter Berechnung der für das Taxiunternehmen anzumeldenden Lohnsteuer für den Zeitraum von Januar 2013 bis April 2014 abweichende Beträge ergeben. Insoweit war daher auch der Strafausspruch in Bezug auf die Einzelstrafen der Taten 21 bis 53 der Anklage vom 30. Juni 2015 betreffend den Angeklagten K. ebenfalls mit den Feststellungen aufzuheben.

III.

30
Revision der Angeklagten B.
31
1. Die erhobenen Verfahrensrügen greifen aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 1. Februar 2017 nicht durch.
32
2. Die auf die Sachrüge veranlasste materiell-rechtliche Prüfung des Urteils hat zum Schuldspruch wegen Beihilfe zum Bankrott und zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Die Verurteilung auch wegen Beihilfe zum Betrug hält indes der revisionsgerichtlichen Prüfung nicht stand, weil das Urteil – wie oben unter II. 2. bereits näher ausgeführt – keine ausreichenden Feststellungen zur zugehörigen Haupttat des Angeklagten K. getroffen hat.
33
3. Der aufgezeigte Mangel zwingt zur Aufhebung auch der für sich gesehen rechtlich nicht zu beanstandenden Verurteilung wegen Beihilfe zum Bankrott in zwei Fällen und zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 16 Fällen. Wegen der tateinheitlichen Verurteilung auf Grund einer einheitlichen Beihilfehandlung kann ein isolierter Schuldspruch insoweit nicht in Rechtskraft erwachsen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. September 2016 – 1 StR 245/16).
34
Die getroffenen Feststellungen werden mitaufgenommen (§ 353 Abs. 2 StPO), um dem neuen Tatrichter insgesamt widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen.

IV.

35
Für die neue tatgerichtliche Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
36
1. Sollte das neue Tatgericht zu dem Ergebnis kommen, dass die Entscheidungen des Insolvenzgerichts – nämlich die Abweisung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse (Tat 1) bzw. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Tat 50) – die Vermögensverfügung darstellen, wird es bei seiner Entscheidung zu bedenken haben, dass nach der Abweisung der Insolvenzeröffnung mangels Masse die Einzelzwangsvollstreckung der Insolvenzschuldner weiterhin möglich ist (Schilken in Jaeger, Insolvenzordnung, § 26 Rn. 6) und jedenfalls hinsichtlich Tat 1 die Schadensermittlung nach den Grundsätzen der Vermögensgefährdung zu erfolgen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2016 – 2 StR 497/15, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 91; vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 – 2 BvR 2500/09, BVerfGE 130, 1 - 51, Rn. 174; Tiedemann-LK, StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 234; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 263 Rn. 159 mwN). Zudem wird es in den Blick zu nehmen haben, ob die Tat sich noch im Stadium des versuchten Betrugs befand (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 1971 – 2 StR 238/71, BGHSt 24, 257; Tiedemann -LK, StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 236).
37
2. Bei der gemäß § 283 Abs. 1 und 2 StGB für die täterschaftliche Begehung erforderlichen Pflichtenstellung als Schuldner handelt es sich um ein besonderes persönliches Merkmal gemäß § 28 Abs. 1 StGB (BGH, Beschlüsse vom 22. Januar 2013 – 1 StR 234/12, BGHSt 58, 115-118 und vom 22. Januar 2013 – 1 StR 233/12; MüKoStGB/Radtke/Petermann, 2. Aufl., § 283 Rn. 80). Das neue Tatgericht wird daher, sofern es erneut zu einer Verurteilung der Angeklagten B. wegen Beihilfe zum Bankrott gelangt, die in § 28 Abs. 1 StGB vorgesehene Strafrahmenverschiebung in den Blick zu nehmen haben.
38
3. Eine neue nachträgliche Gesamtstrafenbildung mit den Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Stade vom 26. Juli 2011 (31 Ls ) in Verbindung mit dem Urteil des Landgerichts Stade vom 6. Dezember 2012 (10 Ns ), welches seit dem 14. Dezember 2012 rechtskräftig ist, kommt nur dann in Betracht, wenn die zugrundeliegenden Taten vor der früheren Verurteilung begangen worden sind. Für die Frage, ob dies der Fall ist, kommt es auf die Beendigung der Tat an (BGH, Beschluss vom 18. August 2015 – 1 StR 305/15, NStZ-RR 2015, 305; LK-Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., § 55 Rn. 9). Das Vergehen des Vorenthaltens von Arbeitnehmeranteilen der Beiträge zur Sozialversicherung ist aber erst beendet, wenn die Beitragspflicht erloschen ist, sei es durch Beitragsentrichtung, sei es durch Wegfall des Beitragsschuldners. Feststellungen hierzu fehlen bisher (BGH, Beschlüsse vom 27. September 1991 – 2 StR 315/91, wistra 1992, 23 und vom 28. Oktober 2008 – 5 StR 166/08, BGHSt 53, 24 Rn. 41). Raum Jäger Cirener Bär Hohoff

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Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Aug. 2017 - 1 StR 625/16 zitiert oder wird zitiert von 19 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Aug. 2017 - 1 StR 625/16 zitiert 13 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Feb. 2007 - 5 StR 467/06

bei uns veröffentlicht am 01.02.2007

5 StR 467/06 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 1. Februar 2007 in der Strafsache gegen wegen Subventionsbetrugs u. a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Februar 2007 beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten B. wird das

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Nov. 2009 - 1 StR 283/09

bei uns veröffentlicht am 10.11.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 283/09 vom 10. November 2009 in der Strafsache gegen wegen Steuerhinterziehung u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. November 2009 beschlossen : 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urt

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Jan. 2013 - 1 StR 234/12

bei uns veröffentlicht am 22.01.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 234/12 vom 22. Januar 2013 BGHSt: ja BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja _____________________________ StGB § 283, § 28 Abs. 1 1. Zum Umgang mit effektiv versteckten Vermögenswerten bei der Be

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Jan. 2013 - 1 StR 233/12

bei uns veröffentlicht am 22.01.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 233/12 vom 22. Januar 2013 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen Beihilfe zum Bankrott Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Januar 2013 beschlossen : Auf die Revisionen der Angeklagten B. , K. u

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Mai 2012 - 1 StR 103/12

bei uns veröffentlicht am 22.05.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 103/12 vom 22. Mai 2012 BGHSt: nein BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja ___________________________ AO § 370 Abs. 1 und 3, § 373 Abs. 1; StGB § 46 1. Auch bei einer gewerbsmä

Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Okt. 2008 - 5 StR 166/08

bei uns veröffentlicht am 28.10.2008

Nachschlagewerk: ja BGHSt : ja Veröffentlichung : ja GmbHG § 84 Abs. 1 Nr. 2 Die Insolvenzantragspflicht des Schuldners entfällt nicht schon, wenn ein Gläubiger Insolvenzantrag gestellt hat, sondern erst mit der Entscheidung des Insolvenzgeric

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Aug. 2010 - 1 StR 199/10

bei uns veröffentlicht am 11.08.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil 1 StR 199/10 vom 11. August 2010 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen zu 1.: Steuerhinterziehung u.a. zu 2.: Betruges u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlungen

Bundesgerichtshof Beschluss, 21. März 2017 - 1 StR 602/16

bei uns veröffentlicht am 21.03.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 602/16 vom 21. März 2017 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. 4. wegen versuchter Steuerhinterziehung u.a. hier: Revisionen der Angeklagten N. , G. und H. ECLI:DE:BGH:2017:210317B1STR602.16.0 Der 1. Strafsena

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Dez. 2016 - 1 StR 505/16

bei uns veröffentlicht am 20.12.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 505/16 vom 20. Dezember 2016 in der Strafsache gegen wegen Steuerhinterziehung ECLI:DE:BGH:2016:201216B1STR505.16.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Gener

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Sept. 2016 - 1 StR 245/16

bei uns veröffentlicht am 22.09.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 245/16 vom 22. September 2016 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Steuerhinterziehung u.a. ECLI:DE:BGH:2016:220916B1STR245.16.1 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Sept. 2016 - 2 StR 497/15

bei uns veröffentlicht am 20.09.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 497/15 vom 20. September 2016 in der Strafsache gegen wegen Betrugs ECLI:DE:BGH:2016:200916B2STR497.15.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Be

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Apr. 2016 - 1 StR 1/16

bei uns veröffentlicht am 20.04.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 1/16 vom 20. April 2016 in dem selbständigen Verfallsverfahren gegen wegen Verfalls ECLI:DE:BGH:2016:200416B1STR1.16.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. April 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4

Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Juni 2015 - 3 StR 9/15

bei uns veröffentlicht am 30.06.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 S t R 9 / 1 5 vom 30. Juni 2015 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Betrugs u.a. hier: Revision des Angeklagten V. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung d
6 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Aug. 2017 - 1 StR 625/16.

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Juli 2017 - 1 StR 412/16

bei uns veröffentlicht am 31.05.2022

Der Angeklagte hat vorliegend zusammen mit einem Mittäter eine Schadsoftware entwickelt, mithilfe derer er die Rechnersysteme von Usern ausspähte und fremde Hardware zweckentfremdete, um Bitcoin-Mining im sehr großen Stil zu betreiben
Strafprozessrecht

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Sept. 2019 - 1 StR 346/18

bei uns veröffentlicht am 24.09.2019

BGHSt: ja BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja StGB §§ 266a, 16 1. Vorsätzliches Handeln ist bei pflichtwidrig unterlassenem Abführen von Sozialversicherungsbeiträgen (§ 266a Abs. 1 und 2 StGB) nur dann anzunehmen , wenn der Tä

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Sept. 2018 - 1 StR 512/17

bei uns veröffentlicht am 20.09.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 512/17 vom 20. September 2018 in der Strafsache gegen wegen Steuerhinterziehung u.a. ECLI:DE:BGH:2018:200918B1STR512.17.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nac

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Jan. 2018 - 1 StR 264/17

bei uns veröffentlicht am 25.01.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 264/17 vom 25. Januar 2018 in der Strafsache gegen wegen Steuerhinterziehung u.a. ECLI:DE:BGH:2018:250118B1STR264.17.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach A

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

5 StR 467/06

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 1. Februar 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Subventionsbetrugs u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Februar 2007

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten B. wird das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 10. Juli 2006 gemäß § 349 Abs. 4 StPO
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte B. des Subventionsbetrugs in fünf Fällen, jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung schuldig ist;
b) auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 354 Abs. 1a Satz 2, Abs. 1b StPO im Gesamtstrafausspruch dahin geändert, dass der Angeklagte B. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt wird;
c) die zu den Ziffern 2, 4, 6, 8 und 10 der Anklage verhängten Einzelstrafen entfallen.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten B. und die Revision des Angeklagten K. werden gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Jeder Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels. Jedoch wird die Gebühr, soweit es die Revision des Angeklagten B. betrifft, um ein Viertel ermäßigt. Jeweils ein Viertel der in diesem Revisionsverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen und notwendigen Auslagen des Angeklagten B. trägt die Staatskasse.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen „vorsätzlichen Subventionsbetrugs im besonders schweren Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung in jeweils 10 Fällen“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten K. und den früheren Mitangeklagten D. , der keine Revision eingelegt hat, hat es jeweils wegen leichtfertig begangenen Subventionsbetrugs in zwei Fällen eine zur Bewährung ausgesetzte Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verhängt. Die Revision des Angeklagten B. hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Seine weitergehende Revision und die Revision des Angeklagten K. insgesamt sind aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Nach den Feststellungen des Landgerichts erlangte der Angeklagte B. unberechtigt Subventionen, wobei er gefälschte Belege für angeblich getätigte Investitionen vorlegte.
3
Im Zeitraum von November 2001 bis April 2004 stellte der Angeklagte B. , um Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln zu erlangen, bei der Bezirksregierung Braunschweig bzw. der Bank in Hannover für fünf verschiedene Firmen jeweils einen sogenannten Finanzierungshilfeantrag, in dem die anzuschaffenden Wirtschaftsgüter nach Art, Anzahl und Preis detailliert aufgeführt waren. Tatsächlich wollte der Angeklagte B. entgegen seinen Angaben in den Finanzierungshilfeanträgen jedoch keine neuen Wirtschaftsgüter anschaffen, sondern mit den Zuschüssen Finanzierungslücken in den Firmen schließen. Nach Prüfung der Förderungsfähigkeit der angemeldeten Investitionen wurden fünf Bewilligungsbescheide erlassen, in denen Zuschüsse bis zu einer bestimmten Höhe bewilligt wurden. In der Folgezeit reichte der Angeklagte B. , um die Finanzierungsmittel abzurufen, sogenannte Mittelanforderungsanträge ein. Diesen Anträgen fügte er, um die angeblich getätigten Investitionen zu belegen, gefälschte Steuerberatertestate bzw. gefälschte Eingangsrechnungen bei. Auf diese Weise erlangte der Angeklagte aufgrund von insgesamt zehn Mittelanforderungsanträgen (jeweils zwei pro Firma) fast 1,28 Mio. Euro an Zuschüssen.
4
Das Landgericht hat auf die Mittelanforderungsanträge abgestellt und dementsprechend zehn Fälle des Subventionsbetrugs ausgeurteilt, für die es Einzelfreiheitsstrafen von einmal neun Monaten, siebenmal einem Jahr und zweimal einem Jahr neun Monaten verhängt hat.

II.


5
1. Auf die Sachrüge des Angeklagten B. war der Schuldspruch auf fünf Fälle des Subventionsbetrugs, jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung abzuändern. Die Annahme von zehn zueinander in Tatmehrheit stehenden Einzeltaten durch das Landgericht ist rechtsfehlerhaft. Der jeweilige Finanzierungshilfeantrag und die dazugehörigen beiden Mittelanforderungsanträge sind eine Tat (§ 52 Abs. 1 StGB) des Subventionsbetrugs (§ 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB).
6
a) Ein Anwendungsfall der Bewertungseinheit (sogenannte rechtliche Handlungseinheit) ist auch dann gegeben, wenn mehrere Handlungen im natürlichen Sinn eine sukzessive (fortlaufende) Tatausführung zur Erreichung eines einheitlichen Erfolges darstellen (vgl. dazu Rissing-van Saan in LK 12. Aufl. Vor § 52 Rdn. 36; Stree/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. Vorbem. §§ 52 ff. Rdn. 10 ff.; 18). So liegt es hier. Der Bewilligungsbescheid ist im zweistufigen Subventionsvergabeverfahren die notwendige Zwischenstufe, um die Auszahlung der Geldmittel (regelmäßig das eigentlich vom Antragsteller erstrebte Tatziel) zu erreichen. Auch die einzelnen Handlungsakte, d. h. der auf den Bewilligungsbescheid gerichtete Antrag und derjenige auf Abrufen der Geldmittel, gehören inhaltlich zusammen. Insoweit ist die Rechtslage dem Verhältnis zwischen Eingehungs- und Erfüllungsbetrug vergleichbar, bei dem in bestimmten Konstellationen ebenfalls von einer einheitlichen Tat auszugehen ist (vgl. dazu BGH NStZ 1997, 542, 543 m.w.N.; vgl. auch BGH wistra 2007, 21, 22).
7
b) Dass der Subventionsbetrug ein verselbstständigtes Tätigkeitsdelikt im Vorfeld des Betrugs ist, der unter anderem in der Vorschrift des § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB keinen tatbestandlichen Erfolg voraussetzt (vgl. dazu auch BGHSt 34, 265, 267 f.), steht der Annahme einer Bewertungseinheit nicht entgegen. Denn mit dem Eingang des Finanzierungshilfeantrags bei der Subventionsstelle ist der Subventionsbetrug zwar vollendet, aber noch nicht beendet (Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. § 264 Rdn. 38; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder aaO § 264 Rdn. 66; Wohlers in MünchKomm-StGB 2003 § 264 Rdn. 116, 117). Dies bedeutet, dass mit dem Eingang des Mittelanforderungsantrags in der Phase zwischen Vollendung und Beendigung der Angriff auf das öffentliche Vermögen als das von § 264 StGB geschützte Rechtsgut lediglich fortgesetzt wird.
8
Soweit das Oberlandesgericht München (wistra 2006, 275, 276) für die Frage des Beginns der Verjährungsfrist (§ 78a Satz 1 StGB) eine hiervon abweichende Auffassung vertreten hat, ist dem nicht zu folgen. Dass der Subventionsbetrugstatbestand keinen Vermögensschaden voraussetzt, bedeutet nicht zwangsläufig den Abschluss des Subventionsbetrugs mit Eingang der ersten unrichtigen oder unvollständigen Angaben in tatsächlicher Hinsicht. Der Antragsteller hat vor den Auszahlungen auf der Grundlage des ungerechtfertigten Subventionsbescheids sein Vorhaben, Subventionen zu erschleichen, nicht erfolgreich abgeschlossen (vgl. auch § 78a Satz 2 StGB).
9
Schließlich findet die hiesige Auffassung eine Bestätigung durch die Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses des Subventionsbetrugs zum Betrug. Der Tatbestand des § 264 StGB verdrängt auch dann den des § 263 StGB, wenn die ungerechtfertige Subvention tatsächlich gewährt wird und damit das Vermögen der öffentlichen Hand geschädigt ist (BGHSt 44, 233, 243; BGHSt 32, 203, 206 f.). Sollten die Voraussetzungen des Subventionsbetrugs im Einzelfall aber nicht vorliegen, kommt § 263 StGB wieder zur Anwendung (BGHSt 44, 233, 243). Dann kann das Vorliegen von Bewertungseinheit bei mehreren Anträgen in einem einheitlichen Subventionsvergabeverfahren aber nicht anders beurteilt werden als bei dem verdrängten Betrug.
10
2. Die Änderung des Schuldspruchs führt zum Wegfall von fünf Einzelstrafen. Indes können die innerhalb eines Subventionsvergabeverfahrens, hier also in Bezug auf die einzelnen Firmen, verhängten jeweils höheren Einzelstrafen bestehen bleiben (§ 354 Abs. 1 StPO).
11
3. Die nunmehr aus den verbliebenen Einzelfreiheitsstrafen von dreimal einem Jahr und zweimal einem Jahr und neun Monaten zu bildende Gesamtfreiheitsstrafe setzt der Senat, dem Antrag des Generalbundesanwalts folgend, auf zwei Jahre und sechs Monate herab. Mehr als eine solche geringfügige Sanktionsreduzierung ist bei unverändertem Gesamtschuldgehalt nicht gerechtfertigt.

III.


12
Der Senat sieht von einer Schuldspruchänderung beim Nichtrevidenten D. ab, dem zwar auch nur eine Subvention, aber mit dem etwas anders gelagerten Vorwurf nur leichtfertiger Begehungsweise angelastet wird.
Eine andere als die verhängte Gesamtstrafe käme bei ihm angesichts des unverändert gebliebenen Schuld- und Unrechtsgehalts der Tat und der Höhe der verhängten beiden Einzelstrafen als Strafe nicht in Betracht.
Basdorf Häger Gerhardt Schaal Jäger

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
einer für die Bewilligung einer Subvention zuständigen Behörde oder einer anderen in das Subventionsverfahren eingeschalteten Stelle oder Person (Subventionsgeber) über subventionserhebliche Tatsachen für sich oder einen anderen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, die für ihn oder den anderen vorteilhaft sind,
2.
einen Gegenstand oder eine Geldleistung, deren Verwendung durch Rechtsvorschriften oder durch den Subventionsgeber im Hinblick auf eine Subvention beschränkt ist, entgegen der Verwendungsbeschränkung verwendet,
3.
den Subventionsgeber entgegen den Rechtsvorschriften über die Subventionsvergabe über subventionserhebliche Tatsachen in Unkenntnis läßt oder
4.
in einem Subventionsverfahren eine durch unrichtige oder unvollständige Angaben erlangte Bescheinigung über eine Subventionsberechtigung oder über subventionserhebliche Tatsachen gebraucht.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz oder unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege für sich oder einen anderen eine nicht gerechtfertigte Subvention großen Ausmaßes erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung mißbraucht.

(3) § 263 Abs. 5 gilt entsprechend.

(4) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 ist der Versuch strafbar.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 bis 3 leichtfertig handelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Nach den Absätzen 1 und 5 wird nicht bestraft, wer freiwillig verhindert, daß auf Grund der Tat die Subvention gewährt wird. Wird die Subvention ohne Zutun des Täters nicht gewährt, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Gewähren der Subvention zu verhindern.

(7) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr wegen einer Straftat nach den Absätzen 1 bis 3 kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2). Gegenstände, auf die sich die Tat bezieht, können eingezogen werden; § 74a ist anzuwenden.

(8) Subvention im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
eine Leistung aus öffentlichen Mitteln nach Bundes- oder Landesrecht an Betriebe oder Unternehmen, die wenigstens zum Teil
a)
ohne marktmäßige Gegenleistung gewährt wird und
b)
der Förderung der Wirtschaft dienen soll;
2.
eine Leistung aus öffentlichen Mitteln nach dem Recht der Europäischen Union, die wenigstens zum Teil ohne marktmäßige Gegenleistung gewährt wird.
Betrieb oder Unternehmen im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 ist auch das öffentliche Unternehmen.

(9) Subventionserheblich im Sinne des Absatzes 1 sind Tatsachen,

1.
die durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes von dem Subventionsgeber als subventionserheblich bezeichnet sind oder
2.
von denen die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen einer Subvention oder eines Subventionsvorteils gesetzlich oder nach dem Subventionsvertrag abhängig ist.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

1.
Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
2.
in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
3.
Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt,
4.
Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt,
5.
Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
6.
Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
7.
entgegen dem Handelsrecht
a)
Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b)
es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder
8.
in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.

(2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit wenigstens fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit wenigstens leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

21
Das Verschweigen dieser jeweiligen Vermögensbestandteile im Rahmen der eidesstattlichen Versicherung im Sinne des § 156 StGB und deren späteres nochmaliges Verheimlichen bei der Vorlage des Vermögensverzeichnisses beim Insolvenzantrag im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB beziehen sich auf dasselbe geschützte Rechtsgut, nämlich an der vollständigen Erfassung des pfändbaren Schuldnervermögens im Interesse der Gläubiger. Die Abgabe der falschen eidesstattlichen Versicherungen dienen der Verschleierung der wahren Vermögenslage und dem Verheimlichen von Vermögensbestandteilen. Insoweit stehen daher diese Gesetzesverletzungen in Tateinheit – und nicht, wie das Landgericht meint, in Tatmehrheit – zueinander (BGH, Beschluss vom 20. August 1982 – 3 StR 282/82; Urteil vom 20. Dezember 1957 – 1 StR 492/57, BGHSt 11, 145; Urteil vom 7. Juni 1983 – 4 StR 140/83, EzSt StGB § 283 Nr. 1).

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

4
Der Tatbestand des Betrugs setzt voraus, dass der Täter durch Täuschung einen Irrtum erregt und der Getäuschte irrtumsbedingt eine Vermögensverfügung vornimmt. Dass diese Voraussetzung erfüllt war, als die P. GmbH die ihr in Rechnung gestellten Lieferungen der Fleischmasse bezahlte, ergibt sich aus den Feststellungen des Landgerichts nicht. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt: "Den Urteilsfeststellungen lassen sich - wie die Revision zu Recht rügt - keine Feststellungen dazu entnehmen, wer auf welcher Grundlage und mit welchen Vorstellungen über das Vermögen der P. GmbH verfügt hat (vgl. zur Notwendigkeit entsprechender Feststellungen bei arbeitsteilig tätigen Unternehmen Senat, Beschluss vom 13. Januar 2010 - 3 StR 500/09, NStZ-RR 2010, 146). Die Feststellung, dem Zeugen R. sei 'die Zusammensetzung der Fleischmasse und damit der Umstand, dass diese als Lebensmittel nicht verkehrsfähig sowie falsch gekennzeichnet war, nicht bekannt' gewesen (UA S. 21), besagt nicht, dass der Zeuge die Vermögensverfügungen selbst getroffen oder veranlasst hat. Feststellungen zu Person und Vorstellungsinhalt des Verfügenden waren hier umso mehr erforderlich, als sich die Beurteilung der Irrtumsfrage insbesondere dann als problematisch erweisen kann, wenn Vorgesetzte oder Organe einer juristischen Person bessere Erkenntnisse als der irrende Verfügende gehabt und unter Verstoß gegen ihre Pflichten eine entsprechende Information oder Weisung zur Verhinderung der Verfügung unterlassen haben (vgl. Senat, Urteil vom 5. Dezember 2002 - 3 StR 161/02 Rn. 9, NStZ 2003, 313 ff.). Eine derartige Konstellation war hier im Hinblick auf die Stellung des Angeklagten als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der P. GmbH gegeben."

(1) Das Insolvenzverfahren wird nur auf schriftlichen Antrag eröffnet. Antragsberechtigt sind die Gläubiger und der Schuldner. Dem Antrag des Schuldners ist ein Verzeichnis der Gläubiger und ihrer Forderungen beizufügen. Wenn der Schuldner einen Geschäftsbetrieb hat, der nicht eingestellt ist, sollen in dem Verzeichnis besonders kenntlich gemacht werden

1.
die höchsten Forderungen,
2.
die höchsten gesicherten Forderungen,
3.
die Forderungen der Finanzverwaltung,
4.
die Forderungen der Sozialversicherungsträger sowie
5.
die Forderungen aus betrieblicher Altersversorgung.
Der Schuldner hat in diesem Fall auch Angaben zur Bilanzsumme, zu den Umsatzerlösen und zur durchschnittlichen Zahl der Arbeitnehmer des vorangegangenen Geschäftsjahres zu machen. Die Angaben nach Satz 4 sind verpflichtend, wenn
1.
der Schuldner Eigenverwaltung beantragt,
2.
der Schuldner die Merkmale des § 22a Absatz 1 erfüllt oder
3.
die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses beantragt wurde.
Dem Verzeichnis nach Satz 3 und den Angaben nach den Sätzen 4 und 5 ist die Erklärung beizufügen, dass die enthaltenen Angaben richtig und vollständig sind.

(2) Der Antrag kann zurückgenommen werden, bis das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Antrag rechtskräftig abgewiesen ist.

(3) Ist der Eröffnungsantrag unzulässig, so fordert das Insolvenzgericht den Antragsteller unverzüglich auf, den Mangel zu beheben und räumt ihm hierzu eine angemessene Frist ein.

(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates für die Antragstellung durch den Schuldner ein Formular einzuführen. Soweit nach Satz 1 ein Formular eingeführt ist, muss der Schuldner dieses benutzen. Für Verfahren, die von den Gerichten maschinell bearbeitet, und für solche, die nicht maschinell bearbeitet werden, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.

Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Eine Steuererklärung ist nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben, wenn

1.
keine elektronische Steuererklärung vorgeschrieben ist,
2.
nicht freiwillig eine gesetzlich oder amtlich zugelassene elektronische Steuererklärung abgegeben wird,
3.
keine mündliche oder konkludente Steuererklärung zugelassen ist und
4.
eine Aufnahme der Steuererklärung an Amtsstelle nach § 151 nicht in Betracht kommt.
§ 87a Absatz 1 Satz 1 ist nur anzuwenden, soweit eine elektronische Steuererklärung vorgeschrieben oder zugelassen ist. Der Steuerpflichtige hat in der Steuererklärung die Steuer selbst zu berechnen, soweit dies gesetzlich vorgeschrieben ist (Steueranmeldung).

(2) Die Angaben in den Steuererklärungen sind wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu machen.

(3) Ordnen die Steuergesetze an, dass der Steuerpflichtige die Steuererklärung eigenhändig zu unterschreiben hat, so ist die Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigten nur dann zulässig, wenn der Steuerpflichtige infolge seines körperlichen oder geistigen Zustands oder durch längere Abwesenheit an der Unterschrift gehindert ist. Die eigenhändige Unterschrift kann nachträglich verlangt werden, wenn der Hinderungsgrund weggefallen ist.

(4) Den Steuererklärungen müssen die Unterlagen beigefügt werden, die nach den Steuergesetzen vorzulegen sind. Dritte Personen sind verpflichtet, hierfür erforderliche Bescheinigungen auszustellen.

(5) In die Steuererklärungsformulare können auch Fragen aufgenommen werden, die zur Ergänzung der Besteuerungsunterlagen für Zwecke einer Statistik nach dem Gesetz über Steuerstatistiken erforderlich sind. Die Finanzbehörden können ferner von Steuerpflichtigen Auskünfte verlangen, die für die Durchführung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes erforderlich sind. Die Finanzbehörden haben bei der Überprüfung der Angaben dieselben Befugnisse wie bei der Aufklärung der für die Besteuerung erheblichen Verhältnisse.

(6) Zur Erleichterung und Vereinfachung des automatisierten Besteuerungsverfahrens kann das Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass und unter welchen Voraussetzungen Steuererklärungen oder sonstige für das Besteuerungsverfahren erforderliche Daten ganz oder teilweise durch Datenfernübertragung oder auf maschinell verwertbaren Datenträgern übermittelt werden können. In der Rechtsverordnung können von den §§ 72a und 87b bis 87d abweichende Regelungen getroffen werden. Die Rechtsverordnung bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates, soweit die Kraftfahrzeugsteuer, die Luftverkehrsteuer, die Versicherungsteuer und Verbrauchsteuern, mit Ausnahme der Biersteuer, betroffen sind.

(7) Können Steuererklärungen, die nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abgegeben oder nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung übermittelt werden, nach § 155 Absatz 4 Satz 1 zu einer ausschließlich automationsgestützten Steuerfestsetzung führen, ist es dem Steuerpflichtigen zu ermöglichen, Angaben, die nach seiner Auffassung Anlass für eine Bearbeitung durch Amtsträger sind, in einem dafür vorgesehenen Abschnitt oder Datenfeld der Steuererklärung zu machen. Daten, die von mitteilungspflichtigen Stellen nach Maßgabe des § 93c an die Finanzverwaltung übermittelt wurden, gelten als Angaben des Steuerpflichtigen, soweit sie in den Steuererklärungsformularen als eDaten gekennzeichnet sind oder bei nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung übermittelten Steuererklärungen für den Belegabruf bereitgestellt werden und er nicht in einem dafür vorzusehenden Abschnitt oder Datenfeld der Steuererklärung abweichende Angaben macht.

(8) Ordnen die Steuergesetze an, dass die Finanzbehörde auf Antrag zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine Übermittlung der Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung verzichten kann, ist einem solchen Antrag zu entsprechen, wenn eine Erklärungsabgabe nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung für den Steuerpflichtigen wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine Datenfernübertragung des amtlich vorgeschriebenen Datensatzes nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre oder wenn der Steuerpflichtige nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, die Möglichkeiten der Datenfernübertragung zu nutzen.

(1) Der Unternehmer hat vorbehaltlich des § 18i Absatz 3, des § 18j Absatz 4 und des § 18k Absatz 4 bis zum zehnten Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, in der er die Steuer für den Voranmeldungszeitraum (Vorauszahlung) selbst zu berechnen hat. Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung von unbilligen Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall hat der Unternehmer eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben. § 16 Abs. 1 und 2 und § 17 sind entsprechend anzuwenden. Die Vorauszahlung ist am zehnten Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten.

(2) Voranmeldungszeitraum ist das Kalendervierteljahr. Beträgt die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 7 500 Euro, ist der Kalendermonat Voranmeldungszeitraum. Beträgt die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 1 000 Euro, kann das Finanzamt den Unternehmer von der Verpflichtung zur Abgabe der Voranmeldungen und Entrichtung der Vorauszahlungen befreien. Nimmt der Unternehmer seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit auf, ist im laufenden und folgenden Kalenderjahr Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat. Daneben ist im laufenden und folgenden Kalenderjahr in folgenden Fällen Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat:

1.
bei im Handelsregister eingetragenen, noch nicht gewerblich oder beruflich tätig gewesenen juristischen Personen oder Personengesellschaften, die objektiv belegbar die Absicht haben, eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig auszuüben (Vorratsgesellschaften), und zwar ab dem Zeitpunkt des Beginns der tatsächlichen Ausübung dieser Tätigkeit, und
2.
bei der Übernahme von juristischen Personen oder Personengesellschaften, die bereits gewerblich oder beruflich tätig gewesen sind und zum Zeitpunkt der Übernahme ruhen oder nur geringfügig gewerblich oder beruflich tätig sind (Firmenmantel), und zwar ab dem Zeitpunkt der Übernahme.
Für die Besteuerungszeiträume 2021 bis 2026 ist abweichend von Satz 4 in den Fällen, in denen der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des vorangegangenen Kalenderjahres ausgeübt hat, die tatsächliche Steuer in eine Jahressteuer umzurechnen und in den Fällen, in denen der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im laufenden Kalenderjahr aufnimmt, die voraussichtliche Steuer des laufenden Kalenderjahres maßgebend.

(2a) Der Unternehmer kann an Stelle des Kalendervierteljahres den Kalendermonat als Voranmeldungszeitraum wählen, wenn sich für das vorangegangene Kalenderjahr ein Überschuss zu seinen Gunsten von mehr als 7 500 Euro ergibt. In diesem Fall hat der Unternehmer bis zum 10. Februar des laufenden Kalenderjahres eine Voranmeldung für den ersten Kalendermonat abzugeben. Die Ausübung des Wahlrechts bindet den Unternehmer für dieses Kalenderjahr. Absatz 2 Satz 6 gilt entsprechend.

(3) Der Unternehmer hat vorbehaltlich des § 18i Absatz 3, des § 18j Absatz 4 und des § 18k Absatz 4 für das Kalenderjahr oder für den kürzeren Besteuerungszeitraum eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, in der er die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss, der sich zu seinen Gunsten ergibt, nach § 16 Absatz 1 bis 4 und § 17 selbst zu berechnen hat (Steueranmeldung). In den Fällen des § 16 Absatz 3 und 4 ist die Steueranmeldung binnen einem Monat nach Ablauf des kürzeren Besteuerungszeitraums zu übermitteln. Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung von unbilligen Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall hat der Unternehmer eine Steueranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben und eigenhändig zu unterschreiben.

(4) Berechnet der Unternehmer die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss in der Steueranmeldung für das Kalenderjahr abweichend von der Summe der Vorauszahlungen, so ist der Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts einen Monat nach dem Eingang der Steueranmeldung fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Setzt das Finanzamt die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss abweichend von der Steueranmeldung für den Voranmeldungszeitraum oder für das Kalenderjahr oder auf Grund unterbliebener Abgabe der Steueranmeldung fest, so ist der Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts einen Monat nach der Bekanntgabe des Steuerbescheids fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Fälligkeit rückständiger Vorauszahlungen (Absatz 1) bleibt von den Sätzen 1 und 2 unberührt.

(4a) Voranmeldungen (Absätze 1 und 2) und eine Steuererklärung (Absätze 3 und 4) haben auch die Unternehmer und juristischen Personen abzugeben, die ausschließlich Steuer für Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 5, § 13b Absatz 5 oder § 25b Abs. 2 zu entrichten haben, sowie Fahrzeuglieferer (§ 2a). Voranmeldungen sind nur für die Voranmeldungszeiträume abzugeben, in denen die Steuer für diese Umsätze zu erklären ist. Die Anwendung des Absatzes 2a ist ausgeschlossen.

(4b) Für Personen, die keine Unternehmer sind und Steuerbeträge nach § 6a Abs. 4 Satz 2 oder nach § 14c Abs. 2 schulden, gilt Absatz 4a entsprechend.

(4c) Ein nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer, der vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Gemeinschaftsgebiet erbringt, kann abweichend von den Absätzen 1 bis 4 für jeden Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1a Satz 1) eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung bis zum 20. Tag nach Ablauf jedes Besteuerungszeitraums dem Bundeszentralamt für Steuern übermitteln, in der er die Steuer für die vorgenannten Umsätze selbst zu berechnen hat (Steueranmeldung). Die Steuer ist am 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Ausübung des Wahlrechts hat der Unternehmer auf dem amtlich vorgeschriebenen, elektronisch zu übermittelnden Dokument dem Bundeszentralamt für Steuern anzuzeigen, bevor er Umsätze nach § 3a Abs. 5 im Gemeinschaftsgebiet erbringt. Das Wahlrecht kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Besteuerungszeitraums an widerrufen werden. Der Widerruf ist vor Beginn des Besteuerungszeitraums, für den er gelten soll, gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern auf elektronischem Weg zu erklären. Kommt der Unternehmer seinen Verpflichtungen nach den Sätzen 1 bis 3 oder § 22 Abs. 1 wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig nach, schließt ihn das Bundeszentralamt für Steuern von dem Besteuerungsverfahren nach Satz 1 aus. Der Ausschluss gilt ab dem Besteuerungszeitraum, der nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Ausschlusses gegenüber dem Unternehmer beginnt.

(4d) Für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer, die vor dem 1. Juli 2021 im Inland im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 erbringen und diese Umsätze in einem anderen Mitgliedstaat erklären sowie die darauf entfallende Steuer entrichten, gelten insoweit die Absätze 1 bis 4 nicht.

(4e) Ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer (§ 13b Absatz 7 Satz 2), der vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Inland erbringt, kann abweichend von den Absätzen 1 bis 4 für jeden Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1b Satz 1) eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung bis zum 20. Tag nach Ablauf jedes Besteuerungszeitraums übermitteln, in der er die Steuer für die vorgenannten Umsätze selbst zu berechnen hat; dies gilt nur, wenn der Unternehmer im Inland, auf der Insel Helgoland und in einem der in § 1 Absatz 3 bezeichneten Gebiete weder seinen Sitz, seine Geschäftsleitung noch eine Betriebsstätte hat. Die Steuererklärung ist der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union zu übermitteln, in dem der Unternehmer ansässig ist; diese Steuererklärung ist ab dem Zeitpunkt eine Steueranmeldung im Sinne des § 150 Absatz 1 Satz 3 und des § 168 der Abgabenordnung, zu dem die in ihr enthaltenen Daten von der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, an die der Unternehmer die Steuererklärung übermittelt hat, dem Bundeszentralamt für Steuern übermittelt und dort in bearbeitbarer Weise aufgezeichnet wurden. Satz 2 gilt für die Berichtigung einer Steuererklärung entsprechend. Die Steuer ist am 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Ausübung des Wahlrechts nach Satz 1 hat der Unternehmer in dem amtlich vorgeschriebenen, elektronisch zu übermittelnden Dokument der Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, vor Beginn des Besteuerungszeitraums anzuzeigen, ab dessen Beginn er von dem Wahlrecht Gebrauch macht. Das Wahlrecht kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Besteuerungszeitraums an widerrufen werden. Der Widerruf ist vor Beginn des Besteuerungszeitraums, für den er gelten soll, gegenüber der Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, auf elektronischem Weg zu erklären. Kommt der Unternehmer seinen Verpflichtungen nach den Sätzen 1 bis 5 oder § 22 Absatz 1 wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig nach, schließt ihn die zuständige Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, von dem Besteuerungsverfahren nach Satz 1 aus. Der Ausschluss gilt ab dem Besteuerungszeitraum, der nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Ausschlusses gegenüber dem Unternehmer beginnt. Die Steuererklärung nach Satz 1 gilt als fristgemäß übermittelt, wenn sie bis zum 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums (§ 16 Absatz 1b Satz 1) der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union übermittelt worden ist, in dem der Unternehmer ansässig ist, und dort in bearbeitbarer Weise aufgezeichnet wurde. Die Entrichtung der Steuer erfolgt entsprechend Satz 4 fristgemäß, wenn die Zahlung bis zum 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums (§ 16 Absatz 1b Satz 1) bei der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, eingegangen ist. § 240 der Abgabenordnung ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Säumnis frühestens mit Ablauf des 10. Tages nach Ablauf des auf den Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1b Satz 1) folgenden übernächsten Monats eintritt.

(4f) Soweit Organisationseinheiten der Gebietskörperschaften Bund und Länder durch ihr Handeln eine Erklärungspflicht begründen, obliegen der jeweiligen Organisationseinheit für die Umsatzbesteuerung alle steuerlichen Rechte und Pflichten. In den in § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b der Abgabenordnung genannten Verfahren tritt die Organisationseinheit insoweit an die Stelle der Gebietskörperschaft. § 2 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Organisationseinheiten können jeweils für ihren Geschäftsbereich durch Organisationsentscheidungen weitere untergeordnete Organisationseinheiten mit Wirkung für die Zukunft bilden. Einer Organisationseinheit übergeordnete Organisationseinheiten können durch Organisationsentscheidungen mit Wirkung für die Zukunft die in Satz 1 genannten Rechte und Pflichten der untergeordneten Organisationseinheit wahrnehmen oder mehrere Organisationseinheiten zu einer Organisationseinheit zusammenschließen. Die in § 1a Absatz 3 Nummer 2, § 2b Absatz 2 Nummer 1, § 3a Absatz 5 Satz 3, § 3c Absatz 4 Satz 1, § 18 Absatz 2 Satz 2, § 18a Absatz 1 Satz 2, § 19 Absatz 1, § 20 Satz 1 Nummer 1 und § 24 Absatz 1 Satz 1 genannten Betragsgrenzen gelten für Organisationseinheiten stets als überschritten. Wahlrechte, deren Rechtsfolgen das gesamte Unternehmen der Gebietskörperschaft erfassen, können nur einheitlich ausgeübt werden. Die Gebietskörperschaft kann gegenüber dem für sie zuständigen Finanzamt mit Wirkung für die Zukunft erklären, dass die Sätze 1 bis 5 nicht zur Anwendung kommen sollen; ein Widerruf ist nur mit Wirkung für die Zukunft möglich.

(4g) Die oberste Landesfinanzbehörde oder die von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann anordnen, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung örtlich zuständige Finanzbehörde die Besteuerung einer Organisationseinheit des jeweiligen Landes übernimmt. Die oberste Landesfinanzbehörde oder die von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann mit der obersten Finanzbehörde eines anderen Landes oder einer von dieser beauftragten Landesfinanzbehörde vereinbaren, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung zuständige Finanzbehörde die Besteuerung einer Organisationseinheit des Landes der zuständigen Finanzbehörde übernimmt. Die Senatsverwaltung für Finanzen von Berlin oder eine von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann mit der obersten Finanzbehörde eines anderen Landes oder mit einer von dieser beauftragten Landesfinanzbehörde vereinbaren, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung zuständige Finanzbehörde die Besteuerung für eine Organisationseinheit der Gebietskörperschaft Bund übernimmt.

(5) In den Fällen der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) ist abweichend von den Absätzen 1 bis 4 wie folgt zu verfahren:

1.
Der Beförderer hat für jede einzelne Fahrt eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck in zwei Stücken bei der zuständigen Zolldienststelle abzugeben.
2.
Die zuständige Zolldienststelle setzt für das zuständige Finanzamt die Steuer auf beiden Stücken der Steuererklärung fest und gibt ein Stück dem Beförderer zurück, der die Steuer gleichzeitig zu entrichten hat. Der Beförderer hat dieses Stück mit der Steuerquittung während der Fahrt mit sich zu führen.
3.
Der Beförderer hat bei der zuständigen Zolldienststelle, bei der er die Grenze zum Drittlandsgebiet überschreitet, eine weitere Steuererklärung in zwei Stücken abzugeben, wenn sich die Zahl der Personenkilometer (§ 10 Abs. 6 Satz 2), von der bei der Steuerfestsetzung nach Nummer 2 ausgegangen worden ist, geändert hat. Die Zolldienststelle setzt die Steuer neu fest. Gleichzeitig ist ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts zu entrichten oder ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Beförderers zu erstatten. Die Sätze 2 und 3 sind nicht anzuwenden, wenn der Unterschiedsbetrag weniger als 2,50 Euro beträgt. Die Zolldienststelle kann in diesen Fällen auf eine schriftliche Steuererklärung verzichten.

(5a) In den Fällen der Fahrzeugeinzelbesteuerung (§ 16 Absatz 5a) hat der Erwerber, abweichend von den Absätzen 1 bis 4, spätestens bis zum 10. Tag nach Ablauf des Tages, an dem die Steuer entstanden ist, eine Steuererklärung, in der er die zu entrichtende Steuer selbst zu berechnen hat, nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln oder nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben (Steueranmeldung). Bei Verwendung des Vordrucks muss dieser vom Erwerber eigenhändig unterschrieben sein. Gibt der Erwerber die Steueranmeldung nicht ab oder hat er die Steuer nicht richtig berechnet, so kann die Finanzbehörde die Steuer festsetzen. Die Steuer ist am zehnten Tag nach Ablauf des Tages fällig, an dem sie entstanden ist, und ist bis dahin vom Erwerber zu entrichten.

(5b) In den Fällen des § 16 Abs. 5b ist das Besteuerungsverfahren nach den Absätzen 3 und 4 durchzuführen. Die bei der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) entrichtete Steuer ist auf die nach Absatz 3 Satz 1 zu entrichtende Steuer anzurechnen.

(6) Zur Vermeidung von Härten kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Fristen für die Voranmeldungen und Vorauszahlungen um einen Monat verlängern und das Verfahren näher bestimmen. Dabei kann angeordnet werden, dass der Unternehmer eine Sondervorauszahlung auf die Steuer für das Kalenderjahr zu entrichten hat.

(7) Zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, dass und unter welchen Voraussetzungen auf die Erhebung der Steuer für Lieferungen von Gold, Silber und Platin sowie sonstige Leistungen im Geschäft mit diesen Edelmetallen zwischen Unternehmern, die an einer Wertpapierbörse im Inland mit dem Recht zur Teilnahme am Handel zugelassen sind, verzichtet werden kann. Das gilt nicht für Münzen und Medaillen aus diesen Edelmetallen.

(8) (weggefallen)

(9) Zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Vergütung der Vorsteuerbeträge (§ 15) an im Ausland ansässige Unternehmer, abweichend von § 16 und von den Absätzen 1 bis 4, in einem besonderen Verfahren regeln. Dabei kann auch angeordnet werden,

1.
dass die Vergütung nur erfolgt, wenn sie eine bestimmte Mindesthöhe erreicht,
2.
innerhalb welcher Frist der Vergütungsantrag zu stellen ist,
3.
in welchen Fällen der Unternehmer den Antrag eigenhändig zu unterschreiben hat,
4.
wie und in welchem Umfang Vorsteuerbeträge durch Vorlage von Rechnungen und Einfuhrbelegen nachzuweisen sind,
5.
dass der Bescheid über die Vergütung der Vorsteuerbeträge elektronisch erteilt wird,
6.
wie und in welchem Umfang der zu vergütende Betrag zu verzinsen ist.
Von der Vergütung ausgeschlossen sind in Rechnung gestellte Steuerbeträge für Ausfuhrlieferungen, bei denen die Gegenstände vom Abnehmer oder von einem von ihm beauftragten Dritten befördert oder versendet wurden, die nach § 4 Nummer 1 Buchstabe a in Verbindung mit § 6 steuerfrei sind, oder für innergemeinschaftliche Lieferungen, die nach § 4 Nummer 1 Buchstabe b in Verbindung mit § 6a steuerfrei sind oder in Bezug auf § 6a Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 steuerfrei sein können. Sind die durch die Rechtsverordnung nach den Sätzen 1 und 2 geregelten Voraussetzungen des besonderen Verfahrens erfüllt und schuldet der im Ausland ansässige Unternehmer ausschließlich Steuer nach § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder § 13a Absatz 1 Nummer 4, kann die Vergütung der Vorsteuerbeträge nur in dem besonderen Verfahren durchgeführt werden. Einem Unternehmer, der im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist und Umsätze ausführt, die zum Teil den Vorsteuerabzug ausschließen, wird die Vorsteuer höchstens in der Höhe vergütet, in der er in dem Mitgliedstaat, in dem er ansässig ist, bei Anwendung eines Pro-rata-Satzes zum Vorsteuerabzug berechtigt wäre. Einem Unternehmer, der nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist, wird die Vorsteuer nur vergütet, wenn in dem Land, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat, keine Umsatzsteuer oder ähnliche Steuer erhoben oder im Fall der Erhebung im Inland ansässigen Unternehmern vergütet wird. Von der Vergütung ausgeschlossen sind bei Unternehmern, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, die Vorsteuerbeträge, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen. Die Sätze 6 und 7 gelten nicht für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, soweit sie im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Gemeinschaftsgebiet erbracht und für diese Umsätze von § 18 Absatz 4c Gebrauch gemacht haben oder diese Umsätze in einem anderen Mitgliedstaat erklärt sowie die darauf entfallende Steuer entrichtet haben; Voraussetzung ist, dass die Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit Umsätzen nach § 3a Absatz 5 stehen. Die Sätze 6 und 7 gelten auch nicht für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, soweit sie im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) nach dem 30. Juni 2021 als Steuerschuldner Lieferungen nach § 3 Absatz 3a Satz 1 innerhalb eines Mitgliedstaates, Fernverkäufe nach § 3 Absatz 3a Satz 2, innergemeinschaftliche Fernverkäufe nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3, Fernverkäufe nach § 3c Absatz 2 oder 3 oder sonstige Leistungen an Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 im Gemeinschaftsgebiet erbracht und für diese Umsätze von den §§ 18i, 18j oder 18k Gebrauch gemacht haben; Voraussetzung ist, dass die Vorsteuerbeträge mit Lieferungen nach § 3 Absatz 3a Satz 1 innerhalb eines Mitgliedstaates, Fernverkäufen nach § 3 Absatz 3a Satz 2, innergemeinschaftlichen Fernverkäufen nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3, Fernverkäufen nach § 3c Absatz 2 oder 3 oder sonstigen Leistungen an Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 im Zusammenhang stehen.

(10) Zur Sicherung des Steueranspruchs in den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer motorbetriebener Landfahrzeuge und neuer Luftfahrzeuge (§ 1b Abs. 2 und 3) gilt folgendes:

1.
Die für die Zulassung oder die Registrierung von Fahrzeugen zuständigen Behörden sind verpflichtet, den für die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer Fahrzeuge zuständigen Finanzbehörden ohne Ersuchen Folgendes mitzuteilen:
a)
bei neuen motorbetriebenen Landfahrzeugen die erstmalige Ausgabe von Zulassungsbescheinigungen Teil II oder die erstmalige Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens bei zulassungsfreien Fahrzeugen. Gleichzeitig sind die in Nummer 2 Buchstabe a bezeichneten Daten und das zugeteilte amtliche Kennzeichen oder, wenn dieses noch nicht zugeteilt worden ist, die Nummer der Zulassungsbescheinigung Teil II zu übermitteln,
b)
bei neuen Luftfahrzeugen die erstmalige Registrierung dieser Luftfahrzeuge. Gleichzeitig sind die in Nummer 3 Buchstabe a bezeichneten Daten und das zugeteilte amtliche Kennzeichen zu übermitteln. Als Registrierung im Sinne dieser Vorschrift gilt nicht die Eintragung eines Luftfahrzeugs in das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen.
2.
In den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer motorbetriebener Landfahrzeuge (§ 1b Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und Absatz 3 Nummer 1) gilt Folgendes:
a)
Bei der erstmaligen Ausgabe einer Zulassungsbescheinigung Teil II im Inland oder bei der erstmaligen Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens für zulassungsfreie Fahrzeuge im Inland hat der Antragsteller die folgenden Angaben zur Übermittlung an die Finanzbehörden zu machen:
aa)
den Namen und die Anschrift des Antragstellers sowie das für ihn zuständige Finanzamt (§ 21 der Abgabenordnung),
bb)
den Namen und die Anschrift des Lieferers,
cc)
den Tag der Lieferung,
dd)
den Tag der ersten Inbetriebnahme,
ee)
den Kilometerstand am Tag der Lieferung,
ff)
die Fahrzeugart, den Fahrzeughersteller, den Fahrzeugtyp und die Fahrzeug-Identifizierungsnummer,
gg)
den Verwendungszweck.
Der Antragsteller ist zu den Angaben nach den Doppelbuchstaben aa und bb auch dann verpflichtet, wenn er nicht zu den in § 1a Absatz 1 Nummer 2 und § 1b Absatz 1 genannten Personen gehört oder wenn Zweifel daran bestehen, dass die Eigenschaften als neues Fahrzeug im Sinne des § 1b Absatz 3 Nummer 1 vorliegen. Die Zulassungsbehörde darf die Zulassungsbescheinigung Teil II oder bei zulassungsfreien Fahrzeugen, die nach § 4 Absatz 2 und 3 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung ein amtliches Kennzeichen führen, die Zulassungsbescheinigung Teil I erst aushändigen, wenn der Antragsteller die vorstehenden Angaben gemacht hat.
b)
Ist die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb nicht entrichtet worden, hat die Zulassungsbehörde auf Antrag des Finanzamts die Zulassungsbescheinigung Teil I für ungültig zu erklären und das amtliche Kennzeichen zu entstempeln. Die Zulassungsbehörde trifft die hierzu erforderlichen Anordnungen durch schriftlichen Verwaltungsakt (Abmeldungsbescheid). Das Finanzamt kann die Abmeldung von Amts wegen auch selbst durchführen, wenn die Zulassungsbehörde das Verfahren noch nicht eingeleitet hat. Satz 2 gilt entsprechend. Das Finanzamt teilt die durchgeführte Abmeldung unverzüglich der Zulassungsbehörde mit und händigt dem Fahrzeughalter die vorgeschriebene Bescheinigung über die Abmeldung aus. Die Durchführung der Abmeldung von Amts wegen richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz. Für Streitigkeiten über Abmeldungen von Amts wegen ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.
3.
In den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer Luftfahrzeuge (§ 1b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 3) gilt Folgendes:
a)
Bei der erstmaligen Registrierung in der Luftfahrzeugrolle hat der Antragsteller die folgenden Angaben zur Übermittlung an die Finanzbehörden zu machen:
aa)
den Namen und die Anschrift des Antragstellers sowie das für ihn zuständige Finanzamt (§ 21 der Abgabenordnung),
bb)
den Namen und die Anschrift des Lieferers,
cc)
den Tag der Lieferung,
dd)
das Entgelt (Kaufpreis),
ee)
den Tag der ersten Inbetriebnahme,
ff)
die Starthöchstmasse,
gg)
die Zahl der bisherigen Betriebsstunden am Tag der Lieferung,
hh)
den Flugzeughersteller und den Flugzeugtyp,
ii)
den Verwendungszweck.
Der Antragsteller ist zu den Angaben nach Satz 1 Doppelbuchstabe aa und bb auch dann verpflichtet, wenn er nicht zu den in § 1a Abs. 1 Nr. 2 und § 1b Abs. 1 genannten Personen gehört oder wenn Zweifel daran bestehen, ob die Eigenschaften als neues Fahrzeug im Sinne des § 1b Abs. 3 Nr. 3 vorliegen. Das Luftfahrt-Bundesamt darf die Eintragung in der Luftfahrzeugrolle erst vornehmen, wenn der Antragsteller die vorstehenden Angaben gemacht hat.
b) Ist die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb nicht entrichtet worden, so hat das Luftfahrt-Bundesamt auf Antrag des Finanzamts die Betriebserlaubnis zu widerrufen. Es trifft die hierzu erforderlichen Anordnungen durch schriftlichen Verwaltungsakt (Abmeldungsbescheid). Die Durchführung der Abmeldung von Amts wegen richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz. Für Streitigkeiten über Abmeldungen von Amts wegen ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

(11) Die für die Steueraufsicht zuständigen Zolldienststellen wirken an der umsatzsteuerlichen Erfassung von Personenbeförderungen mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen mit. Sie sind berechtigt, im Rahmen von zeitlich und örtlich begrenzten Kontrollen die nach ihrer äußeren Erscheinung nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibusse anzuhalten und die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse festzustellen, die für die Umsatzsteuer maßgebend sind, und die festgestellten Daten den zuständigen Finanzbehörden zu übermitteln.

(12) Im Ausland ansässige Unternehmer (§ 13b Absatz 7), die grenzüberschreitende Personenbeförderungen mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen durchführen, haben dies vor der erstmaligen Ausführung derartiger auf das Inland entfallender Umsätze (§ 3b Abs. 1 Satz 2) bei dem für die Umsatzbesteuerung zuständigen Finanzamt anzuzeigen, soweit diese Umsätze nicht der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) unterliegen. Das Finanzamt erteilt hierüber eine Bescheinigung. Die Bescheinigung ist während jeder Fahrt mitzuführen und auf Verlangen den für die Steueraufsicht zuständigen Zolldienststellen vorzulegen. Bei Nichtvorlage der Bescheinigung können diese Zolldienststellen eine Sicherheitsleistung nach den abgabenrechtlichen Vorschriften in Höhe der für die einzelne Beförderungsleistung voraussichtlich zu entrichtenden Steuer verlangen. Die entrichtete Sicherheitsleistung ist auf die nach Absatz 3 Satz 1 zu entrichtende Steuer anzurechnen.

Eine Steueranmeldung steht einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Führt die Steueranmeldung zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer oder zu einer Steuervergütung, so gilt Satz 1 erst, wenn die Finanzbehörde zustimmt. Die Zustimmung bedarf keiner Form.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
1 StR 199/10
vom
11. August 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Steuerhinterziehung u.a.
zu 2.: Betruges u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlungen
vom 10. und 11. August 2010, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Hebenstreit,
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
der Angeklagte ,
- in der Verhandlung vom 10. August 2010 -
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung vom 10. August 2010 -
als Verteidiger des Angeklagten A. C. ,
die Angeklagte ,
- in der Verhandlung vom 10. August 2010 -
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung vom 10. August 2010 -
als Verteidiger der Angeklagten E. C. ,
Herr
- in der Verhandlung vom 10. August 2010 -
als Dolmetscher für Türkisch,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten A. C. wird das Urteil des Landgerichts Detmold vom 30. November 2009, soweit es ihn betrifft, im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte
a) im Fall II. 8 der Urteilsgründe wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt und
b) im Fall II. 83 der Urteilsgründe wegen Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition schuldig ist. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten A. C. und die Revision der Angeklagten E. C. werden verworfen. 3. Die Angeklagten haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen. Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten A. C. wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 55 Fällen, wegen Betruges in zehn Fällen , davon in sieben Fällen in Tateinheit mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, wegen Steuerhinterziehung in 15 Fällen, wegen versuchter Steuerhinterziehung in drei Fällen und wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Angeklagte E. C. hat es wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in zwölf Fällen und wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat.
2
Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren jeweils auf Sachrügen gestützten Revisionen. Die Revision des Angeklagten A. C. hat zum Schuldspruch den aus dem Tenor ersichtlichen geringfügigen Teilerfolg. Im Übrigen sind die Revisionen unbegründet.

I.


3
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
1. Der Angeklagte A. C. - ein in der Türkei ausgebildeter Steuerberater - betrieb im Zeitraum von 1998 bis 2008 - zum Teil zeitlich überlappend - mehrere Unternehmen im Baugewerbe, deren Gewinne er mit illegalen Mitteln maximieren wollte. Außer bei seiner Einzelfirma verschleierte er bei den Firmen jeweils seine beherrschende Stellung als tatsächlicher Inhaber und faktischer Geschäftsführer, indem er jeweils andere Personen als Inhaber bzw. als Geschäftsführer auftreten ließ. Bei der Firma C. Bau trat seine Ehefrau, die An- geklagte E. C. , nach außen als Firmeninhaberin auf. Daneben betrieb der Angeklagte eine Tabledance-Bar, in der er mindestens zwei weibliche Arbeitnehmer beschäftigte, die ein monatliches Gehalt von jeweils mindestens 140 Euro erhielten.
5
Um seinen Gewinn zu erhöhen, kam der Angeklagte A. C. bei diesen Unternehmen den ihm obliegenden steuerlichen Erklärungspflichten nicht nach und meldete auch den ganz überwiegenden Teil der bei den Firmen beschäftigten Arbeitnehmer nicht den Einzugsstellen der Sozialversicherungsträger. Bei der C. Bau handelte er dabei im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit der Angeklagten E. C. .
6
Indem er für die von ihm beherrschten Firmen in den Veranlagungszeiträumen 2003 und 2004 trotz getätigter Umsätze keine Umsatzsteuererklärungen abgab, verkürzte der Angeklagte A. C. Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt mehr als 47.000 Euro. Daneben verkürzte er zugunsten der Es. GmbH, für die er im Veranlagungszeitraum 2004 weder eine Körperschaftsteuer - noch eine Gewerbesteuererklärung abgab, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer von insgesamt mehr als 19.000 Euro. Ebenfalls für den Veranlagungszeitraum 2004 gab der Angeklagte A. C. keine Einkommensteuererklärung ab und verkürzte dadurch Einkommensteuer in Höhe von 3.642 Euro. Indem er die in den von ihm beherrschten Baufirmen beschäftigen Arbeitnehmer bei den zuständigen Stellen nicht anmeldete, bewirkte er, dass mehr als 238.000 Euro an Sozialversicherungsbeiträgen vorenthalten und Lohnsteuer in Höhe von 19.130 Euro verkürzt wurden.
7
2. Darüber hinaus veranlasste der Angeklagte A. C. , indem er in entsprechenden Anträgen bewusst wahrheitswidrige Angaben über seine Be- schäftigungs- und Vermögensverhältnisse machte, zum einen die Bundesagentur für Arbeit zur ungerechtfertigten Bewilligung und Zahlung von Arbeitslosengeld I in Höhe von mehr als 9.000 Euro und zum anderen - gemeinschaftlich mit der Angeklagten E. C. handelnd - die L. GmbH zur Bewilligung und Zahlung von Sozialleistungen nach dem Sozialgesetzbuch II in Höhe von insgesamt mehr als 31.000 Euro, auf die er ebenfalls keinen Anspruch hatte. Gegenüber der Landesbrandversicherungsanstalt, bei der er eine Wohngebäudeversicherung unterhielt, meldete der Angeklagte wahrheitswidrig einen Sturmschaden und veranlasste dadurch die Versicherung zur Zahlung einer nicht gerechtfertigten Versicherungsleistung in Höhe von mehr als 2.300 Euro.
8
3. Schließlich besaß der Angeklagte A. C. im Jahr 2008 eine Pistole Kaliber 7,65 mm und insgesamt 13 Patronen Munition, ohne die dafür erforderliche Erlaubnis zu besitzen.

II.


9
Die Revision des Angeklagten A. C. bleibt, abgesehen von einer Schuldspruchberichtigung in den Fällen II. 8 und II. 83 der Urteilsgründe, im Ergebnis ohne Erfolg. Zwar sind die Feststellungen zum Teil sehr knapp und teilweise sogar lückenhaft. Der Senat kann jedoch sowohl zum Schuldspruch als auch zum Strafausspruch ausschließen, dass dies den Angeklagten beschwert.
10
1. Die Verurteilung des Angeklagten A. C. in den Fällen II. 1, 14, 15 und 18 der Urteilsgründe wegen Steuerhinterziehung bzw. versuchter Steuerhinterziehung und in den Fällen II. 9 bis 13 sowie 31 bis 80 der Urteilsgründe wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt hält rechtlicher Nachprüfung noch stand. Soweit das Landgericht der Strafzumessung einen geringfügig zu großen Schuldumfang zu Grunde gelegt hat, kann der Senat ausschließen, dass sich dies auf den Strafausspruch ausgewirkt hat.
11
a) Bei einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung durch Abgabe unrichtiger Steuererklärungen (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) sind in den Urteilsgründen diejenigen Parameter festzustellen, die die Grundlage für die Steuerberechnung bilden (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - 1 StR 718/08, NStZ 2009, 639, 640). Liegt dem Angeklagten demgegenüber - wie hier - eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen i.S.v. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO zur Last, sind zunächst die Umstände festzustellen, aus denen sich ergibt, dass der Angeklagte zur Abgabe der fraglichen Steuererklärungen verpflichtet war. Sodann sind in den Urteilsgründen die Tatsachen mitzuteilen, aus denen sich die Höhe der durch die pflichtwidrige Nichtabgabe der Erklärungen hinterzogenen Steuer ergibt.
12
Bei einem geständigen Angeklagten ist auch in den Fällen des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO hinsichtlich des Umfangs der Sachdarstellung zwischen der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen und der Beweiswürdigung zu unterscheiden. Während die Darstellung der steuerlich erheblichen Tatsachen regelmäßig nicht verkürzt erfolgen kann, weil die Subsumtion sonst nicht mehr nachprüfbar ist, bedarf es bei einem geständigen Angeklagten zumeist keiner ausführlichen Würdigung der Beweise, die diesen Feststellungen zugrunde liegen. Räumt der Angeklagte die Besteuerungsgrundlagen ein und hat sich der Tatrichter von der Richtigkeit des Geständnisses überzeugt, dann genügt eine knappe Würdigung der so gefundenen Überzeugung. Jedenfalls, soweit es um das „reine Zahlenwerk” - etwa den Umsatz, die Betriebseinnahmen oder die Betriebsausgaben - geht, wird regelmäßig davon ausgegangen werden können, dass selbst ein steuerrechtlich nicht versierter Angeklagter diese Parameter aus eigener Kenntnis bekunden kann. Der Tatrichter kann seine Überzeugung insoweit auch auf verlässliche Wahrnehmungen von Beamten der Finanzverwaltung zu den tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen stützen. Angaben von Finanzbeamten zu tatsächlichen Gegebenheiten können - wie bei sonstigen Zeugen auch - taugliche Grundlage der Überzeugung des Tatrichters sein.
13
b) Dieselben Grundsätze gelten für die Straftaten des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gemäß § 266a Abs. 1 und Abs. 2 StGB. Hier sind zunächst diejenigen Feststellungen zu treffen, aus denen sich die Arbeitgeberstellung des Täters und - daraus folgend - die diesem obliegenden Meldepflichten gegenüber den Sozialversicherungsträgern ergeben. Festzustellen sind weiter die im jeweiligen Beitragsmonat gezahlten Löhne oder Gehälter. Bei der Feststellung der monatlichen Beiträge ist für jeden Fälligkeitszeitpunkt die Anzahl der Arbeitnehmer und die Höhe des Beitragssatzes der jeweils zuständigen Krankenkasse anzugeben (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Februar 2007 - 5 StR 544/06, wistra 2007, 220 mwN), weil sich die Höhe der geschuldeten Beiträge auf der Grundlage des Arbeitsentgelts nach den Beitragssätzen der jeweiligen Krankenkasse sowie den gesetzlich geregelten Beitragssätzen der Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung errechnet. Nur so wird dem Revisionsgericht die Nachprüfung der Höhe der den Sozialversicherungsträgern vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge ermöglicht.
14
Auch bei einem geständigen Angeklagten ist die Nennung der Höhe der gezahlten Löhne und Gehälter sowie der Beitragssätze der zuständigen Krankenkasse regelmäßig unverzichtbar. Demgegenüber kann die Beweiswürdigung hierzu bei Vorliegen eines glaubhaften Geständnisses knapp gehalten werden, denn diese Umstände können Gegenstand eines Geständnisses sein. Im Rah- men seiner Überzeugungsbildung zu den Bemessungsgrundlagen kann sich der Tatrichter auch auf verlässliche Wahrnehmungen von Ermittlungsbeamten stützen.
15
Liegen - z.B. wegen unvollständiger oder fehlender Buchhaltung des Arbeitgebers - keine tragfähigen Erkenntnisse über die tatsächlich gezahlten Löhne und Gehälter vor, steht aber nach der Überzeugung des Tatrichters ein strafbares Verhalten des Angeklagten fest, kann - wie auch sonst bei Vermögensdelikten - die Bestimmung des Schuldumfangs im Wege der Schätzung erfolgen. Ein solches Verfahren ist stets zulässig, wenn sich Feststellungen auf andere Weise nicht treffen lassen. Die Schätzung ist sogar unumgänglich, wenn keine Belege oder Aufzeichnungen vorhanden sind. In Fällen dieser Art hat der Tatrichter einen als erwiesen angesehenen Schuldumfang festzustellen. Dabei hat er auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisse die Höhe der Löhne und Gehälter zu schätzen und daraus den Umfang der jeweils vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge zu berechnen. Die Schätzung kann - wie hier - auch aus verfahrensökonomischen Gründen angezeigt sein, etwa dann, wenn eine genaue Ermittlung der Sozialversicherungsbeiträge einen erheblichen Aufklärungsaufwand erfordern würde, sie aber gegenüber der Schätzung voraussichtlich nur zu nicht erheblich abweichenden Werten führen würde (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2009 - 1 StR 283/09, wistra 2010, 148 mwN).
16
c) Gemessen an diesen Grundsätzen halten Schuldspruch und Strafausspruch in den vorgenannten Fällen rechtlicher Nachprüfung stand.
17
aa) Die Verurteilung des Angeklagten A. C. in den Fällen II. 1, 14 und 18 der Urteilsgründe wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO ist frei von Rechtsfehlern. Das Landgericht hat die in den jeweiligen Besteuerungszeiträumen erzielten Umsätze mitgeteilt und sodann unter Anwendung des sich aus dem Gesetz ergebenden Umsatzsteuersatzes die verkürzte Umsatzsteuer zutreffend berechnet. Der Angeklagte hat - was ihm möglich war, weil er die Umsätze kannte - die Höhe der verkürzten Umsatzsteuern auch eingeräumt. Dieses Geständnis hat das Landgericht unter Heranziehung des übrigen Ermittlungsergebnisses rechtsfehlerfrei als glaubhaft angesehen.
18
bb) Demgegenüber sind die Urteilsfeststellungen lückenhaft, soweit das Landgericht den Angeklagten in den Fällen II. 9 bis 13 und 31 bis 80 der Urteilsgründe wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt und im Fall II. 15 der Urteilsgründe wegen versuchter Steuerhinterziehung verurteilt hat. In den Fällen II. 9 bis 13 und 31 bis 80 der Urteilsgründe hat das Landgericht nicht festgestellt, welche Beitragssätze der Krankenkassen es der Berechnung der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge zu Grunde gelegt hat. Im Fall II. 15 der Urteilsgründe (Hinterziehung von Einkommensteuer für das Jahr 2004) hat das Landgericht nicht alle Besteuerungsgrundlagen, die für die Bestimmung des zu versteuernden Einkommens bedeutsam sind, mitgeteilt. Der Senat kann auf Grundlage der getroffenen Feststellungen jedoch sicher ausschließen , dass sich diese Darstellungsmängel auf den Schuldspruch und den Strafausspruch ausgewirkt haben.
19
(1) Im Fall II. 15 der Urteilsgründe (Einkommensteuerhinterziehung für das Jahr 2004) hat das Landgericht zwar nicht alle zur Berechnung der verkürzten Steuer erforderlichen Besteuerungsgrundlagen mitgeteilt. Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt sich aber, dass weitere als die vom Landgericht berücksichtigten Faktoren, die sich einkommensteuerrechtlich zugunsten des Angeklagten auswirken könnten, nicht vorhanden waren. Solche hat der steuerlich vorgebildete und kaufmännisch versierte, zudem anwaltlich verteidigte Angeklagte auch nicht geltend gemacht. Vielmehr hat er ein vollumfängliches Geständnis abgelegt, das sich auch auf die festgestellten Umsätze und Gewinne bezogen hat und für das er ersichtlich auch eine ausreichende Sachkunde besaß. Angesichts der festgestellten Höhe des von dem Angeklagten nicht erklärten Arbeitslohnes und der von ihm vereinnahmten verdeckten Gewinnausschüttung aus der Es. GmbH schließt der Senat aus, dass das Landgericht bei vollständiger Darstellung der maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen zu einem Hinterziehungsumfang gelangt wäre, bei dem es eine noch mildere Strafe als die in diesem Fall verhängte Einzelstrafe von 90 Tagessätzen festgesetzt hätte. Der Senat hat dabei berücksichtigt, dass sich ausgehend von den vom Landgericht mitgeteilten Besteuerungsgrundlagen ein geringfügig niedrigerer Verkürzungsumfang als vom Landgericht angenommen ergibt.
20
(2) In den Fällen II. 9 bis 13, 31 bis 38 und 40 bis 50 der Urteilsgründe (Straftaten gemäß § 266a StGB) kann der Senat trotz der vorhandenen Darstellungsmängel zu den sozialversicherungsrechtlichen Bemessungsgrundlagen sicher ausschließen, dass das Landgericht bei der Berechnung der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge zum Nachteil des Angeklagten einen zu großen Schuldumfang angenommen hat. Denn das Landgericht hat in den Urteilsgründen die der Beitragsberechnung zu Grunde liegenden Schwarzlohnsummen mitgeteilt. Ausgehend von diesen Beträgen kann der Senat die nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71, Rn. 9 ff.) gebotene Hochrechnung der ausgezahlten Löhne auf ein fiktives Bruttoarbeitsentgelt selbst vornehmen und davon ausgehend den Beitragsschaden auch selbst berechnen.
21
(3) Demgegenüber hat das Landgericht in den Fällen II. 39 sowie 51 bis 80 der Urteilsgründe (Straftaten gemäß § 266a StGB) der Strafzumessung einen zu großen Schuldumfang zu Grunde gelegt. Der Senat kann jedoch ausschließen , dass das Landgericht niedrigere als die verhängten Einzelstrafen festgesetzt hätte, wenn es in diesen Fällen von einem zutreffenden Schuldumfang ausgegangen wäre.
22
(a) Bei Fall II. 39 der Urteilsgründe (Straftat gemäß § 266a StGB) hat das Landgericht - was grundsätzlich zulässig ist (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2009 - 1 StR 283/09, wistra 2010, 148 Rn. 21) - die Schwarzlohnsumme auf zwei Drittel der Nettoumsätze geschätzt. Allerdings lässt sich hier die festgestellte Schwarzlohnsumme mit den festgestellten Nettoumsätzen nicht in Einklang bringen, weshalb auch die weiteren Berechnungen fehlerhaft sind. Angesichts einer Abweichung von etwa 2.000 Euro gegenüber der zutreffenden Schadenssumme kann der Senat im Hinblick auf die seitens der Strafkammer vorgenommene, an der Schadenshöhe ausgerichtete Staffelung der verhängten Einzelstrafen ausschließen, dass das Landgericht bei fehlerfreier Berechnung für diese Tat eine niedrigere Einzelstrafe verhängt hätte.
23
(b) In den Fällen II. 51 bis 80 der Urteilsgründe (Straftaten gemäß § 266a StGB) hat das Landgericht die Zahlungen an die weiblichen Beschäftigten der Tabledance-Bar in Höhe von jeweils 140 Euro pro Monat als Nettolöhne gewertet und diese nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV auf ein fiktives Bruttogehalt hochgerechnet. Dieses Bruttogehalt wurde der Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge zu Grunde gelegt; dabei wurden die regelmäßigen Beitragssätze http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=SGB_V&p=249b [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=SGB_VI&p=172 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=SGB_VI&p=172&x=3 - 13 - angewendet, wie sie für ein in vollem Umfang sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis gelten.
24
Dieses Vorgehen erweist sich als rechtsfehlerhaft. Denn die Vorschrift des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV findet in Fällen der vorliegenden Art - jedenfalls für die Bestimmung des strafrechtlich relevanten Beitragsschadens - keine Anwendung , weil es sich bei den fraglichen Arbeitsverhältnissen nach den Feststellungen um geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse i.S.v. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV handelte. Einer Hochrechnung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV auf ein Bruttoarbeitsentgelt steht insoweit sowohl der Wortlaut des § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IV, auf den § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV verweist, als auch der Zweck, den der Gesetzgeber bei Einführung des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV verfolgte (vgl. insoweit BT-Drucks. 14/8221 S. 14), entgegen. Die Anwendung von § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV ist in diesen Fällen insbesondere nicht zur Verhinderung und Beseitigung von Wettbewerbsvorteilen geboten. Denn auch bei rechtmäßigem Verhalten müsste der Arbeitgeber nicht mehr als die Pauschalbeiträge und -steuern tragen. Eine Vereinbarung, nach der dem Arbeitnehmer das tatsächlich ausgezahlte Entgelt verbleibt, ohne dass hierfür Sozialversicherungsbeiträge aus einem Bruttoentgelt ermittelt werden müssten, kann somit rechtmäßig getroffen werden (vgl. insoweit BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71, Rn. 14). Hierin liegt der Unterschied zu sonstigen Fällen illegaler Beschäftigung.
25
Die im Tatzeitraum i.S.v. § 266a Abs. 2 StGB vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge betrugen daher auf Grundlage der getroffenen Feststellungen zu den ausgezahlten Löhnen nach Maßgabe von § 249b Satz 1 SGB V (Pauschalbeitrag zur Krankenversicherung in Höhe von 13 % bzw. bis 30. Juni 2006 11 % des Arbeitsentgelts) und § 172 Abs. 3 Satz 1 SGB VI (Pauschalbei- trag zur Rentenversicherung in Höhe von 15 % bzw. bis 30. Juni 2006 12 %) bis einschließlich Juni 2006 lediglich 64,40 Euro und ab Juli 2006 78,40 Euro pro Monat. Auch insoweit kann der Senat im Hinblick auf vom Landgericht vorgenommene , an der Schadenshöhe ausgerichtete Staffelung der verhängten Einzelstrafen ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender Berechnung in diesen Fällen noch niedrigere Einzelstrafen festgesetzt hätte.
26
2. In den Fällen II. 19 bis 30 der Urteilsgründe (Hinterziehung von Lohnsteuer) wird der vom Landgericht angenommene tatbestandliche Schuldumfang von den Feststellungen getragen. Die der Berechnung der Lohnsteuer zu Grunde liegenden Schwarzlohnzahlungen hat das Landgericht im Zusammenhang mit der Verurteilung wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in den Fällen II. 2 bis 13 der Urteilsgründe festgestellt. Ausgehend von diesen rechtsfehlerfrei festgestellten Lohnsummen, die nicht auf ein Bruttoentgelt nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV hochzurechnen sind (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71, Rn. 16), hat das Landgericht die hinterzogene Lohnsteuer zutreffend berechnet.
27
3. In den Fällen II. 16 und 17 der Urteilsgründe (Hinterziehung von Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer betreffend die Es. GmbH im Veranlagungszeitraum 2004) hat das Landgericht bei der Berechnung der verkürzten Steuern zwar die in diesem Veranlagungszeitraum noch vorzunehmende Gewerbesteuerrückstellung nicht berücksichtigt (vgl. BGH, Beschluss vom 17. April 2004 - 5 StR 547/07, wistra 2008, 310, 313 sowie § 4 Abs. 5b i.V.m. § 52 Abs. 12 Satz 7 EStG). Wegen der lediglich geringfügigen Abweichungen zum tatsächlichen Verkürzungsumfang ist der Angeklagte aber nicht beschwert.
28
4. In den übrigen Fällen enthält das Urteil - abgesehen von den aus der Urteilsformel ersichtlichen Schuldspruchberichtigungen - keine durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten A. C. .
29
a) In den Fällen II. 2 bis 7 der Urteilsgründe (Straftaten zum Nachteil von Sozialversicherungsträgern) betreffend die Beitragsmonate November und Dezember 2003 sowie März bis Juni 2004 tragen die Feststellungen des Landgerichts die Verurteilung wegen Betruges gemäß § 263 StGB. Der Angeklagte hat in diesen Fällen die von ihm beschäftigten Arbeitnehmer nicht den zuständigen Sozialversicherungsträgern gemeldet, obwohl er hierzu gemäß § 28a SGB IV verpflichtet war. Infolgedessen haben diese von der Beitreibung der geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge abgesehen. Die auch bei Betrug durch Unterlassen erforderliche Täuschung mit Irrtumserregung beim Getäuschten (hier: Einzugsstelle) hat das Landgericht vorliegend ausdrücklich festgestellt.
30
Von einer Schuldspruchberichtigung in diesen Fällen im Hinblick auf die Verurteilung des Angeklagten gemäß § 266a StGB hinsichtlich der Arbeitnehmerbeiträge (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Februar 2003 - 5 StR 165/02, NJW 2003, 1821, 1823; Beschluss vom 13. Juli 2006 - 5 StR 173/06, NStZ-RR 2006, 308) sieht der Senat ab. Bei der gebotenen konkreten Betrachtungsweise bei Anwendung des § 2 Abs. 3 StGB im Hinblick auf die Änderung des § 266a StGB mit Wirkung vom 1. August 2004 (vgl. BGH, Beschluss vom 24. April 2007 - 1 StR 639/06, NStZ 2007, 527; Beschluss vom 20. Dezember 2007 - 5 StR 482/07, wistra 2008, 180, 181) kann ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte insoweit beschwert ist.
31
b) Im Fall II. 8 der Urteilsgründe betreffend den Beitragsmonat Juli 2004 verdrängt der am 1. August 2004 in Kraft getretene § 266a Abs. 2 StGB den Betrugstatbestand des § 263 Abs. 1 StGB (BGH, Beschluss vom 24. April 2007 - 1 StR 639/06, NStZ 2007, 527). Der Senat ändert deshalb den Schuldspruch insoweit auf Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt gemäß § 266a Abs. 1 und Abs. 2 StGB ab.
32
c) Im Fall II. 83 der Urteilsgründe rechtfertigen die Urteilsfeststellungen die Verurteilung des Angeklagten wegen Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffenG. Da das Landgericht in den Tenor lediglich einen „Verstoß gegen das Waffengesetz“ aufgenommen hat, berichtigt der Senat die Urteilsformel zur Klarstellung entsprechend.

III.


33
Die Revision der Angeklagten E. C. bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Wie bereits hinsichtlich des Angeklagten A. C. ausgeführt, kann der Senat bezüglich der Fälle II. 40 bis 50 der Urteilsgründe - in Mittäterschaft begangene Taten der Angeklagten A. und E. C. - trotz der vorhandenen Darstellungsmängel ausschließen, dass das Landgericht der Strafzumessung einen zu großen Schuldspruch zugrunde gelegt hat. Im Fall II. 39 der Urteilsgründe schließt der Senat - ebenfalls wie beim Angeklagten A. C. - angesichts der an der Schadenshöhe ausgerichteten Staffelung der verhängten Einzelstrafen aus, dass das Landgericht bei fehlerfreier Berechnung für diese Tat eine niedrigere Einzelstrafe verhängt hätte. Auch im Übrigen ist die Revision der Angeklagten E. C. unbegründet.
Nack Wahl Hebenstreit
Graf Jäger

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 283/09
vom
10. November 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. November 2009 beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Stuttgart vom 19. Februar 2009 mit den Feststellungen
aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 20 Fällen, wegen Steuerhinterziehung in 20 Fällen und wegen Betrugs in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Daneben hat es den Verfall von Wertersatz in Höhe von 66.186,59 Euro angeordnet. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt, führt zur Aufhebung des Urteils.

I.

2
1) Nach den Urteilsfeststellungen war der Angeklagte faktischer Geschäftsführer der Firma Ay. GmbH. Geschäftsgegenstand der Gesellschaft war die Durchführung von Baustahlarmierungs- und Bewehrungsar- beiten. Die Gesellschaft beschäftigte mehrere Arbeitnehmer, für die die vorgeschriebenen Meldungen nach § 28f Abs. 3, § 28a SGB IV und nach § 41a EStG abgegeben wurden, daneben aber auch zwischen November 2005 und Juni 2007 eine Vielzahl nicht näher individualisierbarer Arbeitnehmer, ohne diese Arbeitsverhältnisse den zuständigen Sozialversicherungsträgern und dem zuständigen Finanzamt zu melden. Möglicherweise wurden auch an Arbeitnehmer , die ordnungsgemäß gemeldet waren, zusätzlich zu dem Lohn, der angemeldet und für den Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer abgeführt wurden , weitere Schwarzlohnzahlungen geleistet. Zur Verschleierung der Schwarzlohnzahlungen ließ der Angeklagte Rechnungen der Firma A. Bau an die Ay. GmbH in der Buchhaltung einbuchen, die sich auf einen Gesamtbetrag von 402.263,12 Euro beliefen. Diesen Rechnungen lagen keine tatsächlich erbrachten Leistungen der Rechnungsstellerin zu Grunde. Sie dienten lediglich dem Zweck, die Ausgaben des Unternehmens für Schwarzlohnzahlungen „abzudecken“.
3
Durch die pflichtwidrig unterlassenen Meldungen an die Sozialversicherungsträger wurden Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 937.125,25 Euro vorenthalten. Lohnsteuer wurde in Höhe von insgesamt 177.341,18 Euro und Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 10.491,66 Euro hinterzogen.
4
Darüber hinaus ließ der Angeklagte gegenüber der BG Bau - Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft für die Beitragsjahre 2005 und 2006 jeweils bewusst pflichtwidrig zu niedrige Lohnnachweise zur Bemessung der Umlagebeträge für die gesetzliche Unfallversicherung abgeben, was zur Folge hatte, dass die Umlage nicht in voller Höhe berechnet wurde und der Berufsgenossenschaft ein Schaden in Höhe von 38.910,69 Euro entstand.
5
2) Der Angeklagte hat die Taten dem Grunde nach eingeräumt. Er bezifferte die von ihm veranlassten Lohnzahlungen, für die keine Sozialversicherungsbeiträge und Steuern angemeldet und abgeführt wurden, auf etwa 20.000 bis 30.000 Euro pro Monat.
6
Dieser Einlassung ist die Strafkammer nicht gefolgt. Sie hat vielmehr die Lohnsummen, hinsichtlich der Sozialversicherungsbeiträge vorenthalten und Steuern hinterzogen worden waren, geschätzt, da die Buchhaltung der Ay. GmbH manipuliert sei, so dass sie nicht als verlässliche Quelle für die Bestimmung der tatsächlich gezahlten Schwarzlöhne herangezogen werden könne.
7
Die der Schadensberechnung zu Grunde gelegten Lohnsummen errechnete das Landgericht daher auf der Grundlage einer branchenüblichen Lohnquote von 66,66 % bezogen auf die um anerkannte Subunternehmerleistungen bereinigten monatlichen Nettoumsätze. Die so ermittelten Lohnsummen wurden für die Berechnung der vorenthaltenen Renten-, Kranken-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherungsbeiträge nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV auf ein Bruttogehalt hochgerechnet. Auf der Grundlage dieser fiktiven Bruttolohnsumme wurden die vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge errechnet, von denen in einem letzten Schritt die Sozialversicherungsbeiträge, die für die angemeldeten Arbeitsverhältnisse gezahlt worden waren, abgezogen wurden. Für die Berechnung der hinterzogenen Steuern und die vorenthaltenen Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung erfolgte demgegenüber keine Hochrechnung der geschätzten Lohnsumme nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV.

II.


8
Der festgestellte Schuldumfang hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung aus zwei Gründen nicht stand: Die Voraussetzungen für die Schätzung der Schwarzlohnsumme waren vorliegend nicht gegeben (dazu nachfolgend 1.). Zudem enthalten die Rechenschritte bei der Berechnung der Hinterziehungsbeträge Rechtsfehler (dazu nachfolgend 2.).
9
1. Die Voraussetzungen für die Schätzung der Schwarzlohnsumme waren vorliegend nicht gegeben; deshalb ist die darauf aufbauende Beweiswürdigung nicht tragfähig.
10
Die Strafkammer hat die Höhe der Schwarzlöhne unter Heranziehung einer branchenüblichen Lohnquote geschätzt. Eine solche Schätzung ist dem Tatrichter zwar grundsätzlich gestattet. Hier hat das Landgericht allerdings betriebswirtschaftliche Parameter festgestellt, mittels derer die Möglichkeit bestand , die Höhe der Schwarzlöhne konkret - also tatsachenfundiert und den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechend - zu berechnen. Der Senat kann nicht ausschließen, dass auf der Grundlage einer tatsachenfundierten Berechnung der Schuldumfang nennenswert geringer ausgefallen wäre. Dies gilt auch deshalb, weil die Strafkammer die Einlassung des Angeklagten ohne ausreichende Erörterung für widerlegt hält, er habe monatliche Schwarzlohnzahlungen in einer Größenordnung zwischen 20.000 und 30.000 Euro geleistet.
11
a) Die Schätzung hinterzogener Lohnsteuer und vorenthaltener Sozialversicherungsbeiträge ist dem Tatrichter freilich grundsätzlich gestattet.
12
aa) In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass tatgerichtliche Feststellungen auf tragfähige Schätzgrundlagen gestützt werden dürfen (BVerfG - Kammer -, Beschl. vom 20. März 2007 - 2 BvR 162/07). Die für die Anwendung und Durchführung einer Schätzung maßgeblichen Kriterien sind: - Für eine annähernd genaue Berechnung fehlen aussagekräftige Beweismittel ; bei Vermögensdelikten im Rahmen eines Unternehmens sind das namentlich Belege und Aufzeichnungen. - Die Parameter der Schätzgrundlage müssen tragfähig sein. - Die Schätzung kann auch aus verfahrensökonomischen Gründen angezeigt sein, etwa dann, wenn eine exakte Berechnung einen unangemessenen Aufklärungsaufwand erfordert und bei exakter Berechnung für den Schuldumfang nur vernachlässigbare Abweichungen zu erwarten sind. - Im Rahmen der Gesamtwürdigung des Schätzergebnisses ist der Zweifelssatz zu beachten. - Die Grundlagen der Schätzung müssen im tatrichterlichen Urteil für das Revisionsgericht nachvollziehbar dargestellt werden.
13
Nach diesen Grundsätzen kann - und muss auch sehr häufig - bei Betäubungsmitteldelikten die Wirkstoffkonzentration anhand bestimmter Kriterien geschätzt werden (BGH, Beschl. vom 1. Oktober 2008 - 2 StR 360/08). Die Schätzung kann etwa anhand repräsentativer Stichproben erfolgen, auch um einen unverhältnismäßigen Untersuchungsaufwand zu vermeiden (BGH StV 2008, 9). Gerade dann, wenn sich solche Feststellungen bei angemessenem Aufklärungsaufwand nicht treffen lassen, darf das Tatgericht eine an den Um- ständen des Falles orientierte Schätzung unter Beachtung des Zweifelssatzes vornehmen (BGH NStZ 2002, 438, 439).
14
Eine Schätzung hat die Rechtsprechung auch bei Serientaten gebilligt, wenn zwar der strafbare Gesamtschaden feststeht, die Verteilung dieses Schadens auf Einzelakte sich aber einer genauen Feststellung entzieht. Danach ist es bei einem strafbaren Gesamtverhalten, das zahlreiche serienmäßig begangene Taten umfasst, zulässig, einen rechnerisch ermittelten Teil des Gesamtgeschehens bestimmten strafrechtlich relevanten Verhaltensweisen im Wege der Schätzung zuzuordnen, wobei die Feststellung der Zahl der Einzelakte und die Verteilung des Gesamtschadens auf diese unter Beachtung des Zweifelssatzes zu erfolgen hat (BGH aaO).
15
Steht bei Vermögensstraftaten nach der Überzeugung des Tatrichters ein strafbares Verhalten des Täters fest, so kann auch hier die Bestimmung des Schuldumfangs im Wege der Schätzung erfolgen. Ein solches Verfahren ist stets zulässig, wenn sich Feststellungen auf andere Weise nicht treffen lassen. Die Schätzung ist dann sogar unumgänglich, wenn über die kriminellen Geschäfte keine Belege oder Aufzeichnungen vorhanden sind. In Fällen dieser Art hat der Tatrichter einen als erwiesen angesehenen Mindestschuldumfang festzustellen (BGH StV 2004, 578; NStZ 1999, 581).
16
bb) Dieselben Grundsätze gelten für die Schätzung von Bemessungsgrundlagen bei der Berechnung hinterzogener Lohnsteuer und vorenthaltener Sozialversicherungsbeiträge. Auch hier muss nach der Überzeugung des Tatgerichts ein strafbares Verhalten des Täters feststehen. Steht die Strafbarkeit fest, kommt eine Schätzung des Schuldumfangs namentlich dann in Betracht, wenn mangels entsprechender Buchführung des Angeklagten eine konkrete Berechnung der Bemessungsgrundlage nicht vorgenommen werden kann (vgl. BGHSt 40, 374, 376; NStZ 2001, 599, 600; wistra 2007, 220 f., jew. m.w.N.).
17
Die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen muss zudem nach steuerrechtlichen Grundsätzen in sich schlüssig sein. Das ist namentlich dann der Fall, wenn ihre Ergebnisse hinsichtlich aller Bemessungsgrundlagen wirtschaftlich vernünftig und möglich sind (BGH wistra 1992, 147; NStZ 1999, 581, BFH BStBl II 1986, 226).
18
Das Tatgericht darf dabei durchaus auch Schätzungen des Finanzamts oder der Steuerfahndungsstellen übernehmen. Freilich muss erkennbar sein, dass es diese eigenständig überprüft und sich von ihrer Richtigkeit auch unter Berücksichtigung der vom Besteuerungsverfahren abweichenden strafrechtlichen Verfahrensgrundsätze (§ 261 StPO) überzeugt hat (BGH wistra 1984, 182).
19
Liegen keine hinreichend verlässlichen Anknüpfungstatsachen für die nähere Bestimmung der Bemessungsgrundlagen vor, kann eine durchschnittliche , an Wahrscheinlichkeitskriterien ausgerichtete Schätzung erfolgen (BGH wistra 1992, 147). Bei der Entscheidung, welche Schätzungsmethode dem vorgegebenen Ziel, der Wirklichkeit durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen möglichst nahe zu kommen, am besten gerecht wird, kommt dem Tatgericht ein Beurteilungsspielraum zu (vgl. BGH wistra 1992, 147). Die revisionsgerichtliche Überprüfung beschränkt sich dann darauf, ob das Tatgericht nachvollziehbar dargelegt hat, warum es sich der gewählten Schätzungsmethode bedient hat und weshalb diese dafür geeignet ist.
20
cc) Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlagen zur Berechnung hinterzogener Lohnsteuer und vorenthaltener Sozialversicherungsbeiträge ist die Schätzung der Lohnsumme unter Anwendung eines Prozentsatzes bezogen auf den Nettoumsatz eines Unternehmens danach dann zulässig, wenn keine anderweitig verlässlichen Beweismittel zur Verfügung stehen oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand und ohne nennenswerten zusätzlichen Erkenntnisgewinn zu beschaffen sind. Für die Schätzung der Lohnsumme gilt danach:
21
Das Tatgericht darf eine branchenübliche Lohnquote - und zwar eine Nettolohnquote - des jeweils verfahrensgegenständlichen Gewerbes ermitteln und diese als Schätzgrundlage der weiteren Berechnung zugrunde legen. Im Bereich des lohnintensiven Baugewerbes kann das Tatgericht bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen in Form der Schwarzarbeit grundsätzlich zwei Drittel des Nettoumsatzes als Lohnsumme - und zwar als Nettolohnsumme - veranschlagen (Senat NJW 2009, 528, 529). Die gegen eine Nettolohnquote von 60 % und mehr erhobenen Einwände (Röthlein wistra 2009, 107, 113; Joecks JZ 2009 526, 531) hält der Senat nach nochmaliger Überprüfung nicht für berechtigt.
22
Aus dem Umstand, dass bei legalen Beschäftigungsverhältnissen erfahrungsgemäß eine Bruttolohnquote von zwei Dritteln des Nettoumsatzes angenommen wird und dort folglich deren Nettolohnquote niedriger ist, lässt sich nämlich nicht herleiten, dass auch bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen die Nettolohnquote unter zwei Dritteln des Nettoumsatzes liegen müsse. Das würde der unterschiedlichen Kostenstruktur von legalen und illegalen Beschäftigungsverhältnissen nicht gerecht.
23
Der illegal tätige Unternehmer wendet nämlich, anders als der legal tätige Unternehmer, außer den Nettolohnzahlungen keine nennenswerten anderweitigen Kosten auf, vor allem keine Lohnneben- und zusatzkosten sowie Fixkosten , die bei einem legal tätigen Unternehmen anfallen. Das hat zur Folge, dass bei ihm - anders als beim legal tätigen Unternehmer - ein wesentlich größerer Teil des Nettoumsatzes auf Nettolohnzahlungen an seine Arbeitnehmer entfällt, so dass seine Nettolohnquote deutlich höher liegt. Im Vergleich zu einem legal tätigen Unternehmen kann das illegal tätige Unternehmen seine Kosten anders kalkulieren: - Regelmäßig kann davon ausgegangen werden, dass der illegal tätige Arbeitgeber an seine Arbeitnehmer keine höheren Nettolöhne als am Markt üblich zahlt; dies gilt auch im Vergleich mit legal tätigen Unternehmen. - Der Einsatz nicht gemeldeter Arbeitnehmer bzw. die nicht vollständige Meldung gezahlter Löhne ermöglicht dem illegal tätigen Unternehmer, seine Leistungen günstiger als seine legal tätigen Mitbewerber anzubieten. Dies führt - wenn beide dieselbe Zahl von Arbeitern für denselben Auftrag einsetzen würden - zu einem niedrigeren Angebot und damit zu einem geringeren Umsatz. - Wollten hingegen beide Unternehmen denselben Nettoumsatz erzielen, dann könnte der illegal tätige Unternehmer für denselben Auftrag - bei gleicher Nettolohnsumme - mehr Arbeiter einsetzen, mithin den Auftrag schneller ausführen (günstigerer Zeitfaktor). - Weil der illegal tätige Unternehmer den Auftrag schneller ausführen kann, bedeutet das zugleich, dass er einen höheren Umsatz erwirt- schaften kann, wenn er die größere Zahl von zudem „billigeren“ Arbeitern genauso lange arbeiten lässt, wie der legal tätige Unternehmer.
24
Deswegen hält der Senat eine Schätzung des Tatgerichts, das die Nettolohnsumme bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen mit zwei Dritteln des Nettoumsatzes bemisst, für wirtschaftlich vernünftig und möglich.
25
Dies entspricht auch den Erfahrungen des Senats aus vergleichbaren Verfahren, wo aufgrund tatsachenfundierter Berechnungen Schwarzlöhne konkret festgestellt wurden, die sich auf mehr als 60 % des Nettoumsatzes belaufen (vgl. Senat, Beschl. vom 29. Oktober 2009 - 1 StR 501/09).
26
Der Senat hat auch bedacht, dass sich der Unternehmer der illegalen Beschäftigung bedient, um seine Gewinne zu maximieren. Dabei erscheint allerdings schon zweifelhaft, ob er aber am Markt tatsächlich signifikant höhere Gewinne erzielt als ein legal tätiges Unternehmen. Denn gerade im Baugewerbe konkurriert er häufig nicht nur mit legal tätigen, sondern auch mit anderen, gleichfalls illegal tätigen Unternehmen, was sich auf die von ihm erzielbaren Preise und damit seine Gewinnspanne auswirkt. Aber selbst wenn die Gewinnspanne illegal tätiger Unternehmen höher wäre, kann dieser Faktor in Fällen der vorliegenden Art in der Regel bei der Schätzung der Nettolohnquote in Höhe von zwei Dritteln des Nettoumsatzes vernachlässigt werden, denn es erscheint kaum vorstellbar, dass der Gewinn illegal tätiger Unternehmen auch nur annähernd ein Drittel des Nettoumsatzes ausmacht.
27
b) Bei der Ermittlung der Schwarzlohnsumme darf allerdings nicht vorschnell auf eine Schätzung der Lohnquote in Form eines Anteils an der Nettolohnsumme ausgewichen werden, wenn eine tatsachenfundierte Berechnung anhand der bereits vorliegenden und der erhebbaren Beweismittel möglich erscheint. Die zuverlässige Klärung, ob eine für die Berechnung verlässliche Tatsachengrundlage beschafft werden kann, ist dabei auch und besonders Aufgabe der Ermittlungsbehörden. Deshalb wäre es verfehlt und würde die Hauptverhandlung mit unnötigem Aufklärungsaufwand belasten, wenn die Ermittlungsbehörden sich darauf beschränkten, die Lohnquote zu schätzen, ohne zuvor ausermittelt zu haben, ob eine tatsachenfundierte Berechnung möglich ist.
28
aa) Beweismittel, anhand derer die Ermittlung des Nettoumsatzes und der konkrete Umfang der erbrachten Arbeiten möglich ist, sind im Baugewerbe insbesondere die Ausgangsrechnungen auf der Grundlage von Einheitspreisen.
29
Vollständig erfasste Ausgangsrechnungen können ein aussagekräftiges Indiz zur Ermittlung der tatsächlich erbrachten Arbeitsstunden sein. Die so ermittelten Arbeitsstunden dienen dann ihrerseits als Grundlage für die Berechnung des geleisteten Schwarzlohns, indem sie mit den gezahlten Stundenlöhnen multipliziert werden. Soweit sich keine Anhaltspunkte für die tatsächlich gezahlten Löhne ergeben, kann die Höhe des gezahlten Nettostundenlohns geschätzt werden. Hierbei können branchenübliche oder tarifvertragliche Stundenlöhne zugrunde gelegt werden. Wegen des dort geltenden Zuflussprinzips (vgl. insoweit Senat NJW 2009, 528, 530) sind namentlich im Hinblick auf die Berechnung der hinterzogenen Lohnsteuer dabei Nettolöhne anzusetzen.
30
bb) Die so gewonnenen Ergebnisse sind anhand anderer Betriebszahlen, soweit solche vorliegen, auf ihre Zuverlässigkeit zu überprüfen. Dies gilt insbesondere für die - mitunter in der Buchhaltung erfassten - Abdeckrechnungen, die der Unternehmer, der Arbeitnehmer gegen Zahlung von Schwarzlöhnen beschäftigt , sich bei anderen Unternehmen besorgt. Denn die Abdeckrechnungen dienen vornehmlich der buchhalterischen Verschleierung der Bargeldentnah- men, die erforderlich sind, um die Schwarzlöhne auszuzahlen. Sie können daher belastbare Erkenntnisquellen für die Höhe der geleisteten Schwarzlöhne sein.
31
cc) Soweit sich weitere Unterlagen in der Buchhaltung des jeweils betroffenen Unternehmens finden, sind auch diese mit in Bedacht zu nehmen. Selbst wenn in der Buchhaltung Manipulationen vorgenommen wurden, ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, die vorhandenen Unternehmensunterlagen für sich allein oder in der Gesamtschau im Rahmen einer tatsachenfundierten Schätzung zu verwenden, um im konkreten Einzelfall das der Wirklichkeit am ehesten entsprechende Ergebnis zu erreichen.
32
c) Im vorliegenden Fall sind Umstände festgestellt, anhand derer es möglich erscheint, die Höhe der gezahlten Schwarzlöhne tatsachenfundiert zu berechnen. Deshalb lagen die Voraussetzungen für eine Schätzung der Schwarzlohnsumme nicht vor, so dass sich Beweiswürdigung als rechtsfehlerhaft erweist.
33
aa) Die Strafkammer stellt fest, dass in der Buchhaltung der Ay. GmbH Schwarzlohnzahlungen verdeckt und verschleiert wurden, indem Eingangsrechnungen der Firma A. Bau in der Gesamthöhe von mehr als 400.000 Euro gebucht wurden. Hierbei handelt es sich um Scheinrechnungen, denen keine tatsächlich erbrachten Leistungen zu Grunde lagen und die vielmehr ausschließlich dazu dienten, die Ausgaben für die Zahlung von Schwarzlöhnen abzudecken. Das wäre Anlass gewesen, zu prüfen, ob diese Zahlen eine tatsachenfundierte Grundlage für die Schwarzlohnberechnung sein konnten. Allein der insoweit nicht näher ausgeführte Hinweis, die Buchhaltung sei manipuliert, macht die Prüfung - gerade mit Blick auf die Einlassung des Angeklagten - hier nicht entbehrlich.
34
bb) Denn es erscheint nicht ausgeschlossen, dass die Höhe der Abdeckrechnungen mit der von der Strafkammer für widerlegt erachteten Einlassung des Angeklagten in Einklang gebracht werden kann. Diese ging dahin, für die monatlichen Schwarzlohnzahlungen im Tatzeitraum - von 20 Monaten - monatlich zwischen 20.000 bis 30.000 Euro aufgewandt zu haben. Zwar erscheint es durchaus möglich, dass der Angeklagte damit nur den Umfang zugestanden hat, der wegen der objektiven Beweislage in Form der Abdeckrechnungen ohnehin nicht zu bestreiten war, und dass der tatsächliche Umsatz höher war, wofür die manipulierte Buchhaltung sprechen könnte. Das hätte aber einer näheren Erörterung bedurft.
35
cc) Eine solche Erörterung war hier auch deshalb angezeigt, weil weitere Feststellungen getroffen wurden, die für Würdigung der Einlassung des Angeklagten von Bedeutung sind. Denn aus der Bruttolohnsumme, die sich aus den festgestellten Sozialversicherungsbeiträgen ergibt, die von der Ay. GmbH angemeldet und abgeführt wurden, und der auf eine Bruttolohnsumme hochgerechneten Schwarzlohnzahlungen, die der Angeklagte eingestanden hat, ergibt sich eine Gesamtbruttolohnsumme, die nahezu zwei Drittel des Nettoumsatzes der Gesellschaft im Tatzeitraum ausmacht. Dieser Umstand lässt es als möglich erscheinen, dass der Angeklagte Schwarzlohnzahlungen in Höhe des in seinem Unternehmen üblicherweise gezahlten Nettolohns leistete.
36
dd) Da sich die Strafkammer trotz dieser Umstände, die eine tatsachenfundierte Schätzung orientiert an den konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls als möglich erscheinen lassen, einer pauschalen, an Durchschnittswerten orien- tierten Schätzung bedient hat, erweist sich das Urteil als rechtsfehlerhaft. Der Senat kann nicht ausschließen, dass sich dies zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat, weil die pauschale Schätzung zu nennenswert höheren Hinterziehungsbeträgen geführt haben kann.
37
2. Unabhängig davon wurden zu Lasten des Angeklagten bei der Berechnung der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge auch Teile des Lohns, für den Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden waren, von der Hochrechnung auf einen Bruttolohn erfasst. Auch dies erweist sich zum Nachteil des Angeklagten als rechtsfehlerhaft.
38
Das Landgericht hat bei der Ermittlung der Schwarzlohnsumme, die gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV auf eine Bruttolohnsumme hochzurechnen ist (vgl. Senat NJW 2009, 528, 529 ff.), auch Lohnzahlungen berücksichtigt, die den zuständigen Stellen gemeldet und für die Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden waren. Zwar ist eine Hochrechnung der Schwarzlohnsumme nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV auch dann zulässig, wenn ein Unternehmer lediglich teilweise Schwarzlohnzahlungen leistet (Senat, Beschl. vom 7. Oktober 2009 - 1 StR 320/09). Insoweit kann aber nur die Lohnsumme hochgerechnet werden, die nicht angemeldet und für die daher auch keine Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer abgeführt wurden. Demgegenüber darf der Teil der Lohnsumme, der gemeldet und für den Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer abgeführt worden waren, bei der Hochrechnung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV nicht miteinbezogen werden. Dies würde im Ergebnis zu einer doppelten Hinzurechnung von Arbeitnehmeranteilen und Lohnsteuer zum Nettogehalt führen. Der Abzug der tatsächlich gezahlten Sozialversicherungsbeiträge gleicht dies nicht aus. Der gemeldete Bruttolohn ist daher von der im Wege der Schätzung gewonnenen Lohnsumme abzuziehen. Insoweit ist zu beach- ten, ob es sich bei der im Wege der Schätzung gewonnenen Lohnsumme um eine Brutto- oder Nettolohnsumme handelt. Abhängig davon wird der Lohnsummenteil , für den Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer gezahlt worden waren, netto oder brutto abzuziehen sein.
39
Auf diesem Berechnungsfehler beruht das Urteil auch, da das Landgericht den Schuldumfang zum Nachteil des Angeklagten fehlerhaft bestimmt hat.

III.

40
Wenngleich auf der Grundlage der Einlassung des Angeklagten ausgeschlossen werden kann, dass es in den Einzelfällen nicht zur Hinterziehung von Steuern und dem Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen kam, ist hier auch der Schuldspruch aufzuheben, um dem neuen Tatgericht widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen. Denn soweit die Schadensberechnung auf der Grundlage einer auf pauschalen, an Durchschnittswerten orientierten Schätzung der Bemessungsgrundlagen erfolgt, ist jedenfalls in einzelnen Beitragsmonaten möglich, dass zumindest Sozialversicherungsbeiträge nicht vorenthalten wurden.

IV.

41
Keinen Bestand hat auch die Anordnung des Verfalls von Wertersatz.
42
Der Generalbundesanwalt hat insoweit ausgeführt: „1. Das Landgericht hat in Höhe gesicherter Vermögenswerte den Verfall von Wertersatz angeordnet, da Gläubiger 'auf diese' keinen Anspruch hätten. 2. Ungeachtet der Frage, ob die Voraussetzungen der §§ 73 Abs. 1 bis 3, 73a StGB ausreichend dargelegt sind, steht dem Verfall (von Wertersatz) § 73 Abs. 1 S. 2 StGB entgegen. Verletzter i.S.d. Vorschrift kann auch eine juristische Person öffentlichen Rechts einschließlich des Fiskus sein (Fischer StGB 56. Aufl. § 73 Rn. 21; BGH NStZ 2001, 155; Harms/Jäger NStZ 2001, 181). Es ist (bislang) nicht erkennbar, warum der Fiskus, die Krankenkasse und die Berufsgenossenschaften den Angeklagten nicht in Anspruch nehmen können (§§ 72 AO, 823 Abs. 2 BGB; vgl. Fischer StGB 56. Aufl. § 266a Rn. 2).“
43
Dem schließt sich der Senat an.

V.


44
Für die neue Verhandlung weist der Senat auf folgendes hin:
45
1. Auch soweit Beiträge, die an die BG Bau-Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft für die Beitragsjahre 2005 und 2006 abzuführen waren, dadurch verkürzt wurden, dass jeweils bewusst pflichtwidrig zu niedrige Lohnnachweise zur Bemessung der Umlagebeträge für die gesetzliche Unfallversicherung abgegeben wurden, ist der Tatbestand des § 266a Abs. 2 StGB verwirklicht. Denn bei den Beiträgen zur gesetzlichen Unfallversicherung i.S.v. § 150 Abs. 1 SGB VII handelt es sich um Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung (vgl. Fischer StGB 56. Aufl. § 266a Rdn. 19). § 266a Abs. 2 StGB verdrängt als die speziellere Norm § 263 StGB (vgl. BGH NStZ-RR 2007, 236; wistra 2008, 180).
46
Das bei der Bemessung der Beiträge an die BG Bau nach § 153 SGB VII zu Grunde zu legende Arbeitsentgelt bestimmt sich nach § 14 SGB IV (Marschner in BeckOK SGB VII § 153). Demnach kann auch insoweit eine Hochrechnung des im Wege der Schätzung ermittelten Nettoschwarzlohns nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV erfolgen.
47
2. Für die Strafzumessung gilt: Es ist ein bestimmender Strafschärfungsgrund (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO), wenn in Fällen der vorliegenden Art ein Arbeitgeber nach Gesetz buchungs- oder aufzeichnungspflichtige Vorgänge nicht oder nicht richtig verbucht oder verbuchen lässt, d.h. Lohnunterlagen nicht oder unrichtig führt.
48
Denn der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer illegal beschäftigt, verwirklicht dadurch neben den Straftaten nach § 266a StGB, § 370 AO Ordnungswidrigkeitentatbestände. So führt er die nach § 28f SGB IV erforderlichen Lohnunterlagen nicht (Ordnungswidrigkeit nach § 111 Abs. 1 Nr. 3 bzw. Nr. 3a SGB IV; siehe auch § 5 Abs. 1 Nr. 6 AEntG). Daneben kommen Ordnungswidrigkeiten nach § 379 AO in Betracht.
49
Wenngleich die Ordnungswidrigkeiten regelmäßig durch die verwirklichten Straftatbestände verdrängt (§ 21 Abs. 1 OWiG) oder im Hinblick auf die Straferwartung von der Verfolgung ausgenommen werden, kann bei der Strafzumessung - nach entsprechendem Hinweis an den Angeklagten - strafschärfend berücksichtigt werden, dass zur Ermöglichung und Verschleierung der Straftaten Ordnungswidrigkeiten begangen wurden (vgl. BGHSt 23, 342, 345).
50
Der Strafschärfungsgrund kann sich bei der Strafzumessung innerhalb des gefundenen Strafrahmens, aber auch schon bei der Strafrahmenwahl auswirken. Für die Strafrahmenwahl gilt: Sowohl § 266a Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 StGB als auch § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 AO nennen als Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall eine fortgesetzte Verkürzung unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege. Eine bewusste und nachhaltige Manipulation von Lohnunterlagen - unter Verstoß gegen gesetzliche Aufzeichnungspflichten - zum Zwecke der Verschleierung von Schwarzarbeit mag zwar zu- meist das benannte Regelbeispiel nicht erfüllen (vgl. BGH StV 2005, 213), legt aber gleichwohl bei unternehmerischer Tätigkeit mit namhaften Hinterziehungsbeträgen die Annahme eines unbenannten Regelbeispiels des besonders schweren Falles nahe.
Nack Wahl Hebenstreit
Jäger Sander

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

6
Dem Tatgericht obliegt es nach ständiger Rechtsprechung, die geschuldeten Beiträge – für die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte gesondert – nach Anzahl , Beschäftigungszeiten, Löhnen der Arbeitnehmer und der Höhe des Beitragssatzes der örtlich zuständigen Krankenkasse festzustellen, um eine revisionsgerichtliche Nachprüfung zu ermöglichen (BGH, Beschlüsse vom 4. März 1993 - 1 StR 16/93 und vom 22. März 1994 - 1 StR 31/94; Urteil vom 20. März 1996 - 2 StR 4/96, NStZ 1996, 543; Radtke in MüKo StGB, 2. Aufl., § 266a Rn. 61, 133), weil die Höhe der geschuldeten Beiträge auf der Grundlage des Arbeitsentgelts nach den Beitragssätzen der jeweiligen Krankenkassen sowie den gesetzlich geregelten Beitragssätzen der Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung zu berechnen ist (BGH, Urteil vom 11. August 2010 - 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376). Falls solche Feststellungen im Einzelfall nicht möglich sind, kann die Höhe der vorenthaltenen Beiträge auf Grundlage der tatsächlichen Umstände geschätzt werden (BGH, Beschluss vom 10. November 2009 - 1 StR 283/09, NStZ 2010, 635; Radtke in MüKo StGB, 2. Aufl., § 266a Rn. 136). Die Grundsätze, die die Rechtsprechung bei Taten nach § 370 AO für die Darlegung der Berechnungsgrundlagen der verkürzten Steuern entwickelt hat, gelten insoweit entsprechend (BGH, Beschluss vom 4. März 1993 - 1 StR 16/93, StV 1993, 364; Urteil vom 11. August 2010 - 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376). Dementsprechend genügt es gerade nicht, die vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge lediglich der Höhe nach anzugeben (BGH, Beschluss vom 28. Mai 2002 - 5 StR 16/02, BGHSt 47, 318). Vielmehr müssen die Urteilsgründe die Berechnungsgrundlagen und Berechnungen im Einzelnen wiedergeben (BGH, Beschluss vom 4. März 1993 - 1 StR 16/93, StV 1993, 364; Radtke in MüKo StGB, 2. Aufl., § 266a Rn. 133).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
1 StR 199/10
vom
11. August 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Steuerhinterziehung u.a.
zu 2.: Betruges u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlungen
vom 10. und 11. August 2010, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Hebenstreit,
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
der Angeklagte ,
- in der Verhandlung vom 10. August 2010 -
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung vom 10. August 2010 -
als Verteidiger des Angeklagten A. C. ,
die Angeklagte ,
- in der Verhandlung vom 10. August 2010 -
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung vom 10. August 2010 -
als Verteidiger der Angeklagten E. C. ,
Herr
- in der Verhandlung vom 10. August 2010 -
als Dolmetscher für Türkisch,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten A. C. wird das Urteil des Landgerichts Detmold vom 30. November 2009, soweit es ihn betrifft, im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte
a) im Fall II. 8 der Urteilsgründe wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt und
b) im Fall II. 83 der Urteilsgründe wegen Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition schuldig ist. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten A. C. und die Revision der Angeklagten E. C. werden verworfen. 3. Die Angeklagten haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen. Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten A. C. wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 55 Fällen, wegen Betruges in zehn Fällen , davon in sieben Fällen in Tateinheit mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, wegen Steuerhinterziehung in 15 Fällen, wegen versuchter Steuerhinterziehung in drei Fällen und wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Angeklagte E. C. hat es wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in zwölf Fällen und wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat.
2
Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren jeweils auf Sachrügen gestützten Revisionen. Die Revision des Angeklagten A. C. hat zum Schuldspruch den aus dem Tenor ersichtlichen geringfügigen Teilerfolg. Im Übrigen sind die Revisionen unbegründet.

I.


3
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
1. Der Angeklagte A. C. - ein in der Türkei ausgebildeter Steuerberater - betrieb im Zeitraum von 1998 bis 2008 - zum Teil zeitlich überlappend - mehrere Unternehmen im Baugewerbe, deren Gewinne er mit illegalen Mitteln maximieren wollte. Außer bei seiner Einzelfirma verschleierte er bei den Firmen jeweils seine beherrschende Stellung als tatsächlicher Inhaber und faktischer Geschäftsführer, indem er jeweils andere Personen als Inhaber bzw. als Geschäftsführer auftreten ließ. Bei der Firma C. Bau trat seine Ehefrau, die An- geklagte E. C. , nach außen als Firmeninhaberin auf. Daneben betrieb der Angeklagte eine Tabledance-Bar, in der er mindestens zwei weibliche Arbeitnehmer beschäftigte, die ein monatliches Gehalt von jeweils mindestens 140 Euro erhielten.
5
Um seinen Gewinn zu erhöhen, kam der Angeklagte A. C. bei diesen Unternehmen den ihm obliegenden steuerlichen Erklärungspflichten nicht nach und meldete auch den ganz überwiegenden Teil der bei den Firmen beschäftigten Arbeitnehmer nicht den Einzugsstellen der Sozialversicherungsträger. Bei der C. Bau handelte er dabei im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit der Angeklagten E. C. .
6
Indem er für die von ihm beherrschten Firmen in den Veranlagungszeiträumen 2003 und 2004 trotz getätigter Umsätze keine Umsatzsteuererklärungen abgab, verkürzte der Angeklagte A. C. Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt mehr als 47.000 Euro. Daneben verkürzte er zugunsten der Es. GmbH, für die er im Veranlagungszeitraum 2004 weder eine Körperschaftsteuer - noch eine Gewerbesteuererklärung abgab, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer von insgesamt mehr als 19.000 Euro. Ebenfalls für den Veranlagungszeitraum 2004 gab der Angeklagte A. C. keine Einkommensteuererklärung ab und verkürzte dadurch Einkommensteuer in Höhe von 3.642 Euro. Indem er die in den von ihm beherrschten Baufirmen beschäftigen Arbeitnehmer bei den zuständigen Stellen nicht anmeldete, bewirkte er, dass mehr als 238.000 Euro an Sozialversicherungsbeiträgen vorenthalten und Lohnsteuer in Höhe von 19.130 Euro verkürzt wurden.
7
2. Darüber hinaus veranlasste der Angeklagte A. C. , indem er in entsprechenden Anträgen bewusst wahrheitswidrige Angaben über seine Be- schäftigungs- und Vermögensverhältnisse machte, zum einen die Bundesagentur für Arbeit zur ungerechtfertigten Bewilligung und Zahlung von Arbeitslosengeld I in Höhe von mehr als 9.000 Euro und zum anderen - gemeinschaftlich mit der Angeklagten E. C. handelnd - die L. GmbH zur Bewilligung und Zahlung von Sozialleistungen nach dem Sozialgesetzbuch II in Höhe von insgesamt mehr als 31.000 Euro, auf die er ebenfalls keinen Anspruch hatte. Gegenüber der Landesbrandversicherungsanstalt, bei der er eine Wohngebäudeversicherung unterhielt, meldete der Angeklagte wahrheitswidrig einen Sturmschaden und veranlasste dadurch die Versicherung zur Zahlung einer nicht gerechtfertigten Versicherungsleistung in Höhe von mehr als 2.300 Euro.
8
3. Schließlich besaß der Angeklagte A. C. im Jahr 2008 eine Pistole Kaliber 7,65 mm und insgesamt 13 Patronen Munition, ohne die dafür erforderliche Erlaubnis zu besitzen.

II.


9
Die Revision des Angeklagten A. C. bleibt, abgesehen von einer Schuldspruchberichtigung in den Fällen II. 8 und II. 83 der Urteilsgründe, im Ergebnis ohne Erfolg. Zwar sind die Feststellungen zum Teil sehr knapp und teilweise sogar lückenhaft. Der Senat kann jedoch sowohl zum Schuldspruch als auch zum Strafausspruch ausschließen, dass dies den Angeklagten beschwert.
10
1. Die Verurteilung des Angeklagten A. C. in den Fällen II. 1, 14, 15 und 18 der Urteilsgründe wegen Steuerhinterziehung bzw. versuchter Steuerhinterziehung und in den Fällen II. 9 bis 13 sowie 31 bis 80 der Urteilsgründe wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt hält rechtlicher Nachprüfung noch stand. Soweit das Landgericht der Strafzumessung einen geringfügig zu großen Schuldumfang zu Grunde gelegt hat, kann der Senat ausschließen, dass sich dies auf den Strafausspruch ausgewirkt hat.
11
a) Bei einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung durch Abgabe unrichtiger Steuererklärungen (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) sind in den Urteilsgründen diejenigen Parameter festzustellen, die die Grundlage für die Steuerberechnung bilden (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - 1 StR 718/08, NStZ 2009, 639, 640). Liegt dem Angeklagten demgegenüber - wie hier - eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen i.S.v. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO zur Last, sind zunächst die Umstände festzustellen, aus denen sich ergibt, dass der Angeklagte zur Abgabe der fraglichen Steuererklärungen verpflichtet war. Sodann sind in den Urteilsgründen die Tatsachen mitzuteilen, aus denen sich die Höhe der durch die pflichtwidrige Nichtabgabe der Erklärungen hinterzogenen Steuer ergibt.
12
Bei einem geständigen Angeklagten ist auch in den Fällen des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO hinsichtlich des Umfangs der Sachdarstellung zwischen der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen und der Beweiswürdigung zu unterscheiden. Während die Darstellung der steuerlich erheblichen Tatsachen regelmäßig nicht verkürzt erfolgen kann, weil die Subsumtion sonst nicht mehr nachprüfbar ist, bedarf es bei einem geständigen Angeklagten zumeist keiner ausführlichen Würdigung der Beweise, die diesen Feststellungen zugrunde liegen. Räumt der Angeklagte die Besteuerungsgrundlagen ein und hat sich der Tatrichter von der Richtigkeit des Geständnisses überzeugt, dann genügt eine knappe Würdigung der so gefundenen Überzeugung. Jedenfalls, soweit es um das „reine Zahlenwerk” - etwa den Umsatz, die Betriebseinnahmen oder die Betriebsausgaben - geht, wird regelmäßig davon ausgegangen werden können, dass selbst ein steuerrechtlich nicht versierter Angeklagter diese Parameter aus eigener Kenntnis bekunden kann. Der Tatrichter kann seine Überzeugung insoweit auch auf verlässliche Wahrnehmungen von Beamten der Finanzverwaltung zu den tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen stützen. Angaben von Finanzbeamten zu tatsächlichen Gegebenheiten können - wie bei sonstigen Zeugen auch - taugliche Grundlage der Überzeugung des Tatrichters sein.
13
b) Dieselben Grundsätze gelten für die Straftaten des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gemäß § 266a Abs. 1 und Abs. 2 StGB. Hier sind zunächst diejenigen Feststellungen zu treffen, aus denen sich die Arbeitgeberstellung des Täters und - daraus folgend - die diesem obliegenden Meldepflichten gegenüber den Sozialversicherungsträgern ergeben. Festzustellen sind weiter die im jeweiligen Beitragsmonat gezahlten Löhne oder Gehälter. Bei der Feststellung der monatlichen Beiträge ist für jeden Fälligkeitszeitpunkt die Anzahl der Arbeitnehmer und die Höhe des Beitragssatzes der jeweils zuständigen Krankenkasse anzugeben (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Februar 2007 - 5 StR 544/06, wistra 2007, 220 mwN), weil sich die Höhe der geschuldeten Beiträge auf der Grundlage des Arbeitsentgelts nach den Beitragssätzen der jeweiligen Krankenkasse sowie den gesetzlich geregelten Beitragssätzen der Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung errechnet. Nur so wird dem Revisionsgericht die Nachprüfung der Höhe der den Sozialversicherungsträgern vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge ermöglicht.
14
Auch bei einem geständigen Angeklagten ist die Nennung der Höhe der gezahlten Löhne und Gehälter sowie der Beitragssätze der zuständigen Krankenkasse regelmäßig unverzichtbar. Demgegenüber kann die Beweiswürdigung hierzu bei Vorliegen eines glaubhaften Geständnisses knapp gehalten werden, denn diese Umstände können Gegenstand eines Geständnisses sein. Im Rah- men seiner Überzeugungsbildung zu den Bemessungsgrundlagen kann sich der Tatrichter auch auf verlässliche Wahrnehmungen von Ermittlungsbeamten stützen.
15
Liegen - z.B. wegen unvollständiger oder fehlender Buchhaltung des Arbeitgebers - keine tragfähigen Erkenntnisse über die tatsächlich gezahlten Löhne und Gehälter vor, steht aber nach der Überzeugung des Tatrichters ein strafbares Verhalten des Angeklagten fest, kann - wie auch sonst bei Vermögensdelikten - die Bestimmung des Schuldumfangs im Wege der Schätzung erfolgen. Ein solches Verfahren ist stets zulässig, wenn sich Feststellungen auf andere Weise nicht treffen lassen. Die Schätzung ist sogar unumgänglich, wenn keine Belege oder Aufzeichnungen vorhanden sind. In Fällen dieser Art hat der Tatrichter einen als erwiesen angesehenen Schuldumfang festzustellen. Dabei hat er auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisse die Höhe der Löhne und Gehälter zu schätzen und daraus den Umfang der jeweils vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge zu berechnen. Die Schätzung kann - wie hier - auch aus verfahrensökonomischen Gründen angezeigt sein, etwa dann, wenn eine genaue Ermittlung der Sozialversicherungsbeiträge einen erheblichen Aufklärungsaufwand erfordern würde, sie aber gegenüber der Schätzung voraussichtlich nur zu nicht erheblich abweichenden Werten führen würde (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2009 - 1 StR 283/09, wistra 2010, 148 mwN).
16
c) Gemessen an diesen Grundsätzen halten Schuldspruch und Strafausspruch in den vorgenannten Fällen rechtlicher Nachprüfung stand.
17
aa) Die Verurteilung des Angeklagten A. C. in den Fällen II. 1, 14 und 18 der Urteilsgründe wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO ist frei von Rechtsfehlern. Das Landgericht hat die in den jeweiligen Besteuerungszeiträumen erzielten Umsätze mitgeteilt und sodann unter Anwendung des sich aus dem Gesetz ergebenden Umsatzsteuersatzes die verkürzte Umsatzsteuer zutreffend berechnet. Der Angeklagte hat - was ihm möglich war, weil er die Umsätze kannte - die Höhe der verkürzten Umsatzsteuern auch eingeräumt. Dieses Geständnis hat das Landgericht unter Heranziehung des übrigen Ermittlungsergebnisses rechtsfehlerfrei als glaubhaft angesehen.
18
bb) Demgegenüber sind die Urteilsfeststellungen lückenhaft, soweit das Landgericht den Angeklagten in den Fällen II. 9 bis 13 und 31 bis 80 der Urteilsgründe wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt und im Fall II. 15 der Urteilsgründe wegen versuchter Steuerhinterziehung verurteilt hat. In den Fällen II. 9 bis 13 und 31 bis 80 der Urteilsgründe hat das Landgericht nicht festgestellt, welche Beitragssätze der Krankenkassen es der Berechnung der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge zu Grunde gelegt hat. Im Fall II. 15 der Urteilsgründe (Hinterziehung von Einkommensteuer für das Jahr 2004) hat das Landgericht nicht alle Besteuerungsgrundlagen, die für die Bestimmung des zu versteuernden Einkommens bedeutsam sind, mitgeteilt. Der Senat kann auf Grundlage der getroffenen Feststellungen jedoch sicher ausschließen , dass sich diese Darstellungsmängel auf den Schuldspruch und den Strafausspruch ausgewirkt haben.
19
(1) Im Fall II. 15 der Urteilsgründe (Einkommensteuerhinterziehung für das Jahr 2004) hat das Landgericht zwar nicht alle zur Berechnung der verkürzten Steuer erforderlichen Besteuerungsgrundlagen mitgeteilt. Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt sich aber, dass weitere als die vom Landgericht berücksichtigten Faktoren, die sich einkommensteuerrechtlich zugunsten des Angeklagten auswirken könnten, nicht vorhanden waren. Solche hat der steuerlich vorgebildete und kaufmännisch versierte, zudem anwaltlich verteidigte Angeklagte auch nicht geltend gemacht. Vielmehr hat er ein vollumfängliches Geständnis abgelegt, das sich auch auf die festgestellten Umsätze und Gewinne bezogen hat und für das er ersichtlich auch eine ausreichende Sachkunde besaß. Angesichts der festgestellten Höhe des von dem Angeklagten nicht erklärten Arbeitslohnes und der von ihm vereinnahmten verdeckten Gewinnausschüttung aus der Es. GmbH schließt der Senat aus, dass das Landgericht bei vollständiger Darstellung der maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen zu einem Hinterziehungsumfang gelangt wäre, bei dem es eine noch mildere Strafe als die in diesem Fall verhängte Einzelstrafe von 90 Tagessätzen festgesetzt hätte. Der Senat hat dabei berücksichtigt, dass sich ausgehend von den vom Landgericht mitgeteilten Besteuerungsgrundlagen ein geringfügig niedrigerer Verkürzungsumfang als vom Landgericht angenommen ergibt.
20
(2) In den Fällen II. 9 bis 13, 31 bis 38 und 40 bis 50 der Urteilsgründe (Straftaten gemäß § 266a StGB) kann der Senat trotz der vorhandenen Darstellungsmängel zu den sozialversicherungsrechtlichen Bemessungsgrundlagen sicher ausschließen, dass das Landgericht bei der Berechnung der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge zum Nachteil des Angeklagten einen zu großen Schuldumfang angenommen hat. Denn das Landgericht hat in den Urteilsgründen die der Beitragsberechnung zu Grunde liegenden Schwarzlohnsummen mitgeteilt. Ausgehend von diesen Beträgen kann der Senat die nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71, Rn. 9 ff.) gebotene Hochrechnung der ausgezahlten Löhne auf ein fiktives Bruttoarbeitsentgelt selbst vornehmen und davon ausgehend den Beitragsschaden auch selbst berechnen.
21
(3) Demgegenüber hat das Landgericht in den Fällen II. 39 sowie 51 bis 80 der Urteilsgründe (Straftaten gemäß § 266a StGB) der Strafzumessung einen zu großen Schuldumfang zu Grunde gelegt. Der Senat kann jedoch ausschließen , dass das Landgericht niedrigere als die verhängten Einzelstrafen festgesetzt hätte, wenn es in diesen Fällen von einem zutreffenden Schuldumfang ausgegangen wäre.
22
(a) Bei Fall II. 39 der Urteilsgründe (Straftat gemäß § 266a StGB) hat das Landgericht - was grundsätzlich zulässig ist (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2009 - 1 StR 283/09, wistra 2010, 148 Rn. 21) - die Schwarzlohnsumme auf zwei Drittel der Nettoumsätze geschätzt. Allerdings lässt sich hier die festgestellte Schwarzlohnsumme mit den festgestellten Nettoumsätzen nicht in Einklang bringen, weshalb auch die weiteren Berechnungen fehlerhaft sind. Angesichts einer Abweichung von etwa 2.000 Euro gegenüber der zutreffenden Schadenssumme kann der Senat im Hinblick auf die seitens der Strafkammer vorgenommene, an der Schadenshöhe ausgerichtete Staffelung der verhängten Einzelstrafen ausschließen, dass das Landgericht bei fehlerfreier Berechnung für diese Tat eine niedrigere Einzelstrafe verhängt hätte.
23
(b) In den Fällen II. 51 bis 80 der Urteilsgründe (Straftaten gemäß § 266a StGB) hat das Landgericht die Zahlungen an die weiblichen Beschäftigten der Tabledance-Bar in Höhe von jeweils 140 Euro pro Monat als Nettolöhne gewertet und diese nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV auf ein fiktives Bruttogehalt hochgerechnet. Dieses Bruttogehalt wurde der Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge zu Grunde gelegt; dabei wurden die regelmäßigen Beitragssätze http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=SGB_V&p=249b [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=SGB_VI&p=172 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=SGB_VI&p=172&x=3 - 13 - angewendet, wie sie für ein in vollem Umfang sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis gelten.
24
Dieses Vorgehen erweist sich als rechtsfehlerhaft. Denn die Vorschrift des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV findet in Fällen der vorliegenden Art - jedenfalls für die Bestimmung des strafrechtlich relevanten Beitragsschadens - keine Anwendung , weil es sich bei den fraglichen Arbeitsverhältnissen nach den Feststellungen um geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse i.S.v. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV handelte. Einer Hochrechnung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV auf ein Bruttoarbeitsentgelt steht insoweit sowohl der Wortlaut des § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IV, auf den § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV verweist, als auch der Zweck, den der Gesetzgeber bei Einführung des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV verfolgte (vgl. insoweit BT-Drucks. 14/8221 S. 14), entgegen. Die Anwendung von § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV ist in diesen Fällen insbesondere nicht zur Verhinderung und Beseitigung von Wettbewerbsvorteilen geboten. Denn auch bei rechtmäßigem Verhalten müsste der Arbeitgeber nicht mehr als die Pauschalbeiträge und -steuern tragen. Eine Vereinbarung, nach der dem Arbeitnehmer das tatsächlich ausgezahlte Entgelt verbleibt, ohne dass hierfür Sozialversicherungsbeiträge aus einem Bruttoentgelt ermittelt werden müssten, kann somit rechtmäßig getroffen werden (vgl. insoweit BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71, Rn. 14). Hierin liegt der Unterschied zu sonstigen Fällen illegaler Beschäftigung.
25
Die im Tatzeitraum i.S.v. § 266a Abs. 2 StGB vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge betrugen daher auf Grundlage der getroffenen Feststellungen zu den ausgezahlten Löhnen nach Maßgabe von § 249b Satz 1 SGB V (Pauschalbeitrag zur Krankenversicherung in Höhe von 13 % bzw. bis 30. Juni 2006 11 % des Arbeitsentgelts) und § 172 Abs. 3 Satz 1 SGB VI (Pauschalbei- trag zur Rentenversicherung in Höhe von 15 % bzw. bis 30. Juni 2006 12 %) bis einschließlich Juni 2006 lediglich 64,40 Euro und ab Juli 2006 78,40 Euro pro Monat. Auch insoweit kann der Senat im Hinblick auf vom Landgericht vorgenommene , an der Schadenshöhe ausgerichtete Staffelung der verhängten Einzelstrafen ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender Berechnung in diesen Fällen noch niedrigere Einzelstrafen festgesetzt hätte.
26
2. In den Fällen II. 19 bis 30 der Urteilsgründe (Hinterziehung von Lohnsteuer) wird der vom Landgericht angenommene tatbestandliche Schuldumfang von den Feststellungen getragen. Die der Berechnung der Lohnsteuer zu Grunde liegenden Schwarzlohnzahlungen hat das Landgericht im Zusammenhang mit der Verurteilung wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in den Fällen II. 2 bis 13 der Urteilsgründe festgestellt. Ausgehend von diesen rechtsfehlerfrei festgestellten Lohnsummen, die nicht auf ein Bruttoentgelt nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV hochzurechnen sind (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71, Rn. 16), hat das Landgericht die hinterzogene Lohnsteuer zutreffend berechnet.
27
3. In den Fällen II. 16 und 17 der Urteilsgründe (Hinterziehung von Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer betreffend die Es. GmbH im Veranlagungszeitraum 2004) hat das Landgericht bei der Berechnung der verkürzten Steuern zwar die in diesem Veranlagungszeitraum noch vorzunehmende Gewerbesteuerrückstellung nicht berücksichtigt (vgl. BGH, Beschluss vom 17. April 2004 - 5 StR 547/07, wistra 2008, 310, 313 sowie § 4 Abs. 5b i.V.m. § 52 Abs. 12 Satz 7 EStG). Wegen der lediglich geringfügigen Abweichungen zum tatsächlichen Verkürzungsumfang ist der Angeklagte aber nicht beschwert.
28
4. In den übrigen Fällen enthält das Urteil - abgesehen von den aus der Urteilsformel ersichtlichen Schuldspruchberichtigungen - keine durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten A. C. .
29
a) In den Fällen II. 2 bis 7 der Urteilsgründe (Straftaten zum Nachteil von Sozialversicherungsträgern) betreffend die Beitragsmonate November und Dezember 2003 sowie März bis Juni 2004 tragen die Feststellungen des Landgerichts die Verurteilung wegen Betruges gemäß § 263 StGB. Der Angeklagte hat in diesen Fällen die von ihm beschäftigten Arbeitnehmer nicht den zuständigen Sozialversicherungsträgern gemeldet, obwohl er hierzu gemäß § 28a SGB IV verpflichtet war. Infolgedessen haben diese von der Beitreibung der geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge abgesehen. Die auch bei Betrug durch Unterlassen erforderliche Täuschung mit Irrtumserregung beim Getäuschten (hier: Einzugsstelle) hat das Landgericht vorliegend ausdrücklich festgestellt.
30
Von einer Schuldspruchberichtigung in diesen Fällen im Hinblick auf die Verurteilung des Angeklagten gemäß § 266a StGB hinsichtlich der Arbeitnehmerbeiträge (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Februar 2003 - 5 StR 165/02, NJW 2003, 1821, 1823; Beschluss vom 13. Juli 2006 - 5 StR 173/06, NStZ-RR 2006, 308) sieht der Senat ab. Bei der gebotenen konkreten Betrachtungsweise bei Anwendung des § 2 Abs. 3 StGB im Hinblick auf die Änderung des § 266a StGB mit Wirkung vom 1. August 2004 (vgl. BGH, Beschluss vom 24. April 2007 - 1 StR 639/06, NStZ 2007, 527; Beschluss vom 20. Dezember 2007 - 5 StR 482/07, wistra 2008, 180, 181) kann ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte insoweit beschwert ist.
31
b) Im Fall II. 8 der Urteilsgründe betreffend den Beitragsmonat Juli 2004 verdrängt der am 1. August 2004 in Kraft getretene § 266a Abs. 2 StGB den Betrugstatbestand des § 263 Abs. 1 StGB (BGH, Beschluss vom 24. April 2007 - 1 StR 639/06, NStZ 2007, 527). Der Senat ändert deshalb den Schuldspruch insoweit auf Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt gemäß § 266a Abs. 1 und Abs. 2 StGB ab.
32
c) Im Fall II. 83 der Urteilsgründe rechtfertigen die Urteilsfeststellungen die Verurteilung des Angeklagten wegen Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffenG. Da das Landgericht in den Tenor lediglich einen „Verstoß gegen das Waffengesetz“ aufgenommen hat, berichtigt der Senat die Urteilsformel zur Klarstellung entsprechend.

III.


33
Die Revision der Angeklagten E. C. bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Wie bereits hinsichtlich des Angeklagten A. C. ausgeführt, kann der Senat bezüglich der Fälle II. 40 bis 50 der Urteilsgründe - in Mittäterschaft begangene Taten der Angeklagten A. und E. C. - trotz der vorhandenen Darstellungsmängel ausschließen, dass das Landgericht der Strafzumessung einen zu großen Schuldspruch zugrunde gelegt hat. Im Fall II. 39 der Urteilsgründe schließt der Senat - ebenfalls wie beim Angeklagten A. C. - angesichts der an der Schadenshöhe ausgerichteten Staffelung der verhängten Einzelstrafen aus, dass das Landgericht bei fehlerfreier Berechnung für diese Tat eine niedrigere Einzelstrafe verhängt hätte. Auch im Übrigen ist die Revision der Angeklagten E. C. unbegründet.
Nack Wahl Hebenstreit
Graf Jäger
10
Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen tragen zwar den Schuldspruch, der Strafausspruch hält jedoch revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand.
28
b) Dies bedingt zugleich die Aufhebung des Urteils insgesamt. Zwar erfordert ein lediglich den Schuldumfang betreffender Rechtsfehler regelmäßig nicht die Aufhebung auch des Schuldspruchs, da sich die Verurteilung jedenfalls im Ergebnis rechtfertigt (Kuckein in Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Aufl., § 353 Rn. 13 mwN). So lässt es bei Steuerhinterziehung den Schuldspruch grundsätzlich unberührt, wenn lediglich der Verkürzungsumfang, etwa durch eine fehlerhafte Schätzung, unrichtig bestimmt ist, die Verwirklichung des Tatbestandes aber sicher von den Feststellungen getragen wird (vgl. BGH, Be- schluss vom 24. Mai 2007 - 5 StR 58/07, wistra 2007, 345). Der Schuldspruch ist hier jedoch aufzuheben, weil - insbesondere mit Blick auf § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG - wesentliche Modalitäten zu dem auch den Schuldumfang determinierenden Tathergang unklar bleiben (hierzu vgl. Kuckein in Karlsruher Kommentar , StPO, 6. Aufl., § 353 Rn. 18 mwN) und dem neuen Tatrichter die Möglichkeit zu geben ist, eine Entscheidung ohne Bindung an die bisherigen - widersprüchlichen - Feststellungen zu treffen (hierzu vgl. auch BGH, Beschluss vom 20. Juni 1996 - 4 StR 680/95, NStZ-RR 1997, 72, 73).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 245/16
vom
22. September 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:220916B1STR245.16.1

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 22. September 2016
beschlossen:
1. Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 12. November 2015 werden als unbegründet verworfen. 2. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat: Die von der Revision angeregte Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV ist nicht veranlasst. Die Auslegung des Begriffs der Uneinbringlichkeit i.S.v. § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG durch die Strafkammer (vgl. hierzu auch die Stellungnahme des Generalbundesanwalts ) entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Unzulässigkeit eines Vorsteuerabzugs gemäß § 15 Abs. 1 UStG, wenn schon zurzeit der Rechnungsstellung Uneinbringlichkeit gegeben ist (vgl. BFH, Urteil vom 24. Oktober 2013 – V R 31/12, BFHE 243, 451, BStBl II 2015, 674; Beschluss vom 9. April 2014 – XI B 10/14, BFH/NV 2014, 1099). Bei der Auslegung des Begriffs der Uneinbringlichkeit steht den Mitgliedstaaten ein Regelungsspielraum zu (vgl. Art. 90 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem – MwStSystRL). Die Annahme einer Uneinbringlichkeit aufgrund von Umständen, die vor Einreichen der Umsatzsteuervoranmeldun- gen gegeben waren, verstößt im Hinblick auf diese den Mitgliedstaaten eingeräumte Regelungsbefugnis nicht gegen den durch Art. 90 MwStSystRL vorgegebenen Rechtsrahmen (BFHE 243, 451 aaO). Dieses Auslegungsergebnis unterliegt keinen vernünftigen Zweifeln. Raum Graf Cirener Fischer Bär

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 497/15
vom
20. September 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs
ECLI:DE:BGH:2016:200916B2STR497.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 20. September 2016 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 16. Juli 2015 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg. Auf die Verfahrensrügen kommt es daher nicht an.
2
1. Das Landgericht hat die Verurteilung des Angeklagten auf folgende Feststellungen gestützt:
3
Der Angeklagte, von Beruf Rechtsanwalt, beantragte am 14. August 2012 bei der zu diesem Zeitpunkt zuständigen Rechtspflegerin beim Amtsgericht Hildburghausen den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gegen die M. GmbH auf Grund eines Vollstreckungsbescheides des Amtsgerichts Aschersleben vom 14. Dezember 2011. Der Angeklagte verschwieg dabei, dass dieser Vollstreckungsbescheid - was ihm bekannt war - bereits mit Urteil des Landgerichts Bamberg vom 29. Mai 2012 aufgehoben worden war, das Amtsgericht Bamberg am 18. Juni 2012 beschlossen hatte, die Zwangsvollstreckung aus dem am 26. Januar 2012 auf Grundlage des Vollstreckungsbescheides des Amtsgerichts Aschersleben erlassenen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gegen die M. GmbH einstweilig einzustellen, und das Amtsgericht Bamberg den vorbezeichneten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss am 7. August 2012 aufgehoben hatte.
4
Die Rechtspflegerin des Amtsgerichts Hildburghausen, der die Vorgänge beim Amts- und Landgericht Bamberg nicht bekannt waren und die deshalb davon ausging, dass keine Vollstreckungshindernisse bestünden, erließ am 1. November 2012 den beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss über eine Hauptforderung in Höhe von 1.921.451,58 € zuzüglich Zinsen und abzüglich seit März 2012 von einer Drittschuldnerin gezahlter 100.000 €. Am 23. November 2012 hob das Amtsgericht Hildburghausen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auf.
5
Das Landgericht ist der Ansicht, dass aufgrund des beim Amtsgericht Hildburghausen erschlichenen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses „das Vermögen der M. GmbH in Höhe von 1.921.451,58 € zuzüglich Nebenforde- rungen gefährdet“ gewesen sei.
6
2. Die getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen (vollendeten ) Betrugs nicht.
7
a) Wie der Generalbundesanwalt im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat, hat der Angeklagte zwar mit seinem Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 14. August 2012 die zuständige Rechtspflegerin beim Amtsgericht Hildburghausen über das Vorliegen eines vollstreckbaren Schuldtitels gegen die M. GmbH getäuscht und dadurch einen entsprechen- den Irrtum bei ihr hervorgerufen. In dem Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 1. November 2012 ist dem Grunde nach auch eine Vermögensverfügung des Vollstreckungsgerichts zum Nachteil derM. GmbH im Sinne von § 263 Abs. 1 StGB zu sehen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. April 2001 - 1 StR 82/01, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Täuschung 19 und vom 19. November 2013 - 4 StR 292/13, BGHSt 59, 68, 72 f.), weil dem Drittschuldner die Zahlung an den Vollstreckungsschuldner untersagt (§ 829 Abs. 1 Satz 1 ZPO), letzterem die Verfügungsbefugnis über die gepfändete Forderung entzogen (§ 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO) und dem Vollstreckungsgläubiger das Recht verliehen wird, die Forderung im eigenen Namen geltend zu machen und einzuziehen (§ 835 Abs. 1, § 836 Abs. 1 ZPO).
8
b) Die Feststellungen belegen aber bislang nicht hinreichend den Eintritt eines Vermögensschadens. Das Landgericht hat eine schadensgleiche Gefährdung des Vermögens der M. GmbH durch den Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses in Höhe der in dem Vollstreckungsbescheid titulierten 1.921.451,58 € zuzüglich Nebenforderungen angenommen. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
9
aa) Ein tatbestandsmäßiger Gefährdungsschaden ist gegeben, wenn die Wahrscheinlichkeit eines endgültigen Verlusts eines Vermögensbestandteils so groß ist, dass dies bereits im Zeitpunkt der Vermögensverfügung eine objektive Minderung des Gesamtvermögenswerts zur Folge hat (vgl. Fischer, StGB, 63. Aufl., § 263 Rn. 159 mwN). Die bloße Möglichkeit des Eintritts eines solchen Schadens genügt nicht. Von einfach gelagerten und eindeutigen Fällen abgesehen , etwa bei einem ohne Weiteres greifbaren Mindestschaden, muss der Vermögensschaden der Höhe nach beziffert und dies in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise in den Urteilsgründen dargelegt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09 u.a., BVerfGE 130, 1, 47).
10
bb) Nach diesen Maßstäben ist eine schadensgleiche Vermögensgefährdung durch die Feststellungen nicht hinreichend belegt.
11
(1) Das Landgericht geht bereits im Ansatz unzutreffend davon aus, dass das Vermögen der M. GmbH durch den Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses in Höhe der in dem Vollstreckungsbescheid titulierten 1.921.451,58 € zuzüglich Nebenforderungen gefährdet worden sei. Dabei übersieht es, dass von der titulierten Forderung die zuvor gezahlten 100.000 € in Abzug zu bringen wären.
12
(2) Aber auch im Übrigen ist eine hinreichend große Verlustwahrscheinlichkeit , die zu einer gegenwärtigen - bezifferbaren - Minderung des Vermögens der M. GmbH hätte führen können, nicht ausreichend festgestellt. Denn der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 1. November 2012 entfaltete keinerlei Rechtswirkungen, weil es bereits im Zeitpunkt seines Erlasses an einem vollstreckbaren Titel und damit an einer schlechthin unerlässlichen Voraussetzung der Zwangsvollstreckung mangelte, nachdem der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Aschersleben vom 14. Dezember 2011 durch das Urteil des Landgerichts Bamberg vom 29. Mai 2012 aufgehoben worden war (§ 717 Abs. 1 ZPO). Darin liegt ein besonders schwerwiegender Fehler, der für einen mit den Umständen vertrauten, verständigen Beobachter ohne weiteres ersichtlich , mithin offenkundig ist und somit zur Nichtigkeit des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses führt (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 1992 - IX ZR 226/91, BGHZ 121, 98, 101 ff.; Beschluss vom 9. Juli 2014 - VII ZB 9/13, NJW 2014, 2732, 2733; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 74. Aufl., Grundzüge § 704 Rn. 57; Stöber in Zöller, ZPO, 31. Aufl., vor § 704 Rn. 34, Lackmann in Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl., Vorbemerkung zu § 704 Rn. 32; Kindl in Saenger, ZPO, 6. Aufl., vor § 704-945 Rn. 21; Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 37. Aufl., Vorbemerkung VIII zu § 704 Rn. 58, jeweils mwN). Die Dritt- schuldnerin, der nach den Feststellungen zudem bereits vor Erlass des Pfändungs - und Überweisungsbeschlusses durch das Amtsgericht Hildburghausen bekannt war, dass der diesem Beschluss zugrundeliegende Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Aschersleben aufgehoben worden war, hätte sich demnach durch Zahlungen an den Angeklagten von vornherein nicht von ihren Verbindlichkeiten gegenüber der M. GmbH befreien können.
13
Der Schuldspruch kann auch nicht deswegen bestehen bleiben, weil - wie das Landgericht meint - der M. GmbH die Durchsetzung ihrer Forderun- gen gegenüber der Drittschuldnerin „erheblich erschwert“ worden sei,weil sich diese „auf eine angeblich schuldbefreiende Zahlung an den Angeklagten beruft und die Forderungen wahrscheinlich gerichtlich geltend gemacht werden müs- sen“. Zwar kann ein nicht unerhebliches Prozessrisiko unter dem Gesichtspunkt der schadensgleichen Vermögensgefährdung einen Betrugsschaden begründen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 1990 - 1 StR 52/90, BGHGR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 24; Beschluss vom 8. Juni 2011 - 3 StR 115/11, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 75 mwN). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG aber erforderlich, eigenständige Feststellungen zum Vorliegen des Vermögensschadens zu treffen, um so dieses Tatbestandsmerkmal von den übrigen Tatbestandsmerkmalen des § 263 Abs. 1 StGB sowie die Fälle des versuchten von denen des vollendeten Betrugs hinreichend deutlich abzugrenzen, mithin den Schaden der Höhe nach zu beziffern und seine Ermittlung in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise in den Urteilsgründen darzulegen (vgl. bereits BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 211 f.; Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09 u.a., BVerfGE 130, 1, 47).
14
Daran fehlt es hier. Weder ist ersichtlich, nach welchen wirtschaftlich nachvollziehbaren Maßstäben ein bezifferbarer Vermögensschaden allein in dem Bestehen eines - hier zudem nicht ohne Weiteres ersichtlichen, jedenfalls nicht näher festgestellten - zivilrechtlichen Prozessrisikos liegen kann, noch werden Parameter für die Berechnung der Höhe eines solchen Schadens erkennbar (vgl. auch BGH, Beschluss vom 8. Juni 2011 - 3 StR 115/11, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 75). Fischer Appl RiBGH Dr. Eschelbach ist aus tatsächlichen Gründen an der Unterschrift gehindert. Fischer RiBGH Dr. Ott ist Zeng aus tatsächlichen Gründen an der Unterschrift gehindert. Fischer

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

1.
Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
2.
in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
3.
Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt,
4.
Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt,
5.
Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
6.
Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
7.
entgegen dem Handelsrecht
a)
Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b)
es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder
8.
in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.

(2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit wenigstens fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit wenigstens leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 234/12
vom
22. Januar 2013
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
_____________________________
1. Zum Umgang mit effektiv versteckten Vermögenswerten bei der Begründung
der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit.
2. Bei der Vorschrift des § 283 StGB handelt es sich um ein echtes Sonderdelikt.
Täter, Mittäter oder mittelbarer Täter kann daher grundsätzlich nur die Person
sein, die für die Erfüllung der Verbindlichkeit haftet; dies gilt sowohl für die
Begehungsweise des Abs. 1 als auch für die des Abs. 2 der Norm. Bei der
Pflichtenstellung handelt es sich um eine solche höchstpersönlicher Art und
mithin um ein besonderes persönliches Merkmal gemäß § 28 Abs. 1 StGB.
BGH, Beschluss vom 22. Januar 2013 - 1 StR 234/12 - LG Augsburg
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Beihilfe zum Bankrott
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Januar 2013 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4, § 357 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten H. wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 9. November 2011 im Strafausspruch , auch soweit es die gegen die Mitangeklagte S. erkannte Gesamt- und Einzelstrafe für die Beihilfe zum Bankrott im Tatkomplex B.III.3. (Verkauf der Villa) betrifft, aufgehoben. Seine weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten H. wegen Beihilfe zum Bankrott unter Einbeziehung anderweitig rechtskräftig gewordener Einzelfreiheitsstrafen von sechs und neun Monaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat ausgesprochen, dass hiervon drei Monate als vollstreckt gelten. Die nicht revidierende Mitangeklagte S. hat es wegen Beihilfe zum Bankrott in vier Fällen und wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte H. mit der Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts.
2
1. Die von ihm erhobenen Verfahrensrügen sind aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 27. Juli 2012 aufgezeigten Gründen jedenfalls unbegründet.
3
2. Der Schuldspruch hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand.
4
Die getroffenen Feststellungen belegen eine Bankrotttat des Mitangeklagten P. gemäß § 283 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StGB hinsichtlich der Villa in Südfrankreich. Aus der Gesamtheit der im Urteil mitgeteilten Umstände lassen sich insbesondere die für das Herbeiführen einer wirtschaftlichen Krise im Sinne des § 283 Abs. 2 StGB maßgeblichen Tatsachen ausreichend sicher feststellen. Der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit durch die Bankrotthandlungen des Haupttäters P. ist danach mit Ende des Jahres 2005 belegt, da das Beiseiteschaffen der noch vorhandenen Vermögenswerte dazu führte, dass die fälligen Verbindlichkeiten - schon ohne Berücksichtigung der zu diesem Zeitpunkt vom Bundesministerium der Verteidigung noch geforderten Rückzahlung von 3,8 Mio. DM - aus dem liquiden Vermögen nicht mehr befriedigt werden konnten. Dabei waren die Steuerschulden für 1991 und 1992 freilich nicht auf dem Stand 10. Januar 2011, sondern mit der 2001 fällig gestellten Höhe abzüglich der beigetriebenen Summe von 450.110,98 Euro in Rechnung zu bringen. Mit dem zum 22. März 2007 erfolgten Kostenansatz der Gerichtskosten erhöhten sich die Verbindlichkeiten entsprechend, ohne dass zur Tilgung vorhandene Mittel hinzugekommen wären.
5
Zu Recht hat das Landgericht weder die durch die abgeurteilten Bankrotthandlungen des Mitangeklagten P. noch die möglicherweise bereits zuvor von ihm durch Verschleierung und Änderung der rechtlichen Zuordnung effektiv versteckten Vermögenswerte berücksichtigt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 2001 - 4 StR 421/00, BGHR StGB § 283 Abs. 1 Nr. 1 Beiseite- schaffen 4), denn hierdurch wurde ein alsbaldiger Zugriff möglicher Gläubiger jedenfalls erheblich erschwert, wenn nicht sogar objektiv unmöglich gemacht (vgl. zu diesem Maßstab BGH, Urteil vom 29. April 2010 - 3 StR 314/09, BGHSt 55, 107, 113). Würde man solche - hier bis heute nicht aufgedeckten, von der Strafkammer nur als möglich behandelten - Vermögenswerte bei der Begründung der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit einer natürlichen Person als Aktiva bzw. als liquide Mittel einstellen, würde die Tatbestandsvoraussetzung der Krise im Sinne des § 283 Abs. 2 StGB kaum je anzunehmen sein, obwohl der Schuldner Vermögenswerte dem Zugriff seiner aktuellen Gläubiger entzogen hat (vgl. OLG Frankfurt NStZ 1997, 551). Dies wäre mit dem durch die Vorschrift zu schützenden Rechtsgut der Interessen dieser Gläubiger an einer vollständigen oder möglichst hohen Befriedigung ihrer vermögensrechtlichen Ansprüche nicht zu vereinbaren (vgl. zu diesem Schutzzweck BVerfG, Beschluss vom 28. August 2003 - 2 BvR 704/01).
6
Auch der Gehilfenvorsatz des Angeklagten H. ist, wenngleich knapp, so doch hinreichend belegt (UA S. 23). Dies umschließt den bedingten Vorsatz hinsichtlich der vom Mitangeklagten P. vorgenommenen Tathandlung des Verheimlichens. Dass demgegenüber keine konkrete Kenntnis des Angeklagten H. von der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung festgestellt ist, ist unschädlich. Denn diese begründet hier die gemäß § 283 Abs. 6 StGB erforderliche objektive Bedingung der Strafbarkeit, auf die sich der Vorsatz des Teilnehmers nicht zu beziehen braucht.
7
3. Der Strafausspruch kann jedoch keinen Bestand haben.
8
Die Strafkammer hat die Strafe für den Angeklagten H. dem nach § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 283 StGB entnommen. Die von § 28 Abs. 1 StGB zwingend (zu Ausnahmekonstellationen vgl. BGH, Beschluss vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53, 54) vorgesehene Strafrahmenverschiebung hat es hingegen nicht erkennbar erwogen. Dies erweist sich hier als rechtsfehlerhaft.
9
Bei der Vorschrift des § 283 StGB handelt es sich um ein echtes Sonderdelikt. Täter, Mittäter oder mittelbarer Täter kann daher grundsätzlich nur die Person sein, die für die Erfüllung der Verbindlichkeit haftet (BGH, Beschluss vom 10. Februar 2009 - 3 StR 372/08, vgl. auch Urteil vom 10. Mai 2000 - 3 StR 101/00); dies gilt sowohl für die Begehungsweise des Abs. 1 als auch für die des Abs. 2 der Norm. Bei dieser Pflichtenstellung handelt es sich - anders als bei der nach § 370 AO (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 25. Januar1995 - 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1, 4) - um eine solche höchstpersönlicher Art und mithin um ein besonderes persönliches Merkmal gemäß § 28 Abs. 1 StGB (vgl. hierzu Radtke in Münchener Kommentar, StGB, 2006, § 283 Rn. 80).
10
Ist nicht allein schon wegen des Fehlens des strafbegründenden persönlichen Merkmals Beihilfe statt Täterschaft angenommen worden (BGH, Beschluss vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53, 54; BGH, Beschluss vom 1. März 2005 - 2 StR 507/04, NStZ-RR 2006, 106; zu weitgehend hierzu Tiedemann in Leipziger Kommentar, StGB, 12. Aufl., § 283 Rn. 228), ist der Strafrahmen für den Teilnehmer gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB zu mildern (vgl. BGH, Beschluss vom 8. September 1994 - 1 StR 169/94; offen gelassen in BGH, Urteil vom 25. Januar 1995 - 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1, 2; Reinhart in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2011, § 283 StGB Rn. 75; für Abs. 1 auch Fischer, StGB, 60. Aufl., § 283 Rn. 38; a.A. Lackner /Kühl, StGB, 27. Aufl., § 283 Rn. 25). Hier belegen die Urteilsausführungen, dass das Landgericht die Art und Weise des Tatbeitrags zum Anlass genommen hat, den Angeklagten H. lediglich wegen Beihilfe zu verurteilen. Die weitere Strafrahmenmilderung nach § 28 Abs. 1 StGB hätte daher erörtert werden müssen. Der Senat kann angesichts der Einzelstrafhöhe von zwei Jahren und neun Monaten ein Beruhen des Strafausspruchs auf diesem Unterlassen nicht ausschließen.
11
4. Nach § 357 Satz 1 StPO ist die Aufhebung auf die nicht revidierende Mitangeklagte S. zu erstrecken, soweit sie an der dem Angeklagten H. zur Last gelegten Tat beteiligt war (Tatkomplex B.III.3., Verkauf der Villa), denn insoweit beruht die Zumessung dieser Einzelstrafe von zwei Jahren auf demselben sachlich-rechtlichen Mangel. Dies führt zur Aufhebung auch der sie betreffenden Gesamtstrafe.
12
5. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht. Die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer ist jedoch nicht gehindert, ergänzende Feststellungen zu treffen.
13
Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass die Aufhebung eines tatrichterlichen Urteils durch das Revisionsgericht allein im Strafausspruch grundsätzlich nicht die Frage der Kompensation einer bis zur revisionsgerichtlichen Entscheidung eingetretenen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung erfasst (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09, BGHSt 54, 135; BGH, Beschluss vom 25. September 2012 - 1 StR 212/12, wistra 2013, 35).
Nack Rothfuß Jäger
Cirener Radtke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 233/12
vom
22. Januar 2013
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Beihilfe zum Bankrott
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Januar 2013 beschlossen
:
Auf die Revisionen der Angeklagten B. , K. und Ka. wird
das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 17. Oktober 2011 im
jeweiligen Strafausspruch aufgehoben (§ 349 Abs. 4 StPO).
Die weitergehenden Revisionen werden als unbegründet verworfen
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine
andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Beihilfe zum Bankrott verurteilt. Es hat gegen die Angeklagten B. und K. Freiheitsstrafen von jeweils elf Monaten und gegen die Angeklagte Ka. eine solche von zwei Jahren festgesetzt. Die Vollstreckung dieser Strafen hat es zur Bewährung ausgesetzt. Zudem hat es gegen die Angeklagten B. und K. auf Verfall erkannt.
2
Während sich der Angeklagte B. mit der Rüge der Verletzung sachlichen und formellen Rechts gegen das Urteil wendet, erheben die Angeklagten K. und Ka. nur die Sachrüge.
3
1. Die von dem Angeklagten B. erhobenen Verfahrensrügen sind aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 27. Juli 2012 aufgezeigten Gründen jedenfalls unbegründet.
4
2. Der Schuldspruch hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand.
5
Die getroffenen Feststellungen belegen Bankrotttaten des gesondert Verfolgten P. gemäß § 283 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StGB hinsichtlich der Villa in Südfrankreich und des scheidungsbedingten Auseinandersetzungsguthabens. Zu den Einzelheiten verweist der Senat auf seinen Beschluss vom heutigen Tage in der Sache 1 StR 234/12.
6
Der Beihilfevorsatz der Angeklagten ist ebenfalls ausreichend belegt. So ist, wenngleich knapp, bedingter Vorsatz hinsichtlich der Bankrotthandlungen des Haupttäters und der Unterstützung dieser durch ihre Handlungen festgestellt (UA S. 13); zum Angeklagten B. darüber hinaus ab dem 21. Oktober 2006 sogar die sichere Kenntnis von dem genauen Tathergang und den Beweggründen des Haupttäters (UA S. 14). Nach den Feststellungen haben die Angeklagten dies auch so eingeräumt.
7
3. Der Strafausspruch betreffend alle revidierenden Angeklagten kann jedoch nicht bestehen bleiben.
8
Die Strafkammer hat die Strafen jeweils dem nach § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 283 Abs. 1 StGB entnommen. Die von § 28 Abs. 1 StGB zwingend vorgesehene Strafrahmenverschiebung hat es hingegen nicht erkennbar erwogen. Dies erweist sich hier als rechtsfehlerhaft.
9
Wie der Senat in dem Beschluss vom heutigen Tage - 1 StR 234/12 - ausgeführt hat, handelt es sich bei der gemäß § 283 Abs. 1 und Abs. 2 StGB für die täterschaftliche Begehung erforderlichen Pflichtenstellung als Schuldner um ein besonderes persönliches Merkmal gemäß § 28 Abs. 1 StGB (vgl. hierzu Radtke in Münchener Kommentar, StGB, 2006, § 283 Rn. 80). Ist nicht allein schon wegen des Fehlens des strafbegründenden persönlichen Merkmals Beihilfe statt Täterschaft angenommen worden (BGH, Beschluss vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53, 54; BGH, Beschluss vom 1. März2005 - 2 StR 507/04, NStZ-RR 2006, 106; zu weitgehend hierzu Tiedemann in Leipziger Kommentar, StGB, 12. Aufl., § 283 Rn. 228), wie hier die Urteilsgründe für alle drei revidierenden Angeklagten ergeben, ist der Strafrahmen für die Teilnehmer gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB zu mildern (vgl. BGH, Beschluss vom 8. September 1994 - 1 StR 169/94; offen gelassen in BGHSt 41, 1, 2; Reinhart in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2011, § 283 Rn. 75; für Abs. 1 auch Fischer, StGB, 60. Aufl., § 283 Rn. 38; a.A. Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 283 Rn. 25). Die weitere Strafrahmenmilderung nach § 28 Abs. 1 StGB hätte daher erörtert werden müssen.
10
Da die der Strafzumessung zugrunde liegenden Feststellungen rechtsfehlerfrei getroffen wurden, bedarf es ihrer Aufhebung nicht.
11
3. Hingegen kam eine Erstreckung der Aufhebung auf die nicht revidierenden Angeklagten H. und Ku. nicht in Betracht, da der Senat ein Beruhen des diese Angeklagten betreffenden Strafausspruchs auf dem sachlichrechtlichen Mangel ausschließen kann. Zwar ist der Angeklagte H. wegen derselben Tat wie die Angeklagten B. und Ka. verurteilt worden. Jedoch belegen die Urteilsgründe für ihn ein tatbeherrschendes und von eigenem Interesse geprägtes Handeln, welches nur wegen seiner fehlenden Schuldnerstel- lung als Beihilfe ausgeurteilt worden ist. Im Hinblick auf den Angeklagten Ku. , der wegen derselben Tat wie der Angeklagte K. verurteilt worden ist, ist im Hinblick auf die ausgeurteilte Höhe der Freiheitsstrafe ein Beruhen auszuschließen.
12
4. Die Verfallsanordnung gegen den Angeklagten B. ist rechtsfehlerfrei , da die Urteilsgründe belegen, dass der Angeklagte die für verfallen erkannte Summe für seine unterstützende Tätigkeit erhalten hat.
Nack Rothfuß Jäger Cirener Radtke

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

41
Die Beendigungszeitpunkte für die Delikte nach § 266a StGB sind in den 20 Fällen, in denen der Angeklagte die Beitragsschulden nachträglich beglich, nicht ordnungsgemäß festgestellt: Da das Vergehen des Vorenthal- tens von Arbeitnehmeranteilen der Beiträge zur Sozialversicherung ein echtes Unterlassungsdelikt darstellt, ist dieses Delikt beendet, wenn die Beitragspflicht erloschen ist, sei es durch Beitragsentrichtung, sei es durch Wegfall des Beitragsschuldners (BGH wistra 1992, 23). Feststellungen dazu, wann die Beitragsschulden erfüllt worden sind, hat das Landgericht, wie dargelegt , nicht getroffen.