Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Jan. 2013 - 1 StR 234/12

bei uns veröffentlicht am22.01.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 234/12
vom
22. Januar 2013
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
_____________________________
1. Zum Umgang mit effektiv versteckten Vermögenswerten bei der Begründung
der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit.
2. Bei der Vorschrift des § 283 StGB handelt es sich um ein echtes Sonderdelikt.
Täter, Mittäter oder mittelbarer Täter kann daher grundsätzlich nur die Person
sein, die für die Erfüllung der Verbindlichkeit haftet; dies gilt sowohl für die
Begehungsweise des Abs. 1 als auch für die des Abs. 2 der Norm. Bei der
Pflichtenstellung handelt es sich um eine solche höchstpersönlicher Art und
mithin um ein besonderes persönliches Merkmal gemäß § 28 Abs. 1 StGB.
BGH, Beschluss vom 22. Januar 2013 - 1 StR 234/12 - LG Augsburg
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Beihilfe zum Bankrott
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Januar 2013 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4, § 357 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten H. wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 9. November 2011 im Strafausspruch , auch soweit es die gegen die Mitangeklagte S. erkannte Gesamt- und Einzelstrafe für die Beihilfe zum Bankrott im Tatkomplex B.III.3. (Verkauf der Villa) betrifft, aufgehoben. Seine weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten H. wegen Beihilfe zum Bankrott unter Einbeziehung anderweitig rechtskräftig gewordener Einzelfreiheitsstrafen von sechs und neun Monaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat ausgesprochen, dass hiervon drei Monate als vollstreckt gelten. Die nicht revidierende Mitangeklagte S. hat es wegen Beihilfe zum Bankrott in vier Fällen und wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte H. mit der Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts.
2
1. Die von ihm erhobenen Verfahrensrügen sind aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 27. Juli 2012 aufgezeigten Gründen jedenfalls unbegründet.
3
2. Der Schuldspruch hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand.
4
Die getroffenen Feststellungen belegen eine Bankrotttat des Mitangeklagten P. gemäß § 283 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StGB hinsichtlich der Villa in Südfrankreich. Aus der Gesamtheit der im Urteil mitgeteilten Umstände lassen sich insbesondere die für das Herbeiführen einer wirtschaftlichen Krise im Sinne des § 283 Abs. 2 StGB maßgeblichen Tatsachen ausreichend sicher feststellen. Der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit durch die Bankrotthandlungen des Haupttäters P. ist danach mit Ende des Jahres 2005 belegt, da das Beiseiteschaffen der noch vorhandenen Vermögenswerte dazu führte, dass die fälligen Verbindlichkeiten - schon ohne Berücksichtigung der zu diesem Zeitpunkt vom Bundesministerium der Verteidigung noch geforderten Rückzahlung von 3,8 Mio. DM - aus dem liquiden Vermögen nicht mehr befriedigt werden konnten. Dabei waren die Steuerschulden für 1991 und 1992 freilich nicht auf dem Stand 10. Januar 2011, sondern mit der 2001 fällig gestellten Höhe abzüglich der beigetriebenen Summe von 450.110,98 Euro in Rechnung zu bringen. Mit dem zum 22. März 2007 erfolgten Kostenansatz der Gerichtskosten erhöhten sich die Verbindlichkeiten entsprechend, ohne dass zur Tilgung vorhandene Mittel hinzugekommen wären.
5
Zu Recht hat das Landgericht weder die durch die abgeurteilten Bankrotthandlungen des Mitangeklagten P. noch die möglicherweise bereits zuvor von ihm durch Verschleierung und Änderung der rechtlichen Zuordnung effektiv versteckten Vermögenswerte berücksichtigt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 2001 - 4 StR 421/00, BGHR StGB § 283 Abs. 1 Nr. 1 Beiseite- schaffen 4), denn hierdurch wurde ein alsbaldiger Zugriff möglicher Gläubiger jedenfalls erheblich erschwert, wenn nicht sogar objektiv unmöglich gemacht (vgl. zu diesem Maßstab BGH, Urteil vom 29. April 2010 - 3 StR 314/09, BGHSt 55, 107, 113). Würde man solche - hier bis heute nicht aufgedeckten, von der Strafkammer nur als möglich behandelten - Vermögenswerte bei der Begründung der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit einer natürlichen Person als Aktiva bzw. als liquide Mittel einstellen, würde die Tatbestandsvoraussetzung der Krise im Sinne des § 283 Abs. 2 StGB kaum je anzunehmen sein, obwohl der Schuldner Vermögenswerte dem Zugriff seiner aktuellen Gläubiger entzogen hat (vgl. OLG Frankfurt NStZ 1997, 551). Dies wäre mit dem durch die Vorschrift zu schützenden Rechtsgut der Interessen dieser Gläubiger an einer vollständigen oder möglichst hohen Befriedigung ihrer vermögensrechtlichen Ansprüche nicht zu vereinbaren (vgl. zu diesem Schutzzweck BVerfG, Beschluss vom 28. August 2003 - 2 BvR 704/01).
6
Auch der Gehilfenvorsatz des Angeklagten H. ist, wenngleich knapp, so doch hinreichend belegt (UA S. 23). Dies umschließt den bedingten Vorsatz hinsichtlich der vom Mitangeklagten P. vorgenommenen Tathandlung des Verheimlichens. Dass demgegenüber keine konkrete Kenntnis des Angeklagten H. von der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung festgestellt ist, ist unschädlich. Denn diese begründet hier die gemäß § 283 Abs. 6 StGB erforderliche objektive Bedingung der Strafbarkeit, auf die sich der Vorsatz des Teilnehmers nicht zu beziehen braucht.
7
3. Der Strafausspruch kann jedoch keinen Bestand haben.
8
Die Strafkammer hat die Strafe für den Angeklagten H. dem nach § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 283 StGB entnommen. Die von § 28 Abs. 1 StGB zwingend (zu Ausnahmekonstellationen vgl. BGH, Beschluss vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53, 54) vorgesehene Strafrahmenverschiebung hat es hingegen nicht erkennbar erwogen. Dies erweist sich hier als rechtsfehlerhaft.
9
Bei der Vorschrift des § 283 StGB handelt es sich um ein echtes Sonderdelikt. Täter, Mittäter oder mittelbarer Täter kann daher grundsätzlich nur die Person sein, die für die Erfüllung der Verbindlichkeit haftet (BGH, Beschluss vom 10. Februar 2009 - 3 StR 372/08, vgl. auch Urteil vom 10. Mai 2000 - 3 StR 101/00); dies gilt sowohl für die Begehungsweise des Abs. 1 als auch für die des Abs. 2 der Norm. Bei dieser Pflichtenstellung handelt es sich - anders als bei der nach § 370 AO (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 25. Januar1995 - 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1, 4) - um eine solche höchstpersönlicher Art und mithin um ein besonderes persönliches Merkmal gemäß § 28 Abs. 1 StGB (vgl. hierzu Radtke in Münchener Kommentar, StGB, 2006, § 283 Rn. 80).
10
Ist nicht allein schon wegen des Fehlens des strafbegründenden persönlichen Merkmals Beihilfe statt Täterschaft angenommen worden (BGH, Beschluss vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53, 54; BGH, Beschluss vom 1. März 2005 - 2 StR 507/04, NStZ-RR 2006, 106; zu weitgehend hierzu Tiedemann in Leipziger Kommentar, StGB, 12. Aufl., § 283 Rn. 228), ist der Strafrahmen für den Teilnehmer gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB zu mildern (vgl. BGH, Beschluss vom 8. September 1994 - 1 StR 169/94; offen gelassen in BGH, Urteil vom 25. Januar 1995 - 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1, 2; Reinhart in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2011, § 283 StGB Rn. 75; für Abs. 1 auch Fischer, StGB, 60. Aufl., § 283 Rn. 38; a.A. Lackner /Kühl, StGB, 27. Aufl., § 283 Rn. 25). Hier belegen die Urteilsausführungen, dass das Landgericht die Art und Weise des Tatbeitrags zum Anlass genommen hat, den Angeklagten H. lediglich wegen Beihilfe zu verurteilen. Die weitere Strafrahmenmilderung nach § 28 Abs. 1 StGB hätte daher erörtert werden müssen. Der Senat kann angesichts der Einzelstrafhöhe von zwei Jahren und neun Monaten ein Beruhen des Strafausspruchs auf diesem Unterlassen nicht ausschließen.
11
4. Nach § 357 Satz 1 StPO ist die Aufhebung auf die nicht revidierende Mitangeklagte S. zu erstrecken, soweit sie an der dem Angeklagten H. zur Last gelegten Tat beteiligt war (Tatkomplex B.III.3., Verkauf der Villa), denn insoweit beruht die Zumessung dieser Einzelstrafe von zwei Jahren auf demselben sachlich-rechtlichen Mangel. Dies führt zur Aufhebung auch der sie betreffenden Gesamtstrafe.
12
5. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht. Die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer ist jedoch nicht gehindert, ergänzende Feststellungen zu treffen.
13
Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass die Aufhebung eines tatrichterlichen Urteils durch das Revisionsgericht allein im Strafausspruch grundsätzlich nicht die Frage der Kompensation einer bis zur revisionsgerichtlichen Entscheidung eingetretenen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung erfasst (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09, BGHSt 54, 135; BGH, Beschluss vom 25. September 2012 - 1 StR 212/12, wistra 2013, 35).
Nack Rothfuß Jäger
Cirener Radtke

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(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

1.
Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
2.
in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
3.
Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt,
4.
Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt,
5.
Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
6.
Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
7.
entgegen dem Handelsrecht
a)
Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b)
es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder
8.
in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.

(2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit wenigstens fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit wenigstens leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

1.
Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
2.
in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
3.
Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt,
4.
Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt,
5.
Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
6.
Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
7.
entgegen dem Handelsrecht
a)
Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b)
es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder
8.
in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.

(2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit wenigstens fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit wenigstens leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

1.
Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
2.
in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
3.
Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt,
4.
Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt,
5.
Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
6.
Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
7.
entgegen dem Handelsrecht
a)
Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b)
es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder
8.
in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.

(2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit wenigstens fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit wenigstens leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 314/09
vom
29. April 2010
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
________________________________
Ein Beiseiteschaffen im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB liegt nur dann vor, wenn
der Zugriff auf den weggegebenen Vermögensbestandteil für einen Insolvenzverwalter
im Rahmen der Gesamtvollstreckung (Insolvenz) wesentlich erschwert wird.
BGH, Urteil vom 29. April 2010 - 3 StR 314/09 - LG Kiel
in der Strafsache
gegen
wegen Bankrotts
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
15. April 2010 in der Sitzung am 29. April 2010, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
Richter am Bundesgerichtshof
von Lienen,
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer,
Mayer
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung vom 15. April 2010 - ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten,
Justizamtsinspektor
- in der Verhandlung vom 15. April 2010 - ,
Justizangestellte
- bei der Verkündung am 29. April 2010 -
als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kiel vom 19. Januar 2009 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
II. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das vorgenannte Urteil wird verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen Bankrotts in drei Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten - gebildet aus Freiheitsstrafen von einem Jahr (Tat 1), neun Monaten (Tat 2) und einem Jahr und drei Monaten (Tat 3) - verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem hat es ausgesprochen, dass wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung von ca. zwei Jahren fünf Monate der Strafe als verbüßt gelten.
2
Gegen die Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützten Revision. Er ist der Auffassung, sein Verhalten erfülle nicht den Tatbestand des Bankrotts. Mit ihrer wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten, zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Sie ist der Ansicht, die Strafkammer habe rechtsfehlerhaft besonders schwere Fälle des Bankrotts gemäß § 283 a StGB verneint, die verhängten Strafen seien unvertretbar milde und die Kompensation für die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung weise Rechtsfehler auf.
3
Das Rechtsmittel des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg, so dass es auf die Verfahrensrügen nicht mehr ankommt. Das vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist unbegründet.
4
A. Feststellungen und rechtliche Würdigung des Landgerichts:
5
I. Nach den Urteilsfeststellungen nahm der Angeklagte zur Finanzierung eines Bauvorhabens, das er im Bereich des Germaniahafens in Kiel-Hörn ausführen ließ, bei der Sachsen LB - Landesbank Sachsen Girozentrale (im Folgenden : Sachsen LB) einen Kredit in Höhe von ca. 200 Mio. DM (= 102.258.376,24 €) auf. Bestandteil des Darlehensvertrages waren neben den "Allgemeinen Geschäftsbedingungen" der Sachsen LB deren "Bedingungen für private Finanzierungen", die eine Regelung zur fristlosen Kündigung (Ziff. 10.2) enthielten.
6
Als Sicherheit für den Darlehensrückzahlungsanspruch verpfändete der Angeklagte an die Sachsen LB ein ihm gehörendes Depot mit Aktien des Mobilfunkbetreibers MobilCom AG. Zu diesem Zeitpunkt betrug der amtliche Kurs 83 € je Aktie. Weitere 16.552.340 Stück Aktien der MobilCom AG hatte der Angeklagte an drei andere Geldinstitute für ausgereichte Kredite in der Gesamthöhe von ca. 143,9 Mio. € verpfändet. Das Darlehen der Sachsen LB wurde an den Angeklagten ausbezahlt, der von der ihm eingeräumten Möglichkeit einer Zwischenanlage in Aktien der MobilCom AG Gebrauch machte, um deren Kurs zu stützen.
7
Da in der Folgezeit der Kurs der Aktien der MobilCom AG immer mehr verfiel, trafen die Sachsen LB und der Angeklagte eine neue Vereinbarung über die zu stellenden Sicherheiten und deren Berechnung, die in einem Nachtrag zum Darlehensvertrag schriftlich niedergelegt wurde. Vereinbarungsgemäß bestellte der Angeklagte der Sachsen LB zunächst eine Grundschuld über 39 Mio. DM an dem Gesamtgrundstück in Kiel-Hörn, die nach einer Teilung in drei Teilflächen (Bauteile A, B und C) auf diese mit jeweils 13 Mio. DM nebst Zinsen aufgeteilt wurde.
8
In den folgenden Monaten verlangte die Sachsen LB vom Angeklagten in einer Vielzahl von Schreiben entsprechend dem jeweiligen Aktienkurs erfolglos eine Erhöhung der Sicherheiten durch die Nachlieferung weiterer Aktien. Zu dieser Zeit befanden sich in dem an die Sachsen LB verpfändeten Wertpapierdepot 5.675.000 Stück Aktien. Ein Gutachter der Sachsen LB errechnete den der Bank durch die Grundschulden tatsächlich erwachsenen Wert an zusätzlicher Sicherheit mit 3.070.000 € für das Grundstück Bauteil A, mit 6.646.794,45 € für das Grundstück Bauteil B und mit 3.470.000 € für das Grundstück Bauteil C. Für das Grundstück Bauteil A setzte er wegen eines Fehlers bei der Zuord- nung der Flurstücke den Wert der Sicherheit um 1.760.000 € niedriger fest, als er tatsächlich zu bemessen gewesen wäre. Beim Grundstück Bauteil B, auf dem bereits mit den Bauarbeiten begonnen worden war, hielt der Gutachter den tatsächlichen Beleihungswert für wesentlich höher als den Nominalwert der Grundschuld.
9
Mit Schreiben vom 25. Februar 2002 forderte die Sachsen LB vom Angeklagten eine Verstärkung der Sicherheiten durch die Einlieferung weiterer 3.188.810 Stück Aktien der MobilCom AG. Dieser gab an, keine freien Aktien in der geforderten Anzahl zur Verfügung zu haben, und lehnte die Bestellung weiterer Grundschulden ab. Wegen fehlender Barmittel des Angeklagten und der Nichtzahlung einer Abschlagsrechnung hatte zuvor die ARGE Umbau Germaniahafen die Bauarbeiten auf dem Grundstück Bauteil B eingestellt. Mit Schreiben vom 7. März 2002 kündigte sie den Generalunternehmervertrag.
10
Die Sachsen LB forderte den Angeklagten mit Schreiben vom 1. März 2002 mit Fristsetzung zum 15. März 2002 und unter Androhung der fristlosen Kündigung auf, entweder zu ihren Gunsten auf dem Grundstück Bauteil B weitere Grundschulden in Höhe von 20 Mio. € zu bestellen und zusätzlich 1.293.747 Aktien der MobilCom AG nachzuliefern oder weitere 3.188.810 Stück Aktien in das verpfändete Wertpapierdepot einzubringen. Der Berechnung des Nachsicherungsverlangens lagen die fehlerhafte Ermittlung des Wertes der auf dem Grundstück Bauteil A bestellten Grundschuld und ein fehlerhafter Mindestsicherungswert durch Aktien unter Berücksichtigung zusätzlich bestellter Grundschulden über 20 Mio. € (77.074.339,32 € statt richtigerweise 76.033.739,97 €) zugrunde.
11
Spätestens am 4. März 2002 erkannten die Vertreter der Sachsen LB den Fehler bei der Ermittlung des Beleihungswertes für das Grundstück Bauteil A. Ihnen wurde daher bewusst, dass das Nachsicherungsverlangen um 175.045 Stück Aktien im Wert von 1,76 Mio. € überhöht war. Den Angeklagten informierte sie darüber nicht. Nach einer Verlängerung der gesetzten Frist erklärte die Sachsen LB mit Schreiben vom 19. März 2002 die fristlose Kündigung des Darlehensvertrages, stellte am 19. April 2002 das Darlehen zur Zahlung fällig und kündigte die Verwertung der Sicherheiten sowie die Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen an.
12
Am 14. August 2002 erließ das Amtsgericht Leipzig einen Mahnbescheid über 5 Mio. € nebst Zinsen, gegen den der Angeklagte Widerspruch einlegte. Mit Klageschrift vom 19. September 2002 erhob die Sachsen LB gegen den Angeklagten beim Landgericht Flensburg Klage auf Zahlung von 20 Mio. €. Kurz darauf kam es zu Handlungen des Angeklagten, in denen das Landgericht drei Bankrotttaten sieht:
13
Am 24. September 2002 wies der Angeklagte die I. -Bank an, von seinem bei ihr geführten Konto 500.000 € auf sein Konto bei der V. P. bank Vaduz in Liechtenstein (im Folgenden: VP-Bank) zu überweisen (Tat 1). Am 2. Oktober 2002 beauftragte er dieselbe Bank, weitere 240.000 € auf sein Konto in Liechtenstein zu transferieren (Tat 2) und - wie im Urteil festgestellt ist - alle in seinem Depot vorhandenen Aktien der MobilCom AG auf das bei derselben Bank in Vaduz geführte Wertpapierdepot zu übertragen.
14
Hinsichtlich des in Liechtenstein geführten Depots gibt es eine Vereinbarung mit Datum vom 24. September 2002, mit der der Angeklagte die Wertpapiere an seine Ehefrau abtrat. Am 12. und 13. November 2002 erwarb der An- geklagte mit Geld von seinem Konto bei der VP-Bank für etwa 660.000 € Aktien der MobilCom AG, die er in das bei dieser Bank geführte Wertpapierdepot einbuchen ließ. Der Kurs der Aktie der MobilCom AG betrug Ende September /Anfang Oktober 2002 nur noch zwischen 1,12 € und 2,01 €.
15
Durch ein gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil des Landgerichts Flensburg vom 5. November 2002 wurde der Angeklagte verurteilt, an die Sachsen LB 20 Mio. € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 20. April 2002 zu zahlen. Gegen dieses Urteil legte der Angeklagte Berufung ein.
16
Am 19. November 2002 übertrug der Angeklagte seine Geschäftsanteile an drei Handelsgesellschaften auf den B. Trust Reg. aus Vaduz, dessen Gesellschafterin die Ehefrau des Angeklagten war, zum Kaufpreis von 500.000 €, wobei zumindest die Anteile an der M. GmbH in Höhe des Kaufpreises werthaltig waren. Als Gegenleistung hatte die Ehefrau mit Wertstellung vom 14. November 2002 die 500.000 € auf das Konto eines Rechtsanwalts und Notars überwiesen, die dieser auf das Konto des Angeklagten bei der VP-Bank in Vaduz transferierte (Tat 3). Zu dieser Zeit betrug der Kurs der Aktie der MobilCom AG ca. 6,35 €.
17
In der Folgezeit kam es zu einer Vielzahl von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen seitens der Sachsen LB gegen den Angeklagten, die zu einem erheblichen Teil erfolglos blieben. Die Versuche der Sachsen LB, im Wege der Zwangsvollstreckung auf das Konto des Angeklagten bei der VP-Bank in Liechtenstein zuzugreifen, scheiterten. Die VP-Bank teilte der Sachsen LB mit, sie müsse vor der Durchführung der Zwangsvollstreckung zunächst den ordentlichen Rechtsweg über das fürstliche Landgericht in Liechtenstein beschreiten.
Am 11. Februar 2003 stellte der Angeklagte beim Amtsgericht einen Eigeninsolvenzantrag , den er mit drohender Zahlungsunfähigkeit begründete. Am 2. März 2003 wurde das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet.
18
II. Das Landgericht hat in seiner rechtlichen Beurteilung im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Der Angeklagte habe in drei Fällen Vermögensbestandteile , die für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehörten, im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB beiseite geschafft. Zwar sei der Angeklagte nicht zahlungsunfähig gewesen; denn die fristlose Kündigung der Sachsen LB sei wegen des verschwiegenen gravierenden Fehlers bei der Ermittlung des Grundschuldwertes für den Bauteil A und der nicht nachvollziehbaren Berechnung des Mindestsicherungswertes durch Aktien unwirksam gewesen , sodass der Darlehensrückzahlungsanspruch nicht fällig geworden sei. Jedoch habe der Angeklagte wegen seiner äußerst kritischen wirtschaftlichen Lage die Taten im Stadium drohender Zahlungsunfähigkeit begangen, weil die Sachsen LB zur fristlosen Kündigung berechtigt und entschlossen gewesen sei, durch die der Darlehensrückzahlungsanspruch sofort fällig geworden wäre. Da er nicht über ausreichende liquide Mittel zu dessen Befriedigung verfügt habe und nicht in der Lage gewesen sei, sich solche kurzfristig zu verschaffen, habe es sich nicht um eine bloße Zahlungsstockung von wenigen Wochen gehandelt. Der Angeklagte habe alle Umstände, welche die Tatbestandsmerkmale des Bankrotts (§ 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB) erfüllten, gekannt und deshalb zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt. Ein Verbotsirrtum liege nicht vor.
19
B. Revision des Angeklagten:
20
I. Aus der Anklageschrift vom 21. September 2007 und den Urteilsgründen ergibt sich, dass Gegenstand der Verurteilung hinsichtlich der Tat 2 lediglich die am 2. Oktober 2002 veranlasste Überweisung der 240.000 € auf das Konto bei der VP-Bank in Vaduz ist. Soweit das Landgericht festgestellt hat, der Angeklagte habe an diesem Tag die I. -Bank auch angewiesen, alle in seinem dortigen Depot vorhandenen Aktien der MobilCom AG auf das Konto bei der VP-Bank in Liechtenstein zu übertragen, erschließt sich die Bedeutung dieser Feststellung für den Schuldspruch nicht. Einen entsprechenden ausdrücklichen Tatvorwurf enthält die Anklageschrift nicht. Einzelheiten zu einer Aktienübertragung vom 2. Oktober 2002, insbesondere zur Anzahl und zum Wert der übertragenen Aktien, teilen die Urteilsgründe nicht mit. Die Ausführungen zur Beweiswürdigung und zur rechtlichen Würdigung machen deutlich, dass das Landgericht die Übertragung von Aktien nicht als Teil der zweiten von ihm angenommenen Bankrotthandlung gesehen hat und sich der Schuldspruch hierauf nicht stützt.
21
Allerdings wird die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer darüber zu befinden haben, ob der Transfer der Aktien - sollte er tatsächlich stattgefunden haben - als mögliche Bankrotthandlung eventuell deswegen von der Anklage mitumfasst wird, weil der Angeklagte die I. -Bank in einem einheitlichen Vorgang mit der Überweisung der 240.000 € und der Übertragung der Aktien beauftragte, sodass ein tateinheitliches Geschehen im Sinne natürlicher Handlungseinheit vorlag (§ 52 Abs. 1 StGB), das insgesamt dem prozessualen Begriff der angeklagten Tat im Sinne des § 264 Abs. 1 StPO unterfällt (MeyerGoßner , StPO 52. Aufl. § 264 Rdn. 6 m. w. N.).
22
II. Die Verurteilung des Angeklagten hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
23
Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landgericht zwar angenommen, dass der Bankrotttatbestand des § 283 StGB auch Privatinsolvenzen erfasst (BGHR StGB § 283 Abs. 1 Anwendungsbereich 1). Seine Auffassung, der Angeklagte habe in drei Fällen Vermögensgegenstände, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB beiseite geschafft, begegnet auf der Grundlage der Feststellungen jedoch durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
24
1. Zum Tatbestandsmerkmal Beiseiteschaffen hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt: Durch die zwei Überweisungen auf das Konto bei der VP-Bank in Liechtenstein, das den Gläubigern nicht ohne weiteres habe bekannt sein können, sei deren Zugriff auf das Geld wesentlich erschwert worden. Da der Kaufpreis für die an den B. Trust Reg. verkauften und abgetretenen Geschäftsanteile ebenfalls auf dieses Konto überwiesen worden sei, sei dem Vermögen des Angeklagten insoweit auch kein alsbald greifbarer Vermögenswert als Gegenleistung für die Gesellschaftsanteile der M. GmbH zugeflossen. Zum einen sei zu berücksichtigen, dass die Sachsen LB von der Existenz des Kontos in Vaduz bei ihren Versuchen, die Zwangsvollstreckung zu betreiben, erst durch die Staatsanwaltschaft informiert worden sei. Zum anderen habe der konkrete weitere Geschehensablauf die durch den Vermögenstransfer nach Liechtenstein eingetretene Erschwerung des Gläubigerzugriffs deutlich gemacht, wie der erfolglose Versuch der Sachsen LB zeige, im Wege der Zwangsvollstreckung auf das Konto bei der VP-Bank zuzugreifen. Dies reiche für die Annahme des Merkmals des Beiseiteschaffens im Bankrotttatbestand aus. Unerheblich sei, ob der Insolvenzverwalter nach der späteren Eröff- nung des Insolvenzverfahrens rechtlich und tatsächlich in der Lage gewesen sei, den Vermögenstransfer rückgängig zu machen und auf die in Liechtenstein befindlichen Vermögensbestandteile zuzugreifen. Ein ungeschmälerter und unmittelbarer Zugriff auf das überwiesene Geld sei im Rahmen des Insolvenzverfahrens ohnehin nicht mehr möglich gewesen, weil der Angeklagte mit einem erheblichen Teil des Geldes Aktien gekauft und diese in das an die Ehefrau abgetretene Wertpapierdepot habe übertragen lassen. Durch die Geldüberweisungen auf sein eigenes Konto habe er eine Befreiung von der aus einer eventuellen Vereinbarung anlässlich der Eheschließung möglicherweise gegenüber seiner Ehefrau bestehenden Verpflichtung zur Übertragung von Aktien der Mobilcom AG nicht unmittelbar herbeiführen können, sodass schon aus diesem Grund auch der privilegierende Tatbestand der Gläubigerbegünstigung (§ 283 c StGB) nicht gegeben sei.
25
2. Diese Begründung trägt die Annahme des Tatbestandsmerkmals des Beiseiteschaffens in § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht. Sie befasst sich mit der Zugriffserschwerung bei der Einzelzwangsvollstreckung durch die Sachsen LB und verhält sich nicht zu der für die Auslegung der Bestimmung entscheidenden Frage, ob infolge der Vermögenstransfers auf das Konto in Liechtenstein eine wesentliche Erschwernis des Gläubigerzugriffs auf die überwiesenen Geldbeträge bei einer Gesamtvollstreckung (Insolvenz) eingetreten ist. Im Einzelnen:
26
a) Ein Beiseiteschaffen im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB liegt vor, wenn ein Schuldner einen zu seinem Vermögen gehörenden Gegenstand dem alsbaldigen Gläubigerzugriff entzieht oder den Zugriff zumindest wesentlich erschwert. Dies kann entweder durch eine Änderung der rechtlichen Zuordnung des Vermögensgegenstands oder eine Zugriffserschwerung aufgrund tatsächlicher Umstände geschehen (BGHSt 34, 309, 310; RGSt 66, 130, 131; OLG Frankfurt NStZ 1997, 551; Tiedemann in LK 12. Aufl. § 283 Rdn. 25; Hoyer in SK-StGB § 283 Rdn. 30 f.; Stree/Heine in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 283 Rdn. 49; Fischer, StGB 57. Aufl. § 283 Rdn. 4).
27
aa) Eine Vereitelung des Gläubigerzugriffs durch eine Änderung der rechtlichen Zuordnung ist etwa zu bejahen bei der Übereignung eines Gegenstandes , der Abtretung einer Forderung oder einer Verpfändung, wenn dies ohne adäquate Gegenleistung geschieht. Dasselbe gilt für die Überweisung eines Geldbetrages auf ein fremdes Konto mit der Folge, dass der überwiesene Geldbetrag nicht mehr zum Vermögen des Schuldners gehört (Tiedemann aaO Rdn. 25; Hoyer aaO Rdn. 30; Fischer aaO Rdn. 4). Die Rechtsprechung hat daher Fälle, in denen der Schuldner eine ihm zustehende Forderung von einer anderen Person über deren Konto, über das er nicht verfügungsberechtigt war, einziehen ließ (BGHSt 34, 309, 310 f.) oder Geld auf Konten von ihm beherrschter , aber rechtlich selbständiger Gesellschaften übertrug (OLG Frankfurt NStZ 1997, 551), als ein Beiseiteschaffen eines Vermögensbestandteils aus rechtlichen Gründen angesehen.
28
bb) Ein Beiseiteschaffen in tatsächlicher Hinsicht ist gegeben, wenn der Schuldner einen Vermögensgegenstand an einen anderen Ort verbringt oder verbringen lässt und dadurch - ohne eine Änderung der rechtlichen Zuordnung - den Zugriff der Gläubiger auf diesen objektiv unmöglich macht oder zumindest wesentlich erschwert, etwa indem er ihn verbirgt oder in eine Lage bringt, die ein Zugreifen der Gläubiger zumindest deutlich schwieriger macht, als dies zuvor der Fall war. Dies gilt selbst bei einer späteren Kenntniserlangung des Insolvenzverwalters von der Vermögensverlagerung. Daher kann ein Beiseiteschaffen aus tatsächlichen Gründen vorliegen, wenn der Schuldner in der wirtschaftlichen Krise Geld von einem Girokonto in bar abhebt und auf ein eigenes, nur ihm bekanntes Konto im In- oder Ausland einzahlt (vgl. Pelz, Strafrecht in Krise und Insolvenz Rdn. 242; Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht Rdn. 956).
29
b) Schon nach diesen Maßstäben ist hier ein Beiseiteschaffen von Vermögensgegenständen durch den dreimaligen Geldtransfer nach Liechtenstein nicht belegt; es kommt daher nicht darauf an, dass nach allgemeiner Ansicht das Tatbestandsmerkmal des Beiseiteschaffens in teleologischer Reduktion des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB nur solche Vermögensverschiebungen erfasst, die den Anforderungen eines ordnungsgemäßen Wirtschaftens grob widersprechen (BGHSt 34, 309, 310; BGHR StGB § 283 Abs. 1 Nr. 1 Beiseiteschaffen 2; BGH NJW 1952, 898; Tiedemann aaO § 283 Rdn. 27 m. w. N.; Hoyer aaO Rdn. 30 f.; Stree/Heine aaO Rdn. 4; Fischer aaO Rdn. 4 a) und eine weitergehende Ansicht zusätzlich voraussetzt, dass das Vorgehen des Täters subjektiv auf eine Benachteiligung seiner Gläubiger ausgerichtet ist (Tiedemann aaO Rdn. 28 f.). Die Auffassung des Landgerichts beruht auf einer Verkennung namentlich des Schutzzwecks des § 283 StGB mit der Folge, dass es den festgestellten Sachverhalt nach unzutreffenden rechtlichen Maßstäben unter das Tatbestandsmerkmal des Beiseiteschaffens subsumiert hat.
30
aa) Nach dem Wortlaut des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB sind Tatobjekt Bestandteile des Schuldnervermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören. Außerdem ist gemäß § 283 Abs. 6 StGB eine Bankrotthandlung nur strafbar, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist. Rechtsgut des § 283 StGB ist neben dem Schutz des gesamtwirtschaftlichen Systems vor allem der Schutz der etwaigen Insolvenzmasse vor einer unwirtschaftlichen Ver- ringerung zum Nachteil der Gesamtheit der Gläubiger (BGHSt 28, 371, 373; BGH NStZ 2008, 401, 402; Tiedemann aaO Vor § 283 Rdn. 45 ff.; Hoyer aaO Vor § 283 Rdn. 3; Fischer aaO Vor § 283 Rdn. 3). Im Gegensatz zu § 288 StGB (Vereitelung der Zwangsvollstreckung), der das Recht des einzelnen Gläubigers auf Einzelbefriedigung aus dem Schuldnervermögen (BGHSt 16, 330, 334; Fischer aaO § 288 Rdn. 1) schützt, dient § 283 StGB somit dem Schutz der Gesamtvollstreckung (Insolvenz). Da im Falle der Insolvenz der Insolvenzverwalter die Interessen der Gläubigergesamtheit wahrnimmt, ist daher die Prüfung bezogen auf die rechtlichen und tatsächlichen Zugriffsmöglichkeiten eines (gedachten ) Insolvenzverwalters unter Berücksichtigung seiner Auskunftsrechte gegenüber dem Schuldner (§ 97 InsO) unmittelbar nach der Tathandlung durchzuführen. Ob für einen einzelnen Gläubiger die Zwangsvollstreckung schwieriger geworden ist als vor dem Vermögenstransfer ist demgegenüber nur für § 288 StGB relevant, dessen Anwendung hier jedoch infolge der Zurücknahme des Strafantrags durch die Sachsen LB ausscheidet. Ebenso ist ohne Bedeutung, ob der Insolvenzverwalter nach der tatsächlichen Insolvenzeröffnung den Transfer durch eine Insolvenzanfechtung rückgängig machen kann.
31
bb) Entgegen der Meinung des Landgerichts ist daher das Tatbestandsmerkmal Beiseiteschaffen nicht schon dann erfüllt, wenn einzelne oder alle Gläubiger ein Konto des Schuldners im In- oder Ausland, auf das dieser Geld überwiesen hat, nicht kannten oder nicht kennen konnten. Zum einen besteht für den Schuldner keine generelle Pflicht, während der wirtschaftlichen Krise den Gläubigern alle seine Konten offen zu legen. Zum anderen verschlechtert sich durch eine solche Überweisung objektiv die Vollstreckungssituation für die Gläubigergesamtheit nicht wesentlich, wenn - wie hier - der Vermögenstransfer anhand der Kontounterlagen nachzuvollziehen ist, die dem Insolvenzverwalter regelmäßig zur Verfügung stehen. Die Überprüfung von Überweisungen anhand der Kontounterlagen gehört zu den üblichen Aufgaben eines Insolvenzverwalters , dem der Schuldner bei Unklarheiten gemäß § 97 InsO Auskunft erteilen muss.
32
Jedenfalls bei einer aus den Kontounterlagen nachvollziehbaren Überweisung auf ein ausländisches Konto - unabhängig davon, ob sich dieses auf dem Gebiet der Europäischen Union befindet oder nicht (aA Bittmann, Insolvenzstrafrecht § 12 Rdn. 103 Fn. 212) - kann das Tatbestandsmerkmal des Beiseiteschaffens nur bejaht werden, wenn für einen (gedachten) Insolvenzverwalter Schwierigkeiten von Gewicht bestehen, auf den überwiesenen Geldbetrag in angemessener Zeit zum Zwecke der Befriedigung der Gläubigergesamtheit zuzugreifen (RGSt 35, 62, 63; 61, 107, 109). Dass nicht jede Erschwerung des Zugriffs ausreichend ist, sondern diese erheblich sein muss, ergibt sich aus dem Begriff des Beiseiteschaffens, der Gleichstellung der Zugriffserschwernis mit der Zugriffsvereitelung, dem Schutzzweck des § 283 StGB und dem Grundsatz der "ultima ratio" des Strafrechts. Außerdem besteht für eine Einschränkung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit des Schuldners in der Krise nur insoweit ein Bedürfnis, als dies im Befriedigungsinteresse der Gläubigergesamtheit erforderlich ist. Deshalb führt nicht bereits die Überweisung auf ein ausländisches Konto für sich schon zu einer wesentlichen zukünftigen Erschwerung. Vielmehr ist darauf abzustellen, welche rechtlichen Hindernisse oder tatsächlichen Schwierigkeiten im Einzelfall beim Zugriff auf das ausländische Konto für einen Insolvenzverwalter zu überwinden sind. Eine wesentliche Erschwerung kann sich insbesondere ergeben aus erheblichen zeitlichen Verzögerungen oder der Notwendigkeit hoher finanzieller Aufwendungen für die Rechtsverfolgung im Ausland.
33
Die Frage, ob für den Insolvenzverwalter der Zugriff auf vom Schuldner ins Ausland transferiertes Geld wesentlich erschwert worden ist, richtet sich - außerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (EuInsVO; ABl. L 160 S. 1) oder bilateraler Abkommen - allein nach dem Insolvenz-(Konkurs-)recht sowohl des ausländischen Staates, in dessen Hoheitsgebiet das Konto geführt wird, und den daraus resultierenden rechtlichen und tatsächlichen Erschwernissen, als auch nach deutschem Insolvenzrecht. Dabei ist in den Blick zu nehmen, dass für den Schuldner die nach § 98 InsO erzwingbaren Auskunfts- und Mitwirkungspflichten gemäß § 97 InsO die Erteilung einer so genannten Auslandsvollmacht umfassen, wenn Anhaltspunkte für Vermögen des Schuldners im Ausland bestehen und die Befugnisse des Insolvenzverwalters im Ausland nicht ohne weiteres anerkannt werden (BGH NJW-RR 2004, 134, 135).
34
cc) Nach diesen Maßstäben ist hier nicht belegt, dass der Angeklagte das auf sein Konto bei der VP-Bank in Liechtenstein überwiesene Geld im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB beiseite geschafft hat.
35
Durch die Vermögenstransfers auf das unter dem Namen des Angeklagten geführte Konto in Liechtenstein wurde objektiv dessen Vermögen nicht zum Nachteil der Gesamtheit der Gläubiger verringert. Bei den zwei Überweisungen in Höhe von 500.000 € und 240.000 € wurden lediglich die Ansprüche gegen die I. -Bank durch Forderungen in gleicher Höhe gegen die VP-Bank ersetzt , so dass der Wert des Vermögens unverändert blieb. Durch die Übertragung der Geschäftsanteile auf den B. Trust Reg. wurde das Vermögen des Angeklagten zwar einerseits um deren objektiven Wert verringert, aber andererseits um den auf das Konto bei der VP-Bank geflossenen Kaufpreis in Höhe von 500.000 € erhöht. Fließt als Gegenleistung für die Weggabe eines Vermö- gensbestandteils ein wirtschaftlich äquivalenter Wert in das Vermögen des Schuldners, entspricht dies den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft , weil das Vermögen insgesamt nicht verringert, sondern lediglich in seiner Zusammensetzung verändert wird (RGSt 66, 130, 132; BGHR StGB § 283 Abs. 1 Zahlungsunfähigkeit 3; Tiedemann aaO § 283 Rdn. 30; Hoyer aaO § 283 Rdn. 33; Pelz, Strafrecht in Krise und Insolvenz Rdn. 255). Da nach den Feststellungen der Kaufpreis dem tatsächlichen Wert der Geschäftsanteile entsprach , lag ein wirtschaftlich neutraler Austausch von Vermögensbestandteilen ohne nachteilige Auswirkungen auf das Vermögen des Angeklagten vor.
36
Wie oben dargestellt, ergab sich eine wesentliche Erschwernis des Zugriffs in tatsächlicher Hinsicht nicht schon daraus, dass der Sachsen LB und zunächst auch dem Insolvenzverwalter das Konto des Angeklagten bei der VPBank nicht bekannt war und nicht ohne weiteres bekannt sein konnte. Die Überweisungen vom 24. September 2002 und vom 2. Oktober 2002 wurden offen von einem Girokonto vorgenommen, das der Angeklagte nach den Feststellungen regelmäßig für Zahlungen an seine Gläubiger nutzte. Daher ergaben sich sowohl die Existenz des ausländischen Kontos als auch die Überweisungen bei der Durchsicht der Kontounterlagen, die einem Insolvenzverwalter zur Verfügung stehen. Die Überweisung der 500.000 € auf das Konto in Liechtenstein als Gegenleistung für die Übertragung der Geschäftsanteile auf den B. Trust Reg. war für einen Insolvenzverwalter aus dem Inhalt des notariellen Kauf- und Abtretungsvertrages in Verbindung mit den Unterlagen betreffend die Konten bei der I. -Bank und der VP-Bank ebenfalls nachvollziehbar.
Zu der für das Tatbestandsmerkmal des Beiseiteschaffens entscheidenden Frage, ob der Angeklagte durch den Vermögenstransfer nach Liechtenstein den Zugriff eines (gedachten) Insolvenzverwalters auf die überwiesenen Geld-
beträge aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen wesentlich erschwerte, verhalten sich die Urteilsgründe nicht. Diese stellen lediglich darauf ab, dass sich der Zugriff auf das Konto bei der VP-Bank für die Sachsen LB bei der versuchten Einzelvollstreckung wesentlich schwieriger gestaltete als bei einer Kontenpfändung in Deutschland. Auch mit der nach der Insolvenzordnung einem Insolvenzverwalter eingeräumten Möglichkeit, vom Schuldner eine Auslandsvollmacht zu verlangen, befassen sich die Urteilsgründe nicht.
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III. Die Urteilsgründe bieten daher keine ausreichende Grundlage, um das Tatbestandsmerkmal des Beiseiteschaffens im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB mit der notwendigen Sicherheit bejahen oder verneinen zu können. Eine abschließende rechtliche Beurteilung ist dem Senat auch unabhängig hiervon nicht möglich. Im Einzelnen:
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1. Zwar gilt im Verhältnis zwischen Deutschland und Liechtenstein weder die Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 über Insolvenzverfahren noch ein bilaterales Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Insolvenzentscheidungen einschließlich der Ausfolgung von Vermögenswerten. Doch auch nach dem autonomen Internationalen Insolvenzrecht beider Länder stellt sich ein Zugriff des deutschen Insolvenzverwalters auf ein bei einer Liechtensteiner Bank geführtes Konto nicht von vorneherein als so schwierig dar, dass ein Beiseiteschaffen sicher bejaht werden könnte.
39
In rechtlicher Hinsicht ist sowohl das Internationale Insolvenzrecht Deutschlands als auch dasjenige Liechtensteins jeweils vom Universalitätsprinzip beherrscht. Das bedeutet, dass die Reichweite des deutschen Insolvenzverfahrens sich auch auf das in Liechtenstein belegene Vermögen eines Gemeinschuldners erstreckt und damit rechtlich zur Insolvenzmasse des deutschen Insolvenzverfahrens gehört (BGHZ 88, 147, 156; Lwowski/Peters in MünchKomm -InsO 2. Aufl. § 35 Rdn. 36; Frege/Keller/Riedel, Insolvenzrecht 7. Aufl. Rdn. 1036 b). Damit korrespondierend erkennt das liechtensteinische Internationale Insolvenzrecht in Art. 5 Abs. 2 der liechtensteinischen Konkursordnung (liKO) an, dass das in Liechtenstein befindliche bewegliche Vermögen eines Gemeinschuldners, über dessen Vermögen der Konkurs im Ausland eröffnet wurde, unter den dort genannten Voraussetzungen der ausländischen Konkursbehörde auf deren Verlangen auszufolgen ist. Es spricht viel dafür, dass zum Zeitpunkt der Tathandlungen im Herbst 2002 die gegenseitige Anerkennung zwischen Liechtenstein und Deutschland gewährleistet gewesen war (siehe OGH, Beschl. vom 6. Mai 2003 - 2 Cg 2001.68 - www.gerichtsentscheide.li; bereits zuvor anerkennungsfreundlich insbesondere in Bezug auf Deutschland Obergericht, Beschl. vom 18. Oktober 1990 - Ne 14/89 - LES 1991, 179; Beschl. vom 9. Juni 1988 - GA 1/87 - LES 1992, 133; OGH, Beschl. vom 1. April 1981 - 4 C 213/77-15 - ZIP 1981, 881, anders noch OGH, Beschl. vom 17. Dezember 1980 - 4 C 461/78-15 - LES 1982, 25, 28; zur Literatur s. Mähr, Das Internationale Zivilprozeßrecht Liechtensteins 2002, S. 227 f.; Gasser, Internationales Insolvenzrecht in Liechtenstein, in: Grenzüberschreitendes Insolvenzrecht 2004, S. 115 ff.).
40
2. In der Praxis ist das Ausfolgungsbegehren im Sinne des Art. 5 Abs. 2 liKO, bei dem es sich nach herrschender (liechtensteinischer) Ansicht um ein Rechtshilfeersuchen handelt (Obergericht, Beschl. vom 25. Juni 1992 - Rz 790/90 - LES 1992, 157; Gasser aaO S. 132), an das nach Art. 1 Abs. 1 liKO i. V. m. Art. 27 liechtensteinische Jurisdiktionsnorm (liJN) zuständige Landgericht in Vaduz zu richten. Wer als ausländische Konkursbehörde für das Ausfolgungsverlangen zuständig ist, bestimmt sich nach deutschem Recht (Obergericht , Beschl. vom 18. Oktober 1990 - Ne 14/89 - LES 1991, 179), das diese Aufgabe dem Insolvenzverwalter nach § 80 Abs. 1 InsO kraft Amtes zuschreibt (BGHZ 88, 331, 334; BGH ZInsO 2006, 260 ff.; ZIP 1999, 75, 76; NJW 1995, 1484; Braun, InsO 3. Aufl. § 80 Rdn. 26). Das Ausfolgungsbegehren ist darauf gerichtet, den deutschen Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Liechtenstein anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären (Obergericht, Beschl. vom 25. Juni 1992 - Rz 790/90 - LES 1992, 157; Gasser aaO S. 132). Im Anschluss an die im so genannten Exequaturverfahren - nach Prüfung der Anerkennungsvoraussetzungen gemäß Art. 5 Abs. 2 liKO - ergangenen Anerkennungs - und Vollstreckbarerklärung kann sodann das bei der liechtensteinischen Bank befindliche Guthaben des Gemeinschuldners für die Insolvenzmasse eingezogen werden, weil der Gemeinschuldner durch die Anerkennung der Wirkungen des deutschen Insolvenzverfahrens seine Verfügungsmacht auch hinsichtlich seines liechtensteinischen Vermögens verliert und diese dem Insolvenzverwalter zukommt (§ 80 Abs. 1 InsO; zur Wirkungserstreckung auf Liechtenstein vgl. Stotter ZIP 1981, 885). Der Einziehung des Guthabens auf dem liechtensteinischen Konto wie auch dem vorbereitenden Auskunftsersuchen stehen nach der Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärung auch nicht das als Berufsgeheimnis des Bankiers ausgestaltete Bankgeheimnis (Wagner, Bankenplatz Liechtenstein 3. Aufl. S. 161) der liechtensteinischen Banken entgegen. Denn der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis vom Gemeinschuldner auf den Insolvenzverwalter bewirkt auch den Übergang der Geheimnisherrschaft an die Insolvenzmasse (Wagner aaO S. 263).
41
3. Im Ergebnis ist daher für die Prüfung des Tatbestandmerkmals des Beiseiteschaffens entscheidend, ob im Herbst 2002 die Anerkennungsvoraussetzungen gemäß Art. 5 Abs. 2 liKO vorlagen und wie schwierig sich damals das Verfahren über die Anerkennung und die Vollstreckbarkeitserklärung eines deutschen Beschlusses über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Liechtenstein aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gestaltete. Dies kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen nicht abschließend und zweifelsfrei beurteilen. Dasselbe gilt für die Anerkennung einer vom Schuldner dem Insolvenzverwalter erteilten Auslandsvollmacht in Liechtenstein. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung.
42
C. Revision der Staatsanwaltschaft:
43
Die Angriffe der Staatsanwaltschaft gegen den Rechtsfolgenausspruch bleiben ohne Erfolg.
44
1. Die Strafzumessung ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters, dem es obliegt, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Angeklagten gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle des Revisionsgerichts ist ausgeschlossen; dieses darf nur nachprüfen, ob dem Tatrichter bei seiner Entscheidung ein Rechtsfehler unterlaufen ist. In Zweifelsfällen hat es die Bewertung durch das Tatgericht hinzunehmen (BGHSt 29, 319, 320; 34, 345, 349; BGHR StGB § 46 Abs. 1 Beurteilungsrahmen 1).
45
2. Einen Rechtsfehler enthält die Strafzumessung des Landgerichts nach diesen Maßstäben nicht. Ein solcher liegt insbesondere nicht darin, dass es die Annahme besonders schwerer Fälle des Bankrotts abgelehnt hat. Rechtsfehlerfrei hat es ein Handeln des Angeklagten aus einem überzogenen rücksichtslosen Eigeninteresse und damit aus Gewinnsucht (§ 283 a Satz 2 Nr. 1 StGB) sowie das Vorliegen eines unbenannten besonders schweren Falles verneint. Bei der Bemessung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe hat es die wesentlichen für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände aufgeführt und rechtsfehlerfrei gegeneinander abgewogen. In Anbetracht des hohen Wertes der Vermögensbestandteile, die das Landgericht als beiseite geschafft angesehen hat, sind die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe zwar als milde anzusehen. Sie unterschreiten jedoch nicht den Rahmen schuldangemessenen Strafens, sondern halten sich noch innerhalb des allein dem Tatrichter zustehenden Strafzumessungsspielraums.
46
Entgegen der Meinung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht die Grundsätze über die Kompensation einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung nach der Vollstreckungslösung (BGHSt 52, 124 ff.) nicht verletzt. Bei der festgestellten Verfahrensverzögerung von ca. zwei Jahren musste es in den Urteilsgründen nicht ausdrücklich darlegen, ob zur Kompensation bereits die Feststellung der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung ausgereicht hätte (BGHSt aaO S. 138 f.). Der als vollstreckt bestimmte Teil der Strafe von fünf Monaten erscheint angesichts des nicht unerheblichen Verzögerungszeitraums noch nicht unvertretbar hoch. Insgesamt ist die Höhe der vorgenommenen Kompensation ausreichend begründet (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 368).
47
D. Hinweise:
48
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
49
1. Zur Feststellung einer tatsächlichen oder drohenden Zahlungsunfähigkeit empfiehlt es sich, einen Liquiditätsstatus zu erstellen oder durch einen Sachverständigen erstellen zu lassen, in dem übersichtlich die Barmittel sowie die kurzfristig liquidierbaren Vermögenswerte allen bestehenden und zu erwar- tenden Verbindlichkeiten entsprechend ihrer jeweiligen Fälligkeit gegenübergestellt werden (vgl. Tiedemann aaO Vor § 283 Rdn. 130 ff.; Hoyer aaO § 283 Rdn. 20 ff.). Die für einen umfassenden Liquiditätsstatus erforderlichen Informationen dürften sich aus der Insolvenzakte, insbesondere dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sowie den Berichten des Insolvenzverwalters zu den von den Gläubigern zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen und den verwertbaren Vermögenswerten ergeben.
50
2. In der neuen Hauptverhandlung wird zu klären sein, ob sich der Fehler bei der Ermittlung des Beleihungswertes für das Grundstück Bauteil A auf die Sicherheiten durch die Grundschulden ausgewirkt hat. Dies wäre nur der Fall, wenn die Flurstücke irrtümlich dem Grundstück Bauteil B zugeordnet worden wären, weil nach den Feststellungen der Wert der für dieses Grundstück bestellten Grundschuld voll ausgeschöpft war. Sollten die Flurstücke jedoch dem Grundstück Bauteil C zugeordnet worden sein, hätte sich der Sicherungswert der für dieses Grundstück bestellten Grundschuld entsprechend erhöht.
51
3. Auch bei einem überhöhten Sicherungsverlangen wird sich der neue Tatrichter mit der Rechtsfrage befassen müssen, ob die fristlose Kündigung vom 19. März 2002 wirksam war und deshalb von einer Zahlungsunfähigkeit des Angeklagten auszugehen ist. Bei der rechtlichen Würdigung ist nicht nur das Verhalten der Sachsen LB, sondern auch das des Angeklagten in den Blick zu nehmen. In der Rechtsprechung ist anerkannt (vgl. BGHR BGB § 648 a Sicherungsverlangen 1), dass ein überhöhtes Sicherungsverlangen wirksam sein kann, wenn anzunehmen ist, dass der Schuldner auch auf ein auf den berechtigten Teil beschränktes Nachsicherungsverlangen nicht geleistet hätte.
52
4. Um drohende Zahlungsunfähigkeit festzustellen, ist nach der auch für das Strafrecht geltenden (Tiedemann aaO Vor § 283 Rdn. 126; Hoyer aaO § 283 Rdn. 8 ff.) Definition des § 18 Abs. 2 InsO eine Prognose erforderlich, die sich zunächst auf alle fälligen Verbindlichkeiten des Angeklagten zu den Tatzeitpunkten beziehen muss (Tiedemann aaO Vor § 283 Rdn. 133; Hoyer aaO § 283 Rdn. 23). Ob daneben auch die zu erwartenden, aber noch nicht fälligen Verbindlichkeiten zu berücksichtigen sind, ist streitig (vgl. einerseits Stree/Heine aaO § 283 Rdn. 53 m. w. N.; Radtke in MünchKomm-StGB Vor § 283 Rdn. 84, 87 ff.; andererseits Tiedemann aaO Vor § 283 Rdn. 139; Hoyer aaO § 283 Rdn. 23). Jedenfalls können nur mit überwiegender Wahrscheinlichkeit fällig werdende Verbindlichkeiten in die Betrachtung einbezogen werden. Bei der Prognose ist die drohende Zahlungsunfähigkeit von einer nur vorübergehenden Zahlungsstockung abzugrenzen (BGHZ 163, 134).
53
5. Der objektive Wert der Geschäftsanteile, die der Angeklagte an den B. Trust Reg. verkauft und auf diesen übertragen hat, sollte durch ein Sachverständigengutachten ermittelt werden. Da die Ehefrau des Angeklagten die Inhaberin des B. Trust Reg. war, kann vom Kaufpreis nicht auf den tatsächlichen Wert geschlossen werden. Einerseits ist es - entsprechend der Behauptung des Angeklagten - denkbar, dass die Ehefrau bereit war, einen überhöhten Kaufpreis zu bezahlen. Andererseits kann der Angeklagte im Hinblick auf die persönlichen Beziehungen auch einen nicht adäquaten Kaufpreis akzeptiert haben.
54
6. Es empfiehlt sich, zu der Frage, wie schwierig für einen deutschen Insolvenzverwalter im Herbst 2002 der Zugriff auf ein Konto in Liechtenstein war, ein Gutachten einzuholen. Sollte der neue Tatrichter zum Ergebnis kommen, dass das Tatbestandsmerkmal des Beiseiteschaffens zu verneinen ist, wird we- gen der zeitlichen Nähe zwischen den Vollstreckungsversuchen der Sach-sen LB und den Vermögensverlagerungen nach Liechtenstein vor einem Freispruch zu prüfen sein, ob sich der Angeklagte wegen versuchten Bankrotts strafbar gemacht hat. Becker von Lienen Sost-Scheible Schäfer RiBGH Mayer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

1.
Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
2.
in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
3.
Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt,
4.
Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt,
5.
Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
6.
Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
7.
entgegen dem Handelsrecht
a)
Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b)
es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder
8.
in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.

(2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit wenigstens fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit wenigstens leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

1.
Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
2.
in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
3.
Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt,
4.
Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt,
5.
Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
6.
Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
7.
entgegen dem Handelsrecht
a)
Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b)
es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder
8.
in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.

(2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit wenigstens fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit wenigstens leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

1.
Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
2.
in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
3.
Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt,
4.
Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt,
5.
Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
6.
Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
7.
entgegen dem Handelsrecht
a)
Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b)
es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder
8.
in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.

(2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit wenigstens fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit wenigstens leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 372/08
vom
10. Februar 2009
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
___________________________________
Zur Strafbarkeit des Geschäftsführers einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung
wegen Bankrotts durch Beiseiteschaffen von Gesellschaftsvermögen sowie
zum Verhältnis von Bankrott und den Vermögens- bzw. Eigentumsdelikten
in diesen Fällen (nur Hinweis).
BGH, Beschl. vom 10. Februar 2009 - 3 StR 372/08 - LG Oldenburg
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Beihilfe zum Bankrott
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 10. Februar 2009 gemäß § 349 Abs.
4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 27. Februar 2008 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Beihilfe zum Bankrott zu Geldstrafen verurteilt. Dagegen wenden sich deren Revisionen, mit denen sie die Verletzung materiellen Rechts rügen. Der Angeklagte S. beanstandet darüber hinaus das Verfahren; die Angeklagte L. begehrt wegen der insoweit versäumten Revisionsbegründungsfrist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung von Verfahrensrügen.
2
Die Revisionen haben bereits mit der Sachrüge Erfolg, so dass es auf die von dem Angeklagten S. erhobenen Verfahrensrügen bzw. auf den von der Angeklagten L. gestellten Wiedereinsetzungsantrag nicht ankommt.
3
I. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
4
Der Angeklagte S. war Geschäftsführer, die Angeklagte L. Prokuristin der Georg S. GmbH mit Sitz in W. . Diese Gesellschaft war Komplementärin der Georg S. GmbH & Co. KG, deren alleinige Kommanditisten die Angeklagten waren. Über diese Besitzgesellschaft betrieben sie unter Einschaltung mehrerer Tochtergesellschaften (sog. Produktionsgesellschaften) u. a. unter der Marke "B. Enten" die Entenzucht und den weltweiten Vertrieb von Entenprodukten. In den Produktionsgesellschaften fungierten sie ebenfalls - zumindest teilweise - als Geschäftsführer bzw. Prokuristin. Nachdem sich die Unternehmensgruppe der Angeklagten bis in das Jahr 2002 bei jeweils deutlichen Jahresgewinnen zum Marktführer in Deutschland entwickelt hatte, kam es im Jahr 2003 zu einem Umsatzeinbruch und deshalb zu einem erhöhten Kreditbedarf. Eine auf Veranlassung der kreditgebenden Banken durchgeführte Unternehmensanalyse hielt die Suche nach einem strategischen Partner für unbedingt erforderlich. Die Angeklagten, die befürchteten, die Banken strebten die Übernahme ihrer Unternehmen durch einen Konkurrenten an, bemühten sich unter Einschaltung externer Berater in der Folgezeit vergeblich um eine Umfinanzierung.
5
Anfang des Jahres 2004 meldeten sie ihren Hausbanken einen Verlust für das Jahr 2003 von mehr als 4,5 Mio. € und kündigten einen über die bestehenden Kredite hinausgehenden Liquiditätsbedarf von über 4 Mio. € an. Die Banken, die zu einer Erhöhung der Kreditlinie nicht bereit waren, sprachen eine mögliche Insolvenz der Unternehmen an. Weitere Versuche der Angeklagten, eine Umfinanzierung oder eine staatliche Liquiditätshilfe zu erreichen, scheiterten ebenso wie ihre Bemühungen, einen Bekannten an den Gesellschaften zu beteiligen, um so über zusätzliche Geldmittel verfügen zu können. Die Banken verlangten nun als weitere Sicherheit auch die Abtretung der Rechte aus der Marke "B. Enten".
6
Die Angeklagten, die sich zunehmend unter Druck gesetzt fühlten, bestellten in dieser Situation Ende Februar 2004 auf Empfehlung eines Rechtsanwalts den ehemaligen Mitangeklagten K. zum Geschäftsführer von jedenfalls zwei ihrer Produktionsgesellschaften, der Georg S. GmbH (im Folgenden: S. GmbH) und der Se. GmbH, jeweils mit Sitz in N. . Da der neue Geschäftsführer über keine Erfahrung in der Branche verfügte, blieben die Angeklagten weiter für die Gesellschaften tätig, wofür sie pauschal jeweils 250.000 € erhalten sollten. Wegen der angespannten Liquiditätslage der Gesellschaften vereinbarten sie mit dem früheren Mitangeklagten eine rein erfolgsabhängige Geschäftsführervergütung. Es kam indes nur zu einem nach dieser Vereinbarung provisionspflichtigen Geschäftsabschluss mit einem Volumen von 1,67 Mio. €, weitere in Aussicht genommene Verträge kamen nicht zustande. In einem Gespräch mit Bankvertretern Anfang März 2004 kündigte K. an, zur Verbesserung der Liquidität Reserven aufzulösen, und erklärte, er werde auch gegen den erklärten Widerspruch der Banken diesen zustehendes Sicherungsgut verwerten. Auf ein Schreiben vom 9. März 2004, mit dem die Banken binnen drei Tagen die Vorlage eines Liquiditätsstatus und eine Übersicht über bereits veräußertes Sicherungsgut verlangten, vertröstete er sie auf den 23. März 2004. Die Banken kündigten daraufhin die gesamte Geschäftsverbindung und setzten für die bestehenden Verbindlichkeiten aller Gesellschaften , insgesamt fast 23 Mio. €, eine Zahlungsfrist bis zum 2. April 2004. Nachdem der frühere Mitangeklagte ihren Mitarbeitern mehrfach eine Inaugenscheinnahme des Sicherungsgutes verweigert hatte, stellten die Banken am 26. März 2004 Insolvenzantrag gegen die Georg S. GmbH & Co. KG und die vier Produktionsgesellschaften.
7
In der Zeit vom 31. März bis zum 7. April 2004 stellte K. in Absprache und nach Vereinbarung mit den Angeklagten der S. GmbH und der Se.
GmbH drei Rechnungen über insgesamt fast 2 Mio. €, die nunmehr auch eine erfolgsunabhängige Vergütung sowie Erfolgshonorare für tatsächlich nicht zustande gekommene Geschäfte zum Gegenstand hatten, und vereinnahmte diesen Betrag aus dem Vermögen der S. GmbH. Nach der ursprünglichen Vereinbarung hätte ihm ein Anspruch in Höhe von allenfalls knapp 200.000 € zugestanden. Über das Vermögen der S. GmbH und der Se. GmbH wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.
8
II. Auf der Grundlage dieser Feststellungen hält der Schuldspruch wegen Beihilfe zum Bankrott der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
9
1. Das Landgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass der frühere Mitangeklagte K. durch die Vereinnahmung der Rechnungsbeträge jedenfalls in Höhe von ca. 1,7 Mio. € im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB Vermögen der S. GmbH beiseite schaffte. Die Bezahlung der Rechnungen erfolgte unter Verstoß gegen die Grundsätze eines ordnungsgemäßen Wirtschaftens (vgl. dazu BGHSt 34, 309, 310; Stree/Heine in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 283 Rdn. 4 m. w. N.), weil provisionspflichtige Hauptgeschäfte in diesem Umfang nicht getätigt worden waren, deshalb ein Anspruch auf eine erfolgsabhängige Vergütung in dieser Höhe nicht bestand und eine weitere, erfolgsunabhängige Vergütung angesichts der angespannten Liquiditätslage nicht rückwirkend vereinbart werden durfte.
10
2. Die Vorschrift des § 283 StGB stellt indes ein Sonderdelikt dar, dessen Täter nur der Schuldner sein kann (Radtke in MünchKomm StGB § 283 Rdn. 4; Tiedemann in LK 11. Aufl. § 283 Rdn. 225), also die (natürliche oder juristische) Person, die für die Erfüllung einer Verbindlichkeit haftet (Radtke aaO vor § 283 Rdn. 36). Ist der Schuldner - wie hier - eine juristische Person, die nur durch ihre Organe/Vertreter handeln kann, so gilt § 14 StGB. Diese Vorschrift setzt für die strafrechtliche Zurechnung voraus, dass die handelnde Person "als" Organ oder Vertreter (Abs. 1) bzw. "auf Grund dieses Auftrags" (Abs. 2) agiert. Nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der wohl herrschenden Auffassung in der Literatur ist es danach für eine Strafbarkeit des Vertreters nach § 283 StGB erforderlich, dass er zumindest auch im Interesse des Geschäftsherrn handelt. Liegen ausschließlich eigennützige Motive vor, so kann eine Strafbarkeit wegen Untreue nach § 266 StGB in Betracht kommen; eine Verurteilung wegen Bankrotts scheidet hingegen aus (sog. Interessentheorie, BGHSt 30, 127, 128 f.; 34, 221, 223; BGHR StGB § 283 Abs. 1 Konkurrenzen 3; BGH NStZ 2000, 206, 207; zustimmend Schünemann in LK 12. Aufl. § 14 Rdn. 50; Fischer, StGB 56. Aufl. § 283 Rdn. 4 b; im Ergebnis auch Kindhäuser in NK-StGB 2. Aufl. vor § 283 Rdn. 56; aA Tiedemann aaO vor § 283 Rdn. 80; Hoyer in SK-StGB 116. Lfg. § 283 Rdn. 103 f.; Lenckner/Perron in Schönke /Schröder aaO § 14 Rdn. 26; jew. m. w. N.; differenzierend Radtke aaO vor § 283 Rdn. 55).
11
Das Landgericht hat das Vorliegen eines solchen Interesses rechtsfehlerhaft bejaht. Ob eine Handlung wenigstens auch im Interesse des Vertretenen vorgenommen worden ist, bestimmt sich nach einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise (BGHSt 30, 127, 128 f.). Dass - wie die Strafkammer ausgeführt hat - der frühere Mitangeklagte sein weiteres Tätigwerden für die Gesellschaften der Angeklagten von der Bezahlung der Rechnungen abhängig gemacht hat, begründet ein wirtschaftliches Interesse der vertretenen S. GmbH nicht; es widerspricht einem solchen vielmehr, weiter mit einem Geschäftsführer zusammenzuarbeiten , der im großen Umfang eine ihm nicht zustehende Vergütung verlangt. Nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten kann in der Überweisung der ca. 1,7 Mio. € durch den früheren Mitangeklagten K. zur Bezahlung der materiell unberechtigten Rechnungen daher nur ein Handeln aufgrund eigennütziger Motive gesehen werden, das der Gesellschaft schadete. Das Einverständnis der Angeklagten mit der Rechnungsstellung und ihrer Begleichung war nicht ausreichend (vgl. BGHSt 30, 127, 128 f.; BGH bei Holtz MDR 1979, 806; BGH NStZ 1984, 118, 119; JR 1988, 254, 255 f.; vgl. die Nachweise bei Labsch wistra 1985, 1, 7); die Zustimmung der Gesellschafter einer juristischen Person löst - anders als bei einer Kommanditgesellschaft (vgl. BGHSt 34, 221, 223 f.) - den Interessenwiderstreit zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft nicht auf.
12
3. Darüber hinaus tragen die Feststellungen des Landgerichts die Annahme einer drohenden Zahlungsunfähigkeit der S. GmbH nicht, so dass sich auch bei Nichtanwendung der Interessentheorie (dazu unten IV.) die Verurteilung wegen Beihilfe zum Bankrott als rechtsfehlerhaft erwiese.
13
Die Strafkammer hat in der Beweiswürdigung des Urteils unter summarischer Gegenüberstellung der liquiden Mittel und der fälligen Forderungen ausgeführt , Anfang April 2004 habe bei der S. GmbH eine Unterdeckung von ca. 4 Mio. € bestanden; infolge der Kreditkündigungen seien Verbindlichkeiten in Höhe von fast 23 Mio. € hinzu gekommen. Dies ist bereits widersprüchlich, weil an anderer Stelle des Urteils mitgeteilt wird, dass diese Summe der Kreditaufnahme aller Unternehmen der Angeklagten entsprach; auf die S. GmbH entfiel nur ein Teil davon. In der Darstellung des Landgerichts ist zudem ein von Rechtsanwalt F. für die S. GmbH geführtes Anderkonto nicht berücksichtigt , von dem der frühere Mitangeklagte K. am 5. April 2004 das letztlich von ihm vereinnahmte Geld an die Se. GmbH überwies.
14
Abgesehen von diesen Widersprüchen und Unvollständigkeiten begegnet die Darstellung der Liquiditätslage der S. GmbH zu den ausgewählten Stichtagen durchgreifenden Bedenken, weil sich das Landgericht auf die Mitteilung der Summen aus dem Liquiditätsstatus und hinsichtlich der liquiden Mittel auf Guthaben auf Girokonten beschränkt. Damit ist dem Senat die Überprüfung verwehrt, ob der vom Landgericht zugrunde gelegte Liquiditätsstatus nicht nur alle relevanten kurzfristig fälligen Verbindlichkeiten, sondern auch die zu ihrer Tilgung vorhandenen oder herbeizuschaffenden Mittel (also die flüssigen Mittel und kurzfristig einziehbaren Forderungen sowie gegebenenfalls die kurzfristig liquidierbaren Vermögensgegenstände) enthält (vgl. § 17 Abs. 2 InsO und BGH wistra 2001, 306, 307; 2007, 312). Selbst wenn dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe noch zu entnehmen wäre, dass die S. GmbH durch Forderungseinzug oder Veräußerung von Vermögensgegenständen weitere liquide Mittel jedenfalls nicht kurzfristig realisieren konnte, war das Abstellen allein auf die angegebenen Kontenguthaben nicht ausreichend; denn in der rechtlichen Würdigung teilt die Strafkammer mit, dass die Gesellschaften der Angeklagten untereinander ein cash-management betrieben, demzufolge Zahlungen jeweils von dem Konto der Gesellschaft vorgenommen wurden, auf dem Guthaben vorhanden war. Dann hätte es zur nachvollziehbaren Annahme der drohenden Zahlungsunfähigkeit der S. GmbH aber auch Feststellungen zu den Vermögensverhältnissen aller anderen Gesellschaften der Angeklagten bedurft. Dies gilt insbesondere deswegen, weil sich dem Urteil nur entnehmen lässt, dass über das Vermögen von zwei der Produktionsgesellschaften das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Über das Schicksal der beiden anderen ergibt sich nichts.
15
III. Eine Schuldspruchänderung kommt nicht in Betracht. Zwar kann ein eigennütziges Beiseiteschaffen von Vermögen durch den Geschäftsführer einer Gesellschaft den Tatbestand der Untreue gemäß § 266 StGB erfüllen (BGHSt 28, 371; BGHR StGB § 283 Abs. 1 Konkurrenzen 3). Die Angeklagten hatten der Rechnungsstellung und -begleichung indes zugestimmt.
16
Das Einverständnis des Geschäftsherrn schließt regelmäßig den Tatbestand der Untreue aus (Fischer aaO § 266 Rdn. 49 m. w. N.). Das gilt grundsätzlich auch für vermögensnachteilige Dispositionen des Geschäftsführers einer Kapitalgesellschaft, wenn sie im Einverständnis der Gesellschafter getroffen werden. Ein Einverständnis der Gesellschafter ist allerdings unwirksam und die Vermögensverfügung des Geschäftsführers deshalb missbräuchlich, wenn unter Verstoß gegen Gesellschaftsrecht die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft gefährdet wird, etwa durch Beeinträchtigung des Stammkapitals entgegen § 30 GmbHG, durch Herbeiführung oder Vertiefung einer Überschuldung oder durch Gefährdung der Liquidität (BGHSt 35, 333; 49, 147, 158; BGH wistra 2003, 457, 460; 2006, 265; vgl. auch Schünemann aaO § 266 Rdn. 25; Kindhäuser aaO § 266 Rdn. 68 ff.; Lackner/Kühl, StGB 26. Aufl. § 266 Rdn. 20).
17
Eine solche Existenzgefährdung der Gesellschaft - etwa durch Gefährdung ihrer Liquidität - ist aus den oben unter II. 3. genannten Gründen aber ebenfalls nicht belegt.

18
IV. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
19
1. Die von der Rechtsprechung entwickelte Interessentheorie ist in der Literatur auf Ablehnung gestoßen, weil sie für die Insolvenzdelikte nur einen geringen Anwendungsbereich lässt, wenn Schuldner im Sinne des § 283 StGB eine Handelsgesellschaft ist (Tiedemann aaO vor § 283 Rdn. 80; Hoyer aaO § 283 Rdn. 103; Radtke aaO vor § 283 Rdn. 55; Labsch wistra 1985, 1, 6 ff.; jew. m. w. N.). Dieser Kritik ist zuzugeben, dass die in § 283 StGB aufgezählten Bankrotthandlungen ganz überwiegend dem wirtschaftlichen Interesse der Gesellschaft widersprechen und der vom Gesetzgeber intendierte Gläubigerschutz in der wirtschaftlichen Krise insbesondere von Kapitalgesellschaften bei Anwendung der Interessentheorie weitgehend leerläuft. Besonders augenfällig wird dies in Fällen der Ein-Mann-GmbH, in denen der Gesellschafter /Geschäftsführer der Gesellschaft angesichts der drohenden Insolvenz zur Benachteiligung der Gläubiger Vermögen entzieht und auf seine privaten Konten umleitet, nach wirtschaftlicher Betrachtung also aus eigennützigen Motiven handelt. Nach der Interessentheorie ist er nicht des Bankrotts schuldig, obwohl er die Insolvenz gezielt herbeigeführt hat (vgl. BGHSt 30, 127, 128 f.; kritisch dazu Tiedemann aaO vor § 283 Rdn. 80, 85).
20
Während Einzelkaufleute in vergleichbaren Fällen regelmäßig wegen Bankrotts strafbar sind, entstehen so Strafbarkeitslücken für Vertreter oder Organe von Kapitalgesellschaften. Angesichts der besonderen Insolvenzanfälligkeit von in der Rechtsform der GmbH betriebenen Unternehmen wird der Schutzzweck der Insolvenzdelikte dadurch konterkariert (vgl. Hoyer aaO; Radtke aaO). Dies gilt insbesondere, wenn man die Interessenformel konsequent auch auf die Bankrotthandlungen anwendet, die die Verletzung von Buchführungs - oder Bilanzierungspflichten sanktionieren (§ 283 Abs. 1 Nr. 5-7 StGB): Entfällt wegen des fehlenden Interesses der Gesellschaft die Bankrottstrafbarkeit , scheitert eine Verurteilung wegen Untreue regelmäßig am nicht festzustellenden oder nicht nachzuweisenden Vermögensschaden der Gesellschaft (vgl. Arloth NStZ 1990, 570, 572; Tiedemann aaO vor § 283 Rdn. 84). Über diese nicht gerechtfertigte Privilegierung von GmbH-Geschäftsführern gegenüber Einzelkaufleuten hinaus wird der Zweck der § 283 Abs. 1 Nr. 5-7, § 283 b StGB unterlaufen, der Verstöße gegen Buchführungs- und Bilanzierungsvorschriften wegen der besonderen Gefahr von Fehleinschätzungen mit schwerwiegenden wirtschaftlichen Folgen als eigenständiges Unrecht erfassen will (vgl. Arloth NStZ 1990, 570, 572).
21
2. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Interessentheorie bei Vertretern von Personengesellschaften für die praktisch relevanten Fälle, dass die Gesellschafter der Bankrotthandlung zustimmen (vgl. dazu Labsch wistra 1985, 1, 7), zudem nicht durchgehalten worden; ein Handeln, das aus wirtschaftlicher Sicht im vollständigen Widerstreit zu den Interessen der vertretenen Gesellschaft steht, soll etwa bei der Kommanditgesellschaft gleichwohl von dem durch das Einverständnis erweiterten Auftrag des Schuldners - also der Gesellschaft - gedeckt sein, wenn der Komplementär zustimmt (BGHSt 34, 221, 223 f. = BGH StV 1988, 14, 15 m. Anm. Weber). Die Einschränkung der Interessentheorie sei insbesondere aus Gründen des Gläubigerschutzes geboten (BGHSt 34, 221, 224). Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof in der Folge auch auf Fälle der GmbH & Co. KG erstreckt, in denen der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH die Bankrotthandlungen mit Zustimmung der Gesellschafter dieser Kapitalgesellschaft und damit der Komplementärin vorgenommen hatte (BGH wistra 1989, 264, 267; aA BGH wistra 1984, 71; JR 1988, 254, 255 f. m. abl. Anm. Gössel; offen gelassen von BGH NJW 1992, 250, 252). Der Gläubigerschutz hat aber bei den in der Rechtsform der GmbH betriebenen Gesellschaften kein geringeres Gewicht als bei Personengesellschaften oder insbesondere der Mischform der GmbH & Co. KG, so dass mit dieser Argumentation nicht nachvollziehbar erscheint, warum die Zustimmung der Gesellschafter einer Komplementär-GmbH den Auftrag des Geschäftsführers erweitern kann, das Einverständnis der Gesellschafter bei einer reinen Kapitalgesellschaft für die Frage, ob der Geschäftsführer als Organ oder im Auftrag der Gesellschaft handelt, hingegen bedeutungslos sein soll.
22
3. Der Senat neigt deshalb dazu, von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Strafbarkeit eines Vertreters wegen Bankrotts abzuweichen und die Abgrenzung zwischen den Insolvenzdelikten der §§ 283 ff. StGB und insbesondere der Untreue nach § 266 StGB, aber auch den Eigentumsdelikten gemäß §§ 242, 246 StGB nicht mehr nach der Interessenformel vorzunehmen, zumal das Abstellen auf das Interesse des Vertretenen und damit auf ein subjektives Element vom Wortlaut des § 14 StGB nicht gefordert wird (Arloth NStZ 1990, 570, 574; Tiedemann aaO vor § 283 Rdn. 84).
23
Es erscheint vielmehr geboten, für die Zurechnung der Schuldnereigenschaft im Sinne der §§ 283 ff. StGB maßgeblich daran anzuknüpfen, ob der Vertreter im Sinne des § 14 StGB im Geschäftskreis des Vertretenen tätig geworden ist. Dies wird bei rechtgeschäftlichem Handeln zu bejahen sein, wenn der Vertreter entweder im Namen des Vertretenen auftritt oder letzteren wegen der bestehenden Vertretungsmacht jedenfalls im Außenverhältnis die Rechtswirkungen des Geschäfts unmittelbar treffen (vgl. Radtke aaO vor § 283 Rdn. 58; Lenckner/Perron aaO § 14 Rdn. 26; Labsch wistra 1985, 59, 60). Gleiches gilt, wenn sich der Vertretene zur Erfüllung seiner außerstrafrechtlichen, aber gleichwohl strafbewehrten Pflichten (vgl. § 283 Abs. 1 Nr. 5-7 StGB) eines Vertreters bedient (Tiedemann aaO vor § 284 Rdn. 84, Lenckner/Perron aaO; Radtke aaO; Arloth NStZ 1990, 570, 572; Winkelbauer JR 1988, 33, 34). Bei faktischem Handeln muss die Zustimmung des Vertretenen - unabhängig von der Rechtsform, in der dieser agiert - ebenfalls dazu führen, dass der Vertreter in seinem Auftrag handelt und ihm die Schuldnerstellung zugerechnet wird (Radtke aaO; Hoyer aaO § 283 Rdn. 106).
24
Bei Beachtung dieser Grundsätze kann die trotz gleichartiger Verhaltensweisen mit der Interessentheorie verbundene Ungleichbehandlung zwi- schen Einzelkaufleuten und GmbH-Geschäftsführern ebenso vermieden werden (vgl. Radtke aaO), wie Strafbarkeitslücken bei Verstoß gegen Buchführungs - und Bilanzierungspflichten, wodurch der Gläubigerschutz verbessert wird. Soweit der Vertreter eigennützig handelt, wird häufiger als bisher eine Verurteilung wegen Bankrotts in Tateinheit mit Untreue oder einem Eigentumsdelikt in Betracht kommen, insbesondere wenn die Zustimmung der Gesellschafter (oder des alleinigen Gesellschafters/Geschäftsführers) einer GmbH wegen des damit verbundenen existenzgefährdenden Eingriffs in das Gesellschaftsvermögen kein tatbestandsausschließendes Einverständnis mit der nachteiligen Vermögensverfügung darstellt (vgl. BGHSt 35, 333; 49, 147, 158; BGH wistra 2003, 457, 460; 2006, 265). Dieses Ergebnis ist jedoch gerechtfertigt , weil in diesen Fällen durch dieselbe Handlung unterschiedliche Rechtsgüter - der Schutz der Gläubiger einerseits und das Vermögen bzw. das Eigentum der Gesellschaft andererseits - beeinträchtigt werden.
Becker Miebach Pfister Sost-Scheible Hubert

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

1.
Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
2.
in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
3.
Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt,
4.
Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt,
5.
Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
6.
Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
7.
entgegen dem Handelsrecht
a)
Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b)
es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder
8.
in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.

(2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit wenigstens fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit wenigstens leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 250/09
vom
27. August 2009
in der Strafsache
gegen
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
_________________________
MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1; StPO § 353 Abs. 1
Die Aufhebung eines tatrichterlichen Urteils durch das Revisionsgericht allein im
Strafausspruch erfasst grundsätzlich nicht die Frage der Kompensation einer bis zur
revisionsgerichtlichen Entscheidung eingetretenen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung.
BGH, Urt. vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09 - LG Hannover
wegen besonders schwerer Vergewaltigung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 27. August
2009, an der teilgenommen haben:
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible
als Vorsitzende,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Hubert,
Dr. Schäfer,
Mayer
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 16. Februar 2009 im Ausspruch über die Entschädigung für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung aufgehoben; der Ausspruch entfällt. Die Kosten des Rechtsmittels hat der Angeklagte zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten, der bereits rechtskräftig wegen besonders schwerer Vergewaltigung schuldig gesprochen worden war, zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und ausgesprochen, dass wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung von der verhängten Freiheitsstrafe neun Monate als verbüßt gelten. Mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten , auf die Sachrüge gestützten und vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft, das Landgericht habe zu Unrecht einen Teil der verhängten Strafe als vollstreckt angesehen. Das trotz des umfassenden Aufhebungsantrags ausweislich der Revisionsbegründung wirksam auf den Kompensationsausspruch beschränkte (vgl. BGH, Urt. vom 18. Juni 2009 - 3 StR 89/09) Rechtsmittel hat Erfolg.
2
Die angefochtene Kompensationsentscheidung kann nicht bestehen bleiben; denn ihr steht die auch insoweit eingetretene Teilrechtskraft des in die- sem Verfahren zuvor ergangenen landgerichtlichen Urteils vom 15. Februar 2008 entgegen.
3
1. Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
4
Das Landgericht hatte den Angeklagten mit Urteil vom 15. Februar 2008 wegen besonders schwerer Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision hatte der Angeklagte unter anderem mit einer Verfahrensrüge einen Verstoß gegen Art. 6 MRK geltend gemacht, weil das Verfahren durch unzureichende Ermittlungen des Aufenthalts der Geschädigten durch die Polizeibehörden rechtsstaatswidrig verzögert worden sei; dies habe das Landgericht im Urteil feststellen und festlegen müssen, welcher Teil der Strafe zur Kompensation als vollstreckt gelte. Der Generalbundesanwalt hatte beantragt, die Revision als offensichtlich unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen, und ausgeführt , die dargestellte Verfahrensrüge sei weder in der erforderlichen Form erhoben noch in der Sache begründet. Mit einer weiteren verfahrensrechtlichen Beanstandung hatte der Angeklagte gerügt, dass ein auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Schuldfähigkeit gerichteter Beweisantrag rechtsfehlerhaft abgelehnt worden sei. Auf diese Rüge hatte der Senat mit Beschluss vom 7. August 2008 (3 StR 274/08) das Urteil mit den zugehörigen Feststellungen im Strafausspruch und soweit eine Entscheidung über eine Unterbringung des Angeklagten nach § 64 StGB unterblieben war aufgehoben sowie die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen; die weitergehende Revision hatte er verworfen.
5
Nach der Zurückverweisung hat das Landgericht das nunmehr von der Staatsanwaltschaft im Kompensationsausspruch angegriffene Urteil erlassen.
Die nach seiner Ansicht gegebene rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung hat es damit begründet, dass die Polizeibehörden während des Ermittlungsverfahrens den Aufenthaltsort der Geschädigten nicht intensiv genug ermittelt hätten.
6
2. Das Landgericht durfte die angefochtene Kompensationsentscheidung nicht treffen. Hierzu gilt:
7
Führt die Revision nur teilweise zur Urteilsaufhebung, erwächst der bestehen bleibende Teil in Rechtskraft; dieser ist im neuen Verfahren nicht mehr nachzuprüfen (vgl. Kuckein in KK 6. Aufl. § 353 Rdn. 32). Der neue Tatrichter, an den das Verfahren nach der Zurückverweisung gelangt, hat lediglich den noch offenen Verfahrensgegenstand neu zu verhandeln und zu entscheiden (vgl. Wohlers in SK-StPO § 354 Rdn. 87). Hieraus folgt etwa, dass der Schuldspruch rechtskräftig wird, wenn das angefochtene Urteil allein im Strafausspruch aufgehoben wird (sog. horizontale Teilrechtskraft). Auch innerhalb des Rechtsfolgenausspruchs kann horizontale Teilrechtskraft bezüglich einzelner Tatfolgen eintreten, wenn lediglich der Strafausspruch aufgehoben wird und weitere Rechtsfolgen, auf die das Tatgericht erkannt hat, von Art und Höhe der Strafe unabhängig sind. Dies richtet sich nach den für die Rechtsmittelbschränkung geltenden Grundsätzen (vgl. Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 353 Rdn. 8) und kann etwa der Fall sein bei Einziehungs- (vgl. BGH, Beschl. vom 16. Dezember 1998 - 2 StR 536/98 Rdn. 5) sowie Unterbringungsanordnungen (vgl. BGH bei Holtz MDR 1980, 454 f.; NStZ 1982, 483) oder sonstigen Maßregeln wie der Entziehung der Fahrerlaubnis (vgl. BGH, Beschl. vom 8. Juli 1983 - 3 StR 215/83 Rdn. 4 ff.). Maßgebend für den Umfang der Aufhebung ist die Formulierung im Urteilstenor bzw. der Beschlussformel der revisionsgerichtlichen Entscheidung. Die Aufhebung des Strafausspruchs betrifft regelmäßig nur die Strafe, die Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs die gesamten Rechts- folgen der Tat (vgl. Kuckein aaO Rdn. 21 m. w. N.; weitergehend für § 76 a StGB aF noch BGHSt 14, 381, 382).
8
Nach diesen Maßstäben erfasst die Aufhebung allein des Strafausspruchs durch das Revisionsgericht grundsätzlich die Frage eines Ausgleichs für eine bis dahin eingetretene rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung nicht; vielmehr tritt insoweit horizontale (Teil-)Rechtskraft ein. Zwar wurde nach der früheren Rechtsprechung die übermäßige und von dem Angeklagten nicht zu vertretende Verzögerung des Verfahrens bei der Strafzumessung berücksichtigt. Demgemäß umfasste damals die Aufhebung eines tatgerichtlichen Urteils im Strafausspruch auch die Frage der Kompensation eines rechtsstaatswidrigen Verstoßes gegen das Beschleunigungsgebot. Jedoch hat der Große Senat für Strafsachen dieses sog. Strafabschlagsmodell mit seiner Entscheidung vom 17. Januar 2008 (BGHSt 52, 124) aufgegeben und es durch die sog. Vollstreckungslösung ersetzt. Danach ist der Ausgleich für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung nunmehr getrennt und unabhängig von der Strafzumessung vorzunehmen. Er lässt die Frage des Unrechts, der Schuld und der Strafhöhe unberührt und stellt eine rein am Entschädigungsgedanken orientierte eigene Rechtsfolge neben der Strafzumessung dar. Das Gewicht der Tat und das Maß der Schuld spielen weder für die Frage, ob das Verfahren rechtsstaatswidrig verzögert ist, noch für Art und Umfang der zu gewährenden Kompensation eine Rolle (vgl. Meyer-Goßner aaO Art. 6 MRK Rdn. 9 a). Deshalb sind der Strafausspruch und die Kompensationsentscheidung grundsätzlich je für sich auf Rechtsfehler überprüfbar (vgl. BGH, Urt. vom 18. Juni 2009 - 3 StR 89/09 Rdn. 27). Hieraus folgt im Einzelnen:
9
Enthält ein landgerichtliches Urteil - wie hier die ursprüngliche Entscheidung der Strafkammer vom 15. Februar 2008 - keine Kompensationsentscheidung für eine bis zur Urteilsverkündung eingetretene Verzögerung, kann der Angeklagte, wenn er dies für rechtsfehlerhaft hält, sich hiergegen mit seiner Revision wenden. Zu diesem Zweck muss er grundsätzlich - wenn sich die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung nicht bereits aus den Urteilsgründen ergibt und deshalb mit der Sachrüge zur Prüfung durch das Revisionsgericht gestellt werden kann (vgl. BGHSt 49, 342) - eine Verfahrensrüge erheben (vgl. BGH NStZ-RR 2006, 50, 56). Dringt er wie hier mit seiner Beanstandung nicht durch, und hebt das Revisionsgericht das erstinstanzliche Urteil insoweit auch nicht wegen einer erheblichen Verletzung des Beschleunigungsgebotes nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist auf eine zulässige Revision von Amts wegen auf (vgl. BGH NStZ-RR 2005, 320), steht rechtskräftig fest, dass der Angeklagte nicht wegen eines Verstoßes gegen Art. 6 MRK vor Ergehen der Revisionsentscheidung zu entschädigen ist. Gleiches gilt, wenn das Revisionsgericht das erstinstanzliche Urteil neben dem Strafausspruch aufhebt, soweit eine Entscheidung über eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB unterblieben ist; denn die Frage, ob eine solche Maßregel anzuordnen ist, berührt die Kompensation wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung aus den genannten Gründen ebenfalls nicht. Es liegt zudem nahe, dass die vorgenannten Grundsätze auch dann Anwendung finden, wenn der Angeklagte keine Verfahrensrüge erhoben hat und für das Revisionsgericht auch sonst kein Anlass besteht, die Frage der Verfahrensverzögerung ausdrücklich in den Blick zu nehmen; denn diese Umstände sind für den Eintritt und die Wirkungen der Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung grundsätzlich ohne Belang.
10
Dem neuen Tatrichter ist es deshalb verwehrt, dem Angeklagten nach der Teilaufhebung eines Urteils ausschließlich im Strafausspruch und soweit eine Entscheidung über eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB unterblieben ist allein wegen eines zeitlich vor der Entscheidung des Revisionsgerichts liegenden Verstoßes gegen Art. 6 MRK eine Entschädigung zuzusprechen; er hat vielmehr lediglich neu über die Strafzumessung und den Maßregelausspruch zu befinden. Daneben hat er, sofern hierzu Anlass besteht, allerdings zu prüfen und zu entscheiden, ob nach der Entscheidung des Revisionsgerichts eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung eingetreten und zu kompensieren ist; denn der Umstand, dass eine Entschädigungspflicht wegen eines bis zur revisionsgerichtlichen Entscheidung gegebenen Verstoßes gegen Art. 6 MRK nicht besteht, schließt es nicht aus, dass eine Kompensation aufgrund einer erst danach aufgetretenen Verzögerung ausgesprochen werden kann. Diese Frage hat das Tatgericht nach den insoweit allgemein geltenden Grundsätzen zu beurteilen (vgl. BGHSt 52, 124, 146 ff.); demgemäß hat es bei seiner Bewertung das gesamte Verfahren und damit auch diejenigen Teile in den Blick zu nehmen, die vor der revisionsgerichtlichen Entscheidung liegen. Diese Gesamtbetrachtung ist ihm nicht deshalb verschlossen, weil bereits rechtskräftig entschieden ist, dass dem Angeklagten allein aufgrund von Umständen, die zeitlich vor der revisionsgerichtlichen Entscheidung liegen, kein Ausgleich für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung zu gewähren ist.
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Aus alldem ergibt sich, dass die nach der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen zur sog. Vollstreckungslösung ergangene teilweise Aufhebung des landgerichtlichen Urteils durch den Beschluss des Senats vom 7. August 2008 die Frage der Entschädigung des Angeklagten für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung in der Zeit bis zur revisionsgerichtlichen Entscheidung nicht betroffen hat; insoweit ist vielmehr (Teil-)Rechtskraft eingetreten. Das Landgericht durfte deshalb nach der Zurückverweisung der Sache nicht einen - vermeintlichen - Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot im Ermittlungsverfahren kompensieren. Der entsprechende Ausspruch muss somit entfallen; dies hat der Senat in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO selbst entschieden.
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3. Der Senat hat deshalb nicht mehr in der Sache zu entscheiden, ob die Feststellungen des Landgerichts die Annahme einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung tragen. Die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils geben jedoch Anlass zu bemerken, dass nicht jedes Versäumnis der Ermittlungsbehörden einen zu kompensierenden Verstoß gegen Art. 6 MRK zu begründen vermag. Dies gilt insbesondere dann, wenn diese wie hier nicht völlig untätig waren und der Vorwurf allein dahin geht, sie hätten möglicherweise noch intensiver ermitteln können. Der Senat neigt dazu, in solchen Fällen eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung - in Anlehnung an die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Kompensation von Verfahrensverzögerungen , die allein durch eine auf die Revision des Angeklagten erfolgte Aufhebung des tatgerichtlichen Urteils und Zurückverweisung der Sache entstehen (vgl. BGH NStZ 2009, 104) - allenfalls bei ganz erheblichen, kaum verständlichen Ermittlungsfehlern in Betracht zu ziehen. In diesem Sinne gravierende Versäumnisse hat das Landgericht nicht festgestellt. Sost-Scheible Pfister Hubert Schäfer Mayer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 212/12
alt: 1 StR 354/11
vom
25. September 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2012 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 28. Dezember 2011 im Ausspruch über die Einzelstrafen und im Gesamtstrafenausspruch mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

I.

1
Das Landgericht hat den Angeklagten "der falschen Angaben in Tatmehrheit mit vorsätzlichem Bankrott in Tatmehrheit mit 14 sachlich zusammentreffenden Fällen des Betruges in Tatmehrheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis" schuldig gesprochen und ihn zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Es wurde festgestellt, dass hinsichtlich eines Betrages von 67.830 € nur deshalb nicht auf Verfall des Wertersatzes erkannt worden ist, weil Ansprüche von Verletzten im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB einer solchen Anordnung entgegenstehen. Weiter wurde die Verwaltungsbehörde angewiesen , dem Angeklagten für die Dauer von zwei Jahren keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.
2
Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Sein Rechtsmittel hat mit der Sachrüge hinsichtlich des gesamten Strafausspruchs Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

II.

3
1. Die Verfahrensrügen sind aus den vom Generalbundesanwalt näher dargelegten Gründen bereits unzulässig.
4
2. Der Schuldspruch, der bis auf die Verurteilung wegen falscher Angaben ohnehin bereits rechtskräftig geworden war (vgl. nachfolgend III.), weist keinen Rechtsfehler auf. Die jetzige Verurteilung (nach Beschränkung gemäß § 154a Abs. 2 StPO) auch wegen falscher Angaben (§§ 6, 8, 82 GmbHG) lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

III.

5
Der Strafausspruch hält jedoch sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
6
1. Das Landgericht hatte den Angeklagten durch Urteil vom 22. Dezember 2010 wegen "falscher Angaben in Tateinheit mit falschen Angaben in Tatmehrheit mit vorsätzlichem Bankrott in Tatmehrheit mit gewerbsmäßigem Betrug in 14 sachlich zusammentreffenden Fällen in Tatmehrheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis" zu fünf Jahren und sechs Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Es hat ferner hinsichtlich eines Betrages von 67.380 € festgestellt, dass nur deshalb nicht auf Verfall von Wertersatz erkannt werde, weil Ansprüche des Verletzten entgegenstehen, und es hat die Verwaltungsbehörde angewiesen, dem Angeklagten für die Dauer von zwei Jahren keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.
7
Der Senat hat durch Beschluss vom 20. Oktober 2011 (1 StR 354/11) gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Anbringung weiterer Verfahrensrügen wird verworfen. 2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 22. Dezember 2010 mit den Feststellungen aufgehoben
a) soweit der Angeklagte wegen "falscher Angaben in Tateinheit mit falschen Angaben" verurteilt wurde und
b) im Ausspruch über die Einzelstrafen sowie im Gesamtstrafenausspruch. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen. 4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
8
Zutreffend ist das Landgericht im jetzt angefochtenen Urteil davon ausgegangen , dass durch die Senatsentscheidung der Schuldspruch - bis auf die Verurteilung wegen falscher Angaben (in Tateinheit mit falschen Angaben) - genauso rechtskräftig geworden ist wie der Feststellungsausspruch und die Anordnung nach §§ 69, 69a StGB.
9
2. Der ergänzte Schuldspruch im jetzigen Urteil ist rechtsfehlerfrei (vgl. oben II. 2.). Der Strafausspruch leidet jedoch an durchgreifenden Rechtsfehlern. Das Landgericht hat rechtsfehlerhaft sowohl davon abgesehen, notwendige eigene Feststellungen zu treffen als auch unzulässiger Weise auf aufgehobene - und damit nicht mehr existente - Strafzumessungserwägungen Bezug genommen.
10
Das Landgericht hat in seinem Urteil zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen "hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse des Angeklagten" (u.a. Vorstrafen) auf Blatt 18-24 des Urteils vom 22. Dezember 2010 Bezug genommen und mitgeteilt, dass sich keine von dessen Feststellungen abweichenden bzw. ergänzenden Erkenntnisse ergeben haben (UA S. 5).
11
Im Rahmen der Strafzumessung wird ausgeführt, dass bei den Fällen des Betruges vom Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB auszugehen sei. Zur Begründung wird angeführt: "Da hinsichtlich der entsprechenden Einordnung … im Urteil vom 22.12.2010 im Revisionsverfahren keine Rechtsfehler festgestellt worden sind, wird auch insoweit auf die entsprechenden Ausführungen unter Ziffer E (Blatt 176) des vorbezeichneten Urteils Bezug genommen. Dies gilt gleichermaßen für die Strafrahmen für die Vergehen der falschen Angaben, des Bankrotts und des Fahrens ohne Fahrerlaubnis" (UA S. 8).
12
3. § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO verlangt eine in sich geschlossene Darstellung der vom Gericht zur Urteilsgrundlage gemachten Feststellungen. Bezugnahmen auf außerhalb der Urteilsgründe befindliche Aktenteile sind nur ausnahmsweise zulässig (vgl. § 267 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 4 Satz 1 StPO). Auf mit dem früheren Urteil aufgehobene, also nicht mehr existente Feststellungen, verbietet sich eine Bezugnahme von selbst. Auch die Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten im aufgeho- benen ersten Urteil müssen vom neuen Tatrichter neu getroffen werden. Eine Bezugnahme wird auch nicht dadurch zulässig, dass sie mit dem Hinweis verbunden wird, die neue Hauptverhandlung habe zu denselben Feststellungen geführt (vgl. im Einzelnen KK-StPO Engelhardt 6. Aufl., Rn. 4 zu § 267 mwN).
13
Der Senat hat in seinem Beschluss vom 20. Oktober 2011 (1 StR 354/11) ausdrücklich das angefochtene Urteil im Ausspruch über die Einzelstrafen sowie im Gesamtstrafenausspruch mit den Feststellungen aufgehoben (vgl. zur Tenorierung bei Aufhebung von Feststellungen durch das Revisionsgericht BGH, Beschluss vom 28. März 2007 - 2 StR 62/07).
14
Danach waren die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten aufgehoben und der neue Tatrichter durfte hierauf nicht Bezug nehmen.
15
Aber auch die Strafzumessungserwägungen des ersten Tatrichters waren vollumfänglich aufgehoben und es durfte auf sie nicht, auch nicht - wie hier - bei der Strafrahmenwahl, Bezug genommen werden. Nicht mehr existente Strafzumessungserwägungen können nicht Gegenstand einer Bezugnahme sein (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 25. November 2010 - 3 StR 431/10; BGH, Beschluss vom 12. Mai 2009 - 4 StR 130/09; BGH, Beschluss vom 26. Mai 2004 - 4 StR 149/04).
16
Das Landgericht hat im angefochtenen Urteil keine eigenen, mit einer eigenständigen Beweiswürdigung belegte Feststellungen zur gewerbsmäßigen Handlungsweise des Angeklagten getroffen (vgl. hierzu auch BGH, Beschluss vom 29. Mai 2012 - 3 StR 156/12) und keine eigenen Strafzumessungserwägungen bei der Strafrahmenwahl angestellt. Dieser Rechtsfehler führt zur Aufhebung der Einzelstrafen sowie des Gesamtstrafenausspruchs; denn bereits das Fehlen eigener entscheidungserheblicher Feststellungen des Tatrichters ist ein sachlich-rechtlicher Mangel, der auf die Sachrüge hin zu beachten ist (vgl. BGH aaO). Dies gilt aber auch soweit in unzulässiger Weise auf aufgehobene Strafzumessungserwägungen Bezug genommen wurde. Der Senat kann nicht mit Sicherheit ausschließen, dass auf diesen Rechtsfehlern der gesamte Strafausspruch beruht.
17
4. Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass die Aufhebung eines tatrichterlichen Urteils durch das Revisionsgericht allein im Strafausspruch grundsätzlich nicht die Frage der Kompensation einer bis zur revisionsgerichtlichen Entscheidung eingetretenen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung erfasst (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09 = BGHSt 54, 135). RiBGH Hebenstreit ist im Ruhestand und an der Unterschrift gehindert. Nack Rothfuß Nack RiBGH Prof. Dr. Sander ist urlaubsabwesend und deshalb an der Unterschrift gehindert. Nack Cirener