Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

1. Der 1952 geborene Kläger, Medizinaldirektor beim P... und zugleich Betriebsarzt für das P... ..., erstrebt die Verpflichtung des Beklagten, den am 12. Dezember 2013 auf der Fahrt von seinem Wohnort in E... zu seiner Dienststelle beim P... ... in N... eingetretenen Verkehrsunfall als Dienstunfall mit den Dienstunfallfolgen HWS-Distorsionstrauma, Cervikobrachialgie links, Nackenverspannungen, Thoraxprellung links, posttraumatischer ISG-Affektion links und posttraumatischen Tinnitus anzuerkennen.

Dem Unfall lag das folgende Geschehen zugrunde: Dem Kläger kam in der L... Straße in E... ein anderes Fahrzeug entgegen, wobei der Kläger der Auffassung war, dass der andere Fahrer die Einbahnstraße in der falschen Richtung befuhr und deshalb die Lichthupe betätigte. Der Kläger fuhr dann in eine Parklücke, um wegen der geringen Breite der zur Verfügung stehenden Fahrbahn ein Vorbeifahren zu ermöglichen. Als sich beide Kraftfahrzeuge auf etwa gleicher Höhe befanden, entspann sich zwischen den Fahrern eine Diskussion, wer sich verkehrsgerecht verhalten habe. Beide Fahrer kündigten schließlich an, sich das Kennzeichen des jeweils anderen Kraftfahrzeugs zu notieren. Der andere Kraftfahrer fuhr sein Kraftfahrzeug einige Meter weiter und stieg aus, wohl um sich das Kennzeichen des Klägers zu notieren. Nachdem er wieder eingestiegen war und losfuhr, fuhr er nicht vorwärts, sondern rückwärts, weil er - so seine Angaben - vergessen hatte, dass er zuvor den Rückwärtsgang eingelegt hatte. Beim Rückwärtsfahren stieß er gegen das Kraftfahrzeug (Fahrertür) des Klägers. Der Kläger hatte zu diesem Zeitpunkt seine Fahrertür geöffnet und war im Begriff auszusteigen. Durch den Aufprall wurde der Kläger nach seinen Angaben wieder in den Sitz geschleudert.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Der dienstunfallrechtlich geschützte Weg sei bei Eintritt des Unfallereignisses in rechtlich relevanter Weise unterbrochen worden. Die Unterbrechung sei spätestens in dem Zeitpunkt eingetreten, als sich der Kläger nach einer verbalen Auseinandersetzung mit dem späteren Unfallgegner über eine von diesem angeblich begangene Verkehrsordnungswidrigkeit angeschickt habe, aus seinem Pkw auszusteigen, um sich das Kennzeichen des gegnerischen Pkw zu notieren. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung.

2. Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils), § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten) und § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.

2.1 Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts i. S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - juris) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 - juris). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Gemäß Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist. Nach Art. 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBeamtVG gilt als Dienst auch das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Wegs zwischen Familienwohnung und Dienststelle. Obwohl der Weg zur Dienststelle noch keinen Dienst darstellt, hat der Gesetzgeber den Wegeunfall dem Dienstunfall damit gleichgestellt. Die Gleichstellung dient der Erweiterung der Unfallfürsorge des Dienstherrn auf die Gefahren des allgemeinen Verkehrs im öffentlichen Verkehrsraum, denen sich der Beamte aussetzt, um seinen Dienst zu verrichten. Diese Gefahren stammen zwar nicht aus der Risikosphäre des Dienstherrn, sie können aber auch vom Beamten nicht beherrscht oder beeinflusst werden (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2013 - 2 C 7/12 - ZBR 2014, 601 - juris Rn. 6).

Der Weg von der Familienwohnung zur Dienststelle ist nicht schlechthin geschützt. Der Unfallschutz erfasst nur das wesentlich durch den Dienst gesetzte Gefahrenrisiko der Fortbewegung auf der Wegstrecke (Teilnahme am Verkehr). Der Weg ist deshalb nur geschützt, soweit er seine wesentliche Ursache im Dienst hat und andere mit dem Dienst zusammenhängende Ursachen für das Zurücklegen des Weges in den Hintergrund treten (zur vergleichbaren bundesrechtlichen Bestimmung: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht des Bundes und der Länder, Stand: Sep. 2015, § 31 BeamtVG Rn. 176 m. w. N. und BVerwG, U.v. 9.12.2010 - 2 A 4/10 - ZBR 2011, 306 - juris Rn. 13).

Der Kläger hat sich am 12. Dezember 2013 gegen 8.00 Uhr auf dem nächsten Weg zu seiner Dienststelle in N... befunden und stand somit zunächst unter dem Schutz des Art. 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBeamtVG. Mit dem Versuch, aus seinem Fahrzeug auszusteigen, um sich das gegnerische Kennzeichen zu notieren, hat der Kläger jedoch seinen Weg nicht nur geringfügig unterbrochen und stand damit nicht weiter unter Unfallschutz. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII - die auf die vorliegende Streitigkeit übertragen werden kann (vgl. OVG Niedersachsen, U.v. 28.2.2012 - 5 LB 8/10 - ZBR 2012, 278 - juris Rn. 27 und 34) - ist eine Unterbrechung nur dann als geringfügig anzusehen, wenn sie auf einer Verrichtung beruht, die bei natürlicher Betrachtungsweise zeitlich und räumlich noch als Teil des Wegs nach oder von dem Ort der Tätigkeit in seiner Gesamtheit anzusehen ist. Das ist der Fall, wenn sie nicht zu einer erheblichen Zäsur in der Fortbewegung in Richtung des ursprünglich aufgenommenen Ziels führt, weil sie ohne nennenswerte zeitliche Verzögerung „im Vorbeigehen“ oder „ganz nebenher“ erledigt werden kann (vgl. BSG, U.v. 4.7.2013 - B 2 U 3/13 R - juris Rn. 15 m. w. N.). Die Rechtsprechung versteht hierunter kurze und belanglose Unterbrechungen, bei denen der Beamte gewissermaßen auf seinem Weg in Bewegung bleibt und nur nebenher andersartig tätig wird (vgl. BSG, U.v. 31.1.1974 - 2 RU 165/72 - juris Rn. 20). Entscheidend ist, ob der Beamte eine neue objektive Handlungssequenz in Gang setzt, die sich deutlich von dem bloßen „in den Dienst fahren“ abgrenzen lässt (vgl. BSG, U.v. 4.7.2013 - B 2 U 3/13 R - juris Rn. 16 zum sozialversicherungsrechtlichen Wegeunfallschutz).

Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Handlungstendenz des Klägers davon geprägt gewesen war, durch das beabsichtigte Aussteigen aus dem Fahrzeug, dem eine verbale Auseinandersetzung mit dem späteren Unfallgegner vorausgegangen war, das Notieren des Kennzeichen des Fahrzeugs des späteren Unfallgegners zu ermöglichen, um eine Ahndung des angeblichen Verkehrsverstoßes des anderen Verkehrsteilnehmers (Befahren einer Einbahnstraße in die falsche Richtung) herbeizuführen.

2.1.1 Der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht sei insoweit von einem falschen Sachverhalt ausgegangen. Er habe im verwaltungsgerichtlichen Verfahren schriftsätzlich den Ausführungen des Beklagten, wonach das Verhalten des Klägers nicht mehr der Fortbewegung, sondern der Ahndung eines vermeintlichen Verkehrsverstoßes des anderen Fahrers gedient habe, widersprochen. Er verweist auf seine Zeugenaussage im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen. Dort sei angegeben, dass die Kennzeichennotierung das vermeintlich letzte Mittel gewesen sei, um den anderen Fahrzeugführer nach mehrmaliger Aufforderung, er möge doch bitte weiter fahren und die Weiterfahrt des Klägers ermöglichen, dazu zu bewegen, dies auch endlich zu tun. Die Aussage des Klägers, dass er sich das Kennzeichen notieren werde, wenn der gegnerische Fahrzeugführer nicht weiterfahren würde, habe also der Fortbewegung und damit dem Erreichen des Dienstortes des Antragstellers gedient.

Mit seiner Rüge greift der Kläger die Sachverhaltswürdigung des Verwaltungsgerichts an, ohne ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils aufzuzeigen.

Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es ist dabei nicht an die Sichtweise und Sachverhaltswürdigung einer Prozesspartei gebunden. Soweit eine fehlerhafte Sachverhaltswürdigung des Erstgerichts gerügt wird, liegt der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur dann vor, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind (vgl. BayVGH, B.v. 15.2 2016 - 14 ZB 14.1016 - juris Rn. 7). Derartige Fehler bei der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung zeigt der Kläger nicht auf. Solche sind auch nicht ersichtlich. In der Ankündigung des Notierens des Kennzeichens mag zwar ein möglicher „Anreiz“ zur Fortsetzung der Fahrt gesehen werden. Zum Zeitpunkt des Unfalls war der andere Fahrer jedoch bereits zwei bis drei Meter vorgefahren, um sich seinerseits das Kennzeichen des Klägers zu notieren. Erst danach schickte sich der Kläger an, auszusteigen, um sich das Kennzeichen des Fahrzeugs des anderen Fahrers ebenfalls zu notieren. Spätestens in diesem Zeitpunkt ging es aber nicht mehr darum, den anderen Fahrer zum Weiterfahren zu bewegen. Im Übrigen diente das Notieren des Kennzeichens des anderen Fahrzeugs auch nach der Einlassung des Klägers im verwaltungsgerichtlichen Verfahren seiner eigenen Absicherung, da er im Falle eines Rechtsstreits nichts in der Hand gehabt hätte.

2.1.2 Auch mit dem Einwand, das Notieren des Kennzeichens des Fahrzeugs des anderen Fahrers habe jedenfalls eine Verrichtung dargestellt, die gleichsam im Vorbeigehen oder ganz nebenbei habe erledigt werden können und die den Dienstunfallschutz nicht entfallen lasse, kann der Kläger keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils darlegen. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass Art. 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBeamtVG aufgrund der sozialpolitisch motivierten Komponente der Gleichstellung des Wegeunfalls mit dem Dienstunfall restriktiv auszulegen ist und die besonderen Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung maßgebend sind. Dass der Kläger sein Fahrzeug verlassen wollte, war ersichtlich von dem Wunsch geprägt, sich das Kennzeichen des Fahrzeugs des anderen Fahrers zu notieren, um die aus seiner Sicht erlittene Unbill (Beleidigung und Nötigung) strafrechtlich aufarbeiten zu können. Obwohl sein Weg zur Dienststelle durch das Versetzen des gegnerischen Fahrzeugs frei geworden war, hat der Kläger ausschließlich aus privaten Motiven eine neue Handlungssequenz eröffnet, die sich deutlich von dem bloßen „in den Dienst Fahren“ abgrenzen lässt und nicht mehr als belanglose Unterbrechung qualifiziert werden kann. Er hat mit dem Versuch, aus seinem Fahrzeug auszusteigen, eine neue Gefahrensituation geschaffen, die dem Dienstherrn nicht zugerechnet werden kann.

2.2 Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Insoweit verweist der Senat auf seine Ausführungen unter 2.1.

2.3 Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

Der Kläger wirft die Frage auf, „ob bei einem Unfall eines Beamten auf dem Weg zu seinem Wohnort zum Dienstort eine dienstunfallrechtlich geschützte Tätigkeit anzunehmen ist, wenn der Beamte zur Fortsetzung des Wegs darauf angewiesen ist, einem anderen Verkehrsteilnehmer damit zu drohen, dessen Fahrzeugnummer zu notieren, wenn dessen Fahrzeug die Weiterfahrt zum Dienstort blockiert“, ferner die Frage, ob „bei einer notwendigen Unterbrechung des Weges, um die Fahrzeugnummer eines gegnerischen Fahrzeugs, das die Weiterfahrt zum Dienst blockiert, von einer Unterbrechung der Fortbewegung auf dem Weg zur Dienststelle auszugehen ist, welche einer Verrichtung dient, die typischerweise „im Vorbeigehen“ oder „ganz nebenbei“ erledigt wird und bei der das Bundesverwaltungsgericht keine rechtlich relevante Unterbrechung des Wegeschutzes annimmt“. Diese Fragen stellen sich in dieser Form im vorliegenden Fall nicht in entscheidungserheblicher Weise, weil die Weiterfahrt zum Unfallzeitpunkt nicht mehr blockiert war. Zudem sind sie nur aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls zu beantworten und einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

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(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

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(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

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(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

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(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

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(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem G

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(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Juni 2010 - 12 N 33.10 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Juni 2010 - 12 N 33.10 - wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen.

2. ...

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts, mit dem sein Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein verwaltungsgerichtliches Urteil zurückgewiesen wurde. Im erstinstanzlichen Verfahren hatte er eine Reduzierung der von ihm für das Jahr 2001 geforderten Abgaben für ein ärztliches Versorgungswerk angestrebt.

2

1. § 20 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der Berliner Ärzteversorgung in der Fassung vom 1. April 2000 verpflichtet jedes Mitglied zur Leistung von Versorgungsabgaben, sofern Einkünfte aus ärztlicher Berufsausübung erzielt werden. Als allgemeine Versorgungsabgabe ist eine "Normalabgabe" zu zahlen, die gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 der Satzung dem höchsten Pflichtbeitrag zur Angestelltenversicherung im gleichen Jahr entspricht. Als Mindestabgabe ist der 0,2-fache Betrag der Normalabgabe zu zahlen. In ständiger Verwaltungspraxis mussten im streitgegenständlichen Zeitraum Mitglieder, deren Einkommen 2.000 DM pro Monat unterschritt, nur einen reduzierten Versorgungsbeitrag in Höhe des hälftigen Beitragssatzes der Rentenversicherung der Angestellten erbringen (im Folgenden: Härtefallregelung).

3

Im Jahr 2001 belief sich der höchste Pflichtbeitrag zur Rentenversicherung der Angestellten auf 1.661,70 DM (849,61 €).

4

2. Der Beschwerdeführer ist Arzt und war aufgrund seiner Mitgliedschaft in der Ärztekammer, der Beklagten des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Beklagte) auch Mitglied der von ihr eingerichteten Ärzteversorgung.

5

Auf Grundlage eines Honorarvertrags war der Beschwerdeführer ab Juli 2000 als Bereitschaftsarzt für eine Privatklinik tätig. Da er zunächst weniger als 2.000 DM pro Monat verdiente, beantragte er bei der Beklagten eine Beitragsreduzierung auf Basis der Härtefallregelung, die diese mit Bescheid von Februar 2001 ab Januar 2000 gewährte. Für den Zeitraum ab Januar 2001 setzte die Beklagte gegenüber dem Beschwerdeführer unter Zugrundelegung der Härtefallregelung einen monatlichen Beitrag von 81,20 DM fest. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Bereitschaftsarzt endete mit Ablauf des Monats Oktober 2001. Das letzte Honorar wurde im November 2001 ausgezahlt. Für den Rest des Jahres 2001 erzielte der Beschwerdeführer keine Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit mehr.

6

a) Nachdem der Beschwerdeführer den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 vorgelegt hatte, aus dem sich Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 20.291 DM (10.374,62 €) ergaben, setzte die Beklagte im Mai 2003 für das Jahr 2001 bezüglich der Monate Januar bis Oktober 2001, ausgehend vom 0,2-fachen der Normalabgabe, einen monatlichen Beitrag von jeweils 169,92 € fest. Unter Berücksichtigung bereits gezahlter Beiträge und vorhandener Guthaben forderte sie vom Beschwerdeführer zugleich eine Nachzahlung in Höhe von 1.206,79 €. Der gegen die Höhe der Abgabe gerichtete Widerspruch des Beschwerdeführers blieb erfolglos.

7

b) Mit seiner daraufhin erhobenen Klage verlangte der Beschwerdeführer eine Reduzierung des Nachzahlungsbetrags auf 485,52 €, weil er der Härtefallregelung unterfalle. Sein monatliches Einkommen unterschreite die Grenze von 2.000 DM, weil das erst im November 2001 ausgezahlte Honorar nicht mehr als Einkommen berücksichtigt werden dürfe.

8

Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Die Beklagte habe die Versorgungsabgaben für 2001 in der zutreffenden Höhe festgesetzt. Die Härtefallregelung könnte nicht zugunsten des Beschwerdeführers angewendet werden, weil sein monatliches Einkommen mehr als 2.000 DM pro Monat betragen habe. Abzustellen sei auf das Einkommen, das sich aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 ergebe. Weder habe der Beschwerdeführer belegen können, dass in den im Steuerbescheid ausgewiesenen Einkünften auch Einkommen aus dem Jahr 2000 enthalten sei, noch komme es für das von Januar bis Oktober 2001 erarbeitete Einkommen auf den Zeitpunkt des Zuflusses an. Da nur für die Dauer der ärztlichen Tätigkeit Abgaben zu leisten seien, habe die Beklagte den 2001 verdienten Betrag auch richtigerweise lediglich auf 10 statt auf 12 Monate verteilt.

9

c) Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts beantragte der Beschwerdeführer die Zulassung der Berufung. Er berief sich hierbei ausdrücklich auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Das Verwaltungsgericht sei nicht befugt gewesen, das ihm erst im November zugeflossene Einkommen zu berücksichtigten, weil es auf den Zufluss des Entgelts während der Dauer der Beschäftigung ankomme. Weiter sei zu erwähnen, dass die Beklagte ihre Forderung auch bei Anwendung des Entstehungsprinzips nicht begründen könne; denn in diesem Fall müssten von seinen einkommensteuerrechtlich für das Jahr 2001 ermittelten Einkünften aus selbständiger Arbeit seine während der zweiten Dezemberhälfte 2000 erwirtschafteten Honorare in Höhe von 985,50 DM abgezogen werden, wodurch nur noch Jahreseinkünfte von 19.305 DM verblieben. Dies führe ebenfalls zur Anwendung der Härtefallregelung. Der Beschwerdeführer bezog sich dabei auf bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte Unterlagen. Seinem Schriftsatz war darüber hinaus als Anlage ein von Januar 2010 datierendes Schreiben der Rechtsnachfolgerin der Klinik, für die er tätig gewesen war, beigefügt, aus dem sich ergab, dass der Beschwerdeführer im Monat Dezember 2000 am 2., 9., 25., 28. und 31. Dezember Dienste absolviert hatte.

10

d) Das Oberverwaltungsgericht wies den Zulassungsantrag zurück. Die Berufung sei nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung zuzulassen, weil ein Divergenzfall nicht gegeben sei. Auch ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils in Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden nicht. Die Auslegung des Verwaltungsgerichts sei sowohl mit Wortlaut als auch mit Sinn und Zweck der Satzung vereinbar. Die Ausführungen des Beschwerdeführers, die sein Einkommen im Jahr 2001 beträfen, seien in Bezug auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO nicht entscheidungserheblich. Nichts anderes ergebe sich, wenn man zu seinen Gunsten unterstelle, dass er insoweit ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung habe geltend machen wollen; denn in diesem Fall sei durch die bloße Vorlage eines Honorarvertrags nicht nachgewiesen, dass im Januar 2001 Honorare für eine im Dezember 2000 ausgeübte ärztliche Tätigkeit gezahlt worden seien.

11

3. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3, Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG.

12

a) Die Nichtzulassung der Berufung verstoße gegen Art. 19 Abs. 4 GG, hilfsweise gegen Art. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG als allgemeines Prozessgrundrecht auf ein faires Gerichtsverfahren. Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sei erfüllt, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils. Falsch sei schon, dass das Gericht auf das Entstehungsprinzip abgestellt habe, denn maßgebend sei das Zuflussprinzip. Das ihm erst im November 2001 zugegangene Honorar dürfe daher nicht mitberücksichtigt werden. Selbst bei Anwendung des Entstehungsprinzips müsse aber zu seinen Gunsten die Härtefallregelung eingreifen; auch dann liege sein durchschnittliches Monatseinkommen während des maßgeblichen Zeitraums unter der Grenze von 2.000 DM. Es müsse nämlich das Honorar, das in der zweiten Dezemberhälfte des Jahres 2000 von ihm erwirtschaftet worden sei, aus dem Einkommen, das sich aus dem Steuerbescheid 2001 ergebe, herausgerechnet werden.

13

b) Auch die Ablehnung der weiteren Zulassungsgründe verstoße gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Im Übrigen verletze die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Art. 3 Abs. 1 GG als Gleichbehandlungsgebot und Willkürverbot.

14

4. Der Senatsverwaltung für Justiz des Landes Berlin und der Ärztekammer Berlin wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Akten des Ausgangsverfahrens waren beigezogen.

II.

15

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>). Die Verfassungsbeschwerde ist zudem offensichtlich begründet.

16

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2010 verletzt das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG.

17

a) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 8, 274 <326>; 67, 43 <58>; 96, 27 <39>; stRspr). Die Vorschrift erfordert zwar keinen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 49, 329 <343>; 83, 24 <31>; 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; 96, 27 <39>; stRspr); eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 65, 76 <90>; 96, 27 <39>; stRspr). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>). Sehen die prozessrechtlichen Vorschriften - wie §§ 124, 124a VwGO - die Möglichkeit vor, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, so verbietet Art. 19 Abs. 4 GG eine Auslegung und Anwendung dieser Rechtsnormen, die die Beschreitung des eröffneten Rechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>). Vor diesem Hintergrund dürfen an die Darlegung eines Zulassungsgrundes keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Insbesondere ist der in § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO enthaltene Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils immer schon dann erfüllt, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat (vgl. BVerfGE 110, 77 <83>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, juris, Rn. 15).

18

b) Diese Maßstäbe hat das Oberverwaltungsgericht verkannt und den Zugang des Beschwerdeführers zur Berufungsinstanz dadurch in unzumutbarer Weise verkürzt.

19

aa) Verfassungsrechtlich nicht haltbar ist schon der rechtliche Ausgangspunkt des Oberverwaltungsgerichts, eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO komme nicht in Betracht, weil der Beschwerdeführer nicht "nachgewiesen" habe, dass im Januar 2001 gezahltes Honorar auch Einkommen für eine im Dezember 2000 ausgeübte ärztliche Tätigkeit enthalte. Des Nachweises einer solchen Behauptung durch den Antragsteller bedarf es im Berufungszulassungsverfahren gerade nicht. Schlüssige Gegenargumente liegen vielmehr bereits dann vor, wenn der Antragsteller substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist. Ob tatsächliche Umstände, die ein Antragsteller schlüssig behauptet, auch wirklich gegeben sind, muss bei Unklarheiten nach Zulassung der Berufung während des sich anschließenden Berufungsverfahrens im Rahmen der Amtsermittlung geklärt werden. Es ist nicht zulässig, diese Prüfung ins Zulassungsverfahren vorzuverlagern und damit die eigentlich erforderliche Beweisaufnahme zu umgehen (vgl. auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 2009 - 1 BvR 812/09 -, juris, Rn. 22).

20

bb) Der fehlerhafte rechtliche Ansatz des Oberverwaltungsgerichts führt auch zu einem verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Ergebnis. Das Gericht hätte die Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zulassen müssen, weil der Beschwerdeführer im Berufungszulassungsverfahren eine das verwaltungsgerichtliche Urteil tragende Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat.

21

(1) Das Verwaltungsgericht geht, unter Zugrundelegung der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten, davon aus, dass ein Kammermitglied Anspruch auf einen (reduzierten) Beitrag in Höhe des hälftigen Beitragssatzes zur Rentenversicherung der Angestellten hat, sofern es einen Monatsverdienst von weniger als 2.000 DM erzielt. Für den Beschwerdeführer verneint das Gericht dann einen solchen, die 2.000 DM-Grenze unterschreitenden Verdienst pro Monat, weil die von ihm im Jahr 2001 erzielten Einnahmen von 20.291 DM auf 10 Monate, nämlich den Zeitraum von Januar bis einschließlich Oktober 2001, zu verteilen seien. Denn die Einnahmen könnten nur auf die Monate verteilt werden, in denen sie erarbeitet worden seien; auf den Zeitpunkt des Zuflusses komme es nicht an. Für die Höhe der Einnahmen stützt sich das Verwaltungsgericht auf die aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 ergebende Einkommenshöhe, unterstellt also, dass die sich aus dem Einkommensteuerbescheid ergebenden Einnahmen vom Beschwerdeführer in dem Zeitraum von Januar bis Oktober 2001 erarbeitet worden sind und stützt seine Entscheidung auf diese Annahme.

22

(2) Demgegenüber hat der Beschwerdeführer zur Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung eingewandt, in den Einnahmen, die in dem Einkommensteuerbescheid 2001 ausgewiesen seien, seien auch Verdienste aus dem Jahr 2000 enthalten, und zwar Honorare in Höhe von 985,50 DM, die er durch seine ärztliche Tätigkeit in der zweiten Dezemberhälfte 2000 erwirtschaftet habe. Zum Beleg seiner Behauptung hat er das Schreiben von Januar 2010, wonach er im Dezember 2000 an fünf Tagen Dienste wahrgenommen hat, vorgelegt. Darüber hinaus hat er vorgetragen, aufgrund des klinikinternen Abrechnungsmodus sei das Honorar während seiner Tätigkeit immer jeweils von Monatsmitte zu Monatsmitte berechnet und anschließend ausgezahlt worden. Da hiernach für die Monate Januar bis Oktober 2001 nur noch ein Einkommen von 19.305 DM verbleibe - also weniger als 2.000 DM monatlich - sei die Härtefallklausel schon aus diesem Grunde auf ihn anzuwenden.

23

(3) Damit hat der Beschwerdeführer die Prämisse des Verwaltungsgerichts, in dem aus dem Steuerbescheid ergebenden Einkommen seien keine Einnahmen aus dem Jahre 2000 enthalten, mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt. Denn auf Grundlage der Behauptungen des Beschwerdeführers, die er zudem mit dem Schreiben von Januar 2010 belegt hat, erscheint es nicht lediglich als möglich, sondern sogar als nahe liegend, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts im Steuerbescheid des Jahres 2001 als Einkommen auch Honorar berücksichtigt war, das der Beschwerdeführer im Dezember 2000 erarbeitet hatte. Dafür spricht nicht nur das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach sein Honorar in einem Abrechnungsmodus von Monatsmitte bis Monatsmitte berechnet und ausbezahlt wurde. Auch aus verwaltungspraktischen Gründen erscheint es wenig wahrscheinlich, dass insbesondere für eine ab dem 25. Dezember 2000, also während der Weihnachtsfeiertage und danach, geleistete Arbeit die Vergütung noch im selben Monat überwiesen werden konnte. Anhaltspunkte für eine Zahlung des Honorars im Voraus oder für Abschlagszahlungen gibt es nicht.

24

(4) Die Tatsachenfeststellungen, die der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen in Frage stellt, sind auch rechtlich erheblich. Denn das Verwaltungsgericht hätte, wären die Behauptungen des Beschwerdeführers zutreffend, seiner Klage jedenfalls teilweise stattgeben müssen. In diesem Fall hätte sich nämlich für 2001 ein in diesem Jahr "erarbeitetes" Honorar von lediglich 19.305,50 DM ergeben, weil 985,50 DM als Honorar für Dienste im Dezember 2000 von dem im Steuerbescheid 2001 ausgewiesenen Einkommen von 20.291 DM abzuziehen gewesen wären. Für die zehnmonatige ärztliche Tätigkeit des Beschwerdeführers im Jahr 2001 hätte sein monatlicher Verdienst folglich nur noch 1.930,55 DM betragen und damit die 2.000 DM-Grenze unterschritten. Nach der vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Rechtsauffassung - die vom Oberverwaltungsgericht in dem angegriffenen Beschluss auch nicht in Zweifel gezogen wird - wäre bei diesem geringen Einkommen die Härtefallregelung anzuwenden gewesen. Da sich die monatlichen Abgaben dementsprechend nur nach dem hälftigen Beitragssatz der Rentenversicherung für Angestellte, also der Hälfte von damals 19,1 %, errechnen würden, hätten sich diese nicht wie von der Beklagten festgesetzt auf - umgerechnet - 169,92 € belaufen, sondern lediglich auf 94,27 €. Auch die geltend gemachte Nachforderung würde sich entsprechend verringern.

25

cc) Dem Beschwerdeführer kann auch nicht entgegengehalten werden, er habe den Zulassungsgrund im Berufungszulassungsverfahren nicht hinreichend dargelegt. Insbesondere ist es unschädlich, dass er in dem Zulassungsschriftsatz die von ihm vorgebrachten Argumente keinem beziehungsweise jedenfalls nicht dem zutreffenden Berufungszulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugeordnet hat. Denn für eine den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Darlegung eines oder mehrerer Berufungszulassungsgründe ist es nicht notwendig, dass der Antragsteller ausdrücklich einen der in § 124 Abs. 2 VwGO normierten Zulassungsgründe oder die dort angeführten tatbestandlichen Voraussetzungen benennt. Ebenso ist es kein Hindernis, wenn der Antragsteller sein Vorbringen unter dem falschen Berufungszulassungsgrund erörtert oder verschiedene Gesichtspunkte, die bei unterschiedlichen Zulassungsgründen im Sinne von § 124 Abs. 2 VwGO relevant sein können, miteinander vermengt. Art. 19 Abs. 4 GG verpflichtet das den Zulassungsantrag prüfende Gericht nämlich dazu, den Vortrag des jeweiligen Antragstellers angemessen zu würdigen und durch sachgerechte Auslegung selbstständig zu ermitteln, welche Zulassungsgründe der Sache nach geltend gemacht werden und welche Einwände welchen Zulassungsgründen zuzuordnen sind (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. August 2010 - 1 BvR 2309/09 -, juris, Rn. 13; vgl. insoweit auch BVerfGK 5, 369 <375 f.>). Erst dann, wenn aus einer nicht auf einzelne Zulassungsgründe zugeschnittenen Begründung auch durch Auslegung nicht eindeutig ermittelt werden kann, auf welchen Zulassungsgrund der Antrag gestützt wird, stellt die Verwerfung des Antrags als unzulässig keine unzumutbare Erschwerung des Zugangs zur Berufungsinstanz dar (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. August 2010, a.a.O., Rn. 13). Dass sich das Vorbringen des Beschwerdeführers ohne Schwierigkeiten dem Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuordnen lässt, folgt hier schon daraus, dass es vom Oberverwaltungsgericht unter diesem Gesichtspunkt geprüft wurde. Eine solche Zuordnung lag im Übrigen auch auf der Hand, weil die Ausführungen des Beschwerdeführers nur zu diesem Zulassungsgrund passen.

26

c) Die weiteren Argumente, die der Beschwerdeführer gegen die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils vorgebracht hat, sind allerdings nicht geeignet, einen Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG zu begründen. Dass das Oberverwaltungsgericht im Hinblick auf diese Einwände das Vorliegen des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO verneint hat, lässt keine Grundrechtsverletzung erkennen. Der Beschwerdeführer hat schon nicht nachvollziehbar dargelegt, warum die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Zufluss des Einkommens erst nach dem Ablauf des Zeitraums der Tätigkeit sei unschädlich - maßgeblich sei vielmehr der Zeitpunkt des Erarbeitens -, fehlerhaft sein sollte. Der Ansatz des Gerichts, allein an den Tätigkeitszeitraum anzuknüpfen und den Zuflusszeitpunkt als unerheblich anzusehen, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

27

Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (Divergenz) sei nicht gegeben, gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstoßen könnte. Die Gründe, mit denen das Gericht das Vorliegen des Zulassungsgrundes ablehnt, sind gut nachvollziehbar. Dass sie den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG nicht genügen könnten, ist nicht zu erkennen.

28

Eine Berufung auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) scheitert schließlich unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität schon daran, dass sich der Beschwerdeführer auf diesen Grund im Berufungszulassungsverfahren weder ausdrücklich noch der Sache nach berufen hat.

29

2. Die angegriffene Entscheidung beruht auf dem festgestellten Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Ob der Beschluss auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG beziehungsweise Art. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verstößt, kann daher offenbleiben.

30

3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

Tatbestand

1

Der 1959 geborene Kläger ist Hauptwerkmeister (BesGr A 8 BBesO) im Dienst des Beklagten und der DB S... GmbH zugewiesen. Am 4. und 5. September 2007 versah er auswärtigen Dienst, um eine Baufeldfreimachung zu überwachen. Auf dem Weg von seiner letzten Einsatzstelle zum Übernachtungshotel parkte er das Fahrzeug am rechten Straßenrand und kaufte an einem Kiosk Lebensmittel. Beim Rückweg übersah er die Bordsteinkante, stürzte auf die Straße und brach sich einen Arm. Den Antrag, das Schadensereignis als Dienstunfall anzuerkennen, lehnte der Beklagte ab. Zwar stehe der Weg von der Dienststelle zur Wohnung oder hier zum Hotel grundsätzlich unter Unfallschutz. Dies gelte jedoch nicht für Unterbrechungen, die privaten Verrichtungen wie dem Einkauf von Lebensmitteln dienten.

2

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, auch die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers blieb erfolglos. Zur Begründung hat das Berufungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Nur der unmittelbare Weg zwischen Dienststelle und Unterkunft sei in die Dienstunfallfürsorge nach § 31 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG einbezogen, nicht aber Umwege und Unterbrechungen. In diesen Fällen lebe entgegen der Annahme früherer Entscheidungen der dienstliche Zusammenhang nicht bereits mit dem Betreten des öffentlichen Verkehrsraums, sondern erst mit der Fortsetzung der Fahrt wieder auf. Die insoweit geänderte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts könne auf den Bereich des Dienstunfallrechts übertragen werden.

3

Der Kläger hat die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt und beantragt,

die Urteile des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 28. Februar 2012 und des Verwaltungsgerichts Hannover vom 13. Mai 2008 sowie die Bescheide der Dienststelle Ost des Bundeseisenbahnvermögens vom 5. November 2007 und vom 20. Dezember 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, das Schadensereignis vom 4. September 2007 als Dienstunfall anzuerkennen.

4

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision des Klägers, über die im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 2 und § 141 Satz 1 VwGO), ist begründet. Im Ergebnis zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht zwar die Annahme eines Wegeunfalls nach § 31 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BeamtVG in der zum Zeitpunkt des Unfalls gültigen und damit maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1994 (BGBl I S. 3858), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. März 1997 (BGBl I S. 590), verneint (1); auch ein Dienstunfall nach § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG ist nicht gegeben (2). Es liegen aber die Voraussetzungen für die Annahme eines Dienstunfalls nach § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG vor (3). Damit hat der Kläger Anspruch darauf, dass der Beklagte das Schadensereignis vom 4. September 2007 als Dienstunfall anerkennt.

6

1. Gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BeamtVG gilt als Dienst auch das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges nach und von der Dienststelle. Obwohl der Weg zur Dienststelle noch keinen Dienst darstellt, hat der Gesetzgeber den Wegeunfall dem Dienstunfall damit gleichgestellt. Die Gleichstellung dient der Erweiterung der Unfallfürsorge des Dienstherrn auf die Gefahren des allgemeinen Verkehrs im öffentlichen Verkehrsraum, denen sich der Beamte aussetzt, um seinen Dienst zu verrichten. Diese Gefahren stammen zwar nicht aus der Risikosphäre des Dienstherrn, sie können aber auch vom Beamten nicht beherrscht oder beeinflusst werden (stRspr; vgl. Urteil vom 27. Januar 2005 - BVerwG 2 C 7.04 - BVerwGE 122, 360 <361> = Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 15; zuletzt Urteil vom 26. November 2013 - BVerwG 2 C 9.12 -). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

7

§ 31 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BeamtVG stellt zwar dem Wortlaut nach lediglich darauf ab, dass die Dienststelle Ziel- und Ausgangspunkt des Weges sein muss. Aus der Gesetzessystematik, dem Gesetzeszweck und der Entstehungsgeschichte folgt aber, dass Anfangs- oder Endpunkt des Weges nur die Wohnung des Beamten sein kann (Urteile vom 27. Mai 2004 - BVerwG 2 C 29.03 - BVerwGE 121, 67 <69> und vom 27. Januar 2005 a.a.O. S. 361). Der Wegeunfallschutz ergänzt vor- und nachgehend den Unfallschutz nach § 31 Abs. 1 BeamtVG, der mit der Aufnahme der dienstlichen Tätigkeit, also regelmäßig dem Erreichen des Arbeitsplatzes beginnt und mit der Aufgabe der dienstlichen Tätigkeit, also dem Verlassen des Arbeitsplatzes endet. Anfangs- oder Endpunkt ist die Wohnung des Beamten. Ein dritter Ort kommt im Rahmen des Wegeunfallrechts nur in Betracht, soweit dies ausdrücklich gesetzlich bestimmt ist (vgl. § 31 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG).

8

Damit scheidet im vorliegenden Fall die Gewährung von Dienstunfallschutz nach § 31 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG schon deshalb aus, weil der Kläger den Unfall nicht auf einer Fahrt zwischen Dienststelle und Familienwohnung erlitt.

9

2. Das Unfallgeschehen erfüllt auch nicht die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG.

10

Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist.

11

Die Zuordnung des Unfalls zur Risikosphäre des beklagten Dienstherrn nach dem Kriterium des Dienstorts scheidet hier aus. Die Straße, auf der sich der Unfall ereignete, war nicht der Dienstort des Klägers (vgl. Urteile vom 22. Januar 2009 - BVerwG 2 A 3.08 - Buchholz 279.1 § 31 BeamtVG Nr. 21 Rn. 15 und vom 25. Februar 2010 - BVerwG 2 C 81.08 - Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 23 Rn. 19). Denn an diesem Ort hatte der Kläger nicht auf Anordnung des Beklagten die ihm übertragenen dienstlichen Tätigkeiten zu verrichten.

12

3. Der Unfall ereignete sich aber auf einer Dienstreise im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG.

13

a) Nach § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG gehören auch Dienstreisen und die dienstliche Tätigkeit am Bestimmungsort zum Dienst. Dienstreisen sind gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Bundesreisekostengesetz - BRKG - Reisen zur Erledigung von Dienstgeschäften außerhalb der Dienststätte - also der regelmäßigen Dienststelle. Der Begriff des Dienstgeschäfts knüpft an das Amt im konkret-funktionellen Sinne an. Als Dienstgeschäft sind die dem Beamten zur Erledigung übertragenen dienstlichen Aufgaben anzusehen (Urteil vom 22. Januar 2009 a.a.O. Rn. 21).

14

Die Dienstreise beginnt und endet nach § 2 Abs. 2 BRKG an der Wohnung oder der Dienststätte. Die Wegstrecke einer Dienstreise umfasst demgemäß die Strecke von diesem Ausgangs- und Endpunkt zum Geschäftsort, an dem das auswärtige Dienstgeschäft zu erledigen ist (Urteil vom 24. April 2008 - BVerwG 2 C 14.07 - Buchholz 263 LReisekostenR Nr. 8 Rn. 11; Beschluss vom 17. November 2008 - BVerwG 2 B 73.08 - juris Rn. 4). Dauert die Dienstreise mehr als einen Tag und macht sie daher eine Übernachtung erforderlich, gehört zur notwendigen Strecke auch der jeweilige Weg von und zum Übernachtungshotel. Auch dieser Weg findet seine wesentliche Ursache im Dienst (Urteil vom 22. November 1971 - BVerwG 6 C 34.68 - BVerwGE 39, 83 <85>). Die Dienstreise umfasst das Dienstgeschäft sowie die zu seiner Erledigung notwendigen Fahrten zum Geschäftsort (Kopicki/Irlenbusch, Reisekostenrecht des Bundes, Bd. I, Stand: Dezember 2012, § 2 Rn. 5; Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Stand: Oktober 2013, § 31 BeamtVG Rn. 80).

15

Die Fahrt des Klägers von seinem letzten Einsatzort zum Übernachtungshotel stand daher als Dienstreise unter dem Schutz der Dienstunfallfürsorge nach § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG.

16

b) Der Kläger hat die Dienstreise durch seinen Lebensmitteleinkauf auch nicht unterbrochen.

17

Auch bei einem Weg zwischen Dienststelle und ständiger Familienwohnung im Sinne von § 31 Abs. 2 BeamtVG wird der für die Anerkennung eines Wegeunfalls erforderliche Zusammenhang mit dem Dienst nicht schon dann gelöst, wenn der Beamte zu einer privaten Verrichtung für eine kurze Zeit den Kraftwagen verlässt und sich zu Fuß auf die gegenüber liegende Straßenseite begibt, um anschließend den Heimweg mit dem Wagen oder zu Fuß fortzusetzen. Ob es sich im Einzelfall um ein Verhalten handelt, das den Zusammenhang mit dem Dienst unterbricht oder gar löst, ist nach den Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung zu entscheiden. Während einer unbeachtlichen Unterbrechung besteht Wegeunfallschutz im allgemeinen Verkehrsraum (Urteile vom 4. Juni 1970 - BVerwG 2 C 39.68 - BVerwGE 35, 234 <241 f.>, vom 21. Juni 1982 - BVerwG 6 C 90.78 - Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 61 S. 2 und vom 9. Dezember 2010 - BVerwG 2 A 4.10 - Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 24 Rn. 13).

18

Unterbrechungen, die den Wegeunfallschutz nach § 31 Abs. 2 BeamtVG nicht entfallen lassen, lassen erst recht den Dienstunfallschutz während einer Dienstreise nach § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG bestehen. Daneben gilt:

19

Anders als beim Wegeunfall nach § 31 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BeamtVG besteht für die Reichweite der Dienstunfallfürsorge bei einer Dienstreise nach § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG kein Anlass für eine restriktive Auslegung. Die Einbeziehung der Dienstreise in die Dienstunfallfürsorge ist keine sozialpolitisch motivierte zusätzliche Leistung des Dienstherrn (Urteil vom 27. Januar 2005 - BVerwG 2 C 7.04 - BVerwGE 122, 360 <361>). Die Dienstreise weist vielmehr einen unmittelbar dienstlichen Zusammenhang auf und ist nicht durch das private Interesse des Beamten veranlasst.

20

Bereits aufgrund dieser dienstlichen Veranlassung ist der Beamte nicht nur auf seinem unmittelbaren Weg vom Bestimmungsort zum Übernachtungshotel geschützt, vielmehr ist auch die Besorgung von Lebensmitteln und anderen Gegenständen des täglichen Bedarfs während der Dienstreise grundsätzlich noch vom Dienstunfallschutz erfasst. Durch das Erfordernis einer auswärtigen Übernachtung ist der Beamte auf einer dienstlich veranlassten Reise nicht in der Lage, nach Dienstschluss in seine eigene Wohnung zurückzukehren. Er muss daher die Gegenstände seines täglichen Bedarfs, sofern er sie nicht von zu Hause mitgebracht hat, auswärts erwerben. Der Einkauf von Lebensmitteln auf dem unmittelbaren Weg vom Bestimmungsort der dienstlichen Tätigkeit zum Übernachtungshotel wird daher noch ausreichend durch die Erfordernisse der Dienstreise geprägt (vgl. Urteile vom 22. November 1971 - BVerwG 6 C 34.68 - BVerwGE 39, 83 <86> und vom 22. Januar 2009 - BVerwG 2 A 3.08 - Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 21 Rn. 17; zur dienstlichen Veranlassung auch Urteil vom 9. Dezember 2010 - BVerwG 2 A 4.10 - Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 24).

(1) Dienstunfall ist ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung des Dienstes eingetreten ist. Zum Dienst gehören auch

1.
Dienstreisen und die dienstliche Tätigkeit am Bestimmungsort,
2.
die Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen und
3.
Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst oder in dem ihm gleichstehenden Dienst, zu deren Übernahme der Beamte gemäß § 98 des Bundesbeamtengesetzes verpflichtet ist, oder Nebentätigkeiten, deren Wahrnehmung von ihm im Zusammenhang mit den Dienstgeschäften erwartet wird, sofern der Beamte hierbei nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert ist (§ 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch).

(2) Als Dienst gilt auch das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges zu und von der Dienststelle. Hat der Beamte wegen der Entfernung seiner ständigen Familienwohnung vom Dienstort an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft, so gilt Satz 1 auch für den Weg zwischen der Familienwohnung und der Dienststelle. Der Zusammenhang mit dem Dienst gilt als nicht unterbrochen, wenn der Beamte

1.
von dem unmittelbaren Weg zwischen der Wohnung und der Dienststelle in vertretbarem Umfang abweicht,
a)
um ein eigenes Kind, für das ihm dem Grunde nach Kindergeld zusteht, wegen seiner eigenen Berufstätigkeit oder der Berufstätigkeit seines Ehegatten in fremde Obhut zu geben oder aus fremder Obhut abzuholen oder
b)
weil er mit anderen berufstätigen oder in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personen gemeinsam ein Fahrzeug für den Weg zu und von der Dienststelle benutzt, oder
2.
in seiner Wohnung Dienst leistet und Wege zurücklegt, um ein Kind im Sinne des Satzes 3 Nummer 1 Buchstabe a in fremde Obhut zu geben oder aus fremder Obhut abzuholen.
Ein Unfall, den der Verletzte bei Durchführung des Heilverfahrens (§ 33) oder auf einem hierzu notwendigen Wege erleidet, gilt als Folge eines Dienstunfalles.

(3) Erkrankt ein Beamter, der wegen der Art seiner dienstlichen Verrichtungen der Gefahr der Erkrankung an einer bestimmten Krankheit besonders ausgesetzt ist, an dieser Krankheit, so gilt die Erkrankung als Dienstunfall, es sei denn, dass der Beamte sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen hat. Die Erkrankung gilt jedoch stets als Dienstunfall, wenn sie durch gesundheitsschädigende Verhältnisse verursacht worden ist, denen der Beamte am Ort seines dienstlich angeordneten Aufenthalts im Ausland besonders ausgesetzt war. Als Krankheiten im Sinne des Satzes 1 kommen die in Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I S. 2623) in der jeweils geltenden Fassung genannten Krankheiten mit den dort bezeichneten Maßgaben in Betracht. Für die Feststellung einer Krankheit als Dienstunfall sind auch den Versicherungsschutz nach § 2, § 3 oder § 6 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch begründende Tätigkeiten zu berücksichtigen, wenn sie ihrer Art nach geeignet waren, die Krankheit zu verursachen, und die schädigende Einwirkung überwiegend durch dienstliche Verrichtungen nach Satz 1 verursacht worden ist.

(4) Dem durch Dienstunfall verursachten Körperschaden ist ein Körperschaden gleichzusetzen, den ein Beamter außerhalb seines Dienstes erleidet, wenn er im Hinblick auf sein pflichtgemäßes dienstliches Verhalten oder wegen seiner Eigenschaft als Beamter angegriffen wird. Gleichzuachten ist ferner ein Körperschaden, den ein Beamter im Ausland erleidet, wenn er bei Kriegshandlungen, Aufruhr oder Unruhen, denen er am Ort seines dienstlich angeordneten Aufenthaltes im Ausland besonders ausgesetzt war, angegriffen wird.

(5) Unfallfürsorge wie bei einem Dienstunfall kann auch gewährt werden, wenn ein Beamter, der zur Wahrnehmung einer Tätigkeit, die öffentlichen Belangen oder dienstlichen Interessen dient, beurlaubt worden ist und in Ausübung dieser Tätigkeit einen Körperschaden erleidet.

(6) (weggefallen)

Tatbestand

1

Die Verfahrensbeteiligten streiten um die Anerkennung eines Wegeunfalls als Dienstunfall.

2

Die Klägerin ist Bundesbeamtin im Dienst des Bundesnachrichtendienstes (BND). Als Regierungsinspektoranwärterin war sie im November 2007 zur Absolvierung ihres Grundstudiums an die Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Brühl abgeordnet. Von dort aus trat sie am Mittag des 30. November 2007, dem Unfalltag, mit einem voll betankten privaten PKW des Typs VW Lupo 1,4 l die Heimfahrt zu ihrem in P. gelegenen Erstwohnsitz an. Die Fahrtstrecke belief sich auf etwa 508 km. Der Durchschnittsverbrauch des Fahrzeuges wird mit 6,2 l/100 km, sein Tankinhalt mit 34 l angegeben. Nach einem Tankaufenthalt an dem Rasthof Pforzheim - die Autobahnraststätte liegt circa 328 km von der Ausbildungsstätte entfernt - erlitt die Klägerin noch auf dem Gelände der Raststätte bei der Kollision ihres Fahrzeuges mit einem anderen Fahrzeug eine Distorsion der Halswirbelsäule, deretwegen sie sich sieben Monate lang in ärztlicher Behandlung befand und die zu einer vorübergehenden Minderung ihrer Erwerbsfähigkeit führte.

3

Der BND lehnte es ab, diesen Unfall als Dienstunfall anzuerkennen. In dem Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 2010 heißt es: Der Unfall habe seine wesentliche innere Ursache nicht im Dienst gehabt. Das Betanken des Fahrzeuges sei dem Bereich der eigenwirtschaftlichen Betätigung zuzuordnen gewesen. Umstände, die einen rechtlich wesentlichen Zusammenhang zum Dienst begründen könnten, lägen nicht vor. Insbesondere sei das Nachtanken nicht unvorhersehbar gewesen, da sich schon bei Antritt der Fahrt die Notwendigkeit abgezeichnet habe, den Inhalt des Reservetanks in Anspruch nehmen zu müssen. Zudem sei das Nachtanken an der Autobahnraststätte Pforzheim noch nicht notwendig gewesen, da sie dort noch nicht "auf Reserve" gefahren sei.

4

Die Klägerin begründet ihrer Klage wie folgt: Als Dienst gelte auch das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges von der Dienststelle. Das Nachtanken auf dem Heimweg sei nicht dem Bereich der eigenwirtschaftlichen Betätigung beziehungsweise dem privaten Lebensbereich zuzurechnen, da es für den angetretenen Weg zwischen Dienststelle und Wohnung notwendig gewesen sei. Es sei unerheblich, ob die Notwendigkeit bei Antritt der Fahrt bereits erkennbar gewesen sei und welche Strecke mit dem Benzin "im Reservetank" noch hätte zurückgelegt werden können. Weder sei es möglich gewesen, die Wegstrecke mit einer einzigen Tankfüllung zurückzulegen, noch habe sie das Risiko des Liegenbleibens eingehen müssen.

5

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 9. Juni 2008 und des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2010 zu verpflichten, den am 30. November 2007 erlittenen Unfall als Dienstunfall anzuerkennen.

6

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

7

Sie verweist auf die Gründe der ablehnenden Bescheide.

8

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegten Aktenauszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

9

Die Klage, über die der Senat gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO in erster und letzter Instanz im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO) entscheidet, ist begründet.

10

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Anerkennung des Unfalls vom 30. November 2007 als Dienstunfall. Der entgegenstehende Bescheid vom 9. Juni 2008 und der Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 2010 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

11

Da die Klägerin zum Zeitpunkt des Unfalls im Beamtenverhältnis auf Widerruf stand, genießt sie Dienstunfallschutz nach § 31 BeamtVG. Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist. Nach § 31 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BeamtVG gilt als Dienst auch das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges nach und von der Dienststelle. Hat der Beamte wegen der Entfernung seiner ständigen Familienunterkunft vom Dienstort an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft, so gilt dies gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 BeamtVG auch für den Weg von und nach der Wohnung.

12

Der Gesetzgeber hat den Wegeunfall dem Dienstunfall lediglich gleichgestellt und damit zu erkennen gegeben, dass der Weg zwischen Dienststelle und Wohnung im beamtenrechtlichen Sinne kein Dienst ist. Die Gleichstellung dient der Erweiterung der Unfallfürsorge des Dienstherrn auf die außerhalb des privaten Lebensbereichs herrschenden Gefahren des allgemeinen Verkehrs, die weder der Dienstherr noch der Beamte im Wesentlichen beeinflussen können (Urteil vom 27. Januar 2005 - BVerwG 2 C 7.04 - BVerwGE 122, 360 <361 f.> = Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 15 S. 11).

13

Bei einem Unfall, den ein Beamter auf dem Weg nach oder von der Dienststelle erleidet, wird Dienstunfallschutz gewährt, wenn der Weg im Dienst seine wesentliche Ursache hat, wenn also andere mit dem Dienst nicht zusammenhängende Ursachen für das Zurücklegen des Weges in den Hintergrund treten (stRspr, vgl. Urteil vom 27. Mai 2004 - BVerwG 2 C 29.03 - BVerwGE 121, 67 <68> m.w.N.). Der Beamte muss sich auf dem - unmittelbaren - Weg zwischen seiner Dienststelle und seiner regelmäßigen häuslichen Unterkunft befinden, um sich zum Dienst zu begeben oder aus dem Dienst in seinen privaten Lebensbereich zurückzukehren (Urteile vom 6. Juli 1965 - BVerwG 2 C 39.63 - BVerwGE 21, 307 <310 f.> und vom 27. Mai 2004 - BVerwG 2 C 29.03 - a.a.O.). Weicht der Beamte auf dem Weg zum oder vom Dienst von dem normalerweise zum Erreichen der Dienststelle oder der Wohnung gebotenen Weg um eines privaten Zweckes willen ab, so steht dieser Teil des Wegs nicht unter Unfallfürsorge. Ob der notwendige Zusammenhang mit dem Dienst durch ein Abweichen von dem unmittelbaren Weg zwischen Wohnung und Dienststelle oder umgekehrt unterbrochen oder gar gelöst wird, ist nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen (Urteile vom 6. Juli 1965 a.a.O. und vom 21. Juni 1982 - BVerwG 6 C 90.78 - Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 61 m.w.N.; vgl. zum Recht der Unfallversicherung der Arbeitnehmer auch BSG, Urteil vom 28. Februar 1964 - 2 RU 22/61 - BB 1964, 684).

14

Nach diesen Grundsätzen war der Verkehrsunfall der Klägerin als Wege- und damit als Dienstunfall im Sinne des § 31 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG anzuerkennen. Der Tankaufenthalt an der Autobahntankstelle Rasthof Pforzheim stellte keine wesentliche Unterbrechung der dienstlich bedingten Heimfahrt, das Nachtanken selbst keine den notwendigen Zusammenhang mit dem Dienst unterbrechende eigenwirtschaftliche Betätigung dar.

15

Allerdings ist das Auftanken grundsätzlich dem unversicherten persönlichen Lebensbereich des Beamten zuzurechnen. Es handelt sich um eine Verrichtung, die dem Dienst zu fern steht, als dass sie schon dem persönlichen Lebensbereich des Beschäftigten entzogen und der dienstlichen Sphäre zuzurechnen wäre. Anders verhält es sich, wenn das Nachtanken während der Fahrt unvorhergesehen notwendig wird, damit der restliche Weg zurückgelegt werden kann. Hiervon ist auszugehen, wenn sich entweder während oder aber auch schon bei Antritt der Fahrt die Notwendigkeit ergibt, den Inhalt eines Reservetanks in Anspruch zu nehmen (vgl. BSG, Urteile vom 14. Dezember 1978 - 2 RU 59/78 - SozR 2200 § 550 Nr. 39 -, vom 24. Mai 1984 - 2 RU 3/83 - BB 1984, 2066 und vom 11. August 1998 - B 2 U 29/97 R - SozR 3-2200 § 550 Nr. 19 -).

16

Gleiches muss gelten, wenn der Weg mit einer einzigen Tankfüllung nicht verlässlich zurückzulegen ist. Das erforderliche Nachtanken ist in einem solchen Fall nicht dem persönlichen Bereich des Beamten zuzurechnen. Es hat vielmehr seine wesentliche Ursache in der Rückkehr zur Wohnung, für die Dienstunfallschutz nach § 31 Abs. 2 BeamtVG besteht. Ist danach ein Nachtanken auch bei Fahrtbeginn mit vollem Tank unterwegs voraussichtlich erforderlich, so ist es unerheblich, zu welchem Zeitpunkt der Tankvorgang erfolgt. Es ist in diesem Fall nicht geboten, mit dem Nachtanken zuzuwarten, bis sich die Tankanzeige im Reservebereich befindet. Ebenso wenig kommt es darauf an, welche Wegstrecke der Beamte mit dem restlichen Kraftstoff noch hätte zurücklegen können (vgl. zum Recht der gesetzlichen Unfallversicherung BSG, Urteile vom 14. Dezember 1978 a.a.O. und vom 24. Mai 1984 a.a.O.).

17

Demgemäß war hier die Unterbrechung der Heimfahrt zum Zwecke des einmaligen Nachtankens dienstlich veranlasst. Ausgehend von einem Durchschnittsverbrauch ihres Fahrzeuges von 6,2 l/100 km, einem Tankinhalt von 34 l und einer sich hieraus errechnenden Reichweite von 548 km konnte die Klägerin nicht verlässlich davon ausgehen, die Strecke zwischen Ausbildungs- und Wohnort von 508 km mit einer Tankfüllung zurückzulegen. Vielmehr musste sie erhöhten Kraftstoffverbrauch, bedingt durch hohe Geschwindigkeit und Verkehrsbehinderungen, erwarten. Daher war das Nachtanken nach ungefähr zwei Dritteln der Strecke nicht geeignet, den Zusammenhang zu der Heimfahrt zu unterbrechen.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20. September 2012 aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 15. September 2011 zurückgewiesen.

Kosten sind in allen drei Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung des Ereignisses vom 20.7.2010 als Arbeitsunfall streitig.

2

Der Kläger wollte auf dem direkten Heimweg von der Arbeit in R. auf einem übersichtlichen Stück einer Ortsdurchfahrt links in ein Privatgrundstück einbiegen, um dort an einem Verkaufsstand Erdbeeren einzukaufen. Aufgrund des Gegenverkehrs musste er bis zum Stillstand abbremsen. Nach wenigen Sekunden fuhr die Unfallverursacherin ungebremst hinten auf seinen Pkw auf. Diese gab an, das klägerische Auto habe plötzlich angehalten, um nach links abzubiegen. Sie habe noch versucht zu bremsen, die Kollision aber nicht mehr vermeiden können. Das Strafverfahren wegen Körperverletzung gegen die Unfallverursacherin wurde eingestellt. Bei dem Auffahrunfall erlitt der Kläger eine Stauchung und Zerrung der Halswirbelsäule ohne Zeichen einer Commotio. Er war bis 24.7.2010 arbeitsunfähig erkrankt.

3

Die Beklagte lehnte im Bescheid vom 16.11.2010 die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall ab. Sie führte zur Begründung aus, der innere Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Zurücklegung des Wegs setze voraus, dass die Zurücklegung des Wegs wesentlich dazu diene, die Wohnung zu erreichen. Beim Kläger sei zum Zeitpunkt des Unfalls die Handlungstendenz darauf ausgerichtet gewesen, an dem Straßenstand Erdbeeren zu kaufen, weshalb er eigenwirtschaftliche Ziele verfolgt habe. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 19.4.2011).

4

Hiergegen hat der Kläger Klage zum SG Reutlingen erhoben, das mit Urteil vom 15.9.2011 die Klage abgewiesen hat. Zur Begründung hat es ausgeführt, im Zeitpunkt des Unfalls sei die Handlungstendenz des Klägers nicht mehr auf das Zurücklegen des unmittelbaren Wegs von der versicherten Beschäftigung, sondern von privatwirtschaftlichen Interessen getragen gewesen. Dies habe sich auch objektiv im Anhalten niedergeschlagen. Die Fahrt auf ein an der gegenüberliegenden Straßenseite liegendes Grundstück, um dort Erdbeeren zu kaufen, könne nicht als lediglich geringfügige Unterbrechung des Wegs betrachtet werden, weil dieser Vorgang eine klare Zäsur im Zurücklegen des Wegs von der versicherten Beschäftigung darstelle. Der Kläger habe sich zum Zeitpunkt des Unfalls zwar noch geographisch auf dem Heimweg befunden, juristisch jedoch nicht mehr, weil er die Zurücklegung dieses Wegs zugunsten einer nicht mit seiner Beschäftigung zusammenhängenden Tätigkeit in nicht nur geringfügiger Weise zumindest vorübergehend aufgegeben habe.

5

Auf die Berufung des Klägers hat das LSG Baden-Württemberg durch Urteil vom 20.9.2012 das Urteil des SG und die Bescheide der Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass das Unfallereignis vom 20.7.2010 ein Arbeitsunfall gewesen sei. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei während des Unfalls versichert gewesen. Er habe auf dem Weg von seiner Arbeitsstätte zur Wohnung grundsätzlich unter Versicherungsschutz nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII gestanden. Der Weg zur Arbeit sei nicht durch das bloße Anhalten, auch wenn dieses einem Lebensmitteleinkauf dienen sollte, unterbrochen worden. Zwar wäre der Einkauf selbst mit der Einfahrt auf ein Privatgrundstück diesem Weg nicht zuzurechnen, denn es fehle am inneren Zusammenhang mit der Beschäftigung. Eine Unterbrechung sei aber dann als geringfügig anzusehen, wenn - wie hier - der öffentliche Verkehrsraum der zur Arbeitsstätte führenden Straße nicht verlassen werde. Die räumliche Unterbrechung beginne erst dann, wenn der Versicherte den öffentlichen Verkehrsraum seines Wegs nach und von dem Ort der Tätigkeit verlasse und ende mit dem Erreichen dieses Verkehrsraums sowie der Wiederaufnahme der Fortbewegung in Richtung des ursprünglichen Ziels. Der Unfall habe sich indessen noch bevor der Kläger überhaupt die Fahrrichtung geändert hatte und damit im öffentlichen Verkehrsraum der genutzten Straße in einem Bereich ereignet, den der Kläger auch ohne den Einkauf der Erdbeeren auf dem Weg von seiner Arbeitsstätte zur Wohnung befahren hätte. Dass der Kläger bereits angehalten und damit die Fortbewegung unterbrochen gehabt habe, spiele in diesem Zusammenhang keine Rolle. Das Anhalten des Autos, um einen Abbiegevorgang durchzuführen, sei zunächst ein neutraler Vorgang. Nach Ansicht der Beklagten und des SG wäre der Weg bereits dann unterbrochen und der Versicherungsschutz würde enden, wenn der Versicherte lediglich anhalte, es sei denn, er könnte seinerseits nachweisen, dass er aus versicherten Gründen angehalten habe. Diese Feststellung allein aufgrund der Absichten des Versicherten zu treffen - ohne dass es objektiv zu einem Verlassen des Verkehrswegs gekommen sei - würde zu nicht mehr justitiablen Ergebnissen gerade in den Fällen führen, in denen nicht mehr eindeutig geklärt werden könne, aus welchem Grund es zu einem Anhalten des Versicherten gekommen sei.

6

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision. Sie rügt eine Verletzung des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII. Das Anhalten auf dem versicherten Weg vor dem Abbiegen zu privaten Zwecken sei nach der neueren Rechtsprechung des BSG nicht mehr vom Versicherungsschutz der Wegeunfallversicherung umfasst. Hiernach komme es nicht mehr darauf an, ob sich der Versicherte im öffentlichen Verkehrsraum befunden habe, sondern auf die Handlungstendenz. Es habe sich auch um keine lediglich geringfügige Unterbrechung gehandelt, weil der Erdbeerkauf nicht gleichsam nebenher habe erledigt werden können.

7

Die Beklagte beantragt,

        

das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 20.9.2012 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Reutlingen vom 15.9.2011 zurückzuweisen.

8

Der Kläger beantragt sinngemäß,

        

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist zulässig und begründet. Das Urteil des LSG beruht auf einer Verletzung des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII. Deshalb war das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das zutreffende Urteil des SG zurückzuweisen. Der Kläger hat am 20.7.2010 keinen Arbeitsunfall erlitten.

10

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Zu den versicherten Tätigkeiten zählt gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Wegs nach und von dem Ort der Tätigkeit. Unfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 16/11 R - BSGE 111, 52 = SozR 4-2700 § 2 Nr 21, vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 44, vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - UV-Recht Aktuell 2013, 251, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen; zuletzt BSG vom 18.6.2013 - B 2 U 10/12 R - zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen).

11

Der Kläger befand sich nach den Feststellungen des LSG am 20.7.2010 auf dem direkten Heimweg von seiner Arbeitsstätte. Die durch den Auffahrunfall verursachten gesundheitlichen Einwirkungen auf den Körper des Klägers begründeten jedoch keinen Arbeitsunfall, weil sie nicht iS von § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII "infolge" des Zurücklegens des versicherten Wegs auftraten und damit nach dem Schutzzweck der Norm nicht der versicherten Tätigkeit zuzurechnen waren. Der Kläger selbst hat, indem er sein Fahrzeug zum Stehen brachte, die maßgebliche und unmittelbare Wirkursache für den Unfall - das Auffahren der Unfallverursacherin von hinten auf sein Fahrzeug - gesetzt. Er handelte dabei ausschließlich aus dem privatwirtschaftlichen Beweggrund, die Fahrt in anderer Richtung fortzusetzen, um dort Erdbeeren zu kaufen. Diese subjektive Handlungstendenz schlug sich unmittelbar in dem objektiv beobachtbaren Verhalten - dem vollständigen Abbremsen des Fahrzeugs - nieder (hierzu unter 1.) Entgegen der Rechtsansicht des LSG handelte es sich dabei auch nicht um eine geringfügige, zu vernachlässigende Unterbrechung (vgl unter 2.).

12

1. Die konkrete Verrichtung des Klägers im Zeitpunkt des Unfalls - das vollständige Abbremsen des Pkw - stand nicht unter Versicherungsschutz. Wie das BSG seit seiner Entscheidung vom 9.12.2003 (B 2 U 23/03 R - BSGE 91, 293 = SozR 4-2700 § 8 Nr 3) in ständiger Rechtsprechung betont hat (vgl nur Urteil vom 30.10.2007 - B 2 U 29/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 25, vom 2.12.2008 - B 2 U 17/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 28 und - B 2 U 26/06 R - BSGE 102, 111 = SozR 4-2700 § 8 Nr 29, RdNr 22 f sowie vom 17.2.2009 - B 2 U 26/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 32) ist maßgebend für die Beurteilung, ob eine konkrete Verrichtung noch der Fortbewegung auf das ursprüngliche Ziel hin (hier Wohnung des Klägers) dient, die Handlungstendenz des Versicherten. Diesen Grundsatz hatte das BSG bis zu der Entscheidung vom 9.12.2003 (aaO) freilich mit der Einschränkung versehen, dass der Versicherungsschutz trotz der vorübergehenden Lösung vom betrieblichen Zweck des Wegs solange erhalten bleibt, wie sich der Versicherte noch innerhalb des öffentlichen Verkehrsraums der für den Weg zu oder von der Arbeitsstätte benutzten Straße aufhält. Die nicht mehr versicherte Unterbrechung des Wegs begann nach dieser überholten Rechtsprechung danach erst, wenn der öffentliche Verkehrsraum, beispielsweise durch Betreten eines Geschäfts oder durch Einbiegen in eine Seitenstraße, verlassen wurde. Sie endete, sobald der Versicherte nach Erledigung der eigenwirtschaftlichen Verrichtung zur Fortsetzung des Wegs in den Bereich der Straße zurückkehrte (s etwa BSG vom 2.7.1996 - 2 RU 16/95 - SozR 3-2200 § 550 Nr 14 mwN). An dieser einschränkenden Rechtsprechung, die in der Vergangenheit aus Gründen der Rechtsklarheit und Verwaltungspraktikabilität die Einbeziehung bestimmter im privaten Bereich wurzelnder Unfallrisiken in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung in Kauf genommen hatte, hat der Senat seit nunmehr zehn Jahren nicht mehr festgehalten. Wird der Weg zu oder von der Arbeitsstätte durch eine private Besorgung mehr als nur geringfügig unterbrochen, besteht während der Unterbrechung kein Versicherungsschutz. Dieser setzt erst wieder ein, wenn die eigenwirtschaftliche Tätigkeit beendet ist und die Handlungstendenz auch nach außen erkennbar wieder darauf gerichtet ist, den ursprünglichen, versicherten Weg wieder aufzunehmen (vgl das Urteil des Senats vom heutigen Tage - 4.7.2013 - B 2 U 12/12 R - Fortsetzung der Fahrt auf der Straße nach Beendigung eines Tankvorgangs).

13

Der Kläger hat hier sein Fahrzeug bis zum Stand abgebremst, um über die Gegenfahrbahn auf ein privates Gelände zu fahren, wo er Erdbeeren kaufen wollte. Das Kaufen der Erdbeeren stand als rein privatwirtschaftliche Handlung nicht mehr unter dem Schutz der Wegeunfallversicherung. Gründe dafür, nach denen die Nahrungsaufnahme in Form von Erdbeeren hier ausnahmsweise versichert gewesen sein könnte (vgl hierzu zuletzt das Urteil des Senats vom 18.6.2013 - B 2 U 7/12 R - mwN) sind weder festgestellt noch erkennbar. Begonnen hat der Kläger mit der Unterbrechung des versicherten Wegs mit dem Ziel des Erdbeerkaufs objektiv erkennbar in dem Moment, in dem er nach außen hin sichtbar seine subjektive Handlungstendenz in ein für Dritte beobachtbares "objektives" Handeln umgesetzt hat. Zutreffend hat das SG erkannt (vgl auch LSG Berlin-Brandenburg vom 3.11.2011 - L 3 U 7/09 - Ende des Versicherungsschutzes der Wegeunfallversicherung bei objektiv erkennbarer Verlangsamung des Fahrzeugs und Setzen eines Blinkers auch auf eigener Fahrbahnhälfte), dass damit die private Handlung in Gang gesetzt war. Denkt man sich die durch das Abbremsen verobjektivierte subjektive Handlungstendenz des Klägers hinweg, so findet sich schon auf der ersten Stufe der Kausalitätsprüfung kein naturwissenschaftlicher Grund mehr für das Auffahren der Unfallverursacherin. Einzige objektive Wirkursache für den Unfall war das Abbremsen aus privatwirtschaftlicher Motivation.

14

Wie der Senat am 9.12.2003 (aaO, RdNr 26) ausgeführt hat, steht es dem Versicherten frei, sich im öffentlichen Verkehrsraum beliebig zu bewegen, wenn die Fortbewegung nach seiner Handlungstendenz der Zurücklegung des Wegs von oder zum Ort der Tätigkeit zu dienen bestimmt ist. Insofern mag der Autofahrer bei einer doppelspurigen Straße entscheiden, ob er die rechte oder die linke Fahrspur befährt. Sobald indes der Versicherte allein eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt, die mit der versicherten Fortbewegung nicht übereinstimmen, wird der Versicherungsschutz unterbrochen, und zwar so lange, bis er die Fortbewegung auf sein ursprüngliches Ziel hin wieder aufnimmt (vgl hierzu das Urteil von heutigen Tage - 4.7.2013 - B 2 U 12/12 R). Bei Benutzung eines Fahrzeugs (Pkw, Motorrad, Fahrrad) wird die eigenwirtschaftliche Handlungstendenz dabei nicht erst mit dem Verlassen des öffentlichen Verkehrsraums ersichtlich. Sie prägt das Verhalten des Versicherten, sobald er zB mit dem Ziel des Abbiegens durch das vollständige Abbremsen desselben nach außen dokumentiert, dass er sich auf dem versicherten Weg nicht weiter fortbewegen will. Die konkrete Verrichtung - das Abbremsen bis zum Stillstand - war allein dem eigenwirtschaftlich geprägten Wunsch zuzurechnen, einen Einkauf durchzuführen. Erst dieser Wunsch führte überhaupt dazu, dass der Versicherte abbremste.

15

2. Entgegen der Rechtsansicht des LSG handelte es sich auch nicht um eine lediglich geringfügige, unbeachtliche Unterbrechung des Heimwegs. Wie der Senat in seinem Urteil vom 17.2.2009 (B 2 U 26/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 32 RdNr 15) klargestellt hat, ist eine Unterbrechung als geringfügig zu bezeichnen, wenn sie auf einer Verrichtung beruht, die bei natürlicher Betrachtungsweise zeitlich und räumlich noch als Teil des Wegs nach oder von dem Ort der Tätigkeit in seiner Gesamtheit anzusehen ist. Das ist der Fall, wenn sie nicht zu einer erheblichen Zäsur in der Fortbewegung in Richtung des ursprünglich aufgenommenen Ziels führt, weil sie ohne nennenswerte zeitliche Verzögerung "im Vorbeigehen" oder "ganz nebenher" erledigt werden kann (BSG vom 9.12.2003, aaO, RdNr 7; BSG vom 12.4.2005 - B 2 U 11/04 R - BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr 14, RdNr 12). Nach dieser Rechtsprechung bewirkte etwa ein Richtungswechsel mit einem Pkw auf einem grundsätzlich versicherten Heimweg, mit dem sich der Versicherte wieder in entgegengesetzter Richtung von seiner Wohnung wegbewegt, eine deutliche Zäsur, weil sich die Umkehr sowohl nach ihrer Zielrichtung als auch ihrer Zweckbestimmung von dem zunächst zurückgelegten Heimweg unterscheidet (so auch BSG vom 19.3.1991 - 2 RU 45/90 - SozR 3-2200 § 548 Nr 8 S 19 mwN; vgl auch für den 100 m längeren Weg zum Bankautomaten BSG vom 24.6.2003 - B 2 U 40/02 R).

16

Hier handelte der Kläger mit dem Ziel, über die Gegenfahrbahn hinweg ein privates Grundstück zu erreichen, um dort Erdbeeren einzukaufen. Die Gesamtheit dieses geplanten Handelns kann nicht mehr als geringfügig angesehen werden, weil sie eben gerade nicht "nur nebenbei" erledigt werden kann. Vielmehr setzt der subjektive Wunsch des Erdbeerkaufens eine neue objektive Handlungssequenz in Gang, die sich deutlich von dem bloßen "nach Hause fahren" abgrenzen lässt. Die konkrete Verrichtung des Abbremsens steht ihrerseits in einem unmittelbaren und untrennbaren Zusammenhang mit diesem Erdbeerkauf, der durch das zum Stand kommen des Pkw nach außen hin erkennbar in Gang gesetzt ist. Soweit das LSG rügt, damit werde einzig die geäußerte Motivation des jeweiligen Versicherten zum Maßstab des Versicherungsschutzes, so ist dies die Konsequenz der mit dem 9.12.2003 (aaO) begonnenen Rechtsprechung des Senats, die in der Praxis allerdings zu berechenbaren Ergebnissen führt (vgl insofern etwa nur LSG Berlin-Brandenburg vom 3.11.2011 - L 3 U 7/09 - sowie vom 16.5.2013 - L 3 U 268/11 -; vgl weiterhin Bayerisches LSG vom 25.10.2011 - L 3 U 52/11 - sowie vom 8.5.2007 - L 18 U 131/06 - Einkauf von Pilzen; LSG Niedersachen-Bremen vom 25.8.2010 - L 3 U 6/07 -; LSG Nordrhein-Westfalen vom 29.9.2009 - L 15 U 298/08).

17

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 5 VwGO sind nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegen jedenfalls nicht vor.

I.

Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B. v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B. v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/548). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte der Darlegung zu stellen sind, hängt wesentlich von der Intensität ab, mit der die Entscheidung begründet worden ist (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 64 m. w. N.).

Das Verwaltungsgericht hat die Verpflichtungsklage des Klägers auf Anerkennung eines Dienstunfalls mit einer SLAP-Läsion in seiner rechten Schulter als Dienstunfallfolge abgewiesen. Nach den von der Beklagten nicht bestrittenen Angaben des Klägers sei die Verletzung in der rechten Schulter am 17. Juli 2012 zutage getreten, nachdem ihn ein Kollege beim Dienstsport aus der Rückenlage hochgezogen habe. Damit stelle das Ereignis vom 17. Juli 2012 ein Unfallereignis dar. Ein Dienstunfall im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG liege allerdings nicht vor. Zur Überzeugung des Gerichts sei nicht nachgewiesen, dass das vom Kläger als alleinige Ursache geltend gemachte Hochziehen aus der Rückenlage im Sinne der Theorie der wesentlich mitwirkenden Teilursache kausal für die bei ihm diagnostizierte SLAP-Läsion gewesen sei. Nach den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Herrn Dr. L. in dessen gutachterlichen Stellungnahmen vom 24. Januar und 11. Juli 2013 und dessen Ergänzungen in der mündlichen Verhandlung sei das Heraufziehen aus der Horizontalen für den reklamierten Körperschaden bei einer nicht vorgeschädigten Schulter nicht geeignet. Der Kläger habe die Feststellungen des Gutachters nicht ansatzweise erschüttert. Der Kläger trage auch die materielle Beweislast für die haftungsausfüllende Kausalität. Ob im Falle des Klägers tatsächlich eine Vorschädigung vorgelegen bzw. der Sturz mit dem Mountainbike am 11. Juli 2012 zu einer Vorschädigung seiner Schulter geführt habe, sei aus Rechtsgründen unerheblich.

Durch das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren werden diese Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht ernstlich in Frage gestellt und keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die weiterer Klärung in einem Berufungsverfahren bedürften.

1. Mit seiner Rüge, das Verwaltungsgericht verstoße gegen zwingende Denkgesetze, wenn es - entgegen der Auffassung des Gutachters - feststelle, das „Ereignis vom 17. Februar 2012“ habe „die Qualität eines Unfalls im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG“, greift der Kläger die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts an, ohne ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils aufzuzeigen.

Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Soweit eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Erstgerichts gerügt wird, liegt der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur dann vor, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind. Derartige Fehler bei der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung werden nicht aufgezeigt. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht (vgl. BayVGH, B. v. 18.2.2014 - 14 ZB 11.452 - juris Rn. 8 m. w. N.; B. v. 20.11.2013 - 10 ZB 13.827 - juris Rn. 4 m. w. N.).

a) Der Kläger geht bereits fehl, wenn er meint, das Verwaltungsgericht habe in der angefochtenen Entscheidung festgestellt, „das Ereignis vom 17. Februar 2012“ habe „die Qualität eines Unfalls im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG“, wobei davon auszugehen ist, dass der Kläger mit „Ereignis vom 17. Februar 2012“ den von ihm als alleinige Ursache seiner SLAP-Läsion benannten Geschehensablauf „Hochziehen aus der Rückenlage in die Senkrechte/stehende Position“ (im Folgenden: „Hochziehen aus der Rückenlage“) meint, der sich am 17. Juli 2012 während des Dienstsports ereignet hatte.

Zutreffend ist zwar, dass das Verwaltungsgericht das Ereignis vom 17. Juli 2012 als Unfallereignis bewertet hat (UA S. 7). Das Vorliegen eines (Dienst-)Unfalls im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG hat es aber ausdrücklich verneint, weil es an der hierfür erforderlichen haftungsausfüllenden Kausalität zwischen Unfallereignis und Körperschaden fehle. Zu seiner Überzeugung sei nicht nachgewiesen, dass das als alleinige Verletzungsursache geltend gemachte „Hochziehen aus der Rückenlage“ im Sinne der Theorie der wesentlich mitwirkenden Teilursache kausal für die beim Kläger diagnostizierte SLAP-Läsion gewesen sei (UA S. 8 f.).

b) Entgegen der Ansicht des Klägers setzt sich das Verwaltungsgericht mit seiner Einschätzung, das Ereignis vom 17. Juli 2012 stelle ein Unfallereignis dar, nicht in Widerspruch zu den Bewertungen des Gutachters und verstößt nicht gegen zwingende Denkgesetze. Auch verkennt der Kläger die Anforderungen an das Vorliegen eines Dienstunfalls und die Bedeutung des im Dienstunfallrecht maßgeblichen Ursachenbegriffs zwischen Dienstunfall und Schaden.

Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, setzt das Vorliegen eines Dienstunfalls im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG einen ursächlichen Zusammenhang in zweifacher Hinsicht voraus: zunächst muss das Unfallereignis mit dem Dienst in ursächlichem Zusammenhang stehen (sog. haftungsbegründende Kausalität) und darüber hinaus muss das Unfallereignis bei dem Beamten einen Körperschaden verursacht haben (sog. haftungsausfüllende Kausalität). Als Ursache im Rechtssinne auf dem Gebiet der beamtenrechtlichen Dienstunfallversorgung sind nur solche für den eingetretenen Schaden ursächliche Bedingungen im naturwissenschaftlich-philosophischen (natürlich-logischen) Sinne anzuerkennen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg nach natürlicher Betrachtungsweise zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Beim Zusammentreffen mehrerer Ursachen ist eine als alleinige Ursache im Rechtssinne anzusehen, wenn sie bei natürlicher Betrachtungsweise überragend zum Erfolg mitgewirkt hat, während jede von ihnen als wesentliche (Mit-)Ursache im Rechtssinne anzusehen ist, wenn sie nur annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Erfolgs hatte. Alle übrigen Bedingungen im natürlich-logischen Sinne scheiden als Ursachen im Rechtssinne aus. Wesentliche Ursache im Dienstunfallrecht kann demnach auch ein äußeres Ereignis sein, das ein anlagebedingtes Leiden auslöst oder (nur) beschleunigt, wenn diesem Ereignis nicht im Verhältnis zu anderen Bedingungen - zu denen auch die bei Eintritt des äußeren Ereignisses schon vorhandene Veranlagung gehört - eine derart untergeordnete Bedeutung für den Eintritt der Schadensfolge zukommt, dass diese anderen Bedingungen bei natürlicher Betrachtungsweise allein als maßgeblich anzusehen sind. Keine Ursache im Rechtssinne sind sog. Gelegenheitsursachen‚ d. h. Ursachen‚ bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht‚ wenn also etwa die krankhafte Veranlagung oder die durch Abnutzung degenerativ bereits vorgeschädigte Körperstelle zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen‚ in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkung bedurfte‚ sondern auch ein anderes‚ alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte. Eine solche untergeordnete Bedeutung ist insbesondere auch dann anzunehmen, wenn das Ereignis gleichsam „der letzte Tropfen“ war, „der das Maß zum Überlaufen brachte bei einer Krankheit, die ohnehin ausgebrochen wäre, wenn ihre Zeit gekommen war“ (st. Rspr., vgl. u. a. BVerwG‚ U. v. 30.6.1988 - 2 C 77.86 - DÖD 1988, 295 m. w. N.; U. v. 15.9.1994 - 2 C 24.92 - Buchholz 237.6 § 227 NdsLBG Nr. 1 S. 3 f. m. w. N.).

Hieran gemessen ist das Verwaltungsgericht auf der Grundlage der schriftlichen Stellungnahmen des Gutachters Herr Dr. L. vom 24. Januar und 11. Juli 2013 und dessen ergänzender Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar davon ausgegangen, dass es an der haftungsausfüllenden Kausalität zwischen dem Geschehensablauf „Hochziehen aus der Rückenlage“ und der SLAP-Läsion fehlt. Herr Dr. L. war zu dem Ergebnis gelangt, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der beim Kläger festgestellten Verletzung und dem behaupteten Unfall unwahrscheinlich sei. Die substantielle Schädigung von Teilen des Gelenks und der Rotatorenmanschette setze entweder eine entsprechende Entstehungsgewalt oder eine längerfristige Entstehungsgeschichte voraus. Das geplante Heraufziehen aus der Horizontalen sei hierfür nicht geeignet. Das verantwortlich gemachte Trauma vom 17. Juli 2012 reiche für die vorliegende komplexe Schädigung nicht aus. Diese Bewertung hat der Gutachter ausweislich der Niederschrift in der mündlichen Verhandlung erläutert: Wegen des geschilderten Trainingsgeschehens reiße keine gesunde Sehne, auch werde ein SLAP bzw. die Knorpellippe nicht traumatisiert. Es fehle bei diesem Geschehnis an der erforderlichen mechanischen Energie, die zum Sehnenzerreißen führen könne.

Dass das Verwaltungsgericht - anders als der Gutachter - den Geschehensablauf vom 17. Juli 2012 als Unfallereignis bewertet hat, macht seine Beweiswürdigung nicht fehlerhaft. Es hat sich hiermit weder in Widerspruch zu den gutachterlichen Ausführungen gesetzt noch gegen Denkgesetze verstoßen. Denn die Frage, ob überhaupt ein Unfallereignis vorlag, betraf die haftungsbegründende, nicht die - davon zu unterscheidende - haftungsausfüllende Kausalität. Aus der Sicht des Verwaltungsgerichts war es nicht entscheidend, dass der Gutachter den vom Kläger für die SLAP-Läsion verantwortlich gemachten Geschehensablauf nicht als Unfallereignis qualifiziert hat. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwieweit der Kläger durch die - für ihn positive - Annahme eines Unfalls belastet sein könnte.

2. Ernstliche Zweifel ergeben sich auch nicht aus den Rügen des Klägers, der Gutachter sei als Internist nicht ausgebildet, unfallanalytische Begutachtungen zu erstellen, und seine Bewertung entspreche nicht dem aktuellen wissenschaftlichen Stand der Unfallbegutachtung. Mit diesen Einwendungen hat der Kläger weder die Qualifikation des Gutachters noch die Richtigkeit des Gutachtens erschüttert.

a) Soweit der Kläger dem Gutachter unterstellt, als Internist keine Erfahrungen bei der Unfallbegutachtung zu haben, bleibt er nicht nur einen Beleg für diese Behauptung schuldig. Er lässt zudem außer Acht, dass Herr Dr. L. ausweislich seiner Angaben vor dem Verwaltungsgericht nicht nur Internist, sondern auch Arbeitsmediziner ist. In dieser Eigenschaft ist er als Betriebsarzt für den Arbeitsmedizinischen Dienst der Bundespolizei tätig. Zu den Aufgaben eines beim Arbeitsmedizinischen Dienst tätigen Arbeitsmediziners zählen auch Begutachtungen im Zusammenhang mit Unfällen im Bereich der Bundespolizei. Ausweislich seiner Angaben in der mündlichen Verhandlung verfügt Herr Dr. L. über eine langjährige Praxiserfahrung als Arbeitsmediziner und konnte sich während seines 6-jährigen Studiums Sachkenntnisse im vorliegenden Kontext verschaffen. Die daraus abzuleitende Befähigung hat der Kläger weder entkräftet noch mit seiner Rüge substantiiert in Frage gestellt. Zweifel an der Qualifikation des Gutachters wurden daher nicht aufgezeigt.

b) Auch mit seinem Einwand, der Gutachter gehe von einem falschen Sachverhalt aus, kann der Kläger die Richtigkeit des Gutachtens nicht erschüttern. Die in der Antragsbegründung zitierten Aussagen von Kläger und Gutachter werden bereits verkürzt wiedergegeben. Ausweislich der Behördenakten hatte der Kläger den Geschehensablauf wie folgt geschildert: „Nach der Abwehr des Würgeangriffs in der Bodenrückenlage befand ich mich auf dem Boden liegend in der Rückenlage. Um mir beim Aufstehen behilflich zu sein, reichte mir mein Trainingspartner die Hand. Ich reichte ihm die Hand. Als er mich in die Senkrechte/stehende Position ziehen wollte, gab es ein „knallendes“ Geräusch in meiner rechten Schulter. Ich fand das Geräusch als wenn ein Blatt Papier durchreißt. Daraufhin verspürte ich sofort sehr starke Schmerzen in der Schulter und hatte massive Bewegungseinschränkungen“. Eben diese klägerische Darstellung des Geschehens - und im Übrigen auch dessen Unfallschilderung vom 14. August 2012 (vgl. die gutachterliche Stellungnahme vom 24.1.2013) - hat Herr Dr. L. seiner Begutachtung zugrunde gelegt, wie sich aus seiner Stellungnahme vom 11. Juli 2013 ergibt.

Auch hatte der Gutachter in der mündlichen Verhandlung auf die Frage, von welchem konkreten Unfallmechanismus er ausgegangen sei, nicht, wie vom Kläger behauptet, mit „dieses letzte Geschehen um das Hochziehen war für mich die Basis für meine Einschätzung“ geantwortet mit: „Die Primärschilderung des Klägers ging von einem Knacken aus, dies war für mich kein Unfall; ergänzend sei dann geschildert worden das Hochziehen durch den Partner. Dieses letzte Geschehen um das Hochziehen war für mich die Basis für meine Einschätzung. Das konkrete Geschehen für mich war, dass der Kläger am Boden lag und ihn der Partner hochzog.“ Diese Aussage des Gutachters entspricht inhaltlich der Unfallschilderung des Klägers. Im Übrigen hat der Kläger der gutachterlichen Darstellung des tatsächlichen Geschehensablaufs in der mündlichen Verhandlung nicht widersprochen.

Auch die Bezugnahme auf ein Zitat aus Mehrhoff in „Unfallbegutachtung“ verfängt nicht. Zunächst lässt der Kläger erneut unbeachtet, dass aus dem Vorhandensein eines Unfalls noch keine Rückschlüsse auf das Vorliegen eines Dienstunfalls gezogen werden können, wenn die haftungsausfüllende Kausalität des Unfalls für den Körperschaden nicht nachgewiesen ist. Zum anderen lässt der Kläger offen, wieso der zitierte Geschehensablauf „Passive Traktion nach kausal, zentral oder medial (wie z. B. das Einziehen des Armes in eine laufende Maschine)“ inhaltlich der Schilderung des Klägers zum Unfallhergang entsprechen soll. Schließlich ist nicht nachvollziehbar, warum der vom Kläger beschriebene, sowohl von ihm selbst als auch von seinem Trainingspartner gewollte (vgl. die o.g. Unfallbeschreibung), daher aktive Geschehensablauf „Hochziehen aus der Horizontalen“ mit der im Buch beschriebenen passiven Traktion des Armes gleichzusetzen ist.

3. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils hat der Kläger auch nicht mit seinen Ausführungen zur Beweislastverteilung dargelegt.

Nach ständiger Rechtsprechung gelten im Dienstunfallrecht die allgemeinen Beweisgrundsätze (vgl. u. a. BVerwG, U. v. 30.6.1988 - 2 C 77.86 - DÖD 1988, 295 m. w. N.; B. v. 11.3.1997 - 2 B 127.96 - juris Rn. 5, jeweils m. w. N.; BayVGH, U. v. 21.3.2014 - 14 ZB 12.1024 - juris Rn. 11 m. w. N.). Grundsätzlich trägt danach der Beamte die materielle Beweislast für den Nachweis, dass ein eingetretener Körperschaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf dem Dienstunfall beruht (st. Rspr., u. a. BVerwG, U. v. 22.10.1981 - 2 C 17.81 - NJW 1982, 1893 m. w. N.). Kann der Beamte nicht den vollen Beweis dafür erbringen‚ dass der Dienstunfall - gegebenenfalls neben einer festgestellten Vorschädigung - zumindest als annähernd gleichwertige Mitbedingung für den Gesundheitsschaden und nicht als bloße Gelegenheitsursache anzusehen ist‚ geht das zu seinen Lasten.

Entgegen der Ansicht des Klägers hat die Annahme des Verwaltungsgerichts, der maßgebliche Geschehensablauf „Hochziehen aus der Rückenlage“ sei als Unfall zu bewerten, die Beweislastverteilung zwischen den Beteiligten nicht zugunsten des Klägers verändert. Wie bereits ausgeführt, ist von einem Dienstunfall im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG nur auszugehen, wenn das Unfallereignis bei dem Beamten einen Körperschaden verursacht hat (haftungsausfüllende Kausalität). Auch für den haftungsausfüllenden Ursachenzusammenhang muss der Beamte nach den oben dargelegten Beweisregeln den vollen Beweis erbringen. Zwar gilt bei typischen Geschehensabläufen grundsätzlich auch im Dienstunfallrecht der Anscheinsbeweis. Danach besteht auf erste Sicht ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einem bestimmten Ereignis und einem Schaden, wie es bei typischen, in ähnlicher Weise immer wieder vorkommenden Geschehensabläufen nach allgemeiner Erfahrung des täglichen Lebens der Fall ist; sind keine Tatsachen erwiesen, welche die Möglichkeit eines von dem typischen Geschehensablauf abweichenden Geschehens dartun, so bedarf es für den Ursachenzusammenhang keines weiteren Nachweises (st. Rspr. vgl. BVerwG, U. v. 23.5.1962 - VI C 39.60 - BVerwGE 14, 181 m. w. N.; BayVGH, B. v. 4.12.2014 - 14 ZB 12.2449 - juris Rn. 5). Die nachvollziehbare und vom Kläger nicht erschütterte Bewertung des Gutachters, der maßgebliche Geschehensablauf könne die SLAP-Läsion nicht verursacht haben, lässt die Möglichkeit des Anscheinsbeweises entfallen. Damit hatte der Kläger den vollen Beweis für den Ursachenzusammenhang zwischen Geschehensablauf und SLAP-Läsion zu erbringen. Dies ist ihm nach Einschätzung des Verwaltungsgerichts nicht gelungen. Damit war es nicht an der Beklagten, im Sinne eines Gegenbeweises das Vorliegen einer degenerativen Vorschädigung aufzuzeigen.

II.

Besondere tatsächliche Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegen ebenfalls nicht vor.

Besondere tatsächliche Schwierigkeiten einer Rechtssache entstehen durch einen besonders unübersichtlich und/oder einen schwierig zu ermittelnden Sachverhalt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, § 124 Rn. 33). Derartige Schwierigkeiten hat der Kläger nicht dargelegt und sie sind auch nicht zu erkennen.

Soweit der Kläger rügt, der Gutachter habe kein wissenschaftlich begründetes Zusammenhangsgutachten erstellt, wendet er sich gegen die dem materiellen Recht zuzuordnende Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts, zu der auch die Frage gehört, ob das Verwaltungsgericht auf hinreichend breiter Tatsachengrundlage entschieden hat (vgl. BVerwG, B. v. 10.10.2013 - 10 B 19.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 67 m. w. N.). Mit seinen diesbezüglichen Ausführungen will er in der Sache ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils und damit den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO aufzeigen. Soweit er meint, es habe zwingend eines Zusammenhangsgutachtens bedurft, hat er nicht schlüssig dargelegt, welche zusätzlichen Erkenntnisse das Verwaltungsgericht vorliegend durch ein solches Gutachten hätte gewinnen können. Einer - wie in der von ihm zitierten Textpassage angesprochenen - möglichst exakten Krankheitsbezeichnung und/oder der Diskussion möglicher Differentialdiagnosen bedarf es schon deshalb nicht, da die Diagnose „SLAP-Läsion“ feststeht und vom Kläger in Antragsbegründung ausdrücklich unstreitig gestellt wurde. Den vom Gutachter schlüssig und nachvollziehbar dargestellten fehlenden Zusammenhang von Geschehensablauf und Verletzung kann der Kläger auch hiermit nicht erschüttern.

Dahinstehen kann, ob der Kläger besondere tatsächliche Schwierigkeiten oder ebenfalls den Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darlegen wollte, wenn er rügt, es sei erst in der mündlichen Verhandlung herausgearbeitet worden, dass der Gutachter allein aufgrund des geschilderten Unfallhergangs deduktiv geschlossen habe, die Sehne sei degenerativ vorgeschädigt gewesen, und es hätte einer Auseinandersetzung mit den verschiedenen Verursachungsanteilen und dem Stand der Wissenschaft erfolgen müssen. Jedenfalls vermag der Senat weder derartige Schwierigkeiten noch ernstliche Zweifel aus den unter I.1. und 2. genannten Gründen zu erkennen.

Soweit er unter Verweis auf § 411 Abs. 2 ZPO (gemeint sein dürfte wohl § 411 Abs. 3 oder 4 ZPO) der Ansicht ist, es sei nicht Aufgabe eines Prozessbevollmächtigten, durch eigene Befragung dem Gutachter zu ermöglichen, ein schlüssiges und nachvollziehbares Gutachten zu erstellen, hat er besondere tatsächliche Schwierigkeiten im oben aufgeführten Sinn ebenfalls nicht dargelegt. Seine Rüge bezieht sich inhaltlich auf Fragen der materiellen Beweislastverteilung. Wie unter I.3. ausgeführt, hat der Kläger den Beweis für die haftungsausfüllende Kausalität zu erbringen. Zudem übersieht der Kläger, dass sich § 411 ZPO auf gerichtlich angeordnete Sachverständigengutachten bezieht (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 74. Aufl. 2016, § 411 Rn. 1). Ein derartiges Gutachten steht vorliegend jedoch nicht inmitten.

III.

Der geltend gemachte Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liegt ebenfalls nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht der ihm nach § 86 Abs. 1 VwGO obliegenden Aufklärungspflicht nicht ausreichend nachgekommen ist.

Die Aufklärungsrüge erfordert die substantiierte Darlegung, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung der Vorinstanz aufklärungsbedürftig waren, welche Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese Feststellungen nach der maßgeblichen Rechtsauffassung der Vorinstanz zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung hätten führen können. Weiterhin muss grundsätzlich dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterlassen nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist. Hierfür ist ein Beweisantrag erforderlich, der grundsätzlich förmlich spätestens in der mündlichen Verhandlung zu stellen ist (BVerwG, B. v. 25.6.2012 - 7 BN 6.11 - juris Rn. 7) oder - sofern auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet wird - schriftlich zu stellen ist. Wer die Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht erhebt, obwohl er - durch eine nach § 67 Abs. 1 VwGO postulationsfähige Person vertreten - in der Vorinstanz keinen förmlichen Beweisantrag gestellt hat, muss, um den gerügten Verfahrensmangel prozessordnungsgemäß zu bezeichnen, insbesondere substantiiert darlegen, warum sich dem Tatsachengericht aus seiner für den Umfang der verfahrensrechtlichen Sachaufklärung maßgeblichen materiell-rechtlichen Sicht die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung in der aufgezeigten Richtung hätte aufdrängen müssen (BVerwG, B. v. 5.3.2010 - 5 B 7.10 - juris Rn. 9 m.w.N; BayVGH, B. v. 22.3.2010 - 14 ZB 08.1083 - juris Rn. 7).

Entgegen seinen Ausführungen in der Antragsbegründung hat der bereits vor dem Verwaltungsgericht anwaltlich vertretene Kläger ausweislich der Niederschrift in der mündlichen Verhandlung keinen förmlichen Beweisantrag gestellt, sondern lediglich hilfsweise die Einholung eines wissenschaftlich begründeten Zusammenhangsgutachtens beantragt. Mit einem nur hilfsweise gestellten Beweisantrag wird jedoch nur die weitere Erforschung des Sachverhalts nach § 86 Abs. 1 VwGO angeregt (BVerwG, B. v. 17.11.2015 - 5 B 17.15 - juris Rn. 15 m. w. N.). Die Aufklärungsrüge ist daher nur dann begründet, wenn sich dem Gericht auf der Grundlage der seiner Entscheidung zugrunde liegenden Rechtsauffassung, und zwar selbst dann, wenn diese der rechtlichen Überprüfung nicht standhält, eine weitere Beweisaufnahme hätte aufdrängen müssen (st. Rspr., vgl. BVerwG, U. v. 22.10.2015 - 7 C 15.13 - juris Rn. 35 m. w. N.; B. v. 28.7.2014 - 1 B 6.14 - juris Rn. 3 m. w. N.).

Nachdem vorliegend ein Gutachten vorlag, das das Verwaltungsgericht als sachverständige Äußerung heranziehen konnte, läge ein Verfahrensmangel nur dann vor, wenn sich die Einholung eines weiteren Gutachtens wegen fehlender Eignung des vorliegenden Gutachtens hätte aufdrängen müssen. Gutachten und fachtechnische Stellungnahmen sind dann ungeeignet, wenn sie grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweisen, wenn sie von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgehen, wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht, ein anderer Sachverständiger über neuere oder über überlegenere Forschungsmittel oder größere Erfahrung verfügt oder wenn das Beweisergebnis durch substantiierten Vortrag eines der Beteiligten oder durch eigene Überlegungen des Gerichts ernsthaft erschüttert wird (st. Rspr., vgl. z. B. BVerwG, B. v. 3.2.2010 - 7 B 35.09 - juris Rn. 12 m. w. N.). Derartiges zeigt der Kläger aus den unter I. und II. genannten Gründen nicht auf. Auch aus dem klägerischen Einwand, die Einordnung der Geschehensabläufe sei nicht mit der herrschenden und dem aktuellen Stand der Unfallbegutachtung in Einklang zu bringen, und seiner Rüge, der Gutachter habe nicht durch entsprechende Zitate deutlich gemacht, woraus und weshalb er seine Einordnung zum „angeschuldigten Ereignis“ ableite, ergab sich keine Pflicht des Verwaltungsgerichts, ein solches Gutachten einholen zu müssen.

Soweit er meint, es sei Aufgabe des Verwaltungsgerichts, den Sachverhalt aufzuklären, da er selbst kein „eigenes Gutachten nach § 109 SGG“ hätte beantragen können, übersieht er, dass er auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 86 Abs. 2 VwGO die Möglichkeit gehabt hätte, in der mündlichen Verhandlung einen unbedingten förmlichen Beweisantrag zu stellen, über den das Verwaltungsgericht vorab durch einen Beschluss, der zu begründen ist, hätte entscheiden müssen. Hiermit hätte der Kläger die Möglichkeit gehabt, auf Inhalt und Richtung der gerichtlichen Aufklärungstätigkeit Einfluss zu nehmen. Denn die Befugnis zur förmlichen Beweisantragstellung ergänzt die Amtsermittlungspflicht. Sie gibt dem Kläger die Möglichkeit, das Gericht durch einen entsprechenden Antrag nachhaltig auf einen entscheidungserheblichen Gesichtspunkt hinzuweisen (vgl. Geiger in Eyermann, VwGO, § 86 Rn. 24).

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwertfestsetzung: §§ 47, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 10.8 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57).

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.