Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 26. Nov. 2018 - 19 CE 17.2453

bei uns veröffentlicht am26.11.2018
vorgehend
Verwaltungsgericht Ansbach, AN 5 E 17.2420, 23.11.2017

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 1.250,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Der am ... 2000 geborene kasachische Antragsteller reiste am 30. Juli 2013 zusammen mit seiner Mutter und seinem Bruder in die Bundesrepublik ein und stellte am 15. August 2013 einen Asylantrag. Ihm wurden in der Folge - zusammen mit seiner Mutter und seinem Bruder - fortlaufend Bescheinigungen über seine Aufenthaltsgestattung nach § 55 AsylG ausgehändigt, zuletzt am 30. Januar 2017 mit einer Gültigkeit bis 29. Juli 2017. Durch Aufbringen eines Aufdrucks „amtlich verlängert“ verlängerte die zuständige Ausländerbehörde die Aufenthaltsgestattung letztmalig bis 29. September 2017. Inzwischen hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge jedoch bereits mit Bescheid vom 7. Februar 2017 den Asylantrag des Antragstellers abgelehnt, ihm die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzstatus versagt, das Nichtvorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG festgestellt, ihm eine Frist zur Ausreise aus der Bundesrepublik von 30 Tagen gesetzt sowie bei deren Nichteinhaltung die Abschiebung nach Kasachstan angedroht, ferner ein gesetzliches Einreise- und Aufenthaltsverbot von 30 Monaten ab dem Tag der Abschiebung ausgesprochen. Nachdem der Antragsteller hiergegen keine Rechtsmittel eingelegt hatte, erwuchs der Ablehnungsbescheid am 24. Februar 2017 in Bestandskraft. In der Folge erklärte die Familie des Antragstellers gegenüber der Ausländerbehörde zunächst, freiwillig ausreisen zu wollen. Dieser „Wille zur freiwilligen Rückkehr“ wurde durch die Bevollmächtigte des Antragstellers am 1. Juni 2017 gegenüber der Zentralen Ausländerbehörde „zurückgenommen“.

Mit Schreiben vom 7. August 2017 beantragte die Bevollmächtigte des Antragstellers bei der Ausländerbehörde die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG. Der Antragsteller besuche seit mehr als vier Jahren erfolgreich die Mittelschule in S.. Er lebe seit über vier Jahren im Bundesgebiet. Während des Asylverfahrens sei sein Aufenthalt gestattet gewesen. Die zeitlichen Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG lägen daher vor. Dem Antrag waren verschiedene Schulzeugnisse der S.-Mittelschule beigegeben, die dem Antragsteller gute und zum Teil sehr gute Leistungen attestierten, ferner ein Schreiben des Rektors der S.-Mittelschule vom 3. Mai 2017, das ihm ebenfalls gute schulische Leistungen sowie eine „hervorragende Integration“ bescheinigte.

In der Folge wies die Ausländerbehörde den Antragsteller mit Schreiben vom 25. August 2017 darauf hin, dass seinem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG nicht entsprochen werden könne, weil sein Aufenthalt nicht geduldet sei. Die zuletzt erteilte Aufenthaltsgestattung sei bis zum 29. Juli 2017 gültig gewesen. Materielle Gründe für die Erteilung einer Duldung lägen nicht vor. Unter dem 28. September 2017 stellte die Ausländerbehörde dem Antragsteller in der Folge eine bis 28. Dezember 2017 befristete Grenzübertrittsbescheinigung aus.

Mit Bescheid vom 10. Oktober 2017 wurde der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG abgelehnt. Beim Antragsteller handele es sich bereits nicht um einen geduldeten Jugendlichen bzw. Heranwachsenden, da er zum Zeitpunkt der Antragstellung weder im Besitz einer Duldung gewesen sei noch materielle Duldungsgründe nach § 60a Abs. 1 und 2 AufenthG vorgelegen hätten. Insbesondere sei eine Abschiebung des Antragstellers weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen i.S.v. § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG unmöglich. Seine Familie besitze kasachische Passpapiere; der Antragsteller sei wie sein Bruder im Reisepass seiner Mutter eingetragen, benötige als 17-jähriger nunmehr jedoch einen eigenen Reisepass. Auch der Umstand, dass die in Deutschland geborene Schwester des Antragstellers keinen Pass besitze bzw. noch nicht im Pass der Mutter eingetragen sei, rechtfertige keine andere Beurteilung. Die Beantragung eines kasachischen Reisepasses bzw. die Eintragung eines Kindes in den Pass der Mutter sei bei der kasachischen Auslandsvertretung in der Bundesrepublik jederzeit möglich. Ferner bestehe zusätzlich die Möglichkeit einer Beschaffung von Heimreisepapieren durch die Ausländerbehörde. Könne diese eine Abschiebung auch ohne gültige Nationalpässe durchführen bzw. sei die Passbeschaffung möglich und absehbar, verneine die Rechtsprechung einen Duldungsanspruch. Die Erteilung einer Duldung komme für den Antragsteller auch nicht aus dringenden humanitären und persönlichen Gründen nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG in Betracht. Allein der Umstand, dass er bei Erteilung einer Duldung zum begünstigten Personenkreis nach § 25a AufenthG rechnen würde, rechtfertige keine Aussetzung der Abschiebung. Weiter erfülle der Antragsteller auch das Erfordernis eines mindestens vierjährigen, ununterbrochenen Aufenthalts mit einer Aufenthaltsgestattung nicht. Die ab Asylantragstellung am 15. August 2013 bestehende Aufenthaltsgestattung sei mit Bestandskraft der ablehnenden Entscheidung des Bundesamts am 24. Februar 2017 nach § 67 Abs. 1 Nr. 6 AsylG erloschen.

Gegen diesen Bescheid ließ der Antragsteller durch seine Bevollmächtigte mit Telefax vom 22. November 2017 Klage erheben und zugleich beantragen, im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO dem Antragsgegner aufzugeben, „der Ausländerbehörde mitzuteilen, dass ein Klageverfahren durchgeführt wird und dass die Klage bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens aufschiebende Wirkung hat“. Die Familie des Antragstellers habe bereits bei der Einreise in die Bundesrepublik am 30. Juli 2013 am Münchner Flughafen Asylanträge gestellt. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners besitze der Antragsteller einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG. Weiter sei ihm auch nach § 60a Abs. 2 AufenthG eine Duldung zu erteilen, da das Vorhaben gescheitert sei, kasachische Papiere über die Auslandsvertretung zu erlangen. Die in Deutschland geborene Schwester des Antragstellers besitze ebenfalls keinen Pass. Demzufolge läge in einer getrennten Abschiebung von einzelnen Familienmitgliedern ein Verstoß gegen Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK. Schon deswegen wäre die Abschiebung des Antragstellers auszusetzen, ihm folglich eine Duldung zu erteilen gewesen. Seine Abschiebung sei daher tatsächlich unmöglich. Darüber hinaus liege auch eine rechtliche Unmöglichkeit vor, wenn die effektive Verfolgung und Geltendmachung eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis dadurch vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Durch die Nichterteilung einer Duldung vereitle der Antragsgegner die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG.

Mit Tenorbeschluss vom 23. November 2017 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab, da es bereits an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes fehle. Mit dem Schreiben vom 28. September 2017 habe der Antragsgegner dem Antragsteller ausweislich des streitgegenständlichen Bescheids eine Frist zur freiwilligen Ausreise bis 28. Dezember 2017 gesetzt. Daran sei der Antragsgegner gebunden; der Antragsteller habe mithin nicht glaubhaft gemacht, dass konkrete Abschiebemaßnahmen bevorstünden.

Mit Telefax vom 7. Dezember 2017 ließ der Antragsteller gegen diesen Beschluss Beschwerde einlegen, die mit weiterem Telefax vom 22. Dezember 2018 begründet wurde. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts sei das Bestehen eines Anordnungsgrunds glaubhaft gemacht worden. Obwohl der Antragsteller erklärt habe, nicht freiwillig ausreisen zu wollen, habe die Ausländerbehörde ihm eine Grenzübertrittsbescheinigung ausgehändigt und eine Frist bis 28. Dezember 2017 zur Ausreise gesetzt. Zugleich verlange die Ausländerbehörde vom Antragsteller und seiner Familie die erneute Ablieferung der Originalpässe. Dies stelle den ersten Schritt zur Einleitung der Abschiebung dar. Weiter dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass Abschiebungen nach Kasachstan grundsätzlich unproblematisch möglich seien. Weiterhin besitze der Antragsteller auch einen Anordnungsanspruch. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG hätten im Zeitpunkt der Antragstellung vorgelegen. Es habe durch die „Rücknahme der freiwilligen Ausreise“ und die Ablehnung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch den Bundesamtsbescheid vom 7. Februar 2017 zumindest eine „faktische Duldung“ bestanden. Nur weil der Antragsgegner trotz eines bestehenden Duldungsanspruchs dem Antragsteller keine Duldung erteilt habe, habe er ihm zugleich die Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG verwehrt. Dies stelle eine rechtswidrige Umgehung des Gesetzes dar.

Demgegenüber beantragte die Landesanwaltschaft Bayern die Zurückweisung der Beschwerde als unbegründet. Ungeachtet des Vorliegens eines Anordnungsgrunds habe der Antragsteller keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Zum Zeitpunkt der Beantragung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG sei der Antragsteller weder im Besitz einer Duldung gewesen noch hätten materielle Duldungsgründe im Sinne von § 60a Abs. 2 AufenthG vorgelegen. Allein durch die Verweigerung der Ausstellung einer Duldung habe die Ausländerbehörde einen Anspruch des Antragstellers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG auch nicht vereiteln können, da es, wie sie richtig erkannt habe, neben der tatsächlichen Erteilung einer Duldung auf das Vorliegen materieller Duldungsgründe zum Zeitpunkt der Antragstellung ankomme. Soweit die Familie des Antragstellers zunächst am 16. Februar 2017 erklärt habe, freiwillig ausreisen zu wollen, und sie daraufhin im Mai 2017 von der Ausländerbehörde die Originalausweispapiere zum Zwecke der Botschaftsvorsprache zurückerhalten habe, habe aufgrund der freiwilligen Ausreisebereitschaft kein Duldungsgrund vorgelegen. Auch nach Aufgabe der freiwilligen Ausreisebereitschaft erweise sich die Abschiebung des Antragstellers nach Kasachstan wegen fehlender Heimreisepapiere nicht als tatsächlich oder rechtlich unmöglich. Wenn ausreichende und zuverlässige Anhaltspunkte dafür bestünden, dass eine Abschiebung auch ohne gültige Passdokumente möglich sei und auch alsbald durchgeführt werden könne, liege keine tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung vor. Vorliegend benötige der Antragsteller zwar mittlerweile einen eigenen kasachischen Nationalpass. Dieser könne jedoch aufgrund der vorliegenden Dokumente innerhalb eines überschaubaren Zeitraums auch ausgestellt werden. Dass es aufgrund des langjährigen Aufenthalts des Antragstellers außerhalb Kasachstans eines langdauernden Prüfungsprozesses für die Passausstellung bedürfe, habe der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Weiter sei davon auszugehen, dass im Rahmen behördlicher Passbeschaffungsmaßnahmen kurzfristig Heimreisepapiere durch die kasachische Botschaft ausgestellt würden. Angesichts dessen werde die Ausländerbehörde dem Antragsteller und seinen Familienangehörigen weiterhin Grenzübertrittsbescheinigungen mit einer Frist von etwa zwei Monaten ausstellen. Da der Antragsteller ferner seit dem Erlöschen der Aufenthaltsgestattung am 24. Februar 2017 weder eine Duldung noch einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung besessen habe, erfülle er auch die zeitlichen Voraussetzungen des vierjährigen Aufenthalts nach § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG nicht.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der Eilantrag erweist sich unter Berücksichtigung des nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO maßgeblichen Beschwerdevorbringens entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts bereits mangels Rechtsschutzbedürfnis als unzulässig (1.). Darüber hinaus fehlt es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs (2. b). Bei dieser Sachlage verhelfen auch die Anhaltspunkte dafür, dass sich der Antragsteller bei der gegebenen Fallkonstellation auf einen Anordnungsgrund stützen kann, der Beschwerde nicht zum Erfolg (2. a).

1. Dem von der Bevollmächtigten des Antragstellers in erster Instanz gestellte Antrag, dem Antragsgegner aufzugeben, „der Ausländerbehörde mitzuteilen, dass ein Klageverfahren durchgeführt wird und dass die Klage bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens aufschiebende Wirkung hat“, kann schon deshalb nicht stattgegeben werden, weil sich das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers gegen die Ausländerbehörde des Beklagten richtet, der Antrag also auf dessen Verpflichtung hinausliefe, sich selbst den Umstand der Klageerhebung sowie der aufschiebenden Wirkung der Klage mitzuteilen. Hinzu kommt, dass der Antragsteller im Hauptsacheverfahren die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG, hilfsweise die Neuverbescheidung seines entsprechenden Antrags erstrebt, mithin Verpflichtungsklage (in Form der Versagungsgegenklage) im Sinne von § 113 Abs. 5 VwGO erhoben hat und ihm zugleich die Fiktionswirkung aus § 81 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 AufenthG nicht zu Gute kommt, sodass die Durchführung eines Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO prozessual keinen Erfolg zeitigen kann und sich der Antrag in der vorliegenden Form folglich bereits mangels eines entsprechenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig erweist (vgl. Ortloff/Riese in Schoch/ Schneider/Bier, VwGO, § 88 Rn. 8).

2. Gegen eine Auslegung des Antrags nach § 88 VwGO dahingehend, dem Antragsgegner aufzugeben, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache Abschiebungsmaßnahmen zu unterlassen, spricht, dass der Antragsteller von einer Rechtsanwältin vertreten wird, die sich, anders als ein juristischer Laie, wegen ihrer Sachkunde an den gestellten Anträgen grundsätzlich festhalten lassen muss (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 88 Rn. 9; Kothe in Redeker/von Oertzen, VwGO, 16. Aufl. 2014, § 88 Rn. 1; Ortloff/Riese in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 88 Rn. 6, 7).

Selbst wenn im Hinblick auf die Antragsbegründung von einem zulässigen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auszugehen wäre, erwiese sich dieser unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens jedenfalls wegen Fehlens eines Anordnungsanspruchs als erfolglos.

a) Es spricht zunächst Vieles dafür, dass dem Antragsteller entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts ein Anordnungsgrund für den begehrten Erlass der einstweiligen Anordnung zukommt.

Nach § 59 Abs. 1 Satz 8 AufenthG darf einem Ausländer nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise der Termin der Abschiebung nicht mehr angekündigt werden, d.h. er hat ab diesem Zeitpunkt jederzeit mit dem Vollzug der Abschiebung zu rechnen. Demzufolge besitzt er nach Ablauf der Ausreisefrist grundsätzlich auch ein Rechtsschutzinteresse für die Erlangung vorläufigen Abschiebungsschutzes. Ein Anordnungsgrund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der der Ausländerbehörde aufgegeben werden soll, Abschiebemaßnahmen zu unterlassen, könnte einem betroffenen Ausländer in dieser Situation lediglich dann fehlen, wenn - auch für ihn - feststünde, dass aufgrund besonderer Umstände, die im behördlichen Verfahren oder in der Sphäre des Antragstellers wurzeln, jetzt und in absehbarer Zeit (einige Wochen reichen hierfür nicht aus, vgl. BVerfG, B.v. 8.11.2017 - 2 BvR 809/17 - juris Rn. 15) die Abschiebung nicht vollzogen wird. Denn die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG verpflichtet nicht zum Erlass einer einstweiligen Anordnung gewissermaßen „auf Vorrat“, die aller Voraussicht nach durch die weitere Entwicklung des Sachverhalts überholt wird und die noch zu einem späteren Zeitpunkt problemlos beantragt werden kann. Abgesehen von diesem Sonderfall folgt jedoch, wie das Bundesverfassungsgericht entschieden hat (BVerfG, B.v. 8.11.2017, a.a.O.; B.v. 11.4.2017 - 2 BvR 809/17 - juris Rn. 10), aus der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, dass der betroffene Ausländer jederzeit ein rechtliches Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung besitzt, mit der die Abschiebung vorläufig untersagt wird. Dies gilt typischerweise selbst dann, wenn die Abschiebung nicht unmittelbar bevorsteht, weil noch nicht alle tatsächlichen Voraussetzungen für deren Durchführung erfüllt sind und beispielsweise noch Pass- oder Passersatzpapiere des Betroffenen fehlen (vgl. BVerfG, B.v. 11.4.2017, a.a.O. Rn. 10, für eine Konstellation, bei der die Erlangung vorläufigen Rechtsschutzes rechtzeitig vor der Abschiebung „dem Zufall überlassen“ war). Denn der Sinn von § 59 Abs. 1 Satz 8 AufenthG liegt nicht darin, einem ausreisepflichtigen Ausländer die Möglichkeit zu nehmen, eine vollziehbar angeordnete Abschiebung durch einen gerichtlichen Eilantrag zu verhindern. Es bleibt ihm daher im Rahmen der zeitlichen Möglichkeiten vor der nicht mehr anzukündigenden Abschiebung jederzeit unbenommen, gegen diese beim Verwaltungsgericht vorläufigen Rechtsschutz zu begehren.

Im vorliegenden Fall ist der Antragsteller mit Bestandskraft des Bundesamtsbescheids vom 7. Februar 2017 sowie dem Ablauf der darin gesetzten Ausreisefrist von 30 Tagen vollziehbar ausreisepflichtig geworden und musste daher nach § 59 Abs. 1 Satz 8 AufenthG grundsätzlich mit einer unangekündigten Abschiebung rechnen. Ihm steht daher grundsätzlich ein Anordnungsgrund für den begehrten vorläufigen Rechtsschutz zur Seite. Die wiederholte Erklärung des Antragsgegners, den Antragsteller jedenfalls aktuell nicht abschieben zu wollen, bezieht sich allenfalls jeweils auf wenige Wochen und begründet daher kein Entfallen des Anordnungsgrundes für den Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Ob der Antragsgegner durch die (trotz der Abkehr des Antragstellers von der Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise) ausgehändigten Grenzübertrittsbescheinigungen, die jeweils eine „Frist“ zum Verlassen des Bundesgebietes enthalten (zuletzt bis zum 11.12.2018), jeweils neue Ausreisefristen im Rechtssinn gesetzt hat, ist zweifelhaft, da eine Grenzübertrittsbescheinigung nicht die aufenthaltsrechtliche Stellung eines Ausländers regelt, sondern lediglich ein Dokument darstellt, mit dem die Ausreise von ausreispflichtigen Ausländern aus dem Bundesgebiet kontrolliert wird (in diesem Sinne BayVGH, B.v. 7.10.2015 - 19 CE 15.2179 - BeckRS 2015, 53813; OVG Münster, B.v. 18.6.2012 - 18 E 491/12 - BeckRS 2012, 52620). Jedenfalls sind auch diese Fristen regelmäßig bereits wegen ihrer Dauer von wenigen Wochen nicht geeignet, einen Anordnungsgrund entfallen zu lassen.

b) Der Antragsteller besitzt auch unter Berücksichtigung seines Beschwerdevorbringens keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG für gut integrierte Jugendliche und Heranwachsende.

Nach § 25a Abs. 1 AufenthG soll einem jugendlichen oder heranwachsenden geduldeten Ausländer dann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich seit vier Jahren ununterbrochen erlaubt, geduldet oder mit einer Aufenthaltsgestattung im Bundesgebiet aufhält (§ 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG), er im Bundesgebiet in der Regel seit vier Jahren erfolgreich eine Schule besucht oder einen anerkannten Schul- oder Berufsabschluss erworben hat (§ 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG), der Antrag auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vor Vollendung des 21. Lebensjahrs gestellt wird (§ 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG), es gewährleistet erscheint, dass der Jugendliche oder Heranwachsende sich aufgrund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann (§ 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG) und keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er sich nicht zur freiheitlich demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennt (§ 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AufenthG). Jedenfalls im Zeitpunkt der Antragstellung muss der Antragsteller im Besitz einer Duldung gewesen sein oder müssen in seiner Person Duldungsgründe vorgelegen haben (vgl. Hecker in BeckOK AuslR, § 25a Rn. 3, Wunderle/Röcker in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12 Aufl. 2018, § 25a Rn. 10; Maaßen/Koch in Kluth/Hund/Maaßen, Handbuch Zuwanderungsrecht, 2. Aufl. 2017, § 4 Rn. 776).

aa) Der Antragsteller war zum Zeitpunkt der Beantragung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG am 7. August 2017 kein „geduldeter Ausländer“.

Unstreitig hat ihm der Antragsgegner bislang keine Bescheinigung über die Erteilung einer Duldung ausgestellt.

Zum Antragszeitpunkt lag in seiner Person aber auch kein materieller Duldungsgrund nach § 60a Abs. 2 AufenthG vor, da seine Ausreise nicht aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen im Sinne von § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG unmöglich war.

Von einer tatsächlichen Unmöglichkeit der Ausreise ist bei Passlosigkeit eines Ausländers, wie sie hier vom Antragsteller geltend gemacht wird, nur dann auszugehen, wenn nach den Erfahrungen der Ausländerbehörde eine Abschiebung ohne Pass oder Passersatz nicht möglich oder ein Abschiebungsversuch gescheitert ist (vgl. Bauer/Dollinger in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, § 60a Rn. 32; Kluth/Breidenbach in BeckOK AuslR, § 60a Rn. 10), bzw. dann, wenn der Ausländer auf unabsehbare Zeit keinen Pass besitzt, eine Abschiebung mit einem Reisedokument nicht möglich ist und ebenso wenig eine Rückführung ohne gültige Dokumente in Betracht kommt (vgl. Masuch/Gordzielik in Huber, AufenthG, 2. Aufl. 2016, § 60a Rn. 14). Mit der Landesanwaltschaft ist indes im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass angesichts der vorhandenen Papiere der Familie des Antragstellers sowohl kurzfristig die Ausstellung eines eigenen Passes für ihn wie auch die Eintragung seiner Schwester in den Nationalpass der Mutter durch die kasachische Auslandsvertretung bewirkt werden als auch anderweitige Heimreisepapiere durch die Ausländerbehörde kurzfristig beschafft werden können. Demgegenüber bleibt die Behauptung der Bevollmächtigten des Antragstellers, ihm könne infolge seiner langen Abwesenheit aus Kasachstan kurzfristig kein Pass ausgestellt werden, unsubstantiiert und unbelegt. Insofern fehlt es auch in der Beschwerdebegründung an einer entsprechenden Glaubhaftmachung. Vielmehr konzediert die Bevollmächtigte des Antragstellers im Zusammenhang mit dem Vorliegen eines Anordnungsgrunds, dass Abschiebungen nach Kasachstan grundsätzlich unproblematisch möglich seien.

Dass die Ausreise des Antragstellers aus Rechtsgründen unmöglich ist, hat die Bevollmächtigte des Antragstellers nicht vorgetragen, ist aber auch im Übrigen nicht ersichtlich. Insbesondere handelt es sich bei dem im Alter von fast 13 Jahren eingereisten Antragsteller nicht um einen faktischen Inländer, bei dem der Schutz des Privatlebens nach Art. 8 EMRK die Erteilung einer Duldung gebieten würde.

Der Antragsteller besaß weiterhin auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG aus dringenden humanitären oder persönlichen Gründen. Zwar kann im Ermessenswege eine Duldung aus dringenden persönlichen Gründen dann erteilt werden, wenn die vorübergehende weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet diesem die Chance erhält, an einer im Gesetzgebungsverfahren befindlichen Altfallregelung für nachhaltig integrierte Ausländer zu partizipieren, während durch eine Abschiebung ein vollständiger Rechtsverlust drohen würde (so OVG Magdeburg, B.v. 31.3.2015 - 2 M 17/15 - BeckRS 2015, 44930 LS 1; VG Bayreuth, B.v. 14.4.2016 - B 4 E 16.255 - BeckRS 2016, 45816; vgl. ferner Masuch/Gordzielik in Huber, AufenthG, 2. Aufl. 2016, § 60a Rn. 28). Ein solcher Fall liegt nicht vor, weil eine dem Kläger günstige Gesetzesnovelle nicht ersichtlich ist.

Ein Duldungsgrund lässt sich ferner auch nicht daraus ableiten, dass die Ausländerbehörde trotz Kenntnis der Bestandskraft der Ablehnung des Asylantrags des Antragstellers gleichwohl die erteilte Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung nicht nach § 63 Abs. 4 AsylG eingezogen, sie vielmehr - obwohl sie bereits kraft Gesetzes nach § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AsylG erloschen war - erneut „amtlich verlängert“ hat. Mangels Verwaltungsaktscharakter der Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung sowie der unterschiedlichen Zielsetzung von Aufenthaltsgestattung und Duldung kommt indes eine Umdeutung der Verlängerung der Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung in eine Duldung nicht in Betracht (vgl. Funke-Kaiser in GK-AsylG, Stand: April 2016, § 63 Rn. 31; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Dezember 2016, § 63 AsylG Rn. 5).

bb) Der Antragsteller erfüllt auch nicht das Erfordernis des seit vier Jahren ununterbrochen erlaubten, geduldeten oder gestatteten Aufenthalts im Bundesgebiet nach § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG. Insoweit kann es dahinstehen, ob er, wie seine Bevollmächtigte vorträgt, bereits mit Einreise am 30. Juli 2013 am Flughafen einen Asylantrag gestellt hat oder ob die Asylantragstellung erst am 15. August 2013 gegenüber dem Bundesamt erfolgte. Denn jedenfalls ist die Aufenthaltsgestattung des Antragstellers nach § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AsylG mit der Unanfechtbarkeit des ablehnenden Bescheids des Bundesamts, die am 24. Februar 2017 eingetreten ist, kraft Gesetzes erloschen. In der Folge wurde dem Antragsteller weder eine Duldung erteilt noch der Aufenthalt erlaubt. Auch beinhaltet die „Verlängerung“ der Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung durch die Ausländerbehörde des Antragsgegners keine Duldung (siehe hierzu oben Ziffer 3.1) und erst recht keine Erlaubnis des Aufenthalts. Mithin fehlt es vorliegend auf Seiten des Antragstellers auch am Tatbestandsmerkmal des § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG; auf die Erfüllung der weiteren Tatbestandsmerkmale kommt es daher nicht entscheidungserheblich an.

3. Der Antragsteller trägt nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert bestimmt sich für das Beschwerdeverfahren nach § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 2 § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG in Verbindung mit Ziffern 8.3, 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

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Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 55 Aufenthaltsgestattung


(1) Einem Ausländer, der um Asyl nachsucht, ist zur Durchführung des Asylverfahrens der Aufenthalt im Bundesgebiet ab Ausstellung des Ankunftsnachweises gemäß § 63a Absatz 1 gestattet (Aufenthaltsgestattung). Er hat keinen Anspruch darauf, sich in ei

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 67 Erlöschen der Aufenthaltsgestattung


(1) Die Aufenthaltsgestattung erlischt,1.wenn der Ausländer nach § 18 Absatz 2 und 3 zurückgewiesen oder zurückgeschoben wird,2.wenn der Ausländer innerhalb von zwei Wochen, nachdem ihm der Ankunftsnachweis ausgestellt worden ist, noch keinen Asylant

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 63 Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung


(1) Dem Ausländer wird nach der Asylantragstellung innerhalb von drei Arbeitstagen eine mit den Angaben zur Person und einem Lichtbild versehene Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung ausgestellt, wenn er nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 26. Nov. 2018 - 19 CE 17.2453 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 26. Nov. 2018 - 19 CE 17.2453 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Bayreuth Beschluss, 14. Apr. 2016 - B 4 E 16.255

bei uns veröffentlicht am 14.04.2016

Tenor 1. Die Anträge werden abgelehnt. 2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner. 3. Der Streitwert wird auf 12.500,00 EUR festgesetzt. Gründe I. Die Antragsteller zu 1

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 07. Okt. 2015 - 19 CE 15.2179

bei uns veröffentlicht am 07.10.2015

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,00 € festgesetzt. Gründe

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 08. Nov. 2017 - 2 BvR 809/17

bei uns veröffentlicht am 08.11.2017

Tenor Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen vom 15. März 2017 - 7 L 1863/17.GI.A - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 31. März 2015 - 2 M 17/15

bei uns veröffentlicht am 31.03.2015

Gründe 1 Die gemäß § 146 Abs. 4 VwGO zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat Erfolg. 2 Das Verwaltungsgericht hat angenommen, der Antragsteller habe einen Anordnungsgrund und einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Letzterer ergebe sich
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 26. Nov. 2018 - 19 CE 17.2453.

Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 02. Apr. 2019 - Au 6 E 19.389

bei uns veröffentlicht am 02.04.2019

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. III. Der Streitwert wird auf 1.250,- EUR festgesetzt. Gründe I. Der Antragsteller begehrt im Wege einer

Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 14. Jan. 2019 - 4 MB 126/18

bei uns veröffentlicht am 14.01.2019

Tenor Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 11. Kammer - vom 4. Dezember 2018 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird für das Besc

Referenzen

(1) Einem Ausländer, der um Asyl nachsucht, ist zur Durchführung des Asylverfahrens der Aufenthalt im Bundesgebiet ab Ausstellung des Ankunftsnachweises gemäß § 63a Absatz 1 gestattet (Aufenthaltsgestattung). Er hat keinen Anspruch darauf, sich in einem bestimmten Land oder an einem bestimmten Ort aufzuhalten. In den Fällen, in denen kein Ankunftsnachweis ausgestellt wird, entsteht die Aufenthaltsgestattung mit der Stellung des Asylantrags.

(2) Mit der Stellung eines Asylantrags erlöschen eine Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels und ein Aufenthaltstitel mit einer Gesamtgeltungsdauer bis zu sechs Monaten sowie die in § 81 Abs. 3 und 4 des Aufenthaltsgesetzes bezeichneten Wirkungen eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels. § 81 Abs. 4 des Aufenthaltsgesetzes bleibt unberührt, wenn der Ausländer einen Aufenthaltstitel mit einer Gesamtgeltungsdauer von mehr als sechs Monaten besessen und dessen Verlängerung beantragt hat.

(3) Soweit der Erwerb oder die Ausübung eines Rechts oder einer Vergünstigung von der Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet abhängig ist, wird die Zeit eines Aufenthalts nach Absatz 1 nur angerechnet, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt ist oder ihm internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt wurde.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Die Aufenthaltsgestattung erlischt,

1.
wenn der Ausländer nach § 18 Absatz 2 und 3 zurückgewiesen oder zurückgeschoben wird,
2.
wenn der Ausländer innerhalb von zwei Wochen, nachdem ihm der Ankunftsnachweis ausgestellt worden ist, noch keinen Asylantrag gestellt hat,
3.
im Falle der Rücknahme des Asylantrags mit der Zustellung der Entscheidung des Bundesamtes,
4.
wenn eine nach diesem Gesetz oder nach § 60 Absatz 9 des Aufenthaltsgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist,
5.
mit der Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung nach § 34a,
5a.
mit der Bekanntgabe einer Abschiebungsanordnung nach § 58a des Aufenthaltsgesetzes,
6.
im Übrigen, wenn die Entscheidung des Bundesamtes unanfechtbar geworden ist.
Liegt in den Fällen des § 23 Absatz 1 der dem Ausländer genannte Termin bei der Außenstelle des Bundesamtes nach der sich aus Satz 1 Nummer 2 ergebenden Frist, dann erlischt die Aufenthaltsgestattung nach dieser Bestimmung erst, wenn der Ausländer bis zu diesem Termin keinen Asylantrag stellt.

(2) Die Aufenthaltsgestattung tritt wieder in Kraft, wenn

1.
ein nach § 33 Absatz 1 eingestelltes Verfahren wieder aufgenommen wird oder
2.
der Ausländer den Asylantrag nach Ablauf der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder Satz 2 genannten Frist stellt.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist unverzüglich nach der Einreise oder innerhalb der in der Rechtsverordnung bestimmten Frist zu beantragen. Für ein im Bundesgebiet geborenes Kind, dem nicht von Amts wegen ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist, ist der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt zu stellen.

(3) Beantragt ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels, gilt sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt. Wird der Antrag verspätet gestellt, gilt ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde die Abschiebung als ausgesetzt.

(4) Beantragt ein Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Dies gilt nicht für ein Visum nach § 6 Absatz 1. Wurde der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels verspätet gestellt, kann die Ausländerbehörde zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung anordnen.

(5) Dem Ausländer ist eine Bescheinigung über die Wirkung seiner Antragstellung (Fiktionsbescheinigung) auszustellen.

(5a) In den Fällen der Absätze 3 und 4 gilt die in dem künftigen Aufenthaltstitel für einen Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 beschriebene Erwerbstätigkeit ab Veranlassung der Ausstellung bis zur Ausgabe des Dokuments nach § 78 Absatz 1 Satz 1 als erlaubt. Die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit nach Satz 1 ist in die Bescheinigung nach Absatz 5 aufzunehmen.

(6) Wenn der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gestellt wird, so wird über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte entschieden.

(7) Ist die Identität durch erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 49 dieses Gesetzes oder § 16 des Asylgesetzes zu sichern, so darf eine Fiktionsbescheinigung nach Absatz 5 nur ausgestellt oder ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn die erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt worden ist und eine Speicherung der hierdurch gewonnenen Daten im Ausländerzentralregister erfolgt ist.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen vom 15. März 2017 - 7 L 1863/17.GI.A - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.

Der Beschluss wird aufgehoben und die Sache an das Verwaltungsgericht Gießen zurückverwiesen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Wiederholung der einstweiligen Anordnung.

Das Land Hessen hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren und für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erstatten.

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) und für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf 5.000 € (in Worten: fünftausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes im Asylfolgeverfahren.

2

1. Der 1978 geborene Beschwerdeführer ist albanischer Staatsangehöriger. Er reiste erstmals 2015 nach Deutschland ein und stellte einen Asylantrag, der mit Bescheid vom 13. November 2015 als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde; die Abschiebung nach Albanien wurde angedroht. Eine Klage blieb mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts vom 6. Januar 2016 erfolglos. Der Beschwerdeführer reiste daraufhin freiwillig aus. Nach eigenen Angaben lebte er zwischenzeitlich in Albanien und verließ das Land im Herbst 2016 wieder. Nachdem er in Frankreich einen Asylantrag gestellt hatte, wurde er in Anwendung der Regelungen der Dublin III-VO nach Deutschland überstellt.

3

Der vom Beschwerdeführer gestellte Folgeantrag wurde mit Bescheid vom 22. Februar 2017 als unzulässig abgelehnt. Es seien lediglich Gründe vorgetragen worden, die bereits im Erstverfahren geltend gemacht worden seien. Soweit der Beschwerdeführer vortrage, nunmehr als Transsexueller offen erkennbar zu sein, handele es sich nicht um einen neuen Sachverhalt, weil der Beschwerdeführer bereits im Erstverfahren geltend gemacht habe, als Homosexueller erkannt und verfolgt worden zu sein. Eine erneute Abschiebungsandrohung wurde nicht erlassen.

4

2. Der Beschwerdeführer erhob Klage und beantragte die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Er habe sich nach dem Abschluss des Erstverfahrens und der Rückkehr nach Albanien entschlossen, nicht mehr ein Leben im Verborgenen zu führen, sondern seine sexuelle Orientierung offensiv nach außen zu tragen. Die Diskriminierungen und gewalttätigen Anfeindungen in Tirana hätten ihn bewogen, Albanien erneut zu verlassen. Er habe zum einen mit tätlichen Übergriffen zu rechnen, zum anderen könne er nicht davon ausgehen, in Albanien jemals eine Arbeit zu finden. Bereits zuvor sei er von seiner Familie verstoßen worden. Sein Bruder habe gedroht, ihn zu töten. Albanien sei das homophobste Land Europas; die Situation sich offen bekennender Transsexueller müsse im Hauptsacheverfahren durch Einholung eines Sachverständigengutachtens geklärt werden. Ursprünglich habe er sich zwar bereits zu seiner sexuellen Orientierung bekannt, sei aber noch nicht für jedermann sichtbar dementsprechend aufgetreten; die Menschen auf der Straße hätten ihn nicht als einen Transgender erkennen können. Insoweit lägen neue Gründe vor, die im Erstverfahren noch nicht überprüft worden seien.

5

Das Verwaltungsgericht lehnte das vorläufige Rechtsschutzbegehren mit Beschluss vom 15. März 2017 ab. Soweit die gestellten Anträge sich gegen die Bundesrepublik Deutschland richteten, seien sie unzulässig. Für den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gelte dies deshalb, weil eine erneute Abschiebungsandrohung nicht erlassen worden sei. Der Antrag nach § 123 VwGO sei wegen einer unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache unbegründet; ferner fehle es am Rechtsschutzinteresse, weil es eine unmittelbare Rechtsschutzmöglichkeit gegenüber der Ausländerbehörde gebe. Der gegen die Ausländerbehörde gerichtete Antrag sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, weil eine Abschiebung für den laufenden Monat nicht mehr anstehe; im Übrigen sei auch dieser Antrag wegen unzulässiger Vorwegnahme der Hauptsache unbegründet.

II.

6

1. Der Beschwerdeführer hat am 10. April 2017 Verfassungsbeschwerde erhoben, mit der er die Verletzung seines Grundrechts aus Art. 19 Abs. 4 GG rügt.

7

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts verletze ihn in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG. Das Verwaltungsgericht habe sämtliche Anträge als unzulässig abgelehnt. Die Begründung, es fehle am Rechtsschutzbedürfnis, weil nach der Mitteilung der zuständigen Ausländerbehörde eine Abschiebung nicht unmittelbar bevorstehe, erscheine grob unbillig. Da ein möglicher Abschiebungstermin gemäß § 59 Abs. 1 Satz 8 AufenthG nicht mehr mitgeteilt werde, würde dies im Ergebnis dazu führen, dass in regelmäßigen Abständen Anträge nach § 123 VwGO gestellt werden müssten. Dies könne einem in der Regel unbemittelten Beschwerdeführer aber nicht zugemutet werden. Stelle er aber nicht in regelmäßigen Abständen entsprechende Anträge, so bleibe es dem Zufall überlassen, ob die einmalige Antragstellung zur rechten Zeit erfolge. Schließlich verwehre das Verwaltungsgericht auch für den Fall eines rechtzeitigen Antrags unter Hinweis auf die unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache eine Prüfung in der Sache. Im Ergebnis werde er damit jedes Rechtsschutzes beraubt.

8

Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 11. April 2017 stattgegeben und die Abschiebung des Beschwerdeführers vorläufig untersagt.

9

2. Die Akten des Ausgangsverfahrens und der Asylverfahren haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen. Das Land Hessen hat von seinem Recht zur Äußerung Gebrauch gemacht.

III.

10

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt. Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts verletzt das Grundrecht des Beschwerdeführers auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG.

11

1. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährt nicht nur das formelle Recht, die Gerichte anzurufen, sondern auch die Effektivität des Rechtsschutzes (vgl. BVerfGE 93, 1 <13>; stRspr).

12

Gewährleistet ist der Rechtsweg im Rahmen der jeweiligen Prozessordnungen, so dass der Weg zu den Gerichten, insbesondere auch zur inhaltlichen Überprüfung einer Verwaltungsentscheidung, von der Erfüllung und dem Fortbestand bestimmter formaler Voraussetzungen abhängig gemacht werden darf (vgl. BVerfGE 9, 194 <199 f.>; 10, 264 <267 f.>; 27, 297 <310>; 35, 65 <72 f.>; 40, 272 <274>; 77, 275 <284>). Die dem Gesetzgeber obliegende normative Ausgestaltung des Rechtswegs muss aber das Ziel dieser Rechtsgewährleistung, nämlich den wirkungsvollen Rechtsschutz, auch tatsächlich verfolgen und ermöglichen. Sie muss im Hinblick darauf geeignet und angemessen sowie für den Rechtsuchenden zumutbar sein (BVerfGE 77, 275 <284>). Der Zugang zu den Gerichten und zu den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen darf nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 78, 88 <99>; 88, 118 <124>). Entsprechendes gilt auch innerhalb des jeweils eingeleiteten Verfahrens, soweit es darum geht, sich dort effektiv Gehör verschaffen zu können (vgl. BVerfGE 81, 123 <129>). Der gerichtlichen Durchsetzung des materiellen Anspruchs dürfen auch hier nicht unangemessen hohe verfahrensrechtliche Hindernisse in den Weg gelegt werden (vgl. BVerfGE 53, 115 <128>). Durch die Art und Weise der Handhabung verfahrensrechtlicher Vorschriften darf ein Gericht nicht den Anspruch auf gerichtliche Durchsetzung des materiellen Rechts unzumutbar verkürzen (vgl. BVerfGE 84, 366 <369 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Oktober 2007 - 2 BvR 542/07 -, NVwZ 2008, S. 417).

13

Aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes ergeben sich auch die Anforderungen an die Auslegung und Anwendung der jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen über den Eilrechtsschutz (vgl. BVerfGE 49, 220 <226>; 77, 275 <284>). Dieser muss darauf ausgerichtet sein, dass der Rechtsschutz sich auch im Eilverfahren nicht in der bloßen Möglichkeit der Anrufung eines Gerichts erschöpft, sondern zu einer wirksamen Kontrolle in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht führt (vgl. BVerfGE 40, 272 <275>; 61, 82 <111>; 67, 43 <58>; BVerfGK 1, 201 <204 f.>). Die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verlangt, dass irreparable Folgen, wie sie durch die sofortige Vollziehung einer hoheitlichen Maßnahme eintreten können, soweit als möglich ausgeschlossen werden (BVerfGE 93, 1<13> m.w.N.; stRspr). Im Einzelfall kann auch der Erlass einer einstweiligen Anordnung, die die Hauptsache zugunsten des Antragstellers vorwegnimmt, zulässig und geboten sein (vgl. BVerfGE 79, 69 <77 f.>; BVerfGK 1, 201 <206>; 7, 403 <409>, mit zahlreichen weiteren Nachweisen, sowie für einstweilige Anordnungen des Bundesverfassungsgerichts selbst, die nur unter besonders engen Voraussetzungen in Betracht kommen, BVerfGE 34, 160 <162 f.>; 108, 34 <40>; 113, 113 <122>; stRspr). Grundsätzlich ist es von Verfassungs wegen unerheblich, auf welchem Wege Eilrechtsschutz gewährt wird. Die konkrete Rechtsanwendung ist aber verfassungsrechtlich dann nicht mehr hinnehmbar, wenn sie dazu führt, dass der Betroffene ganz unabhängig von seinem Verhalten schon aus prozessualen Gründen grundsätzlich keine gerichtliche Sachprüfung vor Vollzug der Abschiebung mehr erreichen kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 16. März 1999 - 2 BvR 2131/95 -, InfAuslR 1999, S. 256 <259>; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juli 2003 - 2 BvR 796/03 -, juris, Rn. 4).

14

2. Diesen Maßstäben wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht gerecht.

15

a) Soweit das Verwaltungsgericht dem Beschwerdeführer das Rechtsschutzinteresse mit der Begründung abgesprochen hat, eine Abschiebung stehe im laufenden Monat nicht mehr an, wird dadurch die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht vereinbarer Weise erschwert. Da das Bundesamt keine erneute Abschiebungsandrohung erlassen hatte (§ 71 Abs. 5 AsylG), blieb die ursprüngliche Abschiebungsandrohung vollziehbar. Der Termin der Abschiebung durfte dem Beschwerdeführer gemäß § 59 Abs. 1 Satz 8 AufenthG nicht mehr angekündigt werden, nachdem die ursprünglich gesetzte Ausreisefrist abgelaufen war. In dieser Situation kann das Rechtsschutzbedürfnis für einen vorläufigen Rechtsschutzantrag regelmäßig nicht verneint werden. Gerade weil der Termin der Abschiebung nicht bekanntgegeben wird, hat der Beschwerdeführer grundsätzlich jederzeit ein rechtliches Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung, mit der die Abschiebung vorläufig untersagt wird. Etwas anderes wird typischerweise auch dann nicht gelten, wenn die Abschiebung nicht unmittelbar bevorsteht, zum Beispiel weil noch nicht alle tatsächlichen Voraussetzungen für die Durchführung der Abschiebung erfüllt sind und etwa Passersatzpapiere noch nicht vorliegen. Keinesfalls ist es gerade der Sinn des § 59 Abs. 1 Satz 8 AufenthG, dem ausreisepflichtigen Ausländer die Möglichkeit zu nehmen, eine vollziehbar angeordnete Abschiebung durch einen gerichtlichen Eilantrag zu verhindern. Im Rahmen der zeitlichen Möglichkeiten vor der nicht mehr anzukündigenden Abschiebung bleibt es ihm vielmehr jederzeit unbenommen, gegen diese beim Verwaltungsgericht vorläufigen Rechtsschutz zu begehren. Das Rechtsschutzinteresse mit der Begründung zu versagen, dass die Ausländerbehörde mitgeteilt hatte, eine Abschiebung werde im laufenden Monat - also zum Entscheidungszeitpunkt am 15. März 2017: in den nächsten 16 Tagen - nicht erfolgen, ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar und führt zu einer unzumutbaren Erschwerung des Rechtsschutzes. Der Beschwerdeführer hätte, um seine Rechte zu wahren und eine rechtzeitige Entscheidung vor dem Beginn des nächsten Monats zu ermöglichen, "auf Verdacht" umgehend nach der ablehnenden Entscheidung einen erneuten Antrag stellen müssen. Es bedarf keiner weiteren Begründung, dass das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag nicht verneint werden kann, wenn der Antragsteller denselben Antrag nach der Ablehnung zur Wahrung seiner Rechte umgehend erneut stellen müsste.

16

Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass umgekehrt auch dann, wenn der Eilantrag erst kurzfristig anlässlich der Abschiebung gestellt wird, das Rechtsschutzbedürfnis nicht mit der Begründung verneint werden darf, der Betroffene habe die Eilbedürftigkeit selbst herbeigeführt (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 14. September 2017 - 2 BvQ 56/17 - juris, Rn. 14).

17

b) Soweit das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, einer Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes stehe das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache entgegen, wird dadurch ebenfalls die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes unzumutbar erschwert. Diese Auffassung würde in entsprechenden Konstellationen zu einer generellen Verweigerung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Abschiebung führen, was mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht vereinbar wäre. Der Beschwerdeführer hat im fachgerichtlichen Verfahren beantragt, die Bundesrepublik Deutschland im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, von einer Mitteilung an die Ausländerbehörde nach § 71 Abs. 5 AsylG abzusehen beziehungsweise eine solche zu widerrufen; hilfsweise die Ausländerbehörde im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, von Abschiebemaßnahmen abzusehen. Damit geht es ihm offenkundig lediglich um eine vorläufige Regelung für den Zeitraum bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens. Eine Abschiebung nach diesem Zeitpunkt bleibt in jedem Fall möglich. Der Beschwerdeführer begehrt nicht mehr, als vorläufig so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn die Behörde über seinen Folgeantrag noch nicht entschieden hätte (vgl. § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG). Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, dass die Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG an die Auslegung und Anwendung der jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen über den Eilrechtsschutz auch auf den verwaltungsprozessualen Grundsatz des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache zurückwirken und diesen im Einzelfall begrenzen (vgl. BVerfGE 79, 69 <77 f.>).

18

c) Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts verletzt die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG dadurch, dass das auf die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach Ablehnung seines Folgeantrags gerichtete Begehren des Beschwerdeführers mit sämtlichen Anträgen als mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig oder wegen unzulässiger Vorwegnahme der Hauptsache unbegründet angesehen wurde. Diese Handhabung verkennt grundsätzlich den Sinn der Rechtsschutzgarantie. Sie führt dazu, dass der Beschwerdeführer ganz unabhängig von seinem Verhalten schon aus prozessualen Gründen eine gerichtliche Sachprüfung vor dem Vollzug der Abschiebung nicht mehr erreichen kann, und ermöglicht damit gerade nicht, irreparable Folgen auszuschließen, wie sie durch die Vollziehung einer Abschiebung eintreten können. In ihrer Zusammenschau verhindern die Begründungserwägungen des Verwaltungsgerichts in verfassungsrechtlich nicht tragfähiger Weise, dass der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen zur Sache überhaupt gehört wird, und vereiteln damit den Rechtsschutz. Insoweit beruht der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts auch auf dem Grundrechtsverstoß.

IV.

19

Die Kammer hebt nach § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG den Beschluss auf und verweist die Sache an das Verwaltungsgericht zur erneuten Entscheidung zurück.


V.

20

Das Land Hessen hat dem Beschwerdeführer gemäß § 34a Abs. 2 BVerfGG die notwendigen Auslagen zu erstatten. Die Festsetzung des Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG (vgl. dazu auch BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen vom 15. März 2017 - 7 L 1863/17.GI.A - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.

Der Beschluss wird aufgehoben und die Sache an das Verwaltungsgericht Gießen zurückverwiesen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Wiederholung der einstweiligen Anordnung.

Das Land Hessen hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren und für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erstatten.

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) und für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf 5.000 € (in Worten: fünftausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes im Asylfolgeverfahren.

2

1. Der 1978 geborene Beschwerdeführer ist albanischer Staatsangehöriger. Er reiste erstmals 2015 nach Deutschland ein und stellte einen Asylantrag, der mit Bescheid vom 13. November 2015 als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde; die Abschiebung nach Albanien wurde angedroht. Eine Klage blieb mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts vom 6. Januar 2016 erfolglos. Der Beschwerdeführer reiste daraufhin freiwillig aus. Nach eigenen Angaben lebte er zwischenzeitlich in Albanien und verließ das Land im Herbst 2016 wieder. Nachdem er in Frankreich einen Asylantrag gestellt hatte, wurde er in Anwendung der Regelungen der Dublin III-VO nach Deutschland überstellt.

3

Der vom Beschwerdeführer gestellte Folgeantrag wurde mit Bescheid vom 22. Februar 2017 als unzulässig abgelehnt. Es seien lediglich Gründe vorgetragen worden, die bereits im Erstverfahren geltend gemacht worden seien. Soweit der Beschwerdeführer vortrage, nunmehr als Transsexueller offen erkennbar zu sein, handele es sich nicht um einen neuen Sachverhalt, weil der Beschwerdeführer bereits im Erstverfahren geltend gemacht habe, als Homosexueller erkannt und verfolgt worden zu sein. Eine erneute Abschiebungsandrohung wurde nicht erlassen.

4

2. Der Beschwerdeführer erhob Klage und beantragte die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Er habe sich nach dem Abschluss des Erstverfahrens und der Rückkehr nach Albanien entschlossen, nicht mehr ein Leben im Verborgenen zu führen, sondern seine sexuelle Orientierung offensiv nach außen zu tragen. Die Diskriminierungen und gewalttätigen Anfeindungen in Tirana hätten ihn bewogen, Albanien erneut zu verlassen. Er habe zum einen mit tätlichen Übergriffen zu rechnen, zum anderen könne er nicht davon ausgehen, in Albanien jemals eine Arbeit zu finden. Bereits zuvor sei er von seiner Familie verstoßen worden. Sein Bruder habe gedroht, ihn zu töten. Albanien sei das homophobste Land Europas; die Situation sich offen bekennender Transsexueller müsse im Hauptsacheverfahren durch Einholung eines Sachverständigengutachtens geklärt werden. Ursprünglich habe er sich zwar bereits zu seiner sexuellen Orientierung bekannt, sei aber noch nicht für jedermann sichtbar dementsprechend aufgetreten; die Menschen auf der Straße hätten ihn nicht als einen Transgender erkennen können. Insoweit lägen neue Gründe vor, die im Erstverfahren noch nicht überprüft worden seien.

5

Das Verwaltungsgericht lehnte das vorläufige Rechtsschutzbegehren mit Beschluss vom 15. März 2017 ab. Soweit die gestellten Anträge sich gegen die Bundesrepublik Deutschland richteten, seien sie unzulässig. Für den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gelte dies deshalb, weil eine erneute Abschiebungsandrohung nicht erlassen worden sei. Der Antrag nach § 123 VwGO sei wegen einer unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache unbegründet; ferner fehle es am Rechtsschutzinteresse, weil es eine unmittelbare Rechtsschutzmöglichkeit gegenüber der Ausländerbehörde gebe. Der gegen die Ausländerbehörde gerichtete Antrag sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, weil eine Abschiebung für den laufenden Monat nicht mehr anstehe; im Übrigen sei auch dieser Antrag wegen unzulässiger Vorwegnahme der Hauptsache unbegründet.

II.

6

1. Der Beschwerdeführer hat am 10. April 2017 Verfassungsbeschwerde erhoben, mit der er die Verletzung seines Grundrechts aus Art. 19 Abs. 4 GG rügt.

7

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts verletze ihn in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG. Das Verwaltungsgericht habe sämtliche Anträge als unzulässig abgelehnt. Die Begründung, es fehle am Rechtsschutzbedürfnis, weil nach der Mitteilung der zuständigen Ausländerbehörde eine Abschiebung nicht unmittelbar bevorstehe, erscheine grob unbillig. Da ein möglicher Abschiebungstermin gemäß § 59 Abs. 1 Satz 8 AufenthG nicht mehr mitgeteilt werde, würde dies im Ergebnis dazu führen, dass in regelmäßigen Abständen Anträge nach § 123 VwGO gestellt werden müssten. Dies könne einem in der Regel unbemittelten Beschwerdeführer aber nicht zugemutet werden. Stelle er aber nicht in regelmäßigen Abständen entsprechende Anträge, so bleibe es dem Zufall überlassen, ob die einmalige Antragstellung zur rechten Zeit erfolge. Schließlich verwehre das Verwaltungsgericht auch für den Fall eines rechtzeitigen Antrags unter Hinweis auf die unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache eine Prüfung in der Sache. Im Ergebnis werde er damit jedes Rechtsschutzes beraubt.

8

Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 11. April 2017 stattgegeben und die Abschiebung des Beschwerdeführers vorläufig untersagt.

9

2. Die Akten des Ausgangsverfahrens und der Asylverfahren haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen. Das Land Hessen hat von seinem Recht zur Äußerung Gebrauch gemacht.

III.

10

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt. Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts verletzt das Grundrecht des Beschwerdeführers auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG.

11

1. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährt nicht nur das formelle Recht, die Gerichte anzurufen, sondern auch die Effektivität des Rechtsschutzes (vgl. BVerfGE 93, 1 <13>; stRspr).

12

Gewährleistet ist der Rechtsweg im Rahmen der jeweiligen Prozessordnungen, so dass der Weg zu den Gerichten, insbesondere auch zur inhaltlichen Überprüfung einer Verwaltungsentscheidung, von der Erfüllung und dem Fortbestand bestimmter formaler Voraussetzungen abhängig gemacht werden darf (vgl. BVerfGE 9, 194 <199 f.>; 10, 264 <267 f.>; 27, 297 <310>; 35, 65 <72 f.>; 40, 272 <274>; 77, 275 <284>). Die dem Gesetzgeber obliegende normative Ausgestaltung des Rechtswegs muss aber das Ziel dieser Rechtsgewährleistung, nämlich den wirkungsvollen Rechtsschutz, auch tatsächlich verfolgen und ermöglichen. Sie muss im Hinblick darauf geeignet und angemessen sowie für den Rechtsuchenden zumutbar sein (BVerfGE 77, 275 <284>). Der Zugang zu den Gerichten und zu den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen darf nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 78, 88 <99>; 88, 118 <124>). Entsprechendes gilt auch innerhalb des jeweils eingeleiteten Verfahrens, soweit es darum geht, sich dort effektiv Gehör verschaffen zu können (vgl. BVerfGE 81, 123 <129>). Der gerichtlichen Durchsetzung des materiellen Anspruchs dürfen auch hier nicht unangemessen hohe verfahrensrechtliche Hindernisse in den Weg gelegt werden (vgl. BVerfGE 53, 115 <128>). Durch die Art und Weise der Handhabung verfahrensrechtlicher Vorschriften darf ein Gericht nicht den Anspruch auf gerichtliche Durchsetzung des materiellen Rechts unzumutbar verkürzen (vgl. BVerfGE 84, 366 <369 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Oktober 2007 - 2 BvR 542/07 -, NVwZ 2008, S. 417).

13

Aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes ergeben sich auch die Anforderungen an die Auslegung und Anwendung der jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen über den Eilrechtsschutz (vgl. BVerfGE 49, 220 <226>; 77, 275 <284>). Dieser muss darauf ausgerichtet sein, dass der Rechtsschutz sich auch im Eilverfahren nicht in der bloßen Möglichkeit der Anrufung eines Gerichts erschöpft, sondern zu einer wirksamen Kontrolle in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht führt (vgl. BVerfGE 40, 272 <275>; 61, 82 <111>; 67, 43 <58>; BVerfGK 1, 201 <204 f.>). Die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verlangt, dass irreparable Folgen, wie sie durch die sofortige Vollziehung einer hoheitlichen Maßnahme eintreten können, soweit als möglich ausgeschlossen werden (BVerfGE 93, 1<13> m.w.N.; stRspr). Im Einzelfall kann auch der Erlass einer einstweiligen Anordnung, die die Hauptsache zugunsten des Antragstellers vorwegnimmt, zulässig und geboten sein (vgl. BVerfGE 79, 69 <77 f.>; BVerfGK 1, 201 <206>; 7, 403 <409>, mit zahlreichen weiteren Nachweisen, sowie für einstweilige Anordnungen des Bundesverfassungsgerichts selbst, die nur unter besonders engen Voraussetzungen in Betracht kommen, BVerfGE 34, 160 <162 f.>; 108, 34 <40>; 113, 113 <122>; stRspr). Grundsätzlich ist es von Verfassungs wegen unerheblich, auf welchem Wege Eilrechtsschutz gewährt wird. Die konkrete Rechtsanwendung ist aber verfassungsrechtlich dann nicht mehr hinnehmbar, wenn sie dazu führt, dass der Betroffene ganz unabhängig von seinem Verhalten schon aus prozessualen Gründen grundsätzlich keine gerichtliche Sachprüfung vor Vollzug der Abschiebung mehr erreichen kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 16. März 1999 - 2 BvR 2131/95 -, InfAuslR 1999, S. 256 <259>; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juli 2003 - 2 BvR 796/03 -, juris, Rn. 4).

14

2. Diesen Maßstäben wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht gerecht.

15

a) Soweit das Verwaltungsgericht dem Beschwerdeführer das Rechtsschutzinteresse mit der Begründung abgesprochen hat, eine Abschiebung stehe im laufenden Monat nicht mehr an, wird dadurch die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht vereinbarer Weise erschwert. Da das Bundesamt keine erneute Abschiebungsandrohung erlassen hatte (§ 71 Abs. 5 AsylG), blieb die ursprüngliche Abschiebungsandrohung vollziehbar. Der Termin der Abschiebung durfte dem Beschwerdeführer gemäß § 59 Abs. 1 Satz 8 AufenthG nicht mehr angekündigt werden, nachdem die ursprünglich gesetzte Ausreisefrist abgelaufen war. In dieser Situation kann das Rechtsschutzbedürfnis für einen vorläufigen Rechtsschutzantrag regelmäßig nicht verneint werden. Gerade weil der Termin der Abschiebung nicht bekanntgegeben wird, hat der Beschwerdeführer grundsätzlich jederzeit ein rechtliches Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung, mit der die Abschiebung vorläufig untersagt wird. Etwas anderes wird typischerweise auch dann nicht gelten, wenn die Abschiebung nicht unmittelbar bevorsteht, zum Beispiel weil noch nicht alle tatsächlichen Voraussetzungen für die Durchführung der Abschiebung erfüllt sind und etwa Passersatzpapiere noch nicht vorliegen. Keinesfalls ist es gerade der Sinn des § 59 Abs. 1 Satz 8 AufenthG, dem ausreisepflichtigen Ausländer die Möglichkeit zu nehmen, eine vollziehbar angeordnete Abschiebung durch einen gerichtlichen Eilantrag zu verhindern. Im Rahmen der zeitlichen Möglichkeiten vor der nicht mehr anzukündigenden Abschiebung bleibt es ihm vielmehr jederzeit unbenommen, gegen diese beim Verwaltungsgericht vorläufigen Rechtsschutz zu begehren. Das Rechtsschutzinteresse mit der Begründung zu versagen, dass die Ausländerbehörde mitgeteilt hatte, eine Abschiebung werde im laufenden Monat - also zum Entscheidungszeitpunkt am 15. März 2017: in den nächsten 16 Tagen - nicht erfolgen, ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar und führt zu einer unzumutbaren Erschwerung des Rechtsschutzes. Der Beschwerdeführer hätte, um seine Rechte zu wahren und eine rechtzeitige Entscheidung vor dem Beginn des nächsten Monats zu ermöglichen, "auf Verdacht" umgehend nach der ablehnenden Entscheidung einen erneuten Antrag stellen müssen. Es bedarf keiner weiteren Begründung, dass das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag nicht verneint werden kann, wenn der Antragsteller denselben Antrag nach der Ablehnung zur Wahrung seiner Rechte umgehend erneut stellen müsste.

16

Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass umgekehrt auch dann, wenn der Eilantrag erst kurzfristig anlässlich der Abschiebung gestellt wird, das Rechtsschutzbedürfnis nicht mit der Begründung verneint werden darf, der Betroffene habe die Eilbedürftigkeit selbst herbeigeführt (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 14. September 2017 - 2 BvQ 56/17 - juris, Rn. 14).

17

b) Soweit das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, einer Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes stehe das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache entgegen, wird dadurch ebenfalls die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes unzumutbar erschwert. Diese Auffassung würde in entsprechenden Konstellationen zu einer generellen Verweigerung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Abschiebung führen, was mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht vereinbar wäre. Der Beschwerdeführer hat im fachgerichtlichen Verfahren beantragt, die Bundesrepublik Deutschland im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, von einer Mitteilung an die Ausländerbehörde nach § 71 Abs. 5 AsylG abzusehen beziehungsweise eine solche zu widerrufen; hilfsweise die Ausländerbehörde im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, von Abschiebemaßnahmen abzusehen. Damit geht es ihm offenkundig lediglich um eine vorläufige Regelung für den Zeitraum bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens. Eine Abschiebung nach diesem Zeitpunkt bleibt in jedem Fall möglich. Der Beschwerdeführer begehrt nicht mehr, als vorläufig so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn die Behörde über seinen Folgeantrag noch nicht entschieden hätte (vgl. § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG). Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, dass die Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG an die Auslegung und Anwendung der jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen über den Eilrechtsschutz auch auf den verwaltungsprozessualen Grundsatz des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache zurückwirken und diesen im Einzelfall begrenzen (vgl. BVerfGE 79, 69 <77 f.>).

18

c) Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts verletzt die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG dadurch, dass das auf die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach Ablehnung seines Folgeantrags gerichtete Begehren des Beschwerdeführers mit sämtlichen Anträgen als mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig oder wegen unzulässiger Vorwegnahme der Hauptsache unbegründet angesehen wurde. Diese Handhabung verkennt grundsätzlich den Sinn der Rechtsschutzgarantie. Sie führt dazu, dass der Beschwerdeführer ganz unabhängig von seinem Verhalten schon aus prozessualen Gründen eine gerichtliche Sachprüfung vor dem Vollzug der Abschiebung nicht mehr erreichen kann, und ermöglicht damit gerade nicht, irreparable Folgen auszuschließen, wie sie durch die Vollziehung einer Abschiebung eintreten können. In ihrer Zusammenschau verhindern die Begründungserwägungen des Verwaltungsgerichts in verfassungsrechtlich nicht tragfähiger Weise, dass der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen zur Sache überhaupt gehört wird, und vereiteln damit den Rechtsschutz. Insoweit beruht der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts auch auf dem Grundrechtsverstoß.

IV.

19

Die Kammer hebt nach § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG den Beschluss auf und verweist die Sache an das Verwaltungsgericht zur erneuten Entscheidung zurück.


V.

20

Das Land Hessen hat dem Beschwerdeführer gemäß § 34a Abs. 2 BVerfGG die notwendigen Auslagen zu erstatten. Die Festsetzung des Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG (vgl. dazu auch BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.

Die zur Begründung der Beschwerde dargelegten Gründe, auf deren Prüfung sich der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, führen zu keiner Änderung des angefochtenen Beschlusses, mit dem es das Verwaltungsgericht abgelehnt hat, den Antragsgegner zur Aussetzung der am 1. Oktober 2015 um 15.30 Uhr geplanten Abschiebung zu verpflichten. Daher hat der Senat davon abgesehen, der am 1. Oktober 2015 durchgeführten Abschiebung entgegenzutreten (vgl. § 149 Abs. 1 VwGO), und sieht nunmehr keinen Anlass zu verfügen, dem Antragsteller die vorläufige Wiedereinreise zu gestatten.

1. Zur Begründung der Beschwerde wiederholt der Antragsteller die Behauptung in seinem einstweiligen Rechtsschutzbegehren an das Verwaltungsgericht, er sei ohne Haftbefehl verhaftet worden. Dies trifft jedoch nicht zu.

Der Antragsteller hat erstinstanzlich vorgetragen, er sei abgeholt und zur Polizeidienststelle N. gebracht worden; um 15.30 Uhr solle er vom Flughafen München aus abgeschoben werden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U. v. 17.8.1982 - 1 C 85/80 - InfAuslR 1982, 276 - juris) ist nicht jede Zwangsmaßnahme, die in die Bewegungsfreiheit des Betroffenen vorübergehend eingreift, zu den intensiven Freiheitsbeschränkungen zu rechnen, die als Freiheitsentziehungen den besonderen Schutz des Art. 104 Abs. 2 GG auslösen. Sinn und Zweck des Art. 104 Abs. 2 GG, der nach seiner Entstehungsgeschichte vor allem Inhaftierungen vorbeugen soll, wie sie während der nationalsozialistischen Herrschaft gegen politische Gegner angeordnet wurden, gebieten eine so weitgehende Auslegung des Freiheitsentziehungsbegriffs nicht. Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges gegen Personen zur Durchsetzung eines Verhaltens, zu dem der jeweils Betroffene verpflichtet ist, sind demgemäß nicht wegen des mit ihnen verbundenen Eingriffs in die körperliche Bewegungsfreiheit notwendig Freiheitsentziehungen. Das gilt auch für die Abschiebung, mit der die Pflicht eines Ausländers, den Geltungsbereich des Aufenthaltsgesetzes zu verlassen, zwangsweise durchgesetzt wird. Sie wird nicht dadurch gekennzeichnet, dass der Ausländer ohne oder gegen seinen Willen „an einem eng umgrenzten Raum festgehalten wird“. Bei einer wertenden, auf die Intensität des Eingriffs abstellenden Beurteilung steht nicht ein solcher Eingriff in die Bewegungsfreiheit im Vordergrund der Maßnahme. Diese ist nicht auf ein Festhalten des Ausländers gerichtet, sondern darauf, dass er sich zwangsweise außer Landes begibt bzw. außer Landes befördert wird. Ihre Auswirkung auf die Bewegungsfreiheit des Ausländers erscheint lediglich als eine sekundäre, kurzfristige Folge der Erfüllung der Ausreisepflicht (BVerwG, U.v. 17.8.1982, a. a. O. Rn. 14).

Nach Aktenlage wurde die Polizeiinspektion P. von der Ausländerbehörde mit Schreiben vom 29. September 2015 gebeten, den Antragsteller im Rahmen einer Direktabschiebung zum Flughafen M. zu transportieren.

2. In der Antragsbegründung hat der Antragsteller gegenüber dem Verwaltungsgericht vorgetragen, ihm sei eine Grenzübertrittsbescheinigung ausgehändigt worden, die bis zum 2. Oktober 2015 gültig sei (die entsprechenden Anlagen zum Schriftsatz vom 1. Oktober 2015 sind nur teilweise lesbar). Dies komme einer Duldung bis zum 2. Oktober 2015 gleich. Auch dieses Vorbringen verhilft dem einstweiligen Rechtsschutzbegehren nicht zum Erfolg.

Der Vortrag des Antragstellers ist insofern unzutreffend, als die Grenzübertrittsbescheinigung vom 25. September 2015 selbst keine solche Datumsangabe enthält. Lediglich im Begleitschreiben vom selben Tag an den Antragsteller wird das Datum 2. Oktober 2015 genannt. Das Anschreiben beschreibt die Grenzübertrittsbescheinigung jedoch zutreffend als Nachweis dafür, dass der Antragsteller die Bundesrepublik Deutschland und das Vertragsgebiet der Schengen-Staaten innerhalb der gesetzten Ausreisefrist verlassen hat. Die Ausreisfrist ist Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 31. Juli 2015 festgelegt worden und hat eine Woche ab Zugang des Bescheides betragen. Eine Grundlage für ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass der Antragsteller, dessen Ausreisewilligkeit nicht nachgewiesen wurde (am 25. September hat er eine Ausreise abgelehnt), nicht vor dem 2. Oktober 2015 abgeschoben (nach § 60a Abs. 2 ff. AufenthG geduldet) wird, ergibt sich aus dem Schreiben nicht. Eine Grenzübertrittsbescheinigung regelt nicht die aufenthaltsrechtliche Stellung eines Ausländers, sondern sie stellt nur ein Dokument dar, mit dem die Ausreise von ausreisepflichtigen Ausländern aus dem Bundesgebiet kontrolliert wird (OVG NW, B.v. 18.6.2012 - 18 E 491/12 - juris Rn. 10, 11 m. w. N.).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG, wobei im vorläufigen Rechtsschutzverfahren der so genannte Auffangstreitwert halbiert wird.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

Gründe

1

Die gemäß § 146 Abs. 4 VwGO zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat Erfolg.

2

Das Verwaltungsgericht hat angenommen, der Antragsteller habe einen Anordnungsgrund und einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Letzterer ergebe sich daraus, dass dem Antragsteller eine Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG erteilt werden könne. Hierüber habe die Antragsgegnerin auf den vom Antragsteller bei ihr gestellten Antrag zu entscheiden. Grundlage für eine derartige Ermessensduldung sei der Erlass des Ministeriums für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt vom 03.07.2014 (Az.: 34.31-12231-83.3.8.9). Danach könne im Ermessenswege eine Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG im Vorgriff auf eine Änderung des Aufenthaltsgesetzes durch Einfügung eines § 25b AufenthG erteilt werden. Es spreche Überwiegendes dafür, dass der Antragsteller die Voraussetzungen des § 25b AufenthG in der Fassung des Gesetzentwurfs des Bundesrates vom 22.03.2013 (BR-Drs. 505/12) erfülle. Es sei auch nichts dafür ersichtlich, dass der Antragsteller die Aufenthaltsbeendigung durch vorsätzlich falsche Angaben, durch Täuschung über die Identität oder Staatsangehörigkeit oder Nichterfüllung zumutbarer Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen verhindere oder verzögere.

3

Dieser Würdigung tritt die Beschwerde mit Erfolg entgegen. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts hat der Antragsteller keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

4

Zunächst lässt sich ein Anordnungsanspruch des Antragstellers nach wie vor nicht aus der geplanten Regelung des § 25b AufenthG-E (vgl. BT-Drs. 18/4097 vom 25.02.2015) herleiten, denn diese Regelung ist bislang noch nicht in Kraft getreten.

5

Ein Anordnungsanspruch ergibt sich auch nicht aus § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG. Nach dieser Vorschrift kann einem Ausländer eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Ziel der Regelung ist es, vollziehbar ausreisepflichtigen Personen im Ermessenswege einen vorübergehenden Aufenthalt zu ermöglichen, wenn der vorübergehende Aufenthalt zwar aus dringenden humanitären oder persönlichen Gründen oder erheblichen öffentlichen Interessen erforderlich ist, sich der Aufenthaltszweck jedoch nicht zu einem rechtlichen Abschiebungshindernis nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG verdichtet hat und tatsächliche Abschiebungshindernisse nicht vorliegen (VGH BW, Beschl. v. 13.09.2007 – 11 S 1964/07 –, juris RdNr. 10). Dringende humanitäre oder persönliche Gründe sind solche, die noch nicht das Gewicht haben, um aus Rechtsgründen im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG einer Abschiebung entgegen zu stehen, deren Bedeutung und Gewicht jedoch so groß sind, dass sie grundsätzlich geeignet sind, eindeutig das öffentliche Interesse an der an sich sofort möglichen und zulässigen Aufenthaltsbeendigung zu überwiegen (Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 60a RdNr. 233). Dringende persönliche Gründen können insbesondere dann vorliegen, wenn die vorübergehende weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet diesem die Chance erhält, an einer Altfallregelung für nachhaltig integrierte Ausländer zu partizipieren, während andererseits durch die Abschiebung ein vollständiger Rechtsverlust droht (vgl. OVG NW, Beschl. v. 27.11.2007 – 17 B 1779/07 –, juris RdNr. 19 ff.). Hiernach spricht viel dafür, dass die geplante Regelung des § 25b AufenthG-E aufenthaltsrechtliche Vorwirkungen in dem Sinne entfaltet, dass nachhaltig integrierte Ausländer, denen nach dieser Regelung eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden soll, einen dringenden persönlichen Grund für ihre vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet bis zum Inkrafttreten der geplanten Neuregelung geltend machen können.

6

Es kann offen bleiben, ob hieran gemessen auch der Antragsteller einen dringenden persönlichen Grund für seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet geltend machen kann. Es bedarf insbesondere keiner Vertiefung, ob dem Antragsteller nach Maßgabe der geplanten Regelung des § 25b AufenthG-E eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen wäre. Dies ist nicht zweifelsfrei der Fall. Zwar gehört der Antragsteller offenbar – entgegen dem Vorbringen der Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung – zu dem Kreis der "geduldeten Ausländer" im Sinne des § 25b Abs. 1 Satz 1 AufenthG-E, denn nach Aktenlage wurde dem Antragsteller zuletzt am 06.11.2014 eine bis zum 05.02.2015 befristete Duldung erteilt (BA C Bl. 617), die bis zum 28.07.2015 verlängert wurde (BA C Bl. 656). Der Antragsteller hat sich auch – soweit ersichtlich – seit mindestens acht Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten, am 15.06.2012 erfolgreich an einem Einbürgerungstest teilgenommen (BA C Bl. 550) und besitzt seit dem 06.07.2012 das Zertifikat "Deutsch-Test für Zuwanderer" (BA C Bl. 551 – 552). Zudem verdient er nach dem von ihm vorgelegten Arbeitsvertrag seit dem 12.04.2012 als Verkäufer in einer Pizzeria monatlich 900,00 € brutto (BA C Bl. 489 – 492). Auch liegen die Voraussetzungen des Versagungsgrundes des § 25 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG-E nicht vor, denn diese Regelung knüpft – anders als § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG – nur an aktuelle Mitwirkungsleistungen des Ausländers an (vgl. BT-Drs. 18/4097, S. 53 f.).

7

Nach Auffassung des Senats spricht jedoch viel dafür, dass bei der künftigen Anwendung des § 25b AufenthG-E nicht völlig außer Betracht bleiben kann, dass der Ausländer vorsätzlich über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände getäuscht hat. Auch der Gesetzgeber geht davon aus, dass die Regelung des § 25b AufenthG-E "keine Amnestie für jegliches Fehlverhalten in den vorangegangenen Verfahren" darstellt und in der Vergangenheit liegende falsche Angaben nur bei "tätiger Reue" außer Betracht bleiben sollen (vgl. BT-Drs. 18/4097, S. 53 f.). Derartige in der Vergangenheit liegende Täuschungshandlungen könnten dazu führen, dass ein Ausnahmefall vorliegt, in dem von der Titelerteilung nach § 25b Abs. 1 Satz 1 AufenthG-E abgesehen werden kann. Im Fall des Antragstellers dürfte daher bei der Entscheidung über die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25b AufenthG-E mit zu berücksichtigen sein, dass es sich bei der von ihm am 05.01.2007 in Schweden geschlossenen Ehe mit der deutschen Staatsangehörigen (…) um eine sog. Scheinehe gehandelt hat. Dies ergibt sich unzweifelhaft aus den Aussagen der Frau (…) in dem Protokoll über deren Beschuldigtenvernehmung vom 29.02.2012 (vgl. Beschl. d. Senats v. 03.11.2014 – 2 M 110/14 –).

8

Im vorliegenden Fall liegt jedenfalls deshalb kein Anordnungsgrund vor, weil das der Antragsgegnerin gemäß § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG eingeräumte Ermessen nicht dahin reduziert ist, dass nur die derzeitige Unterlassung der Abschiebung in Betracht kommt. Das der Behörde nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG eingeräumte Ermessen ist grundsätzlich weit. Die Ermessenserwägungen können sich insbesondere davon leiten lassen, aus welchen Gründen es zur Ausreisepflicht gekommen ist, wie lange sich die Betroffenen bislang im Bundesgebiet aufgehalten haben oder ob der Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel gesichert wäre. Ferner kann berücksichtigt werden, ob die Betreffenden ihren Mitwirkungsverpflichtungen (§ 15 AsylVfG; § 48 AufenthG) nachgekommen sind (Funke-Kaiser, a.a.O., § 60a RdNr. 231). Außerdem kann im Rahmen der Entscheidung über die Ermessensduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG berücksichtigt werden, ob der Ausländer in der Vergangenheit im Sinne des § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat. Hierzu gehört auch das Eingehen einer Scheinehe zur Erlangung eines Aufenthaltstitels, welches keinen nur geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften darstellt (vgl. HessVGH, Beschl. v. 21.08.2013 – 3 B 1684/13 –, juris). Einen solchen Rechtsverstoß hat auch der Antragsteller begangen. Bei der von ihm mit Frau (…) geschlossenen Ehe hat es sich – wie bereits ausgeführt – um eine Scheinehe gehandelt. Vor diesem Hintergrund ist die in der Beschwerdebegründung der Antragsgegnerin enthaltene Entscheidung, von der Abschiebung des Antragstellers nicht gemäß § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG abzusehen, weil dieser jedenfalls in der Vergangenheit seine Aufenthaltsbeendigung durch Täuschung verhindert oder zumindest verzögert habe, rechtlich nicht zu beanstanden.

9

Eine Ermessensreduzierung folgt auch nicht aus dem Erlass des Ministeriums für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt vom 03.07.2014 (Az.: 34.31-12231-83.3.8.9). Hierin werden die Ausländerbehörden lediglich gebeten, zu prüfen, ob der ausreisepflichtigen Person mit Blick auf § 25b AufenthG-E im Ermessenswege eine Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG erteilt werden kann. Ein Anspruch auf Duldung ergibt sich hieraus nicht.

10

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

11

Hinsichtlich der Festsetzung des Streitwertes folgt der Senat der Festsetzung des Verwaltungsgerichts.


Tenor

1. Die Anträge werden abgelehnt.

2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.

3. Der Streitwert wird auf 12.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller zu 1 bis 4 sind ukrainische Staatsangehörige. Sie reisten am 07.02.2012 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten Asylanträge, die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) mit Bescheid vom 18.12.2012 unter Bestimmung einer Frist von 30 Tagen für die freiwillige Ausreise und Abschiebungsandrohung in die Ukraine oder einen anderen aufnahmebereiten Staat ablehnte. Die dagegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Bayreuth mit Urteil vom 23.10.2013 ab. Die Antragstellerin zu 5, ebenfalls ukrainische Staatsangehörige, wurde in Deutschland geboren. Ihren Asylantrag lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 07.11.2013, bestätigt vom Verwaltungsgericht Bayreuth mit Urteil vom 14.02.2014, unter Bestimmung einer Ausreisefrist von einer Woche und Abschiebungsandrohung in die Ukraine oder einen anderen aufnahmebereiten Staat als offensichtlich unbegründet ab.

Bezüglich der Folgeanträge der Antragsteller zu 1 bis 4 vom 18.03.2014 teilte das Bundesamt der Ausländerbehörde mit Schreiben vom 12.02.2016 mit, dass ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt werde.

Da die Antragstellerin zu 5 keinen Pass oder Passersatz besaß, erhielten die Antragsteller am 01.07.2014 Duldungen, die zunächst bis 30.09.2014 gültig waren und mehrfach verlängert wurden, zuletzt bis 30.12.2015.

Mit Bescheid vom 04.01.2016 lehnte die Ausländerbehörde die Anträge der Antragsteller auf Erneuerung der Duldung vom 29.12.2015 ab und kündigte für den Fall, dass innerhalb eines Monats ab Zustellung des Bescheides keine Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland erfolge, die Abschiebung an. Die dagegen erhobene Klage nahmen die Antragsteller am 24.03.2016 zurück, nachdem das Verwaltungsgericht Bayreuth mit Beschluss vom 18.02.2016 den entsprechenden Eilantrag abgelehnt hatte (B 4 E 16.66).

Mit Schreiben vom 25.02.2016 übermittelte die Regierung von Oberbayern der Ausländerbehörde einen bis zum 26.03.2016 gültigen Heimreiseschein für die Antragstellerin zu 5.

Flugtickets für einen Flug von München nach Kiew am 21.03.2016, aufgrund deren Vorlage die Ausländerbehörde eine geplante Abschiebung abgesetzt hatte, ließen die Antragsteller verfallen.

Mit Schreiben ihres damaligen Prozessbevollmächtigten vom 21.03.2016 beantragten die Antragsteller die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen, für die Antragstellerin zu 3 gemäß § 25a Abs. 1 AufenthG und für die übrigen Antragsteller gemäß § 25a Abs. 2 AufenthG. Dasselbe beantragten die Antragsteller nochmals mit Schreiben ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 24.03.2016, außerdem die Aussetzung der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 und 2b AufenthG. Schließlich wurde für die Antragstellerin zu 2 hilfsweise eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG wegen Reiseunfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen beantragt.

Mit Bescheid vom 29.03.2016 lehnte die Ausländerbehörde die Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an die Antragstellerin zu 3 (Ziffer 1) sowie an die Antragsteller zu 1, 2, 4 und 5 (Ziffer 2) ab. Die Antragstellerin zu 3 erfülle nicht die Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 AufenthG, weil sie mit 11 Jahren noch keine Jugendliche im Sinne dieser Vorschrift sei. Demzufolge könne den übrigen Antragstellern auch keine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 2 AufenthG erteilt werden. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG scheide aus. Die Ausreise aller Familienmitglieder sei seit der Ausstellung eines Passersatzdokumentes für die jüngste Tochter möglich gewesen und habe am 21.03.2016 stattfinden sollen. Warum sie nun aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich sein solle, sei nicht nachvollziehbar. Die Erteilung einer Duldung gemäß § 60a AufenthG scheide aus denselben Gründen aus.

Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 04.04.2016, beim Verwaltungsgericht Bayreuth an diesem Tag auch eingegangen, haben die Antragsteller gegen den Bescheid vom 29.03.2016 Klage erhoben und die Verpflichtung des Antragsgegners zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen, für die Antragstellerin zu 3 gemäß § 25a Abs. 1 AufenthG und für die übrigen Antragsteller gemäß § 25a Abs. 2 AufenthG, sowie zur Aussetzung der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 und 2b AufenthG und zur Erteilung von Duldungen gemäß § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse, hilfsweise zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 5 AufenthG, beantragt (B 4 K 16.256). Gleichzeitig haben sie beantragt,

im einstweiligen Rechtsschutzverfahren den Antragsgegner zu verpflichten, den Antragstellern bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens Duldungen zu erteilen.

Zur Begründung wird vorgetragen, die Antragstellerin zu 2 befinde sich wegen ihres schlechten gesundheitlichen Zustandes seit 24.03.2016 im Bezirksklinikum ********. Obwohl dies dem Antragsgegner mittels Telefax am 29.03.2016 mitgeteilt worden sei, berücksichtige der Bescheid die krankheitsbedingte Reiseunfähigkeit der Antragstellerin zu 2 nicht. Die Antragstellerin zu 3 erfülle die Voraussetzung „jugendlicher“ Ausländer im Sinne des § 25a Abs. 1 AufenthG, weil die Vorschrift ausdrücklich nicht auf § 1 Abs. 2 JGG Bezug nehme und bewusst keine Altersgrenze nenne. Ein gewisses Mindestalter sei lediglich dadurch von Gesetzes wegen normiert, als dieses indirekt aus dem erforderlichen vierjährigen Schulbesuch resultiere. Die anderweitigen Antragsteller leiteten ihr Recht auf Aufenthaltserlaubnisse als Eltern bzw. minderjährige Geschwister aus § 25a Abs. 2 AufenthG in Verbindung mit Art. 6 GG, Art. 8 EMRK ab. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die diesbezüglich gestellten Hauptanträge hätten die Antragsteller einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung nach § 60a AufenthG. Hilfsweise seien wegen der schweren Erkrankung der Antragstellerin zu 2 Aufenthaltserlaubnisse gemäß § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG beantragt worden. Lediglich vollständigkeitshalber sei noch auszuführen, dass auch weitere tatsächliche Abschiebungshindernisse im Sinne des § 25 Abs. 5 AufenthG aufgrund der Konfliktsituation in der Ostukraine gegeben seien. Bei einer Rückkehr in die Heimat bestehe Gefahr für Leib und Leben. Schließlich müsse die Antragstellerin zu 2 aufgrund einer fortgeschrittenen schweren Hüftdysplasie unbedingt medizinisch versorgt werden. Eine zweite OP sei dringend indiziert. Im Moment habe sie starke Schmerzen. Verwiesen werde auf den beigefügten Bericht des Klinikums ... vom 03.03.2016. Eine entsprechende Behandlung sei in der Ukraine aufgrund des nicht funktionierenden Gesundheitswesens und aufgrund der desolaten Gesundheitsvorsorge in den Konfliktgebieten derzeit nicht möglich.

Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 08.04.2016 beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er hält einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO für statthaft. In der Sache bleibt er dabei, dass „jugendlich“ im Sinne des § 25a AufenthG die Vollendung des 14. Lebensjahres voraussetze. Dass keine Unmöglichkeit der Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen vorliege, sei im Bescheid unter Hinweis auf die für den 21.03.2016 geplante freiwillige Ausreise festgestellt worden. Die für die Antragstellerin zu 2 geltend gemachte Reiseunfähigkeit aufgrund einer nervlichen Erkrankung sei bis heute nicht durch ein ärztliches Attest belegt worden. Aus der ärztlichen Stellungnahme vom 03.03.2016 ergebe sich keine Reiseunfähigkeit. Die darin beschriebenen körperlichen Beeinträchtigungen hätten die Antragstellerin nicht daran gehindert, über ihren Bevollmächtigten die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise erklären zu lassen und Flugtickets zu buchen. Eine zwischenzeitliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Antragstellerin zu 2 sei nicht mit einem aktuellen, jedenfalls nach dem 21.03.2016 ausgestellten ärztlichen Attest bescheinigt worden. Im Übrigen handele es sich nach einer kurzfristig eingeholten Stellungnahme des Amtsarztes bei dem Leiden der Antragstellerin zu 2 um eine angeborene Fehlbildung, nicht um eine akute Erkrankung.

Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 12.04.2016 legten die Antragsteller ergänzend einen FOKUS-ONLINE-Bericht vom 10.04.2016 („Schwere Gefechte nach Donezk - OSZE-Beobachter beschossen“) vor.

Der Antragsgegner legte mit Schriftsatz vom 12.04.2016 ein Schreiben der Regierung von Oberbayern (Zentrale Passbeschaffung Bayern) vom 12.04.2016 vor, wonach im Falle der Antragstellerin zu 5 einer Ausstellung eines Heimreisescheines von Seiten des Generalkonsulates der Ukraine in München nichts im Wege stehe. Bei einer gestrigen Vorsprache am Konsulat habe der zuständige Vizekonsul persönlich versichert, dass für die Ausreise der Antragstellerin zu 5 ein neues Passersatzpapier ausgestellt werde.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten des Landratsamtes Bayreuth Bezug genommen.

II.

1. Der zulässige Antrag ist unbegründet.

1.1 Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist gemäß § 123 Abs. 5 VwGO statthaft, weil kein Fall des § 80 VwGO vorliegt.

Aufschiebende Wirkung haben in der Regel nur Anfechtungsklagen (vgl. § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO). § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG, wonach Widerspruch und Klage gegen die Ablehnung eines Antrages auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels keine aufschiebende Wirkung haben, ergibt nur in den Fällen des § 81 Abs. 3 und 4 AufenthG einen Sinn, in denen bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde der Aufenthalt als erlaubt bzw. die Abschiebung als ausgesetzt (§ 81 Abs. 3 AufenthG) oder der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend (§ 81 Abs. 4 AufenthG) gilt. In diesen Fällen entfällt gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG mit der ablehnenden Entscheidung der Ausländerbehörde die Fiktionswirkung der Antragstellung trotz Klageerhebung, d. h. der Ausländer wird gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig. Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ergibt dann einen Sinn, weil dadurch die Fiktionswirkung verlängert und die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht aufgeschoben werden kann.

Die Anträge der Antragsteller auf erstmalige Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen vom 21. und 24.03.2016 hatten nicht die Wirkung des § 81 Abs. 3 AufenthG, weil sich die Antragsteller ohne Besitz eines Aufenthaltstitels nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Ist demzufolge die Vollziehbarkeit ihrer Ausreisepflicht gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG nicht erst mit der Ablehnung ihrer Anträge vom 21./24.03.2016 mit Bescheid vom 29.03.2016 eingetreten, sondern waren die Antragsteller schon vorher vollziehbar ausreisepflichtig, vermag die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 29.03.2016 daran nichts zu ändern, ebenso wenig an der Vollziehbarkeit der rechtskräftigen Abschiebungsandrohungen in den Bescheiden des Bundesamtes vom 18.12.2012 und 07.11.2013. Die Bestimmung des § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG geht in diesem Fall ins Leere, weil die Antragstellung vom 21./24.03.2016 den Antragstellern keine Rechtsposition vermittelt hat, welche durch die aufschiebende Wirkung der gegen die ablehnende Entscheidung der Ausländerbehörde erhobenen Klage vorläufig gesichert werden könnte.

Das Ziel, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Anträge auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nicht abgeschoben zu werden, können die Antragsteller daher nur mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erreichen.

1.2 Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist gemäß § 123 Abs. 1 VwGO unbegründet, weil die Antragsteller den erforderlichen Anordnungsanspruch auf vorläufige vorübergehende Aussetzung ihrer Abschiebung (Duldung) gemäß § 60a AufenthG nicht glaubhaft gemacht haben (§ 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO).

Gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen, solange sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Aus rechtlichen Gründen unmöglich ist die Abschiebung unter anderem dann, wenn die effektive Verfolgung und Geltendmachung eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis dadurch vereitelt oder wesentlich erschwert würde. In diesem Fall kommt eine einstweilige Anordnung zur Sicherung der effektiven Rechtsverfolgung in Betracht (BayVGH, Beschluss vom 17.12.2014 - 10 CE 14.2751, juris Rn. 3). Gemäß § 60a Abs. 2b AufenthG soll, solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG besitzt, minderjährig ist, die Abschiebung seiner Eltern sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden. Gemäß § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG kann einem Ausländer eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern.

1.2.1 Durch die Abschiebung der Antragsteller wird die effektive Verfolgung und Geltendmachung eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG nicht vereitelt oder wesentlich erschwert, weil ein solcher Anspruch nicht besteht.

Die elfjährige Antragstellerin zu 3 erfüllt nicht den Tatbestand des 25a Abs. 1 Satz 1 AufenthG, wonach einem jugendlichen oder heranwachsenden geduldeten Ausländer unter bestimmten Voraussetzungen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden soll.

Das Attribut „jugendlich“ - zumal im Zusammenhang mit dem Attribut „heranwachsend“ - ist im Sinne der Legaldefinition des § 1 Abs. 2 JGG zu verstehen. Danach ist Jugendlicher, wer vierzehn, aber noch nicht achtzehn, und Heranwachsender, wer achtzehn, aber noch nicht einundzwanzig Jahre alt ist. Die Anlehnung an diese Legaldefinition geht eindeutig aus der Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 18/4097 (Seite 42) hervor. Auch das Aufenthaltsgesetz selbst unterscheidet ganz offensichtlich zwischen Minderjährigen und Jugendlichen. Die Verwendung des Attributes „jugendlich“ anstelle des in anderen Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes anzutreffenden Begriffes „minderjährig“ wäre nicht nachvollziehbar, wenn ein Mindestalter für den begünstigten Personenkreis des § 25a Abs. 1 AufenthG nur mittelbar durch die Regelvoraussetzung eines vierjährigen erfolgreichen Schulbesuchs (§ 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG) festgelegt werden sollte (für den Rückgriff auf § 1 Abs. 2 JGG auch OVG Saarland, Beschluss vom 06. Oktober 2015 - 2 B 166/15, juris Rn. 8).

Erhält demgemäß die Antragstellerin zu 3 keine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG, kann den Antragstellern zu 1, 2, 4 und 5 als Eltern und Geschwistern weder eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 2 AufenthG erteilt noch ihre Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2b AufenthG ausgesetzt werden.

1.2.2 Die Antragsteller haben nicht glaubhaft gemacht, dass die Abschiebung der Antragstellerin zu 2 wegen krankheitsbedingter Reiseunfähigkeit aus tatsächlichen und demzufolge die Abschiebung der Antragsteller zu 1, 3, 4 und 5 aus rechtlichen Gründen unmöglich ist.

Gemäß § 60a Abs. 2c Sätze 1 und 2 AufenthG wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen; eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, muss der Ausländer durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen.

Soweit die Antragstellerin zu 2 im Antrag vom 24.03.2016 diesbezüglich geltend gemacht hat, in den letzten Tagen nervlich so angegriffen zu sein, dass sie unbedingt ärztliche Hilfe benötige und nicht reisefähig sei, weil sie das Gefühl habe, nicht einmal für sich selbst sorgen zu können, geschweige denn für die restlichen Familienmitglieder bei einer Ausreise oder gar Abschiebung, wurde das angekündigte ärztliche Attest bis heute weder der Ausländerbehörde noch dem Gericht vorgelegt. Auch über den Aufenthalt im „Bezirksklinikum“ Bayreuth seit 24.03.2016, von dem die Antragstellerin zu 2 die Ausländerbehörde mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 29.03.2016 in Kenntnis setzte, liegt bislang keine ärztliche Bescheinigung vor.

Daher bleibt es bei der Vermutung, dass einer Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen.

1.2.3 Die im Arztbericht vom 03.03.2016 dargelegte Therapiebedürftigkeit der linken Hüfte der Antragstellerin zu 2 wegen fortgeschrittener Dysplasie-Coxarthrose begründet weder die Unmöglichkeit der Abschiebung aus rechtlichen Gründen noch stellt sie einen dringenden humanitären oder persönlichen Grund für eine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG dar. Nach dem Arztbericht ist entgegen dem Antragsvorbringen eine zweite Operation nicht „dringend indiziert“, im Gegenteil werden, um bei dem jungen Alter der Patientin eine weitere Hüfttotalendoprothese zu vermeiden, verschiedene konservative Maßnahmen angedacht, wie z. B. die Versorgung mit Schuheinlagen, die krankengymnastische Mobilisierung des Gelenkes, ggf. Hüftinfiltrationen oder der Versuch einer multimodalen Schmerztherapie über drei Wochen. Eine lebensnotwendige Behandlungsbedürftigkeit der Antragstellerin zu 2, die im Sinne eines rechtlichen Abschiebungshindernisses oder eines dringenden humanitären oder persönlichen Grundes ihre vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern würde, lässt sich diesem Therapievorschlag nicht entnehmen.

1.2.4 Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse wie die politische Lage im Herkunftsland und eine unzureichende medizinische Versorgung sind nicht Gegenstand des ausländerrechtlichen Verfahrens.

1.2.5 Der Ablauf der Gültigkeitsdauer des Heimreisescheines für die Antragstellerin zu 5 am 26.03.2016 begründet für sie kein tatsächliches und demzufolge für die Antragsteller zu 1, 2, 3 und 4 kein rechtliches Abschiebungshindernis, nachdem laut Mitteilung der Regierung von Oberbayern (Zentrale Passbeschaffung Bayern) die Ausstellung eines neuen Passersatzpapieres vom Generalkonsulat der Ukraine in München bereits zugesichert wurde.

2. Nach alledem ist der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO, wonach die Antragsteller als unterliegender Teil die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner tragen, abzulehnen.

3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG (die Hälfte des Auffangstreitwerts je Antragsteller, da es in der Hauptsache nicht nur um die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung, sondern um die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen geht).

(1) Dem Ausländer wird nach der Asylantragstellung innerhalb von drei Arbeitstagen eine mit den Angaben zur Person und einem Lichtbild versehene Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung ausgestellt, wenn er nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels ist. Im Falle des Absatzes 3 Satz 2 ist der Ausländer bei der Asylantragstellung aufzufordern, innerhalb der Frist nach Satz 1 bei der zuständigen Ausländerbehörde die Ausstellung der Bescheinigung zu beantragen.

(2) Die Bescheinigung ist zu befristen. Solange der Ausländer verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, beträgt die Frist längstens drei und im Übrigen längstens sechs Monate.

(3) Zuständig für die Ausstellung der Bescheinigung ist das Bundesamt, solange der Ausländer verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Im Übrigen ist die Ausländerbehörde zuständig, auf deren Bezirk die Aufenthaltsgestattung beschränkt ist oder in deren Bezirk der Ausländer Wohnung zu nehmen hat. Auflagen und Änderungen der räumlichen Beschränkung sowie deren Anordnung (§ 59b) können auch von der Behörde vermerkt werden, die sie verfügt hat.

(4) Die Bescheinigung soll eingezogen werden, wenn die Aufenthaltsgestattung erloschen ist.

(5) Die Bescheinigung enthält folgende Angaben:

1.
das Datum der Ausstellung des Ankunftsnachweises gemäß § 63a Absatz 1 Satz 2 Nummer 12,
2.
das Datum der Asylantragstellung und
3.
die AZR-Nummer.
Im Übrigen gilt § 78a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes entsprechend.

(1) Die Aufenthaltsgestattung erlischt,

1.
wenn der Ausländer nach § 18 Absatz 2 und 3 zurückgewiesen oder zurückgeschoben wird,
2.
wenn der Ausländer innerhalb von zwei Wochen, nachdem ihm der Ankunftsnachweis ausgestellt worden ist, noch keinen Asylantrag gestellt hat,
3.
im Falle der Rücknahme des Asylantrags mit der Zustellung der Entscheidung des Bundesamtes,
4.
wenn eine nach diesem Gesetz oder nach § 60 Absatz 9 des Aufenthaltsgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist,
5.
mit der Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung nach § 34a,
5a.
mit der Bekanntgabe einer Abschiebungsanordnung nach § 58a des Aufenthaltsgesetzes,
6.
im Übrigen, wenn die Entscheidung des Bundesamtes unanfechtbar geworden ist.
Liegt in den Fällen des § 23 Absatz 1 der dem Ausländer genannte Termin bei der Außenstelle des Bundesamtes nach der sich aus Satz 1 Nummer 2 ergebenden Frist, dann erlischt die Aufenthaltsgestattung nach dieser Bestimmung erst, wenn der Ausländer bis zu diesem Termin keinen Asylantrag stellt.

(2) Die Aufenthaltsgestattung tritt wieder in Kraft, wenn

1.
ein nach § 33 Absatz 1 eingestelltes Verfahren wieder aufgenommen wird oder
2.
der Ausländer den Asylantrag nach Ablauf der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder Satz 2 genannten Frist stellt.

(1) Dem Ausländer wird nach der Asylantragstellung innerhalb von drei Arbeitstagen eine mit den Angaben zur Person und einem Lichtbild versehene Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung ausgestellt, wenn er nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels ist. Im Falle des Absatzes 3 Satz 2 ist der Ausländer bei der Asylantragstellung aufzufordern, innerhalb der Frist nach Satz 1 bei der zuständigen Ausländerbehörde die Ausstellung der Bescheinigung zu beantragen.

(2) Die Bescheinigung ist zu befristen. Solange der Ausländer verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, beträgt die Frist längstens drei und im Übrigen längstens sechs Monate.

(3) Zuständig für die Ausstellung der Bescheinigung ist das Bundesamt, solange der Ausländer verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Im Übrigen ist die Ausländerbehörde zuständig, auf deren Bezirk die Aufenthaltsgestattung beschränkt ist oder in deren Bezirk der Ausländer Wohnung zu nehmen hat. Auflagen und Änderungen der räumlichen Beschränkung sowie deren Anordnung (§ 59b) können auch von der Behörde vermerkt werden, die sie verfügt hat.

(4) Die Bescheinigung soll eingezogen werden, wenn die Aufenthaltsgestattung erloschen ist.

(5) Die Bescheinigung enthält folgende Angaben:

1.
das Datum der Ausstellung des Ankunftsnachweises gemäß § 63a Absatz 1 Satz 2 Nummer 12,
2.
das Datum der Asylantragstellung und
3.
die AZR-Nummer.
Im Übrigen gilt § 78a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes entsprechend.

(1) Die Aufenthaltsgestattung erlischt,

1.
wenn der Ausländer nach § 18 Absatz 2 und 3 zurückgewiesen oder zurückgeschoben wird,
2.
wenn der Ausländer innerhalb von zwei Wochen, nachdem ihm der Ankunftsnachweis ausgestellt worden ist, noch keinen Asylantrag gestellt hat,
3.
im Falle der Rücknahme des Asylantrags mit der Zustellung der Entscheidung des Bundesamtes,
4.
wenn eine nach diesem Gesetz oder nach § 60 Absatz 9 des Aufenthaltsgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist,
5.
mit der Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung nach § 34a,
5a.
mit der Bekanntgabe einer Abschiebungsanordnung nach § 58a des Aufenthaltsgesetzes,
6.
im Übrigen, wenn die Entscheidung des Bundesamtes unanfechtbar geworden ist.
Liegt in den Fällen des § 23 Absatz 1 der dem Ausländer genannte Termin bei der Außenstelle des Bundesamtes nach der sich aus Satz 1 Nummer 2 ergebenden Frist, dann erlischt die Aufenthaltsgestattung nach dieser Bestimmung erst, wenn der Ausländer bis zu diesem Termin keinen Asylantrag stellt.

(2) Die Aufenthaltsgestattung tritt wieder in Kraft, wenn

1.
ein nach § 33 Absatz 1 eingestelltes Verfahren wieder aufgenommen wird oder
2.
der Ausländer den Asylantrag nach Ablauf der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder Satz 2 genannten Frist stellt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.