Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 28. Apr. 2014 - 16b DC 12.2380

bei uns veröffentlicht am28.04.2014

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

Die Beschwerde ist, soweit zulässig, unbegründet.

1. Zulässig ist die Beschwerde, soweit der Antragsgegner die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses des Verwaltungsgerichts begehrt. Insoweit steht der Zulässigkeit nicht entgegen, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung bereits vor Einlegung der Beschwerde vollzogen worden ist. Denn die angefochtene Entscheidung kann noch Wirkung auf das weitere Verfahren entfalten (vgl. BVerwG, B. v. 7.8.2012 - 2 WDB 1/12 - juris Rn. 23). Die aufgrund der Durchsuchung beschlagnahmten Gegenstände und daraus gewonnenen Erkenntnisse können im weiteren Verlauf gegen den Antragsgegner verwendet werden. Durchsuchung und Beschlagnahme haben sich daher nicht erledigt (vgl. dazu auch: BVerfG, B. v. 30.4.1997 - 2 BvR 817/90 - BVerfGE 96, 27 - juris Rn. 48; Weiss, Disziplinarrecht des Bundes und der Länder, Bd. II, Lfg. 3/2013, § 27 BDG Rn. 54 a.E.).

Die Beschwerde ist unzulässig, soweit der Antragsgegner - allerdings ohne dies ausdrücklich zu beantragen - die Art und Weise der Vollstreckung rügt. Der Antragsgegner wendet sich mit seiner Replik vom 15. März 2013 unter II. ausdrücklich auch gegen die Art und Weise der Durchführung der Hausdurchsuchung. Zwar kann auch gegen die Art und Weise der Vollstreckung des Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses Rechtsschutz nachgesucht werden (vgl. Weiss, Disziplinarrecht des Bundes und der Länder, Bd. II, Lfg. 3/2013, § 27 BDG Rn. 54 unter Hinweis auf BGH, B. v. 13.10.1999 - StB 7/99 - NJW 2000, 84 - juris Rn. 13: Einwendungen nach § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO jedenfalls dann, wenn die beanstandete Art und Weise nicht ausdrücklicher und evidenter Bestandteil der richterlichen Anordnung war). Diese - nicht fristgebundenen - Einwendungen hätte der Antragsgegner aber zunächst in erster Instanz geltend machen müssen. Die durch § 67 Abs. 1 BDG in Verbindung mit § 146 VwGO eröffnete Beschwerde kann sich per se nur gegen die verwaltungsgerichtliche Entscheidung richten, nicht aber gegen Art und Weise des Vollzugs derselben, denn Beschwerdegegenstand ist nach § 146 VwGO allein die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts (vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, B. v. 4.10.2002 - 3 B 11273/02 - NVwZ-RR 2003, 294 - juris Rn. 4: unzulässige Beschwerde bei Antrag auf Herausgabe der beschlagnahmten Gegenstände).

2. Soweit zulässig, ist die Beschwerde unbegründet. Der angefochtene Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss des Verwaltungsgerichts ist rechtmäßig.

Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz BDG kann das Verwaltungsgericht (§ 45 Abs. 1 Satz 1 BDG) auf Antrag durch Beschluss Beschlagnahmen und Durchsuchungen anordnen.

a. Nach Absatz 1 Satz 2 dieser Vorschrift darf die Anordnung allerdings wegen des mit ihr verbundenen Grundrechtseingriffs nur dann getroffen werden, wenn der Beamte des ihm zur Last gelegten Dienstvergehens dringend verdächtig ist. Der Terminus des „dringenden Verdachts“ ist weitaus enger als der der „tatsächlichen Anhaltspunkte“, die nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BDG die Einleitung eines Disziplinarverfahrens erforderlich machen. Er ist dem Strafprozessrecht (§112 Abs. 1 Satz 1 StPO) entnommen und ebenso wie dort auszulegen (vgl. Weiss, Disziplinarrecht des Bundes und der Länder, Bd. II, Lfg. 3/2013, § 27 BDO Rn. 22). Ein dringender Verdacht liegt deshalb nur dann vor, wenn eine große Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der Beamte das ihm zu Last gelegte Dienstvergehen begangen hat (vgl. Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 7. Auflage 2013, § 112 Rn. 3; Pfeiffer, StPO, 3. Auflage 2001, § 112 Rn. 2; Meyer-Goßner, Strafprozessordnung, 56. Auflage 2013, § 112 Rn. 5; Urban/Wittkowski, Bundesdisziplinargesetz, 1. Auflage 2011, § 27 Rn. 3: hoher Grad an Wahrscheinlichkeit; vgl. auch vgl. BayVGH, B. v. 19.10.2009 - 16b DC 09.2188 - juris Rn. 20 mit weiteren Nachweisen). Dabei darf der dringende Tatverdacht nicht aus bloßen Vermutungen, sondern muss aus bestimmten Tatsachen hergeleitet werden (vgl. Pfeiffer, StPO, 3. Auflage 2001, § 112 Rn. 2; Meyer-Goßner, Strafprozessordnung, 56. Auflage 2013, § 112 Rn. 7; Weiss, Disziplinarrecht des Bundes und der Länder, Bd. II, Lfg. 3/2013, § 27 BDO Rn. 22 a.E.).

Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses des Verwaltungsgerichts (vgl. BayVGH, B. v. 7.3.2007 - 16a CD 07.1 - juris Rn. 24; VGH B.-W., B. v. 16.3.2009 - DB 16 S 57/09 - juris Rn. 8) lag aufgrund der Behördenzeugnisse des Bundesamts für Verfassungsschutz vom 14. Dezember 2011 (vgl. Bl. 29 der Ermittlungsakte Band 1) und vom 29. Mai 2012 (vgl. Bl. 30 der Ermittlungsakte Band 1) der erforderliche dringende Tatverdacht vor. Zwar können „schlichte“ Behördenzeugnisse dem Tatrichter in der Regel nicht die volle Überzeugung von Tatsachenbehauptungen vermitteln (vgl. BVerwG, U. v. 21.5.2008 - 6 C 13/07 - BVerwGE 131, 171 - juris Rn. 31), darum geht es hier aber auch nicht, denn § 27 Abs. 1 Satz 2 BDG lässt einen unterhalb der Schwelle der vollen Überzeugung genügenden dringenden Tatverdacht ausreichen.

Es besteht der dringende Verdacht, dass der Antragsgegner durch seine Mitgliedschaft und aktive Mitarbeit die Ziele der Organisationen „Die Artgemeinschaft - Germanische Glaubensgemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V.“ und der „Europäischen Aktion“ aktiv fördert und damit seine Pflicht aus § 60 Abs. 1 Satz 3 BBG, sich durch sein gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinn des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Einhaltung einzutreten, verstößt. Denn die genannten Organisationen arbeiten gerade auf die Beseitigung dieser Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes hin, um sie durch eine rassistische, nationalistische und führerorientierte und damit antidemokratische Grundordnung zu ersetzen (vgl. S. 179 f. und 184 f. des Verfassungsschutzberichts der Freie und Hansestadt Hamburg 2013, der im Internet unter http://www.h...de/c...pdf abgerufen werden kann).

Der Antragsgegner ist nach den genannten Behördenzeugnissen des Bundesamts für Verfassungsschutz Mitglied der rechtsextremistischen „Artgemeinschaft“ und seit Anfang 2010 in der rechtsextremistischen „Europäischen Aktion“ tätig, wobei die gewonnenen Erkenntnisse den Schluss zulassen, dass seine Aktivitäten über die eines einfachen Mitglieds hinausgehen. Der Antragsgegner ist nach der Einschätzung des Verfassungsschutzes am Aufbau der rechtsextremistischen „Europäischen Aktion“ beteiligt und nahm bereits an mehreren Treffen der Organisation im In- und Ausland teil. Er pflegt Kontakt zu ehemals führenden Mitgliedern verbotener rechtsextremistischer Organisationen, wie dem Schweizer B. Sch., derzeit Leiter der „Europäischen Aktion“ und ehemaliger Vorsitzender des verbotenen „Vereins zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten“ und der Holocaustleugnerin U. H.-W. Des Weiteren arbeitet er mit dem Landesleiter Deutschland der „Europäischen Aktion“, dem vorbestraften NPD-Politiker R. H1, zusammen. Vor diesem Hintergrund gewinnt der vom Antragsgegner gegenüber dem Bundesamt für Verfassungsschutz selbst eingestandene Umstand (vgl. Gesprächsvermerk vom 27. November 2011, Bl. 92 der Ermittlungsakte Band 1), er habe an Veranstaltungen der „Artgemeinschaft“ teilgenommen und kenne Herrn R1 entscheidendes Gewicht. J. R1, der im Jahre 2009 verstorbene Vorsitzende der „Artgemeinschaft“ (vgl. Verfassungsschutzbericht Hamburg, S. 179), wurde in den Verfassungsschutzberichten mehrfach als „Neonazi“, „Rechtsextremist“. und „Protagonist des Neonazi-Lagers“ eingestuft (vgl. Bundesamt für Verfassungsschutz: Verfassungsschutzbericht 2007, S. 49; Verfassungsschutzbericht 2005, S. Verfassungsschutzbericht 2006, S. 89). Vor dem Hintergrund seines Einräumens bestimmter Verhaltensweisen ist die Annahme gerechtfertigt, dass die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes im Wesentlichen zutreffend sind und der Antragsgegner ideologisch und/oder organisatorisch Wesentliches für die Organisationen leistet. Damit bestehen zugleich hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass eine Durchsuchung der Räume und Sachen des Antragsgegners zur Auffindung von Beweismitteln führen werde, die im Disziplinarverfahren von Bedeutung sein können.

Der Antragsgegner kann mit seiner Beschwerdebegründung den dringenden Tatverdacht nicht entkräften. Er bestreitet, Mitglied der „Artgemeinschaft“ zu sein, habe Frau U. H.-W. nur ein einziges Mal bewusst gesehen, und habe auch nicht mit Herrn R. H1 zusammengearbeitet. Er meint, es wäre der Fürsorgepflicht des öffentlichen Dienstherrn angemessen gewesen, ihm einfach die konkreten Vorwürfe vorzuhalten, um dann eine Stellungnahme dazu einzuholen.

Der Senat verkennt nicht, dass sich der Antragsgegner gewissermaßen in einer Beweisnot findet und die Vorwürfe letztlich nur bestreiten kann, sollten sie unwahr sein. Sein Bestreiten entbehrt allerdings einer gewissen Substanz, gegen seine Glaubwürdigkeit spricht zudem, dass der Antragsgegner mit dem verstorbenen Herrn R1 und Frau H.-W. herausgehobene Personen aus der rechtsextremen Szene nach eigenem Bekunden kennt und am Rande eines Treffens der „Europäischen Aktion“ von der Polizei kontrolliert wurde. Vor diesem Hintergrund reichen die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes für einen dringenden Tatverdacht aus.

b. Neben dem dringenden Tatverdacht ist - kumulativ - weitere Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Anordnung, dass die beantragte Maßnahme zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Maßnahme nicht außer Verhältnis steht. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist demgemäß in zweierlei Hinsicht zu beachten: Zum einen darf die Maßnahme nicht zur Bedeutung der Sache außer Verhältnis stehen, zum anderen darf aber auch die Maßnahme, um die ersucht wurde, nicht zur zu erwartenden Disziplinarmaßnahme außer Verhältnis stehen, wobei beides in der Regel voneinander abhängig sein dürfte. Ist die Bedeutung der Sache gering, wird zumeist auch keine hohe Disziplinarmaßnahme zu erwarten sein und umgekehrt; zwingend ist dies aber nicht. Bei einer zu erwartenden Disziplinarmaßnahme (Prognoseentscheidung) im unteren Bereich (Verweis, Geldbuße) wird die Anordnung einer Durchsuchung oder Beschlagnahme in der Regel nicht verhältnismäßig sein, während dies bei einer angesichts des Vorwurfs in Betracht kommenden Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder der Zurückstufung - also in Fällen, in denen Disziplinarklage zu erheben ist - zumeist der Fall sein dürfte. Die Beantwortung der Frage der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme ist aber immer von den Gegebenheiten des konkreten Einzelfalls abhängig. Zu prüfen ist zudem, ob ein milderes Mittel als die Beschlagnahme oder Durchsuchung in Betracht kommt (z. B. ein Vorgehen nach § 26 BDG). Darüber hinaus muss insbesondere ein Durchsuchungsbeschluss dem Bestimmtheitsgebot genügen (vgl. dazu nur Urban/Wittkowski, Bundesdisziplinargesetz, 1. Auflage 2011, § 27 Rn. 4 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen).

(1) Die Maßnahme ist verhältnismäßig. Sie ist geeignet, zu entsprechenden Beweismitteln zu kommen. Damit können Gegenstände, Unterlagen und Daten gefunden werden, die geeignet sind, Nachweise dafür zu erbringen, dass der Antragsgegner seine politische Treuepflicht nach § 60 Abs. 1 und Abs. 2, § 61 BBG verletzt. Ein milderes Mittel hat sich hier von vornherein nicht angeboten, da bei jeder anderen denkbaren Aufklärungsmaßnahme eine Vernichtung der einschlägigen Beweismaterialien zu besorgen gewesen wäre.

(2) Die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung steht zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis (§ 27 Abs. 1 Satz 2 BDG). Regelmäßig kommen entsprechende Zwangsmaßnahmen nur in Betracht, wenn die Zurückstufung oder die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erwarten ist (BVerfG, B. v. 21.6.2006 - 2 BvR 1780/04 - NVwZ, 2006 1282 - juris Rn. 24; BayVGH, B. v. 7.3.2007 - 16a CD 07.1 - juris Rn. 32.; VGH Baden-Württemberg, B. v. 16.3.2009 - DB 16 S 57/09 - juris Rn. 6).

Vorliegend wiegt das dem Antragsgegner zu Last gelegte Dienstvergehen schwer. Die ihm vorgehaltene - über eine bloße Mitgliedschaft hinausgehende - Betätigung bei den rechtsextremen Organisationen „Artgemeinschaft“ und „Europäische Aktion“ ist geeignet, seine beamtenrechtliche Pflicht zur Verfassungstreue und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes zu verletzen. Dabei handelt es sich um innerdienstliche Pflichtverletzung, was den Vorwurf verschärft. Denn die Pflicht zum Eintreten für die freiheitlich-demokratische Grundordnung ist unteilbar und nicht auf den dienstlichen Raum beschränkt (BVerwG, U. v. 12.3.1986 - 1 D 103/84 - BVerwGE 83, 158 - juris Rn. 32; BayVGH, U. v. 28.11.2001 - 16 D 00.2077 - juris Rn. 155).

Ein Beamter ist im Interesse des Vertrauens der Öffentlichkeit in eine dem freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat verpflichtenden Beamtenschaft gehalten, zu vermeiden, dass er durch sein Verhalten in vorhersehbarer und ihm daher zurechenbarer Weise den Anschein setzt, sich mit dem Nationalsozialismus selbst oder Kräften zu identifizieren oder auch nur mit ihnen zu sympathisieren, die den Nationalsozialismus durch geschichtlichen Revisionismus verharmlosen und verherrlichen. Denn im Interesse der Akzeptanz und der Legitimation staatlichen Handelns ist er verpflichtet, bereits den Schein der Identifikation mit einem dem freiheitlichen Rechtsstaat diametral entgegen gesetzten Gedankengut und mit Bestrebungen zu vermeiden, die sich zu einem solchen Gedankengut bekennen. Schon das zurechenbare Setzen eines solchen Scheins stellt eine disziplinarrechtlich bedeutsame Dienstpflichtverletzung dar. Diese Annahme ist ohne Verstoß gegen die verfassungsrechtlich verbürgte Unschuldsvermutung dann möglich, wenn das „den bösen Schein“ begründende Verhalten geeignet ist, die Akzeptanz oder Legitimation staatlichen Handelns zu beeinträchtigen (vgl. BVerwG, U. v. 17.5.2001 - 1 DB 15/01 - NVwZ 2001, 1410 - juris Rn. 36 mit weiteren Nachweisen; vgl. zum Soldatenrecht: BVerwG, U. v. 25.1.2000 - 2 WD 43.99 - BVerwGE 111, 45).

Das vermutete Engagement des Antragsgegners bei der „Artgemeinschaft“ und der „Europäischen Aktion“ ist unvereinbar mit der Pflicht eines Beamten, aktiv für die geltende Verfassungsordnung einzutreten.

Für Dienstpflichtverletzungen der vorliegenden Art gibt es keine disziplinare Regelrechtsprechung, welche die Annahme der Entfernung aus dem Dienst prognostiziert. Denn die Handlungsbreite, in der Verletzungen der Pflicht zur Verfassungstreue und/oder eine Ansehensschädigung denkbar sind, ist zu groß, als dass sie einheitlichen Regeln unterliegen und in ihren Auswirkungen auf Achtung und Vertrauen gleichermaßen eingestuft werden könnten.

Der erkennende Senat hat im Fall eines Lehrers (U. v. 28.11.2001, 16 D 00.2077; juris), nachdem er bereits wegen Verharmlosung des Nationalsozialismus disziplinarrechtlich mit einer Degradierung belastet war, aufgrund der Vorbelastung und dem Wiederholungsfall und nach Feststellung völliger Uneinsichtigkeit die Entfernung aus dem Dienst verhängt. Hinsichtlich der Berufsgruppe der Polizeibeamten sind vorwiegend disziplinarrechtliche Entscheidungen mit dem Disziplinarmaß der Zurückstufung bzw. Degradierung unter Berücksichtigung des Vorliegens von Entlastungs- und Milderungsgründen zu finden (vgl. Bay. VGH, U. v. 11.7.2007 - 16a D 06.2094 - juris).

Der Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts hat in dem Beschluss vom 18. November 2003 (2 WDB 2.03 - BVerwGE 119, 206 - juris) die vorläufige Dienstenthebung wegen des Einbringens zahlreichen NS-Propagandamaterials in dienstliche Einrichtungen und Unterkünfte aufrechterhalten und mit Urteil vom 6. September 2012 (2 WD 26/11, NVwZ-RR 2013, 971, juris Rn. 64) im Falle eines Soldaten, der herausgehobene Funktionen bei der NPD wahrgenommen hatte, die Aberkennung des Ruhegehalts für erforderlich und angemessen gehalten.

Unter Berücksichtigung dieser disziplinarrechtlichen Rechtsprechung wäre gegen den Antragsgegner eine Disziplinarmaßnahme auszusprechen, die jedenfalls über einen Verweis (§ 6 BDG) oder eine Geldbuße (§ 7 BDG) hinausgehen muss. Sollten sich die zum Zeitpunkt des Beschlusses des Verwaltungsgerichts bestandenen Verdachtsmomente so bewahrheiten, müsste wenigstens eine Zurückstufung (§ 9 BDG), wenn nicht eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10 BDG) ausgesprochen werden. Die schwerwiegende Dienstverpflichtung dürfte den Ausspruch der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme rechtfertigen.

(3) Die angefochtene Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung ist hinreichend bestimmt (vgl. zum rechtsstaatlich notwendigen Inhalts eines Durchsuchungsbefehls: BVerfG, B. v. 26.5.1976 - 2 BvR 294/76 - BVerfGE 42, 212 - juris Rn. 32 ff.; vgl. auch: Weiss, Disziplinarrecht des Bundes und der Länder, Bd. II, Lfg. 3/2013, § 27 BDO Rn. 27). Da die Ermächtigung der Exekutive, im Wege der Durchsuchung in den grundrechtlich geschützten Bereich des Betroffenen einzugreifen, regelmäßig den Gerichten vorbehalten ist, trifft sie als Kontrollorgan zugleich die Pflicht, durch eine geeignete Formulierung des Durchsuchungsbeschlusses im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren sicherzustellen, dass der Eingriff in die Grundrechte messbar und kontrollierbar bleibt (vgl. BVerfG, B. v. 21.6.1994 - 2 BvR 2559/93 - NJW 1994, 3281 - Rn. 11). Den hieraus folgenden Anforderungen wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts gerecht. Der angefochtene Beschluss stellt hinreichend klar, dass tatsächlich diejenigen Unterlagen gesucht und beschlagnahmt werden sollten, die geeignet sind, einen Verstoß gegen die politische Treuepflicht nach § 60, 61 BBG zu belegen. Insoweit konnte ein vernünftiger Zweifel an dem gegenständlich erforderlichen Material nicht erwachsen.

Die Kostenentscheidung bleibt, weil es sich um eine unselbstständige Nebenentscheidung handelt, dem Hauptsacheverfahren vorbehalten (vgl. BayVGH, B. v. 19.10.2009 - 16b DC 09.2188 - juris Rn. 30; zum Bayerischen Disziplinarrecht: BayVGH, B. v. 7.3.2007 - 16a CD 07.1 - juris Rn. 36).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (Art. 3 BDG i. V. m. § 152 VwGO).

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(2) Die Maßnahmen nach Absatz 1 dürfen nur durch die nach der Strafprozessordnung dazu berufenen Behörden durchgeführt werden.

(3) Durch Absatz 1 wird das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 des Grundgesetzes) eingeschränkt.

(1) Beschlagnahmen dürfen nur durch das Gericht, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. Die Beschlagnahme nach § 97 Abs. 5 Satz 2 in den Räumen einer Redaktion, eines Verlages, einer Druckerei oder einer Rundfunkanstalt darf nur durch das Gericht angeordnet werden.

(2) Der Beamte, der einen Gegenstand ohne gerichtliche Anordnung beschlagnahmt hat, soll binnen drei Tagen die gerichtliche Bestätigung beantragen, wenn bei der Beschlagnahme weder der davon Betroffene noch ein erwachsener Angehöriger anwesend war oder wenn der Betroffene und im Falle seiner Abwesenheit ein erwachsener Angehöriger des Betroffenen gegen die Beschlagnahme ausdrücklichen Widerspruch erhoben hat. Der Betroffene kann jederzeit die gerichtliche Entscheidung beantragen. Die Zuständigkeit des Gerichts bestimmt sich nach § 162. Der Betroffene kann den Antrag auch bei dem Amtsgericht einreichen, in dessen Bezirk die Beschlagnahme stattgefunden hat; dieses leitet den Antrag dem zuständigen Gericht zu. Der Betroffene ist über seine Rechte zu belehren.

(3) Ist nach erhobener öffentlicher Klage die Beschlagnahme durch die Staatsanwaltschaft oder eine ihrer Ermittlungspersonen erfolgt, so ist binnen drei Tagen dem Gericht von der Beschlagnahme Anzeige zu machen; die beschlagnahmten Gegenstände sind ihm zur Verfügung zu stellen.

(4) Wird eine Beschlagnahme in einem Dienstgebäude oder einer nicht allgemein zugänglichen Einrichtung oder Anlage der Bundeswehr erforderlich, so wird die vorgesetzte Dienststelle der Bundeswehr um ihre Durchführung ersucht. Die ersuchende Stelle ist zur Mitwirkung berechtigt. Des Ersuchens bedarf es nicht, wenn die Beschlagnahme in Räumen vorzunehmen ist, die ausschließlich von anderen Personen als Soldaten bewohnt werden.

(1) Für die Statthaftigkeit, Form und Frist der Beschwerde gelten die §§ 146 und 147 der Verwaltungsgerichtsordnung.

(2) Gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts, durch die nach § 59 Abs. 1 über eine Disziplinarklage entschieden wird, kann die Beschwerde nur auf das Fehlen der Zustimmung der Beteiligten gestützt werden.

(3) Für das Beschwerdeverfahren gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts über eine Aussetzung nach § 63 gilt § 146 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

Die Aufgaben der Disziplinargerichtsbarkeit nach diesem Gesetz nehmen die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit wahr. Hierzu werden bei den Verwaltungsgerichten Kammern und bei den Oberverwaltungsgerichten Senate für Disziplinarsachen gebildet. Die Landesgesetzgebung kann die Zuweisung der in Satz 1 genannten Aufgaben an ein Gericht für die Bezirke mehrerer Gerichte anordnen. Soweit nach Landesrecht für Verfahren nach dem Landesdisziplinargesetz ein Gericht für die Bezirke mehrerer Gerichte zuständig ist, ist dieses Gericht, wenn nichts anderes bestimmt wird, auch für die in Satz 1 genannten Aufgaben zuständig. § 50 Abs. 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(1) Liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, hat der Dienstvorgesetzte die Dienstpflicht, ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Der höhere Dienstvorgesetzte und die oberste Dienstbehörde stellen im Rahmen ihrer Aufsicht die Erfüllung dieser Pflicht sicher; sie können das Disziplinarverfahren jederzeit an sich ziehen. Die Einleitung ist aktenkundig zu machen.

(2) Ist zu erwarten, dass nach den §§ 14 und 15 eine Disziplinarmaßnahme nicht in Betracht kommt, wird ein Disziplinarverfahren nicht eingeleitet. Die Gründe sind aktenkundig zu machen und dem Beamten bekannt zu geben.

(3) Hat ein Beamter zwei oder mehrere Ämter inne, die nicht im Verhältnis von Haupt- zu Nebenamt stehen, und beabsichtigt der Dienstvorgesetzte, zu dessen Geschäftsbereich eines dieser Ämter gehört, ein Disziplinarverfahren gegen ihn einzuleiten, teilt er dies den Dienstvorgesetzten mit, die für die anderen Ämter zuständig sind. Ein weiteres Disziplinarverfahren kann gegen den Beamten wegen desselben Sachverhalts nicht eingeleitet werden. Hat ein Beamter zwei oder mehrere Ämter inne, die im Verhältnis von Haupt- zu Nebenamt stehen, kann nur der Dienstvorgesetzte ein Disziplinarverfahren gegen ihn einleiten, der für das Hauptamt zuständig ist.

(4) Die Zuständigkeiten nach den Absätzen 1 bis 3 werden durch eine Beurlaubung, eine Abordnung oder eine Zuweisung nicht berührt. Bei einer Abordnung geht die aus Absatz 1 sich ergebende Pflicht hinsichtlich der während der Abordnung begangenen Dienstvergehen auf den neuen Dienstvorgesetzten über, soweit dieser nicht ihre Ausübung den anderen Dienstvorgesetzten überlässt oder soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.

(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen

1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält,
2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder
3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde
a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder
b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder
c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).

(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.

Tenor

Die Beschwerden des Antragsgegners und der Beteiligten gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 11. Dezember 2008 - DB 10 K 2464/08 - werden zurückgewiesen.

Der Antragsgegner und die Beteiligte tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens jeweils zur Hälfte.

Gründe

 
Die statthaften, form- und fristgerecht eingelegten (§ 67 Abs. 1 BDG i.V.m. §§ 146 Abs. 1, 147 Abs. 1 VwGO) Beschwerden des Antragsgegners und der Beteiligten gegen die mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 11.12.2008 erlassene Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung bleiben ohne Erfolg.
Der Zulässigkeit der Beschwerden steht nicht die am 18.12.2008 erfolgte Vollziehung der Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung entgegen. Angesichts der Schwere des mit einer derartigen Durchsuchung regelmäßig verbundenen Eingriffs in die verfassungsrechtlich geschützte Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) steht dem Antragsgegner und der Beteiligten ein Recht auf obergerichtliche Überprüfung zu. Diese hat auch nach Vollziehung der erstinstanzlichen Entscheidung im Rahmen der gemäß § 67 Abs. 1 BDG i.V.m. § 146 Abs. 1 VwGO statthaften Beschwerden zu erfolgen (vgl. GKÖD Bd. II M § 27 Rn. 54; OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 12.01.2007 - 3 B 11367/06 - NVwZ-RR 2007, 318 m.w.N.; BayVGH, Beschl. v. 08.08.2005 - 16a CD 05.1692 - juris; grundlegend: BVerfGE 96, 27).
Der angefochtene Beschluss ist in formeller und materieller Hinsicht rechtmäßig und verletzt weder den Antragsgegner noch die Beteiligte in ihren Rechten.
Entgegen deren Auffassung haben die Beschwerden nicht bereits deshalb Erfolg, weil das Verwaltungsgericht durch den Berichterstatter über den Antrag auf Erlass einer Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung entschieden hat. Hierin liegt kein Verstoß gegen § 46 Abs. 1 BDG. Zwar entscheidet die Kammer außerhalb der mündlichen Verhandlung gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 BDG grundsätzlich in der Besetzung von drei Richtern durch Beschluss. Für die Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter gilt § 6 VwGO46 Abs. 2 Satz 1 BDG). § 46 Abs. 4 BDG ermächtigt aber den Landesgesetzgeber, die Besetzung der Disziplinarkammer abweichend zu regeln. Von dieser Möglichkeit hat der baden-württembergische Landesgesetzgeber Gebrauch gemacht. Nach § 7 Abs. 2 Satz 3 AGVwGO i.d.F. des Gesetzes zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts vom 14.10.2008 (GBl. S. 343) entscheidet bei sonstigen Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung - abgesehen von Entscheidungen über Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz oder auf Prozesskostenhilfe, die nach § 7 Abs. 2 Satz 4 AGVwGO der Disziplinarkammer vorbehalten sind - der Vorsitzende; ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden. Gemäß § 46 Abs. 4 Satz 2 BDG gilt diese für Verfahren nach dem Landesdisziplinargesetz getroffene Regelung über die Besetzung des Spruchkörpers mangels anderweitiger Bestimmung auch für Verfahren nach dem Bundesdisziplinargesetz, und zwar auch für Entscheidungen nach § 27 BDG (so ausdrücklich Gansen, DiszR, § 27 Rn. 6a). Danach war hier der Berichterstatter gesetzlicher Richter; einer Übertragung auf den Einzelrichter bedurfte es entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht.
Die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung des Verwaltungsgerichts leidet auch im Übrigen an keinem Verfahrensfehler. Das Verwaltungsgericht hat insbesondere den Zweck der Durchsuchung genau genug definiert, die zu durchsuchenden Räumlichkeiten hinreichend genau bezeichnet und die der Antragstellerin eingeräumten Befugnisse zeitlich begrenzt.
Der angefochtene Beschluss erweist sich auch in der Sache als rechtmäßig. Das Verwaltungsgericht durfte gemäß § 27 Abs. 1 BDG die Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume des Antragsgegners und der Beteiligten sowie die Beschlagnahme der dort aufgefundenen Beweismittel anordnen. Angesichts des mit einer Durchsuchungsanordnung regelmäßig verbundenen Grundrechtseingriffs (Art. 13 Abs. 1 GG) darf die Anordnung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BDG zwar nur dann getroffen werden, wenn der Beamte des ihm zur Last gelegten Dienstvergehens dringend verdächtig ist und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt wurde (vgl. BVerfG , Beschl. v. 21.06.2006 - 2 BvR 1780/04 - NVwZ 2006, 1282). Hier ist indes der erforderliche Verdacht für das Vorliegen eines vom Antragsgegner begangenen schwerwiegenden Dienstvergehens ebenso gegeben wie die Wahrung der Verhältnismäßigkeit von Mittel und Zweck.
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung auf die Annahme gestützt, der Beamte sei der Begehung eines schwerwiegenden Dienstvergehens dringend verdächtig. Dringender Tatverdacht im vorgenannten Sinne ist dann anzunehmen, wenn nicht nur ein auf vage Anhaltspunkte oder bloße Vermutungen, sondern ein auf Tatsachen gestützter, hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafür gegeben ist, dass der Beamte das ihm zur Last gelegte Dienstvergehen begangen hat. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Beamte die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtwidrigkeiten verübt hat und keine konkreten Umstände gegen die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens sowie gegen seine Schuld sprechen (BayVGH, Beschl. v. 07.03.2007 - 16a CD 07.1 - juris; OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 12.01.2007 - 3 B 11367/06 - a.a.O.; GKÖD Bd. II M § 27 Rn. 22 m.w.N.). Für die Klärung der Frage, ob diese Rechtmäßigkeitsvoraussetzung gegeben ist, hat der Senat auf eine ex-ante-Betrachtung abzustellen; maßgeblich ist der Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses (OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 12.01.2007 - 3 B 11367/06 - a.a.O.).
Daran gemessen bestand vorliegend in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Durchsuchungsanordnung ein dringender Verdacht dahingehend, dass der Antragsgegner in erheblichem Umfang eine nicht genehmigte Nebentätigkeit in dem von der Beteiligten geführten Geschäft in ... ausübte, während er sich bei seinem Dienstherrn krank gemeldet hatte. Der dringende Verdacht ergab sich insbesondere aus den bei der Observierung des Ladengeschäfts in der ... in ... gewonnenen Erkenntnissen und aus zwei dort getätigten Scheineinkäufen, bei denen der ausweislich der amtsärztlichen gutachterlichen Stellungnahme vom 22.04.2008 uneingeschränkt zolldienstfähige Antragsgegner als Verkäufer auftrat. Ausweislich des Aktenvermerks vom 11.07.2008 (Bl. 13 der Begleitakte) war der Antragsgegner an diesem Tag in dem Geschäft anwesend und führte „sehr fundiert und sachkundig das Beratungs- und Verkaufsgespräch“. Weitere Personen waren in den Geschäftsräumen nicht zu erkennen. Am 14.08. und am 22.08.2008 wurde der Antragsgegner ebenfalls in dem Ladengeschäft beobachtet (Bl. 15 und 19 der Begleitakte). Am 24.09.2008 wurde der Antragsgegner in den neuen Räumlichkeiten des Ladenlokals in der ... angetroffen. Im Rahmen eines Fachgesprächs über E-Gitarren äußerte der Antragsgegner ausweislich des Aktenvermerks vom 29.09.2008 (Bl. 22 f. der Begleitakte), dass es doch eine schöne Abwechselung von seiner Lohnbuchhaltungstätigkeit, die er gerade im Hinterraum für das Unternehmen ausführe, sei, wenn jemand mal ein Instrument vernünftig spielen könne und er im Ladenlokal dabei zuhören könne. Weiter teilte er mit, dass er insgesamt 14 Jahre beim Bund gewesen sei und „auf den ganzen Scheiß keinen Bock mehr habe“; da er zudem auf dem Land in Baden-Württemberg gewesen sei, habe es ihn zurück in seine Heimatstadt ... gezogen. Schließlich gab der Antragsgegner noch an, er sei Vertragshändler für den Musikinstrumentenhersteller ... und stehe mit weiteren Musikinstrumentenherstellern in Vertragsverhandlungen.
Nachdem der Antragsgegner über einen längeren Zeitraum wiederholt als Verkäufer in dem Ladengeschäft angetroffen wurde und selbst Angaben zu seiner Tätigkeit (Lohnbuchhaltung, Vertragsverhandlungen etc.) gemacht hatte, hat das Verwaltungsgericht den dringenden Tatverdacht hinsichtlich einer Tätigkeit des Antragsgegners, die den Rahmen einer in der Beschwerdebegründung in den Raum gestellten „Mithilfe des Ehegatten im Rahmen familienrechtlicher Verpflichtungen“ bei weitem sprengt, zu Recht bejaht. Dass die Beteiligte allein das Ladengeschäft führt, ohne dass der Antragsgegner dort in nennenswertem Umfang tätig ist, war nach Aktenlage weitgehend auszuschließen. Weitere Ermittlungen hierzu waren nicht veranlasst. Insbesondere hätte eine noch vor der Durchsuchungsanordnung hierzu eingeholte Stellungnahme des Antragsgegners den Ermittlungszweck gefährdet.
10 
Der Antragsgegner war nach alledem aufgrund der getroffenen Feststellungen dringend verdächtig, dadurch ein Dienstvergehen i.S.d. § 77 BBG begangen zu haben, dass er im auf den Namen der Beteiligten angemeldeten Gewerbebetrieb... eine Nebentätigkeit (Erledigung der Lohnbuchhaltung, Tätigkeit im Verkauf, Führen von Vertragsverhandlungen mit Herstellern) ausübte, ohne im Besitz einer hierfür erforderlichen Genehmigung gemäß § 65 BBG zu sein und obwohl er sich bei seinem Dienstherrn krank gemeldet hatte. Dies stellt einen Verstoß gegen die Pflichten zur Dienstleistung (§ 73 BBG), zur vollen Hingabe an den Beruf (§ 54 Satz 1 BBG) und zur Einholung einer Genehmigung vor Ausübung einer Nebentätigkeit (§ 65 BBG) dar.
11 
Der Senat hat auch keine Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Durchsuchungsanordnung.
12 
Die Maßnahme war geeignet, den Nachweis einer ungenehmigten Nebentätigkeit zu führen. Die in der Durchsuchungsanordnung angeführten Unterlagen wie Warenbestellungen, Verträge mit Lieferanten, Verträge mit Online-Händlern, Subunternehmen und weiteren Kunden, Lohnbuchhaltung etc. können dazu dienen, geschäftliche Tätigkeiten des Antragsgegners zu bestimmten Zeiten zu belegen.
13 
Da mildere Maßnahmen wie die Einholung von weiteren Auskünften oder eine Observation bereits durchgeführt oder nicht erfolgversprechend waren, war die angeordnete Durchsuchung auch erforderlich. Das Herausgabeverlangen nach § 26 BDG kommt vorliegend als milderes Mittel nicht in Betracht. Es bezieht sich nur auf Unterlagen, die einen dienstlichen Bezug aufweisen. Dies umfasst zwar nicht nur amtliche Schriftstücke, sondern auch etwa Privatbriefe oder Tagebucheintragungen, wenn sie inhaltlich dienstlichen Bezug aufweisen (vgl. GKÖD Bd. II M § 26 Rn. 27 f.; Gansen, DiszR, § 26 BDG Rn. 4). Vorliegend geht es indes um Unterlagen, die sich auf eine außerdienstliche Tätigkeit des Antragsgegners beziehen und gerade keinen dienstlichen Bezug aufweisen. Herausgabeverpflichtet ist zudem nur der Beamte selbst, nicht aber Dritte (vgl. GKÖD Bd. II M § 26 Rn. 17, 20). Anders als im Rahmen des § 27 BDG besteht daher auch keine Möglichkeit zum Erlass einer Duldungsanordnung gegenüber Dritten. Schließlich ist auch, wenn § 26 BDG anwendbar ist, nicht stets zunächst nach dieser Vorschrift vorzugehen, bevor der Erlass einer Durchsuchungsanordnung nach § 27 BDG in Betracht kommt. Vielmehr bestehen für beide Möglichkeiten der Beweisgewinnung eigene Entfaltungsräume. So kann unmittelbar nach § 27 BDG verfahren werden, wenn eine Beweisvereitelung durch den nicht herausgabewilligen Beamten zu befürchten steht (GKÖD Bd. II M § 26 Rn. 5; ähnlich Gansen, DiszR, § 26 BDG Rn. 10).
14 
Schließlich war die Durchsuchungsanordnung - entgegen dem Beschwerdevorbringen - auch verhältnismäßig im engeren Sinne, d.h. der Eingriff stand in angemessenem Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass im Disziplinarverfahren einschneidende Zwangsmaßnahmen wie eine Wohnungsdurchsuchung regelmäßig nur in Betracht kommen, wenn die Zurückstufung oder die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erwarten ist; solche Maßnahmen sind demgegenüber dann als unverhältnismäßig einzustufen, wenn das mutmaßliche Dienstvergehen nur einen Verweis oder eine Geldbuße nach sich ziehen würde (BVerfG , Beschl. v. 21.06.2006 - 2 BvR 1780/04 - a.a.O. und Beschl. v. 14.11.2007 - 2 BvR 371/07 - juris; BayVGH, Beschl. v. 07.03.2007 - 16a CD 07.1 - a.a.O.; OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 12.01.2007 - 3 B 11367/06 - a.a.O.; GKÖD Bd. II M § 27 Rn. 26).
15 
Für die Ahndung ungenehmigter Nebentätigkeiten steht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 11.01.2007 - 1 D 16.05 - juris, Rn. 59; Urt. v. 14.11.2001 - 1 D 60.00 - juris, Rn. 28 ff.; Urt. v. 01.06.1999 - 1 D 49.97 - BVerwGE 113, 337, Rn. 55 ff.) wegen der Vielfalt der möglichen Pflichtverstöße grundsätzlich der gesamte disziplinarrechtliche Maßnahmenkatalog zur Verfügung. Es kommt auf die Umstände des Einzelfalles, insbesondere auf Dauer, Häufigkeit und Umfang der Nebentätigkeiten an. Weiterhin muss berücksichtigt werden, ob der Ausübung der Nebentätigkeiten gesetzliche Versagungsgründe entgegenstehen, d.h. die Betätigungen auch materiell rechtswidrig sind und ob sich das Verhalten des Beamten nachteilig auf die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben ausgewirkt hat. Erschwerend wirkt sich aus, wenn ein Beamter ungenehmigte Nebentätigkeiten in Zeiten der Krankschreibung wahrnimmt. Ein Beamter, der in einem besonderen Treueverhältnis zu seinem Dienstherrn steht, ist im Falle krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit gemäß § 54 Satz 1 BBG gehalten, alles ihm Zumutbare zu tun, um eine rasche Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit herbeizuführen. Dazu gehört, dass er seine Kräfte schont und sie nicht vorzeitig, insbesondere zu Erwerbszwecken, einsetzt. Fühlt er sich bereits imstande, Dienstleistungen auch nur in beschränktem Umfang zu erbringen, so handelt er pflichtwidrig, wenn er sie nicht seinem Dienstherrn anbietet, der ihm das Gehalt weiterzahlt und ihm aus Anlass der Krankheit soziale Vorteile gewährt (BVerwG, Urt. v. 01.06.1999 - 1 D 49.97 - BVerwGE 113, 337, Rn. 54 m.w.N.). Bei der Wahrnehmung ungenehmigter Nebentätigkeiten in Zeiten der Krankschreibung ist daher regelmäßig die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis in Betracht zu ziehen (Senatsurteil vom 14.05.2008 - DL 16 S 3/07 -; OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 12.01.2007 - 3 B 11367/06 - a.a.O.); zumindest wird in solchen Fällen eine Zurückstufung angezeigt sein (BVerfG , Beschl. v. 14.11.2007 - 2 BvR 371/07 - a.a.O.).
16 
Daran gemessen würde die ungenehmigte Nebentätigkeit des Antragsgegners vorliegend im Hinblick auf die krankheitsbedingten Fehlzeiten voraussichtlich so schwer wiegen, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, zumindest jedoch eine Zurückstufung in Betracht kommt.
17 
Soweit die Beteiligte hinsichtlich der Durchführung der Durchsuchung rügt, ohne jegliche Berechtigung seien ihre „persönlichen Sachen“ durchsucht worden, betrifft dies nicht die Rechtmäßigkeit der ihr gegenüber zu Recht ergangenen Duldungsanordnung (vgl. zum Erfordernis einer solchen Anordnung GKÖD Bd. II M § 27 Rn. 15, 52; Gansen, DiszR, § 27 Rn. 9g), sondern die Art und Weise des Vollzugs der Anordnung. Zwar kann auch insoweit um Rechtsschutz nachgesucht werden (GKÖD Bd. II M § 27 Rn. 54 m.w.N.), doch ist die Art und Weise des Vollzugs nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens. Die Beteiligte hat keinen entsprechenden Antrag gestellt, sondern lediglich die Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses beantragt. Zudem bleibt der Vorwurf völlig unsubstantiiert und bietet auch deshalb keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen. Es fehlt an einer konkreten Darlegung, dass etwa entgegen der verwaltungsgerichtlichen Anordnung im Alleingewahrsam der Beteiligten stehende Gegenstände durchsucht worden seien.
18 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 3 BDG i.V.m. §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.
19 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Das Gericht kann auf Antrag durch Beschluss Beschlagnahmen und Durchsuchungen anordnen; § 25 Abs. 3 gilt entsprechend. Die Anordnung darf nur getroffen werden, wenn der Beamte des ihm zur Last gelegten Dienstvergehens dringend verdächtig ist und die Maßnahme zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis steht. Die Bestimmungen der Strafprozessordnung über Beschlagnahmen und Durchsuchungen gelten entsprechend, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Die Maßnahmen nach Absatz 1 dürfen nur durch die nach der Strafprozessordnung dazu berufenen Behörden durchgeführt werden.

(3) Durch Absatz 1 wird das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 des Grundgesetzes) eingeschränkt.

(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergeben.

Der Beamte hat Schriftstücke, Zeichnungen, bildliche Darstellungen und Aufzeichnungen einschließlich technischer Aufzeichnungen, die einen dienstlichen Bezug aufweisen, auf Verlangen für das Disziplinarverfahren zur Verfügung zu stellen. Das Gericht kann die Herausgabe auf Antrag durch Beschluss anordnen und sie durch die Festsetzung von Zwangsgeld erzwingen; für den Antrag gilt § 25 Abs. 3 entsprechend. Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergeben.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben das ihnen übertragene Amt uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordert.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können von der obersten Dienstbehörde eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, das Bundesministerium der Finanzen sowie das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz werden ermächtigt, jeweils für ihren Geschäftsbereich die Einzelheiten zu den Sätzen 2 bis 4 durch Rechtsverordnung zu regeln. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(3) Beamtinnen und Beamte sind verpflichtet, an Maßnahmen der dienstlichen Qualifizierung zur Erhaltung oder Fortentwicklung ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten teilzunehmen.

(1) Das Gericht kann auf Antrag durch Beschluss Beschlagnahmen und Durchsuchungen anordnen; § 25 Abs. 3 gilt entsprechend. Die Anordnung darf nur getroffen werden, wenn der Beamte des ihm zur Last gelegten Dienstvergehens dringend verdächtig ist und die Maßnahme zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis steht. Die Bestimmungen der Strafprozessordnung über Beschlagnahmen und Durchsuchungen gelten entsprechend, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Die Maßnahmen nach Absatz 1 dürfen nur durch die nach der Strafprozessordnung dazu berufenen Behörden durchgeführt werden.

(3) Durch Absatz 1 wird das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 des Grundgesetzes) eingeschränkt.

Tenor

Die Beschwerden des Antragsgegners und der Beteiligten gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 11. Dezember 2008 - DB 10 K 2464/08 - werden zurückgewiesen.

Der Antragsgegner und die Beteiligte tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens jeweils zur Hälfte.

Gründe

 
Die statthaften, form- und fristgerecht eingelegten (§ 67 Abs. 1 BDG i.V.m. §§ 146 Abs. 1, 147 Abs. 1 VwGO) Beschwerden des Antragsgegners und der Beteiligten gegen die mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 11.12.2008 erlassene Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung bleiben ohne Erfolg.
Der Zulässigkeit der Beschwerden steht nicht die am 18.12.2008 erfolgte Vollziehung der Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung entgegen. Angesichts der Schwere des mit einer derartigen Durchsuchung regelmäßig verbundenen Eingriffs in die verfassungsrechtlich geschützte Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) steht dem Antragsgegner und der Beteiligten ein Recht auf obergerichtliche Überprüfung zu. Diese hat auch nach Vollziehung der erstinstanzlichen Entscheidung im Rahmen der gemäß § 67 Abs. 1 BDG i.V.m. § 146 Abs. 1 VwGO statthaften Beschwerden zu erfolgen (vgl. GKÖD Bd. II M § 27 Rn. 54; OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 12.01.2007 - 3 B 11367/06 - NVwZ-RR 2007, 318 m.w.N.; BayVGH, Beschl. v. 08.08.2005 - 16a CD 05.1692 - juris; grundlegend: BVerfGE 96, 27).
Der angefochtene Beschluss ist in formeller und materieller Hinsicht rechtmäßig und verletzt weder den Antragsgegner noch die Beteiligte in ihren Rechten.
Entgegen deren Auffassung haben die Beschwerden nicht bereits deshalb Erfolg, weil das Verwaltungsgericht durch den Berichterstatter über den Antrag auf Erlass einer Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung entschieden hat. Hierin liegt kein Verstoß gegen § 46 Abs. 1 BDG. Zwar entscheidet die Kammer außerhalb der mündlichen Verhandlung gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 BDG grundsätzlich in der Besetzung von drei Richtern durch Beschluss. Für die Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter gilt § 6 VwGO46 Abs. 2 Satz 1 BDG). § 46 Abs. 4 BDG ermächtigt aber den Landesgesetzgeber, die Besetzung der Disziplinarkammer abweichend zu regeln. Von dieser Möglichkeit hat der baden-württembergische Landesgesetzgeber Gebrauch gemacht. Nach § 7 Abs. 2 Satz 3 AGVwGO i.d.F. des Gesetzes zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts vom 14.10.2008 (GBl. S. 343) entscheidet bei sonstigen Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung - abgesehen von Entscheidungen über Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz oder auf Prozesskostenhilfe, die nach § 7 Abs. 2 Satz 4 AGVwGO der Disziplinarkammer vorbehalten sind - der Vorsitzende; ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden. Gemäß § 46 Abs. 4 Satz 2 BDG gilt diese für Verfahren nach dem Landesdisziplinargesetz getroffene Regelung über die Besetzung des Spruchkörpers mangels anderweitiger Bestimmung auch für Verfahren nach dem Bundesdisziplinargesetz, und zwar auch für Entscheidungen nach § 27 BDG (so ausdrücklich Gansen, DiszR, § 27 Rn. 6a). Danach war hier der Berichterstatter gesetzlicher Richter; einer Übertragung auf den Einzelrichter bedurfte es entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht.
Die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung des Verwaltungsgerichts leidet auch im Übrigen an keinem Verfahrensfehler. Das Verwaltungsgericht hat insbesondere den Zweck der Durchsuchung genau genug definiert, die zu durchsuchenden Räumlichkeiten hinreichend genau bezeichnet und die der Antragstellerin eingeräumten Befugnisse zeitlich begrenzt.
Der angefochtene Beschluss erweist sich auch in der Sache als rechtmäßig. Das Verwaltungsgericht durfte gemäß § 27 Abs. 1 BDG die Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume des Antragsgegners und der Beteiligten sowie die Beschlagnahme der dort aufgefundenen Beweismittel anordnen. Angesichts des mit einer Durchsuchungsanordnung regelmäßig verbundenen Grundrechtseingriffs (Art. 13 Abs. 1 GG) darf die Anordnung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BDG zwar nur dann getroffen werden, wenn der Beamte des ihm zur Last gelegten Dienstvergehens dringend verdächtig ist und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt wurde (vgl. BVerfG , Beschl. v. 21.06.2006 - 2 BvR 1780/04 - NVwZ 2006, 1282). Hier ist indes der erforderliche Verdacht für das Vorliegen eines vom Antragsgegner begangenen schwerwiegenden Dienstvergehens ebenso gegeben wie die Wahrung der Verhältnismäßigkeit von Mittel und Zweck.
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung auf die Annahme gestützt, der Beamte sei der Begehung eines schwerwiegenden Dienstvergehens dringend verdächtig. Dringender Tatverdacht im vorgenannten Sinne ist dann anzunehmen, wenn nicht nur ein auf vage Anhaltspunkte oder bloße Vermutungen, sondern ein auf Tatsachen gestützter, hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafür gegeben ist, dass der Beamte das ihm zur Last gelegte Dienstvergehen begangen hat. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Beamte die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtwidrigkeiten verübt hat und keine konkreten Umstände gegen die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens sowie gegen seine Schuld sprechen (BayVGH, Beschl. v. 07.03.2007 - 16a CD 07.1 - juris; OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 12.01.2007 - 3 B 11367/06 - a.a.O.; GKÖD Bd. II M § 27 Rn. 22 m.w.N.). Für die Klärung der Frage, ob diese Rechtmäßigkeitsvoraussetzung gegeben ist, hat der Senat auf eine ex-ante-Betrachtung abzustellen; maßgeblich ist der Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses (OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 12.01.2007 - 3 B 11367/06 - a.a.O.).
Daran gemessen bestand vorliegend in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Durchsuchungsanordnung ein dringender Verdacht dahingehend, dass der Antragsgegner in erheblichem Umfang eine nicht genehmigte Nebentätigkeit in dem von der Beteiligten geführten Geschäft in ... ausübte, während er sich bei seinem Dienstherrn krank gemeldet hatte. Der dringende Verdacht ergab sich insbesondere aus den bei der Observierung des Ladengeschäfts in der ... in ... gewonnenen Erkenntnissen und aus zwei dort getätigten Scheineinkäufen, bei denen der ausweislich der amtsärztlichen gutachterlichen Stellungnahme vom 22.04.2008 uneingeschränkt zolldienstfähige Antragsgegner als Verkäufer auftrat. Ausweislich des Aktenvermerks vom 11.07.2008 (Bl. 13 der Begleitakte) war der Antragsgegner an diesem Tag in dem Geschäft anwesend und führte „sehr fundiert und sachkundig das Beratungs- und Verkaufsgespräch“. Weitere Personen waren in den Geschäftsräumen nicht zu erkennen. Am 14.08. und am 22.08.2008 wurde der Antragsgegner ebenfalls in dem Ladengeschäft beobachtet (Bl. 15 und 19 der Begleitakte). Am 24.09.2008 wurde der Antragsgegner in den neuen Räumlichkeiten des Ladenlokals in der ... angetroffen. Im Rahmen eines Fachgesprächs über E-Gitarren äußerte der Antragsgegner ausweislich des Aktenvermerks vom 29.09.2008 (Bl. 22 f. der Begleitakte), dass es doch eine schöne Abwechselung von seiner Lohnbuchhaltungstätigkeit, die er gerade im Hinterraum für das Unternehmen ausführe, sei, wenn jemand mal ein Instrument vernünftig spielen könne und er im Ladenlokal dabei zuhören könne. Weiter teilte er mit, dass er insgesamt 14 Jahre beim Bund gewesen sei und „auf den ganzen Scheiß keinen Bock mehr habe“; da er zudem auf dem Land in Baden-Württemberg gewesen sei, habe es ihn zurück in seine Heimatstadt ... gezogen. Schließlich gab der Antragsgegner noch an, er sei Vertragshändler für den Musikinstrumentenhersteller ... und stehe mit weiteren Musikinstrumentenherstellern in Vertragsverhandlungen.
Nachdem der Antragsgegner über einen längeren Zeitraum wiederholt als Verkäufer in dem Ladengeschäft angetroffen wurde und selbst Angaben zu seiner Tätigkeit (Lohnbuchhaltung, Vertragsverhandlungen etc.) gemacht hatte, hat das Verwaltungsgericht den dringenden Tatverdacht hinsichtlich einer Tätigkeit des Antragsgegners, die den Rahmen einer in der Beschwerdebegründung in den Raum gestellten „Mithilfe des Ehegatten im Rahmen familienrechtlicher Verpflichtungen“ bei weitem sprengt, zu Recht bejaht. Dass die Beteiligte allein das Ladengeschäft führt, ohne dass der Antragsgegner dort in nennenswertem Umfang tätig ist, war nach Aktenlage weitgehend auszuschließen. Weitere Ermittlungen hierzu waren nicht veranlasst. Insbesondere hätte eine noch vor der Durchsuchungsanordnung hierzu eingeholte Stellungnahme des Antragsgegners den Ermittlungszweck gefährdet.
10 
Der Antragsgegner war nach alledem aufgrund der getroffenen Feststellungen dringend verdächtig, dadurch ein Dienstvergehen i.S.d. § 77 BBG begangen zu haben, dass er im auf den Namen der Beteiligten angemeldeten Gewerbebetrieb... eine Nebentätigkeit (Erledigung der Lohnbuchhaltung, Tätigkeit im Verkauf, Führen von Vertragsverhandlungen mit Herstellern) ausübte, ohne im Besitz einer hierfür erforderlichen Genehmigung gemäß § 65 BBG zu sein und obwohl er sich bei seinem Dienstherrn krank gemeldet hatte. Dies stellt einen Verstoß gegen die Pflichten zur Dienstleistung (§ 73 BBG), zur vollen Hingabe an den Beruf (§ 54 Satz 1 BBG) und zur Einholung einer Genehmigung vor Ausübung einer Nebentätigkeit (§ 65 BBG) dar.
11 
Der Senat hat auch keine Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Durchsuchungsanordnung.
12 
Die Maßnahme war geeignet, den Nachweis einer ungenehmigten Nebentätigkeit zu führen. Die in der Durchsuchungsanordnung angeführten Unterlagen wie Warenbestellungen, Verträge mit Lieferanten, Verträge mit Online-Händlern, Subunternehmen und weiteren Kunden, Lohnbuchhaltung etc. können dazu dienen, geschäftliche Tätigkeiten des Antragsgegners zu bestimmten Zeiten zu belegen.
13 
Da mildere Maßnahmen wie die Einholung von weiteren Auskünften oder eine Observation bereits durchgeführt oder nicht erfolgversprechend waren, war die angeordnete Durchsuchung auch erforderlich. Das Herausgabeverlangen nach § 26 BDG kommt vorliegend als milderes Mittel nicht in Betracht. Es bezieht sich nur auf Unterlagen, die einen dienstlichen Bezug aufweisen. Dies umfasst zwar nicht nur amtliche Schriftstücke, sondern auch etwa Privatbriefe oder Tagebucheintragungen, wenn sie inhaltlich dienstlichen Bezug aufweisen (vgl. GKÖD Bd. II M § 26 Rn. 27 f.; Gansen, DiszR, § 26 BDG Rn. 4). Vorliegend geht es indes um Unterlagen, die sich auf eine außerdienstliche Tätigkeit des Antragsgegners beziehen und gerade keinen dienstlichen Bezug aufweisen. Herausgabeverpflichtet ist zudem nur der Beamte selbst, nicht aber Dritte (vgl. GKÖD Bd. II M § 26 Rn. 17, 20). Anders als im Rahmen des § 27 BDG besteht daher auch keine Möglichkeit zum Erlass einer Duldungsanordnung gegenüber Dritten. Schließlich ist auch, wenn § 26 BDG anwendbar ist, nicht stets zunächst nach dieser Vorschrift vorzugehen, bevor der Erlass einer Durchsuchungsanordnung nach § 27 BDG in Betracht kommt. Vielmehr bestehen für beide Möglichkeiten der Beweisgewinnung eigene Entfaltungsräume. So kann unmittelbar nach § 27 BDG verfahren werden, wenn eine Beweisvereitelung durch den nicht herausgabewilligen Beamten zu befürchten steht (GKÖD Bd. II M § 26 Rn. 5; ähnlich Gansen, DiszR, § 26 BDG Rn. 10).
14 
Schließlich war die Durchsuchungsanordnung - entgegen dem Beschwerdevorbringen - auch verhältnismäßig im engeren Sinne, d.h. der Eingriff stand in angemessenem Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass im Disziplinarverfahren einschneidende Zwangsmaßnahmen wie eine Wohnungsdurchsuchung regelmäßig nur in Betracht kommen, wenn die Zurückstufung oder die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erwarten ist; solche Maßnahmen sind demgegenüber dann als unverhältnismäßig einzustufen, wenn das mutmaßliche Dienstvergehen nur einen Verweis oder eine Geldbuße nach sich ziehen würde (BVerfG , Beschl. v. 21.06.2006 - 2 BvR 1780/04 - a.a.O. und Beschl. v. 14.11.2007 - 2 BvR 371/07 - juris; BayVGH, Beschl. v. 07.03.2007 - 16a CD 07.1 - a.a.O.; OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 12.01.2007 - 3 B 11367/06 - a.a.O.; GKÖD Bd. II M § 27 Rn. 26).
15 
Für die Ahndung ungenehmigter Nebentätigkeiten steht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 11.01.2007 - 1 D 16.05 - juris, Rn. 59; Urt. v. 14.11.2001 - 1 D 60.00 - juris, Rn. 28 ff.; Urt. v. 01.06.1999 - 1 D 49.97 - BVerwGE 113, 337, Rn. 55 ff.) wegen der Vielfalt der möglichen Pflichtverstöße grundsätzlich der gesamte disziplinarrechtliche Maßnahmenkatalog zur Verfügung. Es kommt auf die Umstände des Einzelfalles, insbesondere auf Dauer, Häufigkeit und Umfang der Nebentätigkeiten an. Weiterhin muss berücksichtigt werden, ob der Ausübung der Nebentätigkeiten gesetzliche Versagungsgründe entgegenstehen, d.h. die Betätigungen auch materiell rechtswidrig sind und ob sich das Verhalten des Beamten nachteilig auf die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben ausgewirkt hat. Erschwerend wirkt sich aus, wenn ein Beamter ungenehmigte Nebentätigkeiten in Zeiten der Krankschreibung wahrnimmt. Ein Beamter, der in einem besonderen Treueverhältnis zu seinem Dienstherrn steht, ist im Falle krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit gemäß § 54 Satz 1 BBG gehalten, alles ihm Zumutbare zu tun, um eine rasche Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit herbeizuführen. Dazu gehört, dass er seine Kräfte schont und sie nicht vorzeitig, insbesondere zu Erwerbszwecken, einsetzt. Fühlt er sich bereits imstande, Dienstleistungen auch nur in beschränktem Umfang zu erbringen, so handelt er pflichtwidrig, wenn er sie nicht seinem Dienstherrn anbietet, der ihm das Gehalt weiterzahlt und ihm aus Anlass der Krankheit soziale Vorteile gewährt (BVerwG, Urt. v. 01.06.1999 - 1 D 49.97 - BVerwGE 113, 337, Rn. 54 m.w.N.). Bei der Wahrnehmung ungenehmigter Nebentätigkeiten in Zeiten der Krankschreibung ist daher regelmäßig die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis in Betracht zu ziehen (Senatsurteil vom 14.05.2008 - DL 16 S 3/07 -; OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 12.01.2007 - 3 B 11367/06 - a.a.O.); zumindest wird in solchen Fällen eine Zurückstufung angezeigt sein (BVerfG , Beschl. v. 14.11.2007 - 2 BvR 371/07 - a.a.O.).
16 
Daran gemessen würde die ungenehmigte Nebentätigkeit des Antragsgegners vorliegend im Hinblick auf die krankheitsbedingten Fehlzeiten voraussichtlich so schwer wiegen, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, zumindest jedoch eine Zurückstufung in Betracht kommt.
17 
Soweit die Beteiligte hinsichtlich der Durchführung der Durchsuchung rügt, ohne jegliche Berechtigung seien ihre „persönlichen Sachen“ durchsucht worden, betrifft dies nicht die Rechtmäßigkeit der ihr gegenüber zu Recht ergangenen Duldungsanordnung (vgl. zum Erfordernis einer solchen Anordnung GKÖD Bd. II M § 27 Rn. 15, 52; Gansen, DiszR, § 27 Rn. 9g), sondern die Art und Weise des Vollzugs der Anordnung. Zwar kann auch insoweit um Rechtsschutz nachgesucht werden (GKÖD Bd. II M § 27 Rn. 54 m.w.N.), doch ist die Art und Weise des Vollzugs nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens. Die Beteiligte hat keinen entsprechenden Antrag gestellt, sondern lediglich die Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses beantragt. Zudem bleibt der Vorwurf völlig unsubstantiiert und bietet auch deshalb keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen. Es fehlt an einer konkreten Darlegung, dass etwa entgegen der verwaltungsgerichtlichen Anordnung im Alleingewahrsam der Beteiligten stehende Gegenstände durchsucht worden seien.
18 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 3 BDG i.V.m. §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.
19 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tatbestand

Das Truppendienstgericht hatte festgestellt, dass der frühere Soldat vor seinem Dienstzeitende in einen Landesvorstand der NPD gewählt worden war und für diese weitere herausgehobene Funktionen wahrgenommen hatte. Diese Funktionen habe er bis zum Dienstzeitende inne gehabt. Die NPD sei im gesamten von den Vorwürfen erfassten Zeitraum von einer verfassungsfeindlichen Zielrichtung getragen. Damit habe er eine verfassungsfeindliche Partei aktiv unterstützt und gefördert und so seine Dienstpflicht aus § 8 SG verletzt. Dabei habe er die Verfassungsfeindlichkeit der NPD erkennen können und müssen und damit fahrlässig gehandelt. Nach seinem Dienstzeitende habe er seine Funktionärstätigkeit fortgesetzt und ausgeweitet. Dadurch habe er die NPD und ihre verfassungsfeindlichen Ziele aktiv gefördert und unterstützt und sich damit im Sinne von § 23 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 SG objektiv gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung betätigt. Dies sei anfangs fahrlässig, später aber bedingt vorsätzlich geschehen. Die Truppendienstkammer hat daher wegen eines Dienstvergehens und eines als Dienstvergehen geltenden Verhaltens eine Dienstgradherabsetzung verhängt.

Die auf die Maßnahmebemessung beschränkte Berufung der Wehrdisziplinaranwaltschaft hatte Erfolg.

Entscheidungsgründe

(...)

34

2. a) Von der Beschränkung der Berufung unberührt bleiben die Prüfung der Prozessvoraussetzungen und möglicher Verfahrenshindernisse (Dau, WDO, 5. Auflage 2009, § 116 Rn. 20). Ein Verfahrenshindernis liegt hier nicht in der den Anforderungen des Art. 6 EMRK nicht mehr genügenden Länge des Verfahrens:

35

aa) Das Wehrdisziplinarverfahren steht nicht außerhalb des Anwendungsbereiches von Art. 6 Abs. 1 EMRK (so bereits EGMR, Urteil vom 8. Juni 1976 - Engel u.a. - EuGRZ 1976, 221 <232>). Die EMRK gilt in der deutschen Rechtsordnung im Range eines Bundesgesetzes und ist bei der Interpretation des nationalen Rechts - auch der Grundrechte und rechtsstaatlichen Garantien - zu berücksichtigen (BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2004 - 2 BVR 1481/04 - BVerfGE 111, 307 <315 f.> und juris Rn. 30). Selbst wenn ein auf die Verhängung der Höchstmaßnahme gerichtetes Disziplinarverfahren keine Entscheidung über eine strafrechtliche Anklage darstellt, gilt dort Art. 6 EMRK jedenfalls unter seinem zivilrechtlichen Aspekt und gibt Betroffenen einen Anspruch darauf, dass über die Streitigkeit innerhalb angemessener Frist verhandelt wird (EGMR, Urteil vom 16. Juli 2009 - 8453/04 (Bayer/Deutschland) - NVwZ 2010, 1015 <1016>).

36

bb) Ob die Dauer eines konkreten Verfahrens noch angemessen ist, ist unter Berücksichtigung der Umstände des Falls und folgender Kriterien zu beurteilen: die Schwierigkeit des Falls, das Verhalten des Betroffenen und das der zuständigen Behörden und Gerichte sowie die Bedeutung des Rechtsstreits für den Betroffenen (EGMR, Urteil vom 16. Juli 2009 - 8453/04 - NVwZ 2010, 1015 <1017> m.w.N.).

37

Hiernach rechtfertigen weder die hohe Komplexität der Vorfrage nach der Verfassungsfeindlichkeit der NPD noch die Vorgreiflichkeit des teilweise sachgleichen Strafverfahrens die Gesamtdauer des vorliegenden Verfahrens. Schon das Strafverfahren ist nicht mit der gebotenen Beschleunigung bearbeitet worden. Die Anfang August 2003 beim Amtsgericht ... eingegangene Anklageschrift konnte dort erst Ende Mai 2005 in Bearbeitung genommen werden. Über die Berufung gegen das erstinstanzliche Strafurteil vom Juli 2005 konnte wegen der hohen Belastung der zuständigen Kammer erst im März 2007 verhandelt und entschieden werden. Auch im gerichtlichen Disziplinarverfahren ist es zu nicht mehr durch einen normalen Geschäftsablauf veranlassten Verzögerungen gekommen. Obwohl seit Ende Mai 2007 bekannt war, dass mit dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens der Grund für die Aussetzung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens entfallen war, ist erst Mitte März 2009 eine Anschuldigungsschrift beim Truppendienstgericht eingereicht worden. Diese Verzögerung ist nicht in voller Länge durch die Komplexität der aufgeworfenen Rechtsfrage, den notwendigen Umfang der Anschuldigungsschrift und die Notwendigkeit der Gewährung von Schlussgehör gerechtfertigt. Nicht durch den früheren Soldaten zu verantworten waren auch die Verzögerungen, die sich durch die durch Versäumnisse der Wehrdisziplinaranwaltschaft im Ermittlungsverfahren und bei der Formulierung der Anschuldigungsschrift veranlasste Aussetzung des Verfahrens durch das Truppendienstgericht im Mai 2009 ergaben. In der Zeit zwischen dem Eingang der Nachtragsanschuldigungsschrift vom 24. Juli 2009 und der Verzögerungsrüge des früheren Soldaten Ende Januar 2011 ist das Verfahren beim Truppendienstgericht nicht erkennbar gefördert worden. Auch die Dauer des Berufungsverfahrens war wesentlich nicht durch den früheren Soldaten zu verantworten, vielmehr der Belastung des Senats mit noch älteren Verfahren geschuldet.

38

cc) Dass die Anforderungen des Art. 6 Abs. 1 EMRK vorliegend nicht gewahrt wurden, verlangt aber keine Einstellung des Verfahrens.

39

Eine Einstellung entsprechend § 108 Abs. 3 Satz 2 WDO kann geboten sein, wenn wegen eines Dienstvergehens eine pflichtenmahnende Disziplinarmaßnahme im Raum steht. Denn bei solchen Maßnahmen bildet eine unangemessen lange Verfahrensdauer einen Milderungsgrund (vgl. Urteile vom 17. Juni 2003 - BVerwG 2 WD 2.02 - NZWehrr 2004, 83 ff. und juris Rn. 18; vom 26. September 2006 - BVerwG 2 WD 2.06 - BVerwGE 127, 1 <32>; vom 13. März 2008 - BVerwG 2 WD 6.07 - juris Rn. 116; vom 22. Oktober 2008 - BVerwG 2 WD 1.08 - juris Rn. 122 und vom 4. Mai 2011 - BVerwG 2 WD 2.10 - Buchholz 450.2 § 58 WDO 2002 Nr. 5 Rn. 47, vgl. auch Beschluss vom 11. Mai 2010 - BVerwG 2 B 5.10 - juris Rn. 3 für das Disziplinarrecht der Beamten m.w.N.).

40

In extrem gelagerten Fällen kann wegen eines von Verfassungs wegen anzunehmenden Verfahrenshindernisses eine Einstellung in Betracht kommen, wenn unter Berücksichtigung des bisherigen und des noch zu erwartenden Verfahrensverlaufs, des noch im Raum stehenden Vorwurfs und gegebenenfalls besonderer persönlicher Umstände des Beschuldigten dessen weitere Belastung mit dem Verfahren selbst unter der Voraussetzung, dass sich die Tatvorwürfe später bestätigen, nicht mehr verhältnismäßig wäre (BVerfG, Beschluss vom 4. September 2009 - 2 BvR 1089/09 - juris Rn. 6 für das Strafverfahren). Eine Verfahrenseinstellung kommt jedenfalls bei einem außergewöhnlich großen Ausmaß an Verfahrensverzögerung und damit verbundenen besonders schweren Belastungen des Beschuldigten in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 2009 - StbSt (R) 2/09 - NJW 2010, 1155 <1156> = juris Rn. 15 für das berufsrechtliche Verfahren gegen Steuerberater).

41

Anders ist dies aber, wenn - wie hier - die Verhängung der Höchstmaßnahme geboten ist. Diese hat keinen pflichtenmahnenden Charakter. Sie zieht vielmehr die Konsequenz aus dem Verlust des Vertrauens des Dienstherrn in die Integrität und Zuverlässigkeit des Soldaten und dem Entfallen der Grundlage für die Fortsetzung des gegenseitigen Dienst- und Treueverhältnisses. Der Zweck der Verhängung der Höchstmaßnahme kann nicht durch eine besonders intensiv wirkende Belastung durch das Verfahren als solches erreicht werden. Ihre Verhängung kann daher auch nicht neben der pflichtenmahnenden Wirkung des Verfahrens unverhältnismäßig sein. Hinzu kommt noch, dass hier weder die Überschreitung der im Lichte des Art. 6 Abs. 1 EMRK angemessenen Verfahrensdauer extrem hoch ist noch damit besonders schwere Belastungen für den früheren Soldaten, der bis Ende September 2006 Übergangsgebührnisse bezogen und das Ende seiner Dienstzeit ohnehin erreicht hatte, verbunden sind.

42

b) Verfahrensmängel werden bei einer beschränkten Berufung zwar regelmäßig gegenstandslos, soweit sie nicht das gesamte disziplinargerichtliche Verfahren oder den gerichtlichen Verfahrensabschnitt unzulässig machen (so Urteil vom 4. Mai 1988 - BVerwG 2 WD 64.87 - S. 10 des Urteilsabdrucks). Beachtlich sind allerdings Aufklärungs- und Verfahrensmängel von solcher Schwere, dass sie die Grundlage der vom Senat zu treffenden Entscheidung über die Maßnahmebemessung - die tatsächlichen und disziplinarrechtlichen Feststellungen zur Schuld des früheren Soldaten - erschüttern (vgl. Beschlüsse vom 19. August 2009 - BVerwG 2 WD 31.08 - Buchholz 450.2 § 121 WDO 2002 Nr. 1 = juris Rn. 12, 17 - und vom 24. März 2010 - BVerwG 2 WD 10.09 - juris Rn. 12, 15, 17). Ein derartiger Verfahrensmangel liegt nicht in der Besetzung der Richterbank in der Vorinstanz:

43

Da einem Soldaten nach der Wehrdisziplinarordnung das Recht zusteht, dass seine Sache in zwei ordnungsgemäß besetzten Instanzen verhandelt und entschieden wird, würde die Verletzung des § 75 Abs. 3 Satz 3 WDO zwar einen schweren Verfahrensmangel darstellen (stRspr, vgl. u.a. Beschlüsse vom 24. September 1991 - BVerwG 2 WD 17.91 - BVerwGE 93, 161 f. zur Vorgängerregelung § 69 Abs. 3 Satz 3 WDO a.F. - und vom 11. Mai 2006 - BVerwG 2 WD 25.05 - Buchholz 11 Art. 101 GG Nr. 22 Rn. 13). Das Truppendienstgericht hat aber zu Recht keinen Reservisten als ehrenamtlichen Richter herangezogen.

44

Nach § 75 Abs. 3 Satz 3 WDO soll in Verfahren vor der Truppendienstkammer gegen frühere Soldaten wegen eines Verhaltens, das als Dienstvergehen gilt, ein ehrenamtlicher Richter Angehöriger der Reserve sein; er muss der Dienstgradgruppe des früheren Soldaten angehören. Diese Norm ist trotz der im Gesetzeswortlaut gewählten Formulierung ("soll") nicht als bloße Ordnungsvorschrift zu verstehen, deren Verletzung grundsätzlich ohne Folgen für den Bestand der Entscheidung bliebe (Beschluss vom 11. Mai 2006 a.a.O. - juris Rn. 7). § 75 Abs. 3 Satz 3 WDO stellt für die Bestimmung der Zugehörigkeit eines angeschuldigten früheren Soldaten zur Gruppe der Angehörigen der Reserve und damit auch derjenigen des betreffenden ehrenamtlichen Richters auf den Tatzeitpunkt ab (Beschluss vom 11. Mai 2006 a.a.O. - juris Rn. 8). Die Norm kommt nicht nur zur Anwendung, wenn sich die Truppendienstkammer in der Hauptverhandlung ausschließlich mit einem Verhalten des früheren Soldaten auseinandersetzen muss, "das als Dienstvergehen gilt". Vielmehr ist bei einer Anschuldigungsschrift, in der sowohl Dienstpflichtverletzungen während des Wehrdienstverhältnisses als auch Verstöße gegen über das Dienstverhältnis hinauswirkende Pflichten zur Last gelegt werden, darauf abzustellen, worin der Schwerpunkt der Tatvorwürfe zu sehen ist (Beschluss vom 11. Mai 2006 - a.a.O. - juris Rn. 10; so auch Lingens, in: NZWehrr 1988, 59 <61>).

45

Hiernach hat die Truppendienstkammer für die Entscheidung über die Besetzungsrüge zutreffend darauf abgestellt, dass nach der Anschuldigungsschrift die größere Zahl der vorgeworfenen einzelnen Dienstpflichtverletzungen in die aktive Dienstzeit des früheren Soldaten fiel. Eine andere Bestimmung des Schwerpunktes ist im konkreten Fall weder wegen der Art der einzelnen vorgeworfenen Pflichtverletzungen noch der in der Anschuldigungsschrift bzw. den Nachtragsanschuldigungsschriften jeweils erhobenen Verschuldensvorwürfe geboten. Den Gegenstand des gerichtlichen Disziplinarverfahrens bildet die Anschuldigungsschrift. Von ihr ausgehend ist daher auch die Frage nach der Besetzung der Richterbank des Truppendienstgerichts zu entscheiden.

In der Berufungsinstanz gilt nur deswegen für die Anwendung von § 75 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 80 Abs. 3 Satz 2 WDO etwas anderes, weil es sich um eine maßnahmebeschränkte Berufung handelt. Ist die Berufung auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme beschränkt, hat der Senat gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO in Verbindung mit § 327 StPO die Tat- und Schuldfeststellungen sowie die disziplinarrechtliche Würdigung des Truppendienstgerichts seiner Entscheidung zugrunde zu legen und auf dieser Grundlage über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden. Damit ist Verfahrensgegenstand nur noch die Bemessung der Maßnahme für die durch die Vorinstanz festgestellten und das einheitliche Dienstvergehen bildenden Dienstpflichtverletzungen. Hiernach bildet vorliegend sowohl im Hinblick auf das schwerer wiegende Maß der Schuld für einen Teilzeitraum als auch wegen des insgesamt längeren Zeitraumes der Dienstpflichtverletzung das Verhalten den Schwerpunkt des Verfahrens, das von § 23 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 SG erfasst wird.

46

3. Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist von der von Verfassungs wegen allein zulässigen Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts auszugehen. Diese besteht ausschließlich darin, dazu beizutragen, einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb wiederherzustellen und/oder aufrechtzuerhalten ("Wiederherstellung und Sicherung der Integrität, des Ansehens und der Disziplin in der Bundeswehr", vgl. dazu Urteil vom 11. Juni 2008 - BVerwG 2 WD 11.07 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 26 m.w.N.). Bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme sind nach § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des früheren Soldaten zu berücksichtigen. Dem früheren Soldaten ist hiernach wegen eines Dienstvergehens und eines als Dienstvergehen geltenden Verhaltens das Ruhegehalt abzuerkennen (§ 58 Abs. 2 Nr. 4, § 67 Abs. 4 WDO). Da ihm die Übergangsbeihilfe noch nicht ausgezahlt wurde und er damit als Soldat im Ruhestand gilt (§ 1 Abs. 3 WDO i.V.m. § 3 Abs. 4 Nr. 3 SVG), wird der Rahmen der zulässigen Maßnahmen durch § 58 Abs. 2 WDO bestimmt.

47

a) Eigenart und Schwere des Dienstvergehens bestimmen sich nach dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen, d.h. nach der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten. Danach wiegt das Dienstvergehen sehr schwer.

48

aa) Dies gilt zunächst für die Verletzung des § 8 SG.

49

Wer als Staatsdiener in einem besonderen Treueverhältnis zu diesem Staat steht und geschworen hat, Recht und Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen, zerstört die für eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses unabdingbare Vertrauensgrundlage, wenn er vorsätzlich Bestrebungen unterstützt, die mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland nicht zu vereinbaren sind (Urteil vom 20. Mai 1983 - BVerwG 2 WD 11.82 - BVerwGE 83, 136 <154>). Die Bundeswehr als Organ der Exekutive der Bundesrepublik Deutschland kann erwarten und muss davon ausgehen, dass sich die Soldaten zu den rechtsstaatlichen Anforderungen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes, insbesondere zu den Grundrechten, bekennen und für ihre Verwirklichung einsetzen (Urteile vom 22. Januar 1997 - BVerwG 2 WD 24.96 - BVerwGE 113, 58 = Buchholz 236.1 § 7 SG Nr. 12 = NZWehrr 1997, 161 und vom 20. Oktober 1999 - BVerwG 2 WD 9.99 - BVerwGE 111, 25 <27> = Buchholz 236.1 § 7 SG Nr. 32). Die politische Treuepflicht fordert von jedem Angehörigen des öffentlichen Dienstes, dass er nicht nur die Grundordnung des Staates anerkennt, sondern auch die Bereitschaft zeigt, sich zu der Idee des Staates, dem er dient, zu bekennen und aktiv für ihn einzutreten. Da diese Pflicht zu den absolut elementaren soldatischen Pflichten gehört, ist ihre Verletzung eine der schwersten denkbaren Pflichtwidrigkeiten (Urteil vom 7. November 2000 - BVerwG 2 WD 18.00 - Buchholz 236.1 § 7 SG Nr. 40 = juris Rn. 4 und 8 m.w.N.).

50

Dies gilt vor allem für Soldaten in Vorgesetzteneigenschaft, die in Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel zu geben haben (§ 10 Abs. 1 SG), also auch für den früheren Soldaten, der aufgrund seines Dienstgrades als Oberfeldwebel in einem Vorgesetztenverhältnis stand (§ 1 Abs. 3 Sätze 1 und 2 SG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr.2, Abs. 3 VorgV). Soldaten in Vorgesetztenstellung obliegt eine höhere Verantwortung für die Wahrung dienstlicher Interessen. Wegen seiner herausgehobenen Stellung ist ein Vorgesetzter in besonderem Maße für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Dienstpflichten verantwortlich und unterliegt damit im Falle einer Pflichtverletzung einer verschärften Haftung, da Vorgesetzte in ihrer Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben sollen (§ 10 Abs. 1 SG). Dabei ist nicht erforderlich, dass es der Soldat bei seinem Fehlverhalten innerhalb eines konkreten Vorgesetztenverhältnisses an Beispielhaftigkeit hat fehlen lassen. Es reicht das Innehaben einer Vorgesetztenstellung aufgrund des Dienstgrades aus (vgl. Urteile vom 25. Juni 2009 - BVerwG 2 WD 7.08 - m.w.N., vom 13. Januar 2011 - BVerwG 2 WD 20.09 - juris Rn. 28 und vom 4. Mai 2011 - BVerwG 2 WD 2.10 - juris Rn. 30).

51

bb) Diese Erwägungen beanspruchen aber ebenso Geltung für das als Dienstvergehen geltende Verhalten nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 SG, jedenfalls wenn eine vorsätzliche Verletzung in Rede steht:

52

Der Gesetzgeber hat in § 23 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 SG für Offiziere und Unteroffiziere die Betätigung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung dem Dienstvergehen gleichgestellt. Damit hat er aus dem für aktive Soldaten geltenden Pflichtenkreis des § 8 SG einen Teilbereich auch für die Zeit nach dem Dienstzeitende mit einer Sanktionsdrohung versehen. Diese richtet sich nur gegen den nach § 10 Abs. 1 SG besonders verpflichteten Personenkreis und betrifft auch nur aktive Handlungen, die in besonders intensiver Weise gegen die politische Treuepflicht verstoßen. Der Gesetzgeber greift mithin aus der Summe des Pflichtenkreises gem. § 8 SG nur die besonders schwer wiegenden Pflichtverletzungen heraus und sanktioniert nur sie über das Dienstzeitende hinaus. Damit macht er deutlich, dass er der Erfüllung dieser Pflicht für den betroffenen Personenkreis auch über das Dienstzeitende hinaus hohe Bedeutung beimisst. Er trägt damit dem schützenswerten Interesse Rechnung, dass auch Reservisten für die Bundeswehr untragbar werden können, wenn sie elementare Pflichten verletzen und so die Grundlage des Vertrauens in ihre Integrität und Zuverlässigkeit als Grundlage ihrer Wiederverwendung schwer beeinträchtigen oder gar zerstören. Wer vorsätzlich durch aktives Tun Bestrebungen unterstützt, die sich gegen Kernelemente der Verfassungsordnung richten, die er als Soldat - und auch als Reservist im Falle einer Heranziehung zu Dienstleistungen - zu verteidigen hätte, zerstört das hierfür erforderliche Vertrauen in ihn. Eine Verletzung auch der nachwirkenden Verfassungstreuepflicht durch einen Reservisten wiegt damit ebenfalls besonders schwer.

53

b) Das Dienstvergehen hat nachteilige Auswirkungen für das Ansehen der Bundeswehr in der Öffentlichkeit, weil der frühere Soldat auf seiner eigenen in der Berufungshauptverhandlung auszugsweise verlesenen Internetseite neben seiner parteipolitischen Betätigung und seiner Position innerhalb der Partei auch auf seinen Wehrdienst und den dort erreichten Dienstgrad hinwies. Damit wird er in der Öffentlichkeit als einflussreicher Funktionär der NPD und zugleich als Reserveunteroffizier wahrgenommen. Diese Kombination ist geeignet, das Vertrauen der Bevölkerung in die Streitkräfte zu gefährden, weil dieses Vertrauen darauf gründet, dass die Angehörigen der Streitkräfte ohne Einschränkungen auf dem Boden der Verfassungsordnung stehen, die sie nach außen verteidigen sollen. Diese Vertrauensgrundlage wird beschädigt, wenn in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, es bestehe eine gerade von den Führungskräften der Bundeswehr ausgehende Affinität zwischen den Streitkräften und verfassungsfeindlichen Parteien.

54

c) Die Beweggründe des früheren Soldaten wirken sich für die Bemessung der Maßnahme nicht zu seinem Nachteil aus:

Die Bereitschaft, staatsbürgerliche Verantwortung durch parteipolitische Arbeit wahrzunehmen, spricht grundsätzlich für einen (früheren) Soldaten. Dass er sich für die parteipolitische Arbeit als Repräsentant in herausgehobener Stellung einer als verfassungsfeindlich bewerteten Partei entschieden hat, ist Teil der Dienstpflichtverletzung und damit nicht zugleich ein ihr Gewicht erschwerender Umstand.

55

d) Das Maß der Schuld des früheren Soldaten wird vor allem dadurch bestimmt, dass er jedenfalls einen Teil der Dienstpflichtverletzungen während eines Teilzeitraumes vorsätzlich begangen hat. Für eine verminderte Schuldfähigkeit oder Milderungsgründe in den Umständen der Tat spricht nichts, solche Milderungsgründe sind vom früheren Soldaten auch nicht behauptet worden.

56

Nach den Ausführungen des früheren Soldaten in der Berufungshauptverhandlung glaubt der Senat ihm, dass er einem Irrtum über die Pflichtwidrigkeit seines Tuns unterlegen war. Denn der frühere Soldat hat in der Berufungshauptverhandlung angegeben, ein formales Verbot der NPD durch das Bundesverfassungsgericht sei für ihn eine zwingende Voraussetzung für die Annahme einer Pflichtwidrigkeit seines Handelns auch als Reservist. Dies sei für ihn ein entscheidendes rechtsstaatliches Kriterium. Dies spricht dafür, dass er das Parteienprivileg grundsätzlich kannte und aus ihm die Folgerung ableitete, die Betätigung für eine nicht verbotene Partei sei deshalb auch nicht disziplinarrechtlich zu sanktionieren.

57

Soweit er damit seine Einlassung aus der Vorinstanz wiederholt, er habe zu keinem Zeitpunkt den Schluss auf die Verfassungsfeindlichkeit der NPD gezogen, weil das Bundesverfassungsgericht sie nicht verboten habe, ist sein Vortrag für den Zeitraum ab 2006 unerheblich. Denn damit behauptet er einen Irrtum über ein Tatbestandselement der Dienstpflichtverletzung, das zum Ausschluss des Vorsatzes führt. Vorsatz hat das Truppendienstgericht aber für den Zeitraum ab 2006 für den Senat bindend festgestellt.

Einem grundsätzlich für die Bemessungsentscheidung relevanten Irrtum über die Pflichtwidrigkeit seines Tuns auch für diesen Teilzeitraum unterlag er nur, soweit er mit seinem Vortrag sinngemäß geltend macht, er habe - trotz der vom Truppendienstgericht festgestellten Kenntnis der Verfassungsfeindlichkeit der NPD - jedenfalls geglaubt, sich als Reservist bis zu einem Verbot der Partei für diese betätigen zu dürfen, ohne dass dies disziplinarische Konsequenzen haben könne.

58

Dass dieser Irrtum für den gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum jedenfalls nicht unvermeidbar gewesen war, steht für den Senat allerdings wegen der ihn bindenden Schuldfeststellungen des Truppendienstgerichts fest. Ein unvermeidbarer Irrtum hätte entsprechend § 17 Satz 1 StGB schuldausschließende Wirkung. Das Truppendienstgericht geht aber von einem schuldhaften Handeln, ab 2006 sogar von einem vorsätzlichen Handeln aus.

59

Bei einem vermeidbaren Verbotsirrtum kann das Wehrdienstgericht das Disziplinarmaß nach den Grundsätzen des § 17 Satz 2 StGB mildern (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 - BVerwG 2 WD 14.03 - BVerwGE 120, 166 <174> = Buchholz 235.01 § 38 WDO 2002 Nr. 16 = juris Rn. 32 m.w.N). Von dieser Möglichkeit ist aber nicht zwingend Gebrauch zu machen. Unbeachtlich ist jedenfalls ein Verbotsirrtum, der auf Rechtsblindheit beruht (Scherer/Alff/Poretschkin, SG, § 23 Rn. 9 a.E. unter Hinweis auf das Urteil vom 28. September 1978 - BVerwG 2 WD 25.78). Ein Verbotsirrtum beruht auf Rechtsblindheit, wenn sich ein (früherer) Soldat einer naheliegenden, sich dem durchschnittlichen Angehörigen seiner Dienstgradgruppe aufdrängenden Erkenntnis aus eigennützigen Motiven verschließt.

60

So liegt der Fall zur Überzeugung des Senats jedenfalls für den Zeitraum vorsätzlichen Handelns auch hier. Der frühere Soldat hat in der Berufungshauptverhandlung deutlich gemacht, dass es ihm auch darauf ankam, möglichst schnell eine herausgehobene politische Position einzunehmen, um Einfluss ausüben und seine politischen Ziele verwirklichen zu können. Denn dass er dieses Ziel in der NPD eher erreichen konnte als in einer der mitgliederstärkeren etablierten Volksparteien - von deren Programminhalten zu aktuellen Fragen er auch enttäuscht war -, hat er als eines der Motive für die Wahl gerade der NPD als Betätigungsfeld für sein politisches Engagement angegeben. Damit hat sich der frühere Soldat selbst als zielstrebig und karriereorientiert charakterisiert. Dass er über eine hohe Intelligenz verfügt, weisen die in der Berufungshauptverhandlung verlesene Beurteilung wie auch die Ausführungen des letzten Disziplinarvorgesetzten als Leumundszeugen aus. Es entspricht auch dem Eindruck, den der Senat von dem früheren Soldaten nach dessen Ausführungen in der Berufungshauptverhandlung gewonnen hat. Nach den bindenden Feststellungen des Truppendienstgerichts ist davon auszugehen, dass der frühere Soldat ab 2006 billigend in Kauf genommen hat, dass er sich als Funktionär einer verfassungsfeindlichen Partei betätigte. Dass eine derartige politische Betätigung nicht ohne weiteres mit der nachwirkenden Verfassungstreuepflicht eines Unteroffiziers der Reserve vereinbar ist, ist eine Erkenntnis, die sich jedem früheren Unteroffizier, der wie der frühere Soldat weiß, dass er noch Anspruch auf eine Dienstzeitversorgung hat, Inhaber eines Dienstgrades ist und im Falle einer Wiederverwendung eine Vorgesetztenstellung innehat, aufdrängen muss. Denn dass hiermit fortbestehende Treuepflichten verbunden sind, liegt nahe. Ein Reservist befindet sich in einem besonderen Näheverhältnis zum Dienstherrn, das nachwirkende Dienstpflichten begründet. Dies ist für einen Unteroffizier der Reserve ebenso offensichtlich wie der Umstand, dass an ihn besondere Anforderungen gerade bezüglich der zentralen Pflicht zur Verfassungstreue zu stellen sind, weil er im Falle einer Wiederverwendung als Vorgesetzter eingesetzt würde. Damit liegt es auch nahe, zumindest während ohnehin laufender disziplinarischer Ermittlungen wegen Verstößen gegen die politische Treuepflicht, beim Dienstvorgesetzten letzte Unklarheiten über den Umfang der nachwirkenden Verfassungstreuepflicht durch Nachfrage aufzuklären. Wer dies - wie der frühere Soldat - unterlässt, verschließt sich bewusst der Erkenntnis über die Reichweite dieser Pflichten. Dies geschah hier auch aus eigennützigen Motiven, nämlich um nicht die Konsequenz eines Verzichts auf die weitere Parteikarriere ziehen zu müssen. Vor diesem Hintergrund wird die Erklärung des früheren Soldaten, er habe geglaubt, auch eine verfassungsfeindliche Partei aktiv als Funktionär in herausgehobener Stellung ohne disziplinarische Konsequenzen unterstützen zu dürfen, solange sie noch nicht durch das Bundesverfassungsgericht verboten sei, zur unbeachtlichen Schutzbehauptung, die eine Milderung der durch die vorsätzliche Dienstpflichtverletzung verwirkten Sanktion nicht rechtfertigt.

61

e) Im Hinblick auf die Zumessungskriterien "Persönlichkeit" und "bisherige Führung" sprechen die durch die Beurteilungen und die förmliche Anerkennung ausgewiesenen guten Leistungen, die auch der Leumundszeuge in der Berufungshauptverhandlung bestätigt hat, für den früheren Soldaten.

62

Für ihn spricht auch, dass er bislang weder strafrechtlich noch disziplinarrechtlich vorbelastet ist, auch wenn diesem Umstand kein hohes Gewicht zukommt, da der frühere Soldat damit nur die Mindesterwartungen des Dienstherrn pflichtgemäß erfüllt und keine besonderen Leistungen erbracht hat, die ihn aus dem Kameradenkreis herausheben.

63

Der Senat hält ihm auch zugute, dass er sich im streitgegenständlichen Zeitraum nach eigenen Angaben dafür eingesetzt hat, dass nationalsozialistische Tendenzen in der NPD an Einfluss verlieren und so für die Partei breitere Wählerschichten erschlossen werden können. Trotz der wenig substantiierten Angaben des früheren Soldaten zu konkreten Bemühungen in dieser Richtung war dies deshalb glaubhaft, weil es gerade wegen des Zieles, der Partei bessere Wahlchancen zu sichern, in Übereinstimmung mit dem zielstrebigen und karriereorientierten Charakter des früheren Soldaten steht. Zudem hat er sich nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des Truppendienstgerichts selbst nicht an solchen Äußerungen oder Aktionen beteiligt. Der Senat kann diesem Aspekt aber kein hohes Gewicht einräumen, weil diese Bemühungen jedenfalls im verfahrensgegenständlichen Zeitraum, wie der frühere Soldat einräumt, keine Erfolge gezeitigt haben.

64

f) Bei der Gesamtwürdigung aller vorgenannten be- und entlastenden Umstände ist im Hinblick auf die Bemessungskriterien des § 38 Abs. 1 WDO und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts der Ausspruch einer - gemäß § 58 Abs. 2 Nr. 4 in Verbindung mit § 67 Abs. 4 WDO zulässigen - Aberkennung des Ruhegehaltes erforderlich und angemessen.

65

Bei der konkreten Bemessung der Disziplinarmaßnahme geht der Senat in seiner gefestigten Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 10. Februar 2010 - BVerwG 2 WD 9.09 - juris Rn. 35 ff.) von einem zweistufigen Prüfungsschema aus:

66

aa) Auf der ersten Stufe bestimmt er im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine Regelmaßnahme für die in Rede stehende Fallgruppe als "Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen".

67

Vorliegend ist auf dieser ersten Stufe von der Truppendienstkammer zutreffend zugrunde gelegt worden, dass bei einer vorsätzlichen Verletzung der Verfassungstreuepflicht durch einen Soldaten mit Vorgesetztendienstgrad grundsätzlich die disziplinare Höchstmaßnahme zu verhängen ist, während bei einem fahrlässigen Verstoß gegen diese Pflicht die Dienstgradherabsetzung Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen ist (Urteil vom 20. Mai 1983 - BVerwG 2 WD 11.82 - BVerwGE 83, 136 LS 5). Da wie oben ausgeführt, das als Dienstvergehen geltende Verhalten im Sinne von § 23 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 SG nach Eigenart und Schwere ebenso zu bewerten ist wie der Verstoß gegen § 8 SG, gilt für die Verletzung der nachwirkenden Dienstpflichten des Reservisten nichts anderes.

68

Da hier für den Teilzeitraum ab 2006 eine vorsätzliche Verletzung der nachwirkenden Verfassungstreuepflicht durch das Truppendienstgericht für den Senat bindend festgestellt worden ist, bildet die Höchstmaßnahme den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen. Dass weitere Pflichtverletzungen hinzukommen, für die für sich genommen nur eine Dienstgradherabsetzung Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen wäre, lässt das Dienstvergehen nicht in einem milderen Licht erscheinen.

69

bb) Auf der zweiten Stufe ist dann zu prüfen, ob im konkreten Einzelfall im Hinblick auf die in § 38 Abs. 1 WDO normierten Bemessungskriterien und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts Umstände vorliegen, die die Möglichkeit einer Milderung gegenüber der auf der ersten Stufe in Ansatz gebrachten Regelmaßnahme eröffnen. Dabei ist vor allem angesichts der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sowie dessen Auswirkungen zu klären, ob es sich angesichts der be- und entlastenden Umstände um einen schweren, mittleren oder leichten Fall der schuldhaften Pflichtverletzung handelt. Liegt kein mittlerer, sondern ein höherer bzw. niedrigerer Schweregrad vor, ist gegenüber dem Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach "oben" bzw. nach "unten" zu modifizieren. Für die "Eigenart und Schwere des Dienstvergehens" kann z.B. von Bedeutung sein, ob der Soldat eine herausgehobene Dienststellung hatte, einmalig oder wiederholt oder in einem besonders wichtigen Pflichtenbereich versagt hat. Bei den Auswirkungen des Fehlverhaltens sind die konkreten Folgen für den Dienstbetrieb sowie schädliche Weiterungen für das Außenbild der Bundeswehr in der Öffentlichkeit zu berücksichtigen. Hinsichtlich des Zumessungskriteriums "Maß der Schuld" hat der Senat neben der Schuldform und der Schuldfähigkeit das Vorliegen von Erschwerungs- und Milderungsgründen in den Tatumständen in Betracht zu ziehen.

70

Hiernach sind keine mildernden Aspekte einzustellen, die ihrer Art und ihrem Gewicht nach geeignet wären, von der Verhängung der Höchstmaßnahme im Einzelfall abzusehen. Die Anforderungen, die an entlastende Umstände zu stellen sind, werden durch die Schwere des Dienstvergehens bestimmt (Urteil vom 4. Mai 2011 - BVerwG 2 WD 2.10 - juris Rn. 46). Von einer verwirkten Höchstmaßnahme abzusehen, erfordert deshalb mildernde Umstände von hohem Gewicht.

71

Aus den oben ausgeführten Gründen macht der Senat von der Milderungsmöglichkeit entsprechend § 17 Satz 2 StGB für den Zeitraum ab 2006 keinen Gebrauch. Dass dem früheren Soldaten ein vermeidbarer Verbotsirrtum auch für den davor liegenden Zeitraum zuzubilligen ist und diesbezüglich auch eine Milderung der Sanktion zu rechtfertigen ist, kommt hier nicht mehr zum Tragen. Denn dieser Umstand mildert zwar das Gewicht der fahrlässig begangenen Dienstpflichtverletzungen. Diese kommen aber zu den vorsätzlichen Pflichtverletzungen noch hinzu, die bereits die Verhängung der Höchstmaßnahme gebieten. Auch wenn damit das Gewicht der hinzutretenden fahrlässigen Pflichtverletzungen deutlich geringer ist, werden nicht deshalb schon die vorsätzlichen Pflichtverletzungen weniger gravierend.

72

Die guten Leistungen des früheren Soldaten während seiner aktiven Dienstzeit tragen ein Abgehen von einer an sich verwirkten Aberkennung des Ruhegehaltes nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nicht:

73

Die persönliche Integrität eines Soldaten steht gleichberechtigt neben dem Erfordernis der fachlichen Qualifikation, sodass gravierende Defizite an der persönlichen Integrität, die bei objektiver Betrachtung zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn führen müssen (Urteil vom 13. Januar 2011 - BVerwG 2 WD 20.09 - juris Rn. 51 m.w.N), auch nicht durch fachliche Kompetenz ausgeglichen werden können (Urteil vom 16. Juni 2011 - BVerwG 2 WD 11.10 - juris Rn. 40).

74

Die fehlende Vorbelastung kann ebenfalls kein anderes Ergebnis rechtfertigen. Dasselbe gilt für die im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht erfolgreichen Bemühungen, nationalsozialistische Tendenzen in der NPD zu bekämpfen.

Diesen für den früheren Soldaten sprechenden Aspekten steht bei der Gesamtabwägung nämlich der Umstand gegenüber, dass zu den die Höchstmaßnahme bereits tragenden Pflichtverletzungen ab 2006 weitere Pflichtverletzungen für den vom Urteil der Vorinstanz erfassten Vorzeitraum hinzutreten, auch wenn diese wegen der fahrlässigen Begehungsweise und wegen des insoweit eingreifenden vermeidbaren Verbotsirrtums deutlich geringeres Gewicht haben.

75

§ 17 Abs. 2 bis 4 WDO steht der Verhängung der Höchstmaßnahme nicht entgegen, da die Norm für diese Maßnahme kein Verhängungsverbot durch Zeitablauf vorsieht. Diese Beschränkung des Verhängungsverbotes wegen Zeitablauf ist auch verfassungskonform. Das Verhängungsverbot beruht auf der Überlegung, dass eine disziplinare Maßregelung von leichten und mittelschweren Dienstvergehen als Erziehungszweck nach Ablauf gewisser Fristen fragwürdig ist (Dau, WDO, 5. Auflage 2009, § 17 Rn. 3). Damit greift diese Überlegung überhaupt nur bei Maßnahmen mit pflichtenmahnendem Charakter und nicht bei der Verhängung der Höchstmaßnahme ein, die die Folgerungen aus dem Verlust des Vertrauens in die Zuverlässigkeit und Integrität eines Soldaten zieht.

76

Ist die Verhängung der Höchstmaßnahme geboten, ist dem früheren Soldaten die Dauer des gerichtlichen Disziplinarverfahrens nicht maßnahmemildernd zugute zu halten (vgl. Urteil vom 4. Mai 2011 - BVerwG 2 WD 2.10 - juris Rn. 47 und für das Beamtendisziplinarrecht: Urteil vom 29. März 2012 - BVerwG 2 A 11.10 - juris Rn. 86 und Beschlüsse vom 26. Oktober 2011 - BVerwG 2 B 69.10 - juris Rn. 33, vom 14. März 2012 - BVerwG 2 B 5.12 - juris Rn. 7, vom 16. Mai 2012 - BVerwG 2 B 3.12 - juris Rn. 10 - 14 und vom 1. Juni 2012 - BVerwG 2 B 123.11 - juris Rn. 9 ff.).

Dass es hier um die Verhängung einer Maßnahme wegen eines Verhaltens geht, das im Schwerpunkt als Dienstvergehen gilt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn auch hier wird die Konsequenz daraus gezogen, dass ein früherer Soldat durch sein als Dienstvergehen geltendes Verhalten die Grundlage für die Fortsetzung eines fortbestehenden Treueverhältnisses zerstört hat.

Die unangemessen lange Dauer des Verfahrens kann nichts an dem endgültigen Vertrauensverlust ändern, der durch das Fehlverhalten herbeigeführt wurde. Das verlorene Vertrauen kann nicht durch Zeitablauf wiederhergestellt werden. Der Gesetzgeber verlangt nicht, eine überlange Verfahrensdauer auch dann bei der Bemessung einer Sanktion zu berücksichtigen, wenn dies mit dem Zweck der gebotenen Sanktion nicht zu vereinbaren ist. § 198 GVG, der wegen § 91 Abs. 1 Satz 3 WDO auch für das Wehrdisziplinarverfahren Anwendung findet, sieht für Verletzungen des Art. 6 Abs. 1 EMRK vielmehr grundsätzlich lediglich einen Schadensersatzanspruch als Ausgleich vor. Auch der Umstand, dass in § 17 WDO die Verhängung der Höchstmaßnahme von Verhängungsverboten wegen Zeitablaufes ausgenommen wird, indiziert, dass der Gesetzgeber von dieser Maßnahme nicht wegen der Belastungen eines langen Verfahrens absehen wollte. Da er mit § 198 GVG einen angemessenen Ausgleich geschaffen hat, ist er hierzu auch nicht aus europa- oder verfassungsrechtlichen Gründen verpflichtet.

77

Art. 10 und 11 EMRK stehen der disziplinaren Ahndung eines Verstoßes gegen die politische Treuepflicht grundsätzlich nicht entgegen (Urteil vom 18. Mai 2001 - BVerwG 2 WD 42.00 und 43.00 - BVerwGE 114, 258 <260, 264> = Buchholz 236.1 § 8 SG Nr. 3).

(...)

Der Verweis ist der schriftliche Tadel eines bestimmten Verhaltens des Beamten. Missbilligende Äußerungen (Zurechtweisungen, Ermahnungen oder Rügen), die nicht ausdrücklich als Verweis bezeichnet werden, sind keine Disziplinarmaßnahmen.

Die Geldbuße kann bis zur Höhe der monatlichen Dienst- oder Anwärterbezüge des Beamten auferlegt werden. Hat der Beamte keine Dienst- oder Anwärterbezüge, darf die Geldbuße bis zu dem Betrag von 500 Euro auferlegt werden.

(1) Die Zurückstufung ist die Versetzung des Beamten in ein Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt. Der Beamte verliert alle Rechte aus seinem bisherigen Amt einschließlich der damit verbundenen Dienstbezüge und der Befugnis, die bisherige Amtsbezeichnung zu führen. Soweit in der Entscheidung nichts anderes bestimmt ist, enden mit der Zurückstufung auch die Ehrenämter und die Nebentätigkeiten, die der Beamte im Zusammenhang mit dem bisherigen Amt oder auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung seines Dienstvorgesetzten übernommen hat.

(2) Die Dienstbezüge aus dem neuen Amt werden von dem Kalendermonat an gezahlt, der dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung folgt. Tritt der Beamte vor Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung in den Ruhestand, erhält er Versorgungsbezüge nach der in der Entscheidung bestimmten Besoldungsgruppe.

(3) Der Beamte darf frühestens fünf Jahre nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung befördert werden. Der Zeitraum kann in der Entscheidung verkürzt werden, sofern dies im Hinblick auf die Dauer des Disziplinarverfahrens angezeigt ist.

(4) Die Rechtsfolgen der Zurückstufung erstrecken sich auch auf ein neues Beamtenverhältnis. Hierbei steht im Hinblick auf Absatz 3 die Einstellung oder Anstellung in einem höheren Amt als dem, in welches der Beamte zurückgestuft wurde, der Beförderung gleich.

(1) Mit der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis endet das Dienstverhältnis. Der Beamte verliert den Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung sowie die Befugnis, die Amtsbezeichnung und die im Zusammenhang mit dem Amt verliehenen Titel zu führen und die Dienstkleidung zu tragen.

(2) Die Zahlung der Dienstbezüge wird mit dem Ende des Kalendermonats eingestellt, in dem die Entscheidung unanfechtbar wird. Tritt der Beamte in den Ruhestand, bevor die Entscheidung über die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis unanfechtbar wird, gilt die Entscheidung als Aberkennung des Ruhegehalts.

(3) Der aus dem Beamtenverhältnis entfernte Beamte erhält für die Dauer von sechs Monaten einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 50 Prozent der Dienstbezüge, die ihm bei Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung zustehen; eine Einbehaltung von Dienstbezügen nach § 38 Abs. 2 bleibt unberücksichtigt. Die Gewährung des Unterhaltsbeitrags kann in der Entscheidung ganz oder teilweise ausgeschlossen werden, soweit der Beamte ihrer nicht würdig oder den erkennbaren Umständen nach nicht bedürftig ist. Sie kann in der Entscheidung über sechs Monate hinaus verlängert werden, soweit dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden; der Beamte hat die Umstände glaubhaft zu machen. Für die Zahlung des Unterhaltsbeitrags gelten die besonderen Regelungen des § 79.

(4) Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und ihre Rechtsfolgen erstrecken sich auf alle Ämter, die der Beamte bei Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung inne hat.

(5) Wird ein Beamter, der früher in einem anderen Dienstverhältnis im Bundesdienst gestanden hat, aus dem Beamtenverhältnis entfernt, verliert er auch die Ansprüche aus dem früheren Dienstverhältnis, wenn diese Disziplinarmaßnahme wegen eines Dienstvergehens ausgesprochen wird, das in dem früheren Dienstverhältnis begangen wurde.

(6) Ist ein Beamter aus dem Beamtenverhältnis entfernt worden, darf er nicht wieder zum Beamten ernannt werden; es soll auch kein anderes Beschäftigungsverhältnis begründet werden.

(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergeben.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben das ihnen übertragene Amt uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordert.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können von der obersten Dienstbehörde eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, das Bundesministerium der Finanzen sowie das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz werden ermächtigt, jeweils für ihren Geschäftsbereich die Einzelheiten zu den Sätzen 2 bis 4 durch Rechtsverordnung zu regeln. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(3) Beamtinnen und Beamte sind verpflichtet, an Maßnahmen der dienstlichen Qualifizierung zur Erhaltung oder Fortentwicklung ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten teilzunehmen.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.