Verwaltungsgericht München Beschluss, 08. Dez. 2016 - M 19L DA 16.5200

published on 08/12/2016 00:00
Verwaltungsgericht München Beschluss, 08. Dez. 2016 - M 19L DA 16.5200
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Tenor

I. Die Durchsuchung des dienstlichen E-Mail-Postfachs des Antragsgegners „…“ und des auf seinem dienstlichen Home-Laufwerk befindlichen Ordners „_Persönlich“ wird angeordnet. Zudem wird die Durchsuchung des Unterordners „C:\Users\ …“ auf dem Computer mit der Geräteidentifikationsnummer … und dem Rechnernamen … angeordnet.

Weiter wird die Beschlagnahme der bei der vorgenannten Durchsuchung gewonnenen E-Mails, Dateien und Daten angeordnet.

II. Die D. P. AG wird verpflichtet, dem Antragsteller Auskunft darüber zu geben, ob der Antragsgegner Inhaber des Postfachs … der „Heimatgemeinde …“ in … … ist. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

III. Die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen unter Nr. I und II gelten für sechs Monate ab dem Datum des vorliegenden Beschlusses.

IV. Der Antragsteller wird mit der Zustellung dieses Beschlusses an den Antragsgegner beauftragt. Die Zustellung hat spätestens einen Tag nach Durchführung der unter Nr. I und II genannten Maßnahmen zu erfolgen.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt den Erlass einer Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung.

Der am … … … geborene Antragsgegner wurde am … … … zum Beamten auf Lebenszeit ernannt und ist seit … … … als Polizeifachlehrer (3. QE) im Fachbereich Recht beim Fortbildungsinstitut der Bayerischen Polizei ( …) in … tätig. Mit Wirkung zum … … … wurde er zum Ersten Polizeihauptkommissar (A 13) ernannt.

Der Antragsgegner trat in einer Fernsehsendung des Senders „…“ über die Ideen der sogenannten „Reichsbürgerbewegung“ auf und nahm hier an einer Diskussionsrunde teil, wobei sein Name und seine Berufsbezeichnung genannt wurden. Das Video der Sendung erschien am … … … auf der Plattform YouTube. Am 16. Februar 2016 besuchte er auf Einladung der „… Gemeinde“ in … … eine geschlossene Veranstaltung mit rund 80 Teilnehmern und trat dort zum Thema der sogenannten „…“ als Ersatz für Haftpflicht-Kennzeichen als Redner auf. Am Folgetag erschien auf den Internetportalen von … und …de ein Artikel, der unter Nennung seiner Stellung innerhalb der bayerischen Polizei über seinen Redebeitrag in dieser Veranstaltung berichtete.

Mit Aktenvermerk vom … Februar 2016 leitete das Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei ein Disziplinarverfahren gegen den Antragsgegner ein, weil wegen der vorgenannten Auftritte der Verdacht bestehe, dass er der „Reichsbürgerbewegung“ nahe stehe und deren Gedankengut teile. Am selben Tag untersagte es ihm mündlich die Führung der Dienstgeschäfte und am … Februar 2016 bestätigte es die Untersagung schriftlich. Das Bayerische Landeskriminalamt übersandte den Vorgang am … Februar 2016 mit der Bitte um strafrechtliche Bewertung an die Staatsanwaltschaft … Mit Aktenvermerk vom … April 2016 dehnte das Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei das Disziplinarverfahren aus und bezog die Äußerung von Verschwörungstheorien am … Februar 2016, politische Äußerungen während eines Anfang Februar 2016 stattfindenden Seminars und das Auslegen des Magazins „…“ im Lehrerzimmer des … ein. Mit Schreiben vom 2. Mai 2016 setzte es den Antragsgegner von der Einleitung und der Ausdehnung des Disziplinarverfahrens sowie den zugrunde liegenden Vorwürfen in Kenntnis und setzte das Verfahren bis zum Abschluss des Ermittlungs- oder eventuellen Strafverfahrens aus. Der Antragsgegner ließ mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom … Mai 2016 mitteilen, dass er sich derzeit nicht äußern wolle. Ein gegen die Untersagung der Dienstgeschäfte gerichteter Antrag des Antragsgegners auf vorläufigen Rechtsschutz blieb mit Beschluss des Verwaltungsgerichts … vom 20. Juni 2016 (M 5 S 16.1250) erfolglos. Mit Schreiben vom … Oktober 2016 übernahm das Polizeipräsidium … das Disziplinarverfahren. Am … November 2016 erfuhr es von der Staatsanwaltschaft …, dass diese das Verfahren an den Generalstaatsanwalt weitergegeben hatte. Mit Aktenvermerk vom … November 2016 dehnte das Polizeipräsidium … das Verfahren auf den Vorwurf aus, der Antragsgegner sei fester Bestandteil der „Reichsbürgerbewegung“ und stehe hinter dem im Impressum der „… …“ genannten Postfach. Mit Schreiben vom selben Tag dehnte es das Disziplinarverfahren weiter auf den Vorwurf der Ausübung einer ungenehmigten Nebentätigkeit aus und gab dem Antragsgegner hierzu Gelegenheit zur Äußerung.

Am 16. November 2016 beantragte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht …

1. einen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss zu erlassen, nach dem auf die dienstliche E-Mail-Kommunikation und das Homelaufwerk, Ordner „_Persönlich“, des Antragsgegners zugegriffen werden kann und

2. einen Postbeschlagnahmebeschluss zu erlassen, nach dem die Identität des Inhabers des Postfachs „…“ ermittelt werden kann.

Zur Begründung wurde ausgeführt, Hauptvorwurf des Disziplinarverfahrens sei der Verdacht, der Antragsgegner habe gegen die Pflicht zur Wahrung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung (§ 33 Abs. 1 Satz 3 Beamtenstatusgesetz – BeamtStG) und die Pflicht, bei politischer Betätigung die Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus seiner Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf seine Amtspflichten ergebe (§ 33 Abs. 2 BeamtStG), verstoßen. Dieser Vorwurf folge insbesondere aus seinen Äußerungen im Interview in einer Fernsehsendung des Senders „…“ und in einem Vortrag bei der „… …“ am … Februar 2016, die jeweils unter Angabe seiner Tätigkeit als Polizeibeamter erfolgt seien. Da der Antragsgegner auch während seiner Dienstzeit politische Äußerungen getätigt und das rechtspopulistische Magazin „…“ im Lehrerzimmer ausgelegt habe, bestehe der dringende Tatverdacht, dass er auch während seiner Dienstzeit für die „Reichsbürgerbewegung“ agiert habe. Das Dienstvergehen wiege schwer. Das Vertrauen des Dienstherrn und der Öffentlichkeit in einen Beamten, der die Grundlagen staatlichen Handelns und der verfassungsmäßigen Ordnung in Frage stelle, sei als zerstört anzusehen. Der Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sei gering, weil die Beamten die dienstlichen E-Mail-Postfächer und den Ordner „_Persönlich“ nach der „Allgemeinen Dienstvereinbarung über die Einführung, Anwendung und erhebliche Änderung von Verfahren der Informations- und Kommunikationstechnik“ (Allg. DV IuK-Technik) vom 21. Juni 2012 nicht zu privaten Zwecken nutzen dürften. Der Verdacht, dass der Antragsgegner hinter dem Impressum der „… …“ stehe, ergebe sich aufgrund der Postfachanschrift. Die Ermittlung der Identität des Postfachinhabers stelle eine deutliche Minusmaßnahme gegenüber § 99 Strafprozessordnung (StPO) dar.

Auf Anfragen des Gerichts konkretisierte der Antragsteller mit Schreiben vom … November und ... Dezember 2016 seine Angaben zu den Modalitäten der Beschlagnahme, legte dem Gericht die Allg. DV IuK-Technik vor und beantragte ergänzend, den Unterordner „C:\Users\ …“ auf dem Computer mit der Geräteidentifikationsnummer YLPU123475 und dem Rechnernamen W8BPAIV9 zu sichern und die Auswertung anzuordnen.

Bei dem angegebenen PC handle es sich um den von dem Antragsgegner überwiegend genutzten PC, bei dem Unterordner, in dem ergänzende Daten zur Internetkommunikation gespeichert würden, um sein lokal gespeichertes Benutzerprofil, auf das der Zugriff wegen der Interaktion der Speicherorte erforderlich sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorgelegten Behördenakte und der Gerichtsakte verwiesen.

II.

Dem Antrag auf Erlass einer Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung wird entsprochen.

Nach Art. 29 Abs. 1 Satz 1 BayDG kann der oder die Vorsitzende der Kammer für Disziplinarsachen auf Antrag durch Beschluss Beschlagnahmen und Durchsuchungen anordnen. Die Anordnung darf nach Art. 29 Abs. 1 Satz 3 BayDG nur getroffen werden, wenn der Beamte des Dienstvergehens dringend verdächtig ist und die Maßnahme zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis steht. Die Regelung des Art. 29 Abs. 1 BayDG ist anwendbar (1.). Im vorliegenden Fall sind sowohl ein dringender Tatverdacht (2.) als auch die Verhältnismäßigkeit der begehrten Anordnung (3.) gegeben. Weiter ist die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung hinreichend bestimmt formuliert (4.). Von einer Zustellung des Antrags und einer Anhörung des Antragsgegners konnte abgesehen werden (5.).

1. Art. 29 Abs. 1 BayDG ist hier anwendbar. Gegen den Antragsgegner wurde wirksam ein Disziplinarverfahren eröffnet. Dies gilt selbst für den Fall, dass infolge einer unterbliebenen Unterrichtung, Belehrung und Anhörung (vgl. Art. 22 BayDG) nach Einleitung des Disziplinarverfahrens mit Aktenvermerk vom 19. Februar 2016 und dessen Ausdehnung mit Aktenvermerk vom 11. April 2016 ein Verfahrensfehler vorliegen sollte. Dieser würde allenfalls zur fehlenden Verwertbarkeit einer Äußerung des Antragsgegners führen, hätte aber nicht die Unwirksamkeit der Einleitung des Disziplinarverfahrens zur Folge (Zängl, BayDG, Stand Aug. 2016, Art. 22 Rn. 22 und 38 ff.).

2. Ein dringender Tatverdacht ist gegeben. Ein solcher liegt vor, wenn eine große Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der Beamte das ihm zur Last gelegte Dienstvergehen begangen hat (BayVGH, B.v. 28.4.2014 – 16b DC 12.2380 – juris Rn. 6). Der dringende Verdacht der Unterstützung und des aktiven Engagements für die „Reichsbürgerbewegung“ ist hier aufgrund der Auftritte des Antragsgegners und seiner dort getätigten Äußerungen in einer Fernsehsendung des Senders „…“ und bei einem Vortrag bei der „… …“ am … Februar 2016 zu bejahen. In der Fernsehsendung äußert er explizit, er sei „seit 40 Jahren in der Firma“ und die SHAEF-Gesetze der Alliierten hätten weiterhin Geltung. Zudem stellt er in Frage, ob im Hinblick auf das Grundgesetz „geltendes Recht“ auch „gültiges Recht“ sei und fügt erklärend hinzu, das Bundesverfassungsgericht habe festgestellt, dass alle Wahlen ungültig seien, weshalb der Gesetzgeber nicht legitimiert und in der Folge wohl sämtliche Gesetze ungültig seien. Anlässlich des Vortrags bei der „… …“ hat er wohl auf die Frage einer Zuhörerin, wie denn die Lösung zu den dargestellten Problemen aussehe, geäußert „Wenn solche Netzwerke größer werden, dann zerbröselt das System irgendwann“. Bei beiden Auftritten wurden sein Name und seine Funktion als Polizeibeamter entweder benannt oder waren allseits bekannt. Die Äußerungen des Antragsgegners im Rahmen der Fernsehsendung ergeben sich aus deren Einstellung auf Youtube. Über seinen Auftritt und seine Bekundung bei der „… …“ wird in einem am … Februar 2016 auf …de erschienenen Artikel berichtet. Beide Medien sind noch immer online abrufbar. Die vorgenannten Äußerungen entsprechen dabei – ebenso wie die Ideen der „… …“ generell – dem Gedankengut der „Reichsbürgerbewegung“. Diese stellt die Existenz der Bundesrepublik Deutschland als Staat in Frage und geht von einem Fortbestehen des Deutschen Reichs aus; die Bundesrepublik Deutschland sei lediglich eine Firma und die Deutschen Bürger deren Personal, weshalb ein Personalausweis zu tragen sei (VG München, B.v. 20.6.2016 – M 5 S 16.1250 – Beschlussausfertigung S. 11).

Aus den Äußerungen des Antragsgegners im Disziplinarverfahren und im Antragsverfahren M 5 S 16.1250, dessen Akten beigezogen wurden, ergibt sich nichts anderes. Auch wenn er hier angibt, kein Mitglied der „Reichsbürgerbewegung“ zu sein und die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik nicht zu bekämpfen, kann dieser Vortrag seine in dem noch immer abrufbaren Fernsehauftritt getätigten Äußerungen, die dem Gedankengut der „Reichsbürgerbewegung“ entsprechen, nicht entkräften.

3. Die beantragten Maßnahmen stehen nicht zu der Bedeutung der Sache und zu der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme außer Verhältnis. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist demgemäß in zweierlei Hinsicht zu beachten: Zum einen darf die Maßnahme nicht zur Bedeutung der Sache außer Verhältnis stehen, zum anderen darf aber auch die Maßnahme, um die ersucht wurde, nicht zu der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme außer Verhältnis stehen (BayVGH, B.v. 28.4.2014 – 16b DC 12.2380 – juris Rn. 12).

3.1. Die beantragten Maßnahmen sind verhältnismäßig.

Die Durchsuchung und Beschlagnahme des dienstlichen E-Mail-Postfachs des Antragsgegners, des Ordners „_Persönlich“ auf dem Home-Laufwerk des ihm dienstlich zur Verfügung gestellten Computers, des Unterordners „C:\Users\ … auf dem Computer mit der Geräteidentifikationsnummer … und dem Rechnernamen … und die Verpflichtung zur Nennung des Inhabers des Postfachs … der „… …“ sind geeignet, entsprechende Beweismittel für die Verletzung seiner politischen Treuepflicht zu erlangen. Da die dienstliche E-Mail- und Computer-Nutzung nach § 4 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Allg. DV IuK-Technik nicht zu privaten Zwecken erfolgen darf, ist mit einer den dienstlichen Computer betreffenden Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung ein weit geringerer Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verbunden ist als mit einer einen privaten Computer betreffenden. Der Antragsgegner hat eine Belehrung des Inhalts, dass die Nutzung des Internets bei der bayerischen Polizei ausschließlich zur Erfüllung der dienstlich übertragenen Aufgaben zulässig ist und die Nutzung zu privaten Zwecken dienst-, arbeits- und strafrechtlich verfolgt werden kann, unter dem Datum des … April 2008 unterschrieben. Bei Bestehen eines konkreten Verdachts auf dienstrechtliche Verstöße können die entsprechenden Daten nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Allg. DV IuK-Technik ohne inhaltliche Kenntnisnahme vorläufig gesichert werden. Nach § 4 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 1 Allg. DV IuK-Technik kann in diesem Fall auf Grundlage der gesetzlichen Vorschriften eine personenbezogene Verhaltenskontrolle erfolgen. Die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung beinhaltet hier die Sicherung und anschließende Sichtung der Daten, wie vom Antragsteller in den Schreiben vom … November und … Dezember 2016 beschrieben. Infolge der Äußerung politischer Auffassungen während der dienstlichen Tätigkeit und des Auslegens des Magazins „…“ im Lehrerzimmer liegt es auch nahe, dass der Antragsgegner eine strikte Trennung zwischen privaten und dienstlichen Angelegenheiten nicht vornimmt.

Die unter Nr. II getroffene Anordnung, dass die Deutsche Post dem Antragsteller Auskunft darüber zu geben hat, ob der Antragsgegner Inhaber des Postfachs 1106 der „… …“ in … … ist, ist als Minus zu der in § 99 Satz 2 StPO vorgesehen Postbeschlagnahme zu sehen. Nach dieser Vorschrift ist eine Beschlagnahme von Postsendungen zulässig, bei denen aus vorliegenden Tatsachen zu schließen ist, dass sie von dem Beschuldigten herrühren oder für ihn bestimmt sind und dass ihr Inhalt für die Untersuchung Bedeutung hat. Im vorliegenden Fall ist aus Nummer und Ort des Postfachs, das am Dienstort des Antragsgegners eingerichtet ist und eine Ähnlichkeit mit dem Postfach der … … … … aufweist, zu schließen, dass der Antragsgegner möglicherweise Inhaber des Postfachs sein könnte und die dort lagernden Postsendungen möglicherweise für ihn bestimmt sein könnten. In der Beschlagnahmebefugnis ist das geringere Recht enthalten, von einem Postunternehmen Auskunft über Postsendungen zu verlangen (Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl. 2015, § 99 Rn. 14). Statt der von Antragsteller beantragten Auskunft, wer Inhaber des Postfachs ist, hat das Gericht die D. P. AG lediglich zu der Auskunft verpflichtet, ob dies der Antragsgegner ist. Soweit der Antrag über die angeordnete Maßnahme hinausging, war er abzulehnen. Mildere Mittel, bei denen nicht die Gefahr einer Vernichtung der einschlägigen Beweismittel besteht, sind nicht ersichtlich.

Zur Sicherstellung der Verhältnismäßigkeit war die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung zu befristen; die richterliche Prüfung kann die Einhaltung der rechtlichen Grundlagen nicht für unabsehbare Zeit gewährleisten.

3.2. Die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung steht auch zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis (vgl. Art. 29 Abs. 1 Satz 3 BayDG). Regelmäßig kommen entsprechende Zwangsmaßnahmen nur in Betracht, wenn die Zurückstufung oder die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erwarten ist (BayVGH, B.v. 28.4.2014 – 16b DC 12.2380 – juris Rn. 14 m.w.N.). Dies ist hier der Fall.

Vorliegend wiegt das dem Antragsgegner zu Last gelegte Dienstvergehen schwer. Das ihm vorgehaltene öffentliche Vertreten des Gedankenguts der „Reichsbürgerbewegung“ ist geeignet, seine Pflicht aus § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG, sich durch sein gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten, zu verletzen. Gleiches gilt für seine Pflicht aus § 33 Abs. 2 Satz 3 BeamtStG, bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus seiner Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten seines Amtes ergibt, und seine Pflicht aus § 34 Satz 3 BeamtStG, in seinem Verhalten der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert. Dabei handelt es sich um eine innerdienstliche Pflichtverletzung, was den Vorwurf verschärft. Denn die Pflicht zum Eintreten für die freiheitlich-demokratische Grundordnung ist unteilbar und nicht auf den dienstlichen Raum beschränkt (BayVGH, B.v. 28.4.2014, a.a.O. Rn. 15). Von einem Polizeibeamten kann verlangt werden, von der Unterstützung jeglicher Aktivitäten abzusehen, die gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtet sind (BVerwG, B.v. 7.9.2015 – 2 B 56/14 – juris Rn. 6).

Für Dienstpflichtverletzungen der vorliegenden Art gibt es keine disziplinare Regelmaßnahme. Hierfür ist die Handlungsbreite, in der Verletzungen der Pflicht zur Verfassungstreue und/oder eine Ansehensschädigung denkbar sind, zu groß, als dass sie einheitlichen Regeln unterliegen und in ihren Auswirkungen auf Achtung und Vertrauen gleichermaßen eingestuft werden könnten (BayVGH, B.v. 28.4.2014 – 16b DC 12.2380 – a.a.O. Rn. 16). Das Bundesverwaltungsgericht vertritt die Auffassung, dass die Verletzung der Pflicht eines Beamten, sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten, geeignet sein kann, das zwischen dem Beamten und seinem Dienstherrn bestehende Vertrauensverhältnis unheilbar zu zerstören, und somit seine Dienstentfernung zu rechtfertigen (BVerwG, B.v. 17.5.2001 – 1 DB 15/01 – juris Rn. 17). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof sieht insoweit die Zurückstufung oder die Entfernung aus dem Dienst als angemessene Maßnahmen an (BayVGH, B.v. 28.4.2014, a.a.O. Rn. 21). Das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt hält im Falle eines Polizeibeamten, der das Gedankengut der „Reichsbürgerbewegung“ vertritt, die Verhängung der disziplinaren Höchstmaßnahme für wahrscheinlich und hat keinen Zweifel daran, dass die Öffentlichkeit keinerlei Vertrauen in einen Polizeibeamten hätte, wenn sie wüsste, dass dieser die verfassungsmäßige Ordnung insgesamt in Frage stellt (OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 21.5.2015 – 10 M 4/15 u.a. – juris Rn. 32).

4. Die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung ist hinreichend bestimmt ausgestaltet. Da die Ermächtigung der Exekutive, im Wege der Durchsuchung in den grundrechtlich geschützten Bereich des Betroffenen einzugreifen, regelmäßig den Gerichten vorbehalten ist, trifft diese als Kontrollorgan zugleich die Pflicht, durch eine geeignete Formulierung des Durchsuchungsbeschlusses im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren sicherzustellen, dass der Eingriff in die Grundrechte messbar und kontrollierbar bleibt (BayVGH, B.v. 28.4.2014 – 16b DC 12.2380 – juris Rn. 22). Diesen Anforderungen genügen die tenorierten Maßnahmen.

5. Von einer Zustellung des Antrags und einer Anhörung des Antragsgegners vor Erlass des Beschlusses konnte abgesehen werden.

Zwar gebietet Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG) grundsätzlich die vorherige Anhörung des Antragsgegners. Die Sicherung gefährdeter Interessen kann jedoch in besonderen Verfahrenslagen einen sofortigen Zugriff notwendig machen, der die vorherige Anhörung ausschließt (BVerfG, B.v. 16.6.1981 – 1 BvR 1094/80 – juris Rn. 52 ff.). In diesen Fällen ist der Betroffene auf eine nachträgliche Anhörung zu verweisen, was Art. 29 Abs. 1 Satz 4 BayDG i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 1 StPO zulässt. Auch wenn zweifelhaft ist, ob der Antragsgegner infolge der Untersagung der Dienstgeschäfte und des gegen ihn ausgesprochenen Hausverbots derzeit Gelegenheit hat, auf seinen dienstlichen Computer zuzugreifen, konnte wegen der Einheitlichkeit der vorliegenden Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung und zur Sicherstellung des Erfolgs der Maßnahmen von der Zustellung des Antrags und seiner Anhörung vor Erlass der einheitlichen Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung abgesehen werden.

Aus den dargestellten Gründen war die handelnde Behörde mit der Zustellung des Beschlusses an den Antragsgegner zu beauftragen (Art. 3 BayDG, § 173 VwGO, § 168 Abs. 2 ZivilprozessordnungZPO).

Die Kostenentscheidung bleibt, weil es sich um eine unselbständige Nebenentscheidung handelt, dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

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published on 28/04/2014 00:00

Tenor Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Gründe Die Beschwerde ist, soweit zulässig, unbegründet. 1. Zulässig ist die Beschwerde, soweit der Antragsgegner die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Durchsuchungs
published on 20/06/2016 00:00

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published on 07/09/2015 00:00

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Annotations

(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt.

(1) Zulässig ist die Beschlagnahme der an den Beschuldigten gerichteten Postsendungen und Telegramme, die sich im Gewahrsam von Personen oder Unternehmen befinden, die geschäftsmäßig Post- oder Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken. Ebenso ist eine Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen zulässig, bei denen aus vorliegenden Tatsachen zu schließen ist, daß sie von dem Beschuldigten herrühren oder für ihn bestimmt sind und daß ihr Inhalt für die Untersuchung Bedeutung hat.

(2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 ist es auch zulässig, von Personen oder Unternehmen, die geschäftsmäßig Postdienste erbringen oder daran mitwirken, Auskunft über Postsendungen zu verlangen, die an den Beschuldigten gerichtet sind, von ihm herrühren oder für ihn bestimmt sind. Die Auskunft umfasst ausschließlich die aufgrund von Rechtsvorschriften außerhalb des Strafrechts erhobenen Daten, sofern sie Folgendes betreffen:

1.
Namen und Anschriften von Absendern, Empfängern und, soweit abweichend, von denjenigen Personen, welche die jeweilige Postsendung eingeliefert oder entgegengenommen haben,
2.
Art des in Anspruch genommenen Postdienstes,
3.
Maße und Gewicht der jeweiligen Postsendung,
4.
die vom Postdienstleister zugeteilte Sendungsnummer der jeweiligen Postsendung sowie, sofern der Empfänger eine Abholstation mit Selbstbedienungs-Schließfächern nutzt, dessen persönliche Postnummer,
5.
Zeit- und Ortsangaben zum jeweiligen Postsendungsverlauf sowie
6.
Bildaufnahmen von der Postsendung, die zu Zwecken der Erbringung der Postdienstleistung erstellt wurden.
Auskunft über den Inhalt der Postsendung darf darüber hinaus nur verlangt werden, wenn die in Satz 1 bezeichneten Personen oder Unternehmen davon auf rechtmäßige Weise Kenntnis erlangt haben. Auskunft nach den Sätzen 2 und 3 müssen sie auch über solche Postsendungen erteilen, die sich noch nicht oder nicht mehr in ihrem Gewahrsam befinden.

(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Eine Entscheidung des Gerichts, die im Laufe einer Hauptverhandlung ergeht, wird nach Anhörung der Beteiligten erlassen.

(2) Eine Entscheidung des Gerichts, die außerhalb einer Hauptverhandlung ergeht, wird nach schriftlicher oder mündlicher Erklärung der Staatsanwaltschaft erlassen.

(3) Bei einer in Absatz 2 bezeichneten Entscheidung ist ein anderer Beteiligter zu hören, bevor zu seinem Nachteil Tatsachen oder Beweisergebnisse, zu denen er noch nicht gehört worden ist, verwertet werden.

(4) Bei Anordnung der Untersuchungshaft, der Beschlagnahme oder anderer Maßnahmen ist Absatz 3 nicht anzuwenden, wenn die vorherige Anhörung den Zweck der Anordnung gefährden würde. Vorschriften, welche die Anhörung der Beteiligten besonders regeln, werden durch Absatz 3 nicht berührt.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Die Geschäftsstelle führt die Zustellung nach §§ 173 bis 176 Absatz 1 aus. Sie kann einen nach § 33 Abs. 1 des Postgesetzes beliehenen Unternehmer (Post) oder einen Justizbediensteten mit der Ausführung der Zustellung beauftragen. Den Auftrag an die Post erteilt die Geschäftsstelle auf dem dafür vorgesehenen Vordruck.

(2) Der Vorsitzende des Prozessgerichts oder ein von ihm bestimmtes Mitglied können einen Gerichtsvollzieher oder eine andere Behörde mit der Ausführung der Zustellung beauftragen, wenn eine Zustellung nach Absatz 1 keinen Erfolg verspricht.