Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 03. Apr. 2018 - 15 ZB 17.318

bei uns veröffentlicht am03.04.2018

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 6.975 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Mit Bescheid vom 15. Dezember 2015 übte die Beklagte gestützt auf § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB gegenüber den Beigeladenen, die laut notariellem Vertrag vom 27. August 2015 den Klägern die Grundstücke FlNrn. … und … der Gemarkung N. zu einem Kaufpreis von 150.000 Euro verkauft hatten, hinsichtlich des Teils der FlNr. …, der in dem am 5. Mai 1986 bekannt gemachten Bebauungsplan „F.“ als öffentliche Grünfläche festgesetzt ist, das Vorkaufsrecht aus. Die von den Klägern erhobene Anfechtungsklage mit dem Antrag, den Bescheid vom 15. Dezember 2015 aufzuheben, wies das Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 13. Dezember 2016 ab. Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgen die Kläger ihr Rechtsschutzbegehren weiter.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die von den Klägern geltend gemachten Zulassungsgründe, auf die sich die Prüfung des Senats beschränkt, liegen nicht vor bzw. sind nicht in einer Weise dargelegt worden, die den gesetzlichen Substanziierungsanforderungen genügt, § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO.

1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

a) Soweit die Kläger einwenden, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht eine ordnungsgemäße Anhörung gem. Art. 28 BayVwVfG angenommen, vermögen sie hiermit keine ausreichenden Gründe vorzubringen, um eine Berufungszulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu rechtfertigen.

Nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (für die Ausübung von Vorkaufsrechten vgl. BayVGH, U.v. 2.10.2013 – 1 BV 11.1944 – NVwZ-RR 2014, 132 = juris Rn. 32). Eine ordnungsgemäße Anhörung darf sich nicht in einer allgemeinen Erörterung erschöpfen. Vielmehr muss den Beteiligten im Rahmen des jeweiligen Verwaltungsverfahrens die Gelegenheit gegeben werden, zum Gang des Verfahrens, zum Gegenstand, zu den entscheidungserheblichen Tatsachen und zu dem möglichen Ergebnis innerhalb angemessener Frist Stellung zu nehmen; den Beteiligten muss die tatsächliche Möglichkeit gegeben werden, auf den Gang und das Ergebnis des Verfahrens Einfluss zu nehmen (vgl. BVerwG, U.v. 17.8.1982 – 1 C 22.81 – BVerwGE 66, 111 = juris Rn. 18; Kallerhoff/Mayen in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 28 Rn. 34 f.).

Das Verwaltungsgericht ist – korrekt darauf abstellend, dass Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG für die gebotene Anhörung keine Formanforderungen vorsieht und eine Anhörung hiernach auch mündlich erfolgen kann (vgl. ThürOVG, B.v. 9.8.1996 – 2 EO 669/96 – NVwZ-RR 1997, 287 = juris Rn. 27; VG München, U.v. 8.3.2012 – M 18 S 11.5405 – juris Rn. 54; Ritgen in Knack/Henneke, VwVfG, 10. Aufl. 2014, § 28 Rn. 63; Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 28 Rn. 39; Kallerhoff/Mayen a.a.O. Rn. 35) – nach tatrichterlicher Sachverhaltswürdigung zu der Überzeugung gelangt, dass die Voraussetzungen einer (mündlichen) Anhörung vorlagen. Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, die Kläger hätten mit der Beklagten über Alternativen zur Ausübung des Vorkaufsrechts verhandelt, nachdem die Beklagte dem mit der Beurkundung des Kaufvertrags beauftragten Notariat ihre Absicht mitgeteilt hatte, das Vorkaufsrecht auszuüben. Dies hätten die in der Behördenakte abgelegten E-Mails zwischen den Klägern, ihrem Architekten und dem ersten Bürgermeister der Beklagten sowie der ebenfalls in der Behördenakte abgelegte Vermerk zur Gemeinderatssitzung vom 3. November 2015 erkennen lassen.

Dem haben die Kläger keinen hinreichenden Gegenvortrag entgegengesetzt. Ihre Behauptungen, dass der Vermerk über die Gemeinderatssitzung vom 3. November 2015 keinen hinreichenden Nachweis für die Entbehrlichkeit einer förmlichen Anhörung biete und dass die Ausführungen des Erstgerichts nicht ausreichten, um zu begründen, dass eine Anhörung stattgefunden habe, werden den Anforderungen an die Darlegung des Zulassungsgrundes gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht gerecht (vgl. BayVGH, B.v. 26.9.2016 – 15 ZB 16.1365 – juris Rn. 8 m.w.N.). Insofern hätten die Kläger zur Untermauerung der Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO substanziiert vortragen müssen, was bei den Gesprächen und Verhandlungen mit dem Bürgermeister tatsächlich konkret geäußert worden ist und warum dies im Einzelnen den Anforderungen an eine mündliche Anhörung nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG nicht genügte. Dies ist in der Zulassungsbegründung unterblieben. Soweit der Einwand der Kläger in der Sache darauf zielt, es liege kein hinreichender Nachweis für eine tatsächlich stattgefundene mündliche Anhörung im o.g. Sinn vor, vermag dieser Angriff auf die tatrichterliche Überzeugungsbildung (Beweisbzw. Sachverhaltswürdigung) zudem keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils zu begründen. Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Soweit eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts gerügt wird, liegt der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur dann vor, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind. Solche Umstände führt die Zulassungsbegründung aber nicht auf. Allein die Möglichkeit einer anderen Sachverhaltsbewertung rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht (vgl. BayVGH, B.v. 6.9.2011 – 14 ZB 11.409 – juris Rn. 5; B.v. 21.1.2013 – 8 ZB 11.2030 – juris Rn. 17 m.w.N; B.v. 14.3.2013 – 22 ZB 13.103 – juris Rn. 11; B.v. 7.10.2015 – 15 ZB 12.2042 – juris Rn. 19). Unabhängig hiervon spricht für die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, die Beklagte habe die Käufer ordnungsgemäß mündlich angehört, neben dem Vermerk über die Gemeinderatssitzung vom 3. November 2015 auch das in den Behördenakten befindliche Schreiben der Bevollmächtigten der Kläger an die Beklagte vom 8. Dezember 2015. Dieses Schreiben, in dem sich die Kläger – vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheids vom 15. Dezember 2015 – gegen die anstehende Ausübung des Vorkaufsrechts mit den Argumenten wenden, dass die Beklagte entgegen ihrer Auffassung kein Vorkaufsrecht habe und dass im Übrigen die Ausübungsfrist gem. § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB bereits abgelaufen sei, zeigt, dass die Kläger in der Sache mit der anstehenden Absicht der Beklagten, ein Vorkaufsrecht auszuüben, konkret konfrontiert worden sein dürften.

b) Der Einwand der Kläger, der Gemeinderatsbeschluss vom 6. Oktober 2015 sei als Grundlage der Vorkaufsrechtsausübung wegen rechtswidrigen Ausschlusses der Öffentlichkeit nichtig, vermag ebenfalls die Berufungszulassung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht zu begründen.

Es spricht Vieles dafür, dass die Entscheidung, ob ein Vorkaufsrecht ausgeübt wird, als Angelegenheit der kommunalen Selbstverwaltung zur Wahrung der gemeindlichen Kompetenzordnung grundsätzlich einer wirksamen Beschlussfassung des Gemeinderats nach Art. 30 Abs. 2 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (Gemeindeordnung – GO) bedarf (VG Augsburg, U.v. 19.9.2013 – Au 5 K 13.140 – juris Rn. 31 f.; VG Aachen, U.v. 22.5.2012 – 3 K 347/11 – juris Rn. 21 ff.). Bundesrecht steht einer landesrechtlichen Regelung nicht entgegen, wonach die Ausübung des Vorkaufsrechts als Grundstücksangelegenheit in nichtöffentlicher Sitzung zu behandeln ist oder behandelt werden kann (BVerwG, B.v. 15.3.1995 – 4 B 33.95 – NVwZ 1995, 897 = juris Rn. 6; VG Augsburg, U.v. 19.9.2013 a.a.O.). Ob der Gemeinderat öffentlich oder nichtöffentlich berät und entscheidet bzw. unter welchen Voraussetzungen die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden kann oder muss, beurteilt sich mithin nach dem jeweiligen Landesrecht. Soweit sich die Kläger daher auf das baden-württembergische Landesrecht (§ 35 Abs. 1 GemO BW) und die hierzu ergangene Rechtsprechung berufen, wonach die Beratung und Entscheidung über die Ausübung eines gemeindlichen Vorkaufsrechts grundsätzlich in öffentlicher Sitzung zu erfolgen habe (OLG Stuttgart, U.v. 11.11.2013 – 102 U 1/13 – juris Rn. 28 ff.; VGH Mannheim, U.v. 23.6.2015 – 8 S 1386/14 – VBlBW 2016, 34 = juris Rn. 42 ff.), greift dies zu kurz; es bedarf vielmehr – im Zulassungsverfahren wegen § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO – einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit der konkret einschlägigen bayerischen Regelung in Art. 52 Abs. 2 Satz 1 GO (vgl. hierzu auch Gaß, BayVBl. 2016, 463 ff.). Hiernach sind die Sitzungen des Gemeinderats öffentlich, soweit nicht Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit oder auf berechtigte Ansprüche Einzelner entgegenstehen. Über den Ausschluss der Öffentlichkeit wird in nichtöffentlicher Sitzung beraten und entschieden, Art. 52 Abs. 2 Satz 2 GO. Unabhängig von der in Rechtsprechung und Literatur umstrittenen – und hier offen zu lassenden – Frage, ob Art. 52 Abs. 2 GO als bloße Ordnungsvorschrift anzusehen ist, sodass dessen Missachtung ggf. von vornherein nicht zur Unwirksamkeit des Ratsbeschlusses führen würde (vgl. BayVGH, B.v. 14.3.2000 – 4 ZB 97.1313 u. 4 C 97.1396 – BayVBl. 2000, 695 – juris Rn. 5 mw.N.; VG Bayreuth, B.v. 16.2.2009 – B 2 E 08.1234 – juris Rn. 34 f.; a.A. für einen Satzungserlass BayVGH, 26.1.2009 – 2 N 08.124 – BayVBl. 2009, 344 = juris Rn. 8; zuletzt offenlassend BayVGH, B.v. 20.4.2015 – 4 CS 15.381 – NVwZ-RR 2015, 627= juris Rn. 13; VG Würzburg, U.v. 19.4.2016 – W 4 K 15.524 – juris Rn. 19), ist einer bayerischen Gemeinde – und so auch hier der Beklagten – bei der Anwendung und Auslegung der Rechtsbegriffe „Wohl der Allgemeinheit“ und „berechtigte Ansprüche Einzelner“ ein gewisser Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum eingeräumt (BayVGH, B.v. 20.4.2015 a.a.O. Rn. 16 m.w.N.; VG Würzburg, U.v. 19.4.2016 a.a.O. Rn. 22 ff.; Gaß, BayVBl. 2016, 463/465). Vor dem Hintergrund der typischen Betroffenheit sensibler Daten der Kaufvertragsparteien oder Dritter wird es in der bayerischen Verwaltungsrechtsprechung als grundsätzlich vertretbar und daher im Rahmen des Beurteilungsspielraums angesehen, die Behandlung von Grundstücksvorkaufsrechten in nichtöffentlicher Sitzung zu behandeln (VG Augsburg, U.v. 19.9.2013 a.a.O.; VG Würzburg, U.v. 19.4.2016 a.a.O. Rn. 22; Gaß, BayVBl. 2016, 463/465; Eder, KommPrax BY 1991, 420 f.; Glaser in Widmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, Stand: Dezember 2015, Art. 52 Rn. 11; Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Stand: Mai 2017, zu Art. 52 GO Rn. 12; vgl. auch BayVGH, 26.1.2009 a.a.O.; BVerwG, B.v. 15.3.1995 a.a.O.).

Hieraus folgt, dass für den Fall, dass sich ein Rechtsmittelführer im Berufungszulassungsverfahren im Rahmen der Geltendmachung eines Zulassungsgrundes gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf die Unwirksamkeit eines Gemeinderatsbeschlusses wegen behaupteter Rechtswidrigkeit eines Öffentlichkeitsausschlusses beruft, ihn gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO die Obliegenheit trifft, sich mit den konkreten Umständen des vorliegenden Falles auseinanderzusetzen und hierzu im Einzelnen auszuführen, warum die Geheimhaltungsinteressen beider Vertragsparteien als so geringwertig anzusehen sind, dass ein Öffentlichkeitsausschluss außerhalb des eingeräumten Beurteilungsspielraums lag. Substanziierte Ausführungen dazu, ob – und falls ja warum – die Beklagte sich bei ihrer Entscheidung, die Öffentlichkeit auszuschließen, außerhalb des Rahmens von Art. 52 Abs. 2 GO bewegt hat resp. warum im konkreten Einzelfall das Interesse der Vertragsparteien an der vertraulichen Behandlung ihrer Daten gegenüber dem Interesse an einer Behandlung in einer öffentlichen Sitzung hätte zurücktreten müssen, sind von den Klägern im Berufungszulassungsverfahren nicht vorgebracht worden. Die von den Klägern allein gegebene Begründung, dass der Gemeinderat – wie aus Sicht der obergerichtlichen Rechtsprechung in Baden-Württemberg nach dortiger Rechtslage – grundsätzlich in öffentlicher Sitzung über die Ausübung eines Vorkaufsrechts verhandeln und beschließen müsse, entspricht jedenfalls so nicht der Rechtslage in Bayern.

c) Entgegen dem Vorbringen des Klägers ist die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils des Verwaltungsgerichts nicht deshalb ernsthaft zweifelhaft, weil dort zu Unrecht von den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB ausgegangen wird. Nach der genannten Norm darf das Vorkaufsrecht nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt.

Die Kläger haben vorgebracht, es fehle an einem Bedarf. Die vorhandene Grünfläche auf FlNr. … werde bereits kaum genutzt, was durch gerichtlichen Augenschein ohne weiteres hätte festgestellt werden können. Die Aktivitäten fänden auf FlNr. … im Jugendhaus – das unter Denkmalschutz stehe und daher baulich nicht erweitert werden könne – statt. Die Steigerung der Einwohnerzahl der Beklagten seit 31. Dezember 1985 von 1.808 auf 1.923, also um ca. 6,4%, rechtfertige ebenfalls keinen zusätzlichen Bedarf an weiteren Grünflächen im Baugebiet F.. Der mangelnde Bedarf gehe auch aus dem Beschluss des Gemeinderats vom 1. Dezember 2015 hervor, soweit hiernach die Grundstücke FlNr. … und FlNr. … vollständig erworben werden sollen, wenn die Kläger vom Kaufvertrag wegen der Ausübung des Vorkaufsrechts zurückträten. Hieraus ergebe sich, dass es der Beklagten tatsächlich gar nicht um die Nutzung als öffentliche Grünflächen gehe. Es liege auf der Hand, dass die Beklagte die gesamte Fläche, die sie erwerben wolle, tatsächlich anderweitig nutzen und verwerten wolle. Damit wolle die Beklagte tatsächlich auch keine Festsetzungen des Bebauungsplans verfolgen.

Dieses Vorbringen vermag die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Ausübung des Vorkaufsrechts sei vom Wohl der Allgemeinheit gem. § 24 Abs. 3 BauGB gerechtfertigt, nicht in Frage zu stellen. Im Gegensatz zur Enteignung, die zur Voraussetzung hat, dass das Wohl der Allgemeinheit eine solche e r f o r d e r t (vgl. § 87 Abs. 1 BauGB), ist es bei der Ausübung des Vorkaufsrechts ausreichend, wenn das Wohl der Allgemeinheit eine solche Ausübung r e c h t f e r t i g t. Gegenüber einer Enteignung werden damit an die Ausübung des Vorkaufsrechts qualitativ geringere Anforderungen gestellt (BVerwG, B.v. 15.2.1990 – 4 B 245.89 – NJW 1990, 2703 = juris Rn. 9; BayVGH, U.v. 26.6.1985 – 1 B 84 A.1420 – BayVBl. 1986, 181/182; OVG Lüneburg, U.v. 28.2.1980 – 1 A 109/78 – BauR 1981, 262/263; Hanseat. OLG, U.v. 11.7.2012 – 1 U 1/11 Baul – juris Rn. 36; VG Augsburg, U.v. 19.9.2013 – Au 5 K 13.140 – juris Rn. 38; Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 24 Rn. 20 m.w.N.). Die verschiedenen Regelungen beruhen auf der unterschiedlichen Intensität des Eingriffs in zivile Rechtspositionen: Im Falle des Vorkaufsrechts erleidet der Verkäufer keinen zwangsweisen Zugriff auf sein Eigentum, vielmehr ist er zu dessen Aufgabe freiwillig bereit, auch wenn er sich ggf. auf den Verkehrswert des Grundstücks verweisen lassen muss (vgl. § 28 Abs. 3 und Abs. 4 BauGB). Für den Käufer (wie hier die Kläger) äußert sich die privatrechtsgestaltende Wirkung der Ausübung des Vorkaufsrechts darin, dass sein Anspruch auf Übereignung des Grundstücks nicht mehr erfüllt werden kann (OVG Rh-Pf, U.v. 12.4.2011 – 8 A 11405/10 – NVwZ-RR 2011, 611 = juris Rn. 33; zur diesbezüglichen Eingriffswirkung vgl. auch BVerwG, B.v. 30.11.2009 – 4 B 52.09 – BRS 74 Nr. 130 = juris Rn. 5). Es genügt daher für § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB, wenn der Erwerb der Grundstücke im Rahmen der tatbestandlichen Voraussetzungen zu den vom Gesetzgeber gebilligten bodenpolitischen, eigentumspolitischen und städtebaulichen Zwecken erfolgt und damit überwiegende Vorteile für die Allgemeinheit angestrebt werden (BVerwG, B.v. 15.2.1990 – 4 B 245.89 – NJW 1990, 2703 = juris Rn. 9; BayVGH, U.v. 6.7.2014 – 2 B 13.2570 – BayVBl 2015, 274 = juris Rn. 16; Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 24 Rn. 20; Paetow in Berliner Kommentar zum BauGB, Stand: Februar 2018, § 24 Rn. 21; Spieß in Jäde/Dirnberger, BauGB/BauNVO, 8. Aufl. 2017, zu § 25 BauGB Rn. 21; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautz-berger, BauGB, Stand: Oktober 2017, § 24 Rn. 64). In den Fällen des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB erfüllt die Ausübung des Vorkaufsrechts regelmäßig schon dann dieses Erfordernis, wenn die Gemeinde das Eigentum am Grundstück erstrebt, um dort den in einem rechtsverbindlichen Bebauungsplan festgesetzten Gemeinbedarfs-Zweck zu erfüllen bzw. um die Verwirklichung der im Bebauungsplan der Beklagten festgelegten Planungsvorstellungen zu erleichtern oder zu ermöglichen (vgl. BayVGH, U.v. 26.6.1985 – 1 B 84 A.1420 – BayVBl. 1986, 181/182; OVG Lüneburg, B.v. 27.5.2008 – 1 ME 77/08 – BauR 2008, 1570 = juris Rn. 5; Hanseat. OLG, U.v. 11.7.2012 – 1 U 1/11 Baul – juris Rn. 36 m.w.N.; VG Augsburg, U.v. 19.9.2013 – Au 5 K 13.140 – juris Rn. 39; Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 24 Rn. 22).

Letzteres ist hier der Fall. Das Vorkaufsrecht steht der Beklagten auf der Grundlage des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB beim Kauf von Grundstücken im Geltungsbereich eines Bebauungsplans zu, soweit es sich um Flächen handelt, für die nach dem Bebauungsplan eine Nutzung für öffentliche Zwecke festgesetzt ist. Zu den Flächen mit öffentlicher Zweckbestimmung gehören u.a. auch öffentliche Grünflächen i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB (Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Oktober 2017, § 24 Rn. 20). Allein der Umstand, dass der Bebauungsplan schon ein Alter von über 30 Jahren aufweist, macht ihn bzw. seine Festsetzungen nicht automatisch unwirksam. Umstände, wonach der Bebauungsplan unwirksam sein könnte bzw. er oder die Grünflächenfestsetzung auf der von der Ausübung des Vorkaufsrechts betroffenen Teilfläche der FlNr. … funktionslos (obsolet) geworden sein könnten (zu den Anforderungen hierzu vgl. z.B. BVerwG, B.v. 22.7.2010 – 4 B 22.10 – ZfBR 2010, 787 = juris Rn. 7 ff.; BayVGH, B.v. 13.10.2017 – 15 ZB 14.1788 – juris Rn. 11 m.w.N.), sind im Berufungszulassungsverfahren nicht vorgetragen worden. Das Verwaltungsgericht hat auch zu Recht darauf abgestellt, dass die Beklagte dargelegt hat, die vom Vorkaufsrecht betroffene Teilfläche entsprechend dem Bebauungsplan als öffentliche Grünfläche zur Erweiterung des gemeindlichen Jugendhauses auf dem nördlich angrenzenden Grundstück FlNr. … nutzen zu wollen, weil dieser Zweck den ausdrücklichen Erwägungen in der Begründung zum Bebauungsplan F.. entspricht, wo es z.B. heißt:

„Eingespannt zwischen beiden Stichstraßenerschließungen ist ein öffentlicher Grünanger von ca. 1100 qm, der als Angelpunkt funktional (Jugendhaus) und gestalterisch (in hohem Maße ortsbildprägend) das ehemalige Armenhaus der Gemeinde hat.“

Zwar ist den Klägern darin zuzustimmen, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht mehr vom Gemeinwohl gedeckt wird, wenn die Gemeinde einen Gemeinwohlzweck lediglich vorspiegelt, tatsächlich das Grundstück aber aus reinem Gewinnstreben erwerben möchte (siehe BGH, U.v. 22.3.1965 – III ZR 211/63 – DVBl. 1966, 264, 266; Hanseat. OLG, U.v. 11.7.2012 – 1 U 1/11 Baul – juris Rn. 38). Insofern ist aber das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner tatrichterlichen Überzeugungsbildung zu dem Ergebnis gelangt, dass keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Beklagte tatsächlich keine Grünfläche habe schaffen wollen. Insbesondere sei der Umstand, dass die Beklagte sich mit dem Gemeinderatsbeschluss vom 1. Dezember 2015 dazu entschlossen habe, im Falle des Rücktritts der Kläger vom Kaufvertrag die zum Verkauf stehenden Grundstücke zu erwerben, kein Indiz dafür, dass es der Beklagten ausschließlich um einen Grundstückserwerb und nicht um eine Umsetzung der Festsetzungen des Bebauungsplans gehe. Vielmehr sei – so das Verwaltungsgericht – dies als Maßnahme zu bewerten, um auch gegenüber den Beigeladenen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren und ihnen weiterhin die Möglichkeit zu belassen, ihre Grundstücke wie beabsichtigt zu verkaufen. Diese Erwägungen zur Sachverhaltsbewertung nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO sind logisch-rational nachvollziehbar und daher mit der auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützten Einwendung der Kläger nicht mit Erfolg angreifbar, vgl. oben zu a). Unabhängig davon, dass ernstliche Zweifel i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO grundsätzlich nicht mit einer aus Sicht des Rechtsmittelführers falschen Sachverhaltsbewertung / Beweiswürdigung des Tatsachengerichts begründet werden können, wird die Richtigkeit der Annahmen des Verwaltungsgerichts durch den in den Akten befindlichen Auszug aus dem Beschlussbuch des Gemeinderates der Beklagten über die nichtöffentliche Sitzung vom 1. Dezember 2015 bestätigt; denn hierin wird zum Sachverhalt mitgeteilt, dass die Beigeladenen gefordert hätten, die Beklagte solle beide Grundstücke erwerben, falls die Kläger vom Kauf zurücktreten sollten. Dies ergibt sich auch aus dem in den Akten der Beklagten befindlichen Schreiben der Beigeladenen an die Beklagte vom 9. November 2015. Im Übrigen erscheint der Vortrag der Beklagten nachvollziehbar, wonach die Entwicklung der Einwohnerzahl nicht der allein ausschlaggebende Faktor für einen Grünflächenbedarf darstelle und dass speziell der vom Vorkaufsrecht umfasste Grundstücksteil es ermögliche, beim Jugendhaus eine weitere Entwicklung voranzubringen. Insofern ist einer Gemeinde mit Blick auf das in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG sowie in Art. 11 Abs. 2 Satz 2 der Verfassung des Freistaates Bayern verfassungsrechtlich gewährleistete Selbstverwaltungsrecht eine Einschätzungsprärogative einzuräumen.

d) Aus dem Zusammenhang mit den voranstehenden Erwägungen zu § 14 Abs. 3 Satz 1 BauGB ergibt sich ferner, dass die Kläger die Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht erfolgreich mit ihrer Einwendung geltend machen können, die Beklagte habe – was vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt worden sei – es rechtswidrig unterlassen, den zu zahlenden Betrag gem. Art. 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB durch Verwaltungsakt nach Maßgabe des Enteignungsentschädigungsrechts festzulegen.

Gemäß § 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB bestimmt die Gemeinde in den Fällen des § 24 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 den zu zahlenden Betrag nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Fünften Teils des BauGB (also gem. §§ 93 ff. BauGB), wenn der Erwerb des Grundstücks für die Durchführung des Bebauungsplans erforderlich ist und es nach dem festgesetzten Verwendungszweck enteignet werden könnte. Während nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht für die Erfüllung des Tatbestands des § 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB insofern entscheidend sei, ob das Grundstück bereits im Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts gemäß § 87 Abs. 1 BauGB hätte enteignet werden können (Grziwotz, KommJur 2013, 53/55), lässt die Gegenansicht eine Enteignungsmöglichkeit zu einem späteren Zeitpunkt genügen (so BGH, U.v. 11.10.2007 – III ZR 298/06 – BGHZ 174, 25 = juris Rn. 7; Hanseat. OLG, U.v. 11.7.2012 – 1 U 1/11 Baul – juris Rn. 31; Paetow in Berliner Kommentar zum BauGB, Stand: Februar 2018, § 28 Rn. 39; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, BauGB, Stand: Oktober 2017, § 28 Rn. 81; Spieß in Jäde/Dirnberger u.a., BauGB/BauNVO, 8. Aufl. 2017, § 28 Rn.28). Auch wenn man der zuletzt genannten Ansicht folgt, bestehen zwar für die Tatbestandsmäßigkeit des § 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB keine allzu hohen Anforderungen, dennoch fordert sowohl die Auslegung anhand des Wortlauts des § 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB als auch der systematische Vergleich zu § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 BauGB, dass die zusätzlichen tatbestandlichen Anforderungen gem. § 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB über die tatbestandlichen Anforderungen für die Vorkaufsrechtsausübung hinausgehen.

Materielle Rechtsfolge des § 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB ist bei Vorliegen seiner Voraussetzungen, dass die Gemeinde bei der Ausübung dieses Vorkaufsrechts den Preis für das Grundstück abweichend vom Kaufpreis – ohne verbleibendes Ermessen – festsetzen muss, indem sie den vereinbarten Kaufpreis durch den Entschädigungswert nach den Grundsätzen für die Enteignungsentschädigung ersetzt. Unterlässt sie dies, indem sie sich auf die bloße Ausübung des Vorkaufsrechts beschränkt, ohne zugleich den Entschädigungswert zu bestimmen, ist der Bescheid grundsätzlich unvollständig und damit rechtswidrig; anders als in § 28 Abs. 3 BauGB ist der Gemeinde insoweit kein Wahlrecht eingeräumt (zum Ganzen: OLG Koblenz, B.v. 16.1.2017 – 1 W 582/16 – MDR 2017, 270 = juris Rn. 10 ff.; OLG Hamburg, B.v. 5.7.2001 – 1 BaulW 2/01 – juris Rn. 7; VG Frankfurt, U.v. 23.12.2014 – 7 K 956/12 – juris Rn. 18; Grziwotz, KommJur 2013, 53/55 f.; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, BauGB, Stand: Oktober 2017, § 28 Rn. 83; Reidt in Battis/Krautz-berger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 28 Rn. 16; Paetow in Berliner Kommentar zum BauGB, Stand: Februar 2018, § 28 Rn. 42; nach Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 28 Rn. 16 soll demgegenüber eine Festsetzung im Ausübungsbescheid nur dann erforderlich sein, wenn die Gemeinde den vereinbarten Verkaufspreis nicht als den Entschädigungs- / Verkehrswert ansieht).

Auf diesbezügliche Einzelfragen – so z.B., ob eine „Zerlegung“ in eine Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts und eine Festsetzung des Entgelts durch zwei separate Bescheide in jedem Fall unzulässig wäre (so OLG Koblenz a.a.O. juris Rn. 13 m.w.N.) und ob der Grundstückskäufer (im Gegensatz zum Verkäufer) durch die Bestimmung des zu zahlenden Betrages überhaupt im rechtlichen Sinne betroffen sein kann (ablehnend VG München, U.v. 13.5.2013 – M 8 K 12.3486 – juris Rn. 66, 67) – kommt es vorliegend im Ergebnis nicht an (zum Rechtsweg im Fall des § 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB mit Blick auf § 217 Abs. 1 Satz 1 und Satz 4 BauGB vgl. OLG Hamburg, B.v. 5.7.2001 – 1 BaulW 2/01 – juris Rn. 7; OLG Koblenz, B.v. 16.1.2017 – 1 W 582/16 – MDR 2017, 270 = juris Rn. 12 ff.; vgl. auch OVG LSA, B.v. 15.4.2013 – 3 O 80/12 – juris Rn. 4; VG Frankfurt, U.v. 23.12.2014 – 7 K 956/12 – juris Rn. 15). Es trifft zwar – wie die Kläger vortragen – zu, dass laut dem in den Akten befindlichen Auszug aus dem Beschlussbuch des Gemeinderates der Beklagten über die nichtöffentliche Sitzung vom 1. Dezember 2015 der Gemeinderat an diesem Tag lediglich formlos beschlossen hat, für die vom Vorkaufsrecht betroffene Teilfläche in Orientierung an den vereinbarten Kaufpreis einen Preis von 124 Euro/m² zu bezahlen, ohne dass eine entsprechende Festsetzung im Bescheid vom 15. Dezember 2015 aufgenommen wurde. Die Kläger haben aber im Berufungszulassungsverfahren nicht in einer die Darlegungsanforderungen gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO erfüllenden Art und Weise dargelegt, dass überhaupt die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB vorliegen: Da – wie vorher unter c) aufgezeigt – § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB im Vergleich zu § 87 BauGB geringere Rechtmäßigkeitshürden aufstellt und somit schon nach dem unterschiedlichen Wortlaut dieser Vorschriften an die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts nicht die gleichen strengen Anforderungen wie an die Zulässigkeit einer Enteignung gestellt werden, kann nicht automatisch aufgrund des Vorliegens eines Falls des § 24 Abs. 1 Nr. 1 BauGB auf die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB geschlossen werden (vgl. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautz-berger, BauGB, Stand: Oktober 2017, § 28 Rn. 82). Auch wenn bei Ausübung eines Vorkaufsrechts für öffentliche Zwecke aufgrund eines rechtsverbindlichen Bebauungsplans häufig eine Enteignung gerechtfertigt ist oder potenziell später gerechtfertigt sein kann, ist dies jedoch nicht immer der Fall und auch nicht für die Rechtmäßigkeit der Vorkaufsrechtsausübung nach Maßgabe von § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB erforderlich (Griwotz, KommJur 2013, 53/54). Liegen demnach zwar die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Nr. 1 BauGB vor, nicht jedoch diejenigen der Enteignung, verbleibt es grundsätzlich – vorbehaltlich einer im vorliegenden Berufungszulassungsverfahren nicht thematisierten Anwendung des § 28 Abs. 3 BauGB – hinsichtlich der Gegenleistung bei dem Kaufpreis nach Maßgabe des zwischen den Vertragsparteien geschlossenen notariellen Kaufvertrags (Griwotz, KommJur 2013, 53/56).

Aus dem streitgegenständlichen Bescheid vom 15. Dezember 2015 sowie den dem Senat vorliegenden Unterlagen ergibt sich vorliegend lediglich, dass die Beklagte das Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 Satz Nr. 1 BauGB ausgeübt hat. Sie hat sich zur Begründung der Ausübung des Vorkaufsrechts zwar darauf berufen, dass gemäß dem rechtsverbindlichen Bebauungsplan „F.“ am Grundstück FlNr. … eine Nutzung als öffentliche Grünfläche ausgewiesen sei und dass die Ausübung des Vorkaufsrechts aus bauleitplanerischen Gründen geboten sei, um eine geordnete städtebauliche Entwicklung entsprechend den Festsetzungen dieses Bebauungsplans zu sichern. Damit hat die Beklagte lediglich die Voraussetzungen des § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB begründet (s.o.). Eine Aussage, dass die Beklagte darüber hinaus davon ausgegangen sei, der von der Vorkaufsrechtsausübung betroffene Grundstücksteil könne i.S. von § 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB nach dem festgesetzten Verwendungszweck auch enteignet werden, ist demgegenüber weder dem angefochtenen Bescheid noch dem behördlichen Aktenvorgang zu entnehmen. Unabhängig hiervon liegt angesichts des Umstands, dass das betroffene Areal bereits über eine entsprechende Grünfläche verfügt und der geltende Bebauungsplan hinsichtlich der Grünflächenfestsetzung auf dem vom Vorkaufsrechtsausübung betroffenen Grundstücksteil über einen Zeitraum vom ca. 30 Jahren seit Bekanntmachung des Bebauungsplans nicht umgesetzt wurde, auch nicht auf der Hand, dass neben den Voraussetzungen des § 24 Abs. 3 Satz 1 VwGO auch die strengeren Enteignungsvoraussetzungen gem. § 87 BauGB im Zeitpunkt der Vorkaufsrechtsausübung vorlagen bzw. auf der Beurteilungsgrundlage zu diesem Zeitpunkt zukunftsbezogen hätten vorliegen können. Denn aufgrund der freiheitssichernden Funktion des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 GG) ist im Rahmen der Prüfung des Übermaßverbots bei § 87 Abs. 1 BauGB ein besonders schwerwiegendes, dringendes öffentliches Interesse zu verlangen (BayVGH, U.v. 28.4.2017 – 15 N 15.967 – juris Rn 59; Battis in Battis/ Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 87 Rn. 2 m.w.N.; Runkel in Ernst/ Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Oktober 2017, § 87 Rn. 21 f.). Jedenfalls vor diesem Hintergrund – ohne dass der Senat hier eine inzidente Rechtmäßigkeitsprüfung aller Einzelheiten einer potenziellen Enteignung durchzuführen hätte – wäre daher der Umstand, dass die Gemeinde bereits ca. drei Jahrzehnte zugewartet hat, bei der Rechtsanwendung des § 87 Abs. 1 BauGB in Rechnung zu stellen.

Folgt aber aus der Einschlägigkeit des Tatbestands des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB kein Automatismus in dem Sinne, dass dann immer auch der Tatbestand des § 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB erfüllt ist und die Gemeinde daher den zu zahlenden Preis regelmäßig und immer im Ausübungsbescheid festsetzen muss, hat dies im vorliegenden Fall Konsequenzen für die Erfüllung der Darlegungsobliegenheiten gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO im Rahmen der Berufungszulassungsbegründung: Es ist Sache des Rechtsmittelführers, der die Einschlägigkeit des § 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB für sich geltend macht und implizit behauptet, das Erstgericht habe die Regelung zu Unrecht außer Betracht gelassen, substanziiert in Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung darzulegen, warum der Tatbestand des § 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB erfüllt ist, hier insbesondere, warum der von der Vorkaufsrechtsausübung betroffene Grundstücksteil nach dem festgesetzten Verwendungszweck im Sinne der Norm enteignet werden könnte. Die Kläger haben sich demgegenüber in ihrer Zulassungsbegründung ohne nähere begründende Ausführungen auf die apodiktische Behauptung beschränkt, dass vorliegend grundsätzlich eine Enteignung gem. § 85 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zulässig sei und dass die Beklagte deshalb den zu zahlenden Betrag durch Verwaltungsakt nach Maßgabe des Enteignungsentschädigungsrechts hätte festlegen müssen. Warum eine Enteignung grundsätzlich zulässig sein soll, wird nicht im Ansatz ausgeführt, zumal das Vorbringen in der Zulassungsbegründung gegen die Einschlägigkeit der weniger strengen Voraussetzungen des § 24 Abs. 3 Satz 1 VwGO im Gegenteil zeigt, dass die Kläger erst recht nicht von den strengeren Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB ausgegangen sind. Sie sind damit auch diesbezüglich den Anforderungen an die Darlegung des Berufungszulassungsgrundes (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 i.V. mit § 124a Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht gerecht geworden.

e) Das Verwaltungsgericht ging entgegen dem Vorbringen der Kläger zu Recht davon aus, dass die Beklagte die zweimonatige Vorkaufsrechtausübungsfrist gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB eingehalten hat.

Im Vorfeld des streitgegenständlichen Bescheids teilte der beurkundende Notar der Beklagten mit Schreiben vom 31. August 2015 – ohne Übermittlung des Kaufvertrages und ohne Angabe des Kaufpreises und sonstiger Details zum Vertragsinhalt – die Veräußerung der Grundstücke mit und bat um Überprüfung des Bestehens eines Vorkaufsrechts sowie um Mitteilung, ob dieses ggf. ausgeübt werde. Hierauf beschloss der Gemeinderat der Beklagten in nichtöffentlicher Sitzung vom 6. Oktober 2015 die Ausübung des Vorkaufsrechts für die ca. 200 – 250 m² große Teilfläche der FlNr. …, die im Bebauungsplan als öffentliche Grünfläche festgesetzt ist, und teilte dem Notar dies mit Schreiben vom 13. Oktober 2015 mit. Erst mit Schreiben vom 22. Oktober 2015, das der Beklagten am Folgetag zuging, übersandte der beurkundende Notar der Beklagten eine Ausfertigung des notariellen Kaufvertrags. Der streitgegenständliche Bescheid vom 15. Dezember 2015 erging, nachdem der Gemeinderat der Beklagten am 3. November 2015 den Vorschlag der Kläger, anstelle der Ausübung des Vorkaufsrechts Grundstücksflächen zu tauschen, abgelehnt hatte und die Beklagte den Beigeladenen mit Schreiben vom 12. November 2015 mitgeteilt hatte, auf dem Vorkaufsrecht zu bestehen.

Das Verwaltungsgericht hat abstellend auf diesen – unstreitigen, sich im Übrigen aus den Behördenakten ergebenden – Sachverhalt in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ausgeführt, die Zweimonatsfrist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB habe erst mit Eingang des vollständigen Kaufvertrags bei der Beklagten am 23. Oktober 2015 zu laufen begonnen, sodass die Ausübung des Vorkaufsrechts mit Bescheid vom 15 Dezember 2015 und dessen Zugang bei den Beigeladenen am 17. Dezember 2015 rechtzeitig erfolgt seien. Weder der am 2. September 2015 erfolgte Zugang des notariellen Schreibens vom 31. August 2015 noch die Beschlussfassung des Gemeinderats am 6. Oktober 2015 mit dem Inhalt, das Vorkaufsrecht ausüben zu wollen, habe den Lauf der Ausübungsfrist in Gang setzen können. Die in der Praxis übliche formlose Information eines Grundstücksverkaufs an die Gemeinde ohne weitere Vertragsdetails, diene – so das Verwaltungsgericht weiter – der Vorklärung eines sog. Negativattests i.S. von § 28 Abs. 1 Satz 4 BauGB. Erst wenn von Seiten der Gemeinde erklärt werde, dass ein Vorkaufsrecht bestehe, folge üblicherweise eine vollständige Mitteilung über den genauen Inhalt des Kaufvertrags i.S. von Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BauGB, um der Gemeinde die Möglichkeit einzuräumen, unter Kenntnis sämtlicher Umstände über die Ausübung des Vorkaufsrechts zu entscheiden. Erst mit dem Zugang dieser vollständigen Mitteilung des Kaufvertrags und nicht bereits mit der zuvor erfolgten Erklärung, dass überhaupt ein Kaufvertrag geschlossen worden sei, beginne die in § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB normierte Ausübungsfrist. Dies erfordere die Notwendigkeit, der Gemeinde eine ausreichende Entscheidungsfrist einzuräumen, die nicht durch eine etwaige verzögerte Übermittlung des gesamten Kaufvertrags durch den Verkäufer verkürzt werden solle. Dieses Auslegungsergebnis ergebe sich ferner aus dem Wortlaut des § 28 Abs. 1 Satz 1 BauGB („Inhalt des Kaufvertrags unverzüglich mitzuteilen“), auf den § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB durch Verwendung des Begriffs „Mitteilung des Kaufvertrags“ Bezug nehme.

Diese Auslegung und Rechtsanwendung ist nicht zu beanstanden und deckt sich mit der einhelligen Rechtsprechung und Kommentarliteratur. Rechtsprechung und Literatur zur fristgerechten Ausübung des Vorkaufsrechts gehen von der Obliegenheit aus, alle für die Entstehung des Vorkaufsrechts relevanten Tatsachen des Vertragsabschlusses mitzuteilen. Erst wenn diese Informationen beim Vorkaufsberechtigten vorliegen, beginnt die Ausübungsfrist zu laufen. Es besteht demnach keine Pflicht des Vorkaufsberechtigten, sich die Kenntnis über den Abschluss des Kaufvertrags und seine Wirksamkeit selbst zu verschaffen. Da mit der Mitteilung eine Ausschlussfrist in Gang gesetzt wird, sind strenge Anforderungen an die Auslösung des Fristlaufs zu stellen (zum Ganzen vgl. BGH v. 30.6.1994 – III ZR 109/93 – NVwZ 1995, 101 = juris Rn. 4; OVG Lüneburg, B.v. 27.5.2008 – 1 ME 77/08 – BauR 2008, 1570 = juris Rn. 5; VG München, U.v. 31.7.2013 – M 9 K 13.868 – juris Rn. 31 ff.; VG Augsburg, U.v. 19.9.2013 – Au 5 K 13.140 – juris Rn. 34; VG Neustadt, U.v. 19.2.2015 – 4 K 544/14.NW – juris Rn. 27; VG Mainz v. 5.8.2008 – 3 K 859/07.mz – juris Rn. 27; VG Aachen, U.v. 3.3.2008 – 5 K 143/07 – juris Rn. 68 ff.; Spieß in Jäde/Dirnberger, BauGB/BauNVO, 8. Aufl. 2017, zu § 28 BauGB Rn. 1, 12; Stock in Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Oktober 2017, § 28 Rn. 16; zu § 469 Abs. 2 Satz 1 BGB vgl. auch BGH, U.v. 23.6.2006 – V ZR 17/06 – BGHZ 168, 152 = juris Rn. 18). Genau hierauf wird auch von der von den Klägern in Bezug genommenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts München (VG München, U.v. 19.7.2011 – M 1 K 10.5801 – juris Rn. 42) abgestellt. Die vollständige und eindeutige Mitteilung i.S. von § 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BauGB war der Beklagten vorliegend erst mit der Übermittlung der vollständigen Vertragsunterlagen zugegangen. Entgegen der Ansicht der Kläger begann der Lauf der Zweimonatsfrist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB daher nicht bereits am 2. September 2015 (Zugang der Mitteilung des Notariats).

Das Verwaltungsgericht steht auch richtigerweise auf dem Standpunkt, dass der Gemeinderatsbeschluss vom 6. Oktober 2015 den Lauf der Frist nicht hat auslösen können, weil der Gesetzgeber in § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB eindeutig festgelegt hat, dass die Mitteilung des Kaufvertrags als fristauslösendes Ereignis zu betrachten sei, nicht aber ein Akt der internen Willensbildung. Die Kläger können sich demgegenüber nicht mit Erfolg darauf berufen, die Beklagte habe bereits vor Mitteilung des gesamten Kaufvertrags das Vorkaufsrecht auf ihrer bisherigen Kenntnislage ausgeübt und sich deshalb ihres Anspruchs auf Mitteilung des Inhalts des Kaufvertrags nach § 28 Abs. 1 Satz 1 BauGB mit der Folge begeben, dass die Frist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB spätestens mit der Entscheidung der Gemeinde zu laufen begonnen habe. Die von den Klägern in Bezug genommene Passage des Urteils des VG München vom 19. Juli 2011 (M 1 K 10.5801, insofern Rn. 43) betrifft ein gänzlich anderes Rechtsproblem, nämlich die (dort verneinte) Frage, ob eine Gemeinde, wenn sie sich ihres Anspruchs auf Mitteilung des Inhalts des Kaufvertrages nach § 28 Abs. 1 Satz 1 BauGB begeben hat, sich noch auf eine Verfristung der Abwendungsbefugnis (§ 27 Abs. 1 BauGB) berufen kann. Demgegenüber stellt im vorliegenden Fall der Beschluss des Gemeinderats vom 6. Oktober 2015 gerade noch keine Ausübung des Vorkaufsrechts dar. Die Kläger können folglich nicht mit Erfolg gegen die erstinstanzliche Entscheidung vorbringen, der Gemeinderat habe nach Mitteilung des Verkaufsfalls – ohne vom tätigen Notar eine Abschrift des Kaufvertrags zu bitten – bereits in seiner Sitzung vom 6. Oktober 2015 verbindlich über die Ausübung des Vorkaufsrechts entschieden und damit bekundet, eine Übersendung der Kaufvertragsurkunde nicht mehr für nötig anzusehen, mithin auf eine solche Übersendung zu verzichten. Der Ratsbeschluss vom 6. Oktober 2015 stellt eine reine verwaltungsinterne Maßnahme im kommunalverfassungsrechtlichen Verhältnis zwischen dem Gemeinderat und der Gemeindeverwaltung bzw. dem ersten Bürgermeister (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 27.5.2008 – 1 ME 77/08 – BauR 2008, 1570 = juris Rn. 7) ohne Außenwirkung und damit ohne Verwaltungsaktsqualität i.S. von Art. 35 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG dar.

Auch das Schreiben vom 13. Oktober 2015 an den Notar, mit dem die Beklagte ohne Bitte um Übersendung der Vertragsunterlagen erklärt hat, das Vorkaufsrecht in Anspruch zu nehmen, führt nicht dazu, dass die Zweimonatsfrist in Gang gesetzt wurde. Es ist schon nichts dafür ersichtlich, dass diese Mitteilung einen Erklärungsinhalt hat, auf die umfangreichen Informationsrechte gem. § 28 Abs. 2 BauGB („Mitteilung des Kaufvertrags“) verzichten zu wollen. Zudem ist weder nach Aktenlage erkennbar noch von den Klägern vorgetragen worden, dass der handelnde Notar insofern als Empfangsbote der Kaufvertragsparteien oder als Erklärungsbote der Beklagten für eine – unterstellte – Verzichtserklärung gegenüber den Beklagten aufgetreten sein könnte (vgl. auch vgl. Grziwotz, KommJur 2013, 53/55; zur entsprechenden Anwendung des § 130 BGB und der hierzu entwickelten Grundsätze des Erklärungs- und Empfangsboten im öffentlichen Recht und insbes. im Falle eines Verwaltungsakts vgl. BVerwG, U.v. 31.5.2012 – 3 C 12.11 – NVwZ-RR 2012, 628 = juris Rn. 18, 19). Damit stellt das Schreiben vom 13. Oktober 2015 lediglich eine Information gegenüber dem befassten Notar über die beabsichtigte Ausübung des Vorkaufsrechts dar.

Wurde die Frist des § 28 Abs. 2 BauGB mithin erst durch den Zugang des notariellen Schreibens vom 22. Oktober 2015 (Übermittlung der Vertragsunterlagen) am 23. Oktober ausgelöst, waren der Erlass des Bescheids am 15. Dezember 2015 und die am 17. Dezember 2015 erfolgte Zustellung an die Beigeladenen, denen gegenüber als Verkäufern die Ausübung des Vorkaufsrechts zu erklären war (vgl. VGH BW, U.v. 25.6.2009 – 5 S 574/08 – BauR 2010, 71 = juris Rn. 20; U.v. 23.6.2015 – 8 S 1386/14 – VBlBW 2016, 34 = juris Rn. 41; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, BauGB, Stand: Oktober 2017, § 28 Rn. 24, 26; Grziwotz, KommJur 2013, 53/55), noch fristgemäß.

f) Entgegen dem diesbezüglichen Einwand der Kläger ist das angegriffene Urteil auch nicht wegen Ermessensfehlern der Beklagten i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO unrichtig.

Im Bescheid hat die Beklagte – worauf das Verwaltungsgericht zu Recht verweist – ausgeführt, dass sie das Vorkaufsrecht „nach pflichtgemäßem Ermessen“ ausübe. Sie hat damit (anders als bei der Fallgestaltung BayVGH, B.v. 20.1.2015 – 2 ZB 14.887 – juris Rn. 3 ff. m.w.N.) grundsätzlich erkannt, dass ihr Ermessen zusteht. Die Annahme der Kläger, es liege ein Ermessensnichtgebrauch vor, trifft daher nicht zu. Zwar thematisiert der Bescheid in seiner Begründung schwerpunktmäßig tatbestandliche Voraussetzungen nach §§ 24, 28 BauGB. Das betrifft – worauf die Kläger insofern zu Recht hinweisen – auch den Umstand, dass das Vorkaufsrecht nicht an dem gesamten Vertragsgrundbesitz ausgeübt werde, sondern nur für die ca. 200 – 250 m² große Teilfläche, die im Bebauungsplan als öffentliche Grünfläche ausgewiesen ist. Denn nur insofern handelt es sich nach dem einschlägigen Bebauungsplan um eine „Nutzung für öffentliche Zwecke“ i.S. von § 24 Abs. 1 Nr. 1 BauGB (vgl. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Oktober 2017, § 24 Rn. 20; Paetow in Berliner Kommentar zum BauGB, Stand: Februar 2018, § 24 Rn. 48 m.w.N.). Allerdings findet sich – worauf wiederum die Beklagte zu Recht rekurriert – in der Bescheidbegründung die über die Tatbestandsmäßigkeit hinausgehende Ermessenserwägung, dass nach Abzug der vom Vorkaufsrecht betroffenen Fläche die Verwendbarkeit des verbleibenden Restgrundstücks zum Zwecke der Wohnbebauung entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht wesentlich beeinträchtigt werde. Diese Ermessenserwägung ist entgegen dem Einwand der Kläger gem. § 40 VwVfG, § 114 Satz 1 VwGO ausreichend und auch nicht sachwidrig. Gemeint ist hiermit in der Sache, dass das Grundstück als Baugrundstück für ein Wohnhaus weiterhin nutzbar ist. Von einer noch tiefer gehenden Abwägung des „Für und Wider“ der sich gegenüberstehenden öffentlichen und privaten Belange oder einer Alternativendiskussion durfte die Beklagte, ohne sich dem von den Klägern erhobenen Vorwurf eines Ermessensdefizits auszusetzen, absehen. Besonders schutzwürdige Belange der Kläger als Erwerber, die so stark zu gewichten wären, dass sie sich gegenüber dem Gemeinwohl zwingend durchsetzen müssten, sind nicht ersichtlich. Die Beklagte hat damit hinreichend die den öffentlichen Interessen entgegenstehenden privaten Belange in der Ermessensentscheidung berücksichtigt. Zudem handelt es sich bei der Ausübung des Vorkaufsrechts in den Fällen des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB, wenn – wie hier, vgl. oben c) – die auf das Wohl der Allgemeinheit bezogenen Voraussetzungen des § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB zu bejahen sind, um eine intendierte Entscheidung, die im Regelfall keine vertieften Ermessenserwägungen mehr erfordert, sofern kein besonderer Ausnahmefall vorliegt. Der Verleihung eines Vorkaufsrechts für ein Grundstück zur Verwirklichung einer im Bebauungsplan festgesetzten Nutzung für öffentliche Zwecke und im Dienste des Allgemeinwohls ist gleichsam der Wille des Gesetzgebers eingeschrieben, dass dieses Vorkaufsrecht im Regelfall ausgeübt wird (Hanseat. OLG, U.v. 11.7.2012 – 1 U 1/11 Baul – juris Rn. 31 m.w.N.; OVG Lüneburg, U.v. 28.2.1980 – 1 A 109/78 – BauR 1981, 262/263; VG Augsburg, U.v. 19.9.2013 – Au 5 K 13.140 – juris Rn. 40; VG Magdeburg, U.v. 24.2.2015 – 4 A 36/14 – juris Rn. 26). Eine Ausnahme einer vertieften Ermessensentscheidung aufgrund des Alters des Bebauungsplans von mehr als 30 Jahren ist nicht ersichtlich. Insofern hat das Verwaltungsgericht überzeugend ausgeführt, dass sich das Alter eines Bebauungsplans grundsätzlich nicht auf die Wirksamkeit seiner Festsetzungen auswirke, solange keine Funktionslosigkeit des Bebauungsplans oder einzelner Festsetzungen vorliege. Anhaltspunkte dafür, dass der Bebauungsplan nicht mehr realisiert werden könne oder aus einem anderen Grund funktionslos geworden wäre, sind weder vorgetragen worden noch ersichtlich (s.o.).

g) Der von den Klägern erhobene Einwand, die Beklagte habe unter Verstoß gegen § 24 Abs. 3 Satz 2 BauGB im angefochtenen Bescheid den Verwendungszweck des Grundstücks nicht angegeben, ist unberechtigt. In der Bescheidbegründung wird hinreichend auf die festgesetzte öffentliche Grünfläche Bezug genommen und darauf verwiesen, das Vorkaufsrecht aus „bauleitplanerischen Gründen“ auszuüben. Die Gemeinde hat hiermit in der Sache hinreichend den Verwendungszweck dahingehend angegeben, die betroffene Teilfläche erwerben zu wollen, um sie dem im Bebauungsplan vorgesehen Zweck einer öffentlichen Grünfläche zuzuführen. Dies genügt den Anforderungen des § 24 Abs. 3 Satz 2 BauGB. Die Regelung hat lediglich die Bedeutung einer die allgemeine Regelung in Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayVwVfG ergänzenden fachspezifischen (Mindest-) Begründungsobliegenheit; darüberhinausgehende Anforderungen, etwa an das Gemeinwohlerfordernis (§ 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB) oder an die Tiefe der Ermessensausübung, werden hierdurch nicht begründet (vgl. Hanseat. OLG, U.v. 11.7.2012 – 1 U 1/11 Baul – juris Rn. 28 ff.; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Oktober 2017, § 24 Rn. 79). Zudem folgt aus der Begründung des Bebauungsplans, dass die öffentliche Grünfläche dem angrenzenden Jugendhaus zugeordnet ist. Entgegen der Rechtsansicht der Kläger kann aus § 24 Abs. 3 Satz 2 BauGB nicht abgeleitet werden, die Beklagte müsse darüber hinaus im Einzelnen darlegen, wie sie den betroffenen Grundstücksteil konkret als öffentliche Grünfläche für das Jugendheim gestalten wolle.

h) Die Kläger können gegen das erstinstanzliche Urteil schließlich nicht mit Erfolg vorbringen, dieses habe übersehen, dass die Beklagte ein Vorkaufsrecht an dem betroffenen Grundstück verwirkt habe.

Die Kläger bringen insofern vor, die Beklagte habe im Zeitraum 1977 bis 1979 gegenüber der Voreigentümerin des betroffenen Grundstücks Erschließungskosten i.H. von ca. 10.000 DM für die Erschließung der FlNr. … erhoben. Zum Zweck der Erschließung seien auch Rohre und Kabel verlegt worden, die nach wie vor vorhanden seien. Das Grundstück sei hiernach auch nach der Vorstellung der Beklagten künftiges Bauland gewesen. Zudem wäre es ohne weiteres möglich gewesen, den betroffenen Grundstücksteil im Rahmen der Flurbereinigung 1981 / 1982 zu erwerben.

Mit diesen Einwendungen vermögen die Kläger eine Verwirkung des Vorkaufsrechts nicht zu begründen. Die Verwirkung stellt eine besondere Ausprägung des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben (vgl. § 242 BGB) dar. Danach darf ein – prozessuales oder materielles – Recht nicht mehr ausgeübt werden, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, welche die verspätete Geltendmachung als treuwidrig erscheinen lassen (Umstandsmoment). Erforderlich für die Erfüllung des Umstandsmoments ist, dass der Rechtsinhaber innerhalb eines längeren Zeitraums unter Verhältnissen untätig geblieben ist, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung unternommen zu werden pflegt. Erst dadurch wird eine Situation geschaffen, auf die der jeweilige Gegner vertrauen, sich einstellen und einrichten darf (vgl. BVerwG, B.v. 23.12.2015 – 2 B 40.14 – juris Rn. 21; BayVGH, B.v. 6.3.2017 – 15 ZB 16.562 – juris Rn. 13; OVG NRW, U.v. 27.4.2016 – 1 A 2309/14 – juris Rn. 72). Der Vortrag der Kläger kann jedenfalls das Vorliegen des sog. Umstandsmoments nicht begründen. Auf die umstrittene Frage, ob für die Berechnung der damals gezahlten Erschließungsbeiträge auch der Teil der FlNr. … herangezogen wurde, der auf die ausgewiesene öffentliche Grünfläche fällt, kommt es vorliegend nicht an. Der Vorwurf der Treuwidrigkeit geht schon deshalb ins Leere, weil die Bauleitplanung erst im Jahr 1986 mit der Bekanntmachung des Bebauungsplans – d.h. zeitlich nach den von der Klägerseite vorgetragenen Zeiträumen der Erschließungsbeitragserhebung (1977 bis 1979) und der Flurbereinigung (1981/1982) – abgeschlossen war. Solange das Verfahren der Bauleitplanung, in dessen Rahmen die betroffenen Grundstückseigentümer über öffentliche Auslegungen einbezogen und über die Planung informiert waren, nicht abgeschlossen war, konnte niemand darauf vertrauen, die Beklagte werde auf den betroffenen Grundstücken keine öffentliche Grünfläche realisieren. Mit einer entsprechenden Umsetzung hätte auch die vormalige Eigentümerin des Grundstücks spätestens seit dem Aufstellungsbeschluss des Gemeinderats (23. November 1978) rechnen müssen. Das Verfahren der Bauleitplanung hatte sich aufgrund Intervention des Landratsamts als (damaliger) Genehmigungsbehörde verzögert, weil aus dortiger Sicht der Flächennutzungsplan noch angepasst werden musste. Der Bebauungsplan konnte deswegen – und nicht etwa weil die Beklagte zwischenzeitlich von den Planungen absehen wollte – erst im Juni 1986 in Kraft treten. Auch insofern hatte die Beklagte keinen Vertrauenstatbestand gesetzt, sie werde von der Umsetzung des Bebauungsplans absehen. Soweit die Kläger der Meinung sind, die FlNr. … habe auch wegen zunächst erfolgter Erschließungsbeitragserhebungen in der zweiten Hälfte der 70-er Jahre des letzten Jahrhunderts zunächst im vollen Umfang Baulandqualität gehabt, wäre diese durch den später erlassenen Bebauungsplan mit der Festsetzung der öffentlichen Grünfläche wieder teilweise entzogen worden. Insofern wäre es Sache der damaligen Eigentümer gewesen, mit Blick auf ggf. bezahlte Erschließungsbeiträge für Bauland eine Planentschädigung zu verlangen (vgl. § 42 BauGB) oder im Wege eines Normenkontrollverfahren (§ 47 VwGO) gegen den Bebauungsplan vorzugehen.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gem. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im angestrebten Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat, wobei zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) die Frage nicht nur auszuformulieren, sondern zudem auch substanziiert auszuführen ist, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr eine Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird (BayVGH, B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 33 ff. m.w.N.; B.v. 3.1.2018 – 15 ZB 16.2309 – juris Rn. 21). Die von den Klägern erhobene Frage, ob die Beschlussfassung zur Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts nur in einer öffentlichen Sitzung erfolgen könne, ist schon zu weit gefasst und würde sich in dieser Allgemeinheit in einem Berufungsverfahren so nicht in entscheidungserheblicher Weise stellen (vgl. auch BVerwG, B.v. 21.9.2016 – 6 B 14.16 – juris Rn. 11, 14, 15; BayVGH, B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 33). Es ist oben ausgeführt worden, dass der Gemeinde bei Anwendung von Art. 52 Abs. 2 GO ein Beurteilungsspielraum zukommt und dass ein Öffentlichkeitsausschluss im Fall einer Vorkaufsrechtsausübung mit Blick auf die Interessen der Kaufvertragsparteien grundsätzlich als möglicher Ausschlussgrund in Betracht kommt. Klärungsbedürftig ist daher nicht, ob generell die Beschlussfassung zur Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts in öffentlicher oder nichtöffentlicher Sitzung erfolgen muss oder kann, maßgeblich ist vielmehr im jeweiligen Einzelfall (der sich begriffsnotwendig einer grundsätzlichen Klärung entzieht), ob aufgrund einer Interessenbewertung der jeweiligen Umstände ein Öffentlichkeitsausschluss von Art. 52 Abs. 2 GO gedeckt war bzw. ob die Beklagte aufgrund vorliegender vertretbarer Gründe die Entscheidung für den Öffentlichkeitsausschluss beurteilungsfehlerfrei treffen durfte.

3. Schließlich liegt auch kein Verfahrensmangel gem. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO vor, weil das Verwaltungsgericht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO entgegen der Ansicht der Kläger keinen Anlass zu einer weiteren Sachverhaltsaufklärung zu der Frage hatte, ob Erschließungskosten für die FlNr. … gezahlt worden sind und ob zum Zwecke der Erschließung dort Rohre und Kabel verlegt worden sind. Dieser Umstand ist für die von den Klägern behauptete Verwirkung irrelevant, s.o. 1 h). Im Übrigen haben die anwaltlich vertretenen Kläger im erstinstanzlichen Verfahren ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 13. Dezember 2016 keinen Beweisantrag gestellt. Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung gemäß § 86 Abs. 1 VwGO aber dann nicht, wenn es von einer sich nicht aufdrängenden Beweiserhebung absieht, die – wie vorliegend – ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat (vgl. BVerwG, B.v. 21.7.2016 – 10 BN 1.15 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 23.8.2016 – 15 ZB 15.2668 – juris Rn. 26). Die Anregungen in den erstinstanzlichen Schriftsätzen der Kläger vom 13. Januar 2016 und vom 22. April 2016, Beweis durch Vernehmung von Zeugen erheben, stellt keinen förmlichen Beweisantrag dar.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO). Denn ein Beigeladener setzt sich im Berufungszulassungsverfahren unabhängig von einer Antragstellung grundsätzlich keinem eigenen Kostenrisiko aus (vgl. BayVGH, B.v. 6.3.2017 – 15 ZB 16.562 – juris Rn. 18 m.w.N.). Ein Grund, der es gebieten würde, die außergerichtlichen Kosten aus Billigkeitsgründen ausnahmsweise als erstattungsfähig anzusehen, ist nicht ersichtlich, zumal sich die Beigeladen im Zulassungsverfahren nicht geäußert haben. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.6.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57) und folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts [(225 m² x 124 €/m²) x ¼], gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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Referenzen - Gesetze

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 03. Apr. 2018 - 15 ZB 17.318 zitiert 32 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 86


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 108


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 47


(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit 1. von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 de

Baugesetzbuch - BBauG | § 9 Inhalt des Bebauungsplans


(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden: 1. die Art und das Maß der baulichen Nutzung;2. die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;2a. vom

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 159


Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 28


(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben,

Baugesetzbuch - BBauG | § 14 Veränderungssperre


(1) Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass 1. Vorhaben im Sinne des § 29 nicht durchgefüh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 130 Wirksamwerden der Willenserklärung gegenüber Abwesenden


(1) Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Sie wird nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Wide

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 40 Ermessen


Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

Baugesetzbuch - BBauG | § 24 Allgemeines Vorkaufsrecht


(1) Der Gemeinde steht ein Vorkaufsrecht zu beim Kauf von Grundstücken1.im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, soweit es sich um Flächen handelt, für die nach dem Bebauungsplan eine Nutzung für öffentliche Zwecke oder für Flächen oder Maßnahmen zum

Baugesetzbuch - BBauG | § 42 Entschädigung bei Änderung oder Aufhebung einer zulässigen Nutzung


(1) Wird die zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder geändert und tritt dadurch eine nicht nur unwesentliche Wertminderung des Grundstücks ein, kann der Eigentümer nach Maßgabe der folgenden Absätze eine angemessene Entschädigung in Geld

Baugesetzbuch - BBauG | § 28 Verfahren und Entschädigung


(1) Der Verkäufer hat der Gemeinde den Inhalt des Kaufvertrags unverzüglich mitzuteilen; die Mitteilung des Verkäufers wird durch die Mitteilung des Käufers ersetzt. Das Grundbuchamt darf bei Kaufverträgen den Käufer als Eigentümer in das Grundbuch n

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 469 Mitteilungspflicht, Ausübungsfrist


(1) Der Verpflichtete hat dem Vorkaufsberechtigten den Inhalt des mit dem Dritten geschlossenen Vertrags unverzüglich mitzuteilen. Die Mitteilung des Verpflichteten wird durch die Mitteilung des Dritten ersetzt. (2) Das Vorkaufsrecht kann bei Gru

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 24


(1) Ein ehrenamtlicher Richter ist von seinem Amt zu entbinden, wenn er 1. nach §§ 20 bis 22 nicht berufen werden konnte oder nicht mehr berufen werden kann oder2. seine Amtspflichten gröblich verletzt hat oder3. einen Ablehnungsgrund nach § 23 Abs.

Baugesetzbuch - BBauG | § 217 Antrag auf gerichtliche Entscheidung


(1) Verwaltungsakte nach dem Vierten und Fünften Teil des Ersten Kapitels sowie nach den §§ 18, 28 Absatz 3, 4 und 6, den §§ 39 bis 44, 126 Absatz 2, § 150 Absatz 2, § 179 Absatz 4, den §§ 181, 209 Absatz 2 oder § 210 Absatz 2 können nur durch Antrag

Baugesetzbuch - BBauG | § 87 Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Enteignung


(1) Die Enteignung ist im einzelnen Fall nur zulässig, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise nicht erreicht werden kann. (2) Die Enteignung setzt voraus, dass der Antragsteller sich ernstha

Baugesetzbuch - BBauG | § 85 Enteignungszweck


(1) Nach diesem Gesetzbuch kann nur enteignet werden, um 1. entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans ein Grundstück zu nutzen oder eine solche Nutzung vorzubereiten,2. unbebaute oder geringfügig bebaute Grundstücke, die nicht im Bereich eine

Baugesetzbuch - BBauG | § 27 Abwendung des Vorkaufsrechts


(1) Der Käufer kann die Ausübung des Vorkaufsrechts abwenden, wenn die Verwendung des Grundstücks nach den baurechtlichen Vorschriften oder den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme bestimmt oder mit ausreichender Sicherheit bestimmbar ist,

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 03. Apr. 2018 - 15 ZB 17.318 zitiert oder wird zitiert von 19 Urteil(en).

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 20. Apr. 2015 - 4 CS 15.381

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 06. März 2017 - 15 ZB 16.562

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 20. Jan. 2015 - 2 ZB 14.887

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Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert wird auf 40.000 Euro festgesetzt. Gründe Der Antrag der Beklagten auf Zulas

Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 19. Apr. 2016 - W 4 K 15.524

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 26. Sept. 2016 - 15 ZB 16.1365

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 03. Jan. 2018 - 15 ZB 16.2309

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Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst. III. Der Streitwert für das Zulassungsver

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 07. Okt. 2015 - 15 ZB 12.2042

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 28. Apr. 2017 - 15 N 15.967

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 10. Apr. 2017 - 15 ZB 16.673

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 23. Juni 2015 - 8 S 1386/14

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Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 11. Nov. 2013 - 102 U 1/13

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Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 15. Apr. 2013 - 3 O 80/12

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Referenzen

(1) Der Gemeinde steht ein Vorkaufsrecht zu beim Kauf von Grundstücken

1.
im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, soweit es sich um Flächen handelt, für die nach dem Bebauungsplan eine Nutzung für öffentliche Zwecke oder für Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 festgesetzt ist,
2.
in einem Umlegungsgebiet,
3.
in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet und städtebaulichen Entwicklungsbereich,
4.
im Geltungsbereich einer Satzung zur Sicherung von Durchführungsmaßnahmen des Stadtumbaus und einer Erhaltungssatzung,
5.
im Geltungsbereich eines Flächennutzungsplans, soweit es sich um unbebaute Flächen im Außenbereich handelt, für die nach dem Flächennutzungsplan eine Nutzung als Wohnbaufläche oder Wohngebiet dargestellt ist,
6.
in Gebieten, die nach den §§ 30, 33 oder 34 Absatz 2 vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden können, soweit die Grundstücke unbebaut sind, wobei ein Grundstück auch dann als unbebaut gilt, wenn es lediglich mit einer Einfriedung oder zu erkennbar vorläufigen Zwecken bebaut ist,
7.
in Gebieten, die zum Zweck des vorbeugenden Hochwasserschutzes von Bebauung freizuhalten sind, insbesondere in Überschwemmungsgebieten, sowie
8.
in Gebieten nach den §§ 30, 33 oder 34, wenn
a)
in diesen ein städtebaulicher Missstand im Sinne des § 136 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 3 vorliegt oder
b)
die baulichen Anlagen einen Missstand im Sinne des § 177 Absatz 2 aufweisen
und die Grundstücke dadurch erhebliche nachteilige Auswirkungen auf das soziale oder städtebauliche Umfeld aufweisen, insbesondere durch ihren baulichen Zustand oder ihre der öffentlichen Sicherheit und Ordnung widersprechende Nutzung.
Im Falle der Nummer 1 kann das Vorkaufsrecht bereits nach Beginn der Veröffentlichungsfrist nach § 3 Absatz 2 Satz 1 ausgeübt werden, wenn die Gemeinde einen Beschluss gefasst hat, einen Bebauungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen. Im Falle der Nummer 5 kann das Vorkaufsrecht bereits ausgeübt werden, wenn die Gemeinde einen Beschluss gefasst und ortsüblich bekannt gemacht hat, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen und wenn nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, dass der künftige Flächennutzungsplan eine solche Nutzung darstellen wird.

(2) Das Vorkaufsrecht steht der Gemeinde nicht zu beim Kauf von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz und von Erbbaurechten.

(3) Das Vorkaufsrecht darf nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt. Dem Wohl der Allgemeinheit kann insbesondere die Deckung eines Wohnbedarfs in der Gemeinde dienen. Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts hat die Gemeinde den Verwendungszweck des Grundstücks anzugeben.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Kläger begehren als Eigentümer des Grundstücks FlNr. .../... der Gemarkung K..., auf dem sie ein Hotel betreiben, eine Verfügung gegen die Beigeladene mit dem Ziel, dass dieser die Nutzungsaufnahme eines benachbarten Feuerwehrgerätehauses, für das bauliche Änderungen genehmigt worden sind, vorbeugend untersagt werde.

Mit Urteil vom 5. Juli 2011 wies das Verwaltungsgericht Regensburg die Klage des Klägers zu 1 auf Aufhebung der der Beigeladenen mit Bescheid vom 14. Juli 2009 in der Fassung des Tekturbescheids vom 19. Januar 2011 erteilten Baugenehmigung zur „Erweiterung des bestehenden Feuerwehrgerätehauses“ auf dem Grundstück FlNr. .../... ab. Mit Beschluss vom 25. September 2013 (15 ZB 11.2302) lehnte der Senat die beantragte Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil ab.

Die Kläger wandten sich sodann gegen eine der Beigeladenen erteilte Tekturgenehmigung“ vom 12. Dezember 2014 für das o.g. Vorhaben. Das Verwaltungsgericht wies ihre Anfechtungsklage mit Urteil vom 25. August 2015 ab. Den hiergegen gerichteten Antrag auf Zulassung der Berufung hat der Senat mit Beschluss vom 29. August 2016 (15 ZB 15.2442) ebenfalls abgelehnt.

Ihre am 16. März 2016 erhobene Klage mit den auf Art. 76 Satz 2 BayBO gestützten Anträgen, den Beklagten zu verpflichten, eine Nutzung der Ergänzung des Feuerwehrgerätehauses auf der Grundlage der Baugenehmigung vom 14. Juli 2009 in der Fassung der Tekturgenehmigungen vom 19. Juli 2011 und 12. Dezember 2014 vorbeugend zu untersagen, hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, von der Beigeladenen einen weiteren Bauantrag zu fordern bzw. (weiter hilfsweise) über die vorstehenden Anträge nach der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden, wies das Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 7. Juni 2016 wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig ab. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, dem in der Hauptsache geltend gemachten Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten stehe die bestandskräftige Baugenehmigung vom 14. Juli 2009 in der Fassung vom 19. Januar 2011 entgegen, welche u. a. den Fahrweg des im Erweiterungsbau unterzustellenden Fahrzeugs abschließend regele. Da in der Tekturgenehmigung vom 12. Dezember 2014 keine abweichende Regelung getroffen worden sei, sei die Baugenehmigung insoweit auch nicht Verfahrensgegenstand des beim Verwaltungsgerichtshof unter dem Az. 15 ZB 15.2442 anhängigen Antrags auf Berufungszulassung (vgl. hierzu den bereits ergangenen ablehnenden Beschluss des Senats vom 29. August 2016). Sollte man das Klagebegehren dahingehend auslegen, dass eine der erteilten und bestandskräftigen Baugenehmigung widersprechende tatsächliche Nutzung zu unterbinden sei, fehle es aufgrund der grundsätzlichen Vorrangigkeit des nachträglichen Rechtsschutzes am Rechtsschutzbedürfnis. U. a. sei ein besonderes schützenswertes Interesse an der Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes unter Berücksichtigung von Art. 19 Abs. 4 GG nicht ersichtlich, zumal hinsichtlich der Befürchtung einer genehmigungsabweichenden Nutzung auch keine Anhaltspunkte bestünden. Auch hinsichtlich der Hilfsanträge fehle es am Rechtsschutzbedürfnis, weil auch diesbezüglich mit der bestandskräftigen Baugenehmigung vom 14. Juli 2009 in der Fassung der Tekturgenehmigung vom 19. Januar 2011 bereits eine Regelung getroffen worden sei.

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil vom 16. März 2016 verfolgen die Kläger ihr Rechtsschutzbegehren weiter.

II. Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.

1. Aus dem in offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) bei Gericht eingegangenen Vorbringen der Kläger ergeben sich keine Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung i. S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Sonstige Zulassungsgründe i. S. von § 124 Abs. 2 VwGO sind von den Klägern nicht geltend gemacht worden.

a) Soweit die Kläger am Ende der Zulassungsbegründung (Schriftsatz vom 3. August 2016) „zur Vermeidung von Wiederholungen“ pauschal auf die erstinstanzlichen Schriftsätze vom 15. März 2016 sowie vom 25. Mai 2016 verweisen, ist dies zur Begründung ernstlicher Zweifel gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO von vornherein unbehelflich. Ein derart allgemeiner Vortrag genügt schon formal nicht den Anforderungen an das Gebot der Darlegung eines Berufungszulassungsgrundes gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO. Dieses erfordert auch bei der Geltendmachung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils i. S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO eine substanzielle Erörterung des in Anspruch genommenen Zulassungsgrundes. Schon wegen der unterschiedlichen Prüfungsmaßstäbe im Zulassungsverfahren einerseits und im nachfolgenden Berufungsverfahren andererseits genügt es in der Regel nicht, etwa unter Bezugnahme auf das bisherige Vorbringen und unter schlichter Wiederholung der eigenen Ansichten die erstinstanzliche Entscheidung in Frage zu stellen. Auch eine schlichte, unspezifizierte Behauptung der Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung genügt nicht. Der Rechtsmittelführer muss vielmehr konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit falsch ist. „Darlegen“ bedeutet insoweit „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“. Erforderlich ist unter ausdrücklicher oder jedenfalls konkludenter Bezugnahme auf einen Zulassungsgrund eine substanziierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird; der Rechtsmittelführer muss im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (zum Ganzen BayVGH, B.v. 20.4.2016 - 15 ZB 14.2686 - juris Rn. 22 ff. m. w. N.; B.v. 29.8.2016 - 15 ZB 15.2442 - juris Rn. 8).

b) Die Prüfung des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat sich auf die einzelnen ausdrücklich erhobenen Einwände der Zulassungsbegründung zu beschränken. Mit diesen vermögen die Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils des Verwaltungsgerichts allerdings nicht zu begründen.

Die Zulassungsbegründung wendet sich - was mit Schriftsatz vom 23. September 2016 nochmals ausdrücklich bestätigt wird - gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass einer genehmigungskonformen Nutzung die Bestandskraft der Baugenehmigung entgegenstehe.

Hinter den Erwägungen des Verwaltungsgerichts zum fehlenden Rechtsschutzbedürfnis steht die richtige Auslegung des Art. 76 Satz 2 BayBO, wonach die Legalisierungswirkung einer Baugenehmigung zur Folge hat, dass im Umfang der Feststellungswirkung der Baugenehmigung die Legalität des Vorhabens nicht in Frage steht, solange die erteilte Genehmigung nicht aufgehoben ist (vgl. OVG NW, U.v. 22.8.2005 - 10 A 3611/03 - BauR 2006, 342 ff. = juris Rn. 36 f. m. w. N.; VG Karlsruhe, U.v. 14.10.2015 - 9 K 636/14 - juris Rn. 41; Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 76 Rn. 7).

Aus der Zulassungsbegründung ergibt sich nicht hinreichend substanziiert, dass der genehmigte Feuerwehrhausanbau künftig (nach baulicher Umsetzung) im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werde, weil die vorgetragenen lärmverursachenden Umstände nicht von den (bestandskräftigen) Baugenehmigungen vom 14. Juli 2009, 19. Januar 2011 und 12. Dezember 2014 gedeckt wären. Von der Klägerseite wurde innerhalb der Begründungsfrist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) vorgebracht, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass in der Baugenehmigung vom 14. Juli 2009 in der Fassung vom 19. Januar 2011 die Umstände der verkehrsmäßigen Erschließung abschließend geregelt seien. Im vorliegenden Fall - so die Kläger weiter - führe die erteilte Baugenehmigung dazu, dass die Beigeladene den im Plan eingezeichneten Zufahrtsweg entlang des Hotelbetriebs der Kläger zur Zu- und Abfahrt des Einsatzfahrzeugs nutzen werde. Da es sich hierbei um ein Einsatzfahrzeug der örtlichen Feuerwehr handele, führe dies zur Besonderheit, dass der Zufahrtsweg rund um die Uhr - und insbesondere auch außerhalb des Einsatzfalles - befahrbar gehalten werden müsse. Infolge dessen sei zur Winterzeit mit regelmäßiger Schneeräumung - auch zur Nachtzeit - zu rechnen. Wie das vorgelegte schallschutzfachliche Gutachten des Ingenieurbüros ...-... vom 19. August 2015 darlege, führe dies zu einer Überschreitung der Grenzwerte. Die Baugenehmigung vom 14. Juli 2009 in der Fassung vom 19. Januar 2011 enthalte aber keine abschließende Regelung hinsichtlich dieses Konfliktpotenzials und verstoße daher in nachbarschutzwidriger Weise gegen das Bestimmtheitsgebot (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG). Die Kläger hätten aufgrund der Unbestimmtheit der Baugenehmigung mit Blick auf § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO i.V. mit § 3 Abs. 1 BImSchG unzumutbare und daher bauplanungsrechtlich rücksichtslose Lärmbeeinträchtigungen zu befürchten. Da die Baugenehmigungen keine Aussage über die Schneeräumpflichten träfen, könne der Klage deren Bestandskraft nicht entgegenstehen.

Die Zulassungsbegründung geht in der Sache selbst davon aus, dass die durch An- und Abfahrten sowie durch Schneeräumung verursachten Lärmimmissionen der typischen Nutzung des (erweiterten) Feuerwehrhauses zuzurechnen sind (vgl. auch VG Karlsruhe, U.v. 14.10.2015 - 9 K 636/14 - juris Rn. 42, 43) und dass die Genehmigungslage daher nachbarrechtswidrig zulasten der Kläger mit dem Bestimmtheitsgebot des Art. 37 BayVwVfG unvereinbar sei. Sollte diese Prämisse aber richtig sein, folgte hieraus, dass die als lärmverursachend gerügten An- und Abfahrten sowie das Schneeräumen keine „anderen“ Nutzungen sind, die eine Nutzungsuntersagung ermöglichen würden. Sollten - was hier nicht entschieden zu werden braucht - diese Ereignisse nach Maßgabe der von den Klägern vorgelegten Lärmprognose vom 19. August 2015 einen unzumutbaren, mit dem Rücksichtnahmegebot nicht zu vereinbarenden Lärm verursachen, nimmt der Umstand, dass die (bestandskräftig genehmigte) Nutzung mit mehr Lärm verbunden sein mag als zunächst angenommen oder von den Nachbarn erwünscht, den Baugenehmigungen nicht ihre baurechtliche Legalisierungsfunktion. Die Nutzung des genehmigten Anbaus könnte m.a.W. deswegen die in den bestandskräftigen Baugenehmigungen vorgesehene Nutzung nicht überschreiten. Sie ist und bleibt somit formell legal und könnte - unabhängig davon, ob die von den Klägern vorgetragenen lärmverursachenden Umstände unter dem Gesichtspunkt der Sozialadäquanz (vgl. hierzu bereits den Ausgangsrechtsstreit der Parteien VG Regensburg, U.v. 5.7.2011 - RN 6 K 09.1343 - und im Anschluss BayVGH, B.v.25.9.2013 - 15 ZB 11.2302) oder unter der Einstufung als Notsituationen bzw. sog. seltene Ereignisse (Rechtsgedanke Nr. 7.1 und 7.2 der TA Lärm) ggf. trotz Richtwertüberschreitung als zumutbar einzustufen wären (vgl. auch VG Saarl., U.v. 16.1.2013 - 5 K 491/12 - juris Rn. 65) - nicht gestützt auf Art. 76 Satz 2 BayBO untersagt werden, solange die Genehmigungen nicht über Art. 48 BayVwVfG aufgehoben werden (vgl. VG Karlsruhe a. a. O. juris Rn. 43, 44).

Die Kläger erheben mit der Zulassungsbegründung in Bezug auf eine behauptete nachbarschutzwidrige Unbestimmtheit der Genehmigungen daher in der Sache - verspätete - Einwendungen gegen die bestandskräftig gewordene Genehmigungslage. Aufgrund dieser Bestandskraft sind jegliche Einwendungen gegen die Baugenehmigungen, auch hinsichtlich deren Bestimmtheit, nunmehr abgeschnitten. Dass die Genehmigungen nichtig seien (Art. 44 BayVwVfG), wurde weder erstinstanzlich noch im Zulassungsverfahren näher dargelegt oder auch nur behauptet. Im Übrigen ermächtigt zwar Art. 54 Abs. 4 BayBO die Bauaufsichtsbehörde, auch an bestandsgeschützte Anlage Anforderungen zu stellen, jedoch nur, wenn dies zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit notwendig ist. Zu diesen speziellen tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 54 Abs. 4 BayBO, die über eine nur erhebliche Belästigung hinausgehen, haben die Kläger aber nichts vorgetragen (vgl. zu Detailfragen z. B. Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 54 Rn. 49; zur Rechtslage in Baden-Württemberg VG Karlsruhe a. a. O. juris Rn. 45 ff.).

c) Es ist in der Zulassungsbegründung weder behauptet noch substanziiert vorgetragen worden, dass die Kläger aufgrund unzumutbarer Lärmbelastung einen Anspruch auf Nutzungsuntersagung oder diesbezügliche Neubescheidung auf § 24 Satz 1 i.V. mit § 3 Abs. 1 und Abs. 2, § 22 Abs. 1 bzw. auf. § 25 Abs. 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) stützen könnten (vgl. hierzu VG Karlsruhe a. a. O. juris Rn. 59 ff.). Die Zulassungsbegründung beschränkt sich vielmehr auf eine Diskussion bezüglich Art. 76 Satz 2 BayBO. Dies deckt sich im Übrigen mit dem in den Akten befindlichen Antragsschreiben der Bevollmächtigten der Kläger an das Landratsamt Freyung-Grafenau vom 2. Dezember 2015 (Bl. 18 ff. der Gerichtsakte RN 6 K 16.396), wo ausschließlich ein „Antrag auf bauordnungsrechtliches Einschreiten“ gestellt wurde. Tatbestands- und Anspruchsvoraussetzungen hinsichtlich potenzieller Eingriffsgrundlagen und Anspruchsgrundlagen unmittelbar aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz wurden mithin bislang weder hinsichtlich der materiellen Rechtslage noch in Bezug auf das vom Verwaltungsgericht verneinte Rechtsschutzbedürfnis der Klage thematisiert. Im vorliegenden Zulassungsverfahren sind § 24 und § 25 BImSchG daher jedenfalls schon mangels hinreichender Darlegung und sachlicher Auseinandersetzung mit Blick auf § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht zu berücksichtigen. Im Übrigen müsste für einen strikten Einschreitensanspruch aus der Sollvorschrift des § 25 Abs. 2 BImSchG eine Gefährdung des Lebens bzw. der Gesundheit von Menschen oder bedeutender Sachwerte vorliegen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene, die weder einen Antrag gestellt noch sich substanziell zur Sache geäußert hat, ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG. Sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden. Der Verwaltungsgerichtshof orientiert sich bei der Streitwertfestsetzung an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57 ff.), weil die Bedeutung der Sache für einen Kläger bei einem Nachbaranspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten ähnlich zu bewerten ist wie bei einer Nachbarklage gegen eine Baugenehmigung (BayVGH, B.v. 14.3.2016 - 15 ZB 16.168 - juris Rn. 10 m. w. N.).

3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen eine baurechtliche Nutzungsuntersagung und Beseitigungsanordnung.

Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus mit angebauter Garage bebauten Grundstücks FlNr. 2549/4 Gemarkung F. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des am 2. April 1992 in Kraft getretenen Bebauungsplans „Am Steinbühl“ des Markts F., der die Fläche als allgemeines Wohngebiet ausweist. Der Kläger betreibt in dem Wohnhaus ein angemeldetes Gewerbe „Handel mit Montage von Bauelementen“. Mit Bescheid vom 2. April 1996 hat das Landratsamt C. dem Kläger die Baugenehmigung für eine weitere Doppelgarage im rückwärtigen Teil des Grundstücks erteilt. Diese Garage hat der Kläger abweichend von den genehmigten Bauplänen mit Vordächern an ihrer West- und Ostseite errichtet. Nachträgliche Bauanträge für die „Erweiterung der bestehenden Doppelgarage um zusätzliche überdachte Lager- und Stellplätze“ für seinen Betrieb bzw. für den „Neubau eines Carports für nichtstörende gewerbliche Nutzung“ wurden in der Folgezeit bestandskräftig abgelehnt bzw. zurückgenommen.

Bei Baukontrollen am 22. Juni 2010 und 23. März 2011 stellte das Landratsamt fest, dass die genehmigte Doppelgarage als gewerbliches Lager und „eventuell zeitweise kurzfristig“ als Werkstatt genutzt wurde. Außerdem stellte es fest, dass auf der Ost- und Westseite der Garage seit mehreren Jahren ca. 3 m bis 3,20 m breite Überdachungen errichtet worden waren und an dem westlichen Vordach eine weitere ca. 4 m breite Überdachung angebracht war.

Mit Bescheid vom 21. Juli 2011 untersagte das Landratsamt dem Kläger, die Garage nach Ablauf von zwei Monaten nach Unanfechtbarkeit des Bescheids als gewerbliches Lager für den Handel und die Montage von Bauelementen zu nutzen. Weiterhin gab es dem Kläger auf, die an der West- und Ostseite der Garage angebauten Überdachungen binnen zwei Monaten nach Unanfechtbarkeit des Bescheids zu beseitigen und auf das mit Bescheid vom 2. April 1996 genehmigte Maß zurückzubauen.

Die Klage des Klägers gegen diesen Bescheid hat Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 26. Juli 2012 abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung. Er macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung sowie einen Verfahrensmangel wegen einer Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor bzw. sind nicht ausreichend dargelegt (§ 124 a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).

A. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

1. Aufgrund des Vorbringens des Klägers ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass die Nutzungsuntersagung rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, Art. 76 Satz 2 BayBO).

Nach Art. 76 Satz 2 BayBO kann die Nutzung einer baulichen Anlage untersagt werden, wenn die Anlage im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt wird. Diese Voraussetzungen sind grundsätzlich schon dann erfüllt, wenn eine bauliche Anlage formell illegal - also ohne die erforderliche Genehmigung - genutzt wird. Da die Nutzungsuntersagung in erster Linie die Funktion hat, den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen, muss grundsätzlich nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt und deshalb nicht genehmigungsfähig ist. Eine formell rechtswidrige Nutzung darf aus Gründen der Verhältnismäßigkeit aber regelmäßig dann nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist (BayVGH, B. v. 8.6.2015 - 2 ZB 15.61 - juris Rn. 3 m. w. N.).

Nach diesem Maßstab ist nicht zweifelhaft, dass die Nutzungsuntersagung hier rechtmäßig ist. Das insoweit grundsätzlich allein maßgebliche Vorbringen im Zulassungsantrag (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) ist nicht geeignet, die Richtigkeit dieser Bewertung des Verwaltungsgerichts ernstlich infrage zu stellen.

a) Entgegen der Auffassung des Klägers ist die untersagte Nutzung der Garage als gewerbliches Lager für den Gewerbebetrieb des Klägers formell illegal.

Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass die Nutzung der Garage als Lager für den Betrieb des Klägers nach Art. 55 Abs. 1 BayBO der Genehmigungspflicht unterliegt, stellt der Kläger selbst nicht infrage. Seine Annahme, dass die Baugenehmigung vom 2. April 1996 auch das Lagern von Kleinteilen für seinen Betrieb umfasse, trifft nicht zu.

Der Inhalt der Baugenehmigung und damit das genehmigte Vorhaben ist durch Auslegung nach den auf öffentlich-rechtliche Willenserklärungen entsprechend anzuwendenden Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Maßgebend ist der erklärte Wille der Behörde, wie er bei objektiver Würdigung vom Standpunkt des Adressaten zu verstehen ist (vgl. BayVGH, B. v. 24.11.2008 - 1 ZB 08.1442 - juris Rn. 14; U. v. 18.10.2012 - 15 B 11.1938 -- NVwZ 2013, 449 = juris Rn. 23). Bei der Ermittlung des objektiven Erklärungswerts der Baugenehmigung sind in erster Linie die Bezeichnung und die Regelungen im Baugenehmigungsbescheid einschließlich der in Bezug genommenen Bauvorlagen und weiteren Unterlagen, aber auch sonstige den Beteiligten bekannte oder erkennbare Umstände heranzuziehen (vgl. BVerwG, B. v. 30.6.2011 - 3 B 87.10 = juris Rn. 3; BayVGH, B. v. 15.1.2007 - 15 ZB 06.1361 - juris Rn. 6).

Hier wurde eine Baugenehmigung für eine „Doppelgarage“ erteilt, also für ein Gebäude zum Abstellen von Kraftfahrzeugen (Art. 2 Abs. 8 Satz 2 BayBO). Weder den textlichen Formulierungen des Baugenehmigungsbescheids noch den mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen lässt sich entnehmen, dass damit auch eine Genehmigung für eine gewerbliche Lagernutzung erteilt wurde. Dagegen sprechen schon der eindeutige Wortlaut und die Bezeichnung des Bauvorhabens im Baugenehmigungsbescheid und der genehmigten Bauvorlage („Neubau einer Doppelgarage“). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass in dem Bauantrag des Klägers für die Doppelgarage unter Nr. 7 („Gewerbliche Anlagen, für die eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung nicht erforderlich ist“) des Formblatts zur Baubeschreibung (vgl. Blatt 13 ff. der Genehmigungsakte des Landratsamts BV.Nr. 50.2-B0151/96-1) als „Art der gewerblichen Tätigkeit“ die Angabe „Handel und Montage von Bauelementen“ und unter Nr. 11 („Nutzflächen, umbauter Raum“) in der Rubrik „Gewerbliche Nutzfläche“ die Angabe „42,73 m²“ enthalten sind. Hieraus mag zu entnehmen sein, dass der Kläger auf seinem Grundstück ein gewerbliches Unternehmen betreibt. Dies allein reicht aber nicht aus, um dem erklärten Willen der Baugenehmigungsbehörde aus objektiver Sicht eine Gestattung nicht nur für ein Gebäude zum Abstellen von Kraftfahrzeugen, sondern auch für eine gewerbliche Lagernutzung beizumessen. Soweit der Kläger geltend macht, dass „in Garagen üblicherweise neben Kraftfahrzeugen noch weitere Gegenstände gelagert werden“, greift dies schon deswegen nicht durch, weil eine solche Art der Lagerung jedenfalls nicht gewerbliche Lagergegenstände umfasst.

b) Keine rechtlichen Bedenken bestehen auch gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass die Nutzung der Garage als gewerbliches Lager bauplanungsrechtlich nicht offensichtlich genehmigungsfähig ist, weil es sich bei dem Betrieb des Klägers um einen in einem allgemeinen Wohngebiet weder allgemein noch ausnahmsweise nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zulässigen, nicht störenden Gewerbebetrieb handelt.

Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass bei der Beurteilung, ob ein Betrieb zu den wohnverträglichen, nicht störenden Gewerbebetrieben im Sinn von § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zählt, die im allgemeinen Wohngebiet ausnahmsweise zugelassen werden können, grundsätzlich nicht auf die konkreten Verhältnisse des Vorhabens abzustellen, sondern von einer typisierenden Betrachtungsweise auszugehen ist (vgl. BVerwG, B. v. 28.2.2008 - 4 B 60/07 - NVwZ 2008, 786 Rn. 10 ff.; BayVGH, U. v. 8.3.2013 - 15 B 10.2922 - juris Rn. 23; Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand 1.5.2015, § 4 BauNVO Rn. 73) stellt auch der Kläger nicht infrage. Gleiches gilt für die Annahme des Gerichts, dass es sich bei Betrieben mit dem Betriebszweck „Handel und Montage von Bauelementen“ wegen des damit verbundenen Zu- und Abfahrtsverkehrs sowie der Ladevorgänge typischerweise um einen störenden Gewerbebetrieb handelt. Sein alleiniger Einwand, bei der Einstufung seines Betriebs hätte keine typisierende Betrachtung zugrunde gelegt werden dürfen, greift nicht durch.

Die typisierende Betrachtungsweise verbietet sich ausnahmsweise dann, wenn der Betrieb zu einer Branche gehört, bei der die üblichen Betriebsformen hinsichtlich des Störgrades eine vom nicht wesentlich störenden bis zum störenden oder gar bis zum erheblich belästigenden Betrieb reichende Bandbreite aufweisen. Bei solchen Vorhaben sind der Zulässigkeitsprüfung stets die konkreten Verhältnisse des Betriebs zugrunde zu legen. Dasselbe gilt im Einzelfall, wenn der Betrieb zwar zu einer Branche gehört, bei der eine typisierende Einstufung hinsichtlich des Störgrades grundsätzlich gerechtfertigt ist, es sich aber um eine atypisches, von dem branchenüblichen Erscheinungsbild abweichendes Vorhaben handelt und wenn anzunehmen ist, dass der Betrieb diesen atypischen Charakter auch künftig behalten wird (vgl. BayVGH, B. v. 13.12.2006 - 1 ZB 04.3549 - NVwZ-RR 2007, 659 = juris Rn. 25; Stock in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 4 Rn. 72).

Dass diese Voraussetzungen hier erfüllt wären und beim klägerischen Betrieb ausnahmsweise eine individuelle Betrachtung geboten gewesen wäre, kann dem Vorbringen im Zulassungsantrag nicht entnommen werden. Soweit der Kläger geltend macht, er montiere die Bauelemente vorrangig bei seinen Kunden, betreibe keinen Handel und sein Betrieb sei als Ein-Mann-Betrieb ausgestaltet, vermag dies keine ernstlichen Zweifel an der Einstufung seines Betriebs als störender Gewerbebetrieb zu begründen. Denn zum einen beschränkt sich dieses Vorbringen auf eine nicht näher (etwa durch die Vorlage eines Betriebskonzepts) erläuterte, unsubstanziierte Behauptung, die nicht geeignet ist, den Ausnahmefall einer atypische Betrachtungsweise anzunehmen und ernstliche Zweifel am Fehlen der (offensichtlichen) Genehmigungsfähigkeit der Lagernutzung hervorzurufen. Zum anderen hat sich das Verwaltungsgericht zur Begründung seiner Einschätzung, dass keine atypische Betrachtungsweise anzustellen sei, auf eine auf den konkreten Betrieb des Klägers abstellende, immissionsschutzfachliche Stellungnahme des Landratsamts vom 5. Dezember 2000 (Blatt 28 f. der Behördenakte Nr. 50.2-B 0816/00-1) gestützt, wonach beim Betrieb des Klägers schädliche Umwelteinwirkungen, die durch den mit der Lagernutzung verbundenen An- und Abfahrverkehr der Lieferfahrzeuge - abhängig von der Auftragslage - sowie durch die Verladetätigkeiten hervorgerufen werden, nicht auszuschließen seien. Damit setzt sich der Zulassungsantrag nicht hinreichend auseinander.

Soweit lediglich bemängelt wird, das Verwaltungsgericht habe eine gutachterliche Stellungnahme der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz vom 1. Oktober 2012 mit einer schalltechnischen Stellungnahme vom selben Tag, die den Betrieb des Klägers als „untypischen Rolladen- und Jalousiebauer“ einstufe und eine Unterschreitung des zulässigen Tages-Immisionsrichtswerts um mehr als 10 dB(A) ermittelt habe, nicht gewürdigt, erhebt der Kläger der Sache nach Einwände gegen die Tatsachen- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vermag eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts aber nur dann begründen, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Gerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder etwa wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung noch nicht (vgl. BayVGH, B. v. 21.1.2013 - 8 ZB 11.2030 - juris Rn. 17 m.w.N; B. v. 14.3.2013 - 22 ZB 13.103 - juris Rn. 11). Dass solche schwerwiegenden Fehler der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung hier vorliegen, zeigt der Kläger nicht auf (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Mit seinem Einwand, das Verwaltungsgericht habe die gutachterliche Stellungnahme der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz vom 1. Oktober 2012 nicht berücksichtigt, kann er schon deswegen nicht durchdringen, weil dieses Gutachten erst nach dem Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung vom 26. Juli 2012 erstellt wurde. Abgesehen davon könnte dieses Gutachten der Beurteilung der tatsächlichen Lärmbelastung des klägerischen Betriebs wohl nicht ohne nähere Überprüfung zugrunde gelegt werden, weil es laut einer neueren immissionsschutzfachlichen Stellungnahme des Landratsamts vom 21. Dezember 2012 (vgl. Blatt 49 der Gerichtsakte) auf Lärmmessungen beruht, die wegen der „zeitlichen Begrenzung der lärmintensiven Arbeiten und Ladetätigkeiten im Freien für einen Gewerbebetrieb als ungewöhnlich und unrealistisch erscheinen“.

2. Nicht ernstlich zweifelhaft ist auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der Kläger durch die Anordnung der Beseitigung der an der West- und Ostseite der Garage angebrachten Überdachungen nicht in seinen Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, Art. 76 Satz 1 BayBO).

Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass die Überdachungen formell illegal sind, weil sie als nicht verfahrensfreie Vorhaben nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 b und Abs. 2 Nr. 1 BayBO gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO einer Baugenehmigung bedürfen und eine solche nicht erteilt wurde, wird vom Kläger nicht angegriffen (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

Sein alleiniger Einwand, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die Überdachungen nicht genehmigungsfähig seien, weil der Betrieb des Klägers als störender Gewerbebetrieb im festgesetzten allgemeinen Wohngebiet nach § 4 BauNVO weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig ist, greift nicht durch. Dieses Vorbringen reicht - wie ausgeführt - nicht aus, um die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass es sich bei dem Betrieb des Klägers um einen das Wohnen störenden Gewerbebetrieb handelt, ernstlich infrage zu stellen.

Auf die Frage, ob die Überdachungen, die offenkundig dem Betrieb des Klägers dienen, auf der Grundlage von § 23 Abs. 5 Satz 1 BauNVO außerhalb der Baugrenzen zugelassen werden können, und ob es sich bei ihnen um eine untergeordnete Nebenanlage im Sinn von § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO handelt, kommt es daher nicht mehr an. Im Übrigen dürften diese dem Wetterschutz von Arbeits- und Lager-flächen dienenden Bauteile nicht als untergeordnete Nebenanlagen zu qualifizieren sein und damit nicht in den Anwendungsbereich des § 23 Abs. 5 Satz 1 BauNVO fallen.

B. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels infolge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5, § 108 Abs. 2 VwGO).

Der Anspruch auf rechtliches Gehör gibt dem an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten ein Recht darauf, dass er Gelegenheit erhält, im Verfahren zu Wort zu kommen, namentlich sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde zu legenden Sachverhalt und zur Rechtslage zu äußern, Anträge zu stellen und Ausführungen zu machen. Dem entspricht die grundsätzliche Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Die Gerichte sind aber nicht verpflichtet, auf jedes Vorbringen eines Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich einzugehen. Das Schweigen der Urteilsgründe zu Einzelheiten des Parteivortrags rechtfertigt deshalb allein noch nicht den Schluss, dass ein Gericht ihn nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Nur wenn sich aus den besonderen Umständen des Falls deutlich ergibt, dass ein Gericht seine Pflicht zur Kenntnisnahme und Erwägung entscheidungserheblichen Tatsachenstoffs verletzt hat, kann ein Gehörsverstoß festgestellt werden (BVerwG, B. v. 9.2.2015 - 4 B 39/14 - juris Rn. 14 m. w. N.).

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Zwar triff es zu, dass das Verwaltungsgericht auf den Einwand des Klägers, bei den Überdachungen handle es sich um Nebenanlagen, die nach § 23 Abs. 5 BauNVO auch außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen zugelassen werden können, in den Urteilsgründen nicht ausdrücklich eingegangen ist. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass das Gericht diesen Einwand für nicht entscheidungserheblich erachtet hat, weil es die Überdachungen schon deswegen als materiell rechtswidrig angesehen hat, weil es den Betrieb des Klägers als störenden Gewerbebetrieb eingestuft hat.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.1.9 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57) und entspricht dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten Betrag, gegen den die Beteiligten keine Einwände erhoben haben.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Der Verkäufer hat der Gemeinde den Inhalt des Kaufvertrags unverzüglich mitzuteilen; die Mitteilung des Verkäufers wird durch die Mitteilung des Käufers ersetzt. Das Grundbuchamt darf bei Kaufverträgen den Käufer als Eigentümer in das Grundbuch nur eintragen, wenn ihm die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts nachgewiesen ist. Besteht ein Vorkaufsrecht nicht oder wird es nicht ausgeübt, hat die Gemeinde auf Antrag eines Beteiligten darüber unverzüglich ein Zeugnis auszustellen. Das Zeugnis gilt als Verzicht auf die Ausübung des Vorkaufsrechts.

(2) Das Vorkaufsrecht kann nur binnen drei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer ausgeübt werden. Die §§ 463, 464 Absatz 2, §§ 465 bis 468 und 471 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind anzuwenden. Nach Mitteilung des Kaufvertrags ist auf Ersuchen der Gemeinde zur Sicherung ihres Anspruchs auf Übereignung des Grundstücks eine Vormerkung in das Grundbuch einzutragen; die Gemeinde trägt die Kosten der Eintragung der Vormerkung und ihrer Löschung. Das Vorkaufsrecht ist nicht übertragbar. Bei einem Eigentumserwerb auf Grund der Ausübung des Vorkaufsrechts erlöschen rechtsgeschäftliche Vorkaufsrechte. Wird die Gemeinde nach Ausübung des Vorkaufsrechts im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen, kann sie das Grundbuchamt ersuchen, eine zur Sicherung des Übereignungsanspruchs des Käufers im Grundbuch eingetragene Vormerkung zu löschen; sie darf das Ersuchen nur stellen, wenn die Ausübung des Vorkaufsrechts für den Käufer unanfechtbar ist.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 kann die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach dem Verkehrswert des Grundstücks (§ 194) im Zeitpunkt des Kaufes bestimmen, wenn der vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert überschreitet. In diesem Falle ist der Verkäufer berechtigt, bis zum Ablauf eines Monats nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts über die Ausübung des Vorkaufsrechts vom Vertrag zurückzutreten. Auf das Rücktrittsrecht sind die §§ 346 bis 349 und 351 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Tritt der Verkäufer vom Vertrag zurück, trägt die Gemeinde die Kosten des Vertrags auf der Grundlage des Verkehrswerts. Tritt der Verkäufer vom Vertrag nicht zurück, erlischt nach Ablauf der Rücktrittsfrist nach Satz 2 die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist. Führt die Gemeinde das Grundstück nicht innerhalb einer angemessenen Frist dem mit der Ausübung des Vorkaufsrechts verfolgten Zweck zu, hat sie dem Verkäufer einen Betrag in Höhe des Unterschieds zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem Verkehrswert zu zahlen. § 44 Absatz 3 Satz 2 und 3, § 43 Absatz 2 Satz 1 sowie die §§ 121 und 122 sind entsprechend anzuwenden.

(4) In den Fällen des § 24 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bestimmt die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Fünften Teils, wenn der Erwerb des Grundstücks für die Durchführung des Bebauungsplans erforderlich ist und es nach dem festgesetzten Verwendungszweck enteignet werden könnte. Mit der Unanfechtbarkeit des Bescheids über die Ausübung des Vorkaufsrechts erlischt die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist.

(5) Die Gemeinde kann für das Gemeindegebiet oder für sämtliche Grundstücke einer Gemarkung auf die Ausübung der ihr nach diesem Abschnitt zustehenden Rechte verzichten. Sie kann den Verzicht jederzeit für zukünftig abzuschließende Kaufverträge widerrufen. Der Verzicht und sein Widerruf sind ortsüblich bekannt zu machen. Die Gemeinde teilt dem Grundbuchamt den Wortlaut ihrer Erklärung mit. Hat die Gemeinde auf die Ausübung ihrer Rechte verzichtet, bedarf es eines Zeugnisses nach Absatz 1 Satz 3 nicht, soweit nicht ein Widerruf erklärt ist.

(6) Hat die Gemeinde das Vorkaufsrecht ausgeübt und sind einem Dritten dadurch Vermögensnachteile entstanden, hat sie dafür Entschädigung zu leisten, soweit dem Dritten ein vertragliches Recht zum Erwerb des Grundstücks zustand, bevor ein gesetzliches Vorkaufsrecht der Gemeinde auf Grund dieses Gesetzbuchs oder solcher landesrechtlicher Vorschriften, die durch § 186 des Bundesbaugesetzes aufgehoben worden sind, begründet worden ist. Die Vorschriften über die Entschädigung im Zweiten Abschnitt des Fünften Teils sind entsprechend anzuwenden. Kommt eine Einigung über die Entschädigung nicht zustande, entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

1. Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 30. Januar 2013, Az. 50 O 9/12 Baul., wird zurückgewiesen.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollsteckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 30. Januar 2013, Az. 50 O 9/12 Baul., ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwerte für I. und II. Instanz: jeweils 39.000,00 EUR

Gründe

 
I.
Die Antragsgegnerin, eine Gemeinde mit 9.300 Einwohnern, hat von ihrem durch Satzung vom 28.07.2009 geschaffenen Vorkaufsrecht nach § 25 BauGB im Hinblick auf einen Kaufvertrag zwischen dem Antragsteller und dem Käufer Gebrauch gemacht und den Kaufpreis anstatt der vereinbarten 48.000,00 EUR auf 9.000,00 EUR festgesetzt. Dagegen wendet sich der Verkäufer.
Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Antragsgegnerin ihr Vorkaufsrecht rechtzeitig ausgeübt hat und der Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechts im Gemeinderat der Antragsgegnerin in nichtöffentlicher Sitzung rechtmäßig war sowie ob der Bürgermeister das Vorkaufsrecht als Geschäft der laufenden Verwaltung ausgeübt hat. Bezüglich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes I. Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 30.01.2013, Az. 50 O 9/12 Baul., verwiesen.
Mit diesem Urteil hat das Landgericht Stuttgart dem Antrag auf Aufhebung des Bescheids der Antragsgegnerin über die Ausübung des Vorkaufsrechts stattgegeben. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Ausübung des Vorkaufsrechts fristgemäß zugestellt wurde. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei rechtswidrig, weil darüber vom Gemeinderat der Antragsgegnerin in nichtöffentlicher Sitzung beraten und beschlossen worden sei, obwohl nach § 35 Abs. 1 S. 1 GemO die Sitzungen des Gemeinderats grundsätzlich öffentlich seien. Die berechtigten Interessen der Vertragsparteien hätten eine nichtöffentliche Sitzung nicht erfordert. Insbesondere hätten solche Interessen der Vertragsparteien an einem Ausschluss der Öffentlichkeit nicht unterstellt werden dürfen.
Die Antragsgegnerin könne sich nicht darauf berufen, der Bürgermeister habe die Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts selbst treffen können. Die Entscheidung sei hier dem Gemeinderat überlassen worden, weshalb dieser die Formvorschriften der Gemeindeordnung habe einhalten müssen. Der Bürgermeister habe dessen Entscheidung nur exekutiert. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Dagegen wendet sich die Berufung der Antragsgegnerin. Der Bescheid der Antragsgegnerin über die Ausübung des Vorkaufsrechts sei dem Antragsteller innerhalb der 2-Monats-Frist des § 28 Abs. 2 BauGB ordnungsgemäß zugestellt worden. Durch die Angabe einer Postadresse, welche über keinen Briefkasten verfüge, habe er den Zugang vereitelt und könne sich nicht darauf berufen, dass ihm der streitgegenständliche Bescheid nicht innerhalb der Ausübungsfrist bekanntgegeben worden sei.
Der Gemeinderat habe angesichts der vielfältigen Einzelheiten des Kaufvertrags, die einen erheblichen Einblick in die persönliche Sphäre der Vertragsbeteiligten gäben, wie künftige Nutzungsabsicht, Preis- und Zahlungsmodalitäten, in nichtöffentlicher Sitzung über die Ausübung des Vorkaufsrechts verhandeln dürfen. Der Bürgermeister habe vorab bei den Verfahrensbeteiligten ihr Interesse an einer Geheimhaltung der Vertragsmodalitäten abfragen können, aber nicht müssen. So habe das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass Kaufverträge über Grundstücke jedenfalls zu den Angelegenheiten gehören, deren vertrauliche Behandlung im Interesse der Vertragspartner in Frage komme.
Im Übrigen komme es auf die Wirksamkeit der Beschlussfassung des Gemeinderats nicht an, weil der Bürgermeister persönlich berechtigt gewesen sei, über die Ausübung des Vorkaufsrechts im Rahmen der laufenden Verwaltung zu entscheiden. Der Bürgermeister sei ausweislich der Hauptsatzung berechtigt, alleine über die Ausübung von Vorkaufsrechten im Wert bis zu 30.000,00 DM zu entscheiden. Als neues unstreitiges Vorbringen nach dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung I. Instanz sei dieser Vortrag auch in der Berufungsinstanz zu berücksichtigen. Da es sich um ein Geschäft der laufenden Verwaltung gehandelt habe, sei der Beschluss des Gemeinderats angesichts der Kompetenzverteilung in der Hauptsatzung rechtswidrig. Nachdem der Bürgermeister jedoch diesem Beschluss nicht widersprochen habe, habe er sich den Beschluss des Gemeinderats zu eigen gemacht. Das Landgericht nehme daher zu Unrecht an, dass der Bürgermeister die Entscheidung nicht selber habe treffen wollen. Nachdem im Rahmen des auszuübenden Vorkaufsrechts für das zu erwerbende Grundstück ein Kaufpreis in Höhe von 9.000,00 EUR angesetzt worden sei, liege eine rechnerische durchschnittliche Kostenverteilung von 1,00 EUR pro Einwohner der Antragsgegnerin vor, weshalb von einem Geschäft der laufenden Verwaltung auszugehen sei.
Die Antragsgegnerin beantragt,
unter Abänderung des am 30.01.2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart (Az.: 50 O 9/12), den Antrag auf Aufhebung des Bescheids der Antragsgegnerin vom 01.09.2011 über die Ausübung des Vorkaufsrechts zum Kaufvertrag vom 29.06.2011 (UR. Nr. X/X beim Notariat G.) zurückzuweisen.
10 
Der Antragsteller beantragt,
11 
die Berufung zurückzuweisen.
12 
Die Ausübung eines städtebaulichen Vorkaufsrechts habe hier eine Beratung und Entscheidung in öffentlicher Sitzung erfordert. Berechtigte Interessen Einzelner seien dem nicht entgegengestanden. Allein der Kaufpreis habe keine Rückschlüsse auf Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Vertragsparteien zugelassen. Zu der geplanten Nutzung des Grundstücks fänden sich im Kaufvertrag keine Angaben. Da nicht unterstellt werden dürfe, berechtigte Interessen des Verkäufers oder Käufers erforderten den Ausschluss der Öffentlichkeit, habe bei den Vertragsbeteiligten angefragt werden müssen, ob berechtigte Interessen den Ausschluss der Öffentlichkeit erforderten. Dies sei unterblieben. Es habe daher beim Grundsatz der Öffentlichkeit der Sitzung des Gemeinderats verbleiben müssen. Die Frage des Ausschlusses der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzung richte sich ausschließlich nach § 35 Abs. 1 S. 2 GemO und nicht nach § 24 BauGB, der dazu keine Regelung enthalte.
13 
Die Ausübung des Vorkaufsrechts falle nicht in die Zuständigkeit des Bürgermeisters nach § 44 GemO. Es gehöre nicht zu den Geschäften der laufenden Verwaltung. Unabhängig von der finanziellen Bedeutung des Vorkaufsrechts habe es nach Art und Inhalt eine grundsätzliche Bedeutung, weil es dabei gerade im Geltungsbereich einer Vorkaufsrechtssatzung um grundlegende Fragen der städtebaulichen Entwicklung gehe. Die Ausübung gesetzlicher Vorkaufsrechte komme selten vor; es handle sich um außerordentliche Geschäfte. Die Begründung der Ausübung des Vorkaufsrechts, wonach dadurch die Beseitigung der vorhandenen Gemengelage mitten im Ortskern und eine geordnete städtebauliche Entwicklung hin zu Dienstleistung, Nahversorgung und Wohnen erreicht werden solle, zeige, dass es sich hier um eine zentrale und grundlegende Frage der städtebaulichen Entwicklung handle, die nicht zu den Geschäften der laufenden Verwaltung zähle. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei dem Bürgermeister auch nicht nach § 44 Abs. 2 S. 2 GemO übertragen. Die Übertragung beziehe sich nur auf vertragliche Vorkaufsrechte. Die Wertgrenze von 15.000,00 EUR sei überschritten, nachdem im Kaufvertrag ein Kaufpreis von 48.000,00 EUR vereinbart worden sei. Maßgebend sei nicht der von der Antragsgegnerin festgelegte Kaufpreis von 9.000,00 EUR, sondern der vertraglich vereinbarte Kaufpreis. Bei einem Verfehlen des Verkehrswerts bestehe für die Gemeinde bei Ausübung des preislimitierten Vorkaufsrechts von vornherein die Gefahr, dass der Kaufpreis auf den vertraglich vereinbarten Wert heraufgesetzt werde. Der Gemeinderat habe über die Ausübung des Vorkaufsrechts und die Preislimitierung in zwei gesonderten Beschlüssen entschieden. Damit sei über die grundsätzliche erste Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts die Wertgrenze aus § 5 Abs. 2 Nr. 2.8 der Hauptsatzung in jedem Fall überschritten worden.
14 
Selbst wenn die Ausübung des Vorkaufsrechts auf den Bürgermeister übertragen worden sei, habe der Gemeinderat die Angelegenheit mit seinem Beschluss vom 18.08.2011 wieder an sich gezogen. Da kein Geschäft der laufenden Verwaltung vorliege, habe die Übertragung jederzeit widerrufen werden können.
15 
Bereits mit der Antragsschrift sei vorgetragen, dass die Gemeinde keine ausreichenden Planungsvorstellungen gehabt habe, sondern in ihrem Satzungsbeschluss über die Vorkaufsrechtssatzung vom 28.07.2009 nur einen städtebaulichen Konflikt bezeichnet habe. Auch im Aufstellungsbeschluss für das Plangebiet vom 20.07.2007 heiße es nur lapidar, Art und Maß der baulichen Nutzung würden im weiteren Bebauungsplanverfahren konkretisiert werden, was für die Konkretisierung positiver Planungsziele nicht ausreiche. Die nicht konkretisierte Planung habe eine Veränderungssperre und auch eine Vorkaufsrechtssatzung nicht gerechtfertigt.
16 
Das Vorkaufsrecht sei nicht innerhalb der 2-Monats-Frist ausgeübt worden, da der Ausübungsbescheid dem Antragsteller erst am 12.09.2011 zugegangen sei. Die Antragsgegnerin habe die für die Zustellung im Ausland maßgeblichen Regelungen des § 10 LVwZG außer Acht gelassen. Der Einwand, der Antragsteller habe den Zugang vereitelt, weil er an seiner Postadresse über keinen Briefkasten verfüge, greife nicht durch, weil die Antragsgegnerin keine zulässige Form der Zustellung veranlasst habe.
17 
Der Käufer habe das Vorkaufsrecht nach § 27 Abs. 1 BauGB dadurch abgewendet, dass er sich verpflichtet habe, das Grundstück für Wohnzwecke zu nutzen und dabei die vorhandenen Parkflächen zu erhalten.
18 
Die Herabsetzung des Kaufpreises nach § 28 Abs. 3 S. 1 BauGB auf 9.000,00 EUR sei rechtswidrig, weil nach dem Entwurf des Bebauungsplans der Antragsgegnerin eine Festsetzung als Kerngebiet nach § 7 BauNVO vorgesehen sei und dies angesichts der Bodenrichtwerttabelle des Gutachterausschusses mindestens einen Wert von 60,00 EUR pro m² bis 90,00 EUR pro m² rechtfertige, während die Antragsgegnerin nur einen Wert von 30,00 EUR pro m² angesetzt habe. Da auf dem Grundstück eine Wohnnutzung zulässig sei, müsse ein Bodenrichtwert von 65,00 EUR pro m² bis 130,00 EUR pro m² angesetzt werden. Zuzüglich eines Restwerts des Gebäudes und abzüglich der geschätzten Entsorgungskosten verbleibe ein Wert von 39.000,00 EUR.
19 
Der Käufer beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen.
21 
Das Landgericht habe zu Recht den nach der letzten mündlichen Verhandlung gehaltenen Vortrag zum Handeln des Bürgermeisters in eigener Verantwortung nicht berücksichtigt und die mündliche Verhandlung nicht wieder eröffnet. Der Bürgermeister habe sich zu keinem Zeitpunkt auf eine Entscheidung in eigener Kompetenz berufen. Der Gemeinderat sei mit der Sache aufgrund eigener Zuständigkeit befasst gewesen. Für die Ausübung des Vorkaufsrechts sei bei kleinen und mittleren Gemeinden immer der Gemeinderat wegen der Bedeutung der Sache, der Häufigkeit des Auftretens und des Zusammenhangs mit der städtebaulichen Gemeindeentwicklung zuständig. Im Hinblick auf die Haushaltsrelevanz sei bei der Ausübung des Vorkaufsrechts vom Kaufpreisbetrag von 48.000,00 EUR und damit nicht vom vermeintlichen Verkehrswert von 9.000,00 EUR, sondern vom möglichen tatsächlichen Wert des Erwerbsobjekts, der durch den Kaufpreis bestimmt und begrenzt werde, auszugehen. Wenn der Bürgermeister dennoch habe selbst handeln wollen, liege ein Verstoß gegen die sachliche Zuständigkeit vor. Gemäß der Rechtsprechung des Baden-Württembergischen Verwaltungsgerichtshofs sei der Verstoß gegen die erforderliche Öffentlichkeit der Entscheidung des Gemeinderats eindeutig. Die detektivischen Bemühungen der Mitarbeiter der Antragsgegnerin könnten nur dann von Belang sein, wenn die Zustellung im Ausland auf dem dafür vorgesehenen und dann eingeschlagenen Weg nicht funktioniert habe.
II.
22 
Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin ist aus den zutreffenden Erwägungen des Landgerichts im Urteil vom 30.01.2013 unbegründet.
1.
23 
Die Antragsgegnerin hat in den Gemeinderatsbeschlüssen vom 16.08.2011 nicht nur von ihrem gemeindlichen Vorkaufsrecht nach § 28 Abs. 2 BauGB Gebrauch gemacht, sondern auch die Ausübung des Vorkaufsrechts zum ortüblichen Verkehrswert nach § 28 Abs. 3 BauGB beschlossen. Über die Ausübung des Vorkaufsrechts und die Ausübung des Vorkaufsrechts zu einem ortsüblichen Verkehrswert von 9.000,- EUR wurde getrennt abgestimmt. Ob die Baulandgerichte nach § 217 Abs. 1 S. 1 BauGB iVm § 28 Abs. 3 BauGB nur die Festsetzung des zu zahlenden Betrags zu überprüfen haben oder sie als Annex zur Entscheidung über die Höhe des Vorkaufsrechts auch zur Entscheidung über die Wirksamkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 28 Abs. 2 BauGB zuständig sind, ist im Berufungsverfahren gemäß § 17a Abs. 5 GVG nicht mehr von Belang.
2.
24 
Zutreffend hat das Landgericht die Ausübung des Vorkaufsrechts (§ 28 Abs. 2 BauGB) durch die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 1.09.2011 als rechtswidrig angesehen, weil entgegen dem Grundsatz des § 35 Abs. 1 S. 1 GemO über die Ausübung des Vorkaufsrechts durch den Gemeinderat in nichtöffentlicher Sitzung verhandelt und entschieden wurde.
a)
25 
Auch wenn das Vorkaufsrecht nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB durch Verwaltungsakt auszuüben ist, war der Gemeinderat das für die Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts zuständige Organ der Antragsgegnerin, weil die Ausübung des Vorkaufsrechts und die Bestimmung des zu zahlenden Betrags keine Geschäfte der laufenden Verwaltung waren, die gemäß § 44 Abs. 2 S. 1 GemO in die Zuständigkeit des Bürgermeisters fallen.
26 
Dem steht schon der Wert der Ausübung des Vorkaufsrechts entgegen. Der Antragsteller und der Käufer hatten einen Kaufpreis in Höhe von 48.000,00 EUR vereinbart. Die Ausübung des Vorkaufsrechts und die Herabsetzung des von der Antragsgegnerin zu zahlenden Betrags auf 9.000,00 EUR brachten die Gefahr mit sich, dass die Antragsgegnerin vom Antragsteller mit der Begründung, der Verkehrswert entspreche dem vereinbarten Kaufpreis, auf Zahlung in Anspruch genommen werden würde. Welchen Verkehrswert das streitgegenständliche Grundstück tatsächlich hat, hätte dann durch Sachverständigengutachten in einem Gerichtsverfahren abgeklärt werden müssen, was für die Antragsgegnerin ein Haftungsrisiko über die zugestandenen 9.000,00 EUR hinaus von bis zu 39.000,00 EUR ergeben hätte. Nach der Hauptsatzung der Antragsgegnerin sind dem Bürgermeister Grundstücksgeschäfte bis zu einem Wert von rund 15.000,00 EUR (= 30.000,00 DM) gestattet. Daraus ist zu schließen, dass für die Antragsgegnerin jedenfalls Geschäfte mit einem darüber hinausgehenden Wert nicht zu den Geschäften der laufenden Verwaltung gehören.
27 
Neben der finanziellen Bedeutung spricht insbesondere die sachliche Bedeutung der Ausübung des Vorkaufsrechts gegen ein Geschäft der laufenden Verwaltung. Die Ausübung des Vorkaufsrechts bedarf einer sorgfältigen Abwägung der Interessen des öffentlichen Wohls und der Interessen des Einzelnen im Rahmen der Planung und Bodenpolitik. Dieses Ergebnis hebt eine solche Entscheidung aus den Geschäften der laufenden Verwaltung heraus und zwingt mindestens bei kleinen und mittleren Gemeinden in der Regel zu einer Beschlussfassung des unmittelbar willensbildenden Organs (BGH, NJW 1960, 1805, 1806).
b)
28 
Die Sitzungen des Gemeinderats sind grundsätzlich öffentlich (§ 35 Abs. 1 Satz 1 GemO). Die Öffentlichkeit der Sitzungen des Gemeinderats gehört zu den wesentlichsten Grundsätzen der Gemeindeverwaltung. Sie hat die Funktion, dem Gemeindebürger Einblick in die Tätigkeit der Vertretungskörperschaften und ihrer einzelnen Mitglieder zu ermöglichen und dadurch eine auf eigener Kenntnis und Beurteilung beruhende Grundlage für eine sachgerechte Kritik sowie die Willensbildung zu schaffen, den Gemeinderat der allgemeinen Kontrolle der Öffentlichkeit zu unterziehen und dazu beizutragen, der unzulässigen Einwirkung persönlicher Beziehungen, Einflüsse und Interessen auf die Beschlussfassung des Gemeinderats vorzubeugen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.06.1980, II 503/79, zitiert nach juris Rn. 21 = Die Justiz 1981, 233). Der Grundsatz der Öffentlichkeit gilt namentlich auch für Sitzungen des Gemeinderates, in denen über die Ausübung eines Vorkaufsrechts gemäß §§ 24 f. BauGB zu verhandeln und zu beschließen und in denen u.a. auch die Frage zu prüfen ist, ob die Ausübung durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt ist (§ 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB, der für Vorkaufsrechte nach § 25 BauGB entsprechend gilt; VGH Baden-Württemberg aaO).
29 
Vorliegend bestand objektiv kein Anlass, von dem Grundsatz der Öffentlichkeit der Sitzungen des Gemeinderats eine Ausnahme zu machen. Nichtöffentlich darf nämlich nur verhandelt werden, wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner erfordern; über Gegenstände, bei denen diese Voraussetzungen vorliegen, muss nichtöffentlich verhandelt werden (§ 35 Abs. 1 Satz 2 GemO).
30 
Berechtigte Interessen Einzelner im Sinne des § 35 Abs. 1 S. 2 GemO können rechtlich geschützte oder sonstige schutzwürdige Interessen sein. Sie erfordern den Ausschluss der Öffentlichkeit in der Gemeinderatssitzung, wenn im Verlauf der Sitzung persönliche oder wirtschaftliche Verhältnisse zur Sprache kommen können, an deren Kenntnisnahme schlechthin kein berechtigtes Interesse der Allgemeinheit bestehen kann und deren Bekanntgabe dem Einzelnen nachteilig sein könnte (VGH Baden-Württemberg aaO Rn. 21 bis 24; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.08.1990, 3 S 132/90, zitiert nach juris Rn. 27 ff. = NVwZ 1991, 284).
aa)
31 
Eine generelle Regelung, wonach Grundstücksangelegenheiten in nichtöffentlicher Sitzung des Gemeinderats zu behandeln sind, besteht für Baden-Württemberg und die Antragsgegnerin nicht (insoweit abweichend für Rheinland-Pfalz BVerwG, Beschluss vom 15.03.1995, 4 B 33/95, zitiert nach juris Rn. 6 = NVwZ 1995, 897). Kaufverträge über Grundstücke und damit auch die Ausübung von Vorkaufsrechten im Hinblick auf Grundstücke gehören zu den Angelegenheiten, deren vertrauliche Behandlung im Interesse der Vertragspartner in Frage kommt (BVerwG aaO). Nachdem eine generelle Regelung für Baden-Württemberg fehlt, ist nach den Umständen des Einzelfalls festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 S. 2 GemO vorliegen und eine Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung rechtfertigen.
bb)
32 
Die Offenlegung des Kaufpreises des Kaufvertrags zwischen dem Antragsteller und dem Käufer begründet kein berechtigtes Interesse an einer Verhandlung und Beschlussfassung des Gemeinderats über die Ausübung eines Vorkaufsrechts in nichtöffentlicher Sitzung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.06.1981, Az. 3 S 271/81, zitiert nach juris). Der notarielle Kaufvertrag vom 29.06.2011 enthält nichts, was im Interesse der Vertragsparteien vor der Öffentlichkeit geheim zu halten gewesen wäre und was zu einer nachteiligen Offenlegung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse hätte führen können. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf die Höhe des Kaufpreises von 48.000,00 EUR (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.08.1990, 3 S 132/90, zitiert nach juris Rn. 29 = NVwZ 1991, 284) oder Belastungen des Grundstücks, die aus dem Grundbuch und Kaufvertrag ersichtlich waren. Nachdem der Bürgermeister der Antragsgegnerin im Rahmen der Vorbereitung der Gemeinderatssitzung nicht bei den Kaufvertragsparteien nachgefragt hat, ob deren berechtigte Interessen die Ausübung des Vorkaufsrechts in nichtöffentlicher Sitzung erfordern, sind auch außerhalb der Kaufvertragsurkunde keinerlei Umstände ersichtlich, die eine Behandlung des Vorkaufsrechts der Antragsgegnerin in nichtöffentlicher Sitzung nach § 35 Abs. 1 S. 2 GemO gerechtfertigt hätte.
c)
33 
Der Verstoß gegen das Gebot der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen begründet regelmäßig eine schwerwiegende Verfahrensrechtsverletzung (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.2.2013, Az. 1 S 2155/12, VBlBW 2013, 269 juris Rn. 8).Die sich aus dem Verstoß gegen § 35 Abs. 1 S. 1 GemO ergebende Rechtswidrigkeit der Gemeinderatsbeschlüsse über die Ausübung des besonderen Vorkaufsrechts und die Festsetzung des Verkehrswerts abweichend vom vereinbarten Kaufpreis führen zur Rechtswidrigkeit des Bescheids der Antragsgegnerin vom 01.09.2011. Dieser Bescheid stellt nämlich den Vollzug der Beschlüsse des Gemeinderats dar und hätte nicht ergehen dürfen, weil der Bürgermeister nur gesetzmäßig gefasste Beschlüsse vollziehen darf (§ 43 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 GemO; vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.08.1990, 3 S 132/90, zitiert nach juris Rn. 31 = NVwZ 1991, 284).
34 
Zwar kann nach § 46 LVwVfG die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 LVwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Diese Voraussetzungen sind hier aber offensichtlich nicht erfüllt, denn die Entscheidung des Gemeinderats darüber, ob die Gemeinde von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen soll, stellte eine Ermessensentscheidung dar und hätte auch in verneinendem Sinne ergehen können (vgl. VGH Baden-Württemberg aaO). Es ist daher nicht offensichtlich, dass die Verletzung des Prinzips der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (§ 46 LVwVfG).
3.
35 
Der Bescheid vom 01.09.2011 wird nicht dadurch rechtmäßig, dass der Bürgermeister diesen in eigener Zuständigkeit erlassen hätte.
36 
Zwar nimmt dieser Bescheid auf die Gemeinderatsbeschlüsse vom 16.08.2011 nicht Bezug und kann so vom Inhalt her als Verwaltungsakt, den der Bürgermeister in eigener Zuständigkeit erlassen hat, verstanden werden. Jedoch fehlt ihm hierfür die Zuständigkeit nach § 44 Abs. 2 S. 1 GemO. Es handelt sich bei der Ausübung des Vorkaufsrechts angesichts der Größe der Gemeinde und der in die Abwägung einzufließenden unterschiedlichen Interessen an der beabsichtigten städtebaulichen Neuordnung des „M.-Areals“ um die originäre gesetzlich eingeräumte Kompetenz des Gemeinderats.
4.
37 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 228 Abs. 1 BauGB, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 221 Abs. 1 BauGB, 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.
38 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach den §§ 221 Abs. 1 BauGB, 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO liegen nicht vor.
39 
Die Höhe des Streitwerts richtet sich nach dem Interesse des Antragstellers, hier also des Verkäufers. Nachdem er das streitgegenständliche Grundstück für 48.000,00 EUR verkauft und die Antragsgegnerin den Kaufpreis auf lediglich 9.000,00 EUR festgesetzt hat, besteht sein wirtschaftliches Interesse an dem Rechtsstreit in der Höhe der Differenz, also 39.000,00 EUR.

Tenor

Auf die Berufungen der Kläger werden die Urteile des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 28. Februar 2014 - 2 K 3238/12 und 2 K 3104/12 - geändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 31. August 2011 und die Widerspruchsbescheide des Landratsamts Bodenseekreis vom 17. September 2012 werden aufgehoben.

Die Hinzuziehungen der Bevollmächtigten durch die Kläger im Vorverfahren werden für notwendig erklärt.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen die Ausübung eines Vorkaufsrechts durch die Beklagte.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 30.06.2011 (Urkunde Notariat Friedrichshafen II Nr. 53/2001) veräußerte der Kläger zu 1 an den Kläger zu 2 das mit einem Gebäude bebaute Grundstück Flst.Nr. ..., ..., in ... einem Kaufpreis von 285.000,- EUR. An das Grundstück schließt sich in südöstlicher Richtung das der Beklagten gehörende Grundstück Flst.Nr. ... an, das mit einer Sporthalle (sog. „kleine Turnhalle“) bebaut ist. Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des durch Satzung vom 22.09.2008 förmlich festgelegten Sanierungsgebietes „Östlicher Ortskern“ der Beklagten. Nach der vorbereitenden Untersuchung zu dem Untersuchungsgebiet besteht u.a. für das Turnhallengebäude ein dringender Sanierungsbedarf bzw. ein Bedarf für die Errichtung eines Neubaus unter Einbeziehung benachbarter Grundstücke. Dem Abschluss des Kaufvertrages zwischen den Klägern waren erfolglos verlaufende Verkaufsverhandlungen zwischen dem Kläger zu 1 und der Beklagten über das Grundstück vorausgegangen.
Mit Schreiben vom 01.07.2011, bei der Beklagten eingegangen am 04.07.2011, übersandte das Notariat Friedrichshafen II eine beglaubigte Abschrift des Kaufvertrages vom 30.06.2011 als Vorkaufsrechtsanzeige. Der Kläger zu 1 teilte der Beklagten unter dem 01.07.2011 gleichfalls den Abschluss des notariellen Kaufvertrages mit.
Der Gemeinderat der Beklagten befasste sich mit der Ausübung eines Vorkaufsrechts hinsichtlich des Grundstücks nach §§ 24 ff. BauGB zunächst in nichtöffentlicher Sitzung am 25.07.2011. Die Einladung vom 15.07.2011 des Bürgermeisters der Beklagten zu der Gemeinderatssitzung am 25.07.2011 sah unter Tagesordnungspunkt 1. für den nichtöffentlichen Teil (Beginn 17.00 Uhr) vor:
„Beratung zum Verwendungszweck der Flurstücke ... (kleine Turnhalle) und ... (...Straße ...) im Rahmen der städtebaulichen Sanierungsmaßnahme „Östlicher Ortskern“ und Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Gemeinde zum Erwerb des Grundstücks Flst. ... – (...) Über die Ausübung des Vorkaufsrechts und die zukünftige öffentliche Nutzung des Grundstücks ist zu beraten. Die Entscheidung über die öffentliche Nutzung und die Ausübung des Vorkaufsrechts hat in öffentlicher Sitzung zu erfolgen.“
Nach kontroverser Diskussion über die Ausübung des Vorkaufsrechtes erging in der nichtöffentlichen Sitzung der Beschluss, vor einer weiteren Entscheidung zum Sachverhalt, die rechtliche Stellungnahme eines Fachanwaltes einzuholen. Nach dieser Stellungnahme solle eine nichtöffentliche Sondersitzung des Gemeinderats erfolgen, in der eine rechtliche Beratung über das Verfahren zur Ausübung eines Vorkaufsrechtes durch die Gemeinde durch einen Fachanwalt erfolgen solle.
Diese nichtöffentliche Sondersitzung des Gemeinderats fand am 01.08.2011 unter Teilnahme des Beklagtenvertreters statt. Nachdem der Bürgermeister den Sachverhalt dargelegt und klargestellt hatte, dass keine Sachdiskussion bezüglich der Ausübung des Vorkaufsrechts geführt werde, erläuterte der Beklagtenvertreter umfassend die rechtliche Lage. Er wies hierbei eingangs insbesondere darauf hin, dass Beratung und Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechts in öffentlicher Sitzung erfolgen müssten. Dabei reiche es auch nicht aus, wenn in einer nichtöffentlichen Sitzung beraten worden sei und anschließend in öffentlicher Sitzung trotz Gelegenheit zur Wortmeldung keine Aussprache stattfinde, sondern wegen der Vorberatung in öffentlicher Sitzung nur noch die Ausübung des Vorkaufsrechts beschlossen werde. Die bisherigen Beratungen in nichtöffentlicher Sitzung müssten daher als gegenstandslos behandelt werden. Die Beschlussfassung müsse unbefangen und unbeeindruckt von der nichtöffentlichen Beratung in öffentlicher Sitzung erfolgen, da nur so der Fehler der nichtöffentlichen Beratung wieder ausgeräumt werden könne. Nach zahlreichen Wortmeldungen der Gemeinderatsmitglieder und Rückfragen an den Beklagtenvertreter zu den Voraussetzungen, möglichen negativen rechtlichen Folgen sowie einer rechtlich sicheren Vorgehensweise bei der Ausübung des Vorkaufsrechts, fasste der Gemeinderat schließlich den nachfolgenden einstimmigen Beschluss:
1. „Herr Prof. ... wird mit der Begleitung der Ausübung des Vorkaufsrechts beauftragt.
2. Es wird festgestellt, dass die Beratung und die Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechts erstmals in einer weiteren Gemeinderatssitzung stattfinden wird. Die Beratung in der nichtöffentlichen Sitzung am 25.07.2011 ist als gegenstandslos zu betrachten.“
Mit Schreiben vom 02.08.2011 teilte die Beklagte sowohl dem Kläger zu 1 als auch dem Kläger zu 2 mit, dass beabsichtigt sei, das Sanierungs- und Entwicklungskonzept im Sanierungsgebiet „Östlicher Ortskern“ fortzuschreiben und zu konkretisieren. Die Verwaltung werde dem Gemeinderat vorschlagen, das der Gemeinde gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 3 BauGB zustehende Vorkaufsrecht an dem Grundstück Flst.Nr. ... zum Wohle der Allgemeinheit auszuüben. Den Klägern wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 17.08.2011 eingeräumt.
10 
In der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 29.08.2011 beschloss der Gemeinderat zunächst die Fortschreibung und Konkretisierung des Entwicklungskonzepts im Sanierungsgebiet „Östlicher Ortskern“ u.a. zur Schaffung öffentlicher und privater Stellplätze unter Inanspruchnahme der Flst.Nrn. ... (... Straße ...) und ... (kleine Turnhalle). Danach schilderte der Bürgermeister unter dem nächsten Tagesordnungspunkt „Ausübung des Vorkaufsrechts“ die Situation zum städtebaulichen Sanierungsgebiet „Östlicher Ortskern“ sowie zum Kaufvertrag über die Veräußerung des Grundstücks ... Straße ... Im Folgenden verwies er auf die Vorberatung, die zusammen mit dem Beklagten-Vertreter bereits am 01.08.2011 stattgefunden habe. Gemeinderat Z. äußerte, der Gemeinderat müsse in jedem Fall von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch machen. Es sei schade, dass das Grundstück nicht bereits im Vorfeld auf „normale Art und Weise“ habe erworben werden können. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei von der Vorgehensweise aber nun rechtlich einwandfrei. Gemeinderat K. wies darauf hin, dass im Sinne des Allgemeinwohls das Vorkaufsrecht entsprechend dem Beschlussvorschlag ausgeübt werden solle. Gemeinderat M. schloss sich seinen Vorrednern an und äußerte, dass „die Sache entsprechend vorberaten“ worden sei. Der Gemeinderat beschloss sodann die Ausübung des Vorkaufsrechts am Grundstück Flst.Nr. ..., ... Straße ...
11 
Mit Bescheid vom 31.08.2011 übte die Beklagte gegenüber dem Kläger zu 1 das Vorkaufsrecht an dem Grundstück Flst.Nr. ... aus. In ihrer Begründung verwies die Beklagte auf die Satzung über die förmliche Festsetzung des Sanierungsgebiets und den vorangegangenen Ergebnisbericht, der den erheblichen Erneuerungsbedarf der kleinen Halle festgestellt habe. In öffentlicher Sitzung vom 29.08.2011 habe der Gemeinderat das Satzungsziel konkretisiert und auf Grundlage von §§ 28 Abs. 2, 24 Abs. 1 Nr. 3 BauGB beschlossen, das Vorkaufsrecht für das Grundstück... Straße ... auszuüben. Die Ausübung sei durch Gründe des Wohls der Allgemeinheit gerechtfertigt. Nach den am 29.08.2011 beschlossenen Satzungszielen sowie dem Ergebnis der vorbereitenden Untersuchungen solle die Halle unter Inanspruchnahme des Grundstücks ... Straße ... saniert oder neu aufgebaut werden. Zudem sei beabsichtigt, das Grundstück auch für die Herstellung öffentlicher und privater Stellplätze zu nutzen.
12 
Der Ausübungsbescheid wurde dem Kläger zu 2 unter dem 31.08.2011 zur Kenntnisnahme übersandt.
13 
Gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts erhob der Kläger zu 1 mit Schreiben vom 27.09.2011 Widerspruch, den er am 31.10.2011 im Wesentlichen damit begründete, dass der Gemeinderatsbeschluss vom 29.08.2011 rechtswidrig sei, da dem offenbar Beratungen in nichtöffentlicher Sitzung vorausgegangen seien. Eine solche nichtöffentliche Vorberatung sei unzulässig und führe zur Rechtswidrigkeit des Beschlusses vom 29.08.2011.
14 
Der Kläger zu 2 erhob mit Schreiben vom 05.09.2011 Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten vom 31.08.2011. In der Widerspruchsbegründung vom 18.01.2012 wurde ebenso die Unwirksamkeit des Gemeinderatsbeschlusses vom 29.08.2011 wegen vorangegangener Beratungen in nichtöffentlicher Sitzung geltend gemacht.
15 
Mit in der Sache identischen Widerspruchsbescheiden vom 17.09.2012, zugestellt am 19.09.2012 und am 20.09.2012, wies das Landratsamt Bodenseekreis die Widersprüche der Kläger zurück. Dem Ausübungsbescheid habe ein wirksamer Beschluss des Gemeinderats in öffentlicher Sitzung vom 29.08.2011 gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO zu Grunde gelegen. In der Sitzung hätten die Gemeinderäte zunächst ausführlich über die Sanierung bzw. den Neubau der Turnhalle und der Verbesserung der Parkplatzsituation diskutiert. Unmittelbar daran sei der Tagesordnungspunkt zum Vorkaufsrecht aufgerufen worden. Es habe drei kurze Wortmeldungen gegeben. Nachdem kein weiterer Beratungsbedarf bestanden habe, sei abgestimmt worden. Ein solches Vorgehen sei nicht unüblich. Auch materiell lägen die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Nr. 3 BauGB für die Ausübung des Vorkaufsrechts vor.
16 
Der Kläger zu 2 hat am 12.10.2012 unter dem Aktenzeichen 2 K 3104/12 und der Kläger zu 1 hat am 18.10.2012 unter dem Aktenzeichen 2 K 3238/12 Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben. Die Kläger haben jeweils beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 31.08.2011 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Bodenseekreis vom 17.09.2012 aufzuheben. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
17 
Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat die Klagen jeweils mit in der Begründung identischen Urteilen vom 28.02.2014 abgewiesen. Die Beklagte habe das Vorkaufsrecht in formell und materiell rechtmäßiger Weise ausgeübt. Insbesondere habe der Gemeinderat der Beklagten in seiner Sitzung vom 29.08.2011 verfahrensfehlerfrei über die Ausübung des Vorkaufsrechts beschlossen, ein Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO liege nicht vor. Die Beratung in der nichtöffentlichen Sitzung des Gemeinderats am 25.07.2011 habe zwar den Erfordernissen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO nicht entsprochen. Nach Erkennen seines Fehlers habe der Gemeinderat aber durch das weitere Vorgehen den Anforderungen des Öffentlichkeitsprinzips ausreichend Rechnung getragen. Mit dem Beschluss vom 01.08.2011 habe der Gemeinderat seinen Willen und seine Bereitschaft deutlich zum Ausdruck gebracht, neu in öffentlicher Sitzung zu verhandeln. Die Beratung und Beschlussfassung am 29.08.2011 genüge den Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Dass die der Beschlussfassung vorangestellte Beratung weder die Dauer noch die Intensität der Debatte vom 25.07.2011 erreicht habe, sei unerheblich. Eine Beratung setze keine Diskussion um der Diskussion willen voraus. Eine Diskussion könne sich sogar darin erschöpfen, dass die Beteiligten auf Wortmeldungen gänzlich verzichteten, wenn kein Gesprächsbedarf bestehe. Unschädlich sei auch, dass der Bürgermeister auf die Vorberatung, die zusammen mit dem Beklagtenvertreter bereits am 01.08.2011 stattgefunden habe, verwiesen habe. Dies bedeute nicht, dass hierdurch nichtöffentliche Beratungen des Gemeinderats Teil der Beratung vom 29.08.2011 geworden seien. Auch die Äußerung des Gemeinderats Ms., die Sache sei „entsprechend vorberaten worden“, ändere nichts an dem Umstand, dass der Gemeinderat im Rahmen der Sitzung den Sachverhalt umfassend beraten habe. Dass eine unzulässige Verlagerung der Beratung in die nichtöffentliche Sitzung nicht stattgefunden habe, zeige auch der Vergleich der Ergebnisse der Sitzungen vom 25.07.2011 und vom 29.08.2011. Gerade durch den Beschluss vom 01.08.2011 habe der Gemeinderat deutlich gemacht, dass er die Geschehnisse des 25.07.2011 nicht zur Grundlage seiner Entscheidung machen wolle, sondern mit den Kenntnissen aus der rechtlichen Beratung in öffentlicher Sitzung beraten und entscheiden wolle. So wie der Gemeinderat jederzeit einen Beschluss aufheben könne, wenn er dessen Fehlerhaftigkeit erkannt habe, und hierauf den Beschluss unter Beachtung der Verfahrensregeln neu fassen könne, habe der Gemeinderat vorliegend noch vor einer verfahrensfehlerhaften nichtöffentlichen Beschlussfassung sein Vorgehen korrigieren und in öffentlicher Sitzung ordnungsgemäß über die Ausübung des Vorkaufsrechts beraten und dieses beschließen können. Zwar sei den Klägern darin zuzustimmen, dass eine größtmögliche Transparenz durch die Einführung des Inhalts der Sitzungen vom 25.07.2011 und 01.08.2011 in der Sitzung vom 29.08.2011 erzielt worden wäre. Dies sei zur Wahrung des Öffentlichkeitsprinzips jedoch nicht zwingend erforderlich gewesen.
18 
Die Kläger haben die mit Senatsbeschlüssen vom 23.07.2014 zugelassenen Berufungen nachfolgend begründet. Der Senat hat das Verfahren 8 S 1387/14 (Kläger zu 2. gegen die Beklagte) mit dem Verfahren 8 S 1386/14 (Kläger zu 1. gegen die Beklagte) mit Beschluss vom 24.03.2015 zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden und unter dem Az. 8 S 1386/14 fortgeführt.
19 
Zwischenzeitlich wurden am 17.11.2014 in einer öffentlicher Sitzung des - neu gewählten - Gemeinderats der Beklagten unter Teilnahme des Beklagtenvertreters dem Gemeinderat und der Öffentlichkeit die Grundzüge des Diskussionsinhalts sowie die Beschlüsse der nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und vom 01.08.2011 zugänglich gemacht. Der Bürgermeister wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die neu gewählten Gemeinderatsmitglieder und er als neuer Bürgermeister hier das gleiche gemeinsame Schicksal hätten. Nachdem außer einer Verständnisfrage keine Wortmeldungen erfolgten, fasste der Gemeinderat den einstimmigen Beschluss:
20 
„1. Der Gemeinderat nimmt den Diskussions- und Beschlussinhalt der nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und 01.08.2011 zur Kenntnis.
2. Der Gemeinderat sieht keinen Anlass, den Beschluss des Gemeinderats vom 29.08.2011 zu ändern.“
21 
Der Kläger zu 1. hat zur Begründung seiner Berufung angeführt:
22 
Eine unter Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO erfolgte nichtöffentliche Beratung könne im Gegensatz zu einem fehlerhaften Beschluss nicht allein durch einen Aufhebungsbeschluss des Gemeinderats gegenstandslos werden, sondern müsse als zuvor der Öffentlichkeit entzogener Teil des Entscheidungsprozesses nachgeholt oder zumindest transparent gemacht werden. § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO verlange, dass die Sitzungen des Gemeinderats und damit der gesamte Verhandlungsgang öffentlich und insofern transparent und prüfbar für die Bürger sei. Dies könne im Einzelfall eine bloße Information des Gemeinderats durch Verwaltung und Kenntnisnahme bedeuten, im hier interessierenden Fall durch Sachvortrag, Beratung und Beschlussfassung. Dies seien Elemente einer Sitzung i.S.d. § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO, die nicht voneinander getrennt, hinsichtlich des Öffentlichkeitsprinzips nicht unterschiedlich behandelt und auch in ihrer Reihenfolge nicht verändert werden könnten. Die Gemeinderatssitzung sei der organisatorische Rahmen, innerhalb dessen ein Vorgang behandelt und zur Entscheidung gebracht werden müsse. Dies schließe es nicht aus, dass die Entscheidung des Gemeinderates nicht in derselben, sondern etwa in einer folgenden öffentlichen Sitzung gefasst werde. Der Gesetzgeber habe die gewählten Vertreter bewusst unter einen Begründungszwang gestellt, weil der Bürger zumindest ansatzweise erkennen können solle, was sich der einzelne Vertreter bei seiner Entscheidung gedacht habe. Für eine Kontrolle durch die Bürger seien nicht nur das Votum des Repräsentanten, sondern auch seine Gründe hierfür jeweils von maßgeblicher Bedeutung. Bei einer Trennung von Beratung und Beschlussfassung würde der Willkür Tür und Tor geöffnet. Nicht nur würde der Rechtsschutz verkürzt oder erschwert, sondern es könnten auch vollendete Tatsachen geschaffen oder - wie hier - Entscheidungsfristen eingehalten werden, ohne dass sich das dafür zuständige Organ dafür zu rechtfertigen habe.
23 
Eine Begründung könne nicht nachgeschoben werden. Gleichfalls könne ein neu gewählter Gemeinderat in neuer Zusammensetzung nicht darüber befinden, dass und warum der frühere Gemeinderat zu Recht eine bestimmte Entscheidung getroffen habe.
24 
Der Kläger zu 2 hat zur Berufungsbegründung im Wesentlichen vorgetragen, dass eine Vorwegnahme der Sachdiskussion in einer nichtöffentlichen Sitzung auch bei nachfolgender Beschlussfassung in einer öffentlichen Sitzung gegen § 35 Abs. 1 GemO verstoße. Im vorliegenden Fall seien ganz wesentliche Aspekte der Ausübung des Vorkaufsrechts ausschließlich in den nichtöffentlichen Beratungen am 25.07.2011 und am 01.08.2011 besprochen worden, die in der öffentlichen Sitzung am 29.08.2011 nicht wieder aufgegriffen worden seien. Der von der Beklagten zur Heilung dieses Verstoßes gewählte Weg eines Beschlusses in einer nichtöffentlichen Sitzung, dass die bisherigen Beratungsgegenstände als gegenstandslos zu betrachten seien, sei gänzlich verfehlt, da er nicht dem Sinn der Öffentlichkeitsbeteiligung entsprochen habe. Eine Heilung setze vielmehr voraus, dass erneut beraten und sodann beschlossen werde. Dabei dürften jedoch die Beratung und die Beschlussfassung in der öffentlichen Sitzung nicht von der nichtöffentlichen Beratung losgelöst betrachtet werden. Die „Heilungsberatung“ müsse zumindest die Auswirkungen der Verletzung des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO ungeschehen machen. Nach dem Sinn der Öffentlichkeitsberatung, den Entscheidungsprozess plastisch und transparent zu machen, setze die „Heilungsberatung“ daher als Mindeststandard voraus, dass die bisherige Sachdiskussion offen gelegt werde. Dies könne entweder durch eine Einführung der nichtöffentlichen Sitzungsprotokolle in die öffentliche Sitzung oder jedenfalls durch eine Wiedergabe des wesentlichen Inhalts dieser Protokolle durch den Schriftführer oder durch den Bürgermeister geschehen. Diesen erhöhten Anforderungen genüge die Beratung am 29.08.2011 jedoch nicht, da der Bürgermeister der Beklagten in dieser Sitzung lediglich auf die Vorberatung am 01.08.2011 ohne jegliche Erörterung ihres Gegenstandes verwiesen und die Sitzung vom 25.07.2011 gänzlich unerwähnt gelassen habe, so dass der gesamte Verstoß einschließlich des Heilungsversuchs der Öffentlichkeit unbekannt geblieben sei. Der Öffentlichkeit sei damit ein wesentlicher Teil der Willensbildung vorenthalten worden. Ein solches Vorgehen berge insofern auch eine erhebliche Missbrauchsgefahr. Andernfalls könne stets in nichtöffentlicher Sitzung so lange beraten werden, bis man sich einig sei, anschließend könne man sich durch einen Beschluss hiervon distanzieren und sodann eine öffentliche Sitzung einberufen, in der der Gemeinderat den vorberatenen Beschluss fassen könnte.
25 
Die vorgeschlagene Vorgehensweise einer Veröffentlichung des wesentlichen Inhalts der Protokolle über die nichtöffentliche Sitzung verstoße auch nicht gegen § 35 Abs. 2 GemO, da eine Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht durch den Bürgermeister notwendiger Bestandteil eines entsprechenden Heilungsversuches sei. Ebenso wenig sei das Recht der einzelnen Gemeinderäte auf informationelle Selbstbestimmung verletzt, da aufgrund des Tätigwerdens der Gemeinderäte nicht als Privatperson sondern als mandatierte Volksvertreter bereits der Schutzbereich nicht eröffnet sei, die Aufhebung der Schweigepflicht nach § 35 Abs. 2 GemO jedenfalls eine zulässige Beschränkung darstelle und darüber hinaus eine zusammenfassende Darstellung ohne Personennennung hiervon ohnehin unberührt bliebe.
26 
Des Weiteren stehe auch nicht § 46 LVwVfG einer Aufhebung des Ausübungsbescheids entgegen, da angesichts der erheblichen Divergenz zwischen der Sitzung vom 25.07.2011 und derjenigen vom 29.08.2011 nicht offensichtlich sei, dass die Verletzung des Öffentlichkeitsprinzips die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst habe.
27 
Schließlich könne die in der Gemeinderatssitzung am 17.11.2014 vorgenommene Beratung und Beschlussfassung keine nachträgliche Heilung mehr herbeiführen. Die vorgenommene Veröffentlichung sei überdies nicht hinreichend.
28 
Die Kläger beantragen,
29 
die Urteile des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 28.02.2014 - 2 K 3238/12 und - 2 K 3104/12 - abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 31.08.2011 und die Widerspruchsbescheide des Landratsamts Bodenseekreis vom 17.09.2012 aufzuheben;
die Zuziehungen der Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
30 
Die Beklagte beantragt,
31 
die Berufungen zurückzuweisen.
32 
Der in der öffentlichen Sitzung am 29.08.2011 gefasste Beschluss sei für sich betrachtet fehlerfrei erfolgt und habe den Vorschriften der Gemeindeordnung entsprochen, da insbesondere eine öffentliche Beratung und Beschlussfassung stattgefunden hätten. Es müsse streng getrennt werden zwischen der Frage, ob der Fehler der nichtöffentlichen Beratung geheilt werden könne und der Frage, ob diese Fehlerbehebung Voraussetzung für eine fehlerfreie Beratung und Beschlussfassung sei und eine Nachwirkung die öffentliche Beratung und Beschlussfassung „infiziere“. Hierfür gebe es jedoch keine Anhaltspunkte. Vielmehr sei der Fehler aus dem vorangegangenen Verhalten schon dadurch geheilt worden, dass dem Gemeinderat deutlich gemacht worden sei, dass er sich von jeglicher Vorbindung aus der nichtöffentlichen Sitzung „frei machen“ müsse. Zudem sei der Stand der Beratung nach der nichtöffentlichen Sitzung so kontrovers gewesen, dass sich daraus kein einheitlicher Willensentschluss ableiten ließe und die einheitliche Willensbildung daher offensichtlich erst nach der nichtöffentlichen Beratung stattgefunden habe. Die nichtöffentliche Vorberatung sei daher als selbstständiger Verfahrensteil zu sehen und rechtlich entsprechend zu bewerten.
33 
Darüber hinaus läge im vorliegenden Fall, selbst wenn man ein entsprechendes Heilungserfordernis bejahte, höchstens ein Verfahrensfehler vor, der gemäß § 46 LVwVfG mangels Kausalität nicht zur Aufhebung des Ausübungsbescheids führen könne. Dies zeige auch der neue Beschluss des Gemeinderats vom 17.11.2014, den Beschluss vom 29.08.2011 nicht zu ändern. Des Weiteren stehe der von den Klägern vorgeschlagene Weg einer Offenlegung der bisherigen Sachdiskussion im Widerspruch zu § 35 Abs. 2 GemO, der im Lichte des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung der Gemeinderäte auszulegen sei. Auch eine anonymisierte zusammenfassende Darstellung des Verlaufs einer unzulässigen nichtöffentlichen Beratung durch den Bürgermeister sei jedoch keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Durchführung einer nachfolgenden öffentlichen Sitzung. Schließlich habe der Gemeinderat in öffentlicher Sitzung am 17.11.2014 den Beratungs-, Diskussions- und Beschlussinhalt der nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und vom 01.08.2011 transparent gemacht, so dass der Fehler in jedem Fall nachträglich geheilt worden sei.
34 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die einschlägigen Behördenakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
35 
Die Berufungen der Kläger sind nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig.
36 
Auch wenn der Kläger zu 2 nicht Adressat des angefochtenen Ausübungsbescheides ist, ist er klagebefugt. Die Ausübung des Vorkaufsrechts durch eine Gemeinde ist ein privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt, der sich auch gegenüber dem Käufer als belastender Verwaltungsakt darstellt und gegen den sich dieser mit Widerspruch und Anfechtungsklage wehren kann (st. Rspr. BVerwG, Beschlüsse vom 25.05.1982 - 4 B 98.82 - BRS 39 Nr. 96, juris Rn. 3, vom 15.02.2000 - 4 B 10.00 - BauR 2000, 1027, juris Rn. 5 und vom 30.11.2009 - 4 B 52.09 - juris Rn. 5).
37 
Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 31.08.2011 über die Ausübung des Vorkaufsrechts und die Widerspruchsbescheide des Landratsamts Bodenseekreis vom 17.09.2012 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
38 
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides über die Ausübung des Vorkaufsrechts ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Ausübungsbescheides vom 31.08.2011. Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist die Ausübung des Vorkaufsrechtes fristgebunden. Es handelt sich um eine materielle Ausschlussfrist, d.h. eine vom materiellen Recht gesetzte Frist, deren Nichteinhaltung den Verlust einer materiell-rechtlichen Rechtsposition zur Folge hat. Materiell-rechtliche Ausschlussfristen sind für Behörden und Beteiligte gleichermaßen verbindlich und stehen nicht zur Disposition der Verwaltung oder der Gerichte (BVerwG, u.a. Urteil vom 22.10.1993 - 6 C 119.92 - juris Rn.16 m.w.N.). Nach Ablauf der Frist kann der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden, so dass innerhalb der Frist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB sämtliche für die Ausübung des Vorkaufsrechts erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen gegeben sein müssen (vgl. Paetow in Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, 3. Aufl., § 28 Rn. 10; Dolde, NJW 1984, 1713,1729; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.12.1997 - 8 A 12998/96 - juris Rn. 26 zum Vorkaufsrecht nach DSchPflG RP).
39 
2. Rechtsgrundlage des Bescheids der Beklagten vom 31.08.2011 ist § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Danach steht der Gemeinde beim Kauf von Grundstücken in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet ein Vorkaufsrecht zu. Das Grundstück Flst.Nr. ..., das mit notariellem Kaufvertrag vom 30.06.2011 vom Kläger zu 1 an den Kläger zu 2 veräußert wurde, liegt unstreitig im Geltungsbereich des förmlich festgelegten Sanierungsgebietes „Östlicher Ortskern“ der Beklagten. Die Ausübung des Vorkaufsrechts hat nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags gegenüber dem Verkäufer zu erfolgen. Auch diese Voraussetzung ist erfüllt, denn die Mitteilung über den Abschluss des Kaufvertrages ging bei der Beklagten am 04.07.2011 ein, so dass der angefochtene Bescheid vom 31.08.2011, der dem Kläger zu 1 am 02.09.2011 zugestellt wurde, die Frist wahrte.
40 
3. Der Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechtes ist jedoch rechtswidrig, da er einen rechtswidrigen Gemeinderatsbeschluss der Beklagten vom 29.08.2011 vollzieht. Dieser Beschluss verstieß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Auf die Frage, ob die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts vorgelegen haben, kommt es daher nicht (mehr) an.
41 
a) Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist das Vorkaufsrecht durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer auszuüben. Da die Entscheidung hierüber eine Angelegenheit der kommunalen Selbstverwaltung betrifft, ist eine Entscheidung des hierfür zuständigen Gemeindeorgans erforderlich. Dies ist hier der Gemeinderat. Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 GemO legt der Gemeinderat die Grundsätze für die Verwaltung der Gemeinde fest und entscheidet über alle Angelegenheiten der Gemeinde, soweit nicht der Bürgermeister kraft Gesetzes zuständig ist oder ihm der Gemeinderat bestimmte Angelegenheiten überträgt. Hier ist unstreitig weder die Zuständigkeit des Bürgermeisters nach § 44 GemO eröffnet, noch hat eine Zuständigkeitsübertragung an den Bürgermeister der Beklagten stattgefunden.
42 
b) Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO sind die Sitzungen des Gemeinderats öffentlich. Nichtöffentlich darf nach Satz 2 der Vorschrift nur verhandelt werden, wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner erfordern. Diese Voraussetzungen lagen offenkundig nicht vor, wovon auch die Beteiligten ausgehen.
43 
Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen gehört zu den wesentlichen Verfahrensbestimmungen des Gemeinderechts. Er ist im demokratischen Rechtsstaat eines der wichtigsten Mittel, das Interesse der Bürgerschaft an der Selbstverwaltung zu wecken und zu erhalten. Er hat die Funktion, dem Gemeindebürger Einblick in die Tätigkeit der Vertretungskörperschaften und ihrer einzelnen Mitglieder zu ermöglichen und dadurch eine auf eigener Kenntnis und Beurteilung beruhende Grundlage für eine sachgerechte Kritik sowie die Willensbildung zu schaffen, den Gemeinderat der allgemeinen Kontrolle der Öffentlichkeit zu unterziehen und dazu beizutragen, der unzulässigen Einwirkung persönlicher Beziehungen, Einflüsse und Interessen auf die Beschlussfassung des Gemeinderats vorzubeugen; es soll so bereits der Anschein vermieden werden, dass „hinter verschlossenen Türen“ unsachliche Motive für die Entscheidung maßgebend gewesen sein könnten (vgl. st. Rspr. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 09.11.1966 - I 5/65 - ESVGH 17,118 und 24.02.1992 - 1 S 2242/91 - juris Rn. 15, Beschluss vom 25.02.2013 - 1 S 2155/12 - juris Rn. 9). Der Zweck des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO geht daher über eine bloße Unterrichtung des Bürgers hinaus. Vielmehr dient er gerade dem Ziel einer gesetzmäßigen und sachgerechten Arbeit des Gemeinderats sowie der Verhinderung vermeidbarer Missdeutungen seiner Willensbildung und Beschlussfassung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.11.1966 a.a.O.). Die Bürger sollen aufgrund der öffentlichen Beratung wichtiger Gemeindeangelegenheiten auch einschätzen können, ob gegebenenfalls eine unmittelbare Beteiligung der Bürgerschaft an der Entscheidungsfindung erforderlich wird (vgl. VG Karlsruhe, Beschluss vom 19.10.2012 - 5 K 1969/12 - juris Rn. 49).
44 
Ein Verstoß gegen das Gebot der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen begründet daher regelmäßig eine schwerwiegende Verfahrensrechtsverletzung und damit die Rechtswidrigkeit des Gemeinderatsbeschlusses (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.02.2010 a.a.O. m.w.N; vgl. auch für die Mitwirkung befangener Gemeinderäte bei Satzungsbeschlüssen § 18 Abs. 5 GemO).
45 
Der Öffentlichkeitsgrundsatz verlangt bei der Ausübung des Vorkaufsrechtes dabei nicht nur, dass der Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechtes in öffentlicher Sitzung gefasst wird, sondern dass über die Frage auch öffentlich beraten wird (vgl. st. Rspr. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 18.06.1980 - III 503/79 - VBlBW 1980, 33, vom 16.06.1981 - 3 S 271/81 und vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - NVwZ 1991, 284; OLG Stuttgart, Urteil vom 11.11.2013 - 102 U 1/13 - juris Rn. 31). Denn das Vorkaufsrecht darf nur dann ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit im Sinne der § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB den kommunalen Grundstückserwerb erfordert. Angesichts des städtebaulichen Einschätzungsspielraums, ob und in welcher Weise das jeweilige Grundstück für die kommunale Planung von Relevanz ist, kommt danach gerade bereits der öffentlichen Debatte im politischen Willensbildungsorgan eine besondere Bedeutung zu. Dabei wird im Regelfall die der Beschlussfassung vorausgehende Beratung in ein- und derselben öffentlichen Sitzung des Gemeinderats erfolgen. Fallen im Einzelfall die beiden Schritte auseinander, gilt der Grundsatz der Öffentlichkeit für beide Einzelschritte.
46 
c) Diesen Anforderungen entsprach das Vorgehen der Beklagten nicht.
47 
aa) Der Gemeinderat der Beklagten hat hier zwar in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats vom 29.08.2011 den Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechtes gefasst. Die (eigentliche) Sachberatung- und diskussion hierüber erfolgte jedoch nicht in dieser öffentlichen Gemeinderatssitzung, sondern in nichtöffentlicher Sitzung. Da in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats die unter Verstoß gegen das Prinzip der Öffentlichkeit durchgeführte Beratung nicht offengelegt wurde, ist auch der Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechts fehlerhaft.
48 
Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts erfolgte in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderates vom 29.08.2011 keine Beratung über die Ausübung des Vorkaufsrechts. Zwar fand unmittelbar vor der Beschlussfassung nach der Einführung durch den Bürgermeister eine kurze Aussprache statt, in der drei Gemeinderäte die einstimmige Zustimmung ihrer jeweiligen Fraktionen ankündigten. Allein der Umstand, dass insofern keine streitige Diskussion mit Rede und Gegenrede stattgefunden hat, begründet noch keinen Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Denn auf eine Beratung kann im Einzelfall auch ganz verzichtet werden (vgl. auch § 37 Abs. 1 Satz 2 GemO).
49 
Sowohl den Darlegungen des Bürgermeisters (Verweis auf eine Vorberatung, die zusammen mit dem Beklagten-Vertreter bereits am 01.08.2011 stattgefunden habe), als auch den Ausführungen der drei Gemeinderäte ist jedoch zu entnehmen, dass auf vorangegangene Beratungen Bezug genommen wurde. Hierdurch ist überhaupt erst offenbar geworden, dass ein Beratungsbedarf nur deshalb nicht mehr bestanden hat, da über die Ausübung des Vorkaufsrechtes zuvor mehrfach beraten wurde. Soweit das Verwaltungsgericht davon ausgeht, ein weiterer Beratungsbedarf habe sich in der öffentlichen Sitzung nicht ergeben, da unmittelbar vor diesem Tagesordnungspunkt das Entwicklungskonzept im Sanierungsgebiet „Östlicher Ortskern“ fortgeschrieben und konkretisiert worden sei, ist dem entgegenzuhalten, dass weder der Bürgermeister selbst noch die drei Gemeinderäte, die sich hierzu geäußert haben, bei der Befassung des Themas „Vorkaufsrecht“ auf diesen vorangegangen Tagesordnungspunkt berufen haben. Vielmehr hat der Bürgermeister selbst auf eine Vorberatung vom 01.08.2011 Bezug genommen; auch Gemeinderat M. hat auf eine Vorberatung hingewiesen.
50 
bb) Die der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 29.08.2011 vorangegangenen Beratungen über die Ausübung des Vorkaufsrechts haben sämtlich in nichtöffentlicher Sitzung stattgefunden.
51 
In der nichtöffentlichen Sitzung am 25.07.2011 hat der Bürgermeister u.a. darauf verwiesen, dass die Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechtes in öffentlicher Gemeinderatssitzung zu erfolgen habe. Offenbar ging dieser davon aus, dass es unschädlich sei, hierüber in nichtöffentlicher Sitzung zu beraten. Danach wurde ausführlich und kontrovers darüber diskutiert, ob für das Grundstück nach den bisher formulierten Sanierungszwecken überhaupt die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen, der Bürgermeister wurde teilweise wegen der gescheiterten Verkaufsverhandlungen mit dem Kläger zu 1 kritisiert und es bestand insgesamt eine Unsicherheit, ob die rechtlichen Voraussetzungen über die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen. In dieser nichtöffentlichen Sitzung fand danach - unter Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO - bereits die wesentliche Sachdiskussion und nicht lediglich eine bloße Vorbehandlung einer schwierigen Angelegenheit in einer nichtöffentlichen Sitzung statt, die dann in einer weiteren öffentlichen Sitzung erledigt wird (vgl. dazu Kunze/Bronner/Katz, Kommentar zur Gemeindeordnung, § 35 Rn. 12; vgl. auch zur Zulässigkeit der Vorberatung durch einen Ausschuss in nichtöffentlicher Sitzung: §§ 39 Abs. 5 Satz 2, 41 Abs. 3 GemO; vgl. zur Zulässigkeit der Klärung lediglich einer Einzelfrage im Rahmen eines Bebauungsplanverfahrens in nichtöffentlicher Sitzung: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.03.2011 - 5 S 746/10 - juris Rn. 22). Eine analoge Anwendung des § 39 Abs. 5 Satz 2 GemO kommt entgegen der Ansicht des Beklagten-Vertreters nicht in Betracht. Die Vorschrift betrifft Vorberatungen eines beschließenden Ausschusses des Gemeinderats in nichtöffentlicher Sitzung. Eine nichtöffentliche Vorberatung durch den Gemeinderat widerspricht dagegen bereits grundsätzlich der klaren Regelung des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - juris Rn. 26 ; Kunze/Bronner/Katz, a.a.O., § 35 Rn. 12), so dass eine solche stets unzulässig ist.
52 
Der Gemeinderat hat in der Sitzung vom 25.07.2011 umfassend nichtöffentlich beraten und damit gerade die eigentliche und entscheidende Sachdiskussion der anschließenden öffentlichen Sitzung vorweggenommen, was Sinn und Zweck des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO widerspricht (vgl. hierzu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.07.2000 - 14 S 237/99 - juris Rn. 39; Kunze/Bronner/Katz, Kommentar zur GemO, § 35 Rn. 12).
53 
Durch die Vorwegnahme der Sachdiskussion in der nichtöffentlichen Sitzung ist die der Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen zukommende Legitimations-, Kontroll- und Beteiligungsfunktion erheblich beeinträchtigt worden. Hieran vermag auch der in der nachfolgenden nichtöffentlichen Sitzung am 01.08.2011 gefasste Beschluss, dass die Beratung in der nichtöffentlichen Sitzung vom 25.07.2011 als gegenstandslos zu betrachten sei und die Beratung und die Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechts erstmals in einer weiteren Gemeinderatssitzung stattfinden werde, nichts zu ändern. Diese nur „kassatorische“ Maßnahme war zur Verwirklichung des Zwecks des Öffentlichkeitsgebots nicht ausreichend. Denn die bloße förmliche Distanzierung von der vorherigen Beratung änderte jedenfalls nichts daran, dass den Gemeindebürgern der tatsächliche Willensbildungsprozess des Gemeinderats vollständig verborgen blieb. Sowohl die ursprünglichen Kritikpunkte an der Ausübung des Vorkaufsrechts als auch die spätere Ausräumung dieser Bedenken und die damit verbundene Bejahung des Vorliegens der Voraussetzungen blieben den Gemeindebürgern gänzlich unbekannt. Damit war der Distanzierungsbeschluss nicht geeignet, eine Informationsgrundlage für die Bürger zu schaffen, die ihnen die Wahrnehmung der Kontrolle des Gemeinderats und die Willensbildung im Hinblick auf künftige Wahlen ermöglicht.
54 
Hinzu kommt, dass in der weiteren nichtöffentlichen Sitzung am 01.08.2011 der Gemeinderat, obwohl der Bürgermeister als auch der Beklagten-Vertreter ausdrücklich darauf hingewiesen hatten, dass in der Sitzung keine Sachdiskussion zur Vorkaufsrechtsausübung geführt werde, in der Sache dann doch konkret über die Ausübung des Vorkaufsrechtes gesprochen wurde. Der Beklagten-Vertreter hat nach Darlegung der allgemeinen rechtlichen Voraussetzungen über die Ausübung eines Vorkaufsrechts, Fragen einzelner Gemeinderäte beantwortet, die nicht nur allgemeiner Natur waren, sondern die sich konkret auf das Grundstück ... Straße ... bezogen haben. So wurden etwa Fragen nach Chancen für ein Rechtsmittel des Käufers oder Erwerbers beantwortet; auch die Notwendigkeit der Konkretisierung der Sanierungsziele für die kleine Turnhalle wurde angesprochen. Es fand nicht lediglich eine Information über die allgemeinen rechtlichen Rahmenbedingungen der Ausübung des Vorkaufsrechtes statt, wie dies in dem Protokoll (S. 5) vermerkt wird. In Anknüpfung an die vorausgegangene nichtöffentliche Beratung vom 25.07.2011 wurden vielmehr Zweifel daran, dass die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen, nun durch die rechtliche Beratung zerstreut. In dieser nichtöffentlichen Sitzung wurde zudem der einstimmige Beschluss gefasst, den Beklagtenvertreter mit der Begleitung „zur Ausübung des Vorkaufsrechts“ zu beauftragen. Aus der Sicht eines objektiven Beobachters stellt sich auch dieses Verhalten bereits als eine wesentliche Entscheidung des Gemeinderats dar, das Vorkaufsrechts auszuüben.
55 
Zwar können rechtswidrige Beschlüsse eines Gemeinderates in einer nachfolgenden öffentlichen Sitzung aufgehoben und erneut gefasst werden. Für rechtswidrig nichtöffentliche Beratungen kommt dies - etwa mittels eines Distanzierungsbeschluss - aufgrund der vorgenannten Erwägungen der Sache nach aber nicht in Betracht. Eine wegen Verstoßes gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO rechtswidrige Beratung kann durch einen nachträglichen Beschluss des Gemeinderats daher auch nicht für „gegenstandslos“ erklärt werden.
56 
cc) Der Öffentlichkeitsgrundsatz gebietet daher für solche „infizierten“ Beratungen, dass in der öffentlichen Sitzung, in der die Beschlussfassung erfolgen soll, der zugrunde liegende (eigentliche) Willensbildungsprozess des Gemeinderats aus den vorangegangenen nichtöffentlichen Sitzungen zumindest in seinen Grundzügen offen gelegt wird. Demnach hätte in der öffentlichen Sitzung am 29.08.2011 die Öffentlichkeit zumindest über die wesentlichen Grundzüge der Sachdiskussion sowie über die rechtliche Argumentation in den nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und vom 01.08.2011 informiert werden müssen, was unstreitig nicht geschehen ist.
57 
Einer solchen Information stehen – entgegen der Auffassung der Beklagten – grundsätzlich aber weder § 35 Abs. 2 GemO, wonach die Gemeinderäte zur Verschwiegenheit über alle in nichtöffentlicher Sitzung behandelten Angelegenheiten so lange verpflichtet sind, bis sie der Bürgermeister von der Schweigepflicht entbindet, noch das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Gemeinderäte entgegen. Zwar ist anerkannt, dass die Gemeinderäte auch dann zur Verschwiegenheit bezüglich aller in nichtöffentlicher Sitzung bekanntgewordener Angelegenheiten nach § 35 Abs. 2 GemO verpflichtet sind, wenn sie der Auffassung sind, dass öffentlich hätte verhandelt werden müssen (Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, 4. Auflage, § 35 Rn. 17). Die Schweigepflicht der Gemeinderäte gilt jedoch nur so lange, bis der Bürgermeister sie aufhebt. Auf die Aufhebung der Schweigepflicht ist im Interesse der Schaffung klarer Verhältnisse besonderer Wert zu legen. Ihre Aufhebung ist aber auch konkludent möglich. Eine Entbindung von der Schweigepflicht ist daher als notwendiger Bestandteil der Information der Öffentlichkeit durch den Bürgermeister in seiner Funktion als Vorsitzender des Gemeinderats zu sehen. Mit der Information über den Inhalt einer Sitzung in Fällen, in denen die Öffentlichkeit rechtswidrig ausgeschlossen wurde, macht der Bürgermeister zugleich deutlich, dass bezüglich dieser Angelegenheiten keine Verschwiegenheit mehr gewahrt werden muss. Dem steht auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Gemeinderäte nicht entgegen. Denn entgegen der Auffassung der Beklagten gebietet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Gemeinderäte keine Auslegung des § 35 Abs. 2 GemO, die zur Unzulässigkeit einer Offenlegung der unberechtigterweise nichtöffentlich beratenen Gegenstände führt. Dem informationellen Selbstbestimmungsrecht kommt zwar im Rahmen des § 35 GemO ein gewichtiger Stellenwert zu (vgl. insofern auch § 48 Abs. 3 GO NRW). Dies bezieht sich jedoch maßgeblich auf die von den Beratungsgegenständen persönlich betroffenen Personen, zu deren Gunsten die Öffentlichkeit gegebenenfalls auszuschließen ist. Die Gemeinderäte, die im Rahmen der Sitzung als mandatierte Volksvertreter und nicht in ihrer Eigenschaft als Privatpersonen auftreten, sind regelmäßig nicht in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung berührt. Die Information über die wesentlichen Grundzüge der Sachdiskussion in unberechtigterweise nichtöffentlichen Sitzungen betrifft in aller Regel nicht die personenbezogenen Daten der Gemeinderäte. Auch im vorliegenden Fall wären bei einer Information durch den Bürgermeister jedenfalls keine personenbezogenen Daten der Gemeinderäte preisgegeben worden. Hiervon geht nunmehr auch die Beklagte aus, da sie in der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 17.11.2014 den Sach- und Diskussionsstand aus den nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und 01.08.2011 offengelegt hat.
58 
4. Die Rechtswidrigkeit des Gemeinderatsbeschlusses vom 29.08.2011 führt auch zur Rechtswidrigkeit des Ausübungsbescheides vom 31.08.2011. Dieser Bescheid stellt den Vollzug des Beschlusses des Gemeinderats dar, der nicht hätte ergehen dürfen, weil der Bürgermeister nur gesetzmäßig gefasste Beschlüsse vollziehen darf (§ 43 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GemO; vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - a.a.O).
59 
5. Der wegen Rechtswidrigkeit des Beschlusses bestehende Aufhebungsanspruch der Kläger ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht nach § 46 LVwVfG ausgeschlossen.
60 
Nach § 46 LVwVfG kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 LVwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Zwar muss es sich bei den verletzten Verfahrensvorschriften nicht um solche des Verwaltungsverfahrensgesetzes handeln, auch entsprechende Vorschriften in anderen Gesetzen werden erfasst (für § 46 VwVfG:Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 46 Rn. 7; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. ,§ 46 Rn. 30).
61 
Die Vorschrift über die Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen geht jedoch gemäß § 1 Abs. 1 LVwVfG der Vorschrift des § 46 LVwVfG vor. Aufgrund der dargestellten Bedeutung des Prinzips der Öffentlichkeit handelt es sich bei dessen Beachtung um ein die Anwendung von § 46 LVwVfG ausschließendes absolutes Verfahrenserfordernis, das unabhängig von der Richtigkeit der von der Beklagten getroffenen Entscheidung beachtet werden muss (vgl. zum Beteiligungsrecht von Naturschutzverbänden nach § 29 BNatSchG a.F.: BVerwG, Urteil vom 12.11.1997 - 11 A 49.96 - BVerGE 105, 348 <353>). Die Vorschrift des § 35 Abs. 1 Satz 2 GemO ist keine lediglich formale Ordnungsvorschrift, deren Adressat allein der Gemeinderat ist. Dies belegen gerade auch die Regelungen des § 4 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 GemO, wonach die Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeit der Wirksamkeit einer Satzung stets entgegengehalten werden kann sowie des § 18 Abs. 6 GemO zur Rechtswidrigkeit von Gemeinderatsbeschlüssen unter Mitwirkung befangener Gemeinderäte. Eine Anwendung des § 46 LVwVfG scheidet bei einem Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO danach von vornherein aus (a.A. Engel/Heilshorn, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 10. Aufl., § 14 Rn. 153). Auf den Gemeinderatsbeschluss der Beklagten vom 17.11.2014, der nach den Darlegungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung gerade auch zeigen sollte, dass in der Sache keine andere Entscheidung getroffen worden wäre, braucht daher nicht weiter eingegangen zu werden.
62 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Hinzuziehungen der Bevollmächtigten im Vorverfahren durch die Kläger sind nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären.
63 
Gründe für die Zulassung der Revision aus § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
64 
Beschluss
65 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf10.000,- EUR festgesetzt (entsprechend den Streitwertfestsetzungen im ersten Rechtszug).
66 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
35 
Die Berufungen der Kläger sind nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig.
36 
Auch wenn der Kläger zu 2 nicht Adressat des angefochtenen Ausübungsbescheides ist, ist er klagebefugt. Die Ausübung des Vorkaufsrechts durch eine Gemeinde ist ein privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt, der sich auch gegenüber dem Käufer als belastender Verwaltungsakt darstellt und gegen den sich dieser mit Widerspruch und Anfechtungsklage wehren kann (st. Rspr. BVerwG, Beschlüsse vom 25.05.1982 - 4 B 98.82 - BRS 39 Nr. 96, juris Rn. 3, vom 15.02.2000 - 4 B 10.00 - BauR 2000, 1027, juris Rn. 5 und vom 30.11.2009 - 4 B 52.09 - juris Rn. 5).
37 
Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 31.08.2011 über die Ausübung des Vorkaufsrechts und die Widerspruchsbescheide des Landratsamts Bodenseekreis vom 17.09.2012 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
38 
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides über die Ausübung des Vorkaufsrechts ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Ausübungsbescheides vom 31.08.2011. Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist die Ausübung des Vorkaufsrechtes fristgebunden. Es handelt sich um eine materielle Ausschlussfrist, d.h. eine vom materiellen Recht gesetzte Frist, deren Nichteinhaltung den Verlust einer materiell-rechtlichen Rechtsposition zur Folge hat. Materiell-rechtliche Ausschlussfristen sind für Behörden und Beteiligte gleichermaßen verbindlich und stehen nicht zur Disposition der Verwaltung oder der Gerichte (BVerwG, u.a. Urteil vom 22.10.1993 - 6 C 119.92 - juris Rn.16 m.w.N.). Nach Ablauf der Frist kann der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden, so dass innerhalb der Frist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB sämtliche für die Ausübung des Vorkaufsrechts erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen gegeben sein müssen (vgl. Paetow in Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, 3. Aufl., § 28 Rn. 10; Dolde, NJW 1984, 1713,1729; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.12.1997 - 8 A 12998/96 - juris Rn. 26 zum Vorkaufsrecht nach DSchPflG RP).
39 
2. Rechtsgrundlage des Bescheids der Beklagten vom 31.08.2011 ist § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Danach steht der Gemeinde beim Kauf von Grundstücken in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet ein Vorkaufsrecht zu. Das Grundstück Flst.Nr. ..., das mit notariellem Kaufvertrag vom 30.06.2011 vom Kläger zu 1 an den Kläger zu 2 veräußert wurde, liegt unstreitig im Geltungsbereich des förmlich festgelegten Sanierungsgebietes „Östlicher Ortskern“ der Beklagten. Die Ausübung des Vorkaufsrechts hat nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags gegenüber dem Verkäufer zu erfolgen. Auch diese Voraussetzung ist erfüllt, denn die Mitteilung über den Abschluss des Kaufvertrages ging bei der Beklagten am 04.07.2011 ein, so dass der angefochtene Bescheid vom 31.08.2011, der dem Kläger zu 1 am 02.09.2011 zugestellt wurde, die Frist wahrte.
40 
3. Der Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechtes ist jedoch rechtswidrig, da er einen rechtswidrigen Gemeinderatsbeschluss der Beklagten vom 29.08.2011 vollzieht. Dieser Beschluss verstieß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Auf die Frage, ob die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts vorgelegen haben, kommt es daher nicht (mehr) an.
41 
a) Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist das Vorkaufsrecht durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer auszuüben. Da die Entscheidung hierüber eine Angelegenheit der kommunalen Selbstverwaltung betrifft, ist eine Entscheidung des hierfür zuständigen Gemeindeorgans erforderlich. Dies ist hier der Gemeinderat. Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 GemO legt der Gemeinderat die Grundsätze für die Verwaltung der Gemeinde fest und entscheidet über alle Angelegenheiten der Gemeinde, soweit nicht der Bürgermeister kraft Gesetzes zuständig ist oder ihm der Gemeinderat bestimmte Angelegenheiten überträgt. Hier ist unstreitig weder die Zuständigkeit des Bürgermeisters nach § 44 GemO eröffnet, noch hat eine Zuständigkeitsübertragung an den Bürgermeister der Beklagten stattgefunden.
42 
b) Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO sind die Sitzungen des Gemeinderats öffentlich. Nichtöffentlich darf nach Satz 2 der Vorschrift nur verhandelt werden, wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner erfordern. Diese Voraussetzungen lagen offenkundig nicht vor, wovon auch die Beteiligten ausgehen.
43 
Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen gehört zu den wesentlichen Verfahrensbestimmungen des Gemeinderechts. Er ist im demokratischen Rechtsstaat eines der wichtigsten Mittel, das Interesse der Bürgerschaft an der Selbstverwaltung zu wecken und zu erhalten. Er hat die Funktion, dem Gemeindebürger Einblick in die Tätigkeit der Vertretungskörperschaften und ihrer einzelnen Mitglieder zu ermöglichen und dadurch eine auf eigener Kenntnis und Beurteilung beruhende Grundlage für eine sachgerechte Kritik sowie die Willensbildung zu schaffen, den Gemeinderat der allgemeinen Kontrolle der Öffentlichkeit zu unterziehen und dazu beizutragen, der unzulässigen Einwirkung persönlicher Beziehungen, Einflüsse und Interessen auf die Beschlussfassung des Gemeinderats vorzubeugen; es soll so bereits der Anschein vermieden werden, dass „hinter verschlossenen Türen“ unsachliche Motive für die Entscheidung maßgebend gewesen sein könnten (vgl. st. Rspr. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 09.11.1966 - I 5/65 - ESVGH 17,118 und 24.02.1992 - 1 S 2242/91 - juris Rn. 15, Beschluss vom 25.02.2013 - 1 S 2155/12 - juris Rn. 9). Der Zweck des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO geht daher über eine bloße Unterrichtung des Bürgers hinaus. Vielmehr dient er gerade dem Ziel einer gesetzmäßigen und sachgerechten Arbeit des Gemeinderats sowie der Verhinderung vermeidbarer Missdeutungen seiner Willensbildung und Beschlussfassung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.11.1966 a.a.O.). Die Bürger sollen aufgrund der öffentlichen Beratung wichtiger Gemeindeangelegenheiten auch einschätzen können, ob gegebenenfalls eine unmittelbare Beteiligung der Bürgerschaft an der Entscheidungsfindung erforderlich wird (vgl. VG Karlsruhe, Beschluss vom 19.10.2012 - 5 K 1969/12 - juris Rn. 49).
44 
Ein Verstoß gegen das Gebot der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen begründet daher regelmäßig eine schwerwiegende Verfahrensrechtsverletzung und damit die Rechtswidrigkeit des Gemeinderatsbeschlusses (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.02.2010 a.a.O. m.w.N; vgl. auch für die Mitwirkung befangener Gemeinderäte bei Satzungsbeschlüssen § 18 Abs. 5 GemO).
45 
Der Öffentlichkeitsgrundsatz verlangt bei der Ausübung des Vorkaufsrechtes dabei nicht nur, dass der Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechtes in öffentlicher Sitzung gefasst wird, sondern dass über die Frage auch öffentlich beraten wird (vgl. st. Rspr. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 18.06.1980 - III 503/79 - VBlBW 1980, 33, vom 16.06.1981 - 3 S 271/81 und vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - NVwZ 1991, 284; OLG Stuttgart, Urteil vom 11.11.2013 - 102 U 1/13 - juris Rn. 31). Denn das Vorkaufsrecht darf nur dann ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit im Sinne der § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB den kommunalen Grundstückserwerb erfordert. Angesichts des städtebaulichen Einschätzungsspielraums, ob und in welcher Weise das jeweilige Grundstück für die kommunale Planung von Relevanz ist, kommt danach gerade bereits der öffentlichen Debatte im politischen Willensbildungsorgan eine besondere Bedeutung zu. Dabei wird im Regelfall die der Beschlussfassung vorausgehende Beratung in ein- und derselben öffentlichen Sitzung des Gemeinderats erfolgen. Fallen im Einzelfall die beiden Schritte auseinander, gilt der Grundsatz der Öffentlichkeit für beide Einzelschritte.
46 
c) Diesen Anforderungen entsprach das Vorgehen der Beklagten nicht.
47 
aa) Der Gemeinderat der Beklagten hat hier zwar in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats vom 29.08.2011 den Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechtes gefasst. Die (eigentliche) Sachberatung- und diskussion hierüber erfolgte jedoch nicht in dieser öffentlichen Gemeinderatssitzung, sondern in nichtöffentlicher Sitzung. Da in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats die unter Verstoß gegen das Prinzip der Öffentlichkeit durchgeführte Beratung nicht offengelegt wurde, ist auch der Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechts fehlerhaft.
48 
Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts erfolgte in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderates vom 29.08.2011 keine Beratung über die Ausübung des Vorkaufsrechts. Zwar fand unmittelbar vor der Beschlussfassung nach der Einführung durch den Bürgermeister eine kurze Aussprache statt, in der drei Gemeinderäte die einstimmige Zustimmung ihrer jeweiligen Fraktionen ankündigten. Allein der Umstand, dass insofern keine streitige Diskussion mit Rede und Gegenrede stattgefunden hat, begründet noch keinen Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Denn auf eine Beratung kann im Einzelfall auch ganz verzichtet werden (vgl. auch § 37 Abs. 1 Satz 2 GemO).
49 
Sowohl den Darlegungen des Bürgermeisters (Verweis auf eine Vorberatung, die zusammen mit dem Beklagten-Vertreter bereits am 01.08.2011 stattgefunden habe), als auch den Ausführungen der drei Gemeinderäte ist jedoch zu entnehmen, dass auf vorangegangene Beratungen Bezug genommen wurde. Hierdurch ist überhaupt erst offenbar geworden, dass ein Beratungsbedarf nur deshalb nicht mehr bestanden hat, da über die Ausübung des Vorkaufsrechtes zuvor mehrfach beraten wurde. Soweit das Verwaltungsgericht davon ausgeht, ein weiterer Beratungsbedarf habe sich in der öffentlichen Sitzung nicht ergeben, da unmittelbar vor diesem Tagesordnungspunkt das Entwicklungskonzept im Sanierungsgebiet „Östlicher Ortskern“ fortgeschrieben und konkretisiert worden sei, ist dem entgegenzuhalten, dass weder der Bürgermeister selbst noch die drei Gemeinderäte, die sich hierzu geäußert haben, bei der Befassung des Themas „Vorkaufsrecht“ auf diesen vorangegangen Tagesordnungspunkt berufen haben. Vielmehr hat der Bürgermeister selbst auf eine Vorberatung vom 01.08.2011 Bezug genommen; auch Gemeinderat M. hat auf eine Vorberatung hingewiesen.
50 
bb) Die der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 29.08.2011 vorangegangenen Beratungen über die Ausübung des Vorkaufsrechts haben sämtlich in nichtöffentlicher Sitzung stattgefunden.
51 
In der nichtöffentlichen Sitzung am 25.07.2011 hat der Bürgermeister u.a. darauf verwiesen, dass die Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechtes in öffentlicher Gemeinderatssitzung zu erfolgen habe. Offenbar ging dieser davon aus, dass es unschädlich sei, hierüber in nichtöffentlicher Sitzung zu beraten. Danach wurde ausführlich und kontrovers darüber diskutiert, ob für das Grundstück nach den bisher formulierten Sanierungszwecken überhaupt die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen, der Bürgermeister wurde teilweise wegen der gescheiterten Verkaufsverhandlungen mit dem Kläger zu 1 kritisiert und es bestand insgesamt eine Unsicherheit, ob die rechtlichen Voraussetzungen über die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen. In dieser nichtöffentlichen Sitzung fand danach - unter Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO - bereits die wesentliche Sachdiskussion und nicht lediglich eine bloße Vorbehandlung einer schwierigen Angelegenheit in einer nichtöffentlichen Sitzung statt, die dann in einer weiteren öffentlichen Sitzung erledigt wird (vgl. dazu Kunze/Bronner/Katz, Kommentar zur Gemeindeordnung, § 35 Rn. 12; vgl. auch zur Zulässigkeit der Vorberatung durch einen Ausschuss in nichtöffentlicher Sitzung: §§ 39 Abs. 5 Satz 2, 41 Abs. 3 GemO; vgl. zur Zulässigkeit der Klärung lediglich einer Einzelfrage im Rahmen eines Bebauungsplanverfahrens in nichtöffentlicher Sitzung: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.03.2011 - 5 S 746/10 - juris Rn. 22). Eine analoge Anwendung des § 39 Abs. 5 Satz 2 GemO kommt entgegen der Ansicht des Beklagten-Vertreters nicht in Betracht. Die Vorschrift betrifft Vorberatungen eines beschließenden Ausschusses des Gemeinderats in nichtöffentlicher Sitzung. Eine nichtöffentliche Vorberatung durch den Gemeinderat widerspricht dagegen bereits grundsätzlich der klaren Regelung des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - juris Rn. 26 ; Kunze/Bronner/Katz, a.a.O., § 35 Rn. 12), so dass eine solche stets unzulässig ist.
52 
Der Gemeinderat hat in der Sitzung vom 25.07.2011 umfassend nichtöffentlich beraten und damit gerade die eigentliche und entscheidende Sachdiskussion der anschließenden öffentlichen Sitzung vorweggenommen, was Sinn und Zweck des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO widerspricht (vgl. hierzu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.07.2000 - 14 S 237/99 - juris Rn. 39; Kunze/Bronner/Katz, Kommentar zur GemO, § 35 Rn. 12).
53 
Durch die Vorwegnahme der Sachdiskussion in der nichtöffentlichen Sitzung ist die der Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen zukommende Legitimations-, Kontroll- und Beteiligungsfunktion erheblich beeinträchtigt worden. Hieran vermag auch der in der nachfolgenden nichtöffentlichen Sitzung am 01.08.2011 gefasste Beschluss, dass die Beratung in der nichtöffentlichen Sitzung vom 25.07.2011 als gegenstandslos zu betrachten sei und die Beratung und die Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechts erstmals in einer weiteren Gemeinderatssitzung stattfinden werde, nichts zu ändern. Diese nur „kassatorische“ Maßnahme war zur Verwirklichung des Zwecks des Öffentlichkeitsgebots nicht ausreichend. Denn die bloße förmliche Distanzierung von der vorherigen Beratung änderte jedenfalls nichts daran, dass den Gemeindebürgern der tatsächliche Willensbildungsprozess des Gemeinderats vollständig verborgen blieb. Sowohl die ursprünglichen Kritikpunkte an der Ausübung des Vorkaufsrechts als auch die spätere Ausräumung dieser Bedenken und die damit verbundene Bejahung des Vorliegens der Voraussetzungen blieben den Gemeindebürgern gänzlich unbekannt. Damit war der Distanzierungsbeschluss nicht geeignet, eine Informationsgrundlage für die Bürger zu schaffen, die ihnen die Wahrnehmung der Kontrolle des Gemeinderats und die Willensbildung im Hinblick auf künftige Wahlen ermöglicht.
54 
Hinzu kommt, dass in der weiteren nichtöffentlichen Sitzung am 01.08.2011 der Gemeinderat, obwohl der Bürgermeister als auch der Beklagten-Vertreter ausdrücklich darauf hingewiesen hatten, dass in der Sitzung keine Sachdiskussion zur Vorkaufsrechtsausübung geführt werde, in der Sache dann doch konkret über die Ausübung des Vorkaufsrechtes gesprochen wurde. Der Beklagten-Vertreter hat nach Darlegung der allgemeinen rechtlichen Voraussetzungen über die Ausübung eines Vorkaufsrechts, Fragen einzelner Gemeinderäte beantwortet, die nicht nur allgemeiner Natur waren, sondern die sich konkret auf das Grundstück ... Straße ... bezogen haben. So wurden etwa Fragen nach Chancen für ein Rechtsmittel des Käufers oder Erwerbers beantwortet; auch die Notwendigkeit der Konkretisierung der Sanierungsziele für die kleine Turnhalle wurde angesprochen. Es fand nicht lediglich eine Information über die allgemeinen rechtlichen Rahmenbedingungen der Ausübung des Vorkaufsrechtes statt, wie dies in dem Protokoll (S. 5) vermerkt wird. In Anknüpfung an die vorausgegangene nichtöffentliche Beratung vom 25.07.2011 wurden vielmehr Zweifel daran, dass die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen, nun durch die rechtliche Beratung zerstreut. In dieser nichtöffentlichen Sitzung wurde zudem der einstimmige Beschluss gefasst, den Beklagtenvertreter mit der Begleitung „zur Ausübung des Vorkaufsrechts“ zu beauftragen. Aus der Sicht eines objektiven Beobachters stellt sich auch dieses Verhalten bereits als eine wesentliche Entscheidung des Gemeinderats dar, das Vorkaufsrechts auszuüben.
55 
Zwar können rechtswidrige Beschlüsse eines Gemeinderates in einer nachfolgenden öffentlichen Sitzung aufgehoben und erneut gefasst werden. Für rechtswidrig nichtöffentliche Beratungen kommt dies - etwa mittels eines Distanzierungsbeschluss - aufgrund der vorgenannten Erwägungen der Sache nach aber nicht in Betracht. Eine wegen Verstoßes gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO rechtswidrige Beratung kann durch einen nachträglichen Beschluss des Gemeinderats daher auch nicht für „gegenstandslos“ erklärt werden.
56 
cc) Der Öffentlichkeitsgrundsatz gebietet daher für solche „infizierten“ Beratungen, dass in der öffentlichen Sitzung, in der die Beschlussfassung erfolgen soll, der zugrunde liegende (eigentliche) Willensbildungsprozess des Gemeinderats aus den vorangegangenen nichtöffentlichen Sitzungen zumindest in seinen Grundzügen offen gelegt wird. Demnach hätte in der öffentlichen Sitzung am 29.08.2011 die Öffentlichkeit zumindest über die wesentlichen Grundzüge der Sachdiskussion sowie über die rechtliche Argumentation in den nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und vom 01.08.2011 informiert werden müssen, was unstreitig nicht geschehen ist.
57 
Einer solchen Information stehen – entgegen der Auffassung der Beklagten – grundsätzlich aber weder § 35 Abs. 2 GemO, wonach die Gemeinderäte zur Verschwiegenheit über alle in nichtöffentlicher Sitzung behandelten Angelegenheiten so lange verpflichtet sind, bis sie der Bürgermeister von der Schweigepflicht entbindet, noch das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Gemeinderäte entgegen. Zwar ist anerkannt, dass die Gemeinderäte auch dann zur Verschwiegenheit bezüglich aller in nichtöffentlicher Sitzung bekanntgewordener Angelegenheiten nach § 35 Abs. 2 GemO verpflichtet sind, wenn sie der Auffassung sind, dass öffentlich hätte verhandelt werden müssen (Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, 4. Auflage, § 35 Rn. 17). Die Schweigepflicht der Gemeinderäte gilt jedoch nur so lange, bis der Bürgermeister sie aufhebt. Auf die Aufhebung der Schweigepflicht ist im Interesse der Schaffung klarer Verhältnisse besonderer Wert zu legen. Ihre Aufhebung ist aber auch konkludent möglich. Eine Entbindung von der Schweigepflicht ist daher als notwendiger Bestandteil der Information der Öffentlichkeit durch den Bürgermeister in seiner Funktion als Vorsitzender des Gemeinderats zu sehen. Mit der Information über den Inhalt einer Sitzung in Fällen, in denen die Öffentlichkeit rechtswidrig ausgeschlossen wurde, macht der Bürgermeister zugleich deutlich, dass bezüglich dieser Angelegenheiten keine Verschwiegenheit mehr gewahrt werden muss. Dem steht auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Gemeinderäte nicht entgegen. Denn entgegen der Auffassung der Beklagten gebietet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Gemeinderäte keine Auslegung des § 35 Abs. 2 GemO, die zur Unzulässigkeit einer Offenlegung der unberechtigterweise nichtöffentlich beratenen Gegenstände führt. Dem informationellen Selbstbestimmungsrecht kommt zwar im Rahmen des § 35 GemO ein gewichtiger Stellenwert zu (vgl. insofern auch § 48 Abs. 3 GO NRW). Dies bezieht sich jedoch maßgeblich auf die von den Beratungsgegenständen persönlich betroffenen Personen, zu deren Gunsten die Öffentlichkeit gegebenenfalls auszuschließen ist. Die Gemeinderäte, die im Rahmen der Sitzung als mandatierte Volksvertreter und nicht in ihrer Eigenschaft als Privatpersonen auftreten, sind regelmäßig nicht in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung berührt. Die Information über die wesentlichen Grundzüge der Sachdiskussion in unberechtigterweise nichtöffentlichen Sitzungen betrifft in aller Regel nicht die personenbezogenen Daten der Gemeinderäte. Auch im vorliegenden Fall wären bei einer Information durch den Bürgermeister jedenfalls keine personenbezogenen Daten der Gemeinderäte preisgegeben worden. Hiervon geht nunmehr auch die Beklagte aus, da sie in der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 17.11.2014 den Sach- und Diskussionsstand aus den nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und 01.08.2011 offengelegt hat.
58 
4. Die Rechtswidrigkeit des Gemeinderatsbeschlusses vom 29.08.2011 führt auch zur Rechtswidrigkeit des Ausübungsbescheides vom 31.08.2011. Dieser Bescheid stellt den Vollzug des Beschlusses des Gemeinderats dar, der nicht hätte ergehen dürfen, weil der Bürgermeister nur gesetzmäßig gefasste Beschlüsse vollziehen darf (§ 43 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GemO; vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - a.a.O).
59 
5. Der wegen Rechtswidrigkeit des Beschlusses bestehende Aufhebungsanspruch der Kläger ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht nach § 46 LVwVfG ausgeschlossen.
60 
Nach § 46 LVwVfG kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 LVwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Zwar muss es sich bei den verletzten Verfahrensvorschriften nicht um solche des Verwaltungsverfahrensgesetzes handeln, auch entsprechende Vorschriften in anderen Gesetzen werden erfasst (für § 46 VwVfG:Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 46 Rn. 7; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. ,§ 46 Rn. 30).
61 
Die Vorschrift über die Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen geht jedoch gemäß § 1 Abs. 1 LVwVfG der Vorschrift des § 46 LVwVfG vor. Aufgrund der dargestellten Bedeutung des Prinzips der Öffentlichkeit handelt es sich bei dessen Beachtung um ein die Anwendung von § 46 LVwVfG ausschließendes absolutes Verfahrenserfordernis, das unabhängig von der Richtigkeit der von der Beklagten getroffenen Entscheidung beachtet werden muss (vgl. zum Beteiligungsrecht von Naturschutzverbänden nach § 29 BNatSchG a.F.: BVerwG, Urteil vom 12.11.1997 - 11 A 49.96 - BVerGE 105, 348 <353>). Die Vorschrift des § 35 Abs. 1 Satz 2 GemO ist keine lediglich formale Ordnungsvorschrift, deren Adressat allein der Gemeinderat ist. Dies belegen gerade auch die Regelungen des § 4 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 GemO, wonach die Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeit der Wirksamkeit einer Satzung stets entgegengehalten werden kann sowie des § 18 Abs. 6 GemO zur Rechtswidrigkeit von Gemeinderatsbeschlüssen unter Mitwirkung befangener Gemeinderäte. Eine Anwendung des § 46 LVwVfG scheidet bei einem Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO danach von vornherein aus (a.A. Engel/Heilshorn, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 10. Aufl., § 14 Rn. 153). Auf den Gemeinderatsbeschluss der Beklagten vom 17.11.2014, der nach den Darlegungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung gerade auch zeigen sollte, dass in der Sache keine andere Entscheidung getroffen worden wäre, braucht daher nicht weiter eingegangen zu werden.
62 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Hinzuziehungen der Bevollmächtigten im Vorverfahren durch die Kläger sind nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären.
63 
Gründe für die Zulassung der Revision aus § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
64 
Beschluss
65 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf10.000,- EUR festgesetzt (entsprechend den Streitwertfestsetzungen im ersten Rechtszug).
66 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller, ein Mitglied des Stadtrats der Antragsgegnerin, begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Verpflichtung, ein Gutachten des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes (BKPV) herauszugeben und von der Veröffentlichung des Gutachtens bis auf weiteres abzusehen.

Von dem im städtischen Auftrag erstellten sog. Konsolidierungsgutachten, das sich mit der Haushalts- und Finanzsituation der Antragsgegnerin beschäftigt, war dem Antragsteller als damaligem Fraktionssprecher und den übrigen Fraktionsvorsitzenden sowie den beiden stellvertretenden Bürgermeistern je ein Exemplar unter Hinweis auf eine nichtöffentliche Sachbehandlung für den internen Gebrauch ausgehändigt worden. Der Antragsteller erklärte daraufhin laut einer Pressemeldung vom 6. Juni 2014, da das Gutachten mittlerweile in den Händen zweier Zeitungen sei, die daraus zitiert hätten, gebe es für eine Geheimhaltung keinen Grund mehr, so dass er jedem Bürger die Einsichtnahme in das Gutachten anbiete. In der Folgezeit stellte der Antragsteller das Gutachten des BKPV mit Unterbrechungen auf seiner Homepage zum Download bereit. In einem Schreiben an alle Ratsmitglieder vom 18. Juni 2014 führte er aus, dass in der Veröffentlichung des Gutachtens keine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht nach Art. 20 GO liege.

Daraufhin verpflichtete die Antragsgegnerin den Antragsteller aufgrund eines vom Stadtrat in nichtöffentlicher Sitzung vom 17. Juli 2014 gefassten Beschlusses mit Bescheid vom 28. Juli 2014, das Gutachten sowie sämtliche vorliegenden Kopien unverzüglich zurück- bzw. herauszugeben (Nr. 1) sowie jede Veröffentlichung des Gutachtens dauerhaft und wirksam zu beenden, eine gesicherte Löschung vorzunehmen und künftig jede Kundgabe des Gutachtens bis zur Freigabe durch den Stadtrat zu unterlassen (Nr. 2); dabei wurde jeweils die sofortige Vollziehung angeordnet (Nr. 3). Der Antragsteller habe durch die Veröffentlichung die Verschwiegenheitspflicht verletzt und unbefugt personenbezogene Daten offenbart; das gelte vor allem für die Offenbarung von acht Grundstücksgeschäften, bei denen Kaufpreis und Vertragspartner zugeordnet werden könnten, sowie von personenbezogenen Mitarbeiterdaten und von Vertragsinhalten.

Der Antragsteller ließ hiergegen Klage zum Verwaltungsgericht Bayreuth erheben. Zugleich beantragte er, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Nrn. 1 und 2 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 28. Juli 2014 anzuordnen.

Mit Beschluss vom 26. Januar 2015 lehnte das Verwaltungsgericht den Eilantrag ab.

Die behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehung genüge den Anforderungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 3 VwGO. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der streitigen Verpflichtung überwiege das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage. Eine summarische Prüfung ergebe, dass die Klage keinen Erfolg haben werde. Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers führe die Tatsache, dass der Stadtrat über den Erlass des streitgegenständlichen Bescheids in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen habe, nicht zur Nichtigkeit dieses Beschlusses wegen eines Verstoßes gegen Art. 52 Abs. 2 GO. Die zu Beschlüssen im Normerlassverfahren entwickelte Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, wonach die Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes den Satzungsbeschluss ungültig mache, sei nicht auf Gemeinderatsbeschlüsse zum Erlass eines Verwaltungsakts übertragbar. Jedenfalls sei zu berücksichtigen, dass das Gesetz in Art. 52 Abs. 2 Satz 1 GO Ausnahmen von der Öffentlichkeit zulasse. Dabei genüge eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass die im Gesetz genannten Interessen nachteilig betroffen sein könnten; die Besorgnis einer wesentlichen oder nachhaltigen Schädigung sei nicht erforderlich. Wegen der Schwierigkeit der Abgrenzung im Einzelfall stehe dem Gemeinderat bei der Entscheidung über die nichtöffentliche Sachbehandlung ein Beurteilungsspielraum zu; für den Ausschluss der Öffentlichkeit müssten vertretbare Gründe vorliegen. Gemessen daran sei die vom Stadtrat der Antragsgegnerin konkludent getroffene Entscheidung zum Ausschluss der Öffentlichkeit nicht zu beanstanden; sie sei jedenfalls vertretbar und nicht missbräuchlich. Die Antragsgegnerin habe annehmen dürfen, dass bei der Beratung der Frage, ob die Veröffentlichung auf der Homepage des Antragstellers rechtmäßig gewesen sei und ob ihm gegenüber kommunalrechtliche Herausgabe- und Löschungsansprüche geltend gemacht werden könnten und sollten, auch Punkte angesprochen und diskutiert würden, die einer vollumfänglichen Veröffentlichung des Gutachtens entgegenstünden. Der Bescheid erweise sich auch in materieller Hinsicht nach summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig. Die Anordnung in Nr. 1 werde zu Recht auf Art. 20 Abs. 2 Satz 3 GO gestützt. Die dort geregelte Verpflichtung zur Herausgabe amtlicher Schriftstücke und Aufzeichnungen jeder Art über dienstliche Vorgänge beziehe sich auf alle bei der ehrenamtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Angelegenheiten unabhängig davon, wie sie dem Betreffenden bekannt geworden seien. Sie umfasse nicht nur Angelegenheiten, deren Geheimhaltungsbedürfnis ein Gesetz vorschreibe oder vom Gemeinderat ausdrücklich beschlossen worden sei; die Behandlung in nicht-öffentlicher Sitzung sei indes ein starkes Indiz für die Geheimhaltungsbedürftigkeit. Hiernach sei die Antragsgegnerin zu Recht davon ausgegangen, dass das Gutachten in seiner Gesamtheit grundsätzlich der Verschwiegenheitspflicht unterliege. Es habe sich nicht um offenkundige Tatsachen gehandelt. Die Antragsgegnerin habe das Gutachten, das ohne Anlagen einen Umfang von 108 Seiten aufweise, nicht von sich aus verbreitet. Der Stadtrat habe einen Antrag, das Gutachten ohne Schwärzungen ins Internet einzustellen, mit Beschluss vom 24. Juli 2014 abgelehnt. Die Medien hätten über das Gutachten nur auszugsweise, d. h. nicht im Detail und insbesondere nicht unter Verletzung von datenschutz- und persönlichkeitsrechtlich relevanten Belangen berichtet. Auch in der Hauptausschusssitzung vom 3. Juni 2014 habe nur eine Klärung der Art und Weise der Sachbehandlung und keine detaillierte inhaltliche Erörterung des Gutachtens stattgefunden. Eine andere Beurteilung ergebe sich nicht daraus, dass Teile des Gutachtens im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 4. Oktober 2014 veröffentlicht worden seien und im Rathaus eingesehen werden könnten. Die Antragsgegnerin habe klargestellt, dass eine Veröffentlichung des ganzen Gutachtens aufgrund der zwingend gebotenen Beachtung datenschutz- und persönlichkeitsrechtlicher Belange ausgeschlossen sei. Der Stadtrat als gemäß Art. 52 Abs. 3 GO zuständiges Organ habe über den Fortbestand der Geheimhaltungsbedürftigkeit entschieden. Es sei nicht Aufgabe des einzelnen Stadtratsmitglieds - hier des Antragstellers - über den Fortbestand der Geheimhaltungsbedürftigkeit zu befinden. Er sei auch nicht deshalb berechtigt, die geheimhaltungsbedürftige Angelegenheit der Öffentlichkeit zu unterbreiten, weil es ihm unzumutbar gewesen wäre, zur Vermeidung eines rechtswidrigen Gemeinderatsbeschlusses die von der Gemeindeordnung vorgesehenen Schritte zu unternehmen. Um eine Aufhebung der nach seiner Ansicht rechtswidrigen Stadtratsbeschlüsse zu erreichen, hätte er sich an die Rechtsaufsichtsbehörde wenden müssen. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Behörde sich von vornherein geweigert hätte, ihren Aufgaben nachzukommen. Abgesehen davon könne eine „Flucht in die Öffentlichkeit“ nur als letztes Mittel in Betracht kommen; in Fällen wie hier, bei denen es nicht um eine aktuelle Beschlussfassung, sondern um die Aufklärung von möglicherweise rechtswidrigen und länger in die Vergangenheit zurückreichenden Vorgängen gehe, lasse sich ohne Vorliegen besonderer Umstände kein solches“ Notstandsrecht“ des einzelnen Ratsmitglieds begründen. Die Veröffentlichung sei auch nicht durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 110 Abs. 1 BV) gedeckt. Sofern sich der Antragsteller in seiner Eigenschaft als Gemeinderatsmitglied darauf überhaupt berufen könne, bedürfe es einer Güterabwägung mit den das Grundrecht tangierenden einfachen Gesetzen (hier Art. 20 Abs. 2 GO). Dabei sei zu berücksichtigen, dass dem Antragsteller die Diskussion im Stadtrat ebenso offen gestanden sei wie das Gespräch mit der Aufsichtsbehörde und dass es ihm nach Wegfall der Geheimhaltungsbedürftigkeit unbenommen sei, sich auch in der Öffentlichkeit zu den Vorgängen zu äußern. Die Anordnung in Nr. 2 des Bescheids sei ebenfalls rechtmäßig; die auf Art. 20 Abs. 3 Satz 2 GO gestützte Anordnung zur Herausgabe von Unterlagen umfasse - im Sinne einer Annexregelung - auch die Pflicht zur Löschung entsprechender Unterlagen auf der Homepage eines Stadtratsmitglieds sowie die Löschung von Verweisen in den sozialen Netzwerken.

Mit seiner gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 26. Januar 2015 gerichteten Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Rechtsschutzbegehren weiter.

Die Antragsgegnerin tritt der Beschwerde entgegen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

1. Die gemäß § 146 Abs. 4 VwGO zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt. Die im Beschwerdeverfahren fristgerecht dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine andere Entscheidung.

a) Der Antragsteller trägt zur Begründung der Beschwerde vor, die Anordnung des Sofortvollzugs sei wegen der mittlerweile erfolgten umfassenden Pressedarstellung zeitlich überholt. Der durch - im Gutachten dargestellte - rechtswidrige Machenschaften zustande gekommene hohe Schuldenstand der Antragsgegnerin, den die Rechtsaufsichtsbehörden jahrelang rechtswidrig hingenommen hätten, sei nunmehr von der überregionalen und regionalen Presse aufgegriffen worden. Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass die Beschlussfassung in nichtöffentlicher Sitzung am 17. Juli 2014 rechtswidrig gewesen sei. Über den Ausschluss der Öffentlichkeit habe in nichtöffentlicher Sitzung beraten und entschieden werden müssen. Da beides unstreitig nicht stattgefunden habe, sei die Beschlussfassung schon wegen eines Verstoßes gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz rechtswidrig. Es seien auch weder über die Person des Antragstellers hinausgehende berechtigte Ansprüche Einzelner vorgetragen worden noch Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit; solche seien auch nicht ersichtlich. Die Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes führe zur Nichtigkeit des Beschlusses. Da der Antragsteller der einzige gewesen sei, der durch die Beschlussfassung in öffentlicher Sitzung in seinem Persönlichkeitsrecht hätte tangiert werden können, er aber ausdrücklich verzichtet habe, seien keine Ausschlussgründe nach Art. 52 Abs. 2 GO ersichtlich. Auch materiell-rechtlich habe das Verwaltungsgericht die Sach- und Rechtslage verkannt. Art. 20 Abs. 2 GO fordere nicht Verschwiegenheit über Tatsachen, die offenkundig seien oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürften. Der Antragsgegner habe nicht davon ausgehen dürfen, das Gutachten unterliege in seiner Gesamtheit grundsätzlich der Verschwiegenheitspflicht. Die Verantwortlichen der Antragsgegnerin versuchten lediglich, in der Vergangenheit begangene Verstöße „unter den Teppich zu kehren“, um einer straf- und disziplinarrechtlichen Ahndung zu entgehen. Im Übrigen sei in der öffentlichen Hauptausschusssitzung vom 3. Juni 2014 sehr wohl dezidiert in der Sache über zwei Stunden diskutiert und dabei auch im Detail auf das streitgegenständliche Gutachten eingegangen worden. Bei dem Inhalt des Gutachtens handle es sich hauptsächlich um Haushaltsrecht und die daraus resultierenden, unter dem Gesichtspunkt einer qualifizierten Untreue zu beurteilenden Haushaltsverstöße. Datenschutz- und persönlichkeitsrechtliche Belange seien nicht betroffen. Auch der BKPV habe eine Veröffentlichung des Gutachtens nicht untersagt. Die Annahme der Antragsgegnerin, aus dem Gutachten sei etwa das Gehalt der Chefsekretärin des ersten Bürgermeisters ersichtlich, sei falsch, da im gesamten Gutachten keine Namen aufgeführt würden; zudem sei das Gehalt der einzelnen Mitarbeiter angesichts ihrer tariflichen Bezahlung kein Geheimnis. Das Verwaltungsgericht habe in realitätsfremder Weise angenommen, der Antragsteller hätte mit seinen „Stadtratskollegen“ und den disziplinar- und wohl auch strafrechtlich Verantwortlichen der Antragsgegnerin diskutieren müssen. Die absolute Mehrheit der amtierenden Stadträte habe die rechtswidrigen Vorgänge seit Jahren begleitet und trotz wiederholter Belehrung durch den Bevollmächtigten des Antragstellers, somit vorsätzlich, mehrheitlich mit verbeschieden. Die Annahme, der Antragsteller hätte sich an die Rechtsaufsicht wenden können, sei realitätsfremd, da das Landratsamt unter dem derzeitigen Landrat trotz jahrelanger Kenntnis der Rechtswidrigkeiten nichts unternommen habe, vielmehr noch 2012 die Haushaltsgenehmigung rechtswidrig aus rein politisch Gründen erteilt habe. Darüber hinaus stehe dem Antragsteller ein Notstandsrecht zu, da es bei absolut rechtswidriger Beschlussfassung und manifestierten Verdeckungsverhaltensweisen zwingend geboten sei, zeitnah in die Öffentlichkeit zu gehen. Es handle sich vorliegend über die Jahre hinweg um einen veritablen Behörden- und, was die Strafverfolgung angehe, Justizskandal.

b) Diese Ausführungen sind nicht geeignet, die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung in Zweifel zu ziehen. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu Recht abgelehnt, da die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit erfüllt sind und die anhängige Klage voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, so dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der angefochtenen Verfügungen das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung überwiegt.

aa) Der angegriffene Bescheid der Antragsgegnerin vom 28. Juli 2014, der sich hinsichtlich der Unterlassungsverpflichtung inzwischen insoweit erledigt hat, als das Gutachten des BKPV durch den Stadtrat der Antragsgegnerin in Teilen zur öffentlichen Einsichtnahme freigegeben worden ist (Stadtratsbeschluss vom 21.8.2014; Amtsblatt der Antragsgegnerin vom Oktober 2014, Seite 8 ff.), ist formell rechtmäßig zustande gekommen. Dem im Beschwerdeverfahren erneut vorgebrachten Einwand des Antragstellers, bei der dem Bescheid vorausgehenden Beschlussfassung im Stadtrat sei die Öffentlichkeit zu Unrecht ausgeschlossen worden, kann nicht gefolgt werden. Ob ein Verstoß gegen Art. 52 Abs. 2 Satz 1 GO zwingend zur Rechtswidrigkeit des in nicht-öffentlicher Sitzung gefassten Beschlusses führt (so BayVGHvom 26.1.2009 - 2 N 08.124 - BayVBl 2009, 344 für einen Satzungsbeschluss; allgemein Pahlke, BayVBl 2010, 57 ff.) oder ob darin nur eine für die Wirksamkeit der Beschlussfassung unbeachtliche Verletzung einer Ordnungsvorschrift liegt (so BayVGH vom 14.3.2000 - 4 ZB 97.1313 u. a. - BayVBl 2000, 695; Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, GO, Art. 52 Rn. 9), kann daher offenbleiben.

Nach Art. 52 Abs. 2 Satz 1 GO sind die Sitzungen des Gemeinde- bzw. Stadtrats öffentlich, soweit nicht Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit oder auf berechtigte Ansprüche Einzelner entgegenstehen; über den Ausschluss der Öffentlichkeit wird nach Satz 2 der Vorschrift in nichtöffentlicher Sitzung beraten und entschieden. Diese gesetzlichen Voraussetzungen für eine nichtöffentliche Sachbehandlung lagen bei der Beratung und Beschlussfassung über die gegen den Antragsteller gerichteten Maßnahmen in der Stadtratssitzung vom 17. Juli 2014 vor.

In der damaligen Sitzung hat der Stadtrat der Antragsgegnerin zwar nicht ausdrücklich darüber beraten und abgestimmt, ob die Öffentlichkeit während des betreffenden Tagesordnungspunkts ausgeschlossen sein sollte. Der im Beschwerdeverfahren vorgelegte Auszug aus dem Sitzungsbuch des Stadtrats zeigt aber, dass zu Beginn des nichtöffentlichen Teils der Sitzung eine Abstimmung über die Aufnahme des - für die nichtöffentliche Tagesordnung nachträglich vorgeschlagenen - Punkts „Entscheidung hinsichtlich einer möglichen Ordnungsmaßnahme gegen Herrn… wegen Verstoßes gegen die Verschwiegenheitspflicht“ stattgefunden hat. Dabei sprachen sich die anwesenden Ratsmitglieder (einschließlich des Antragstellers) mit 19:0 Stimmen für die geänderte nichtöffentliche Tagesordnung aus. Diese Verfahrensweise, bei der Gelegenheit bestand, die Gründe für den Ausschluss der Öffentlichkeit in einem nichtöffentlichen Rahmen individuell zu prüfen und ggf. darüber auch gesondert zu entscheiden, genügte den formellen Anforderungen an eine Beschlussfassung nach Art. 52 Abs. 2 Satz 2 GO (vgl. Wachsmuth in Schulz/Wachsmuth/Zwick u. a., Kommunalverfassungsrecht Bayern, GO, Art. 52 Anm. 4.3; Lange, Kommunalrecht, 2013, S. 388).

Auch die in Art. 52 Abs. 2 Satz 1 GO genannten tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Ausschluss der Öffentlichkeit von der Beratung und Beschlussfassung lagen vor. Bei dem genannten Tagesordnungspunkt ging es um die Frage, ob der Antragsteller gegen die ihm als Stadtratsmitglied obliegende Verschwiegenheitspflicht nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GO verstoßen hatte und wie die Antragsgegnerin darauf gegebenenfalls reagieren sollte. Obwohl der Antragsteller selbst als Betroffener nach Art. 49 Abs. 1 Satz 1 GO insoweit von der Beratung und Abstimmung von vornherein ausgeschlossen war, durfte der Stadtrat der Antragsgegnerin nach den damaligen Umständen annehmen, dass bei der anstehenden Diskussion auch diejenigen Aussagen des BKPV-Gutachtens im Einzelnen zur Sprache kommen würden, die - z. B. aus datenschutzrechtlichen Gründen - einer vollständigen Veröffentlichung des Gutachtens möglicherweise entgegenstanden. Inwieweit sich diese Gefahr einer Beeinträchtigung individueller oder öffentlicher Belange tatsächlich verwirklichen würde, war zwar im Vorhinein nicht sicher absehbar. Dem Stadtrat der Antragsgegnerin stand aber bei der nach Art. 52 Abs. 2 Satz 1 GO zu treffenden situationsgebundenen Prognoseentscheidung ein gewisser Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum zu (vgl. Hölzl/Hien/Huber, GO, Stand April 2014, Art. 52 Anm. 2 u. 5; Schnapp, VerwArch 78 [1987], 407/456; Lange, a.aO., 381 f.).

Da sich hiernach für den Ausschluss der Öffentlichkeit in der damaligen Situation objektiv nachvollziehbare Sachgründe anführen lassen, ist die getroffene Entscheidung rechtlich nicht zu beanstanden. Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass auch die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers, die bei der Bemessung eines möglichen Ordnungsgeldes nach Art. 20 Abs. 4 Satz 1 GO eine Rolle spielen konnten, eine nichtöffentliche Sachbehandlung nahelegten. Dass der Antragsteller dies selbst nicht ausdrücklich gefordert hatte, führt zu keiner anderen Beurteilung, da die Ausschlussgründe des Art. 52 Abs. 2 Satz 1 GO ebenso wie die Verschwiegenheitspflicht nach Art. 20 Abs. 1 GO grundsätzlich nicht zur Disposition der jeweils Betroffenen stehen (vgl. BayVGH B.v. 29.1.2004 - 4 ZB 03.174 - BayVBl 2004, 402/403; OVG RhPf U.v. 2.9.1986 - 7 A 7/86 - NVwZ 1988, 80). Die gesetzliche Regelung des Art. 52 Abs. 2 GO verlangt auch keine „atomisierende Betrachtung“ dergestalt, dass innerhalb des einzelnen Tagesordnungspunkts der Ausschluss der Öffentlichkeit auf die voraussichtlich betroffenen Teilaspekte beschränkt werden müsste (vgl. OVG NW vom 2.5.2006 - 15 A 817/04 - juris Rn. 75). Die Prognose, ob Geheimhaltungsinteressen im Falle einer Beratung in öffentlicher Sitzung verletzt werden können, lässt sich wegen des thematischen Zusammenhangs der zu erörternden Angelegenheit und wegen der Unvorhersehbarkeit der einzelnen Wortbeiträge grundsätzlich nur für das Beratungsthema insgesamt treffen (Lange, a. a. O., 386; enger Prandl/Zimmermann/Büchner, Kommunalrecht in Bayern, Stand 1.10.2014, GO, Art. 52 Rn. 7).

bb) Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der streitgegenständliche Bescheid auch in materiell-rechtlicher Hinsicht offensichtlich rechtmäßig sei, ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

Ehrenamtlich tätige Personen, zu denen auch die Mitglieder des Gemeinde- bzw. Stadtrats gehören (Art. 31 Abs. 2 Satz 1 GO), haben nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GO über die ihnen bei der ehrenamtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren; das gilt nicht für Mitteilungen im amtlichen Verkehr über Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen. Nach Satz 3 der Vorschrift haben die betreffenden Personen auf Verlangen des Gemeinderats amtliche Schriftstücke und Aufzeichnungen jeder Art über dienstliche Vorgänge herauszugeben, auch soweit es sich um Wiedergaben handelt. Auf diese gesetzliche Befugnisnorm, die bei teleologischer Auslegung über ihren Wortlaut hinaus nicht nur Anordnungen auf Herausgabe körperlicher Gegenstände zulässt, sondern auch Anordnungen zur Löschung nicht herausgabefähiger elektronischer Dateien und zur Unterlassung des Wiederherstellens solcher Dateien, konnte die Antragsgegnerin den streitgegenständlichen Bescheid stützen.

Bei dem Konsolidierungsgutachten des BKPV handelte es sich um eine Angelegenheit, die dem Antragsteller im amtlichen Verkehr mitgeteilt worden war und über die er Verschwiegenheit zu bewahren hatte, weil sie weder offenkundig war noch ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedurfte. Der Einwand des Antragstellers, durch die Berichterstattung in der regionalen und überregionalen Presse und durch die Erörterung des Gutachtens in der öffentlichen Hauptausschusssitzung vom 3. Juni 2014 seien alle maßgebenden Inhalte des Gutachtens bereits der Öffentlichkeit bekannt geworden, ist ersichtlich unzutreffend. Sowohl in den vorgelegten Zeitungsberichten als auch in der genannten Ausschusssitzung, deren Verlaufsprotokoll die Antragsgegnerin vorgelegt hat, wurden jeweils nur Einzelaspekte aus dem insgesamt 108 Seiten starken Gutachten angesprochen. Insbesondere die gutachterlichen Aussagen zu früheren Grundstücksgeschäften, gezahlten Mitarbeiterentgelten und Preisgestaltungen bei Lieferverträgen, auf deren Schutzbedürftigkeit im angegriffenen Bescheid besonders hingewiesen wird, sind in der Öffentlichkeit bisher nicht im Einzelnen zur Sprache gekommen.

Unzutreffend ist auch die Annahme des Antragstellers, das Gutachten enthalte, weil darin keine Namen von Einzelpersonen genannt seien, keine personenbezogenen Daten und bedürfe daher von vornherein keiner Geheimhaltung. Grundrechtlichen Schutz können auch Informationen über persönliche Verhältnisse ohne Namensnennung beanspruchen, wenn sie mit nur geringem Zusatzwissen bestimmten Individuen zugeordnet werden können (sog. personenbeziehbare Daten, vgl. BVerfG vom 28.9.1987 - 1 BvR 1122/87 - NJW 1988, 961; vom 22.08.2006 - 2 BvR 1345/03 - NJW 2007, 351/355). Bei den im Bescheid vom 28. Juli 2014 angeführten Angaben zu einzelnen Grundstückskaufverträgen und zur Vergütung spezieller Funktionsstellen innerhalb der Stadtverwaltung ist dies offenkundig der Fall. An welche Grundstückseigentümer die im Gutachten aufgeführten Kaufpreise gezahlt wurden und wer die Tarifangestellten waren, zu deren Eingruppierung nähere Angaben gemacht wurden, lässt sich jedenfalls für Ortsansässige ohne größeren Aufwand feststellen.

Dass diese grundsätzlich schutzwürdigen Detailinformationen nur einen verhältnismäßig kleinen Teil des BKPV-Gutachtens ausmachten, hinderte die Antragsgegnerin nicht daran, das Dokument in seiner Gesamtheit zumindest bis zu einer näheren Befassung in den zuständigen kommunalen Gremien dem Zugriff der allgemeinen Öffentlichkeit zu entziehen. Anders als die abschließende Beratung und Beschlussfassung in den Sitzungen des Gemeinde- bzw. Stadtrats sowie der beschließenden Ausschüsse, für die jeweils der Öffentlichkeitsgrundsatz gilt (Art. 52 Abs. 2 Satz 1, Art. 55 Abs. 2 GO), unterliegt der sonstige Geschäftsgang innerhalb der Gemeindeverwaltung keiner fortlaufend zu erfüllenden Publizitätsverpflichtung (vgl. BayVGH B.v. 17.1.1989 - 4 C 88.1823 - NVwZ-RR 1990, 432). Insoweit können sich die zuständigen Organe vielmehr aufgrund von Zweckmäßigkeitserwägungen dazu entschließen, bestimmte Angelegenheiten zunächst intern zu behandeln und sie z. B. zur fachlichen Vorberatung an nichtöffentlich tagende Ausschüsse zu überweisen (Art. 55 Abs. 1 GO). Diese auf der Geschäftsordnungsautonomie der örtlichen Volksvertretung beruhende und durch ein Mehrheitsvotum legitimierte Handhabung des Verfahrensablaufs darf nicht konterkariert werden durch den Versuch einzelner Ratsmitglieder, ein sie besonders interessierendes Thema möglichst frühzeitig und umfassend in die öffentliche Diskussion einzubringen.

Die ehrenamtlichen Mandatsträger dürfen sich demnach - ebenso wie die hauptamtlichen Gemeindebediensteten - über die Entscheidung, dass bestimmte Unterlagen einstweilen nur intern verwendet werden sollen, nicht eigenmächtig hinwegsetzen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn diese Vorgehensweise der Ratsmehrheit nicht darauf abzielt, die betreffenden Informationen in rechtswidriger Weise dauerhaft zu unterdrücken. Für eine solche Verdunkelungsabsicht ist hier entgegen dem Vorbringen des Antragstellers nichts erkennbar. Seine Vermutung, der erste Bürgermeister der Antragsgegnerin wolle die im BKPV-Gutachten enthaltenen Beanstandungen der bisherigen Verwaltungspraxis „unter den Teppich kehren“, wird schon dadurch widerlegt, dass er den Vorsitzenden sämtlicher Fraktionen - ohne dazu zu diesem Zeitpunkt rechtlich verpflichtet zu sein - jeweils vorab ein vollständiges Exemplar des Gutachtens ausgehändigt hat. Auch die Äußerungen der Mehrheitsvertreter im Stadtrat und im Hauptausschuss zum weiteren Verfahrensablauf deuten in keiner Weise darauf hin, dass die Diskussion über das als Entscheidungsgrundlage für die anstehende Haushaltskonsolidierung eingeholte Gutachten von vornherein unterbunden werden sollte.

Soweit der Antragsteller vorträgt, aus dem Gutachten ergäben sich Hinweise auf ein früheres rechtswidriges oder sogar strafbares Verhalten bestimmter Amtsträger, rechtfertigt auch dies keine Selbstentbindung von der gesetzlich begründeten Verschwiegenheitspflicht. Die Vorschriften der Gemeindeordnung geben dem einzelnen Gemeinderatsmitglied kein Recht, eigenständig über die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen der Gemeindeorgane zu befinden (vgl. BayVGH U.v. 23.3.1988 - 4 B 86.02994 - NVwZ 1989, 182/183). Stünde Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GO einer Offenbarung von Verwaltungsinterna nur entgegen, wenn es sich - nach der persönlichen Einschätzung des Verpflichteten - um rechtmäßige Vorgänge handelte, liefe diese Vorschrift praktisch leer, weil ihre Reichweite dann von den subjektiven Bewertungen einzelner Kommunalpolitiker abhinge. Ein Mandatsträger, der die Behandlung einer Angelegenheit für rechtswidrig oder sogar für strafbar hält, darf daher im Anwendungsbereich des Art. 20 Abs. 2 GO nicht einfach die „Flucht in die Öffentlichkeit“ antreten, sondern muss sich vorrangig an die zuständige Kommunalaufsichts- oder Strafverfolgungsbehörde wenden (BayVGH a. a. O.; Prandl/Zimmermann/Büchner a. a. O., Art. 20 Rn. 4).

Ob von diesem Grundsatz in besonders dringlichen Ausnahmefällen abgesehen werden kann, z. B. wenn irreversible Schädigungen drohen und gerichtlicher Rechtsschutz nicht rechtzeitig erlangt werden kann (vgl. OVG RhPf U.v. 13.6.1995 - NVwZ-RR 1996, 685/687), braucht hier nicht weiter vertieft zu werden. Denn das vom Antragsteller behauptete Fehlverhalten der Gemeindeorgane, das aus dem Gutachten erkennbar sein soll, betrifft ausschließlich die Vergangenheit; ein akuter Handlungs- oder Korrekturbedarf ist insoweit nicht erkennbar. Auch mit der Behauptung, der zuständige Landrat und die örtliche Staatsanwaltschaft hätten rechtswidriges und strafbares Verhalten der verantwortlichen Amtsträger bisher aus rein politischen Gründen gedeckt, kann sich der Antragsteller nicht im Wege eines „Notstandsrechts“ von der gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht befreien. Ein evidenter und besonders gravierender Rechtsverstoß, der eine sofortige Unterrichtung der Öffentlichkeit erfordern oder zumindest rechtfertigen könnte, lässt sich aus den allgemeinen Vorwürfen bezüglich einer Verschwendung kommunaler Haushaltsmittel nicht entnehmen. Unter diesen Umständen war es dem Antragsteller jedenfalls zuzumuten, sich mit seiner Kritik zunächst an die zuständigen staatlichen Organe bzw. deren übergeordnete Stellen zu wenden (vgl. BVerfG B.v. 28.4.1970 - 1 BvR 690/65 - BVerfGE 28, 191/205; BVerwG B.v. 12.6.1989 - 7 B 123/88 - NVwZ 1989, 975). Seine grundrechtlich geschützte Meinungsfreiheit, auf die er sich bei seinen nicht unmittelbar mit der Mandatsausübung zusammenhängenden kommunalpolitischen Äußerungen prinzipiell berufen kann (vgl. BayVGH B.v. 11.3.2013 - 4 C 13.400 - BayVBl 2013, 674), wird insoweit durch Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GO als „allgemeines Gesetz“ im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG in zulässiger Weise eingeschränkt (vgl. BVerwG a. a. O.; BayVGH U.v. 23.3.1988 - 4 B 86.02994 - NVwZ 1989, 182).

2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zum Streitwert aus § 47, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Der Bescheid der Beklagten vom 13. Mai 2015 wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leisten.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit eines von der Beklagten ausgeübten Vorkaufsrechts.

1.

Durch notariellen Kaufvertrag vom 27. Februar 2015 (Urk.Rolle Nr. M-.../2015 des Notars D., Würzburg) kauften die Kläger von den Eigentümern G. und P. S. das Grundstück L.-gasse 1, 97320 Sulzfeld am Main, Fl.Nr. ...53 der Gemarkung Sulzfeld a. Main, mit einer Gebäude- und Freifläche von 185 m². Als Kaufpreis war ein Betrag von 77.000,00 EUR genannt.

Das vorgenannte Grundstück liegt im Sanierungsgebiet „Altort“, das am 19. August 1991 förmlich festgesetzt wurde. Gleichzeitig ist es im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Altort“ belegen, der im betreffenden Bereich ein Dorfgebiet (MD-I) gem. § 5 BauNVO festsetzt.

Auf die Mitteilung des Notars vom 2. März 2015, eingegangen bei der Beklagten am 3. März 2015, teilte die Beklagte dem Notariat mit, dass sich das Grundstück im Bereich eines förmlich festgesetzten Sanierungsgebiets befinde, und forderte eine Abschrift des Kaufvertrags an, die am 18. März 2015 bei ihr einging.

2.

Mit Bescheid vom 13. Mai 2015, den Verkäufern am selben Tag und den Klägern am 15. Mai 2015 zugestellt, übte die Beklagte ihr Vorkaufsrecht gem. § 24 Abs. 1 Nr. 3 BauGB hinsichtlich des Grundstücks Fl.Nr. ...53 der Gemarkung Sulzfeld a. Main mit einer Gesamtfläche von 185 m² aus.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Grundstück sich im Geltungsbereich des durch Satzung aus dem Jahr 1991 förmlich festgesetzten Sanierungsgebietes „Altort“ befinde. Gründe für den Ausschluss des Vorkaufsrechts nach § 26 BauGB lägen nicht vor. Durch den Erwerb des Grundstücks verfolge die Beklagte die Sicherung der Durchführung der Sanierung und städtebaulichen Entwicklung. Das Grundstück Fl.Nr. ...53 befinde sich direkt angrenzend an das historische Rathaus der Beklagten. Durch Abriss des bestehenden Gebäudes auf dem Grundstück solle ein barrierefreier Zugang zum Rathaus errichtet werden. Ferner solle anschließend auf dem Grundstück die Möglichkeit für barrierefreies Wohnen entstehen. Zielsetzung der Gemeinde sei die Beseitigung städtebaulicher Missstände im Rahmen der städtebaulichen Sanierungsmaßnahme „Altort“. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei daher durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt. Bei ihrer Ermessensausübung sei die Gemeinde aufgrund ihrer planerischen Absichten zumindest gebunden gewesen.

3.

Mit Schriftsatz vom 15. Juni 2015, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, ließen die Kläger Klage erheben mit dem Antrag:

Der Bescheid der Gemeinde Sulzfeld a.M. vom 13. Mai 2015 über die Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts wird aufgehoben.

Zur Begründung ließen die Kläger im Wesentlichen vorbringen, die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts sei rechtswidrig und verletze sie in ihren Rechten. Der Bescheid vom 13. Mai 2015 sei bereits formell rechtswidrig, da der Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechts durch den Gemeinderat der Beklagten in nichtöffentlicher Sitzung erfolgt sei. Gründe für die Nichtöffentlichkeit der Sitzung seien jedoch nicht ersichtlich, insbesondere sei der Ausschluss der Öffentlichkeit nicht durch berechtigte Ansprüche einzelner gerechtfertigt. Bei Ausübung eines Vorkaufsrechts seien sämtliche Vertragsbedingungen bekannt, es gebe keinerlei Möglichkeiten mehr zur Verhandlung von Verkaufsbedingungen. Die Kläger legten gerade Wert darauf, dass „ihr Anliegen“ in öffentlicher Sitzung behandelt werde. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei im Übrigen auch materiell rechtswidrig. Der streitgegenständliche Bescheid beschränke sich ausschließlich auf die Wiedergabe des Gesetzestextes. Die angegebene Begründung sei formelhaft und daher nicht ausreichend. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei nicht durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt. Das von der Beklagten angestrebte Ziel, einen barrierefreien Zugang zum Rathaus zu schaffen, sei nicht erreichbar. Die Anbringung eines Aufzugs auf dem streitgegenständlichen Grundstück sei schon aus denkmalschutzrechtlichen Gründen ausgeschlossen. Ein barrierefreier Zugang zum Rathaus sei zudem aufgrund der Pflasterstraße im Umgriff des Rathauses und mangels vorhandener PKW-Stellplätze nicht möglich. Weiter sei die Beklagte nicht gehalten, unter allen Umständen einen barrierefreien Zugang zum Rathaus zu gewährleisten. Das Landratsamt Kitzingen habe dies von der Beklagten auch zu keinem Zeitpunkt verlangt. Außerdem habe die Beklagte das Ziel der Barrierefreiheit bereits in drei früheren Fällen angeführt, in denen sie ihr Vorkaufsrecht ausgeübt habe. Dieser Belang sei jedoch nur vorgeschoben. Auch das weitere Ziel der Beklagten, den Bevölkerungsrückgang im Altort zu bremsen und insbesondere für ältere Bewohner gesunde Wohnbedingungen zu schaffen, könne durch die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht erreicht werden, da der Ortskern ungeeignet für ältere Personen sei. Zudem sei es nicht Aufgabe der Gemeinde, für altengerechten Wohnraum zu sorgen. Dies könnten die Kläger genauso gut tun. Die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Beklagte beruhe ausschließlich auf wirtschaftlichen Erwägungen. Die Beklagte sei jedoch überhaupt nicht in der Lage, die von ihr verfolgten Ziele umzusetzen. Dies sei bereits aufgrund der früheren Fälle, in denen diese ihr gemeindliches Vorkaufsrecht ausgeübt habe, erkennbar. Zudem fehlten ihr die finanziellen Mittel hierfür.

4.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Der angegriffene Bescheid der Beklagten sei formell rechtmäßig zustande gekommen. Die Beschlussfassung zur Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts in nichtöffentlicher Sitzung sei nicht zu beanstanden. Ein Verstoß gegen Art. 52 Abs. 2 Satz 1 der bayerischen Gemeindeordnung (GO) liege nicht vor. Der Ausschluss der Öffentlichkeit sei vorliegend durch berechtigte Ansprüche einzelner gerechtfertigt. Der Veröffentlichung des vollständigen Inhalts des Kaufvertrags hätten datenschutzrechtliche Gründe entgegengestanden. Zudem sehe die Geschäftsordnung des Gemeinderats der Beklagten in § 22 vor, dass Rechtsgeschäfte in Grundstücksangelegenheiten regelmäßig in nichtöffentlicher Sitzung behandelt werden. Im Übrigen führe ein Verstoß gegen Art. 52 Abs. 2 Satz 1 GO nur in besonderen Ausnahmefällen zur Rechtswidrigkeit des in nichtöffentlicher Sitzung gefassten Beschlusses. Vielmehr führe ein solcher Verstoß lediglich zu einer unbeachtlichen Verletzung einer Ordnungsvorschrift. Weiter sei die Ausübung des Vorkaufsrechts durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt. Mit der Ausübung des Vorkaufsrechts verfolge die Beklagte die Sanierungsziele 2, 5 und 6 aus dem Beschluss des Gemeinderates vom 12. Juli 2005. Die Beklagte wolle dem erhöhten Bedarf für Barrierefreiheit und Schaffung von gesunden Wohnbedingungen für ältere Menschen aufgrund der hohen und noch wachsenden Anzahl von Senioren Rechnung tragen. Die von den Klägern angesprochene Ausübung des Vorkaufsrechts in weiteren Fällen stelle gerade einen Beleg für die fortbestehende Absicht der Beklagten dar, die Sanierungsziele umzusetzen. Bei Ausübung des Vorkaufsrechts sei zudem zu beachten, dass die Ziele und Zwecke der Sanierung noch nicht im Einzelnen festzustehen bräuchten. Eine etwaige fehlende Konkretisierung des Plankonzepts sei rechtlich unerheblich. Es sei keine Seltenheit, dass sich Sanierungen über Jahre und Jahrzehnte hinziehen. Im Rahmen der fortschreitenden Sanierung werde dann eine Konkretisierung des Planungskonzepts erfolgen. Schließlich habe die Beklagte das ihr zustehende Ermessen pflichtgemäß ausgeübt. Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Ausübung des Vorkaufsrechts sei im Regelfall bereits durch das Wohl der Allgemeinheit indiziert. Das private Interesse des Käufers, das Grundstück zu erwerben, müsse daher hinter dem öffentlichen Interesse in der Regel zurücktreten.

5.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Behördenakte sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die Klage hat Erfolg, da sie zulässig und begründet ist.

A.

Die Klage ist zulässig, insbesondere sind die Kläger klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO).

Die Kläger wenden sich gegen den auch sie belastenden Verwaltungsakt der Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Beklagte. Das Vorkaufsrecht wird durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer ausgeübt (§ 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB). Gegen diesen Verwaltungsakt steht auch den Klägern als Käufern die Anfechtungsklage zu, sie können durch die Ausübung des Vorkaufsrechts in eigenen Rechten verletzt sein (BVerwG, B. v. 30.11.2009 - 4 B 52/09 - BRS 74 Nr. 130; vgl. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautz-berger, BauGB, Stand: November 2015, § 28 Rn. 26 m. w. N.).

B.

Die Klage ist auch begründet, da der Bescheid der Beklagten vom 13. Mai 2015 rechtswidrig ist und die Kläger in ihren Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Beklagte ist zwar nicht deshalb rechtswidrig, weil der Gemeinderat der Beklagten den Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechts in nichtöffentlicher Sitzung gefasst hat (I.), jedoch ist der Bescheid materiell rechtswidrig, da die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt ist (II.).

I.

Der Bescheid der Beklagten vom 13. Mai 2015 ist formell rechtmäßig. Insbesondere liegt keine Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes nach Art. 52 Abs. 2 Satz 1 GO vor, da der Gemeinderat der Beklagten bei seiner Beratung und Beschlussfassung über die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts berechtigterweise die Öffentlichkeit ausgeschlossen hat. Ob ein Verstoß gegen Art. 52 Abs. 2 Satz 1 GO zwingend zur Rechtswidrigkeit des in nichtöffentlicher Sitzung gefassten Beschlusses führt (so BayVGH, U. v. 26.1.2009 - 2 N 08.124 - BayVBl 2009, 344 für einen Satzungsbeschluss; allgemein Pahlke, BayVBl 2010, 57 ff.) oder ob darin nur eine für die Wirksamkeit der Beschlussfassung unbeachtliche Verletzung einer Ordnungsvorschrift liegt (so BayVGH vom 14.3.2000 - 4 ZB 97.1313, 4 C 97.1396 - BayVBl 2000, 695), kann daher offenbleiben (vom BayVGH zuletzt auch offen gelassen im B. v. 20.4.2015 - 4 CS 15.381 - juris Rn. 13).

Nach Art. 52 Abs. 2 Satz 1 GO sind die Sitzungen des Gemeinderats öffentlich, soweit nicht Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit oder auf berechtigte Ansprüche Einzelner entgegenstehen; über den Ausschluss der Öffentlichkeit wird nach Satz 2 der Vorschrift in nichtöffentlicher Sitzung beraten und entschieden. Diese gesetzlichen Voraussetzungen für eine nichtöffentliche Sachbehandlung lagen bei der Beratung und Beschlussfassung über die Ausübung des streitgegenständlichen Vorkaufsrechts in der Gemeinderatssitzung vom 12. Mai 2015 vor.

In der damaligen Sitzung hat der Gemeinderat der Beklagten zwar nicht ausdrücklich darüber beraten und abgestimmt, ob die Öffentlichkeit während des betreffenden Tagesordnungspunkts ausgeschlossen werden sollte. Eine ausdrückliche und förmliche Beschlussfassung über den Ausschluss der Öffentlichkeit ist jedoch auch nicht notwendig; es genügt, wenn der Gemeinderat ohne Widerspruch in die nichtöffentliche Sitzung eintritt (Hölzl/Hien/Huber, GO, Stand: April 2015, Art. 52 S. 11).

Auch die in Art. 52 Abs. 2 Satz 1 GO genannten tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Ausschluss der Öffentlichkeit von der Beratung und Beschlussfassung lagen vor. Die Kammer folgt somit nicht der vom Klägerbevollmächtigten ins Feld geführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, wonach der Öffentlichkeitsgrundsatz verlange, dass die Beratung und Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechts stets in öffentlicher Sitzung zu erfolgen hat (VGH BW, U. v. 18.6.1980 - III 503/79 - juris Ls. 1 Rn. 20 ff.; U. v. 23.6.2015 - 8 S 1386/14 - juris Rn. 45 m. w. N.). Vielmehr schließt sich die Kammer der Auffassung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs in seinem Beschluss vom 20. April 2015 an, wonach dem Gemeinderat bei der Prüfung der Frage, ob die Öffentlichkeit auszuschließen ist, ein Beurteilungsspielraum zusteht (Az. 4 CS 15.381 - juris Ls. 1 und Rn. 16; vgl. auch Hölzl/Hien/Huber, GO, Stand: April 2015, Art. 52 S. 4 und 12). Für den Ausschluss der Öffentlichkeit ist es daher ausreichend, wenn dieser nicht rechtsmissbräuchlich ist und hierfür vertretbare Gründe vorliegen (Hölzl/Hien/Huber, GO, Stand: April 2015, Art. 52 S. 4).

Dies zugrunde gelegt, ist nicht zu beanstanden, dass der Gemeinderat der Beklagten im vorliegenden Fall davon ausgegangen ist, dass die Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts eine Grundstücksangelegenheit im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Geschäftsordnung des Gemeinderats darstellt, über die regelmäßig in nichtöffentlicher Sitzung zu beschließen ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 15. März 1995 (Az. 4 B 33/95 - NVwZ 2010, 411/412) ausgeführt:

„Die Voraussetzungen für den Ausschluss der Öffentlichkeit sind - im Grundsätzlichen übereinstimmend - landesrechtlich nicht einheitlich geregelt. Kaufverträge über Grundstücke gehören aber jedenfalls zu den Angelegenheiten, deren vertrauliche Behandlung im Interesse der Vertragspartner in Frage kommt.“

Bei der Ausübung von gemeindlichen Vorkaufsrechten sind Gegenstand der Beratung und Beschlussfassung gerade Kaufverträge über Grundstücke. Daher zählt die Ausübung des Vorkaufsrechts zu den Grundstücksangelegenheiten, über die regelmäßig in nichtöffentlicher Sitzung zu beraten und zu entscheiden ist (BayVGH, U. v. 26.1.2009 - 2 N 08.124 - juris Rn. 8; vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 9.11.1994 - 8 A 12462/93; Rabeling in NVwZ 2010, 411/412). Der Ausschluss der Öffentlichkeit war auch im vorliegenden Fall durch berechtigte Ansprüche einzelner gerechtfertigt. Unter dem Begriff „berechtigte Ansprüche Einzelner“ sind nicht Ansprüche im rechtstechnischen Sinne (vgl. § 194 Abs. 1 BGB) zu verstehen, sondern es genügt die Beeinträchtigung rechtlich geschützter oder anerkannter Interessen natürlicher oder juristischer Personen; dabei genügt die bloße Möglichkeit einer solchen Beeinträchtigung. Hierzu gehören insbesondere die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Bürger, an deren öffentlicher Beratung die Allgemeinheit kein berechtigtes Interesse hat (Hölzl/Hien/Huber, GO, Stand: April 2015, Art. 52 S. 9; VG Augsburg, U. v. 10.11.2011 - Au 2 K 09.1664 - juris Rn. 32; vgl. auch VGH BW, U. v. 18.6.1980 - III 503/79 - juris Rn. 24).

Für die Kammer nachvollziehbar ist die Beklagte davon ausgegangen, dass die Kaufvertragsparteien ein berechtigtes Interesse daran haben, dass ihre Identität sowie Kaufpreis und andere Kaufvertragsbedingungen nicht in öffentlicher Sitzung behandelt werden. Die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH BW a. a. O.) vermag die Kammer nicht zu überzeugen. Denn im Rahmen der Beratung über die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts werden durchaus schützenswerte Daten der Kaufvertragsparteien (Name der Vertragsparteien, Kaufpreis) offenbart. Um dem Grundrecht der Vertragsparteien auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung zu tragen, ist daher im Zweifel die Öffentlichkeit auszuschließen. In der Regel überwiegt daher das Interesse der Vertragsparteien an der vertraulichen Behandlung ihrer Daten das Interesse an einer Behandlung in einer öffentlichen Sitzung (vgl. VG Augsburg, U. v. 19.9.2013 - Au 5 K 13.140 - juris Rn. 29). Besondere Umstände, die hier dennoch eine Behandlung in öffentlicher Sitzung gerechtfertigt hätten, sind nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht vorgetragen worden, so dass der Beschluss des Gemeinderats der Beklagten über die Ausübung des Vorkaufsrechts am 12. Mai 2015 in nichtöffentlicher Sitzung rechtswirksam gefasst worden ist.

II.

Rechtsgrundlage des Bescheids vom 13. Mai 2015 ist § 24 Abs. 1 Nr. 3 BauGB, da das streitgegenständliche Grundstück unstreitig innerhalb eines förmlich festgesetzten Sanierungsgebiets gelegen ist (§ 1 der Sanierungssatzung der Beklagten vom 19. August 1991). Die Kammer hat keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Sanierungssatzung i. S. d. § 142 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Die Voraussetzungen der §§ 142 und 143 Abs. 1 BauGB liegen vor; Fehler, die zur Ungültigkeit der Satzung führen könnten, sind nicht ersichtlich.

Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist im vorliegenden Fall jedoch nicht durch das Wohl der Allgemeinheit nach § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB gerechtfertigt.

1.

Der Begriff des Wohls der Allgemeinheit ist ähnlich wie im Bereich des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes (Art. 14 Abs. 2 und 3 GG) und den speziellen Enteignungsvorschriften (§ 87 Abs. 1 BauGB) nicht mit dem Begriff des öffentlichen Interesses gleichzusetzen. Erst ein qualifiziertes, sachlich objektiv öffentliches Interesse als Ergebnis einer Abwägung der im Einzelfall miteinander in Widerstreit stehenden privaten und öffentlichen Interessen kann mit dem Wohl der Allgemeinheit identifiziert werden. An die Ausübung des Vorkaufsrechts werden jedoch gegenüber einer Enteignung, die nur zulässig ist, wenn das Wohl der Allgemeinheit diese erfordert, qualitativ geringere Anforderungen gestellt. Es genügt, wenn der Erwerb des Grundstücks im Rahmen der tatbestandlichen Voraussetzungen zu den vom Gesetzgeber gebilligten bodenpolitischen, eigentumspolitischen und städtebaulichen Zwecken erfolgt und dabei überwiegende Vorteile für die Allgemeinheit angestrebt werden. Die Gemeinde darf aber nicht Grundstücke „hamstern“ (BGH, U. v. 7.3.1975 - V ZR 92/73 - DVBl 1975, 487) oder sich allein zur Gewinnerzielung Grundstücke im Wege des Vorkaufsrechtes beschaffen (BGH, U. v. 22.3.1965 - III ZR 211/63 - DVBl 1966, 264). Welche Anforderungen an die Angaben der Gemeinde über den Verwendungszweck im Bescheid zu stellen sind, richtet sich nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles und lässt sich nicht nach generellen Maßstäben vorab bestimmen (vgl. BVerwG, B. v. 15.2.1990 - 4 B 245/89 - NJW 1990, 2703; BayVGH, U. v. 9.3.2000 - 2 B 96.467 - juris; BayVGH, U. v. 6.2.2014 - 2 B 13.2570 - juris Rn. 16 m. w. N.; vgl. auch Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 12. Aufl. 2014, § 24 Rn. 20). Ob die Ausübung danach durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt ist, unterliegt im vollen Umfang der gerichtlichen Nachprüfung (BVerwG a. a. O.; BVerwG, B. v. 26.4.1993 - 4 B 31/93 - NVwZ 1994, 282/284; BayVGH, U. v. 6.2.2014 - 2 B 13.2570 - juris Rn. 16).

In förmlich festgelegten Sanierungsgebieten - wie hier - rechtfertigt das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung des Vorkaufsrechts, wenn diese sich an den konkreten Erfordernissen der Sanierung orientiert (BayVGH, U. v. 9.3.2000 - 2 B 96.467 - juris; BayVGH, U. v. 6.2.2014 - 2 B 13.2570 - juris Rn. 17; vgl. auch Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 119. EL November 2015, § 24 Rn. 70; Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 12. Aufl. 2014, § 24 Rn. 22). An die Konkretisierung der Sanierungsziele dürfen bei Erlass der Sanierungssatzung nur relativ geringe Anforderungen gestellt werden. Ein langer Zeitraum seit der Inkraftsetzung einer Sanierungssatzung stellt nicht allein schon in Frage, dass die Sanierungssatzung noch wirksam sein kann oder dass die Ausübung des Vorkaufsrechts noch dem Wohl der Allgemeinheit dienen kann (vgl. BVerwG, B. v. 15.3.1995 - 4 B 33.95 - BauR 1995, 663). Jedoch werden die Anforderungen mit fortschreitendem Sanierungsverfahren höher (vgl. BVerwG, U. v. 4.3.1999 - 4 C 8.98 - NVwZ 1999, 1336; BayVGH, B. v. 10.8.2007 - 26 ZB 06.1731 - juris Rn. 10). Die Sanierungsziele müssen dabei nicht in der Sanierungssatzung selbst festgelegt sein; sie können sich auch aus ihrer Begründung und aus den Ergebnissen vorbereitender Untersuchungen ergeben (BayVGH, U. v. 2.10.2013 - 1 BV 11.1944 - juris Rn. 24). Insbesondere kann die erforderliche Konkretisierung in einem Sanierungsbebauungsplan, aber auch in einem sonstigen Bebauungsplan oder sogar durch eine informelle städtebauliche Planung erfolgen (vgl. § 140 Nr. 4 BauGB). Ist dies geschehen, können die Sanierungsziele auch nach einem langen Zeitraum die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertigen (vgl. BVerwG, B. v. 15.3.1995 - 4 B 33.95 - NVwZ 1995, 897).

2.

Nach diesen Maßgaben rechtfertigt das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung des Vorkaufsrechts im vorliegenden Fall nicht, da im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten über die Ausübung des Vorkaufsrechts die erforderliche Konkretisierung der Sanierungsziele nicht gegeben war.

a)

Aufgrund des Zeitraums von ca. 25 Jahren seit Erlass der Sanierungssatzung im Jahr 1991 handelt es sich vorliegend zweifelsohne um ein fortgeschrittenes Sanierungsverfahren im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, weshalb an das Maß der Konkretisierung der Sanierungsziele hier erhöhte Anforderungen zu stellen sind. Bei der Bestimmung des Begriffs eines „fortgeschrittenen“ Sanierungsverfahrens orientiert sich die Kammer an der Frist des § 142 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB. Diese Vorschrift ist zwar auf den vorliegenden Fall nicht unmittelbar anwendbar, da sie nur für nach dem 1. Januar 2007 in Kraft getretene Sanierungssatzungen gilt. Jedoch ist aus dieser „Höchstfrist“ - unabhängig von der Möglichkeit der Verlängerung nach § 142 Abs. 3 Satz 4 BauGB - ersichtlich, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass Sanierungen im Regelfall nach Ablauf von 15 Jahren abgeschlossen sind und jedenfalls bei einer darüber hinaus andauernden Sanierung von einer langen Sanierung auszugehen ist. Diese Frist von 15 Jahren ist vorliegend weit überschritten, so dass hier ohne weiteres von einer fortgeschrittenen Sanierung auszugehen ist.

b)

Für das streitgegenständliche Grundstück lag im maßgeblichen Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts keine (Detail-) Planung vor, die dem hier - angesichts des langen Zeitraums seit Inkrafttreten der Sanierungssatzung - erforderlichen Maß der Konkretisierung gerecht wird. Der Sanierungsplanung der Beklagten ist insbesondere nicht zu entnehmen, welche städtebaulichen Missstände i. S. d. § 136 Abs. 2 BauGB am streitgegenständlichen Grundstück bzw. in der Langengasse bestehen und durch welche konkreten Maßnahmen diese beseitigt werden sollen.

Die in dem streitgegenständlichen Bescheid vom 13. Mai 2015 angegebenen Zwecke, nämlich die Errichtung eines barrierefreien Zugangs zum angrenzenden Rathaus der Beklagten und die Schaffung barrierefreien Wohnraums auf dem Grundstück L.-gasse 1, finden weder in der Sanierungssatzung, noch in einem Sanierungsbebauungsplan oder sonstigen Bebauungsplan, noch in einer informellen städtebaulichen Planung Anklang. Da das Sanierungsgebiet einen größeren Bereich der Gemeindefläche der Beklagten umfasst, ergeben sich aus der Sanierungssatzung selbst keine konkreten Sanierungsziele für das streitgegenständliche Grundstück oder die L.-gasse. Der bestehende Bebauungsplan „Altort“ enthält insoweit keine konkreten Festsetzungen. Im Bereich des streitgegenständlichen Grundstücks ist lediglich ein Dorfgebiet gem. § 5 Abs. 1 BauNVO (MD I) festgesetzt.

Die Sanierungsziele können nur dem Abschlussbericht der „Vorbereitenden Untersuchung zur Sanierung des Altortes“ vom 20. November 1990 (von der Beklagten vorgelegt als Anlage B 3) und dem Beschluss des Gemeinderates vom 12. Juli 2005 (Bl. 4 ff. d. Behördenakte), in dem die Sanierungsziele überarbeitet wurden, entnommen werden. Nach dem streitgegenständlichen Bescheid dient die Ausübung des Vorkaufsrechts den Sanierungszielen 2, 5 und 6 aus dem Gemeinderatsbeschluss vom 12. Juli 2005. Es ist jedoch schon kein konkreter Bezug dieser Ziele zu der von der Beklagten angestrebten „Barrierefreiheit“ erkennbar. Die als Rechtfertigung angeführten Sanierungsziele sind zudem derart unbestimmt und allgemein, dass sich nicht beurteilen lässt, ob die Kläger mit dem Kauf Maßnahmen planen, die überhaupt dem Sinn und Zweck der Sanierungsmaßnahme zuwider laufen (vgl. VG Würzburg, U. v. 23.7.2015 - W 5 K 14.1105 - juris).

Auch die im Gemeinderatsbeschluss vom 12. Juli 2005 genannten Maßnahmen zur Umsetzung der Sanierungsziele stellen keine hinreichende Konkretisierung dar. Teilweise erschöpfen sich die danach angestrebten „Maßnahmen“ im Wesentlichen darin, einzelne städtebauliche Belange nach § 1 Abs. 6 BauGB, insbesondere nach § 1 Abs. 6 Nr. 1 und 2 BauGB, zu verfolgen. Darüber hinaus steht der angegebene Zweck für die Ausübung des Vorkaufsrechts, einen barrierefreien Zugang zum Rathaus schaffen zu wollen, sogar im Widerspruch zur dortigen Feststellung, dass die Sanierung des Rathauses (bereits) erfolgt sei (vgl. Bl. 7 d. Behördenakte).

Die Sanierungsziele enthalten keinerlei konkrete, standortbezogene Aussagen. In den gemeindlichen Planungen finden sich keinerlei Hinweise, welche städtebaulichen Missstände am streitgegenständlichen Grundstück konkret bestehen und es fehlen Zielsetzungen und Pläne für das streitgegenständliche Grundstück oder die L.-gasse allgemein. Das von der Beklagten genannte Ziel der „Barrierefreiheit“ hat allein in der Gestaltungssatzung der Beklagten vom 26. März 2015 Niederschlag gefunden. Dies jedoch ausschließlich als Zielsatz im Rahmen der Vorbemerkung der Satzung. Eine konkrete Nennung, welche Gebäude barrierefrei ausgebaut werden sollen oder ob sich dies auf private oder öffentliche Gebäude, insbesondere auf das Rathaus bezieht, existiert nicht.

Schließlich kann auch das von der Beklagten erstellte „Nutzungskonzept“ vom 14. April 2015 (Bl. 30 - 32 d. Behördenakte) keine Konkretisierung der Sanierungsziele begründen. Zwar kann die erforderliche Konkretisierung der Sanierungsziele, wie bereits ausgeführt, auch durch informelle städtebauliche Planung erfolgen (BayVGH, B. v. 2.10.2013 - 1 BV 11.1944 - juris Rn. 24). Sofern solche informellen Planungen, wie beispielsweise städtebauliche Sanierungskonzepte, Selbstbindungen oder mittelbare Wirkungen auslösen sollen, müssen diese jedoch der gemeindlichen Willensbildung zugerechnet werden können, d. h. letztlich vom Gemeinderat beschlossen sein (Krautzberger in Ernst/Zinkhahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: November 2015, § 11 Rn. 29). Ein Beschluss des Gemeinderats über das „Nutzungskonzept“ vom 14. April 2015 erfolgte jedenfalls vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheids nicht. Das Konzept wurde in der Gemeinderatssitzung am 14. April 2015 lediglich vom Stadtplaner vorgestellt (Niederschrift über die Sitzung am 14.4.2015, Bl. 30 - 33 d. Behördenakte). Eine Beratung oder Beschlussfassung hierüber fand aber nicht statt, weshalb das „Nutzungskonzept“ keinesfalls der gemeindlichen Willensbildung zugerechnet werden kann.

Ob das „Nutzungskonzept“ zu einem späteren Zeitpunkt nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheids vom Gemeinderat der Beklagten beschlossen wurde, ist unerheblich. Bei der gerichtlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Vorkaufsrechtsausübung ist maßgeblich auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen. Der für die gerichtliche Überprüfung maßgebliche Zeitpunkt bestimmt sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nach dem materiellen (Fach-)Recht (statt vieler: BVerwG, U. v. 31.3.2004 - 8 C 5/03 - BVerwGE 120, 246, m. w. N.). Dieses fordert, dass die rechtlichen Voraussetzungen der Vorkaufsrechtsausübung in dem Zeitpunkt vorliegen müssen, in dem - mit dessen Ausübung durch Verwaltungsakt - die zivilrechtliche Gestaltungswirkung eintritt (§ 464 Abs. 2 BGB). Das folgt - ergänzend - auch daraus, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts gem. § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB im Ermessen der Gemeinde steht, so dass erst nach der letzten Behördenentscheidung hervortretende Ermessensgesichtspunkte im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung grundsätzlich nicht mehr zu berücksichtigen sind. Dem entsprechend sind Änderungen der Sach- oder Rechtslage, die später eintreten, für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht mehr relevant (OVG Schleswig, B. v. 29.1.2009 - 1 LA 117/08 - juris Ls. 1 und Rn. 15). Daher sind Änderungen oder Konkretisierungen der Planung, die erst nach Erlass des Bescheids, mit dem das Vorkaufsrecht ausgeübt wird, vorgenommen werden, nicht geeignet, die Ausübung des Vorkaufsrechts zu rechtfertigen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg,

Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,

schriftlich zu beantragen. Hierfür besteht Vertretungszwang.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte, Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 19.250,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG i. V. m. Nr. 9.6.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Für die Streitwertbeschwerde besteht kein Vertretungszwang.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg,

Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Der Gemeinde steht ein Vorkaufsrecht zu beim Kauf von Grundstücken

1.
im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, soweit es sich um Flächen handelt, für die nach dem Bebauungsplan eine Nutzung für öffentliche Zwecke oder für Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 festgesetzt ist,
2.
in einem Umlegungsgebiet,
3.
in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet und städtebaulichen Entwicklungsbereich,
4.
im Geltungsbereich einer Satzung zur Sicherung von Durchführungsmaßnahmen des Stadtumbaus und einer Erhaltungssatzung,
5.
im Geltungsbereich eines Flächennutzungsplans, soweit es sich um unbebaute Flächen im Außenbereich handelt, für die nach dem Flächennutzungsplan eine Nutzung als Wohnbaufläche oder Wohngebiet dargestellt ist,
6.
in Gebieten, die nach den §§ 30, 33 oder 34 Absatz 2 vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden können, soweit die Grundstücke unbebaut sind, wobei ein Grundstück auch dann als unbebaut gilt, wenn es lediglich mit einer Einfriedung oder zu erkennbar vorläufigen Zwecken bebaut ist,
7.
in Gebieten, die zum Zweck des vorbeugenden Hochwasserschutzes von Bebauung freizuhalten sind, insbesondere in Überschwemmungsgebieten, sowie
8.
in Gebieten nach den §§ 30, 33 oder 34, wenn
a)
in diesen ein städtebaulicher Missstand im Sinne des § 136 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 3 vorliegt oder
b)
die baulichen Anlagen einen Missstand im Sinne des § 177 Absatz 2 aufweisen
und die Grundstücke dadurch erhebliche nachteilige Auswirkungen auf das soziale oder städtebauliche Umfeld aufweisen, insbesondere durch ihren baulichen Zustand oder ihre der öffentlichen Sicherheit und Ordnung widersprechende Nutzung.
Im Falle der Nummer 1 kann das Vorkaufsrecht bereits nach Beginn der Veröffentlichungsfrist nach § 3 Absatz 2 Satz 1 ausgeübt werden, wenn die Gemeinde einen Beschluss gefasst hat, einen Bebauungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen. Im Falle der Nummer 5 kann das Vorkaufsrecht bereits ausgeübt werden, wenn die Gemeinde einen Beschluss gefasst und ortsüblich bekannt gemacht hat, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen und wenn nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, dass der künftige Flächennutzungsplan eine solche Nutzung darstellen wird.

(2) Das Vorkaufsrecht steht der Gemeinde nicht zu beim Kauf von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz und von Erbbaurechten.

(3) Das Vorkaufsrecht darf nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt. Dem Wohl der Allgemeinheit kann insbesondere die Deckung eines Wohnbedarfs in der Gemeinde dienen. Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts hat die Gemeinde den Verwendungszweck des Grundstücks anzugeben.

(1) Die Enteignung ist im einzelnen Fall nur zulässig, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise nicht erreicht werden kann.

(2) Die Enteignung setzt voraus, dass der Antragsteller sich ernsthaft um den freihändigen Erwerb des zu enteignenden Grundstücks zu angemessenen Bedingungen, unter den Voraussetzungen des § 100 Absatz 1 und 3 unter Angebot geeigneten anderen Landes, vergeblich bemüht hat. Der Antragsteller hat glaubhaft zu machen, dass das Grundstück innerhalb angemessener Frist zu dem vorgesehenen Zweck verwendet wird.

(3) Die Enteignung eines Grundstücks zu dem Zweck, es für die bauliche Nutzung vorzubereiten (§ 85 Absatz 1 Nummer 1) oder es der baulichen Nutzung zuzuführen (§ 85 Absatz 1 Nummer 2), darf nur zugunsten der Gemeinde oder eines öffentlichen Bedarfs- oder Erschließungsträgers erfolgen. In den Fällen des § 85 Absatz 1 Nummer 5 kann die Enteignung eines Grundstücks zugunsten eines Bauwilligen verlangt werden, der in der Lage ist, die Baumaßnahmen innerhalb angemessener Frist durchzuführen, und sich hierzu verpflichtet. Soweit im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet die Enteignung zugunsten der Gemeinde zulässig ist, kann sie auch zugunsten eines Sanierungsträgers erfolgen.

(4) Die Zulässigkeit der Enteignung wird durch die Vorschriften des Sechsten Teils des Zweiten Kapitels nicht berührt.

(1) Der Verkäufer hat der Gemeinde den Inhalt des Kaufvertrags unverzüglich mitzuteilen; die Mitteilung des Verkäufers wird durch die Mitteilung des Käufers ersetzt. Das Grundbuchamt darf bei Kaufverträgen den Käufer als Eigentümer in das Grundbuch nur eintragen, wenn ihm die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts nachgewiesen ist. Besteht ein Vorkaufsrecht nicht oder wird es nicht ausgeübt, hat die Gemeinde auf Antrag eines Beteiligten darüber unverzüglich ein Zeugnis auszustellen. Das Zeugnis gilt als Verzicht auf die Ausübung des Vorkaufsrechts.

(2) Das Vorkaufsrecht kann nur binnen drei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer ausgeübt werden. Die §§ 463, 464 Absatz 2, §§ 465 bis 468 und 471 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind anzuwenden. Nach Mitteilung des Kaufvertrags ist auf Ersuchen der Gemeinde zur Sicherung ihres Anspruchs auf Übereignung des Grundstücks eine Vormerkung in das Grundbuch einzutragen; die Gemeinde trägt die Kosten der Eintragung der Vormerkung und ihrer Löschung. Das Vorkaufsrecht ist nicht übertragbar. Bei einem Eigentumserwerb auf Grund der Ausübung des Vorkaufsrechts erlöschen rechtsgeschäftliche Vorkaufsrechte. Wird die Gemeinde nach Ausübung des Vorkaufsrechts im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen, kann sie das Grundbuchamt ersuchen, eine zur Sicherung des Übereignungsanspruchs des Käufers im Grundbuch eingetragene Vormerkung zu löschen; sie darf das Ersuchen nur stellen, wenn die Ausübung des Vorkaufsrechts für den Käufer unanfechtbar ist.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 kann die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach dem Verkehrswert des Grundstücks (§ 194) im Zeitpunkt des Kaufes bestimmen, wenn der vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert überschreitet. In diesem Falle ist der Verkäufer berechtigt, bis zum Ablauf eines Monats nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts über die Ausübung des Vorkaufsrechts vom Vertrag zurückzutreten. Auf das Rücktrittsrecht sind die §§ 346 bis 349 und 351 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Tritt der Verkäufer vom Vertrag zurück, trägt die Gemeinde die Kosten des Vertrags auf der Grundlage des Verkehrswerts. Tritt der Verkäufer vom Vertrag nicht zurück, erlischt nach Ablauf der Rücktrittsfrist nach Satz 2 die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist. Führt die Gemeinde das Grundstück nicht innerhalb einer angemessenen Frist dem mit der Ausübung des Vorkaufsrechts verfolgten Zweck zu, hat sie dem Verkäufer einen Betrag in Höhe des Unterschieds zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem Verkehrswert zu zahlen. § 44 Absatz 3 Satz 2 und 3, § 43 Absatz 2 Satz 1 sowie die §§ 121 und 122 sind entsprechend anzuwenden.

(4) In den Fällen des § 24 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bestimmt die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Fünften Teils, wenn der Erwerb des Grundstücks für die Durchführung des Bebauungsplans erforderlich ist und es nach dem festgesetzten Verwendungszweck enteignet werden könnte. Mit der Unanfechtbarkeit des Bescheids über die Ausübung des Vorkaufsrechts erlischt die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist.

(5) Die Gemeinde kann für das Gemeindegebiet oder für sämtliche Grundstücke einer Gemarkung auf die Ausübung der ihr nach diesem Abschnitt zustehenden Rechte verzichten. Sie kann den Verzicht jederzeit für zukünftig abzuschließende Kaufverträge widerrufen. Der Verzicht und sein Widerruf sind ortsüblich bekannt zu machen. Die Gemeinde teilt dem Grundbuchamt den Wortlaut ihrer Erklärung mit. Hat die Gemeinde auf die Ausübung ihrer Rechte verzichtet, bedarf es eines Zeugnisses nach Absatz 1 Satz 3 nicht, soweit nicht ein Widerruf erklärt ist.

(6) Hat die Gemeinde das Vorkaufsrecht ausgeübt und sind einem Dritten dadurch Vermögensnachteile entstanden, hat sie dafür Entschädigung zu leisten, soweit dem Dritten ein vertragliches Recht zum Erwerb des Grundstücks zustand, bevor ein gesetzliches Vorkaufsrecht der Gemeinde auf Grund dieses Gesetzbuchs oder solcher landesrechtlicher Vorschriften, die durch § 186 des Bundesbaugesetzes aufgehoben worden sind, begründet worden ist. Die Vorschriften über die Entschädigung im Zweiten Abschnitt des Fünften Teils sind entsprechend anzuwenden. Kommt eine Einigung über die Entschädigung nicht zustande, entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde.

Unter Abänderung des aufgrund mündlicher Verhandlung vom 3. August 2010 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße werden die Klagen abgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger zu 1) wendet sich als Käufer, die Klägerin zu 2) als Verkäuferin des mit notariellem Kaufvertrag vom 26. September 2008 verkauften – 650 m² großen – Grundstücks in I., H.straße …, Flurstück-Nr. …, gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts an einem Teilstück dieses Grundstücks durch die Beklagte.

2

Das etwa 14 m breite und ca. 52 m tiefe Grundstück grenzt im Osten an einen von der Hauptstraße (K 45) abzweigenden ca. 3,60 m breiten Weg. Dieser sogenannte Bierkellerweg ist als Wirtschaftsweg ausgebaut und wurde zusammen mit einem davon nach Westen abzweigenden Weg im Jahr 1992 zur Straße „I.“ gewidmet. Diese Straße dient der Erschließung von drei im rückwärtigen Bereich der H.straße auf den Parzellen-Nrn. …, … und … zugelassenen Wohnhäusern.

3

Im Anschluss an die Bauvoranfrage der Klägerin zu 2) vom 10. März 2003 zur baurechtlichen Zulässigkeit eines beiderseits grenzständigen Wohnhauses im rückwärtigen Teil der Parzelle-Nr. … erging am 20. Juni 2003 ein positiver Bauvorbescheid der Kreisverwaltung mit näheren Maßgaben. Durch Bescheid vom 26. April 2007 wurde dieser Bescheid bis zum 27. Juni 2011 verlängert.

4

Am 16. Oktober 2003 fasste die Beklagte den Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplans „I.“. Mit diesem Plan wird das Ziel verfolgt, die derzeit unzureichende Erschließung der drei oben genannten Wohngebäude durch schlecht ausgebaute Wege zu verbessern. Um die Wirtschaftlichkeit dieser Erschließungsmaßnahme zu gewährleisten, hat man neben dem Bauplatz der Klägerin zu 2) noch zwei weitere Bauplätze für Einfamilienhäuser ausgewiesen, so dass eine beidseitige Bebauung entstehen kann. Im Anschluss an die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange wurde die Planung dahingehend geändert, dass im Nordwesten des Plangebiets Festsetzungen zur Rückhaltung, Versickerung und Verdunstung des in das Baugebiet aus dem nördlich gelegenen Weinbergsgelände zuströmenden Wassers erfolgten. Ferner wurde die öffentliche Verkehrsfläche im Bereich des früheren Bierkellerwegs zu Lasten des Flurstücks Nr. … um 1 m auf insgesamt 5 m verbreitert. Dieser Planentwurf lag nebst Begründung und landespflegerischem Planungsbeitrag vom 11. September bis 10. Oktober 2006 öffentlich aus. Die von der Planung betroffenen Grundstückseigentümer sprachen sich gegen den Bebauungsplan aus: Den Eigentümern der drei rückwärtigen Wohnhäuser sei seinerzeit aufgegeben worden, privat für eine Erschließung zu sorgen. Die Ortsgemeinde habe es geduldet, dass ein zu umfangreicher Verkehr über den Weg abgewickelt werde. Dies habe im Jahr 2000 die auf dem Grundstück H.straße … vorhandene alte Sandsteinmauer entlang des früheren Bierkellerwegs beschädigt. Auch der Landesbetrieb Straßen und Verkehr sprach sich gegen die Planung aus: Die Verbreiterung der Zufahrtsstraße ändere nichts an den zu befürchtenden Verkehrsproblemen im Einmündungsbereich des früheren Bierkellerwegs auf die H.straße. Wegen der vorhandenen Bebauung seien die erforderlichen Sichtdreiecke nicht gegeben. Sollte der Bebauungsplan dennoch beschlossen werden, seien die Kosten für erforderliche Sicherungsmaßnahmen von der Gemeinde zu tragen. In seiner Sitzung am 2. April 2008 verständigte sich der Bauausschuss der Beklagten darauf, dass der Planentwurf im Hinblick auf die Änderung des Baugesetzbuchs einer Umweltprüfung unterzogen und im Anschluss daran zusammen mit einem Umweltbericht erneut öffentlich ausgelegt werde.

5

Nach Mitteilung über den abgeschlossenen Grundstückskaufvertrag am 13. Oktober 2008 übte die Beklagte gegenüber den Klägern mit gleichlautenden Bescheiden vom 26. November 2008 das Vorkaufsrecht hinsichtlich der als Verkehrsfläche ausgewiesenen Teilfläche des Flurstücks Nr. … mit einer Größe von ca. 53 m² aus. Der Entschädigungswert wurde auf der Grundlage der Stellungnahme des Gutachterausschusses auf 5.585,00 € festgesetzt. In der Begründung wurde ausgeführt, dass durch die Verbreiterung der Zufahrt sowohl die Zu- wie auch die Ausfahrt vom Baugebiet verbessert werde. Insbesondere könnten Rettungs-, Versorgungs- und Entsorgungsfahrzeuge die öffentliche Verkehrsfläche sicher nutzen. Insofern rechtfertige das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung des Vorkaufsrechts zur Verwirklichung des Bebauungsplans.

6

Mit ihren Widersprüchen machten die Kläger im Wesentlichen geltend, die Ausübung des Vorkaufsrechts sei nicht durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt, da keine Aussicht bestehe, dass der in Aufstellung befindliche Bebauungsplan jemals Rechtskraft erlangen könne. Wegen der Ausweisung eines weiteren großflächigen Baugebiets fehle es schon am Planerfordernis. Außerdem werde die vorgesehene Erschließung zu einer nicht vertretbaren finanziellen Belastung der Anlieger führen. Kostenaufwendig sei vor allem der Schutz der alten Sandsteinmauer sowie eines unter dem Bierkellerweg gelegenen ehemaligen Bierkellers des Anwesens H.straße Nr. … . Ferner sei auf die Bedenken der Straßenverwaltung hinzuweisen. Schließlich stehe der positive Bauvorbescheid für ein grenzständiges Wohnhaus entlang des Bierkellerwegs der Ausübung des Vorkaufsrechts entgegen.

7

Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2010 wies der Kreisrechtsausschuss die Widersprüche zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht rechtmäßig, insbesondere durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt sei. Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit des geplanten Bebauungsplans bestünden nicht. Die Planung sei durch städtebauliche Gründe, insbesondere der Herbeiführung einer gesicherten Erschließung gerechtfertigt. Die Höhe der Erschließungskosten stelle keinen absoluten Hinderungsgrund dar. Die von der Straßenverwaltung aufgezeigten Probleme könnten bewältigt werden. Der Bauvorbescheid entfalte noch nicht die Wirkung einer Baugenehmigung. Schließlich sei der Zugriff lediglich auf eine Teilfläche des Grundstücks gerechtfertigt.

8

Zur Begründung der hiergegen erhobenen Klagen haben die Kläger ihr bisheriges Vorbringen vertieft und insbesondere auf die Bindungswirkung des Bauvorbescheids hingewiesen, die sich auch gegenüber einer nachträglichen Rechtsänderung durch einen Bebauungsplan durchsetze. Wegen dieser Bindungswirkung sei eine Sicherung der Bauleitplanung durch Ausübung des Vorkaufsrechts ausgeschlossen.

9

Das Verwaltungsgericht hat den Klagen durch das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 3. August 2010 ergangene Urteil stattgegeben und die Bescheide vom 26. November 2008 nebst Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2010 aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts hätten Ende November 2008 nicht vorgelegen. Zwar dürfe das Vorkaufsrecht auch schon während des Planaufstellungsverfahrens ausgeübt werden, allerdings erst nach Beginn der öffentlichen Auslegung. Diese Voraussetzung habe im November 2008 deshalb nicht mehr vorgelegen, weil die Beklagte zwischenzeitlich die Notwendigkeit einer erneuten öffentlichen Auslegung nach vorheriger Erstellung eines Umweltberichts erkannt habe. Unter diesen Umständen sei die im Jahr 2006 vorgenommene Auslegung nicht mehr maßgebend. Im Übrigen stehe aber auch der bestandskräftige Bauvorbescheid der Ausübung des Vorkaufsrechts entgegen. Er hindere nämlich für die Dauer seiner Geltung die Verwirklichung der im Bebauungsplan vorgesehenen Verbreiterung des Bierkellerwegs. Zwar sei die Gemeinde durch den Bauvorbescheid nicht gehindert, die Parzelle Nr. … zu überplanen und dort eine Festsetzung als öffentliche Verkehrsfläche vorzusehen. Indessen lasse sich eine solche Festsetzung aufgrund des Bauvorbescheids auf absehbare Zeit nicht verwirklichen. In einem solchen Fall sei die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt.

10

Zur Begründung der vom Senat zugelassenen Berufung trägt die Beklagte im Wesentlichen vor: Das Vorkaufsrecht sei zu Recht ausgeübt worden. Die in § 24 Abs. 1 Satz 2 BauGB verlangte öffentliche Auslegung habe stattgefunden. Diese Voraussetzung für die Ausübung des Vorkaufsrechts entfalle nicht dadurch, dass eine erneute öffentliche Auslegung erfolge, was nicht selten lediglich aus Gründen besserer Akzeptanz geschehe. Entscheidend sei bei einer Planänderung allein, ob die in Anspruch genommene Fläche weiterhin für einen öffentlichen Nutzungszweck überplant sei. Dass der Flächennutzungsplan im Parallelverfahren noch geändert werden müsse, sei ebenso unerheblich wie der Umstand, dass den Anforderungen an die öffentliche Auslegung nicht in jeder Hinsicht genügt worden sei. Die erfolgte Auslegung des Bebauungsplanentwurfs mit Text und Begründung einschließlich landespflegerischem Planungsbeitrag sei insofern ausreichend. Der Rechtsverkehr verlange hinsichtlich des Zeitpunkts der Ausübung des Vorkaufsrechts eine klare und eindeutige Regelung. Darüber hinaus verlange das Gesetz weder formelle noch materielle Planreife des Bebauungsplanentwurfs. Schließlich stehe die Bindungswirkung des Bauvorbescheids der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht entgegen, weil diese lediglich zu einer Änderung der zivilrechtlichen Rahmenbedingungen führe.

11

Die Beklagte beantragt,

12

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 3. August 2010 die Klagen abzuweisen.

13

Die Kläger beantragen,

14

die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.

15

Sie führen zur Begründung aus: Die 2006 erfolgte öffentliche Auslegung des Bebauungsplanentwurfs sei aufgrund der Notwendigkeit einer erneuten Auslegung obsolet. Ferner weise der Planentwurf die zur Bejahung der Gemeinwohlrechtfertigung notwendige Planreife nicht auf. Schon wegen der langen Verfahrensdauer sei zweifelhaft, ob der Bebauungsplan jemals beschlossen werde. Derzeit stehe einem solchen Beschluss schon die fehlende Anpassung an den Flächennutzungsplan entgegen. Im Übrigen erweise sich der Bauvorbescheid als Hinderungsgrund für die Ausübung des Vorkaufsrechts. Denn durch die Zulassung des Vorkaufsrechts würde sich der Bebauungsplan gegenüber dem Regelungsgehalt des Bauvorbescheids durchsetzen, was mit dessen Bindungswirkung auch gegenüber späteren Rechtsänderungen nicht vereinbar sei.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die beigezogenen Behörden- und Planaufstellungsakten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klagen abweisen müssen.

18

Zwar hat das Verwaltungsgericht die Zulässigkeit der Klagen zu Recht bejaht. Insbesondere sind sowohl die Klägerin zu 2) als Grundstücksverkäuferin und damit Adressatin des Vorkaufsrechtsbescheids (§ 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB) als auch der Kläger zu 1) als Grundstückskäufer zur Anfechtung des Vorkaufsrechtsbescheids befugt. Für den Käufer wird durch die Ausübung des Vorkaufsrechts ein Eingriff in den durch den notariellen Kaufvertrag begründeten Eigentumsverschaffungsanspruch bewirkt, was seine Klagebefugnis begründet (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15. Februar 2000 – 4 B 10.00 –, NVwZ 2000, 1044 und juris, Rn. 5). Die Anfechtbarkeit durch den Käufer wird auch in § 28 Abs. 2 Satz 6 Halbsatz 2 BauGB vorausgesetzt.

19

Die Klagen sind jedoch nicht begründet. Die Vorkaufsrechtsbescheide vom 26. November 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Februar 2010 sind rechtmäßig und die Kläger daher nicht in ihren Rechten verletzt.

20

I. In formell-rechtlicher Hinsicht bestehen keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide. Das Vorkaufsrecht wurde entsprechend § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB binnen zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrages ausgeübt. Die für Verpflichtungserklärungen der Gemeinde gemäß § 49 Abs. 1 i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GemO erforderliche Form der handschriftlichen Unterzeichnung durch den Bürgermeister wurde gewahrt. Den Bescheiden vom 26. November 2008 ging ein entsprechender Beschluss des Gemeinderats voraus. Schließlich wird in den Bescheiden entsprechend § 24 Abs. 3 Satz 2 BauGB der Verwendungszweck des in Anspruch genommenen Grundstücksteils angegeben (Herstellung einer öffentlichen Verkehrsfläche).

21

II. Die Vorkaufsrechtsbescheide genügen auch den Anforderungen an die materielle Rechtmäßigkeit gemäß § 24 BauGB.

22

1. Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB steht der Gemeinde ein Vorkaufsrecht beim Kauf von Grundstücken im Geltungsbereich eines Bebauungsplans zu, soweit es sich um Flächen handelt, für die nach dem Bebauungsplan eine Nutzung für öffentliche Zwecke festgesetzt ist. Der notarielle Grundstückskaufvertrag liegt hier vor. Ferner macht die Beklagte ihr Vorkaufsrecht für eine Fläche geltend, für die im Bebauungsplan „I.“ eine Festsetzung als öffentliche Verkehrsfläche erfolgt ist. Dass die öffentliche Zwecksetzung nur für eine Teilfläche des verkauften Grundstücks gilt, hindert nicht das Entstehen des Vorkaufsrechts (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 1990 – III ZR 229/89 –, NJW 1991, 293 und juris, Rn. 15). Ob ein Grundstücksverkäufer die Übernahme des gesamten Grundstücks verlangen kann, wenn für ihn das Restgrundstück beim Zugriff lediglich auf eine Teilfläche nicht mehr sinnvoll nutzbar ist (vgl. hierzu Grziwotz, in: Spannowsky/Uechtritz, BauGB, 2009, § 24 Rn. 9 m.w.N.), braucht hier nicht weiter erörtert zu werden, da dies von der Klägerin zu 2) nicht geltend gemacht worden und ein Wegfall der Privatnützigkeit des Restgrundstücks angesichts der Abtrennung lediglich eines Grundstücksstreifens von 1 m Breite auch nicht ersichtlich ist.

23

2. Das Vorkaufsrecht ist auch fehlerfrei ausgeübt worden.

24

a) § 24 Abs.1 Satz 2 BauGB erlaubt die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts im Fall von § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB bereits in der Aufstellungsphase des Bebauungsplanes. Die hierfür genannten Voraussetzungen eines Aufstellungsbeschlusses und des Beginns der öffentlichen Auslegung lagen bei Erlass der Vorkaufsrechtsbescheide am 26. November 2008 vor.

25

Der Aufstellungsbeschluss war am 16. Oktober 2003 gefasst geworden. Der Planentwurf hatte nebst Begründung und landespflegerischem Planungsbeitrag in der Zeit vom 11. September bis 10. Oktober 2006 öffentlich ausgelegen.

26

Dass die Beklagte danach den Entschluss gefasst hatte, eine erneute öffentliche Auslegung durchzuführen, lässt das Vorliegen dieser formalen Voraussetzung für die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts nicht wieder entfallen. Gründe der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit verlangen, den zeitlichen Beginn für die Ausübungsbefugnis eindeutig festzulegen. Dies spricht dafür, auf die im Planaufstellungsverfahren erstmalig durchgeführte öffentliche Auslegung nach § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB abzustellen. Die Änderung oder Ergänzung eines Planentwurfs nach öffentlicher Auslegung und Beteiligung der Träger öffentlicher Belange ist nicht ungewöhnlich und entspricht dem Zweck der Beteiligungsvorschriften. § 4a Abs. 3 Satz 1 BauGB verlangt in diesem Fall eine erneute Auslegung des geänderten Entwurfs. Vor diesem Hintergrund hätte es in § 24 Abs. 1 Satz 2 BauGB einer klarstellenden Regelung bedurft, wenn eine erstmalige öffentliche Anhörung ihre Bedeutung für die Ausübung des Vorkaufsrechts verlieren sollte, sobald die Gemeinde sich zu einer Wiederholung der Anhörung entschließt. Eine solche Klarstellung fehlt im Gesetz. Im Übrigen wird mit dem „Beginn der (erstmaligen) öffentlichen Auslegung“ nur eine von mehreren – auch inhaltlichen – Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts genannt mit der Folge, dass die für eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung maßgebenden Gründe nicht unberücksichtigt bleiben. Betrifft etwa die Planänderung gerade die den Zugriff auf das Grundstück rechtfertigende Festsetzung für einen öffentlichen Nutzungszweck liegt kein „Fall der Nummer 1“ im Sinne von § 24 Abs. 1 Satz 2 BauGB vor, so dass sich die Ausübung des Vorkaufsrechts schon aus diesem Grunde verbietet. Sie wäre dann auch nicht zum Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt (§ 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB).

27

Dieses Verständnis des Merkmals „Beginn der öffentlichen Auslegung“ entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, soweit er den Gesetzgebungsmaterialien zu entnehmen ist. Das in der früheren Regelung des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBauG 1976 vorgesehene gemeindliche Vorkaufsrecht bereits unmittelbar nach Erlass des Aufstellungsbeschlusses war zunächst im BauGB 1987 abgeschafft worden und auch im Entwurf zum BauROG 1998 ursprünglich nicht vorgesehen (vgl. zur Gesetzgebungsgeschichte: Paetow, in: Berliner Kommentar zum BauGB, § 24 Rn. 7; Roos, in: Brügelmann, BauGB, vor § 24, Rn. 4 ff.). Die jetzige Fassung des § 24 Abs. 1 Satz 2 BauGB fand dann auf Anregung des Bundesrats Eingang in das Gesetz, und zwar mit der Begründung, dass den Gemeinden „bereits in einer planungsrechtlich früheren Phase unter erleichterten Bedingungen“ der Zugriff auf Flächen zu ermöglichen sei, die sie später aller Voraussicht nach ohnehin erwerben müssten (vgl. BT-Drucks. 13/6392, S. 108).

28

Dass mit der im September/Oktober 2006 durchgeführten Öffentlichkeitsbeteiligung die öffentliche Auslegung begonnen hat im Sinne von § 24 Abs. 1 Satz 2 BauGB, wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass diese Auslegung den strengen Anforderungen des BauGB 2004 deshalb nicht genügte, weil den ausgelegten Unterlagen ein Umweltbericht nach Maßgabe des § 2a Satz 2 BauGB nicht beigefügt war. Denn auch insofern ist daran festzuhalten, für den zeitlichen Beginn der Ausübungsbefugnis aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit auf eindeutig erkennbare Umstände, also auf den tatsächlichen Beginn der Öffentlichkeitsbeteiligung abzustellen. Lediglich dann, wenn die erste öffentliche Auslegung an solch schweren Mängeln leidet, dass ihr Zweck, eine substantielle Anhörung zu ermöglichen, verfehlt würde, wird man nicht mehr von einem Beginn der öffentlichen Auslegung sprechen können. Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor. Eine substantielle Anhörung setzt eine entsprechende Information über den geplanten Inhalt des Bebauungsplans, seine städtebauliche Rechtfertigung sowie seine Auswirkungen auch auf Natur und Umwelt voraus. Diesen Anforderungen ist hier mit dem ausgelegten Planentwurf und seiner Begründung sowie dem vorgelegten landespflegerischen Planungsbeitrag hinreichend Rechnung getragen.

29

b) Eine materielle Planreife im Sinne der sicheren Prognose, der vorliegende Planentwurf werde gültiges Ortsrecht (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. März 2001 - 7 B 355/01 -, ZfBR 2001, 424; VGH BW, Beschluss vom 19. Mai 2008 - 3 S 2509/07 -, ZfBR 2009, 71, jeweils zu § 33 BauGB), wird in § 24 Abs. 1 Satz 2 BauGB ausdrücklich nicht verlangt. Sie kann auch nicht als ungeschriebene Voraussetzung für die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts angenommen werden (so ausdrücklich: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, 6. Aufl. 2001, Rn. 2944; Jäde, in: Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, 6. Aufl. 2010, § 24 Rn. 8; a.A., allerdings im Zusammenhang mit dem Kriterium der Allgemeinwohlrechtfertigung in § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB: Roos, a.a.O., § 24 Rn. 47a; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 24 Rn. 67a).

30

Schon die formelle Planreife wird nicht verlangt. Denn § 24 Abs. 1 Satz 2 BauGB stellt auf den Beginn der öffentlichen Auslegung ab, wohingegen formelle Planreife erst nach Durchführung der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung angenommen wird (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 BauGB). Ohne formelle Planreife fehlt jedoch eine ausreichende Grundlage für die geforderte sichere Prognose.

31

Darüber hinaus kann der Regelung in § 24 BauGB auch nicht ein allgemeiner Grundsatz entnommen werden, wonach das Planentwurfs-Vorkaufsrecht nur bei materieller Planreife ausgeübt werden darf (so allerdings: Roos, a.a.O.). Im Gegenteil spricht nach Auffassung des Senats gerade der systematische Zusammenhang von § 24 Abs. 1 Satz 2 BauGB gegen eine solche Auslegung. Der Gesetzgeber hat das gemeindliche Vorkaufsrecht an unterschiedliche Tatbestände, insbesondere an gänzlich unterschiedliche Konkretisierungsgrade der Bauleitplanung geknüpft. § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB verlangt einen gültigen Bebauungsplan, § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BauGB eine Bebauungsmöglichkeit nach § 33 BauGB, also das Vorliegen formeller und materieller Planreife. Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB genügt das Vorliegen eines gültigen Flächennutzungsplans, wobei § 24 Abs. 1 Satz 3 BauGB eine weitere Vorverlagerung des Ausübungszeitpunkts in das Verfahren zur Aufstellung des Flächennutzungsplans erlaubt, dann aber nur, wenn nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, dass der künftige Flächennutzungsplan die verlangte Wohnnutzung darstellt. Schließlich lässt § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB ein Vorkaufsrecht auch in einem Umlegungsgebiet entstehen, was einen Umlegungsbeschluss nach § 47 BauGB voraussetzt, der aber wiederum bereits während des Bebauungsplanaufstellungsverfahrens, also im Anschluss an den Aufstellungsbeschluss, gefasst werden kann (§ 47 Abs. 2 Satz 1 BauGB; Schrödter, BauGB, 7. Aufl. 2006, § 24 Rn. 11 [Planreife des Bebauungsplanentwurfs nicht erforderlich]). Angesichts dieser sehr unterschiedlichen Regelungen zur Entstehung und Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts wäre es mit den Grundsätzen systematischer Auslegung nicht vereinbar, in § 24 Abs. 1 Satz 2 BauGB auch ungeachtet des Fehlens einer ausdrücklichen Regelung als ungeschriebene Voraussetzung die materielle Planreife des Bebauungsplanentwurfs zu verlangen.

32

c) Die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Bescheide vom 26. November 2008 ist auch durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt (§ 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB).

33

Im Unterschied zur Enteignung, bei der der Zugriff auf ein Grundstück nur erlaubt ist, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert (§ 87 Abs. 1 BauGB), genügt bei der Ausübung des Vorkaufsrechts bereits die Rechtfertigung durch Gründe des Allgemeinwohls. Die abweichenden Regelungen beruhen auf der unterschiedlichen Intensität des Eingriffs in zivile Rechtspositionen. Im Falle des Vorkaufsrechts erleidet der Verkäufer keinen zwangsweisen Zugriff auf sein Eigentum, vielmehr ist er zu dessen Abgabe freiwillig bereit; allerdings muss er sich gegebenenfalls als Kaufpreis auf den Verkehrswert des Grundstücks verweisen lassen (vgl. § 28 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Für den Käufer äußert sich die privatrechtsgestaltende Wirkung der Vorkaufsrechtsausübung darin, dass sein Anspruch auf Übereignung des Grundstücks nicht mehr erfüllt werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Februar 2000 – 4 B 10.00 –, NVwZ 2000, 1044 und juris, Rn. 5).

34

Die Bejahung der Allgemeinwohlrechtfertigung verlangt eine Interessenabwägung, bei der das gesetzlich anerkannte Erwerbsmotiv der Gemeinde ein solches Gewicht haben muss, dass dahinter das entgegenstehende Interesse der Vertragsparteien an freier Disposition zurückzutreten hat (vgl. OVG RP, Urteil vom 18. Mai 1989 – 1 A 30/87 –, S. 12 d.U.; dazu: BVerwG, Beschluss vom 15. Februar 1990 – 4 B 245.89 –, NJW 1990, 2703 und juris, Rn. 3 und 9 [„überwiegende Vorteile für die Allgemeinheit“]; Stock, a.a.O., § 24 Rn. 63 f.). Soll das gemeindliche Vorkaufsrecht bereits in einem sehr frühen Planungsstadium ausgeübt werden, wird man in der Interessenabwägung nur dann ein Überwiegen der Allgemeinwohlbelange annehmen können, wenn für den von der Gemeinde verfolgten städtebaulichen Zweck eine hinreichende Realisierungschance besteht. Wenn auch im Frühstadium des Planaufstellungsverfahrens („nach Beginn der öffentlichen Auslegung“) noch nicht die sichere Erwartung verlangt werden kann, dass der Bebauungsplanentwurf gültiges Ortsrecht wird (materielle Planreife), so darf umgekehrt die Realisierung des öffentlichen Nutzungszwecks auch nicht gänzlich ausgeschlossen sein.

35

Gemessen daran ist die Ausübung des Vorkaufsrechts im vorliegenden Fall zur Sicherung der beabsichtigten Festsetzung einer öffentlichen Verkehrsfläche auf dem 1 m breiten östlichen Randstreifen der ehemaligen Parzelle-Nr. … durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt.

36

(1) Entgegen der Auffassung der Kläger kann dem Bebauungsplan „I.“ nach Auffassung des Senats die Verwirklichungschance nicht gänzlich abgesprochen werden.

37

Die Planung verfolgt das legitime städtebauliche Ziel, die unbefriedigende Erschließungssituation für die im rückwärtigen Bereich der H.straße entstandene Wohnbebauung auf den Parzellen-Nrn. …, … und … zu verbessern. § 123 Abs. 2 BauGB verpflichtet die Gemeinden, die Erschließungsanlagen entsprechend den Erfordernissen der Bebauung und des Verkehrs herzustellen. Dass der Ausbauzustand der verkehrlichen Anbindung der rückwärtigen Wohnhäuser unzureichend ist, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Verbesserung der Erschließung dient insbesondere die Verbreiterung des östlich des Grundstücks der Klägerin zu 2) verlaufenden Wegs. Die von der Straßenverwaltung im Planaufstellungsverfahren geäußerten Bedenken wegen der unzureichenden Sichtverhältnisse im Einmündungsbereich des ehemaligen Bierkellerwegs in die Hauptstraße erscheinen nicht unüberwindbar. Die aufgezeigten Probleme bestehen bereits heute. Sie würden sich auch unabhängig von dem Bebauungsplan durch die im Bauvorbescheid vom 20. Juni 2003/26. April 2007 zugelassene Bebauung noch verstärken. Ein zusätzlicher Anliegerverkehr allein durch den Bebauungsplan würde lediglich durch die Bebauung der beiden Baugrundstücke im Nordwesten des Plangebiets bewirkt. Dieser allerdings nur geringfügigen planbedingten Erhöhung des Verkehrsaufkommens steht die auf der Grundlage des Bebauungsplans ermöglichte Verbesserung der Verkehrsverhältnisse gegenüber. So erlaubt die Verbreiterung des ehemaligen Bierkellerwegs auf 5 m einen Begegnungsverkehr. Eine Verbesserung der Sichtverhältnisse im Einmündungsbereich wird durch die von der Antragsgegnerin beabsichtigte Anbringung eines Verkehrsspiegels sowie die Verbreiterung des Bürgersteigs an der Nordseite der H.straße zu erwarten sein. Dafür, dass ein den Verkehrsanforderungen gerecht werdender und auch die vorhandene Bebauung schonender Ausbau des ehemaligen Bierkellerwegs technisch unmöglich ist, fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten. Die Sorge der Kläger vor einem unverhältnismäßig hohen Erschließungsaufwand lässt sich dahin deuten, dass auch sie die technische Machbarkeit letztlich nicht bezweifeln.

38

Soweit die Kläger die fehlende Realisierungschance des Planentwurfs mit der Unverhältnismäßigkeit der Erschließungsaufwendungen begründen, fehlt es auch insofern an hinreichenden Anhaltspunkten für ein unüberwindliches Planungshindernis. Allerdings ist die planende Gemeinde im Rahmen der Abwägung gehalten, auch die mit der Planung einhergehenden finanziellen Folgen für die betroffenen Grundstückseigentümer abzuwägen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. September 2002 – 4 BN 39.02 –, BRS 66 Nr. 3 und juris, Rn. 8). Liegen städtebauliche Gründe für die Aufstellung eines Bebauungsplans vor, so wird die Besorgnis einer künftigen Belastung mit Erschließungsbeiträgen im Allgemeinen allerdings nicht so gewichtig sein, dass es dem öffentlichen Interesse an der Aufstellung des Bebauungsplans entgegensteht (vgl. BVerwG, ebenda; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1 Rn. 197).

39

Auch unter dem Aspekt des Entwicklungsgebots (§ 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB) ergibt sich kein endgültiges Planungshindernis. Zwar stellt der Flächennutzungsplan das Plangebiet derzeit als gemischte Baufläche (M) dar, wohingegen im Entwurf des Bebauungsplans ein allgemeines Wohngebiet (WA) festgesetzt ist. Insofern besteht allerdings im Laufe des Planaufstellungsverfahrens noch die Möglichkeit, die beiden Bauleitpläne einander anzupassen.

40

Sind somit keine von vornherein unüberwindlichen Planungshindernisse erkennbar, so überwiegt bei der Abwägung nach § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB das Interesse der Antragsgegnerin, durch die Ausübung des Vorkaufsrechts sich die Möglichkeit zu erhalten, die beabsichtigte planerische Festsetzung einer öffentlichen Verkehrsfläche zu verwirklichen. Da sich der Zugriff auf das Grundstück der Klägerin zu 2) lediglich auf einen Streifen von 1 m Breite beschränkt und eine bauliche Nutzung des Restgrundstücks ohne Weiteres erhalten bleibt, muss das private Interesse der Kläger am Vollzug ihres Grundstückskaufvertrags zurückstehen.

41

(2) Schließlich ist die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts auch nicht durch den positiven Bauvorbescheid zugunsten der Klägerin zu 2) gesperrt.

42

Zunächst teilt der Senat die Auffassung der Kläger und des Verwaltungsgerichts, dass es sich bei dem Bescheid vom 20. Juni 2003 um einen positiven Bauvorbescheid handelt, dessen Wirkung durch Bescheid vom 26. April 2007 bis zum 26. Juli 2011 verlängert worden ist. Zwar entspricht der Wortlaut der Verfügung nicht dem Inhalt eines Bauvorbescheids, bei dem es sich um die teilweise Vorwegnahme des feststellenden Teils einer Baugenehmigung handelt (vgl. OVG RP, Urteil vom 4. Juli 2007 – 8 A 10260/07.OVG –, juris, Rn. 20). Die von der Baugenehmigungsbehörde verwendete Formulierung, für das Bauvorhaben werde die Erteilung einer bauaufsichtlichen Genehmigung „in Aussicht gestellt“, ist jedoch lediglich sprachlich ungenau. Nach dem objektiven Erklärungsinhalt handelt es sich dabei nicht bloß um eine Zusage, die unter dem Vorbehalt der unveränderten Rechtslage stünde (vgl. § 38 Abs. 3 VwVfG). Weil der Antrag der Klägerin zu 2) ausdrücklich eine Bauvoranfrage beinhaltete, hätte die Baugenehmigungsbehörde den Antrag teilweise ablehnen müssen, wenn sie bloß eine Zusage hätte erteilen wollen. Dies war indes ersichtlich nicht gewollt, wofür letztlich auch die Überschrift der Verfügung als „Bauvorbescheid“ spricht.

43

Die Feststellungwirkung des Bescheids vom 20. Juni 2003 erstreckt sich vor dem Hintergrund der Regelung in § 72 Satz 1 Halbsatz 2 LBauO i.V.m. § 66 Abs. 3 LBauO zunächst auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens. Darüber hinaus kann auch eine Abweichungsentscheidung nach § 69 LBauO Gegenstand eines Bauvorbescheids sein. Insofern unterstellt der Senat mit dem Verwaltungsgericht, dass die Behörde stillschweigend eine Abweichung von dem Gebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 LBauO erteilt hat, wonach die Abstandsfläche auf dem Baugrundstück liegen muss.

44

Ein positiver Bauvorbescheid entfaltet im Rahmen seiner Feststellungen Bindungswirkung für das nachfolgende Baugenehmigungsverfahren. Die Baugenehmigung darf aus den im Bauvorbescheid festgestellten Gründen zur baurechtlichen Zulässigkeit des Bauvorhabens nicht versagt werden. Diese Bindungswirkung setzt sich auch gegenüber nachträglichen Rechtsänderungen durch. Dies wird in § 14 Abs. 3 BauGB für den Fall der Veränderungssperre bestätigt, ergibt sich aber letztlich aus der dem Bauvorbescheid bzw. einer Baugenehmigung nach Landesrecht zukommenden Bindungswirkung (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Februar 1984 – 4 C 39.82 –, BVerwGE 69, 1 und juris, Rn. 14).

45

Dies würde im vorliegenden Fall bedeuten, dass die Baugenehmigung für das Vorhaben der Klägerin zu 2) auch bei Inkrafttreten des Bebauungsplans nicht aus den im Bauvorbescheid vom 20. Juni 2003 positiv festgestellten Gründen zur baurechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens versagt werden dürfte.

46

Der Senat teilt allerdings nicht die Auffassung der Kläger und des Verwaltungsgerichts, dass diese dem Bauvorbescheid zukommende Bindungswirkung durch die Zulassung des Vorkaufsrechts unterlaufen würde, was zu einer entsprechenden Begrenzung der Vorkaufsrechtsbefugnis führen müsse. Die Durchsetzungskraft des Bauvorbescheids gegenüber späteren Rechtsänderungen und das Zugriffsrecht der Gemeinde zur Verwirklichung bauplanerischer Festsetzungen bestehen vielmehr unabhängig voneinander; sie überlagern sich, ohne sich auszuschließen. Der Bauvorbescheid betrifft die öffentlich-rechtliche Zulässigkeit eines Bauvorhabens und damit letztlich das Interesse an dessen Verwirklichung und Fortbestand. Das Vorkaufsrecht ermöglicht die Änderung der zivilrechtlichen Eigentumslage. Ohne Ausübung des Vorkaufsrechts würde sich der Bauvorbescheid zugunsten der Klägerin zu 2) auch gegenüber einem bereits in Kraft getretenen Bebauungsplan „I.“ und einer darin festgesetzten Verkehrsfläche auf dem Baugrundstück ohne weiteres durchsetzen. Umgekehrt würde indes auch eine bereits verwirklichte Bebauung auf dem betroffenen Grundstück den Zugriff der Gemeinde zwecks Herstellung plankonformer Zustände nicht grundsätzlich ausschließen, wobei der Zugriff durch Enteignung oder - als milderes Mittel - durch Ausübung des Vorkaufsrechts geschehen könnte. Diese Zugriffsmöglichkeit auch auf einen vorhandenen und aufgrund Baugenehmigung gesicherten Baubestand ist in der Rechtsprechung anerkannt (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 5. Juli 1990 – III ZR 229/89 –, NJW 1991, 293; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 15. Februar 1990, a.a.O., juris Rn. 4). Die Ausübung des Vorkaufsrechts dient hier dazu, nach Erwerb des Grundstücks die der Planung widersprechende Bebauung abzureißen und das Grundstück einer plankonformen Nutzung zuzuführen. Dabei ist es unerheblich, ob der Bebauungsplan bereits erlassen wurde oder sich erst im Planaufstellungsverfahren befindet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Februar 1990, a.a.O. in Verbindung mit dem vorangehenden Urteil des OVG RP vom 18. Mai 1989 – 1 A 30/87 –, S. 12 d.U. [Ausübung des Vorkaufsrechts gem. § 24 Abs. 1 Nr. 2 BBauG 1976 zwecks Abriss des vorhandenen Gebäudes und Herbeiführung einer dem Planentwurf konformen Nutzung]).

47

Verbietet schon ein vorhandener Baubestand nicht grundsätzlich die Ausübung des Vorkaufsrechts, so können aus dem durch Bauvorbescheid oder Baugenehmigung gesicherten Anspruch auf Herstellung eines solchen Bestandes keine weitergehenden Rechte erwachsen.

48

Bezieht sich die Zugriffsmöglichkeit der Gemeinde lediglich auf eine Teilfläche des Grundstücks, so stellt sich allenfalls die Frage, ob der Verkäufer die Übernahme des vollständigen Grundstücks verlangen darf, weil ihm das Restgrundstück eine sinnvolle Nutzung nicht mehr ermöglicht (vgl. hierzu: BGH, a.a.O., juris, Rn. 29 und 33). Diese Frage stellt sich hier aus den oben bereits dargelegten Gründen indes nicht.

49

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

50

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

51

Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache Gelegenheit gibt, die Anforderungen an die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts während des Verfahrens zur Aufstellung eines Bebauungsplanes (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 und Abs. 3 Satz 1 BauGB) rechtsgrundsätzlich zu klären.

52

Beschluss

53

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 5.585,00 € (pro Kläger jeweils die Hälfte des festgelegten Verkehrswertes) festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG).

(1) Der Gemeinde steht ein Vorkaufsrecht zu beim Kauf von Grundstücken

1.
im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, soweit es sich um Flächen handelt, für die nach dem Bebauungsplan eine Nutzung für öffentliche Zwecke oder für Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 festgesetzt ist,
2.
in einem Umlegungsgebiet,
3.
in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet und städtebaulichen Entwicklungsbereich,
4.
im Geltungsbereich einer Satzung zur Sicherung von Durchführungsmaßnahmen des Stadtumbaus und einer Erhaltungssatzung,
5.
im Geltungsbereich eines Flächennutzungsplans, soweit es sich um unbebaute Flächen im Außenbereich handelt, für die nach dem Flächennutzungsplan eine Nutzung als Wohnbaufläche oder Wohngebiet dargestellt ist,
6.
in Gebieten, die nach den §§ 30, 33 oder 34 Absatz 2 vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden können, soweit die Grundstücke unbebaut sind, wobei ein Grundstück auch dann als unbebaut gilt, wenn es lediglich mit einer Einfriedung oder zu erkennbar vorläufigen Zwecken bebaut ist,
7.
in Gebieten, die zum Zweck des vorbeugenden Hochwasserschutzes von Bebauung freizuhalten sind, insbesondere in Überschwemmungsgebieten, sowie
8.
in Gebieten nach den §§ 30, 33 oder 34, wenn
a)
in diesen ein städtebaulicher Missstand im Sinne des § 136 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 3 vorliegt oder
b)
die baulichen Anlagen einen Missstand im Sinne des § 177 Absatz 2 aufweisen
und die Grundstücke dadurch erhebliche nachteilige Auswirkungen auf das soziale oder städtebauliche Umfeld aufweisen, insbesondere durch ihren baulichen Zustand oder ihre der öffentlichen Sicherheit und Ordnung widersprechende Nutzung.
Im Falle der Nummer 1 kann das Vorkaufsrecht bereits nach Beginn der Veröffentlichungsfrist nach § 3 Absatz 2 Satz 1 ausgeübt werden, wenn die Gemeinde einen Beschluss gefasst hat, einen Bebauungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen. Im Falle der Nummer 5 kann das Vorkaufsrecht bereits ausgeübt werden, wenn die Gemeinde einen Beschluss gefasst und ortsüblich bekannt gemacht hat, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen und wenn nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, dass der künftige Flächennutzungsplan eine solche Nutzung darstellen wird.

(2) Das Vorkaufsrecht steht der Gemeinde nicht zu beim Kauf von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz und von Erbbaurechten.

(3) Das Vorkaufsrecht darf nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt. Dem Wohl der Allgemeinheit kann insbesondere die Deckung eines Wohnbedarfs in der Gemeinde dienen. Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts hat die Gemeinde den Verwendungszweck des Grundstücks anzugeben.

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 3.600,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Erteilung eines positiven Bauvorbescheids zur Frage der planungsrechtlichen Zulässigkeit der Erweiterung der Nettonutzfläche seiner Spielhalle (von 108 m² auf 120 m²).

Der Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Erteilung eines positiven Bauvorbescheids mit streitgegenständlichem Bescheid vom 31. Oktober 2013 abgelehnt. Die geplante Spielhalle sei bei einer Erweiterung der Nettonutzfläche auf 120 m² eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte, die nach den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht zulässig sei. Eine Befreiung von den Festsetzungen (§ 31 Abs. 2 BauGB) komme nicht in Betracht, weil diese die Grundzüge der Planung berühre. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid verwiesen.

Das Verwaltungsgericht Augsburg hat die gegen den Bescheid der Beklagten und auf Erteilung des positiven Bauvorbescheids, hilfsweise auf erneute Bescheidung des Antrags, gerichtete Klage mit Urteil vom 26. Juni 2014 abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung macht der Kläger geltend, an der Richtigkeit des Urteils bestünden ernstliche Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Bei der bestehenden Spielhalle – mit einer zuletzt im Jahr 2010 genehmigten Erweiterung der Nettonutzfläche auf 108 m² – handele es sich entgegen der Ansicht der Beklagten bereits um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte. Die beantragte Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans (§ 31 Abs. 2 BauGB) sei vorliegend zu erteilen. Die Grundzüge der Planung würden dadurch nicht berührt. Die Erweiterung der Nettonutzfläche der Spielhalle um 12 m² ändere den bauplanungsrechtlichen Charakter der Spielhalle nicht. Bodenrechtliche Spannungen würden nicht hervorgerufen, zumal vorhandene gewerbliche Einrichtungen bereits auf einen „überregionalen“ Einzugsbereich abzielten. Nachbarbeschwerden bezüglich der Spielhalle habe es in der Vergangenheit nicht gegeben. Auch seien durch deren Betrieb keine sonstigen „Störungen“ bekannt geworden. Ein möglicher „Bezugsfall“ liege in der Erweiterung der Nettonutzfläche nicht, weil im Bereich des Bebauungsplans schon aus glücksspielrechtlichen Gründen keine neue (andere) Spielhalle errichtet werden könne. Im Fall einer Funktionslosigkeit des Bebauungsplanes, welche durch die Zulassung der schon bisher als kerngebietstypische Vergnügungsstätte anzusehenden Spielhalle bereits eingetreten sei, sei die beabsichtigte Erweiterung der Spielhalle auch nach Maßgabe des § 34 BauGB planungsrechtlich zulässig. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Bevollmächtigten des Klägers vom 12. September 2014 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der vom Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund liegt nicht vor.

1. An der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts bestehen keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung eines positiven Bauvorbescheids zur Frage der planungsrechtlichen Zulässigkeit der Erweiterung der Nettonutzfläche seiner Spielhalle (von 108 m² auf 120 m²). Der Senat folgt den ausführlichen Gründen des angefochtenen Urteils und nimmt hierauf Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Lediglich ergänzend ist im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren zu bemerken:

a) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass sich das Bauvorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes befindet, der (u.a.) für das Baugrundstück als Art der baulichen Nutzung ein Mischgebiet (§ 6 BauNVO) festsetzt. Der Bebauungsplan setzt außerdem – auf der Grundlage des § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO – ausdrücklich fest, dass nur in den Teilen des Gebietes, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind, Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO (= nichtkerngebietstypische Vergnügungsstätten) zulässig sind. Zwischen den Parteien ist ferner unstreitig, dass es sich bei der vom Kläger beabsichtigten erweiterten Spielhalle (120 m²), die eine Erhöhung der Anzahl der vorhandenen Geldspielautomaten ermöglicht, um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte handelt. Unstreitig ist schließlich, dass die vom Kläger geplante kerngebietstypische Vergnügungsstätte ihrer Art der baulichen Nutzung nach somit nicht den Festsetzungen des Bebauungsplans entspricht.

b) Entgegen der Ansicht des Klägers kommt eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans (§ 31 Abs. 2 BauGB) vorliegend nicht in Betracht.

Das Verwaltungsgericht hat in seiner angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt, dass die begehrte Befreiung die Grundzüge der Planung berührt und damit die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB für eine Befreiung nicht gegeben sind. In diesem Zusammenhang kommt es – wie das Verwaltungsgericht ebenfalls zu Recht ausführt – nicht darauf an, ob es sich bei der vom Beklagten – zuletzt mit einer Nettonutzfläche von 108 m² – bereits zugelassenen Spielhalle schon um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte handelt oder nicht. Denn nach dem im Bebauungsplan der Beklagten deutlich zum Ausdruck kommenden Planungswillen dürfen im Bebauungsplangebiet – ohnehin beschränkt auf Teile des Gebietes, die bereits überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind – lediglich Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO (= nichtkerngebietstypische Vergnügungsstätten) errichtet werden. Für die Zulassung kerngebietstypischer Vergnügungsstätten ist nach diesem Planungswillen kein Raum. Die vom Kläger beantragte Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans würde demnach dem Planungswillen der Beklagten grundlegend zuwiderlaufen. Der Bauwunsch des Klägers erfordert deshalb eine der Beklagten obliegende Änderung des Bebauungsplans und kann nicht im Rahmen einer einzelfallbezogenen Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans verwirklicht werden (vgl. hierzu z.B. BayVGH, B.v. 17.11.2016 – 15 ZB 15.468 – juris Rn. 9). Auf die Frage, ob andere gewerbliche Einrichtungen im Bebauungsplangebiet bereits auf einen „überregionalen“ Einzugsbereich abzielen oder es Nachbarbeschwerden in Bezug auf die bestehende Spielhalle oder sonstige „Störungen“ durch deren Betrieb gegeben hat, kommt es in diesem Zusammenhang nicht entscheidungserheblich an. Ebenso wenig fällt ins Gewicht, ob sich andere Vergnügungsstätten auf den Betrieb einer (erweiterten) Spielhalle als Bezugsfall berufen könnten oder nicht.

c) Schließlich kann auch von einer vom Kläger behaupteten Funktionslosigkeit des Bebauungsplans keine Rede sein. Das Verwaltungsgericht geht zutreffend davon aus, dass eine bauplanerische Festsetzung erst dann funktionslos wird, wenn die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv und offenkundig abweichen, dass der Bebauungsplan die städtebauliche Gestaltungsfunktion nicht mehr zu erfüllen vermag und dieser Mangel so offenkundig ist, dass ein in die Fortgeltung der Festsetzung gesetztes Vertrauen nicht mehr schutzwürdig ist. Dabei kommt es nicht auf die Verhältnisse der einzelnen Grundstücke an, entscheidend ist vielmehr, ob die jeweilige Festsetzung – weiterhin – geeignet ist, die städtebauliche Ordnung im Geltungsbereich des Bebauungsplans zu steuern (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 12.07.2010 – 15 ZB 09.3214 – juris Rn. 17). Letzteres ist auch dann der Fall, wenn es sich bei der vom Beklagten zugelassenen Spielhalle des Klägers tatsächlich um eine an sich im Bebauungsplangebiet schon nicht mehr zulässige Vergnügungsstätte handeln sollte. Denn jedenfalls einer Erweiterung der vorhandenen Vergnügungsstätte stehen die streitgegenständlichen Festsetzungen des Bebauungsplans auch weiterhin – der Planungskonzeption der Beklagten entsprechend – entgegen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren ergibt sich aus § 47 Abs. 3 und § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.1.2.2 und 9.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der 2013 aktualisierten Fassung (abgedruckt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, Anhang) und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.

3. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass

1.
Vorhaben im Sinne des § 29 nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen;
2.
erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen.

(2) Wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen, kann von der Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden. Die Entscheidung über Ausnahmen trifft die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde.

(3) Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, Vorhaben, von denen die Gemeinde nach Maßgabe des Bauordnungsrechts Kenntnis erlangt hat und mit deren Ausführung vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte begonnen werden dürfen, sowie Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von der Veränderungssperre nicht berührt.

(4) Soweit für Vorhaben im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder im städtebaulichen Entwicklungsbereich eine Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 besteht, sind die Vorschriften über die Veränderungssperre nicht anzuwenden.

(1) Der Verkäufer hat der Gemeinde den Inhalt des Kaufvertrags unverzüglich mitzuteilen; die Mitteilung des Verkäufers wird durch die Mitteilung des Käufers ersetzt. Das Grundbuchamt darf bei Kaufverträgen den Käufer als Eigentümer in das Grundbuch nur eintragen, wenn ihm die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts nachgewiesen ist. Besteht ein Vorkaufsrecht nicht oder wird es nicht ausgeübt, hat die Gemeinde auf Antrag eines Beteiligten darüber unverzüglich ein Zeugnis auszustellen. Das Zeugnis gilt als Verzicht auf die Ausübung des Vorkaufsrechts.

(2) Das Vorkaufsrecht kann nur binnen drei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer ausgeübt werden. Die §§ 463, 464 Absatz 2, §§ 465 bis 468 und 471 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind anzuwenden. Nach Mitteilung des Kaufvertrags ist auf Ersuchen der Gemeinde zur Sicherung ihres Anspruchs auf Übereignung des Grundstücks eine Vormerkung in das Grundbuch einzutragen; die Gemeinde trägt die Kosten der Eintragung der Vormerkung und ihrer Löschung. Das Vorkaufsrecht ist nicht übertragbar. Bei einem Eigentumserwerb auf Grund der Ausübung des Vorkaufsrechts erlöschen rechtsgeschäftliche Vorkaufsrechte. Wird die Gemeinde nach Ausübung des Vorkaufsrechts im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen, kann sie das Grundbuchamt ersuchen, eine zur Sicherung des Übereignungsanspruchs des Käufers im Grundbuch eingetragene Vormerkung zu löschen; sie darf das Ersuchen nur stellen, wenn die Ausübung des Vorkaufsrechts für den Käufer unanfechtbar ist.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 kann die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach dem Verkehrswert des Grundstücks (§ 194) im Zeitpunkt des Kaufes bestimmen, wenn der vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert überschreitet. In diesem Falle ist der Verkäufer berechtigt, bis zum Ablauf eines Monats nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts über die Ausübung des Vorkaufsrechts vom Vertrag zurückzutreten. Auf das Rücktrittsrecht sind die §§ 346 bis 349 und 351 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Tritt der Verkäufer vom Vertrag zurück, trägt die Gemeinde die Kosten des Vertrags auf der Grundlage des Verkehrswerts. Tritt der Verkäufer vom Vertrag nicht zurück, erlischt nach Ablauf der Rücktrittsfrist nach Satz 2 die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist. Führt die Gemeinde das Grundstück nicht innerhalb einer angemessenen Frist dem mit der Ausübung des Vorkaufsrechts verfolgten Zweck zu, hat sie dem Verkäufer einen Betrag in Höhe des Unterschieds zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem Verkehrswert zu zahlen. § 44 Absatz 3 Satz 2 und 3, § 43 Absatz 2 Satz 1 sowie die §§ 121 und 122 sind entsprechend anzuwenden.

(4) In den Fällen des § 24 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bestimmt die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Fünften Teils, wenn der Erwerb des Grundstücks für die Durchführung des Bebauungsplans erforderlich ist und es nach dem festgesetzten Verwendungszweck enteignet werden könnte. Mit der Unanfechtbarkeit des Bescheids über die Ausübung des Vorkaufsrechts erlischt die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist.

(5) Die Gemeinde kann für das Gemeindegebiet oder für sämtliche Grundstücke einer Gemarkung auf die Ausübung der ihr nach diesem Abschnitt zustehenden Rechte verzichten. Sie kann den Verzicht jederzeit für zukünftig abzuschließende Kaufverträge widerrufen. Der Verzicht und sein Widerruf sind ortsüblich bekannt zu machen. Die Gemeinde teilt dem Grundbuchamt den Wortlaut ihrer Erklärung mit. Hat die Gemeinde auf die Ausübung ihrer Rechte verzichtet, bedarf es eines Zeugnisses nach Absatz 1 Satz 3 nicht, soweit nicht ein Widerruf erklärt ist.

(6) Hat die Gemeinde das Vorkaufsrecht ausgeübt und sind einem Dritten dadurch Vermögensnachteile entstanden, hat sie dafür Entschädigung zu leisten, soweit dem Dritten ein vertragliches Recht zum Erwerb des Grundstücks zustand, bevor ein gesetzliches Vorkaufsrecht der Gemeinde auf Grund dieses Gesetzbuchs oder solcher landesrechtlicher Vorschriften, die durch § 186 des Bundesbaugesetzes aufgehoben worden sind, begründet worden ist. Die Vorschriften über die Entschädigung im Zweiten Abschnitt des Fünften Teils sind entsprechend anzuwenden. Kommt eine Einigung über die Entschädigung nicht zustande, entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde.

(1) Die Enteignung ist im einzelnen Fall nur zulässig, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise nicht erreicht werden kann.

(2) Die Enteignung setzt voraus, dass der Antragsteller sich ernsthaft um den freihändigen Erwerb des zu enteignenden Grundstücks zu angemessenen Bedingungen, unter den Voraussetzungen des § 100 Absatz 1 und 3 unter Angebot geeigneten anderen Landes, vergeblich bemüht hat. Der Antragsteller hat glaubhaft zu machen, dass das Grundstück innerhalb angemessener Frist zu dem vorgesehenen Zweck verwendet wird.

(3) Die Enteignung eines Grundstücks zu dem Zweck, es für die bauliche Nutzung vorzubereiten (§ 85 Absatz 1 Nummer 1) oder es der baulichen Nutzung zuzuführen (§ 85 Absatz 1 Nummer 2), darf nur zugunsten der Gemeinde oder eines öffentlichen Bedarfs- oder Erschließungsträgers erfolgen. In den Fällen des § 85 Absatz 1 Nummer 5 kann die Enteignung eines Grundstücks zugunsten eines Bauwilligen verlangt werden, der in der Lage ist, die Baumaßnahmen innerhalb angemessener Frist durchzuführen, und sich hierzu verpflichtet. Soweit im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet die Enteignung zugunsten der Gemeinde zulässig ist, kann sie auch zugunsten eines Sanierungsträgers erfolgen.

(4) Die Zulässigkeit der Enteignung wird durch die Vorschriften des Sechsten Teils des Zweiten Kapitels nicht berührt.

7
Dem Beteiligten zu 4 steht ein Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB zu, weil das streitgegenständliche Teilgrundstück im Bebauungsplan als öffentliche Straßenfläche ausgewiesen ist und die Zweckbestimmung eine - gegebenenfalls auch spätere - Enteignung rechtfertigen würde (vgl. Paetow in: Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., § 28 Rn. 39 f [August 2003]). Deshalb bestimmt sich die Höhe der Entschädigung infolge der Ausübung des Vorkaufrechts nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitt des Fünften Teils des Baugesetzbuches, den §§ 93 ff BauGB.

(1) Der Verkäufer hat der Gemeinde den Inhalt des Kaufvertrags unverzüglich mitzuteilen; die Mitteilung des Verkäufers wird durch die Mitteilung des Käufers ersetzt. Das Grundbuchamt darf bei Kaufverträgen den Käufer als Eigentümer in das Grundbuch nur eintragen, wenn ihm die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts nachgewiesen ist. Besteht ein Vorkaufsrecht nicht oder wird es nicht ausgeübt, hat die Gemeinde auf Antrag eines Beteiligten darüber unverzüglich ein Zeugnis auszustellen. Das Zeugnis gilt als Verzicht auf die Ausübung des Vorkaufsrechts.

(2) Das Vorkaufsrecht kann nur binnen drei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer ausgeübt werden. Die §§ 463, 464 Absatz 2, §§ 465 bis 468 und 471 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind anzuwenden. Nach Mitteilung des Kaufvertrags ist auf Ersuchen der Gemeinde zur Sicherung ihres Anspruchs auf Übereignung des Grundstücks eine Vormerkung in das Grundbuch einzutragen; die Gemeinde trägt die Kosten der Eintragung der Vormerkung und ihrer Löschung. Das Vorkaufsrecht ist nicht übertragbar. Bei einem Eigentumserwerb auf Grund der Ausübung des Vorkaufsrechts erlöschen rechtsgeschäftliche Vorkaufsrechte. Wird die Gemeinde nach Ausübung des Vorkaufsrechts im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen, kann sie das Grundbuchamt ersuchen, eine zur Sicherung des Übereignungsanspruchs des Käufers im Grundbuch eingetragene Vormerkung zu löschen; sie darf das Ersuchen nur stellen, wenn die Ausübung des Vorkaufsrechts für den Käufer unanfechtbar ist.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 kann die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach dem Verkehrswert des Grundstücks (§ 194) im Zeitpunkt des Kaufes bestimmen, wenn der vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert überschreitet. In diesem Falle ist der Verkäufer berechtigt, bis zum Ablauf eines Monats nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts über die Ausübung des Vorkaufsrechts vom Vertrag zurückzutreten. Auf das Rücktrittsrecht sind die §§ 346 bis 349 und 351 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Tritt der Verkäufer vom Vertrag zurück, trägt die Gemeinde die Kosten des Vertrags auf der Grundlage des Verkehrswerts. Tritt der Verkäufer vom Vertrag nicht zurück, erlischt nach Ablauf der Rücktrittsfrist nach Satz 2 die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist. Führt die Gemeinde das Grundstück nicht innerhalb einer angemessenen Frist dem mit der Ausübung des Vorkaufsrechts verfolgten Zweck zu, hat sie dem Verkäufer einen Betrag in Höhe des Unterschieds zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem Verkehrswert zu zahlen. § 44 Absatz 3 Satz 2 und 3, § 43 Absatz 2 Satz 1 sowie die §§ 121 und 122 sind entsprechend anzuwenden.

(4) In den Fällen des § 24 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bestimmt die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Fünften Teils, wenn der Erwerb des Grundstücks für die Durchführung des Bebauungsplans erforderlich ist und es nach dem festgesetzten Verwendungszweck enteignet werden könnte. Mit der Unanfechtbarkeit des Bescheids über die Ausübung des Vorkaufsrechts erlischt die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist.

(5) Die Gemeinde kann für das Gemeindegebiet oder für sämtliche Grundstücke einer Gemarkung auf die Ausübung der ihr nach diesem Abschnitt zustehenden Rechte verzichten. Sie kann den Verzicht jederzeit für zukünftig abzuschließende Kaufverträge widerrufen. Der Verzicht und sein Widerruf sind ortsüblich bekannt zu machen. Die Gemeinde teilt dem Grundbuchamt den Wortlaut ihrer Erklärung mit. Hat die Gemeinde auf die Ausübung ihrer Rechte verzichtet, bedarf es eines Zeugnisses nach Absatz 1 Satz 3 nicht, soweit nicht ein Widerruf erklärt ist.

(6) Hat die Gemeinde das Vorkaufsrecht ausgeübt und sind einem Dritten dadurch Vermögensnachteile entstanden, hat sie dafür Entschädigung zu leisten, soweit dem Dritten ein vertragliches Recht zum Erwerb des Grundstücks zustand, bevor ein gesetzliches Vorkaufsrecht der Gemeinde auf Grund dieses Gesetzbuchs oder solcher landesrechtlicher Vorschriften, die durch § 186 des Bundesbaugesetzes aufgehoben worden sind, begründet worden ist. Die Vorschriften über die Entschädigung im Zweiten Abschnitt des Fünften Teils sind entsprechend anzuwenden. Kommt eine Einigung über die Entschädigung nicht zustande, entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde.

(1) Der Gemeinde steht ein Vorkaufsrecht zu beim Kauf von Grundstücken

1.
im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, soweit es sich um Flächen handelt, für die nach dem Bebauungsplan eine Nutzung für öffentliche Zwecke oder für Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 festgesetzt ist,
2.
in einem Umlegungsgebiet,
3.
in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet und städtebaulichen Entwicklungsbereich,
4.
im Geltungsbereich einer Satzung zur Sicherung von Durchführungsmaßnahmen des Stadtumbaus und einer Erhaltungssatzung,
5.
im Geltungsbereich eines Flächennutzungsplans, soweit es sich um unbebaute Flächen im Außenbereich handelt, für die nach dem Flächennutzungsplan eine Nutzung als Wohnbaufläche oder Wohngebiet dargestellt ist,
6.
in Gebieten, die nach den §§ 30, 33 oder 34 Absatz 2 vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden können, soweit die Grundstücke unbebaut sind, wobei ein Grundstück auch dann als unbebaut gilt, wenn es lediglich mit einer Einfriedung oder zu erkennbar vorläufigen Zwecken bebaut ist,
7.
in Gebieten, die zum Zweck des vorbeugenden Hochwasserschutzes von Bebauung freizuhalten sind, insbesondere in Überschwemmungsgebieten, sowie
8.
in Gebieten nach den §§ 30, 33 oder 34, wenn
a)
in diesen ein städtebaulicher Missstand im Sinne des § 136 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 3 vorliegt oder
b)
die baulichen Anlagen einen Missstand im Sinne des § 177 Absatz 2 aufweisen
und die Grundstücke dadurch erhebliche nachteilige Auswirkungen auf das soziale oder städtebauliche Umfeld aufweisen, insbesondere durch ihren baulichen Zustand oder ihre der öffentlichen Sicherheit und Ordnung widersprechende Nutzung.
Im Falle der Nummer 1 kann das Vorkaufsrecht bereits nach Beginn der Veröffentlichungsfrist nach § 3 Absatz 2 Satz 1 ausgeübt werden, wenn die Gemeinde einen Beschluss gefasst hat, einen Bebauungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen. Im Falle der Nummer 5 kann das Vorkaufsrecht bereits ausgeübt werden, wenn die Gemeinde einen Beschluss gefasst und ortsüblich bekannt gemacht hat, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen und wenn nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, dass der künftige Flächennutzungsplan eine solche Nutzung darstellen wird.

(2) Das Vorkaufsrecht steht der Gemeinde nicht zu beim Kauf von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz und von Erbbaurechten.

(3) Das Vorkaufsrecht darf nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt. Dem Wohl der Allgemeinheit kann insbesondere die Deckung eines Wohnbedarfs in der Gemeinde dienen. Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts hat die Gemeinde den Verwendungszweck des Grundstücks anzugeben.

(1) Der Verkäufer hat der Gemeinde den Inhalt des Kaufvertrags unverzüglich mitzuteilen; die Mitteilung des Verkäufers wird durch die Mitteilung des Käufers ersetzt. Das Grundbuchamt darf bei Kaufverträgen den Käufer als Eigentümer in das Grundbuch nur eintragen, wenn ihm die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts nachgewiesen ist. Besteht ein Vorkaufsrecht nicht oder wird es nicht ausgeübt, hat die Gemeinde auf Antrag eines Beteiligten darüber unverzüglich ein Zeugnis auszustellen. Das Zeugnis gilt als Verzicht auf die Ausübung des Vorkaufsrechts.

(2) Das Vorkaufsrecht kann nur binnen drei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer ausgeübt werden. Die §§ 463, 464 Absatz 2, §§ 465 bis 468 und 471 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind anzuwenden. Nach Mitteilung des Kaufvertrags ist auf Ersuchen der Gemeinde zur Sicherung ihres Anspruchs auf Übereignung des Grundstücks eine Vormerkung in das Grundbuch einzutragen; die Gemeinde trägt die Kosten der Eintragung der Vormerkung und ihrer Löschung. Das Vorkaufsrecht ist nicht übertragbar. Bei einem Eigentumserwerb auf Grund der Ausübung des Vorkaufsrechts erlöschen rechtsgeschäftliche Vorkaufsrechte. Wird die Gemeinde nach Ausübung des Vorkaufsrechts im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen, kann sie das Grundbuchamt ersuchen, eine zur Sicherung des Übereignungsanspruchs des Käufers im Grundbuch eingetragene Vormerkung zu löschen; sie darf das Ersuchen nur stellen, wenn die Ausübung des Vorkaufsrechts für den Käufer unanfechtbar ist.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 kann die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach dem Verkehrswert des Grundstücks (§ 194) im Zeitpunkt des Kaufes bestimmen, wenn der vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert überschreitet. In diesem Falle ist der Verkäufer berechtigt, bis zum Ablauf eines Monats nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts über die Ausübung des Vorkaufsrechts vom Vertrag zurückzutreten. Auf das Rücktrittsrecht sind die §§ 346 bis 349 und 351 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Tritt der Verkäufer vom Vertrag zurück, trägt die Gemeinde die Kosten des Vertrags auf der Grundlage des Verkehrswerts. Tritt der Verkäufer vom Vertrag nicht zurück, erlischt nach Ablauf der Rücktrittsfrist nach Satz 2 die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist. Führt die Gemeinde das Grundstück nicht innerhalb einer angemessenen Frist dem mit der Ausübung des Vorkaufsrechts verfolgten Zweck zu, hat sie dem Verkäufer einen Betrag in Höhe des Unterschieds zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem Verkehrswert zu zahlen. § 44 Absatz 3 Satz 2 und 3, § 43 Absatz 2 Satz 1 sowie die §§ 121 und 122 sind entsprechend anzuwenden.

(4) In den Fällen des § 24 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bestimmt die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Fünften Teils, wenn der Erwerb des Grundstücks für die Durchführung des Bebauungsplans erforderlich ist und es nach dem festgesetzten Verwendungszweck enteignet werden könnte. Mit der Unanfechtbarkeit des Bescheids über die Ausübung des Vorkaufsrechts erlischt die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist.

(5) Die Gemeinde kann für das Gemeindegebiet oder für sämtliche Grundstücke einer Gemarkung auf die Ausübung der ihr nach diesem Abschnitt zustehenden Rechte verzichten. Sie kann den Verzicht jederzeit für zukünftig abzuschließende Kaufverträge widerrufen. Der Verzicht und sein Widerruf sind ortsüblich bekannt zu machen. Die Gemeinde teilt dem Grundbuchamt den Wortlaut ihrer Erklärung mit. Hat die Gemeinde auf die Ausübung ihrer Rechte verzichtet, bedarf es eines Zeugnisses nach Absatz 1 Satz 3 nicht, soweit nicht ein Widerruf erklärt ist.

(6) Hat die Gemeinde das Vorkaufsrecht ausgeübt und sind einem Dritten dadurch Vermögensnachteile entstanden, hat sie dafür Entschädigung zu leisten, soweit dem Dritten ein vertragliches Recht zum Erwerb des Grundstücks zustand, bevor ein gesetzliches Vorkaufsrecht der Gemeinde auf Grund dieses Gesetzbuchs oder solcher landesrechtlicher Vorschriften, die durch § 186 des Bundesbaugesetzes aufgehoben worden sind, begründet worden ist. Die Vorschriften über die Entschädigung im Zweiten Abschnitt des Fünften Teils sind entsprechend anzuwenden. Kommt eine Einigung über die Entschädigung nicht zustande, entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde.

(1) Verwaltungsakte nach dem Vierten und Fünften Teil des Ersten Kapitels sowie nach den §§ 18, 28 Absatz 3, 4 und 6, den §§ 39 bis 44, 126 Absatz 2, § 150 Absatz 2, § 179 Absatz 4, den §§ 181, 209 Absatz 2 oder § 210 Absatz 2 können nur durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung angefochten werden. Satz 1 ist auch anzuwenden auf andere Verwaltungsakte auf Grund dieses Gesetzbuchs, für die die Anwendung des Zweiten Abschnitts des Fünften Teils des Ersten Kapitels vorgeschrieben ist oder die in einem Verfahren nach dem Vierten oder Fünften Teil des Ersten Kapitels erlassen werden, sowie auf Streitigkeiten über die Höhe der Geldentschädigung nach § 190 in Verbindung mit § 88 Nummer 7 und § 89 Absatz 2 des Flurbereinigungsgesetzes. Mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung kann auch die Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsakts oder zu einer sonstigen Leistung sowie eine Feststellung begehrt werden. Über den Antrag entscheidet das Landgericht, Kammer für Baulandsachen.

(2) Der Antrag ist binnen eines Monats seit der Zustellung des Verwaltungsakts bei der Stelle einzureichen, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Ist die ortsübliche Bekanntmachung des Verwaltungsakts vorgeschrieben, so ist der Antrag binnen sechs Wochen seit der Bekanntmachung einzureichen. Hat ein Vorverfahren (§ 212) stattgefunden, so beginnt die in Satz 1 bestimmte Frist mit der Zustellung des Bescheids, der das Vorverfahren beendet hat.

(3) Der Antrag muss den Verwaltungsakt bezeichnen, gegen den er sich richtet. Er soll die Erklärung, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten wird, und einen bestimmten Antrag enthalten. Er soll die Gründe sowie die Tatsachen und Beweismittel angeben, die zur Rechtfertigung des Antrags dienen.

(4) Die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen hat, hat den Antrag mit ihren Akten unverzüglich dem zuständigen Landgericht vorzulegen. Ist das Verfahren vor der Stelle noch nicht abgeschlossen, so sind statt der Akten Abschriften der bedeutsamen Aktenstücke vorzulegen.

Tenor

Die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Verweisungsbeschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 07.08.2012 wird zurückgewiesen.

Die Anschlussbeschwerde des Klägers wird verworfen.

Die Beigeladene und der Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte.

Die weitere Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen.

Gründe

1

Die Beigeladene wendet sich mit der Beschwerde und der Kläger mit seiner Anschlussbeschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts, mit dem das Klageverfahren gegen den Bescheid des Beklagten über die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts zu dem zwischen dem Kläger und der Beigeladenen geschlossenen Grundstückskaufvertrag an die Kammer für Baulandsachen bei dem Landgericht verwiesen worden ist.

2

Die Beschwerde der Beigeladenen ist nach § 17a Abs. 4 S. 4 GVG i.V.m. § 146 VwGO statthaft und im Übrigen zulässig. Die Anschlussbeschwerde des Klägers erweist sich hingegen als unstatthaft. Zwar ist eine Anschlussbeschwerde in entsprechender Anwendung von § 127 VwGO grundsätzlich möglich (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl., § 146 Rn. 46). Sie muss jedoch als Anschlussrechtmittel gegen die Beschwerde gerichtet sein; ein bloßer Beitritt ist nicht vorgesehen (vgl. Beschluss des Senats vom 01.10.2004 – 3 M 268/04 -, NordÖR 2005, 27). Beschwerdegegner ist hier der Beklagte; der Kläger steht im Lager der Beigeladenen und Beschwerdeführerin. Als eigenständige Beschwerde ist die Beschwerde des Klägers unzulässig, da sie nicht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 147 VwGO erhoben wurde. Der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 07.08.2013 ist dem Klägerbevollmächtigten am 16.08.2012 zugegangen, so dass dessen Beschwerde(begründungs)schrift vom 02.10.2012, eingegangen bei Gericht per Fax am gleichen Tage, die Frist nicht zu wahren vermochte.

3

Die Beschwerde der Beigeladenen hat keinen Erfolg. Entgegen der Auffassung der Beschwerde hat der Beklagte in dem Bescheid über die Ausübung der Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 und 3 BauGB an den Kläger vom 05.01.2010 hinreichend deutlich gemacht, dass er das Vorkaufsrecht gem. § 28 Abs. 3 BauGB abweichend von dem im Grundstückskaufvertrag vom 20.07.2009 zwischen dem Kläger und der Beigeladenen vereinbarten Kaufpreis von 35.000,- € ausübt. Auch wenn in dem Bescheid ein Kaufpreis von 4.815,- € lediglich „angeboten“ wird, ergibt sich nach Auffassung des Senats hinreichend deutlich, dass es sich hierbei um die nach § 28 Abs. 3 BauGB vorgesehene Bestimmung des Kaufpreises durch die Gemeinde handelt, der sich nach einem Preis von 5,- € pro Quadratmeter nach dem Verkehrsflächenbereinigungsgesetz richten soll. Da das Vorkaufsrecht gem. § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB gegenüber dem Verkäufer (hier dem Kläger) auszuüben ist, ist es unschädlich, dass diese Angaben im Bescheid an die Beigeladene vom 05.01.2010 fehlen.

4

Hat der Beklagte damit sein Vorkaufsrecht nach § 28 Abs. 3 BauGB ausgeübt, ist die Kammer für Baulandsachen gem. § 217 Abs. 1 S. 1 BauGB sachlich zuständig. Dies gilt auch dann, wenn mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 217 Abs. 1 lediglich Einwendungen gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts dem Grunde nach erhoben werden (vgl. OLG Hamburg, B. v. 05.07.2011 – 1 BaulW 2/01, OLGR Hamburg 2011, 479, auch in juris; Kalb in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 217 Rn. 15b).

5

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 VwGO. Der Festsetzung eines Streitwertes bedarf es wegen des alleinigen Anfalls einer Pauschalgebühr nach Nr. 5502 der Anlage 1 zum GKG nicht.

6

Gründe, die weitere Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht gem. § 17a Abs. 4 S. 4 und 5 GVG zuzulassen, bestehen nicht.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Der Verkäufer hat der Gemeinde den Inhalt des Kaufvertrags unverzüglich mitzuteilen; die Mitteilung des Verkäufers wird durch die Mitteilung des Käufers ersetzt. Das Grundbuchamt darf bei Kaufverträgen den Käufer als Eigentümer in das Grundbuch nur eintragen, wenn ihm die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts nachgewiesen ist. Besteht ein Vorkaufsrecht nicht oder wird es nicht ausgeübt, hat die Gemeinde auf Antrag eines Beteiligten darüber unverzüglich ein Zeugnis auszustellen. Das Zeugnis gilt als Verzicht auf die Ausübung des Vorkaufsrechts.

(2) Das Vorkaufsrecht kann nur binnen drei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer ausgeübt werden. Die §§ 463, 464 Absatz 2, §§ 465 bis 468 und 471 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind anzuwenden. Nach Mitteilung des Kaufvertrags ist auf Ersuchen der Gemeinde zur Sicherung ihres Anspruchs auf Übereignung des Grundstücks eine Vormerkung in das Grundbuch einzutragen; die Gemeinde trägt die Kosten der Eintragung der Vormerkung und ihrer Löschung. Das Vorkaufsrecht ist nicht übertragbar. Bei einem Eigentumserwerb auf Grund der Ausübung des Vorkaufsrechts erlöschen rechtsgeschäftliche Vorkaufsrechte. Wird die Gemeinde nach Ausübung des Vorkaufsrechts im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen, kann sie das Grundbuchamt ersuchen, eine zur Sicherung des Übereignungsanspruchs des Käufers im Grundbuch eingetragene Vormerkung zu löschen; sie darf das Ersuchen nur stellen, wenn die Ausübung des Vorkaufsrechts für den Käufer unanfechtbar ist.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 kann die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach dem Verkehrswert des Grundstücks (§ 194) im Zeitpunkt des Kaufes bestimmen, wenn der vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert überschreitet. In diesem Falle ist der Verkäufer berechtigt, bis zum Ablauf eines Monats nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts über die Ausübung des Vorkaufsrechts vom Vertrag zurückzutreten. Auf das Rücktrittsrecht sind die §§ 346 bis 349 und 351 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Tritt der Verkäufer vom Vertrag zurück, trägt die Gemeinde die Kosten des Vertrags auf der Grundlage des Verkehrswerts. Tritt der Verkäufer vom Vertrag nicht zurück, erlischt nach Ablauf der Rücktrittsfrist nach Satz 2 die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist. Führt die Gemeinde das Grundstück nicht innerhalb einer angemessenen Frist dem mit der Ausübung des Vorkaufsrechts verfolgten Zweck zu, hat sie dem Verkäufer einen Betrag in Höhe des Unterschieds zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem Verkehrswert zu zahlen. § 44 Absatz 3 Satz 2 und 3, § 43 Absatz 2 Satz 1 sowie die §§ 121 und 122 sind entsprechend anzuwenden.

(4) In den Fällen des § 24 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bestimmt die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Fünften Teils, wenn der Erwerb des Grundstücks für die Durchführung des Bebauungsplans erforderlich ist und es nach dem festgesetzten Verwendungszweck enteignet werden könnte. Mit der Unanfechtbarkeit des Bescheids über die Ausübung des Vorkaufsrechts erlischt die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist.

(5) Die Gemeinde kann für das Gemeindegebiet oder für sämtliche Grundstücke einer Gemarkung auf die Ausübung der ihr nach diesem Abschnitt zustehenden Rechte verzichten. Sie kann den Verzicht jederzeit für zukünftig abzuschließende Kaufverträge widerrufen. Der Verzicht und sein Widerruf sind ortsüblich bekannt zu machen. Die Gemeinde teilt dem Grundbuchamt den Wortlaut ihrer Erklärung mit. Hat die Gemeinde auf die Ausübung ihrer Rechte verzichtet, bedarf es eines Zeugnisses nach Absatz 1 Satz 3 nicht, soweit nicht ein Widerruf erklärt ist.

(6) Hat die Gemeinde das Vorkaufsrecht ausgeübt und sind einem Dritten dadurch Vermögensnachteile entstanden, hat sie dafür Entschädigung zu leisten, soweit dem Dritten ein vertragliches Recht zum Erwerb des Grundstücks zustand, bevor ein gesetzliches Vorkaufsrecht der Gemeinde auf Grund dieses Gesetzbuchs oder solcher landesrechtlicher Vorschriften, die durch § 186 des Bundesbaugesetzes aufgehoben worden sind, begründet worden ist. Die Vorschriften über die Entschädigung im Zweiten Abschnitt des Fünften Teils sind entsprechend anzuwenden. Kommt eine Einigung über die Entschädigung nicht zustande, entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde.

(1) Der Gemeinde steht ein Vorkaufsrecht zu beim Kauf von Grundstücken

1.
im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, soweit es sich um Flächen handelt, für die nach dem Bebauungsplan eine Nutzung für öffentliche Zwecke oder für Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 festgesetzt ist,
2.
in einem Umlegungsgebiet,
3.
in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet und städtebaulichen Entwicklungsbereich,
4.
im Geltungsbereich einer Satzung zur Sicherung von Durchführungsmaßnahmen des Stadtumbaus und einer Erhaltungssatzung,
5.
im Geltungsbereich eines Flächennutzungsplans, soweit es sich um unbebaute Flächen im Außenbereich handelt, für die nach dem Flächennutzungsplan eine Nutzung als Wohnbaufläche oder Wohngebiet dargestellt ist,
6.
in Gebieten, die nach den §§ 30, 33 oder 34 Absatz 2 vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden können, soweit die Grundstücke unbebaut sind, wobei ein Grundstück auch dann als unbebaut gilt, wenn es lediglich mit einer Einfriedung oder zu erkennbar vorläufigen Zwecken bebaut ist,
7.
in Gebieten, die zum Zweck des vorbeugenden Hochwasserschutzes von Bebauung freizuhalten sind, insbesondere in Überschwemmungsgebieten, sowie
8.
in Gebieten nach den §§ 30, 33 oder 34, wenn
a)
in diesen ein städtebaulicher Missstand im Sinne des § 136 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 3 vorliegt oder
b)
die baulichen Anlagen einen Missstand im Sinne des § 177 Absatz 2 aufweisen
und die Grundstücke dadurch erhebliche nachteilige Auswirkungen auf das soziale oder städtebauliche Umfeld aufweisen, insbesondere durch ihren baulichen Zustand oder ihre der öffentlichen Sicherheit und Ordnung widersprechende Nutzung.
Im Falle der Nummer 1 kann das Vorkaufsrecht bereits nach Beginn der Veröffentlichungsfrist nach § 3 Absatz 2 Satz 1 ausgeübt werden, wenn die Gemeinde einen Beschluss gefasst hat, einen Bebauungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen. Im Falle der Nummer 5 kann das Vorkaufsrecht bereits ausgeübt werden, wenn die Gemeinde einen Beschluss gefasst und ortsüblich bekannt gemacht hat, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen und wenn nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, dass der künftige Flächennutzungsplan eine solche Nutzung darstellen wird.

(2) Das Vorkaufsrecht steht der Gemeinde nicht zu beim Kauf von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz und von Erbbaurechten.

(3) Das Vorkaufsrecht darf nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt. Dem Wohl der Allgemeinheit kann insbesondere die Deckung eines Wohnbedarfs in der Gemeinde dienen. Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts hat die Gemeinde den Verwendungszweck des Grundstücks anzugeben.

(1) Die Enteignung ist im einzelnen Fall nur zulässig, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise nicht erreicht werden kann.

(2) Die Enteignung setzt voraus, dass der Antragsteller sich ernsthaft um den freihändigen Erwerb des zu enteignenden Grundstücks zu angemessenen Bedingungen, unter den Voraussetzungen des § 100 Absatz 1 und 3 unter Angebot geeigneten anderen Landes, vergeblich bemüht hat. Der Antragsteller hat glaubhaft zu machen, dass das Grundstück innerhalb angemessener Frist zu dem vorgesehenen Zweck verwendet wird.

(3) Die Enteignung eines Grundstücks zu dem Zweck, es für die bauliche Nutzung vorzubereiten (§ 85 Absatz 1 Nummer 1) oder es der baulichen Nutzung zuzuführen (§ 85 Absatz 1 Nummer 2), darf nur zugunsten der Gemeinde oder eines öffentlichen Bedarfs- oder Erschließungsträgers erfolgen. In den Fällen des § 85 Absatz 1 Nummer 5 kann die Enteignung eines Grundstücks zugunsten eines Bauwilligen verlangt werden, der in der Lage ist, die Baumaßnahmen innerhalb angemessener Frist durchzuführen, und sich hierzu verpflichtet. Soweit im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet die Enteignung zugunsten der Gemeinde zulässig ist, kann sie auch zugunsten eines Sanierungsträgers erfolgen.

(4) Die Zulässigkeit der Enteignung wird durch die Vorschriften des Sechsten Teils des Zweiten Kapitels nicht berührt.

(1) Der Gemeinde steht ein Vorkaufsrecht zu beim Kauf von Grundstücken

1.
im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, soweit es sich um Flächen handelt, für die nach dem Bebauungsplan eine Nutzung für öffentliche Zwecke oder für Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 festgesetzt ist,
2.
in einem Umlegungsgebiet,
3.
in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet und städtebaulichen Entwicklungsbereich,
4.
im Geltungsbereich einer Satzung zur Sicherung von Durchführungsmaßnahmen des Stadtumbaus und einer Erhaltungssatzung,
5.
im Geltungsbereich eines Flächennutzungsplans, soweit es sich um unbebaute Flächen im Außenbereich handelt, für die nach dem Flächennutzungsplan eine Nutzung als Wohnbaufläche oder Wohngebiet dargestellt ist,
6.
in Gebieten, die nach den §§ 30, 33 oder 34 Absatz 2 vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden können, soweit die Grundstücke unbebaut sind, wobei ein Grundstück auch dann als unbebaut gilt, wenn es lediglich mit einer Einfriedung oder zu erkennbar vorläufigen Zwecken bebaut ist,
7.
in Gebieten, die zum Zweck des vorbeugenden Hochwasserschutzes von Bebauung freizuhalten sind, insbesondere in Überschwemmungsgebieten, sowie
8.
in Gebieten nach den §§ 30, 33 oder 34, wenn
a)
in diesen ein städtebaulicher Missstand im Sinne des § 136 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 3 vorliegt oder
b)
die baulichen Anlagen einen Missstand im Sinne des § 177 Absatz 2 aufweisen
und die Grundstücke dadurch erhebliche nachteilige Auswirkungen auf das soziale oder städtebauliche Umfeld aufweisen, insbesondere durch ihren baulichen Zustand oder ihre der öffentlichen Sicherheit und Ordnung widersprechende Nutzung.
Im Falle der Nummer 1 kann das Vorkaufsrecht bereits nach Beginn der Veröffentlichungsfrist nach § 3 Absatz 2 Satz 1 ausgeübt werden, wenn die Gemeinde einen Beschluss gefasst hat, einen Bebauungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen. Im Falle der Nummer 5 kann das Vorkaufsrecht bereits ausgeübt werden, wenn die Gemeinde einen Beschluss gefasst und ortsüblich bekannt gemacht hat, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen und wenn nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, dass der künftige Flächennutzungsplan eine solche Nutzung darstellen wird.

(2) Das Vorkaufsrecht steht der Gemeinde nicht zu beim Kauf von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz und von Erbbaurechten.

(3) Das Vorkaufsrecht darf nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt. Dem Wohl der Allgemeinheit kann insbesondere die Deckung eines Wohnbedarfs in der Gemeinde dienen. Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts hat die Gemeinde den Verwendungszweck des Grundstücks anzugeben.

(1) Der Verkäufer hat der Gemeinde den Inhalt des Kaufvertrags unverzüglich mitzuteilen; die Mitteilung des Verkäufers wird durch die Mitteilung des Käufers ersetzt. Das Grundbuchamt darf bei Kaufverträgen den Käufer als Eigentümer in das Grundbuch nur eintragen, wenn ihm die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts nachgewiesen ist. Besteht ein Vorkaufsrecht nicht oder wird es nicht ausgeübt, hat die Gemeinde auf Antrag eines Beteiligten darüber unverzüglich ein Zeugnis auszustellen. Das Zeugnis gilt als Verzicht auf die Ausübung des Vorkaufsrechts.

(2) Das Vorkaufsrecht kann nur binnen drei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer ausgeübt werden. Die §§ 463, 464 Absatz 2, §§ 465 bis 468 und 471 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind anzuwenden. Nach Mitteilung des Kaufvertrags ist auf Ersuchen der Gemeinde zur Sicherung ihres Anspruchs auf Übereignung des Grundstücks eine Vormerkung in das Grundbuch einzutragen; die Gemeinde trägt die Kosten der Eintragung der Vormerkung und ihrer Löschung. Das Vorkaufsrecht ist nicht übertragbar. Bei einem Eigentumserwerb auf Grund der Ausübung des Vorkaufsrechts erlöschen rechtsgeschäftliche Vorkaufsrechte. Wird die Gemeinde nach Ausübung des Vorkaufsrechts im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen, kann sie das Grundbuchamt ersuchen, eine zur Sicherung des Übereignungsanspruchs des Käufers im Grundbuch eingetragene Vormerkung zu löschen; sie darf das Ersuchen nur stellen, wenn die Ausübung des Vorkaufsrechts für den Käufer unanfechtbar ist.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 kann die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach dem Verkehrswert des Grundstücks (§ 194) im Zeitpunkt des Kaufes bestimmen, wenn der vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert überschreitet. In diesem Falle ist der Verkäufer berechtigt, bis zum Ablauf eines Monats nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts über die Ausübung des Vorkaufsrechts vom Vertrag zurückzutreten. Auf das Rücktrittsrecht sind die §§ 346 bis 349 und 351 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Tritt der Verkäufer vom Vertrag zurück, trägt die Gemeinde die Kosten des Vertrags auf der Grundlage des Verkehrswerts. Tritt der Verkäufer vom Vertrag nicht zurück, erlischt nach Ablauf der Rücktrittsfrist nach Satz 2 die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist. Führt die Gemeinde das Grundstück nicht innerhalb einer angemessenen Frist dem mit der Ausübung des Vorkaufsrechts verfolgten Zweck zu, hat sie dem Verkäufer einen Betrag in Höhe des Unterschieds zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem Verkehrswert zu zahlen. § 44 Absatz 3 Satz 2 und 3, § 43 Absatz 2 Satz 1 sowie die §§ 121 und 122 sind entsprechend anzuwenden.

(4) In den Fällen des § 24 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bestimmt die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Fünften Teils, wenn der Erwerb des Grundstücks für die Durchführung des Bebauungsplans erforderlich ist und es nach dem festgesetzten Verwendungszweck enteignet werden könnte. Mit der Unanfechtbarkeit des Bescheids über die Ausübung des Vorkaufsrechts erlischt die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist.

(5) Die Gemeinde kann für das Gemeindegebiet oder für sämtliche Grundstücke einer Gemarkung auf die Ausübung der ihr nach diesem Abschnitt zustehenden Rechte verzichten. Sie kann den Verzicht jederzeit für zukünftig abzuschließende Kaufverträge widerrufen. Der Verzicht und sein Widerruf sind ortsüblich bekannt zu machen. Die Gemeinde teilt dem Grundbuchamt den Wortlaut ihrer Erklärung mit. Hat die Gemeinde auf die Ausübung ihrer Rechte verzichtet, bedarf es eines Zeugnisses nach Absatz 1 Satz 3 nicht, soweit nicht ein Widerruf erklärt ist.

(6) Hat die Gemeinde das Vorkaufsrecht ausgeübt und sind einem Dritten dadurch Vermögensnachteile entstanden, hat sie dafür Entschädigung zu leisten, soweit dem Dritten ein vertragliches Recht zum Erwerb des Grundstücks zustand, bevor ein gesetzliches Vorkaufsrecht der Gemeinde auf Grund dieses Gesetzbuchs oder solcher landesrechtlicher Vorschriften, die durch § 186 des Bundesbaugesetzes aufgehoben worden sind, begründet worden ist. Die Vorschriften über die Entschädigung im Zweiten Abschnitt des Fünften Teils sind entsprechend anzuwenden. Kommt eine Einigung über die Entschädigung nicht zustande, entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde.

(1) Der Gemeinde steht ein Vorkaufsrecht zu beim Kauf von Grundstücken

1.
im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, soweit es sich um Flächen handelt, für die nach dem Bebauungsplan eine Nutzung für öffentliche Zwecke oder für Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 festgesetzt ist,
2.
in einem Umlegungsgebiet,
3.
in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet und städtebaulichen Entwicklungsbereich,
4.
im Geltungsbereich einer Satzung zur Sicherung von Durchführungsmaßnahmen des Stadtumbaus und einer Erhaltungssatzung,
5.
im Geltungsbereich eines Flächennutzungsplans, soweit es sich um unbebaute Flächen im Außenbereich handelt, für die nach dem Flächennutzungsplan eine Nutzung als Wohnbaufläche oder Wohngebiet dargestellt ist,
6.
in Gebieten, die nach den §§ 30, 33 oder 34 Absatz 2 vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden können, soweit die Grundstücke unbebaut sind, wobei ein Grundstück auch dann als unbebaut gilt, wenn es lediglich mit einer Einfriedung oder zu erkennbar vorläufigen Zwecken bebaut ist,
7.
in Gebieten, die zum Zweck des vorbeugenden Hochwasserschutzes von Bebauung freizuhalten sind, insbesondere in Überschwemmungsgebieten, sowie
8.
in Gebieten nach den §§ 30, 33 oder 34, wenn
a)
in diesen ein städtebaulicher Missstand im Sinne des § 136 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 3 vorliegt oder
b)
die baulichen Anlagen einen Missstand im Sinne des § 177 Absatz 2 aufweisen
und die Grundstücke dadurch erhebliche nachteilige Auswirkungen auf das soziale oder städtebauliche Umfeld aufweisen, insbesondere durch ihren baulichen Zustand oder ihre der öffentlichen Sicherheit und Ordnung widersprechende Nutzung.
Im Falle der Nummer 1 kann das Vorkaufsrecht bereits nach Beginn der Veröffentlichungsfrist nach § 3 Absatz 2 Satz 1 ausgeübt werden, wenn die Gemeinde einen Beschluss gefasst hat, einen Bebauungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen. Im Falle der Nummer 5 kann das Vorkaufsrecht bereits ausgeübt werden, wenn die Gemeinde einen Beschluss gefasst und ortsüblich bekannt gemacht hat, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen und wenn nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, dass der künftige Flächennutzungsplan eine solche Nutzung darstellen wird.

(2) Das Vorkaufsrecht steht der Gemeinde nicht zu beim Kauf von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz und von Erbbaurechten.

(3) Das Vorkaufsrecht darf nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt. Dem Wohl der Allgemeinheit kann insbesondere die Deckung eines Wohnbedarfs in der Gemeinde dienen. Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts hat die Gemeinde den Verwendungszweck des Grundstücks anzugeben.

(1) Der Verkäufer hat der Gemeinde den Inhalt des Kaufvertrags unverzüglich mitzuteilen; die Mitteilung des Verkäufers wird durch die Mitteilung des Käufers ersetzt. Das Grundbuchamt darf bei Kaufverträgen den Käufer als Eigentümer in das Grundbuch nur eintragen, wenn ihm die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts nachgewiesen ist. Besteht ein Vorkaufsrecht nicht oder wird es nicht ausgeübt, hat die Gemeinde auf Antrag eines Beteiligten darüber unverzüglich ein Zeugnis auszustellen. Das Zeugnis gilt als Verzicht auf die Ausübung des Vorkaufsrechts.

(2) Das Vorkaufsrecht kann nur binnen drei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer ausgeübt werden. Die §§ 463, 464 Absatz 2, §§ 465 bis 468 und 471 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind anzuwenden. Nach Mitteilung des Kaufvertrags ist auf Ersuchen der Gemeinde zur Sicherung ihres Anspruchs auf Übereignung des Grundstücks eine Vormerkung in das Grundbuch einzutragen; die Gemeinde trägt die Kosten der Eintragung der Vormerkung und ihrer Löschung. Das Vorkaufsrecht ist nicht übertragbar. Bei einem Eigentumserwerb auf Grund der Ausübung des Vorkaufsrechts erlöschen rechtsgeschäftliche Vorkaufsrechte. Wird die Gemeinde nach Ausübung des Vorkaufsrechts im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen, kann sie das Grundbuchamt ersuchen, eine zur Sicherung des Übereignungsanspruchs des Käufers im Grundbuch eingetragene Vormerkung zu löschen; sie darf das Ersuchen nur stellen, wenn die Ausübung des Vorkaufsrechts für den Käufer unanfechtbar ist.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 kann die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach dem Verkehrswert des Grundstücks (§ 194) im Zeitpunkt des Kaufes bestimmen, wenn der vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert überschreitet. In diesem Falle ist der Verkäufer berechtigt, bis zum Ablauf eines Monats nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts über die Ausübung des Vorkaufsrechts vom Vertrag zurückzutreten. Auf das Rücktrittsrecht sind die §§ 346 bis 349 und 351 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Tritt der Verkäufer vom Vertrag zurück, trägt die Gemeinde die Kosten des Vertrags auf der Grundlage des Verkehrswerts. Tritt der Verkäufer vom Vertrag nicht zurück, erlischt nach Ablauf der Rücktrittsfrist nach Satz 2 die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist. Führt die Gemeinde das Grundstück nicht innerhalb einer angemessenen Frist dem mit der Ausübung des Vorkaufsrechts verfolgten Zweck zu, hat sie dem Verkäufer einen Betrag in Höhe des Unterschieds zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem Verkehrswert zu zahlen. § 44 Absatz 3 Satz 2 und 3, § 43 Absatz 2 Satz 1 sowie die §§ 121 und 122 sind entsprechend anzuwenden.

(4) In den Fällen des § 24 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bestimmt die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Fünften Teils, wenn der Erwerb des Grundstücks für die Durchführung des Bebauungsplans erforderlich ist und es nach dem festgesetzten Verwendungszweck enteignet werden könnte. Mit der Unanfechtbarkeit des Bescheids über die Ausübung des Vorkaufsrechts erlischt die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist.

(5) Die Gemeinde kann für das Gemeindegebiet oder für sämtliche Grundstücke einer Gemarkung auf die Ausübung der ihr nach diesem Abschnitt zustehenden Rechte verzichten. Sie kann den Verzicht jederzeit für zukünftig abzuschließende Kaufverträge widerrufen. Der Verzicht und sein Widerruf sind ortsüblich bekannt zu machen. Die Gemeinde teilt dem Grundbuchamt den Wortlaut ihrer Erklärung mit. Hat die Gemeinde auf die Ausübung ihrer Rechte verzichtet, bedarf es eines Zeugnisses nach Absatz 1 Satz 3 nicht, soweit nicht ein Widerruf erklärt ist.

(6) Hat die Gemeinde das Vorkaufsrecht ausgeübt und sind einem Dritten dadurch Vermögensnachteile entstanden, hat sie dafür Entschädigung zu leisten, soweit dem Dritten ein vertragliches Recht zum Erwerb des Grundstücks zustand, bevor ein gesetzliches Vorkaufsrecht der Gemeinde auf Grund dieses Gesetzbuchs oder solcher landesrechtlicher Vorschriften, die durch § 186 des Bundesbaugesetzes aufgehoben worden sind, begründet worden ist. Die Vorschriften über die Entschädigung im Zweiten Abschnitt des Fünften Teils sind entsprechend anzuwenden. Kommt eine Einigung über die Entschädigung nicht zustande, entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde.

(1) Der Gemeinde steht ein Vorkaufsrecht zu beim Kauf von Grundstücken

1.
im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, soweit es sich um Flächen handelt, für die nach dem Bebauungsplan eine Nutzung für öffentliche Zwecke oder für Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 festgesetzt ist,
2.
in einem Umlegungsgebiet,
3.
in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet und städtebaulichen Entwicklungsbereich,
4.
im Geltungsbereich einer Satzung zur Sicherung von Durchführungsmaßnahmen des Stadtumbaus und einer Erhaltungssatzung,
5.
im Geltungsbereich eines Flächennutzungsplans, soweit es sich um unbebaute Flächen im Außenbereich handelt, für die nach dem Flächennutzungsplan eine Nutzung als Wohnbaufläche oder Wohngebiet dargestellt ist,
6.
in Gebieten, die nach den §§ 30, 33 oder 34 Absatz 2 vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden können, soweit die Grundstücke unbebaut sind, wobei ein Grundstück auch dann als unbebaut gilt, wenn es lediglich mit einer Einfriedung oder zu erkennbar vorläufigen Zwecken bebaut ist,
7.
in Gebieten, die zum Zweck des vorbeugenden Hochwasserschutzes von Bebauung freizuhalten sind, insbesondere in Überschwemmungsgebieten, sowie
8.
in Gebieten nach den §§ 30, 33 oder 34, wenn
a)
in diesen ein städtebaulicher Missstand im Sinne des § 136 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 3 vorliegt oder
b)
die baulichen Anlagen einen Missstand im Sinne des § 177 Absatz 2 aufweisen
und die Grundstücke dadurch erhebliche nachteilige Auswirkungen auf das soziale oder städtebauliche Umfeld aufweisen, insbesondere durch ihren baulichen Zustand oder ihre der öffentlichen Sicherheit und Ordnung widersprechende Nutzung.
Im Falle der Nummer 1 kann das Vorkaufsrecht bereits nach Beginn der Veröffentlichungsfrist nach § 3 Absatz 2 Satz 1 ausgeübt werden, wenn die Gemeinde einen Beschluss gefasst hat, einen Bebauungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen. Im Falle der Nummer 5 kann das Vorkaufsrecht bereits ausgeübt werden, wenn die Gemeinde einen Beschluss gefasst und ortsüblich bekannt gemacht hat, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen und wenn nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, dass der künftige Flächennutzungsplan eine solche Nutzung darstellen wird.

(2) Das Vorkaufsrecht steht der Gemeinde nicht zu beim Kauf von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz und von Erbbaurechten.

(3) Das Vorkaufsrecht darf nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt. Dem Wohl der Allgemeinheit kann insbesondere die Deckung eines Wohnbedarfs in der Gemeinde dienen. Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts hat die Gemeinde den Verwendungszweck des Grundstücks anzugeben.

(1) Der Verkäufer hat der Gemeinde den Inhalt des Kaufvertrags unverzüglich mitzuteilen; die Mitteilung des Verkäufers wird durch die Mitteilung des Käufers ersetzt. Das Grundbuchamt darf bei Kaufverträgen den Käufer als Eigentümer in das Grundbuch nur eintragen, wenn ihm die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts nachgewiesen ist. Besteht ein Vorkaufsrecht nicht oder wird es nicht ausgeübt, hat die Gemeinde auf Antrag eines Beteiligten darüber unverzüglich ein Zeugnis auszustellen. Das Zeugnis gilt als Verzicht auf die Ausübung des Vorkaufsrechts.

(2) Das Vorkaufsrecht kann nur binnen drei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer ausgeübt werden. Die §§ 463, 464 Absatz 2, §§ 465 bis 468 und 471 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind anzuwenden. Nach Mitteilung des Kaufvertrags ist auf Ersuchen der Gemeinde zur Sicherung ihres Anspruchs auf Übereignung des Grundstücks eine Vormerkung in das Grundbuch einzutragen; die Gemeinde trägt die Kosten der Eintragung der Vormerkung und ihrer Löschung. Das Vorkaufsrecht ist nicht übertragbar. Bei einem Eigentumserwerb auf Grund der Ausübung des Vorkaufsrechts erlöschen rechtsgeschäftliche Vorkaufsrechte. Wird die Gemeinde nach Ausübung des Vorkaufsrechts im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen, kann sie das Grundbuchamt ersuchen, eine zur Sicherung des Übereignungsanspruchs des Käufers im Grundbuch eingetragene Vormerkung zu löschen; sie darf das Ersuchen nur stellen, wenn die Ausübung des Vorkaufsrechts für den Käufer unanfechtbar ist.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 kann die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach dem Verkehrswert des Grundstücks (§ 194) im Zeitpunkt des Kaufes bestimmen, wenn der vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert überschreitet. In diesem Falle ist der Verkäufer berechtigt, bis zum Ablauf eines Monats nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts über die Ausübung des Vorkaufsrechts vom Vertrag zurückzutreten. Auf das Rücktrittsrecht sind die §§ 346 bis 349 und 351 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Tritt der Verkäufer vom Vertrag zurück, trägt die Gemeinde die Kosten des Vertrags auf der Grundlage des Verkehrswerts. Tritt der Verkäufer vom Vertrag nicht zurück, erlischt nach Ablauf der Rücktrittsfrist nach Satz 2 die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist. Führt die Gemeinde das Grundstück nicht innerhalb einer angemessenen Frist dem mit der Ausübung des Vorkaufsrechts verfolgten Zweck zu, hat sie dem Verkäufer einen Betrag in Höhe des Unterschieds zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem Verkehrswert zu zahlen. § 44 Absatz 3 Satz 2 und 3, § 43 Absatz 2 Satz 1 sowie die §§ 121 und 122 sind entsprechend anzuwenden.

(4) In den Fällen des § 24 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bestimmt die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Fünften Teils, wenn der Erwerb des Grundstücks für die Durchführung des Bebauungsplans erforderlich ist und es nach dem festgesetzten Verwendungszweck enteignet werden könnte. Mit der Unanfechtbarkeit des Bescheids über die Ausübung des Vorkaufsrechts erlischt die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist.

(5) Die Gemeinde kann für das Gemeindegebiet oder für sämtliche Grundstücke einer Gemarkung auf die Ausübung der ihr nach diesem Abschnitt zustehenden Rechte verzichten. Sie kann den Verzicht jederzeit für zukünftig abzuschließende Kaufverträge widerrufen. Der Verzicht und sein Widerruf sind ortsüblich bekannt zu machen. Die Gemeinde teilt dem Grundbuchamt den Wortlaut ihrer Erklärung mit. Hat die Gemeinde auf die Ausübung ihrer Rechte verzichtet, bedarf es eines Zeugnisses nach Absatz 1 Satz 3 nicht, soweit nicht ein Widerruf erklärt ist.

(6) Hat die Gemeinde das Vorkaufsrecht ausgeübt und sind einem Dritten dadurch Vermögensnachteile entstanden, hat sie dafür Entschädigung zu leisten, soweit dem Dritten ein vertragliches Recht zum Erwerb des Grundstücks zustand, bevor ein gesetzliches Vorkaufsrecht der Gemeinde auf Grund dieses Gesetzbuchs oder solcher landesrechtlicher Vorschriften, die durch § 186 des Bundesbaugesetzes aufgehoben worden sind, begründet worden ist. Die Vorschriften über die Entschädigung im Zweiten Abschnitt des Fünften Teils sind entsprechend anzuwenden. Kommt eine Einigung über die Entschädigung nicht zustande, entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde.

(1) Ein ehrenamtlicher Richter ist von seinem Amt zu entbinden, wenn er

1.
nach §§ 20 bis 22 nicht berufen werden konnte oder nicht mehr berufen werden kann oder
2.
seine Amtspflichten gröblich verletzt hat oder
3.
einen Ablehnungsgrund nach § 23 Abs. 1 geltend macht oder
4.
die zur Ausübung seines Amtes erforderlichen geistigen oder körperlichen Fähigkeiten nicht mehr besitzt oder
5.
seinen Wohnsitz im Gerichtsbezirk aufgibt.

(2) In besonderen Härtefällen kann außerdem auf Antrag von der weiteren Ausübung des Amtes entbunden werden.

(3) Die Entscheidung trifft ein Senat des Oberverwaltungsgerichts in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 2 und 4 auf Antrag des Präsidenten des Verwaltungsgerichts, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und 5 und des Absatzes 2 auf Antrag des ehrenamtlichen Richters. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß nach Anhörung des ehrenamtlichen Richters. Sie ist unanfechtbar.

(4) Absatz 3 gilt entsprechend in den Fällen des § 23 Abs. 2.

(5) Auf Antrag des ehrenamtlichen Richters ist die Entscheidung nach Absatz 3 von dem Senat des Oberverwaltungsgerichts aufzuheben, wenn Anklage nach § 21 Nr. 2 erhoben war und der Angeschuldigte rechtskräftig außer Verfolgung gesetzt oder freigesprochen worden ist.

(1) Die Enteignung ist im einzelnen Fall nur zulässig, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise nicht erreicht werden kann.

(2) Die Enteignung setzt voraus, dass der Antragsteller sich ernsthaft um den freihändigen Erwerb des zu enteignenden Grundstücks zu angemessenen Bedingungen, unter den Voraussetzungen des § 100 Absatz 1 und 3 unter Angebot geeigneten anderen Landes, vergeblich bemüht hat. Der Antragsteller hat glaubhaft zu machen, dass das Grundstück innerhalb angemessener Frist zu dem vorgesehenen Zweck verwendet wird.

(3) Die Enteignung eines Grundstücks zu dem Zweck, es für die bauliche Nutzung vorzubereiten (§ 85 Absatz 1 Nummer 1) oder es der baulichen Nutzung zuzuführen (§ 85 Absatz 1 Nummer 2), darf nur zugunsten der Gemeinde oder eines öffentlichen Bedarfs- oder Erschließungsträgers erfolgen. In den Fällen des § 85 Absatz 1 Nummer 5 kann die Enteignung eines Grundstücks zugunsten eines Bauwilligen verlangt werden, der in der Lage ist, die Baumaßnahmen innerhalb angemessener Frist durchzuführen, und sich hierzu verpflichtet. Soweit im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet die Enteignung zugunsten der Gemeinde zulässig ist, kann sie auch zugunsten eines Sanierungsträgers erfolgen.

(4) Die Zulässigkeit der Enteignung wird durch die Vorschriften des Sechsten Teils des Zweiten Kapitels nicht berührt.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Die Enteignung ist im einzelnen Fall nur zulässig, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise nicht erreicht werden kann.

(2) Die Enteignung setzt voraus, dass der Antragsteller sich ernsthaft um den freihändigen Erwerb des zu enteignenden Grundstücks zu angemessenen Bedingungen, unter den Voraussetzungen des § 100 Absatz 1 und 3 unter Angebot geeigneten anderen Landes, vergeblich bemüht hat. Der Antragsteller hat glaubhaft zu machen, dass das Grundstück innerhalb angemessener Frist zu dem vorgesehenen Zweck verwendet wird.

(3) Die Enteignung eines Grundstücks zu dem Zweck, es für die bauliche Nutzung vorzubereiten (§ 85 Absatz 1 Nummer 1) oder es der baulichen Nutzung zuzuführen (§ 85 Absatz 1 Nummer 2), darf nur zugunsten der Gemeinde oder eines öffentlichen Bedarfs- oder Erschließungsträgers erfolgen. In den Fällen des § 85 Absatz 1 Nummer 5 kann die Enteignung eines Grundstücks zugunsten eines Bauwilligen verlangt werden, der in der Lage ist, die Baumaßnahmen innerhalb angemessener Frist durchzuführen, und sich hierzu verpflichtet. Soweit im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet die Enteignung zugunsten der Gemeinde zulässig ist, kann sie auch zugunsten eines Sanierungsträgers erfolgen.

(4) Die Zulässigkeit der Enteignung wird durch die Vorschriften des Sechsten Teils des Zweiten Kapitels nicht berührt.

Tenor

I. Der am 18. März 2014 als Satzung beschlossene und am 29. Januar 2016 (erneut) bekannt gemachte Änderungsbebauungsplan der Stadt H … „Deckblatt Nr. 6 zum Bebauungsplan B … - … - …“ ist unwirksam.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragsteller wenden sich gegen die Änderung eines Bebauungsplans der Antragsgegnerin.

Sie sind Eigentümer benachbarter, jeweils mit einem Wohnhaus bebauter Grundstücke im südwestlichen Geltungsbereich des am 21. Juli 1972 in Kraft getretenen und zwischenzeitlich mehrfach geänderten Bebauungsplans „Baugebiet - B …, … und …“. Dieser Bebauungsplan setzt für ein Areal im Hauptort der Antragsgegnerin u.a. nördlich, westlich und südwestlich des über 2 ha großen Friedhofsgeländes (heute FlNr. … der Gemarkung H …) ein allgemeines Wohngebiet fest, so auch für die südwestlich der Friedhofsfläche gelegenen Grundstücke FlNr. … (Grundstück des Antragstellers zu 1) und FlNr. … (Grundstück des Antragstellers zu 2). Entlang der nordöstlichen Grenzen der Antragstellergrundstücke verläuft die Erschließungs Straße „Im T“ (FlNr. …), die als Sackgasse auf Höhe der nordöstlichen Grundstücksgrenze des Anwesens des Antragstellers zu 1 abrupt endet und die die Grundstücke der Antragsteller von dem gegenüberliegenden Friedhofsgrundstück trennt. Der bislang geltende Bebauungsplan sah vor, dass die (heutige) Stich Straße „Im T“ auf der Höhe des Grundstücks des Antragstellers zu 1 als Durchgangs Straße über Teile der (heutigen) FlNr. … und … zu den weiter nördlich gelegenen Wohnbereichen - also als Verbindungs Straße zwischen dem südlich gelegenen W …weg und der Straße „I …“ im Norden - ausgestaltet wird. Dies wurde nicht umgesetzt. Auch im nordwestlichen Bereich des Geltungsbereichs des Bebauungsplans findet sich daher heute eine Stich Straße „Im T“ (FlNr. … und …), die durch die genannten Grundstücke FlNr. … und … von der südlicher gelegenen Stich Straße „Im T“ (FlNr. …, im Bereich der Antragsteller) getrennt ist.

Laut einem Aktenvermerk des Bauamtsleiters der Antragsgegnerin vom 25. Oktober 2012 scheiterte die Antragsgegnerin im Rahmen eines Verhandlungsgesprächs am 18. Oktober 2012 mit dem Versuch, Teile des Grundstücks FlNr. … vom Eigentümer käuflich zu erwerben, um die Durchgangs Straße zwischen den beiden Teilen „Im T“ herzustellen.

Mit dem streitgegenständlichen Änderungsbebauungsplan „Deckblatt Nr. 6 zum Bebauungsplan B … - … - …“ wird - neben weiteren Änderungen, die von den Antragstellern weder im Verfahren der Bauleitplanung noch im gerichtlichen Verfahren angegriffen wurden - die Ausgestaltung der Straße „Im T“ als durchgehende Verbindungs Straße aufgegeben; der südliche und der nördliche Teil werden dauerhaft voneinander getrennt als Stichstraßen festgeschrieben. Unmittelbar nordwestlich anschließend an das Grundstück des Antragstellers zu 1 soll im Bereich der ursprünglich geplanten Verbindungs Straße stattdessen eine als Parkplatz mit 14 Stellplätzen und Wendemöglichkeit ausgestaltete öffentliche Straßenverkehrsfläche entstehen, die über den südlichen Teil der Straße „Im T“ (FlNr. …), also entlang der Grundstücke der Antragsteller, angefahren wird. In der Begründung des Änderungsbebauungsplans wird unter „A. Anlass und Erfordernis der Planung“ ausgeführt, die ursprünglich geplante Straße „Im T“ habe seit Jahrzehnten nicht fertiggestellt werden können, da ein Grundstückseigentümer die benötigte Fläche (gemeint: Teile der FlNr. …) nicht abtrete. Die Verbindungs Straße entfalle, da im betroffenen Bereich des Friedhofsgrundstücks bereits Gräber und eine Bepflanzung erstellt worden seien. Aufgrund der zwischenzeitlichen baulichen und sonstigen Entwicklung sei der bisherige Bebauungsplan überholt (vgl. auch unter „E. Wesentliche Auswirkungen der Bebauungsplan-Änderung“ zu „Abwägung der Belange“). Im Umweltbericht wird unter „Schutzgut Mensch“ (Seite 8) u.a. ausgeführt, dass die Aufgabe einer direkten Verbindung der beiden Teilstraßenstücke „Im T“ zwar einen Nachteil darstelle, andererseits habe dies für die direkten Anlieger den Vorteil, dass kein Durchgangsverkehr stattfinde. Die am Endpunkt des südlichen Straßenabschnittes neu geschaffenen Stellplätze seien für die Besucher des Friedhofes gedacht, da es im näheren Umfeld des Friedhofes an Stellplätzen mangele. Mit der Änderungsplanung seien bau-, anlage-, und betriebsbedingt keine wesentlichen Auswirkungen zu erwarten. In der Zusammenfassung des Umweltberichts (Seite 11) wird ausgeführt, die ursprünglich geplante Straße „Im T“ könne aus grundstücksrechtlichen Gründen seit Jahrzehnten nicht fertiggestellt werden. Durch die zwischenzeitliche bauliche und sonstige Entwicklung sei der bisherige Bebauungsplan überholt, sodass die Änderung des Bebauungsplanes insbesondere erfolge, um für künftige Abbruch- und Neubau- bzw. Umbaumaßnahmen Rechtssicherheit zu schaffen. Dem Änderungsbebauungsplan lag folgendes Verfahren zugrunde:

Am 21. Januar 2013 erließ der Stadtrat der Antragsgegnerin einen Aufstellungsbeschluss zur Änderung des Bebauungsplans. Die Umsetzung der ursprünglich geplanten Verbindungs Straße (heute „Im T“) sei an der mangelnden Grundstücksbereitstellung gescheitert. Es sei auch mittel- und langfristig nicht absehbar, dass eine Verbindung der beiden Straßenteilstücke umgesetzt werden könne.

Die Antragsteller erhoben im Rahmen der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung Einwendungen (Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 5. und 23. August 2013). Der ursprüngliche Bebauungsplan solle vollzogen und die Straße „Im T“ als Durchgangs Straße erstellt werden. Es seien vormals hierfür hohe Vorausleitungen für die Erschließung gezahlt worden. Die Errichtung von Parkplätzen am Ende der Erschließungs Straße diene ausschließlich Friedhofsbesuchern und bringe keine Erschließungsvorteile. Die Straße „Im T“ werde vor ihrem Anwesen häufig von Friedhofsbesuchern zugeparkt. Durch die Schaffung weiterer 14 Stellplätze auf dem vorgesehenen Parkplatz in der Nähe ihrer Grundstücke würde diese Situation - u.a. mit Blick auf erhebliche Lärmbeeinträchtigungen - zu Ihren Lasten weiter verschärft. Die Schaffung des Parkplatzes führe auch zu einer zusätzlichen Bodenversiegelung sowie zu einer Reduzierung von Grünflächen, was so mit den Ausführungen in der Planbegründung nicht zu vereinbaren sei. Der Wegfall von vermeintlichem Durchgangsverkehr bringe für die Anlieger keine Vorteile, weil der Ziel- und Quellverkehr durch parkende Fahrzeuge für Friedhofsbesucher zunehme.

Im Rahmen seiner Sitzung vom 9. Dezember 2013 hielt der Bauausschuss an der Planung fest und beschloss die weitere öffentliche Auslegung sowie die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange (§ 3 Abs. 2, § 4 Abs. 2 BauGB). Den Einwendungen der Antragsteller wurde abwägend entgegengehalten, die Schaffung von weiteren Parkplätzen für Friedhofsbesucher solle zu einer Entschärfung und Entzerrung der immer wieder beklagten Parkplatzproblematik und Zufahrtsschwierigkeiten führen. Der Verzicht auf die Umsetzung einer durchgehenden Straße „Im T“ verhindere einen ständigen Durchgangsverkehr. Die neu geschaffenen Parkplätze dienten ausschließlich dem Friedhof sowie auch den nahe gelegenen Anwesen. Dort sei nicht dauerhaft mit erheblichem Fahrzeugverkehr zu rechnen. Durch die Aufgabe der Durchgangs Straße komme es zu einer faktischen Entsiegelung mit ca. 1.740 m². Mit den Parkplätzen würden ca. 460 m² in den Fahrspuren versiegelt, die Stellplätze selbst mit ca. 190 m² würden versickerungsfähig ausgebildet. Für den Parkplatz könnten keine Erschließungsbeiträge umgelegt werden, weil der bevorteilte Personenkreis nicht abgrenzbar sei. Nach Inkrafttreten der Änderung könnten die Erschließungsbeiträge für die Straße „Im T“ unter Berücksichtigung der Vorauszahlungen endgültig abgerechnet werden.

Die Antragsteller erhoben während der anschließenden öffentlichen Auslegung (28. Januar bis 27. Februar 2014) über ein Schreiben / Telefax ihres Bevollmächtigten vom 25. Februar 2014 unter Bezugnahme auf die vorherige Stellungnahme vom 23. August 2013 Einwendungen. U.a. wurde vorgetragen, dass die Schaffung von Parkplätzen am Ende der Stich Straße „Im T“ Friedhofsbesucher künftig noch mehr dazu verleiten würde, vor ihren Grundstücken zu parken. Dadurch werde die für sie schon bestehende problematische Situation weiter verschärft. Es werde auf den Vollzug des ursprünglichen Bebauungsplans bestanden.

Am 18. März 2014 beschloss der Bauausschuss den Änderungsbebauungsplan „Deckblatt Nr. 6 zum Bebauungsplan B … - … - …“ als Satzung. Dabei setzte sich der Bauausschuss in der Schlussabwägung mit den Einwendungen der Antragsteller unter Bezugnahme auf vorherige Ausschussbefassungen sowie mit ergänzenden Erwägungen auseinander. U.a. verwies der Ausschuss darauf, dass eine (ggf. zwangsweise) Umsetzung des vierzig Jahre alten Bebauungsplanes (gemeint: die Erstellung der durchgängigen Erschließungs Straße „Im T“) nicht mehr möglich sei; die notwendigen Flächen würden nicht bereitgestellt. Die Durchführung der Erschließung liege in der kommunalen Entscheidungskompetenz der Antragsgegnerin. Ein Rechtsanspruch auf Erschließung bestehe nicht. Ebenso sei es Aufgabe der Gemeinde, Bauleitpläne aufzustellen und ggf. auch zu ändern. Auch insofern bestünden keine Ansprüche. Mit der Herstellung der Parkplätze mit Wendemöglichkeit könnten künftig neben dem verkehrsrechtlich zulässigen Parken an Straßen innerorts auch hierfür vorgesehene Parkplätze genutzt werden. Die Wendemöglichkeit im Parkplatzbereich verbessere den Verkehrsfluss bei Nutzung der Parkplätze entlang der Straße. Für die überwiegende Nutzungszeit würden die Parkplätze ausreichen bzw. eine erhebliche Verbesserung darstellen.

Der Satzungsbeschluss wurde zunächst am 2. Mai 2014 im Amtsblatt der Antragsgegnerin bekannt gemacht. Erst im Anschluss setzte die erste Bürgermeisterin der Antragsgegnerin unter dem Datum des 7. Mai 2014 ihre Ausfertigungsunterschrift (nur) unter den Ausfertigungsvermerk auf der letzten Seite der von der Planzeichnung getrennten textlichen Festsetzungen.

Mit Schreiben / Telefax vom 26. Juni 2014 regte der Bevollmächtigte der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin einen gemeinsamen Ortstermin an und forderte die Antragsgegnerin auf, Vorschläge zur verkehrsrechtlichen Regelung zu unterbreiten. Sollte kein Einlenken der Antragsgegnerin erfolgen, müsse ein Normenkontrollverfahren in Gang gesetzt werden. Die erlassene Satzung leide „an erheblichen Abwägungsmängeln, insbesondere im Hinblick auf die Belästigung der Anwohner durch entsprechenden Verkehrslärm“. Das auch im Rahmen der Aufstellung von Bebauungsplänen gültige Rücksichtnahmegebot sei verletzt.

Die Antragsgegnerin legte im Laufe des gerichtlichen Verfahrens eine von der Stadtverwaltung für die Stadtratssitzung am 1. Dezember 2014 gefertigte „Information für den Stadtrat“ über die Fahrzeugbewegungen sowie die mit einem Messgerät erhobenen Fahrgeschwindigkeiten an der Straße „Im T“ im Bereich der Antragstellergrundstücke vor (Bl. 92 ff. der Gerichtsakte). Dort heißt es:

„(…) Um exakte Daten zur Verkehrsbelastung zu erhalten, wurde das Geschwindigkeitsmessgerät der Stadt H … in der Straße ‚Im T‘ aufgestellt in der Zeit vom 09.07. - 16.07.2014. In diese Zeit fiel auch eine Beerdigung mit einer großen Besucherzahl.

Aus dem Datenmessblatt ist ersichtlich, dass im erfassten Zeitraum in beiden Richtungen 433 KFZ die Straße ‚Im T‘ befuhren. Davon waren 85% mit höchstens 16,5 km/h unterwegs. Pro Tag waren es 34 KFZ, in der Zeit von 6 - 22 Uhr waren es 31 und während der Nacht 2 KFZ. Der Durchschnitt pro Stunde beträgt 3 KFZ.

Der angeführte erhebliche An- und Abfahrtsverkehr zum Friedhof, ebenso die ‚Parkerei‘, die teilweise wüste Ausmaße annehmen soll, war in keiner Weise nachvollziehbar bzw. mit den erfassten Daten zu belegen. Die breite Fahrbahn wird nicht ‚missbraucht‘ zum Parken, sondern gebraucht und dies zweckentsprechend. Eine unzumutbare Lärm- bzw. Verkehrsbelästigung für die beiden Anlieger ist dadurch nicht gegeben.

Aus oben genannten Gründen, insbesondere der Datenlage aufgrund der Geschwindigkeitsmessung, waren verkehrliche Maßnahmen, wie z.B. die Anordnung eines Halteverbots, nicht erforderlich. Auch der Verkehrssachbearbeiter der PI H … sah diesbezüglich keinerlei Handlungsbedarf (….)

Nach Rücksprache mit der PI H … wurde mitgeteilt, dass im Jahr 2014 trotz Überwachung kein ‚Strafzettel‘ wegen Falschparkens in der Straße ‚Im T‘ verteilt wurde.“

Am 9. Dezember 2015 setzte die erste Bürgermeisterin der Antragsgegnerin nach einem gerichtlichen Hinweis (Schreiben vom 6. Juli 2015) erneut Ausfertigungsunterschriften auf eine Fassung der Planzeichnung sowie auf der letzten (sechsten) Seite einer Fassung der textlichen Festsetzungen. Diese Planzeichnung und die sechs Einzelblätter der textlichen Festsetzungen wurden zusammen mit der Planbegründung und dem Umweltbericht lose in einem sog. Schnellhefter abgeheftet. Im Anschluss an die Neuausfertigung wurde der Bebauungsplan am 29. Januar 2016 erneut im Amtsblatt der Antragsgegnerin bekanntgemacht.

Mit Schreiben vom 17. März 2017 hat das Gericht die Beteiligten darauf hingewiesen, dass nach wie vor Bedenken hinsichtlich einer ordnungsgemäßen Ausfertigung des Bebauungsplans bestünden, weil die aus sechs einzelnen losen Blättern bestehenden, in einem sog. Schnellhefter einsortierten textlichen Festsetzungen nur auf der letzten Seite eine Ausfertigungsunterschrift vom 9. Dezember 2015 trügen.

Mit ihren bereits am 30. April 2015 beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof gestellten Normenkontrollanträgen tragen die Antragsteller vor, sie seien durch den nördlich ihrer Grundstücke geplanten Parkplatz belastet. Über die Straße „Im T“ werde der Zu- und Abgangsverkehr für Friedhofsbesucher abgewickelt. Durch das An- und Abfahren, das Ein- und Ausparken mit Rangiervorgängen sowie zusätzlich durch lautes Türenschlagen ergäben sich Beeinträchtigungen durch Lärm. Es bestehe mit Blick darauf, dass der Friedhof von Besuchern verschärft von Freitag bis Sonntag sowie an den sonstigen Werktagen in den Abendstunden genutzt werde, ein erhöhtes Lärmschutzbedürfnis, zumal durch die Antragsgegnerin keine Verkehrsregulierung durchgeführt worden sei, die ein weiteres Parken auf der Fahrbahn verhindere. Bereits gegenwärtig bestünden - obwohl der Friedhof noch nicht vollständig ausgebaut sei - erhebliche Verkehrsbelastungen und Lärmbeeinträchtigungen. Die Antragsgegnerin habe hinsichtlich der Verkehrsbelastungen und Lärmbeeinträchtigungen keine Vorkehrungen getroffen. Die diesbezüglichen Interessen der Antragsteller hätten in der Abwägung keine Berücksichtigung gefunden. Sie seien die Leidtragenden dafür, dass der ursprüngliche Bebauungsplan nicht im Wege eines Grundstückserwerbs bzw. eines Enteignungsverfahrens durchgesetzt worden sei. Im Falle eines weiteren Ausbaus entsprechend dem angegriffenen Bebauungsplan und durch höhere Belegung des Friedhofs werde sich die Situation der Antragsteller weiter verschärfen, nachdem der im streitgegenständlichen Bebauungsplan vorgesehene Parkplatz der einzige für den sehr großen Friedhof sei. Darüber hinaus sei der Beschluss durch Falschinformation seitens der ersten Bürgermeisterin gegenüber den Stadträten zustande gekommen. Diese habe verbreiten lassen, dass eine Durchsetzung des ursprünglichen Bebauungsplans in der Fassung der 5. Änderung („Deckblatt Nr. 5“) wegen Verjährung nicht mehr möglich sei. In diesem Zusammenhang sei der zur Abwägung vom 18. März 2014 im Beschlussbuch der Antragsgegnerin zitierte Satz („Eine Umsetzung des Bebauungsplans, ggf. mit Verwaltungszwang ist nach vierzig Jahren seit Aufstellung nicht mehr möglich.“) zu verstehen. Es sei aber davon auszugehen, dass die Stadträte bei ordnungsgemäßer Unterrichtung keine Notwendigkeit gesehen hätten, den Bebauungsplan abzuändern. Vielmehr hätte entsprechend der gegebenen Verpflichtung der Antragsgegnerin der ursprüngliche Bebauungsplan nach wie vor verwirklicht und umgesetzt werden können. Die erneute Bekanntmachung im Amtsblatt vom 29. Januar 2016 leide an einem formellen Fehler, weil im Amtsblatt am Ende des Bekanntmachungstextes das Datum „10.12.2016“ stehe, die Unterschriften der ersten Bürgermeisterin auf der Planzeichnung und den textlichen Festsetzgen aber das Datum „09.12.2016“ trügen. Die bekanntgemachte Änderungssatzung mit Ausfertigungsdatum „10.12.2015“ existiere nicht. Im Übrigen würden die Bedenken des Gerichts laut Schreiben vom 17. März 2017 geteilt.

Die Antragsteller beantragen,

den am 18. März 2014 als Satzung beschlossenen und am 29. Januar 2016 (erneut) bekannt gemachten Änderungsbebauungsplan der Antragsgegnerin „Deckblatt Nr. 6 zum Bebauungsplan B … - … - …“ für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Einwendungen der Antragsteller seien hinreichend abgewogen worden. Es werde von den Antragstellern verkannt, dass die Planänderung zu einer Verbesserung führe. Im Hinblick auf Lärmbeeinträchtigungen sei nicht auf das abzustellen, was potenzielle Nutzer unzulässigerweise täten, sondern auf die geplante zulässige Nutzung. Letztere führe zu keiner Veränderung zum Nachteil der Antragsteller. Eine Zunahme des Ziel- und Quellverkehrs sei ausgeschlossen, wenn die Durchfahrtsmöglichkeit nunmehr aufgegeben werde. Wie im Rahmen der Abwägung formuliert worden sei, solle es gerade zu einer Entschärfung und Entzerrung der immer wieder beklagten Parkplatzproblematik und Zufahrtsschwierigkeiten kommen.

Die Landesanwaltschaft Bayern hat als Vertreter des öffentlichen Interesses keinen Antrag gestellt, sich aber dahingehend geäußert, dass sie die mit Schreiben vom 17. März 2017 geäußerten Bedenken des Senats hinsichtlich der erneuten Ausfertigung des Bebauungsplans u.a. unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zur Ausfertigung naturschutzrechtlicher Verordnungen nicht teile, und angeregt, den Großen Senat des Verwaltungsgerichtshofs wegen grundsätzlicher Bedeutung diesbezüglicher Rechtsfragen anzurufen. Andere Senate des Verwaltungsgerichtshofs hätten die Frage, ob Zweifel an der Identitätsfunktion der Ausfertigung auch dann bestünden, wenn ein aus mehreren Seiten bestehender Bestandteil - hier die aus mehreren Blättern bestehenden textlichen Festsetzungen - selbst nur abgeheftet sei, bislang nicht thematisiert. Es sei davon auszugehen, dass die vorliegende Fallgestaltung kein Einzelfall sei. Bereits in der Vergangenheit hätten die Senate des Verwaltungsgerichtshofs unterschiedliche Auffassungen zu Einzelfragen im Zusammenhang mit der Ausfertigung von Bebauungsplänen vertreten. So habe sich der 1. Senat von den Auffassungen anderer Senate distanziert, wonach es für die wirksame Ausfertigung genügen könne, wenn das für die Ausfertigung zuständige Organ den Auszug aus der Sitzungsniederschrift mit dem Satzungsbeschluss oder den Bekanntmachungsvermerk unterzeichne. Im vorliegenden Fall bestünden keine Zweifel, dass die Ausfertigung auf der letzten Seite der textlichen Festsetzungen der Identitätsfunktion genüge, weil alle Seiten fortlaufend nummeriert in einem Schnellhefter abgeheftet seien und auf jeder Seite Bezug auf das „Deckblatt Nr. 6“ des Bebauungsplans genommen werde. Es liege bereits eine körperliche Verbindung vor, weil die einzelnen Blätter nicht nur lose in einem Akt lägen. Das Geheft werde durch die Ausfertigungsunterschrift auf der letzten Seite abgeschlossen. Zweifel an der Identität der Satzungsbestandteile bestünden nicht. Es könne nicht unterstellt werden, dass die Behörden nachträglich Seiten austauschten, zumal hierdurch der Straftatbestand der Urkundenfälschung erfüllt sein könnte. Das Beurkundungsgesetz finde keine Anwendung. Es entspreche auch einem praktischen Bedürfnis, die formellen Anforderungen an die Gültigkeit gemeindlicher Satzungen auf das Notwendige zu beschränken.

Die Antragsgegnerin hat sich den Ausführungen und Anregungen der Landesanwaltschaft angeschlossen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 28. April 2017 Bezug genommen.

Gründe

Die Normenkontrollanträge der Antragsteller sind zulässig und begründet.

1. Die Antragsteller, die nach § 47 Abs. 2a VwGO ihre Einwendungen im Planungsverfahren rechtzeitig erhoben und ihre Normenkontrollanträge innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt haben, sind antragsbefugt.

Nach § 47 Abs. 2 VwGO kann einen Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder verletzt zu werden. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung sind keine höheren Anforderungen zu stellen als an die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO; ausreichend ist, wenn ein Antragsteller hinreichend substanziiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in einem subjektiven Recht verletzt wird. An dieser Möglichkeit fehlt es, wenn Rechte der Antragsteller unter Zugrundelegung des Klagevorbringens offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können (vgl. BVerwG, U.v. 16.6.2011 - 4 CN 1.10 - BVerwGE 140, 41 = juris Rn. 12).

Nach diesen Maßstäben ist die Antragsbefugnis der Antragsteller schon deshalb zu bejahen, weil die in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke unmittelbar planbetroffen sind (geänderte Baugrenzen, Festsetzung von „privaten Grünflächen als Hausgärten“), sodass durch den Änderungsbebauungsplan Inhalt und Schranken ihres Grundeigentums bestimmt werden, Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. BVerwG, B.v. 20.9.2005 - 4 BN 46.05 - BauR 2006, 352 f. = juris Rn. 6; BayVGH, U.v. 18.1.2017 - 15 N 14.2033 - juris Rn. 23). Die Antragsteller können sich darüber hinaus auf ihr Recht auf gerechte Abwägung der eigenen Belange aus § 1 Abs. 7 BauGB berufen, soweit es um die künftige Lärmbelastung ihrer Anwesen durch die Nutzung des geplanten Parkplatzes mit 14 Stellplätzen nordwestlich des Grundstücks des Antragstellers zu 1 und den hierauf bezogenen Zu- und Abgangsverkehr über die Straße „Im T“ geht (vgl. BVerwG, B.v. 8.6.2004 - 4 BN 19.04 - BauR 2005, 829 = juris Rn. 6; zum eher großzügig anzulegenden Maßstab im Rahmen von § 47 Abs. 2 BauGB vgl. BayVGH, U.v. 11.5.2010 - 15 N 08.850 - juris Rn. 27). Zur Abwägungs- resp. Ermittlungserheblichkeit am Maßstab von § 2 Abs. 3 i.V. mit § 1 Abs. 7 BauGB (vgl. BVerwG, B.v. 11.8.2015 - 4 BN 12.15 - BRS 83 Nr. 49 = juris Rn. 6) wird auf die Ausführungen unten zu 2. b) verwiesen.

2. Die Normenkontrollanträge haben in der Sache Erfolg.

a) Der Änderungsbebauungsplan ist bereits aufgrund eines von Amts wegen zu prüfenden, gegen Art. 26 Abs. 2 Satz 1 GO verstoßenden Ausfertigungsmangels unwirksam.

Bebauungspläne sind Satzungen (§ 10 Abs. 1 BauGB) und als solche nach Art. 26 Abs. 2 Satz 1 GO auszufertigen. Dies gebietet das in Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 3 Abs. 1 BV verfassungsrechtlich verankerte Rechtsstaatsprinzip (vgl. z.B. BVerwG, B.v. 9.5.1996 - 4 B 60.96 - NVwZ-RR 1996, 630 = juris Rn. 3; U.v. 1.7.2010 - 4 C 4.08 - BVerwGE 137, 247 = juris Rn. 13; B.v. 4.9.2014 - 4 B 31.14 - ZfBR 2014, 782 = juris Rn. 5; Ziegler, DVBl. 2010, 291), das die Identität der anzuwendenden Norm und ihres Inhalts mit dem vom Normgeber Beschlossenen verlangt. Durch die Ausfertigung wird die Satzung als Originalurkunde hergestellt, die den Willen des Normgebers nach außen wahrnehmbar macht (BayVGH, U.v. 16.3.1990 - 23 B 88.00567 - NVwZ-RR 1990, 588 = juris Rn. 26; U.v. 18.11.1991 - 14 N 89.1153 - BayVBl. 1993, 146 = juris Rn. 61; U.v. 25.2.1993 - 23 B 90.931 - NVwZ 1994, 88 = juris Rn. 20; B.v. 6.7.2009 - 15 ZB 08.170 - juris Rn. 12; OVG NRW, U.v. 15.2.2012 - 10 D 46/10.NE - BauR 2012, 1080 = juris Rn. 37). Zudem wird bestätigt und sichergestellt, dass der Inhalt des als Satzung beschlossenen Bebauungsplans mit dem Willen des Gemeinderats übereinstimmt (BayVGH, U.v. 28.10.2014 - 15 N 12.1633 - NVwZ-RR 2015, 321 = juris Rn. 39 m.w.N. - sog. „Identitätsfunktion“, „Beurkundungs- und Gewährleistungsfunktion“, vgl. auch BVerwG, U.v. 1.7.2010 a.a.O.; Ziegler, DVBl. 1987, 280/281). Darüber hinausgehende Anforderungen stellt das Bundesrecht nicht; Regelungen über Art, Inhalt und Umfang der Ausfertigung richten sich allein nach Landesrecht (vgl. BVerwG, B.v. 16.5.1991 a.a.O.; B.v. 4.9.2014 a.a.O.; BayVGH, U.v. 28.10.2014 a.a.O. m.w.N.). In Bayern gibt Art. 26 Abs. 2 Satz 1 GO vor, dass Satzungen auszufertigen sind.

aa) Der Identitätsfunktion ist nach Ansicht des erkennenden Senats nach Maßgabe dieser Norm des Landesrechts grundsätzlich durch die eigenhändige Unterschrift des ersten Bürgermeisters oder seines Stellvertreters auf der durch die Ausfertigung hergestellten Originalurkunde, die der Bekanntmachung der Norm zugrunde zu legen ist, zu entsprechen (ebenso BayVGH, U.v. 4.4.2003 - 1 N 01.2240 - NVwZ-RR 2003, 669 = juris Rn. 14 ff.; U.v. 20.10.2009 - 1 N 06.1545 - juris Rn. 30).

Sind - wie vorliegend - die Regelungen eines Bebauungsplans nicht auf einem Blatt zusammengefasst, sondern finden sich diese auf mehreren, untereinander nicht hinreichend fest verbundenen Einzelblättern, genügt der mit Unterschrift des Bürgermeisters versehene Ausfertigungsvermerk auf lediglich einem Einzelblatt grundsätzlich nur dann den Anforderungen des Art. 26 Abs. 2 Satz 1 GO für eine wirksame Ausfertigung, wenn alle Einzelblätter des Bebauungsplans mit Regelungsinhalt zusammen mit dem ausgefertigten Einzelblatt durch eine Art „gedanklicher Schnur“ untereinander derart verknüpft sind, dass jeder Zweifel an der Zugehörigkeit der nicht gesondert ausgefertigten Einzelblätter zur Satzung ausgeschlossen ist.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt entschieden, dass für den Fall, dass eine Satzung aus einem Textteil und einer oder mehreren Planzeichnungen besteht, diese entweder körperlich untrennbar miteinander verbunden sein müssen oder grundsätzlich alle Teile gesondert auszufertigen sind. Die Ausfertigung allein des Textteils oder allein der Planzeichnung genügt in einem solchen Fall nur dann, wenn durch eindeutige Angaben oder auf andere Weise jeder Zweifel an der Zugehörigkeit aller Planteile zu der beschlossenen Satzung ausgeschlossen wird. Für diesen Fall hat sich zwischenzeitlich eine gefestigte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs herausgebildet, dass Textteil und Planzeichnung für eine ordnungsgemäße Ausfertigung am Maßstab von Art. 26 Abs. 2 GO durch eine Art „gedanklicher Schnur“ untereinander derart verknüpft sein müssen, dass jeder Zweifel an der Zugehörigkeit des nicht gesondert ausgefertigten Teils zum ausgefertigten Satzungsteil ausgeschlossen ist (vgl. BayVGH, B.v. 28.2.2008 - 1 NE 07.2946 - juris Rn. 36; U.v. 5.2.2009 - 1 N 07.2713 u.a. - juris Rn. 37; U.v. 28.10.2014 - 15 N 12.1633 - NVwZ-RR 2015, 321 = juris Rn. 40; U.v. 3.3.2015 - 15 N 13.636 - juris Rn. 11 ff.; U.v. 28.2.2017 - 15 N 15.2042 - juris Rn. 39; König, Baurecht Bayern, 5. Aufl. 2015, Rn. 241 ff.; vgl. auch BVerwG, U. v. 5.2.2009 - 7 CN 1.08 - NVwZ 2009, 719 = juris Rn. 25).

Diese Grundsätze gelten nicht nur im Verhältnis von Planzeichnung und textlichem Festsetzungsteil, sondern allgemein, wenn ein Bebauungsplan als Satzung aus mehreren Teilen besteht, die nicht auf einem Blatt zusammengefasst sind. Soweit in diesem Fall nicht alle Teile - also alle Blätter - mit einem Ausfertigungsvermerk versehen werden, genügt der mit Unterschrift versehene Ausfertigungsvermerk auf lediglich einem Teil - also auf einem Einzelblatt - des Bebauungsplans nur dann für eine wirksame Ausfertigung, wenn die einzelnen Blätter des Bebauungsplans entweder körperlich miteinander verbunden sind oder wenn in dem ausgefertigten Teil mit hinreichender Bestimmtheit auf die übrigen Teile resp. Einzelblätter der Satzung Bezug genommen wird oder auf andere Weise jeder Zweifel an der Zugehörigkeit der nicht gesondert ausgefertigten Teile zur Satzung ausgeschlossen ist. Im zuletzt genannten Fall muss mithin die notwendige „gedankliche Schnur“ im o.g. Sinne zwischen allen Einzelblättern des Bebauungsplanes bestehen (ebenso: SächsOVG, U.v. 6.6.2001 - 1 D 442/99 - NVwZ-RR 2002, 632 = juris Rn. 35; OVG NRW, U.v. 19.11.2015 - 2 D 57/14.NE - BauR 2016, 772 = juris Rn. 55 ff. m.w.N.; andeutend auch BayVGH, U.v. 28.2.2017 - 15 N 15.2042 - juris Rn. 39 a.E.; vgl. auch OVG NRW, U.v. 15.2.2012 - 10 D 46/10.NE - BauR 2012, 1080 = juris Rn. 40).

Ansonsten würde die Funktion des Ausfertigungsvermerks, nämlich sicherzustellen, dass alle Einzelteile des als Satzung beschlossenen Bebauungsplans mit dem Willen des beschließenden Gremiums im Zeitpunkt der Beschlussfassung übereinstimmen, verfehlt. Zudem gewährleistet speziell bei Bebauungsplänen die durch die Ausfertigung vollzogene Urkundenherstellung, dass sich die Betroffenen verlässlich Kenntnis vom Inhalt der als Satzung beschlossenen Rechtsnorm verschaffen können. Diese - rechtsstaatlich geforderte - Funktion übernimmt beim Normerlass üblicherweise die Verkündung bzw. Bekanntmachung (vgl. BVerwG, B.v. 21.12.2011 - 8 B 72.11 - juris Rn. 9; B.v. 29.7.2010 - 4 BN 21.10 - NVwZ 2010, 1567 f. = juris Rn. 9 ff.), die bei kommunalen Satzungen über das Amtsblatt, sonstige regelmäßig erscheinende Druckwerke oder über einen Anschlag erfolgt (vgl. in Bayern Art. 26 Abs. 2 GO, Art. 20 Abs. 2 LKrO, Art. 19 Abs. 2 BezO). Bei Bebauungsplänen ist diese Rechtsklarheit verschaffende Publizität allerdings über § 10 Abs. 3 BauGB eingeschränkt. Nach dieser Regelung ist nur die Erteilung der Genehmigung oder, soweit eine Genehmigung nicht erforderlich ist, der Beschluss des Bebauungsplans durch die Gemeinde ortsüblich bekannt zu machen, § 10 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Im Übrigen genügt es, den Bebauungsplan mit der Begründung und der zusammenfassenden Erklärung (§ 10 Abs. 4 BauGB) zu jedermanns Einsicht bereit zu halten, auf Verlangen über den Inhalt Auskunft zu geben und in der Bekanntmachung darauf hinzuweisen, wo der Bebauungsplan eingesehen werden kann, § 10 Abs. 3 Satz 2 und 3 BauGB. Diese Form der Bekanntmachung tritt an die Stelle der sonst für Satzungen vorgeschriebenen Veröffentlichung, § 10 Abs. 3 Satz 4 BauGB („Ersatzverkündung“, vgl. z.B. Gaentzsch in Berliner Kommentar zum BauGB, Stand: Januar 2017, § 10 Rn. 15). Vor diesem Hintergrund sind die Anforderungen an die Ausfertigung jedenfalls bei Bebauungsplänen eher streng zu handhaben, weil es bei diesen - im Gegensatz zu anderen Satzungen - in der Regel zu keiner vollständigen Bekanntmachung des Satzungstextes, der Planzeichnung sowie ggf. weiterer (regelnder) Anlagen kommt. Die rechtsstaatlich gebotene Publizität für die Normunterworfenen wird mithin nur dadurch gewährleistet, dass diese Einsicht in die ausgefertigte Originalurkunde nehmen können. Gerade dies bedingt aber mit Blick auf die rechtsstaatlich geboten Rechtsklarheit für den Fall, dass der Bebauungsplan nicht aus einem einzigen Satzungsteil besteht bzw. dass nicht alle Einzelteile resp. Einzelblätter ausgefertigt sind, dass alle regelnden Teile des Bebauungsplans - also in der Regel: Planzeichnung(en) sowie alle Einzelblätter der textlichen Festsetzungen - entweder fest miteinander verbunden sind oder aber auf den ausgefertigten Teilen / Blättern in einer Weise auf die nicht ausgefertigten Bestandteile / Blätter der Satzung Bezug genommen wird, die jeden Zweifel an der Identität ausschließen (vgl. ebenso - im Vergleich zum Erlass von Bundes- und Landesgesetzen - VGH BW, U.v. 8.5.1990 - 5 S 3064/88 - NVwZ-RR 1991, 20 = juris Rn. 22). Dies kann insbesondere durch hinreichend definierte Bezugnahmen erfolgen, die sich aus dem Ausfertigungsvermerk selbst oder aus den einzelnen Satzungsbestandteilen ergeben. Eine zweifelsfreie Individualisierung wird z.B. dadurch ermöglicht, dass über die fortlaufende Seitenzahlangabe bis zum ausgefertigten (letzten) Blatt sowie durch die Angabe von Datum und Regelungsbezug auf allen zur Satzung gehörenden Blättern eindeutig bestimmt wird, welche Einzelblätter vom Ausfertigungsvermerk erfasst werden (SächsOVG, U.v. 6.6.2001 - 1 D 442/99 - NVwZ-RR 2002, 632 = juris Rn. 35).

Diesen Anforderungen wird der angegriffene Änderungsbebauungsplan nicht gerecht. Das Gericht hat die Antragsgegnerin bereits mit Schreiben vom 6. Juli 2015 auf diesbezügliche formelle Mängel hingewiesen. Durch die erneuten Ausfertigungsunterschriften der ersten Bürgermeisterin vom 9. Dezember 2015 und die anschließende Neubekanntmachung im Amtsblatt am 29. Januar 2016 ist keine umfassende „Heilung“ in formell-rechtlicher Hinsicht eingetreten (zur Möglichkeit der Fehlerbehebung über § 214 Abs. 4 BauGB durch Wiederholung der fehlerhaften Verfahrensschritte vgl. BVerwG, B.v. 6.8.1992 - 4 N 1.92 - NVwZ 1993, 471 = juris Rn. 17; SächsOVG, U.v. 6.11.2015 - 1 C 15/14 - juris Rn. 35 m.w.N.; speziell zu Ausfertigungs- und Bekanntmachungsmängeln vgl. Jobs, UPR 2016, 493/495). Nach wie vor erfassen die Ausfertigungsunterschriften (nunmehr vom 9. Dezember 2015) nicht alle relevanten regelnden Teile der Satzung zur Erfüllung der Identitätsfunktion. Durch das Abheften der Planzeichnung und der sechs Einzelblätter der textlichen Festsetzungen in einen sog. Schnellhefter wurde auch keine hinreichende körperliche Verbindung geschaffen, die einen Verzicht auf eine „gedankliche Schnur“ rechtfertigen könnte. Ein wesentlicher Unterschied zum Abheften der Einzelblätter im Ordner des Planungsverfahrens besteht nicht. In beiden Fällen ist die Entnahme oder das Auswechseln von Einzelblättern ohne Substanzzerstörung problemlos möglich, d.h. die Auseinandertrennung der einzelnen Bestandteile / Blätter des Bebauungsplans würde nicht zwangsläufig zur Zerstörung der Gesamturkunde führen (vgl. BayVGH, U.v. 28.10.2014 - 15 N 12.1633 - NVwZ-RR 2015, 321 = juris Rn. 42). Die textlichen Festsetzungen selbst bestehen nach wie vor aus sechs einzelnen (nur lose abgehefteten) Einzelblättern, wobei sich der Ausfertigungsvermerk mit Unterschrift vom 9. Dezember 2015 lediglich auf der letzten Seite befindet. Insofern fehlt es im vorliegenden Fall nicht nur an einer körperlichen Verbindung, es mangelt vielmehr auch an einer „gedanklichen Schnur“, die die sechs Blätter mit hinreichender Bestimmtheit zu einer untrennbaren gedanklichen Einheit verbinden könnte. Ebenso wie beim Satzungsbeschluss, der laut der Ausschussniederschrift vom 18. März 2014 nicht auf eine etwa datumsmäßig bestimmte Fassung der Satzung Bezug nimmt, fehlt es auch in den zuletzt am 9. Dezember 2015 ausgefertigten textlichen Festsetzungen an einem auf jeder Seite angegebenen Fassungsdatum oder einer anderen gedanklichen Verbindung. Allein die fortlaufenden Seitenangaben sowie die abgedruckte Fußleiste „Textl. Festsetzungen zum Bebauungsplan ‚B …- …- …‘ - Deckblatt Nr. 6“ auf jedem Blatt (ohne weitere identitätsbestimmende Hinweise wie z.B. die Angabe des Datums des Satzungsbeschlusses) genügen nicht, um den Anforderungen an eine einheitliche Satzungsurkunde zu genügen. Denn ein eindeutiger, hinreichend bestimmter inhaltlicher Bezug, der jeden Zweifel darüber ausräumt, dass die einzelnen losen Blätter der fünf ersten Seiten mit der sechsten Seite, auf der sich die Ausfertigungsunterschrift befindet, eine Einheit bilden, wird hierdurch nicht bewirkt. Dies hätte im vorliegenden Fall problemlos bewerkstelligt werden können, indem z.B. die auf jeder Seite der textlichen Festsetzungen (einschließlich der ausgefertigten Seite) befindliche Fußleiste den Zusatz „Fassung des Satzungsbeschlusses vom 18. März 2014“ erhalten hätte.

Auch dadurch, dass bei anderen Behörden - etwa bei den Landratsämtern oder den Regierungen - üblicherweise Duplikate beschlossener Bebauungspläne und Änderungsbebauungspläne archiviert werden, können nicht jegliche Zweifel hinsichtlich der Zugehörigkeit nicht gesondert ausgefertigter Einzelblätter zur Satzung ausgeräumt werden. Denn insbesondere nach vielen Jahren oder Jahrzehnten seit dem Satzungsbeschluss und der Bekanntmachung wird sich womöglich nicht mehr zweifelsfrei klären lassen, ob an diese Stellen tatsächlich die beschlossene, oder aber eine abweichende (ggf. Entwurfs-) Version übermittelt wurde. Zudem trägt gem. § 10 Abs. 3 Satz 2 BauGB allein die erlassende Kommune die Verantwortung dafür, dass in ihrer räumlichen Sphäre die „richtige“, d.h. die als Satzung beschlossene Fassung vorgehalten wird.

Der Senat weist darauf hin, dass es mit den aus Art. 26 Abs. 2 GO richterrechtlich abzuleitenden Ausfertigungsanforderungen nicht darum geht, den Gemeinden zu unterstellen, diese würden ansonsten im Nachhinein durch vorsätzliches strafbares Handeln Seiten beschlossener Satzungen manipulativ austauschen. Vielmehr besteht die Gefahr, dass im Rahmen der über einen langen Zeitraum erfolgenden Routinearbeit mit dem Planungsakt divergierende Fassungen regelnder Bebauungsplanbestandteile versehentlich ausgetauscht werden, sodass dann - möglicherweise nach vielen Jahren - insbesondere mangels Möglichkeit der Orientierung am Inhalt einer satzungswiedergebenden Bekanntmachung (§ 10 Abs. 3 BauGB, s.o.) kaum oder nicht mehr rekonstruiert werden kann, welche Fassung tatsächlich beschlossen wurde. Es bedarf in diesem Zusammenhang keiner abschließenden Entscheidung, ob eine hinreichende „gedankliche Schnur“ bestehen würde bzw. ob die Identitätsfunktion der Ausfertigung nach Art. 26 Abs. 2 GO hinreichend erfüllt wäre, wenn es von Beginn der Planung an nur eine einzige Fassung der textlichen Festsetzung gegeben hätte (weil dann möglicherweise jeder Zweifel an der Zugehörigkeit der nicht gesondert ausgefertigten Einzelblätter zur Satzung ausgeschlossen wäre). Denn um einen solchen Fall geht es vorliegend nicht. In den Planungsakten der Antragsgegnerin existieren vielmehr verschiedene Fassungen der textlichen Festsetzungen, die alle die identische Fußleiste „Textl. Festsetzungen zum Bebauungsplan ‚B …- …- …‘ - Deckblatt Nr. 6“ tragen. Auch wenn die am 9. Dezember 2015 ausgefertigten textlichen Festsetzungen im Wesentlichen mit dem am 7. Mai 2014 ausgefertigten Textteil sowie der Entwurfsfassung der Beteiligungsverfahren gem. § 3 Abs. 2, § 4 Abs. 2 BauGB identisch sind, weist die erste Entwurfsfassung, die Gegenstand der frühen Beteiligungsverfahren gem. § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 BauGB war, nicht unerhebliche inhaltliche Unterschiede zu der als Satzung beschlossenen und am 9. Dezember 2015 erneut ausgefertigten Fassung auf. Dies betrifft neben dem einleitenden Satz auf Seite 1 („Damit werden alle bisherigen Festsetzungen ersetzt.“), der im Erstentwurf nicht enthalten war, den Regelungsort „Landwirtschaftlich genutzte Nachbargrundstücke“ [Nr. „0.10.2“ (Satzungsfassung) bzw. „0.7“ (Fassung Verfahren § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 BauGB)], die Nummerierung ab „0.7.“ sowie die Versorgungsträgerbezeichnungen in „0.10.3“ (Satzungsfassung) bzw. „0.11.2“ (Fassung Verfahren § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 BauGB). Jedenfalls (auch) aus diesem Grund vermag die Ausfertigungsunterschrift auf Blatt 6 der textlichen Festsetzung vom 9. Dezember 2015 nicht mit der hinreichenden Bestimmtheit, die eine Urkunde erfordert, zu garantieren, welcher genaue Satzungstext vom Gemeinderat beschlossen worden ist.

bb) Zu keinem anderen Ergebnis gelangt man, wenn entgegen der hier vertretenen Rechtsmeinung mit einer jedenfalls früher vertretenen Ansicht anderer Senate des Verwaltungsgerichtshofs eine Unterschrift des ersten Bürgermeisters oder seines Stellvertreters auf einem Schriftstück außerhalb der Satzungsurkunde - so etwa auf dem beglaubigten Auszug der Niederschrift der Rats- oder Ausschusssitzung mit dem Satzungsbeschluss (BayVGH, U.v. 18.11.1991 - 14 N 89.1153 - BayVBl. 1993, 146 = juris Rn. 62; U.v. 10.10.2000 - 20 N 98.3701 - juris Rn. 13; U.v. 2.5.2007 - 25 N 04.777 - juris Rn. 16) oder auf dem Bekanntmachungsvermerk (vgl. BayVGH, U.v. 16.3.1990 - 23 B 88.00567 - NVwZ-RR 1990, 588 = juris Rn. 30; U.v. 2.5.2007 a.a.O.) - als grundsätzlich ausreichend für eine Ausfertigung angesehen wird (zum Streitstand auch Ziegler, DVBl. 2010, 291 ff.). Denn auch nach dieser Meinung ist es unerlässlich, dass mit der Unterschriftsleistung die Identität des vom Rat bzw. Ausschuss gewollten und des ausgefertigten Inhalts ausreichend gewährleistet ist. D.h. auch insofern wird eine „gedankliche Schnur“ - im Sinne eines hergestellten gedanklichen Zusammenhangs von Satzungsinhalt und Beurkundung - gefordert, die jeden Zweifel an der Zugehörigkeit aller Teile des Bebauungsplans zur beschlossenen Satzung ausschließt (BayVGH, B.v. 6.7.2009 - 15 ZB 08.170 - juris Rn. 13; U.v. 18.11.1991 a.a.O. juris Rn. 62; U.v. 16.11.1992 - 14 N 90.2062 - juris Rn. 37; U.v. 10.10.2000 a.a.O. juris Rn. 13; U.v. 2.5.2007 a.a.O. juris Rn. 16). Vor diesem Hintergrund ist der Senat nicht gem. § 12 Abs. 1 i.V. mit § 11 Abs. 2 VwGO gehalten, den Großen Senat des Verwaltungsgerichtshofs wegen Divergenz anzurufen. Eine Entscheidung eines anderen Senats des Verwaltungsgerichtshofs, die in einem vergleichbaren Fall die Ausfertigung aufgrund einer hinreichenden körperlichen Verbindung oder einer hinreichenden „gedanklichen Schnur“ geprüft und als genügend bewertet hat, liegt nicht vor.

cc) Der erkennende Senat hält auch eine Vorlage wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 12 Abs. 1 i.V. mit § 11 Abs. 4 VwGO nicht für sachdienlich (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 25.2.1993 - 23 B 90.931 - NVwZ 1994, 88 = juris Rn. 25). Das hier gefundene Ergebnis entspricht für Bebauungspläne der logischen Fortentwicklung der Rechtsprechung des 1. und des 15. Senats der letzten neun Jahre bei körperlicher Trennung von Planzeichnung und textlichen Festsetzungen eines Bebauungsplans, die - soweit ersichtlich - bislang weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur auf grundsätzlichen Widerspruch gestoßen ist. Es entspricht ferner der u.a. auf das Rechtsstaatsgebot rekurrierenden Rechtsfindung von Obergerichten anderer Bundesländer (vgl. insbes. SächsOVG, U.v. 6.6.2001 - 1 D 442/99 - NVwZ-RR 2002, 632 = juris Rn. 35; OVG NRW, U.v. 19.11.2015 - 2 D 57/14.NE - BauR 2016, 772 = juris Rn. 55 ff.). Ob den Anforderungen an die „gedankliche Schnur“ genügt wurde, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalls und mag ggf. auch davon abhängen, ob es aufgrund mehrerer im Planungsakt vorhandener Fassungen des Satzungstextes bzw. sonstiger Satzungsbestandteile zu Verwechslungen kommen kann (s.o.). Zudem hält es der Senat für erwägenswert, dass bei sonstigen Rechtsnormen im Range unterhalb förmlicher Gesetze ggf. weniger strenge Anforderungen zu stellen sind, weil dort über die Verkündung bzw. Bekanntmachung ein in rechtsstaatlicher Hinsicht kompensierendes - identitätsstiftendes und Rechtssicherheit schaffendes - Publizitätsinstrument bereitsteht, das bei Bebauungsplänen wegen § 10 Abs. 3 BauGB so nicht normativ vorgegeben ist (s.o.). Insofern vermögen die vom Vertreter des öffentlichen Interesses vorgebrachten Beispielsfälle aus dem Naturschutzrecht ein besonderes Bedürfnis an einer vereinheitlichenden Rechtsprechung nicht zu begründen.

b) Der Änderungsbebauungsplan leidet hinsichtlich der nordwestlich des Grundstücks des Antragstellers zu 1 auf FlNr. … festgesetzten öffentlichen Parkplatz- und Wendefläche mit 14 Stellplätzen zudem an einem gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB beachtlichen Ermittlungs- und Bewertungsdefizit i.S. von § 2 Abs. 3 BauGB. Vorliegend fehlt es an hinreichenden Ermittlungen und Bewertungen der Antragsgegnerin in Bezug auf die Belastung der Wohngrundstücke der Antragsteller durch die künftige Nutzung der 14 Stellplätze auf der neu ausgewiesenen öffentlichen Parkfläche. Beim Satzungsbeschluss wurden hierzu keinerlei Daten erhoben und für den beschließenden Ausschuss bereitgestellt. Vorhandenes, nachträglich erhobenes Datenmaterial rechtfertigt nicht den Schluss, dass das Ermittlungs- und Bewertungsdefizit nicht auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist (§ 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB).

aa) Das Abwägungsgebot verpflichtet die Gemeinde, die für die Planung bedeutsamen öffentlichen und privaten Belange (Abwägungsmaterial) zu ermitteln und zu bewerten (§ 2 Abs. 3 BauGB) sowie sie gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen (§ 1 Abs. 7 BauGB). Das Abwägungsgebot gilt gemäß § 1 Abs. 8 BauGB auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen. Insgesamt unterliegt die Abwägung allerdings nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Gegen das rechtsstaatlich fundierte Gebot gerechter Abwägung wird verstoßen, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet (Abwägungsausfall), in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss (Abwägungsdefizit), wenn die Bedeutung dieser Belange verkannt wird (Abwägungsfehleinschätzung) oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (Abwägungsdisproportionalität). Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung des anderen entscheidet. Das Vorziehen und Zurücksetzen bestimmter Belange innerhalb des vorgegebenen Rahmens ist die „elementare planerische Entschließung“ der Gemeinde über die städtebauliche Entwicklung und Ordnung und kein aufsichtlich oder gerichtlich nachvollziehbarer Vorgang (BayVGH, U.v. 18.1.2017 - 15 N 14.2033 - juris Rn. 35 m.w.N.). Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan maßgebend (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB).

bb) Eine Abwägung auch unter Einbeziehung der geltend gemachten Belange der Antragsteller hat vorliegend tatsächlich stattgefunden. Dies ergibt sich aus den Niederschriften über die Sitzungen des beschließenden Bauausschusses am 9. Dezember 2013 und am 18. März 2014. Die Antragsgegnerin hat aber unter Verstoß gegen § 2 Abs. 3 BauGB nicht hinreichend ermittelt, welche Lärmauswirkungen die Nutzung des auf FlNr. … als ergänzende „öffentliche Straßenverkehrsfläche“ geplanten Parkplatzes mit 14 Stellplätzen mit Wendemöglichkeit auf die Wohngrundstücke der Antragsteller überhaupt hat. Während vormals die Abwägungsfehlerlehre ausschließlich aus dem materiellen Abwägungsgebot (heute § 1 Abs. 7 BauGB) abgeleitet wurde, sieht der Gesetzgeber mit dem durch das Europarechtsanpassungsgesetz Bau - EAG Bau - vom 24. Juni 2004 (BGBl. I S. 1359 ff.) neu eingeführten § 2 Abs. 3 BauGB Ermittlungs- und Bewertungsmängel nunmehr als Verfahrensmängel an (BayVGH, U.v. 18.1.2017 - 15 N 14.2033 - juris Rn. 36 m.w.N.). Gem. § 2 Abs. 3 BauGB sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten. Die Vorschrift verlangt, dass allen abwägungsrelevanten Belangen mit der erforderlichen Ermittlungstiefe nachgegangen wird, damit die so ermittelten Belange zutreffend gewichtet werden können und auch gewichtet werden. Weil sich die Antragsteller im Planungsverfahren ausdrücklich auf die künftige Lärmbelastung berufen haben, wäre es Sache der Antragsgegnerin gewesen, dem zunächst ermittelnd nachzugehen, um die zu prognostizierende Belastung der Antragsteller überhaupt richtig bewerten, d.h. mit dem gebotenen Gewicht der Abwägung zu Grunde legen zu können (vgl. BayVGH, U.v. 27.4.2016 - 9 N 13.1408 - juris Rn. 20 f.; B.v. 3.3.2017 - 15 NE 16.2315 - juris Rn. 25 m.w.N.).

Lärmschutzbelange sind grundsätzlich dann in die Abwägung einzubeziehen, wenn die Lärmbelastung infolge des Bebauungsplans ansteigt (vgl. jeweils m.w.N.: BayVGH, U.v. 27.4.2016 a.a.O. juris Rn. 21; VGH BW, U.v. 12.6.2012 - 8 S 1337/10 - ZfBR 2012, 669 = juris Rn. 25 ff.; OVG NRW, B.v. 17.1.2014 - 2 B 1367/13.NE - ZfBR 2014, 585 = juris Rn. 12 f.). Auch eine planbedingte Zunahme des Verkehrslärms bzw. (hier) eines Parkplatzlärms gehört daher zu den abwägungsrelevanten Belangen bei der Aufstellung eines Bebauungsplans (speziell u.a. bei Parkplatzlärm vgl. BayVGH, U.v. 20.10.2016 - 2 N 15.1060 - juris Rn. 21 ff., 44 ff.; VGH BW, U.v. 2.8.2012 - 5 S 1444/10 - juris Rn. 45; U.v. 24.2.2016 - 3 S 1256/15 - juris Rn. 40). Ist der Lärmzuwachs allerdings nur geringfügig oder wirkt er sich nur unwesentlich (d.h. nicht über eine vernachlässigenswerte Bagatellgrenze hinaus) auf ein Nachbargrundstück aus, so muss er nicht in die Abwägung eingestellt werden (vgl. BVerwG, B.v. 8.6.2004 - 4 BN 19.04 - BauR 2005, 829 = juris Rn. 6; B.v. 11.8.2015 - 4 BN 12.15 - BRS 83 Nr. 49 = juris Rn. 6 m.w.N.; BayVGH, B.v.19.8.2016 - 9 NE 16.1512 - juris Rn. 15). Ob vermehrte Verkehrslärmbeeinträchtigungen mehr als geringfügig zu Buche schlagen, lässt sich nicht anhand fester Maßstäbe beurteilen. Insbesondere lässt sich die Schwelle der Abwägungsrelevanz bei Verkehrslärmerhöhungen nicht alleine durch einen Vergleich von Lärmmesswerten bestimmen. Auch eine Lärmbelastung unterhalb einschlägiger Orientierungs- bzw. Grenzwerte (vgl. z.B. Beiblatt 1 zu DIN 18005 - Teil 1; § 2 16. BImSchV; Nr. 6 TA Lärm) kann zum Abwägungsmaterial gehören (OVG NRW, U.v. 8.10.2015 - 2 D 35/14.NE - juris Rn. 41; VGH BW, U.v. 12.6.2012 - 8 S 1337/10 - ZfBR 2012, 669 = juris Rn. 28; B.v. 9.8.2016 - 5 S 437/16 - BauR 2016, 2073 = juris Rn. 20); dasselbe kann sogar bei einer Verkehrslärmzunahme der Fall sein, die für das menschliche Ohr kaum wahrnehmbar ist (VGH BW, B.v. 9.8.2016 - 5 S 437/16 - BauR 2016, 2073 = juris Rn. 20; im Fall einer Verkehrslärmzunahme unterhalb des 3-dB(A)-Kriteriums des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 der 16. BImSchV vgl. BVerwG, U.v. 18.7.2013 - 4 CN 3.12 - BVerwGE 147, 206 = juris Rn. 27). Es bedarf stets einer einzelfallbezogenen, wertenden Betrachtung der konkreten Verhältnisse unter Berücksichtigung der Vorbelastung und Schutzwürdigkeit des jeweiligen Gebiets (BVerwG, B.v. 12.1.2015 - 4 BN 18.14 - ZfBR 2015, 271 = juris Rn. 23 m.w.N.; BayVGH, B.v. 26.3.2014 - 9 NE 13.2213 - juris Rn. 13; B.v. 3.3.2017 - 15 NE 16.2315 - juris Rn. 16).

Soweit nicht von vornherein „auf der Hand liegt“, dass es zu keinen abwägungsrelevanten Lärmzuwachsen kommen kann, trifft die planende Gemeinde im Vorfeld der eigentlichen Abwägung gem. § 2 Abs. 3 BauGB entsprechende Ermittlungspflichten. Erst wenn die Kommune klare Vorstellungen von den immissionsschutzrechtlichen Auswirkungen ihrer Planung hat, kann sie abschätzen, ob die Schwelle der Abwägungsrelevanz erreicht ist oder nicht bzw. mit welchem Gewicht eine zu prognostizierende Belastung in die Abwägung einzustellen ist. Verfügt sie insoweit nicht selbst über eine zuverlässige Datenbasis, so muss sie sich die erforderlichen Kenntnisse anderweitig verschaffen. Die Einholung eines Immissionsgutachtens bietet sich als ein für diesen Zweck geeignetes Mittel an (vgl. BVerwG, B.v. 19.8.2003 - 4 BN 51.03 - BauR 2004, 1132 = juris Rn. 5; BayVGH, U.v. 27.4.2016 - 9 N 13.1408 - juris Rn. 23). Die planende Gemeinde muss aber nicht stets umfangreiche gutachterliche Ermittlungen anstellen (lassen), um die konkrete Größenordnung der planbedingten Lärmauswirkungen exakt zu bestimmen. Dies gilt insbesondere dann, wenn schon eine grobe Abschätzung eindeutig erkennen lässt, dass wegen des ersichtlich geringen Ausmaßes zusätzlicher planbedingter Verkehrsbewegungen beachtliche nachteilige Lärmbeeinträchtigungen offensichtlich ausscheiden. Allerdings muss eine ermittelte Prognose hinreichend aussagekräftig sein, um die konkrete Planungssituation abwägungsgerecht beurteilen zu können. Der Satzungsgeber muss sich als Grundlage seiner Abwägungsentscheidung in einer Weise mit den zu erwartenden Lärmbeeinträchtigungen vertraut machen, die es ihm ermöglicht, hieraus entstehende Konflikte umfassend in ihrer Tragweite zu erkennen. Nur wenn dies der Fall ist, kann er zu einer sachgerechten Problembewältigung im Rahmen der Abwägung überhaupt in der Lage sein (vgl. BayVGH, U.v. 27.4.2016 - 9 N 13.1408 - juris Rn. 24; B.v. 3.3.2017 - 15 NE 16.2315 - juris Rn. 26; VGH BW, U.v. 24.7.2015 - 8 S 538/12 - BauR 2015, 1794 = juris Rn. 39 f.; OVG NRW, B.v. 17.1.2014 - 2 B 1367/13.NE - ZfBR 2014, 585 = juris Rn. 51). Setzt ein Bebauungsplan eine Straßenverkehrsfläche (hier: in Form einer öffentlichen Parkfläche) neben einem Wohngrundstück fest, kann nach Maßgabe von § 2 Abs. 3 BauGB nur dann auf die Ermittlung konkret zu erwartender Immissionswerte verzichtet werden, wenn schon nach der Zahl der täglich zu erwartenden Kfz-Bewegungen im Hinblick auf die konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls keine Belästigungen zu besorgen sind, die die Geringfügigkeitsgrenze überschreiten. Allerdings wird auch die Einschätzung, ob die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschritten wird, regelmäßig nicht ohne sachverständige Grobabschätzung der zu erwartenden Immissionen möglich sein (BayVGH, B.v. 3.3.2017 a.a.O.; VGH BW, U.v. 24.7.2015 a.a.O.).

Gemessen hieran stellt es einen Verstoß gegen § 2 Abs. 3 BauGB dar, dass die Antragsgegnerin die planbedingte Zunahme der Verkehrslärmbelastung für die Antragsteller durch die künftige Nutzung der Parkplätze nordwestlich des Grundstücks des Antragstellers zu 1 - unter Einbeziehung des hierauf bezogenen Zu- und Abgangsverkehrs auf der Erschließungs Straße „Im T“ sowie von Parkrangiervorgängen und Türenschlagen etc. - als Basis für die Abwägung und den Satzungsbeschluss nicht aufgeklärt hat. Es lag kein Sachverhalt vor, bei dem von vornherein ohne nähere Ermittlung und Bewertung „auf der Hand“ gelegen hätte, dass eine zusätzliche Lärmbelastung der Antragsteller im abwägungsunerheblichen Bagatell- bzw. Irrelevanzbereich liegen werde (vgl. als Gegenbeispiel den Fall lediglich marginal zunehmenden Anliegerverkehrs bei hinzukommenden vier Einfamilienhäusern mit je einer Wohneinheit: BayVGH. B.v. 19.8.2016 - 9 NE 16.1512 - juris Rn. 15). Es durfte mithin nicht ohne Weiteres die Lärm(zusatz) belastung durch den künftigen Parkverkehr derart vernachlässigt werden, dass jegliche Ermittlungen und Bewertungen hierzu unterblieben. Gerade weil sich die Antragsteller im Planaufstellungsverfahren mit rechtzeitigen Einwendungen auch zur Lärmfrage gegen den geplanten Parkplatz in ihrer Nachbarschaft gewandt haben, wäre es am Maßstab von § 2 Abs. 3 BauGB Sache der Antragsgegnerin gewesen, unter Berücksichtigung der pro Zeiteinheit mit Kraftfahrzeugen anfahrenden Besucher des Friedhofs und der künftigen Verteilung der insgesamt zur Verfügung stehenden Parkmöglichkeiten hinsichtlich der Lärmbelastung der Antragsteller eine auf einer geeigneten fachspezifischen Methode sowie auf realistischen Annahmen beruhende Prognose zu erstellen bzw. sachverständig erstellen zu lassen (vgl. speziell u.a. bei Parkplatzlärm: BayVGH, U.v. 20.10.2016 - 2 N 15.1060 - juris Rn. 44 ff.: Normenkontrollantrag gegen ein benachbartes Sondergebiet für eine Gaststätte mit einem Parkplatz / 12 Stellplätze; vgl. auch BVerwG, U.v. 16.10.2009 - 2 N 08.1463 - juris Rn. 17; VGH BW, U.v. 24.2.2016 - 3 S 1256/15 - juris Rn. 48 ff., 86 ff.; OVG NRW, U.v. 9.6.2016 - 7 D 39/14.NE - juris Rn. 57 ff.). Für diese Prognose hätte ein (eventuell) planbedingter Mehrverkehr auf dem betroffenen Teilstück der Straße „Im T“, die zu erwartenden Parkbewegungen auf dem geplanten Parkplatz in der Nachbarschaft der Antragsteller sowie hierauf aufbauend ein eventueller Anstieg der Verkehrslärmimmissionen ermittelt und bewertet werden müssen [zur Häufigkeit der Fahrzeugbewegung (= Anfahrt oder Abfahrt einschließlich Rangieren, Türenschlagen etc.) als wesentliche Einzugsgröße für die Beurteilung der Lärmbelastung eines Parkplatzes vgl. BayVGH, B.v. 23.11.2016 - 15 CS 16.1688 - juris Rn. 40; Bayerisches Landesamt für Umwelt, Parkplatzlärmstudie, 6. Aufl. 2007, S. 83]. Eine solche Prognose lag dem Satzungsbeschluss jedoch nicht zugrunde. Dem abschließend entscheidenden Bauausschuss der Antragsgegnerin war auf es dieser defizitären Ermittlungsbasis nicht möglich, alle unter Lärmgesichtspunkten relevanten Gesichtspunkte sachgerecht abzuwägen bzw. eindeutig abzuschichten, ob die durch die Parkflächen zu erwartende Lärmbelastung der Antragsteller einen abwägungserheblichen Belang darstellt oder nicht und ggf. mit welchem Gewicht diese in die Abwägung einzustellen war.

cc) Der Ermittlungsmangel ist am Maßstab von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB als beachtlich anzusehen. Nach der genannten Regelung ist eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften des Baugesetzbuchs für die Rechtswirksamkeit eines Bebauungsplans nur beachtlich, wenn entgegen § 2 Abs. 3 BauGB die von der Planung berührten Belange, die der Gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis von Einfluss gewesen ist.

Die Antragsgegnerin hat - wie gesehen - einen von der Planung berührten, abwägungserheblichen und damit „wesentlichen“ Belang (Lärmaspekt) nicht zutreffend ermittelt und bewertet (BVerwG, U.v. 9.4.2008 - 4 CN 1.07 - BVerwGE 131, 100 ff. = juris Rn. 22). Die „Offensichtlichkeit“ des Fehlers ergibt sich unmittelbar aus den Bebauungsplanakten, weil sich entsprechende Ermittlungen und Bewertungen in den Planungsakten nicht befinden und solche mithin auch nicht Gegenstand der Abwägung im beschließenden Gremium der Antragsgegnerin waren.

Der Mangel im Planungsvorgang ist schließlich auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen. Hiervon ist schon dann auszugehen, wenn nach den Umständen des Einzelfalls die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne ihn die Planung anders ausgefallen wäre (vgl. BVerwG, B.v. 30.1.2016 - 4 B 21.15 - juris Rn. 10; BayVGH, U.v. 18.1.2017 - 15 N 14.2033 - juris Rn. 42; B.v. 3.3.2017 - 15 NE 16.2315 - juris Rn. 28). Es kann nicht festgestellt werden, dass der Bauausschuss der Antragsgegnerin in jedem Falle den Satzungsbeschluss mit demselben Inhalt erlassen hätte. Auch der für die Stadtratssitzung am 1. Dezember 2014 (also nach dem Satzungsbeschluss) gefertigten „Information für den Stadtrat“ über die Fahrzeugbewegungen sowie über die mit einem Messgerät erhobenen Fahrgeschwindigkeiten an der Straße „Im T“ im Bereich der Antragstellergrundstücke lässt sich keine verlässliche Prognose über die Nutzungsfrequenz des künftigen Parkplatzes entnehmen. Unabhängig von der Frage, ob das über einen Zeitraum vom 9. Juli bis 16. Juli 2014 erhobene Zahlenmaterial repräsentativ ist, betreffen die diesbezüglich erhobenen Daten lediglich die aktuelle Nutzung der Stich Straße „Im T“ längs der beiden Grundstücke der Antragsteller bis zum (derzeitigen) Sackgassenende, also den Istzustand. Eine Prognose, mit welcher Verkehrsresp. Nutzungsdauer zu rechnen ist, wenn ein „offizieller“ neuer Parkplatz mit 14 Stellplätzen für die Friedhofsbesucher bereit steht, ist diesen nicht zu entnehmen. Es steht damit weiterhin die - mangels entsprechender Ermittlungen bislang unbeantwortete - Frage im Raum, ob bei Planungsumsetzung mit einer deutlich erhöhten Verkehrsbelastung resp. Parkfrequenz zu rechnen ist. Damit fehlt es an einer Basis, die den Schluss zuließe, dass der Ausschuss denselben Bebauungsplan bei Kenntnis der entsprechenden (bislang nicht aufgearbeiteten) Datenlage beschlossen hätte. Es ist auch nicht Sache des Normenkontrollgerichts, etwa über ein Sachverständigengutachten selbst zu ermitteln, ob sich eine potenzielle zusätzliche Belastungswirkung in einem Marginalbereich bewegt, der die Unbeachtlichkeit des Ermittlungsdefizits der Kommune gem. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB zur Folge haben könnte (vgl. BayVGH, U.v. 18.1.2017 - 15 N 14.2033 - juris Rn. 42).

dd) Das Ermittlungs- und Bewertungsdefizit ist auch nicht im Nachhinein gemäß § 215 Abs. 1 BauGB unbeachtlich geworden. Denn die Antragsteller haben die Verkehrslärmbelastung bereits mit Schreiben / Telefax ihres Bevollmächtigten vom 26. Juni 2014 - und damit keine zwei Monate nach der ersten Bekanntmachung des Änderungsbebauungsplans - als abwägungsfehlerhaft gerügt. Damit ist die Jahresfrist gemäß § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB eingehalten.

c) Der Ausfertigungsmangel - s.o. a) - erfasst die gesamte Satzung und führt damit zur Unwirksamkeit des gesamten Änderungsbebauungsplans. Es bedarf daher keiner weiteren Überlegungen, inwiefern das festgestellte Ermittlungs- und Bewertungsdefizit isoliert gesehen lediglich die Unwirksamkeit der Festsetzung des Parkplatzes (neue öffentliche Verkehrsfläche mit 14 Stellplätzen und Wendemöglichkeit), nicht jedoch die Gesamtunwirksamkeit der übrigen Teile des Änderungsbebauungsplans zur Folge hätte.

3. Der Senat hält es im Hinblick auf ein ggf. erneutes oder ergänzendes Bebauungsplanverfahren für sachgerecht, darauf hinzuweisen, dass die Antragsgegnerin nicht verpflichtet sein dürfte, am Durchgangsstraßenkonzept im Bereich der Grundstücke der Antragsteller festzuhalten.

Ebenso wie kein Anspruch auf die Aufstellung sowie die Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Bauleitplänen besteht (§ 1 Abs. 3 Satz 2, Abs. 8 BauGB), kennt die Rechtsordnung keinen „Plangewährleistungsanspruch“ in dem Sinne, dass ein bisheriger Bebauungsplan mit seinem konkreten Inhalt auf Dauer aufrecht zu erhalten ist und umgesetzt werden muss; das Vertrauen des Einzelnen in den Fortbestand der Planung wird grundsätzlich nur nach Maßgabe der §§ 39 ff. BauGB über das Planungsschadensrecht geschützt (BVerwG, B.v. 9.10.1996 - 4 B 180.96 - BayVBl. 1997, 154 = juris Rn. 6; BGH, U.v. 21.12.1989 - III ZR 118/88 - BGHZ 109, 380 = juris Rn. 29; BayVGH, B.v. 5.2.2015 - 2 CS 14.2456 - juris Rn. 22; OVG NRW, U.v. 18.9.2009 - 7 D 85/08.NE - juris Rn. 95; OVG Berlin, U.v. 20.2.1998 - 2 A 8.94 - NVwZ-RR1999, 108 = juris Rn. 29).

Auch in objektiv-rechtlicher Hinsicht ist nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin verpflichtet wäre, weiterhin an der ursprünglichen Planung einer durchgehenden Erschließungs Straße „Im T“ festzuhalten. Insbesondere ergibt sich eine solche Pflicht nicht aus § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass sich das einfachgesetzlich u.a. in § 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB verankerte sowie verfassungsrechtlich über Art. 28 Abs. 2 GG verbürgte planerische Ermessen der Gemeinde nur ausnahmsweise aus städtebaulichen Gründen, namentlich bei Vorliegen städtebaulicher Missstände, zu einer Planungspflicht verdichten kann (in Orientierung an § 136 Abs. 2 und Abs. 3 BauGB vgl. BVerwG, U.v. 17.9.2003 - 4 C 14.01 - BVerwGE 119, 25 = juris Rn. 16; BayVGH, U.v. 9.8.2012 - 8 A 10.40050 - juris Rn. 24). Dasselbe muss für die Aufgabe einer bisherigen Planung gelten. Eine Kommune kann allenfalls dann am Festhalten eines in einem geltenden Bebauungsplan manifestierten Planungskonzepts verpflichtet sein, wenn als Folge der Aufgabe der bisherigen Planung städtebauliche Missstände entstünden. Das ist aber vorliegend weder vorgetragen noch ersichtlich. Allein der Umstand, dass die Errichtung einer entsprechenden Durchgangs Straße für die Antragsteller ggf. praktischer wäre, um ihre Grundstücke auch über eine nordwestliche Verbindung anfahren zu können, begründet keinen entsprechenden Planungszwang der Antragsgegnerin. Da die Grundstücke der Antragsteller über die Anbindung der Straße „Im T“ an den W …weg und weiter über die J …- …-Straße bzw. die P …straße hinreichend straßenmäßig erschlossen sind, ist hinsichtlich des bisherigen (faktischen) Erschließungszustands kein städtebaulicher Missstand (vgl. § 136 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. g BauGB) erkennbar, der dem planerischen Verzicht auf eine in Richtung Nordwesten durchgehende Erschließungs Straße „Im T“ am Maßstab von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB entgegenstünde.

Soweit die Antragsgegnerin im Rahmen der Planbegründung (vgl. Umweltbericht Seite 11), im Rahmen des Aufstellungsbeschlusses vom 31. Januar 2013 sowie im Rahmen der Schlussabwägung vom 18. März 2014 damit argumentiert, dass die zwangsweise Durchsetzung der im mittlerweile 40 Jahre alten ursprünglichen Bebauungsplan vorgesehenen Durchgangs Straße an rechtliche Grenzen stoße, dürfte dies nicht sachwidrig und deshalb auch nicht am Maßstab von § 1 Abs. 7, Abs. 8 BauGB abwägungsfehlerhaft sein. Erhebliche rechtliche Bedenken an der Rechtmäßigkeit eines Enteignungsverfahrens gegenüber dem Eigentümer der FlNr. … zum Zwecke der Durchsetzung der ursprünglichen Planung (vgl. § 85 Abs. 1 Nr. 1 BauGB) - die ein Absehen hiervon seitens der Gemeinde als vertretbar und daher für die streitgegenständliche Planungsentscheidung sachgerecht erscheinen lassen - bestehen schon deshalb, weil fraglich ist, ob nach mehr als 40 Jahren unterlassener Durchsetzung des ursprünglichen Bebauungsplans noch von einer Rechtfertigung einer Enteignung ausgegangen werden kann. Denn gemäß § 87 Abs. 1 BauGB ist eine solche nur zulässig, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert. Letzteres ist - im Sinne einer strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung - im Rahmen einer Abwägung zu prüfen und zu entscheiden, in der die privaten, auf Bestandsschutz gerichteten Eigentümerinteressen mit dem öffentlichen Interesse an dem Entzug des Grundeigentums gegenübergestellt werden. Der Zugriff auf das Eigentum ist hiernach nur zulässig, wenn er einem besonderen, im öffentlichen Nutzen liegenden Zweck dient. Dabei reicht nicht jedes beliebige öffentliche Interesse aus. Die freiheitssichernde Funktion des Eigentums verlangt ein besonders schwerwiegendes, dringendes öffentliches Interesse (Battis in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 87 Rn. 2 m.w.N.; Runkel in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Oktober 2016, § 87 Rn. 21 f. m.w.N. sowie § 85 Rn. 97). Der Umstand, dass die Gemeinde bereits mehr als vier Jahrzehnte zugewartet hat, dürfte vorliegend gegen den fortbestehenden Gemeinwohlzweck sprechen (zum zeitlichen Aspekt vgl. auch BVerfG, B.v. 19.9.2007 - 1 BvR 1698/04 - juris Rn. 13; Runkel a.a.O. Rn. 56). Jedenfalls vor diesem Hintergrund kann - ohne dass der Senat hier eine inzidente Rechtmäßigkeitsprüfung aller Einzelheiten einer potenziellen Enteignung durchzuführen hätte - der Standpunkt der Gemeinde, von der bestehenden Planung einer Durchgangs Straße „Im T“ abzusehen, weil die Durchsetzung der Festsetzung wegen Zeitablaufs nunmehr auf rechtliche Grenzen stoßen kann, nicht als sachwidrig und deshalb abwägungsfehlerhaft angesehen werden. Auch wenn - wie die Antragsteller vortragen - die Stadtverwaltung gegenüber den beschließenden Ratsmitgliedern in juristisch-dogmatischer Hinsicht nicht völlig korrekt von „Verjährung“ des Bebauungsplans gesprochen haben sollte, dürfte hierin in der Sache keine inhaltliche Falschinformation zu sehen sein.

Im Übrigen dürfte nach den Umständen des Falles davon auszugehen sein, dass die ursprüngliche Festsetzung der Durchgangs Straße (heute „Im T“), soweit das Verbindungsstück zwischen der FlNr. … und der FlNr. … nach nunmehr über 40 Jahren seit Bekanntgabe des ursprünglichen Bebauungsplans nicht umgesetzt wurde, funktionslos geworden ist. Eine bauplanerische Festsetzung kann u.a. dann obsolet werden, wenn und soweit die tatsächlichen Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, ihre Verwirklichung auf unabsehbare Zeit ausschließen und diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient (BVerwG, B.v. 22.7.2010 - 4 B 22.10 - ZfBR 2010, 787 = juris Rn. 7 m.w.N.). Dies dürfte bei einer mehr als 40-jährigen Nichtumsetzung der Fall sein. So ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein planfeststellungsersetzender Bebauungsplan für ein Straßenvorhaben grundsätzlich nicht erforderlich im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB, wenn die Verwirklichung des Vorhabens in Orientierung an den fachplanerischen Fristen - vgl. heute § 75 Abs. 4 VwVfG bzw. Art. 75 Abs. 4 BayVwVfG - innerhalb eines Zeitraums von etwa zehn Jahren nach In-Kraft-Treten des Plans ausgeschlossen erscheint (BVerwG, U.v. 18.3.2004 - 4 CN 4.03 - BVerwGE 120, 239 = juris Rn. 10 f.; B.v. 26.1.2010 - 4 B 43.09 - ZfBR 2010, 376 = juris Rn. 10 f.; BayVGH, U.v. 17.3.2015 - 15 N 13.972 - juris Rn. 24 f.). Nicht nur planwidrige Grundstücksnutzungen, sondern auch andere Umstände wie das Fehlen der benötigten Finanzmittel können hiernach ein tatsächliches Hindernis sein, das der Verwirklichung der Planung auf unabsehbare Zeit entgegensteht und deshalb unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit ausschließt, dass der Plan wirksam wird. Liegen solche Hindernisse im Zeitpunkt der Planung noch nicht vor, treten sie aber später ein, so liegt der Schluss nahe, die Funktionslosigkeit nach denselben Maßstäben zu beurteilen; die Wertungsparallelität erlaubt die allgemeine Folgerung, dass ein Bebauungsplan funktionslos werden kann, wenn sich die Sach- oder Rechtslage nachträglich so verändert hat, dass ein Planvollzug auf unüberschaubare Zeit ausgeschlossen erscheint (BVerwG, B.v. 22.7.2010 - 4 B 22.10 - ZfBR 2010, 787 = juris Rn. 11; vgl. auch BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 4 CN 11.03 - BVerwGE 122, 207 = juris Rn. 34; OVG NRW, U.v. 18.2.2010 - 10 A 2472/08 - BauR 2010, 1543 = juris Rn. 41). Im vorliegenden Fall dürfte jedenfalls spätestens nach dem Scheitern der Verhandlungsgespräche mit dem Eigentümer des Grundstücks FlNr. … und dem anschließenden Aufstellungsbeschluss der Antragsgegnerin vom 21. Januar 2013 von Funktionslosigkeit auszugehen sein, weil die Gemeinde den Bau der Straße spätestens zu diesem Zeitpunkt offenkundig endgültig aufgegeben hat (BVerwG, B.v. 22.7.2010 a.a.O.).

Schon vor dem Hintergrund einer ohnehin nur kaum durchsetzbaren bzw. bereits obsoleten Straßenplanung dürften - ohne dass hier noch auf alle diesbezüglichen Einzelfragen einzugehen wäre - die Einwendungen der Antragsteller in Bezug auf ihre vormals auf die Erschließung für die ursprünglich geplante Durchgangs Straße gezahlten Vorausleistungen von vornherein von geringem Gewicht sein. Die Pflicht zur Zahlung von Erschließungsbeiträgen ist primär eine beitragsrechtliche Folge der Planung (§§ 131, 133 BauGB), hingegen weniger eine die Planung selbst determinierende Frage. Insofern stellt die Belastung mit Erschließungskosten grundsätzlich schon keinen überwiegenden privaten Belang dar, der dem öffentlichen Interesse an der Aufstellung eines Bebauungsplans unüberwindbar entgegensteht (vgl. BVerwG, U.v. 30.1.1976 - IV C 12.74 u.a. - BRS 30 Nr. 1). Sofern Belastungen mit Erschließungskosten überhaupt als abwägungserheblich anzusehen ist (vgl. BayVGH, U.v. 17.11.2014 - 9 N 13.1303 - juris Rn. 24; OVG Schl.-Holst., U.v. 29.6.2016 - 1 KN 16/15 - juris Rn. 47; VGH BW, U.v. 17.2.2014 - 5 S 3254/11 - BauR 2014, 1243 = juris Rn. 50), sind diese in der Bauleitplanung allenfalls - wenn entsprechender Anlass besteht und ohne dass es auf Detailfragen ankommt - „in groben Zügen abwägend zu bedenken“ (vgl. BVerwG, B.v. 30.8.2016 - 4 BN 10.16 - ZfBR 2017, 64 = juris Rn. 13 f.). Jedenfalls spricht im vorliegenden Fall nichts dafür, dass die Planung ein mit Blick auf die Erschließungskostenlast missbräuchliches Ziel verfolgt, weil z.B. mit ihr sachwidrig Beitragslasten ohne städtebauliche Gründe „abgeschoben“ werden sollen (vgl. OVG Schl.-Holst., U.v. 29.6.2016 a.a.O. m.w.N.).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung auf § 167 VwGO i.V. mit §§ 708 ff. ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

5. Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO muss die Antragsgegnerin die Ziffer I. der Entscheidungsformel nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils in derselben Weise veröffentlichen, wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre.

(1) Die Enteignung ist im einzelnen Fall nur zulässig, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise nicht erreicht werden kann.

(2) Die Enteignung setzt voraus, dass der Antragsteller sich ernsthaft um den freihändigen Erwerb des zu enteignenden Grundstücks zu angemessenen Bedingungen, unter den Voraussetzungen des § 100 Absatz 1 und 3 unter Angebot geeigneten anderen Landes, vergeblich bemüht hat. Der Antragsteller hat glaubhaft zu machen, dass das Grundstück innerhalb angemessener Frist zu dem vorgesehenen Zweck verwendet wird.

(3) Die Enteignung eines Grundstücks zu dem Zweck, es für die bauliche Nutzung vorzubereiten (§ 85 Absatz 1 Nummer 1) oder es der baulichen Nutzung zuzuführen (§ 85 Absatz 1 Nummer 2), darf nur zugunsten der Gemeinde oder eines öffentlichen Bedarfs- oder Erschließungsträgers erfolgen. In den Fällen des § 85 Absatz 1 Nummer 5 kann die Enteignung eines Grundstücks zugunsten eines Bauwilligen verlangt werden, der in der Lage ist, die Baumaßnahmen innerhalb angemessener Frist durchzuführen, und sich hierzu verpflichtet. Soweit im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet die Enteignung zugunsten der Gemeinde zulässig ist, kann sie auch zugunsten eines Sanierungsträgers erfolgen.

(4) Die Zulässigkeit der Enteignung wird durch die Vorschriften des Sechsten Teils des Zweiten Kapitels nicht berührt.

(1) Der Gemeinde steht ein Vorkaufsrecht zu beim Kauf von Grundstücken

1.
im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, soweit es sich um Flächen handelt, für die nach dem Bebauungsplan eine Nutzung für öffentliche Zwecke oder für Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 festgesetzt ist,
2.
in einem Umlegungsgebiet,
3.
in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet und städtebaulichen Entwicklungsbereich,
4.
im Geltungsbereich einer Satzung zur Sicherung von Durchführungsmaßnahmen des Stadtumbaus und einer Erhaltungssatzung,
5.
im Geltungsbereich eines Flächennutzungsplans, soweit es sich um unbebaute Flächen im Außenbereich handelt, für die nach dem Flächennutzungsplan eine Nutzung als Wohnbaufläche oder Wohngebiet dargestellt ist,
6.
in Gebieten, die nach den §§ 30, 33 oder 34 Absatz 2 vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden können, soweit die Grundstücke unbebaut sind, wobei ein Grundstück auch dann als unbebaut gilt, wenn es lediglich mit einer Einfriedung oder zu erkennbar vorläufigen Zwecken bebaut ist,
7.
in Gebieten, die zum Zweck des vorbeugenden Hochwasserschutzes von Bebauung freizuhalten sind, insbesondere in Überschwemmungsgebieten, sowie
8.
in Gebieten nach den §§ 30, 33 oder 34, wenn
a)
in diesen ein städtebaulicher Missstand im Sinne des § 136 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 3 vorliegt oder
b)
die baulichen Anlagen einen Missstand im Sinne des § 177 Absatz 2 aufweisen
und die Grundstücke dadurch erhebliche nachteilige Auswirkungen auf das soziale oder städtebauliche Umfeld aufweisen, insbesondere durch ihren baulichen Zustand oder ihre der öffentlichen Sicherheit und Ordnung widersprechende Nutzung.
Im Falle der Nummer 1 kann das Vorkaufsrecht bereits nach Beginn der Veröffentlichungsfrist nach § 3 Absatz 2 Satz 1 ausgeübt werden, wenn die Gemeinde einen Beschluss gefasst hat, einen Bebauungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen. Im Falle der Nummer 5 kann das Vorkaufsrecht bereits ausgeübt werden, wenn die Gemeinde einen Beschluss gefasst und ortsüblich bekannt gemacht hat, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen und wenn nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, dass der künftige Flächennutzungsplan eine solche Nutzung darstellen wird.

(2) Das Vorkaufsrecht steht der Gemeinde nicht zu beim Kauf von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz und von Erbbaurechten.

(3) Das Vorkaufsrecht darf nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt. Dem Wohl der Allgemeinheit kann insbesondere die Deckung eines Wohnbedarfs in der Gemeinde dienen. Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts hat die Gemeinde den Verwendungszweck des Grundstücks anzugeben.

(1) Der Verkäufer hat der Gemeinde den Inhalt des Kaufvertrags unverzüglich mitzuteilen; die Mitteilung des Verkäufers wird durch die Mitteilung des Käufers ersetzt. Das Grundbuchamt darf bei Kaufverträgen den Käufer als Eigentümer in das Grundbuch nur eintragen, wenn ihm die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts nachgewiesen ist. Besteht ein Vorkaufsrecht nicht oder wird es nicht ausgeübt, hat die Gemeinde auf Antrag eines Beteiligten darüber unverzüglich ein Zeugnis auszustellen. Das Zeugnis gilt als Verzicht auf die Ausübung des Vorkaufsrechts.

(2) Das Vorkaufsrecht kann nur binnen drei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer ausgeübt werden. Die §§ 463, 464 Absatz 2, §§ 465 bis 468 und 471 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind anzuwenden. Nach Mitteilung des Kaufvertrags ist auf Ersuchen der Gemeinde zur Sicherung ihres Anspruchs auf Übereignung des Grundstücks eine Vormerkung in das Grundbuch einzutragen; die Gemeinde trägt die Kosten der Eintragung der Vormerkung und ihrer Löschung. Das Vorkaufsrecht ist nicht übertragbar. Bei einem Eigentumserwerb auf Grund der Ausübung des Vorkaufsrechts erlöschen rechtsgeschäftliche Vorkaufsrechte. Wird die Gemeinde nach Ausübung des Vorkaufsrechts im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen, kann sie das Grundbuchamt ersuchen, eine zur Sicherung des Übereignungsanspruchs des Käufers im Grundbuch eingetragene Vormerkung zu löschen; sie darf das Ersuchen nur stellen, wenn die Ausübung des Vorkaufsrechts für den Käufer unanfechtbar ist.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 kann die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach dem Verkehrswert des Grundstücks (§ 194) im Zeitpunkt des Kaufes bestimmen, wenn der vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert überschreitet. In diesem Falle ist der Verkäufer berechtigt, bis zum Ablauf eines Monats nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts über die Ausübung des Vorkaufsrechts vom Vertrag zurückzutreten. Auf das Rücktrittsrecht sind die §§ 346 bis 349 und 351 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Tritt der Verkäufer vom Vertrag zurück, trägt die Gemeinde die Kosten des Vertrags auf der Grundlage des Verkehrswerts. Tritt der Verkäufer vom Vertrag nicht zurück, erlischt nach Ablauf der Rücktrittsfrist nach Satz 2 die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist. Führt die Gemeinde das Grundstück nicht innerhalb einer angemessenen Frist dem mit der Ausübung des Vorkaufsrechts verfolgten Zweck zu, hat sie dem Verkäufer einen Betrag in Höhe des Unterschieds zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem Verkehrswert zu zahlen. § 44 Absatz 3 Satz 2 und 3, § 43 Absatz 2 Satz 1 sowie die §§ 121 und 122 sind entsprechend anzuwenden.

(4) In den Fällen des § 24 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bestimmt die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Fünften Teils, wenn der Erwerb des Grundstücks für die Durchführung des Bebauungsplans erforderlich ist und es nach dem festgesetzten Verwendungszweck enteignet werden könnte. Mit der Unanfechtbarkeit des Bescheids über die Ausübung des Vorkaufsrechts erlischt die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist.

(5) Die Gemeinde kann für das Gemeindegebiet oder für sämtliche Grundstücke einer Gemarkung auf die Ausübung der ihr nach diesem Abschnitt zustehenden Rechte verzichten. Sie kann den Verzicht jederzeit für zukünftig abzuschließende Kaufverträge widerrufen. Der Verzicht und sein Widerruf sind ortsüblich bekannt zu machen. Die Gemeinde teilt dem Grundbuchamt den Wortlaut ihrer Erklärung mit. Hat die Gemeinde auf die Ausübung ihrer Rechte verzichtet, bedarf es eines Zeugnisses nach Absatz 1 Satz 3 nicht, soweit nicht ein Widerruf erklärt ist.

(6) Hat die Gemeinde das Vorkaufsrecht ausgeübt und sind einem Dritten dadurch Vermögensnachteile entstanden, hat sie dafür Entschädigung zu leisten, soweit dem Dritten ein vertragliches Recht zum Erwerb des Grundstücks zustand, bevor ein gesetzliches Vorkaufsrecht der Gemeinde auf Grund dieses Gesetzbuchs oder solcher landesrechtlicher Vorschriften, die durch § 186 des Bundesbaugesetzes aufgehoben worden sind, begründet worden ist. Die Vorschriften über die Entschädigung im Zweiten Abschnitt des Fünften Teils sind entsprechend anzuwenden. Kommt eine Einigung über die Entschädigung nicht zustande, entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Der Verkäufer hat der Gemeinde den Inhalt des Kaufvertrags unverzüglich mitzuteilen; die Mitteilung des Verkäufers wird durch die Mitteilung des Käufers ersetzt. Das Grundbuchamt darf bei Kaufverträgen den Käufer als Eigentümer in das Grundbuch nur eintragen, wenn ihm die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts nachgewiesen ist. Besteht ein Vorkaufsrecht nicht oder wird es nicht ausgeübt, hat die Gemeinde auf Antrag eines Beteiligten darüber unverzüglich ein Zeugnis auszustellen. Das Zeugnis gilt als Verzicht auf die Ausübung des Vorkaufsrechts.

(2) Das Vorkaufsrecht kann nur binnen drei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer ausgeübt werden. Die §§ 463, 464 Absatz 2, §§ 465 bis 468 und 471 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind anzuwenden. Nach Mitteilung des Kaufvertrags ist auf Ersuchen der Gemeinde zur Sicherung ihres Anspruchs auf Übereignung des Grundstücks eine Vormerkung in das Grundbuch einzutragen; die Gemeinde trägt die Kosten der Eintragung der Vormerkung und ihrer Löschung. Das Vorkaufsrecht ist nicht übertragbar. Bei einem Eigentumserwerb auf Grund der Ausübung des Vorkaufsrechts erlöschen rechtsgeschäftliche Vorkaufsrechte. Wird die Gemeinde nach Ausübung des Vorkaufsrechts im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen, kann sie das Grundbuchamt ersuchen, eine zur Sicherung des Übereignungsanspruchs des Käufers im Grundbuch eingetragene Vormerkung zu löschen; sie darf das Ersuchen nur stellen, wenn die Ausübung des Vorkaufsrechts für den Käufer unanfechtbar ist.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 kann die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach dem Verkehrswert des Grundstücks (§ 194) im Zeitpunkt des Kaufes bestimmen, wenn der vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert überschreitet. In diesem Falle ist der Verkäufer berechtigt, bis zum Ablauf eines Monats nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts über die Ausübung des Vorkaufsrechts vom Vertrag zurückzutreten. Auf das Rücktrittsrecht sind die §§ 346 bis 349 und 351 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Tritt der Verkäufer vom Vertrag zurück, trägt die Gemeinde die Kosten des Vertrags auf der Grundlage des Verkehrswerts. Tritt der Verkäufer vom Vertrag nicht zurück, erlischt nach Ablauf der Rücktrittsfrist nach Satz 2 die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist. Führt die Gemeinde das Grundstück nicht innerhalb einer angemessenen Frist dem mit der Ausübung des Vorkaufsrechts verfolgten Zweck zu, hat sie dem Verkäufer einen Betrag in Höhe des Unterschieds zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem Verkehrswert zu zahlen. § 44 Absatz 3 Satz 2 und 3, § 43 Absatz 2 Satz 1 sowie die §§ 121 und 122 sind entsprechend anzuwenden.

(4) In den Fällen des § 24 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bestimmt die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Fünften Teils, wenn der Erwerb des Grundstücks für die Durchführung des Bebauungsplans erforderlich ist und es nach dem festgesetzten Verwendungszweck enteignet werden könnte. Mit der Unanfechtbarkeit des Bescheids über die Ausübung des Vorkaufsrechts erlischt die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist.

(5) Die Gemeinde kann für das Gemeindegebiet oder für sämtliche Grundstücke einer Gemarkung auf die Ausübung der ihr nach diesem Abschnitt zustehenden Rechte verzichten. Sie kann den Verzicht jederzeit für zukünftig abzuschließende Kaufverträge widerrufen. Der Verzicht und sein Widerruf sind ortsüblich bekannt zu machen. Die Gemeinde teilt dem Grundbuchamt den Wortlaut ihrer Erklärung mit. Hat die Gemeinde auf die Ausübung ihrer Rechte verzichtet, bedarf es eines Zeugnisses nach Absatz 1 Satz 3 nicht, soweit nicht ein Widerruf erklärt ist.

(6) Hat die Gemeinde das Vorkaufsrecht ausgeübt und sind einem Dritten dadurch Vermögensnachteile entstanden, hat sie dafür Entschädigung zu leisten, soweit dem Dritten ein vertragliches Recht zum Erwerb des Grundstücks zustand, bevor ein gesetzliches Vorkaufsrecht der Gemeinde auf Grund dieses Gesetzbuchs oder solcher landesrechtlicher Vorschriften, die durch § 186 des Bundesbaugesetzes aufgehoben worden sind, begründet worden ist. Die Vorschriften über die Entschädigung im Zweiten Abschnitt des Fünften Teils sind entsprechend anzuwenden. Kommt eine Einigung über die Entschädigung nicht zustande, entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde.

(1) Nach diesem Gesetzbuch kann nur enteignet werden, um

1.
entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans ein Grundstück zu nutzen oder eine solche Nutzung vorzubereiten,
2.
unbebaute oder geringfügig bebaute Grundstücke, die nicht im Bereich eines Bebauungsplans, aber innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile liegen, insbesondere zur Schließung von Baulücken, entsprechend den baurechtlichen Vorschriften zu nutzen oder einer baulichen Nutzung zuzuführen,
3.
Grundstücke für die Entschädigung in Land zu beschaffen,
4.
durch Enteignung entzogene Rechte durch neue Rechte zu ersetzen,
5.
Grundstücke einer baulichen Nutzung zuzuführen, wenn ein Eigentümer die Verpflichtung nach § 176 Absatz 1 oder 2 nicht erfüllt,
6.
im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung eine bauliche Anlage aus den in § 172 Absatz 3 bis 5 bezeichneten Gründen zu erhalten oder
7.
im Geltungsbereich einer Satzung zur Sicherung von Durchführungsmaßnahmen des Stadtumbaus eine bauliche Anlage aus den in § 171d Absatz 3 bezeichneten Gründen zu erhalten oder zu beseitigen.

(2) Unberührt bleiben

1.
die Vorschriften über die Enteignung zu anderen als den in Absatz 1 genannten Zwecken,
2.
landesrechtliche Vorschriften über die Enteignung zu den in Absatz 1 Nummer 6 genannten Zwecken.

(1) Ein ehrenamtlicher Richter ist von seinem Amt zu entbinden, wenn er

1.
nach §§ 20 bis 22 nicht berufen werden konnte oder nicht mehr berufen werden kann oder
2.
seine Amtspflichten gröblich verletzt hat oder
3.
einen Ablehnungsgrund nach § 23 Abs. 1 geltend macht oder
4.
die zur Ausübung seines Amtes erforderlichen geistigen oder körperlichen Fähigkeiten nicht mehr besitzt oder
5.
seinen Wohnsitz im Gerichtsbezirk aufgibt.

(2) In besonderen Härtefällen kann außerdem auf Antrag von der weiteren Ausübung des Amtes entbunden werden.

(3) Die Entscheidung trifft ein Senat des Oberverwaltungsgerichts in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 2 und 4 auf Antrag des Präsidenten des Verwaltungsgerichts, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und 5 und des Absatzes 2 auf Antrag des ehrenamtlichen Richters. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß nach Anhörung des ehrenamtlichen Richters. Sie ist unanfechtbar.

(4) Absatz 3 gilt entsprechend in den Fällen des § 23 Abs. 2.

(5) Auf Antrag des ehrenamtlichen Richters ist die Entscheidung nach Absatz 3 von dem Senat des Oberverwaltungsgerichts aufzuheben, wenn Anklage nach § 21 Nr. 2 erhoben war und der Angeschuldigte rechtskräftig außer Verfolgung gesetzt oder freigesprochen worden ist.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Der Verkäufer hat der Gemeinde den Inhalt des Kaufvertrags unverzüglich mitzuteilen; die Mitteilung des Verkäufers wird durch die Mitteilung des Käufers ersetzt. Das Grundbuchamt darf bei Kaufverträgen den Käufer als Eigentümer in das Grundbuch nur eintragen, wenn ihm die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts nachgewiesen ist. Besteht ein Vorkaufsrecht nicht oder wird es nicht ausgeübt, hat die Gemeinde auf Antrag eines Beteiligten darüber unverzüglich ein Zeugnis auszustellen. Das Zeugnis gilt als Verzicht auf die Ausübung des Vorkaufsrechts.

(2) Das Vorkaufsrecht kann nur binnen drei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer ausgeübt werden. Die §§ 463, 464 Absatz 2, §§ 465 bis 468 und 471 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind anzuwenden. Nach Mitteilung des Kaufvertrags ist auf Ersuchen der Gemeinde zur Sicherung ihres Anspruchs auf Übereignung des Grundstücks eine Vormerkung in das Grundbuch einzutragen; die Gemeinde trägt die Kosten der Eintragung der Vormerkung und ihrer Löschung. Das Vorkaufsrecht ist nicht übertragbar. Bei einem Eigentumserwerb auf Grund der Ausübung des Vorkaufsrechts erlöschen rechtsgeschäftliche Vorkaufsrechte. Wird die Gemeinde nach Ausübung des Vorkaufsrechts im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen, kann sie das Grundbuchamt ersuchen, eine zur Sicherung des Übereignungsanspruchs des Käufers im Grundbuch eingetragene Vormerkung zu löschen; sie darf das Ersuchen nur stellen, wenn die Ausübung des Vorkaufsrechts für den Käufer unanfechtbar ist.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 kann die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach dem Verkehrswert des Grundstücks (§ 194) im Zeitpunkt des Kaufes bestimmen, wenn der vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert überschreitet. In diesem Falle ist der Verkäufer berechtigt, bis zum Ablauf eines Monats nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts über die Ausübung des Vorkaufsrechts vom Vertrag zurückzutreten. Auf das Rücktrittsrecht sind die §§ 346 bis 349 und 351 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Tritt der Verkäufer vom Vertrag zurück, trägt die Gemeinde die Kosten des Vertrags auf der Grundlage des Verkehrswerts. Tritt der Verkäufer vom Vertrag nicht zurück, erlischt nach Ablauf der Rücktrittsfrist nach Satz 2 die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist. Führt die Gemeinde das Grundstück nicht innerhalb einer angemessenen Frist dem mit der Ausübung des Vorkaufsrechts verfolgten Zweck zu, hat sie dem Verkäufer einen Betrag in Höhe des Unterschieds zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem Verkehrswert zu zahlen. § 44 Absatz 3 Satz 2 und 3, § 43 Absatz 2 Satz 1 sowie die §§ 121 und 122 sind entsprechend anzuwenden.

(4) In den Fällen des § 24 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bestimmt die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Fünften Teils, wenn der Erwerb des Grundstücks für die Durchführung des Bebauungsplans erforderlich ist und es nach dem festgesetzten Verwendungszweck enteignet werden könnte. Mit der Unanfechtbarkeit des Bescheids über die Ausübung des Vorkaufsrechts erlischt die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist.

(5) Die Gemeinde kann für das Gemeindegebiet oder für sämtliche Grundstücke einer Gemarkung auf die Ausübung der ihr nach diesem Abschnitt zustehenden Rechte verzichten. Sie kann den Verzicht jederzeit für zukünftig abzuschließende Kaufverträge widerrufen. Der Verzicht und sein Widerruf sind ortsüblich bekannt zu machen. Die Gemeinde teilt dem Grundbuchamt den Wortlaut ihrer Erklärung mit. Hat die Gemeinde auf die Ausübung ihrer Rechte verzichtet, bedarf es eines Zeugnisses nach Absatz 1 Satz 3 nicht, soweit nicht ein Widerruf erklärt ist.

(6) Hat die Gemeinde das Vorkaufsrecht ausgeübt und sind einem Dritten dadurch Vermögensnachteile entstanden, hat sie dafür Entschädigung zu leisten, soweit dem Dritten ein vertragliches Recht zum Erwerb des Grundstücks zustand, bevor ein gesetzliches Vorkaufsrecht der Gemeinde auf Grund dieses Gesetzbuchs oder solcher landesrechtlicher Vorschriften, die durch § 186 des Bundesbaugesetzes aufgehoben worden sind, begründet worden ist. Die Vorschriften über die Entschädigung im Zweiten Abschnitt des Fünften Teils sind entsprechend anzuwenden. Kommt eine Einigung über die Entschädigung nicht zustande, entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde.

(1) Der Verpflichtete hat dem Vorkaufsberechtigten den Inhalt des mit dem Dritten geschlossenen Vertrags unverzüglich mitzuteilen. Die Mitteilung des Verpflichteten wird durch die Mitteilung des Dritten ersetzt.

(2) Das Vorkaufsrecht kann bei Grundstücken nur bis zum Ablauf von zwei Monaten, bei anderen Gegenständen nur bis zum Ablauf einer Woche nach dem Empfang der Mitteilung ausgeübt werden. Ist für die Ausübung eine Frist bestimmt, so tritt diese an die Stelle der gesetzlichen Frist.

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(2) Die Ausschlussfrist von zwei Monaten gem. § 469 Abs. 2 Satz 1 BGB wird erst in Lauf gesetzt, wenn dem Vorkaufsberechtigten der richtige und vollständige Inhalt des das Vorkaufsrecht auslösenden Kaufvertrages mitgeteilt worden ist (RGZ 170, 208, 213; Senat, Urt. v. 29. Oktober 1993, V ZR 136/92, NJW 1994, 315, 316). Das gilt - entgegen der Ansicht der Revision - auch dann, wenn die Kaufvertragsparteien den Kaufgegenstand in dem mitgeteilten Vertrag irrtümlicherweise falsch bezeichnet hatten, sich über dessen Umfang jedoch einig waren und somit (s. o.) einen Vertrag mit diesem Inhalt, hier also über beide Grundstücke geschlossen haben. Die Mitteilungspflicht nach § 469 Abs. 1 Satz 1 BGB beruht darauf, dass der Berechtigte den richtigen und vollständigen Inhalt des Kaufvertrages für seine Entscheidung kennen muss (Senat, Urt. v. 29. Oktober 1993, V ZR 126/92, NJW 1994, 315). Er kennt ihn aber erst dann, wenn der Vertragstext für ihn als Dritten den zutreffenden Inhalt offenbart.

(1) Der Verkäufer hat der Gemeinde den Inhalt des Kaufvertrags unverzüglich mitzuteilen; die Mitteilung des Verkäufers wird durch die Mitteilung des Käufers ersetzt. Das Grundbuchamt darf bei Kaufverträgen den Käufer als Eigentümer in das Grundbuch nur eintragen, wenn ihm die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts nachgewiesen ist. Besteht ein Vorkaufsrecht nicht oder wird es nicht ausgeübt, hat die Gemeinde auf Antrag eines Beteiligten darüber unverzüglich ein Zeugnis auszustellen. Das Zeugnis gilt als Verzicht auf die Ausübung des Vorkaufsrechts.

(2) Das Vorkaufsrecht kann nur binnen drei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer ausgeübt werden. Die §§ 463, 464 Absatz 2, §§ 465 bis 468 und 471 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind anzuwenden. Nach Mitteilung des Kaufvertrags ist auf Ersuchen der Gemeinde zur Sicherung ihres Anspruchs auf Übereignung des Grundstücks eine Vormerkung in das Grundbuch einzutragen; die Gemeinde trägt die Kosten der Eintragung der Vormerkung und ihrer Löschung. Das Vorkaufsrecht ist nicht übertragbar. Bei einem Eigentumserwerb auf Grund der Ausübung des Vorkaufsrechts erlöschen rechtsgeschäftliche Vorkaufsrechte. Wird die Gemeinde nach Ausübung des Vorkaufsrechts im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen, kann sie das Grundbuchamt ersuchen, eine zur Sicherung des Übereignungsanspruchs des Käufers im Grundbuch eingetragene Vormerkung zu löschen; sie darf das Ersuchen nur stellen, wenn die Ausübung des Vorkaufsrechts für den Käufer unanfechtbar ist.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 kann die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach dem Verkehrswert des Grundstücks (§ 194) im Zeitpunkt des Kaufes bestimmen, wenn der vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert überschreitet. In diesem Falle ist der Verkäufer berechtigt, bis zum Ablauf eines Monats nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts über die Ausübung des Vorkaufsrechts vom Vertrag zurückzutreten. Auf das Rücktrittsrecht sind die §§ 346 bis 349 und 351 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Tritt der Verkäufer vom Vertrag zurück, trägt die Gemeinde die Kosten des Vertrags auf der Grundlage des Verkehrswerts. Tritt der Verkäufer vom Vertrag nicht zurück, erlischt nach Ablauf der Rücktrittsfrist nach Satz 2 die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist. Führt die Gemeinde das Grundstück nicht innerhalb einer angemessenen Frist dem mit der Ausübung des Vorkaufsrechts verfolgten Zweck zu, hat sie dem Verkäufer einen Betrag in Höhe des Unterschieds zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem Verkehrswert zu zahlen. § 44 Absatz 3 Satz 2 und 3, § 43 Absatz 2 Satz 1 sowie die §§ 121 und 122 sind entsprechend anzuwenden.

(4) In den Fällen des § 24 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bestimmt die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Fünften Teils, wenn der Erwerb des Grundstücks für die Durchführung des Bebauungsplans erforderlich ist und es nach dem festgesetzten Verwendungszweck enteignet werden könnte. Mit der Unanfechtbarkeit des Bescheids über die Ausübung des Vorkaufsrechts erlischt die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist.

(5) Die Gemeinde kann für das Gemeindegebiet oder für sämtliche Grundstücke einer Gemarkung auf die Ausübung der ihr nach diesem Abschnitt zustehenden Rechte verzichten. Sie kann den Verzicht jederzeit für zukünftig abzuschließende Kaufverträge widerrufen. Der Verzicht und sein Widerruf sind ortsüblich bekannt zu machen. Die Gemeinde teilt dem Grundbuchamt den Wortlaut ihrer Erklärung mit. Hat die Gemeinde auf die Ausübung ihrer Rechte verzichtet, bedarf es eines Zeugnisses nach Absatz 1 Satz 3 nicht, soweit nicht ein Widerruf erklärt ist.

(6) Hat die Gemeinde das Vorkaufsrecht ausgeübt und sind einem Dritten dadurch Vermögensnachteile entstanden, hat sie dafür Entschädigung zu leisten, soweit dem Dritten ein vertragliches Recht zum Erwerb des Grundstücks zustand, bevor ein gesetzliches Vorkaufsrecht der Gemeinde auf Grund dieses Gesetzbuchs oder solcher landesrechtlicher Vorschriften, die durch § 186 des Bundesbaugesetzes aufgehoben worden sind, begründet worden ist. Die Vorschriften über die Entschädigung im Zweiten Abschnitt des Fünften Teils sind entsprechend anzuwenden. Kommt eine Einigung über die Entschädigung nicht zustande, entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde.

(1) Der Käufer kann die Ausübung des Vorkaufsrechts abwenden, wenn die Verwendung des Grundstücks nach den baurechtlichen Vorschriften oder den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme bestimmt oder mit ausreichender Sicherheit bestimmbar ist, der Käufer in der Lage ist, das Grundstück binnen angemessener Frist dementsprechend zu nutzen, und er sich vor Ablauf der Frist nach § 28 Absatz 2 Satz 1 hierzu verpflichtet. Weist eine auf dem Grundstück befindliche bauliche Anlage Missstände oder Mängel im Sinne des § 177 Absatz 2 und 3 Satz 1 auf, kann der Käufer die Ausübung des Vorkaufsrechts abwenden, wenn er diese Missstände oder Mängel binnen angemessener Frist beseitigen kann und er sich vor Ablauf der Frist nach § 28 Absatz 2 Satz 1 zur Beseitigung verpflichtet. Die Gemeinde hat die Frist nach § 28 Absatz 2 Satz 1 auf Antrag des Käufers um zwei Monate zu verlängern, wenn der Käufer vor Ablauf dieser Frist glaubhaft macht, dass er in der Lage ist, die in Satz 1 oder 2 genannten Voraussetzungen zu erfüllen.

(2) Ein Abwendungsrecht besteht nicht

1.
in den Fällen des § 24 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und
2.
in einem Umlegungsgebiet, wenn das Grundstück für Zwecke der Umlegung (§ 45) benötigt wird.

(1) Der Verkäufer hat der Gemeinde den Inhalt des Kaufvertrags unverzüglich mitzuteilen; die Mitteilung des Verkäufers wird durch die Mitteilung des Käufers ersetzt. Das Grundbuchamt darf bei Kaufverträgen den Käufer als Eigentümer in das Grundbuch nur eintragen, wenn ihm die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts nachgewiesen ist. Besteht ein Vorkaufsrecht nicht oder wird es nicht ausgeübt, hat die Gemeinde auf Antrag eines Beteiligten darüber unverzüglich ein Zeugnis auszustellen. Das Zeugnis gilt als Verzicht auf die Ausübung des Vorkaufsrechts.

(2) Das Vorkaufsrecht kann nur binnen drei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer ausgeübt werden. Die §§ 463, 464 Absatz 2, §§ 465 bis 468 und 471 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind anzuwenden. Nach Mitteilung des Kaufvertrags ist auf Ersuchen der Gemeinde zur Sicherung ihres Anspruchs auf Übereignung des Grundstücks eine Vormerkung in das Grundbuch einzutragen; die Gemeinde trägt die Kosten der Eintragung der Vormerkung und ihrer Löschung. Das Vorkaufsrecht ist nicht übertragbar. Bei einem Eigentumserwerb auf Grund der Ausübung des Vorkaufsrechts erlöschen rechtsgeschäftliche Vorkaufsrechte. Wird die Gemeinde nach Ausübung des Vorkaufsrechts im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen, kann sie das Grundbuchamt ersuchen, eine zur Sicherung des Übereignungsanspruchs des Käufers im Grundbuch eingetragene Vormerkung zu löschen; sie darf das Ersuchen nur stellen, wenn die Ausübung des Vorkaufsrechts für den Käufer unanfechtbar ist.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 kann die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach dem Verkehrswert des Grundstücks (§ 194) im Zeitpunkt des Kaufes bestimmen, wenn der vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert überschreitet. In diesem Falle ist der Verkäufer berechtigt, bis zum Ablauf eines Monats nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts über die Ausübung des Vorkaufsrechts vom Vertrag zurückzutreten. Auf das Rücktrittsrecht sind die §§ 346 bis 349 und 351 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Tritt der Verkäufer vom Vertrag zurück, trägt die Gemeinde die Kosten des Vertrags auf der Grundlage des Verkehrswerts. Tritt der Verkäufer vom Vertrag nicht zurück, erlischt nach Ablauf der Rücktrittsfrist nach Satz 2 die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist. Führt die Gemeinde das Grundstück nicht innerhalb einer angemessenen Frist dem mit der Ausübung des Vorkaufsrechts verfolgten Zweck zu, hat sie dem Verkäufer einen Betrag in Höhe des Unterschieds zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem Verkehrswert zu zahlen. § 44 Absatz 3 Satz 2 und 3, § 43 Absatz 2 Satz 1 sowie die §§ 121 und 122 sind entsprechend anzuwenden.

(4) In den Fällen des § 24 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bestimmt die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Fünften Teils, wenn der Erwerb des Grundstücks für die Durchführung des Bebauungsplans erforderlich ist und es nach dem festgesetzten Verwendungszweck enteignet werden könnte. Mit der Unanfechtbarkeit des Bescheids über die Ausübung des Vorkaufsrechts erlischt die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist.

(5) Die Gemeinde kann für das Gemeindegebiet oder für sämtliche Grundstücke einer Gemarkung auf die Ausübung der ihr nach diesem Abschnitt zustehenden Rechte verzichten. Sie kann den Verzicht jederzeit für zukünftig abzuschließende Kaufverträge widerrufen. Der Verzicht und sein Widerruf sind ortsüblich bekannt zu machen. Die Gemeinde teilt dem Grundbuchamt den Wortlaut ihrer Erklärung mit. Hat die Gemeinde auf die Ausübung ihrer Rechte verzichtet, bedarf es eines Zeugnisses nach Absatz 1 Satz 3 nicht, soweit nicht ein Widerruf erklärt ist.

(6) Hat die Gemeinde das Vorkaufsrecht ausgeübt und sind einem Dritten dadurch Vermögensnachteile entstanden, hat sie dafür Entschädigung zu leisten, soweit dem Dritten ein vertragliches Recht zum Erwerb des Grundstücks zustand, bevor ein gesetzliches Vorkaufsrecht der Gemeinde auf Grund dieses Gesetzbuchs oder solcher landesrechtlicher Vorschriften, die durch § 186 des Bundesbaugesetzes aufgehoben worden sind, begründet worden ist. Die Vorschriften über die Entschädigung im Zweiten Abschnitt des Fünften Teils sind entsprechend anzuwenden. Kommt eine Einigung über die Entschädigung nicht zustande, entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde.

(1) Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Sie wird nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht.

(2) Auf die Wirksamkeit der Willenserklärung ist es ohne Einfluss, wenn der Erklärende nach der Abgabe stirbt oder geschäftsunfähig wird.

(3) Diese Vorschriften finden auch dann Anwendung, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben ist.

(1) Der Verkäufer hat der Gemeinde den Inhalt des Kaufvertrags unverzüglich mitzuteilen; die Mitteilung des Verkäufers wird durch die Mitteilung des Käufers ersetzt. Das Grundbuchamt darf bei Kaufverträgen den Käufer als Eigentümer in das Grundbuch nur eintragen, wenn ihm die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts nachgewiesen ist. Besteht ein Vorkaufsrecht nicht oder wird es nicht ausgeübt, hat die Gemeinde auf Antrag eines Beteiligten darüber unverzüglich ein Zeugnis auszustellen. Das Zeugnis gilt als Verzicht auf die Ausübung des Vorkaufsrechts.

(2) Das Vorkaufsrecht kann nur binnen drei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer ausgeübt werden. Die §§ 463, 464 Absatz 2, §§ 465 bis 468 und 471 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind anzuwenden. Nach Mitteilung des Kaufvertrags ist auf Ersuchen der Gemeinde zur Sicherung ihres Anspruchs auf Übereignung des Grundstücks eine Vormerkung in das Grundbuch einzutragen; die Gemeinde trägt die Kosten der Eintragung der Vormerkung und ihrer Löschung. Das Vorkaufsrecht ist nicht übertragbar. Bei einem Eigentumserwerb auf Grund der Ausübung des Vorkaufsrechts erlöschen rechtsgeschäftliche Vorkaufsrechte. Wird die Gemeinde nach Ausübung des Vorkaufsrechts im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen, kann sie das Grundbuchamt ersuchen, eine zur Sicherung des Übereignungsanspruchs des Käufers im Grundbuch eingetragene Vormerkung zu löschen; sie darf das Ersuchen nur stellen, wenn die Ausübung des Vorkaufsrechts für den Käufer unanfechtbar ist.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 kann die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach dem Verkehrswert des Grundstücks (§ 194) im Zeitpunkt des Kaufes bestimmen, wenn der vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert überschreitet. In diesem Falle ist der Verkäufer berechtigt, bis zum Ablauf eines Monats nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts über die Ausübung des Vorkaufsrechts vom Vertrag zurückzutreten. Auf das Rücktrittsrecht sind die §§ 346 bis 349 und 351 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Tritt der Verkäufer vom Vertrag zurück, trägt die Gemeinde die Kosten des Vertrags auf der Grundlage des Verkehrswerts. Tritt der Verkäufer vom Vertrag nicht zurück, erlischt nach Ablauf der Rücktrittsfrist nach Satz 2 die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist. Führt die Gemeinde das Grundstück nicht innerhalb einer angemessenen Frist dem mit der Ausübung des Vorkaufsrechts verfolgten Zweck zu, hat sie dem Verkäufer einen Betrag in Höhe des Unterschieds zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem Verkehrswert zu zahlen. § 44 Absatz 3 Satz 2 und 3, § 43 Absatz 2 Satz 1 sowie die §§ 121 und 122 sind entsprechend anzuwenden.

(4) In den Fällen des § 24 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bestimmt die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Fünften Teils, wenn der Erwerb des Grundstücks für die Durchführung des Bebauungsplans erforderlich ist und es nach dem festgesetzten Verwendungszweck enteignet werden könnte. Mit der Unanfechtbarkeit des Bescheids über die Ausübung des Vorkaufsrechts erlischt die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist.

(5) Die Gemeinde kann für das Gemeindegebiet oder für sämtliche Grundstücke einer Gemarkung auf die Ausübung der ihr nach diesem Abschnitt zustehenden Rechte verzichten. Sie kann den Verzicht jederzeit für zukünftig abzuschließende Kaufverträge widerrufen. Der Verzicht und sein Widerruf sind ortsüblich bekannt zu machen. Die Gemeinde teilt dem Grundbuchamt den Wortlaut ihrer Erklärung mit. Hat die Gemeinde auf die Ausübung ihrer Rechte verzichtet, bedarf es eines Zeugnisses nach Absatz 1 Satz 3 nicht, soweit nicht ein Widerruf erklärt ist.

(6) Hat die Gemeinde das Vorkaufsrecht ausgeübt und sind einem Dritten dadurch Vermögensnachteile entstanden, hat sie dafür Entschädigung zu leisten, soweit dem Dritten ein vertragliches Recht zum Erwerb des Grundstücks zustand, bevor ein gesetzliches Vorkaufsrecht der Gemeinde auf Grund dieses Gesetzbuchs oder solcher landesrechtlicher Vorschriften, die durch § 186 des Bundesbaugesetzes aufgehoben worden sind, begründet worden ist. Die Vorschriften über die Entschädigung im Zweiten Abschnitt des Fünften Teils sind entsprechend anzuwenden. Kommt eine Einigung über die Entschädigung nicht zustande, entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24. Januar 2008 - 2 K 2600/07- wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen die Ausübung eines Vorkaufsrechts durch die beklagte Stadt.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 21.02.2007 - ... UR .../07 - erwarben die Kläger zu gleichen Teilen vom inzwischen verstorbenen Ehemann der Beigeladenen das auf Gemarkung der Beklagten im Gewann „Johanneswegle“ gelegene Grundstück Flst. Nr. 7042 mit einer Fläche von 1.872 qm zu einem Kaufpreis von EUR 57.000,--. Das im Außenbereich liegende, landwirtschaftlich genutzte, möglicherweise noch mit Viehunterständen teilweise bebaute Grundstück liegt im Geltungsbereich des seit 24.07.2004 rechtsverbindlichen Flächennutzungsplans 2010 des Nachbarschaftsverbands Karlsruhe. Danach sind ca. 80 % der veräußerten Grundstücksfläche als Wohnbaufläche, der südöstliche Teilbereich hingegen als Grünfläche (Schutzstreifen zum angrenzenden Wald) dargestellt.
Von diesem Kaufvertrag erhielt die Beklagte, die dem Ehemann der Beigeladenen für eben dieses Grundstück im Hinblick auf die nur teilweise Darstellung einer Wohnbaufläche und die aufgrund der äußersten Randlage und der derzeitigen Planungsabsichten nicht absehbare Aufstellung eines Bebauungsplans unter dem 06.11.2006 ein Kaufangebot lediglich zu EUR 46.800,-- (1.872 qm x EUR 25,--/qm) unterbreitet hatte, am 26.02.2007 durch ein Schreiben des beurkundenden Notars vom 22.02.2007 Kenntnis, mit dem dieser namens und im Auftrag der Vertragsparteien die Ausstellung eines Negativzeugnisses nach § 28 Abs. 1 Satz 3 BauGB beantragt hatte.
Aufgrund einer Empfehlung des Planungsamtes der Beklagten vom 07.03.2007, innerhalb von Entwicklungsgebieten grundsätzlich „Vorratshaltung“ zu betreiben und zu diesem Zwecke das Vorkaufsrecht auszuüben, und der dortigen Erwägung, dass es ungeachtet dessen, dass (wenn überhaupt) erst langfristig mit einer Überplanung gerechnet werden könne, von Vorteil sei, dort langfristig über Manövriermasse (als Tauschland für künftige dem öffentlichen Interesse dienende Flächen) zu verfügen, beschloss der Verwaltungsausschuss der Beklagten in nichtöffentlicher Sitzung vom 27.03.2007, das der Beklagten an dem zwischen den bereits stadteigenen Grundstücken Flst. Nr. 7040/1 und Nr. 7043 liegenden Grundstück zustehende Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB auszuüben.
Nachdem die Beklagte die Kaufvertragsparteien unter dem 29.03.2007 über ihre Absicht, das Vorkaufsrecht auszuüben, in Kenntnis gesetzt und ihnen Gelegenheit zur Äußerung gegeben hatte, übte sie mit Bescheid vom 13.04.2007 gegenüber dem Ehemann der Beigeladenen das Vorkaufsrecht an dem Grundstück Flst. Nr. 7042 mit 1.872 qm zum vereinbarten Kaufpreis aus. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass sie in diesem Gebiet keinen allzu großen Flächenanteil besitze, weshalb sie das Grundstück zur Vergrößerung ihres dortigen Eigentumsanteils benötige. Bei diesem handle es sich um eine unbebaute Fläche im Außenbereich, für die im Flächennutzungsplan eine Wohnbaufläche dargestellt sei. Eine Abwendung des Vorkaufsrechts scheide aus, weil die Verwendung des Grundstücks noch nicht bestimmt bzw. mit ausreichender Sicherheit bestimmbar sei.
Gegen diesen ihnen nachrichtlich zugestellten Bescheid erhoben die Kläger am 25.04./30.04.2007 Widerspruch. Diesen begründeten Sie damit, dass sich der Begründung des Bescheids nicht entnehmen lasse, dass das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertige. Dieses sei kein Instrument einer gemeindlichen Bodenbevorratungspolitik. Das Grundstück liege auch eher im mittleren Bereich als am äußersten Rand des Flächennutzungsplans.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.06.2007 wies die Beklagte den Widerspruch der Kläger zurück. Die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB lägen vor. In dem vorgesehenen Wohngebiet im Gewann „Johanneswegle“ besitze sie keinen allzu großen Flächenanteil, weshalb das Grundstück zur Vergrößerung ihres dortigen Eigentumsanteils benötigt werde. Der Erwerb von Grundstücken als Austausch- oder Ersatzland, insbesondere zum Zwecke der Entschädigung in Land, sei ein in der Regel vom Wohl der Allgemeinheit im Sinne des § 24 Abs.3 BauGB gerechtfertigter Verwendungszweck. Eine Abwendung des Vorkaufsrechts scheide aus den Gründen des Ausgangsbescheids aus.
Entsprechend der dem Widerspruchsbescheid beigefügten Rechtsmittelbelehrung haben die Kläger Klage zum Landgericht Karlsruhe erhoben, mit der sie sich weiter gegen das ausgeübte Vorkaufsrecht wenden. Nach Zustellung der Klage an die Beklagte am 19.06.2007, hat das Landgericht Karlsruhe - Kammer für Baulandsachen - mit Beschluss vom 23.07.2007 - 2 O 250/07 - den Rechtsweg zu den Zivilgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Karlsruhe verwiesen. Zur Begründung ihrer Anfechtungsklage haben die Kläger geltend gemacht, dass die von der Beklagten angeführten Gründe die Ausübung des Vorkaufsrechts, die einen massiven Eingriff in die Vertragsfreiheit darstelle, nicht rechtfertigten. Dem Grundstück komme auch aufgrund seiner Lage keine besondere Bedeutung zu. Da nahezu jedes der dortigen Grundstücke bis an den südwestlichen Rand der ausgewiesenen Wohnbaufläche reiche, treffe die Begründung letztlich auf alle Grundstücke des Wohngebiets zu. Aufgrund der in § 24 Abs. 3 BauGB zum Ausdruck kommenden Intention des Gesetzgebers dürfe die Beklagte ihr Vorkaufsrecht jedoch nur beschränkt ausüben. So müsse das Wohl der Allgemeinheit gerade im Hinblick auf den Erwerb dieses Grundstücks begründet werden. Mit den von der Beklagten angeführten Gründen werde letztlich eine Bodenbevorratung für alle möglichen, später in Betracht kommenden denkbaren Zwecke betrieben. § 24 BauGB diene jedoch nicht einer gezielten gemeindlichen Bodenbevorratungspolitik; entsprechende Vorschläge der Gemeinden seien bewusst nicht ins Baugesetzbuch übernommen worden. Dass die Beklagte Austausch- und Ersatzland benötige, werde schließlich durch keinen konkreten Sachverhalt belegt, sondern stelle lediglich eine theoretische, allgemeine Überlegung dar, wie das Grundstück möglicherweise später verwendet werden könnte. Da das Vorkaufsrecht ein streng planakzessorisches Instrument sei, sei seine Ausübung etwa dann gerechtfertigt, wenn für die betroffenen Außenbereichsflächen „alsbald“ ein Bebauungsplan aufgestellt werden solle. Dies sei jedoch nach den Ausführungen der Beklagten im Schreiben vom 06.11.2006 gerade nicht der Fall. Im Übrigen komme nach dem Flächennutzungsplan ohnehin nur eine Teilfläche des Grundstücks für eine Wohnnutzung in Betracht, weshalb schon die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB nicht vorlägen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat darauf verwiesen, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 3 BauGB - anders als eine Enteignung (vgl. § 87 Abs. 1 BauGB) - bereits dann zulässig sei, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertige. Insofern genüge, dass der Erwerb des Grundstücks im Rahmen der tatbestandlichen Voraussetzungen zu den vom Gesetzgeber gebilligten boden- und eigentumspolitischen sowie städtebaulichen Zwecken erfolge und dabei überwiegende Vorteile für die Allgemeinheit angestrebt würden. Der gemeindliche Grunderwerb müsse mithin lediglich die Ziele und Zwecke einer Maßnahme fördern, mithin deren Durchführung erleichtern oder unterstützen. Bei den einzelnen Vorkaufstatbeständen gälten jeweils unterschiedliche Anforderungen an die Allgemeinwohlrechtfertigung. So müsse die jeweilige Verwendungsabsicht bei einem auf einen Flächennutzungsplan gestützten Vorkaufsrecht noch nicht so konkret sein, als wenn dieses auf einen Bebauungsplan gestützt werde. Insofern sei die im Widerspruchsbescheid angeführte Begründung ausreichend. Dem Grundstück komme im Übrigen durchaus besondere Bedeutung zu, nachdem es zwischen den bereits in ihrem Eigentum stehenden Grundstücken Flst. Nr. 7040/1 und Flst. Nr. 7043 liege; insofern könne sie eine Arrondierung zu einer Gesamtfläche von 6.554 qm vornehmen und verfüge dann über eine Manövriermasse auch als Tauschland für künftige dem öffentlichen Interesse dienende Flächen. Auch in der Vergangenheit habe sie immer wieder Grundstücke mit dem Ziel erworben, bei dem Allgemeinwohl dienenden Maßnahmen handlungsfähig zu sein. So sei etwa auch das Flurbereinigungsverfahren „B 3 Ettlingen“ mit den Baumaßnahmen B-3-Umgehung, Wattkopftunnel und Albhochwasserregulierung dadurch erheblich vereinfacht bzw. teilweise gar erst ermöglicht worden, dass sie selbst erworbene Grundstücke zur Verfügung habe stellen können. Dass eine Kommune eine Bodenvorratspolitik für Grundstücke im Außenbereich betreibe, die für eine Wohnnutzung in Frage kämen, sei städtebaulich im öffentlichen Interesse gerechtfertigt.
10 
Mit Urteil vom 24.01.2008 - 2 K 2600/07 - hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts könne der Verwaltungsakt, durch den das Vorkaufsrecht ausgeübt werde, auch vom Käufer angefochten werden. Die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Beklagte sei rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten. Dabei könne dahinstehen, ob die angefochtene Verfügung bereits deshalb rechtswidrig sei, weil die räumlichen Voraussetzungen des Vorkaufsrechts nur für eine nicht vermessene Teilfläche des verkauften Grundstücks zuträfen, das Vorkaufsrecht jedoch hinsichtlich des gesamten Grundstücks Flst. Nr. 7042 ausgeübt worden sei. Die angefochtenen Bescheide seien jedenfalls deshalb aufzuheben, weil die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht gem. § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt ist. Dies setzte ein qualifiziertes, sachlich objektiv öffentliches Interesse als Ergebnis einer Abwägung der im Einzelfall miteinander im Widerstreit stehenden (privaten und öffentlichen) Interessen voraus. Entscheidend sei, dass im Einzelfall dem mit dem jeweiligen Vorkaufstatbestand nach § 24 Abs. 1 Satz 1 BauGB verfolgten Zweck entsprochen werde. Auch dieser Vorkaufstatbestand sei erst durch das WoBauErIG 1990 und das WoBauLG 1993 geschaffen worden (§ 3 Abs. 1 BauGB-MaßnG 1990 und 1993). Zum 01.01.1998 sei dieses dann in das BauGB übernommen worden. Nach dem WoBauErIG 1990 hätten neben einer verbesserten Förderung des Wohnungsbaus zur Bewältigung der erhöhten Wohnungsnachfrage als flankierende Maßnahme zum BauGB zeitlich befristete Erleichterungen des Planungs- und Baurechts geschaffen werden sollen, damit Wohnbauland zügig und in ausreichendem Umfang ausgewiesen und die Zulassung von Wohnbauvorhaben im Rahmen einer geordneten städtebaulichen Entwicklung erleichtert würde (RegEWobauErIG). Das WoBauLG habe weitere Möglichkeiten zur verstärkten Ausweisung und Bereitstellung von Bauland, vor allem für Wohnzwecke gebracht. Das BauGB-MaßnG habe dann Maßnahmen im Planungs- und Baurecht vorgesehen, um den Wohnbedarf der Bevölkerung künftig besser erfüllen zu können. Dieses Ziel sei vor allem in § 1 Abs. 1 Satz 1 BauGB-MaßnG zum Ausdruck gekommen. Danach habe die Bauleitplanung einem dringenden Wohnbedarf der Bevölkerung Rechnung tragen sollen. Mit den Wohnzwecken dienenden Vorkaufsrechten habe die Vorbereitung und Durchführung von Wohnbauvorhaben in Gebieten erleichtert werden sollen, die die Gemeinde durch Bebauungspläne entwickeln wolle. Da der Gesetzgeber einen akuten Engpass auf dem Wohnungsbausektor habe überwinden wollen, habe das neue Vorkaufsrecht nur eingesetzt werden dürfen, um Wohnraum in absehbarer Zeit zu schaffen. Dessen Ausübung zum Zwecke einer allgemeinen Grundstücksbevorratung sei unzulässig gewesen. Diese mit der ursprünglichen Regelung verfolgten Ziele seien mit der Übernahme der Vorschriften in das BauGB 1998 nicht entfallen. Der Regierungsentwurf zum BauROG habe lediglich „das Ziel einer beschleunigten Bereitstellung von Bauland" aufgenommen, weshalb die Ausübung der Wohnzwecken dienenden Vorkaufsrechte nach wie vor nur gerechtfertigt sei, wenn die Gemeinde alsbald die planerischen Voraussetzungen für den Wohnungsbau schaffen wolle. Am Gemeinwohl fehle es deshalb insbesondere dann, wenn lediglich Planungsgewinn abgeschöpft oder der Grundstücksvorrat der Gemeinde erweitert werden solle. Die Aufstellung eines Bebauungsplans müsse daher in absehbarer Zeit beabsichtigt sein. Das mit dem WoBauErIG eingeführte Vorkaufsrecht habe im Bereich eines Flächennutzungsplans die zügige Bebauung neu auszuweisender Wohngebiete sichern helfen sollen. Seien die gemeindlichen Entwicklungsabsichten demgegenüber zeitlich und inhaltlich noch völlig unbestimmt, fehle es regelmäßig an einer Rechtfertigung durch das Wohl der Allgemeinheit. Wolle eine Gemeinde das zu erwerbende Grundstück als Austausch- oder Ersatzland verwenden, sei die Ausübung des Vorkaufsrechts vom Gemeinwohl nur dann gedeckt, wenn der Erwerb die zügige Schaffung von Wohnraum mittelbar erleichtern solle, etwa dann, wenn das Grundstück als Tauschland benötigt werde, um an anderer Stelle Wohnbauvorhaben verwirklichen zu können. Ein reiner Vorratserwerb widerspreche dem Gesetzeszweck und sei durch das Wohl der Allgemeinheit nicht gerechtfertigt. Vielmehr müsse die Gemeinde das Grundstück nach Schaffung der planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Bebauung alsbald im Rahmen ihrer Veräußerungspflicht nach § 89 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB dem Wohnungsbau zuzuführen. Ausgehend davon sei die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Beklagte rechtswidrig, da es dem Schreiben des Planungsamts vom 07.03.2007 zufolge lediglich der Vorratshaltung diene. Auch aus dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20.06.2003 (- 3 UE 371/03 - juris) folge nichts anderes. Danach solle es zwar ausreichen, dass eine der jeweiligen Darstellung im Flächennutzungsplan entsprechende Verwendungsabsicht vorliege, jedoch habe die Beklagte derzeit überhaupt noch keine (konkrete) Verwendungsabsicht für das erworbene Grundstück.
11 
Gegen dieses, ihr am 01.02.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21.02.2008 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, mit der sie (sinngemäß) beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24. Januar 2008 - 2 K 2600/07 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
13 
Innerhalb der auf rechtzeitigen Antrag bis zum 05.05.2008 verlängerten Begründungsfrist hat die Beklagte ihre Berufung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Ausübung des Vorkaufsrechts habe entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts durchaus dem Wohl der Allgemeinheit entsprochen. Es falle zunächst auf, dass sich das Verwaltungsgericht in seiner Begründung ausschließlich auf einen einzigen Baugesetzbuchkommentar (Brügelmann) stütze. Ziehe man dagegen andere Literatur heran, ergebe sich ein anderes Bild. Danach sei es unerheblich, ob das Grundstück später Wohnzwecken zugeführt oder für eine andere Nutzung verwendet werde. Auch sei es vom Wohl der Allgemeinheit regelmäßig gerechtfertigt, wenn der Erwerb von Grundstücken als Austausch oder Ersatzland, insbesondere zum Zwecke der Entschädigung in Land erfolge. Lediglich allgemeine bodenpolitische Erwägungen der Gemeinde reichten nicht aus. Auch der Entstehungsgeschichte lasse sich nicht entnehmen, dass das durch das BauGB-MaßnG geschaffene Vorkaufsrecht nur zur Schaffung von Wohnraum in absehbarer Zeit eingesetzt werden dürfte. Dagegen spreche bereits § 3 BauGB-MaßnG, welcher gerade nicht verlange, dass der in Aussicht genommene Bebauungsplan zur Bewältigung eines dringenden Wohnbedarfes aufgestellt werden müsse. Den Gemeinden habe ein Mittel zur Verfügung gestellt werden sollen, um langfristig bestimmte Grundstücke zu sichern und dadurch eine sinnvolle Steuerung der städtebaulichen Entwicklung zu ermöglichen. Dies ergebe sich aus der Entstehungsgesichte des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB, die nicht unabhängig von der Regelung in § 24 Abs. 1 Satz 3 BauGB interpretiert werden könne. Sinn und Zweck sei es gewesen, den Gemeinden den Zugriff auf künftiges Bauland bereits zu einem Zeitpunkt zu sichern, zu dem die Bauerwartung und damit auch der Verkehrswert noch relativ niedrig lägen. Dementsprechend sähen sowohl der Gesetzeswortlaut des § 3 BauGB-MaßnG als auch der Regierungsentwurf als alleinige Voraussetzung für die Ausübung des Vorkaufsrechtes das Vorliegen eines Flächennutzungsplans vor, der das betreffende Grundstück als Bauland ausweise. Nachdem für die rechtmäßige Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 3 BauGB noch nicht einmal das Bestehen eines Flächennutzungsplans erforderlich sei, könne kaum verlangt werden, dass in absehbarer Zeit bereits ein aus dem noch gar nicht vorliegenden Flächennutzungsplan zu entwickelnder Bebauungsplan realisiert werden solle. Eine zeitnahe Ausweisung von Bauland könne daher nicht gefordert werden. Aus den vom Verwaltungsgericht in Bezug genommenen Gesetzesmaterialien folge nichts anderes. Insbesondere folge aus einem etwa verfolgten Zweck, die Entwicklung von Bebauungsplänen zu erleichtern, noch keine zeitliche Begrenzung für die Ausübung eines auf § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB gestützten Vorkaufsrechts. Nach dem Gesetzeswortlaut genüge bereits die Planungsabsicht hinsichtlich eines Flächennutzungsplans. Daran, dass der Zukauf eines zwischen zwei städtischen Grundstücken liegenden Grundstückes zwecks Arrondierung des zu sichernden Baulandes den zuvor dargestellten gesetzlichen Zielsetzungen entspreche, könne nicht ernsthaft gezweifelt werden. Eine große Fläche sei städtebaulich wesentlich sinnvoller als Bauland zu erschließen als die derzeit äußerst schmalen Grundstücke. Auch aus der Veräußerungspflicht des § 89 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB ergebe sich keine Verpflichtung, das Grundstück zeitnah einer Wohnbebauung zuzuführen. Grundstücke, die zu öffentlichen Zwecken benötigt würden, seien von der Veräußerungspflicht gerade ausgenommen. Insofern sei ausreichend, dass im Flächennutzungsplan hinreichend konkrete Festlegungen getroffen worden seien.
14 
Die Kläger und die Beigeladene beantragen,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Die Kläger verteidigen das angefochtene Urteil und führen ergänzend aus: Nachdem nur ein Teil - ca. 80% - des von ihnen erworbenen Grundstücks als Wohnbaufläche dargestellt sei, seien schon die Voraussetzungen nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB hinsichtlich des ganzen Grundstücks nicht erfüllt. Das ausgeübte Vorkaufsrecht lasse sich auch nicht teilweise aufrechterhalten, da ihnen dann eine für sie nutzlose Fläche von ca. 240 qm verbliebe, was letztlich einer Enteignung gleichkäme. Die Ausführungen der Beklagten seien auch nicht geeignet, die Ausübung des Vorkaufsrechts als vom Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt anzusehen. Die geltend gemachte Arrondierung führe bei dem Zuschnitt der Grundstücke für sich genommen zu nichts. Ein qualifiziertes, sachlich objektiv öffentliches Interesse sei nicht zu erkennen. Einerseits sei von einem fiktiven Tausch- und Ersatzland, anderseits von Bauland die Rede. Bezeichnend sei der von einer Stadträtin gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts erhobene Einwand, „ dass man nicht wisse, wozu der Erwerb erfolgen solle“.
17 
Die Beigeladene schließt sich den Ausführungen der Kläger an.
18 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat der zulässigen Anfechtungsklage zu Recht stattgegeben und die Bescheide der Beklagten vom 13.04.2007 und 05.06.2007 aufgehoben.
20 
1. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen. Für den Rechtsweg folgt dies bereits aus § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG. Den Klägern steht aber auch die erforderliche Klagebefugnis (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO) zur Seite. So kann der Verwaltungsakt, durch den das Vorkaufsrecht ausgeübt wird, außer vom Verkäufer, dem gegenüber es auszuüben ist (vgl. § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB), auch vom Käufer angefochten werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.05.1982 - 4 B 98.82 -, Buchholz 406.11 § 25a BBauG Nr. 1; BGH, Urt. v. 05.07.1990 - III ZR 229/89 -, UPR 1990, 386, Urt. v. 05.05.1988 - III ZR105/87 -, NJW 1989, 37; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.10.1999 - 8 S 1281/99 -, VBlBW 2000, 93; zu § 25 Abs.1 LWaldG bereits Senat, Urt. v. 12.09.1997 - 5 S 2498/95 -, NuR 1998, 430), da diesem das vertraglich erworbene Recht auf Eigentumsverschaffung entzogen wird (vgl. Art. 14 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG).
21 
2. Das Verwaltungsgericht hat die Klage auch zu Recht als begründet angesehen. Der Bescheid der Beklagten vom 13.04.2007 über die Ausübung des ihr nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB zustehenden Vorkaufsrechts und deren Widerspruchsbescheid vom 05.06.2007 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger daher in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
22 
a) Dies dürfte sich allerdings nicht schon daraus ergeben, dass - wie die Kläger meinen - das von der Beklagten in Anspruch genommene Flächennutzungsplan-Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB für das von ihnen erworbene Grundstück Flst. Nr. 7042 schon nicht entstanden wäre. Ein (allgemeines) Vorkaufsrecht beim Kauf von Grundstücken steht einer Gemeinde u. a. im Geltungsbereich eines Flächennutzungsplans zu, s o w e i t es sich um unbebaute Flächen im Außenbereich handelt, für die nach dem Flächennutzungsplan eine Nutzung als Wohnbaufläche oder Wohngebiet dargestellt ist (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB).
23 
Zwar trifft es zu, dass der seit 24.07.2004 rechtswirksame Flächennutzungsplan 2010 des Nachbarschaftsverbandes Karlsruhe lediglich für den nordwestlichen Teilbereich (von ca. 80 %) des Grundstücks Flst. Nr. 7042 eine Wohnbaufläche darstellt. Dies führt indessen nur dazu, dass die Voraussetzungen für das Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB nicht für das gesamte Grundstück, sondern nur für die entsprechende, als Wohnbaufläche dargestellte Teilfläche vorlagen, sodass die Beklagte ihr Flächennutzungsplan-Vorkaufsrecht von vornherein nur in Bezug auf diese Teilfläche ausüben durfte (vgl. BGH, Urt. v. 05.07.1990, a.a.O.). Eine Beschränkung des von der Beklagten gleichwohl für das gesamte Grundstück in Anspruch genommenen Vorkaufsrechts auf jene Teilfläche wäre auch dann nicht zu beanstanden, wenn die Kläger mit dem Restgrundstück, wofür einiges spricht, nur mehr eine für sie nutzlose Fläche erwürben (vgl. BGH, Urt. v. 05.07.1990, a.a.O.). Mit diesem Einwand hätte selbst der Ehemann der Beigeladenen die Ausübung eines entsprechend beschränkten Vorkaufsrechts nicht verhindern können. Ihm wäre allenfalls die Möglichkeit verblieben, von der Beklagten jedenfalls die Übernahme auch des Restgrundstücks zu verlangen (vgl. §§ 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB, 467 Satz 2 BGB entspr., 92 Abs. 3 BauGB; hierzu auch BGH, Urt. v. 23.06.2006 - V ZR 17/06 -). Weitergehende Rechte stünden auch den Klägern nicht zu, die lediglich einen schuldrechtlichen Eigentumsverschaffungsanspruch haben. Sollte ihnen nicht zuzumuten sein, Eigentümer des Restgrundstücks zu werden, wären sie auf die Geltendmachung ihrer vertraglichen Rechte gegenüber der Beigeladenen beschränkt (vgl. BGH, Urt. v. 05.07.1990, a.a.O.). Auch im Hinblick auf den auf die Teilfläche entfallenden Kaufpreis - der Ehemann der Beigeladenen ging erkennbar von einem einheitlichen Richtwert von EUR 30,45 statt zunächst von EUR 36,--aus - bestünden keine Bedenken, den Bescheid teilweise aufrechtzuerhalten (vgl. §§ 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB, 467 Satz 1 BGB; hierzu BGH, Urt. v. 23.06.2006, a.a.O.).
24 
Das Flächennutzungsplan-Vorkaufsrecht wäre allerdings auch hinsichtlich der als Wohnbaufläche dargestellten Teilfläche bereits nicht entstanden bzw. dürfte nicht mehr ausgeübt werden, wenn diese - entgegen der offenbaren Annahme des Verwaltungsgerichts - (auch) noch zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages bzw. im Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht als „unbebaut“ anzusehen sein sollte (vgl. Ernst/Zinkahn/Bie-lenberg/Krautzberger, BauGB , § 24 Rn. 39); insofern bestehen aufgrund eines vom April 2005 datierenden Luftbildes (vgl. AS 81 der VG-Akten) nicht unerhebliche Zweifel. Ein Grundstück ist bereits dann als „bebaut“ anzusehen, wenn sich auf ihm eine bauliche Anlage im Sinne des § 29 Satz 1 BauGB befindet (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.10.1996 - 4 C 1.96 -, Buchholz 406.111 § 3 BauGB-MaßnG Nr. 1). Dies könnte hier (noch) der Fall sein, da auf der in Rede stehenden Teilfläche ausweislich des Luftbildes und der hierzu in der mündlichen Verhandlung gemachten Angaben der Beteiligten offenbar Viehunterstände errichtet wurden. Anders zu beurteilen wäre dies möglicherweise dann, wenn es sich hierbei, wofür freilich wenig spräche, nur um eine geringfügige Bebauung handelte (wie etwa bei einer Einzäunung oder Wegebefestigung, vgl. § 85 Abs. 1 Nr. 2 BauGB; Paetow in: Berliner Kommentar z. BauGB , § 24 Rn. 15; Stock, a.a.O., § 24 Rn. 37; anders BVerwG, Urt. v. 24.10.1996, a.a.O.; Krautzberger in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 10. A. 2007, § 24 Rn. 13; W. Schrödter, a.a.O., § 18c), aber auch dann, wenn eine nicht mehr genutzte und auch nicht mehr bestandsgeschützte oder - wie die Beklagte geltend macht - eine formell und materiell baurechtswidrige, erkennbar nicht legalisierungsfähige Anlage in Rede stünde (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.10.1996, a.a.O.; Paetow, a.a.O., § 24 Rn. 15). All dies kann indes hier dahinstehen.
25 
b) Denn auch dann, wenn das Flächennutzungsplan-Vorkaufsrecht aufgrund der in den maßgeblichen Zeitpunkten vorhandenen Bebauung hinsichtlich der als Wohnbaufläche dargestellten Teilfläche entstanden wäre und in der Folge auch grundsätzlich ausgeübt werden durfte, wäre dessen Ausübung (aufgrund eines Ausschussbeschlusses, vgl. zu entsprechenden - hier allerdings nicht bestehenden - Bedenken im Hinblick auf § 39 Abs. 2 Nr. 10 GemO VGH Bad.-Württ., Urt. v. 30.03.2009 - 8 S 31/08 -) mit dem Verwaltungsgericht jedenfalls als unzulässig anzusehen, weil das Wohl der Allgemeinheit - ausgehend von dem in den Bescheiden angegebenen (vgl. § 24 Abs. 3 Satz 2 BauGB) und ersichtlich auch allein beabsichtigten Verwendungszweck - eine solche nicht rechtfertigte (vgl. § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB).
26 
Auch nach Auffassung des Senats ist die Ausübung des Flächennutzungsplan-Vorkaufsrechts vom Wohl der Allgemeinheit nur dann gerechtfertigt, wenn der konkrete Verwendungszweck darin besteht, das Grundstück in absehbarer Zeit unmittelbar oder doch mittelbar Wohnzwecken zuzuführen, was im ersteren Falle zumindest voraussetzt, dass in absehbarer Zeit ein entsprechender Bebauungsplan aufgestellt werden soll. Daran fehlt es hier.
27 
Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist nur dann vom Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt (§ 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB), wenn – sollte es nicht bereits nach § 26 BauGB ausgeschlossen sein (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 01.03.1996 - 3 S 13/94 -) - damit im Einzelfall dem jeweils angegebenen, sich im gesetzlichen Zulässigkeitsrahmen bewegenden Verwendungszweck entsprochen wird; dies unterliegt in vollem Umfang der gerichtlichen Nachprüfung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.02.1990, Buchholz 406.11 § 24 BauGB Nr. 3, Beschl. v. 26.04.1993 - 4 B 31.93 -, NVwZ 1994, 282; auch BayVGH, Urt. v. 26.06.1985 - 1 B 84 A.1420 -, BayVBl. 1986, 181).
28 
Nach der in den angefochtenen Bescheiden gegebenen Begründung benötigte die Beklagte das Grundstück „zur Vergrößerung ihres Eigentumsanteils“ in dem im Flächennutzungsplan als Wohnbaufläche dargestellten Gebiet bzw. als Austausch- oder Ersatzland, insbesondere zum Zwecke der Entschädigung in Land. Ob sich dies noch im gesetzlichen Zulässigkeitsrahmen der dem Flächennutzungsplan-Vorkaufsrecht zugrundeliegenden Verwendungszwecke bewegt, begegnet bereits erheblichen Zweifeln. Jedenfalls wird ihnen vorliegend nicht entsprochen.
29 
Mit dem neu ins Baugesetzbuch aufgenommenen Flächennutzungsplan-Vorkaufsrecht des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB sollte nämlich, was bereits der Wortlaut nahe legt, allein dem Ziel Rechnung getragen werden, beschleunigt Wohnbauland bereitzustellen (vgl. BT-Drucks. 13/6392, S. 33).
30 
Dies erhellt letztlich auch aus der bereits vom Verwaltungsgericht herangezogenen Entstehungsgeschichte. So war das gemeindliche Vorkaufsrecht, das zunächst ein Instrument zur Sicherung der Bauleitplanung darstellt (BT-Drucks. 10/4630, S. 55), mit Inkrafttreten des Baugesetzbuchs gegenüber der BBauG-Novelle 1976, mit der es zu einem Instrument der Steuerung der gemeindlichen Bodenpolitik gemacht werden sollte, wieder auf die Fälle wirklichen städtebaulichen Bedürfnisses zurückgeführt worden (vgl. BT-Drucks. 10/4630, S. 56). Zwar brachte die - später auch ins Baugesetzbuch übernommene - Regelung in § 3 BauGB-Maßnahmegesetz wieder eine Erweiterung der gemeindlichen Vorkaufsrechte. Damit sollte jedoch lediglich die zügige Bebauung von noch im Bebauungsplan festzusetzenden Wohnbaugebieten erleichtert (vgl. RegE, BT-Drucks. 11/6508, S. 1, 11; auch § 1 Abs. 1 BauGB-MaßnG) bzw. dem Anliegen einer verstärkten Ausweisung und Bereitstellung von Bauland vor allem für Wohnbauzwecke Rechnung getragen werden (vgl. BT-Drucks. 12/4047, S. 2). Ein seinerzeit vom Bundesrat angeregtes umfassendes Vorkaufsrecht auch zur Baulandbevorratung (BT-Drucks. 12/4208, S. 7) sollte gerade nicht eingeführt werden (vgl. auch BT-Drucks. 12/4208, S. 22 f.). Auch mit der Übernahme dieser Regelung ins Baugesetzbuch wurde lediglich das Ziel einer beschleunigten Bereitstellung von Bauland weiterverfolgt (vgl. BT-Drucks. 13/6392, S. 33 f.). Die vom Bundesrat verlangte Ausdehnung des Vorkaufsrechts auf alle Bauflächen (vgl. BT-Drucks. 13/7886, S. 5) war demgegenüber nicht Gesetz geworden (vgl. bereits die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses BT-Drucks. 13/8019).
31 
(1) Inwiefern bereits mit der Vergrößerung des kommunalen Eigentumsanteils an Grundstücksflächen in einem als Wohnbaufläche dargestellten Gebiet konkret dem Anliegen des Gesetzgebers entsprochen würde, beschleunigt Wohnbauland bereitzustellen, ist nicht zu erkennen. Auch wenn die entsprechenden Angaben über den Verwendungszweck, deren Anforderungen sich nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls bestimmen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.02.1990, a.a.O.), so zu verstehen sein sollten bzw. - falls es sich insofern um eine bloße Ordnungsvorschrift handelte (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 15.02.1990, a.a.O.; Paetow, a.a.O., § 24 Rn. 22) - zumindest objektiv davon auszugehen wäre, dass die Vergrößerung des kommunalen Eigentumsanteils selbstredend einmal dem Wohnungsbau zugute kommen sollte, weil auch das erworbene Grundstück für eine Wohnnutzung in Frage käme, änderte dies nichts an der fehlenden Konkretheit einer solchen Verwendungsabsicht. Auf eine solche kann indes mit Rücksicht auf den mit diesem Vorkaufsrecht verfolgten Zweck und den Umstand nicht verzichtet werden, dass das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung des Vorkaufsrechts zwar nicht - wie bei der Enteignung - erfordern (vgl. § 87 Abs. 1 BauGB), aber doch insofern rechtfertigen muss, als im Hinblick auf eine bestimmte gemeindliche Aufgabe überwiegende Vorteile für die Allgemeinheit a n g e s t r e b t werden müssen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.02.1990, a.a.O.). Es genügt daher auch für das ins Baugesetzbuch übernommene Flächennutzungsplan-Vorkaufsrecht keineswegs, dass dieses nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB entstanden war und grundsätzlich auch zu seiner Ausübung berechtigte (vgl. BT-Drucks. 11/6508, S. 14). Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass dieses Vorkaufsrecht bei materieller Planreife des Flächennutzungsplanentwurfs ggf. auch bereits nach Beginn der öffentlichen Auslegung ausgeübt werden k a n n (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 3 BauGB; Roos, a.a.O., § 24 Rn. 71h; W. Schrödter, a.a.O., § 24 Rn. 18g; hierzu auch das sog. Parallelverfahren nach § 8 Abs. 3 BauGB). Denn dass im vorliegenden Fall überwiegende Vorteile für die Allgemeinheit (durch eine dem Flächennutzungsplan entsprechende Verwendung des Grundstücks als Wohnbauland) auch nur a n g e s t r e b t worden wären, ist nicht zu erkennen, nachdem nach den insoweit zeitlich und inhaltlich noch völlig unbestimmten (vgl. BT-Drucks. 11/6636, S. 27) Planungsvorstellungen der Beklagten, die hier auch nicht mit dem Plangeber des Flächennutzungsplans identisch ist, „(wenn überhaupt) erst langfristig mit einer Überplanung gerechnet werden kann“ (vgl. internes Schreiben des Planungsamtes der Beklagten vom 07.03.2007 an die städtische Finanzverwaltung/Liegenschaftsabteilung und das Schreiben an den Beigeladenen vom 06.11.2006). Insofern unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt auch von denjenigen, die den Urteilen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20.06.2003 – 3 UE 371/03 – (BRS 66 Nr. 123) und des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 09.03.2006 - Au 5 K 05.18 -) zugrunde lagen, wo jeweils gerade von einer angestrebten Verwendung entsprechend dem Flächennutzungsplan ausgegangen wurde. Dass vorliegend noch keinerlei konkrete Planungsvorstellungen bestanden, wird auch in den Ausführungen zur Abwendung des Vorkaufsrechts, dem Vermerk der Liegenschaftsabteilung vom 12.03.2007 und dem von einer Stadträtin erhobenen, offenbar nicht widerlegten Einwand deutlich. Von einer Rechtfertigung des Wohls der Allgemeinheit in obigem Sinne könnte aber nur ausgegangen werden, wenn zumindest in absehbarer Zeit ein Bebauungsplan für Wohnbauzwecke aufgestellt werden sollte (vgl. BT-Drs. 11/6636, S. 27).
32 
Soweit die Beklagte darauf abhebt, dass das Flächennutzungsplan-Vorkaufsrecht zeitlich nicht begrenzt sei, trifft dies zwar auf seine Entstehung und die spätere grundsätzliche Berechtigung zu seiner Ausübung zu; auch kommt es nicht darauf an, ob bzw. wann das Grundstück letztlich Wohnbauzwecken zugeführt wird (vgl. Stock, a.a.O., § 24 Rn. 33; hierzu auch HessVGH, Urt. v. 20.06.2003 – 3 UE 371/03 -, BRS 66 Nr. 123; BVerwG, Urt. v. 15.03.1995 - 4 B 33.95 -, Buchholz 406.11 § 24 BauGB Nr. 6). Dies ändert aber nichts daran, dass die A u s ü b u n g des der Gemeinde grundsätzlich zustehenden Vorkaufsrechts im Zeitpunkt seiner Ausübung zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids auch vom Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt sein muss (vgl. § 24 Abs. 3 BauGB). Und davon kann nicht die Rede sein, wenn zu diesem Zeitpunkt noch völlig offen ist, ob mit der Ausübung des Vorkaufsrechts überhaupt dem gesetzlich vorgegebenen Zweck entsprochen wird, insbesondere auch noch keinerlei Planentwürfe oder informelle Planungen vorliegen. Ob insofern nicht nur genügte, dass ein Bebauungsplan in absehbarer Zeit (vgl. BT-Drucks. 11/6636, S. 27; Roos in: Brügelmann, BauGB , § 24 Rn. 71b) bzw. in einem überschaubaren Zeitraum (vgl. Schrödter, a.a.O., § 24 Rn. 31) aufgestellt werden soll, sondern mit einem solchen demnächst (vgl. Paetow, a.a.O., § 24 Rn.27) oder gar alsbald (vgl. Stock, a.a.O., § 24 Rn. 77: dann regelmäßig erfüllt; Roos in: Brügelmann, BauGB , § 24 Rn. 71a) zu rechnen sein muss, kann hier dahinstehen. Insofern bestünde allerdings noch kein Widerspruch dazu, dass ein Grundstück bei Ausübung des allgemeinen Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB nicht alsbald plangemäß verwendet werden muss (hierzu LG Karlsruhe, Urt. v. 15.07.1983 – O (Baul) 10/83 -, VBlBW 1985, 72); denn bei einem Vorkaufsrecht besteht anders als hier bereits ein Bebauungsplan(entwurf). Zur Bewältigung eines dringenden Wohnungsbedarfs (vgl. § 1 BauGB-MaßnG) braucht ein solcher freilich im Hinblick auf die Gemeinwohlrechtfertigung nicht aufgestellt zu werden (vgl. Stock, a.a.O., § 24 Rn. 77).
33 
Auch der Hinweis der Beklagten auf die regelmäßig fehlende Parzellenschärfe des Flächennutzungsplans führt vorliegend nicht weiter. Diese rechtfertigt es lediglich, die Angabe des Verwendungszwecks (vgl. § 24 Abs. 3 Satz 2 BauGB) inhaltlich nicht streng auf das Grundstück zu beziehen, um das Vorkaufsrecht nicht weitgehend leerlaufen zu lassen. Insofern genügte es, wenn das Grundstück zur Verwirklichung der Wohnflächen- bzw. Wohngebietsdarstellung verwendet werden soll, ohne dass die spezifische Grundstücksnutzung schon feststehen muss (vgl. Stock, a.a.O., § 24 Rn. 80; Roos, a.a.O., § 24 Rn. 71c; hierzu auch BGH, Urt. v. 07.03.1975 – V ZR 92/73 -, MDR 1975, 565). Daran, dass die Verwirklichung der Wohnflächen- bzw. Wohngebietsdarstellung auch in zeitlicher Hinsicht konkret beabsichtigt sein muss, ändert dies nichts.
34 
(2) Soweit die Beklagte daneben auf die innerhalb von Entwicklungsgebieten grundsätzlich zu betreibende „Vorratshaltung“ bzw. auf den Erwerb von Manövriermasse bzw. von Austausch- und Ersatzland verweist, vermag dies allein die Ausübung des Flächennutzungsplan-Vorkaufsrechts ebenfalls nicht vom Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt erscheinen zu lassen (anders mglw. Krautzberger, a.a.O., § 24 Rn. 23; unklar Stock, a.a.O., § 24 Rn. 77). Die Beklagte übersieht, dass dies ungeachtet dessen, dass die Regelung des Vorkaufsrechts nach Übernahme der Regelungen des BauGB-Maßnahme-gesetz ins Baugesetzbuch zwar wieder erheblich ausgeweitet wurde und von den Gemeinden durchaus auch als Instrument gemeindlicher Bodenpolitik eingesetzt werden kann, nur im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen Vorkaufszwecke geschehen kann. Ein umfassendes allgemeines Vorkaufsrecht steht ihr nicht zu; das bisherige Vorkaufsrecht zum Erwerb von Austausch- und Ersatzland (§ 25a BBauG) ist schließlich bereits mit Inkrafttreten des Baugesetzbuchs entfallen. Auch der Erwerb von Grundstücken als Austausch- und Ersatzland kommt daher nur mehr im Rahmen der Zweckbindung der verbliebenen Vorkaufsrechte in Betracht (vgl. Paetow, a.a.O., § 24 Rn. 21; wohl auch BT-Drucks. 10/4630, S. 56; Stock, ZfBR 1987, 10 <13f.>). Hier ist jedoch auch nicht entfernt zu erkennen und schon gar nicht belegt, dass das in Rede stehende Grundstück konkret benötigt würde (W. Schrödter in Schrödter, BauGB, § 24 Rn. 19), um durch einen späteren Tausch zumindest mittelbar anderweit den Wohnungsbau zu fördern oder zu erleichtern (vgl. Roos, a.a.O., § 24 Rn. 71e; BT-Drucks. 11/6636, S. 27; vgl. zum Erwerb von Tauschland in einem Sanierungsgebiet VGH Bad.-Württ., Urt. v. 01.03.1996, a.a.O.). Reine bzw. allgemeine bodenpolitische Erwägungen, insbesondere eine Vorratshaltung („Horten“ bzw. „Hamstern“; hierzu auch BGH, Urt. v. 03.07.1975, a.a.O.) im Hinblick auf irgendwelche öffentliche Zwecke vermögen daher im Hinblick auf die strenge Planakzessorietät dieses allgemeinen Vorkaufsrechts (vgl. BayVGH, Urt. v. Urt. v. 26.06.1985, a.a.O.) dessen Ausübung nicht zu rechtfertigen (vgl. Stock, a.a.O., § 24 Rn. 64; Roos, a.a.O., § 24 Rn. 38, 71e; Krautzberger, a.a.O., § 24 Rn. 23; Paetow, a.a.O., § 24 Rn. 21; W. Schrödter, a.a.O., § 24 Rn. 30, 31). Daran ändert auch nichts, dass das in Rede stehende Grundstück teilweise objektiv für eine Wohnnutzung in Frage kommt (anders wohl HessVGH, Urt. v. 20.06.2003, a.a.O., Beschl. v. 23.08.2002 - 3 UZ 2064/02 -; ebenso VG Augsburg, Urt. v. 09.03.2006, a.a.O.)-
35 
Nach alldem musste die Berufung der Beklagten erfolglos bleiben.
36 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Der Senat sieht gemäß § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, sie für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
37 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
38 
Beschluss vom 25. Juni 2009
39 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf5.000,00 EUR festgesetzt, da davon auszugehen ist, dass die Beklagte als Berufungsführerin lediglich öffentliche Interessen verfolgt (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 30.03.2009 - 8 S 31/08 -). Insofern war an der (an der Streitwertfestsetzung für das erstinstanzliche Verfahren orientierten) vorläufigen Festsetzung nicht festzuhalten.
40 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
19 
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat der zulässigen Anfechtungsklage zu Recht stattgegeben und die Bescheide der Beklagten vom 13.04.2007 und 05.06.2007 aufgehoben.
20 
1. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen. Für den Rechtsweg folgt dies bereits aus § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG. Den Klägern steht aber auch die erforderliche Klagebefugnis (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO) zur Seite. So kann der Verwaltungsakt, durch den das Vorkaufsrecht ausgeübt wird, außer vom Verkäufer, dem gegenüber es auszuüben ist (vgl. § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB), auch vom Käufer angefochten werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.05.1982 - 4 B 98.82 -, Buchholz 406.11 § 25a BBauG Nr. 1; BGH, Urt. v. 05.07.1990 - III ZR 229/89 -, UPR 1990, 386, Urt. v. 05.05.1988 - III ZR105/87 -, NJW 1989, 37; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.10.1999 - 8 S 1281/99 -, VBlBW 2000, 93; zu § 25 Abs.1 LWaldG bereits Senat, Urt. v. 12.09.1997 - 5 S 2498/95 -, NuR 1998, 430), da diesem das vertraglich erworbene Recht auf Eigentumsverschaffung entzogen wird (vgl. Art. 14 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG).
21 
2. Das Verwaltungsgericht hat die Klage auch zu Recht als begründet angesehen. Der Bescheid der Beklagten vom 13.04.2007 über die Ausübung des ihr nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB zustehenden Vorkaufsrechts und deren Widerspruchsbescheid vom 05.06.2007 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger daher in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
22 
a) Dies dürfte sich allerdings nicht schon daraus ergeben, dass - wie die Kläger meinen - das von der Beklagten in Anspruch genommene Flächennutzungsplan-Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB für das von ihnen erworbene Grundstück Flst. Nr. 7042 schon nicht entstanden wäre. Ein (allgemeines) Vorkaufsrecht beim Kauf von Grundstücken steht einer Gemeinde u. a. im Geltungsbereich eines Flächennutzungsplans zu, s o w e i t es sich um unbebaute Flächen im Außenbereich handelt, für die nach dem Flächennutzungsplan eine Nutzung als Wohnbaufläche oder Wohngebiet dargestellt ist (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB).
23 
Zwar trifft es zu, dass der seit 24.07.2004 rechtswirksame Flächennutzungsplan 2010 des Nachbarschaftsverbandes Karlsruhe lediglich für den nordwestlichen Teilbereich (von ca. 80 %) des Grundstücks Flst. Nr. 7042 eine Wohnbaufläche darstellt. Dies führt indessen nur dazu, dass die Voraussetzungen für das Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB nicht für das gesamte Grundstück, sondern nur für die entsprechende, als Wohnbaufläche dargestellte Teilfläche vorlagen, sodass die Beklagte ihr Flächennutzungsplan-Vorkaufsrecht von vornherein nur in Bezug auf diese Teilfläche ausüben durfte (vgl. BGH, Urt. v. 05.07.1990, a.a.O.). Eine Beschränkung des von der Beklagten gleichwohl für das gesamte Grundstück in Anspruch genommenen Vorkaufsrechts auf jene Teilfläche wäre auch dann nicht zu beanstanden, wenn die Kläger mit dem Restgrundstück, wofür einiges spricht, nur mehr eine für sie nutzlose Fläche erwürben (vgl. BGH, Urt. v. 05.07.1990, a.a.O.). Mit diesem Einwand hätte selbst der Ehemann der Beigeladenen die Ausübung eines entsprechend beschränkten Vorkaufsrechts nicht verhindern können. Ihm wäre allenfalls die Möglichkeit verblieben, von der Beklagten jedenfalls die Übernahme auch des Restgrundstücks zu verlangen (vgl. §§ 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB, 467 Satz 2 BGB entspr., 92 Abs. 3 BauGB; hierzu auch BGH, Urt. v. 23.06.2006 - V ZR 17/06 -). Weitergehende Rechte stünden auch den Klägern nicht zu, die lediglich einen schuldrechtlichen Eigentumsverschaffungsanspruch haben. Sollte ihnen nicht zuzumuten sein, Eigentümer des Restgrundstücks zu werden, wären sie auf die Geltendmachung ihrer vertraglichen Rechte gegenüber der Beigeladenen beschränkt (vgl. BGH, Urt. v. 05.07.1990, a.a.O.). Auch im Hinblick auf den auf die Teilfläche entfallenden Kaufpreis - der Ehemann der Beigeladenen ging erkennbar von einem einheitlichen Richtwert von EUR 30,45 statt zunächst von EUR 36,--aus - bestünden keine Bedenken, den Bescheid teilweise aufrechtzuerhalten (vgl. §§ 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB, 467 Satz 1 BGB; hierzu BGH, Urt. v. 23.06.2006, a.a.O.).
24 
Das Flächennutzungsplan-Vorkaufsrecht wäre allerdings auch hinsichtlich der als Wohnbaufläche dargestellten Teilfläche bereits nicht entstanden bzw. dürfte nicht mehr ausgeübt werden, wenn diese - entgegen der offenbaren Annahme des Verwaltungsgerichts - (auch) noch zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages bzw. im Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht als „unbebaut“ anzusehen sein sollte (vgl. Ernst/Zinkahn/Bie-lenberg/Krautzberger, BauGB , § 24 Rn. 39); insofern bestehen aufgrund eines vom April 2005 datierenden Luftbildes (vgl. AS 81 der VG-Akten) nicht unerhebliche Zweifel. Ein Grundstück ist bereits dann als „bebaut“ anzusehen, wenn sich auf ihm eine bauliche Anlage im Sinne des § 29 Satz 1 BauGB befindet (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.10.1996 - 4 C 1.96 -, Buchholz 406.111 § 3 BauGB-MaßnG Nr. 1). Dies könnte hier (noch) der Fall sein, da auf der in Rede stehenden Teilfläche ausweislich des Luftbildes und der hierzu in der mündlichen Verhandlung gemachten Angaben der Beteiligten offenbar Viehunterstände errichtet wurden. Anders zu beurteilen wäre dies möglicherweise dann, wenn es sich hierbei, wofür freilich wenig spräche, nur um eine geringfügige Bebauung handelte (wie etwa bei einer Einzäunung oder Wegebefestigung, vgl. § 85 Abs. 1 Nr. 2 BauGB; Paetow in: Berliner Kommentar z. BauGB , § 24 Rn. 15; Stock, a.a.O., § 24 Rn. 37; anders BVerwG, Urt. v. 24.10.1996, a.a.O.; Krautzberger in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 10. A. 2007, § 24 Rn. 13; W. Schrödter, a.a.O., § 18c), aber auch dann, wenn eine nicht mehr genutzte und auch nicht mehr bestandsgeschützte oder - wie die Beklagte geltend macht - eine formell und materiell baurechtswidrige, erkennbar nicht legalisierungsfähige Anlage in Rede stünde (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.10.1996, a.a.O.; Paetow, a.a.O., § 24 Rn. 15). All dies kann indes hier dahinstehen.
25 
b) Denn auch dann, wenn das Flächennutzungsplan-Vorkaufsrecht aufgrund der in den maßgeblichen Zeitpunkten vorhandenen Bebauung hinsichtlich der als Wohnbaufläche dargestellten Teilfläche entstanden wäre und in der Folge auch grundsätzlich ausgeübt werden durfte, wäre dessen Ausübung (aufgrund eines Ausschussbeschlusses, vgl. zu entsprechenden - hier allerdings nicht bestehenden - Bedenken im Hinblick auf § 39 Abs. 2 Nr. 10 GemO VGH Bad.-Württ., Urt. v. 30.03.2009 - 8 S 31/08 -) mit dem Verwaltungsgericht jedenfalls als unzulässig anzusehen, weil das Wohl der Allgemeinheit - ausgehend von dem in den Bescheiden angegebenen (vgl. § 24 Abs. 3 Satz 2 BauGB) und ersichtlich auch allein beabsichtigten Verwendungszweck - eine solche nicht rechtfertigte (vgl. § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB).
26 
Auch nach Auffassung des Senats ist die Ausübung des Flächennutzungsplan-Vorkaufsrechts vom Wohl der Allgemeinheit nur dann gerechtfertigt, wenn der konkrete Verwendungszweck darin besteht, das Grundstück in absehbarer Zeit unmittelbar oder doch mittelbar Wohnzwecken zuzuführen, was im ersteren Falle zumindest voraussetzt, dass in absehbarer Zeit ein entsprechender Bebauungsplan aufgestellt werden soll. Daran fehlt es hier.
27 
Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist nur dann vom Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt (§ 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB), wenn – sollte es nicht bereits nach § 26 BauGB ausgeschlossen sein (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 01.03.1996 - 3 S 13/94 -) - damit im Einzelfall dem jeweils angegebenen, sich im gesetzlichen Zulässigkeitsrahmen bewegenden Verwendungszweck entsprochen wird; dies unterliegt in vollem Umfang der gerichtlichen Nachprüfung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.02.1990, Buchholz 406.11 § 24 BauGB Nr. 3, Beschl. v. 26.04.1993 - 4 B 31.93 -, NVwZ 1994, 282; auch BayVGH, Urt. v. 26.06.1985 - 1 B 84 A.1420 -, BayVBl. 1986, 181).
28 
Nach der in den angefochtenen Bescheiden gegebenen Begründung benötigte die Beklagte das Grundstück „zur Vergrößerung ihres Eigentumsanteils“ in dem im Flächennutzungsplan als Wohnbaufläche dargestellten Gebiet bzw. als Austausch- oder Ersatzland, insbesondere zum Zwecke der Entschädigung in Land. Ob sich dies noch im gesetzlichen Zulässigkeitsrahmen der dem Flächennutzungsplan-Vorkaufsrecht zugrundeliegenden Verwendungszwecke bewegt, begegnet bereits erheblichen Zweifeln. Jedenfalls wird ihnen vorliegend nicht entsprochen.
29 
Mit dem neu ins Baugesetzbuch aufgenommenen Flächennutzungsplan-Vorkaufsrecht des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB sollte nämlich, was bereits der Wortlaut nahe legt, allein dem Ziel Rechnung getragen werden, beschleunigt Wohnbauland bereitzustellen (vgl. BT-Drucks. 13/6392, S. 33).
30 
Dies erhellt letztlich auch aus der bereits vom Verwaltungsgericht herangezogenen Entstehungsgeschichte. So war das gemeindliche Vorkaufsrecht, das zunächst ein Instrument zur Sicherung der Bauleitplanung darstellt (BT-Drucks. 10/4630, S. 55), mit Inkrafttreten des Baugesetzbuchs gegenüber der BBauG-Novelle 1976, mit der es zu einem Instrument der Steuerung der gemeindlichen Bodenpolitik gemacht werden sollte, wieder auf die Fälle wirklichen städtebaulichen Bedürfnisses zurückgeführt worden (vgl. BT-Drucks. 10/4630, S. 56). Zwar brachte die - später auch ins Baugesetzbuch übernommene - Regelung in § 3 BauGB-Maßnahmegesetz wieder eine Erweiterung der gemeindlichen Vorkaufsrechte. Damit sollte jedoch lediglich die zügige Bebauung von noch im Bebauungsplan festzusetzenden Wohnbaugebieten erleichtert (vgl. RegE, BT-Drucks. 11/6508, S. 1, 11; auch § 1 Abs. 1 BauGB-MaßnG) bzw. dem Anliegen einer verstärkten Ausweisung und Bereitstellung von Bauland vor allem für Wohnbauzwecke Rechnung getragen werden (vgl. BT-Drucks. 12/4047, S. 2). Ein seinerzeit vom Bundesrat angeregtes umfassendes Vorkaufsrecht auch zur Baulandbevorratung (BT-Drucks. 12/4208, S. 7) sollte gerade nicht eingeführt werden (vgl. auch BT-Drucks. 12/4208, S. 22 f.). Auch mit der Übernahme dieser Regelung ins Baugesetzbuch wurde lediglich das Ziel einer beschleunigten Bereitstellung von Bauland weiterverfolgt (vgl. BT-Drucks. 13/6392, S. 33 f.). Die vom Bundesrat verlangte Ausdehnung des Vorkaufsrechts auf alle Bauflächen (vgl. BT-Drucks. 13/7886, S. 5) war demgegenüber nicht Gesetz geworden (vgl. bereits die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses BT-Drucks. 13/8019).
31 
(1) Inwiefern bereits mit der Vergrößerung des kommunalen Eigentumsanteils an Grundstücksflächen in einem als Wohnbaufläche dargestellten Gebiet konkret dem Anliegen des Gesetzgebers entsprochen würde, beschleunigt Wohnbauland bereitzustellen, ist nicht zu erkennen. Auch wenn die entsprechenden Angaben über den Verwendungszweck, deren Anforderungen sich nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls bestimmen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.02.1990, a.a.O.), so zu verstehen sein sollten bzw. - falls es sich insofern um eine bloße Ordnungsvorschrift handelte (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 15.02.1990, a.a.O.; Paetow, a.a.O., § 24 Rn. 22) - zumindest objektiv davon auszugehen wäre, dass die Vergrößerung des kommunalen Eigentumsanteils selbstredend einmal dem Wohnungsbau zugute kommen sollte, weil auch das erworbene Grundstück für eine Wohnnutzung in Frage käme, änderte dies nichts an der fehlenden Konkretheit einer solchen Verwendungsabsicht. Auf eine solche kann indes mit Rücksicht auf den mit diesem Vorkaufsrecht verfolgten Zweck und den Umstand nicht verzichtet werden, dass das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung des Vorkaufsrechts zwar nicht - wie bei der Enteignung - erfordern (vgl. § 87 Abs. 1 BauGB), aber doch insofern rechtfertigen muss, als im Hinblick auf eine bestimmte gemeindliche Aufgabe überwiegende Vorteile für die Allgemeinheit a n g e s t r e b t werden müssen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.02.1990, a.a.O.). Es genügt daher auch für das ins Baugesetzbuch übernommene Flächennutzungsplan-Vorkaufsrecht keineswegs, dass dieses nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB entstanden war und grundsätzlich auch zu seiner Ausübung berechtigte (vgl. BT-Drucks. 11/6508, S. 14). Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass dieses Vorkaufsrecht bei materieller Planreife des Flächennutzungsplanentwurfs ggf. auch bereits nach Beginn der öffentlichen Auslegung ausgeübt werden k a n n (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 3 BauGB; Roos, a.a.O., § 24 Rn. 71h; W. Schrödter, a.a.O., § 24 Rn. 18g; hierzu auch das sog. Parallelverfahren nach § 8 Abs. 3 BauGB). Denn dass im vorliegenden Fall überwiegende Vorteile für die Allgemeinheit (durch eine dem Flächennutzungsplan entsprechende Verwendung des Grundstücks als Wohnbauland) auch nur a n g e s t r e b t worden wären, ist nicht zu erkennen, nachdem nach den insoweit zeitlich und inhaltlich noch völlig unbestimmten (vgl. BT-Drucks. 11/6636, S. 27) Planungsvorstellungen der Beklagten, die hier auch nicht mit dem Plangeber des Flächennutzungsplans identisch ist, „(wenn überhaupt) erst langfristig mit einer Überplanung gerechnet werden kann“ (vgl. internes Schreiben des Planungsamtes der Beklagten vom 07.03.2007 an die städtische Finanzverwaltung/Liegenschaftsabteilung und das Schreiben an den Beigeladenen vom 06.11.2006). Insofern unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt auch von denjenigen, die den Urteilen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20.06.2003 – 3 UE 371/03 – (BRS 66 Nr. 123) und des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 09.03.2006 - Au 5 K 05.18 -) zugrunde lagen, wo jeweils gerade von einer angestrebten Verwendung entsprechend dem Flächennutzungsplan ausgegangen wurde. Dass vorliegend noch keinerlei konkrete Planungsvorstellungen bestanden, wird auch in den Ausführungen zur Abwendung des Vorkaufsrechts, dem Vermerk der Liegenschaftsabteilung vom 12.03.2007 und dem von einer Stadträtin erhobenen, offenbar nicht widerlegten Einwand deutlich. Von einer Rechtfertigung des Wohls der Allgemeinheit in obigem Sinne könnte aber nur ausgegangen werden, wenn zumindest in absehbarer Zeit ein Bebauungsplan für Wohnbauzwecke aufgestellt werden sollte (vgl. BT-Drs. 11/6636, S. 27).
32 
Soweit die Beklagte darauf abhebt, dass das Flächennutzungsplan-Vorkaufsrecht zeitlich nicht begrenzt sei, trifft dies zwar auf seine Entstehung und die spätere grundsätzliche Berechtigung zu seiner Ausübung zu; auch kommt es nicht darauf an, ob bzw. wann das Grundstück letztlich Wohnbauzwecken zugeführt wird (vgl. Stock, a.a.O., § 24 Rn. 33; hierzu auch HessVGH, Urt. v. 20.06.2003 – 3 UE 371/03 -, BRS 66 Nr. 123; BVerwG, Urt. v. 15.03.1995 - 4 B 33.95 -, Buchholz 406.11 § 24 BauGB Nr. 6). Dies ändert aber nichts daran, dass die A u s ü b u n g des der Gemeinde grundsätzlich zustehenden Vorkaufsrechts im Zeitpunkt seiner Ausübung zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids auch vom Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt sein muss (vgl. § 24 Abs. 3 BauGB). Und davon kann nicht die Rede sein, wenn zu diesem Zeitpunkt noch völlig offen ist, ob mit der Ausübung des Vorkaufsrechts überhaupt dem gesetzlich vorgegebenen Zweck entsprochen wird, insbesondere auch noch keinerlei Planentwürfe oder informelle Planungen vorliegen. Ob insofern nicht nur genügte, dass ein Bebauungsplan in absehbarer Zeit (vgl. BT-Drucks. 11/6636, S. 27; Roos in: Brügelmann, BauGB , § 24 Rn. 71b) bzw. in einem überschaubaren Zeitraum (vgl. Schrödter, a.a.O., § 24 Rn. 31) aufgestellt werden soll, sondern mit einem solchen demnächst (vgl. Paetow, a.a.O., § 24 Rn.27) oder gar alsbald (vgl. Stock, a.a.O., § 24 Rn. 77: dann regelmäßig erfüllt; Roos in: Brügelmann, BauGB , § 24 Rn. 71a) zu rechnen sein muss, kann hier dahinstehen. Insofern bestünde allerdings noch kein Widerspruch dazu, dass ein Grundstück bei Ausübung des allgemeinen Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB nicht alsbald plangemäß verwendet werden muss (hierzu LG Karlsruhe, Urt. v. 15.07.1983 – O (Baul) 10/83 -, VBlBW 1985, 72); denn bei einem Vorkaufsrecht besteht anders als hier bereits ein Bebauungsplan(entwurf). Zur Bewältigung eines dringenden Wohnungsbedarfs (vgl. § 1 BauGB-MaßnG) braucht ein solcher freilich im Hinblick auf die Gemeinwohlrechtfertigung nicht aufgestellt zu werden (vgl. Stock, a.a.O., § 24 Rn. 77).
33 
Auch der Hinweis der Beklagten auf die regelmäßig fehlende Parzellenschärfe des Flächennutzungsplans führt vorliegend nicht weiter. Diese rechtfertigt es lediglich, die Angabe des Verwendungszwecks (vgl. § 24 Abs. 3 Satz 2 BauGB) inhaltlich nicht streng auf das Grundstück zu beziehen, um das Vorkaufsrecht nicht weitgehend leerlaufen zu lassen. Insofern genügte es, wenn das Grundstück zur Verwirklichung der Wohnflächen- bzw. Wohngebietsdarstellung verwendet werden soll, ohne dass die spezifische Grundstücksnutzung schon feststehen muss (vgl. Stock, a.a.O., § 24 Rn. 80; Roos, a.a.O., § 24 Rn. 71c; hierzu auch BGH, Urt. v. 07.03.1975 – V ZR 92/73 -, MDR 1975, 565). Daran, dass die Verwirklichung der Wohnflächen- bzw. Wohngebietsdarstellung auch in zeitlicher Hinsicht konkret beabsichtigt sein muss, ändert dies nichts.
34 
(2) Soweit die Beklagte daneben auf die innerhalb von Entwicklungsgebieten grundsätzlich zu betreibende „Vorratshaltung“ bzw. auf den Erwerb von Manövriermasse bzw. von Austausch- und Ersatzland verweist, vermag dies allein die Ausübung des Flächennutzungsplan-Vorkaufsrechts ebenfalls nicht vom Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt erscheinen zu lassen (anders mglw. Krautzberger, a.a.O., § 24 Rn. 23; unklar Stock, a.a.O., § 24 Rn. 77). Die Beklagte übersieht, dass dies ungeachtet dessen, dass die Regelung des Vorkaufsrechts nach Übernahme der Regelungen des BauGB-Maßnahme-gesetz ins Baugesetzbuch zwar wieder erheblich ausgeweitet wurde und von den Gemeinden durchaus auch als Instrument gemeindlicher Bodenpolitik eingesetzt werden kann, nur im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen Vorkaufszwecke geschehen kann. Ein umfassendes allgemeines Vorkaufsrecht steht ihr nicht zu; das bisherige Vorkaufsrecht zum Erwerb von Austausch- und Ersatzland (§ 25a BBauG) ist schließlich bereits mit Inkrafttreten des Baugesetzbuchs entfallen. Auch der Erwerb von Grundstücken als Austausch- und Ersatzland kommt daher nur mehr im Rahmen der Zweckbindung der verbliebenen Vorkaufsrechte in Betracht (vgl. Paetow, a.a.O., § 24 Rn. 21; wohl auch BT-Drucks. 10/4630, S. 56; Stock, ZfBR 1987, 10 <13f.>). Hier ist jedoch auch nicht entfernt zu erkennen und schon gar nicht belegt, dass das in Rede stehende Grundstück konkret benötigt würde (W. Schrödter in Schrödter, BauGB, § 24 Rn. 19), um durch einen späteren Tausch zumindest mittelbar anderweit den Wohnungsbau zu fördern oder zu erleichtern (vgl. Roos, a.a.O., § 24 Rn. 71e; BT-Drucks. 11/6636, S. 27; vgl. zum Erwerb von Tauschland in einem Sanierungsgebiet VGH Bad.-Württ., Urt. v. 01.03.1996, a.a.O.). Reine bzw. allgemeine bodenpolitische Erwägungen, insbesondere eine Vorratshaltung („Horten“ bzw. „Hamstern“; hierzu auch BGH, Urt. v. 03.07.1975, a.a.O.) im Hinblick auf irgendwelche öffentliche Zwecke vermögen daher im Hinblick auf die strenge Planakzessorietät dieses allgemeinen Vorkaufsrechts (vgl. BayVGH, Urt. v. Urt. v. 26.06.1985, a.a.O.) dessen Ausübung nicht zu rechtfertigen (vgl. Stock, a.a.O., § 24 Rn. 64; Roos, a.a.O., § 24 Rn. 38, 71e; Krautzberger, a.a.O., § 24 Rn. 23; Paetow, a.a.O., § 24 Rn. 21; W. Schrödter, a.a.O., § 24 Rn. 30, 31). Daran ändert auch nichts, dass das in Rede stehende Grundstück teilweise objektiv für eine Wohnnutzung in Frage kommt (anders wohl HessVGH, Urt. v. 20.06.2003, a.a.O., Beschl. v. 23.08.2002 - 3 UZ 2064/02 -; ebenso VG Augsburg, Urt. v. 09.03.2006, a.a.O.)-
35 
Nach alldem musste die Berufung der Beklagten erfolglos bleiben.
36 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Der Senat sieht gemäß § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, sie für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
37 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
38 
Beschluss vom 25. Juni 2009
39 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf5.000,00 EUR festgesetzt, da davon auszugehen ist, dass die Beklagte als Berufungsführerin lediglich öffentliche Interessen verfolgt (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 30.03.2009 - 8 S 31/08 -). Insofern war an der (an der Streitwertfestsetzung für das erstinstanzliche Verfahren orientierten) vorläufigen Festsetzung nicht festzuhalten.
40 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Berufungen der Kläger werden die Urteile des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 28. Februar 2014 - 2 K 3238/12 und 2 K 3104/12 - geändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 31. August 2011 und die Widerspruchsbescheide des Landratsamts Bodenseekreis vom 17. September 2012 werden aufgehoben.

Die Hinzuziehungen der Bevollmächtigten durch die Kläger im Vorverfahren werden für notwendig erklärt.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen die Ausübung eines Vorkaufsrechts durch die Beklagte.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 30.06.2011 (Urkunde Notariat Friedrichshafen II Nr. 53/2001) veräußerte der Kläger zu 1 an den Kläger zu 2 das mit einem Gebäude bebaute Grundstück Flst.Nr. ..., ..., in ... einem Kaufpreis von 285.000,- EUR. An das Grundstück schließt sich in südöstlicher Richtung das der Beklagten gehörende Grundstück Flst.Nr. ... an, das mit einer Sporthalle (sog. „kleine Turnhalle“) bebaut ist. Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des durch Satzung vom 22.09.2008 förmlich festgelegten Sanierungsgebietes „Östlicher Ortskern“ der Beklagten. Nach der vorbereitenden Untersuchung zu dem Untersuchungsgebiet besteht u.a. für das Turnhallengebäude ein dringender Sanierungsbedarf bzw. ein Bedarf für die Errichtung eines Neubaus unter Einbeziehung benachbarter Grundstücke. Dem Abschluss des Kaufvertrages zwischen den Klägern waren erfolglos verlaufende Verkaufsverhandlungen zwischen dem Kläger zu 1 und der Beklagten über das Grundstück vorausgegangen.
Mit Schreiben vom 01.07.2011, bei der Beklagten eingegangen am 04.07.2011, übersandte das Notariat Friedrichshafen II eine beglaubigte Abschrift des Kaufvertrages vom 30.06.2011 als Vorkaufsrechtsanzeige. Der Kläger zu 1 teilte der Beklagten unter dem 01.07.2011 gleichfalls den Abschluss des notariellen Kaufvertrages mit.
Der Gemeinderat der Beklagten befasste sich mit der Ausübung eines Vorkaufsrechts hinsichtlich des Grundstücks nach §§ 24 ff. BauGB zunächst in nichtöffentlicher Sitzung am 25.07.2011. Die Einladung vom 15.07.2011 des Bürgermeisters der Beklagten zu der Gemeinderatssitzung am 25.07.2011 sah unter Tagesordnungspunkt 1. für den nichtöffentlichen Teil (Beginn 17.00 Uhr) vor:
„Beratung zum Verwendungszweck der Flurstücke ... (kleine Turnhalle) und ... (...Straße ...) im Rahmen der städtebaulichen Sanierungsmaßnahme „Östlicher Ortskern“ und Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Gemeinde zum Erwerb des Grundstücks Flst. ... – (...) Über die Ausübung des Vorkaufsrechts und die zukünftige öffentliche Nutzung des Grundstücks ist zu beraten. Die Entscheidung über die öffentliche Nutzung und die Ausübung des Vorkaufsrechts hat in öffentlicher Sitzung zu erfolgen.“
Nach kontroverser Diskussion über die Ausübung des Vorkaufsrechtes erging in der nichtöffentlichen Sitzung der Beschluss, vor einer weiteren Entscheidung zum Sachverhalt, die rechtliche Stellungnahme eines Fachanwaltes einzuholen. Nach dieser Stellungnahme solle eine nichtöffentliche Sondersitzung des Gemeinderats erfolgen, in der eine rechtliche Beratung über das Verfahren zur Ausübung eines Vorkaufsrechtes durch die Gemeinde durch einen Fachanwalt erfolgen solle.
Diese nichtöffentliche Sondersitzung des Gemeinderats fand am 01.08.2011 unter Teilnahme des Beklagtenvertreters statt. Nachdem der Bürgermeister den Sachverhalt dargelegt und klargestellt hatte, dass keine Sachdiskussion bezüglich der Ausübung des Vorkaufsrechts geführt werde, erläuterte der Beklagtenvertreter umfassend die rechtliche Lage. Er wies hierbei eingangs insbesondere darauf hin, dass Beratung und Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechts in öffentlicher Sitzung erfolgen müssten. Dabei reiche es auch nicht aus, wenn in einer nichtöffentlichen Sitzung beraten worden sei und anschließend in öffentlicher Sitzung trotz Gelegenheit zur Wortmeldung keine Aussprache stattfinde, sondern wegen der Vorberatung in öffentlicher Sitzung nur noch die Ausübung des Vorkaufsrechts beschlossen werde. Die bisherigen Beratungen in nichtöffentlicher Sitzung müssten daher als gegenstandslos behandelt werden. Die Beschlussfassung müsse unbefangen und unbeeindruckt von der nichtöffentlichen Beratung in öffentlicher Sitzung erfolgen, da nur so der Fehler der nichtöffentlichen Beratung wieder ausgeräumt werden könne. Nach zahlreichen Wortmeldungen der Gemeinderatsmitglieder und Rückfragen an den Beklagtenvertreter zu den Voraussetzungen, möglichen negativen rechtlichen Folgen sowie einer rechtlich sicheren Vorgehensweise bei der Ausübung des Vorkaufsrechts, fasste der Gemeinderat schließlich den nachfolgenden einstimmigen Beschluss:
1. „Herr Prof. ... wird mit der Begleitung der Ausübung des Vorkaufsrechts beauftragt.
2. Es wird festgestellt, dass die Beratung und die Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechts erstmals in einer weiteren Gemeinderatssitzung stattfinden wird. Die Beratung in der nichtöffentlichen Sitzung am 25.07.2011 ist als gegenstandslos zu betrachten.“
Mit Schreiben vom 02.08.2011 teilte die Beklagte sowohl dem Kläger zu 1 als auch dem Kläger zu 2 mit, dass beabsichtigt sei, das Sanierungs- und Entwicklungskonzept im Sanierungsgebiet „Östlicher Ortskern“ fortzuschreiben und zu konkretisieren. Die Verwaltung werde dem Gemeinderat vorschlagen, das der Gemeinde gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 3 BauGB zustehende Vorkaufsrecht an dem Grundstück Flst.Nr. ... zum Wohle der Allgemeinheit auszuüben. Den Klägern wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 17.08.2011 eingeräumt.
10 
In der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 29.08.2011 beschloss der Gemeinderat zunächst die Fortschreibung und Konkretisierung des Entwicklungskonzepts im Sanierungsgebiet „Östlicher Ortskern“ u.a. zur Schaffung öffentlicher und privater Stellplätze unter Inanspruchnahme der Flst.Nrn. ... (... Straße ...) und ... (kleine Turnhalle). Danach schilderte der Bürgermeister unter dem nächsten Tagesordnungspunkt „Ausübung des Vorkaufsrechts“ die Situation zum städtebaulichen Sanierungsgebiet „Östlicher Ortskern“ sowie zum Kaufvertrag über die Veräußerung des Grundstücks ... Straße ... Im Folgenden verwies er auf die Vorberatung, die zusammen mit dem Beklagten-Vertreter bereits am 01.08.2011 stattgefunden habe. Gemeinderat Z. äußerte, der Gemeinderat müsse in jedem Fall von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch machen. Es sei schade, dass das Grundstück nicht bereits im Vorfeld auf „normale Art und Weise“ habe erworben werden können. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei von der Vorgehensweise aber nun rechtlich einwandfrei. Gemeinderat K. wies darauf hin, dass im Sinne des Allgemeinwohls das Vorkaufsrecht entsprechend dem Beschlussvorschlag ausgeübt werden solle. Gemeinderat M. schloss sich seinen Vorrednern an und äußerte, dass „die Sache entsprechend vorberaten“ worden sei. Der Gemeinderat beschloss sodann die Ausübung des Vorkaufsrechts am Grundstück Flst.Nr. ..., ... Straße ...
11 
Mit Bescheid vom 31.08.2011 übte die Beklagte gegenüber dem Kläger zu 1 das Vorkaufsrecht an dem Grundstück Flst.Nr. ... aus. In ihrer Begründung verwies die Beklagte auf die Satzung über die förmliche Festsetzung des Sanierungsgebiets und den vorangegangenen Ergebnisbericht, der den erheblichen Erneuerungsbedarf der kleinen Halle festgestellt habe. In öffentlicher Sitzung vom 29.08.2011 habe der Gemeinderat das Satzungsziel konkretisiert und auf Grundlage von §§ 28 Abs. 2, 24 Abs. 1 Nr. 3 BauGB beschlossen, das Vorkaufsrecht für das Grundstück... Straße ... auszuüben. Die Ausübung sei durch Gründe des Wohls der Allgemeinheit gerechtfertigt. Nach den am 29.08.2011 beschlossenen Satzungszielen sowie dem Ergebnis der vorbereitenden Untersuchungen solle die Halle unter Inanspruchnahme des Grundstücks ... Straße ... saniert oder neu aufgebaut werden. Zudem sei beabsichtigt, das Grundstück auch für die Herstellung öffentlicher und privater Stellplätze zu nutzen.
12 
Der Ausübungsbescheid wurde dem Kläger zu 2 unter dem 31.08.2011 zur Kenntnisnahme übersandt.
13 
Gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts erhob der Kläger zu 1 mit Schreiben vom 27.09.2011 Widerspruch, den er am 31.10.2011 im Wesentlichen damit begründete, dass der Gemeinderatsbeschluss vom 29.08.2011 rechtswidrig sei, da dem offenbar Beratungen in nichtöffentlicher Sitzung vorausgegangen seien. Eine solche nichtöffentliche Vorberatung sei unzulässig und führe zur Rechtswidrigkeit des Beschlusses vom 29.08.2011.
14 
Der Kläger zu 2 erhob mit Schreiben vom 05.09.2011 Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten vom 31.08.2011. In der Widerspruchsbegründung vom 18.01.2012 wurde ebenso die Unwirksamkeit des Gemeinderatsbeschlusses vom 29.08.2011 wegen vorangegangener Beratungen in nichtöffentlicher Sitzung geltend gemacht.
15 
Mit in der Sache identischen Widerspruchsbescheiden vom 17.09.2012, zugestellt am 19.09.2012 und am 20.09.2012, wies das Landratsamt Bodenseekreis die Widersprüche der Kläger zurück. Dem Ausübungsbescheid habe ein wirksamer Beschluss des Gemeinderats in öffentlicher Sitzung vom 29.08.2011 gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO zu Grunde gelegen. In der Sitzung hätten die Gemeinderäte zunächst ausführlich über die Sanierung bzw. den Neubau der Turnhalle und der Verbesserung der Parkplatzsituation diskutiert. Unmittelbar daran sei der Tagesordnungspunkt zum Vorkaufsrecht aufgerufen worden. Es habe drei kurze Wortmeldungen gegeben. Nachdem kein weiterer Beratungsbedarf bestanden habe, sei abgestimmt worden. Ein solches Vorgehen sei nicht unüblich. Auch materiell lägen die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Nr. 3 BauGB für die Ausübung des Vorkaufsrechts vor.
16 
Der Kläger zu 2 hat am 12.10.2012 unter dem Aktenzeichen 2 K 3104/12 und der Kläger zu 1 hat am 18.10.2012 unter dem Aktenzeichen 2 K 3238/12 Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben. Die Kläger haben jeweils beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 31.08.2011 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Bodenseekreis vom 17.09.2012 aufzuheben. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
17 
Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat die Klagen jeweils mit in der Begründung identischen Urteilen vom 28.02.2014 abgewiesen. Die Beklagte habe das Vorkaufsrecht in formell und materiell rechtmäßiger Weise ausgeübt. Insbesondere habe der Gemeinderat der Beklagten in seiner Sitzung vom 29.08.2011 verfahrensfehlerfrei über die Ausübung des Vorkaufsrechts beschlossen, ein Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO liege nicht vor. Die Beratung in der nichtöffentlichen Sitzung des Gemeinderats am 25.07.2011 habe zwar den Erfordernissen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO nicht entsprochen. Nach Erkennen seines Fehlers habe der Gemeinderat aber durch das weitere Vorgehen den Anforderungen des Öffentlichkeitsprinzips ausreichend Rechnung getragen. Mit dem Beschluss vom 01.08.2011 habe der Gemeinderat seinen Willen und seine Bereitschaft deutlich zum Ausdruck gebracht, neu in öffentlicher Sitzung zu verhandeln. Die Beratung und Beschlussfassung am 29.08.2011 genüge den Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Dass die der Beschlussfassung vorangestellte Beratung weder die Dauer noch die Intensität der Debatte vom 25.07.2011 erreicht habe, sei unerheblich. Eine Beratung setze keine Diskussion um der Diskussion willen voraus. Eine Diskussion könne sich sogar darin erschöpfen, dass die Beteiligten auf Wortmeldungen gänzlich verzichteten, wenn kein Gesprächsbedarf bestehe. Unschädlich sei auch, dass der Bürgermeister auf die Vorberatung, die zusammen mit dem Beklagtenvertreter bereits am 01.08.2011 stattgefunden habe, verwiesen habe. Dies bedeute nicht, dass hierdurch nichtöffentliche Beratungen des Gemeinderats Teil der Beratung vom 29.08.2011 geworden seien. Auch die Äußerung des Gemeinderats Ms., die Sache sei „entsprechend vorberaten worden“, ändere nichts an dem Umstand, dass der Gemeinderat im Rahmen der Sitzung den Sachverhalt umfassend beraten habe. Dass eine unzulässige Verlagerung der Beratung in die nichtöffentliche Sitzung nicht stattgefunden habe, zeige auch der Vergleich der Ergebnisse der Sitzungen vom 25.07.2011 und vom 29.08.2011. Gerade durch den Beschluss vom 01.08.2011 habe der Gemeinderat deutlich gemacht, dass er die Geschehnisse des 25.07.2011 nicht zur Grundlage seiner Entscheidung machen wolle, sondern mit den Kenntnissen aus der rechtlichen Beratung in öffentlicher Sitzung beraten und entscheiden wolle. So wie der Gemeinderat jederzeit einen Beschluss aufheben könne, wenn er dessen Fehlerhaftigkeit erkannt habe, und hierauf den Beschluss unter Beachtung der Verfahrensregeln neu fassen könne, habe der Gemeinderat vorliegend noch vor einer verfahrensfehlerhaften nichtöffentlichen Beschlussfassung sein Vorgehen korrigieren und in öffentlicher Sitzung ordnungsgemäß über die Ausübung des Vorkaufsrechts beraten und dieses beschließen können. Zwar sei den Klägern darin zuzustimmen, dass eine größtmögliche Transparenz durch die Einführung des Inhalts der Sitzungen vom 25.07.2011 und 01.08.2011 in der Sitzung vom 29.08.2011 erzielt worden wäre. Dies sei zur Wahrung des Öffentlichkeitsprinzips jedoch nicht zwingend erforderlich gewesen.
18 
Die Kläger haben die mit Senatsbeschlüssen vom 23.07.2014 zugelassenen Berufungen nachfolgend begründet. Der Senat hat das Verfahren 8 S 1387/14 (Kläger zu 2. gegen die Beklagte) mit dem Verfahren 8 S 1386/14 (Kläger zu 1. gegen die Beklagte) mit Beschluss vom 24.03.2015 zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden und unter dem Az. 8 S 1386/14 fortgeführt.
19 
Zwischenzeitlich wurden am 17.11.2014 in einer öffentlicher Sitzung des - neu gewählten - Gemeinderats der Beklagten unter Teilnahme des Beklagtenvertreters dem Gemeinderat und der Öffentlichkeit die Grundzüge des Diskussionsinhalts sowie die Beschlüsse der nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und vom 01.08.2011 zugänglich gemacht. Der Bürgermeister wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die neu gewählten Gemeinderatsmitglieder und er als neuer Bürgermeister hier das gleiche gemeinsame Schicksal hätten. Nachdem außer einer Verständnisfrage keine Wortmeldungen erfolgten, fasste der Gemeinderat den einstimmigen Beschluss:
20 
„1. Der Gemeinderat nimmt den Diskussions- und Beschlussinhalt der nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und 01.08.2011 zur Kenntnis.
2. Der Gemeinderat sieht keinen Anlass, den Beschluss des Gemeinderats vom 29.08.2011 zu ändern.“
21 
Der Kläger zu 1. hat zur Begründung seiner Berufung angeführt:
22 
Eine unter Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO erfolgte nichtöffentliche Beratung könne im Gegensatz zu einem fehlerhaften Beschluss nicht allein durch einen Aufhebungsbeschluss des Gemeinderats gegenstandslos werden, sondern müsse als zuvor der Öffentlichkeit entzogener Teil des Entscheidungsprozesses nachgeholt oder zumindest transparent gemacht werden. § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO verlange, dass die Sitzungen des Gemeinderats und damit der gesamte Verhandlungsgang öffentlich und insofern transparent und prüfbar für die Bürger sei. Dies könne im Einzelfall eine bloße Information des Gemeinderats durch Verwaltung und Kenntnisnahme bedeuten, im hier interessierenden Fall durch Sachvortrag, Beratung und Beschlussfassung. Dies seien Elemente einer Sitzung i.S.d. § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO, die nicht voneinander getrennt, hinsichtlich des Öffentlichkeitsprinzips nicht unterschiedlich behandelt und auch in ihrer Reihenfolge nicht verändert werden könnten. Die Gemeinderatssitzung sei der organisatorische Rahmen, innerhalb dessen ein Vorgang behandelt und zur Entscheidung gebracht werden müsse. Dies schließe es nicht aus, dass die Entscheidung des Gemeinderates nicht in derselben, sondern etwa in einer folgenden öffentlichen Sitzung gefasst werde. Der Gesetzgeber habe die gewählten Vertreter bewusst unter einen Begründungszwang gestellt, weil der Bürger zumindest ansatzweise erkennen können solle, was sich der einzelne Vertreter bei seiner Entscheidung gedacht habe. Für eine Kontrolle durch die Bürger seien nicht nur das Votum des Repräsentanten, sondern auch seine Gründe hierfür jeweils von maßgeblicher Bedeutung. Bei einer Trennung von Beratung und Beschlussfassung würde der Willkür Tür und Tor geöffnet. Nicht nur würde der Rechtsschutz verkürzt oder erschwert, sondern es könnten auch vollendete Tatsachen geschaffen oder - wie hier - Entscheidungsfristen eingehalten werden, ohne dass sich das dafür zuständige Organ dafür zu rechtfertigen habe.
23 
Eine Begründung könne nicht nachgeschoben werden. Gleichfalls könne ein neu gewählter Gemeinderat in neuer Zusammensetzung nicht darüber befinden, dass und warum der frühere Gemeinderat zu Recht eine bestimmte Entscheidung getroffen habe.
24 
Der Kläger zu 2 hat zur Berufungsbegründung im Wesentlichen vorgetragen, dass eine Vorwegnahme der Sachdiskussion in einer nichtöffentlichen Sitzung auch bei nachfolgender Beschlussfassung in einer öffentlichen Sitzung gegen § 35 Abs. 1 GemO verstoße. Im vorliegenden Fall seien ganz wesentliche Aspekte der Ausübung des Vorkaufsrechts ausschließlich in den nichtöffentlichen Beratungen am 25.07.2011 und am 01.08.2011 besprochen worden, die in der öffentlichen Sitzung am 29.08.2011 nicht wieder aufgegriffen worden seien. Der von der Beklagten zur Heilung dieses Verstoßes gewählte Weg eines Beschlusses in einer nichtöffentlichen Sitzung, dass die bisherigen Beratungsgegenstände als gegenstandslos zu betrachten seien, sei gänzlich verfehlt, da er nicht dem Sinn der Öffentlichkeitsbeteiligung entsprochen habe. Eine Heilung setze vielmehr voraus, dass erneut beraten und sodann beschlossen werde. Dabei dürften jedoch die Beratung und die Beschlussfassung in der öffentlichen Sitzung nicht von der nichtöffentlichen Beratung losgelöst betrachtet werden. Die „Heilungsberatung“ müsse zumindest die Auswirkungen der Verletzung des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO ungeschehen machen. Nach dem Sinn der Öffentlichkeitsberatung, den Entscheidungsprozess plastisch und transparent zu machen, setze die „Heilungsberatung“ daher als Mindeststandard voraus, dass die bisherige Sachdiskussion offen gelegt werde. Dies könne entweder durch eine Einführung der nichtöffentlichen Sitzungsprotokolle in die öffentliche Sitzung oder jedenfalls durch eine Wiedergabe des wesentlichen Inhalts dieser Protokolle durch den Schriftführer oder durch den Bürgermeister geschehen. Diesen erhöhten Anforderungen genüge die Beratung am 29.08.2011 jedoch nicht, da der Bürgermeister der Beklagten in dieser Sitzung lediglich auf die Vorberatung am 01.08.2011 ohne jegliche Erörterung ihres Gegenstandes verwiesen und die Sitzung vom 25.07.2011 gänzlich unerwähnt gelassen habe, so dass der gesamte Verstoß einschließlich des Heilungsversuchs der Öffentlichkeit unbekannt geblieben sei. Der Öffentlichkeit sei damit ein wesentlicher Teil der Willensbildung vorenthalten worden. Ein solches Vorgehen berge insofern auch eine erhebliche Missbrauchsgefahr. Andernfalls könne stets in nichtöffentlicher Sitzung so lange beraten werden, bis man sich einig sei, anschließend könne man sich durch einen Beschluss hiervon distanzieren und sodann eine öffentliche Sitzung einberufen, in der der Gemeinderat den vorberatenen Beschluss fassen könnte.
25 
Die vorgeschlagene Vorgehensweise einer Veröffentlichung des wesentlichen Inhalts der Protokolle über die nichtöffentliche Sitzung verstoße auch nicht gegen § 35 Abs. 2 GemO, da eine Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht durch den Bürgermeister notwendiger Bestandteil eines entsprechenden Heilungsversuches sei. Ebenso wenig sei das Recht der einzelnen Gemeinderäte auf informationelle Selbstbestimmung verletzt, da aufgrund des Tätigwerdens der Gemeinderäte nicht als Privatperson sondern als mandatierte Volksvertreter bereits der Schutzbereich nicht eröffnet sei, die Aufhebung der Schweigepflicht nach § 35 Abs. 2 GemO jedenfalls eine zulässige Beschränkung darstelle und darüber hinaus eine zusammenfassende Darstellung ohne Personennennung hiervon ohnehin unberührt bliebe.
26 
Des Weiteren stehe auch nicht § 46 LVwVfG einer Aufhebung des Ausübungsbescheids entgegen, da angesichts der erheblichen Divergenz zwischen der Sitzung vom 25.07.2011 und derjenigen vom 29.08.2011 nicht offensichtlich sei, dass die Verletzung des Öffentlichkeitsprinzips die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst habe.
27 
Schließlich könne die in der Gemeinderatssitzung am 17.11.2014 vorgenommene Beratung und Beschlussfassung keine nachträgliche Heilung mehr herbeiführen. Die vorgenommene Veröffentlichung sei überdies nicht hinreichend.
28 
Die Kläger beantragen,
29 
die Urteile des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 28.02.2014 - 2 K 3238/12 und - 2 K 3104/12 - abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 31.08.2011 und die Widerspruchsbescheide des Landratsamts Bodenseekreis vom 17.09.2012 aufzuheben;
die Zuziehungen der Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
30 
Die Beklagte beantragt,
31 
die Berufungen zurückzuweisen.
32 
Der in der öffentlichen Sitzung am 29.08.2011 gefasste Beschluss sei für sich betrachtet fehlerfrei erfolgt und habe den Vorschriften der Gemeindeordnung entsprochen, da insbesondere eine öffentliche Beratung und Beschlussfassung stattgefunden hätten. Es müsse streng getrennt werden zwischen der Frage, ob der Fehler der nichtöffentlichen Beratung geheilt werden könne und der Frage, ob diese Fehlerbehebung Voraussetzung für eine fehlerfreie Beratung und Beschlussfassung sei und eine Nachwirkung die öffentliche Beratung und Beschlussfassung „infiziere“. Hierfür gebe es jedoch keine Anhaltspunkte. Vielmehr sei der Fehler aus dem vorangegangenen Verhalten schon dadurch geheilt worden, dass dem Gemeinderat deutlich gemacht worden sei, dass er sich von jeglicher Vorbindung aus der nichtöffentlichen Sitzung „frei machen“ müsse. Zudem sei der Stand der Beratung nach der nichtöffentlichen Sitzung so kontrovers gewesen, dass sich daraus kein einheitlicher Willensentschluss ableiten ließe und die einheitliche Willensbildung daher offensichtlich erst nach der nichtöffentlichen Beratung stattgefunden habe. Die nichtöffentliche Vorberatung sei daher als selbstständiger Verfahrensteil zu sehen und rechtlich entsprechend zu bewerten.
33 
Darüber hinaus läge im vorliegenden Fall, selbst wenn man ein entsprechendes Heilungserfordernis bejahte, höchstens ein Verfahrensfehler vor, der gemäß § 46 LVwVfG mangels Kausalität nicht zur Aufhebung des Ausübungsbescheids führen könne. Dies zeige auch der neue Beschluss des Gemeinderats vom 17.11.2014, den Beschluss vom 29.08.2011 nicht zu ändern. Des Weiteren stehe der von den Klägern vorgeschlagene Weg einer Offenlegung der bisherigen Sachdiskussion im Widerspruch zu § 35 Abs. 2 GemO, der im Lichte des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung der Gemeinderäte auszulegen sei. Auch eine anonymisierte zusammenfassende Darstellung des Verlaufs einer unzulässigen nichtöffentlichen Beratung durch den Bürgermeister sei jedoch keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Durchführung einer nachfolgenden öffentlichen Sitzung. Schließlich habe der Gemeinderat in öffentlicher Sitzung am 17.11.2014 den Beratungs-, Diskussions- und Beschlussinhalt der nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und vom 01.08.2011 transparent gemacht, so dass der Fehler in jedem Fall nachträglich geheilt worden sei.
34 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die einschlägigen Behördenakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
35 
Die Berufungen der Kläger sind nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig.
36 
Auch wenn der Kläger zu 2 nicht Adressat des angefochtenen Ausübungsbescheides ist, ist er klagebefugt. Die Ausübung des Vorkaufsrechts durch eine Gemeinde ist ein privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt, der sich auch gegenüber dem Käufer als belastender Verwaltungsakt darstellt und gegen den sich dieser mit Widerspruch und Anfechtungsklage wehren kann (st. Rspr. BVerwG, Beschlüsse vom 25.05.1982 - 4 B 98.82 - BRS 39 Nr. 96, juris Rn. 3, vom 15.02.2000 - 4 B 10.00 - BauR 2000, 1027, juris Rn. 5 und vom 30.11.2009 - 4 B 52.09 - juris Rn. 5).
37 
Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 31.08.2011 über die Ausübung des Vorkaufsrechts und die Widerspruchsbescheide des Landratsamts Bodenseekreis vom 17.09.2012 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
38 
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides über die Ausübung des Vorkaufsrechts ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Ausübungsbescheides vom 31.08.2011. Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist die Ausübung des Vorkaufsrechtes fristgebunden. Es handelt sich um eine materielle Ausschlussfrist, d.h. eine vom materiellen Recht gesetzte Frist, deren Nichteinhaltung den Verlust einer materiell-rechtlichen Rechtsposition zur Folge hat. Materiell-rechtliche Ausschlussfristen sind für Behörden und Beteiligte gleichermaßen verbindlich und stehen nicht zur Disposition der Verwaltung oder der Gerichte (BVerwG, u.a. Urteil vom 22.10.1993 - 6 C 119.92 - juris Rn.16 m.w.N.). Nach Ablauf der Frist kann der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden, so dass innerhalb der Frist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB sämtliche für die Ausübung des Vorkaufsrechts erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen gegeben sein müssen (vgl. Paetow in Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, 3. Aufl., § 28 Rn. 10; Dolde, NJW 1984, 1713,1729; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.12.1997 - 8 A 12998/96 - juris Rn. 26 zum Vorkaufsrecht nach DSchPflG RP).
39 
2. Rechtsgrundlage des Bescheids der Beklagten vom 31.08.2011 ist § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Danach steht der Gemeinde beim Kauf von Grundstücken in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet ein Vorkaufsrecht zu. Das Grundstück Flst.Nr. ..., das mit notariellem Kaufvertrag vom 30.06.2011 vom Kläger zu 1 an den Kläger zu 2 veräußert wurde, liegt unstreitig im Geltungsbereich des förmlich festgelegten Sanierungsgebietes „Östlicher Ortskern“ der Beklagten. Die Ausübung des Vorkaufsrechts hat nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags gegenüber dem Verkäufer zu erfolgen. Auch diese Voraussetzung ist erfüllt, denn die Mitteilung über den Abschluss des Kaufvertrages ging bei der Beklagten am 04.07.2011 ein, so dass der angefochtene Bescheid vom 31.08.2011, der dem Kläger zu 1 am 02.09.2011 zugestellt wurde, die Frist wahrte.
40 
3. Der Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechtes ist jedoch rechtswidrig, da er einen rechtswidrigen Gemeinderatsbeschluss der Beklagten vom 29.08.2011 vollzieht. Dieser Beschluss verstieß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Auf die Frage, ob die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts vorgelegen haben, kommt es daher nicht (mehr) an.
41 
a) Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist das Vorkaufsrecht durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer auszuüben. Da die Entscheidung hierüber eine Angelegenheit der kommunalen Selbstverwaltung betrifft, ist eine Entscheidung des hierfür zuständigen Gemeindeorgans erforderlich. Dies ist hier der Gemeinderat. Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 GemO legt der Gemeinderat die Grundsätze für die Verwaltung der Gemeinde fest und entscheidet über alle Angelegenheiten der Gemeinde, soweit nicht der Bürgermeister kraft Gesetzes zuständig ist oder ihm der Gemeinderat bestimmte Angelegenheiten überträgt. Hier ist unstreitig weder die Zuständigkeit des Bürgermeisters nach § 44 GemO eröffnet, noch hat eine Zuständigkeitsübertragung an den Bürgermeister der Beklagten stattgefunden.
42 
b) Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO sind die Sitzungen des Gemeinderats öffentlich. Nichtöffentlich darf nach Satz 2 der Vorschrift nur verhandelt werden, wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner erfordern. Diese Voraussetzungen lagen offenkundig nicht vor, wovon auch die Beteiligten ausgehen.
43 
Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen gehört zu den wesentlichen Verfahrensbestimmungen des Gemeinderechts. Er ist im demokratischen Rechtsstaat eines der wichtigsten Mittel, das Interesse der Bürgerschaft an der Selbstverwaltung zu wecken und zu erhalten. Er hat die Funktion, dem Gemeindebürger Einblick in die Tätigkeit der Vertretungskörperschaften und ihrer einzelnen Mitglieder zu ermöglichen und dadurch eine auf eigener Kenntnis und Beurteilung beruhende Grundlage für eine sachgerechte Kritik sowie die Willensbildung zu schaffen, den Gemeinderat der allgemeinen Kontrolle der Öffentlichkeit zu unterziehen und dazu beizutragen, der unzulässigen Einwirkung persönlicher Beziehungen, Einflüsse und Interessen auf die Beschlussfassung des Gemeinderats vorzubeugen; es soll so bereits der Anschein vermieden werden, dass „hinter verschlossenen Türen“ unsachliche Motive für die Entscheidung maßgebend gewesen sein könnten (vgl. st. Rspr. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 09.11.1966 - I 5/65 - ESVGH 17,118 und 24.02.1992 - 1 S 2242/91 - juris Rn. 15, Beschluss vom 25.02.2013 - 1 S 2155/12 - juris Rn. 9). Der Zweck des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO geht daher über eine bloße Unterrichtung des Bürgers hinaus. Vielmehr dient er gerade dem Ziel einer gesetzmäßigen und sachgerechten Arbeit des Gemeinderats sowie der Verhinderung vermeidbarer Missdeutungen seiner Willensbildung und Beschlussfassung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.11.1966 a.a.O.). Die Bürger sollen aufgrund der öffentlichen Beratung wichtiger Gemeindeangelegenheiten auch einschätzen können, ob gegebenenfalls eine unmittelbare Beteiligung der Bürgerschaft an der Entscheidungsfindung erforderlich wird (vgl. VG Karlsruhe, Beschluss vom 19.10.2012 - 5 K 1969/12 - juris Rn. 49).
44 
Ein Verstoß gegen das Gebot der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen begründet daher regelmäßig eine schwerwiegende Verfahrensrechtsverletzung und damit die Rechtswidrigkeit des Gemeinderatsbeschlusses (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.02.2010 a.a.O. m.w.N; vgl. auch für die Mitwirkung befangener Gemeinderäte bei Satzungsbeschlüssen § 18 Abs. 5 GemO).
45 
Der Öffentlichkeitsgrundsatz verlangt bei der Ausübung des Vorkaufsrechtes dabei nicht nur, dass der Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechtes in öffentlicher Sitzung gefasst wird, sondern dass über die Frage auch öffentlich beraten wird (vgl. st. Rspr. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 18.06.1980 - III 503/79 - VBlBW 1980, 33, vom 16.06.1981 - 3 S 271/81 und vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - NVwZ 1991, 284; OLG Stuttgart, Urteil vom 11.11.2013 - 102 U 1/13 - juris Rn. 31). Denn das Vorkaufsrecht darf nur dann ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit im Sinne der § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB den kommunalen Grundstückserwerb erfordert. Angesichts des städtebaulichen Einschätzungsspielraums, ob und in welcher Weise das jeweilige Grundstück für die kommunale Planung von Relevanz ist, kommt danach gerade bereits der öffentlichen Debatte im politischen Willensbildungsorgan eine besondere Bedeutung zu. Dabei wird im Regelfall die der Beschlussfassung vorausgehende Beratung in ein- und derselben öffentlichen Sitzung des Gemeinderats erfolgen. Fallen im Einzelfall die beiden Schritte auseinander, gilt der Grundsatz der Öffentlichkeit für beide Einzelschritte.
46 
c) Diesen Anforderungen entsprach das Vorgehen der Beklagten nicht.
47 
aa) Der Gemeinderat der Beklagten hat hier zwar in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats vom 29.08.2011 den Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechtes gefasst. Die (eigentliche) Sachberatung- und diskussion hierüber erfolgte jedoch nicht in dieser öffentlichen Gemeinderatssitzung, sondern in nichtöffentlicher Sitzung. Da in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats die unter Verstoß gegen das Prinzip der Öffentlichkeit durchgeführte Beratung nicht offengelegt wurde, ist auch der Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechts fehlerhaft.
48 
Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts erfolgte in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderates vom 29.08.2011 keine Beratung über die Ausübung des Vorkaufsrechts. Zwar fand unmittelbar vor der Beschlussfassung nach der Einführung durch den Bürgermeister eine kurze Aussprache statt, in der drei Gemeinderäte die einstimmige Zustimmung ihrer jeweiligen Fraktionen ankündigten. Allein der Umstand, dass insofern keine streitige Diskussion mit Rede und Gegenrede stattgefunden hat, begründet noch keinen Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Denn auf eine Beratung kann im Einzelfall auch ganz verzichtet werden (vgl. auch § 37 Abs. 1 Satz 2 GemO).
49 
Sowohl den Darlegungen des Bürgermeisters (Verweis auf eine Vorberatung, die zusammen mit dem Beklagten-Vertreter bereits am 01.08.2011 stattgefunden habe), als auch den Ausführungen der drei Gemeinderäte ist jedoch zu entnehmen, dass auf vorangegangene Beratungen Bezug genommen wurde. Hierdurch ist überhaupt erst offenbar geworden, dass ein Beratungsbedarf nur deshalb nicht mehr bestanden hat, da über die Ausübung des Vorkaufsrechtes zuvor mehrfach beraten wurde. Soweit das Verwaltungsgericht davon ausgeht, ein weiterer Beratungsbedarf habe sich in der öffentlichen Sitzung nicht ergeben, da unmittelbar vor diesem Tagesordnungspunkt das Entwicklungskonzept im Sanierungsgebiet „Östlicher Ortskern“ fortgeschrieben und konkretisiert worden sei, ist dem entgegenzuhalten, dass weder der Bürgermeister selbst noch die drei Gemeinderäte, die sich hierzu geäußert haben, bei der Befassung des Themas „Vorkaufsrecht“ auf diesen vorangegangen Tagesordnungspunkt berufen haben. Vielmehr hat der Bürgermeister selbst auf eine Vorberatung vom 01.08.2011 Bezug genommen; auch Gemeinderat M. hat auf eine Vorberatung hingewiesen.
50 
bb) Die der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 29.08.2011 vorangegangenen Beratungen über die Ausübung des Vorkaufsrechts haben sämtlich in nichtöffentlicher Sitzung stattgefunden.
51 
In der nichtöffentlichen Sitzung am 25.07.2011 hat der Bürgermeister u.a. darauf verwiesen, dass die Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechtes in öffentlicher Gemeinderatssitzung zu erfolgen habe. Offenbar ging dieser davon aus, dass es unschädlich sei, hierüber in nichtöffentlicher Sitzung zu beraten. Danach wurde ausführlich und kontrovers darüber diskutiert, ob für das Grundstück nach den bisher formulierten Sanierungszwecken überhaupt die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen, der Bürgermeister wurde teilweise wegen der gescheiterten Verkaufsverhandlungen mit dem Kläger zu 1 kritisiert und es bestand insgesamt eine Unsicherheit, ob die rechtlichen Voraussetzungen über die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen. In dieser nichtöffentlichen Sitzung fand danach - unter Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO - bereits die wesentliche Sachdiskussion und nicht lediglich eine bloße Vorbehandlung einer schwierigen Angelegenheit in einer nichtöffentlichen Sitzung statt, die dann in einer weiteren öffentlichen Sitzung erledigt wird (vgl. dazu Kunze/Bronner/Katz, Kommentar zur Gemeindeordnung, § 35 Rn. 12; vgl. auch zur Zulässigkeit der Vorberatung durch einen Ausschuss in nichtöffentlicher Sitzung: §§ 39 Abs. 5 Satz 2, 41 Abs. 3 GemO; vgl. zur Zulässigkeit der Klärung lediglich einer Einzelfrage im Rahmen eines Bebauungsplanverfahrens in nichtöffentlicher Sitzung: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.03.2011 - 5 S 746/10 - juris Rn. 22). Eine analoge Anwendung des § 39 Abs. 5 Satz 2 GemO kommt entgegen der Ansicht des Beklagten-Vertreters nicht in Betracht. Die Vorschrift betrifft Vorberatungen eines beschließenden Ausschusses des Gemeinderats in nichtöffentlicher Sitzung. Eine nichtöffentliche Vorberatung durch den Gemeinderat widerspricht dagegen bereits grundsätzlich der klaren Regelung des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - juris Rn. 26 ; Kunze/Bronner/Katz, a.a.O., § 35 Rn. 12), so dass eine solche stets unzulässig ist.
52 
Der Gemeinderat hat in der Sitzung vom 25.07.2011 umfassend nichtöffentlich beraten und damit gerade die eigentliche und entscheidende Sachdiskussion der anschließenden öffentlichen Sitzung vorweggenommen, was Sinn und Zweck des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO widerspricht (vgl. hierzu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.07.2000 - 14 S 237/99 - juris Rn. 39; Kunze/Bronner/Katz, Kommentar zur GemO, § 35 Rn. 12).
53 
Durch die Vorwegnahme der Sachdiskussion in der nichtöffentlichen Sitzung ist die der Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen zukommende Legitimations-, Kontroll- und Beteiligungsfunktion erheblich beeinträchtigt worden. Hieran vermag auch der in der nachfolgenden nichtöffentlichen Sitzung am 01.08.2011 gefasste Beschluss, dass die Beratung in der nichtöffentlichen Sitzung vom 25.07.2011 als gegenstandslos zu betrachten sei und die Beratung und die Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechts erstmals in einer weiteren Gemeinderatssitzung stattfinden werde, nichts zu ändern. Diese nur „kassatorische“ Maßnahme war zur Verwirklichung des Zwecks des Öffentlichkeitsgebots nicht ausreichend. Denn die bloße förmliche Distanzierung von der vorherigen Beratung änderte jedenfalls nichts daran, dass den Gemeindebürgern der tatsächliche Willensbildungsprozess des Gemeinderats vollständig verborgen blieb. Sowohl die ursprünglichen Kritikpunkte an der Ausübung des Vorkaufsrechts als auch die spätere Ausräumung dieser Bedenken und die damit verbundene Bejahung des Vorliegens der Voraussetzungen blieben den Gemeindebürgern gänzlich unbekannt. Damit war der Distanzierungsbeschluss nicht geeignet, eine Informationsgrundlage für die Bürger zu schaffen, die ihnen die Wahrnehmung der Kontrolle des Gemeinderats und die Willensbildung im Hinblick auf künftige Wahlen ermöglicht.
54 
Hinzu kommt, dass in der weiteren nichtöffentlichen Sitzung am 01.08.2011 der Gemeinderat, obwohl der Bürgermeister als auch der Beklagten-Vertreter ausdrücklich darauf hingewiesen hatten, dass in der Sitzung keine Sachdiskussion zur Vorkaufsrechtsausübung geführt werde, in der Sache dann doch konkret über die Ausübung des Vorkaufsrechtes gesprochen wurde. Der Beklagten-Vertreter hat nach Darlegung der allgemeinen rechtlichen Voraussetzungen über die Ausübung eines Vorkaufsrechts, Fragen einzelner Gemeinderäte beantwortet, die nicht nur allgemeiner Natur waren, sondern die sich konkret auf das Grundstück ... Straße ... bezogen haben. So wurden etwa Fragen nach Chancen für ein Rechtsmittel des Käufers oder Erwerbers beantwortet; auch die Notwendigkeit der Konkretisierung der Sanierungsziele für die kleine Turnhalle wurde angesprochen. Es fand nicht lediglich eine Information über die allgemeinen rechtlichen Rahmenbedingungen der Ausübung des Vorkaufsrechtes statt, wie dies in dem Protokoll (S. 5) vermerkt wird. In Anknüpfung an die vorausgegangene nichtöffentliche Beratung vom 25.07.2011 wurden vielmehr Zweifel daran, dass die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen, nun durch die rechtliche Beratung zerstreut. In dieser nichtöffentlichen Sitzung wurde zudem der einstimmige Beschluss gefasst, den Beklagtenvertreter mit der Begleitung „zur Ausübung des Vorkaufsrechts“ zu beauftragen. Aus der Sicht eines objektiven Beobachters stellt sich auch dieses Verhalten bereits als eine wesentliche Entscheidung des Gemeinderats dar, das Vorkaufsrechts auszuüben.
55 
Zwar können rechtswidrige Beschlüsse eines Gemeinderates in einer nachfolgenden öffentlichen Sitzung aufgehoben und erneut gefasst werden. Für rechtswidrig nichtöffentliche Beratungen kommt dies - etwa mittels eines Distanzierungsbeschluss - aufgrund der vorgenannten Erwägungen der Sache nach aber nicht in Betracht. Eine wegen Verstoßes gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO rechtswidrige Beratung kann durch einen nachträglichen Beschluss des Gemeinderats daher auch nicht für „gegenstandslos“ erklärt werden.
56 
cc) Der Öffentlichkeitsgrundsatz gebietet daher für solche „infizierten“ Beratungen, dass in der öffentlichen Sitzung, in der die Beschlussfassung erfolgen soll, der zugrunde liegende (eigentliche) Willensbildungsprozess des Gemeinderats aus den vorangegangenen nichtöffentlichen Sitzungen zumindest in seinen Grundzügen offen gelegt wird. Demnach hätte in der öffentlichen Sitzung am 29.08.2011 die Öffentlichkeit zumindest über die wesentlichen Grundzüge der Sachdiskussion sowie über die rechtliche Argumentation in den nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und vom 01.08.2011 informiert werden müssen, was unstreitig nicht geschehen ist.
57 
Einer solchen Information stehen – entgegen der Auffassung der Beklagten – grundsätzlich aber weder § 35 Abs. 2 GemO, wonach die Gemeinderäte zur Verschwiegenheit über alle in nichtöffentlicher Sitzung behandelten Angelegenheiten so lange verpflichtet sind, bis sie der Bürgermeister von der Schweigepflicht entbindet, noch das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Gemeinderäte entgegen. Zwar ist anerkannt, dass die Gemeinderäte auch dann zur Verschwiegenheit bezüglich aller in nichtöffentlicher Sitzung bekanntgewordener Angelegenheiten nach § 35 Abs. 2 GemO verpflichtet sind, wenn sie der Auffassung sind, dass öffentlich hätte verhandelt werden müssen (Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, 4. Auflage, § 35 Rn. 17). Die Schweigepflicht der Gemeinderäte gilt jedoch nur so lange, bis der Bürgermeister sie aufhebt. Auf die Aufhebung der Schweigepflicht ist im Interesse der Schaffung klarer Verhältnisse besonderer Wert zu legen. Ihre Aufhebung ist aber auch konkludent möglich. Eine Entbindung von der Schweigepflicht ist daher als notwendiger Bestandteil der Information der Öffentlichkeit durch den Bürgermeister in seiner Funktion als Vorsitzender des Gemeinderats zu sehen. Mit der Information über den Inhalt einer Sitzung in Fällen, in denen die Öffentlichkeit rechtswidrig ausgeschlossen wurde, macht der Bürgermeister zugleich deutlich, dass bezüglich dieser Angelegenheiten keine Verschwiegenheit mehr gewahrt werden muss. Dem steht auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Gemeinderäte nicht entgegen. Denn entgegen der Auffassung der Beklagten gebietet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Gemeinderäte keine Auslegung des § 35 Abs. 2 GemO, die zur Unzulässigkeit einer Offenlegung der unberechtigterweise nichtöffentlich beratenen Gegenstände führt. Dem informationellen Selbstbestimmungsrecht kommt zwar im Rahmen des § 35 GemO ein gewichtiger Stellenwert zu (vgl. insofern auch § 48 Abs. 3 GO NRW). Dies bezieht sich jedoch maßgeblich auf die von den Beratungsgegenständen persönlich betroffenen Personen, zu deren Gunsten die Öffentlichkeit gegebenenfalls auszuschließen ist. Die Gemeinderäte, die im Rahmen der Sitzung als mandatierte Volksvertreter und nicht in ihrer Eigenschaft als Privatpersonen auftreten, sind regelmäßig nicht in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung berührt. Die Information über die wesentlichen Grundzüge der Sachdiskussion in unberechtigterweise nichtöffentlichen Sitzungen betrifft in aller Regel nicht die personenbezogenen Daten der Gemeinderäte. Auch im vorliegenden Fall wären bei einer Information durch den Bürgermeister jedenfalls keine personenbezogenen Daten der Gemeinderäte preisgegeben worden. Hiervon geht nunmehr auch die Beklagte aus, da sie in der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 17.11.2014 den Sach- und Diskussionsstand aus den nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und 01.08.2011 offengelegt hat.
58 
4. Die Rechtswidrigkeit des Gemeinderatsbeschlusses vom 29.08.2011 führt auch zur Rechtswidrigkeit des Ausübungsbescheides vom 31.08.2011. Dieser Bescheid stellt den Vollzug des Beschlusses des Gemeinderats dar, der nicht hätte ergehen dürfen, weil der Bürgermeister nur gesetzmäßig gefasste Beschlüsse vollziehen darf (§ 43 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GemO; vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - a.a.O).
59 
5. Der wegen Rechtswidrigkeit des Beschlusses bestehende Aufhebungsanspruch der Kläger ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht nach § 46 LVwVfG ausgeschlossen.
60 
Nach § 46 LVwVfG kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 LVwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Zwar muss es sich bei den verletzten Verfahrensvorschriften nicht um solche des Verwaltungsverfahrensgesetzes handeln, auch entsprechende Vorschriften in anderen Gesetzen werden erfasst (für § 46 VwVfG:Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 46 Rn. 7; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. ,§ 46 Rn. 30).
61 
Die Vorschrift über die Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen geht jedoch gemäß § 1 Abs. 1 LVwVfG der Vorschrift des § 46 LVwVfG vor. Aufgrund der dargestellten Bedeutung des Prinzips der Öffentlichkeit handelt es sich bei dessen Beachtung um ein die Anwendung von § 46 LVwVfG ausschließendes absolutes Verfahrenserfordernis, das unabhängig von der Richtigkeit der von der Beklagten getroffenen Entscheidung beachtet werden muss (vgl. zum Beteiligungsrecht von Naturschutzverbänden nach § 29 BNatSchG a.F.: BVerwG, Urteil vom 12.11.1997 - 11 A 49.96 - BVerGE 105, 348 <353>). Die Vorschrift des § 35 Abs. 1 Satz 2 GemO ist keine lediglich formale Ordnungsvorschrift, deren Adressat allein der Gemeinderat ist. Dies belegen gerade auch die Regelungen des § 4 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 GemO, wonach die Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeit der Wirksamkeit einer Satzung stets entgegengehalten werden kann sowie des § 18 Abs. 6 GemO zur Rechtswidrigkeit von Gemeinderatsbeschlüssen unter Mitwirkung befangener Gemeinderäte. Eine Anwendung des § 46 LVwVfG scheidet bei einem Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO danach von vornherein aus (a.A. Engel/Heilshorn, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 10. Aufl., § 14 Rn. 153). Auf den Gemeinderatsbeschluss der Beklagten vom 17.11.2014, der nach den Darlegungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung gerade auch zeigen sollte, dass in der Sache keine andere Entscheidung getroffen worden wäre, braucht daher nicht weiter eingegangen zu werden.
62 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Hinzuziehungen der Bevollmächtigten im Vorverfahren durch die Kläger sind nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären.
63 
Gründe für die Zulassung der Revision aus § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
64 
Beschluss
65 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf10.000,- EUR festgesetzt (entsprechend den Streitwertfestsetzungen im ersten Rechtszug).
66 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
35 
Die Berufungen der Kläger sind nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig.
36 
Auch wenn der Kläger zu 2 nicht Adressat des angefochtenen Ausübungsbescheides ist, ist er klagebefugt. Die Ausübung des Vorkaufsrechts durch eine Gemeinde ist ein privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt, der sich auch gegenüber dem Käufer als belastender Verwaltungsakt darstellt und gegen den sich dieser mit Widerspruch und Anfechtungsklage wehren kann (st. Rspr. BVerwG, Beschlüsse vom 25.05.1982 - 4 B 98.82 - BRS 39 Nr. 96, juris Rn. 3, vom 15.02.2000 - 4 B 10.00 - BauR 2000, 1027, juris Rn. 5 und vom 30.11.2009 - 4 B 52.09 - juris Rn. 5).
37 
Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 31.08.2011 über die Ausübung des Vorkaufsrechts und die Widerspruchsbescheide des Landratsamts Bodenseekreis vom 17.09.2012 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
38 
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides über die Ausübung des Vorkaufsrechts ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Ausübungsbescheides vom 31.08.2011. Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist die Ausübung des Vorkaufsrechtes fristgebunden. Es handelt sich um eine materielle Ausschlussfrist, d.h. eine vom materiellen Recht gesetzte Frist, deren Nichteinhaltung den Verlust einer materiell-rechtlichen Rechtsposition zur Folge hat. Materiell-rechtliche Ausschlussfristen sind für Behörden und Beteiligte gleichermaßen verbindlich und stehen nicht zur Disposition der Verwaltung oder der Gerichte (BVerwG, u.a. Urteil vom 22.10.1993 - 6 C 119.92 - juris Rn.16 m.w.N.). Nach Ablauf der Frist kann der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden, so dass innerhalb der Frist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB sämtliche für die Ausübung des Vorkaufsrechts erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen gegeben sein müssen (vgl. Paetow in Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, 3. Aufl., § 28 Rn. 10; Dolde, NJW 1984, 1713,1729; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.12.1997 - 8 A 12998/96 - juris Rn. 26 zum Vorkaufsrecht nach DSchPflG RP).
39 
2. Rechtsgrundlage des Bescheids der Beklagten vom 31.08.2011 ist § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Danach steht der Gemeinde beim Kauf von Grundstücken in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet ein Vorkaufsrecht zu. Das Grundstück Flst.Nr. ..., das mit notariellem Kaufvertrag vom 30.06.2011 vom Kläger zu 1 an den Kläger zu 2 veräußert wurde, liegt unstreitig im Geltungsbereich des förmlich festgelegten Sanierungsgebietes „Östlicher Ortskern“ der Beklagten. Die Ausübung des Vorkaufsrechts hat nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags gegenüber dem Verkäufer zu erfolgen. Auch diese Voraussetzung ist erfüllt, denn die Mitteilung über den Abschluss des Kaufvertrages ging bei der Beklagten am 04.07.2011 ein, so dass der angefochtene Bescheid vom 31.08.2011, der dem Kläger zu 1 am 02.09.2011 zugestellt wurde, die Frist wahrte.
40 
3. Der Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechtes ist jedoch rechtswidrig, da er einen rechtswidrigen Gemeinderatsbeschluss der Beklagten vom 29.08.2011 vollzieht. Dieser Beschluss verstieß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Auf die Frage, ob die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts vorgelegen haben, kommt es daher nicht (mehr) an.
41 
a) Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist das Vorkaufsrecht durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer auszuüben. Da die Entscheidung hierüber eine Angelegenheit der kommunalen Selbstverwaltung betrifft, ist eine Entscheidung des hierfür zuständigen Gemeindeorgans erforderlich. Dies ist hier der Gemeinderat. Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 GemO legt der Gemeinderat die Grundsätze für die Verwaltung der Gemeinde fest und entscheidet über alle Angelegenheiten der Gemeinde, soweit nicht der Bürgermeister kraft Gesetzes zuständig ist oder ihm der Gemeinderat bestimmte Angelegenheiten überträgt. Hier ist unstreitig weder die Zuständigkeit des Bürgermeisters nach § 44 GemO eröffnet, noch hat eine Zuständigkeitsübertragung an den Bürgermeister der Beklagten stattgefunden.
42 
b) Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO sind die Sitzungen des Gemeinderats öffentlich. Nichtöffentlich darf nach Satz 2 der Vorschrift nur verhandelt werden, wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner erfordern. Diese Voraussetzungen lagen offenkundig nicht vor, wovon auch die Beteiligten ausgehen.
43 
Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen gehört zu den wesentlichen Verfahrensbestimmungen des Gemeinderechts. Er ist im demokratischen Rechtsstaat eines der wichtigsten Mittel, das Interesse der Bürgerschaft an der Selbstverwaltung zu wecken und zu erhalten. Er hat die Funktion, dem Gemeindebürger Einblick in die Tätigkeit der Vertretungskörperschaften und ihrer einzelnen Mitglieder zu ermöglichen und dadurch eine auf eigener Kenntnis und Beurteilung beruhende Grundlage für eine sachgerechte Kritik sowie die Willensbildung zu schaffen, den Gemeinderat der allgemeinen Kontrolle der Öffentlichkeit zu unterziehen und dazu beizutragen, der unzulässigen Einwirkung persönlicher Beziehungen, Einflüsse und Interessen auf die Beschlussfassung des Gemeinderats vorzubeugen; es soll so bereits der Anschein vermieden werden, dass „hinter verschlossenen Türen“ unsachliche Motive für die Entscheidung maßgebend gewesen sein könnten (vgl. st. Rspr. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 09.11.1966 - I 5/65 - ESVGH 17,118 und 24.02.1992 - 1 S 2242/91 - juris Rn. 15, Beschluss vom 25.02.2013 - 1 S 2155/12 - juris Rn. 9). Der Zweck des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO geht daher über eine bloße Unterrichtung des Bürgers hinaus. Vielmehr dient er gerade dem Ziel einer gesetzmäßigen und sachgerechten Arbeit des Gemeinderats sowie der Verhinderung vermeidbarer Missdeutungen seiner Willensbildung und Beschlussfassung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.11.1966 a.a.O.). Die Bürger sollen aufgrund der öffentlichen Beratung wichtiger Gemeindeangelegenheiten auch einschätzen können, ob gegebenenfalls eine unmittelbare Beteiligung der Bürgerschaft an der Entscheidungsfindung erforderlich wird (vgl. VG Karlsruhe, Beschluss vom 19.10.2012 - 5 K 1969/12 - juris Rn. 49).
44 
Ein Verstoß gegen das Gebot der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen begründet daher regelmäßig eine schwerwiegende Verfahrensrechtsverletzung und damit die Rechtswidrigkeit des Gemeinderatsbeschlusses (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.02.2010 a.a.O. m.w.N; vgl. auch für die Mitwirkung befangener Gemeinderäte bei Satzungsbeschlüssen § 18 Abs. 5 GemO).
45 
Der Öffentlichkeitsgrundsatz verlangt bei der Ausübung des Vorkaufsrechtes dabei nicht nur, dass der Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechtes in öffentlicher Sitzung gefasst wird, sondern dass über die Frage auch öffentlich beraten wird (vgl. st. Rspr. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 18.06.1980 - III 503/79 - VBlBW 1980, 33, vom 16.06.1981 - 3 S 271/81 und vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - NVwZ 1991, 284; OLG Stuttgart, Urteil vom 11.11.2013 - 102 U 1/13 - juris Rn. 31). Denn das Vorkaufsrecht darf nur dann ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit im Sinne der § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB den kommunalen Grundstückserwerb erfordert. Angesichts des städtebaulichen Einschätzungsspielraums, ob und in welcher Weise das jeweilige Grundstück für die kommunale Planung von Relevanz ist, kommt danach gerade bereits der öffentlichen Debatte im politischen Willensbildungsorgan eine besondere Bedeutung zu. Dabei wird im Regelfall die der Beschlussfassung vorausgehende Beratung in ein- und derselben öffentlichen Sitzung des Gemeinderats erfolgen. Fallen im Einzelfall die beiden Schritte auseinander, gilt der Grundsatz der Öffentlichkeit für beide Einzelschritte.
46 
c) Diesen Anforderungen entsprach das Vorgehen der Beklagten nicht.
47 
aa) Der Gemeinderat der Beklagten hat hier zwar in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats vom 29.08.2011 den Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechtes gefasst. Die (eigentliche) Sachberatung- und diskussion hierüber erfolgte jedoch nicht in dieser öffentlichen Gemeinderatssitzung, sondern in nichtöffentlicher Sitzung. Da in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats die unter Verstoß gegen das Prinzip der Öffentlichkeit durchgeführte Beratung nicht offengelegt wurde, ist auch der Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechts fehlerhaft.
48 
Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts erfolgte in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderates vom 29.08.2011 keine Beratung über die Ausübung des Vorkaufsrechts. Zwar fand unmittelbar vor der Beschlussfassung nach der Einführung durch den Bürgermeister eine kurze Aussprache statt, in der drei Gemeinderäte die einstimmige Zustimmung ihrer jeweiligen Fraktionen ankündigten. Allein der Umstand, dass insofern keine streitige Diskussion mit Rede und Gegenrede stattgefunden hat, begründet noch keinen Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Denn auf eine Beratung kann im Einzelfall auch ganz verzichtet werden (vgl. auch § 37 Abs. 1 Satz 2 GemO).
49 
Sowohl den Darlegungen des Bürgermeisters (Verweis auf eine Vorberatung, die zusammen mit dem Beklagten-Vertreter bereits am 01.08.2011 stattgefunden habe), als auch den Ausführungen der drei Gemeinderäte ist jedoch zu entnehmen, dass auf vorangegangene Beratungen Bezug genommen wurde. Hierdurch ist überhaupt erst offenbar geworden, dass ein Beratungsbedarf nur deshalb nicht mehr bestanden hat, da über die Ausübung des Vorkaufsrechtes zuvor mehrfach beraten wurde. Soweit das Verwaltungsgericht davon ausgeht, ein weiterer Beratungsbedarf habe sich in der öffentlichen Sitzung nicht ergeben, da unmittelbar vor diesem Tagesordnungspunkt das Entwicklungskonzept im Sanierungsgebiet „Östlicher Ortskern“ fortgeschrieben und konkretisiert worden sei, ist dem entgegenzuhalten, dass weder der Bürgermeister selbst noch die drei Gemeinderäte, die sich hierzu geäußert haben, bei der Befassung des Themas „Vorkaufsrecht“ auf diesen vorangegangen Tagesordnungspunkt berufen haben. Vielmehr hat der Bürgermeister selbst auf eine Vorberatung vom 01.08.2011 Bezug genommen; auch Gemeinderat M. hat auf eine Vorberatung hingewiesen.
50 
bb) Die der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 29.08.2011 vorangegangenen Beratungen über die Ausübung des Vorkaufsrechts haben sämtlich in nichtöffentlicher Sitzung stattgefunden.
51 
In der nichtöffentlichen Sitzung am 25.07.2011 hat der Bürgermeister u.a. darauf verwiesen, dass die Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechtes in öffentlicher Gemeinderatssitzung zu erfolgen habe. Offenbar ging dieser davon aus, dass es unschädlich sei, hierüber in nichtöffentlicher Sitzung zu beraten. Danach wurde ausführlich und kontrovers darüber diskutiert, ob für das Grundstück nach den bisher formulierten Sanierungszwecken überhaupt die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen, der Bürgermeister wurde teilweise wegen der gescheiterten Verkaufsverhandlungen mit dem Kläger zu 1 kritisiert und es bestand insgesamt eine Unsicherheit, ob die rechtlichen Voraussetzungen über die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen. In dieser nichtöffentlichen Sitzung fand danach - unter Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO - bereits die wesentliche Sachdiskussion und nicht lediglich eine bloße Vorbehandlung einer schwierigen Angelegenheit in einer nichtöffentlichen Sitzung statt, die dann in einer weiteren öffentlichen Sitzung erledigt wird (vgl. dazu Kunze/Bronner/Katz, Kommentar zur Gemeindeordnung, § 35 Rn. 12; vgl. auch zur Zulässigkeit der Vorberatung durch einen Ausschuss in nichtöffentlicher Sitzung: §§ 39 Abs. 5 Satz 2, 41 Abs. 3 GemO; vgl. zur Zulässigkeit der Klärung lediglich einer Einzelfrage im Rahmen eines Bebauungsplanverfahrens in nichtöffentlicher Sitzung: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.03.2011 - 5 S 746/10 - juris Rn. 22). Eine analoge Anwendung des § 39 Abs. 5 Satz 2 GemO kommt entgegen der Ansicht des Beklagten-Vertreters nicht in Betracht. Die Vorschrift betrifft Vorberatungen eines beschließenden Ausschusses des Gemeinderats in nichtöffentlicher Sitzung. Eine nichtöffentliche Vorberatung durch den Gemeinderat widerspricht dagegen bereits grundsätzlich der klaren Regelung des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - juris Rn. 26 ; Kunze/Bronner/Katz, a.a.O., § 35 Rn. 12), so dass eine solche stets unzulässig ist.
52 
Der Gemeinderat hat in der Sitzung vom 25.07.2011 umfassend nichtöffentlich beraten und damit gerade die eigentliche und entscheidende Sachdiskussion der anschließenden öffentlichen Sitzung vorweggenommen, was Sinn und Zweck des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO widerspricht (vgl. hierzu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.07.2000 - 14 S 237/99 - juris Rn. 39; Kunze/Bronner/Katz, Kommentar zur GemO, § 35 Rn. 12).
53 
Durch die Vorwegnahme der Sachdiskussion in der nichtöffentlichen Sitzung ist die der Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen zukommende Legitimations-, Kontroll- und Beteiligungsfunktion erheblich beeinträchtigt worden. Hieran vermag auch der in der nachfolgenden nichtöffentlichen Sitzung am 01.08.2011 gefasste Beschluss, dass die Beratung in der nichtöffentlichen Sitzung vom 25.07.2011 als gegenstandslos zu betrachten sei und die Beratung und die Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechts erstmals in einer weiteren Gemeinderatssitzung stattfinden werde, nichts zu ändern. Diese nur „kassatorische“ Maßnahme war zur Verwirklichung des Zwecks des Öffentlichkeitsgebots nicht ausreichend. Denn die bloße förmliche Distanzierung von der vorherigen Beratung änderte jedenfalls nichts daran, dass den Gemeindebürgern der tatsächliche Willensbildungsprozess des Gemeinderats vollständig verborgen blieb. Sowohl die ursprünglichen Kritikpunkte an der Ausübung des Vorkaufsrechts als auch die spätere Ausräumung dieser Bedenken und die damit verbundene Bejahung des Vorliegens der Voraussetzungen blieben den Gemeindebürgern gänzlich unbekannt. Damit war der Distanzierungsbeschluss nicht geeignet, eine Informationsgrundlage für die Bürger zu schaffen, die ihnen die Wahrnehmung der Kontrolle des Gemeinderats und die Willensbildung im Hinblick auf künftige Wahlen ermöglicht.
54 
Hinzu kommt, dass in der weiteren nichtöffentlichen Sitzung am 01.08.2011 der Gemeinderat, obwohl der Bürgermeister als auch der Beklagten-Vertreter ausdrücklich darauf hingewiesen hatten, dass in der Sitzung keine Sachdiskussion zur Vorkaufsrechtsausübung geführt werde, in der Sache dann doch konkret über die Ausübung des Vorkaufsrechtes gesprochen wurde. Der Beklagten-Vertreter hat nach Darlegung der allgemeinen rechtlichen Voraussetzungen über die Ausübung eines Vorkaufsrechts, Fragen einzelner Gemeinderäte beantwortet, die nicht nur allgemeiner Natur waren, sondern die sich konkret auf das Grundstück ... Straße ... bezogen haben. So wurden etwa Fragen nach Chancen für ein Rechtsmittel des Käufers oder Erwerbers beantwortet; auch die Notwendigkeit der Konkretisierung der Sanierungsziele für die kleine Turnhalle wurde angesprochen. Es fand nicht lediglich eine Information über die allgemeinen rechtlichen Rahmenbedingungen der Ausübung des Vorkaufsrechtes statt, wie dies in dem Protokoll (S. 5) vermerkt wird. In Anknüpfung an die vorausgegangene nichtöffentliche Beratung vom 25.07.2011 wurden vielmehr Zweifel daran, dass die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen, nun durch die rechtliche Beratung zerstreut. In dieser nichtöffentlichen Sitzung wurde zudem der einstimmige Beschluss gefasst, den Beklagtenvertreter mit der Begleitung „zur Ausübung des Vorkaufsrechts“ zu beauftragen. Aus der Sicht eines objektiven Beobachters stellt sich auch dieses Verhalten bereits als eine wesentliche Entscheidung des Gemeinderats dar, das Vorkaufsrechts auszuüben.
55 
Zwar können rechtswidrige Beschlüsse eines Gemeinderates in einer nachfolgenden öffentlichen Sitzung aufgehoben und erneut gefasst werden. Für rechtswidrig nichtöffentliche Beratungen kommt dies - etwa mittels eines Distanzierungsbeschluss - aufgrund der vorgenannten Erwägungen der Sache nach aber nicht in Betracht. Eine wegen Verstoßes gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO rechtswidrige Beratung kann durch einen nachträglichen Beschluss des Gemeinderats daher auch nicht für „gegenstandslos“ erklärt werden.
56 
cc) Der Öffentlichkeitsgrundsatz gebietet daher für solche „infizierten“ Beratungen, dass in der öffentlichen Sitzung, in der die Beschlussfassung erfolgen soll, der zugrunde liegende (eigentliche) Willensbildungsprozess des Gemeinderats aus den vorangegangenen nichtöffentlichen Sitzungen zumindest in seinen Grundzügen offen gelegt wird. Demnach hätte in der öffentlichen Sitzung am 29.08.2011 die Öffentlichkeit zumindest über die wesentlichen Grundzüge der Sachdiskussion sowie über die rechtliche Argumentation in den nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und vom 01.08.2011 informiert werden müssen, was unstreitig nicht geschehen ist.
57 
Einer solchen Information stehen – entgegen der Auffassung der Beklagten – grundsätzlich aber weder § 35 Abs. 2 GemO, wonach die Gemeinderäte zur Verschwiegenheit über alle in nichtöffentlicher Sitzung behandelten Angelegenheiten so lange verpflichtet sind, bis sie der Bürgermeister von der Schweigepflicht entbindet, noch das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Gemeinderäte entgegen. Zwar ist anerkannt, dass die Gemeinderäte auch dann zur Verschwiegenheit bezüglich aller in nichtöffentlicher Sitzung bekanntgewordener Angelegenheiten nach § 35 Abs. 2 GemO verpflichtet sind, wenn sie der Auffassung sind, dass öffentlich hätte verhandelt werden müssen (Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, 4. Auflage, § 35 Rn. 17). Die Schweigepflicht der Gemeinderäte gilt jedoch nur so lange, bis der Bürgermeister sie aufhebt. Auf die Aufhebung der Schweigepflicht ist im Interesse der Schaffung klarer Verhältnisse besonderer Wert zu legen. Ihre Aufhebung ist aber auch konkludent möglich. Eine Entbindung von der Schweigepflicht ist daher als notwendiger Bestandteil der Information der Öffentlichkeit durch den Bürgermeister in seiner Funktion als Vorsitzender des Gemeinderats zu sehen. Mit der Information über den Inhalt einer Sitzung in Fällen, in denen die Öffentlichkeit rechtswidrig ausgeschlossen wurde, macht der Bürgermeister zugleich deutlich, dass bezüglich dieser Angelegenheiten keine Verschwiegenheit mehr gewahrt werden muss. Dem steht auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Gemeinderäte nicht entgegen. Denn entgegen der Auffassung der Beklagten gebietet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Gemeinderäte keine Auslegung des § 35 Abs. 2 GemO, die zur Unzulässigkeit einer Offenlegung der unberechtigterweise nichtöffentlich beratenen Gegenstände führt. Dem informationellen Selbstbestimmungsrecht kommt zwar im Rahmen des § 35 GemO ein gewichtiger Stellenwert zu (vgl. insofern auch § 48 Abs. 3 GO NRW). Dies bezieht sich jedoch maßgeblich auf die von den Beratungsgegenständen persönlich betroffenen Personen, zu deren Gunsten die Öffentlichkeit gegebenenfalls auszuschließen ist. Die Gemeinderäte, die im Rahmen der Sitzung als mandatierte Volksvertreter und nicht in ihrer Eigenschaft als Privatpersonen auftreten, sind regelmäßig nicht in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung berührt. Die Information über die wesentlichen Grundzüge der Sachdiskussion in unberechtigterweise nichtöffentlichen Sitzungen betrifft in aller Regel nicht die personenbezogenen Daten der Gemeinderäte. Auch im vorliegenden Fall wären bei einer Information durch den Bürgermeister jedenfalls keine personenbezogenen Daten der Gemeinderäte preisgegeben worden. Hiervon geht nunmehr auch die Beklagte aus, da sie in der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 17.11.2014 den Sach- und Diskussionsstand aus den nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und 01.08.2011 offengelegt hat.
58 
4. Die Rechtswidrigkeit des Gemeinderatsbeschlusses vom 29.08.2011 führt auch zur Rechtswidrigkeit des Ausübungsbescheides vom 31.08.2011. Dieser Bescheid stellt den Vollzug des Beschlusses des Gemeinderats dar, der nicht hätte ergehen dürfen, weil der Bürgermeister nur gesetzmäßig gefasste Beschlüsse vollziehen darf (§ 43 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GemO; vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - a.a.O).
59 
5. Der wegen Rechtswidrigkeit des Beschlusses bestehende Aufhebungsanspruch der Kläger ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht nach § 46 LVwVfG ausgeschlossen.
60 
Nach § 46 LVwVfG kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 LVwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Zwar muss es sich bei den verletzten Verfahrensvorschriften nicht um solche des Verwaltungsverfahrensgesetzes handeln, auch entsprechende Vorschriften in anderen Gesetzen werden erfasst (für § 46 VwVfG:Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 46 Rn. 7; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. ,§ 46 Rn. 30).
61 
Die Vorschrift über die Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen geht jedoch gemäß § 1 Abs. 1 LVwVfG der Vorschrift des § 46 LVwVfG vor. Aufgrund der dargestellten Bedeutung des Prinzips der Öffentlichkeit handelt es sich bei dessen Beachtung um ein die Anwendung von § 46 LVwVfG ausschließendes absolutes Verfahrenserfordernis, das unabhängig von der Richtigkeit der von der Beklagten getroffenen Entscheidung beachtet werden muss (vgl. zum Beteiligungsrecht von Naturschutzverbänden nach § 29 BNatSchG a.F.: BVerwG, Urteil vom 12.11.1997 - 11 A 49.96 - BVerGE 105, 348 <353>). Die Vorschrift des § 35 Abs. 1 Satz 2 GemO ist keine lediglich formale Ordnungsvorschrift, deren Adressat allein der Gemeinderat ist. Dies belegen gerade auch die Regelungen des § 4 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 GemO, wonach die Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeit der Wirksamkeit einer Satzung stets entgegengehalten werden kann sowie des § 18 Abs. 6 GemO zur Rechtswidrigkeit von Gemeinderatsbeschlüssen unter Mitwirkung befangener Gemeinderäte. Eine Anwendung des § 46 LVwVfG scheidet bei einem Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO danach von vornherein aus (a.A. Engel/Heilshorn, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 10. Aufl., § 14 Rn. 153). Auf den Gemeinderatsbeschluss der Beklagten vom 17.11.2014, der nach den Darlegungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung gerade auch zeigen sollte, dass in der Sache keine andere Entscheidung getroffen worden wäre, braucht daher nicht weiter eingegangen zu werden.
62 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Hinzuziehungen der Bevollmächtigten im Vorverfahren durch die Kläger sind nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären.
63 
Gründe für die Zulassung der Revision aus § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
64 
Beschluss
65 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf10.000,- EUR festgesetzt (entsprechend den Streitwertfestsetzungen im ersten Rechtszug).
66 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert wird auf 40.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung (§§ 124, 124a Abs. 4 VwGO) hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor bzw. wurden nicht hinreichend dargelegt.

1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 27. Februar 2014.

1.1. Die Beurteilung des Erstgerichts, dass die Beklagte ihr Ermessen bei der Ausübung ihres Vorkaufsrechts nach § 24 BauGB nicht ordnungsgemäß ausgeübt hat, ist nicht zu beanstanden. Die Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts liegt im Ermessen der Gemeinde, d. h. sie kann bei Vorliegen der Voraussetzungen ihr Recht ausüben, muss dies aber nicht tun (vgl. BayVGH, U. v. 6.2.2014 - 2 B 13.2570 - juris; U. v. 4.6.2014 - 2 B 12.1587 - juris). Ob die gesetzlichen Ausübungsvoraussetzungen erfüllt sind, beurteilt sich nach den konkreten Erwägungen der Gemeinde im Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts. Gemäß § 114 Satz 1 VwGO prüft das Gericht, ob der Verwaltungsakt deswegen rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Nach § 114 Satz 2 VwGO kann eine Verwaltungsbehörde ihre Ermessenserwägungen noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Letzteres setzt jedoch voraus, dass die Verwaltungsbehörde grundsätzlich erkannt hat, dass ihr ein Ermessen zusteht und dies auch ausgeübt hat. Im vorliegenden Fall liegt jedoch ein Ermessensnichtgebrauch vor, also der Fall, dass die Behörde verkennt, dass sie ein Ermessen hat. Der angefochtene Bescheid vom 7. August 2012 enthält lediglich Ausführungen zu den tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausübung des Vorkaufsrechts sowie zum Vorliegen des Wohls der Allgemeinheit. Dass die Ausübung des Vorkaufsrechts eine Ermessensentscheidung darstellt, kommt im Bescheid an keiner Stelle zum Ausdruck. Weder wird das Wort „Ermessen“ gebraucht, noch finden sich inhaltlich in irgendeiner Weise Erwägungen zu den gegenläufigen Interessen der Klägerin am Erwerb des Grundstücks.

Es finden sich auch keine Ermessenserwägungen dazu, wieso außer dem Vorhabensgrundstück FlNr. 3546 auch die Grundstücke mit den FlNrn. 1991 und 3561 übernommen werden sollen. Schon im Hinblick darauf, dass nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 24 Abs. 1 Satz 2 BauGB ein Vorkaufsrecht grundsätzlich nur an Grundstücksflächen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans ausgeübt werden kann, und das Grundstück FlNr. 1911 vollständig außerhalb sowie das Grundstück FlNr. 3561 zum überwiegenden Teil außerhalb des Geltungsbereichs des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans liegt, hätten sich Ermessenserwägungen aufgedrängt. Soweit sich die Beklagte auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Juni 1981 (3 C 35.80 - BVerwGE 62, 330/340) und ein Urteil des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs vom 8. März 1982 (22 B 81 A.2570 - BayVBl 1982, 404/405) bezieht, befassen sich diese Entscheidungen mit der Begründungssituation im Rahmen einer Beurteilungsermächtigung. Es wird nicht dargelegt, inwieweit die dort dargelegten Erwägungen auf die Situation bei der Begründung einer Ermessensentscheidung nach Art. 39, 40 BayVwVfG übertragbar sind. Es ist aber im Gegenteil davon auszugehen, dass die Gemeinde ihre Ermessensgesichtspunkte offenzulegen hat (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, B. v. 11.3.2010 - 2 L 110.08 - UPR 2011, 157).

1.2. Das Urteil des Erstgerichts begegnet auch insoweit keinen ernstlichen Zweifeln an seiner Richtigkeit, als dort davon ausgegangen wird, dass die konkrete Ausübung des Vorkaufsrechts im Bescheid vom 7. August 2012 nicht durch das Wohl der Allgemeinheit im Sinn von § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB gerechtfertigt ist. Denn es wird im angefochtenen Bescheid nichts dafür vorgetragen oder ersichtlich, warum das Vorkaufsrecht auch auf die vollständig bzw. überwiegend außerhalb des Geltungsbereichs des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans liegenden Grundstücke FlNrn. 1911 und 3561 erstreckt wurde. Soweit seitens der Beklagten erstmals im Berufungszulassungsverfahren geltend gemacht wird, sie habe wegen § 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB i. V. m. § 467 Satz 2 BGB das Vorkaufsrecht auf sämtliche Grundstücke erstreckt, ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte hierzu tatsächlich Erwägungen angestellt hätte. Der vorgelegte Auszug aus der Sitzung des Stadtrates vom 25. Juli 2012 verhält sich hierzu ebenso wenig wie der angefochtene Bescheid vom 7. August 2012. Im Übrigen gewährt § 467 Satz 2 BGB nur dem Verkäufer eine Einrede, dem Drittkäufer stehen insoweit jedoch keine Rechte zu (vgl. Palandt-Weidenkaff, BGB, 74. Auflage 2015, § 467 Rn. 4). Es fehlen daher insbesondere jegliche Erwägungen dazu, ob der Verkäufer tatsächlich hätte verlangen können, dass der Vorkauf auf alle Grundstücke und Grundstücksteile erstreckt wird, die nicht ohne Nachteil für ihn getrennt werden können. Eine Bewertung, ob der Verkäufer mit einem derartigen Nachteil rechnen musste, wird auch im Zulassungsantrag nicht ansatzweise dargelegt.

2. Entgegen der Auffassung der Beklagten weist die Rechtssache auch keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Denn die von der Beklagten als schwierig bezeichnete Rechtsfrage war weder für das Erstgericht entscheidungserheblich, noch wäre sie dies in einem Berufungsverfahren. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte bei ihrer Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts § 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB i. V. m. § 467 Satz 2 BGB angewendet hätte, um die Erhebung einer zivilrechtlichen Einrede durch den Verkäufer abzuwenden. Im Übrigen leidet die Entscheidung der Beklagten auch an dem unter 1.1. dargestellten Ermessensfehler.

3. Ebenso wenig hat die seitens der Beklagten unter dem Gesichtspunkt „besondere rechtliche Schwierigkeiten“ aufgeworfene Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Wie bereits ausgeführt, war diese Rechtsfrage für das erstgerichtliche Verfahren nicht entscheidungserheblich und wäre dies auch nicht im Berufungsverfahren. Denn eine Abwendung der zivilrechtlichen Einrede des Verkäufers aus § 467 Satz 2 BGB bei der konkreten Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Beklagte ist nicht ersichtlich. Zudem leidet der angefochtene Bescheid vom 7. August 2012 auch an dem unter 1.1. dargestellten Ermessensfehler.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.

(1) Der Gemeinde steht ein Vorkaufsrecht zu beim Kauf von Grundstücken

1.
im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, soweit es sich um Flächen handelt, für die nach dem Bebauungsplan eine Nutzung für öffentliche Zwecke oder für Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 festgesetzt ist,
2.
in einem Umlegungsgebiet,
3.
in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet und städtebaulichen Entwicklungsbereich,
4.
im Geltungsbereich einer Satzung zur Sicherung von Durchführungsmaßnahmen des Stadtumbaus und einer Erhaltungssatzung,
5.
im Geltungsbereich eines Flächennutzungsplans, soweit es sich um unbebaute Flächen im Außenbereich handelt, für die nach dem Flächennutzungsplan eine Nutzung als Wohnbaufläche oder Wohngebiet dargestellt ist,
6.
in Gebieten, die nach den §§ 30, 33 oder 34 Absatz 2 vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden können, soweit die Grundstücke unbebaut sind, wobei ein Grundstück auch dann als unbebaut gilt, wenn es lediglich mit einer Einfriedung oder zu erkennbar vorläufigen Zwecken bebaut ist,
7.
in Gebieten, die zum Zweck des vorbeugenden Hochwasserschutzes von Bebauung freizuhalten sind, insbesondere in Überschwemmungsgebieten, sowie
8.
in Gebieten nach den §§ 30, 33 oder 34, wenn
a)
in diesen ein städtebaulicher Missstand im Sinne des § 136 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 3 vorliegt oder
b)
die baulichen Anlagen einen Missstand im Sinne des § 177 Absatz 2 aufweisen
und die Grundstücke dadurch erhebliche nachteilige Auswirkungen auf das soziale oder städtebauliche Umfeld aufweisen, insbesondere durch ihren baulichen Zustand oder ihre der öffentlichen Sicherheit und Ordnung widersprechende Nutzung.
Im Falle der Nummer 1 kann das Vorkaufsrecht bereits nach Beginn der Veröffentlichungsfrist nach § 3 Absatz 2 Satz 1 ausgeübt werden, wenn die Gemeinde einen Beschluss gefasst hat, einen Bebauungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen. Im Falle der Nummer 5 kann das Vorkaufsrecht bereits ausgeübt werden, wenn die Gemeinde einen Beschluss gefasst und ortsüblich bekannt gemacht hat, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen und wenn nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, dass der künftige Flächennutzungsplan eine solche Nutzung darstellen wird.

(2) Das Vorkaufsrecht steht der Gemeinde nicht zu beim Kauf von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz und von Erbbaurechten.

(3) Das Vorkaufsrecht darf nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt. Dem Wohl der Allgemeinheit kann insbesondere die Deckung eines Wohnbedarfs in der Gemeinde dienen. Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts hat die Gemeinde den Verwendungszweck des Grundstücks anzugeben.

(1) Der Verkäufer hat der Gemeinde den Inhalt des Kaufvertrags unverzüglich mitzuteilen; die Mitteilung des Verkäufers wird durch die Mitteilung des Käufers ersetzt. Das Grundbuchamt darf bei Kaufverträgen den Käufer als Eigentümer in das Grundbuch nur eintragen, wenn ihm die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts nachgewiesen ist. Besteht ein Vorkaufsrecht nicht oder wird es nicht ausgeübt, hat die Gemeinde auf Antrag eines Beteiligten darüber unverzüglich ein Zeugnis auszustellen. Das Zeugnis gilt als Verzicht auf die Ausübung des Vorkaufsrechts.

(2) Das Vorkaufsrecht kann nur binnen drei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer ausgeübt werden. Die §§ 463, 464 Absatz 2, §§ 465 bis 468 und 471 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind anzuwenden. Nach Mitteilung des Kaufvertrags ist auf Ersuchen der Gemeinde zur Sicherung ihres Anspruchs auf Übereignung des Grundstücks eine Vormerkung in das Grundbuch einzutragen; die Gemeinde trägt die Kosten der Eintragung der Vormerkung und ihrer Löschung. Das Vorkaufsrecht ist nicht übertragbar. Bei einem Eigentumserwerb auf Grund der Ausübung des Vorkaufsrechts erlöschen rechtsgeschäftliche Vorkaufsrechte. Wird die Gemeinde nach Ausübung des Vorkaufsrechts im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen, kann sie das Grundbuchamt ersuchen, eine zur Sicherung des Übereignungsanspruchs des Käufers im Grundbuch eingetragene Vormerkung zu löschen; sie darf das Ersuchen nur stellen, wenn die Ausübung des Vorkaufsrechts für den Käufer unanfechtbar ist.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 kann die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach dem Verkehrswert des Grundstücks (§ 194) im Zeitpunkt des Kaufes bestimmen, wenn der vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert überschreitet. In diesem Falle ist der Verkäufer berechtigt, bis zum Ablauf eines Monats nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts über die Ausübung des Vorkaufsrechts vom Vertrag zurückzutreten. Auf das Rücktrittsrecht sind die §§ 346 bis 349 und 351 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Tritt der Verkäufer vom Vertrag zurück, trägt die Gemeinde die Kosten des Vertrags auf der Grundlage des Verkehrswerts. Tritt der Verkäufer vom Vertrag nicht zurück, erlischt nach Ablauf der Rücktrittsfrist nach Satz 2 die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist. Führt die Gemeinde das Grundstück nicht innerhalb einer angemessenen Frist dem mit der Ausübung des Vorkaufsrechts verfolgten Zweck zu, hat sie dem Verkäufer einen Betrag in Höhe des Unterschieds zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem Verkehrswert zu zahlen. § 44 Absatz 3 Satz 2 und 3, § 43 Absatz 2 Satz 1 sowie die §§ 121 und 122 sind entsprechend anzuwenden.

(4) In den Fällen des § 24 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bestimmt die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Fünften Teils, wenn der Erwerb des Grundstücks für die Durchführung des Bebauungsplans erforderlich ist und es nach dem festgesetzten Verwendungszweck enteignet werden könnte. Mit der Unanfechtbarkeit des Bescheids über die Ausübung des Vorkaufsrechts erlischt die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist.

(5) Die Gemeinde kann für das Gemeindegebiet oder für sämtliche Grundstücke einer Gemarkung auf die Ausübung der ihr nach diesem Abschnitt zustehenden Rechte verzichten. Sie kann den Verzicht jederzeit für zukünftig abzuschließende Kaufverträge widerrufen. Der Verzicht und sein Widerruf sind ortsüblich bekannt zu machen. Die Gemeinde teilt dem Grundbuchamt den Wortlaut ihrer Erklärung mit. Hat die Gemeinde auf die Ausübung ihrer Rechte verzichtet, bedarf es eines Zeugnisses nach Absatz 1 Satz 3 nicht, soweit nicht ein Widerruf erklärt ist.

(6) Hat die Gemeinde das Vorkaufsrecht ausgeübt und sind einem Dritten dadurch Vermögensnachteile entstanden, hat sie dafür Entschädigung zu leisten, soweit dem Dritten ein vertragliches Recht zum Erwerb des Grundstücks zustand, bevor ein gesetzliches Vorkaufsrecht der Gemeinde auf Grund dieses Gesetzbuchs oder solcher landesrechtlicher Vorschriften, die durch § 186 des Bundesbaugesetzes aufgehoben worden sind, begründet worden ist. Die Vorschriften über die Entschädigung im Zweiten Abschnitt des Fünften Teils sind entsprechend anzuwenden. Kommt eine Einigung über die Entschädigung nicht zustande, entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde.

(1) Der Gemeinde steht ein Vorkaufsrecht zu beim Kauf von Grundstücken

1.
im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, soweit es sich um Flächen handelt, für die nach dem Bebauungsplan eine Nutzung für öffentliche Zwecke oder für Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 festgesetzt ist,
2.
in einem Umlegungsgebiet,
3.
in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet und städtebaulichen Entwicklungsbereich,
4.
im Geltungsbereich einer Satzung zur Sicherung von Durchführungsmaßnahmen des Stadtumbaus und einer Erhaltungssatzung,
5.
im Geltungsbereich eines Flächennutzungsplans, soweit es sich um unbebaute Flächen im Außenbereich handelt, für die nach dem Flächennutzungsplan eine Nutzung als Wohnbaufläche oder Wohngebiet dargestellt ist,
6.
in Gebieten, die nach den §§ 30, 33 oder 34 Absatz 2 vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden können, soweit die Grundstücke unbebaut sind, wobei ein Grundstück auch dann als unbebaut gilt, wenn es lediglich mit einer Einfriedung oder zu erkennbar vorläufigen Zwecken bebaut ist,
7.
in Gebieten, die zum Zweck des vorbeugenden Hochwasserschutzes von Bebauung freizuhalten sind, insbesondere in Überschwemmungsgebieten, sowie
8.
in Gebieten nach den §§ 30, 33 oder 34, wenn
a)
in diesen ein städtebaulicher Missstand im Sinne des § 136 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 3 vorliegt oder
b)
die baulichen Anlagen einen Missstand im Sinne des § 177 Absatz 2 aufweisen
und die Grundstücke dadurch erhebliche nachteilige Auswirkungen auf das soziale oder städtebauliche Umfeld aufweisen, insbesondere durch ihren baulichen Zustand oder ihre der öffentlichen Sicherheit und Ordnung widersprechende Nutzung.
Im Falle der Nummer 1 kann das Vorkaufsrecht bereits nach Beginn der Veröffentlichungsfrist nach § 3 Absatz 2 Satz 1 ausgeübt werden, wenn die Gemeinde einen Beschluss gefasst hat, einen Bebauungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen. Im Falle der Nummer 5 kann das Vorkaufsrecht bereits ausgeübt werden, wenn die Gemeinde einen Beschluss gefasst und ortsüblich bekannt gemacht hat, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen und wenn nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, dass der künftige Flächennutzungsplan eine solche Nutzung darstellen wird.

(2) Das Vorkaufsrecht steht der Gemeinde nicht zu beim Kauf von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz und von Erbbaurechten.

(3) Das Vorkaufsrecht darf nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt. Dem Wohl der Allgemeinheit kann insbesondere die Deckung eines Wohnbedarfs in der Gemeinde dienen. Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts hat die Gemeinde den Verwendungszweck des Grundstücks anzugeben.

Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Der Gemeinde steht ein Vorkaufsrecht zu beim Kauf von Grundstücken

1.
im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, soweit es sich um Flächen handelt, für die nach dem Bebauungsplan eine Nutzung für öffentliche Zwecke oder für Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 festgesetzt ist,
2.
in einem Umlegungsgebiet,
3.
in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet und städtebaulichen Entwicklungsbereich,
4.
im Geltungsbereich einer Satzung zur Sicherung von Durchführungsmaßnahmen des Stadtumbaus und einer Erhaltungssatzung,
5.
im Geltungsbereich eines Flächennutzungsplans, soweit es sich um unbebaute Flächen im Außenbereich handelt, für die nach dem Flächennutzungsplan eine Nutzung als Wohnbaufläche oder Wohngebiet dargestellt ist,
6.
in Gebieten, die nach den §§ 30, 33 oder 34 Absatz 2 vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden können, soweit die Grundstücke unbebaut sind, wobei ein Grundstück auch dann als unbebaut gilt, wenn es lediglich mit einer Einfriedung oder zu erkennbar vorläufigen Zwecken bebaut ist,
7.
in Gebieten, die zum Zweck des vorbeugenden Hochwasserschutzes von Bebauung freizuhalten sind, insbesondere in Überschwemmungsgebieten, sowie
8.
in Gebieten nach den §§ 30, 33 oder 34, wenn
a)
in diesen ein städtebaulicher Missstand im Sinne des § 136 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 3 vorliegt oder
b)
die baulichen Anlagen einen Missstand im Sinne des § 177 Absatz 2 aufweisen
und die Grundstücke dadurch erhebliche nachteilige Auswirkungen auf das soziale oder städtebauliche Umfeld aufweisen, insbesondere durch ihren baulichen Zustand oder ihre der öffentlichen Sicherheit und Ordnung widersprechende Nutzung.
Im Falle der Nummer 1 kann das Vorkaufsrecht bereits nach Beginn der Veröffentlichungsfrist nach § 3 Absatz 2 Satz 1 ausgeübt werden, wenn die Gemeinde einen Beschluss gefasst hat, einen Bebauungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen. Im Falle der Nummer 5 kann das Vorkaufsrecht bereits ausgeübt werden, wenn die Gemeinde einen Beschluss gefasst und ortsüblich bekannt gemacht hat, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen und wenn nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, dass der künftige Flächennutzungsplan eine solche Nutzung darstellen wird.

(2) Das Vorkaufsrecht steht der Gemeinde nicht zu beim Kauf von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz und von Erbbaurechten.

(3) Das Vorkaufsrecht darf nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt. Dem Wohl der Allgemeinheit kann insbesondere die Deckung eines Wohnbedarfs in der Gemeinde dienen. Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts hat die Gemeinde den Verwendungszweck des Grundstücks anzugeben.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich mit ihrer Klage gegen die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechtes durch die Beklagte.

2

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstückes A-Straße, Flurstück 1761 der Flur 2 der Gemarkung A-Stadt, welches im Bereich des Bebauungsplanes Nr. 3 Wohngebiet Süd (B.) liegt. Mit notariellem Kaufvertrag vom 14. Oktober 2011 (UR-Nr. 989/2011) des Notars H. erwarben sie vom Land, vertreten durch das Liegenschafts- und Immobilienmanagement die Flurstücke 337/234, 337/235, 337/236, 337/237, 337/238, 337/239, 337/240 und 337/241 der Flur 2 der Gemarkung A-Stadt. Die Flurstücke liegen im Bereich des Bebauungsplanes Nr. 5 Wohngebiet Süd II der Ortschaft A-Stadt an dessen westlicher Grenze. Das Flurstück 337/241 grenzt dabei östlich an das Grundstück der Kläger an. An das Flurstück 337/241 schließen sich die weiteren Flurstücke jeweils nördlich an. Westlich der Flurstücke befinden sich unmittelbar angrenzend überwiegend wohnbebaute Grundstücke, dessen Eigentümer bzw. Bewohner die gegenständlichen Flurstücke gepachtet haben und diese als Grünland nutzen.

3

Mit Schreiben vom 21. Oktober 2011, welches bei der Beklagten am 24. Oktober 2011 einging, übersandte der beurkundende Notar der Beklagten den notariellen Kaufvertrag und bat um Erteilung eines Negativzeugnisses. Unter dem 29. November 2011, der Beklagten am selbigen Tage zugegangen, teilte der Notar der Beklagten mit, dass nunmehr auch die Genehmigung nach der Grundstücksverkehrsordnung erteilt wurde.

4

Zwischenzeitlich wandten sich verschiedene Nachbarn der Kläger, an deren Grundstücke die gegenständlichen Flurstücke grenzen, an die Beklagte und teilten dieser mit, dass sie nicht über die Möglichkeit eines Kaufes informiert worden wären und baten um die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechtes, da die Nachbarn selbst ein Kaufinteresse an den jeweiligen Flurstücken hätten.

5

In der Gemeinderatssitzung vom 22. Dezember 2011 beschloss der Gemeinderat der Beklagten mit Beschluss Nr. 627/2011 entgegen der Empfehlung des Verwaltungsamtes, das Vorkaufsrecht bezogen auf die oben genannten Flurstücke auszuüben und in den Kaufvertrag einzusteigen.

6

Mit Bescheid vom 16. Januar 2012 teilte die Beklagte sowohl den Klägern als auch dem Verkäufer mit, dass der Gemeinderat die Ausübung des Vorkaufsrechts beschlossen hat und die Beklagte daher in den Kaufvertrag einsteigt. Zur Begründung trug sie vor, dass das Flurstück 337/241 nach dem Bebauungsplan Nr. 5 Wohngebiet Süd II der Ortschaft A-Stadt in einem Bereich liege, der als öffentliche Grünfläche ausgewiesen ist. Die Gemeinde beabsichtige, die im Bebauungsplan festgesetzten Bindungen für die Bepflanzung und Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern in absehbarer Zeit zu realisieren. Die weiteren Flurstücke lägen in einem Bereich, der als allgemeines Wohngebiet gekennzeichnet sei. Die Beklagte übe hier das Vorkaufsrecht aus, um die Flurstücke für eine mögliche Bebauung vorhalten zu können.

7

Am 31. Januar 2012 erhoben die Kläger hiergegen Widerspruch. Sie waren der Ansicht, die Beklagte habe die Ausübung des Vorkaufsrechtes verfristet geltend gemacht. Darüber hinaus rechtfertige das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung des Vorkaufsrechtes nicht. Das Vorhalten von Baufläche sei nur ein vorgeschobenes Argument. Ziel der Beklagten sei, die Grundstücke an die Nachbarn der Kläger zu verkaufen.

8

Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2014 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Ausübung sei fristgemäß erfolgt. In Bezug auf die Flurstücke mit Ausnahme des Flurstückes 337/241 wurde das Wohl der Allgemeinheit neben der im Ausgangsbescheid vorgetragenen Ausführungen damit begründet, dass die Flurstücke den Bedarf an Austauschflächen zum Zwecke der Entschädigung in Land im Falle von Grundstücksenteignungen in anderen Bereichen im Gemeindegebiet decken sollten.

9

Am 03. März 2014 haben die Kläger beim erkennenden Gericht Klage erhoben.

10

Sie sind der Ansicht, der Bebauungsplan Nr. 5 Wohngebiet Süd II der Ortschaft A-Stadt sei nicht rechtsverbindlich, da dieser nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht wurde. Im Übrigen sei die Ausübung des Vorkaufsrechtes nicht durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt. Die Beklagte habe in den vergangenen 20 Jahren keine Anstrengungen unternommen, den Bebauungsplan umzusetzen. Das Land habe ihr im Jahre 2007 die gegenständlichen Flurstücke zum Kauf angeboten. Von dieser Möglichkeit habe die Beklagte keinen Gebrauch gemacht. Es sei daher nicht ersichtlich, dass die Beklagte alsbald, bzw. binnen angemessener Frist die Festsetzungen aus dem Bebauungsplan umsetzen werde. Zudem seien im Haushaltsjahr 2015 keine Mittel für die Erschließung oder andere Maßnahmen zur Umsetzung des Bebauungsplanes Nr. 5 Wohngebiet Süd II in den Haushaltsplan eingestellt worden. Ferner sei noch völlig offen, ob ein Ingenieurbüro oder ein anderer Erschließungsträger oder die Gemeinde selbst die Erschließung vornehmen werde bzw. könne. Eine zeitnahe Umsetzung sei daher nicht ersichtlich. Weiterhin sinke die Einwohnerzahl der Beklagten stetig. Auf der anderen Seite gebe es schon jetzt 387 freie Baugrundstücke. Eine Vorhaltung von Bauland sei daher auch nicht notwendig. Letztlich habe die Beklagte das ihr zustehende Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt, da die Interessen der Kläger nicht gewürdigt worden seien.

11

Die Kläger beantragen,

12

den Bescheid der Beklagten über die Ausübung des Vorkaufsrechts vom 16.01.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, gegenüber den Klägern ein Negativattest in Bezug auf die Flurstücke 337/234, 337/235, 337/236, 337/237, 337/238, 337/239, 337/240 und 337/241 der Flur 2 in der Gemarkung A-Stadt auszustellen.

13

Die Beklagte beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihre Ausführungen aus dem Bescheid und dem Widerspruchsbescheid. Insbesondere sei der Bebauungsplan wirksam bekanntgemacht worden. Auch habe sie ein Interesse an der Umsetzung des Bebauungsplanes. Im Jahr 2000 habe man diesen bereits umsetzen wollen. Die Kommunalaufsicht habe eine Erschließung jedoch aufgrund der Haushaltssituation der damaligen Gemeinde versagt. Nunmehr sei die Gemeinde A-Stadt zur Beklagten zusammengeschlossen. Die Beklagte habe einen genehmigten Haushalt. Mittlerweile halte die Beklagte ca. 85 % der Grundstücke bzw. Flächen des gesamten Baugebietes vor. Über die restlichen 15 % befände sie sich in Verhandlungen, die kurz vor dem Abschluss ständen. Aufgrund des momentan bestehenden Niedrigzinssatzes für (Bau- und Grundeigentums-)Kredite sei die Nachfrage an Bauland gestiegen. Die Gemeinde beabsichtige daher, den Bebauungsplan Nr. 5 Wohngebiet Süd II nun umzusetzen. Dabei solle zunächst der östliche Teil des Plangebietes, in welchem die streitgegenständlichen Flurstücke nicht liegen, realisiert werden. Von dem Erlös des erschlossenen Baulandes solle dann später auch der westliche Teil, in welchem die streitgegenständlichen Flurstücke liegen, umgesetzt werden. Die Erschließungsfinanzierung sei jedoch auch für das östliche Plangebiet noch nicht gesichert. Die Finanzierung müsse noch beantragt werden. Sodann würden die Mittel angemeldet werden. Eine Aussage über die weiteren Maßnahmen könne nicht getroffen werden, da die Haushaltsmittel zunächst angemeldet werden müssten. Es sei jedoch bereits ein Lärmgutachten beauftragt und erstellt worden.

16

Der Beigeladene stellte keinen Antrag.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

18

Die zulässige Klage hat Erfolg.

19

I. Die Klage ist begründet. Der angegriffene Bescheid vom 16. Januar 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2013 über die Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

20

1. Soweit die Beklagte das Vorkaufsrecht bezüglich der Flurstücke 337/234, 337/235, 337/236, 337/237, 337/238, 337/239 und 337/240 der Flur 2 in der Gemarkung A-Stadt ausübt, ist dies rechtswidrig. Rechtsgrundlage für die Ausübung des Vorkaufsrechts ist § 28 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BauGB. Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BauGB steht der Gemeinde ein Vorkaufsrecht zu beim Kauf von Grundstücken in Gebieten, die nach den §§ 30, 33 oder 34 Abs. 2 BauGB vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden können, soweit die Grundstücke unbebaut sind. Die oben genannten Flurstücke befinden sich im Geltungsbereich des wirksam als Satzung beschlossenen und im Jahr 1996 öffentlich bekannt gemachten Bebauungsplanes Nr. 5 Wohngebiet Süd II der Ortschaft A-Stadt, der an dieser Stelle durch die Darstellung „WA 1“ bzw. „WA 2“ eine Nutzung als Wohngebiet im Sinne von § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BauGB darstellt.

21

Gemäß § 24 Abs. 3 BauGB darf das Vorkaufsrecht jedoch nur dann ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt. Die Ausübung des Vorkaufsrechtes ist nicht durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt. Wie im Bereich des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes (Art. 14 Abs. 2 und 3 GG) und der speziellen Enteignungsvorschriften (§ 87 Abs. 1 BauGB) ist auch in § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB das Wohl der Allgemeinheit nicht schlechthin mit dem Begriff des öffentlichen Interesses gleichzustellen. Erst ein qualifiziertes, sachlich objektiv öffentliches Interesse als Ergebnis einer Abwägung der im Einzelfall miteinander in Widerstreit stehenden (privaten und öffentlichen) Interessen kann mit dem Wohl der Allgemeinheit identifiziert werden. Gerechtfertigt ist eine auf § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BauGB gestützte Ausübung eines Vorkaufsrechts daher nur, wenn damit Flächen für die Errichtung von Wohngebäuden erworben werden sollen und erkennbar ist, dass die Gemeinde alsbald diejenigen Schritte vornehmen wird, die erforderlich sind, um das städtebauliche Ziel zu verwirklichen (BVerwG, Beschluss v. 25.01.2010 – 4 B 53.09 –; BayVGH, Beschluss v. 03.02.2011 – 15 ZB 10.1927 –, beide: juris). Das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Ausübung eines Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BauGB genügt mithin für sich genommen nicht, um eine Rechtfertigung durch das Wohl der Allgemeinheit anzunehmen. Eine solche Rechtfertigung bemisst sich vielmehr nach den Zielen der einzelnen Tatbestandsvarianten von Nr. 1 bis 7 in § 24 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Mit Nr. 6 dieser Bestimmung wird insbesondere das Ziel verfolgt, Flächen für den Wohnbau verfügbar zu machen. Zu dieser inhaltlichen Bedingung einer städtebaulichen Absicht tritt eine zeitliche Anforderung hinzu. Das öffentliche Wohl rechtfertigt die Inanspruchnahme des Grundstückseigentümers nur dann, wenn die Gemeinde alsbald diejenigen (weiteren) Schritte vornimmt, die erforderlich sind, um das städtebauliche Ziel, Wohnbauland bereitzustellen, zu verwirklichen (BVerwG, Beschluss v. 25.01.2010 – 4 B 53.09 –, juris). Es war nicht die Absicht des Gesetzgebers, den Gemeinden eine vorsorgende Bodenbevorratung zu ermöglichen. Vielmehr hat er die Befugnisse der Gemeinden erweitert, damit diese einem akuten Wohnraummangel begegnen können. Die Bemühungen der Gemeinde um eine solche Zweckrealisierung müssen dabei erkennbar sein (vgl. BayVGH, Beschluss v. 03.02.2011, a.a.O.). Gemessen hieran war die Ausübung des Vorkaufsrechtes gegenüber den Klägern nicht vom Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt. Es ist für das Gericht nicht erkennbar, dass der Bebauungsplan bezüglich der streitgegenständlichen Flurstücke zeitnah bzw. alsbald umgesetzt wird. Zwar hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung überzeugend vorgetragen, dass das östliche Plangebiet zeitnah erschlossen werden soll, welches sich anhand der vorgelegten Dokumente und Ausführungen auch für das Gericht nachvollziehen lässt. Dies gilt jedoch nicht für das westliche Plangebiet, in welchem die gegenständlichen Flurstücke liegen. Hier ist eine Umsetzung der gemeindlichen Entwicklungsabsichten durch die Beklagte in zeitlicher Hinsicht noch völlig unbestimmt. Zum einen trägt die Beklagte selbst vor, dass dieser Teil des Bebauungsplanes noch nicht umgesetzt werden soll. Zum anderen steht die Umsetzung unter der Bedingung, dass durch die Veräußerung der Grundstücke im östlichen Plangebiet finanzielle Mittel für die Umsetzung im westlichen Plangebiet überhaupt zur Verfügung stehen werden. Ob und wann diese finanzielle Mittel tatsächlich realisiert werden können und wenn ja, ob diese dann auch für die Umsetzung des Bebauungsplanes im westlichen Plangebiet genutzt werden, ist zum jetzigen Zeitpunkt völlig ungewiss.

22

In zeitlicher Hinsicht unterliegt die Ausübung des Vorkaufsrechts - wie aufgezeigt - Grenzen. Der Gesetzgeber hat die Befugnisse der Gemeinden erweitert, damit diese einem akuten Wohnraummangel begegnen können. Nach den Feststellungen im Entwurf zum Flächennutzungsplan der Beklagten vom 15. Oktober 2013 rechnet die Beklagte selbst mit einem Bevölkerungsrückgang von 15 % in den nächsten zehn Jahren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch schon im Jahr 2013 die Zinsen für (Bau- und Grundeigentums-)Kredite gesunken waren. Hinzu kommt, dass nach dem Entwurf zum Flächennutzungsplan schon heute eine hohe Anzahl an freien Baugrundstücken in A-Stadt existiert. Die akute Wohnungsknappheit, die der Gesetzgeber bei Einräumung des Vorkaufsrechtes vor Augen hatte, ist mithin nicht gegeben.

23

Dem Erfordernis der alsbaldigen Umsetzung steht auch die Regelung in § 24 Abs. 1 Satz 3 BauGB nicht entgegen. Danach darf das Vorkaufsrecht bereits ausgeübt werden, wenn die Gemeinde den Beschluss gefasst und ortsüblich bekannt gemacht hat, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen und wenn nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, dass der künftige Flächennutzungsplan eine solche Nutzung darstellen wird. Denn dies ändert nichts daran, dass die Gemeinde von der Ausübungsbefugnis nur Gebrauch machen darf, wenn sie die alsbaldige Schaffung von Wohnbauland anstrebt. Dabei wird nicht verkannt, dass hier weitere Verfahrensschritte erforderlich sind, die eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen. Welcher Zeitraum als angemessen anzusehen ist, kann aber dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls in einem Fall, in dem wie vorliegend eine Realisierung des Bebauungsplanes aus dem Jahr 1996 völlig unbestimmt ist und erst langfristig mit einer Verwirklichung gerechnet werden kann, rechtfertigt das Wohl der Allgemeinheit nicht die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BauGB (vgl. BVerwG, Beschluss v. 25.01.2010, a.a.O.).

24

Soweit nach dem Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2014 erstmals das Wohl der Allgemeinheit dergestalt bestehen soll, dass die Beklagte die streitgegenständlichen Flurstücke als Austauschflächen zum Zwecke der Entschädigung in Land im Falle von Grundstücksenteignungen in anderen Bereichen im Gemeindegebiet vorhalten möchte, ist vollkommen offen, wann und welche konkreten Enteignungen die Beklagte zukünftig durchführen wird. Dies ergibt sich weder aus dem Widerspruchsbescheid selbst, noch wurde dies von der Beklagten vorgetragen. Die Ausübung des Vorkaufsrechtes zur schlichten Vorhaltung von Grundstücken als eine Bodenbevorratung ist indes unzulässig (BGH, Urteil v. 07.03.1975 – V ZR 92/73 –, juris).

25

Durch den Kauf der gegenständlichen Flurstücke durch die Kläger wird der Planungszweck des Bebauungsplanes indes auch nicht gefährdet. Die Flurstücke befinden sich im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes. Die Kläger können die Flurstücke daher auch nur im Rahmen der Festsetzungen des Bebauungsplanes nutzen.

26

2. Hinsichtlich des Flurstückes 337/241 der Flur 2 in der Gemarkung A-Stadt ist die Ausübung des Vorkaufsrechtes ebenfalls rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Rechtsgrundlage für die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Beklagte ist § 28 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB. Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB steht der Gemeinde ein Vorkaufsrecht zu beim Kauf von Grundstücken im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, soweit es sich um Flächen handelt, für die nach dem Bebauungsplan eine Nutzung für öffentliche Zwecke oder für Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Abs. 3 BauGB festgesetzt ist. Dies ist vorliegend gegeben. Jedoch wird auch hier die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt. Dabei wird nicht verkannt, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB eine Rechtfertigung durch das Allgemeinwohl grundsätzlich intendiert ist (OVG Niedersachsen, Urteil v. 28.02.1980 – 1 A 109/78 –, juris) und nur in Ausnahmefällen entfällt. Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend gegeben. Nach dem oben ausgeführten ist noch völlig unklar, ob und wann die Beklagte mit der Umsetzung des Bebauungsplanes im westlichen Plangebiet beginnen wird. Insofern müssen die oben dargestellten Grundsätzliche zum Wohl der Allgemeinheit auch hier gelten. Das Vorhalten von öffentlichen Grünflächen entspricht zwar grundsätzlich dem Wohl der Allgemeinheit, eine in Bezug auf das Vorkaufsrecht rechtfertigende Wirkung entfaltet es aber erst dann, wenn die Grünflächen auch alsbald umgesetzt werden sollen. Dies ist wie oben ausgeführt nicht gegeben. Eine schlichte Bodenbevorratung ist auch hier unzulässig.

27

3. Die Ausübung des Vorkaufsrechts erweist sich auch aus anderen Gründen als rechtswidrig. Die Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts liegt im Ermessen der Gemeinde (vgl. BayVGH, Urteil v. 20.01.2015 – 2 ZB 14.887 –; Urteil v. 04.06.2014 – 2 B 12.1587 –; Urteil v. 06.02.2014 – 2 B 13.2570 –, alle: juris). Gemäß § 114 Satz 1 VwGO prüft das Gericht, ob der Verwaltungsakt deswegen rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde. Nach § 40 VwVfG hat die Behörde ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Dabei muss die Behörde sowohl über das „Ob“ des Eingriffs (Entschließungsermessen) als auch das „Wie“ der Maßnahme (Auswahlermessen) entscheiden. Nach § 114 Satz 2 VwGO kann eine Verwaltungsbehörde ihre Ermessenserwägungen noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen. Letzteres setzt jedoch voraus, dass die Verwaltungsbehörde grundsätzlich erkannt hat, dass ihr ein Ermessen zusteht und dies auch ausgeübt hat. Im vorliegenden Fall liegt ein Ermessensnichtgebrauch vor, also der Fall, dass die Behörde verkennt, dass sie ein Ermessen hat. Der angefochtene Bescheid vom 16. Januar 2012 sowie der Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2014 enthalten lediglich Ausführungen zu den tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausübung des Vorkaufsrechts sowie zum Vorliegen des Wohls der Allgemeinheit. Dass die Ausübung des Vorkaufsrechts eine Ermessensentscheidung darstellt, kommt in den Bescheiden an keiner Stelle zum Ausdruck. Weder wird das Wort „Ermessen“ gebraucht, noch finden sich inhaltlich in irgendeiner Weise Erwägungen zu den gegenläufigen Interessen der Kläger am Erwerb des Grundstücks. Schon allein aus diesem Grund ist der Bescheid aufzuheben.

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II. Nach allem ergibt sich der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung des beantragten Negativzeugnisses aus § 28 Abs. 1 Satz 3 BauGB, da die Gemeinde ihr Vorkaufsrecht an den Flurstücken gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB nicht mehr ausüben kann.

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III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen waren gemäß § 162 Abs. 3 VwGO nicht für erstattungsfähig zu erklären, da dieser keinen Antrag gestellt hat und sich daher selbst nicht dem Kostenrisiko im Falle eines Unterliegens ausgesetzt hat. Die Entscheidung bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG.


(1) Der Gemeinde steht ein Vorkaufsrecht zu beim Kauf von Grundstücken

1.
im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, soweit es sich um Flächen handelt, für die nach dem Bebauungsplan eine Nutzung für öffentliche Zwecke oder für Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 festgesetzt ist,
2.
in einem Umlegungsgebiet,
3.
in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet und städtebaulichen Entwicklungsbereich,
4.
im Geltungsbereich einer Satzung zur Sicherung von Durchführungsmaßnahmen des Stadtumbaus und einer Erhaltungssatzung,
5.
im Geltungsbereich eines Flächennutzungsplans, soweit es sich um unbebaute Flächen im Außenbereich handelt, für die nach dem Flächennutzungsplan eine Nutzung als Wohnbaufläche oder Wohngebiet dargestellt ist,
6.
in Gebieten, die nach den §§ 30, 33 oder 34 Absatz 2 vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden können, soweit die Grundstücke unbebaut sind, wobei ein Grundstück auch dann als unbebaut gilt, wenn es lediglich mit einer Einfriedung oder zu erkennbar vorläufigen Zwecken bebaut ist,
7.
in Gebieten, die zum Zweck des vorbeugenden Hochwasserschutzes von Bebauung freizuhalten sind, insbesondere in Überschwemmungsgebieten, sowie
8.
in Gebieten nach den §§ 30, 33 oder 34, wenn
a)
in diesen ein städtebaulicher Missstand im Sinne des § 136 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 3 vorliegt oder
b)
die baulichen Anlagen einen Missstand im Sinne des § 177 Absatz 2 aufweisen
und die Grundstücke dadurch erhebliche nachteilige Auswirkungen auf das soziale oder städtebauliche Umfeld aufweisen, insbesondere durch ihren baulichen Zustand oder ihre der öffentlichen Sicherheit und Ordnung widersprechende Nutzung.
Im Falle der Nummer 1 kann das Vorkaufsrecht bereits nach Beginn der Veröffentlichungsfrist nach § 3 Absatz 2 Satz 1 ausgeübt werden, wenn die Gemeinde einen Beschluss gefasst hat, einen Bebauungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen. Im Falle der Nummer 5 kann das Vorkaufsrecht bereits ausgeübt werden, wenn die Gemeinde einen Beschluss gefasst und ortsüblich bekannt gemacht hat, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen und wenn nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, dass der künftige Flächennutzungsplan eine solche Nutzung darstellen wird.

(2) Das Vorkaufsrecht steht der Gemeinde nicht zu beim Kauf von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz und von Erbbaurechten.

(3) Das Vorkaufsrecht darf nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt. Dem Wohl der Allgemeinheit kann insbesondere die Deckung eines Wohnbedarfs in der Gemeinde dienen. Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts hat die Gemeinde den Verwendungszweck des Grundstücks anzugeben.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich gegen die Wirksamkeit einer Erledigungserklärung und verfolgt die Fortsetzung eines eingestellten verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.

Die Klägerin erhob mit dem Ziel der Aufhebung diverser baurechtlicher Genehmigungsbescheide des Landratsamts Deggendorf zur Erweiterung eines Golfplatzes in der Nachbarschaft ihres Anwesens Anfechtungsklagen beim Verwaltungsgericht Regensburg, die zuletzt unter dem gemeinsamen Aktenzeichen RN 6 K 07.1884 geführt wurden. Auf eine gerichtliche Nachfrage, die auf eine außergerichtliche Vereinbarung der Parteien vom 21. November 2005 Bezug nahm, erklärte Herr Rechtsanwalt P …, der kurz zuvor die anwaltliche Vertretung der Klägerin und ihrer Tochter angezeigt hatte, den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 26. November 2007 für erledigt. Der Beklagte schloss sich mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2007 der Erledigungserklärung an. Mit Beschluss vom 17. Dezember 2007 stellte das Verwaltungsgericht das Verfahren RN 6 K 07.1884 ein. Auf Anforderung ihrer Tochter übersandte das Verwaltungsgericht mit Schreiben vom 22. Februar 2012 der Klägerin (persönlich) diverse Unterlagen des gerichtlichen Verfahrens, u.a. auch den Beschluss vom 17. Dezember 2007.

Mit am 21. Oktober 2013 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 17. Oktober 2013 beantragte die Klägerin erstmals (sinngemäß) die Fortsetzung des eingestellten gerichtlichen Verfahrens.

Ein auf Strafanzeige der Klägerin initiiertes Strafverfahren gegen Herrn Rechtsanwalt P … (5 Ds 103 Js 7430/12) wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Cham vom 18. Oktober 2013 gem. § 153a Abs. 2 StPO gegen Zahlung einer Geldauflage vorläufig und mit Beschluss vom 27. Juni 2014 endgültig eingestellt.

Mit Urteil vom 17. November 2015 stellte das Verwaltungsgericht fest, dass das Verwaltungsstreitverfahren RN 6 K 07.1884 in der Hauptsache erledigt sei. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt, das gerichtliche Verfahren sei durch die übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Hauptbeteiligten vom 16. November 2007 und 17. Dezember 2007 beendet worden. Eine Nichtigkeits- oder Restitutionsklage nach § 153 VwGO i.V. mit §§ 579, 580 ZPO sei unstatthaft. Ein Widerruf der Erledigungserklärung als Prozesshandlung komme zwar in Betracht, wenn ein Wiederaufnahmegrund (§ 153 VwGO i.V. mit §§ 579, 580 ZPO) vorliege oder wenn es mit dem Grundsatz von Treu und Glauben unvereinbar wäre, einen Beteiligten an der Erklärung festzuhalten. Der Antrag auf Fortführung des Klageverfahrens sei aber zu spät gestellt worden. Bei einer spätestens nach Erhalt des gerichtlichen Schreibens vom 22. Februar 2012 erfolgten Kenntniserlangung hinsichtlich der Einstellung des gerichtlichen Verfahrens RN 6 K 07.1884 sei nach Ablauf von mehr als einem Jahr im Zeitpunkt der Antragstellung (21. Oktober 2013) das Fortsetzungsbegehren in Orientierung an der Jahresfrist des § 60 Abs. 3 VwGO verwirkt gewesen. Bei einer für die Klägerin günstigeren entsprechenden Anwendung des § 586 ZPO wäre der Antrag ebenfalls verspätet gestellt, weil er dann im Hinblick auf den in § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO enthaltenen Rechtsgedanken (aller-) spätestens vor dem Ablauf der Fünfjahresfrist, also vor dem 17. Dezember 2012 zu erheben gewesen wäre. Die Klägerin sei bei Abgabe der Erledigungserklärung durch ihren damaligen Rechtsanwalt auch wirksam vertreten worden.

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe - ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), besondere tatsächlich und rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sowie ein Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) - liegen entweder nicht vor oder wurden nicht ausreichend am Maßstab von § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO dargelegt.

1. Die Berufung ist nicht gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 17. November 2015 sind nicht ersichtlich. Das insoweit maßgebliche, in offener Frist bei Gericht eingegangene Vorbringen der Klägerin im Zulassungsantrag (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) rechtfertigt keine andere Beurteilung.

a) Die Klägerin wendet sich mit ihrer Zulassungsbegründung nicht substanziiert gegen die grundsätzliche Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts, dass ein Antrag auf Fortführung des Verfahrens (vgl. hierzu BVerwG, B.v. 23.8.1984 - 9 CB 48.84 - NVwZ 1985, 280 = juris Rn. 4; B.v. 12.11.1993 - 2 B 151.93 - NVwZ-RR 1994, 362 = juris Rn. 2; B.v. 7.8.1998 - 4 B 75.98 - NVwZ-RR 1999, 497 = juris Rn. 2) verspätet gestellt sein kann, wenn er in Orientierung an der Jahresfrist des § 60 Abs. 3 bzw. § 58 Abs. 2 VwGO verwirkt wird (ebenso NdsOVG, B.v. 23.1.2012 - 11 ME 420/11 - NVwZ-RR 2012, 533 = juris Rn. 10; OVG NRW, B.v. 27.10.2005 - 13 A 3802/05.A - InfAuslR 2006, 99 = juris Rn. 4, 6; B.v. 15.3.2012 - 1 A 1885/10 - juris Rn. 7 ff.; Clausing in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2016, § 92 Rn. 77; krit. zur Jahresfrist Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 94 Rn. 26) oder wenn Fristen analog § 568 Abs. 1 ZPO abgelaufen sind. Der Senat hat wegen der im Zulassungsverfahren vorgesehenen Begrenzung der Prüfung auf die geltend gemachten Gründe (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) keinen Anlass, diese rechtlichen Prämissen des Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen.

b) Soweit die Klägerin einwendet, der Klageantrag auf Fortführung des Verfahrens sei entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht verspätet gestellt worden, vermag dies keine ernstlichen Zweifel i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO begründen.

In der noch rechtzeitig vorgelegten Zulassungsbegründung vom 13. April 2016 ist die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts hinsichtlich des damaligen Bestehens einer Prozessvollmacht der Klägerin zugunsten Herrn Rechtsanwalt P* … nicht mit substanziierten Gegenargumenten in Frage gestellt worden; der weitere Vortrag im Schriftsatz vom 13. Juli 2016 erfolgte nach Ablauf der zweimonatigen Zulassungsbegründungsfrist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) und dürfte mithin unbeachtlich sein. Es ist vor diesem Hintergrund bereits fraglich, ob es wegen der Zurechnung des Verhaltens des damals agierenden Rechtsanwalts P … (§ 173 VwGO i.V. mit § 85 ZPO) und damit auch hinsichtlich des Unterlassens eines zeitnahen Fortsetzungsantrags auf die Kenntnis bzw. das Verhalten der Klägerin persönlich überhaupt ankommt (vgl. z.B. NdsOVG, B.v. 23.1.2012 - 11 ME 420/11 - NVwZ-RR 2012, 533 = juris Rn. 11; OVG NRW, B.v. 27.10.2005 - 13 A 3802/05.A - Inf-AuslR 2006, 99 = juris Rn. 20). Unabhängig hiervon kann der erhobene Einwand der Klägerin, sie habe erst aufgrund der Kenntnisse aus dem Strafverfahren gegen Herrn Rechtsanwalt P* … resp. nach Erhalt des vorläufigen Einstellungsbescheids vom 18. Oktober 2013 eine hinreichende Kenntnisgrundlage gehabt, sodass der nur drei Tage später am 21. Oktober 2013 gestellte Fortsetzungsantrag nicht als zu spät gestellt angesehen werden könne, keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgericht begründen.

In der Zulassungsbegründung wird eingeräumt, dass die Klägerin (erstmals) über das gerichtliche Schreiben vom 22. Februar 2012 (Übersendung des Beschlusses vom 17. Dezember 2007) von der Beendigung des gerichtlichen Verfahrens erfahren habe. Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts wird aber vorgebracht, es sei ihr erst in den Folgemonaten bewusst geworden, dass gegen ihren Willen Prozesserklärungen durch ihren damaligen Bevollmächtigten abgegeben worden seien. Erst mit der Bestätigung des schuldhaften Verhaltens ihres damaligen Bevollmächtigten aufgrund des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens gegen diesen, das am 18. Oktober 2013 gem. § 153a Abs. 2 StPO vorläufig und erst mit Beschluss vom 27. Juni 2014 endgültig eingestellt worden sei, sei für sie eine Grundlage gegeben gewesen, die Fortführung des Verfahrens zu beantragen. Erst dann habe sie positive Kenntnis davon gehabt, dass ihr Anwalt eigenmächtig und strafrechtlich vorwerfbar gehandelt habe. Der Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens vom 21. Oktober 2013 sei unverzüglich drei Tage nach dem vorläufigen Einstellungsbeschluss gestellt worden.

aa) Stellt man mit dem Verwaltungsgericht primär auf den Verwirkungsgedanken unter Orientierung an der Jahresfrist des § 60 Abs. 3 VwGO ab, ist zu berücksichtigen, dass die Verwirkung eine besondere Ausprägung des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben darstellt. Danach darf ein (prozessuales oder materielles) Recht nicht mehr ausgeübt werden, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, welche die verspätete Geltendmachung als treuwidrig erscheinen lassen (Umstandsmoment). Erforderlich für die Erfüllung des Umstandsmoments ist, dass der Rechtsinhaber innerhalb eines längeren Zeitraums unter Verhältnissen untätig geblieben ist, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen zu werden pflegt. Erst dadurch wird eine Situation geschaffen, auf die der jeweilige Gegner vertrauen, sich einstellen und einrichten darf (vgl. BVerwG, B.v. 23.12.2015 - 2 B 40/14 - juris Rn. 21; OVG NRW, U.v. 27.4.2016 - 1 A 2309/14 - juris Rn. 72). Soweit sich also die Frage der rechtzeitigen Stellung des Fortführungsantrags an den Maßstäben der Verwirkung unter Orientierung an einer Jahresfrist bemisst (worauf das Verwaltungsgericht als rechtlichem Ausgangspunkt abgestellt hat, der als solcher - s.o. - von der Klägerin nicht substanziiert in Frage gestellt wurde), ist es konsequent, für den Beginn eines für die Verwirkung relevanten Zeitraums unter Berücksichtigung des Umstandsmoments auf den Zeitpunkt abzustellen, ab dem der Rechtsverkehr vom Betroffenen ein Handeln erwarten kann. Insofern lässt es die Rechtsprechung hinsichtlich der subjektiven Zurechenbarkeit eines treuwidrigen Verhaltens genügen, wenn der Berechtigte entweder ab einem gewissen Zeitpunkt Kenntnis von den rechtsbegründenden Tatsachen und der Möglichkeit der Ausübung seines Rechts hatte oder zumindest diese hätte haben müssen (vgl. BVerwG, U.v. 25.1.1974 - IV C 2.72 - BVerwGE 44, 294 = juris Rn. 25, B.v. 18.1.1988 - 4 B 257.87 - NVwZ 1988, 532 = juris Rn. 4, B.v. 28.8.1987 - 4 N 3.86 - BVerwGE 78, 85 = juris, Rn. 13; OVG NRW, U.v. 27.4.2016 - 1 A 2310/14 - NVwZ-RR 2017, 157 = juris Rn. 65). Vor diesem Hintergrund ist der vom Verwaltungsgericht angesetzte Zeitpunkt der Erlangung der Kenntnis vom gerichtlichen Beschluss vom 17. Dezember 2007 noch im Februar 2012 (Erhalt des gerichtlichen Schreibens vom 22. Februar 2012) jedenfalls offensichtlich der späteste Moment, ab dem die Klägerin - als ggf. relevanten Anknüpfungspunkt für einen Widerruf der Erlegungserklärung und den Antrag auf Fortsetzung des gerichtlichen Verfahrens - hätte erkennen müssen, dass der die Erledigungserklärung vormals abgebende Rechtsanwalt (laut ihrer Behauptung) eigenmächtig und gegen ihren Willen gehandelt hatte. Denn aus dem Beschluss vom 17. Dezember 2007 geht eindeutig und wörtlich hervor, dass die Einstellung darauf beruhte, dass die „Hauptbeteiligten“ - also unter Einschluss der Klägerseite - durch die am 28. November 2007 und 17. Dezember 2007 bei Gericht eingegangenen Erklärungen in der Erledigung der Hauptsache übereinstimmten. Soweit die Klägerin die Hintergründe des Beschlusses nicht verstanden haben sollte, wäre es ihre Sache gewesen, sich hierüber zeitnah Klarheit zu verschaffen. Es bedarf daher keiner weiteren Überprüfung mehr, inwiefern der Zulassungsbegründungsvortrag in sich unschlüssig bzw. widersprüchlich ist. Der Senat weist insoweit ergänzend darauf hin, dass der am 21. Oktober 2013 beim Verwaltungsgericht eingegangene Schriftsatz mit dem Antrag auf Verfahrensfortsetzung auf den 17. Oktober 2013 datiert, sodass er zu einem Zeitpunkt verfasst worden sein dürfte, bevor die Klägerin einen Abdruck des im Strafverfahren gegen Herrn Rechtsanwalt P … ergangenen Einstellungsbeschlusses des Amtsgerichts Cham vom 18. Oktober 2013 erhielt. Zudem geht aus der in den Akten der Staatsanwaltschaft Regensburg enthaltenen Strafanzeige der Klägerin und ihrer Tochter gegen Herrn Rechtsanwalt P … vom 14. April 2012 sowie aus dem in der VG-Akte RN 6 K 07.1884 befindlichen Schreiben der Klägerin und ihrer Tochter an das Verwaltungsgericht vom 17. Juni 2012 (vgl. dort Seiten 4 ff., Eingangsstempel des Verwaltungsgerichts vom 20. Dezember 2012) hervor, dass die Klägerin offensichtlich bereits zu früheren Zeitpunkten Herrn Rechtsanwalt P … vorwarf, im Jahr 2007 eine strafrechtlich relevante Erledigungserklärung abgegeben zu haben, die nicht mit ihr abgesprochen gewesen sei.

bb) Soweit das Verwaltungsgericht ergänzend darauf abstellt, dass im Falle der (alternativen) entsprechenden Anwendung der Klagefristen des § 586 ZPO jedenfalls die Fünfjahresfrist analog § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO abgelaufen sei, geht der Vortrag der Klägerin zur Kenntniserlangung ins Leere, weil diese (absolute) Fristenregelung kenntnisunabhängig ist (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 75. Aufl. 2017, § 586 Rn. 8).

c) Es ist aufgrund der Erwägungen zu a) und b) (keine begründete Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, bei spätestens erfolgter Kenntniserlangung im Februar 2012 sei der Antrag auf Fortführung des Verfahrens RN 6 K 07.1884 zu spät erhoben worden) nicht mehr entscheidungserheblich (vgl. BayVGH, B.v. 23.6.2015 - 1 ZB 13.92 - juris Rn. 3; B.v. 6.2.2017 - 15 ZB 16.398 - juris Rn. 14 m.w.N.), ob sich die Klägerin unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben die Erledigungserklärung von Herrn Rechtsanwalt P* … aufgrund eines strafrechtlich vorwerfbaren Handelns nicht zurechnen lassen musste. Dasselbe gilt hinsichtlich ihres Vorbringens, sie habe jedenfalls vor dem 22. Februar 2012 mangels erhaltener Informationen keine Kenntnis von der Einstellung des gerichtlichen Verfahrens und der vorher abgegebenen Erledigungserklärungen gehabt. Unabhängig davon, dass der Schriftsatz der Klägerin vom 13. Juli 2016 jenseits der Zweimonatsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen ist, kommt es auch auf die dort thematisierten Rechtsfragen zur Bedeutung und Umsetzung einer außergerichtlichen Vereinbarung aus dem Jahr 2005 (vgl. auch den Schriftsatz des Beigeladenen vom 20. Mai 2016) nicht entscheidungserheblich an.

2. Hinsichtlich der behaupteten besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) erfüllt die Zulassungsbegründung schon nicht die formalen Anforderungen einer substanziierten Darlegung eines Zulassungsgrundes gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten weist eine Rechtssache auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, sich also wegen der Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt. Es bedarf hinsichtlich der Darlegung einer substanziellen Auseinandersetzung mit dem verwaltungsgerichtlichen Urteil und einer konkreten Bezeichnung der Tatsachen- und Rechtsfragen, hinsichtlich derer sich solche Schwierigkeiten stellen, sowie des Aufzeigens, worin diese Schwierigkeit besteht (vgl. BayVGH, B.v. 20.4.2016 - 15 ZB 14.2686 u.a. - juris Rn. 64 m.w.N.). Die Zulassungsbegründung der Klägerin enthält in dieser Hinsicht keine nähere Begründung. Für die Darlegung des Vorliegens besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten genügt insbesondere nicht das allgemeine Vorbringen der Klägerin, das vorliegende Verfahren sei Teil eines langwierigen Streits gegen die dem Beigeladenen erteilten und zum Teil rechtswidrigen Baugenehmigungen. Ebenso wenig erfüllt die schlichte Behauptung, das Verfahren weise eine Vielzahl von tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten auf, sodass eine erneute Überprüfung durch das Berufungsgericht erforderlich sei, die Darlegungsanforderungen. Soweit sich die besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten auf die Ausführungen zur Frage der „Kenntniserlangung“ und den hierauf bezogenen Einwand gegen die vom Verwaltungsgericht angenommene zu späte Antragstellung beziehen sollten, ergibt sich schon aus den voranstehenden Ausführungen zu 1 b), dass die Sach- und Rechtssache insofern - d.h. soweit dies in der Zulassungsbegründung tatsächlich thematisiert wurde - keine besonderen Schwierigkeiten aufweist, zu deren Klärung ein Berufungsverfahren durchgeführt werden müsste. Soweit der Vortrag in Bezug auf § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO den Einwand zur mangelnden Zurechnung der Erledigungserklärung sowie zu den mit Schriftsatz vom 13. Juli 2016 (s.o.: ohnehin zu spät) erhobenen materiellen Einwänden umfassen sollte, fehlt es unabhängig von der Frage der hinreichenden Darlegung an der Entscheidungserheblichkeit, s.o. zu 1. c) (vgl. auch Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 29).

3. Schließlich hat die Klägerin mit ihrer Zulassungsbegründung lediglich einen Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), auf dem die erstinstanzliche Entscheidung beruhen soll, behauptet. Sie hat hierzu aber nichts zur Begründung ausgeführt. Auch dies erfüllt die Darlegungsanforderungen gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass der Beigeladene trotz seines erfolgreichen Gegenantrags seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO). Denn ein Beigeladener setzt sich im Berufungszulassungsverfahren unabhängig von einer Antragstellung grundsätzlich keinem eigenen Kostenrisiko aus (vgl. BayVGH, B.v. 11.10.2001 - 8 ZB 01.1789 - BayVBl 2002, 378 = juris Rn. 10 ff.; B.v. 18.7.2016 - 15 ZB 15.12 - juris Rn. 23; B.v. 19.12.2016 - 8 ZB 15.230 - juris Rn. 16 m.w.N.). Ein Grund, der es gebieten würde, die außergerichtlichen Kosten aus Billigkeitsgründen ausnahmsweise als erstattungsfähig anzusehen (vgl. etwa BayVGH, B.v. 6.2.2017 - 15 ZB 16.398 - juris Rn. 76), ist nicht ersichtlich. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57) und folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden.

5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Wird die zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder geändert und tritt dadurch eine nicht nur unwesentliche Wertminderung des Grundstücks ein, kann der Eigentümer nach Maßgabe der folgenden Absätze eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen.

(2) Wird die zulässige Nutzung eines Grundstücks innerhalb einer Frist von sieben Jahren ab Zulässigkeit aufgehoben oder geändert, bemisst sich die Entschädigung nach dem Unterschied zwischen dem Wert des Grundstücks auf Grund der zulässigen Nutzung und seinem Wert, der sich infolge der Aufhebung oder Änderung ergibt.

(3) Wird die zulässige Nutzung eines Grundstücks nach Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist aufgehoben oder geändert, kann der Eigentümer nur eine Entschädigung für Eingriffe in die ausgeübte Nutzung verlangen, insbesondere wenn infolge der Aufhebung oder Änderung der zulässigen Nutzung die Ausübung der verwirklichten Nutzung oder die sonstigen Möglichkeiten der wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks, die sich aus der verwirklichten Nutzung ergeben, unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden. Die Höhe der Entschädigung hinsichtlich der Beeinträchtigung des Grundstückswerts bemisst sich nach dem Unterschied zwischen dem Wert des Grundstücks auf Grund der ausgeübten Nutzung und seinem Wert, der sich infolge der in Satz 1 bezeichneten Beschränkungen ergibt.

(4) Entschädigungen für Eingriffe in ausgeübte Nutzungen bleiben unberührt.

(5) Abweichend von Absatz 3 bemisst sich die Entschädigung nach Absatz 2, wenn der Eigentümer an der Verwirklichung eines der zulässigen Nutzung entsprechenden Vorhabens vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist durch eine Veränderungssperre oder eine befristete Zurückstellung seines Vorhabens gehindert worden ist und er das Vorhaben infolge der Aufhebung oder Änderung der zulässigen Nutzung des Grundstücks nicht mehr verwirklichen kann.

(6) Ist vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist eine Baugenehmigung oder über die bodenrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens ein Vorbescheid nach Bauaufsichtsrecht erteilt worden und kann der Eigentümer das Vorhaben infolge der Aufhebung oder Änderung der zulässigen Nutzung des Grundstücks nach Ablauf der Frist nicht mehr verwirklichen oder ist die Verwirklichung dadurch für ihn wirtschaftlich unzumutbar geworden, kann der Eigentümer in Höhe des Unterschieds zwischen dem Wert des Grundstücks unter Zugrundelegung der nach der Genehmigung vorgesehenen Nutzung und dem Wert des Grundstücks, der sich infolge der Aufhebung oder Änderung der zulässigen Nutzung ergibt, Entschädigung verlangen.

(7) Ist vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist ein Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung oder eines Vorbescheids nach Bauaufsichtsrecht, der die bodenrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens zum Gegenstand hat, rechtswidrig abgelehnt worden und kann nach dem Ergebnis eines Rechtsmittelverfahrens die Genehmigung oder der Vorbescheid mit dem beantragten Inhalt nicht erteilt werden, weil die im Zeitpunkt der Antragstellung zulässige Nutzung aufgehoben oder geändert worden ist, bemisst sich die Entschädigung nach Absatz 6. Entsprechend findet Absatz 6 auch Anwendung, wenn über einen den gesetzlichen Vorschriften entsprechenden und zu genehmigenden Bauantrag oder einen Vorbescheid nach Bauaufsichtsrecht, der die bodenrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens zum Gegenstand hat, innerhalb der in Absatz 2 bezeichneten Frist nicht entschieden wurde, obwohl der Antrag so rechtzeitig gestellt wurde, dass eine Genehmigung innerhalb der Frist hätte erteilt werden können.

(8) In den Fällen der Absätze 5 bis 7 besteht der Anspruch auf Entschädigung nicht, wenn der Eigentümer nicht bereit oder nicht in der Lage war, das beabsichtigte Vorhaben zu verwirklichen. Der Eigentümer hat die Tatsachen darzulegen, die seine Bereitschaft und Möglichkeiten, das Vorhaben zu verwirklichen, aufzeigen.

(9) Wird die zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben, besteht auch der Übernahmeanspruch nach § 40 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1.

(10) Die Gemeinde hat dem Eigentümer auf Verlangen Auskunft zu erteilen, ob ein sich aus Absatz 2 ergebender vermögensrechtlicher Schutz der zulässigen Nutzung für sein Grundstück besteht und wann dieser durch Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist endet.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für eine Kleinwindkraftanlage.

Unter dem Datum des 28. Februar 2010 stellte er einen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für das Vorhaben „Errichtung einer Kleinwindanlage“ auf dem im bauplanungsrechtlichen Außenbereich (§ 35 BauGB) gelegenen Grundstück FlNr. … der Gemarkung L … (Baugrundstück). Nach den mit dem Bauantrag vorgelegten weiteren Unterlagen betraf der Bauantrag das Fabrikat „W …“. Die Beigeladene versagte das gemeindliche Einvernehmen.

Im Rahmen einer Baukontrolle am 25. März 2014 stellte das Landratsamt S … fest, dass der Kläger auf dem Baugrundstück - genau an dem Standort der geplanten Windkraftanlage - mit der ungenehmigten Errichtung eines Fundaments (Betonplatte mit einer darauf befestigten Metall-Trägerplatte) sowie eines Elektroverteilerkastens begonnen hatte. Hierauf verfügte das Landratsamt mit Bescheid vom 26. März 2014 unter Anordnung des Sofortvollzugs die Verpflichtung des Klägers, die Bauarbeiten sofort einzustellen. Dieser Bescheid war Gegenstand eines erstinstanzlichen Klageverfahrens vor dem Verwaltungsgericht Regensburg (Az. RO 7 K 14.873). Auf den diesbezüglich im Berufungszulassungsverfahren ergangenen heutigen (ablehnenden) Beschluss des Senats im Verfahren 15 ZB 16.672 wird Bezug genommen.

Im Rahmen einer weiteren Baukontrolle vom 7. April 2014 stellte das Landratsamt fest, dass entgegen der verfügten Baueinstellung ein Mast mit einer Höhe von ca. 18 m errichtet wurde, und zwar - wie sich später herausstellte - nunmehr für eine andere Windkraftanlage, nämlich für eine solche des Fabrikats „A …“.

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 17. April 2014, gegen den der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Regensburg erhob, lehnte das Landratsamt den Bauantrag des Klägers vom 28. Februar 2010 ab. Laut der Begründung des Bescheids widerspreche das gem. § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegierte Vorhaben den Darstellungen des im Flächennutzungsplan integrierten Landschaftsplans. Darüber hinaus stünden der Verwirklichung Belange des Naturschutzes, der Landschaftspflege und des Denkmalschutzes entgegen. Das Landschaftsbild werde beeinträchtigt. Schließlich würden bei Umsetzung schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen.

Mit Schreiben des Verwaltungsgerichts vom 27. November 2015 wurde dem Kläger unter Rekurs auf § 87b Abs. 1 Satz 1 VwGO eine Frist bis zum 23. Dezember 2015 gesetzt, um weitere Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühle, anzugeben. In dem Schreiben wurde darauf hingewiesen, dass das Gericht Erklärungen, die erst nach Ablauf der gesetzten Frist vorgebracht werden, unter den Voraussetzungen des § 87b Abs. 3 VwGO zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden könne.

Am 13. Januar 2016 - am Vortag der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht - reichte der Kläger sowohl beim Landratsamt als auch bei der Beigeladenen einen auf den 25. Mai 2015 datierten und als „Tektur“ bezeichneten Bauantrag für das Bauvorhaben „Errichtung einer Klein-Windkraftanlage“ auf dem Baugrundstück ein und zwar laut beigefügter Baubeschreibung sowie weiteren Unterlagen für das Fabrikat „A …“.

Mit Urteil vom 14. Januar 2016 wies das Verwaltungsgericht Regensburg die Klage des Klägers mit den in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen, unter Aufhebung des Bescheids vom 17.4.2014 den Beklagten zu verpflichten, „die beantragte Genehmigung unter Berücksichtigung der eingereichten Tekturantragsunterlagen zu erteilen, hilfsweise unter Berücksichtigung der Tekturunterlagen neu zu verbescheiden und hilfsweise festzustellen, dass die ursprünglich beantragte Anlage genehmigungsfähig war“, ab.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe liegen entweder nicht vor oder wurden nicht ausreichend am Maßstab von § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO dargelegt.

1. Die Berufung ist nicht gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 14. Januar 2016 sind nicht gegeben. Das insoweit maßgebliche, in offener Frist bei Gericht eingegangene Vorbringen der Klägerin in der Zulassungsbegründung (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) rechtfertigt keine andere Beurteilung.

a) Mit seinem Einwand, das Verwaltungsgericht habe den in der mündlichen Verhandlung gestellten Hauptantrag sowie den ersten Hilfsantrag falsch ausgelegt und zu Unrecht nicht auf das Ziel des Erhalts einer Genehmigung für die Errichtung einer Anlage nach Maßgabe des Bauantrags vom 28. Februar 2010 bezogen, kann der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts nicht begründen.

Nach Ansicht des Klägers führe das Urteil fehlerhaft aus, dass streitgegenständlich nach der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung allein die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer Kleinwindkraftanlage des Typs „A …“ sei und dass die Erteilung einer Baugenehmigung für eine Kleinwindkraftanlage des Typs „W …“ nicht mehr - auch nicht hilfsweise - weiterverfolgt werde. In der mündlichen Verhandlung sei die Verpflichtung des Beklagten beantragt worden, die „beantragte Genehmigung“ zu erteilen. Aus dieser Antragstellung gehe schon vom Wortlaut her hervor, dass sie sich auch auf die Genehmigung bezogen habe, die der Kläger bereits ursprünglich verfolgt habe. Der Verpflichtungsantrag habe nicht nur das Ziel verfolgt, eine Genehmigung für eine neue bzw. andere bauliche Anlage zu erhalten, sondern habe auch die alte Anlage betroffen. Der in den Tekturunterlagen beschriebene neue Anlagentyp habe nur als Ergänzung des ursprünglich beantragten Antrags angesehen werden sollen. Das gelte auch für den ersten Hilfsantrag. Der zweite Hilfsantrag zeige ebenfalls, dass eine Genehmigung der ursprünglichen Anlage weiterverfolgt werde und nur alternativ die Tekturanlagen einer Genehmigung zugeführt werden sollten. Die Beantragung einer Genehmigung für eine andere bauliche Anlage oder für eine Tektur sei bei dem vorliegenden bloßen „Markenwechsel“ gar nicht erforderlich gewesen. Das Gericht sei insofern fehlerhaft davon ausgegangen, dass bedeutende Änderungen gegenständlich gewesen seien. Die Auswirkungen, die aufgrund der Unterschiede der beiden zu vergleichenden Anlagen zu erwarten seien, seien derart gering, dass diese nicht nennenswert ins Gewicht fielen. Der einzige Unterschied betreffe eine geringfügig variierende Masthöhe, die nicht einmal zwingend eine andere Anlagenhöhe zur Folge habe. Auch hinsichtlich der Lärmbetroffenheit gebe es keine relevanten Unterschiede, weil die Immissionswerte beider Anlagentypen weit unterhalb der einschlägigen Richtwerte lägen. Eine andere baurechtliche Beurteilung sei daher entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht erforderlich gewesen. Der bereits ursprünglich gestellte Antrag sei als ausreichend zu betrachten.

Es ist - wie der Kläger im Zulassungsverfahren versucht darzulegen - nicht nachvollziehbar, dass die in der mündlichen Verhandlung gestellten Verpflichtungsanträge (Hauptantrag und erster Hilfsantrag) auch die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Genehmigung nach Maßgabe des Bauantrags vom 28. Februar 2010 bzw. zur dessen Neubescheidung umfassen sollten. Die diesbezügliche Auslegung des Verwaltungsgerichts lässt keine Fehler erkennen.

Der Wortlaut der protokolierten Anträge steht einem inhaltlichen Verständnis (vgl. § 88 VwGO), wie es das Verwaltungsgericht zu Grunde gelegt hat, dass nämlich vom Verpflichtungs- bzw. Neubescheidungsbegehren nur noch die Anlage des Typs „A …“ umfasst sei, nicht entgegen.

Die Ansicht des Klägers, die Anlage des Typs „A …“ sei in der Sache bereits vom Gegenstand des Antrags vom 28. Februar 2010 umfasst, sodass es des als „Tektur“ bezeichneten Bauantrags vom 25. Mai 2015 gar nicht bedurft hätte, ist rechtlich nicht haltbar. Der Gegenstand eines Bauantrags wird maßgeblich durch die Bauvorlagen definiert. Schon nach den Bauzeichnungen unterscheiden sich beide Anlagenfabrikate deutlich. Eine Kleinwindkraftanlage des Typs „A …“, wie sie der Kläger tatsächlich teilweise errichtet hat, stellt gegenüber der ursprünglich beantragten Kleinwindkraftanlage des Typs „W- …“ ein „aliud“ dar. Der am Vortrag der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht beim Landratsamt sowie bei der Beigeladenen eingereichte Bauantrag vom 25. Mai 2015 ist damit keine bloße Tektur, sondern stellt in der Sache einen ganz neuen Bauantrag dar, weil die Identität des ursprünglich beantragten Vorhabens nicht im Wesentlichen gewahrt bleibt (zur Abgrenzung zwischen Tektur- und Aliudantrag bzw. Tektur- und Aliudgenehmigung vgl. BayVGH, B.v. 2.8.2007 - 1 CS 07.801 - BayVBl. 2007, 758 ff. = juris Rn. 33; B.v. 26.3.2008 - 15 ZB 07.3194 - juris Rn. 9; U.v. 11.11.2014 - 15 B 12.2672 - juris Rn. 27; B.v. 29.8.2016 - 15 ZB 15.2442 - juris Rn. 10; OVG Berlin-Brandenburg, U.v. 14.11.2012 - 2 B 3.11 - juris Rn. 57; B.v. 24.6.2014 - OVG 10 S. 29.13 - juris Rn. 6; OVG Lüneburg, B.v. 16.6.2014 - 1 ME 70/14 - NVwZ-RR 2014, 802 = juris Rn. 11; OVG NW, B.v. 13.12.2012 - 2 B 1250/12 - NVwZ-RR 2013, 500 = juris Rn. 15; Schwarzer/König, 4. Aufl. 2012, Art. 64 Rn. 18 ff.; vgl. auch Struzina/Lindner, ZfBR 2015, 750 ff.; Kerkmann/Sattler, BauR 2005, 47/50 ff. m.w.N.). Es handelte sich nicht nur - wie der Kläger versucht darzustellen - um einen bloßen „Markenwechsel“. Vielmehr unterscheiden sich die beiden Windkraftanlagen nach den Unterlagen der jeweiligen Bauanträge erheblich in den Maßen und hinsichtlich der technischen Ausstattung (divergierende Leistungskraft der Anlagen). Während das vom ursprünglichen Bauantrag vom 28. Februar 2010 umfasste Fabrikat „W- …“ einen Rotordurchmesser von 8 m, eine Nabenhöhe von 16 m (folglich Gesamthöhe 20 m) sowie eine Nennleistung von 10.000 W (= 10 kW) aufweist, verfügt das Fabrikat „A …“ laut den Unterlagen zum Bauantrag vom 25. Mai 2015 über eine Masthöhe 18 m, einen Rotordurchmesser von 5,30 m, eine Nabenhöhe (laut Planzeichnung) von ca. 19 m, eine Gesamthöhe 21,826 m sowie eine Nennleistung 7,5 kW (Maximalleistung 12,5 kW). Beide Anlagen unterscheiden sich mithin schon auf den ersten Blick in ihrem Erscheinungsbild (vgl. BayVGH, U.v. 11.11.2014 a.a.O.). Darüber hinaus stellt sich aufgrund der abweichenden technischen Ausstattung (anderer Rotor) und einer abweichenden Nabenhöhe die Frage der Lärmbelastung im Vergleich zum ursprünglichen Antrag neu. Divergierende Maße und das divergierende Erscheinungsbild der Anlagen können auch Auswirkungen auf die Beurteilung der Betroffenheit des Landschaftsbilds und der Belange des Denkmalschutzes haben, die veränderte Rotorengröße kann ggf. eine andere Relevanz hinsichtlich der Belange des Naturschutzes (Artenschutz) haben. Für beide Anlagen mögen sich mithin ähnliche Zulässigkeitsfragen am Maßstab von § 35 BauGB stellen, diese sind aber aufgrund der aufgezeigten Unterschiede eben jeweils individuell für jede Anlage gesondert zu beurteilen. Zudem waren für den Antrag vom 25. Mai 2015 vollständig neue Bauzeichnungen erforderlich; ein bloßer Einzelplan unter Darstellung der Änderungen im Vergleich zur Ausgangsgenehmigung - wie bei Tekturen typisch - hätte insofern nicht genügt (vgl. Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 64, Rn. 19).

Ausgehend hiervon sowie unter Berücksichtigung der weiteren Umstände des Falles und insbesondere der Erklärungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung (hierzu im Folgenden) können die Anträge auf Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der „beantragten Genehmigung unter Berücksichtigung der eingereichten Tekturantragsunterlagen“ (Hauptantrag) bzw. zur diesbezüglichen Neubescheidung (erster Hilfsantrag) nur dahin ausgelegt werden, dass es dem Kläger nur noch um eine Anlage „A …“ ging, wie sie Gegenstand des (erst am Vortag eingereichten) Genehmigungsantrags vom 25. Mai 2015 ist:

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erklärte der Kläger auf die Frage des Gerichts, warum der Bau einer anderen Anlage als beantragt begonnen worden sei, die Herstellerfirma der damals beantragten Anlage sei insolvent geworden und die (ursprünglich beantragte) Anlage sei im Handel nicht mehr verfügbar. Er könne diese Anlage gar nicht mehr bauen. Ähnlich hatte sich der Kläger bereits im Rahmen eines Augenscheintermins geäußert. Es dürfte bereits Vieles dafür sprechen, dass der Kläger, nachdem er eine andere Anlage erworben und in fortgeschrittenem Stand errichtet hatte, durch die Einreichung des so bezeichneten „Tekturantrags“ am Vortag der mündlichen Verhandlung seinen ursprünglichen Bauantrag ggf. sogar konkludent zurückgenommen hat (vgl. Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 64, Rn. 20; BayVGH, U.v. 11.11.2014 - 15 B 12.2672 - juris Rn. 27). Jedenfalls ergibt sich aus den Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung, dass er im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht eindeutig kein Interesse mehr hatte, die Kleinwindkraftanlage des Typs „W- …“, wie sie Gegenstand des ursprünglichen Bauantrags vom 28. Februar 2010 war, noch umzusetzen.

Dass das Protokoll über die mündliche Verhandlung insoweit unrichtig sei, wurde vom Kläger im Zulassungsverfahren nicht geltend gemacht. Auch und insbesondere im Schriftsatz vom 26. April 2016 findet sich keine plausible bzw. substanziierte Darlegung dazu, dass der Kläger entgegen seinen Aussagen in der mündlichen Verhandlung tatsächlich doch noch an der Errichtung einer Kleinwindkraftanlage des Typs „W- …“ interessiert (gewesen) sei. Die Ausführung begrenzen sich - wie oben gesehen - auf die maßgeblich am vermeintlichen Wortlaut der Antragstellung sowie an Fragen der (Ir-) Relevanz von Änderungen im Baugenehmigungsverfahren ausgerichtete Behauptung, der Verpflichtungsantrag (Hauptantrag) sowie der Neubescheidungsantrag (erster Hilfsantrag) hätten sowohl die mit Bauantrag vom 28. Februar 2010 erfasste Anlage des Typs „W- …“ als auch die Anlage des Fabrikats „A …“, die Gegenstand des neuen Bauantrags ist, mitumschlossen. Die Motivationslage in Bezug auf den Umsetzungswillen für den ursprünglich beantragten Anlagentyp wird vom Kläger nicht thematisiert. Unabhängig vom Erfordernis substanziierter Darlegung des Zulassungsgrundes (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) kann der Zulassungsbegründung auch mit Blick auf die Existenz des nach Schluss der mündlichen Verhandlung per Telefax am 15. Januar 2016 (ohne gerichtliche Zulassung und damit unter Verstoß gegen die prozessualen Regeln, vgl. Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 103 Rn. 18) nachgereichten Schriftsatz des Klägers vom 14. Januar 2016 (vgl. Bl. 153 f. der VG-Akte RO 7 K 14.873) kein solcher Vortrag entnommen werden. Denn der Bevollmächtigte des Klägers führt in diesem Schriftsatz lediglich aus, das Verwaltungsgericht unterliege einem Fehler, wenn es aus der Aussage des Klägers, dass er die ursprüngliche Anlage nicht mehr errichten wolle, schlösse, dass er das auch nicht mehr könne. Auch wenn das Herstellerunternehmen der ursprünglich geplanten Anlage insolvent sei, sei - so der Kläger in diesem Schriftsatz weiter - in Erfahrung gebracht worden, dass solche Anlagen bei einigen Händlern, teilweise auch als gebrauchte Anlagen, erwerbbar seien, wenngleich zu sehr hohen Preisen. Es wird in diesem Schriftsatz mithin nur auf eine fortbestehende Möglichkeit des Erwerbs des ursprünglich beantragten Anlagentyps trotz Insolvenz des Herstellers hingewiesen. Die Haltung des Klägers, die ursprünglich beantragte Anlage nicht mehr errichten zu wollen, wird nicht revidiert, sondern vielmehr bestätigt. Dass der Kläger im Zulassungsbegründungsschriftsatz nunmehr von dieser Aussage abrückt, ist nicht erkennbar.

Würde man bei dieser Sachlage dennoch davon ausgehen, der Kläger hätte mit seinen Klageanträgen eine Verpflichtung der Beklagten auf Erteilung einer Baugenehmigung für den Anlagentyp „W- …“ bzw. auf Neubescheidung hierüber weiterverfolgt, würde diesbezüglich dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, weil er seine Rechtsstellung bei Erfolg der Klage nicht verbessern könnte (vgl. Rennert, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, Vor §§ 40 - 53, Rn. 16). Denn ihm würde der Erfolg der Klage insoweit - also eine Verpflichtung zur Erteilung einer Baugenehmigung nach Maßgabe des ursprünglichen Bauantrags oder zu dessen Neubescheidung - nichts nutzen, wenn er die Verwirklichung einer Anlage des Anlagentyps „W- …“ aufgegeben hat. Auch vor diesem Hintergrund macht der Vortrag im Zulassungsverfahren, der Kläger hätte mit seinen in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen weiterhin eine Genehmigung für eine Anlage „W- …“ verfolgt, keinen Sinn.

Stellen aber die Anlagentypen „W- …“ und „A …“ divergierende Antragsgegenstände dar, sodass der Anlagentyp „A …“ nicht vom ursprünglichen Bauantrag aus dem Jahr 2010 abgedeckt ist, und ist ferner den Erklärungen des Klägers - wie aufgezeigt - unzweideutig zu entnehmen, dass er - unabhängig von der Frage, ob eine Anlage des Typs „W- …“ trotz Insolvenz des Herstellers noch tatsächlich auf dem Markt erwerbbar ist oder nicht - an einer Anlage genau dieses Typs kein Interesse mehr hat (und ihm damit eine entsprechende Genehmigung mangels Umsetzungswillens nichts nutzen würde), dann verbleibt keine andere Möglichkeit, als den Klageantrag im Haupt- und im ersten Hilfsantrag mit dem Verwaltungsgericht dahin auszulegen, dass es dem Kläger nur noch um die Verpflichtung des Beklagten ging, eine Baugenehmigung nach Maßgabe des tags zuvor eingereichten, auf den 25. Mai 2015 datierten Bauantrags für die Errichtung einer Kleinwindkraftanlage des Typs „A …“ zu erteilen (Hauptantrag) bzw. diesen neu zu verbescheiden (erster Hilfsantrag). Hierfür spricht auch, dass der Kläger genau diese Anlage bereits zu einem Großteil am relevanten Standort tatsächlich errichtet hat.

b) Die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils ist nicht aufgrund der Ausführungen in den Entscheidungsgründen zur Frage einer Klageänderung (§ 91 VwGO) ernstlich zweifelhaft. Der Kläger moniert, dass eine Klageänderung nur dann in Frage käme, wenn tatsächlich ein anderer Antrag gestellt worden wäre.

Der diesbezügliche Vortrag des Klägers ist schon deshalb irrelevant, weil das Verwaltungsgericht selbst das Vorliegen einer Klageänderung offen gelassen hat. Das Verwaltungsgericht hat den Verpflichtungssowie den (hilfsweise gestellten) Neubescheidungsantrag ausdrücklich unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen einer zulässigen Klageänderung mit den von ihm (s.o.: richtigerweise) zu Grunde gelegten Inhalten als unzulässig angesehen. Aufgrund dessen kann die Frage, ob von einer Klageänderung auszugehen ist oder nicht, mangels Entscheidungserheblichkeit für die Zulassung der Berufung gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO keine Rolle spielen (vgl. BayVGH, B.v. 23.6.2015 - 1 ZB 13.92 - juris Rn. 3; B.v. 6.2.2017 - 15 ZB 16.398 - juris Rn. 14; B.v. 6.3.2017 - 15 ZB 16.562 - juris Rn. 15).

c) Soweit der Kläger gegen das erstinstanzliche Urteil einwendet, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht zu dem Schluss gekommen, dass es der Verpflichtungsklage am Rechtsschutzbedürfnis fehle, vermag er damit die Berufungszulassung ebenfalls nicht auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu stützen.

Der diesbezügliche Hauptangriff des Klägers, die Annahme der Unzulässigkeit wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses sei Folge einer fehlerhaften Antragsauslegung gewesen, geht inhaltlich fehl. Die vom Kläger als unzutreffend gerügte Auslegung der Klageanträge (Haupt- und erster Hilfsantrag) - als Basis der Argumentation des Verwaltungsgerichts zum fehlenden Rechtsschutzinteresse - erweist sich nach den obigen Ausführungen zu a) vielmehr als zutreffend.

Die Einwendungen, die der Kläger gegen die Ausführungen des Gerichts zu § 87b VwGO im Zusammenhang mit der Begründung des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses erhebt, begründen ebenfalls keinen Zulassungsgrund wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.

Das Verwaltungsgericht hat seine Ansicht, wonach der Verpflichtungsklage das Rechtsschutzbedürfnis fehle, in erster Linie darauf gestützt, dass der Beklagte noch nicht über den geänderten Bauantrag entschieden habe. Zur Zulässigkeit der Klage gehöre, dass das Verwaltungsverfahren durchgeführt worden sei, es sei denn, es lägen die Voraussetzungen einer Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO vor. An einem solchen Verwaltungsverfahren fehle es vorliegend. Die ablehnende Entscheidung des Beklagten vom 17. April 2014 beziehe sich auf die Bauantragsunterlagen vom 28. Februar 2010, mit denen die Genehmigung für einen anderen Anlagentyp beantragt worden sei. Aufgabe der Verwaltungsgerichte sei es, behördliche Entscheidungen über Bauanträge auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen, nicht aber, solche Entscheidungen selbst zu treffen. Das Erfordernis, dass der Kläger sein Begehren vor Klageerhebung in einem Verwaltungsverfahren geltend mache, sei eine Sachurteilsvoraussetzung, die auch der Verwirklichung des in Art. 20 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 GG verankerten Gewaltenteilungsprinzips diene. Der Beklagte habe - unabhängig davon, ob es sich hinsichtlich des Anlagentyps „A …“ um einen Änderungsantrag oder um einen ganz neuen Bauantrag handele - einen Anspruch darauf, zunächst selbst (ggf. unter Beteiligung ihm zur Verfügung stehender Fachstellen bzw. Fachbehörden) über den zuletzt gestellten Bauantrag zu entscheiden. Zudem habe die Beigeladene einen Anspruch auf Beteiligung mit Blick auf § 36 BauGB. Art. 66 BayBO sehe ferner eine Nachbarbeteiligung vor. Nur ausnahmsweise - so das Gericht weiter - bedürfe es aus Gründen der Verfahrensökonomie dann keines neuen Verwaltungsverfahrens und einer vorangehenden Entscheidung der Behörde, wenn es um unbedeutende bzw. untergeordnete Antragsänderungen gehe und der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibe. Auf Seite 7 des angegriffenen Urteils legt das Verwaltungsgericht umfassend dar, warum aus seiner Sicht ein solcher Ausnahmefall nicht vorliege.

Gegen diese Ausführungen werden vom Kläger im Zulassungsverfahren (abgesehen vom nicht durchschlagenden Vorwurf einer falschen Klageantragsauslegung, s.o.) keine substanziierten Einwendungen erhoben.

Lediglich als Zusatzargument („unabhängig davon“) führt das Verwaltungsgericht im Anschluss ergänzend aus, dass gegen einen Ausnahmefall aus Gründen der Verfahrensökonomie auch spreche, dass das Gericht bereits anlässlich des Ortstermins am 21. Mai 2015 die Stellung eines entsprechenden Antrags angeregt sowie mit Schreiben vom 27. November 2015 eine Frist gem. § 87b VwGO gesetzt habe, dass nunmehr eine gerichtliche Beurteilung hinsichtlich des am 13. Januar 2016 gestellten und erst am Folgetag in der mündlichen Verhandlung dem Gericht zur Kenntnis gebrachten Bauantrag ohne Einholung von Stellungnahmen der Fachbehörden sowie der Gemeinde nicht möglich sei und dass deshalb eine solche Beurteilung zu einer Verzögerung des Rechtsstreits führen würde. Ist aber das angefochtene Urteil auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt (kumulativen Mehrfachbegründung), kann die Berufung nur zugelassen werden, wenn im Hinblick auf jede dieser Urteilsbegründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht ist und vorliegt (BayVGH, B.v. 11.4.2016 - 22 ZB 15.2484 - juris Rn. 8; B.v. 3.9.2015 - 9 ZB 12.2354 - juris Rn. 6; B.v. 21.1.2013 - 8 ZB 11.2030 - juris Rn. 15; B.v. 19.7.2011 - 8 ZB 11.319 - juris Rn. 15 m.w.N.; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 61 m.w.N.). Allein der Angriff auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu § 87b VwGO nutzt dem Kläger am Maßstab von § 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124 a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO daher nichts, wenn nicht auch die vorangegangenen, ebenso tragenden „Primär“-Erwägungen substanziiert angegriffen werden. Letzteres ist aber nicht geschehen.

Im Übrigen fehlt es an weiteren, dem Darlegungsgebot gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO genügenden substanziierten Einwendungen gegen die Richtigkeit der Annahme eines fehlenden Rechtsschutzinteresses (vgl. BayVGH, B.v. 26.9.2016 - 15 ZB 16.1365 - juris Rn. 8 m.w.N.). Der Senat teilt im Grundsatz die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die Sachurteilsvoraussetzungen für den Verpflichtungsantrag (Hauptantrag) sowie den Neubescheidungsantrag (erster Hilfsantrag) nach richtiger Auslegung in Ausrichtung auf eine Kleinwindkraftanlage des Typs „A …“ nicht vorlagen. Die Begründung hierfür wäre aber wohl eher unmittelbar den Regelungen in § 75 Satz 1 und Satz 2 VwGO zu entnehmen: Aufgrund der Antragseinreichung am Tag vor der mündlichen Verhandlung war die prozessuale Situation im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht (14. Januar 2016) dadurch gekennzeichnet, dass ein entsprechender Bauantrag (= Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts) tatsächlich bereits existierte bzw. gestellt war, dass aber über diesen durch das zuständige Landratsamt (Art. 53 Abs. 1 Satz 2, Art. 59 ff. BayBO) noch nicht entschieden wurde bzw. werden konnte. Es liegt damit ein Fall der Untätigkeitsklage vor, die gem. § 75 Satz 1 VwGO erst zulässig ist, wenn über den Vornahmeantrag ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht entschieden wurde. Im Regelfall gilt gem. § 75 Satz 2 VwGO eine Sperrfrist von drei Monaten. Besondere Umstände, wonach wegen Halbsatz 2 dieser Regelung eine kürzere Frist geboten wäre, sind nicht ersichtlich und auch im Zulassungsverfahren nicht geltend gemacht worden, zumal im Baugenehmigungsverfahren zunächst der Bauantrag von der Beigeladenen mit einer Stellungnahme an das Landratsamts weiterzuleiten ist und das Landratsamt vor der Entscheidung über den Bauantrag weitere Stellen einzubinden hat (Art. 65 BayBO). Weil die Beigeladene noch über die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens zu entscheiden hatte und zudem weitere Behörden und Fachstellen (insbesondere zu denkmalfachlichen, immissionsbezogenen und naturschutzfachlichen Fragen) einzubinden waren, lag es seinerzeit - worauf auch das Verwaltungsgericht auf Seite 8 des angegriffenen Urteils abgestellt hat - auf der Hand, dass eine angemessene Frist i.S. von § 75 Satz 1 VwGO als Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Verpflichtungs- bzw. Neubescheidungsklage in Bezug „A …“ nach nur einem Tag noch nicht abgelaufen sein konnte (soweit diese Frist überhaupt schon zu laufen begann, was insbesondere von der Vollständigkeit der Antragsunterlagen abhängt, vgl. BayVGH, B.v. 3.6.2016 - 15 BV 15.2441 - juris; im Anschluss BVerwG, B.v. 10.1.2017 - 4 B 39/16 - juris). In der Zulassungsbegründung sind auch keine nach der mündlichen Verhandlung eingetretenen Umstände vorgetragen worden, die Veranlassung geben könnten, über ein nunmehr anderes Ergebnis nachzudenken (zur Streitfrage, ob und unter welchen Voraussetzungen nach der mündlichen Verhandlung neu entstandene Tatsachen im Zulassungsverfahren berücksichtigungsfähig sind, vgl. z.B. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 21, 22). Soweit im Falle einer am Maßstab von § 75 Satz 1 und Satz 2 VwGO verfrühten bzw. vorzeitigen Untätigkeitsklage vertreten wird, dass das angerufene Gericht die noch unzulässige Untätigkeitsklage nicht wegen Unzulässigkeit abweisen dürfe, sondern entweder das Verfahren analog § 75 Satz 3 VwGO bis zum Ablauf der Frist aussetzen (vgl. BVerwG, U.v. 20.1.1966 - I C 24.63 - BVerwGE 23, 135 = juris Rn. 15 ff.; krit. hierzu Menger/Erichsen, VerwArch 1967, 70/79 ff.) oder schlicht bis dahin zuwarten müsse (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 75), ist darauf vom Senat im vorliegenden Zulassungsverfahren nicht einzugehen, weil dies nicht nach Maßgabe von § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO geltend gemacht wurde.

d) Soweit der Kläger meint, dass jedenfalls der Anfechtungsteil des Klageantrags (d.h. soweit sich der Antrag auf die Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 17. April 2014 bezog) im Rahmen der Begründetheit abzuarbeiten gewesen wäre und dass das Verwaltungsgericht wegen diesbezüglichen Unterlassens einem relevanten, zur Berufungszulassung führenden Fehler unterlegen sei, kann er damit ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nicht begründen. Begrenzt sich ein Kläger in der Situation einer Verpflichtungsklage darauf, nur die Aufhebung des ablehnenden Verwaltungsakts zu beantragen, fehlt einer solchen sog. isolierten Anfechtungsklage grundsätzlich - abgesehen von besonderen Ausnahmefällen - das allgemeine Rechtsschutzinteresse (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 34). Es entspricht zwar allgemeiner Übung der Verwaltungsgerichte, bei einem stattgebenden Verpflichtungsurteil zur Klarstellung neben der Verpflichtung der Behörde, den beantragten Verwaltungsakt zu erlassen, auch die entsprechende ablehnende Verwaltungsentscheidung aufzuheben. Dies macht die Verpflichtungsklage in Gestalt der Versagungsgegenklage aber nicht zu einer Verbindung von Anfechtungs- und Verpflichtungsklage; vielmehr ist insoweit von einem „unselbständigen Anfechtungsannex“ der Verpflichtungsklage auszugehen (Schmidt a.a.O. Rn. 33). Bei einer Verpflichtungsklage ist die ablehnende behördliche Entscheidung im engeren Sinne grundsätzlich nicht selbständiger Gegenstand des Verfahrens (zum Ganzen auch NdsOVG, U.v. 24.11.2015 - 5 LB 59/15 - juris Rn. 62). Aus diesem Grund kann auch die Unzulässigkeit einer Verpflichtungsklage (Hauptantrag) bzw. einer Neubescheidungsklage (erster Hilfsantrag) nicht zur Folge haben, dass das Gericht jedenfalls über den Anfechtungsteil in der Sache entscheiden müsste. Dass hier eine Ausnahme von diesem Grundsatz vorliegen könnte, ist weder vom Kläger im Zulassungsverfahren geltend gemacht worden noch ist dies sonst ersichtlich. Dass der Kläger hier überhaupt die Aufhebung des Bescheids vom 17. April 2014 als „unselbständigen Anfechtungsannex“ stellte, ist nur damit erklärbar, dass er offensichtlich dem - s.o.: auch in der Zulassungsbegründung zum Ausdruck kommenden - Irrtum unterlag, dass sich diese Ablehnung auch auf den tatsächlich nur noch verfolgten Anlagentypus „A …“ bezieht.

e) Auch mit seinem Angriff gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Feststellungsantrag (zweiter Hilfsantrag) sei unzulässig, kann der Kläger keine ernstlichen Zweifel an der Urteilsrichtigkeit begründen. Es spielt keine Rolle, ob dieser Feststellungsantrag als allgemeine Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 1 VwGO oder als Fortsetzungsfeststellungsklage analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO anzusehen ist. Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob im Falle der Annahme einer allgemeinen Feststellungsklage der Zulässigkeit die Subsidiarität gem. § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO entgegensteht. Jedenfalls hat der Kläger auch mit seinem Zulassungsantrag kein Feststellungsinteresse geltend gemacht und insofern keine substanziierten Einwendungen gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts erhoben, dass ein solches Interesse weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich sei.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn eine Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (vgl. BVerwG, B.v. 16.11.2010 - 6 B 58.10 - juris Rn. 3; B.v. 17.12.2010 - 8 B 38.10 - juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 12.8.2016 - 15 ZB 15.696 - juris Rn. 19).

Die vom Kläger aufgeworfene und als grundsätzlich bezeichnete Frage, „unter welchen Bedingungen zwei Anlagen von unterschiedlichen Herstellern im Bereich der sog. Kleinwindkraft derart vergleichbar sind, dass ein neues Genehmigungsverfahren nicht erforderlich wird“, weist keine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung auf, deren Klärung der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedürfte. Die diesbezüglichen fallübergreifenden Rechtsfragen sind vielmehr geklärt, vgl. die oben zu 1. a) zitierte Rechtsprechung u.a. zur „Tektur“ und zum „aliud“. Die einzelfallbezogene Anwendung von bereits grundsätzlich Geklärtem ist nicht i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 3 klärungsbedürftig (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 38).

Der vom Kläger ferner geltend gemachte Klärungsbedarf zu der Frage, „ob bzw. welche rechtlichen Anforderungen an Kleinwindkraftanlagen generell im Gegensatz zu herkömmlichen Windkraftanklagen gestellt werden“, lässt - unabhängig von der Frage der Entscheidungserheblichkeit bzw. Klärungsfähigkeit (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 37) - ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO erkennen. Insofern erfüllt der Kläger bereits nicht die Anforderungen an die Darlegung des Zulassungsgrundes gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO. Dem Vortrag des Klägers fehlt eine inhaltliche Durchdringung und substanziierte Erläuterung unter Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts, warum die Frage klärungsbedürftig ist (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72). Die Frage ist im Übrigen schon viel zu weit gefasst und würde sich deshalb in dieser Allgemeinheit in einem Berufungsverfahren so nicht in entscheidungserheblicher Weise stellen (vgl. auch BVerwG, B.v. 21.9.2016 - 6 B 14.16 - juris Rn. 11, 14, 15). Welche allgemeinen rechtlichen Anforderungen an Kleinwindkraftanlagen bestehen und welche Unterschiede insofern im Vergleich zu „herkömmlichen“ Windkraftanlagen (ggf. sind insofern immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen gemeint) gelten, lässt sich nicht ohne Weiteres abstrakt beantworten. Hier kommt es vielmehr auf den jeweiligen Einzelfall an, so dass die vom Kläger gestellte Frage insbesondere unter diesem Blickwinkel einer generellen Klärung nicht zugänglich ist.

3. Ohne Erfolg macht der Kläger einen Verfahrensmangel geltend (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Es ist nicht ersichtlich, dass er nach Maßgabe seines Zulassungsvorbringens durch die mit Beschluss des Verwaltungsgerichts in der mündlichen Verhandlung erfolgte Ablehnung seines Vertagungsantrags in seinem „Recht auf ausreichendes rechtliches Gehör“ verletzt sein könnte.

Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) verschafft den Verfahrensbeteiligten ein Recht darauf, sich zu allen entscheidungserheblichen Tatsachen zweckentsprechend und erschöpfend zu erklären und Anträge zu stellen, und verpflichtet das Gericht, das entscheidungserhebliche Vorbringen und die Anträge der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und zu erwägen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist verletzt, wenn die angefochtene Entscheidung auf Tatsachen oder Beweisergebnisse gestützt wird, zu denen sich die Beteiligten nicht äußern konnten, oder wenn das erkennende Gericht das entscheidungserhebliche tatsächliche oder rechtliche Vorbringen der Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen und nicht erwogen hat. Eine Gehörsverletzung liegt regelmäßig auch dann vor, wenn ein Vertagungsantrag abgelehnt wurde, nachdem in der mündlichen Verhandlung erstmals ein entscheidungserheblicher Gesichtspunkt zur Sprache gekommen ist, zu dem eine Äußerung in der mündlichen Verhandlung nicht zumutbar ist. Für die ordnungsgemäße Darlegung einer Verletzung des rechtlichen Gehörs ist erforderlich, dass der Betroffene die Tatsachen, auf die das Gericht seine Entscheidung gestützt hat und zu denen er sich nicht äußern konnte, benennt und zugleich aufzeigt, an welchen tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen er aufgrund der Verletzung rechtlichen Gehörs gehindert war bzw. was er bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte und weshalb dies unter Zugrundelegung der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts entscheidungserheblich gewesen wäre (zum Ganzen exemplarisch NdsOVG, B.v. 27.4.2016 - 12 LA 22/15 - UPR 2016, 314 = juris Rn. 10 m.w.N.).

Nach diesen Maßstäben ist ein hinreichend substanziiert gerügter Verfahrensmangel nicht festzustellen. Der Kläger erläutert, die Vertagung sei aufgrund des tags zuvor eingereichten „Tekturantrags“ beantragt worden. Sein erläuternder Vortrag, dies habe den Zweck gehabt, „eine weitere klageweise Auseinandersetzung zu vermeiden zu helfen“, lässt schon im Ansatz keinen Bezug zu einer möglichen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör erkennen. Soweit er weiter vorbringt, in der mündlichen Verhandlung seien zahlreiche Einlassungen u.a. von Seiten des „Technischen Umweltschutzes“ erfolgt, die die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens betroffen hätten, fehlt es an einer substanziierten Auseinandersetzung mit den Ablehnungsgründen des Verwaltungsgerichts. Laut Niederschrift der mündlichen Verhandlung hatte die Begründung des Ablehnungsbeschlusses folgenden Inhalt:

„(…) Erhebliche Gründe für eine Vertagung liegen nicht vor. Im Hinblick auf den Feststellungsantrag zum ursprünglichen Vorhaben ist die Sache entscheidungsreif. Die Abstandsflächenproblematik ist nicht Gegenstand der Ablehnung der Baugenehmigung. Die Frage der Zulässigkeit der ursprünglich erhobenen Klage ist eine Prozessvoraussetzung, die ein Prozessbeteiligter immer zu bedenken hat. Im Hinblick auf die erhobene Verpflichtungsklage für das zuletzt beantragte Vorhaben liegen erhebliche Gründe ebenfalls nicht vor. Der Kläger hat die Antragsunterlagen, die vom 29.12.2015 stammen, erst gestern, spätnachmittag, beim Beklagten und der Beigeladenen eingereicht. Angesichts der Tatsache, dass der Kläger wusste, dass die alte Anlage nicht mehr errichtet werden kann, und das Gericht im Ortstermin im Mai 2015 angeregt hat, mit dem Beklagten zu prüfen, ob ein ‚Tekturantrag’ gestellt wird, sowie der Fristsetzung nach § 87 b VwGO bestand für den Kläger keine Veranlassung, den ‚Tekturantrag’ erst jetzt einzureichen und in das Verfahren einzubringen.“

Mit diesen Argumenten setzt sich die Zulassungsbegründung zur Untermauerung der behaupteten Gehörsverletzung nicht auseinander. Der Kläger zeigt ferner nicht substanziiert auf, an welchen tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen er aufgrund der behaupteten Verletzung rechtlichen Gehörs gehindert war bzw. was er bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte und weshalb dies unter Zugrundelegung der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts entscheidungserheblich gewesen wäre. Insofern ist vor allem zu berücksichtigen, dass das Verwaltungsgericht sowohl den Hauptantrag als auch die beiden Hilfsanträge im angegriffenen Urteil vom 14. Januar 2016 schon als unzulässig ansah. Insofern ist von vornherein nicht ersichtlich, inwiefern ein weiterer Tatsachenvortrag zu Frage der Genehmigungsfähigkeit der Anlage(n) hätte entscheidungserheblich sein können. Damit scheidet jedenfalls aus, dass die angegriffene Entscheidung auf einem diesbezüglich gerügten Verfahrensmangel (seine Existenz unterstellt) beruhen kann.

Ob eine Verpflichtung des Verwaltungsgericht zur Vertagung bestanden haben könnte, weil eine gem. § 75 Satz 1 und Satz 2 VwGO verfrühte Untätigkeitsklage ggf. nicht ohne Weiteres als unzulässig hätte abgewiesen werden dürfen (sondern - s.o. - stattdessen ggf. eine Aussetzung bzw. ein Zuwarten bis zur „Klagereife“ geboten gewesen wäre), ist nicht Gegenstand des Vortrags des Klägers im Zulassungsverfahren. Dieses Rechtsproblem war daher vom Senat wegen § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO bei der Entscheidung über die Berufungszulassung nicht zu berücksichtigen.

4. Ein Berufungszulassungsgrund gem. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist nicht ersichtlich. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinne dieser Vorschrift weist eine Rechtssache dann auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sie sich also wegen der Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt. (vgl. BayVGH, B.v. 20.4.2016 - 15 ZB 14.2686 u.a. - juris Rn. 63 m.w.N.; Rudisile in Schoch/Schneider/ Bier, VwGO, Stand: Juni 2016, § 124 Rn. 28 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind nach dem Zulassungsvortrag des Klägers vorliegend nicht erfüllt bzw. nicht substanziiert dargelegt, wie sich aus den voranstehenden Ausführungen zu 1. bis 3. ergibt.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO). Denn ein Beigeladener setzt sich im Berufungszulassungsverfahren unabhängig von einer Antragstellung grundsätzlich keinem eigenen Kostenrisiko aus (vgl. BayVGH, B.v. 6.3.2017 - 15 ZB 16.562 - juris Rn. 18 m.w.N.). Ein Grund, der es gebieten würde, die außergerichtlichen Kosten aus Billigkeitsgründen ausnahmsweise als erstattungsfähig anzusehen, ist nicht ersichtlich. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG. Sie folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden.

6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich als Eigentümer einer benachbarten Hofstelle (FlNr. … der Gemarkung G …) gegen eine unter dem 6. August 2015 erteilte Baugenehmigung für das Vorhaben des Beigeladenen „Anbau einer landwirtschaftlichen Garage an die bestehende landwirtschaftliche Mehrzweckhalle“ auf dem Grundstück FlNr. … (Baugrundstück). Das Verwaltungsgericht Regensburg wies mit Urteil vom 14. September 2016 die auf Aufhebung der Baugenehmigung gerichtete Anfechtungsklage des Klägers ab. Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe, auf die sich die Prüfung des Senats beschränkt, liegen nicht vor bzw. sind nicht in einer Weise dargelegt worden, die den gesetzlichen Substanziierungsanforderungen genügt, § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO.

1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

a) Soweit der Kläger der Meinung ist, das Vorhaben sei am Maßstab von § 35 BauGB planungsrechtlich unzulässig, weil die Garage nicht dem bestehenden land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb diene und außerdem nicht nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnehme, mithin nicht die Voraussetzungen einer Privilegierung gem. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erfülle, ist dies im Nachbaranfechtungsstreit schon nicht entscheidungserheblich. Denn insofern ist von vornherein keine Nachbarrechtsverletzung des Klägers ersichtlich. Nachbarn können sich als Dritte nur dann mit Aussicht auf Erfolg gegen eine Baugenehmigung zur Wehr setzen, wenn diese rechtswidrig ist sowie die Rechtswidrigkeit auch auf der Verletzung einer Norm beruht, die gerade dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt ist (sog. Schutznormtheorie, vgl. z.B. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 86 m.w.N.). Ein Schutzanspruch des Nachbarn auf die Bewahrung des Außenbereichs und damit ein Abwehranspruch gegen Vorhaben, die im Außenbereich objektiv nicht genehmigungsfähig sind, besteht aber nicht (vgl. BayVGH, B.v. 14.5.2012 – 15 ZB 10.1047 – juris Rn. 6; B.v. 1.6.2016 – 15 CS 16.789 – Rn. 24 m.w.N.)

b) Die Berufung ist auch nicht aufgrund einer behaupteten Verletzung des Abstandsflächenrechts (Art. 6 BayBO) gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.

Das Verwaltungsgericht hat (in der Sache korrekt) ausgeführt, der Kläger könne sich nicht auf eine Verletzung der Abstandsflächenvorschriften berufen, weil die Feststellungswirkung der Baugenehmigung gem. Art. 59 BayBO diese nicht umfasse (hierzu bereits im vorausgegangenen Beschwerdeverfahren: BayVGH, B.v. 10.3.2016 – 15 CS 15.2658; zum beschränkten Prüfprogramm im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren vgl. auch z.B. BayVGH, B.v. 28.12.2016 – 9 ZB 14.2853 – juris Rn. 8 m.w.N.).

Die Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils erfordert gem. § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO, dass einzelne tragende Rechtssätze oder erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden. Es bedarf einer substanziierten Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff entsprechend durchdrungen und aufbereitet wird. Der Rechtsmittelführer muss sich mit den Argumenten, die das Verwaltungsgericht für die angegriffene Rechtsauffassung oder Sachverhaltsfeststellung und -würdigung angeführt hat, inhaltlich auseinandersetzen und aufzeigen, warum sie aus seiner Sicht nicht tragfähig sind (vgl. BayVGH, B.v. 26.9.2016 – 15 ZB 16.1365 – juris Rn. 8 m.w.N.).

Diesen Maßstäben genügt die Zulassungsbegründung hinsichtlich der nicht weiter untermauerten Einwendung, der Beigeladene halte mit seinem Vorhaben die Abstandsflächen (Art. 6 BayBO) nicht ein, nicht ansatzweise. Zu den ergänzenden Erwägungen des Erstgerichts, es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Vorhaben des Beigeladenen im Hinblick auf seine Situierung und seine Höhenentwicklung dem Kläger gegenüber rücksichtslos sei, zumal sich zwischen dem Baugrundstück und dem Grundstück des Klägers noch ein im Eigentum der Gemeinde befindlicher Grundstücksstreifen befinde und das Wohnhaus des Klägers deutlich entfernt sei, hat sich die Beschwerdebegründung überhaupt nicht geäußert (zu der – an enge Voraussetzungen geknüpften – Möglichkeit der Verletzung des Rücksichtnahmegebots infolge einer erdrückenden, abriegelnden oder einmauernden Wirkung vgl. BayVGH, B.v. 5.9.2016 – 15 CS 16.1536 – juris Rn. 30 m.w.N.).

c) Die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass eine Aufhebung der Baugenehmigung aufgrund einer Vereitelung eines (behaupteten) Überfahrtsrechts des Klägers auf dem Baugrundstück weder aus Art. 14 GG noch aus dem Gebot der Rücksichtnahme in Betracht komme, ist nicht ernstlich zweifelhaft.

Der Kläger bringt hiergegen vor, er sei in seinen Rechten verletzt, weil ihm im Fall der Umsetzung der Baugenehmigung eine seit mehr als 100 Jahren bestehende Zufahrtsmöglichkeit zu dem öffentlichen Weg FlNr. … und damit zu einem Teil seiner weiter nördlich gelegenen Wald- und Ackerfläche genommen werde. Dadurch sei sein landwirtschaftlicher Betrieb ernsthaft existenzgefährdet. Von Norden her seien diese Grundstücke nicht erreichbar. Von Süden her (im Bereich zwischen seinem Grundstück und dem Baugrundstück) sei der Weg FlNr. … weder für normale Fahrzeuge noch für Rettungsfahrzeuge befahrbar. Das öffentliche Wegegrundstück werde seit mehr als 200 Jahren genutzt. Der frühere Eigentümer des Baugrundstücks habe das Wegegrundstück laut einer vollstreckbaren amtsgerichtlichen Ausfertigung aus dem Jahr 1880 wiederherstellen müssen, nachdem er es anderweitig habe nutzen wollen. Im Falle der Errichtung der genehmigten Garage könnten der Kläger sowie auch andere das Wegegrundstück nicht nutzen, um damit zu den nördlich angrenzenden Waldgrundstücken gelangen. Im Bereich zwischen dem Baugrundstück und seinem Grundstück sei der ursprüngliche Weg nicht mehr benutzbar, da der Beigeladene hier erhebliche Abgrabungen vorgenommen habe.

Mit diesem Vortrag vermag der Kläger keinen Rechtsfehler des erstinstanzlichen Urteils i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu begründen.

In einer vergleichbaren Konstellation – dort im Zusammenhang mit einer zurückgewiesenen Beschwerde gegen einen Eilbeschluss nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO – hat der Senat in Bezug auf das Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 GG) ausgeführt (BayVGH, B.v. 1.6.2016 – 15 CS 16.789 – juris Rn. 15 - 17):

„Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt ein unmittelbarer Rückgriff auf Art. 14 GG zur Begründung des Nachbarrechtsschutzes wegen eines schweren und unerträglichen Eigentumseingriffs grundsätzlich nicht mehr in Betracht, weil der Gesetzgeber in Ausfüllung seines legislatorischen Gestaltungsspielraums aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG nachbarliche Abwehrrechte im Baurecht verfassungskonform ausgestaltet hat und insofern unter Einschluss der Grundsätze des nachbarschützenden Rücksichtnahmegebots ein geschlossenes System des nachbarlichen Drittschutzes bereitstellt (vgl. BVerwG, U.v. 26.9.1991 – 4 C 5.87 – BVerwGE 89, 69 = juris Rn. 40 unter ausdrücklicher Aufgabe der früheren Rechtsprechung; ebenso: BVerwG, U.v. 23.8.1996 – 4 C 13.94 – BVerwGE 101, 364 = juris Rn. 40 ff.; U.v. 7.11.1997 – 4 C 7.97 – NVwZ 1998, 735 = juris Rn. 20 f.; ebenso BayVGH, B.v. 23.2.2012 – 14 CS 11.2837 – juris Rn. 42; B.v. 1.3.2016 – 15 CS 16.244 – juris Rn. 24).

Allenfalls in Fällen, in denen das genehmigte Bauvorhaben eine unmittelbar gegenständliche Inanspruchnahme des Nachbargrundstückes zur Folge hat, kann Art. 14 GG beim Nachbarrechtsschutz im öffentlichen Baurecht noch von Bedeutung sein. So kann einem Nachbarn ein Abwehrrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG dann zustehen, wenn die Umsetzung der Baugenehmigung in Folge des Fehlens der wegemäßigen Erschließung des Baugrundstücks zur Begründung oder Ausweitung eines Notwegerechts nach § 917 Abs. 1 BGB an seinem Grundstück führt und damit gleichsam im Wege einer „Automatik“ eine unmittelbare Verschlechterung seiner Eigentumsrechte bewirkt, ohne dass ihm im Übrigen hiergegen ein sonstiger effektiver Rechtsschutz zur Verfügung steht (vgl. BVerwG, U.v. 26.3.1976 – IV C 7.74 – BVerwGE 50, 282 = juris Rn. 20; U.v. 4.6.1996 – 4 C 15.95 – BauR 1996, 841 = juris Rn. 22; B.v. 11.5.1998 – 4 B 45.98 – NJW-RR 1999, 165 = juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 19.2.2007 – 1 ZB 06.92 – juris Rn. 15; U.v. 7.12.2010 – 14 B 09.2292 – juris Rn. 17 ff., B.v. 25.11.2013 – 2 CS 13.2267 – juris Rn. 6; B.v. 29.8.2014 – 15 CS 14.615 – juris Rn. 18; B.v. 1.3.2016 – 15 CS 16.244 – juris Rn. 25).

Eine solche oder vergleichbare Situation ist hier aber nicht gegeben. Vielmehr soll nach dem Vortrag der Beschwerde der umgekehrte Fall vorliegen, dass durch die Umsetzung der angefochtenen Baugenehmigung die wegemäßige Erschließung des Grundstücks des Antragstellers künftig dadurch beeinträchtigt werde, dass ein (angeblich) bereits bestehendes – auf Gewohnheitsrecht bzw. auf § 917 BGB beruhendes – Überfahrtrecht auf dem Baugrundstück vereitelt werde. In diesem Fall wird das Nachbargrundstück (…..) durch die Baugenehmigung nicht selbst und unmittelbar in Anspruch genommen. Die vom Antragsteller vorgetragene Belastung betrifft vielmehr nur eine allenfalls mittelbare Folge hinsichtlich der künftigen Benutzbarkeit seiner Grundstücke. In dieser Konstellation kann eine Rechtsverletzung nicht wegen schwerer und unzumutbarer Betroffenheit des Eigentumsrechts über Art. 14 Abs. 1 GG begründet werden.“

In derselben Entscheidung hat der Senat ausgeführt, dass in derartigen Konstellationen auch eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots wegen der (behaupteten) Vereitelung eines privaten Wegerechts ausscheidet (BayVGH, B.v. 1.6.2016 – 15 CS 16.789 – juris Rn. 18, 19):

„2. Ebenfalls scheidet aufgrund der in der Beschwerdebegründung vorgetragenen Folgewirkungen eine Rechtsverletzung des Antragstellers über das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot aus.

Soweit sich der Antragsteller beeinträchtigt sieht, weil ein von ihm behauptetes Überfahrtrecht auf dem Baugrundstück vereitelt werde, muss er sich auf den Zivilrechtsweg verweisen lassen. Die Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit einem solchen Recht ist nicht Gegenstand der bauaufsichtlichen Prüfung. Dies ergibt sich aus Art. 68 Abs. 4 BayBO, wonach die Baugenehmigung unbeschadet der privaten Rechte Dritter erteilt wird. Das bedeutet, dass über die Vereinbarkeit privater Rechte Dritter – wie vorliegend eines (behaupteten) kraft Gewohnheitsrechts entstandenen oder wegen § 917 BGB bestehenden Überfahrtsrechts auf dem Baugrundstück – mit dem Bauvorhaben im Baugenehmigungsverfahren nicht entschieden wird. Die Baugenehmigung sagt über solche Rechte nichts aus und wirkt sich demnach auf sie nicht aus. Daher begründet ein privates Recht grundsätzlich auch kein Abwehrrecht des Nachbarn gegen die Baugenehmigung, sondern muss vor den ordentlichen Gerichten geltend gemacht werden (Molodovsky in Molodovsky/Famers/Kraus, BayBO, Stand Dezember 2015, Art. 68 Rn. 63; speziell zum Fall eines dinglich gesicherten Geh- und Fahrtrechts: BayVGH, B.v. 25.11.2013 – 2 CS 13.2267 – juris Rn. 3 ff.; B.v. 29.8.2014 – 15 CS 14.615 – juris Rn. 18; Molodovsky a.a.O. Rn. 67).“

An diesen Grundsätzen ist festzuhalten. Auch im hier zu entscheidenden Fall liegt nach dem Vortrag des Klägers kein Sachverhalt vor, bei dem infolge der Umsetzung der angefochtenen Baugenehmigung wegen Fehlens der wegemäßigen Erschließung des Baugrundstücks quasi automatisch ein Notwegerecht zu Lasten des klägerischen Grundstückseigentums entsteht oder ausgeweitet wird (vgl. auch BayVGH, B.v. 6.2.2017 – 15 ZB 16.398 – juris Rn. 67 ff.). Die vom Kläger vorgetragene Beeinträchtigung betrifft ausschließlich ein (behauptetes) bestehendes (wegemäßiges) Nutzungsrecht am Baugrundstück, sodass es insofern nicht zu einer nachbarrechtsrelevanten Rechtsverletzung durch die Baugenehmigung, die wegen Art. 68 Abs. 4 BayBO gerade unbeschadet der privaten Rechte Dritter erteilt wird, kommen kann (vgl. bereits BayVGH, B.v. 10.3.2016 – 15 CS 15.2658). Das gilt auch hinsichtlich des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots. Im Übrigen ist es für den Senat auch nach dem Vortrag im Zulassungsverfahren nicht klar, warum die Schaffung einer Anbindung an den Weg FlNr. … über die eigenen Grundstücke des Klägers nicht möglich bzw. nicht zumutbar sein soll (vgl. auch das Schreiben der Gemeinde Hundersdorf vom 29.10.2015, Bl. 27 ff. der VG-Akte RN 6 K 15.1420).

2. Die Rechtssache weist nach alledem und entgegen der Ansicht des Klägers auch keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

3. Dass die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) sei, wurde vom Kläger eingangs der Zulassungsbegründung vom 12. Dezember 2016 lediglich behauptet, nicht aber begründet (zu den Darlegungsanforderungen vgl. vgl. BayVGH, B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 33 m.w.N.). Auch insofern genügt der Kläger den Anforderungen an die Darlegung eines Zulassungsgrundes (§ 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO) nicht.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten billigerweise selbst, weil er sich im Zulassungsverfahren keinem eigenen Kostenrisiko aussetzt und kein Grund ersichtlich ist, der es gebieten würde, seine außergerichtlichen Kosten ausnahmsweise als erstattungsfähig anzusehen (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 sowie § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57) und folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts.

5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für eine Kleinwindkraftanlage.

Unter dem Datum des 28. Februar 2010 stellte er einen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für das Vorhaben „Errichtung einer Kleinwindanlage“ auf dem im bauplanungsrechtlichen Außenbereich (§ 35 BauGB) gelegenen Grundstück FlNr. … der Gemarkung L … (Baugrundstück). Nach den mit dem Bauantrag vorgelegten weiteren Unterlagen betraf der Bauantrag das Fabrikat „W …“. Die Beigeladene versagte das gemeindliche Einvernehmen.

Im Rahmen einer Baukontrolle am 25. März 2014 stellte das Landratsamt S … fest, dass der Kläger auf dem Baugrundstück - genau an dem Standort der geplanten Windkraftanlage - mit der ungenehmigten Errichtung eines Fundaments (Betonplatte mit einer darauf befestigten Metall-Trägerplatte) sowie eines Elektroverteilerkastens begonnen hatte. Hierauf verfügte das Landratsamt mit Bescheid vom 26. März 2014 unter Anordnung des Sofortvollzugs die Verpflichtung des Klägers, die Bauarbeiten sofort einzustellen. Dieser Bescheid war Gegenstand eines erstinstanzlichen Klageverfahrens vor dem Verwaltungsgericht Regensburg (Az. RO 7 K 14.873). Auf den diesbezüglich im Berufungszulassungsverfahren ergangenen heutigen (ablehnenden) Beschluss des Senats im Verfahren 15 ZB 16.672 wird Bezug genommen.

Im Rahmen einer weiteren Baukontrolle vom 7. April 2014 stellte das Landratsamt fest, dass entgegen der verfügten Baueinstellung ein Mast mit einer Höhe von ca. 18 m errichtet wurde, und zwar - wie sich später herausstellte - nunmehr für eine andere Windkraftanlage, nämlich für eine solche des Fabrikats „A …“.

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 17. April 2014, gegen den der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Regensburg erhob, lehnte das Landratsamt den Bauantrag des Klägers vom 28. Februar 2010 ab. Laut der Begründung des Bescheids widerspreche das gem. § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegierte Vorhaben den Darstellungen des im Flächennutzungsplan integrierten Landschaftsplans. Darüber hinaus stünden der Verwirklichung Belange des Naturschutzes, der Landschaftspflege und des Denkmalschutzes entgegen. Das Landschaftsbild werde beeinträchtigt. Schließlich würden bei Umsetzung schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen.

Mit Schreiben des Verwaltungsgerichts vom 27. November 2015 wurde dem Kläger unter Rekurs auf § 87b Abs. 1 Satz 1 VwGO eine Frist bis zum 23. Dezember 2015 gesetzt, um weitere Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühle, anzugeben. In dem Schreiben wurde darauf hingewiesen, dass das Gericht Erklärungen, die erst nach Ablauf der gesetzten Frist vorgebracht werden, unter den Voraussetzungen des § 87b Abs. 3 VwGO zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden könne.

Am 13. Januar 2016 - am Vortag der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht - reichte der Kläger sowohl beim Landratsamt als auch bei der Beigeladenen einen auf den 25. Mai 2015 datierten und als „Tektur“ bezeichneten Bauantrag für das Bauvorhaben „Errichtung einer Klein-Windkraftanlage“ auf dem Baugrundstück ein und zwar laut beigefügter Baubeschreibung sowie weiteren Unterlagen für das Fabrikat „A …“.

Mit Urteil vom 14. Januar 2016 wies das Verwaltungsgericht Regensburg die Klage des Klägers mit den in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen, unter Aufhebung des Bescheids vom 17.4.2014 den Beklagten zu verpflichten, „die beantragte Genehmigung unter Berücksichtigung der eingereichten Tekturantragsunterlagen zu erteilen, hilfsweise unter Berücksichtigung der Tekturunterlagen neu zu verbescheiden und hilfsweise festzustellen, dass die ursprünglich beantragte Anlage genehmigungsfähig war“, ab.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe liegen entweder nicht vor oder wurden nicht ausreichend am Maßstab von § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO dargelegt.

1. Die Berufung ist nicht gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 14. Januar 2016 sind nicht gegeben. Das insoweit maßgebliche, in offener Frist bei Gericht eingegangene Vorbringen der Klägerin in der Zulassungsbegründung (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) rechtfertigt keine andere Beurteilung.

a) Mit seinem Einwand, das Verwaltungsgericht habe den in der mündlichen Verhandlung gestellten Hauptantrag sowie den ersten Hilfsantrag falsch ausgelegt und zu Unrecht nicht auf das Ziel des Erhalts einer Genehmigung für die Errichtung einer Anlage nach Maßgabe des Bauantrags vom 28. Februar 2010 bezogen, kann der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts nicht begründen.

Nach Ansicht des Klägers führe das Urteil fehlerhaft aus, dass streitgegenständlich nach der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung allein die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer Kleinwindkraftanlage des Typs „A …“ sei und dass die Erteilung einer Baugenehmigung für eine Kleinwindkraftanlage des Typs „W …“ nicht mehr - auch nicht hilfsweise - weiterverfolgt werde. In der mündlichen Verhandlung sei die Verpflichtung des Beklagten beantragt worden, die „beantragte Genehmigung“ zu erteilen. Aus dieser Antragstellung gehe schon vom Wortlaut her hervor, dass sie sich auch auf die Genehmigung bezogen habe, die der Kläger bereits ursprünglich verfolgt habe. Der Verpflichtungsantrag habe nicht nur das Ziel verfolgt, eine Genehmigung für eine neue bzw. andere bauliche Anlage zu erhalten, sondern habe auch die alte Anlage betroffen. Der in den Tekturunterlagen beschriebene neue Anlagentyp habe nur als Ergänzung des ursprünglich beantragten Antrags angesehen werden sollen. Das gelte auch für den ersten Hilfsantrag. Der zweite Hilfsantrag zeige ebenfalls, dass eine Genehmigung der ursprünglichen Anlage weiterverfolgt werde und nur alternativ die Tekturanlagen einer Genehmigung zugeführt werden sollten. Die Beantragung einer Genehmigung für eine andere bauliche Anlage oder für eine Tektur sei bei dem vorliegenden bloßen „Markenwechsel“ gar nicht erforderlich gewesen. Das Gericht sei insofern fehlerhaft davon ausgegangen, dass bedeutende Änderungen gegenständlich gewesen seien. Die Auswirkungen, die aufgrund der Unterschiede der beiden zu vergleichenden Anlagen zu erwarten seien, seien derart gering, dass diese nicht nennenswert ins Gewicht fielen. Der einzige Unterschied betreffe eine geringfügig variierende Masthöhe, die nicht einmal zwingend eine andere Anlagenhöhe zur Folge habe. Auch hinsichtlich der Lärmbetroffenheit gebe es keine relevanten Unterschiede, weil die Immissionswerte beider Anlagentypen weit unterhalb der einschlägigen Richtwerte lägen. Eine andere baurechtliche Beurteilung sei daher entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht erforderlich gewesen. Der bereits ursprünglich gestellte Antrag sei als ausreichend zu betrachten.

Es ist - wie der Kläger im Zulassungsverfahren versucht darzulegen - nicht nachvollziehbar, dass die in der mündlichen Verhandlung gestellten Verpflichtungsanträge (Hauptantrag und erster Hilfsantrag) auch die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Genehmigung nach Maßgabe des Bauantrags vom 28. Februar 2010 bzw. zur dessen Neubescheidung umfassen sollten. Die diesbezügliche Auslegung des Verwaltungsgerichts lässt keine Fehler erkennen.

Der Wortlaut der protokolierten Anträge steht einem inhaltlichen Verständnis (vgl. § 88 VwGO), wie es das Verwaltungsgericht zu Grunde gelegt hat, dass nämlich vom Verpflichtungs- bzw. Neubescheidungsbegehren nur noch die Anlage des Typs „A …“ umfasst sei, nicht entgegen.

Die Ansicht des Klägers, die Anlage des Typs „A …“ sei in der Sache bereits vom Gegenstand des Antrags vom 28. Februar 2010 umfasst, sodass es des als „Tektur“ bezeichneten Bauantrags vom 25. Mai 2015 gar nicht bedurft hätte, ist rechtlich nicht haltbar. Der Gegenstand eines Bauantrags wird maßgeblich durch die Bauvorlagen definiert. Schon nach den Bauzeichnungen unterscheiden sich beide Anlagenfabrikate deutlich. Eine Kleinwindkraftanlage des Typs „A …“, wie sie der Kläger tatsächlich teilweise errichtet hat, stellt gegenüber der ursprünglich beantragten Kleinwindkraftanlage des Typs „W- …“ ein „aliud“ dar. Der am Vortrag der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht beim Landratsamt sowie bei der Beigeladenen eingereichte Bauantrag vom 25. Mai 2015 ist damit keine bloße Tektur, sondern stellt in der Sache einen ganz neuen Bauantrag dar, weil die Identität des ursprünglich beantragten Vorhabens nicht im Wesentlichen gewahrt bleibt (zur Abgrenzung zwischen Tektur- und Aliudantrag bzw. Tektur- und Aliudgenehmigung vgl. BayVGH, B.v. 2.8.2007 - 1 CS 07.801 - BayVBl. 2007, 758 ff. = juris Rn. 33; B.v. 26.3.2008 - 15 ZB 07.3194 - juris Rn. 9; U.v. 11.11.2014 - 15 B 12.2672 - juris Rn. 27; B.v. 29.8.2016 - 15 ZB 15.2442 - juris Rn. 10; OVG Berlin-Brandenburg, U.v. 14.11.2012 - 2 B 3.11 - juris Rn. 57; B.v. 24.6.2014 - OVG 10 S. 29.13 - juris Rn. 6; OVG Lüneburg, B.v. 16.6.2014 - 1 ME 70/14 - NVwZ-RR 2014, 802 = juris Rn. 11; OVG NW, B.v. 13.12.2012 - 2 B 1250/12 - NVwZ-RR 2013, 500 = juris Rn. 15; Schwarzer/König, 4. Aufl. 2012, Art. 64 Rn. 18 ff.; vgl. auch Struzina/Lindner, ZfBR 2015, 750 ff.; Kerkmann/Sattler, BauR 2005, 47/50 ff. m.w.N.). Es handelte sich nicht nur - wie der Kläger versucht darzustellen - um einen bloßen „Markenwechsel“. Vielmehr unterscheiden sich die beiden Windkraftanlagen nach den Unterlagen der jeweiligen Bauanträge erheblich in den Maßen und hinsichtlich der technischen Ausstattung (divergierende Leistungskraft der Anlagen). Während das vom ursprünglichen Bauantrag vom 28. Februar 2010 umfasste Fabrikat „W- …“ einen Rotordurchmesser von 8 m, eine Nabenhöhe von 16 m (folglich Gesamthöhe 20 m) sowie eine Nennleistung von 10.000 W (= 10 kW) aufweist, verfügt das Fabrikat „A …“ laut den Unterlagen zum Bauantrag vom 25. Mai 2015 über eine Masthöhe 18 m, einen Rotordurchmesser von 5,30 m, eine Nabenhöhe (laut Planzeichnung) von ca. 19 m, eine Gesamthöhe 21,826 m sowie eine Nennleistung 7,5 kW (Maximalleistung 12,5 kW). Beide Anlagen unterscheiden sich mithin schon auf den ersten Blick in ihrem Erscheinungsbild (vgl. BayVGH, U.v. 11.11.2014 a.a.O.). Darüber hinaus stellt sich aufgrund der abweichenden technischen Ausstattung (anderer Rotor) und einer abweichenden Nabenhöhe die Frage der Lärmbelastung im Vergleich zum ursprünglichen Antrag neu. Divergierende Maße und das divergierende Erscheinungsbild der Anlagen können auch Auswirkungen auf die Beurteilung der Betroffenheit des Landschaftsbilds und der Belange des Denkmalschutzes haben, die veränderte Rotorengröße kann ggf. eine andere Relevanz hinsichtlich der Belange des Naturschutzes (Artenschutz) haben. Für beide Anlagen mögen sich mithin ähnliche Zulässigkeitsfragen am Maßstab von § 35 BauGB stellen, diese sind aber aufgrund der aufgezeigten Unterschiede eben jeweils individuell für jede Anlage gesondert zu beurteilen. Zudem waren für den Antrag vom 25. Mai 2015 vollständig neue Bauzeichnungen erforderlich; ein bloßer Einzelplan unter Darstellung der Änderungen im Vergleich zur Ausgangsgenehmigung - wie bei Tekturen typisch - hätte insofern nicht genügt (vgl. Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 64, Rn. 19).

Ausgehend hiervon sowie unter Berücksichtigung der weiteren Umstände des Falles und insbesondere der Erklärungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung (hierzu im Folgenden) können die Anträge auf Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der „beantragten Genehmigung unter Berücksichtigung der eingereichten Tekturantragsunterlagen“ (Hauptantrag) bzw. zur diesbezüglichen Neubescheidung (erster Hilfsantrag) nur dahin ausgelegt werden, dass es dem Kläger nur noch um eine Anlage „A …“ ging, wie sie Gegenstand des (erst am Vortag eingereichten) Genehmigungsantrags vom 25. Mai 2015 ist:

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erklärte der Kläger auf die Frage des Gerichts, warum der Bau einer anderen Anlage als beantragt begonnen worden sei, die Herstellerfirma der damals beantragten Anlage sei insolvent geworden und die (ursprünglich beantragte) Anlage sei im Handel nicht mehr verfügbar. Er könne diese Anlage gar nicht mehr bauen. Ähnlich hatte sich der Kläger bereits im Rahmen eines Augenscheintermins geäußert. Es dürfte bereits Vieles dafür sprechen, dass der Kläger, nachdem er eine andere Anlage erworben und in fortgeschrittenem Stand errichtet hatte, durch die Einreichung des so bezeichneten „Tekturantrags“ am Vortag der mündlichen Verhandlung seinen ursprünglichen Bauantrag ggf. sogar konkludent zurückgenommen hat (vgl. Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 64, Rn. 20; BayVGH, U.v. 11.11.2014 - 15 B 12.2672 - juris Rn. 27). Jedenfalls ergibt sich aus den Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung, dass er im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht eindeutig kein Interesse mehr hatte, die Kleinwindkraftanlage des Typs „W- …“, wie sie Gegenstand des ursprünglichen Bauantrags vom 28. Februar 2010 war, noch umzusetzen.

Dass das Protokoll über die mündliche Verhandlung insoweit unrichtig sei, wurde vom Kläger im Zulassungsverfahren nicht geltend gemacht. Auch und insbesondere im Schriftsatz vom 26. April 2016 findet sich keine plausible bzw. substanziierte Darlegung dazu, dass der Kläger entgegen seinen Aussagen in der mündlichen Verhandlung tatsächlich doch noch an der Errichtung einer Kleinwindkraftanlage des Typs „W- …“ interessiert (gewesen) sei. Die Ausführung begrenzen sich - wie oben gesehen - auf die maßgeblich am vermeintlichen Wortlaut der Antragstellung sowie an Fragen der (Ir-) Relevanz von Änderungen im Baugenehmigungsverfahren ausgerichtete Behauptung, der Verpflichtungsantrag (Hauptantrag) sowie der Neubescheidungsantrag (erster Hilfsantrag) hätten sowohl die mit Bauantrag vom 28. Februar 2010 erfasste Anlage des Typs „W- …“ als auch die Anlage des Fabrikats „A …“, die Gegenstand des neuen Bauantrags ist, mitumschlossen. Die Motivationslage in Bezug auf den Umsetzungswillen für den ursprünglich beantragten Anlagentyp wird vom Kläger nicht thematisiert. Unabhängig vom Erfordernis substanziierter Darlegung des Zulassungsgrundes (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) kann der Zulassungsbegründung auch mit Blick auf die Existenz des nach Schluss der mündlichen Verhandlung per Telefax am 15. Januar 2016 (ohne gerichtliche Zulassung und damit unter Verstoß gegen die prozessualen Regeln, vgl. Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 103 Rn. 18) nachgereichten Schriftsatz des Klägers vom 14. Januar 2016 (vgl. Bl. 153 f. der VG-Akte RO 7 K 14.873) kein solcher Vortrag entnommen werden. Denn der Bevollmächtigte des Klägers führt in diesem Schriftsatz lediglich aus, das Verwaltungsgericht unterliege einem Fehler, wenn es aus der Aussage des Klägers, dass er die ursprüngliche Anlage nicht mehr errichten wolle, schlösse, dass er das auch nicht mehr könne. Auch wenn das Herstellerunternehmen der ursprünglich geplanten Anlage insolvent sei, sei - so der Kläger in diesem Schriftsatz weiter - in Erfahrung gebracht worden, dass solche Anlagen bei einigen Händlern, teilweise auch als gebrauchte Anlagen, erwerbbar seien, wenngleich zu sehr hohen Preisen. Es wird in diesem Schriftsatz mithin nur auf eine fortbestehende Möglichkeit des Erwerbs des ursprünglich beantragten Anlagentyps trotz Insolvenz des Herstellers hingewiesen. Die Haltung des Klägers, die ursprünglich beantragte Anlage nicht mehr errichten zu wollen, wird nicht revidiert, sondern vielmehr bestätigt. Dass der Kläger im Zulassungsbegründungsschriftsatz nunmehr von dieser Aussage abrückt, ist nicht erkennbar.

Würde man bei dieser Sachlage dennoch davon ausgehen, der Kläger hätte mit seinen Klageanträgen eine Verpflichtung der Beklagten auf Erteilung einer Baugenehmigung für den Anlagentyp „W- …“ bzw. auf Neubescheidung hierüber weiterverfolgt, würde diesbezüglich dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, weil er seine Rechtsstellung bei Erfolg der Klage nicht verbessern könnte (vgl. Rennert, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, Vor §§ 40 - 53, Rn. 16). Denn ihm würde der Erfolg der Klage insoweit - also eine Verpflichtung zur Erteilung einer Baugenehmigung nach Maßgabe des ursprünglichen Bauantrags oder zu dessen Neubescheidung - nichts nutzen, wenn er die Verwirklichung einer Anlage des Anlagentyps „W- …“ aufgegeben hat. Auch vor diesem Hintergrund macht der Vortrag im Zulassungsverfahren, der Kläger hätte mit seinen in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen weiterhin eine Genehmigung für eine Anlage „W- …“ verfolgt, keinen Sinn.

Stellen aber die Anlagentypen „W- …“ und „A …“ divergierende Antragsgegenstände dar, sodass der Anlagentyp „A …“ nicht vom ursprünglichen Bauantrag aus dem Jahr 2010 abgedeckt ist, und ist ferner den Erklärungen des Klägers - wie aufgezeigt - unzweideutig zu entnehmen, dass er - unabhängig von der Frage, ob eine Anlage des Typs „W- …“ trotz Insolvenz des Herstellers noch tatsächlich auf dem Markt erwerbbar ist oder nicht - an einer Anlage genau dieses Typs kein Interesse mehr hat (und ihm damit eine entsprechende Genehmigung mangels Umsetzungswillens nichts nutzen würde), dann verbleibt keine andere Möglichkeit, als den Klageantrag im Haupt- und im ersten Hilfsantrag mit dem Verwaltungsgericht dahin auszulegen, dass es dem Kläger nur noch um die Verpflichtung des Beklagten ging, eine Baugenehmigung nach Maßgabe des tags zuvor eingereichten, auf den 25. Mai 2015 datierten Bauantrags für die Errichtung einer Kleinwindkraftanlage des Typs „A …“ zu erteilen (Hauptantrag) bzw. diesen neu zu verbescheiden (erster Hilfsantrag). Hierfür spricht auch, dass der Kläger genau diese Anlage bereits zu einem Großteil am relevanten Standort tatsächlich errichtet hat.

b) Die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils ist nicht aufgrund der Ausführungen in den Entscheidungsgründen zur Frage einer Klageänderung (§ 91 VwGO) ernstlich zweifelhaft. Der Kläger moniert, dass eine Klageänderung nur dann in Frage käme, wenn tatsächlich ein anderer Antrag gestellt worden wäre.

Der diesbezügliche Vortrag des Klägers ist schon deshalb irrelevant, weil das Verwaltungsgericht selbst das Vorliegen einer Klageänderung offen gelassen hat. Das Verwaltungsgericht hat den Verpflichtungssowie den (hilfsweise gestellten) Neubescheidungsantrag ausdrücklich unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen einer zulässigen Klageänderung mit den von ihm (s.o.: richtigerweise) zu Grunde gelegten Inhalten als unzulässig angesehen. Aufgrund dessen kann die Frage, ob von einer Klageänderung auszugehen ist oder nicht, mangels Entscheidungserheblichkeit für die Zulassung der Berufung gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO keine Rolle spielen (vgl. BayVGH, B.v. 23.6.2015 - 1 ZB 13.92 - juris Rn. 3; B.v. 6.2.2017 - 15 ZB 16.398 - juris Rn. 14; B.v. 6.3.2017 - 15 ZB 16.562 - juris Rn. 15).

c) Soweit der Kläger gegen das erstinstanzliche Urteil einwendet, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht zu dem Schluss gekommen, dass es der Verpflichtungsklage am Rechtsschutzbedürfnis fehle, vermag er damit die Berufungszulassung ebenfalls nicht auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu stützen.

Der diesbezügliche Hauptangriff des Klägers, die Annahme der Unzulässigkeit wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses sei Folge einer fehlerhaften Antragsauslegung gewesen, geht inhaltlich fehl. Die vom Kläger als unzutreffend gerügte Auslegung der Klageanträge (Haupt- und erster Hilfsantrag) - als Basis der Argumentation des Verwaltungsgerichts zum fehlenden Rechtsschutzinteresse - erweist sich nach den obigen Ausführungen zu a) vielmehr als zutreffend.

Die Einwendungen, die der Kläger gegen die Ausführungen des Gerichts zu § 87b VwGO im Zusammenhang mit der Begründung des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses erhebt, begründen ebenfalls keinen Zulassungsgrund wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.

Das Verwaltungsgericht hat seine Ansicht, wonach der Verpflichtungsklage das Rechtsschutzbedürfnis fehle, in erster Linie darauf gestützt, dass der Beklagte noch nicht über den geänderten Bauantrag entschieden habe. Zur Zulässigkeit der Klage gehöre, dass das Verwaltungsverfahren durchgeführt worden sei, es sei denn, es lägen die Voraussetzungen einer Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO vor. An einem solchen Verwaltungsverfahren fehle es vorliegend. Die ablehnende Entscheidung des Beklagten vom 17. April 2014 beziehe sich auf die Bauantragsunterlagen vom 28. Februar 2010, mit denen die Genehmigung für einen anderen Anlagentyp beantragt worden sei. Aufgabe der Verwaltungsgerichte sei es, behördliche Entscheidungen über Bauanträge auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen, nicht aber, solche Entscheidungen selbst zu treffen. Das Erfordernis, dass der Kläger sein Begehren vor Klageerhebung in einem Verwaltungsverfahren geltend mache, sei eine Sachurteilsvoraussetzung, die auch der Verwirklichung des in Art. 20 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 GG verankerten Gewaltenteilungsprinzips diene. Der Beklagte habe - unabhängig davon, ob es sich hinsichtlich des Anlagentyps „A …“ um einen Änderungsantrag oder um einen ganz neuen Bauantrag handele - einen Anspruch darauf, zunächst selbst (ggf. unter Beteiligung ihm zur Verfügung stehender Fachstellen bzw. Fachbehörden) über den zuletzt gestellten Bauantrag zu entscheiden. Zudem habe die Beigeladene einen Anspruch auf Beteiligung mit Blick auf § 36 BauGB. Art. 66 BayBO sehe ferner eine Nachbarbeteiligung vor. Nur ausnahmsweise - so das Gericht weiter - bedürfe es aus Gründen der Verfahrensökonomie dann keines neuen Verwaltungsverfahrens und einer vorangehenden Entscheidung der Behörde, wenn es um unbedeutende bzw. untergeordnete Antragsänderungen gehe und der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibe. Auf Seite 7 des angegriffenen Urteils legt das Verwaltungsgericht umfassend dar, warum aus seiner Sicht ein solcher Ausnahmefall nicht vorliege.

Gegen diese Ausführungen werden vom Kläger im Zulassungsverfahren (abgesehen vom nicht durchschlagenden Vorwurf einer falschen Klageantragsauslegung, s.o.) keine substanziierten Einwendungen erhoben.

Lediglich als Zusatzargument („unabhängig davon“) führt das Verwaltungsgericht im Anschluss ergänzend aus, dass gegen einen Ausnahmefall aus Gründen der Verfahrensökonomie auch spreche, dass das Gericht bereits anlässlich des Ortstermins am 21. Mai 2015 die Stellung eines entsprechenden Antrags angeregt sowie mit Schreiben vom 27. November 2015 eine Frist gem. § 87b VwGO gesetzt habe, dass nunmehr eine gerichtliche Beurteilung hinsichtlich des am 13. Januar 2016 gestellten und erst am Folgetag in der mündlichen Verhandlung dem Gericht zur Kenntnis gebrachten Bauantrag ohne Einholung von Stellungnahmen der Fachbehörden sowie der Gemeinde nicht möglich sei und dass deshalb eine solche Beurteilung zu einer Verzögerung des Rechtsstreits führen würde. Ist aber das angefochtene Urteil auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt (kumulativen Mehrfachbegründung), kann die Berufung nur zugelassen werden, wenn im Hinblick auf jede dieser Urteilsbegründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht ist und vorliegt (BayVGH, B.v. 11.4.2016 - 22 ZB 15.2484 - juris Rn. 8; B.v. 3.9.2015 - 9 ZB 12.2354 - juris Rn. 6; B.v. 21.1.2013 - 8 ZB 11.2030 - juris Rn. 15; B.v. 19.7.2011 - 8 ZB 11.319 - juris Rn. 15 m.w.N.; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 61 m.w.N.). Allein der Angriff auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu § 87b VwGO nutzt dem Kläger am Maßstab von § 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124 a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO daher nichts, wenn nicht auch die vorangegangenen, ebenso tragenden „Primär“-Erwägungen substanziiert angegriffen werden. Letzteres ist aber nicht geschehen.

Im Übrigen fehlt es an weiteren, dem Darlegungsgebot gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO genügenden substanziierten Einwendungen gegen die Richtigkeit der Annahme eines fehlenden Rechtsschutzinteresses (vgl. BayVGH, B.v. 26.9.2016 - 15 ZB 16.1365 - juris Rn. 8 m.w.N.). Der Senat teilt im Grundsatz die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die Sachurteilsvoraussetzungen für den Verpflichtungsantrag (Hauptantrag) sowie den Neubescheidungsantrag (erster Hilfsantrag) nach richtiger Auslegung in Ausrichtung auf eine Kleinwindkraftanlage des Typs „A …“ nicht vorlagen. Die Begründung hierfür wäre aber wohl eher unmittelbar den Regelungen in § 75 Satz 1 und Satz 2 VwGO zu entnehmen: Aufgrund der Antragseinreichung am Tag vor der mündlichen Verhandlung war die prozessuale Situation im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht (14. Januar 2016) dadurch gekennzeichnet, dass ein entsprechender Bauantrag (= Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts) tatsächlich bereits existierte bzw. gestellt war, dass aber über diesen durch das zuständige Landratsamt (Art. 53 Abs. 1 Satz 2, Art. 59 ff. BayBO) noch nicht entschieden wurde bzw. werden konnte. Es liegt damit ein Fall der Untätigkeitsklage vor, die gem. § 75 Satz 1 VwGO erst zulässig ist, wenn über den Vornahmeantrag ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht entschieden wurde. Im Regelfall gilt gem. § 75 Satz 2 VwGO eine Sperrfrist von drei Monaten. Besondere Umstände, wonach wegen Halbsatz 2 dieser Regelung eine kürzere Frist geboten wäre, sind nicht ersichtlich und auch im Zulassungsverfahren nicht geltend gemacht worden, zumal im Baugenehmigungsverfahren zunächst der Bauantrag von der Beigeladenen mit einer Stellungnahme an das Landratsamts weiterzuleiten ist und das Landratsamt vor der Entscheidung über den Bauantrag weitere Stellen einzubinden hat (Art. 65 BayBO). Weil die Beigeladene noch über die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens zu entscheiden hatte und zudem weitere Behörden und Fachstellen (insbesondere zu denkmalfachlichen, immissionsbezogenen und naturschutzfachlichen Fragen) einzubinden waren, lag es seinerzeit - worauf auch das Verwaltungsgericht auf Seite 8 des angegriffenen Urteils abgestellt hat - auf der Hand, dass eine angemessene Frist i.S. von § 75 Satz 1 VwGO als Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Verpflichtungs- bzw. Neubescheidungsklage in Bezug „A …“ nach nur einem Tag noch nicht abgelaufen sein konnte (soweit diese Frist überhaupt schon zu laufen begann, was insbesondere von der Vollständigkeit der Antragsunterlagen abhängt, vgl. BayVGH, B.v. 3.6.2016 - 15 BV 15.2441 - juris; im Anschluss BVerwG, B.v. 10.1.2017 - 4 B 39/16 - juris). In der Zulassungsbegründung sind auch keine nach der mündlichen Verhandlung eingetretenen Umstände vorgetragen worden, die Veranlassung geben könnten, über ein nunmehr anderes Ergebnis nachzudenken (zur Streitfrage, ob und unter welchen Voraussetzungen nach der mündlichen Verhandlung neu entstandene Tatsachen im Zulassungsverfahren berücksichtigungsfähig sind, vgl. z.B. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 21, 22). Soweit im Falle einer am Maßstab von § 75 Satz 1 und Satz 2 VwGO verfrühten bzw. vorzeitigen Untätigkeitsklage vertreten wird, dass das angerufene Gericht die noch unzulässige Untätigkeitsklage nicht wegen Unzulässigkeit abweisen dürfe, sondern entweder das Verfahren analog § 75 Satz 3 VwGO bis zum Ablauf der Frist aussetzen (vgl. BVerwG, U.v. 20.1.1966 - I C 24.63 - BVerwGE 23, 135 = juris Rn. 15 ff.; krit. hierzu Menger/Erichsen, VerwArch 1967, 70/79 ff.) oder schlicht bis dahin zuwarten müsse (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 75), ist darauf vom Senat im vorliegenden Zulassungsverfahren nicht einzugehen, weil dies nicht nach Maßgabe von § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO geltend gemacht wurde.

d) Soweit der Kläger meint, dass jedenfalls der Anfechtungsteil des Klageantrags (d.h. soweit sich der Antrag auf die Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 17. April 2014 bezog) im Rahmen der Begründetheit abzuarbeiten gewesen wäre und dass das Verwaltungsgericht wegen diesbezüglichen Unterlassens einem relevanten, zur Berufungszulassung führenden Fehler unterlegen sei, kann er damit ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nicht begründen. Begrenzt sich ein Kläger in der Situation einer Verpflichtungsklage darauf, nur die Aufhebung des ablehnenden Verwaltungsakts zu beantragen, fehlt einer solchen sog. isolierten Anfechtungsklage grundsätzlich - abgesehen von besonderen Ausnahmefällen - das allgemeine Rechtsschutzinteresse (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 34). Es entspricht zwar allgemeiner Übung der Verwaltungsgerichte, bei einem stattgebenden Verpflichtungsurteil zur Klarstellung neben der Verpflichtung der Behörde, den beantragten Verwaltungsakt zu erlassen, auch die entsprechende ablehnende Verwaltungsentscheidung aufzuheben. Dies macht die Verpflichtungsklage in Gestalt der Versagungsgegenklage aber nicht zu einer Verbindung von Anfechtungs- und Verpflichtungsklage; vielmehr ist insoweit von einem „unselbständigen Anfechtungsannex“ der Verpflichtungsklage auszugehen (Schmidt a.a.O. Rn. 33). Bei einer Verpflichtungsklage ist die ablehnende behördliche Entscheidung im engeren Sinne grundsätzlich nicht selbständiger Gegenstand des Verfahrens (zum Ganzen auch NdsOVG, U.v. 24.11.2015 - 5 LB 59/15 - juris Rn. 62). Aus diesem Grund kann auch die Unzulässigkeit einer Verpflichtungsklage (Hauptantrag) bzw. einer Neubescheidungsklage (erster Hilfsantrag) nicht zur Folge haben, dass das Gericht jedenfalls über den Anfechtungsteil in der Sache entscheiden müsste. Dass hier eine Ausnahme von diesem Grundsatz vorliegen könnte, ist weder vom Kläger im Zulassungsverfahren geltend gemacht worden noch ist dies sonst ersichtlich. Dass der Kläger hier überhaupt die Aufhebung des Bescheids vom 17. April 2014 als „unselbständigen Anfechtungsannex“ stellte, ist nur damit erklärbar, dass er offensichtlich dem - s.o.: auch in der Zulassungsbegründung zum Ausdruck kommenden - Irrtum unterlag, dass sich diese Ablehnung auch auf den tatsächlich nur noch verfolgten Anlagentypus „A …“ bezieht.

e) Auch mit seinem Angriff gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Feststellungsantrag (zweiter Hilfsantrag) sei unzulässig, kann der Kläger keine ernstlichen Zweifel an der Urteilsrichtigkeit begründen. Es spielt keine Rolle, ob dieser Feststellungsantrag als allgemeine Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 1 VwGO oder als Fortsetzungsfeststellungsklage analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO anzusehen ist. Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob im Falle der Annahme einer allgemeinen Feststellungsklage der Zulässigkeit die Subsidiarität gem. § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO entgegensteht. Jedenfalls hat der Kläger auch mit seinem Zulassungsantrag kein Feststellungsinteresse geltend gemacht und insofern keine substanziierten Einwendungen gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts erhoben, dass ein solches Interesse weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich sei.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn eine Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (vgl. BVerwG, B.v. 16.11.2010 - 6 B 58.10 - juris Rn. 3; B.v. 17.12.2010 - 8 B 38.10 - juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 12.8.2016 - 15 ZB 15.696 - juris Rn. 19).

Die vom Kläger aufgeworfene und als grundsätzlich bezeichnete Frage, „unter welchen Bedingungen zwei Anlagen von unterschiedlichen Herstellern im Bereich der sog. Kleinwindkraft derart vergleichbar sind, dass ein neues Genehmigungsverfahren nicht erforderlich wird“, weist keine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung auf, deren Klärung der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedürfte. Die diesbezüglichen fallübergreifenden Rechtsfragen sind vielmehr geklärt, vgl. die oben zu 1. a) zitierte Rechtsprechung u.a. zur „Tektur“ und zum „aliud“. Die einzelfallbezogene Anwendung von bereits grundsätzlich Geklärtem ist nicht i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 3 klärungsbedürftig (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 38).

Der vom Kläger ferner geltend gemachte Klärungsbedarf zu der Frage, „ob bzw. welche rechtlichen Anforderungen an Kleinwindkraftanlagen generell im Gegensatz zu herkömmlichen Windkraftanklagen gestellt werden“, lässt - unabhängig von der Frage der Entscheidungserheblichkeit bzw. Klärungsfähigkeit (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 37) - ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO erkennen. Insofern erfüllt der Kläger bereits nicht die Anforderungen an die Darlegung des Zulassungsgrundes gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO. Dem Vortrag des Klägers fehlt eine inhaltliche Durchdringung und substanziierte Erläuterung unter Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts, warum die Frage klärungsbedürftig ist (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72). Die Frage ist im Übrigen schon viel zu weit gefasst und würde sich deshalb in dieser Allgemeinheit in einem Berufungsverfahren so nicht in entscheidungserheblicher Weise stellen (vgl. auch BVerwG, B.v. 21.9.2016 - 6 B 14.16 - juris Rn. 11, 14, 15). Welche allgemeinen rechtlichen Anforderungen an Kleinwindkraftanlagen bestehen und welche Unterschiede insofern im Vergleich zu „herkömmlichen“ Windkraftanlagen (ggf. sind insofern immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen gemeint) gelten, lässt sich nicht ohne Weiteres abstrakt beantworten. Hier kommt es vielmehr auf den jeweiligen Einzelfall an, so dass die vom Kläger gestellte Frage insbesondere unter diesem Blickwinkel einer generellen Klärung nicht zugänglich ist.

3. Ohne Erfolg macht der Kläger einen Verfahrensmangel geltend (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Es ist nicht ersichtlich, dass er nach Maßgabe seines Zulassungsvorbringens durch die mit Beschluss des Verwaltungsgerichts in der mündlichen Verhandlung erfolgte Ablehnung seines Vertagungsantrags in seinem „Recht auf ausreichendes rechtliches Gehör“ verletzt sein könnte.

Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) verschafft den Verfahrensbeteiligten ein Recht darauf, sich zu allen entscheidungserheblichen Tatsachen zweckentsprechend und erschöpfend zu erklären und Anträge zu stellen, und verpflichtet das Gericht, das entscheidungserhebliche Vorbringen und die Anträge der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und zu erwägen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist verletzt, wenn die angefochtene Entscheidung auf Tatsachen oder Beweisergebnisse gestützt wird, zu denen sich die Beteiligten nicht äußern konnten, oder wenn das erkennende Gericht das entscheidungserhebliche tatsächliche oder rechtliche Vorbringen der Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen und nicht erwogen hat. Eine Gehörsverletzung liegt regelmäßig auch dann vor, wenn ein Vertagungsantrag abgelehnt wurde, nachdem in der mündlichen Verhandlung erstmals ein entscheidungserheblicher Gesichtspunkt zur Sprache gekommen ist, zu dem eine Äußerung in der mündlichen Verhandlung nicht zumutbar ist. Für die ordnungsgemäße Darlegung einer Verletzung des rechtlichen Gehörs ist erforderlich, dass der Betroffene die Tatsachen, auf die das Gericht seine Entscheidung gestützt hat und zu denen er sich nicht äußern konnte, benennt und zugleich aufzeigt, an welchen tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen er aufgrund der Verletzung rechtlichen Gehörs gehindert war bzw. was er bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte und weshalb dies unter Zugrundelegung der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts entscheidungserheblich gewesen wäre (zum Ganzen exemplarisch NdsOVG, B.v. 27.4.2016 - 12 LA 22/15 - UPR 2016, 314 = juris Rn. 10 m.w.N.).

Nach diesen Maßstäben ist ein hinreichend substanziiert gerügter Verfahrensmangel nicht festzustellen. Der Kläger erläutert, die Vertagung sei aufgrund des tags zuvor eingereichten „Tekturantrags“ beantragt worden. Sein erläuternder Vortrag, dies habe den Zweck gehabt, „eine weitere klageweise Auseinandersetzung zu vermeiden zu helfen“, lässt schon im Ansatz keinen Bezug zu einer möglichen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör erkennen. Soweit er weiter vorbringt, in der mündlichen Verhandlung seien zahlreiche Einlassungen u.a. von Seiten des „Technischen Umweltschutzes“ erfolgt, die die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens betroffen hätten, fehlt es an einer substanziierten Auseinandersetzung mit den Ablehnungsgründen des Verwaltungsgerichts. Laut Niederschrift der mündlichen Verhandlung hatte die Begründung des Ablehnungsbeschlusses folgenden Inhalt:

„(…) Erhebliche Gründe für eine Vertagung liegen nicht vor. Im Hinblick auf den Feststellungsantrag zum ursprünglichen Vorhaben ist die Sache entscheidungsreif. Die Abstandsflächenproblematik ist nicht Gegenstand der Ablehnung der Baugenehmigung. Die Frage der Zulässigkeit der ursprünglich erhobenen Klage ist eine Prozessvoraussetzung, die ein Prozessbeteiligter immer zu bedenken hat. Im Hinblick auf die erhobene Verpflichtungsklage für das zuletzt beantragte Vorhaben liegen erhebliche Gründe ebenfalls nicht vor. Der Kläger hat die Antragsunterlagen, die vom 29.12.2015 stammen, erst gestern, spätnachmittag, beim Beklagten und der Beigeladenen eingereicht. Angesichts der Tatsache, dass der Kläger wusste, dass die alte Anlage nicht mehr errichtet werden kann, und das Gericht im Ortstermin im Mai 2015 angeregt hat, mit dem Beklagten zu prüfen, ob ein ‚Tekturantrag’ gestellt wird, sowie der Fristsetzung nach § 87 b VwGO bestand für den Kläger keine Veranlassung, den ‚Tekturantrag’ erst jetzt einzureichen und in das Verfahren einzubringen.“

Mit diesen Argumenten setzt sich die Zulassungsbegründung zur Untermauerung der behaupteten Gehörsverletzung nicht auseinander. Der Kläger zeigt ferner nicht substanziiert auf, an welchen tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen er aufgrund der behaupteten Verletzung rechtlichen Gehörs gehindert war bzw. was er bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte und weshalb dies unter Zugrundelegung der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts entscheidungserheblich gewesen wäre. Insofern ist vor allem zu berücksichtigen, dass das Verwaltungsgericht sowohl den Hauptantrag als auch die beiden Hilfsanträge im angegriffenen Urteil vom 14. Januar 2016 schon als unzulässig ansah. Insofern ist von vornherein nicht ersichtlich, inwiefern ein weiterer Tatsachenvortrag zu Frage der Genehmigungsfähigkeit der Anlage(n) hätte entscheidungserheblich sein können. Damit scheidet jedenfalls aus, dass die angegriffene Entscheidung auf einem diesbezüglich gerügten Verfahrensmangel (seine Existenz unterstellt) beruhen kann.

Ob eine Verpflichtung des Verwaltungsgericht zur Vertagung bestanden haben könnte, weil eine gem. § 75 Satz 1 und Satz 2 VwGO verfrühte Untätigkeitsklage ggf. nicht ohne Weiteres als unzulässig hätte abgewiesen werden dürfen (sondern - s.o. - stattdessen ggf. eine Aussetzung bzw. ein Zuwarten bis zur „Klagereife“ geboten gewesen wäre), ist nicht Gegenstand des Vortrags des Klägers im Zulassungsverfahren. Dieses Rechtsproblem war daher vom Senat wegen § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO bei der Entscheidung über die Berufungszulassung nicht zu berücksichtigen.

4. Ein Berufungszulassungsgrund gem. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist nicht ersichtlich. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinne dieser Vorschrift weist eine Rechtssache dann auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sie sich also wegen der Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt. (vgl. BayVGH, B.v. 20.4.2016 - 15 ZB 14.2686 u.a. - juris Rn. 63 m.w.N.; Rudisile in Schoch/Schneider/ Bier, VwGO, Stand: Juni 2016, § 124 Rn. 28 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind nach dem Zulassungsvortrag des Klägers vorliegend nicht erfüllt bzw. nicht substanziiert dargelegt, wie sich aus den voranstehenden Ausführungen zu 1. bis 3. ergibt.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO). Denn ein Beigeladener setzt sich im Berufungszulassungsverfahren unabhängig von einer Antragstellung grundsätzlich keinem eigenen Kostenrisiko aus (vgl. BayVGH, B.v. 6.3.2017 - 15 ZB 16.562 - juris Rn. 18 m.w.N.). Ein Grund, der es gebieten würde, die außergerichtlichen Kosten aus Billigkeitsgründen ausnahmsweise als erstattungsfähig anzusehen, ist nicht ersichtlich. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG. Sie folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden.

6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich als Nachbar gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für einen ca. 38 m hohen Mobilfunksendemast.

Mit Bescheid vom 16. Oktober 2014 erteilte das Landratsamt C … der Beigelade-nen die Baugenehmigung für die Errichtung der Funkübertragungsstelle mit Antennenmast und einem Technikcontainer auf dem im Außenbereich gelegenen Grundstück FlNr. …1 Gemarkung Z … Der Kläger ist Eigentümer des im Nordwesten angrenzenden Waldgrundstücks FlNr. … Das Grundstück ist von dem Baugrundstück etwa 22 m und von dem geplanten Mast etwa 25 m entfernt.

Die gegen die Baugenehmigung erhobene Klage des Klägers hat das Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 24. September 2015 im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass Nachbarrechte durch die Baugenehmigung nicht verletzt seien.

Hiergegen richtet sich der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung. Er macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sowie einen Verfahrensfehler wegen Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht geltend

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.

A. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Seine Annahme, dass der Kläger durch die angegriffene Baugenehmigung für den Mobilfunksendemast nicht in seinen dem Nachbarschutz dienenden Rechten verletzt ist, ist nicht ernstlich zweifelhaft. Das nach § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO maßgebliche Vorbringen im Zulassungsantrag rechtfertigt keine andere Beurteilung.

1. Die Richtigkeit der Beurteilung des Verwaltungsgerichts, dass das Bauvorhaben nicht zulasten des Klägers das Rücksichtnahmegebot wegen einer Überschreitung der Grenzwerte nach der Sechsundzwanzigsten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzes (Verordnung über elektromagnetische Felder – 26. BImSchV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. August 2013 (BGBl. I S. 3266) sowie nach § 3 der Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer Felder (BEMFV) vom 20. August 2002 (BGBl. I S. 3366), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 18.7.2016 (BGBl. I 1666), verletzt, wird durch das Vorbringen des Klägers nicht ernstlich infrage gestellt.

Die Behauptung, die Baugenehmigung widerspreche hinsichtlich der Montagehöhe über Grund den Angaben der Standortbescheinigung der Bundesnetzagentur vom 31. Juli 2014, trifft nicht zu. Die Standortbescheinigung, mit der die Einhaltung der Grenzwerte bestätigt wird, weist für die Antennenanlage GSM 900 und LTE 800 eine Montagehöhe über Grund von 32,60 m sowie für die Antennenanlagen UMTS und LTE eine Montagehöhe über Grund von 33,50 m aus. Das steht nicht in Widerspruch zu den Planzeichnungen der Baugenehmigung (vgl. „Ansicht von Westen“). Zwar ist darin eine niedrigere Höhe der Plattform von 32,35 m angegeben. Dies betrifft aber lediglich die Plattformbasis („Oberkante Bühne“). Die Antennen selbst sind nach den genehmigten Eingabeplänen nicht unmittelbar an der Oberkante der Plattformbasis, sondern geringfügig höher auf Stahlverstrebungen in einer Höhe angebracht, die den Höhenangaben der Standortbescheinigung entsprechen dürften.

2. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht auch angenommen, dass Rechte des Klägers wegen einer von seinem Waldgrundstück herrührenden Gefahr umstürzender Bäume auch ohne Abgabe einer Haftungsfreistellungserklärung der Beigeladenen nicht verletzt sind.

Eine Verletzung der bauordnungsrechtlichen Bestimmung des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BayBO, wonach bauliche Anlagen so zu errichten sind, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben und Gesundheit und natürliche Lebensgrundlagen nicht gefährdet werden, scheidet schon deswegen aus, weil diese grundsätzlich nicht nachbarschützend ist; gleiches gilt für die Regelung des Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 BayBO, der für die Errichtung eines Gebäudes verlangt, dass das Baugrundstück nach seiner Lage für die beabsichtigte Bebauung geeignet ist (vgl. BayVGH, U.v. 10.3.1987 – 1 B 86.2710 – BayVBl 1987, 727; VG Ansbach, U.v. 22.10.2008 – AN 9 K 08.01104 – juris Rn. 24 m.w.N.). Anhaltspunkte für eine ausnahmsweise abweichende Beurteilung sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.

Allerdings kann ein an eine Waldrandbebauung „heranrückendes“ Gebäude bauplanungsrechtlich wegen eines Verstoßes gegen das in § 35 Abs. 3 BauGB verankerte Rücksichtnahmegebot aufgrund der Gefahr umstürzender Bäume unzulässig sein. Dies setzt jedoch eine ganz konkrete, nicht bloß abstrakte Baumwurfgefahr voraus (vgl. BVerwG vom 18.6.1997 – 4 B 238/96 – BauR 1997, 807 = juris Rn. 6 ff.; BayVGH vom 28.12.1998 – 14 B 95.1255 – juris Rn. 22 f.; a.A. BayVGH, U.v. 14.1.1997 – 2 B 94.4017 – n.v. und B.v. 18.6.1997 – 14 ZS 97.1591 m.w.N. – n.v. wonach die Vermeidung einer Baumwurfgefahr grundsätzlich allein in den Verantwortungsbereich des verkehrssicherungspflichtigen Waldbesitzers fällt). Eine solche konkrete Gefahr ist in Anlehnung an den sicherheitsrechtlichen Gefahrenbegriff des Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG anzunehmen, wenn ein Schaden bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens im konkret zu beurteilenden Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eintritt (vgl. BayVGH vom 28.12.1998 – 14 B 95.1255 – juris Rn. 22 f.; VG Ansbach, U.v. 22.10.2008 – AN 9 K 08.01104 – juris Rn. 24 m.w.N.); die bloße Möglichkeit eines schädigenden Ereignisses aufgrund eines hypothetischen Sachverhalts genügt nicht (zum Gefahrenbegriff vgl. BayVGH, U.v. 15.3.2006 – 8 B 03.3360 – BayVBl 2006, 635 = juris Rn. 20). Dass hier eine konkrete Gefahr durch den ca. 25 m vom Maststandort entfernten Wald ausgeht, hat der Kläger jedoch nicht aufgezeigt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Die im Baugenehmigungsverfahren eingeholte Stellungnahme des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 17. Juni 2014, wonach der Bestand des Waldes als stabil einzustufen und die Höhe der Bäume zu diesem Zeitpunkt ca. 5 bis 20 m betrug, spricht im Gegenteil gegen das Vorliegen einer konkreten Gefahr. Der Vortrag des Klägers, „es sei nicht auszuschließen, dass ein Baumwurf erfolge, insbesondere da dies in der Vergangenheit des Öfteren der Fall gewesen sei“, vermag allenfalls eine abstrakte, jedoch keine konkrete Baumwurfgefahr begründen. Soweit sich der Kläger auf die gegenüber dem Eigentümer des Grundstück FlNr. … abgegebene Haftungsfreistellungserklärung beruft, sind die Verhältnisse nicht vergleichbar, weil dieses Grundstück vom Mast lediglich 6 m entfernt und damit unmittelbar im Fallbereich der Bäume gelegenen ist.

3. Keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ergeben sich auch aus dem Vortrag des Klägers, es sei bei dem bestehenden Abstand von 22 m zum Baugrundstück nicht möglich, die bei Baumfällarbeiten geltenden Unfallverhütungsvorschriften einzuhalten, die einen Mindestabstand von 1,5-facher Baumlänge (ca. 50 m) zum nächsten Bauwerk verlangten. Abgesehen davon, dass er die einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften nicht näher benennt, wiederholt er insoweit lediglich sein erstinstanzliches Vorbringen im Schriftsatz vom 7. September 2015 (Blatt 56 f. der Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts), ohne auf die diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts einzugehen, dass Unfallverhütungsvorschriften nicht geeignet seien, ein im Außenbereich baurechtlich grundsätzlich zulässiges Vorhaben zu verhindern (vgl. Urteilsabdruck S. 10). Bloße Wiederholungen des erstinstanzlichen Vorbringens genügen aber nicht dem Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO (vgl. BayVGH, B.v. 9.6.2016 – 21 ZB 16.374 – juris Rn. 7; B.v. 19.4.2011 – 8 B 10.129 – BayVBl 2012, 567 = juris Rn. 18 m.w.N.).

4. Ebenso wenig vermag der Kläger mit dem Vortrag durchzudringen, das Verwaltungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass durch die Errichtung des Masts die Verordnung des Bezirks Oberpfalz über das Landschaftsschutzgebiet „Oberer Bayerischer Wald“ vom 15. Dezember 2006 (RABl 2007 S. 8 ff.) beeinträchtigt werde, „nach dessen § 2 Nr. 3 der Schutz der Natur regelmäßig aufrechtzuerhalten (sei)“. Abgesehen davon, dass eine Bestimmung „§ 2 Nr. 3“ der Verordnung nicht existiert – § 2 Abs. 3 der Verordnung legt fest, dass die Karten der Schutzgebietsgrenzen bei den in Absatz 2 genannten Behörden archivmäßig verwahrt werden und dort während der Dienststunden allgemein zugänglich sind; § 3 Nr. 3 der Verordnung bestimmt, dass es Zweck der Festsetzung des Landschaftsschutzgebietes ist, eingetretene Schäden zu beheben oder auszugleichen –, hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass ein Erfolg der Klage voraussetzt, dass der Kläger durch die Baugenehmigung in seinen subjektiven Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Regelungen der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Oberer Bayerischer Wald“ vermitteln mit ihren im Allgemeininteresse verfolgten Zielen, die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts zu erhalten und dauerhaft zu verbessern, die Vielfalt, Eigenart und Schönheit des typischen Landschaftsbilds der entsprechenden Naturräume zu bewahren und eingetretene Schäden zu beheben oder auszugleichen (vgl. § 3 der Verordnung) aber keine subjektiv-öffentlichen Abwehrrechte für einzelne Private gegenüber Genehmigungen für Dritte oder Maßnahmen Dritter, die aus der Sicht einzelner Kläger zu Beeinträchtigungen der geschützten Landschaft führen können (so bereits Beschluss des Senats vom 22.6.2015 – 15 CS 15.597 – zum vorläufigen Rechtsschutzverfahren; vgl. auch B.v. 27.7.2010 – 15 CS 10.37 – juris Rn. 24).

5. Der Einwand des Klägers, das Bauvorhaben verletze die Abstandsflächenvorschriften nach Art. 6 BayBO, ist nicht berechtigt.

a) Zu Recht geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass dem Mobilfunksendemast jedenfalls über einer Höhe von 10,46 m, in der er einen geringeren Durchmesser als 1,10 m aufweist, keine gebäudegleiche Wirkung zukommt. Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayBO erstreckt das Gebot, Abstandsflächen einzuhalten, auf andere Anlagen als Gebäude, wenn von ihnen Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen. Wann eine solche Wirkung gegeben ist, bestimmt sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls. Eine gebäudegleiche Wirkung kann im Allgemeinen eine Anlage abstandsflächenrechtlich nur dann haben, wenn sie mindestens so groß ist wie ein Gebäude mindestens sein muss, um von Menschen betreten werden zu können (vgl. BayVGH, U.v. 9.8.2007 – 25 B 05.1341 – juris Rn. 41; B.v. 27.7.2010 – 15 CS 10.37 – juris Rn. 29). Zudem muss sich die Anlage ähnlich wie Gebäude auf die Schutzgüter des Abstandsflächenrechts auswirken. Ein Mast kann Abstandspflichten daher nur insoweit auslösen, als er einen Durchmesser von einer bestimmten Gewichtigkeit hat, weil er nur dann die Belichtung, Besonnung und Belüftung auf dem Nachbargrundstück spürbar nachteilig beeinflussen kann. Dies wird in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs in der Regel bei einem Durchmesser von mehr als 1,10 m angenommen (vgl. BayVGH, B.v. 14.12.1992 Az. 14 CS 92.3208; B.v. 16.7.2008 – 14 B 06.2506 – juris Rn. 18; B.v. 27.7.2010 – 15 CS 10.37 – juris Rn. 31; B.v. 14.6.2013 – 15 ZB 13.612 – NVwZ 2013, 1238 = juris Rn. 12). Gründe, von dieser Regel hier abzuweichen, sind weder dargelegt noch sonst ersichtlich.

b) Zutreffend hat das Verwaltungsgericht entschieden, dass eine gebäudegleiche Wirkung auch nicht im Hinblick auf die in 32,35 m Höhe an den Mast angebrachte Plattform angenommen werden kann. Zwar weist die Plattformbasis mit einem Durchmesser von 3,2 m und einer Höhe der darauf angebrachten Stahlverstrebungen mit Antennen von ca. 3 m erhebliche Ausmaße auf. Auch kann die Plattform von Menschen betreten werden. Weder von der Plattformbasis und den einzelnen Funkanlagen noch von dem Gesamtgebilde geht aber infolge der transparenten und licht- und luftdurchlässigen Ausgestaltung eine Wirkung aus, die wie ein geschlossenes Gebäude die Belichtung‚ Besonnung oder Belüftung des Grundstücks des Kläger spürbar beeinträchtigen würde (so auch BayVGH, B.v 5.5.2015 – 1 ZB 13.2010 – juris Rn. 5; U.v. 16.7.2008 – 14 B 06.2506 – Rn. 18). Gleiches gilt für die außen an den Betonmast angebrachte Sprossenleiter.

6. Keinen rechtlichen Bedenken begegnet auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass im Hinblick auf die Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften und die vorgesehene Blitzschutzanlage ein ausreichender Brandschutz gewährleistet ist.

Nach Art. 12 BayBO sind bauliche Anlagen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind. Die Bestimmung formuliert die Schutzziele der Brandschutzanforderungen und enthält eine allgemeine Vorschrift zum Brandschutz, die in den brandschutzrechtlichen Einzelvorschriften, insbesondere der Art. 5 f., Art. 24 ff. (Abschnitt IV: „Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen; Wände, Decken, Dächer“), Art. 31 ff. (Abschnitt V: „Rettungswege, Öffnungen, Umwehrungen“) und Art. 37 ff. BayBO (Abschnitt VI: „Technische Gebäudeausrüstung“) näher ausgefüllt und ergänzt wird (vgl. Famers in Molodovsky/Famers, BayBO, Stand März 2016, Art. 12 Rn. 1 ff.; König in Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 12 Rn. 1; vgl. auch LT-Drs. 15/7161 S. 45).

Dass der geplante Mobilfunksendemast den in diesen Bestimmungen angeführten Mindestanforderungen an den Brandschutz nicht ausreichend Rechnung trägt, hat der Kläger nicht substanziiert dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO). Insbesondere ist die pauschale Behauptung, von dem Vorhaben ginge wegen der erheblichen Anzahl von zwölf Antennen eine erhöhte Brandgefahr aus, nicht geeignet, eine unzureichende Einhaltung von nachbarschützenden Brandschutzvorschriften zu begründen (vgl. zum Nachbarschutz brandschutzrechtlicher Bestimmungen BayVGH, B.v. 3.9.2015 – 15 ZB 12.2142 – NVwZ-RR 2016, 27 = juris Rn. 18). Soweit der Kläger geltend macht, im Rahmen des der Baugenehmigung zugrunde gelegten Brandschutznachweises (Art. 62 Abs. 3 Satz 3 BayBO) würden keine Anforderungen an den vorbeugenden Brandschutz gestellt, setzt er sich schon nicht mit der Feststellung des Verwaltungsgerichts auseinander, dass im Hinblick auf die Einhaltung der erforderlichen Abstandsflächen (Art. 6 BayBO) und der vorgesehenen Blitzschutzanlage (vgl. Art. 44 BayBO) ein ausreichender Brandschutz gewährleistet sei. Im Übrigen trifft die Behauptung, es würden keine Anforderungen an den vorbeugenden Brandschutz gestellt, nicht zu. Vielmehr wird in dem Brandschutznachweis ausgeführt, dass unter Berücksichtigung der dort genannten Maßnahmen und Fakten (u.a. Standort im Außenbereich mit 100 m Abstand zur nächsten Bebauung, Blitzsschutzanlage DIN EN 62305-3, gesicherte Zufahrt zum Standort, geringes Gefährdungspotential durch die Station) auf weitere Anforderungen an den vorbeugenden Brandschutz verzichtet werden kann (vgl. Blatt 40 f. der Behördenakte). Welche zusätzlichen Maßnahmen zu fordern sein könnten, legt der Kläger nicht dar.

Soweit er eine fehlende Löschwasserversorgung rügt, zeigt er nicht auf, inwieweit eine ordnungsgemäße Zuwegung zum und auf dem Baugrundstück für Löschfahrzeuge entgegen den Feststellungen im Brandschutznachweis nicht sichergestellt sein könnte (Art. 4 Abs. 3 bzw. Art. 5 BayBO). Weitergehende Maßnahmen des Bauherrn zur Ermöglichung einer wirksamen Brandbekämpfung wie etwa die Anlage ortsfester Löschwasserbehälter auf dem Baugrundstück verlangt die Bayerische Bauordnung insoweit nicht. Vielmehr ist es nach Art. 57 GO und Art. 1 Abs. 2 Satz 2 BayFwG in erster Linie Aufgabe der Gemeinde, in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit Einrichtungen der Feuersicherheit zu schaffen und zu erhalten sowie die notwendigen Löschwasserversorgungsanlagen bereitzustellen und zu unterhalten (vgl. BayVGH vom 11.5.1977 – 54 XIV 74 – BayVBl 1977, 767 zu entsprechenden Vorgängerregelungen).

7. Keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung ergeben sich schließlich aus dem Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass der Systemtechnikcontainer, der neben dem Mobilfunksendemast angebracht ist, „eine Beeinträchtigung für die nachbarlichen Interessen mit sich bringe“. Der Vortrag beschränkt sich auf eine nicht näher begründete unsubstanziierte Behauptung, die in keiner Weise geeignet ist, eine Rechtsverletzung des Klägers nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu begründen.

B. Ein Verfahrensmangel wegen Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 124 Abs. 2 Nr. 5, § 86 Abs. 1 VwGO) liegt nicht vor.

Soweit der Kläger geltend macht, das Verwaltungsgericht hätte wegen der abweichenden Werte der Baugenehmigung von denen der Standortbescheinigung in Bezug auf die Montagehöhe der Antennenplattform klären müssen, welche Werte tatsächlich zutreffen, kann er damit schon deswegen nicht durchdringen, weil die Werte nicht voneinander abweichen (vgl. oben A. Nr. 1) und deshalb auch in einem Berufungsverfahren insoweit kein Anlass für weitere Ermittlungen bestünde. Ist aber ein gerügter Verfahrensmangel für den Ausgang des Berufungsverfahrens nicht von Bedeutung, kann die Berufung schon aus diesem Grund nicht zugelassen werden (vgl. BayVGH, B.v. 12.2.2015 – 15 ZB 13.1578 – juris Rn. 44 m.w.N.).

Die Rüge, das Verwaltungsgericht hätte zur Klärung der Frage, ob dem Betonmast im Hinblick auf die angebrachten Plattform sowie die Sprossenleiter eine gebäudegleiche Wirkung zukomme, einen gerichtlichen Augenschein durchführen müssen, greift ebenfalls nicht durch, weil sich die Frage bereits aufgrund der genehmigten Eingabepläne beurteilen lässt. Im vorliegenden Fall ist eine solche Wirkung im Hinblick auf die transparente, licht- und luftdurchlässige Ausgestaltung dieser Anbauten zu verneinen (vgl. oben A. Nr. 5 b). Die Durchführung einer Ortsbesichtigung ist dann nicht notwendig, wenn für das Gericht aufgrund von Kartenmaterial, Fotos, Luftbildern oder auch von Schilderungen ortskundiger Verfahrensbeteiligter eine hinreichend sichere Beurteilungsgrundlage existiert (vgl. BVerwG, B.v. 24.8.2015 – 9 B 34/15 – juris Rn. 4 m.w.N.). Das ist hier der Fall.

Ebenso wenig hätte zur Abschätzung der Baumwurfgefahr ein gerichtlicher Augenschein durchgeführt werden müssen. Abgesehen davon, dass sich die Frage des Bestehens einer Gefahr durch umfallende Bäume im Rahmen eines gerichtlichen Augenscheins wohl kaum klären lässt, musste sich für das Gericht aufgrund der Stellungnahme des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 17. Juni 2014 eine weitere Beweisaufnahme nicht aufdrängen (vgl. oben A. Nr. 2). Auch hat der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten einen entsprechenden Beweisantrag im erstinstanzlichen Verfahren ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 24. September 2015 nicht gestellt. Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung gemäß § 86 Abs. 1 VwGO aber dann nicht, wenn es von einer sich nicht aufdrängenden Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat (vgl. BVerwG, B.v. 21.7.2016 – 10 BN 1/15 – juris Rn. 3 m.w.N.). Die Anregung im Schriftsatz vom 7. November 2015, Beweis durch Augenschein zu erheben, stellt keinen förmlichen Beweisantrag dar.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit (§ 162 Abs. 3 VwGO), dass der Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt. Zwar ist es im Zulassungsverfahren in der Regel auch dann nicht gerechtfertigt, die außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, wenn dieser erfolgreich die Ablehnung des Zulassungsantrags beantragt hat. Denn der Beigeladene setzt sich im Berufungszulassungsverfahren unabhängig von einer Antragstellung (§ 154 Abs. 3 VwGO) typischerweise keinem eigenen Kostenrisiko aus (vgl. BayVGH, B.v. 11.10.2001 – 8 ZB 01.1789 – BayVBl 2002, 378; B.v. 12.4.2007 – 1 ZB 05.558 – juris Rn. 24). Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung gemäß § 162 Abs. 3 VwGO können aber auch andere Umstände berücksichtigt werden, etwa, dass durch den Beitrag des Beigeladenen das Verfahren wesentlich gefördert wurde (vgl. BayVGH vom 9.12.2002 – 22 ZB 02.1206 – BayVBl 2003, 349 = juris). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Die Beigeladene hat sich mit dem umfangreichen Vorbringen der Klägerin im Zulassungsantrag substantiiert auseinandergesetzt, dabei die erheblichen Fragen aufgegriffen und zutreffend beantwortet und damit das Verfahren wesentlich gefördert. Aus diesem Grund sind die Kosten der Beigeladenen ausnahmsweise für erstattungsfähig zu erklären.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57) und folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich gegen die Wirksamkeit einer Erledigungserklärung und verfolgt die Fortsetzung eines eingestellten verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.

Die Klägerin erhob mit dem Ziel der Aufhebung diverser baurechtlicher Genehmigungsbescheide des Landratsamts Deggendorf zur Erweiterung eines Golfplatzes in der Nachbarschaft ihres Anwesens Anfechtungsklagen beim Verwaltungsgericht Regensburg, die zuletzt unter dem gemeinsamen Aktenzeichen RN 6 K 07.1884 geführt wurden. Auf eine gerichtliche Nachfrage, die auf eine außergerichtliche Vereinbarung der Parteien vom 21. November 2005 Bezug nahm, erklärte Herr Rechtsanwalt P …, der kurz zuvor die anwaltliche Vertretung der Klägerin und ihrer Tochter angezeigt hatte, den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 26. November 2007 für erledigt. Der Beklagte schloss sich mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2007 der Erledigungserklärung an. Mit Beschluss vom 17. Dezember 2007 stellte das Verwaltungsgericht das Verfahren RN 6 K 07.1884 ein. Auf Anforderung ihrer Tochter übersandte das Verwaltungsgericht mit Schreiben vom 22. Februar 2012 der Klägerin (persönlich) diverse Unterlagen des gerichtlichen Verfahrens, u.a. auch den Beschluss vom 17. Dezember 2007.

Mit am 21. Oktober 2013 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 17. Oktober 2013 beantragte die Klägerin erstmals (sinngemäß) die Fortsetzung des eingestellten gerichtlichen Verfahrens.

Ein auf Strafanzeige der Klägerin initiiertes Strafverfahren gegen Herrn Rechtsanwalt P … (5 Ds 103 Js 7430/12) wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Cham vom 18. Oktober 2013 gem. § 153a Abs. 2 StPO gegen Zahlung einer Geldauflage vorläufig und mit Beschluss vom 27. Juni 2014 endgültig eingestellt.

Mit Urteil vom 17. November 2015 stellte das Verwaltungsgericht fest, dass das Verwaltungsstreitverfahren RN 6 K 07.1884 in der Hauptsache erledigt sei. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt, das gerichtliche Verfahren sei durch die übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Hauptbeteiligten vom 16. November 2007 und 17. Dezember 2007 beendet worden. Eine Nichtigkeits- oder Restitutionsklage nach § 153 VwGO i.V. mit §§ 579, 580 ZPO sei unstatthaft. Ein Widerruf der Erledigungserklärung als Prozesshandlung komme zwar in Betracht, wenn ein Wiederaufnahmegrund (§ 153 VwGO i.V. mit §§ 579, 580 ZPO) vorliege oder wenn es mit dem Grundsatz von Treu und Glauben unvereinbar wäre, einen Beteiligten an der Erklärung festzuhalten. Der Antrag auf Fortführung des Klageverfahrens sei aber zu spät gestellt worden. Bei einer spätestens nach Erhalt des gerichtlichen Schreibens vom 22. Februar 2012 erfolgten Kenntniserlangung hinsichtlich der Einstellung des gerichtlichen Verfahrens RN 6 K 07.1884 sei nach Ablauf von mehr als einem Jahr im Zeitpunkt der Antragstellung (21. Oktober 2013) das Fortsetzungsbegehren in Orientierung an der Jahresfrist des § 60 Abs. 3 VwGO verwirkt gewesen. Bei einer für die Klägerin günstigeren entsprechenden Anwendung des § 586 ZPO wäre der Antrag ebenfalls verspätet gestellt, weil er dann im Hinblick auf den in § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO enthaltenen Rechtsgedanken (aller-) spätestens vor dem Ablauf der Fünfjahresfrist, also vor dem 17. Dezember 2012 zu erheben gewesen wäre. Die Klägerin sei bei Abgabe der Erledigungserklärung durch ihren damaligen Rechtsanwalt auch wirksam vertreten worden.

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe - ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), besondere tatsächlich und rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sowie ein Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) - liegen entweder nicht vor oder wurden nicht ausreichend am Maßstab von § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO dargelegt.

1. Die Berufung ist nicht gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 17. November 2015 sind nicht ersichtlich. Das insoweit maßgebliche, in offener Frist bei Gericht eingegangene Vorbringen der Klägerin im Zulassungsantrag (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) rechtfertigt keine andere Beurteilung.

a) Die Klägerin wendet sich mit ihrer Zulassungsbegründung nicht substanziiert gegen die grundsätzliche Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts, dass ein Antrag auf Fortführung des Verfahrens (vgl. hierzu BVerwG, B.v. 23.8.1984 - 9 CB 48.84 - NVwZ 1985, 280 = juris Rn. 4; B.v. 12.11.1993 - 2 B 151.93 - NVwZ-RR 1994, 362 = juris Rn. 2; B.v. 7.8.1998 - 4 B 75.98 - NVwZ-RR 1999, 497 = juris Rn. 2) verspätet gestellt sein kann, wenn er in Orientierung an der Jahresfrist des § 60 Abs. 3 bzw. § 58 Abs. 2 VwGO verwirkt wird (ebenso NdsOVG, B.v. 23.1.2012 - 11 ME 420/11 - NVwZ-RR 2012, 533 = juris Rn. 10; OVG NRW, B.v. 27.10.2005 - 13 A 3802/05.A - InfAuslR 2006, 99 = juris Rn. 4, 6; B.v. 15.3.2012 - 1 A 1885/10 - juris Rn. 7 ff.; Clausing in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2016, § 92 Rn. 77; krit. zur Jahresfrist Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 94 Rn. 26) oder wenn Fristen analog § 568 Abs. 1 ZPO abgelaufen sind. Der Senat hat wegen der im Zulassungsverfahren vorgesehenen Begrenzung der Prüfung auf die geltend gemachten Gründe (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) keinen Anlass, diese rechtlichen Prämissen des Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen.

b) Soweit die Klägerin einwendet, der Klageantrag auf Fortführung des Verfahrens sei entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht verspätet gestellt worden, vermag dies keine ernstlichen Zweifel i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO begründen.

In der noch rechtzeitig vorgelegten Zulassungsbegründung vom 13. April 2016 ist die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts hinsichtlich des damaligen Bestehens einer Prozessvollmacht der Klägerin zugunsten Herrn Rechtsanwalt P* … nicht mit substanziierten Gegenargumenten in Frage gestellt worden; der weitere Vortrag im Schriftsatz vom 13. Juli 2016 erfolgte nach Ablauf der zweimonatigen Zulassungsbegründungsfrist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) und dürfte mithin unbeachtlich sein. Es ist vor diesem Hintergrund bereits fraglich, ob es wegen der Zurechnung des Verhaltens des damals agierenden Rechtsanwalts P … (§ 173 VwGO i.V. mit § 85 ZPO) und damit auch hinsichtlich des Unterlassens eines zeitnahen Fortsetzungsantrags auf die Kenntnis bzw. das Verhalten der Klägerin persönlich überhaupt ankommt (vgl. z.B. NdsOVG, B.v. 23.1.2012 - 11 ME 420/11 - NVwZ-RR 2012, 533 = juris Rn. 11; OVG NRW, B.v. 27.10.2005 - 13 A 3802/05.A - Inf-AuslR 2006, 99 = juris Rn. 20). Unabhängig hiervon kann der erhobene Einwand der Klägerin, sie habe erst aufgrund der Kenntnisse aus dem Strafverfahren gegen Herrn Rechtsanwalt P* … resp. nach Erhalt des vorläufigen Einstellungsbescheids vom 18. Oktober 2013 eine hinreichende Kenntnisgrundlage gehabt, sodass der nur drei Tage später am 21. Oktober 2013 gestellte Fortsetzungsantrag nicht als zu spät gestellt angesehen werden könne, keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgericht begründen.

In der Zulassungsbegründung wird eingeräumt, dass die Klägerin (erstmals) über das gerichtliche Schreiben vom 22. Februar 2012 (Übersendung des Beschlusses vom 17. Dezember 2007) von der Beendigung des gerichtlichen Verfahrens erfahren habe. Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts wird aber vorgebracht, es sei ihr erst in den Folgemonaten bewusst geworden, dass gegen ihren Willen Prozesserklärungen durch ihren damaligen Bevollmächtigten abgegeben worden seien. Erst mit der Bestätigung des schuldhaften Verhaltens ihres damaligen Bevollmächtigten aufgrund des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens gegen diesen, das am 18. Oktober 2013 gem. § 153a Abs. 2 StPO vorläufig und erst mit Beschluss vom 27. Juni 2014 endgültig eingestellt worden sei, sei für sie eine Grundlage gegeben gewesen, die Fortführung des Verfahrens zu beantragen. Erst dann habe sie positive Kenntnis davon gehabt, dass ihr Anwalt eigenmächtig und strafrechtlich vorwerfbar gehandelt habe. Der Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens vom 21. Oktober 2013 sei unverzüglich drei Tage nach dem vorläufigen Einstellungsbeschluss gestellt worden.

aa) Stellt man mit dem Verwaltungsgericht primär auf den Verwirkungsgedanken unter Orientierung an der Jahresfrist des § 60 Abs. 3 VwGO ab, ist zu berücksichtigen, dass die Verwirkung eine besondere Ausprägung des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben darstellt. Danach darf ein (prozessuales oder materielles) Recht nicht mehr ausgeübt werden, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, welche die verspätete Geltendmachung als treuwidrig erscheinen lassen (Umstandsmoment). Erforderlich für die Erfüllung des Umstandsmoments ist, dass der Rechtsinhaber innerhalb eines längeren Zeitraums unter Verhältnissen untätig geblieben ist, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen zu werden pflegt. Erst dadurch wird eine Situation geschaffen, auf die der jeweilige Gegner vertrauen, sich einstellen und einrichten darf (vgl. BVerwG, B.v. 23.12.2015 - 2 B 40/14 - juris Rn. 21; OVG NRW, U.v. 27.4.2016 - 1 A 2309/14 - juris Rn. 72). Soweit sich also die Frage der rechtzeitigen Stellung des Fortführungsantrags an den Maßstäben der Verwirkung unter Orientierung an einer Jahresfrist bemisst (worauf das Verwaltungsgericht als rechtlichem Ausgangspunkt abgestellt hat, der als solcher - s.o. - von der Klägerin nicht substanziiert in Frage gestellt wurde), ist es konsequent, für den Beginn eines für die Verwirkung relevanten Zeitraums unter Berücksichtigung des Umstandsmoments auf den Zeitpunkt abzustellen, ab dem der Rechtsverkehr vom Betroffenen ein Handeln erwarten kann. Insofern lässt es die Rechtsprechung hinsichtlich der subjektiven Zurechenbarkeit eines treuwidrigen Verhaltens genügen, wenn der Berechtigte entweder ab einem gewissen Zeitpunkt Kenntnis von den rechtsbegründenden Tatsachen und der Möglichkeit der Ausübung seines Rechts hatte oder zumindest diese hätte haben müssen (vgl. BVerwG, U.v. 25.1.1974 - IV C 2.72 - BVerwGE 44, 294 = juris Rn. 25, B.v. 18.1.1988 - 4 B 257.87 - NVwZ 1988, 532 = juris Rn. 4, B.v. 28.8.1987 - 4 N 3.86 - BVerwGE 78, 85 = juris, Rn. 13; OVG NRW, U.v. 27.4.2016 - 1 A 2310/14 - NVwZ-RR 2017, 157 = juris Rn. 65). Vor diesem Hintergrund ist der vom Verwaltungsgericht angesetzte Zeitpunkt der Erlangung der Kenntnis vom gerichtlichen Beschluss vom 17. Dezember 2007 noch im Februar 2012 (Erhalt des gerichtlichen Schreibens vom 22. Februar 2012) jedenfalls offensichtlich der späteste Moment, ab dem die Klägerin - als ggf. relevanten Anknüpfungspunkt für einen Widerruf der Erlegungserklärung und den Antrag auf Fortsetzung des gerichtlichen Verfahrens - hätte erkennen müssen, dass der die Erledigungserklärung vormals abgebende Rechtsanwalt (laut ihrer Behauptung) eigenmächtig und gegen ihren Willen gehandelt hatte. Denn aus dem Beschluss vom 17. Dezember 2007 geht eindeutig und wörtlich hervor, dass die Einstellung darauf beruhte, dass die „Hauptbeteiligten“ - also unter Einschluss der Klägerseite - durch die am 28. November 2007 und 17. Dezember 2007 bei Gericht eingegangenen Erklärungen in der Erledigung der Hauptsache übereinstimmten. Soweit die Klägerin die Hintergründe des Beschlusses nicht verstanden haben sollte, wäre es ihre Sache gewesen, sich hierüber zeitnah Klarheit zu verschaffen. Es bedarf daher keiner weiteren Überprüfung mehr, inwiefern der Zulassungsbegründungsvortrag in sich unschlüssig bzw. widersprüchlich ist. Der Senat weist insoweit ergänzend darauf hin, dass der am 21. Oktober 2013 beim Verwaltungsgericht eingegangene Schriftsatz mit dem Antrag auf Verfahrensfortsetzung auf den 17. Oktober 2013 datiert, sodass er zu einem Zeitpunkt verfasst worden sein dürfte, bevor die Klägerin einen Abdruck des im Strafverfahren gegen Herrn Rechtsanwalt P … ergangenen Einstellungsbeschlusses des Amtsgerichts Cham vom 18. Oktober 2013 erhielt. Zudem geht aus der in den Akten der Staatsanwaltschaft Regensburg enthaltenen Strafanzeige der Klägerin und ihrer Tochter gegen Herrn Rechtsanwalt P … vom 14. April 2012 sowie aus dem in der VG-Akte RN 6 K 07.1884 befindlichen Schreiben der Klägerin und ihrer Tochter an das Verwaltungsgericht vom 17. Juni 2012 (vgl. dort Seiten 4 ff., Eingangsstempel des Verwaltungsgerichts vom 20. Dezember 2012) hervor, dass die Klägerin offensichtlich bereits zu früheren Zeitpunkten Herrn Rechtsanwalt P … vorwarf, im Jahr 2007 eine strafrechtlich relevante Erledigungserklärung abgegeben zu haben, die nicht mit ihr abgesprochen gewesen sei.

bb) Soweit das Verwaltungsgericht ergänzend darauf abstellt, dass im Falle der (alternativen) entsprechenden Anwendung der Klagefristen des § 586 ZPO jedenfalls die Fünfjahresfrist analog § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO abgelaufen sei, geht der Vortrag der Klägerin zur Kenntniserlangung ins Leere, weil diese (absolute) Fristenregelung kenntnisunabhängig ist (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 75. Aufl. 2017, § 586 Rn. 8).

c) Es ist aufgrund der Erwägungen zu a) und b) (keine begründete Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, bei spätestens erfolgter Kenntniserlangung im Februar 2012 sei der Antrag auf Fortführung des Verfahrens RN 6 K 07.1884 zu spät erhoben worden) nicht mehr entscheidungserheblich (vgl. BayVGH, B.v. 23.6.2015 - 1 ZB 13.92 - juris Rn. 3; B.v. 6.2.2017 - 15 ZB 16.398 - juris Rn. 14 m.w.N.), ob sich die Klägerin unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben die Erledigungserklärung von Herrn Rechtsanwalt P* … aufgrund eines strafrechtlich vorwerfbaren Handelns nicht zurechnen lassen musste. Dasselbe gilt hinsichtlich ihres Vorbringens, sie habe jedenfalls vor dem 22. Februar 2012 mangels erhaltener Informationen keine Kenntnis von der Einstellung des gerichtlichen Verfahrens und der vorher abgegebenen Erledigungserklärungen gehabt. Unabhängig davon, dass der Schriftsatz der Klägerin vom 13. Juli 2016 jenseits der Zweimonatsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen ist, kommt es auch auf die dort thematisierten Rechtsfragen zur Bedeutung und Umsetzung einer außergerichtlichen Vereinbarung aus dem Jahr 2005 (vgl. auch den Schriftsatz des Beigeladenen vom 20. Mai 2016) nicht entscheidungserheblich an.

2. Hinsichtlich der behaupteten besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) erfüllt die Zulassungsbegründung schon nicht die formalen Anforderungen einer substanziierten Darlegung eines Zulassungsgrundes gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten weist eine Rechtssache auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, sich also wegen der Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt. Es bedarf hinsichtlich der Darlegung einer substanziellen Auseinandersetzung mit dem verwaltungsgerichtlichen Urteil und einer konkreten Bezeichnung der Tatsachen- und Rechtsfragen, hinsichtlich derer sich solche Schwierigkeiten stellen, sowie des Aufzeigens, worin diese Schwierigkeit besteht (vgl. BayVGH, B.v. 20.4.2016 - 15 ZB 14.2686 u.a. - juris Rn. 64 m.w.N.). Die Zulassungsbegründung der Klägerin enthält in dieser Hinsicht keine nähere Begründung. Für die Darlegung des Vorliegens besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten genügt insbesondere nicht das allgemeine Vorbringen der Klägerin, das vorliegende Verfahren sei Teil eines langwierigen Streits gegen die dem Beigeladenen erteilten und zum Teil rechtswidrigen Baugenehmigungen. Ebenso wenig erfüllt die schlichte Behauptung, das Verfahren weise eine Vielzahl von tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten auf, sodass eine erneute Überprüfung durch das Berufungsgericht erforderlich sei, die Darlegungsanforderungen. Soweit sich die besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten auf die Ausführungen zur Frage der „Kenntniserlangung“ und den hierauf bezogenen Einwand gegen die vom Verwaltungsgericht angenommene zu späte Antragstellung beziehen sollten, ergibt sich schon aus den voranstehenden Ausführungen zu 1 b), dass die Sach- und Rechtssache insofern - d.h. soweit dies in der Zulassungsbegründung tatsächlich thematisiert wurde - keine besonderen Schwierigkeiten aufweist, zu deren Klärung ein Berufungsverfahren durchgeführt werden müsste. Soweit der Vortrag in Bezug auf § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO den Einwand zur mangelnden Zurechnung der Erledigungserklärung sowie zu den mit Schriftsatz vom 13. Juli 2016 (s.o.: ohnehin zu spät) erhobenen materiellen Einwänden umfassen sollte, fehlt es unabhängig von der Frage der hinreichenden Darlegung an der Entscheidungserheblichkeit, s.o. zu 1. c) (vgl. auch Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 29).

3. Schließlich hat die Klägerin mit ihrer Zulassungsbegründung lediglich einen Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), auf dem die erstinstanzliche Entscheidung beruhen soll, behauptet. Sie hat hierzu aber nichts zur Begründung ausgeführt. Auch dies erfüllt die Darlegungsanforderungen gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass der Beigeladene trotz seines erfolgreichen Gegenantrags seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO). Denn ein Beigeladener setzt sich im Berufungszulassungsverfahren unabhängig von einer Antragstellung grundsätzlich keinem eigenen Kostenrisiko aus (vgl. BayVGH, B.v. 11.10.2001 - 8 ZB 01.1789 - BayVBl 2002, 378 = juris Rn. 10 ff.; B.v. 18.7.2016 - 15 ZB 15.12 - juris Rn. 23; B.v. 19.12.2016 - 8 ZB 15.230 - juris Rn. 16 m.w.N.). Ein Grund, der es gebieten würde, die außergerichtlichen Kosten aus Billigkeitsgründen ausnahmsweise als erstattungsfähig anzusehen (vgl. etwa BayVGH, B.v. 6.2.2017 - 15 ZB 16.398 - juris Rn. 76), ist nicht ersichtlich. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57) und folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden.

5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.