Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 05. Aug. 2015 - L 7 AS 263/15

bei uns veröffentlicht am05.08.2015

Tenor

I.

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 18. März 2015 wird einstimmig zurückgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Klage- und des Berufungsverfahrens zu tragen.

III.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger und Berufungskläger begehrt vom beklagten Jobcenter die Übernahme von Mietrückständen seiner Mieter. Die Mieter hatten vom Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II erhalten.

Das beigeladene Ehepaar H. bezog seit 2011 vom Beklagten Arbeitslosengeld II. Beide befanden sich wegen ihrer Opiatabhängigkeit in einer Substitutionsbehandlung. Über das Vermögen des Beigeladenen wurde Anfang 2013 ein Privatinsolvenzverfahren eröffnet. Die Beigeladenen benötigten Darlehen zum Kauf von Winterbekleidung und gelegentlich Lebensmittelgutscheine.

Der Kläger ist Rechtsanwalt und Vermieter mehrerer Wohnungen. Zum 15.03.2012 vermietete er eine Drei-Zimmer-Wohnung in N-Stadt an die Beigeladenen. Anlässlich des Weitergewährungsantrags vom Februar 2012 legten die Beigeladenen dem Beklagten den Mietvertrag vom 19.02.2012 vor, den sie mit dem Kläger abgeschlossen hatten. Als monatlicher Mietzins wurden 380,- € vereinbart zuzüglich Vorauszahlungen von monatlich 75,- € für Nebenkosten und 75,- € für Heizkosten (zusammen 530,- €).

Unter „§ 19 Wohngeld“ wurde im Mietvertrag folgendes vereinbart:

„Die Mieter stimmen gemäß § 28 WoGG oder einer Nachfolgebestimmung der unmittelbaren Auszahlung des Wohngeldes an Herr P. [Kläger] schon jetzt zu. Das gilt auch für eine eventuelle Hausbrandbeihilfe oder eine Mietbeihilfe des Sozialamtes und Zahlungen der Arbeitsagentur oder des Jobcenters für Miete, Heiz- und sonstige Nebenkosten. Herr P. ist berechtigt, diesen Mietvertrag den zuständigen Behörden, Agenturen usw. offen zu legen. Die Mieter haben die Abtretung von Wohngeld und/oder Mietzuschüssen, den leistenden Behörden und Einrichtungen von sich aus offen zu legen. Herr P. kann jederzeit Einsicht in die Antragsunterlagen und Bewilligungsbescheide verlangen.“

Der Beklagte überwies die Hälfte der Märzmiete und die Wohnungskaution in Höhe von 950,- € direkt an den Kläger. Der Beklagte bewilligte in der Folge für die Zeit ab 01.04.2012 bis 31.03.2014 jeweils halbjährlich Arbeitslosengeld II. In den bestandskräftigen Bewilligungsbescheiden wurde zunächst ein monatlicher Bedarf für die Wohnung von 535,56 € berücksichtigt, ab 01.04.2013 jedoch nur mehr 441,17 € als angemessener Bedarf. Einkommen wurde nicht angerechnet. Von April 2012 bis einschließlich Oktober 2012 wurden die Unterkunftskosten an die Beigeladenen ausgezahlt.

Mit Schreiben vom 17.09.2012 beantragten die Beigeladenen, die monatliche Miete von 530,- € direkt an den Kläger zu überweisen. Dem kam der Beklagte ab der Miete für November 2012 nach. Der Beklagte teilte dies den Beigeladenen mit Schreiben vom 25.09.2012 mit.

Mit Schreiben vom 27.12.2012 beantragten die Beigeladenen, dass die Miete wieder auf ihr eigenes Konto überwiesen werde. Ab 01.02.2013 wurde die Miete vom Beklagten wieder an die Beigeladenen überwiesen. Dies teilte der Beklagte den Beigeladenen mit Schreiben vom 17.01.2013 mit. Die Beigeladenen legten auf Aufforderung dem Beklagten einen Dauerauftrag zur Überweisung der Miete an den Kläger vor.

Der Kläger wandte sich mit Schreiben vom 26.02.2013 an den Beklagten. Er habe die Mieten für Januar und Februar 2013 noch nicht erhalten. Die Zahlungen für Miete und Nebenkosten seien vertraglich an ihn abgetreten worden.

Mit Schreiben vom 10.09.2013 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass rechtskräftig titulierte Mietrückstände in Höhe von 1.734,44 € zuzüglich Zinsen und Kosten sowie weitere, noch nicht titulierte Forderungen gegen die Beigeladenen bestünden. Diese würden die Miete nicht an ihn zahlen, sondern verpulvern. Die Zahlungen des Beklagten für die Wohnung seien seit 19.02.2012 an ihn abgetreten worden. Er habe seine Kontonummer mit der Wohnungsbescheinigung bereits im März 2012 mitgeteilt. Er bitte dringend um Direktzahlung auf sein Konto. Dem Kläger wurde daraufhin lediglich mitgeteilt, dass ihm aufgrund des Datenschutzes keine Auskunft erteilt werden könne.

In der Folge kündigte der Kläger den Beigeladenen das Mietverhältnis wegen Mietrückstands fristlos. Da die Beigeladenen weiter in der Wohnung verblieben, zahlte der Beklagte ab Dezember 2013 eine Nutzungsentschädigung von 530,- € an den Kläger direkt aus. Dies teilte der Beklagte den Beigeladenen mit Schreiben vom 12.11.2013 mit. Auf Anfrage erklärten die Beigeladenen gegenüber dem Beklagten, dass sie die Miete wegen Schimmel in der Wohnung nicht gezahlt hätten, aber eine Direktzahlung an den Kläger in Ordnung gehe.

Bereits mit Schreiben vom 30.09.2013 erhob der Kläger Klage zum Arbeitsgericht G-Stadt und beantragte, den Beklagten zur Zahlung von 3.304,44 € an Mietrückständen aus der Zeit von Juni, Juli, August und November 2012 sowie Mai, Juli, August und September 2013 zu verurteilen sowie zur laufenden Zahlung von 530,- € jeden Monat. Die Beigeladenen hätten die Leistungen für die Wohnung im Mietvertrag vom 19.02.2012 an ihn abgetreten. Der Beklagte habe die Miete aber an die Beigeladenen ausgezahlt, die die Miete nicht an ihn abgeführt hätten. Die Abtretung stünde auch im wohlverstandenen Interesse der Beigeladenen, damit die Wohnung gesichert werde. Dies habe der Beklagte durch die auch erfolgten Direktzahlungen an ihn inzidenter festgestellt. Ein besonderer Beschluss des Beklagten über die unmittelbare Auszahlung an den Kläger sei nicht ergangen. Spätestens nach dem seinem Schreiben vom 26.02.2013 habe der Beklagte die Miete direkt an ihn überweisen müssen. Der Beklagte könne die zwischen Mieter und Vermieter vereinbarte Zahlungsregelung nicht frei widerrufen.

Nach Anhörung verwies das Arbeitsgericht G-Stadt den Rechtsstreit an das Sozialgericht G-Stadt. Nach Anhörung verwies das Sozialgericht G-Stadt wegen des Wohnsitzes des Klägers den Rechtsstreit weiter an das Sozialgericht München.

Mit Schreiben vom 21.07.2014 und 21.08.2014 erklärten sich die Beteiligten - auch in Hinblick auf die Entfernung des Sitzes des Beklagten vom Gerichtssitz - mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren ausdrücklich einverstanden. Dies bestätigte der Kläger nochmals mit Schreiben vom 10.03.2015.

Mit Urteil vom 18.03.2015 wies das Sozialgericht München die Klage ohne mündliche Verhandlung ab. Außergerichtliche Kosten seien nicht zu erstatten. Die Klage zur laufenden Mietzahlung sei bereits unzulässig, da die Zahlung ohnehin laufend erfolge.

Ein Anspruch aus abgetretenem Recht bestehe nicht. Die Frage, ob § 19 des Mietvertrags überhaupt eine wirksame Abtretung enthalte, könne dahinstehen, weil der Beklagte die Feststellung des wohlverstandenen Interesses nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I nicht getroffen habe. Wenn diese zeitlich vorgängige und rechtlich vorrangige Feststellung fehle, komme in Ermangelung des erforderlichen Rechtsschutzbedürfnisses die allgemeine Leistungsklage nicht in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 19.01.2014, B 5 R 36/12 R, Juris Rn. 19). Ohne gesonderte Feststellung des wohlverstandenen Interesses durch gesonderten Verwaltungsakt nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I sei eine Abtretung schwebend unwirksam; diese Feststellung könne auch nicht rückwirkend erstritten werden, wenn die Leistung im vollen Umfang bereits an den Berechtigten erbracht worden sei (BSG, Urteil vom 06.04.2000, B 11 AL 47/99 R, Juris Rn. 17). Es bestünden erhebliche Zweifel daran, ob neben § 22 Abs. 7 S. 2 SGB II zur Direktauszahlung an den Vermieter bei der Gefahr zweckwidriger Verwendung der Mittel ein wohlverstandenes Interesse an einer Abtretung von Leistungen bestehen könne. Dagegen spreche, dass eine Abtretung nicht jederzeit beendet werden könne. Die Feststellung des besonderen Interesses diene vor allem dem Schutz des Sozialleistungsberechtigten und bedürfe der Form eines gesonderten privatrechtsgestaltenden Verwaltungsaktes (BSG, Urteil vom 07.09.1988, 10 RKg 18/87, Juris Rn. 19). Eine lediglich verwaltungsinterne Entscheidung genüge nicht. Ein gesonderter Verwaltungsakt zum wohlverstandenen Interesse liege nicht vor. § 53 Abs. 3 SGB I sei nicht anwendbar, weil es nicht um Beträge oberhalb der Pfändungsgrenze für Arbeitseinkommen gehe.

Soweit der Kläger aus eigenem Recht Zahlungsansprüche geltend mache, sei die Klage unbegründet. Der Kläger habe weder vertragliche noch gesetzliche Ansprüche auf die Mietzahlungen gegen den Beklagten.

Nach § 22 Abs. 7 S. 1 SGB II könne ein Leistungsberechtigter die Zahlung an den Vermieter beantragen. Ohne einen derartigen Antrag entfalte eine Klausel in einem Mietvertrag zu einer Direktzahlung keine Wirkung. Der Vermieter sei nicht antragsberechtigt. Den Antrag auf Direktzahlung vom 17.09.2012 hätten die Beigeladenen am 27.12.2012 wieder widerrufen, weshalb der Beklagte die Direktzahlung zum 01.02.2013 beendet habe.

Ein Zahlungsanspruch des Klägers ergebe sich auch nicht aus § 22 Abs. 7 S. 2 SGB II. Dessen Voraussetzungen lägen erst ab Ende 2013 vor. Insbesondere hatten die Beigeladenen Anfang 2013 einen Dauerauftrag vorgelegt. Das Schreiben des Klägers vom 26.02.2013, wonach die Miete für Januar und Februar 2013 nicht gezahlt worden sei, konnte nicht zutreffend sein, weil die Januarmiete noch direkt an den Kläger überwiesen worden sei und für die Februarmiete ein Überweisungsbeleg der Beigeladenen vorgelegen habe. § 22 Abs. 7 S. 2 SGB II diene ausschließlich dem Schutz des Leistungsberechtigten und begründe keinen eigenen Anspruch des Vermieters. Falls der Leistungsträger eine Direktzahlung an den Vermieter verfüge, folge daraus nur eine Empfangsberechtigung des Vermieters; es handle sich nur um eine Auszahlungsmodalität (vgl. BSG, Urteil vom 23.05.2013, B 4 AS 67/12 R, Juris Rn. 10). Der Vermieter erhalte keinen eigenen Leistungsanspruch. Die Direktzahlung an den Vermieter erfülle vielmehr den Leistungsanspruch der Leistungsberechtigten aus § 22 Abs. 1 SGB II (LSG NRW, Urteil vom 11.11.2010, L 9 AS 480/10; LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 21.09.2012, L 3 AS 42/10; LSG Bayern, Urteil vom 21.01.2013, L 7 AS 381/12).

Der Kläger hat am 10.04.2015 Berufung eingelegt. Er begehre die Zahlung von 3.304,44 € an rückständiger Miete der Beigeladenen. § 19 des Mietvertrags enthalte eine wirksame Abtretung des Leistungsanspruchs. Es handle sich auch nicht um eine überraschende Klausel in einem Mietvertrag. Der Beklagte habe bereits mit der Auszahlung der Miete für März 2012 und der Kaution die Entscheidung getroffen, dass die Regelung im wohlverstandenen Interesse der Beigeladenen sei. Die Gewährung des Grundbedürfnisses Wohnung liege immer im wohlverstandenen Interesse des Leistungsempfängers. Die Abtretung liege in der Vertragsfreiheit der Mieter. Allein die dem Beklagten bekannte Opiatabhängigkeit der Beigeladenen habe die Gefährdung der zweckentsprechenden Verwendung der Sozialleistung belegt. Der Dauerauftrag der Beigeladenen sei kein tauglicher Nachweis des Gegenteils gewesen. Der Kläger hat auf das Urteil des BGH vom 07.05.2015, III ZR 304/14 verwiesen; daraus ergebe sich, dass der Leistungsträger mit der Leistungsbewilligung dem privatrechtlichen Mietvertrag kumulativ beitrete. Deshalb würden auch die Vorschriften des BGB über Abtretungen gelten. Es handle sich um eine rein bürgerlich-rechtliche Streitigkeit.

Die Mieter wurden vom Berufungsgericht wegen Notwendigkeit einer einheitlichen Entscheidung beigeladen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 18.03.2015 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 3.304,44 € zu bezahlen,

hilfeweise den Rechtsstreit an das Amtsgericht B-Stadt oder das Landgericht L-Stadt zu verweisen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

Die Beteiligten wurden zur beabsichtigten Zurückweisung der Berufung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört. Der Kläger hat dem widersprochen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 151 SGG). Die Berufung ist jedoch unbegründet, weil das Sozialgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat. Die Berufung wird einstimmig durch Beschluss als unbegründet zurückgewiesen.

Der Verweisungsantrag kann nicht als Hilfsantrag behandelt werden, weil das Gericht den Rechtsweg vorab und von Amts wegen zu prüfen hat. Dem Verweisungsantrag war schon deswegen nicht zu folgen, weil das Berufungsgericht gemäß § 202 SGG i. V. m. § 17a Abs. 5 GVG nicht prüft, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Ein Ausnahmefall der Nichtanwendbarkeit des § 17a Abs. 5 GVG (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 11. Auflage 2014, § 51 Rn. 65) liegt nicht vor, weil der Rechtsweg im Klageverfahren nicht gerügt wurde. Lediglich ergänzend wird angemerkt, dass das Sozialgericht den Rechtsweg zutreffend bejaht hat. Der Kläger machte im Klageverfahren Ansprüche auf Arbeitslosengeld II aus eigenem oder abgetretenem Recht geltend.

Nach § 153 Abs. 4 SGG kann das Landessozialgericht, außer wenn das Sozialgericht durch Gerichtsbescheid entschieden hat, die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Das Sozialgericht hat in erster Instanz durch ein Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden, weil die Beteiligten diesem Verfahren zugestimmt haben, der Kläger sogar mehrmals. Auch in diesem Fall ist ein Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG möglich. Bei seiner Ermessensentscheidung hat das Berufungsgericht insbesondere berücksichtigt, dass der Kläger als Rechtsanwalt ein Rechtskundiger ist und es ausschließlich um Rechtsfragen geht, deren Beurteilung nicht schwierig ist. Ferner war zu beachten, dass der Beklagte und die Beigeladenen eine sehr weite Anreise zum Gerichtssitz gehabt hätten.

Das Berufungsgericht weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück und sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Lediglich ergänzend und zusammenfassend wird zu der vortrefflichen Darstellung der Sach- und Rechtslage im Urteil des Sozialgerichts Folgendes ausgeführt:

a) Der Kläger hat keine eigenen Ansprüche auf Zahlung der Miete.

aa) Er hat keine vertragliche Beziehung zum Beklagten, insbesondere gibt es keinen Schuldbeitritt des Beklagten zum Mietvertrag. Das vom Kläger angeführte Urteil des BGH vom 07.05.2015, Az. III ZR 304/14, betrifft einen Schuldbeitritt eines Sozialhilfeträgers im Rahmen eines sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses zwischen dem Sozialhilfeträger, dem Hilfeempfänger und einem Leistungserbringer. Diese Entscheidung knüpft an die Rechtsprechung des BSG in Sozialhilfesachen an, insbesondere an BSG, Urteil vom 28.10.2008, B 8 SO 22/07 R. Das BSG hat den Schuldbeitritt des Leistungsträgers zum privaten Heimvertrag zwischen dem Hilfeempfänger und dem Leistungserbringer wegen der sozialhilferechtlichen Besonderheiten bejaht, namentlich dem Sachleistungsprinzip und der Gewährleistungspflicht in der Sozialhilfe (vgl. §§ 35, 75 Abs. 2 und 3 SGB XII). Diese Rechtsprechung lässt sich nicht auf das SGB II übertragen, weil es dort diese Besonderheiten nicht gibt.

bb) Auch eine Direktzahlung der Wohnungsmiete nach § 22 Abs. 7 SGB II verschafft dem Vermieter keinen eigenen Leistungsanspruch.

Eine Direktzahlung erfolgt nach entsprechendem Antrag des allein antragsberechtigten Leistungsempfängers (Satz 1) oder wegen der Gefahr zweckwidriger Verwendung der Mittel durch den Leistungsempfänger (Satz 2). Obwohl § 22 Abs. 7 S. 4 SGB II nur von einer Pflicht zur Mitteilung der Direktzahlung an den Leistungsempfänger spricht, ist hierzu eine gesondert anfechtbare Verfügung der Behörde, also ein Verwaltungsakt, erforderlich (BSG, Urteil vom 23.05.2013, B 4 AS 67/12 R, Rn. 10; Luik in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 22 Rn. 228). Dieser Verwaltungsakt ist mit Schreiben vom 25.09.2012 für die Zeit von 01.11.2012 bis 31.01.2013 gegenüber den Beigeladenen erfolgt. Die Zahlungen für diese Zeit sind auch an den Kläger erfolgt. Dass der Kläger gleichwohl auch die Miete für November 2012 fordert, beruht auf seiner fehlerhaften Zuordnung der zugehörigen Zahlung.

Der Vermieter enthält mit einer Direktzahlung nur eine Empfangsberechtigung. Mit der Direktzahlung an den Vermieter erbringt die Behörde eine Leistung an den Leistungsberechtigten (LSG Bayern, Urteil vom 21.01.2013, L 7 AS 381/12). Der Vermieter kann aus einer Direktzahlung keinen eigenen Anspruch auf Zahlung der Miete geltend machen. Dem entspricht, dass § 22 Abs. 7 S. 4 SGB II keine Mitteilung an den Vermieter verlangt. Im Gegenzug muss der Vermieter auch nicht befürchten, bei Rechtswidrigkeit der Bewilligung von der Behörde auf Rückzahlung der Miete in Anspruch genommen zu werden (vgl. LSG Bayern a. a. O.).

cc) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Übernahme von Mietschulden nach § 22 Abs. 8 SGB II. Es fehlt schon an einem Bescheid hierzu. Es fehlt auch an einem dafür erforderlichen Antrag der Leistungsberechtigten (BSG, Urteil vom 17.06.2010, B 14 AS 58/09 R, Rn. 14). Der Kläger hat als Vermieter kein eigenes Antragsrecht. Es handelt sich um eine Leistung für Leistungsberechtigte - deren persönlicher Lebensbereich „Wohnen“ soll geschützt werden und sie werden in der Regel mit einem Darlehen und einer Aufrechnung belastet, § 22 Abs. 8 S. 4, § 42a SGB II.

b) Der Kläger hat auch keinen Zahlungsanspruch aus abgetretenem Recht. Die vom Kläger erhobene echte Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG ist teils unzulässig, teils unbegründet

aa) Eine Abtretung von den Teilen der Sozialleistung oberhalb der Pfändungsfreigrenze für Arbeitseinkommen nach § 53 Abs. 3 SGB I - hier ist die allgemeine Leistungsklage zulässig aber unbegründet - kommt nicht in Betracht, weil Arbeitslosengeld II grundsätzlich nicht pfändbar ist (Rechtsgrundlage strittig vgl. Seiler in Eicher, a. a. O., § 43 Rn. 19: über § 54b Abs. 4 SGB I i. V. m.§§ 850c, 850f Abs. 1 Buchst a ZPO oder analog § 17 Abs. 1 S. 2 SGB XII), zumindest im vorliegenden Fall die bewilligte Leistung mit monatlich maximal 1267,- € unter den Grenzen des § 850c Abs. 1 ZPO lag.

Im Übrigen enthält § 19 des Mietvertrags schon keine zivilrechtliche Abtretung. Satz 1 und 2 der Regelung enthalten eine Zustimmung der Mieter zu einer Direktzahlung an den Vermieter. Das ist gerade keine Abtretung des Leistungsanspruchs, sondern zielt lediglich auf eine Empfangsberechtigung im Sinne von § 22 Abs. 7 S. 1 SGB II. Diese ist allerdings nicht wirksam, weil die Direktzahlung gemäß § 22 Abs. 7 S. 1 SGB II vom Leistungsberechtigten bei der Behörde beantragt werden muss. Insoweit kann Satz 3 der Regelung, wonach der Vermieter berechtigt ist, den Mietvertrag der Behörde vorzulegen, allenfalls zu einer Direktzahlung nach § 22 Abs. 7 S. 2 SGB II führen. Die mit Satz 4 der Regelung vereinbarte Verpflichtung, der Behörde die Abtretung von Wohngeld und/oder Mietzuschüssen von sich aus offen zu legen, geht ins Leere, weil § 19 des Mietvertrags eine Abtretung von Arbeitslosengeld II nicht enthält. Dies lässt sich auch nicht dergestalt nach §§ 133, 157 BGB auslegen, dass § 19 wegen dieses Satzes eine Abtretung enthalten müsse, weil den Mietern ein derartiger Vertragswille nicht unterstellt werden kann und die vorangegangenen Sätze dafür sprechen, dass mit Satz 4 von § 19 allenfalls ein Antrag der Mieter an die Behörde auf Direktzahlung gemeint war.

bb) Die Klage aus abgetretenem Recht gemäß § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I ist schon unzulässig. Ein Anspruch hieraus kann - unabhängig von der fehlenden Abtretung - nicht bestehen, weil es an der gesonderten Feststellung des wohlverstandenen Interesses nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I fehlt. Hierzu ist ein gestaltender Verwaltungsakt erforderlich, der nicht rückwirkend erstritten werden kann, wenn die Leistung in vollem Umfang bereits an den Leistungsberechtigten selbst erbracht wurde. Für eine allgemeine Leistungsklage auf Auszahlung der Sozialleistung an den vermeintlich neuen Gläubiger (Zessionar) besteht schon kein Rechtsschutzbedürfnis wenn eine Abtretung - wie hier - von dieser Feststellung abhängig ist (BSG, Urteil vom 29.01.2014, B 5 R 36/12 R, Rn. 19). Die Verfügung vom 25.09.2012 zur Direktzahlung enthält keine Feststellung zu einer Abtretung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). § 197a SGG ist anwendbar, weil der Kläger als Vermieter der Leistungsempfänger selbst kein Leistungsempfänger oder ein Sonderrechtsnachfolger nach § 56 SGB I gemäß § 183 SGG ist. Gerade die Beschränkung der Kostenprivilegierung auf die Sonderrechtsnachfolger eines verstorbenen Leistungsberechtigten nach § 56 SGB I zeigt, dass eine behauptete schlichte Abtretung von Leistungsansprüchen nicht zu einer Kostenprivilegierung führt. Der Kläger ist unterlegen, § 154 Abs. 1 VwGO. Ein Beteiligtenwechsel innerhalb einer Instanz nach § 183 S. 2 SGG liegt nicht vor. Die an § 193 SGG orientierte Kostenentscheidung des Sozialgerichts war zu berichtigen. Soweit der Kläger nun auch für das Klageverfahren Kosten zu tragen hat, ist dies zulässig, weil für Kostenentscheidungen das Verbot der reformatio in peius nicht gilt (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 11. Auflage 2014, § 193 Rn. 2a und 16).

Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

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bei uns veröffentlicht am 29.01.2014

Tenor Die Revision wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens auch in der Revisionsinstanz.

Bundessozialgericht Urteil, 23. Mai 2013 - B 4 AS 67/12 R

bei uns veröffentlicht am 23.05.2013

Tenor Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. März 2012 wird zurückgewiesen. Der Tenor des Urteils des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16. Aug

Bundessozialgericht Urteil, 17. Juni 2010 - B 14 AS 58/09 R

bei uns veröffentlicht am 17.06.2010

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. Januar 2009 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das L

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(1) Der Bewilligungsbescheid wird vom Ersten des Monats an unwirksam, in dem der Wohnraum, für den Wohngeld bewilligt ist, von keinem zu berücksichtigenden Haushaltsmitglied mehr genutzt wird; erfolgt die Nutzungsaufgabe nicht zum Ersten eines Monats, wird der Bewilligungsbescheid vom Ersten des nächsten Monats an unwirksam. Die wohngeldberechtigte Person muss der Wohngeldbehörde unverzüglich mitteilen, dass der Wohnraum nicht mehr genutzt wird. Der Wechsel des Wohnraums innerhalb desselben Heimes im Sinne des Heimgesetzes oder entsprechender Gesetze der Länder gilt nicht als Nutzungsaufgabe.

(2) Der Wohngeldanspruch fällt für den Monat weg, in dem das Wohngeld vollständig oder überwiegend nicht zur Bezahlung der Miete oder zur Aufbringung der Belastung verwendet wird (zweckwidrige Verwendung). Der Bewilligungsbescheid ist mit Wirkung vom Ersten des Monats der zweckwidrigen Verwendung an aufzuheben, wenn seine Bekanntgabe nicht länger als zehn Jahre und die Kenntnis der Wohngeldbehörde von der zweckwidrigen Verwendung nicht länger als ein Jahr zurückliegt. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit der Wohngeldanspruch Gegenstand einer Aufrechnung, Verrechnung oder Pfändung nach den §§ 51, 52 und 54 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch ist oder auf einen Leistungsträger im Sinne des § 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch übergegangen ist.

(3) Der Bewilligungsbescheid wird von dem Zeitpunkt an unwirksam, ab dem ein zu berücksichtigendes Haushaltsmitglied nach den §§ 7 und 8 Abs. 1 vom Wohngeld ausgeschlossen ist. Im Fall des § 8 Abs. 1 Satz 3 bleibt der Bewilligungsbescheid unwirksam.

(4) Die wohngeldberechtigte Person muss der Wohngeldbehörde unverzüglich mitteilen, wenn für ein zu berücksichtigendes Haushaltsmitglied ein Verwaltungsverfahren zur Feststellung von Grund und Höhe einer Leistung nach § 7 Abs. 1 oder Abs. 2 begonnen hat oder ein zu berücksichtigendes Haushaltsmitglied eine Leistung nach § 7 Abs. 1 empfängt. Die zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder sind verpflichtet, der wohngeldberechtigten Person die in Satz 1 genannten Tatsachen mitzuteilen.

(5) Die wohngeldberechtigte Person ist von der Unwirksamkeit des Bewilligungsbescheides zu unterrichten und im Fall des Absatzes 3 auf die Antragsfrist nach § 25 Absatz 4 hinzuweisen.

(6) Der Wohngeldanspruch ändert sich nur wegen der in § 17a Absatz 3, § 27, den vorstehenden Absätzen 1 bis 3, § 42a oder der in den §§ 42b bis 44 genannten Umstände.

(1) Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen können weder übertragen noch verpfändet werden.

(2) Ansprüche auf Geldleistungen können übertragen und verpfändet werden

1.
zur Erfüllung oder zur Sicherung von Ansprüchen auf Rückzahlung von Darlehen und auf Erstattung von Aufwendungen, die im Vorgriff auf fällig gewordene Sozialleistungen zu einer angemessenen Lebensführung gegeben oder gemacht worden sind oder,
2.
wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, daß die Übertragung oder Verpfändung im wohlverstandenen Interesse des Berechtigten liegt.

(3) Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind, können in anderen Fällen übertragen und verpfändet werden, soweit sie den für Arbeitseinkommen geltenden unpfändbaren Betrag übersteigen.

(4) Der Leistungsträger ist zur Auszahlung an den neuen Gläubiger nicht vor Ablauf des Monats verpflichtet, der dem Monat folgt, in dem er von der Übertragung oder Verpfändung Kenntnis erlangt hat.

(5) Eine Übertragung oder Verpfändung von Ansprüchen auf Geldleistungen steht einer Aufrechnung oder Verrechnung auch dann nicht entgegen, wenn der Leistungsträger beim Erwerb des Anspruchs von der Übertragung oder Verpfändung Kenntnis hatte.

(6) Soweit bei einer Übertragung oder Verpfändung Geldleistungen zu Unrecht erbracht worden sind, sind sowohl der Leistungsberechtigte als auch der neue Gläubiger als Gesamtschuldner dem Leistungsträger zur Erstattung des entsprechenden Betrages verpflichtet. Der Leistungsträger hat den Erstattungsanspruch durch Verwaltungsakt geltend zu machen.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen können weder übertragen noch verpfändet werden.

(2) Ansprüche auf Geldleistungen können übertragen und verpfändet werden

1.
zur Erfüllung oder zur Sicherung von Ansprüchen auf Rückzahlung von Darlehen und auf Erstattung von Aufwendungen, die im Vorgriff auf fällig gewordene Sozialleistungen zu einer angemessenen Lebensführung gegeben oder gemacht worden sind oder,
2.
wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, daß die Übertragung oder Verpfändung im wohlverstandenen Interesse des Berechtigten liegt.

(3) Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind, können in anderen Fällen übertragen und verpfändet werden, soweit sie den für Arbeitseinkommen geltenden unpfändbaren Betrag übersteigen.

(4) Der Leistungsträger ist zur Auszahlung an den neuen Gläubiger nicht vor Ablauf des Monats verpflichtet, der dem Monat folgt, in dem er von der Übertragung oder Verpfändung Kenntnis erlangt hat.

(5) Eine Übertragung oder Verpfändung von Ansprüchen auf Geldleistungen steht einer Aufrechnung oder Verrechnung auch dann nicht entgegen, wenn der Leistungsträger beim Erwerb des Anspruchs von der Übertragung oder Verpfändung Kenntnis hatte.

(6) Soweit bei einer Übertragung oder Verpfändung Geldleistungen zu Unrecht erbracht worden sind, sind sowohl der Leistungsberechtigte als auch der neue Gläubiger als Gesamtschuldner dem Leistungsträger zur Erstattung des entsprechenden Betrages verpflichtet. Der Leistungsträger hat den Erstattungsanspruch durch Verwaltungsakt geltend zu machen.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. März 2012 wird zurückgewiesen. Der Tenor des Urteils des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16. August 2010 wird in der Hauptsache klarstellend dahingehend berichtigt, dass der Klägerin zu 1 und dem Kläger zu 2 für die Zeit vom 1. Februar 2009 bis 30. April 2009 jeweils weitere Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 87,75 Euro zu erbringen sind.

Der Beklagte hat den Klägern auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe der Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) in der Zeit vom 1.2.2009 bis 30.4.2009.

2

Die Klägerin zu 1 (geb 1960) sowie die mit ihr zusammenlebenden Söhne A (geb 1994), Kläger zu 2, und D (geb 1987 <22 Jahre>; im Folgenden: D) bezogen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Die KdU, welche der Beklagte direkt an den Vermieter zahlte, beliefen sich für die 63 qm große Wohnung auf 526,50 Euro monatlich (Kaltmiete in Höhe von 406,50 Euro, Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 50 Euro, Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 50 Euro, Hausmeisterpauschale in Höhe von 12 Euro, SAT-Antennenpauschale in Höhe von 8 Euro). Der Beklagte bewilligte der Klägerin zu 1 und ihren Söhnen als Bedarfsgemeinschaft SGB II-Leistungen für die Zeit vom 1.11.2008 bis 30.4.2009. Unter Berücksichtigung eines geringen Einkommens der Klägerin zu 1 aus Beschäftigung sowie des Kindergeldes bewilligte er jeweils Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Die KdU übernahm er in tatsächlicher Höhe und berücksichtigte den "Kopfanteilen" entsprechend bei jedem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft KdU in Höhe von 175,50 Euro (Bescheid vom 13.10.2008). Nach vorangegangenen Sanktionen entzog er dem Sohn D die SGB II-Leistungen wegen des Abbruchs einer Bildungsmaßnahme für die Zeit vom 1.2.2009 bis 30.4.2009 vollständig (bestandskräftiger Bescheid vom 6.1.2009).

3

Für den bewilligten Zeitraum errechnete der Beklagte die SGB II-Leistungen mehrfach neu (Bescheide vom 6.1., 1.2., 18.2. und 18.3.2009) und setzte den auf D entfallenden KdU-Anteil für die Monate Februar bis April 2009 mit "0 Euro" fest. Mit dem von den Klägern (erstmals) mit Widerspruch angefochtenen weiteren Bescheid vom 2.4.2009 bewilligte er die SGB II-Leistungen unter Berücksichtigung des wechselnden Einkommens der Klägerin zu 1 und der Sanktion für D für den streitigen Zeitraum vom 1.2.2009 bis 30.4.2009 erneut (dabei ergab sich für die Klägerin zu 1 und den Kläger zu 2 jeweils ein verbleibender Betrag an Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts; KdU wurden in bisheriger Höhe übernommen; für D entfielen wegen des "Minderungsbetrags aufgrund von Sanktionen" die KdU vollständig). Den Widerspruch, mit dem die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 2 den Wegfall des KdU-Anteils für D beanstandeten, wies der Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 30.9.2009).

4

Das SG hat den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 2.4.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.9.2009 verurteilt, den Klägern für die Zeit vom 1.2.2009 bis 30.4.2009 weitere KdU-Leistungen in Höhe von 175,50 Euro monatlich zu gewähren (Urteil vom 16.8.2010). Das LSG hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 22.3.2012). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, der von den Klägern angefochtene Bescheid vom 2.4.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.9.2009 sei ein sogenannter Zweitbescheid, der ungeachtet der zuvor über denselben Gegenstand getroffenen bestandkräftigen Regelungen erneut den Rechtsweg eröffnet habe. Der Beklagte habe spätestens im Widerspruchsbescheid erneut über die den Klägern zustehende KdU entschieden. Er habe hervorgehoben, dass er die Sach- und Rechtslage im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der Sanktion und auf die Höhe der KdU für die Kläger als Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft erneut und intensiv geprüft habe. Hierbei habe er sich bewusst dafür entschieden, den durch die Sanktion entstandenen KdU-Anteil der Bedarfsgemeinschaft als Ausfall zuzuordnen. Auf die Inhalte der ab 6.1.2009 ergangenen Bescheide und deren (fragliche) Bekanntgabe komme es daher nicht an. Für die Zeit vom 1.2. bis zum 30.4.2009 bestehe ein Anspruch der Kläger auf Übernahme des jeweils hälftigen KdU-Anteils ohne Abzug des Kopfanteils für D. Es könne offen bleiben, ob D im streitigen Zeitraum noch Mitglied der dreiköpfigen Bedarfsgemeinschaft gewesen sei. Für eine Obliegenheit der Kläger zur Kostensenkung fehle es an einer Kostensenkungsaufforderung. Selbst wenn man eine solche als bereits mit den ab 1.6.2009 erteilten Bescheiden verbundene ansehe, fehle eine zeitliche Vorgabe zur Reduzierung. Auch sei es nur bei einer absehbar längerfristigen und endgültigen Veränderung in der Mitgliederzahl der Bedarfsgemeinschaft für die verbliebenen Mitglieder möglich und zumutbar, die Wohnverhältnisse an die dauerhafte alleinige Nutzung der Wohnung durch nur zwei Personen anzupassen. Seien die KdU-Aufwendungen daher angemessen oder als unangemessene Kosten zu übernehmen und habe die Bedarfsgemeinschaft fortbestanden, stehe der Anrechnung eines "fiktiven" Kopfanteils entgegen, dass die (tatsächlichen) Aufwendungen der Kläger nicht mehr gedeckt seien. Die Aufteilung nach Kopfanteilen setze voraus, dass der aktuell bestehende Unterkunftsbedarf von mehreren Personen gedeckt werde. Der anteilige Wegfall bei der Übernahme der Wohnungsaufwendungen führe zu einer (vorübergehenden) Unterdeckung eines bisher durch die gemeinsame Nutzung der Wohnung gedeckten Bedarfs. Dann bestehe ein Anspruch auf Tragung der tatsächlichen bzw angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung durch den SGB II-Träger, weil die Verpflichtung der Leistungsberechtigten zur Zahlung der KdU im Außenverhältnis unverändert fortbestehe. Den übrigen Mitgliedern dürfe nicht (mittelbar) ein Fehlverhalten zugerechnet werden, auf das sie jedenfalls bei über 18jährigen Mitgliedern ihrer Bedarfsgemeinschaft grundsätzlich keinen rechtlich relevanten Einfluss hätten. Es bestehe ein ungelöster Wertungswiderspruch, weil die Umsetzung einer Sanktion anderen Kriterien zu genügen habe als die Senkung unangemessener KdU. Während eine Sanktion rasch umgesetzt werden müsse, werde bei der Senkung der KdU eine Zeitspanne eingeräumt, um dem konkreten Wohnbedarf in seinen rechtlichen wie tatsächlichen Aspekten Rechnung zu tragen.

5

Mit seiner Revision macht der Beklagte geltend, es bestehe kein Anlass für eine Abweichung von dem Prinzip des Individualanspruchs. Eine Lücke im eigenen Bedarf der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft liege nicht vor. Wegen der Höhe der durch die Sanktion entstehenden Mietschulden bestehe in der Regel kein Kündigungsgrund. In vergleichbaren Fallkonstellationen werde die Aufteilung der KdU nach Kopfteilen auf die Nutzer der Wohnung ausnahmslos bestätigt ("fiktiver" Kopfanteil), obwohl auch dort das Argument hinsichtlich der Außenwirkung zum Vermieter und möglicher Wohnungslosigkeit greife. Das angefochtene Urteil verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil nicht in einer Bedarfsgemeinschaft lebende Jugendliche einen Wohnungsverlust nur durch eine Arbeitsaufnahme oder ein Darlehen vermeiden könnten. Dies sei auch den in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Jugendlichen zumutbar, weil deren Sanktionierung ansonsten regelmäßig und teilweise "ins Leere laufe".

6

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. März 2012 und das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16. August 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Kläger beantragen,
die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

8

Sie führen aus, die Aufteilung nach Kopfteilen sei nicht wegen einer gemeinsamen Nutzung der Wohnung, sondern deshalb gerechtfertigt, weil der aktuell bestehende Unterkunftsbedarf von mehreren Personen gedeckt werde. Eine strikte Anwendung des Kopfteilprinzips führe dazu, dass die übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft in "sippenhaftähnlicher Weise" für ein Fehlverhalten eines anderen Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft haften würden.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Beklagten ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben zu Recht entschieden, dass die Kläger in dem hier streitigen Zeitraum jeweils Anspruch auf höhere Aufwendungen für KdU in der zuerkannten Höhe haben.

10

1. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid vom 2.4.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.9.2009, mit dem der Beklagte KdU für die Klägerin zu 1 und den Kläger zu 2 weiterhin nur in Höhe der bisher zuerkannten Leistungen von je 175,50 Euro bewilligt hat. Ausgehend von dem objektiven Regelungsgehalt des angefochtenen Bescheids und dem Klageantrag ist Streitgegenstand hingegen nicht die direkte Auszahlung der bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung an den Vermieter der Kläger. Der Beklagte hat mit der Bestimmung eines anderen Empfängers der den Klägern bewilligten Leistungen lediglich die Auszahlungsmodalitäten modifiziert, nicht jedoch die Bewilligung der Leistungen dem Grunde und der Höhe nach verändert. Das zuvor behandelte Begehren der Kläger auf höhere Leistungen umfasst nicht die Auszahlung der gesamten Leistungen an sie. Der Beklagte hat die Bestimmung eines anderen Empfängers zudem im Bescheid vom 2.4.2009 in einem selbstständigen Verfügungssatz geregelt. Insoweit haben die Kläger den Bescheid jedoch nicht angefochten (vgl hierzu Urteil des Senats vom 28.3.2013 - B 4 AS 12/12 R - SozR 4-4200 § 20 Nr 18 RdNr 12).

11

Die Kläger wenden sich gegen den Bescheid vom 2.4.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 30.9.2009 zurecht mit der Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG). Wegen des sanktionsbedingten Wegfalls der KdU für D im streitigen Zeitraum vom 1.2.2009 bis 30.4.2009 ist ihr Begehren auf höhere KdU gerichtet, als diese in den vorangegangenen Bescheiden für den streitigen Zeitraum jeweils bewilligt wurden. Das LSG hat zurecht angenommen, dass es sich bei dem angefochtenen Bescheid vom 2.4.2009 um einen Zweitbescheid handelte, mit dem der Beklagte die Individualansprüche für den streitigen Zeitraum erneut und in vollem Umfang überprüfbar geregelt hat. Die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 2 können jeweils höhere Leistungen in der von den Vorinstanzen angenommenen Höhe beanspruchen. Insofern ist - als Besonderheit des SGB II - zu berücksichtigen, dass kein Anspruch der Bedarfsgemeinschaft oder Teilen der Bedarfsgemeinschaft als solcher existiert, sondern Anspruchsinhaber jeweils - individuell - die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind (grundlegend BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 12). Mit dem Bescheid vom 2.4.2009 hat der Beklagte - in getrennt zu betrachtenden Verfügungen - Einzelansprüche der Klägerin zu 1 und ihrer beiden Söhne bewilligt. Der Tenor der erstinstanzlichen Entscheidung ist daher dahin zu korrigieren, dass der ausgeurteilte Gesamtbetrag in Höhe von 175,50 Euro jeweils anteilig auf die Klägerin zu 1 und den Kläger zu 2 verteilt wird.

12

Die Kläger haben den Streitgegenstand zulässigerweise auf die Leistungen der Unterkunft und Heizung beschränkt. Insofern haben sie keine Einwände gegen das erstinstanzliche Urteil erhoben, mit dem das SG ausdrücklich nur weitere KdU zugesprochen hat. Es ist daher davon auszugehen, dass die in den Bewilligungsbescheiden gleichfalls geregelte Höhe der Regelleistung sowie die Berücksichtigung des Einkommens der Klägerin zu 1, das schon ihren eigenen Regelbedarf nicht deckte, nicht Gegenstand des Verfahrens sind. Bei den KdU handelt es sich um abtrennbare Verfügungen des Gesamtbescheids, ohne dass eine weitere Aufspaltung in die Leistungen für Unterkunft und Heizung rechtlich möglich ist (stRspr seit BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f). Dies gilt zumindest für laufende Verfahren über vor dem 1.1.2011 abgeschlossene Bewilligungsabschnitte (BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 11; Urteil des Senats vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 11).

13

2. Die materielle Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheids vom 2.4.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.9.2009 beurteilt sich nach § 40 Abs 1 SGB II iVm § 48 Abs 1 S 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB X). Wegen § 40 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB II iVm § 330 Abs 3 S 1 SGB III ist diese Rechtsfolge zwingend. Haben sich Veränderungen in den rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnissen ergeben, die dazu führen, dass der Verwaltungsakt dem Grunde oder der Höhe nach so nicht mehr ergehen dürfte, so liegt eine wesentliche Änderung vor (Brandenburg in jurisPK-SGB X, 2013, § 48 RdNr 60). Eine Änderungswirkung zugunsten des Berechtigten liegt vor, wenn die Änderung nach objektiver Betrachtungsweise "per saldo" einen Vorteil bewirkt (BSG SozR 2200 § 1255a Nr 19).

14

Dies ist hier ausgehend von den Individualansprüchen der Kläger zu 1 und 2 auf SGB II-Leistungen der Fall. Gegenüber den Verhältnissen, die dem Bewilligungsbescheid vom 13.10.2008 und den weiteren Änderungsbescheiden zugrundelagen, mit denen der Beklagte den Klägern jeweils 175,50 Euro als KdU bewilligte, ist eine Änderung eingetreten, weil sie für die Zeit vom 1.2.2009 bis 30.4.2009 Ansprüche auf weitere KdU-Leistungen in Höhe von 87,75 Euro hatten. Bezogen auf die Kläger zu 1 und 2 wird durch den tatsächlichen Wegfall des bisher an den Vermieter direkt überwiesenen KdU-Anteils für D auf der Grundlage der Kürzung des Individualanspruchs des D durch den Bescheid vom 2.4.2009 zeitgleich eine wesentliche Änderung bewirkt, weil bei ihnen ein höherer Bedarf an KdU entstand, den sie nicht durch Einkommen oder Vermögen innerhalb der Bedarfsgemeinschaft decken konnten. Dieser Sonderfall rechtfertigt eine Abweichung vom "Kopfteilprinzip".

15

3. Das LSG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die für einen Anspruch der Kläger auf höhere Leistungen notwendigen Anspruchsvoraussetzungen für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II dem Grunde nach vorlagen. Insofern hat das LSG für den Senat bindend festgestellt, dass sie zum leistungsberechtigten Personenkreis nach dem SGB II gehörten und dem Grunde nach Anspruch auf Übernahme der KdU hatten. Beide hatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB II). Die im Jahre 1960 geborene Klägerin zu 1 war erwerbsfähig (§ 7 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB II), hatte das 15. Lebensjahr vollendet, die Altersgrenze nach § 7a SGB II aber noch nicht erreicht(§ 7 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB II). Der 1994 geborene Kläger zu 2 lebte mit ihr in einer Bedarfsgemeinschaft, beide waren hilfebedürftig, der Kläger zu 2 verfügte - mit Ausnahme des Kindergeldes - über kein eigenes Einkommen oder Vermögen, die Klägerin zu 1 erzielte in dem hier in Rede stehenden Zeitraum nur das berücksichtigte Einkommen, welches schon ihren eigenen Bedarf nicht deckte (§ 7 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II).

16

4. a) Die Kläger können in dem hier streitigen Zeitraum vom 1.2.2009 bis 30.4.2009 die Übernahme der KdU in tatsächlicher Höhe und jeweils zur Hälfte unmittelbar aus § 22 Abs 1 S 1 SGB II beanspruchen.

17

Nach § 22 Abs 1 S 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Von § 22 Abs 1 S 1 SGB II erfasst sind sämtliche Zahlungsverpflichtungen, die sich aus dem Mietvertrag bzw einer mit dem Vermieter getroffenen Vereinbarung für die Unterkunft ergeben und tatsächlich gezahlt werden(BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 20 RdNr 19 ff zum Nutzungsentgelt für die Küchenmöblierung; BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, RdNr 15 ff zu den Kosten eines Kabelanschlusses). Angeknüpft wird an die rechtliche und tatsächliche Verpflichtung zur Mietzinszahlung im Rahmen des Mietverhältnisses. Ausreichend ist, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige einer ernsthaften Mietzinsforderung ausgesetzt ist (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 21 RdNr 16 ff; BSGE 104, 179 = SozR 4-4200 § 22 Nr 24, RdNr 16; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 2/10 R - juris RdNr 15).

18

b) Von den tatsächlichen und - mit den Überlegungen des LSG - zumindest als angemessenen zu unterstellenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung im streitigen Zeitraum in Höhe von 526,50 Euro ist nicht der auf D entfallende Anteil an den KdU abzuziehen. Zwar sind die KdU im Regelfall unabhängig von Alter und Nutzungsintensität anteilig pro Kopf aufzuteilen, wenn Hilfebedürftige eine Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen, insbesondere anderen Familienangehörigen, nutzen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Personen Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft sind oder nicht (stRspr BSG Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R - BSGE 97, 265 = SozR 4-4200 § 20 Nr 3, RdNr 28; BSG Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 7/07AS 7/07 R - juris RdNr 19; BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 55/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 9 = SGb 2010, 163 ff, RdNr 18 f; BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 33; BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/11b AS 61/0AS 61/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 12 RdNr 19; BSG Urteil vom 27.1.2009 - B 14/7b AS 8/07 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 4 RdNr 19; BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 61/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 44 RdNr 18). Hintergrund für dieses auf die Rechtsprechung des BVerwG (vom 21.1.1988 - 5 C 68/85 - BVerwGE 79, 17) zurückgehende "Kopfteilprinzip" sind Gründe der Verwaltungsvereinfachung sowie die Überlegung, dass die gemeinsame Nutzung einer Wohnung durch mehrere Personen deren Unterkunftsbedarf insgesamt abdeckt und in aller Regel eine an der unterschiedlichen Intensität der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen für die Erfüllung des Grundbedürfnisses Wohnen nicht zulässt.

19

Bei der Aufteilung nach Kopfteilen im Rahmen des § 22 Abs 1 SGB II handelt es sich um eine generalisierende und typisierende Annahme aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität, die jedoch nicht gesetzlich als den Anspruch auf KdU begrenzend festgeschrieben ist. Insofern findet sich in § 22 Abs 1 SGB II keine bedarfsbeschränkende Festlegung des Gesetzgebers auf das Prinzip der anteiligen Verteilung der KdU nach der Anzahl der im Haushalt lebenden Personen. Bei den KdU greift der Individualisierungsgrundsatz mit der Anknüpfung an die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung, deren Angemessenheit als begrenzend wirkt. Es besteht ein Unterschied zu den Regelleistungen nach dem SGB II, bei denen eine anspruchsbegrenzende Pauschalierung der Bedarfe gesetzlich vorgesehen ist.

20

In Anknüpfung an die Rechtsprechung des BVerwG, das eine Korrektur des Grundsatzes der Pro-Kopf-Aufteilung zugelassen hat, wenn und soweit der Hilfefall durch "sozialhilferechtlich bedeutsame Umstände" gekennzeichnet war, die "ohne weiteres objektivierbar" und "dem Träger der Sozialhilfe möglicherweise sogar bereits bekannt" waren (BVerwGE 79, 17 ff, zB Behinderung oder Pflegebedürftigkeit, die ein anerkennenswertes Maß an Unterkunftsbedarf in der Person der oder des Hilfebedürftigen oder eines anderen Mitglieds der Haushaltsgemeinschaft ausmachten), hat es auch das BSG als möglich und notwendig angesehen, im Einzelfall vom "Kopfteilprinzip" abzuweichen (BSGE 97, 265 = SozR 4-4200 § 20 Nr 3; BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 4, RdNr 19 "Sonderfälle"). Eine Abweichung vom Kopfteilprinzip hat der 14. Senat des BSG bei gemeinsam in einer Wohnung, aber nicht in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen bejaht, wenn eine andere Aufteilung aufgrund eines Vertrags bei objektiver Betrachtung aufgrund eines schon vor Eintritt der Hilfebedürftigkeit vereinbarten notariellen Vertrags und der daraus folgenden Stellung als Eigentümer angezeigt sei (BSG Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 36/12 R - RdNr 28, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; bereits angedeutet in BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 12, RdNr 19). Weiter haben die für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG eine Abweichung vom Prinzip der Aufteilung nach "Kopfanteilen" in Fallgestaltungen erörtert, in denen durch eine Berücksichtigung der KdU nach Kopfanteilen eine Bedarfsunterdeckung in Frage stand (vgl zB BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 9 RdNr 18; BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 4 RdNr 19; vgl hierzu auch Frank in GK-SGB II § 22 RdNr 19, Stand März 2010).

21

c) Hier sind die Voraussetzungen für eine Abweichung vom Kopfteilprinzip aus bedarfsbezogenen Gründen gegeben, die auch bei gemeinsamer Nutzung der Wohnung durch eine Bedarfsgemeinschaft vorliegen können (vgl zur Übernahme der KdU bei vorübergehender Ortsabwesenheit eines Partners: BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 42).

22

Aus "bedarfsbezogenen Gründen", nämlich wegen des vollständigen Wegfalls der KdU-Leistungen für D, entstanden der Klägerin zu 1 und dem Kläger zu 2 in dem streitigen Zeitraum höhere Kosten für die Wohnung und Heizung. Sie konnten schon deshalb nicht darauf verwiesen werden, den KdU-Anteil von D zu verlangen, weil der Beklagte mit dem rechtskräftigen Bescheid vom 6.1.2009 sowie mit dem Bewilligungsbescheid vom 2.4.2009 als der zur Sicherstellung des Existenzminimums zuständige Träger den vollständigen Wegfall des KdU-Anteils für D in dem hier streitigen Zeitraum verfügte. Zwar ist zweifelhaft, ob dies berechtigt war. § 31 Abs 5 S 6 SGB II iVm § 31 Abs 3 S 6 SGB II sieht vor, dass der zuständige Träger bei einer Minderung des Alg II um mehr als 30 vH der nach § 20 maßgebenden Regelleistung in angemessenen Umfang ergänzende Sachleistungen und geldwerte Leistungen erbringen kann und diese nach § 31 Abs 3 S 7 SGB II erbringen soll, wenn der Hilfebedürftige mit minderjährigen Kindern in Bedarfsgemeinschaft lebt. Letzteres war hier der Fall, weil auch der minderjährige Bruder des Klägers in der Bedarfsgemeinschaft lebte. D hat jedoch - ausgehend von den seitens der Beteiligten nicht gerügten, bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) - den Sanktionsbescheid vom 6.1.2009 und den seinen Individualanspruch betreffenden Teil des Bescheides vom 2.4.2009 nicht angegriffen, ohne dass die Klägerin zu 1 bei ihrem volljährigen Sohn hierauf Einfluss hatte. Nach dem Inhalt der vom LSG in Bezug genommenen Bewilligungsbescheide war bei D auch kein Einkommen oder Vermögen vorhanden, aus dem er den auf ihn entfallenden KdU-Anteil während des Sanktionszeitraums hätte bestreiten können. Dem Beklagten war daher bekannt, dass der durch die von ihm veranlasste Sanktion eine Bedarfsunterdeckung bei den KdU auch bei den Klägerin zu 1 und dem minderjährigen Kläger zu 2 eingetreten war.

23

d) Die Kläger können auch nicht darauf verwiesen werden, ihren tatsächlichen mietvertraglichen Verpflichtungen nicht vollständig nachzukommen und eine weitere Erhöhung der hier nach den Feststellungen des LSG bereits vorhandenen Mietschulden hinzunehmen. Im Bereich der KdU sind die existenzsichernden Leistungen dergestalt geregelt, dass ein Anspruch auf Übernahme der KdU-Aufwendungen nicht erst besteht, wenn eine Kündigung des Mietverhältnisses unmittelbar bevorsteht. Es besteht mit dieser Maßgabe eine Verpflichtung des SGB II-Trägers zur Deckung des (hier vorübergehend erhöhten) individuellen Bedarfs jedes Grundrechtsträgers (BVerfGE 125, 175 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 12, juris RdNr 137; Wersig in info also 2011, 51 ff, 52).

24

Der Einwand des Beklagten, dass durch die Erhöhung des KdU-Anteils für die Kläger die Sanktionierung von D "abgemildert" werde, kann aus Rechtsgründen zu keinem anderen Ergebnis führen. Die Klägerin zu 1 ist wegen der vom SGB II vorgesehenen Konstruktion der Bedarfsgemeinschaft zum Einsatz ihres Einkommens und Vermögens auch für D verpflichtet. Eine darüberhinausgehende faktische Mithaftung für ein nach dem SGB II sanktioniertes Verhalten des volljährigen Kindes durch Hinnahme einer Bedarfsunterdeckung ist nicht vorgesehen (vgl zur Vermeidung von personenübergreifenden Sanktionsfolgen: Geiger in info also 2010, 3 ff; Berlit in Existenzsicherungsrecht, 2. Aufl 2013, Kapitel 28, RdNr 34). Zudem ist die Sanktion für D nicht vollständig entfallen, weil auch der Regelbedarf teilweise gekürzt bzw als Sachleistung erbracht worden ist. Ob ein KdU-Anteil in diesen Fallgestaltungen zu übernehmen ist, muss einzelfall- und bedarfsbezogen geprüft werden. Die von dem Beklagten als mögliche Folge beschriebene Ungleichbehandlung des D mit nicht in einer Bedarfsgemeinschaft mit Angehörigen lebenden Personen bei einer Sanktionierung liegt schon deshalb nicht vor, weil eine andere Ausgangslage gegeben ist und wirkt sich im Übrigen auch nicht auf den Anspruch der Klägerin zu 1 und den minderjährigen Kläger zu 2 aus.

25

Unschädlich ist schließlich, dass bei der Klägerin zu 1 und dem Kläger zu 2 eine höhere Belastung durch KdU während des Mietverhältnisses eingetreten ist. § 22 Abs 1 S 1 SGB II enthält keine Beschränkung der zu übernehmenden tatsächlichen Unterkunftskosten auf solche Kosten, die bereits bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II zu zahlen waren(zu einer möglicherweise zivilrechtlich unwirksamen Staffelmietvereinbarung: BSGE 104, 179 = SozR 4-4200 § 22 Nr 24, RdNr 16 ff; BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 61 zu erhöhten Mietkosten wegen einer Modernisierungsmaßnahme nach Eintritt der Hilfebedürftigkeit).

26

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 304/14
Verkündet am:
7. Mai 2015
P e l l o w s k i
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Indem der Sozialhilfeträger der Zahlungsverpflichtung des Hilfeempfängers gegenüber
dem Leistungserbringer (hier: ambulanter Pflegedienst) durch Kostenübernahmebescheid
beitritt, wandelt sich die zivilrechtliche Schuld aus dem
zwischen dem Hilfeempfänger und dem Leistungserbringer geschlossenen
Dienstleistungsvertrag nicht in eine öffentlich-rechtliche um (im Anschluss an
BSGE 102, 1). Der Schuldbeitritt teilt seinem Wesen nach die Rechtsnatur der
Forderung, zu der er erklärt wird (im Anschluss an Senatsurteile vom 22. Juni
1978 - III ZR 109/76, BGHZ 72, 56 und vom 6. November 2008 - III ZR 279/07,
BGHZ 178, 243).

b) Entsprechend der zivilrechtlichen Natur des Anspruchs, zu dem der Schuldbeitritt
erklärt wird, sind die §§ 286 ff BGB anwendbar, wenn der Sozialhilfeträger
die übernommene Zahlungsverpflichtung verspätet erfüllt.
BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - III ZR 304/14 - LG Berlin
AG Berlin-Köpenick
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Mai 2015 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Seiters,
Tombrink, Dr. Remmert und Reiter

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 49 des Landgerichts Berlin vom 17. September 2014 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsrechtszugs hat der Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin nimmt das beklagte Land auf Zahlung von Verzugszinsen sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten im Zusammenhang mit der Erbringung ambulanter Pflegeleistungen in Anspruch.
2
Die Klägerin betreibt einen ambulanten Pflegedienst und hatte mit den Pflegebedürftigen G. D. , E. T. und G. E. privatrechtliche Verträge über die Erbringung ambulanter Pflegeleistungen geschlossen. Der Beklagte übernahm als Träger der Sozialhilfe jeweils durch Bescheid gegenüber den Pflegebedürftigen die Kosten der erbrachten Pflegeleistungen. Eine Kopie der Bescheide erhielt die Klägerin zur Kenntnisnahme.

3
Mit Schreiben vom 24. Juni 2003 erklärte die Klägerin den Beitritt zu der Vereinbarung nach § 93 Abs. 2 BSHG zwischen dem Beklagten und den Verbänden der Träger von ambulanten Pflegeeinrichtungen vom 4. Oktober 1996 über die Erbringung von Leistungen der Haushilfe und der Hauspflege nach § 11 Abs. 3, §§ 68 ff, 70 BSHG. § 8 der Vereinbarung lautet wie folgt: "Zahlungsverfahren Die Abrechnung erfolgt kalendermonatlich. Die Rechnungen sind beim zuständigen Bezirksamt innerhalb von zwei Monaten nach Leistungserbringung einzureichen. … Die Bezahlung von nicht zu beanstandenden Rechnungen soll innerhalb von drei Wochen nach Eingang erfolgen … Sollte in begründeten Fällen eine Zahlung innerhalb der genannten Fristen nicht möglich sein, leistet das zuständige Bezirksamt eine Abschlagszahlung von 80 %, bezogen auf den Betrag der Vormonatsrechnung. Im Übrigen gelten die in der Rahmenvereinbarung nach § 75 Abs. 1 und 2 SGB XI getroffenen Regelungen."
4
Die Klägerin ist des weiteren Mitglied im Anbieterverband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen e.V. (vormals Arbeitgeberverband im Gesundheitswesen e.V.). Zwischen diesem, den Landesverbänden der Pflegekassen und dem Beklagten wurde am 15. November 2006 ein Rahmenvertrag gemäß § 75 Abs. 1 und 2 SGB XI zur ambulanten pflegerischen Versorgung abgeschlossen. Dieser Vertrag enthält in § 17 Regelungen zum Abrechnungsverfahren : "(7) Die Abrechnung der Pflegeleistungen erfolgt kalendermonatlich. Die Rechnungen sind bei der Pflegekasse oder einer von ihr benannten Abrechnungsstelle in der Regel innerhalb von zwei Monaten nach Leistungserbringung einzureichen. Die Bezahlung der ordnungsgemäß erstellten Rechnungen erfolgt spätestens innerhalb von 14 Tagen nach Eingang bei der Pflegekasse oder der von der Pflegekasse benannten Abrechnungsstelle … (8) Näheres zur Abrechnung und Zahlungsweise, insbesondere Zeitpunkt der Rechnungsstellung, Abweichung bei Schlussrechnungen , Zahlung von Abschlägen und Verfahren bei Überschreitung der vereinbarten Fristen vereinbaren ggf. die Partner dieses Rahmenvertrages. Es bleibt den Pflegekassen und Pflegediensten vorbehalten, spezifische Regelungen zur Abrechnung und Zahlungsweise nach rechtzeitiger Rücksprache miteinander zu vereinbaren."
5
Die gegenüber den Hilfeempfängern erbrachten Pflegeleistungen stellte die Klägerin wie folgt in Rechnung: E. : Rechnung vom 9. September 2012 in Höhe von 325,38 € T. : Rechnung vom 4. November 2012 in Höhe von 81,48 € D. : Zwei Rechnungen vom 6. November 2012 in Höhe von 39,57 € beziehungsweise 283,47 €.
6
Da der Beklagte ohne Angabe von Gründen keine Zahlungen leistete, forderte ihn die Klägerin mit Mahnschreiben vom 30. Oktober 2012 (E. ) und 28. Dezember 2012 (D. , T. ) auf, den jeweiligen Rechnungsbetrag unverzüglich zu überweisen. Nachdem auch weitere Mahnungen erfolglos blieben, verlangte die Klägerin mit gesonderten Anwaltsschreiben vom 27. Februar 2013 Zahlung bis zum 9. März 2013. Zugleich machte sie Verzugszinsen sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten geltend.
7
Am 25. März 2013 beglich der Beklagte die offenen Rechnungsbeträge (ohne Verzugszinsen und Rechtsanwaltskosten).
8
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Zahlung von Verzugszinsen aus den jeweiligen Rechnungsbeträgen für den Zeitraum ab 30 Tagen nach Rechnungszugang bis zum 25. März 2013 in Höhe von insgesamt 13,46 € so- wie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von insgesamt 213,49 € nebst Prozesszinsen.
9
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die zugelassene Berufung hat das Landgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben.
10
Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe


11
Die Revision des Beklagten hat keinen Erfolg.

I.

12
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
13
Da der Beklagte die unstreitigen Rechnungen erst am 25. März 2013 und damit nach Ablauf der in den Verbandsverträgen bestimmten Fristen beglichen habe, stünden der Klägerin die geltend gemachten Verzugszinsen gemäß § 286 Abs. 2, 3, § 288 BGB zu. Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs seien anwendbar. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (grundlegend BSGE 102, 1) bewirke die Übernahme der Pflegekosten durch Bescheid des Sozialhilfeträgers als Verwaltungsakt mit Drittwirkung eine Schuldübernahme in Form eines Schuldbeitritts. Der Sozialhilfeträger trete auf diese Weise als Gesamtschuldner in Höhe der bewilligten Leistungen an die Seite des Sozialhilfeempfängers. Durch den Schuldbeitritt mutiere die Schuld, zu der beigetreten werde und die aus dem privatrechtlichen Pflegevertrag resultiere, nicht zu einer öffentlich-rechtlichen. Vielmehr teile der Anspruch des Leistungserbringers gegen den Sozialhilfeträger die zivilrechtliche Rechtsnatur der Forderung.
14
Die Verzugsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs seien auch nicht durch die Verbandsverträge abbedungen worden. Während in dem Vertrag vom 4. Oktober 1996 nicht einmal eine feste Zahlungsfrist vorgesehen sei, bestimme die Rahmenvereinbarung vom 15. November 2006 lediglich eine bestimmte Frist von 14 Tagen nach Rechnungseingang. Weitergehende vertragliche Regelungen fehlten. Insbesondere seien die gesetzlichen Verzugsfolgen nicht ausgeschlossen worden.
15
Entgegenstehende gesetzliche Regelungen seien ebenfalls nicht ersichtlich. Im Sozialrecht befassten sich nur wenige Vorschriften mit Fragen der Verzinsung. Keine dieser Bestimmungen sei einschlägig. Sozialrechtliche Vorschriften seien auf die vorliegenden Pflegeverträge ohnehin nicht anwendbar, da diese privatrechtlicher Natur seien.

16
Der Klägerin stehe auch ein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten aus § 280 Abs. 1 BGB zu. Der Beklagte sei mit der Bezahlung der Rechnungen in Verzug geraten. Die Einschaltung eines Rechtsanwalts sei erforderlich und zweckmäßig gewesen. Der Anspruch bestehe auch in der geltend gemachten Höhe. Es habe sich um verschiedene Angelegenheiten im Sinne von § 15 RVG gehandelt. Die Klägerin habe daher zu jedem Pflegebedürftigen separat abrechnen dürfen. Es habe auch die Regelgebühr von 1,3 nach Nr. 2300 VV RVG angesetzt werden dürfen, da der zu beurteilende Sachverhalt nicht einfach gewesen sei. Die geltend gemachten Prozesszinsen ergäben sich aus § 291 BGB.

II.


17
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung stand.
18
Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Klägerin Verzugszinsen nach § 288 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB zustehen und sie gemäß § 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in der geltend gemachten Höhe verlangen kann.
19
1. Die Verzugsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs, insbesondere §§ 286 ff BGB, gelten auch, soweit der Beklagte als Sozialhilfeträger der Zahlungsverpflichtung der Hilfeempfänger aus den privatrechtlichen Pflegeverträgen durch Bewilligungsbescheide beigetreten ist (kumulative Schuldübernahme ).
20
a) Das Leistungserbringungsrecht der Sozialhilfe ist im Bereich der pflegerischen Versorgung durch das so genannte sozialhilferechtliche Dreiecksverhältnis geprägt, das die wechselseitigen Rechtsbeziehungen zwischen dem Träger der Sozialhilfe, dem Leistungsberechtigten (Hilfeempfänger) und dem Leistungserbringer (Pflegedienst) sinnbildlich darstellt (grundlegend BSGE 102, 1 Rn. 15 ff).
21
aa) Zwischen dem bedürftigen Hilfeempfänger und dem Sozialhilfeträger besteht ein öffentlich-rechtliches Leistungsverhältnis (Grundverhältnis), das sich nach den Vorschriften des SGB XII beurteilt. Die Entscheidung über die Gewährung von Sozialhilfeleistungen ergeht durch Verwaltungsakt. Das Grundverhältnis ist Fundament und rechtlicher Maßstab für die übrigen Rechtsbeziehungen (Ausstrahlungswirkung). Im Rahmen des Grundverhältnisses stehen dem Sozialhilfeempfänger keine Primäransprüche auf Zahlung entstehender oder entstandener Kosten an sich selbst zu; er kann vom Sozialhilfeträger ausschließlich die Übernahme dieser Kosten (Sachleistungsverschaffungspflicht) in Form der Zahlung an den Leistungserbringer verlangen (Jaritz/Eicher, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 75 SGB XII Rn. 32, 38; Eicher, SGb 2013, 127, 128).
22
bb) Der Kostenübernahmeanspruch des Leistungsempfängers gegenüber dem Sozialhilfeträger setzt voraus, dass zwischen dem bedürftigen Hilfeempfänger und dem Leistungserbringer ein zivilrechtlicher Vertrag geschlossen wird, auf Grund dessen ein Anspruch auf Erbringung von Betreuungs-, Hilfeund Förderleistungen sowie gegebenenfalls Unterkunft und Verpflegung besteht (privatrechtliches Erfüllungsverhältnis). Im Gegenzug ist der bedürftige Hilfeempfänger zur Zahlung des vertraglich vereinbarten Entgelts verpflichtet. Die gegenüber dem Leistungserbringer bestehende Zahlungsverpflichtung des Hilfeempfängers ist der Bedarf, den der Sozialhilfeträger im Grundverhältnis - durch Vergütungsübernahme - decken muss (Jaritz/Eicher aaO § 75 SGB XII Rn. 34; Eicher aaO).
23
cc) Grundlage der Rechtsbeziehung zwischen dem Leistungserbringer und dem Sozialhilfeträger (öffentlich-rechtliches Sachleistungsverschaffungsverhältnis ) sind zum einen (öffentlich-rechtliche) Vereinbarungen nach § 93 Abs. 2 BSHG beziehungsweise § 75 Abs. 3 SGB XII, die auf örtlicher Ebene zwischen dem zuständigen Sozialhilfeträger und dem Leistungserbringer geschlossen werden, und zum anderen Rahmenverträge auf Landesebene (vgl. Jaritz/Eicher aaO § 75 SGB XII Rn. 36; Eicher aaO). Da der Sozialhilfeträger die Leistungen grundsätzlich nicht selbst erbringt, hat er durch Verträge mit den Leistungserbringern eine Sachleistung durch diese sicherzustellen. Dadurch wird dem Hilfeempfänger die Sozialleistung verschafft (BSGE 102, 1 Rn. 17). Zugleich modifizieren die Vereinbarungen das Grundverhältnis und beeinflussen ("überlagern") das Erfüllungsverhältnis (Jaritz/Eicher aaO § 75 SGB XII Rn. 34, 40).
24
b) Nach § 93 Abs. 2 BSHG beziehungsweise § 75 Abs. 3 SGB XII ist die "Übernahme" der dem Leistungserbringer zustehenden Vergütung untrennbarer Bestandteil der Sachleistungsverschaffungspflicht des Trägers der Sozialhilfe. Rechtlich geschieht dies - bei fortbestehender Verpflichtung des Hilfeempfängers aus dem im Erfüllungsverhältnis geschlossenen privatrechtlichen Vertrag - in Form eines Schuldbeitritts des Sozialhilfeträgers (kumulative Schuldübernahme ) durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung (BSGE 102, 1 Rn. 22 ff; BSG, Beschluss vom 18. März 2014 - B 8 SF 2/13 R, BeckRS 2014, 68095 Rn. 7; siehe auch Bayerisches LSG, Beschluss vom 26. November 2012 - L 18 SO 173/12 B, BeckRS 2013, 68424 = juris Rn. 15 ff). Der Schuldbeitritt hat dann zum einen einen unmittelbaren Zahlungsanspruch des Leistungserbringers ge- gen den Sozialhilfeträger, zum anderen einen Anspruch des Hilfeempfängers gegen den Sozialhilfeträger auf Zahlung an den Leistungserbringer zur Folge. Der Sozialhilfeträger tritt auf diese Weise als Gesamtschuldner im Sinne der §§ 421 ff BGB in Höhe der bewilligten Leistung, wie sie in dem gegenüber dem Hilfsbedürftigen ergehenden Kostenübernahmebescheid ausgewiesen ist, an die Seite des Sozialhilfeempfängers (BSGE aaO Rn. 25). Dadurch, dass der Sozialhilfeträger mit dem Kostenübernahmebescheid der Schuld des Hilfeempfängers beitritt und der Leistungserbringer auf Grund dieses Schuldbeitritts direkt einen Zahlungsanspruch gegen den Sozialhilfeträger hat, wandelt sich die zivilrechtliche Schuld aus dem im Erfüllungsverhältnis zwischen dem Hilfeempfänger und dem Leistungserbringer geschlossenen (Dienst-)Vertrag nicht in eine öffentlich-rechtliche um. Denn ein Schuldbeitritt teilt seinem Wesen nach die Rechtsnatur der Forderung des Gläubigers, zu der er erklärt wird (Senatsurteile vom 22. Juni 1978 - III ZR 109/76, BGHZ 72, 56, 58 ff und vom 6. November 2008 - III ZR 279/07, BGHZ 178, 243 Rn. 14; BGH, Urteil vom 16. Oktober 2008 - XI ZR 132/06, BGHZ 174, 39 Rn. 23; Senatsbeschlüsse vom 17. September 2008 - III ZB 19/08, WM 2008, 2153 Rn. 16 und III ZB 50/08, BeckRS 2008, 21300 Rn. 16). Der Sozialhilfeträger wird durch den Schuldbeitritt Gesamtschuldner einer zivilrechtlichen Forderung, deren Gläubiger der Leistungserbringer ist und die gegebenenfalls im Zivilrechtsweg geltend zu machen ist. Die Schuld, der beigetreten wird, kann rechtlich für den Beitretenden nicht zu einer öffentlich-rechtlichen mutieren, während sie bei dem bisherigen Alleinschuldner eine privatrechtliche bleibt (BSG, Beschluss vom 18. März 2014 aaO Rn. 8; Bayerisches LSG aaO Rn. 18).
25
Materiell-rechtlich gelten die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs daher auch insoweit, als der Sozialhilfeträger der aus dem Erfüllungsverhältnis resultierenden Vergütungspflicht des Hilfeempfängers beigetreten ist.
Dies gilt insbesondere für die Vorschriften des allgemeinen Leistungsstörungsrechts (§§ 280 ff BGB). Es liegen Einzelverpflichtungen vor, die bei Begründung der Gesamtschuld durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung inhaltsgleich sind und nach dem maßgeblichen Beitrittszeitpunkt nach allgemeinen Gesamtschuldgrundsätzen eine selbständige und durchaus unterschiedliche Entwicklung nehmen können, wenn nicht ein Fall der Wirkungserstreckung nach §§ 424 ff BGB vorliegt (MüKoBGB/Bydlinski, 6. Aufl., Vor § 424 Rn. 17; Palandt/Grüneberg , BGB, 74. Aufl., Überblick vor § 414 Rn. 7).
26
Bei der Beurteilung der zivilrechtlichen Verpflichtung des Sozialhilfeträgers muss allerdings stets in den Blick genommen werden, dass die zwischen dem Leistungserbringer und dem Sozialhilfeträger im Leistungsverschaffungsverhältnis bestehenden (Rahmen-)Vereinbarungen die zivilrechtlichen Pflichten in dem Sinne "sozialrechtlich überlagern" können, dass sie diese modifizieren (BSG, Beschluss vom 18. März 2014 aaO Rn. 9; Jaritz/Eicher aaO § 75 SGB XII Rn. 34, 51 ff).
27
c) Aus den dargestellten wechselseitigen Rechtsbeziehungen in dem sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis folgt für den vorliegenden Fall, dass der Beklagte mit den gegenüber den Pflegebedürftigen D. , E. und T. ergangenen Kostenübernahmebescheiden in dem dort ausgewiesenen Umfang der Zahlungsverpflichtung des Hilfeempfängers aus den mit der Klägerin abgeschlossenen Pflegeverträgen jeweils beigetreten ist. Dabei handelt es sich um eine zivilrechtliche Schuld, die durch den Beitritt des Beklagten nicht in eine öffentlich-rechtliche umgewandelt worden ist. Auf Grund dieses Beitritts hat die Klägerin unmittelbar einen den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts unterliegenden Zahlungsanspruch gegen den Beklagten als Gesamtschuldner erworben. Aus der zivilrechtlichen Natur des Anspruchs resultiert auch die An- wendbarkeit der §§ 280 ff BGB für den Fall, dass der Beklagte die übernommene Zahlungsverpflichtung nicht oder verspätet erfüllt.
28
d) Aus den im Leistungsverschaffungsverhältnis zwischen den Parteien bestehenden öffentlich-rechtlichen Verträgen ergibt sich nichts Abweichendes. § 8 der Vereinbarung vom 4. Oktober 1996 und § 17 Abs. 7 des Rahmenvertrags vom 15. November 2006 enthalten lediglich eine Bestimmung der Leistungszeit im Sinne von § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Danach sind beanstandungsfreie Rechnungen - wenn von der dem Schuldner günstigsten Regelung ausgegangen wird - spätestens innerhalb von drei Wochen nach Rechnungseingang zu bezahlen. Die in der Vereinbarung vom 4. Oktober 1996 gebrauchte Wendung "Die Bezahlung … soll innerhalb von drei Wochen nach Eingang erfolgen" stellt - wie der Gesamtzusammenhang der Vertragsklausel belegt - eine grundsätzlich verbindliche Bestimmung der Leistungszeit dar, von der nur bei konkreten Beanstandungen oder in sonstigen "begründeten Fällen" abgewichen werden darf. Im Übrigen haben die Vertragsparteien davon abgesehen, das "Verfahren bei Überschreitung der vereinbarten Fristen" näher zu regeln, so dass im Verzugsfall auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs zurückzugreifen ist (siehe auch Jaritz/Eicher aaO § 75 SGB XII Rn. 46.2).
29
Der Einwand der Revision, der Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Verzugsvorschriften stehe entgegen, dass der Sozialhilfeträger mit dem Schuldbeitritt die Handlungsebene des öffentlichen Rechts nicht habe verlassen wollen mit der Folge, dass er keine Verzugszinsen nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch schulde, verkennt die Rechtsbeziehungen, wie sie sich aus dem sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis ergeben. Danach kommt der Sozialhilfeträger seiner Sachleistungsverschaffungspflicht im Grund- und Leistungsverschaffungsverhältnis in den Handlungsformen der öffentlichen Verwaltung (Verwal- tungsakt, öffentlich-rechtlicher Vertrag) nach. Daraus resultiert jedoch der Beitritt zu einer im Erfüllungsverhältnis begründeten zivilrechtlichen Schuld. Dass sich der Sozialhilfeträger von den Folgen einer von ihm zu vertretenden Leistungsstörung (hier: verzögerte Zahlung) nicht "einseitig" freizeichnen kann, versteht sich von selbst.
30
Die von der Revision aufgeworfene Frage, ob und inwieweit aus dem Sozialrecht herrührende Anspruche möglicherweise zu verzinsen sind (zum Beispiel nach § 44 Abs. 1 SGB I), stellt sich im Streitfall nicht. Denn der Vergütungsanspruch der Klägerin hat - wie dargelegt - seine Grundlage in den zwischen ihr und den Pflegebedürftigen bestehenden (privatrechtlichen) Vertragsverhältnissen und nicht in sozialrechtlichen Vorschriften.
31
e) Da der Beklagte die ordnungsgemäß eingereichten Rechnungen der Klägerin vom 9. September 2012 sowie 4. und 6. November 2012 - ohne Angabe von Gründen - erst am 25. März 2013 bezahlt hat, schuldet er gemäß § 288 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 286 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 BGB Verzugszinsen. Gegen den von der Klägerin nach § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB errechneten Betrag von insgesamt 13,46 € erhebt die Revision keine Einwände.
32
2. Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision auch insoweit stand, als das Berufungsgericht den Beklagten unter dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzugs (§ 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB) zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 213,49 € (nebst Prozesszinsen nach § 291 BGB) verurteilt hat.
33
a) Entgegen der Meinung der Revision ist der Klägerin ein Verzugsschaden in Höhe der vorprozessual aufgewendeten Anwaltskosten entstanden. Rechtsverfolgungskosten sind gemäß § 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB als adäquat verursachte Verzugsfolge zu erstatten, wenn sie - nach Eintritt des Verzugs - aus Sicht des Forderungsgläubigers zur Wahrnehmung und Durchsetzung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteile vom 8. November 1994 - VI ZR 3/94, BGHZ 127, 348, 350 und vom 23. Oktober 2003 - IX ZR 249/02, NJW 2004, 444, 446; siehe auch Palandt/Grüneberg aaO § 286 Rn. 45). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Denn der Beklagte hat auf die Mahnungen der Klägerin nicht reagiert. Die Beauftragung von Rechtsanwältin W. mit der außergerichtlichen Geltendmachung der offenen Rechnungsbeträge erfolgte erst, nachdem die eigenen Bemühungen der Klägerin ersichtlich fruchtlos geblieben waren. Dabei ist ohne Bedeutung, ob es sich bei den geltend gemachten Forderungen um einfach gelagerte Fälle handelte. Zahlt der Schuldner auf die erste Mahnung des Gläubigers nicht, kann dieser die weitere Rechtsverfolgung auf Kosten des Schuldners einem Rechtsanwalt übertragen (BGH, Urteil vom 8. November 1994 aaO S. 353).
34
b) Die von der Klägerin geltend gemachte Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG ist entstanden.
35
Es kommt für das Entstehen der Gebühr darauf an, ob der Rechtsanwalt zunächst mit der außergerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche beauftragt und der Prozessauftrag allenfalls bedingt erteilt worden ist oder ob ein unbedingter Klageauftrag vorliegt (OLG Hamm, NJW-RR 2006, 242 f; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 20. Juli 2012 - 23 U 166/11, BeckRS 2013, 03573 = juris Rn. 55). Hat der Rechtsanwalt bereits von Anfang an einen unbedingten Klageauftrag erhalten, fallen auch die Tätigkeiten vor Erhebung der Klage allein unter die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG (BGH, Urteil vom 14. Dezember 2011 - IV ZR 34/11, NJW-RR 2012, 486 Rn. 21; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 21. Aufl., Vorb. 3 VV Rn. 14). Soweit die Revision im Streitfall einen unbedingten Klageauftrag annehmen will, übergeht sie den Hinweis von Rechtsanwältin W. in den - im Berufungsurteil in Bezug genommenen - Mahnschreiben , sie werde ihrer Mandantschaft für den Fall, dass "wider Erwarten" kein fristgemäßer Zahlungseingang zu verzeichnen sein sollte, "anraten, ihren Anspruch gerichtlich durchzusetzen". Daraus ergibt sich ohne weiteres, dass Rechtsanwältin W. zunächst nur mit der außergerichtlichen Geltendmachung der Forderungen beauftragt war und die Frage der Klageerhebung, auch wenn Klageentwürfe eventuell bereits gefertigt gewesen sein sollten, noch der Entscheidung des Auftraggebers vorbehalten war. Ein unbedingter Prozessauftrag war nach Sachlage auch noch nicht geboten, da der Versuch einer außergerichtlichen Regulierung mit anwaltlicher Hilfe - Einwendungen gegen die Rechnungen wurden von dem Beklagten nicht erhoben - Aussicht auf Erfolg versprach und somit Grund zu der Annahme bestand, eine gerichtliche Auseinandersetzung vermeiden zu können (vgl. OLG Frankfurt am Main aaO).
36
c) Zu Unrecht beruft sich die Revision darauf, dass die aus den Verträgen mit den Pflegebedürftigen D. , E. und T. resultierenden Vergütungsansprüche als eine einzige Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinn (§ 15 RVG) zu behandeln und daher nicht drei gesonderte Geschäftsgebühren nach Nr. 2300 VV RVG entstanden seien, sondern allenfalls eine Geschäftsgebühr aus der Summe der Rechnungsbeträge.
37
Unter einer "Angelegenheit" im gebührenrechtlichen Sinn ist das gesamte Geschäft zu verstehen, das der Rechtsanwalt für den Auftraggeber besorgen soll. Ihr Inhalt bestimmt den Rahmen, innerhalb dessen der Rechtsanwalt tätig wird. Um dieselbe Angelegenheit annehmen zu können, müssen drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein. Insbesondere muss - neben einem einheitlichen Auftrag und einem gleichen Tätigkeitsrahmen - zwischen den einzelnen Gegenständen ein innerer objektiver Zusammenhang bestehen, das heißt es muss sich um einen einheitlichen Lebensvorgang handeln (OLG Frankfurt am Main, NJW-RR 2005, 67, 68; Gerold/Schmidt/Mayer aaO § 15 RVG Rn. 5 ff; Schneider/Wolf/N. Schneider, RVG, 7. Aufl., § 15 Rn. 22 ff). Zumindest die letztgenannte Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Der Beauftragung von Rechtsanwältin W. lagen nicht nur drei getrennte Pflegeverträge , sondern auch drei unterschiedliche sozialhilferechtliche Verfahren zugrunde , die unabhängig voneinander beurteilt werden mussten. Hinsichtlich jedes Hilfeempfängers mussten die Rechtsbeziehungen innerhalb des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses gesondert überprüft werden. Dabei war auch festzustellen, ob die abgerechneten Leistungen den Vorgaben aus dem Grundund Sachleistungsverhältnis entsprachen. Es lagen somit mehrere Angelegenheiten im Sinne von § 15 RVG vor.
38
d) Der Einwand der Revision, bei den anwaltlichen Mahnschreiben vom 27. Februar 2013 habe es sich lediglich um "Schreiben einfacher Art" im Sinne von Nr. 2302 VV RVG in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung (jetzt Nr. 2301 VV RVG in der Fassung des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 23. Juli 2013, BGBl. I S. 2586) gehandelt, so dass nur eine Gebühr von 0,3 hätte angesetzt werden dürfen, trifft bereits im Ausgangspunkt nicht zu. Der niedrigere Gebührenrahmen kommt nur in Betracht, wenn der erteilte Auftrag von vornherein keinen über Nr. 2302 VV RVG aF beziehungsweise Nr. 2301 VV RVG nF hinausgehenden Inhalt hatte, sich also auf eine einfache Anfrage oder eine einfache Mahnung oder Zahlungsaufforderung beschränkte (Gerold/ Schmidt/Mayer aaO VV 2301 Rn. 2; Hartmann, Kostengesetze, 45. Aufl., VV RVG 2301 Rn. 2 f). Der Rechtsanwältin W. erteilte Auftrag war nicht auf ein Schreiben einfacher Art beschränkt, sondern bezog sich auf die vollständige außergerichtliche Geltendmachung der Forderungen der Klägerin und umfasste - wie dargelegt - die eigenständige Überprüfung dreier voneinander unabhängiger Sozialhilfeverfahren.
39
e) Die Revision vermag schließlich auch nicht mit der Rüge durchzudringen , das Berufungsgericht sei im Rahmen der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG zu Unrecht von einer Mittelgebühr in Höhe von 1,3 ausgegangen. Der getätigte Aufwand rechtfertige nur den Mindestgebührensatz von 0,5.
40
Die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG beträgt 0,5 bis 2,5. Nach der Anmerkung zu diesem Vergütungstatbestand kann eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Die Mindestgebühr von 0,5 kommt nur für denkbar einfachste außergerichtliche Anwaltstätigkeiten in Betracht (Gerold/Schmidt/Mayer aaO VV 2300 Rn. 27). Da Letzteres im Streitfall ersichtlich ausscheidet und die Tätigkeit von Rechtsanwältin W. auch nicht deutlich über den Normalfall hinausging, hat das Berufungsgericht zu Recht die Regelgebühr von 1,3 der Honorarberechnung zugrunde gelegt. Schlick Seiters Tombrink Remmert Reiter
Vorinstanzen:
AG Berlin-Köpenick, Entscheidung vom 26.03.2014 - 6 C 234/13 -
LG Berlin, Entscheidung vom 17.09.2014 - 49 S 21/14 -

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.

(2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Sind mehrere Gerichte zuständig, wird an das vom Kläger oder Antragsteller auszuwählende Gericht verwiesen oder, wenn die Wahl unterbleibt, an das vom Gericht bestimmte. Der Beschluß ist für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtsweges bindend.

(3) Ist der beschrittene Rechtsweg zulässig, kann das Gericht dies vorab aussprechen. Es hat vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt.

(4) Der Beschluß nach den Absätzen 2 und 3 kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Er ist zu begründen. Gegen den Beschluß ist die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben. Den Beteiligten steht die Beschwerde gegen einen Beschluß des oberen Landesgerichts an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Die Beschwerde ist zuzulassen, wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das Gericht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht. Der oberste Gerichtshof des Bundes ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden.

(5) Das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten für die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständigen Spruchkörper in ihrem Verhältnis zueinander entsprechend.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 304/14
Verkündet am:
7. Mai 2015
P e l l o w s k i
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Indem der Sozialhilfeträger der Zahlungsverpflichtung des Hilfeempfängers gegenüber
dem Leistungserbringer (hier: ambulanter Pflegedienst) durch Kostenübernahmebescheid
beitritt, wandelt sich die zivilrechtliche Schuld aus dem
zwischen dem Hilfeempfänger und dem Leistungserbringer geschlossenen
Dienstleistungsvertrag nicht in eine öffentlich-rechtliche um (im Anschluss an
BSGE 102, 1). Der Schuldbeitritt teilt seinem Wesen nach die Rechtsnatur der
Forderung, zu der er erklärt wird (im Anschluss an Senatsurteile vom 22. Juni
1978 - III ZR 109/76, BGHZ 72, 56 und vom 6. November 2008 - III ZR 279/07,
BGHZ 178, 243).

b) Entsprechend der zivilrechtlichen Natur des Anspruchs, zu dem der Schuldbeitritt
erklärt wird, sind die §§ 286 ff BGB anwendbar, wenn der Sozialhilfeträger
die übernommene Zahlungsverpflichtung verspätet erfüllt.
BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - III ZR 304/14 - LG Berlin
AG Berlin-Köpenick
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Mai 2015 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Seiters,
Tombrink, Dr. Remmert und Reiter

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 49 des Landgerichts Berlin vom 17. September 2014 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsrechtszugs hat der Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin nimmt das beklagte Land auf Zahlung von Verzugszinsen sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten im Zusammenhang mit der Erbringung ambulanter Pflegeleistungen in Anspruch.
2
Die Klägerin betreibt einen ambulanten Pflegedienst und hatte mit den Pflegebedürftigen G. D. , E. T. und G. E. privatrechtliche Verträge über die Erbringung ambulanter Pflegeleistungen geschlossen. Der Beklagte übernahm als Träger der Sozialhilfe jeweils durch Bescheid gegenüber den Pflegebedürftigen die Kosten der erbrachten Pflegeleistungen. Eine Kopie der Bescheide erhielt die Klägerin zur Kenntnisnahme.

3
Mit Schreiben vom 24. Juni 2003 erklärte die Klägerin den Beitritt zu der Vereinbarung nach § 93 Abs. 2 BSHG zwischen dem Beklagten und den Verbänden der Träger von ambulanten Pflegeeinrichtungen vom 4. Oktober 1996 über die Erbringung von Leistungen der Haushilfe und der Hauspflege nach § 11 Abs. 3, §§ 68 ff, 70 BSHG. § 8 der Vereinbarung lautet wie folgt: "Zahlungsverfahren Die Abrechnung erfolgt kalendermonatlich. Die Rechnungen sind beim zuständigen Bezirksamt innerhalb von zwei Monaten nach Leistungserbringung einzureichen. … Die Bezahlung von nicht zu beanstandenden Rechnungen soll innerhalb von drei Wochen nach Eingang erfolgen … Sollte in begründeten Fällen eine Zahlung innerhalb der genannten Fristen nicht möglich sein, leistet das zuständige Bezirksamt eine Abschlagszahlung von 80 %, bezogen auf den Betrag der Vormonatsrechnung. Im Übrigen gelten die in der Rahmenvereinbarung nach § 75 Abs. 1 und 2 SGB XI getroffenen Regelungen."
4
Die Klägerin ist des weiteren Mitglied im Anbieterverband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen e.V. (vormals Arbeitgeberverband im Gesundheitswesen e.V.). Zwischen diesem, den Landesverbänden der Pflegekassen und dem Beklagten wurde am 15. November 2006 ein Rahmenvertrag gemäß § 75 Abs. 1 und 2 SGB XI zur ambulanten pflegerischen Versorgung abgeschlossen. Dieser Vertrag enthält in § 17 Regelungen zum Abrechnungsverfahren : "(7) Die Abrechnung der Pflegeleistungen erfolgt kalendermonatlich. Die Rechnungen sind bei der Pflegekasse oder einer von ihr benannten Abrechnungsstelle in der Regel innerhalb von zwei Monaten nach Leistungserbringung einzureichen. Die Bezahlung der ordnungsgemäß erstellten Rechnungen erfolgt spätestens innerhalb von 14 Tagen nach Eingang bei der Pflegekasse oder der von der Pflegekasse benannten Abrechnungsstelle … (8) Näheres zur Abrechnung und Zahlungsweise, insbesondere Zeitpunkt der Rechnungsstellung, Abweichung bei Schlussrechnungen , Zahlung von Abschlägen und Verfahren bei Überschreitung der vereinbarten Fristen vereinbaren ggf. die Partner dieses Rahmenvertrages. Es bleibt den Pflegekassen und Pflegediensten vorbehalten, spezifische Regelungen zur Abrechnung und Zahlungsweise nach rechtzeitiger Rücksprache miteinander zu vereinbaren."
5
Die gegenüber den Hilfeempfängern erbrachten Pflegeleistungen stellte die Klägerin wie folgt in Rechnung: E. : Rechnung vom 9. September 2012 in Höhe von 325,38 € T. : Rechnung vom 4. November 2012 in Höhe von 81,48 € D. : Zwei Rechnungen vom 6. November 2012 in Höhe von 39,57 € beziehungsweise 283,47 €.
6
Da der Beklagte ohne Angabe von Gründen keine Zahlungen leistete, forderte ihn die Klägerin mit Mahnschreiben vom 30. Oktober 2012 (E. ) und 28. Dezember 2012 (D. , T. ) auf, den jeweiligen Rechnungsbetrag unverzüglich zu überweisen. Nachdem auch weitere Mahnungen erfolglos blieben, verlangte die Klägerin mit gesonderten Anwaltsschreiben vom 27. Februar 2013 Zahlung bis zum 9. März 2013. Zugleich machte sie Verzugszinsen sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten geltend.
7
Am 25. März 2013 beglich der Beklagte die offenen Rechnungsbeträge (ohne Verzugszinsen und Rechtsanwaltskosten).
8
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Zahlung von Verzugszinsen aus den jeweiligen Rechnungsbeträgen für den Zeitraum ab 30 Tagen nach Rechnungszugang bis zum 25. März 2013 in Höhe von insgesamt 13,46 € so- wie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von insgesamt 213,49 € nebst Prozesszinsen.
9
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die zugelassene Berufung hat das Landgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben.
10
Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe


11
Die Revision des Beklagten hat keinen Erfolg.

I.

12
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
13
Da der Beklagte die unstreitigen Rechnungen erst am 25. März 2013 und damit nach Ablauf der in den Verbandsverträgen bestimmten Fristen beglichen habe, stünden der Klägerin die geltend gemachten Verzugszinsen gemäß § 286 Abs. 2, 3, § 288 BGB zu. Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs seien anwendbar. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (grundlegend BSGE 102, 1) bewirke die Übernahme der Pflegekosten durch Bescheid des Sozialhilfeträgers als Verwaltungsakt mit Drittwirkung eine Schuldübernahme in Form eines Schuldbeitritts. Der Sozialhilfeträger trete auf diese Weise als Gesamtschuldner in Höhe der bewilligten Leistungen an die Seite des Sozialhilfeempfängers. Durch den Schuldbeitritt mutiere die Schuld, zu der beigetreten werde und die aus dem privatrechtlichen Pflegevertrag resultiere, nicht zu einer öffentlich-rechtlichen. Vielmehr teile der Anspruch des Leistungserbringers gegen den Sozialhilfeträger die zivilrechtliche Rechtsnatur der Forderung.
14
Die Verzugsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs seien auch nicht durch die Verbandsverträge abbedungen worden. Während in dem Vertrag vom 4. Oktober 1996 nicht einmal eine feste Zahlungsfrist vorgesehen sei, bestimme die Rahmenvereinbarung vom 15. November 2006 lediglich eine bestimmte Frist von 14 Tagen nach Rechnungseingang. Weitergehende vertragliche Regelungen fehlten. Insbesondere seien die gesetzlichen Verzugsfolgen nicht ausgeschlossen worden.
15
Entgegenstehende gesetzliche Regelungen seien ebenfalls nicht ersichtlich. Im Sozialrecht befassten sich nur wenige Vorschriften mit Fragen der Verzinsung. Keine dieser Bestimmungen sei einschlägig. Sozialrechtliche Vorschriften seien auf die vorliegenden Pflegeverträge ohnehin nicht anwendbar, da diese privatrechtlicher Natur seien.

16
Der Klägerin stehe auch ein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten aus § 280 Abs. 1 BGB zu. Der Beklagte sei mit der Bezahlung der Rechnungen in Verzug geraten. Die Einschaltung eines Rechtsanwalts sei erforderlich und zweckmäßig gewesen. Der Anspruch bestehe auch in der geltend gemachten Höhe. Es habe sich um verschiedene Angelegenheiten im Sinne von § 15 RVG gehandelt. Die Klägerin habe daher zu jedem Pflegebedürftigen separat abrechnen dürfen. Es habe auch die Regelgebühr von 1,3 nach Nr. 2300 VV RVG angesetzt werden dürfen, da der zu beurteilende Sachverhalt nicht einfach gewesen sei. Die geltend gemachten Prozesszinsen ergäben sich aus § 291 BGB.

II.


17
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung stand.
18
Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Klägerin Verzugszinsen nach § 288 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB zustehen und sie gemäß § 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in der geltend gemachten Höhe verlangen kann.
19
1. Die Verzugsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs, insbesondere §§ 286 ff BGB, gelten auch, soweit der Beklagte als Sozialhilfeträger der Zahlungsverpflichtung der Hilfeempfänger aus den privatrechtlichen Pflegeverträgen durch Bewilligungsbescheide beigetreten ist (kumulative Schuldübernahme ).
20
a) Das Leistungserbringungsrecht der Sozialhilfe ist im Bereich der pflegerischen Versorgung durch das so genannte sozialhilferechtliche Dreiecksverhältnis geprägt, das die wechselseitigen Rechtsbeziehungen zwischen dem Träger der Sozialhilfe, dem Leistungsberechtigten (Hilfeempfänger) und dem Leistungserbringer (Pflegedienst) sinnbildlich darstellt (grundlegend BSGE 102, 1 Rn. 15 ff).
21
aa) Zwischen dem bedürftigen Hilfeempfänger und dem Sozialhilfeträger besteht ein öffentlich-rechtliches Leistungsverhältnis (Grundverhältnis), das sich nach den Vorschriften des SGB XII beurteilt. Die Entscheidung über die Gewährung von Sozialhilfeleistungen ergeht durch Verwaltungsakt. Das Grundverhältnis ist Fundament und rechtlicher Maßstab für die übrigen Rechtsbeziehungen (Ausstrahlungswirkung). Im Rahmen des Grundverhältnisses stehen dem Sozialhilfeempfänger keine Primäransprüche auf Zahlung entstehender oder entstandener Kosten an sich selbst zu; er kann vom Sozialhilfeträger ausschließlich die Übernahme dieser Kosten (Sachleistungsverschaffungspflicht) in Form der Zahlung an den Leistungserbringer verlangen (Jaritz/Eicher, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 75 SGB XII Rn. 32, 38; Eicher, SGb 2013, 127, 128).
22
bb) Der Kostenübernahmeanspruch des Leistungsempfängers gegenüber dem Sozialhilfeträger setzt voraus, dass zwischen dem bedürftigen Hilfeempfänger und dem Leistungserbringer ein zivilrechtlicher Vertrag geschlossen wird, auf Grund dessen ein Anspruch auf Erbringung von Betreuungs-, Hilfeund Förderleistungen sowie gegebenenfalls Unterkunft und Verpflegung besteht (privatrechtliches Erfüllungsverhältnis). Im Gegenzug ist der bedürftige Hilfeempfänger zur Zahlung des vertraglich vereinbarten Entgelts verpflichtet. Die gegenüber dem Leistungserbringer bestehende Zahlungsverpflichtung des Hilfeempfängers ist der Bedarf, den der Sozialhilfeträger im Grundverhältnis - durch Vergütungsübernahme - decken muss (Jaritz/Eicher aaO § 75 SGB XII Rn. 34; Eicher aaO).
23
cc) Grundlage der Rechtsbeziehung zwischen dem Leistungserbringer und dem Sozialhilfeträger (öffentlich-rechtliches Sachleistungsverschaffungsverhältnis ) sind zum einen (öffentlich-rechtliche) Vereinbarungen nach § 93 Abs. 2 BSHG beziehungsweise § 75 Abs. 3 SGB XII, die auf örtlicher Ebene zwischen dem zuständigen Sozialhilfeträger und dem Leistungserbringer geschlossen werden, und zum anderen Rahmenverträge auf Landesebene (vgl. Jaritz/Eicher aaO § 75 SGB XII Rn. 36; Eicher aaO). Da der Sozialhilfeträger die Leistungen grundsätzlich nicht selbst erbringt, hat er durch Verträge mit den Leistungserbringern eine Sachleistung durch diese sicherzustellen. Dadurch wird dem Hilfeempfänger die Sozialleistung verschafft (BSGE 102, 1 Rn. 17). Zugleich modifizieren die Vereinbarungen das Grundverhältnis und beeinflussen ("überlagern") das Erfüllungsverhältnis (Jaritz/Eicher aaO § 75 SGB XII Rn. 34, 40).
24
b) Nach § 93 Abs. 2 BSHG beziehungsweise § 75 Abs. 3 SGB XII ist die "Übernahme" der dem Leistungserbringer zustehenden Vergütung untrennbarer Bestandteil der Sachleistungsverschaffungspflicht des Trägers der Sozialhilfe. Rechtlich geschieht dies - bei fortbestehender Verpflichtung des Hilfeempfängers aus dem im Erfüllungsverhältnis geschlossenen privatrechtlichen Vertrag - in Form eines Schuldbeitritts des Sozialhilfeträgers (kumulative Schuldübernahme ) durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung (BSGE 102, 1 Rn. 22 ff; BSG, Beschluss vom 18. März 2014 - B 8 SF 2/13 R, BeckRS 2014, 68095 Rn. 7; siehe auch Bayerisches LSG, Beschluss vom 26. November 2012 - L 18 SO 173/12 B, BeckRS 2013, 68424 = juris Rn. 15 ff). Der Schuldbeitritt hat dann zum einen einen unmittelbaren Zahlungsanspruch des Leistungserbringers ge- gen den Sozialhilfeträger, zum anderen einen Anspruch des Hilfeempfängers gegen den Sozialhilfeträger auf Zahlung an den Leistungserbringer zur Folge. Der Sozialhilfeträger tritt auf diese Weise als Gesamtschuldner im Sinne der §§ 421 ff BGB in Höhe der bewilligten Leistung, wie sie in dem gegenüber dem Hilfsbedürftigen ergehenden Kostenübernahmebescheid ausgewiesen ist, an die Seite des Sozialhilfeempfängers (BSGE aaO Rn. 25). Dadurch, dass der Sozialhilfeträger mit dem Kostenübernahmebescheid der Schuld des Hilfeempfängers beitritt und der Leistungserbringer auf Grund dieses Schuldbeitritts direkt einen Zahlungsanspruch gegen den Sozialhilfeträger hat, wandelt sich die zivilrechtliche Schuld aus dem im Erfüllungsverhältnis zwischen dem Hilfeempfänger und dem Leistungserbringer geschlossenen (Dienst-)Vertrag nicht in eine öffentlich-rechtliche um. Denn ein Schuldbeitritt teilt seinem Wesen nach die Rechtsnatur der Forderung des Gläubigers, zu der er erklärt wird (Senatsurteile vom 22. Juni 1978 - III ZR 109/76, BGHZ 72, 56, 58 ff und vom 6. November 2008 - III ZR 279/07, BGHZ 178, 243 Rn. 14; BGH, Urteil vom 16. Oktober 2008 - XI ZR 132/06, BGHZ 174, 39 Rn. 23; Senatsbeschlüsse vom 17. September 2008 - III ZB 19/08, WM 2008, 2153 Rn. 16 und III ZB 50/08, BeckRS 2008, 21300 Rn. 16). Der Sozialhilfeträger wird durch den Schuldbeitritt Gesamtschuldner einer zivilrechtlichen Forderung, deren Gläubiger der Leistungserbringer ist und die gegebenenfalls im Zivilrechtsweg geltend zu machen ist. Die Schuld, der beigetreten wird, kann rechtlich für den Beitretenden nicht zu einer öffentlich-rechtlichen mutieren, während sie bei dem bisherigen Alleinschuldner eine privatrechtliche bleibt (BSG, Beschluss vom 18. März 2014 aaO Rn. 8; Bayerisches LSG aaO Rn. 18).
25
Materiell-rechtlich gelten die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs daher auch insoweit, als der Sozialhilfeträger der aus dem Erfüllungsverhältnis resultierenden Vergütungspflicht des Hilfeempfängers beigetreten ist.
Dies gilt insbesondere für die Vorschriften des allgemeinen Leistungsstörungsrechts (§§ 280 ff BGB). Es liegen Einzelverpflichtungen vor, die bei Begründung der Gesamtschuld durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung inhaltsgleich sind und nach dem maßgeblichen Beitrittszeitpunkt nach allgemeinen Gesamtschuldgrundsätzen eine selbständige und durchaus unterschiedliche Entwicklung nehmen können, wenn nicht ein Fall der Wirkungserstreckung nach §§ 424 ff BGB vorliegt (MüKoBGB/Bydlinski, 6. Aufl., Vor § 424 Rn. 17; Palandt/Grüneberg , BGB, 74. Aufl., Überblick vor § 414 Rn. 7).
26
Bei der Beurteilung der zivilrechtlichen Verpflichtung des Sozialhilfeträgers muss allerdings stets in den Blick genommen werden, dass die zwischen dem Leistungserbringer und dem Sozialhilfeträger im Leistungsverschaffungsverhältnis bestehenden (Rahmen-)Vereinbarungen die zivilrechtlichen Pflichten in dem Sinne "sozialrechtlich überlagern" können, dass sie diese modifizieren (BSG, Beschluss vom 18. März 2014 aaO Rn. 9; Jaritz/Eicher aaO § 75 SGB XII Rn. 34, 51 ff).
27
c) Aus den dargestellten wechselseitigen Rechtsbeziehungen in dem sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis folgt für den vorliegenden Fall, dass der Beklagte mit den gegenüber den Pflegebedürftigen D. , E. und T. ergangenen Kostenübernahmebescheiden in dem dort ausgewiesenen Umfang der Zahlungsverpflichtung des Hilfeempfängers aus den mit der Klägerin abgeschlossenen Pflegeverträgen jeweils beigetreten ist. Dabei handelt es sich um eine zivilrechtliche Schuld, die durch den Beitritt des Beklagten nicht in eine öffentlich-rechtliche umgewandelt worden ist. Auf Grund dieses Beitritts hat die Klägerin unmittelbar einen den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts unterliegenden Zahlungsanspruch gegen den Beklagten als Gesamtschuldner erworben. Aus der zivilrechtlichen Natur des Anspruchs resultiert auch die An- wendbarkeit der §§ 280 ff BGB für den Fall, dass der Beklagte die übernommene Zahlungsverpflichtung nicht oder verspätet erfüllt.
28
d) Aus den im Leistungsverschaffungsverhältnis zwischen den Parteien bestehenden öffentlich-rechtlichen Verträgen ergibt sich nichts Abweichendes. § 8 der Vereinbarung vom 4. Oktober 1996 und § 17 Abs. 7 des Rahmenvertrags vom 15. November 2006 enthalten lediglich eine Bestimmung der Leistungszeit im Sinne von § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Danach sind beanstandungsfreie Rechnungen - wenn von der dem Schuldner günstigsten Regelung ausgegangen wird - spätestens innerhalb von drei Wochen nach Rechnungseingang zu bezahlen. Die in der Vereinbarung vom 4. Oktober 1996 gebrauchte Wendung "Die Bezahlung … soll innerhalb von drei Wochen nach Eingang erfolgen" stellt - wie der Gesamtzusammenhang der Vertragsklausel belegt - eine grundsätzlich verbindliche Bestimmung der Leistungszeit dar, von der nur bei konkreten Beanstandungen oder in sonstigen "begründeten Fällen" abgewichen werden darf. Im Übrigen haben die Vertragsparteien davon abgesehen, das "Verfahren bei Überschreitung der vereinbarten Fristen" näher zu regeln, so dass im Verzugsfall auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs zurückzugreifen ist (siehe auch Jaritz/Eicher aaO § 75 SGB XII Rn. 46.2).
29
Der Einwand der Revision, der Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Verzugsvorschriften stehe entgegen, dass der Sozialhilfeträger mit dem Schuldbeitritt die Handlungsebene des öffentlichen Rechts nicht habe verlassen wollen mit der Folge, dass er keine Verzugszinsen nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch schulde, verkennt die Rechtsbeziehungen, wie sie sich aus dem sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis ergeben. Danach kommt der Sozialhilfeträger seiner Sachleistungsverschaffungspflicht im Grund- und Leistungsverschaffungsverhältnis in den Handlungsformen der öffentlichen Verwaltung (Verwal- tungsakt, öffentlich-rechtlicher Vertrag) nach. Daraus resultiert jedoch der Beitritt zu einer im Erfüllungsverhältnis begründeten zivilrechtlichen Schuld. Dass sich der Sozialhilfeträger von den Folgen einer von ihm zu vertretenden Leistungsstörung (hier: verzögerte Zahlung) nicht "einseitig" freizeichnen kann, versteht sich von selbst.
30
Die von der Revision aufgeworfene Frage, ob und inwieweit aus dem Sozialrecht herrührende Anspruche möglicherweise zu verzinsen sind (zum Beispiel nach § 44 Abs. 1 SGB I), stellt sich im Streitfall nicht. Denn der Vergütungsanspruch der Klägerin hat - wie dargelegt - seine Grundlage in den zwischen ihr und den Pflegebedürftigen bestehenden (privatrechtlichen) Vertragsverhältnissen und nicht in sozialrechtlichen Vorschriften.
31
e) Da der Beklagte die ordnungsgemäß eingereichten Rechnungen der Klägerin vom 9. September 2012 sowie 4. und 6. November 2012 - ohne Angabe von Gründen - erst am 25. März 2013 bezahlt hat, schuldet er gemäß § 288 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 286 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 BGB Verzugszinsen. Gegen den von der Klägerin nach § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB errechneten Betrag von insgesamt 13,46 € erhebt die Revision keine Einwände.
32
2. Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision auch insoweit stand, als das Berufungsgericht den Beklagten unter dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzugs (§ 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB) zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 213,49 € (nebst Prozesszinsen nach § 291 BGB) verurteilt hat.
33
a) Entgegen der Meinung der Revision ist der Klägerin ein Verzugsschaden in Höhe der vorprozessual aufgewendeten Anwaltskosten entstanden. Rechtsverfolgungskosten sind gemäß § 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB als adäquat verursachte Verzugsfolge zu erstatten, wenn sie - nach Eintritt des Verzugs - aus Sicht des Forderungsgläubigers zur Wahrnehmung und Durchsetzung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteile vom 8. November 1994 - VI ZR 3/94, BGHZ 127, 348, 350 und vom 23. Oktober 2003 - IX ZR 249/02, NJW 2004, 444, 446; siehe auch Palandt/Grüneberg aaO § 286 Rn. 45). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Denn der Beklagte hat auf die Mahnungen der Klägerin nicht reagiert. Die Beauftragung von Rechtsanwältin W. mit der außergerichtlichen Geltendmachung der offenen Rechnungsbeträge erfolgte erst, nachdem die eigenen Bemühungen der Klägerin ersichtlich fruchtlos geblieben waren. Dabei ist ohne Bedeutung, ob es sich bei den geltend gemachten Forderungen um einfach gelagerte Fälle handelte. Zahlt der Schuldner auf die erste Mahnung des Gläubigers nicht, kann dieser die weitere Rechtsverfolgung auf Kosten des Schuldners einem Rechtsanwalt übertragen (BGH, Urteil vom 8. November 1994 aaO S. 353).
34
b) Die von der Klägerin geltend gemachte Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG ist entstanden.
35
Es kommt für das Entstehen der Gebühr darauf an, ob der Rechtsanwalt zunächst mit der außergerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche beauftragt und der Prozessauftrag allenfalls bedingt erteilt worden ist oder ob ein unbedingter Klageauftrag vorliegt (OLG Hamm, NJW-RR 2006, 242 f; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 20. Juli 2012 - 23 U 166/11, BeckRS 2013, 03573 = juris Rn. 55). Hat der Rechtsanwalt bereits von Anfang an einen unbedingten Klageauftrag erhalten, fallen auch die Tätigkeiten vor Erhebung der Klage allein unter die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG (BGH, Urteil vom 14. Dezember 2011 - IV ZR 34/11, NJW-RR 2012, 486 Rn. 21; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 21. Aufl., Vorb. 3 VV Rn. 14). Soweit die Revision im Streitfall einen unbedingten Klageauftrag annehmen will, übergeht sie den Hinweis von Rechtsanwältin W. in den - im Berufungsurteil in Bezug genommenen - Mahnschreiben , sie werde ihrer Mandantschaft für den Fall, dass "wider Erwarten" kein fristgemäßer Zahlungseingang zu verzeichnen sein sollte, "anraten, ihren Anspruch gerichtlich durchzusetzen". Daraus ergibt sich ohne weiteres, dass Rechtsanwältin W. zunächst nur mit der außergerichtlichen Geltendmachung der Forderungen beauftragt war und die Frage der Klageerhebung, auch wenn Klageentwürfe eventuell bereits gefertigt gewesen sein sollten, noch der Entscheidung des Auftraggebers vorbehalten war. Ein unbedingter Prozessauftrag war nach Sachlage auch noch nicht geboten, da der Versuch einer außergerichtlichen Regulierung mit anwaltlicher Hilfe - Einwendungen gegen die Rechnungen wurden von dem Beklagten nicht erhoben - Aussicht auf Erfolg versprach und somit Grund zu der Annahme bestand, eine gerichtliche Auseinandersetzung vermeiden zu können (vgl. OLG Frankfurt am Main aaO).
36
c) Zu Unrecht beruft sich die Revision darauf, dass die aus den Verträgen mit den Pflegebedürftigen D. , E. und T. resultierenden Vergütungsansprüche als eine einzige Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinn (§ 15 RVG) zu behandeln und daher nicht drei gesonderte Geschäftsgebühren nach Nr. 2300 VV RVG entstanden seien, sondern allenfalls eine Geschäftsgebühr aus der Summe der Rechnungsbeträge.
37
Unter einer "Angelegenheit" im gebührenrechtlichen Sinn ist das gesamte Geschäft zu verstehen, das der Rechtsanwalt für den Auftraggeber besorgen soll. Ihr Inhalt bestimmt den Rahmen, innerhalb dessen der Rechtsanwalt tätig wird. Um dieselbe Angelegenheit annehmen zu können, müssen drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein. Insbesondere muss - neben einem einheitlichen Auftrag und einem gleichen Tätigkeitsrahmen - zwischen den einzelnen Gegenständen ein innerer objektiver Zusammenhang bestehen, das heißt es muss sich um einen einheitlichen Lebensvorgang handeln (OLG Frankfurt am Main, NJW-RR 2005, 67, 68; Gerold/Schmidt/Mayer aaO § 15 RVG Rn. 5 ff; Schneider/Wolf/N. Schneider, RVG, 7. Aufl., § 15 Rn. 22 ff). Zumindest die letztgenannte Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Der Beauftragung von Rechtsanwältin W. lagen nicht nur drei getrennte Pflegeverträge , sondern auch drei unterschiedliche sozialhilferechtliche Verfahren zugrunde , die unabhängig voneinander beurteilt werden mussten. Hinsichtlich jedes Hilfeempfängers mussten die Rechtsbeziehungen innerhalb des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses gesondert überprüft werden. Dabei war auch festzustellen, ob die abgerechneten Leistungen den Vorgaben aus dem Grundund Sachleistungsverhältnis entsprachen. Es lagen somit mehrere Angelegenheiten im Sinne von § 15 RVG vor.
38
d) Der Einwand der Revision, bei den anwaltlichen Mahnschreiben vom 27. Februar 2013 habe es sich lediglich um "Schreiben einfacher Art" im Sinne von Nr. 2302 VV RVG in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung (jetzt Nr. 2301 VV RVG in der Fassung des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 23. Juli 2013, BGBl. I S. 2586) gehandelt, so dass nur eine Gebühr von 0,3 hätte angesetzt werden dürfen, trifft bereits im Ausgangspunkt nicht zu. Der niedrigere Gebührenrahmen kommt nur in Betracht, wenn der erteilte Auftrag von vornherein keinen über Nr. 2302 VV RVG aF beziehungsweise Nr. 2301 VV RVG nF hinausgehenden Inhalt hatte, sich also auf eine einfache Anfrage oder eine einfache Mahnung oder Zahlungsaufforderung beschränkte (Gerold/ Schmidt/Mayer aaO VV 2301 Rn. 2; Hartmann, Kostengesetze, 45. Aufl., VV RVG 2301 Rn. 2 f). Der Rechtsanwältin W. erteilte Auftrag war nicht auf ein Schreiben einfacher Art beschränkt, sondern bezog sich auf die vollständige außergerichtliche Geltendmachung der Forderungen der Klägerin und umfasste - wie dargelegt - die eigenständige Überprüfung dreier voneinander unabhängiger Sozialhilfeverfahren.
39
e) Die Revision vermag schließlich auch nicht mit der Rüge durchzudringen , das Berufungsgericht sei im Rahmen der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG zu Unrecht von einer Mittelgebühr in Höhe von 1,3 ausgegangen. Der getätigte Aufwand rechtfertige nur den Mindestgebührensatz von 0,5.
40
Die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG beträgt 0,5 bis 2,5. Nach der Anmerkung zu diesem Vergütungstatbestand kann eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Die Mindestgebühr von 0,5 kommt nur für denkbar einfachste außergerichtliche Anwaltstätigkeiten in Betracht (Gerold/Schmidt/Mayer aaO VV 2300 Rn. 27). Da Letzteres im Streitfall ersichtlich ausscheidet und die Tätigkeit von Rechtsanwältin W. auch nicht deutlich über den Normalfall hinausging, hat das Berufungsgericht zu Recht die Regelgebühr von 1,3 der Honorarberechnung zugrunde gelegt. Schlick Seiters Tombrink Remmert Reiter
Vorinstanzen:
AG Berlin-Köpenick, Entscheidung vom 26.03.2014 - 6 C 234/13 -
LG Berlin, Entscheidung vom 17.09.2014 - 49 S 21/14 -

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden abweichend von Satz 1 Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; § 35a Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt nur, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem Kapitel, dem Vierten Kapitel oder dem Zweiten Buch bezogen worden sind. Bei Leistungsberechtigten, die in den letzten zwei Jahren vor dem Bezug von Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel Leistungen nach dem Zweiten Buch bezogen haben, wird die nach § 22 Absatz 1 Satz 2 bis 4 des Zweiten Buches bereits in Anspruch genommene Karenzzeit für die weitere Dauer der Karenzzeit nach den Sätzen 2 bis 5 berücksichtigt.

(2) Der Träger der Sozialhilfe prüft zu Beginn der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 die Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Übersteigen die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, teilt der Träger der Sozialhilfe dies den Leistungsberechtigten mit dem ersten Bewilligungsbescheid mit und unterrichtet sie über die Dauer der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 sowie über das Verfahren nach Ablauf der Karenzzeit nach Absatz 3 Satz 2.

(3) Übersteigen die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, sind sie in tatsächlicher Höhe als Bedarf der Personen, deren Einkommen und Vermögen nach § 27 Absatz 2 zu berücksichtigen sind, anzuerkennen. Satz 1 gilt nach Ablauf der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 so lange, bis es diesen Personen möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Eine Absenkung der nach Absatz 1 Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre. Stirbt ein Mitglied der Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar.

(4) Der Träger der Sozialhilfe kann für seinen örtlichen Zuständigkeitsbereich für die Höhe der Bedarfe für Unterkunft eine monatliche Pauschale festsetzen, wenn auf dem örtlichen Wohnungsmarkt hinreichend angemessener freier Wohnraum verfügbar und in Einzelfällen die Pauschalierung nicht unzumutbar ist. Bei der Bemessung der Pauschale sind die tatsächlichen Gegebenheiten des örtlichen Wohnungsmarkts, der örtliche Mietspiegel sowie die familiären Verhältnisse der Leistungsberechtigten, insbesondere Anzahl, Alter und Gesundheitszustand der in der Unterkunft lebenden Personen, zu berücksichtigen. Absatz 3 Satz 1 gilt entsprechend.

(5) Bedarfe für Heizung umfassen auch Aufwendungen für zentrale Warmwasserversorgung. Die Bedarfe können durch eine monatliche Pauschale festgesetzt werden. Bei der Bemessung der Pauschale sind die persönlichen und familiären Verhältnisse, insbesondere Anzahl, Alter und Gesundheitszustand der in der Unterkunft lebenden Personen, die Größe und Beschaffenheit der Wohnung, die vorhandenen Heizmöglichkeiten und die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen.

(6) Leben Leistungsberechtigte in einer Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3, so sind Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 5 und 6 anzuerkennen. Leben Leistungsberechtigte in einer sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 3, so sind Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 7 anzuerkennen. Für die Bedarfe nach den Sätzen 1 und 2 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 6 nicht.

(7) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 3 und § 35a Absatz 2 Satz 2 gelten entsprechend.

(8) § 22 Absatz 11 und 12 des Zweiten Buches gelten entsprechend.

(1) Der Träger der Sozialhilfe darf Leistungen nach dem Siebten bis Neunten Kapitel mit Ausnahme der Leistungen der häuslichen Pflege, soweit diese gemäß § 64 durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahe stehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen werden, durch Dritte (Leistungserbringer) nur bewilligen, soweit eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Träger des Leistungserbringers und dem für den Ort der Leistungserbringung zuständigen Träger der Sozialhilfe besteht. Die Vereinbarung kann auch zwischen dem Träger der Sozialhilfe und dem Verband, dem der Leistungserbringer angehört, geschlossen werden, soweit der Verband eine entsprechende Vollmacht nachweist. Die Vereinbarungen sind für alle übrigen Träger der Sozialhilfe bindend. Die Vereinbarungen müssen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Sie sind vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode für einen zukünftigen Zeitraum abzuschließen (Vereinbarungszeitraum); nachträgliche Ausgleiche sind nicht zulässig. Die Ergebnisse sind den Leistungsberechtigten in einer wahrnehmbaren Form zugänglich zu machen.

(2) Sind geeignete Leistungserbringer vorhanden, soll der Träger der Sozialhilfe zur Erfüllung seiner Aufgaben eigene Angebote nicht neu schaffen. Geeignet ist ein Leistungserbringer, der unter Sicherstellung der Grundsätze des § 9 Absatz 1 die Leistungen wirtschaftlich und sparsam erbringen kann. Geeignete Träger von Einrichtungen dürfen nur solche Personen beschäftigen oder ehrenamtliche Personen, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, mit Aufgaben betrauen, die nicht rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184g, 184i bis 184l, 201a Absatz 3, §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des Strafgesetzbuchs verurteilt worden sind. Die Leistungserbringer sollen sich von Fach- und anderem Betreuungspersonal, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, vor deren Einstellung oder Aufnahme einer dauerhaften ehrenamtlichen Tätigkeit und in regelmäßigen Abständen ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes vorlegen lassen. Nimmt der Leistungserbringer Einsicht in ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes, so speichert er nur den Umstand der Einsichtnahme, das Datum des Führungszeugnisses und die Information, ob die das Führungszeugnis betreffende Person wegen einer in Satz 3 genannten Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist. Der Träger der Einrichtung darf diese Daten nur verändern und nutzen, soweit dies zur Prüfung der Eignung einer Person erforderlich ist. Die Daten sind vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn im Anschluss an die Einsichtnahme keine Tätigkeit für den Leistungserbringer wahrgenommen wird. Sie sind spätestens drei Monate nach der letztmaligen Ausübung einer Tätigkeit für den Leistungserbringer zu löschen. Die durch den Leistungserbringer geforderte Vergütung ist wirtschaftlich angemessen, wenn sie im Vergleich mit der Vergütung vergleichbarer Leistungserbringer im unteren Drittel liegt (externer Vergleich). Liegt die geforderte Vergütung oberhalb des unteren Drittels, kann sie wirtschaftlich angemessen sein, sofern sie nachvollziehbar auf einem höheren Aufwand des Leistungserbringers beruht und wirtschaftlicher Betriebsführung entspricht. In den externen Vergleich sind die im Einzugsbereich tätigen Leistungserbringer einzubeziehen. Tariflich vereinbarte Vergütungen sowie entsprechende Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sind grundsätzlich als wirtschaftlich anzusehen, auch soweit die Vergütung aus diesem Grunde oberhalb des unteren Drittels liegt.

(3) Sind mehrere Leistungserbringer im gleichen Maße geeignet, hat der Träger der Sozialhilfe Vereinbarungen vorrangig mit Leistungserbringern abzuschließen, deren Vergütung bei vergleichbarem Inhalt, Umfang und vergleichbarer Qualität der Leistung nicht höher ist als die anderer Leistungserbringer.

(4) Besteht eine schriftliche Vereinbarung, ist der Leistungserbringer im Rahmen des vereinbarten Leistungsangebotes verpflichtet, Leistungsberechtigte aufzunehmen und zu betreuen.

(5) Der Träger der Sozialhilfe darf die Leistungen durch Leistungserbringer, mit denen keine schriftliche Vereinbarung getroffen wurde, nur erbringen, soweit

1.
dies nach der Besonderheit des Einzelfalles geboten ist,
2.
der Leistungserbringer ein schriftliches Leistungsangebot vorlegt, das für den Inhalt einer Vereinbarung nach § 76 gilt,
3.
der Leistungserbringer sich schriftlich verpflichtet, die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungserbringung zu beachten,
4.
die Vergütung für die Erbringung der Leistungen nicht höher ist als die Vergütung, die der Träger der Sozialhilfe mit anderen Leistungserbringern für vergleichbare Leistungen vereinbart hat.
Die allgemeinen Grundsätze der Absätze 1 bis 4 und 6 sowie die Vorschriften zum Inhalt der Vereinbarung (§ 76), zur Verbindlichkeit der vereinbarten Vergütung (§ 77a), zur Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfung (§ 78), zur Kürzung der Vergütung (§ 79) und zur außerordentlichen Kündigung der Vereinbarung (§ 79a) gelten entsprechend.

(6) Der Leistungserbringer hat gegen den Träger der Sozialhilfe einen Anspruch auf Vergütung der gegenüber dem Leistungsberechtigten erbrachten Leistungen.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. März 2012 wird zurückgewiesen. Der Tenor des Urteils des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16. August 2010 wird in der Hauptsache klarstellend dahingehend berichtigt, dass der Klägerin zu 1 und dem Kläger zu 2 für die Zeit vom 1. Februar 2009 bis 30. April 2009 jeweils weitere Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 87,75 Euro zu erbringen sind.

Der Beklagte hat den Klägern auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe der Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) in der Zeit vom 1.2.2009 bis 30.4.2009.

2

Die Klägerin zu 1 (geb 1960) sowie die mit ihr zusammenlebenden Söhne A (geb 1994), Kläger zu 2, und D (geb 1987 <22 Jahre>; im Folgenden: D) bezogen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Die KdU, welche der Beklagte direkt an den Vermieter zahlte, beliefen sich für die 63 qm große Wohnung auf 526,50 Euro monatlich (Kaltmiete in Höhe von 406,50 Euro, Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 50 Euro, Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 50 Euro, Hausmeisterpauschale in Höhe von 12 Euro, SAT-Antennenpauschale in Höhe von 8 Euro). Der Beklagte bewilligte der Klägerin zu 1 und ihren Söhnen als Bedarfsgemeinschaft SGB II-Leistungen für die Zeit vom 1.11.2008 bis 30.4.2009. Unter Berücksichtigung eines geringen Einkommens der Klägerin zu 1 aus Beschäftigung sowie des Kindergeldes bewilligte er jeweils Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Die KdU übernahm er in tatsächlicher Höhe und berücksichtigte den "Kopfanteilen" entsprechend bei jedem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft KdU in Höhe von 175,50 Euro (Bescheid vom 13.10.2008). Nach vorangegangenen Sanktionen entzog er dem Sohn D die SGB II-Leistungen wegen des Abbruchs einer Bildungsmaßnahme für die Zeit vom 1.2.2009 bis 30.4.2009 vollständig (bestandskräftiger Bescheid vom 6.1.2009).

3

Für den bewilligten Zeitraum errechnete der Beklagte die SGB II-Leistungen mehrfach neu (Bescheide vom 6.1., 1.2., 18.2. und 18.3.2009) und setzte den auf D entfallenden KdU-Anteil für die Monate Februar bis April 2009 mit "0 Euro" fest. Mit dem von den Klägern (erstmals) mit Widerspruch angefochtenen weiteren Bescheid vom 2.4.2009 bewilligte er die SGB II-Leistungen unter Berücksichtigung des wechselnden Einkommens der Klägerin zu 1 und der Sanktion für D für den streitigen Zeitraum vom 1.2.2009 bis 30.4.2009 erneut (dabei ergab sich für die Klägerin zu 1 und den Kläger zu 2 jeweils ein verbleibender Betrag an Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts; KdU wurden in bisheriger Höhe übernommen; für D entfielen wegen des "Minderungsbetrags aufgrund von Sanktionen" die KdU vollständig). Den Widerspruch, mit dem die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 2 den Wegfall des KdU-Anteils für D beanstandeten, wies der Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 30.9.2009).

4

Das SG hat den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 2.4.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.9.2009 verurteilt, den Klägern für die Zeit vom 1.2.2009 bis 30.4.2009 weitere KdU-Leistungen in Höhe von 175,50 Euro monatlich zu gewähren (Urteil vom 16.8.2010). Das LSG hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 22.3.2012). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, der von den Klägern angefochtene Bescheid vom 2.4.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.9.2009 sei ein sogenannter Zweitbescheid, der ungeachtet der zuvor über denselben Gegenstand getroffenen bestandkräftigen Regelungen erneut den Rechtsweg eröffnet habe. Der Beklagte habe spätestens im Widerspruchsbescheid erneut über die den Klägern zustehende KdU entschieden. Er habe hervorgehoben, dass er die Sach- und Rechtslage im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der Sanktion und auf die Höhe der KdU für die Kläger als Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft erneut und intensiv geprüft habe. Hierbei habe er sich bewusst dafür entschieden, den durch die Sanktion entstandenen KdU-Anteil der Bedarfsgemeinschaft als Ausfall zuzuordnen. Auf die Inhalte der ab 6.1.2009 ergangenen Bescheide und deren (fragliche) Bekanntgabe komme es daher nicht an. Für die Zeit vom 1.2. bis zum 30.4.2009 bestehe ein Anspruch der Kläger auf Übernahme des jeweils hälftigen KdU-Anteils ohne Abzug des Kopfanteils für D. Es könne offen bleiben, ob D im streitigen Zeitraum noch Mitglied der dreiköpfigen Bedarfsgemeinschaft gewesen sei. Für eine Obliegenheit der Kläger zur Kostensenkung fehle es an einer Kostensenkungsaufforderung. Selbst wenn man eine solche als bereits mit den ab 1.6.2009 erteilten Bescheiden verbundene ansehe, fehle eine zeitliche Vorgabe zur Reduzierung. Auch sei es nur bei einer absehbar längerfristigen und endgültigen Veränderung in der Mitgliederzahl der Bedarfsgemeinschaft für die verbliebenen Mitglieder möglich und zumutbar, die Wohnverhältnisse an die dauerhafte alleinige Nutzung der Wohnung durch nur zwei Personen anzupassen. Seien die KdU-Aufwendungen daher angemessen oder als unangemessene Kosten zu übernehmen und habe die Bedarfsgemeinschaft fortbestanden, stehe der Anrechnung eines "fiktiven" Kopfanteils entgegen, dass die (tatsächlichen) Aufwendungen der Kläger nicht mehr gedeckt seien. Die Aufteilung nach Kopfanteilen setze voraus, dass der aktuell bestehende Unterkunftsbedarf von mehreren Personen gedeckt werde. Der anteilige Wegfall bei der Übernahme der Wohnungsaufwendungen führe zu einer (vorübergehenden) Unterdeckung eines bisher durch die gemeinsame Nutzung der Wohnung gedeckten Bedarfs. Dann bestehe ein Anspruch auf Tragung der tatsächlichen bzw angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung durch den SGB II-Träger, weil die Verpflichtung der Leistungsberechtigten zur Zahlung der KdU im Außenverhältnis unverändert fortbestehe. Den übrigen Mitgliedern dürfe nicht (mittelbar) ein Fehlverhalten zugerechnet werden, auf das sie jedenfalls bei über 18jährigen Mitgliedern ihrer Bedarfsgemeinschaft grundsätzlich keinen rechtlich relevanten Einfluss hätten. Es bestehe ein ungelöster Wertungswiderspruch, weil die Umsetzung einer Sanktion anderen Kriterien zu genügen habe als die Senkung unangemessener KdU. Während eine Sanktion rasch umgesetzt werden müsse, werde bei der Senkung der KdU eine Zeitspanne eingeräumt, um dem konkreten Wohnbedarf in seinen rechtlichen wie tatsächlichen Aspekten Rechnung zu tragen.

5

Mit seiner Revision macht der Beklagte geltend, es bestehe kein Anlass für eine Abweichung von dem Prinzip des Individualanspruchs. Eine Lücke im eigenen Bedarf der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft liege nicht vor. Wegen der Höhe der durch die Sanktion entstehenden Mietschulden bestehe in der Regel kein Kündigungsgrund. In vergleichbaren Fallkonstellationen werde die Aufteilung der KdU nach Kopfteilen auf die Nutzer der Wohnung ausnahmslos bestätigt ("fiktiver" Kopfanteil), obwohl auch dort das Argument hinsichtlich der Außenwirkung zum Vermieter und möglicher Wohnungslosigkeit greife. Das angefochtene Urteil verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil nicht in einer Bedarfsgemeinschaft lebende Jugendliche einen Wohnungsverlust nur durch eine Arbeitsaufnahme oder ein Darlehen vermeiden könnten. Dies sei auch den in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Jugendlichen zumutbar, weil deren Sanktionierung ansonsten regelmäßig und teilweise "ins Leere laufe".

6

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. März 2012 und das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16. August 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Kläger beantragen,
die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

8

Sie führen aus, die Aufteilung nach Kopfteilen sei nicht wegen einer gemeinsamen Nutzung der Wohnung, sondern deshalb gerechtfertigt, weil der aktuell bestehende Unterkunftsbedarf von mehreren Personen gedeckt werde. Eine strikte Anwendung des Kopfteilprinzips führe dazu, dass die übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft in "sippenhaftähnlicher Weise" für ein Fehlverhalten eines anderen Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft haften würden.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Beklagten ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben zu Recht entschieden, dass die Kläger in dem hier streitigen Zeitraum jeweils Anspruch auf höhere Aufwendungen für KdU in der zuerkannten Höhe haben.

10

1. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid vom 2.4.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.9.2009, mit dem der Beklagte KdU für die Klägerin zu 1 und den Kläger zu 2 weiterhin nur in Höhe der bisher zuerkannten Leistungen von je 175,50 Euro bewilligt hat. Ausgehend von dem objektiven Regelungsgehalt des angefochtenen Bescheids und dem Klageantrag ist Streitgegenstand hingegen nicht die direkte Auszahlung der bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung an den Vermieter der Kläger. Der Beklagte hat mit der Bestimmung eines anderen Empfängers der den Klägern bewilligten Leistungen lediglich die Auszahlungsmodalitäten modifiziert, nicht jedoch die Bewilligung der Leistungen dem Grunde und der Höhe nach verändert. Das zuvor behandelte Begehren der Kläger auf höhere Leistungen umfasst nicht die Auszahlung der gesamten Leistungen an sie. Der Beklagte hat die Bestimmung eines anderen Empfängers zudem im Bescheid vom 2.4.2009 in einem selbstständigen Verfügungssatz geregelt. Insoweit haben die Kläger den Bescheid jedoch nicht angefochten (vgl hierzu Urteil des Senats vom 28.3.2013 - B 4 AS 12/12 R - SozR 4-4200 § 20 Nr 18 RdNr 12).

11

Die Kläger wenden sich gegen den Bescheid vom 2.4.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 30.9.2009 zurecht mit der Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG). Wegen des sanktionsbedingten Wegfalls der KdU für D im streitigen Zeitraum vom 1.2.2009 bis 30.4.2009 ist ihr Begehren auf höhere KdU gerichtet, als diese in den vorangegangenen Bescheiden für den streitigen Zeitraum jeweils bewilligt wurden. Das LSG hat zurecht angenommen, dass es sich bei dem angefochtenen Bescheid vom 2.4.2009 um einen Zweitbescheid handelte, mit dem der Beklagte die Individualansprüche für den streitigen Zeitraum erneut und in vollem Umfang überprüfbar geregelt hat. Die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 2 können jeweils höhere Leistungen in der von den Vorinstanzen angenommenen Höhe beanspruchen. Insofern ist - als Besonderheit des SGB II - zu berücksichtigen, dass kein Anspruch der Bedarfsgemeinschaft oder Teilen der Bedarfsgemeinschaft als solcher existiert, sondern Anspruchsinhaber jeweils - individuell - die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind (grundlegend BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 12). Mit dem Bescheid vom 2.4.2009 hat der Beklagte - in getrennt zu betrachtenden Verfügungen - Einzelansprüche der Klägerin zu 1 und ihrer beiden Söhne bewilligt. Der Tenor der erstinstanzlichen Entscheidung ist daher dahin zu korrigieren, dass der ausgeurteilte Gesamtbetrag in Höhe von 175,50 Euro jeweils anteilig auf die Klägerin zu 1 und den Kläger zu 2 verteilt wird.

12

Die Kläger haben den Streitgegenstand zulässigerweise auf die Leistungen der Unterkunft und Heizung beschränkt. Insofern haben sie keine Einwände gegen das erstinstanzliche Urteil erhoben, mit dem das SG ausdrücklich nur weitere KdU zugesprochen hat. Es ist daher davon auszugehen, dass die in den Bewilligungsbescheiden gleichfalls geregelte Höhe der Regelleistung sowie die Berücksichtigung des Einkommens der Klägerin zu 1, das schon ihren eigenen Regelbedarf nicht deckte, nicht Gegenstand des Verfahrens sind. Bei den KdU handelt es sich um abtrennbare Verfügungen des Gesamtbescheids, ohne dass eine weitere Aufspaltung in die Leistungen für Unterkunft und Heizung rechtlich möglich ist (stRspr seit BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f). Dies gilt zumindest für laufende Verfahren über vor dem 1.1.2011 abgeschlossene Bewilligungsabschnitte (BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 11; Urteil des Senats vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 11).

13

2. Die materielle Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheids vom 2.4.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.9.2009 beurteilt sich nach § 40 Abs 1 SGB II iVm § 48 Abs 1 S 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB X). Wegen § 40 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB II iVm § 330 Abs 3 S 1 SGB III ist diese Rechtsfolge zwingend. Haben sich Veränderungen in den rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnissen ergeben, die dazu führen, dass der Verwaltungsakt dem Grunde oder der Höhe nach so nicht mehr ergehen dürfte, so liegt eine wesentliche Änderung vor (Brandenburg in jurisPK-SGB X, 2013, § 48 RdNr 60). Eine Änderungswirkung zugunsten des Berechtigten liegt vor, wenn die Änderung nach objektiver Betrachtungsweise "per saldo" einen Vorteil bewirkt (BSG SozR 2200 § 1255a Nr 19).

14

Dies ist hier ausgehend von den Individualansprüchen der Kläger zu 1 und 2 auf SGB II-Leistungen der Fall. Gegenüber den Verhältnissen, die dem Bewilligungsbescheid vom 13.10.2008 und den weiteren Änderungsbescheiden zugrundelagen, mit denen der Beklagte den Klägern jeweils 175,50 Euro als KdU bewilligte, ist eine Änderung eingetreten, weil sie für die Zeit vom 1.2.2009 bis 30.4.2009 Ansprüche auf weitere KdU-Leistungen in Höhe von 87,75 Euro hatten. Bezogen auf die Kläger zu 1 und 2 wird durch den tatsächlichen Wegfall des bisher an den Vermieter direkt überwiesenen KdU-Anteils für D auf der Grundlage der Kürzung des Individualanspruchs des D durch den Bescheid vom 2.4.2009 zeitgleich eine wesentliche Änderung bewirkt, weil bei ihnen ein höherer Bedarf an KdU entstand, den sie nicht durch Einkommen oder Vermögen innerhalb der Bedarfsgemeinschaft decken konnten. Dieser Sonderfall rechtfertigt eine Abweichung vom "Kopfteilprinzip".

15

3. Das LSG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die für einen Anspruch der Kläger auf höhere Leistungen notwendigen Anspruchsvoraussetzungen für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II dem Grunde nach vorlagen. Insofern hat das LSG für den Senat bindend festgestellt, dass sie zum leistungsberechtigten Personenkreis nach dem SGB II gehörten und dem Grunde nach Anspruch auf Übernahme der KdU hatten. Beide hatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB II). Die im Jahre 1960 geborene Klägerin zu 1 war erwerbsfähig (§ 7 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB II), hatte das 15. Lebensjahr vollendet, die Altersgrenze nach § 7a SGB II aber noch nicht erreicht(§ 7 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB II). Der 1994 geborene Kläger zu 2 lebte mit ihr in einer Bedarfsgemeinschaft, beide waren hilfebedürftig, der Kläger zu 2 verfügte - mit Ausnahme des Kindergeldes - über kein eigenes Einkommen oder Vermögen, die Klägerin zu 1 erzielte in dem hier in Rede stehenden Zeitraum nur das berücksichtigte Einkommen, welches schon ihren eigenen Bedarf nicht deckte (§ 7 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II).

16

4. a) Die Kläger können in dem hier streitigen Zeitraum vom 1.2.2009 bis 30.4.2009 die Übernahme der KdU in tatsächlicher Höhe und jeweils zur Hälfte unmittelbar aus § 22 Abs 1 S 1 SGB II beanspruchen.

17

Nach § 22 Abs 1 S 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Von § 22 Abs 1 S 1 SGB II erfasst sind sämtliche Zahlungsverpflichtungen, die sich aus dem Mietvertrag bzw einer mit dem Vermieter getroffenen Vereinbarung für die Unterkunft ergeben und tatsächlich gezahlt werden(BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 20 RdNr 19 ff zum Nutzungsentgelt für die Küchenmöblierung; BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, RdNr 15 ff zu den Kosten eines Kabelanschlusses). Angeknüpft wird an die rechtliche und tatsächliche Verpflichtung zur Mietzinszahlung im Rahmen des Mietverhältnisses. Ausreichend ist, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige einer ernsthaften Mietzinsforderung ausgesetzt ist (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 21 RdNr 16 ff; BSGE 104, 179 = SozR 4-4200 § 22 Nr 24, RdNr 16; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 2/10 R - juris RdNr 15).

18

b) Von den tatsächlichen und - mit den Überlegungen des LSG - zumindest als angemessenen zu unterstellenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung im streitigen Zeitraum in Höhe von 526,50 Euro ist nicht der auf D entfallende Anteil an den KdU abzuziehen. Zwar sind die KdU im Regelfall unabhängig von Alter und Nutzungsintensität anteilig pro Kopf aufzuteilen, wenn Hilfebedürftige eine Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen, insbesondere anderen Familienangehörigen, nutzen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Personen Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft sind oder nicht (stRspr BSG Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R - BSGE 97, 265 = SozR 4-4200 § 20 Nr 3, RdNr 28; BSG Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 7/07AS 7/07 R - juris RdNr 19; BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 55/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 9 = SGb 2010, 163 ff, RdNr 18 f; BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 33; BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/11b AS 61/0AS 61/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 12 RdNr 19; BSG Urteil vom 27.1.2009 - B 14/7b AS 8/07 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 4 RdNr 19; BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 61/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 44 RdNr 18). Hintergrund für dieses auf die Rechtsprechung des BVerwG (vom 21.1.1988 - 5 C 68/85 - BVerwGE 79, 17) zurückgehende "Kopfteilprinzip" sind Gründe der Verwaltungsvereinfachung sowie die Überlegung, dass die gemeinsame Nutzung einer Wohnung durch mehrere Personen deren Unterkunftsbedarf insgesamt abdeckt und in aller Regel eine an der unterschiedlichen Intensität der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen für die Erfüllung des Grundbedürfnisses Wohnen nicht zulässt.

19

Bei der Aufteilung nach Kopfteilen im Rahmen des § 22 Abs 1 SGB II handelt es sich um eine generalisierende und typisierende Annahme aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität, die jedoch nicht gesetzlich als den Anspruch auf KdU begrenzend festgeschrieben ist. Insofern findet sich in § 22 Abs 1 SGB II keine bedarfsbeschränkende Festlegung des Gesetzgebers auf das Prinzip der anteiligen Verteilung der KdU nach der Anzahl der im Haushalt lebenden Personen. Bei den KdU greift der Individualisierungsgrundsatz mit der Anknüpfung an die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung, deren Angemessenheit als begrenzend wirkt. Es besteht ein Unterschied zu den Regelleistungen nach dem SGB II, bei denen eine anspruchsbegrenzende Pauschalierung der Bedarfe gesetzlich vorgesehen ist.

20

In Anknüpfung an die Rechtsprechung des BVerwG, das eine Korrektur des Grundsatzes der Pro-Kopf-Aufteilung zugelassen hat, wenn und soweit der Hilfefall durch "sozialhilferechtlich bedeutsame Umstände" gekennzeichnet war, die "ohne weiteres objektivierbar" und "dem Träger der Sozialhilfe möglicherweise sogar bereits bekannt" waren (BVerwGE 79, 17 ff, zB Behinderung oder Pflegebedürftigkeit, die ein anerkennenswertes Maß an Unterkunftsbedarf in der Person der oder des Hilfebedürftigen oder eines anderen Mitglieds der Haushaltsgemeinschaft ausmachten), hat es auch das BSG als möglich und notwendig angesehen, im Einzelfall vom "Kopfteilprinzip" abzuweichen (BSGE 97, 265 = SozR 4-4200 § 20 Nr 3; BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 4, RdNr 19 "Sonderfälle"). Eine Abweichung vom Kopfteilprinzip hat der 14. Senat des BSG bei gemeinsam in einer Wohnung, aber nicht in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen bejaht, wenn eine andere Aufteilung aufgrund eines Vertrags bei objektiver Betrachtung aufgrund eines schon vor Eintritt der Hilfebedürftigkeit vereinbarten notariellen Vertrags und der daraus folgenden Stellung als Eigentümer angezeigt sei (BSG Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 36/12 R - RdNr 28, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; bereits angedeutet in BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 12, RdNr 19). Weiter haben die für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG eine Abweichung vom Prinzip der Aufteilung nach "Kopfanteilen" in Fallgestaltungen erörtert, in denen durch eine Berücksichtigung der KdU nach Kopfanteilen eine Bedarfsunterdeckung in Frage stand (vgl zB BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 9 RdNr 18; BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 4 RdNr 19; vgl hierzu auch Frank in GK-SGB II § 22 RdNr 19, Stand März 2010).

21

c) Hier sind die Voraussetzungen für eine Abweichung vom Kopfteilprinzip aus bedarfsbezogenen Gründen gegeben, die auch bei gemeinsamer Nutzung der Wohnung durch eine Bedarfsgemeinschaft vorliegen können (vgl zur Übernahme der KdU bei vorübergehender Ortsabwesenheit eines Partners: BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 42).

22

Aus "bedarfsbezogenen Gründen", nämlich wegen des vollständigen Wegfalls der KdU-Leistungen für D, entstanden der Klägerin zu 1 und dem Kläger zu 2 in dem streitigen Zeitraum höhere Kosten für die Wohnung und Heizung. Sie konnten schon deshalb nicht darauf verwiesen werden, den KdU-Anteil von D zu verlangen, weil der Beklagte mit dem rechtskräftigen Bescheid vom 6.1.2009 sowie mit dem Bewilligungsbescheid vom 2.4.2009 als der zur Sicherstellung des Existenzminimums zuständige Träger den vollständigen Wegfall des KdU-Anteils für D in dem hier streitigen Zeitraum verfügte. Zwar ist zweifelhaft, ob dies berechtigt war. § 31 Abs 5 S 6 SGB II iVm § 31 Abs 3 S 6 SGB II sieht vor, dass der zuständige Träger bei einer Minderung des Alg II um mehr als 30 vH der nach § 20 maßgebenden Regelleistung in angemessenen Umfang ergänzende Sachleistungen und geldwerte Leistungen erbringen kann und diese nach § 31 Abs 3 S 7 SGB II erbringen soll, wenn der Hilfebedürftige mit minderjährigen Kindern in Bedarfsgemeinschaft lebt. Letzteres war hier der Fall, weil auch der minderjährige Bruder des Klägers in der Bedarfsgemeinschaft lebte. D hat jedoch - ausgehend von den seitens der Beteiligten nicht gerügten, bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) - den Sanktionsbescheid vom 6.1.2009 und den seinen Individualanspruch betreffenden Teil des Bescheides vom 2.4.2009 nicht angegriffen, ohne dass die Klägerin zu 1 bei ihrem volljährigen Sohn hierauf Einfluss hatte. Nach dem Inhalt der vom LSG in Bezug genommenen Bewilligungsbescheide war bei D auch kein Einkommen oder Vermögen vorhanden, aus dem er den auf ihn entfallenden KdU-Anteil während des Sanktionszeitraums hätte bestreiten können. Dem Beklagten war daher bekannt, dass der durch die von ihm veranlasste Sanktion eine Bedarfsunterdeckung bei den KdU auch bei den Klägerin zu 1 und dem minderjährigen Kläger zu 2 eingetreten war.

23

d) Die Kläger können auch nicht darauf verwiesen werden, ihren tatsächlichen mietvertraglichen Verpflichtungen nicht vollständig nachzukommen und eine weitere Erhöhung der hier nach den Feststellungen des LSG bereits vorhandenen Mietschulden hinzunehmen. Im Bereich der KdU sind die existenzsichernden Leistungen dergestalt geregelt, dass ein Anspruch auf Übernahme der KdU-Aufwendungen nicht erst besteht, wenn eine Kündigung des Mietverhältnisses unmittelbar bevorsteht. Es besteht mit dieser Maßgabe eine Verpflichtung des SGB II-Trägers zur Deckung des (hier vorübergehend erhöhten) individuellen Bedarfs jedes Grundrechtsträgers (BVerfGE 125, 175 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 12, juris RdNr 137; Wersig in info also 2011, 51 ff, 52).

24

Der Einwand des Beklagten, dass durch die Erhöhung des KdU-Anteils für die Kläger die Sanktionierung von D "abgemildert" werde, kann aus Rechtsgründen zu keinem anderen Ergebnis führen. Die Klägerin zu 1 ist wegen der vom SGB II vorgesehenen Konstruktion der Bedarfsgemeinschaft zum Einsatz ihres Einkommens und Vermögens auch für D verpflichtet. Eine darüberhinausgehende faktische Mithaftung für ein nach dem SGB II sanktioniertes Verhalten des volljährigen Kindes durch Hinnahme einer Bedarfsunterdeckung ist nicht vorgesehen (vgl zur Vermeidung von personenübergreifenden Sanktionsfolgen: Geiger in info also 2010, 3 ff; Berlit in Existenzsicherungsrecht, 2. Aufl 2013, Kapitel 28, RdNr 34). Zudem ist die Sanktion für D nicht vollständig entfallen, weil auch der Regelbedarf teilweise gekürzt bzw als Sachleistung erbracht worden ist. Ob ein KdU-Anteil in diesen Fallgestaltungen zu übernehmen ist, muss einzelfall- und bedarfsbezogen geprüft werden. Die von dem Beklagten als mögliche Folge beschriebene Ungleichbehandlung des D mit nicht in einer Bedarfsgemeinschaft mit Angehörigen lebenden Personen bei einer Sanktionierung liegt schon deshalb nicht vor, weil eine andere Ausgangslage gegeben ist und wirkt sich im Übrigen auch nicht auf den Anspruch der Klägerin zu 1 und den minderjährigen Kläger zu 2 aus.

25

Unschädlich ist schließlich, dass bei der Klägerin zu 1 und dem Kläger zu 2 eine höhere Belastung durch KdU während des Mietverhältnisses eingetreten ist. § 22 Abs 1 S 1 SGB II enthält keine Beschränkung der zu übernehmenden tatsächlichen Unterkunftskosten auf solche Kosten, die bereits bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II zu zahlen waren(zu einer möglicherweise zivilrechtlich unwirksamen Staffelmietvereinbarung: BSGE 104, 179 = SozR 4-4200 § 22 Nr 24, RdNr 16 ff; BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 61 zu erhöhten Mietkosten wegen einer Modernisierungsmaßnahme nach Eintritt der Hilfebedürftigkeit).

26

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. Januar 2009 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Übernahme von Schulden, die im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis des Klägers entstanden sind.

2

Der Kläger bezog von dem Beklagten seit April 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Der Beklagte gewährte Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen. Der Kläger war ab Februar 2005 in Rückstand mit den Mietzahlungen geraten. Die Vermieterin kündigte das Mietverhältnis und erhob Mietzahlungs- und Räumungsklage. Dieser Rechtsstreit endete durch Vergleich vor dem Amtsgericht Lichtenberg vom 1.3.2006, wonach das Mietverhältnis seitens der Vermieterin fortgesetzt werde für den Fall, dass der Kläger bis zum 3.4.2006 die Mietschulden in Höhe von 2222,47 Euro begleiche.

3

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 25.4.2006 bei dem Beklagten die Übernahme der Schulden. Er wies zugleich darauf hin, dass er mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den Träger der Sozialhilfe auf Übernahme der Mietschulden vor dem Sozialgericht (SG) erfolglos geblieben und erst im Laufe des Aprils auf die Änderung der Rechtslage nach § 22 Abs 5 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) aufmerksam gemacht worden sei. Er legte ferner eine Erklärung der Vermieterin vom 18.5.2006 vor, dass diese das Mietverhältnis fortsetze, wenn neben dem Betrag aus dem Vergleich weitere Rechtsanwalts-, Gerichts- und Vollstreckungskosten in Höhe von 2183,48 Euro, insgesamt mithin 4405,95 Euro gezahlt würden. Weiterhin legte er ein Attest des Neurologen und Psychiaters Dr. M vor, wonach im Falle des Wohnungsverlustes Selbsttötungsgefahr bestehe. Der Kläger nahm schließlich ein mit 15 % verzinsliches Darlehen auf und zahlte hiervon die Mietrückstände und die Verfahrenskosten. Die Räumung der Wohnung konnte so abgewendet werden.

4

Antrag, Widerspruch und Klage blieben ohne Erfolg (Bescheid vom 11.5.2006, Widerspruchsbescheid vom 7.8.2006, Gerichtsbescheid des SG Berlin vom 14.8.2007).

5

Die Berufung des Klägers, mit der er die Zahlung von 4405,95 Euro nebst 15 % Zinsen seit dem 8.9.2006 geltend gemacht hat, hat das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 30.1.2009 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die zwischenzeitlich erfolgte Begleichung der Schulden habe einen möglichen Anspruch nach § 22 Abs 5 SGB II entfallen lassen. Daran ändere nichts, dass der Kläger hierfür andere Verbindlichkeiten eingegangen sei. Für eine nachträgliche Übernahme von Schulden, die nicht mehr der Sicherung der Unterkunft oder der Behebung einer vergleichbaren Notlage diene, sei schon nach dem Wortlaut der Vorschrift kein Raum. Ob der Kläger über Schonvermögen verfügt habe, das er zur Begleichung der Mietschulden einzusetzen gehabt hätte, sei damit unerheblich. Ebenso sei dem klägerischen Antrag auf Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens nicht nachzugehen gewesen. Dies könne allenfalls Aufschluss darüber geben, ob die Beklagte seinerzeit zur Übernahme der Schulden verpflichtet gewesen wäre. Der hilfsweise in der Berufungsverhandlung gestellte Antrag, die Beklagte zur Übernahme der Beträge im Wege der Folgenbeseitigung zu übernehmen, sei unzulässig, weil hierzu ein Vorverfahren nicht durchgeführt worden sei. Im Übrigen sei dieser Antrag auch unbegründet, weil ein Anspruch auf Folgenbeseitigung auf den Bereich der Eingriffsverwaltung beschränkt sei.

6

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Senat zugelassenen Revision. Das LSG sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass Schulden iS des § 22 Abs 5 SGB II nicht mehr vorlägen, weil er das notwendige Geld zur Abwendung der Wohnungslosigkeit im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Tatsachengerichts selbst aufgebracht habe. Der Anspruch auf Übernahme der Mietschulden habe sich mit der Eingehung neuer Verbindlichkeiten nicht tatsächlich und rechtlich erledigt. Für den Fall der Eingehung von Verbindlichkeiten gegenüber Dritten und deren Einsatz zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit seien solche Verbindlichkeiten normativ als Schulden im Sinne des § 22 Abs 5 SGB II anzusehen. Zu dem Zeitpunkt der Eingehung der Schulden habe Wohnungslosigkeit gedroht, die der Beklagte hätte abwenden müssen. Das LSG habe die Tatsache unberücksichtigt gelassen, dass er bereits am 12.1.2006 bei dem Beklagten und am 22.3.2006 beim Sozialhilfeträger die Übernahme der Schulden beantragt habe. Zu diesem Zeitpunkt wäre auch Schonvermögen nicht einzusetzen gewesen, sodass dieses weiterhin - wie nach der Rechtslage nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) - geschützt bleibe. Er rügt ferner die fehlerhafte Aufklärung des Sachverhalts. Das LSG sei ohne ausreichende Begründung einem von ihm in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag auf Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens nicht gefolgt. Er sei aber unverschuldet aufgrund psychischer Erkrankung nicht in der Lage gewesen, sich auf andere Weise selbst zu helfen. Insbesondere der Auszug aus seiner Wohnung hätte eine weitergehende gesundheitliche Gefährdung bedeutet, die ihm nicht zumutbar gewesen wäre.

7

           

Der Kläger beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. Januar 2009 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 14. August 2007 sowie den Bescheid des Beklagten vom 11. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. August 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, Schulden in Höhe von 4405,95 Euro nebst 15 Prozent Zinsen seit dem 8. September 2006, als Zuschuss, hilfsweise als Darlehen, zu übernehmen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne einer Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet, § 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

11

Ob der Kläger Anspruch auf die begehrte Übernahme von Schulden nach § 22 Abs 5 SGB II hat, kann auf Grundlage des vom LSG festgestellten Sachverhalts nicht entschieden werden. Ein Anspruch auf Übernahme von Schulden, der grundsätzlich von einer gesonderten Antragstellung abhängig ist (dazu unter 2), scheidet nicht schon dann aus, wenn der Hilfebedürftige nach der maßgeblichen Antragstellung mit Hilfe eines anderweitig beschafften Darlehens die Unterkunft durch Zahlung der geschuldeten Summe gegenüber dem Vermieter gesichert hat. Eine Übernahme von Schulden kommt vielmehr in Betracht, wenn diese zunächst beantragt, der Träger der Grundsicherung über den Antrag aber nicht rechtzeitig entschieden oder den Antrag rechtswidrig abgelehnt hatte (dazu unter 3). Das LSG wird daher zu prüfen haben, ob zum Zeitpunkt der Aufnahme des Darlehens, der bislang noch nicht festgestellt ist, ein originärer Anspruch auf Übernahme der Schulden nach § 22 Abs 5 SGB II bestand(dazu unter 4). Bestand ein solcher Anspruch, kommt auch die Übernahme der im weiteren Verlauf entstandenen Schulden in Betracht, wenn bei rechtzeitigem rechtmäßigen Handeln des Beklagten solche Mehrkosten nicht entstanden wären (dazu unter 5).

12

1. Die Klage ist als Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl § 54 Abs 1, 4 SGG) zulässig. Streitgegenstand ist allein die begehrte Übernahme von Schulden. Gegenstand des Rechtsstreits ist damit der Bescheid vom 11.5.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.8.2006. Das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers steht nicht deshalb in Frage, weil er im Laufe des Verfahrens die Schulden aus dem Mietverhältnis gegenüber der Vermieterin anders als durch die ursprünglich begehrte Leistung aufgebracht und beglichen und so den drohenden Verlust der Wohnung selbst endgültig abgewendet hat. Da er hierfür anderweitige Verbindlichkeiten und entsprechende (gegenüber einer Darlehensgewährung durch den Beklagten weitaus ungünstigere) Rückzahlungsverpflichtungen eingegangen ist, bleibt die Frage zu klären, ob ihm ein Leistungsanspruch weiterhin zusteht oder ein solcher Anspruch wegen dieser zwischenzeitlichen "Selbstbeschaffung" ausscheidet, wie das LSG meint.

13

2. Als Anspruchsgrundlage kommt für den Kläger, der nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG als alleinstehender, erwerbsfähiger Hilfebedürftiger seit April 2005 durchgehend Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung (vgl §§ 19, 22 Abs 1 SGB II) bezogen hat, nur § 22 Abs 5 SGB II(eingefügt zum 1.4.2006 mit dem Gesetz zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 24.3.2006, BGBl I 558) in Betracht. Nach dessen Satz 1 können, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen nach Satz 2 übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs 2 Nr 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen (Satz 3). Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden (Satz 4).

14

Ein Anspruch auf Übernahme von Schulden iS des § 22 Abs 5 SGB II ist im Regelfall vom Antrag auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß §§ 19 ff SGB II nicht erfasst, sondern vom Hilfebedürftigen gesondert geltend zu machen. Der von § 22 Abs 5 SGB II zu deckende Bedarf kommt unabhängig vom Bedarf auf laufende Leistungen nicht schon dann als Leistung in Betracht, wenn Schulden in Bezug auf die Unterkunft tatsächlich entstehen. Insoweit unterscheidet er sich von einmaligen Sonderbedarfen nach § 23 Abs 3 SGB II, die nicht gesondert beantragt werden müssen (vgl dazu Urteil des Senats vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Erst wenn sich der Hilfebedürftige nicht mehr in der Lage sieht, trotz des Bezuges von Leistungen nach §§ 19, 22 Abs 1 SGB II und seiner Verpflichtung, vorrangig eigene Mittel zur Schuldentilgung einzusetzen, seine Unterkunft zu sichern, kommt eine Übernahme der Schulden in Betracht. Der Antragsteller muss deshalb die weitergehende Notwendigkeit von zusätzlichen Geldleistungen zur Sicherung der Unterkunft in seinem Vorbringen gegenüber dem Träger der Grundsicherung zum Ausdruck bringen. Erst ein solches Vorbringen kann als Antrag ausgelegt werden und den entsprechenden Anspruch auf Übernahme von Schulden auslösen.

15

Maßgeblicher Zeitpunkt der Antragstellung für die Leistung nach § 22 Abs 5 SGB II ist vorliegend damit der 25.4.2006. Soweit der Kläger mit seinem Revisionsvorbringen vorträgt, er habe die Leistungen bereits am 12.1.2006 beim Träger der Grundsicherung beantragt, ergibt sich dies zwar aus dem Akteninhalt. Der Beklagte hatte diesen Antrag allerdings bereits mit bestandskräftigem Bescheid vom 16.1.2006 beschieden.

16

3. Bei den vom Kläger im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG geltend gemachten Beträgen handelt es sich entgegen der Auffassung des LSG um Schulden im Sinne des § 22 Abs 5 SGB II.

17

a) Die Abgrenzung von Schulden nach § 22 Abs 5 SGB II von den übrigen Kosten der Unterkunft und Heizung, die nach § 22 Abs 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen sind, ist unabhängig von der zivilrechtlichen Einordnung zu treffen. Ausgehend von dem Zweck der Leistungen nach dem SGB II ist danach zu unterscheiden, ob es sich um einen tatsächlich eingetretenen und bisher noch nicht von dem SGB II-Träger gedeckten Bedarf handelt oder nicht (vgl BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 62/09 R -, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 17).

18

Soweit der Kläger in der Zeit ab April 2005 mit den Mietzahlungen in Rückstand geraten ist, handelt es sich bei den aufgelaufenen Beträgen schon deswegen um Schulden iS des § 22 Abs 5 SGB II, weil der Beklagte nach den Feststellungen des LSG den Anspruch auf Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in vollem Umfang ("in Höhe der tatsächlichen Miete") erfüllt hat. Im Hinblick auf die Kosten für Unterkunft und Heizung lässt aber die zweckwidrige Verwendung der vom Träger der Grundsicherung bewilligten Mittel durch den Hilfeempfänger einen erneuten Anspruch nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nicht entstehen. Sind insoweit Schulden entstanden, kann nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen des Abs 5 ein Anspruch auf Übernahme der Schulden bestehen.

19

Auch soweit der Kläger seinen fälligen Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis in Zeiträumen nicht nachgekommen ist, in denen er keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bezogen hat, gehören solche Schulden nicht zu den Aufwendungen nach § 22 Abs 1 SGB II, weil sie keinem laufenden Bewilligungszeitraum zugeordnet werden können. Verbindlichkeiten, die nicht im laufenden Bezug (etwa nach Abrechnung von Nebenkosten) fällig werden, sondern bereits zuvor bestanden haben, sind bei der Prüfung des aktuellen Bedarfs für Unterkunft und Heizung, den § 22 Abs 1 SGB II abdecken soll, grundsätzlich unbeachtlich. Die anteilige Berücksichtigung nach Kalendertagen im laufenden Monat kommt nur in Betracht, soweit die Miete bereits vor der (ersten) Antragstellung fällig geworden war (vgl § 41 Abs 1 Satz 3 SGB II; dazu BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 22). Schulden aus Monaten, die dem Monat der (ersten) Antragstellung vorangegangen sind (hier also den Monaten Februar und März 2005), können in der Folgezeit damit nur unter den Voraussetzungen des § 22 Abs 5 SGB II übernommen werden.

20

b) Entgegen der Auffassung des LSG scheidet ein Anspruch nach § 22 Abs 5 SGB II nicht schon dann aus, wenn der Kläger nach Antragstellung mit Hilfe eines anderweitig beschafften Darlehens die Unterkunft durch Zahlung der geschuldeten Summe gegenüber dem Vermieter selbst gesichert hat. Auch Schulden gegenüber einem Dritten, die der Hilfebedürftige nach Antragstellung beim Träger der Grundsicherung eingegangen ist, um drohende Wohnungslosigkeit abzuwenden, können Schulden im Sinne des § 22 Abs 5 SGB II sein. Der Wortlaut des § 22 Abs 5 SGB II ist insoweit offen gefasst und ausdrücklich nicht auf Schulden aus dem Mietvertrag beschränkt. Diese Auslegung entspricht auch Sinn und Zweck der Vorschrift. Die ausnahmsweise Übernahme von Schulden soll dann ermöglicht werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft gerechtfertigt erscheint.

21

Jedenfalls für den Fall, dass eine Entscheidung des Trägers der Grundsicherung nicht mehr rechtzeitig erfolgt ist oder der Träger der Grundsicherung die Übernahme der Schulden rechtswidrig abgelehnt hatte und die Aufnahme eines Privatdarlehens aus diesem Grund erforderlich für die Abwendung der Wohnungslosigkeit war, kommt die Übernahme dieser "neuen" Schulden (an Stelle der ursprünglich gegenüber dem Vermieter bestehenden Schulden) in Betracht. Dies entspricht der im Sozialversicherungsrecht geltenden Pflicht zur Kostenerstattung bei nicht rechtzeitiger oder zu Unrecht verweigerter Sachleistung, die von der Rechtsprechung über den unmittelbaren Anwendungsbereich des § 13 Abs 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) hinaus als allgemein gültiges Rechtsprinzip angesehen wird(vgl BSGE 89, 50, 56 f = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 8 = juris RdNr 36). Auch im Anwendungsbereich des SGB XII (wie auch zuvor des Bundessozialhilfegesetzes) kann dem Hilfesuchenden eine zwischenzeitliche Selbstbeschaffung der begehrten Leistung unter dem Gesichtspunkt einer "Zweckverfehlung" der ursprünglich beantragten Leistung nicht entgegengehalten werden (vgl BSG SozR 4-3500 § 21 Nr 1 RdNr 11 für die Übernahme von Kosten für eine Haushaltshilfe nach dem SGB XII unter Hinweis auf BVerwGE 90, 154, 156; 91, 245, 247 f; 94, 127, 135; 96, 152, 157; ausführlich Grube, Sozialrecht aktuell 2010, 11, 12). Soweit Leistungen nach dem SGB II nicht ohnehin pauschaliert und von daher dem Gedanken einer zwischenzeitlichen "faktischen" Bedarfsdeckung nicht zugänglich sind (vgl dazu etwa Urteil des Senats vom 18.2.2010 - B 14 AS 32/08 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), gilt nichts anderes. An die Stelle der ursprünglich begehrten Übernahme der Schulden gegenüber dem Vermieter treten dann die Schulden, die gegenüber dem Dritten eingegangen worden sind. Sind durch eine notwendig gewordene anderweitige Finanzierung weitergehende Kosten entstanden, kommt auch deren Übernahme unter dem Gesichtspunkt der Kostenerstattung in Betracht (dazu im Einzelnen unter 5).

22

Das LSG wird daher zu prüfen haben, wann der Kläger die noch bestehenden Verbindlichkeiten eingegangen ist. Lediglich wenn die Schulden gegenüber der Vermieterin bereits vor Antragstellung anderweitig als durch die vom Beklagten begehrte Geldleistung getilgt und die Unterkunft gesichert worden war (wofür der Vortrag des Klägers in der Revisionsinstanz und der vom LSG mitgeteilte Sachverhalt bislang keine Anhaltspunkte bieten), scheidet ein Anspruch nach dem Gesagten regelmäßig aus.

23

Ein Anspruch auf Übernahme von Schulden kann schließlich dann ("ersatzlos") entfallen, wenn die ursprünglich bewohnte Wohnung in der Folge aufgegeben wird und das gesetzliche Ziel der Übernahme der Schulden - der Erhalt der Wohnung - schon tatsächlich nicht mehr erreicht werden kann. Für eine Übernahme der Schulden nach § 22 Abs 5 SGB II lediglich unter dem Aspekt einer finanziellen Restitution ist kein Raum. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.

24

4. Die mithin erforderliche Prüfung, ob der Kläger die Übernahme der Schulden nach § 22 Abs 5 Satz 1 und 2 SGB II verlangen kann, kann der Senat auf Grundlage der Feststellungen des LSG nicht abschließend durchführen.

25

a) Ausgangspunkt der vom LSG noch durchzuführenden Prüfung ist dabei zunächst § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II, wonach die Übernahme von Schulden in jedem Fall voraussetzt, dass sie "zur Sicherung der Unterkunft" (oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage) gerechtfertigt ist.

26

§ 22 Abs 5 Satz 1 SGB II schützt nach seinem Wortlaut die Wohnung dann, wenn ihr Erhalt durch die Übernahme von Schulden gerechtfertigt ist. Grundsätzlich wird für eine Übernahme der Schulden zu fordern sein, dass die laufenden Kosten für die Unterkunft abstrakt angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II sind. Der mit der Übernahme der Schulden bezweckte langfristige Erhalt einer Wohnung erscheint nur dann gerechtfertigt, wenn die (künftigen) laufenden Kosten dem entsprechen, was innerhalb des nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in Bezug zu nehmenden Vergleichsraumes von dem Träger der Grundsicherung zu übernehmen ist. Das LSG hat (wie auch das SG) keine Feststellungen zur Höhe der laufenden Kosten der klägerischen Wohnung sowie ihrer Angemessenheit getroffen und wird dies nachzuholen haben. Die insoweit aus der Akte ersichtlichen Kosten geben allerdings keinen Anlass, ernstlich an ihrer Angemessenheit zu zweifeln, zumal der Kläger die Wohnung aktuell noch bewohnt und Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II weiterhin bezieht. Ob in Einzelfällen auch für abstrakt unangemessen teure Wohnungen, deren laufende Kosten etwa auf Grundlage des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II übernahmefähig sein mögen, die Übernahme der Schulden gerechtfertigt sein kann, kann nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens dahinstehen.

27

b) Nach § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II steht die Übernahme der Schulden im Ermessen des Grundsicherungsträgers. Dieses Ermessen ist nach Satz 2 eingeschränkt, wenn die Übernahme der Schulden gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. In diesem Fall sollen die Schulden übernommen werden. Da nach den Feststellungen des LSG die Vermieterin des Klägers bei Antragstellung nach Ablauf der vor dem Amtsgericht Lichtenberg vereinbarten Zahlungsfrist zum 3.4.2006 nur noch bereit war, das Mietverhältnis bei einer Zahlung der Schulden fortzusetzen, und offenbar ein vollstreckbarer Räumungstitel vorlag, besteht für das LSG nach Zurückverweisung Anlass zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Übernahme der Schulden auf Grundlage des Satzes 2 vorgelegen haben.

28

Auch die drohende Wohnungslosigkeit im Sinne des § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II bezieht sich in ihrem Ausgangspunkt auf die konkret bewohnte Wohnung. Es geht um den drohenden Verlust dieser Wohnung. So wie § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nicht lediglich sicherstellen soll, dass ein Ort zum Schutz vor der Witterung zur Verfügung steht, an dem der Hilfebedürftige schlafen kann(dazu BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 14 RdNr 16), soll auch die Übernahme von Mietschulden nach Abs 5 den persönlichen Lebensbereich "Wohnung" des Hilfebedürftigen schützen. Das Tatbestandsmerkmal "drohende Wohnungslosigkeit" kann damit nicht unter Hinweis auf Unterbringungsmöglichkeiten in einer Not- oder Obdachlosenunterkunft verneint werden.

29

Soweit allerdings eine angemessene neue Wohnung gefunden werden kann, liegt drohende Wohnungslosigkeit regelmäßig nicht vor. Es ist von dem Hilfebedürftigen jedenfalls dann zu fordern, eine an sich kostenangemessene Wohnung zu verlassen und nach einem Umzug (der sich dann als notwendig iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II darstellt) eine neue Wohnung zu beziehen, wenn durch sein unwirtschaftliches Verhalten (hier die zweckwidrige Verwendung der nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II gewährten Mittel) eine Schuldenlage entstanden ist. Es geht auch im Anwendungsbereich des § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II nicht darum, den Hilfebedürftigen finanziell durch die Übernahme der Schulden zu entlasten. Deshalb kann dem Verlust einer angemessenen Unterkunft auch dadurch begegnet werden, dass eine neue Wohnung bezogen wird.

30

Drohende Wohnungslosigkeit, die einen Anspruch auf Übernahme von Schulden nach § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II auslöst, bedeutet damit den drohenden Verlust der bewohnten, kostenangemessenen Wohnung bei fehlender Möglichkeit ebenfalls angemessenen Ersatzwohnraum zu erhalten. Eine den Angemessenheitskriterien entsprechende Wohnung muss dabei konkret für den Hilfebedürftigen anmietbar sein. Ersatzwohnungen stehen beispielsweise dann zur Verfügung, wenn der Träger der Grundsicherung auf ein sog "geschütztes Marktsegment" zurückgreifen kann und dem Hilfebedürftigen eine Ersatzwohnung anbietet bzw vermittelt. Dagegen ist bei der Frage der drohenden Wohnungslosigkeit unerheblich, ob der Markt - wie nach Auffassung des Beklagten etwa in Berlin - allgemein "entspannt" ist bzw es anderen Hilfebedürftigen regelmäßig gelingt (etwa im Rahmen von Kostensenkungsbemühungen nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II), eine Ersatzwohnung zu finden. Aus den Akten ist ersichtlich, dass der Kläger vorgetragen hat, 14 Vermieter (darunter gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften mit einem großen Wohnungsbestand) wegen Ersatzwohnungen angefragt, aber wegen einer fehlenden Bescheinigung über die Mietschuldenfreiheit nur Absagen erhalten zu haben. Auch die Aufnahme auf die Warteliste für das "geschützte Marktsegment" des Sozialamtes Lichtenberg ist aktenkundig, ohne dass erkennbar würde, ob insoweit eine Ersatzwohnung vor dem Räumungstermin hätte beschafft werden können. Insbesondere diese Umstände wird das LSG zu überprüfen haben, um die notwendigen Feststellungen zur drohenden Wohnungslosigkeit iS des § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II zu treffen. Erst wenn feststeht, dass drohende Wohnungslosigkeit nicht vorgelegen hat, weil eine andere angemessene Wohnung konkret zur Verfügung stand, kommt es auf den weiteren Vortrag des Klägers an, ihm sei aus gesundheitlichen Gründen ein Umzug nicht zumutbar gewesen.

31

c) Liegt drohende Wohnungslosigkeit vor, sollen gemäß § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II die Schulden übernommen werden. Die Feststellung, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des Satzes 2 gegeben sind, bedeutet zugleich, dass dem Beklagten für die Ausübung seines Ermessens regelmäßig kein Spielraum verbleibt. Führt eine Schuldenlage zu drohender Wohnungslosigkeit im dargestellten Sinne, ist die Übernahme der Schulden im Regelfall gerechtfertigt und notwendig. Es ist regelmäßig keine andere Entscheidung als die Übernahme der Schulden denkbar, um den Anspruch des Hilfebedürftigen auf eine angemessene Unterkunft zu sichern. Lediglich in atypischen Ausnahmefällen kann die Übernahme der Schulden abgelehnt werden. Den Interessen der Allgemeinheit an der zweckentsprechenden Verwendung von Steuergeldern ist dabei zum einen dadurch Rechnung getragen, dass die Übernahme von Schulden im Regelfall nur darlehensweise erfolgt. Zum anderen wird eine Übernahme der Schulden von dem Träger der Grundsicherung regelmäßig von einer Entscheidung nach § 22 Abs 4 SGB II im Hinblick auf die künftige Mittelverwendung flankiert und so der zweckentsprechende Einsatz der Steuermittel künftig gesichert werden, wie dies vorliegend bereits im Januar 2006 geschehen ist. Andere Gesichtspunkte, die im Anwendungsbereich des Satzes 1 in die Ermessensentscheidung mit einfließen können (etwa die Höhe der Schulden im Vergleich zu den im Falle eines Umzugs vom Träger aufzuwendenden Folgekosten), finden im Rahmen des Satzes 2 schon deshalb keine Berücksichtigung mehr, weil bei drohender Wohnungslosigkeit - wie oben ausgeführt - die Alternative einer konkreten Unterkunftsmöglichkeit nicht besteht. Schließlich tritt auch wirtschaftlich unvernünftiges (vorwerfbares) Handeln des Hilfebedürftigen, das die drohende Wohnungslosigkeit (mit)verursacht haben mag, in den Fällen des Satzes 2 regelmäßig zurück. Wie bereits ausgeführt fallen in erster Linie solche Verbindlichkeiten überhaupt nur unter den Begriff der Schulden nach Abs 5, die auf ein (mehr oder weniger nachvollziehbares) Fehlverhalten des Hilfebedürftigen (sei es während des Leistungsbezuges, sei es zuvor) zurückzuführen sind. Ob ausnahmsweise anderes gelten kann, wenn zielgerichtetes Verhalten des Hilfeempfängers (insbesondere im Wiederholungsfall) zu Lasten des Trägers der Grundsicherung nachgewiesen werden kann, kann nach dem derzeitigen Verfahrensstand offen bleiben.

32

5. Auch hinsichtlich des Umfangs der zu übernehmenden Schulden gilt der Maßstab nach § 22 Abs 5 Satz 1 und 2 SGB II. Die Schulden sind also in dem Umfang zu übernehmen, in dem ihre Übernahme gerechtfertigt, und in dem sie (im Falle des Satzes 2) zur Abwendung der Wohnungslosigkeit notwendig sind.

33

Aus § 22 Abs 5 Satz 3 SGB II ergibt sich dabei, dass die Übernahme nicht gerechtfertigt ist, wenn der Hilfebedürftige mit eigenen Mitteln die Notlage abwenden kann. Der Einsatz des Grundfreibetrages nach § 12 Abs 2 Nr 1 SGB II kann uneingeschränkt verlangt werden. Für den Kläger gelten hier keine Einschränkungen deshalb, weil er sich unter Geltung der alten Rechtslage noch an den Träger der Sozialhilfe gewandt hatte. Abgesehen davon, dass im Anwendungsbereich des SGB XII ein so weitgehender Schutz wie in § 12 Abs 2 Nr 1 SGB II nicht zum Tragen kommt, sind Übergangsregelungen nicht ersichtlich und erscheinen auch nicht erforderlich. Der Freibetrag für notwendige Anschaffungen nach § 12 Abs 2 Nr 4 SGB II ist in § 22 Abs 5 Satz 3 SGB II zwar nicht erwähnt. Dieser Betrag ist jedoch auch und gerade zum Einsatz in unvorhergesehenen Bedarfslagen gedacht, sodass nicht ersichtlich ist, weshalb er in Ansehung von Mietschulden geschützt sein sollte. Ob solches Vermögen im Zeitpunkt der Antragstellung überhaupt vorlag, wird das LSG festzustellen haben.

34

Die Übernahme von Kosten der Vermieterin, die nicht aus dem Mietverhältnis stammen, aber an die sie (nach Ablauf der in § 543 Abs 2 Nr 3 Bürgerliches Gesetzbuch vorgesehenen Fristen zur Abwendung einer Kündigung wegen Zahlungsrückständen zulässigerweise) die Fortführung bzw den Neuabschluss des Mietverhältnisses geknüpft hat, können nach dem oben Ausgeführten ebenfalls zu den im Rahmen des § 22 Abs 5 SGB II übernahmefähigen Kosten gehören. Im Hinblick auf den vorliegenden Einzelfall, der durch den Zuständigkeitswechsel der Träger aufgrund der Rechtsänderung gekennzeichnet ist, erscheinen sie im Zeitpunkt der Antragstellung als nicht (mehr) abwendbar und damit (sofern die Voraussetzungen des Satzes 2 vorliegen) notwendig zur Sicherung der Wohnung.

35

Schließlich ist auch die Frage, ob dem Kläger die geltend gemachten Zinsen zuzusprechen sind, danach zu entscheiden, ob die Aufnahme des Kredits zu den dargestellten Bedingungen zur Abwendung der Wohnungslosigkeit notwendig war. Es sind hierdurch zwar erhebliche Mehrkosten entstanden, die bei Übernahme der ursprünglich bestehenden Schulden durch den Beklagten nicht angefallen wären. Die Erstattung von Kosten bei Selbstbeschaffung unaufschiebbarer Sozialleistungen (dh in Eil- und Notfällen trotz rechtzeitiger Antragstellung) sowie im Falle rechtswidriger Leistungsablehnung ist aber Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens im Sozialrecht (vgl bereits BSGE 89, 50, 56 f = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 8 = juris RdNr 36; Grube, Sozialrecht aktuell 2010, 11, 12). Solche Mehrkosten sind im Rahmen des § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II grundsätzlich übernahmefähig, wenn andere Möglichkeiten der Sicherung der Wohnung (vor allem ein nochmaliger Aufschub durch den Vermieter bis zur endgültigen Entscheidung des Leistungsträgers) endgültig ausscheiden. Wegen der Einzelheiten der Darlehensgewährung wird das LSG diese Voraussetzungen und sodann abschließend zu überprüfen haben, ob dem Kläger eine günstigere Möglichkeit der Kreditaufnahme offen gestanden hätte.

36

Das LSG wird auch abschließend über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Darlehen werden nur erbracht, wenn ein Bedarf weder durch Vermögen nach § 12 Absatz 2 und 4 Satz 1 noch auf andere Weise gedeckt werden kann. Darlehen können an einzelne Mitglieder von Bedarfsgemeinschaften oder an mehrere gemeinsam vergeben werden. Die Rückzahlungsverpflichtung trifft die Darlehensnehmer.

(2) Solange Darlehensnehmer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehen, werden Rückzahlungsansprüche aus Darlehen ab dem Monat, der auf die Auszahlung folgt, durch monatliche Aufrechnung in Höhe von 5 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs getilgt. § 43 Absatz 3 gilt entsprechend. Die Aufrechnung ist gegenüber den Darlehensnehmern schriftlich durch Verwaltungsakt zu erklären. Satz 1 gilt nicht, soweit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen erbracht werden oder soweit bereits gemäß § 43 in Höhe von mehr als 20 Prozent des für die Darlehensnehmer maßgebenden Regelbedarfs gegen deren Ansprüche auf Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aufgerechnet wird.

(3) Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 24 Absatz 5 sind nach erfolgter Verwertung sofort in voller Höhe und Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 22 Absatz 6 bei Rückzahlung durch den Vermieter sofort in Höhe des noch nicht getilgten Darlehensbetrages fällig. Deckt der erlangte Betrag den noch nicht getilgten Darlehensbetrag nicht, soll eine Vereinbarung über die Rückzahlung des ausstehenden Betrags unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Darlehensnehmer getroffen werden.

(4) Nach Beendigung des Leistungsbezuges ist der noch nicht getilgte Darlehensbetrag sofort fällig. Über die Rückzahlung des ausstehenden Betrags soll eine Vereinbarung unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Darlehensnehmer getroffen werden.

(5) Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 27 Absatz 3 sind abweichend von Absatz 4 Satz 1 erst nach Abschluss der Ausbildung fällig. Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(6) Sofern keine abweichende Tilgungsbestimmung getroffen wird, werden Zahlungen, die zur Tilgung der gesamten fälligen Schuld nicht ausreichen, zunächst auf das zuerst erbrachte Darlehen angerechnet.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen können weder übertragen noch verpfändet werden.

(2) Ansprüche auf Geldleistungen können übertragen und verpfändet werden

1.
zur Erfüllung oder zur Sicherung von Ansprüchen auf Rückzahlung von Darlehen und auf Erstattung von Aufwendungen, die im Vorgriff auf fällig gewordene Sozialleistungen zu einer angemessenen Lebensführung gegeben oder gemacht worden sind oder,
2.
wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, daß die Übertragung oder Verpfändung im wohlverstandenen Interesse des Berechtigten liegt.

(3) Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind, können in anderen Fällen übertragen und verpfändet werden, soweit sie den für Arbeitseinkommen geltenden unpfändbaren Betrag übersteigen.

(4) Der Leistungsträger ist zur Auszahlung an den neuen Gläubiger nicht vor Ablauf des Monats verpflichtet, der dem Monat folgt, in dem er von der Übertragung oder Verpfändung Kenntnis erlangt hat.

(5) Eine Übertragung oder Verpfändung von Ansprüchen auf Geldleistungen steht einer Aufrechnung oder Verrechnung auch dann nicht entgegen, wenn der Leistungsträger beim Erwerb des Anspruchs von der Übertragung oder Verpfändung Kenntnis hatte.

(6) Soweit bei einer Übertragung oder Verpfändung Geldleistungen zu Unrecht erbracht worden sind, sind sowohl der Leistungsberechtigte als auch der neue Gläubiger als Gesamtschuldner dem Leistungsträger zur Erstattung des entsprechenden Betrages verpflichtet. Der Leistungsträger hat den Erstattungsanspruch durch Verwaltungsakt geltend zu machen.

(1) Auf Sozialhilfe besteht ein Anspruch, soweit bestimmt wird, dass die Leistung zu erbringen ist. Der Anspruch kann nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden.

(2) Über Art und Maß der Leistungserbringung ist nach pflichtmäßigem Ermessen zu entscheiden, soweit das Ermessen nicht ausgeschlossen wird. Werden Leistungen auf Grund von Ermessensentscheidungen erbracht, sind die Entscheidungen im Hinblick auf die sie tragenden Gründe und Ziele zu überprüfen und im Einzelfall gegebenenfalls abzuändern.

(1) Arbeitseinkommen ist unpfändbar, wenn es, je nach dem Zeitraum, für den es gezahlt wird, nicht mehr als

1.
1 178,59 Euro monatlich,
2.
271,24 Euro wöchentlich oder
3.
54,25 Euro täglich
beträgt.

(2) Gewährt der Schuldner auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung seinem Ehegatten, einem früheren Ehegatten, seinem Lebenspartner, einem früheren Lebenspartner, einem Verwandten oder nach den §§ 1615l und 1615n des Bürgerlichen Gesetzbuchs einem Elternteil Unterhalt, so erhöht sich der Betrag nach Absatz 1 für die erste Person, der Unterhalt gewährt wird, und zwar um

1.
443,57 Euro monatlich,
2.
102,08 Euro wöchentlich oder
3.
20,42 Euro täglich.
Für die zweite bis fünfte Person, der Unterhalt gewährt wird, erhöht sich der Betrag nach Absatz 1 um je
1.
247,12 Euro monatlich,
2.
56,87 Euro wöchentlich oder
3.
11,37 Euro täglich.

(3) Übersteigt das Arbeitseinkommen den Betrag nach Absatz 1, so ist es hinsichtlich des überschießenden Teils in Höhe von drei Zehnteln unpfändbar. Gewährt der Schuldner nach Absatz 2 Unterhalt, so sind für die erste Person weitere zwei Zehntel und für die zweite bis fünfte Person jeweils ein weiteres Zehntel unpfändbar. Der Teil des Arbeitseinkommens, der

1.
3 613,08 Euro monatlich,
2.
831,50 Euro wöchentlich oder
3.
166,30 Euro täglich
übersteigt, bleibt bei der Berechnung des unpfändbaren Betrages unberücksichtigt.

(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz macht im Bundesgesetzblatt Folgendes bekannt (Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung):

1.
die Höhe des unpfändbaren Arbeitseinkommens nach Absatz 1,
2.
die Höhe der Erhöhungsbeträge nach Absatz 2,
3.
die Höhe der in Absatz 3 Satz 3 genannten Höchstbeträge.
Die Beträge werden jeweils zum 1. Juli eines Jahres entsprechend der im Vergleich zum jeweiligen Vorjahreszeitraum sich ergebenden prozentualen Entwicklung des Grundfreibetrages nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes angepasst; der Berechnung ist die am 1. Januar des jeweiligen Jahres geltende Fassung des § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes zugrunde zu legen.

(5) Um den nach Absatz 3 pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens zu berechnen, ist das Arbeitseinkommen, gegebenenfalls nach Abzug des nach Absatz 3 Satz 3 pfändbaren Betrages, auf eine Zahl abzurunden, die bei einer Auszahlung für

1.
Monate bei einer Teilung durch 10 eine natürliche Zahl ergibt,
2.
Wochen bei einer Teilung durch 2,5 eine natürliche Zahl ergibt,
3.
Tage bei einer Teilung durch 0,5 eine natürliche Zahl ergibt.
Die sich aus der Berechnung nach Satz 1 ergebenden Beträge sind in der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung als Tabelle enthalten. Im Pfändungsbeschluss genügt die Bezugnahme auf die Tabelle.

(6) Hat eine Person, welcher der Schuldner auf Grund gesetzlicher Verpflichtung Unterhalt gewährt, eigene Einkünfte, so kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers nach billigem Ermessen bestimmen, dass diese Person bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens ganz oder teilweise unberücksichtigt bleibt; soll die Person nur teilweise berücksichtigt werden, so ist Absatz 5 Satz 3 nicht anzuwenden.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen können weder übertragen noch verpfändet werden.

(2) Ansprüche auf Geldleistungen können übertragen und verpfändet werden

1.
zur Erfüllung oder zur Sicherung von Ansprüchen auf Rückzahlung von Darlehen und auf Erstattung von Aufwendungen, die im Vorgriff auf fällig gewordene Sozialleistungen zu einer angemessenen Lebensführung gegeben oder gemacht worden sind oder,
2.
wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, daß die Übertragung oder Verpfändung im wohlverstandenen Interesse des Berechtigten liegt.

(3) Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind, können in anderen Fällen übertragen und verpfändet werden, soweit sie den für Arbeitseinkommen geltenden unpfändbaren Betrag übersteigen.

(4) Der Leistungsträger ist zur Auszahlung an den neuen Gläubiger nicht vor Ablauf des Monats verpflichtet, der dem Monat folgt, in dem er von der Übertragung oder Verpfändung Kenntnis erlangt hat.

(5) Eine Übertragung oder Verpfändung von Ansprüchen auf Geldleistungen steht einer Aufrechnung oder Verrechnung auch dann nicht entgegen, wenn der Leistungsträger beim Erwerb des Anspruchs von der Übertragung oder Verpfändung Kenntnis hatte.

(6) Soweit bei einer Übertragung oder Verpfändung Geldleistungen zu Unrecht erbracht worden sind, sind sowohl der Leistungsberechtigte als auch der neue Gläubiger als Gesamtschuldner dem Leistungsträger zur Erstattung des entsprechenden Betrages verpflichtet. Der Leistungsträger hat den Erstattungsanspruch durch Verwaltungsakt geltend zu machen.

Tenor

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens auch in der Revisionsinstanz. Sie trägt außerdem die Kosten der Beigeladenen zu 1. im ersten und dritten Rechtszug. Im Übrigen tragen die Beigeladenen ihre Kosten selbst.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 3743,97 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin Rente aus übertragenem Recht iHv 3743,97 Euro für die Zeit vom 1.6. bis 27.8.2006 zahlen muss.

2

Der 1950 geborene und 2011 verstorbene H.-P. N. (Versicherter) war bei der Klägerin beschäftigt und bei der Beigeladenen zu 1. krankenversichert. Die Beigeladenen zu 2. bis 4. sind die Rechtsnachfolger des Versicherten. Für sein Beschäftigungsverhältnis mit der Klägerin galt der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD).

3

Die Beigeladene zu 1. gewährte dem Versicherten ab dem 9.1.2006 Krankengeld, und zwar ab dem 1.6.2006 iHv 78,74 Euro kalendertäglich. Gleichzeitig zahlte ihm die Klägerin bis zum 27.8.2006 einen tariflichen Zuschuss in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen Krankengeld und früherem Nettoarbeitsentgelt, und zwar im Juni und Juli 2006 iHv jeweils 478,09 Euro und im Folgemonat bis zum 27.8.2006 iHv 341,81 Euro (jeweils inkl. 40,00 Euro vermögenswirksamer Leistungen). Darüber hinaus gewährte sie ihm im Juli 2006 eine tarifliche Einmalleistung von 150,00 Euro sowie im November 2006 eine anteilige tarifliche Sonderzahlung von 2295,98 Euro für den Zeitraum von Juni bis August 2006, insgesamt also 3743,97 Euro (= 2 x 478,09 Euro + 341,81 Euro + 150 Euro + 2295,98 Euro).

4

Die Beklagte bewilligte dem Versicherten nachträglich ab dem 1.6.2006 befristet Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum 31.12.2008 und setzte den Wert dieses Rechts auf monatlich 1250,68 Euro fest (Bescheid vom 16.3.2007). Die Beigeladene zu 1. meldete daraufhin für die Zeit vom 1.6. bis 31.8.2006 einen Erstattungsanspruch iHv 3752,04 Euro an (Schreiben vom 26.3. und 7.6.2007). Am 4.4.2007 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten für den Zeitraum vom 1.6. bis 27.8.2006 unter Berufung auf § 22 Abs 4 S 4 TVöD einen Zahlungsanspruch aus übertragenem Recht in Höhe der Klageforderung geltend(Schreiben vom 29.3.2007).

5

Für die Zeit vom 1.6. bis 31.8.2006 errechnete die Beklagte einen Nachzahlungsanspruch von 3752,04 Euro (= 1250,68 Euro x 3 Monate), den sie vorläufig einbehielt (Bescheide vom 3.4. und 9.5.2007) und später an die Beigeladene zu 1. komplett auskehrte. Der Klägerin teilte sie mit, die Höhe ihres Erstattungsanspruchs betrage 0,00 Euro (Schreiben vom 10.5.2007), weil der Erstattungsanspruch der Beigeladenen zu 1. vorrangig zu erfüllen gewesen sei. Bei Übertragungen nach § 53 SGB I werde gegenüber dem neuen Gläubiger kein Bescheid erteilt.

6

Das SG hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin 3743,97 Euro zu zahlen (Urteil vom 16.11.2010). Das LSG hat dieses Urteil aufgehoben, die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen (Urteil vom 8.5.2012): Die Klage sei "im Wesentlichen" unzulässig. Die allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) sei für den überwiegenden Teil der Klageforderung unstatthaft. Denn die Beklagte habe nicht durch Verwaltungsakt festgestellt, dass die Abtretung die Voraussetzungen des § 53 Abs 2 Nr 1 oder 2 SGB I erfülle. Lehne es der zuständige Leistungsträger ausdrücklich ab, den erforderlichen Verwaltungsakt zu erlassen, sei allein die Untätigkeitsklage (§ 88 SGG) richtige Klageart. Hinsichtlich des die Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen übersteigenden Maximalbetrages von 465,20 Euro sei die allgemeine Leistungsklage zwar statthaft, aber unbegründet. Es könne dahinstehen, ob dieser Anspruchsübergang nach § 22 Abs 4 S 4 TVöD über § 53 Abs 3 SGB I wegen der Konkurrenz zum Erstattungsanspruch der Beigeladenen zu 1. erst gar nicht stattgefunden habe, weil die Beklagte einem solchen Anspruch wegen § 107 SGB X jedenfalls über § 404 BGB die Einwendung der Erfüllung(entsprechend § 362 BGB) entgegenhalten könne. Ob das Prioritätsprinzip im Sozialrecht uneingeschränkt gelte, brauche nicht entschieden zu werden, weil der Anspruchsübergang auf die Klägerin und die Entstehung des Erstattungsanspruchs der Beigeladenen zu 1. nach § 103 SGB X zeitgleich mit Bekanntgabe des Rentenbescheides der Beklagten vom 16.3.2007 stattgefunden hätten. Die Verpflichtung der Beigeladenen zu 1. zur Leistung von Krankengeld an den Versicherten sei nachträglich zum Beginn der bewilligten Rente entfallen. Nach der tarifvertraglichen Regelung habe sich auch der Anspruchsübergang zugunsten der Klägerin erst zu diesem Zeitpunkt realisiert. Bei einem zeitgleichen Entstehen dieser Erstattungsansprüche ergebe sich ein systemimmanenter Vorrang zugunsten dieses gesetzlichen Erstattungsanspruchs der Beigeladenen zu 1. Die Rechtsprechung des BSG zur Konkurrenz von Abtretungen/Pfändungen zum Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X sowie die Einführung von § 122a BSHG(bzw § 113 SGB XII) sprächen dafür. Auch durch die Einführung von § 53 Abs 5 SGB I habe der Gesetzgeber Aufrechnungen und Verrechnungen von Leistungsträgern generell Vorrang vor einer Abtretung gegeben. Jedenfalls sei der (teilweise) Übergang des Rentenanspruchs auf die Klägerin von vornherein mit der Einwendung (§ 404 BGB) der Erfüllung (§ 362 BGB) behaftet, und der etwa übergegangene Anspruch damit kraft gesetzlicher Fiktion mit dem gleichzeitigen Entstehen des Erstattungsanspruchs der Beigeladenen zu 1. (nach einer "juristischen Sekunde" des Bestehens) sofort untergegangen. Denn die erfolgten Krankengeldzahlungen seien aufgrund von § 107 Abs 1 SGB X iH des bestehenden Erstattungsanspruchs als Rentenleistungen der Beklagten anzusehen. Damit sei ein etwaiger Anspruch der Klägerin jedenfalls vollständig erfüllt. Ein gutgläubiger einwendungsfreier Erwerb von Rechten durch die Klägerin scheide mangels Rechtsscheintatbestands, an den der gute Glauben anknüpfen könnte, aus.

7

Dagegen hat die Klägerin Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts (§ 54 Abs 5 SGG; § 53 Abs 2 Nr 1 und Abs 3 SGB I; § 103 Abs 2, § 107 SGB X): Die Leistungsklage sei zulässig. Der Erlass eines Verwaltungsakts und die Durchführung eines Vorverfahrens seien entbehrlich gewesen, weil § 53 Abs 2 Nr 1 SGB I - anders als dessen Nr 2 - keinen Verwaltungsakt erfordere. Der Krankengeldzuschuss sei als zinsloses Darlehen im Vorgriff auf fällige Sozialleistungen zu einer angemessenen Lebensführung des Versicherten gewährt worden. Die Klage sei auch begründet. Denn aus dem anwendbaren Prioritätsprinzip ergebe sich ein vorrangiger Forderungsübergang auf die Klägerin, was aus den unterschiedlichen Entstehungszeitpunkten des Erstattungsanspruchs nach § 103 SGB X und dem Anspruch der Klägerin aus dem Arbeitsrecht iVm den tarifvertraglichen Regelungen resultiere. Der Erstattungsanspruch der Beigeladenen zu 1. sei erst mit dem Entfallen ihrer Leistungspflicht nach dem SGB V und der Rentengewährung durch die Beklagte - mithin am 16.3.2007 - entstanden. Die Vorausabtretung zugunsten der Klägerin sei jedoch bereits mit Abschluss des Arbeitsvertrages und Geltung der tarifvertraglichen Regelungen, mithin im Jahr 1968, erfolgt. Vollendet worden sei dieser Rechtserwerb mit der Entstehung des Rentenanspruchs des Versicherten nach § 99 SGB VI, folglich spätestens zum 1.6.2006. Dieser erworbene Anspruch gehe dem zeitlich späteren Erstattungsanspruch der Beigeladenen zu 1. vor, da es keinen systemimmanenten Vorrang dieses gesetzlichen Erstattungsanspruchs vor dem vertraglichen gebe. Es sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber es bewusst unterlassen habe, eine entsprechende Prioritätenregelung, vergleichbar § 113 SGB XII, zu treffen. Eine unbewusste Regelungslücke, die eine Analogie zulasse, bestehe daher nicht.

8

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 8. Mai 2012 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 16. November 2010 zurückzuweisen.

9

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie sei verpflichtet gewesen, den Erstattungsanspruch der Beigeladenen zu 1. vorrangig zu erfüllen, weshalb der Abtretungsanspruch, den die Klägerin geltend mache, ins Leere gehe. Zwar bestünden keine Zweifel daran, dass hinsichtlich der von der Klägerin an den Versicherten geleisteten Überzahlungen aus Tarifvertrag ein Forderungsübergang nach § 53 Abs 2 Nr 1 SGB I bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages zwischen der Klägerin und dem Versicherten vorgelegen habe, jedoch finde bei einer Konkurrenz von Erstattungsansprüchen nach § 103 SGB X zu Leistungsansprüchen aufgrund einer Verfügung nach § 53 SGB I das Prioritätsprinzip keine Anwendung. Die Rechtsprechung des BSG, die auf das Prioritätsprinzip abstelle, bezöge sich nicht auf Erstattungsansprüche nach § 103 SGB X für die Vergangenheit, sondern auf laufende Geldleistungen. Durch den Hinzutritt der Rente des Versicherten sei dessen Anspruch auf Krankengeld gegenüber der Beigeladenen gemäß § 50 SGB V rückwirkend entfallen und der Erstattungsanspruch der Beigeladenen zu 1. entstanden. § 103 SGB X entlaste damit den Leistungsträger, der aufgrund der für ihn geltenden Vorschriften verpflichtet gewesen sei, Leistungen zu erbringen, auf die ein Anspruch bei rechtzeitiger Erbringung der Leistung durch den anderen Leistungsträger nicht bestanden hätte. Diese Konsequenz ergebe sich aus dem gegliederten System der sozialen Sicherung, wonach die Leistungen mehrerer Leistungsträger vielfach ihrer Art nach demselben Ziel dienten und daher entweder die eine auf die andere angerechnet würde oder bei Hinzutreten einer anderen Leistung entfalle. Entsprechend gelte der Anspruch aller Berechtigten gegen den endgültig verpflichteten Träger mit der Berechtigung zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs nach § 103 SGB X gemäß § 107 SGB X als erfüllt, dessen Sinn es zudem sei, den erstattungspflichtigen Träger vor Mehrbelastungen zu schützen. Im Rahmen des § 107 SGB X sei nicht zwischen Alt- und Neugläubigern zu unterscheiden. Diese Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X gelte vielmehr auch gegenüber Dritten, die aufgrund der Regelungen der §§ 48, 51 bis 54 SGB I die Sozialleistung des Berechtigten in Anspruch nehmen könnten. Dadurch werde verhindert, dass der Leistungsberechtigte über seinen gegenüber dem letztlich verpflichteten Leistungsträger bestehenden Anspruch im Rahmen der Abtretung zum Nachteil des Vorleistenden anderweitig verfügen könne oder der Anspruch gemäß § 54 SGB I gepfändet werde. Da Krankengeldbescheide nach späterer Gewährung einer Rente nicht rückwirkend aufgehoben werden könnten, ginge die Krankenkasse andernfalls leer aus. Die vorrangige Erstattungspflicht gegenüber einem vorleistenden Sozialleistungsträger entspreche schließlich auch der sich aus § 86 SGB X ergebenden Verpflichtung zur engen Zusammenarbeit der Leistungsträger.

11

Die Beigeladene zu 1., die dem angefochtenen Urteil beipflichtet, beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

12

Die Beigeladenen zu 2. bis 4. waren im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet.

14

Das LSG hat im Ergebnis zu Recht die allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) - soweit Beträge unterhalb der Pfändungsgrenze für Arbeitseinkommen (§ 850c ZPO) betroffen sind (§ 53 Abs 3 SGB I) - als unzulässig (A.) und im Übrigen als unbegründet (B.) abgewiesen.

15

A. Der statthaften allgemeinen Leistungsklage (I.) fehlt das Rechtschutzbedürfnis (II.), soweit die Klägerin mit ihr die Auszahlung der unpfändbaren (Rentenzahl-)Beträge begehrt, die für Arbeitseinkommen gelten (§ 850c ZPO iVm § 53 Abs 3 SGB I).

16

I. Auch insofern hätte die Klägerin - entgegen der Auffassung des LSG - den geltend gemachten Zahlungsanspruch aus übertragenem Recht im Wege der allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) als statthafter Klageart verfolgen können. Denn mit ihr kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt (§ 31 S 1 SGB X) nicht zu ergehen hatte. Nachdem die Beklagte das Recht auf Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 43 Abs 2 SGB VI) und den (Höchst-)Wert dieses Rechts im Rentenbescheid vom 16.3.2007 gegenüber dem Versicherten bindend (§ 77 SGG) festgestellt hatte, waren die daraus resultierenden - hier nach Grund und Höhe unstreitigen - Rentenauszahlungsansprüche jedenfalls gegenüber der klagenden Zessionarin nicht durch feststellenden Verwaltungsakt (erneut) zu regeln (BSG Urteile vom 22.2.1990 - 4 RA 19/89 - Die Leistungen 1992, 306 ff, vom 12.7.1990 - 4 RA 47/88 - BSGE 67, 143, 145 = SozR 3-1200 § 52 Nr 1 S 4, vom 23.10.2003 - B 4 RA 25/03 R - SozR 4-1200 § 53 Nr 1 RdNr 24 und vom 15.6.2010 - B 2 U 26/09 R - SozR 4-1200 § 53 Nr 3 RdNr 16). Ein entsprechender Verwaltungsakt ist auch nicht ergangen. Die Forderungsübertragung verändert im Sozialrecht nur die Rechtszuständigkeit über die Forderung, ohne dass der Zessionar in die Rechtsstellung des Zedenten aus dem Sozialrechtsverhältnis eintritt, wie der erkennende Senat (Urteil vom 30.1.2002 - B 5 RJ 26/01 R - SozR 3-1300 § 50 Nr 25 S 87) im Anschluss an den 13. Senat (Urteil vom 6.2.1991 - 13/5 RJ 18/89 - BSGE 68, 144, 147 = SozR 3-1200 § 53 Nr 1 S 4) bereits entschieden hat. Der Dritte erhält damit "nur das begrenzte, ihm übertragene Recht aus dem Gesamtkomplex der Rechtsbeziehungen, ohne dass sich dessen Inhalt verändert" (BSG, aaO).

17

II. Soweit es um Beträge unterhalb der Pfändungsgrenze für Arbeitseinkommen (§ 850c ZPO iVm § 53 Abs 3 SGB I) geht, fehlt der statthaften allgemeinen Leistungsklage allerdings das Rechtschutzbedürfnis, weil die zeitlich vorgängige und rechtlich vorrangige Feststellung des wohlverstandenen Interesses (§ 53 Abs 2 Nr 2 SGB I) nicht getroffen worden ist.

18

1. Eine Anwendung des § 53 Abs 2 Nr 1 SGB I scheidet vorliegend bereits deshalb aus, weil nach dem Wortlaut dieser Norm die betroffenen Ansprüche schon bei der Abtretung fällig gewesen sein müssen(BSG Urteil vom 7.9.1988 - 10 RKg 18/87 - SozR 1200 § 53 Nr 8 S 28; einschränkend: BSG Urteil vom 24.10.2013 - B 13 R 31/12 R). Der Vortrag der Klägerin lässt dies nicht wenigstens als möglich erscheinen. Es bedarf daher insbesondere keiner Entscheidung, ob es sich bei den in Frage stehenden Leistungen der Klägerin jeweils um "Darlehen" oder "Aufwendungen" im Vorgriff auf derartige Sozialleistungen gehandelt hat. Ebenso bedarf es hier keiner erneuten Entscheidung, ob es trotz fehlender Textgrundlage auch im Rahmen der Nr 1 einer Feststellung des wohlverstandenen Interesses entsprechend der Nr 2 bedarf (zur bisher ablehnenden Rechtsprechung vgl etwa BSG Urteil vom 14.8.1984 - 10 RKg 19/83 - SozR 1200 § 53 Nr 2).

19

2. Jedoch hätte es nach der allein verbleibenden Nr 2 aaO, die ebenfalls tarifrechtlich nicht abdingbar ist (vgl BAG Urteil vom 25.2.1993 - 6 AZR 334/91 - BAGE 72, 290 = NZA 1994, 705, 706), als Wirksamkeitsvoraussetzung der Übertragung notwendig einer gesonderten Feststellung des wohlverstandenen Interesses des Berechtigten durch gestaltenden Verwaltungsakt der Beklagten gegenüber dem Versicherten/seinen Rechtsnachfolgern bzw gegenüber der Klägerin bedurft. Ohne eine derartige Regelung, die insbesondere dem Schutz des Sozialleistungsberechtigten dient (s bereits BSG Urteil vom 25.5.1972 - 5 RKn 24/71 - SozR Nr 5 zu § 119 RVO), ist die Abtretung schwebend unwirksam (BSG Urteil vom 6.4.2000 - B 11 AL 47/99 R - SozR 3-1200 § 53 Nr 9 S 60). Sie kann auch rückwirkend nicht mehr erstritten werden, wenn die Leistung in vollem Umfang bereits an den Berechtigten selbst erbracht worden ist (BSG SozR 3-1200 § 53 Nr 9 S 60) oder - wie hier - schon wegen der schwebenden Unwirksamkeit nicht ersichtlich ist, auf welcher Grundlage die Beklagte die Erfüllung des Erstattungsanspruchs der Beigeladenen zu 1. - mit mittelbarer Erfüllungswirkung gegenüber dem Versicherten/seinen Rechtsnachfolgern (§ 107 Abs 1 SGB X) - auch nur teilweise hätte verweigern können. Fehlt aber die zeitlich vorgängige und rechtlich vorrangige Feststellung des wohlverstandenen Interesses, kommt in Ermangelung des erforderlichen Rechtsschutzbedürfnisses die allgemeine Leistungsklage nicht in Betracht (vgl BSG Urteil vom 8.12.1993 - 10 RKg 1/92 - SozR 3-1200 § 53 Nr 6 S 34). Hiervon könnte schon wegen der drittschützenden Wirkung des Feststellungserfordernisses auch dann nicht etwa zugunsten der Klägerin abgesehen werden, wenn die Beklagte den Erlass eines Verwaltungsakts auch insofern verweigert haben sollte. Dagegen spricht nicht der Gedanke der Prozessökonomie, weil die Notwendigkeit, einen Verwaltungsakt zu erlassen, nicht mit allgemeinen Erwägungen eliminiert werden kann, zumal der Wegfall des Vorverfahrens mit direkter Klagemöglichkeit die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zusätzlich belasten könnte (vgl dazu Stober, JuS 1982, 740, 745).

20

B. Die Klage ist unbegründet, soweit Beträge oberhalb der Pfändungsgrenze für Arbeitseinkommen (§ 850c ZPO iVm § 53 Abs 3 SGB I) betroffen sind. Denn insofern ist der Rentenzahlanspruch des Versicherten nicht auf die Klägerin übergegangen. Es liegt weder ein wirksamer gesetzlicher Forderungsübergang noch eine wirksame rechtsgeschäftliche Übertragung (§ 53 Abs 1 SGB I iVm § 398 BGB: "Abtretung") vor.

21

I. Als Rechtsgrundlage für den derivativen Rechtserwerb kommt allein § 22 Abs 4 S 2 und 4 TVöD in Betracht, der nach den Feststellungen des LSG(§ 163 SGG) für das Beschäftigungsverhältnis mit dem Versicherten galt und Bundesrecht (§ 162 SGG) zum Inhalt hat. Eine eigenständige individualvertragliche Grundlage ist weder festgestellt noch sonst ersichtlich. Da sich der TVöD evident über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus (vgl § 1 TVöD) auf das gesamte Bundesgebiet erstreckt (vgl BSG Urteil vom 9.2.2006 - B 7a/7 AL 48/04 R - Juris RdNr 20), waren nähere Darlegungen zur Revisibilität der herangezogenen Tarifnorm entbehrlich (BSG Urteil vom 15.11.1984 - 7 RAr 109/83 - Juris RdNr 18). Sie lautet:

        

(4) (…) 2Krankengeldzuschuss wird zudem nicht über den Zeitpunkt hinaus gezahlt, von dem an Beschäftigte eine Rente oder eine vergleichbare Leistung auf Grund eigener Versicherung aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aus einer zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung oder aus einer sonstigen Versorgungseinrichtung erhalten, die nicht allein aus Mitteln der Beschäftigten finanziert ist. (…) 4Überzahlter Krankengeldzuschuss und sonstige Überzahlungen gelten als Vorschuss auf die in demselben Zeitraum zustehenden Leistungen nach Satz 2; die Ansprüche der Beschäftigten gehen insoweit auf den Arbeitgeber über. (…)

22

Der Krankengeldzuschuss war im streitbefangenen Zeitraum vom 1.6. bis 27.8.2006 "überzahlt", weil er nach Satz 2 nicht über den 1.6.2006 hinaus gezahlt werden durfte. Dieser Tag war der "Zeitpunkt …, von dem an [der] Beschäftigte eine Rente … aus der gesetzlichen Rentenversicherung" iS von Satz 2 erhielt. Denn mit Rentenbescheid vom 16.3.2007 hat die Beklagte den Beginn der Rente wegen voller Erwerbsminderung auf den 1.6.2006 festgesetzt. Unbedeutend ist dabei, welches Datum der Rentenbescheid trägt, wann er dem Beschäftigten zugegangen ist und ob ihm die Rente tatsächlich ausgezahlt worden ist (BAG Urteile vom 29.6.2000 - 6 AZR 50/99 - AP Nr 11 zu § 37 BAT, vom 30.9.1999 - 6 AZR 130/98 - AP Nr 1 zu § 71 BAT und vom 25.2.1993 - 6 AZR 334/91 - BAGE 72, 290, 293 = AP Nr 10 zu § 37 BAT). Den überzahlten Krankengeldzuschuss fingiert Satz 4 Halbs 1 als "Vorschuss" auf die Erwerbsminderungsrente. Dies hat zur Folge, dass der Krankengeldzuschuss seine Eigenschaft als Arbeitsentgelt verliert und der Beschäftigte als Rentenempfänger - wie die Auslegung des Tarifvertrags ergibt - zur Rückzahlung des überzahlten Vorschusses verpflichtet ist, wenn die tariflichen Voraussetzungen der Vorschussfiktion vorliegen (BAG Urteile vom 29.6.2000 - 6 AZR 50/99 - AP Nr 11 zu § 37 BAT, vom 30.9.1999 - 6 AZR 130/98 - AP Nr 1 zu § 71 BAT und vom 25.2.1993 - 6 AZR 334/91 - BAGE 72, 290, 293 = AP Nr 10 zu § 37 BAT). Gleichzeitig ordnet Satz 4 Halbs 2 an, dass die Ansprüche der Beschäftigten auf die Leistungen nach Satz 2, die ihnen in demselben Zeitraum zustehen, insoweit auf den Arbeitgeber übergehen. Diese Formulierung kann im Rahmen eines normwirkenden (§ 4 Abs 1 S 1 TVG)Tarifvertrages, der in seinem normativen Teil (§ 1 Abs 1 Halbs 2 TVG) Gesetz im materiellen Sinne ist (BVerfG Beschlüsse vom 24.5.1977 - 2 BvL 11/74 - BVerfGE 44, 322, 341 und vom 15.7.1980 - 1 BvR 24/74, 1 BvR 439/79 - BVerfGE 55, 7, 21), nur als Regelung des gesetzlichen Übergangs einer sozialrechtlichen Geldforderung auf Rente (aus der gesetzlichen Rentenversicherung) verstanden werden.

23

II. Die Tarifvertragsparteien sind jedoch nicht befugt, in Tarifverträgen mit Wirkung für die Tarifunterworfenen wirksam über unbestimmte (1.) Ansprüche auf Sozialleistungen in Geld, deren Verkehrsfähigkeit § 53 SGB I abschließend und unabdingbar öffentlich-rechtlich regelt (2.), zu verfügen (3.) und damit das Gesamtgefüge der öffentlich-rechtlichen Erstattungsansprüche (§§ 102 ff SGB X) zu umgehen (4.). Nichts anderes gölte, wenn Klägerin und Versicherter den TVöD "nur" durch eine individualrechtliche Bezugnahmeklausel mit schuldrechtlicher Wirkung in das Arbeitsverhältnis inkorporiert hätten (5.). Schließlich steht auch die bisherige Rechtsprechung des BAG diesem Ergebnis nicht entgegen (6.).

24

1. Es fehlt bereits an jeder Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit derjenigen Ansprüche, die vorliegend übertragen worden sein könnten. Bestimmtheit und Bestimmbarkeit betreffen die Person des Schuldners, Gegenstand und Umfang der Forderung sowie - bei Verwechslungsgefahr - auch ihren Rechtsgrund (Roth in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl 2012, § 398 RdNr 67). Werden erst künftig entstehende Forderungen im Voraus übertragen, ist besonders bedeutsam, dass Gegenstand und Rechtsgrund der Übertragung bestimmt oder jedenfalls individuell bestimmbar sind (BSG Urteile vom 19.3.1992 - 7 RAr 26/91 - BSGE 70, 186, 191 f = SozR 3-1200 § 53 Nr 4 S 21 f und vom 29.6.1995 - 11 RAr 109/94 - BSGE 76, 184, 187 = SozR 3-1200 § 53 Nr 8 S 49; Roth, aaO, RdNr 79). Dies ist nur dann der Fall, wenn die betreffende Forderung und ihr Rechtsgrund so genau bezeichnet sind, dass bei verständiger Auslegung unzweifelhaft feststeht, welche Forderung Gegenstand der Übertragung sein soll. Bereits daran fehlt es. Im Hinblick auf die Vielzahl möglicher Rentenleistungen aus eigener Versicherung, die sich aus den verschiedensten Tatbeständen des SGB VI ergeben können, bleibt bereits der Übertragungsgegenstand ungewiss. Angesichts der vielfältigen Leistungskompetenz des Rentenversicherungsträgers für Rentenleistungen der verschiedensten Art ist es für die Bestimmbarkeit einer übertragenen Forderung völlig unzureichend, den Gegenstand der Übertragung lediglich mit dem Sammelbegriff der "Rente … auf Grund eigener Versicherung aus der gesetzlichen Rentenversicherung" zu kennzeichnen. Sollte damit die Übertragung jedweder in Betracht kommenden Forderung, gleich nach welcher konkreten Rechtsgrundlage, gemeint sein, wäre sie bereits als Pauschalbezeichnung unzulänglich (BSG Urteil vom 12.5.1982 - 7 RAr 20/81 - BSGE 53, 260, 266 = SozR 1200 § 54 Nr 6). Sollte hingegen eine bestimmte Forderung gemeint sein, fehlt es an einer ausreichenden Individualisierung ihres Umfangs, den § 22 Abs 4 S 4 TVöD allenfalls andeutet ("überzahlter Krankengeldzuschuss"), der sich der konkreten Höhe nach aber aus der Tarifnorm weder selbst ergibt noch ergeben kann. Hinzu kommt, dass die Höhe des pfändungsfreien Betrags individuellen Schwankungen unterworfen ist: Wegfallende Unterhaltspflichten senken ihn, während hinzutretende Unterhaltspflichten den pfändungsfreien Betrag erhöhen, so dass sich - abhängig von der Entwicklung etwaiger Unterhaltspflichten - ein höherer oder niedrigerer Betrag ergibt. In dieser Situation kann der Rentenversicherungsträger als Drittschuldner lediglich schlussfolgern, dass Ansprüche auf die gegenwärtig gerade als einzige gewährte Leistung übergegangen sein sollen. Diese Feststellung muss er aber aus anderen Umständen treffen, als sie aus der Tarifnorm selbst ersichtlich sind; für Dritte, insbesondere andere Gläubiger des Schuldners, bliebe sogar völlig unklar, welche Forderungen in welcher Höhe übergegangen sind.

25

2. Ungeachtet dessen sind die Tarifvertragsparteien nicht befugt, kraft Tarifvertrags Ansprüche auf Sozialleistungen zu übertragen, die im öffentlichen Recht wurzeln und deren Verkehrsfähigkeit § 53 SGB I abschließend und unabdingbar öffentlich-rechtlich regelt (sog ultra-vires-Akt). Die Normsetzungsbefugnis der Tarifparteien beruht auf § 1 Abs 1, § 4 Abs 1 TVG, also auf einfachem Gesetzesrecht, das die in Art 9 Abs 3 GG verfassungsrechtlich gewährleistete Tarifautonomie näher regelt und ausgestaltet. Hierbei ist dem einfachen Gesetzgeber ein weiter Spielraum eröffnet (BVerfG Beschluss vom 19.10.1966 - 1 BvL 24/65 - BVerfGE 20, 312, 317); er tastet den Kernbereich von Art 9 Abs 3 GG erst an, wenn er der Tarifautonomie Schranken setzt, die von der Sache her nicht geboten und deshalb unverhältnismäßig sind (BVerfG Urteile vom 18.11.1954 - 1 BvR 629/52 - BVerfGE 4, 96, 105 und vom 6.5.1964 - 1 BvR 79/62 - BVerfGE 18, 18, 26 f sowie Beschlüsse vom 14.4.1964 - 2 BvR 69/62 - BVerfGE 17, 319, 333 und vom 3.4.2001 - 1 BvL 32/97 -BVerfGE 103, 293; BAG Großer Senat, Beschluss vom 29.11.1967 - GS 1/67 - BAGE 20, 175, 218). Daher müssen alle Rechtsnormen des Tarifvertrags mit höherrangigem Recht vereinbar sein, so dass das überstaatliche und staatliche Recht den Regelungen des Tarifvertrags grundsätzlich vorgeht. Autonomes Recht darf also nicht gegen unmittelbar geltendes Recht der Europäischen Union, Vorschriften der Verfassung (Höfling in: Sachs, GG-Kommentar, 6. Aufl 2011, Art 9 RdNr 128; Jarass in: Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 9 RdNr 50; Pieroth/Schlink, Grundrechte - Staatsrecht II, 27. Aufl 2011 RdNr 818 ff) oder zwingende allgemeine Gesetze (Parlamentsgesetze, Rechtsverordnungen, Satzungen) verstoßen (ausführlich: BAG Urteil vom 27.5.2004 - 6 AZR 129/03 - BAGE 111, 8, 15; Loritz, Tarifautonomie und Gestaltungsfreiheit des Arbeitgebers, 1990, S 29; Söllner/Waltermann, Arbeitsrecht, 14. Aufl 2007, RdNr 462 ff; Treber in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 15. Aufl 2013, § 200 RdNr 6). Damit sind gleichzeitig Umfang, Reichweite und Grenzen der tariflichen Normsetzungsbefugnis (Tarifmacht) umschrieben: Die Tarifvertragsparteien sind nicht ermächtigt, durch Tarifvertrag etwas Ungesetzliches zu vereinbaren (BAG Großer Senat, Beschluss vom 29.11.1967 - GS 1/67 - BAGE 20, 175, 218; Scholz in Maunz/Dürig, GG-Kommentar, 35. Lfg Februar 1999, Art 9 RdNr 270). Denn sie haben zwar ein Normsetzungsrecht, jedoch kein Normsetzungsmonopol (BVerfG Beschlüsse vom 24.4.1996 - 1 BvR 712/86 - BVerfGE 94, 268, 284 und vom 3.4.2001 - 1 BvL 32/97 - BVerfGE 103, 293; BAG Urteil vom 27.5.2004 - 6 AZR 129/03 - BAGE 111, 8, 15). Zum zwingenden, nicht tarifdispositiven Gesetzesrecht zählen § 53 SGB I und § 1 Abs 1 TVG, die die normative Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien, die aus Art 9 Abs 3 GG folgt, verfassungsgemäß ausgestalten(BAG Urteil vom 25.2.1993 - 6 AZR 334/91 - BAGE 72, 290, 294 = AP Nr 10 zu § 37 BAT; Löwisch/Rieble, TVG, 3. Aufl 2012, § 1 RdNr 135). Art 9 Abs 3 GG gewährleistet das Recht, Vereinigungen (Koalitionen) zu bilden, um die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu wahren und zu fördern. Die aus der Koalitionsfreiheit entspringende Tarifautonomie verfolgt den im öffentlichen Interesse liegenden Zweck, in dem von der staatlichen Rechtsetzung frei gelassenen Raum das Arbeitsleben im Einzelnen durch Tarifverträge sinnvoll zu ordnen (BVerfG Urteil vom 6.5.1964 - 1 BvR 79/62 - BVerfGE 18, 18, 28 und Beschluss vom 24.5.1977 - 2 BvL 11/74 - BVerfGE 44, 322, 340 f; Scholz in Maunz/Dürig, GG-Kommentar, 35. Lfg Februar 1999, Art 9 RdNr 270). Die mit dem Abschluss normwirkender (§ 4 Abs 1 S 1 TVG)Tarifverträge verbundene "Rechtsetzung durch Private" kraft staatlichen Geltungsbefehls bedarf verfassungsrechtlicher Legitimation, die nur für die Regelung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen erteilt ist (Löwer in von Münch/Kunig, GG-Kommentar, Bd 1, 6. Aufl 2012, Art 9 RdNr 88). Gesetzlich geregelte Fragen des Sozial- und Steuerrechts gehören indes nicht zu den "Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen" (Löwer, aaO) und damit auch nicht zum Kernbereich von Art 9 Abs 3 GG. Folglich unterliegt der tarifrechtliche Anspruchsübergang den Beschränkungen des § 53 SGB I, wie das BAG bereits zu § 37 Abs 2 Unterabs 5 Buchst b BAT, der Vorgängervorschrift des § 22 Abs 4 S 4 TVöD, entschieden hat (BAG Urteil vom 25.2.1993 - 6 AZR 334/91 - BAGE 72, 290 = AP Nr 10 zu § 37 BAT).

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Als Sozialleistung (§§ 11 S 1, 23 Abs 1 Nr 1 Buchst d SGB I) kann der Anspruch auf Auszahlung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 43 Abs 2 SGB VI) nur durch öffentlich-rechtlichen Vertrag iS des § 53 Abs 1 S 1 SGB X und unter den weiteren Voraussetzungen des § 53 SGB I übertragen werden(BSG Urteil vom 27.11.1991 - 4 RA 80/90 - BSGE 70, 37, 39 = SozR 3-1200 § 53 Nr 2 S 9; BSG SozR 4-1200 § 53 Nr 3 RdNr 22). Insofern ist die Verkehrsfähigkeit von Ansprüchen auf Sozialleistungen in Geld öffentlich-rechtlich eingeschränkt. Umgekehrt ermächtigt § 1 Abs 1 Halbs 2 TVG die Tarifvertragsparteien lediglich, Rechtsnormen in Bezug auf "Arbeitsverhältnisse" zu schaffen. "Arbeitsverhältnis" ist die zivilrechtliche Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, insbesondere aufgrund eines Arbeitsvertrages (besonderer Dienstvertrag, §§ 611 ff BGB). Dagegen ist das Sozialrechtsverhältnis zwischen Rentenversicherungsträger und Versichertem ein gesetzliches Schuldverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, das gerade nicht Bestandteil des zivilrechtlichen Arbeitsverhältnisses ist, sondern unabhängig davon existiert und kraft Gesetzes entsteht. Folglich ist das rentenversicherungsrechtliche Sozialrechtsverhältnis der tarifrechtlichen Normsetzungsbefugnis vollständig entzogen, weil sich die Tarifmacht der Tarifvertragsparteien nur auf das privatrechtliche "Arbeitsverhältnis" zwischen den Arbeitsvertragsparteien erstreckt und sozialversicherungsrechtliche Rechtsverhältnisse mit ihren jeweils Beteiligten von vornherein nicht erfasst. Erst recht kann durch einen privatrechtlichen Normenvertrag (Tarifvertrag) kein öffentlich-rechtlicher Vertrag zustande kommen. Denn es hieße die Trennung zwischen öffentlichem Recht und Zivilrecht aufgeben, wenn der zivilrechtliche Normenvertrag das öffentliche Recht unmittelbar gestalten und verändern würde.

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3. Da die "Übertragung" die Rechtszuständigkeit über die Forderung verändert, wirkt sie auf ein Recht ein und ist deshalb - ebenso wie die zivilrechtliche Abtretung nach § 398 BGB - ein Verfügungsgeschäft(vgl dazu BGH Urteile vom 15.3.1951 - IV ZR 9/50 - BGHZ 1, 294, 304, vom 24.10.1979 - VIII ZR 289/78 - BGHZ 75, 221, 226 und vom 4.5.1987 - II ZR 211/86 - BGHZ 101, 24, 26), das von dem schuldrechtlichen Grundgeschäft - hier dem (tarif-)vertraglichen Rückzahlungsanspruch des überzahlten Vorschusses - wegen des Abstraktionsprinzips zu trennen ist (vgl zB BSG Urteil vom 15.6.2010 - B 2 U 26/09 R - SozR 4-1200 § 53 Nr 3 RdNr 22; BGH Urteile vom 22.10.2009 - IX ZR 90/08 - Juris RdNr 10 = NJW-RR 2010, 192, 193 und vom 26.11.1990 - II ZR 92/90 - NJW 1991, 1414). Die Tarifvertragsparteien sind jedoch grundsätzlich nur zur Regelung privatrechtlicher schuldrechtlicher Beziehungen der Arbeitsvertragsparteien durch privatrechtlichen Normenvertrag ermächtigt. Die Zuordnung sozialrechtlicher Ansprüche durch Verfügung ist hiervon nicht erfasst. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass § 22 Abs 4 S 4 Halbs 2 TVöD keine Rechtsnorm ist, "die den Inhalt … von Arbeitsverhältnissen" regelt(§ 1 Abs 1 Halbs 2 TVG). Zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses gehören nur schuldrechtliche Normen (Franzen in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 14. Aufl 2014, § 1 TVG RdNr 42; Löwisch/Rieble, aaO, § 1 TVG RdNr 210; Rieble/Klumpp, Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, 3. Aufl 2009, § 171 RdNr 12). Die Tarifvertragsparteien sind daher weder befugt, über Sachen (§ 90 BGB) noch über (wechselseitige) Forderungen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern (dinglich) zu verfügen (Löwisch/Rieble, aaO). Folglich kann der Tarifvertrag dem Arbeitnehmer zB kein (Sicherungs-)Eigentum an Betriebsmitteln des Arbeitgebers übertragen, um ihm in der Arbeitgeberinsolvenz ein Absonderungsrecht (§ 50 Abs 1 iVm § 51 Nr 1 InsO) zu verschaffen (Franzen, aaO; Löwisch/Rieble, aaO). Schuldet der Arbeitgeber als Nebenleistung die Übereignung beweglicher Sachen (zB Deputate), kann der Tarifvertrag den (dinglichen) Eigentumsübergang nicht selbst herbeiführen (Löwisch/Rieble, aaO Rieble/Klumpp, aaO). Der Tarifvertrag darf allenfalls die schuldrechtliche Pflicht zur Eigentumsübertragung begründen, dh den Arbeitgeber schuldrechtlich verpflichten, Sicherheit oder Deputate zu gewähren. Keinesfalls dürfen Arbeitnehmer oder Arbeitgeber qua Tarifvertrag unmittelbar enteignet werden. Entsprechendes gilt für die (tarif-)vertragliche Übertragung sozialrechtlicher Geldleistungsansprüche, deren Verkehrsfähigkeit die nicht tarifdispositive und damit zwingende sozialrechtliche Sondervorschrift des § 53 SGB I aus Gründen des sozialen Schutzes zusätzlich einschränkt. Mithin dürfen Tarifverträge ebenfalls nur schuldrechtliche Pflichten zur Übertragung von Forderungen und Anwartschaftsrechten begründen, können diese Pflichten aber nicht selbst - etwa im Wege der cessio legis oder der vorweggenommen (antizipierten) Einigung - vollziehen (Löwisch/Rieble, aaO, § 1 TVG RdNr 211 und 213). Sind die Tarifvertragsparteien damit schon nicht befugt, über wechselseitige Ansprüche von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu verfügen, dürfen sie erst recht nicht verfügend in Ansprüche des Arbeitgebers oder Arbeitnehmers gegenüber Dritten eingreifen (Löwisch/Rieble, aaO, RdNr 213), zu denen auch der beklagte Rentenversicherungsträger zählt. Hatten die Tarifvertragsparteien für § 22 Abs 4 S 4 Halbs 2 TVöD somit keine sachliche Regelungsmacht, geht diese Tarifbestimmung wegen fehlender Normsetzungsbefugnis ins Leere und kann daher keine Rechtsnormwirkung entfalten(Löwisch/Rieble, aaO, § 1 TVG RdNr 502). Bei gegenseitiger Tarifbindung (§ 3 Abs 1, § 5 TVG) ist der Rentenauszahlungsanspruch somit nicht auf die Klägerin übergegangen.

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4. Für dieses Ergebnis spricht schließlich auch, dass die Tarifvertragsparteien mit einer wirksamen tarifvertraglichen Übertragung das gesamte System der öffentlich-rechtlichen Erstattungsansprüche, das der Zweite Abschnitt des Dritten Kapitels des SGB X detailliert regelt, in Frage stellen würden. Dies zeigt der vorliegende Fall exemplarisch: Denn die Einzelansprüche auf Auszahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung entstanden jeweils am 1.6., 1.7. sowie 1.8.2006 und wurden jeweils am Monatsende fällig. Dagegen entstand der Erstattungsanspruch der Beigeladenen zu 1. im Zeitpunkt der Bewilligung der hinzutretenden Leistung (Böttiger, LPK-SGB X, § 103 RdNr 41; Gmati, juris-PK SGB X, § 103 RdNr 37; Kater in KassKomm, § 107 RdNr 7, ders, § 103 RdNr 21, § 111 RdNr 32), hier also erst im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Rentenbescheids am 16.3.2007. In dieser und vergleichbaren Fallkonstellationen ginge der Erstattungsanspruch des Krankenversicherungsträgers aufgrund des sachenrechtlichen Prioritätsprinzips regelmäßig ins Leere, obwohl ihm § 103 SGB X einen ungekürzten Erstattungsanspruch einräumt.

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5. Nichts anderes gilt, wenn Klägerin und Versicherter nicht unmittelbar tarifgebunden (§ 3 Abs 1, § 5 TVG) gewesen sein sollten, sondern den TVöD "nur" durch eine individualrechtliche Bezugnahmeklausel mit schuldrechtlicher Wirkung in das Arbeitsverhältnis inkorporiert hätten. Zwar sind die Arbeitsvertragsparteien - anders als die Tarifvertragsparteien - grundsätzlich befugt, ihre öffentlich-rechtlichen (Renten-)Ansprüche und Anwartschaften durch öffentlich-rechtlichen Vertrag individualrechtlich zu übertragen, obwohl sie keine Rechtsträger des öffentlichen Rechts sind (BSGE 70, 37, 39 = SozR 3-1200 § 53 Nr 2 S 9). Die Bezugnahmeklauseln auf den TVöD, wie sie mit allen Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes regelmäßig ohne Rücksicht auf deren Tarifbindung vereinbart werden, sind als typische Vertragsklauseln aber dahin auszulegen, dass die in Bezug genommenen Tarifbestimmungen jeweils so auf das Arbeitsverhältnis angewendet werden sollen, wie sie tarifrechtlich wirksam sind (stRspr, BAG Urteile vom 14.2.1973 - 4 AZR 176/72 - BAGE 25, 34, 42 = AP Nr 6 zu § 4 TVG Nachwirkung, vom 29.1.1975 - 4 AZR 218/74 - BAGE 27, 22, 31 = AP Nr 8 zu § 4 TVG Nachwirkung und vom 7.12.1977 - 4 AZR 474/76 - AP Nr 9 zu § 4 TVG Nachwirkung). Die Bezugnahmeklausel soll nur widerspiegeln, was tarifrechtlich gilt, um so eine einheitliche Behandlung der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes sicherzustellen (vgl BAG aaO). Für diesen Schluss spricht insbesondere der bei jeder Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB mit zu berücksichtigende Zweck des Vertragsabschlusses(vgl BAG Urteil vom 10.4.1973 - 4 AZR 270/72 - AP Nr 37 zu § 133 BGB mwN), der bei der Verwendung von Bezugnahmeklauseln auf den TVöD (früher: BAT) allgemein dahin geht, im öffentlichen Dienst grundsätzlich für alle Arbeitnehmer einheitliches Recht gelten zu lassen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob es aufgrund der Rechtswirkungen des § 4 Abs 1 S 1 TVG unmittelbar und zwingend oder "nur" aufgrund entsprechender vertraglicher Vereinbarung zur Anwendung kommt(BAGE 27, 22, 31 f = AP Nr 8 zu § 4 TVG Nachwirkung). Unter diesen Umständen ist aufgrund des festgestellten Sachverhalts auszuschließen, dass die Arbeitsvertragsparteien den Willen gehabt haben könnten, die Weitergeltung einer ins Leere gehenden Tarifnorm einzelvertraglich zu vereinbaren.

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6. Mit seiner Entscheidung weicht der Senat nicht von den Urteilen des 6. Senats des BAG vom 25.2.1993 (6 AZR 334/91 - BAGE 72, 290 = AP Nr 10 zu § 37 BAT), vom 30.9.1999 (6 AZR 130/98 - AP Nr 1 zu § 71 BAT) und vom 29.6.2000 (6 AZR 50/99 - AP Nr 11 zu § 37 BAT) ab. In diesen Verfahren hatte das BAG darüber zu entscheiden, ob die jeweils beklagten Arbeitnehmer überzahlte Krankengeldzuschüsse (damals: "Krankenbezüge") aufgrund des § 37 Abs 2 Unterabs 5 Buchst b BAT(idF des 67. und 69. Änderungsvertrags), der im Wesentlichen wort- und inhaltsgleichen Vorgängervorschrift des § 22 Abs 4 TVöD(vgl Breier/Dassau/Faber/ Lang/Langenbrinck/Thivessen/Kulok/Reinecke/Wulfers, TVöD Eingruppierung in der Praxis, § 22 RdNr 176), an den klagenden Arbeitgeber zurückzahlen mussten. In allen Fällen hatten die Rentenversicherungsträger dem Arbeitgeber die von ihm an den Versicherten geleisteten und später als Vorschüsse fingierten Krankenbezüge aus dem jeweils aufgelaufenen Rentennachzahlungsbetrag - anders als hier - erstattet, und zwar aufgrund des tarifvertraglichen Forderungsübergangs, den § 37 Abs 2 Unterabs 5 Buchst b S 3 BAT damals normierte und den § 22 Abs 4 S 4 Halbs 2 TVöD unverändert vorsieht. Mit seiner Klage vor den Gerichten für Arbeitssachen forderte der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer die jeweils überschießenden Restbeträge. Wenn das BAG in diesem Kontext beiläufig (obiter dictum) ausführt, die Tarifnorm sei insoweit wirksam, als sie den Übergang von Rentenansprüchen anordne, die auf die Zeit entfielen, in der Krankengeldzuschüsse über den tariflich maßgebenden Zeitpunkt hinaus gezahlt wurden, hat es damit nicht tragend über die Gültigkeit der Tarifnorm im vorliegenden Kontext entschieden. Denn in den vom BAG entschiedenen Fällen ging es nicht um öffentlich-rechtliche Sozialversicherungsansprüche auf Rente aus übertragenem Recht, sondern allein um originäre zivilrechtliche Rückerstattungsansprüche aus Tarifvertrag.

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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197a Abs 1 S 1 Halbs 3 SGG, §§ 154 Abs 1, Abs 3, 162 Abs 3 VwGO. Da die Beigeladene zu 1. im Revisionsverfahren selbst Anträge gestellt und damit ein Kostenrisiko auf sich genommen hat, entsprach es der Billigkeit, der unterlegenen Klägerin jene außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen (§ 154 Abs 3, § 162 Abs 3 VwGO).

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Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 197a Abs 1 S 1 Halbs 1 SGG iVm § 40, § 47 Abs 1 S 1, § 52 Abs 1 und 3, § 63 Abs 2 S 1 GKG.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen stehen beim Tod des Berechtigten nacheinander

1.
dem Ehegatten,
1a.
dem Lebenspartner,
2.
den Kindern,
3.
den Eltern,
4.
dem Haushaltsführer
zu, wenn diese mit dem Berechtigten zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben oder von ihm wesentlich unterhalten worden sind. Mehreren Personen einer Gruppe stehen die Ansprüche zu gleichen Teilen zu.

(2) Als Kinder im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 gelten auch

1.
Stiefkinder und Enkel, die in den Haushalt des Berechtigten aufgenommen sind,
2.
Pflegekinder (Personen, die mit dem Berechtigten durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Kinder mit Eltern verbunden sind),
3.
Geschwister des Berechtigten, die in seinen Haushalt aufgenommen worden sind.

(3) Als Eltern im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 3 gelten auch

1.
sonstige Verwandte der geraden aufsteigenden Linie,
2.
Stiefeltern,
3.
Pflegeeltern (Personen, die den Berechtigten als Pflegekind aufgenommen haben).

(4) Haushaltsführer im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 4 ist derjenige Verwandte oder Verschwägerte, der an Stelle des verstorbenen oder geschiedenen oder an der Führung des Haushalts aus gesundheitlichen Gründen dauernd gehinderten Ehegatten oder Lebenspartners den Haushalt des Berechtigten mindestens ein Jahr lang vor dessen Tod geführt hat und von diesem überwiegend unterhalten worden ist.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen stehen beim Tod des Berechtigten nacheinander

1.
dem Ehegatten,
1a.
dem Lebenspartner,
2.
den Kindern,
3.
den Eltern,
4.
dem Haushaltsführer
zu, wenn diese mit dem Berechtigten zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben oder von ihm wesentlich unterhalten worden sind. Mehreren Personen einer Gruppe stehen die Ansprüche zu gleichen Teilen zu.

(2) Als Kinder im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 gelten auch

1.
Stiefkinder und Enkel, die in den Haushalt des Berechtigten aufgenommen sind,
2.
Pflegekinder (Personen, die mit dem Berechtigten durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Kinder mit Eltern verbunden sind),
3.
Geschwister des Berechtigten, die in seinen Haushalt aufgenommen worden sind.

(3) Als Eltern im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 3 gelten auch

1.
sonstige Verwandte der geraden aufsteigenden Linie,
2.
Stiefeltern,
3.
Pflegeeltern (Personen, die den Berechtigten als Pflegekind aufgenommen haben).

(4) Haushaltsführer im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 4 ist derjenige Verwandte oder Verschwägerte, der an Stelle des verstorbenen oder geschiedenen oder an der Führung des Haushalts aus gesundheitlichen Gründen dauernd gehinderten Ehegatten oder Lebenspartners den Haushalt des Berechtigten mindestens ein Jahr lang vor dessen Tod geführt hat und von diesem überwiegend unterhalten worden ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.