Bundessozialgericht Urteil, 19. Okt. 2016 - B 14 AS 33/15 R

ECLI:ECLI:DE:BSG:2016:191016UB14AS3315R0
bei uns veröffentlicht am19.10.2016

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird der Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 5. August 2015 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit steht der Ausgleich von Mietrückständen der beigeladenen Mieter des Klägers durch das beklagte Jobcenter.

2

Der Kläger ist Eigentümer einer Wohnung, die er den seit 2011 im Bezug von Alg II und bei Abschluss des Mietvertrags in Substitutionsbehandlung wegen Opiatabhängigkeit stehenden Beigeladenen zu einem monatlichen Mietzins von 380 Euro zuzüglich Vorauszahlungen von 150 Euro auf Heiz- und Nebenkosten ab dem 15.3.2012 vermietet hat. In dem Mietvertrag ist ua vereinbart, dass die Beigeladenen "gemäß § 28 WoGG oder einer Nachfolgebestimmung der unmittelbaren Auszahlung des Wohngeldes" an den Kläger zustimmen und "die Abtretung von Wohngeld und/oder Mietzuschüssen, den leistenden Behörden und Einrichtungen von sich aus offen zu legen" haben(§ 19 des Mietvertrags vom 19.2.2012).

3

Der Beklagte bewilligte den Beigeladenen für die Zeit ab 1.4.2012 bis 31.3.2014 jeweils halbjährlich Alg II, wobei als Bedarf für Unterkunft und Heizung zunächst monatlich 535,56 Euro (April 2012 bis März 2013: Bescheid vom 26.3.2012, geändert durch Bescheid vom 20.4.2012, sowie Bescheid vom 14.9.2012) und sodann - wegen nur noch in geringerer Höhe anerkannter Nebenkosten - monatlich 441,17 Euro berücksichtigt wurden (April 2013 bis März 2014: Bescheid vom 20.3.2013, geändert durch Bescheide vom 12.7.2013, 5.8.2013 und 6.9.2013, sowie Bescheid vom 28.8.2013, geändert durch Bescheide vom 11.10.2013, 18.11.2013, 3.12.2013, 13.12.2013 und vom 26.2.2014). Die für Unterkunft und Heizung bestimmten Leistungen zahlte er anfangs den Beigeladenen selbst (April bis Oktober 2012), sodann auf deren Antrag zwischenzeitlich dem Kläger (November 2012 bis Januar 2013; "Unterrichtung" nach § 22 Abs 7 Satz 4 SGB II vom 25.9.2012) und schließlich auf ihre Bitte wieder ihnen selbst aus (Februar bis November 2013; "Unterrichtung" nach § 22 Abs 7 Satz 4 SGB II vom 17.1.2013). Seit Dezember 2013 erhält der Kläger vom Beklagten monatliche Zahlungen von 530 Euro, nachdem die Beigeladenen trotz fristloser Kündigung des Mietverhältnisses wegen rückständiger Miete in der Wohnung verblieben sind.

4

Die zunächst zum Arbeitsgericht Gießen erhobene Klage hat das SG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung abgewiesen (Urteil vom 18.3.2015). Das LSG hat die Berufung unter Zulassung der Revision durch Beschluss nach § 153 Abs 4 SGG zurückgewiesen(Beschluss vom 5.8.2015) und zur Begründung ausgeführt: Es habe durch Beschluss entscheiden können, weil der Kläger als Rechtsanwalt rechtskundig und die zu beurteilenden Rechtsfragen nicht schwierig seien, zudem hätten Beklagter und Beigeladene eine weite Anreise zum Gericht gehabt. In der Sache habe der Kläger keinen eigenen Zahlungsanspruch wegen der Miete. Ein solcher folge nicht aus der Rechtsprechung zum Schuldbeitritt im Sozialhilferecht bei einem Heimvertrag und ebenso wenig aus § 22 Abs 7 SGB II über die Direktzahlung der Miete an den Vermieter sowie - schon mangels Antragstellung - aus § 22 Abs 8 SGB II über Mietschulden. Einem Anspruch aus abgetretenem Recht stehe entgegen, dass § 19 des Mietvertrags keine Abtretung beinhalte und die Klage insofern schon unzulässig sei, weil es an der Feststellung des wohlverstandenen Interesses nach § 53 Abs 2 Nr 2 SGB I fehle.

5

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung rechtlichen Gehörs, soweit die Vorinstanzen Vortrag zur Verbuchung von Zahlungen auf Mietschulden nicht gewürdigt hätten. In der Sache sei ihm der Anspruch der Beigeladenen auf Leistungen für Unterkunft und Heizung abgetreten worden. Mit der Auszahlung der hälftigen Miete für März 2012 und der Kaution unmittelbar an ihn habe der Beklagte iS von § 53 Abs 2 Nr 2 SGB I festgestellt, dass dies im wohlverstandenen Interesse der Beigeladenen liege. Wegen deren Opiatabhängigkeit hätte der Beklagte die Miete auch gemäß § 22 Abs 7 Satz 3 Nr 3 SGB II ermessensfehlerfrei nur an ihn auszahlen dürfen. Schließlich sei der Beklagte nach der Rechtsprechung des BGH dem mit den Beigeladenen geschlossenen Mietvertrag beigetreten (Verweis auf BGH Urteil vom 7.5.2015 - III ZR 304/14 - BGHZ 205, 260 = ZFSH/SGB 2015, 450).

6

Der Kläger beantragt,
den Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 5. August 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 3304,44 Euro zu zahlen.

7

Der Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Die Beigeladenen haben sich nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist im Sinne der Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Das Verfahren vor dem LSG leidet an einem auch ohne entsprechende Rüge von Amts wegen zu beachtenden Mangel der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung, der zur Zurückverweisung zwingt. Im Hinblick auf die von ihm angenommene grundsätzliche Bedeutung der Sache hätte das LSG nicht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden dürfen.

10

1. Misst das LSG einer Rechtssache selbst grundsätzliche Bedeutung nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG zu, liegen die Voraussetzungen für eine Entscheidung im vereinfachten Beschlussverfahren nach § 153 Abs 4 SGG regelmäßig nicht vor.

11

a) Nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGG werden die Senate des LSG, sofern sie durch Urteil entscheiden(§ 33 Abs 1 Satz 2 iVm § 12 Abs 1 Satz 2 SGG), grundsätzlich in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig, sofern nicht unter den Voraussetzungen von § 155 Abs 3 oder 4 SGG im Einverständnis der Beteiligten der Vorsitzende oder der Berichterstatter allein(hierzu letztens nur BSG Urteil vom 7.8.2014 - B 13 R 37/13 R - Juris RdNr 13 ff mwN) oder nach § 153 Abs 5 SGG der Berichterstatter mit zwei ehrenamtlichen Richtern judiziert. Hiervon abweichend gestattet es § 153 Abs 4 Satz 1 SGG dem LSG auch, die Berufung außer in den Fällen, in denen das SG durch Gerichtsbescheid(§ 105 Abs 2 Satz 1 SGG) entschieden hat, ausnahmsweise durch Beschluss zurückzuweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Ob das LSG hiervon Gebrauch macht, erfordert im Rahmen des insoweit eröffneten Ermessens ("kann") eine pflichtgemäße Entscheidung darüber, ob es in der besonderen Verfahrensweise ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter (§ 33 Abs 1 Satz 2 iVm § 12 Abs 1 Satz 2 SGG)und ohne mündliche Verhandlung auch ohne Einverständnis der Beteiligten (§ 124 Abs 2 SGG) entscheidet oder ob es bei einer Entscheidung in der regelhaft vorgesehenen Form verbleiben soll (ebenso zur vergleichbaren Entscheidung nach § 155 Abs 3 bzw 4 SGG BSG Urteil vom 8.11.2007 - B 9/9a SB 3/06 R - BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 20 mwN).

12

b) Die Anwendung von § 153 Abs 4 SGG muss sich am Zweck der Regelung orientieren, zu einer Straffung des Verfahrens und einer Entlastung des LSG beizutragen, ohne den Rechtsschutzanspruch der Beteiligten zu vernachlässigen(vgl die Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege, BT-Drucks 12/1217 S 20 zu den Grundzügen der Entlastung des sozialgerichtlichen Verfahrens). In Anlehnung an Vorläuferbestimmungen ua in der Verwaltungs- und der Finanzgerichtsbarkeit ist die Vorschrift durch das Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege vom 11.1.1993 (BGBl I 50) eingeführt worden, um "eindeutig aussichtslose Berufungen rasch und ohne unangemessenen Verfahrensaufwand zu bearbeiten", nachdem sich eine entsprechende Regelung in Art 2 § 5 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit vom 31.3.1978 (BGBl I 446) bewährt habe (vgl BT-Drucks 12/1217 S 53). Durch sie sollte das OVG von Arbeit für "aussichtslose Berufungen" entlastet werden, um die ersparte Kapazität "nutzbringend für die Entscheidung schwierigerer Streitsachen anwenden" zu können (vgl BT-Drucks 8/842 S 12; ähnlich BT-Drucks 11/7030 S 31 f zur Fortführung des zeitlich befristeten Art 2 § 5 desGesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit als § 130a VwGO durch das Vierte Gesetz zur Änderung der VwGO vom 17.12.1990, BGBl I 2809). Nicht anders als die durch § 155 Abs 3 bzw 4 SGG eröffnete Verfahrensweise richtet sich das Beschlussverfahren nach § 153 Abs 4 SGG hiernach auf die Beschleunigung rechtlich wie tatsächlich einfach gelagerter Verfahren, die - nach umfassender Sachverhaltsaufklärung und Erörterung in der 1. Instanz - zügig zu einer verfahrensbeendenden Entscheidung gebracht werden können sollen (ebenso zur Bedeutung der Schwierigkeit des Falles und von Tatsachenfragen für die Ermessensentscheidung nach § 153 Abs 4 SGG etwa BSG Beschluss vom 13.10.1993 - 2 BU 79/93 - SozR 3-1500 § 153 Nr 1 S 4; BSG Urteil vom 2.5.2001 - B 2 U 29/00 R - SozR 3-1500 § 153 Nr 13 S 38; BSG Beschluss vom 20.11.2003 - B 13 RJ 38/03 B - SozR 4-1500 § 153 Nr 1 RdNr 8; BSG Beschluss vom 24.5.2012 - B 9 SB 14/11 B - SozR 4-1500 § 153 Nr 14 RdNr 10; BSG Beschluss vom 8.9.2015 - B 1 KR 134/14 B - Juris RdNr 8; zu § 130a VwGO ebenso BVerwG Urteil vom 30.6.2004 - 6 C 28.03 - BVerwGE 121, 211, 214 f = Buchholz 310 § 130a VwGO Nr 64).

13

c) Hieran ändert nichts, dass § 153 Abs 4 Satz 1 SGG anders als für den Gerichtsbescheid die fehlenden Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art und den geklärten Sachverhalt(§ 105 Abs 1 Satz 1 SGG)nicht ausdrücklich als Voraussetzung für die Entscheidung im vereinfachten Beschlussverfahren anführt. Daraus kann nach dem Vorstehenden nicht abgeleitet werden, dass es hierauf für die nach § 153 Abs 4 Satz 1 SGG zu treffende Ermessensentscheidung nicht ankommt. Von der Befugnis, ohne Einverständnis der Beteiligten außerhalb mündlicher Verhandlung und nur mit Berufsrichtern entscheiden zu dürfen, machen die Berufungsgerichte vielmehr auch ohne ausdrückliche Wiederholung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 105 Abs 1 Satz 1 SGG nur dann ermessensfehlerfrei Gebrauch, wenn sie sich von den vom Gesetzgeber für die Einführung der Regelung als maßgebend angesehenen Zwecken leiten lassen(zu § 130a VwGO ebenso BVerwG Urteil vom 30.6.2004 - 6 C 28.03 - BVerwGE 121, 211, 216 = Buchholz 310 § 130a VwGO Nr 64).

14

d) Dieser Maßstab wird regelhaft verfehlt, wenn das LSG im vereinfachten Beschlussverfahren über eine Rechtssache entscheidet, der es (jedenfalls) selbst grundsätzliche Bedeutung iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG beimisst. Schon die rechtliche Komplexität entzieht sich in aller Regel einer vereinfachten Beantwortung. Im Hinblick auf die Bindungswirkungen seiner Feststellungen (§ 163 SGG) sind auch die Anforderungen an die Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts unter Berücksichtigung der Bandbreite unterschiedlicher Rechtsauffassungen durch das LSG nicht gering, soll im nachfolgenden Revisionsverfahren ohne Zurückverweisung in der Sache entschieden werden können (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Hierfür ist zum einen die Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter grundsätzlich unverzichtbar (zutreffend BSG Urteil vom 16.3.2006 - B 4 RA 59/04 R - SozR 4-1500 § 105 Nr 1 RdNr 19). Zum anderen können sich auch aus den Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung weitere Umstände ergeben, die für die Einordnung und Lösung des Streitfalles rechtlich erheblich sein und zu einer sachangemessenen Beurteilung im Revisionsverfahren beitragen können (iE ebenso Bienert, NZS 2012, 885, 889; ähnlich zu § 130a VwGO Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 130a RdNr 6, Stand: 10/2015; enger zu § 130a VwGO dagegen BVerwG Urteil vom 30.6.2004 - 6 C 28.03 - BVerwGE 121, 211, 217 = Buchholz 310 § 130a VwGO Nr 64: keine Entscheidung im vereinfachten Beschlussverfahren, wenn die Rechtssache außergewöhnlich große Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht aufweist; dem folgend Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 153 RdNr 15a).

15

2. Anhaltspunkte dafür, dass ausnahmsweise hier eine mündliche Verhandlung und die Zuziehung ehrenamtlicher Richter als entbehrlich erscheinen durften, bestehen nicht. Zu Recht hat das LSG der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen und die Revision nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG zugelassen. Die damit verbundenen Fragen sind auch nicht einfach gelagert, wie das LSG angenommen hat. Insoweit weisen schon seine eigenen Darlegungen aus, dass die Rechtsbeziehungen im Dreiecksverhältnis zwischen SGB II-Trägern, Leistungsbeziehern und Vermietern wie regelmäßig bei solchen Konstellationen im Leistungserbringungsrecht des SGB schwierig zu beantwortende Rechtsfragen aufwerfen können. Das gilt ebenfalls für die prozessuale Seite mit der Frage, ob die hier erhobene allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) nur auf die Auszahlung der den Beigeladenen bereits bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung gerichtet sein kann oder ob der Kläger insoweit auch - wie er geltend macht und das LSG geprüft hat - ohne ein darauf gerichtetes, vorher durchgeführtes Verwaltungsverfahren unmittelbar Zahlungsansprüche aus § 22 Abs 7 Satz 2 SGB II oder aus § 22 Abs 8 SGB II ableiten kann. Angesichts dessen sind weder die Rechtskunde des Klägers noch die weite Anfahrt der übrigen Verfahrensbeteiligten beachtliche Gründe, von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung und der Entscheidung unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter abzusehen.

16

3. Damit hat das LSG nicht in der für die vorliegende Sache von grundsätzlicher Bedeutung vorgeschriebenen Besetzung des Senats aus Berufsrichtern und ehrenamtlichen Richtern (§ 33 Abs 1 Satz 1 SGG) entschieden. Dieser grundlegende, den verfassungsrechtlichen Anspruch auf Entscheidung durch den gesetzlichen Richter (Art 101 Abs 1 Satz 2 GG) missachtende Verfahrensmangel ist im Revisionsverfahren als absoluter Revisionsgrund (§ 202 Satz 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO) auch ohne Rüge der Beteiligten von Amts wegen zu berücksichtigen (stRspr, vgl nur BSG Urteil vom 8.11.2007 - B 9/9a SB 3/06 R - BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 13 f; BSG Urteil vom 7.8.2014 - B 13 R 37/13 R - Juris RdNr 18; vgl dagegen zur Lage im Fall konkreter personeller Falschbesetzung letztens BSG Urteil vom 17.8.2011 - B 6 KA 32/10 R - BSGE 109, 34 = SozR 4-2500 § 89 Nr 5, RdNr 12 mwN), was zur Zurückverweisung führt.

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(1) Der Bewilligungsbescheid wird vom Ersten des Monats an unwirksam, in dem der Wohnraum, für den Wohngeld bewilligt ist, von keinem zu berücksichtigenden Haushaltsmitglied mehr genutzt wird; erfolgt die Nutzungsaufgabe nicht zum Ersten eines Monats, wird der Bewilligungsbescheid vom Ersten des nächsten Monats an unwirksam. Die wohngeldberechtigte Person muss der Wohngeldbehörde unverzüglich mitteilen, dass der Wohnraum nicht mehr genutzt wird. Der Wechsel des Wohnraums innerhalb desselben Heimes im Sinne des Heimgesetzes oder entsprechender Gesetze der Länder gilt nicht als Nutzungsaufgabe.

(2) Der Wohngeldanspruch fällt für den Monat weg, in dem das Wohngeld vollständig oder überwiegend nicht zur Bezahlung der Miete oder zur Aufbringung der Belastung verwendet wird (zweckwidrige Verwendung). Der Bewilligungsbescheid ist mit Wirkung vom Ersten des Monats der zweckwidrigen Verwendung an aufzuheben, wenn seine Bekanntgabe nicht länger als zehn Jahre und die Kenntnis der Wohngeldbehörde von der zweckwidrigen Verwendung nicht länger als ein Jahr zurückliegt. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit der Wohngeldanspruch Gegenstand einer Aufrechnung, Verrechnung oder Pfändung nach den §§ 51, 52 und 54 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch ist oder auf einen Leistungsträger im Sinne des § 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch übergegangen ist.

(3) Der Bewilligungsbescheid wird von dem Zeitpunkt an unwirksam, ab dem ein zu berücksichtigendes Haushaltsmitglied nach den §§ 7 und 8 Abs. 1 vom Wohngeld ausgeschlossen ist. Im Fall des § 8 Abs. 1 Satz 3 bleibt der Bewilligungsbescheid unwirksam.

(4) Die wohngeldberechtigte Person muss der Wohngeldbehörde unverzüglich mitteilen, wenn für ein zu berücksichtigendes Haushaltsmitglied ein Verwaltungsverfahren zur Feststellung von Grund und Höhe einer Leistung nach § 7 Abs. 1 oder Abs. 2 begonnen hat oder ein zu berücksichtigendes Haushaltsmitglied eine Leistung nach § 7 Abs. 1 empfängt. Die zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder sind verpflichtet, der wohngeldberechtigten Person die in Satz 1 genannten Tatsachen mitzuteilen.

(5) Die wohngeldberechtigte Person ist von der Unwirksamkeit des Bewilligungsbescheides zu unterrichten und im Fall des Absatzes 3 auf die Antragsfrist nach § 25 Absatz 4 hinzuweisen.

(6) Der Wohngeldanspruch ändert sich nur wegen der in § 17a Absatz 3, § 27, den vorstehenden Absätzen 1 bis 3, § 42a oder der in den §§ 42b bis 44 genannten Umstände.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen können weder übertragen noch verpfändet werden.

(2) Ansprüche auf Geldleistungen können übertragen und verpfändet werden

1.
zur Erfüllung oder zur Sicherung von Ansprüchen auf Rückzahlung von Darlehen und auf Erstattung von Aufwendungen, die im Vorgriff auf fällig gewordene Sozialleistungen zu einer angemessenen Lebensführung gegeben oder gemacht worden sind oder,
2.
wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, daß die Übertragung oder Verpfändung im wohlverstandenen Interesse des Berechtigten liegt.

(3) Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind, können in anderen Fällen übertragen und verpfändet werden, soweit sie den für Arbeitseinkommen geltenden unpfändbaren Betrag übersteigen.

(4) Der Leistungsträger ist zur Auszahlung an den neuen Gläubiger nicht vor Ablauf des Monats verpflichtet, der dem Monat folgt, in dem er von der Übertragung oder Verpfändung Kenntnis erlangt hat.

(5) Eine Übertragung oder Verpfändung von Ansprüchen auf Geldleistungen steht einer Aufrechnung oder Verrechnung auch dann nicht entgegen, wenn der Leistungsträger beim Erwerb des Anspruchs von der Übertragung oder Verpfändung Kenntnis hatte.

(6) Soweit bei einer Übertragung oder Verpfändung Geldleistungen zu Unrecht erbracht worden sind, sind sowohl der Leistungsberechtigte als auch der neue Gläubiger als Gesamtschuldner dem Leistungsträger zur Erstattung des entsprechenden Betrages verpflichtet. Der Leistungsträger hat den Erstattungsanspruch durch Verwaltungsakt geltend zu machen.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 304/14
Verkündet am:
7. Mai 2015
P e l l o w s k i
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Indem der Sozialhilfeträger der Zahlungsverpflichtung des Hilfeempfängers gegenüber
dem Leistungserbringer (hier: ambulanter Pflegedienst) durch Kostenübernahmebescheid
beitritt, wandelt sich die zivilrechtliche Schuld aus dem
zwischen dem Hilfeempfänger und dem Leistungserbringer geschlossenen
Dienstleistungsvertrag nicht in eine öffentlich-rechtliche um (im Anschluss an
BSGE 102, 1). Der Schuldbeitritt teilt seinem Wesen nach die Rechtsnatur der
Forderung, zu der er erklärt wird (im Anschluss an Senatsurteile vom 22. Juni
1978 - III ZR 109/76, BGHZ 72, 56 und vom 6. November 2008 - III ZR 279/07,
BGHZ 178, 243).

b) Entsprechend der zivilrechtlichen Natur des Anspruchs, zu dem der Schuldbeitritt
erklärt wird, sind die §§ 286 ff BGB anwendbar, wenn der Sozialhilfeträger
die übernommene Zahlungsverpflichtung verspätet erfüllt.
BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - III ZR 304/14 - LG Berlin
AG Berlin-Köpenick
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Mai 2015 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Seiters,
Tombrink, Dr. Remmert und Reiter

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 49 des Landgerichts Berlin vom 17. September 2014 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsrechtszugs hat der Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin nimmt das beklagte Land auf Zahlung von Verzugszinsen sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten im Zusammenhang mit der Erbringung ambulanter Pflegeleistungen in Anspruch.
2
Die Klägerin betreibt einen ambulanten Pflegedienst und hatte mit den Pflegebedürftigen G. D. , E. T. und G. E. privatrechtliche Verträge über die Erbringung ambulanter Pflegeleistungen geschlossen. Der Beklagte übernahm als Träger der Sozialhilfe jeweils durch Bescheid gegenüber den Pflegebedürftigen die Kosten der erbrachten Pflegeleistungen. Eine Kopie der Bescheide erhielt die Klägerin zur Kenntnisnahme.

3
Mit Schreiben vom 24. Juni 2003 erklärte die Klägerin den Beitritt zu der Vereinbarung nach § 93 Abs. 2 BSHG zwischen dem Beklagten und den Verbänden der Träger von ambulanten Pflegeeinrichtungen vom 4. Oktober 1996 über die Erbringung von Leistungen der Haushilfe und der Hauspflege nach § 11 Abs. 3, §§ 68 ff, 70 BSHG. § 8 der Vereinbarung lautet wie folgt: "Zahlungsverfahren Die Abrechnung erfolgt kalendermonatlich. Die Rechnungen sind beim zuständigen Bezirksamt innerhalb von zwei Monaten nach Leistungserbringung einzureichen. … Die Bezahlung von nicht zu beanstandenden Rechnungen soll innerhalb von drei Wochen nach Eingang erfolgen … Sollte in begründeten Fällen eine Zahlung innerhalb der genannten Fristen nicht möglich sein, leistet das zuständige Bezirksamt eine Abschlagszahlung von 80 %, bezogen auf den Betrag der Vormonatsrechnung. Im Übrigen gelten die in der Rahmenvereinbarung nach § 75 Abs. 1 und 2 SGB XI getroffenen Regelungen."
4
Die Klägerin ist des weiteren Mitglied im Anbieterverband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen e.V. (vormals Arbeitgeberverband im Gesundheitswesen e.V.). Zwischen diesem, den Landesverbänden der Pflegekassen und dem Beklagten wurde am 15. November 2006 ein Rahmenvertrag gemäß § 75 Abs. 1 und 2 SGB XI zur ambulanten pflegerischen Versorgung abgeschlossen. Dieser Vertrag enthält in § 17 Regelungen zum Abrechnungsverfahren : "(7) Die Abrechnung der Pflegeleistungen erfolgt kalendermonatlich. Die Rechnungen sind bei der Pflegekasse oder einer von ihr benannten Abrechnungsstelle in der Regel innerhalb von zwei Monaten nach Leistungserbringung einzureichen. Die Bezahlung der ordnungsgemäß erstellten Rechnungen erfolgt spätestens innerhalb von 14 Tagen nach Eingang bei der Pflegekasse oder der von der Pflegekasse benannten Abrechnungsstelle … (8) Näheres zur Abrechnung und Zahlungsweise, insbesondere Zeitpunkt der Rechnungsstellung, Abweichung bei Schlussrechnungen , Zahlung von Abschlägen und Verfahren bei Überschreitung der vereinbarten Fristen vereinbaren ggf. die Partner dieses Rahmenvertrages. Es bleibt den Pflegekassen und Pflegediensten vorbehalten, spezifische Regelungen zur Abrechnung und Zahlungsweise nach rechtzeitiger Rücksprache miteinander zu vereinbaren."
5
Die gegenüber den Hilfeempfängern erbrachten Pflegeleistungen stellte die Klägerin wie folgt in Rechnung: E. : Rechnung vom 9. September 2012 in Höhe von 325,38 € T. : Rechnung vom 4. November 2012 in Höhe von 81,48 € D. : Zwei Rechnungen vom 6. November 2012 in Höhe von 39,57 € beziehungsweise 283,47 €.
6
Da der Beklagte ohne Angabe von Gründen keine Zahlungen leistete, forderte ihn die Klägerin mit Mahnschreiben vom 30. Oktober 2012 (E. ) und 28. Dezember 2012 (D. , T. ) auf, den jeweiligen Rechnungsbetrag unverzüglich zu überweisen. Nachdem auch weitere Mahnungen erfolglos blieben, verlangte die Klägerin mit gesonderten Anwaltsschreiben vom 27. Februar 2013 Zahlung bis zum 9. März 2013. Zugleich machte sie Verzugszinsen sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten geltend.
7
Am 25. März 2013 beglich der Beklagte die offenen Rechnungsbeträge (ohne Verzugszinsen und Rechtsanwaltskosten).
8
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Zahlung von Verzugszinsen aus den jeweiligen Rechnungsbeträgen für den Zeitraum ab 30 Tagen nach Rechnungszugang bis zum 25. März 2013 in Höhe von insgesamt 13,46 € so- wie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von insgesamt 213,49 € nebst Prozesszinsen.
9
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die zugelassene Berufung hat das Landgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben.
10
Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe


11
Die Revision des Beklagten hat keinen Erfolg.

I.

12
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
13
Da der Beklagte die unstreitigen Rechnungen erst am 25. März 2013 und damit nach Ablauf der in den Verbandsverträgen bestimmten Fristen beglichen habe, stünden der Klägerin die geltend gemachten Verzugszinsen gemäß § 286 Abs. 2, 3, § 288 BGB zu. Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs seien anwendbar. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (grundlegend BSGE 102, 1) bewirke die Übernahme der Pflegekosten durch Bescheid des Sozialhilfeträgers als Verwaltungsakt mit Drittwirkung eine Schuldübernahme in Form eines Schuldbeitritts. Der Sozialhilfeträger trete auf diese Weise als Gesamtschuldner in Höhe der bewilligten Leistungen an die Seite des Sozialhilfeempfängers. Durch den Schuldbeitritt mutiere die Schuld, zu der beigetreten werde und die aus dem privatrechtlichen Pflegevertrag resultiere, nicht zu einer öffentlich-rechtlichen. Vielmehr teile der Anspruch des Leistungserbringers gegen den Sozialhilfeträger die zivilrechtliche Rechtsnatur der Forderung.
14
Die Verzugsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs seien auch nicht durch die Verbandsverträge abbedungen worden. Während in dem Vertrag vom 4. Oktober 1996 nicht einmal eine feste Zahlungsfrist vorgesehen sei, bestimme die Rahmenvereinbarung vom 15. November 2006 lediglich eine bestimmte Frist von 14 Tagen nach Rechnungseingang. Weitergehende vertragliche Regelungen fehlten. Insbesondere seien die gesetzlichen Verzugsfolgen nicht ausgeschlossen worden.
15
Entgegenstehende gesetzliche Regelungen seien ebenfalls nicht ersichtlich. Im Sozialrecht befassten sich nur wenige Vorschriften mit Fragen der Verzinsung. Keine dieser Bestimmungen sei einschlägig. Sozialrechtliche Vorschriften seien auf die vorliegenden Pflegeverträge ohnehin nicht anwendbar, da diese privatrechtlicher Natur seien.

16
Der Klägerin stehe auch ein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten aus § 280 Abs. 1 BGB zu. Der Beklagte sei mit der Bezahlung der Rechnungen in Verzug geraten. Die Einschaltung eines Rechtsanwalts sei erforderlich und zweckmäßig gewesen. Der Anspruch bestehe auch in der geltend gemachten Höhe. Es habe sich um verschiedene Angelegenheiten im Sinne von § 15 RVG gehandelt. Die Klägerin habe daher zu jedem Pflegebedürftigen separat abrechnen dürfen. Es habe auch die Regelgebühr von 1,3 nach Nr. 2300 VV RVG angesetzt werden dürfen, da der zu beurteilende Sachverhalt nicht einfach gewesen sei. Die geltend gemachten Prozesszinsen ergäben sich aus § 291 BGB.

II.


17
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung stand.
18
Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Klägerin Verzugszinsen nach § 288 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB zustehen und sie gemäß § 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in der geltend gemachten Höhe verlangen kann.
19
1. Die Verzugsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs, insbesondere §§ 286 ff BGB, gelten auch, soweit der Beklagte als Sozialhilfeträger der Zahlungsverpflichtung der Hilfeempfänger aus den privatrechtlichen Pflegeverträgen durch Bewilligungsbescheide beigetreten ist (kumulative Schuldübernahme ).
20
a) Das Leistungserbringungsrecht der Sozialhilfe ist im Bereich der pflegerischen Versorgung durch das so genannte sozialhilferechtliche Dreiecksverhältnis geprägt, das die wechselseitigen Rechtsbeziehungen zwischen dem Träger der Sozialhilfe, dem Leistungsberechtigten (Hilfeempfänger) und dem Leistungserbringer (Pflegedienst) sinnbildlich darstellt (grundlegend BSGE 102, 1 Rn. 15 ff).
21
aa) Zwischen dem bedürftigen Hilfeempfänger und dem Sozialhilfeträger besteht ein öffentlich-rechtliches Leistungsverhältnis (Grundverhältnis), das sich nach den Vorschriften des SGB XII beurteilt. Die Entscheidung über die Gewährung von Sozialhilfeleistungen ergeht durch Verwaltungsakt. Das Grundverhältnis ist Fundament und rechtlicher Maßstab für die übrigen Rechtsbeziehungen (Ausstrahlungswirkung). Im Rahmen des Grundverhältnisses stehen dem Sozialhilfeempfänger keine Primäransprüche auf Zahlung entstehender oder entstandener Kosten an sich selbst zu; er kann vom Sozialhilfeträger ausschließlich die Übernahme dieser Kosten (Sachleistungsverschaffungspflicht) in Form der Zahlung an den Leistungserbringer verlangen (Jaritz/Eicher, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 75 SGB XII Rn. 32, 38; Eicher, SGb 2013, 127, 128).
22
bb) Der Kostenübernahmeanspruch des Leistungsempfängers gegenüber dem Sozialhilfeträger setzt voraus, dass zwischen dem bedürftigen Hilfeempfänger und dem Leistungserbringer ein zivilrechtlicher Vertrag geschlossen wird, auf Grund dessen ein Anspruch auf Erbringung von Betreuungs-, Hilfeund Förderleistungen sowie gegebenenfalls Unterkunft und Verpflegung besteht (privatrechtliches Erfüllungsverhältnis). Im Gegenzug ist der bedürftige Hilfeempfänger zur Zahlung des vertraglich vereinbarten Entgelts verpflichtet. Die gegenüber dem Leistungserbringer bestehende Zahlungsverpflichtung des Hilfeempfängers ist der Bedarf, den der Sozialhilfeträger im Grundverhältnis - durch Vergütungsübernahme - decken muss (Jaritz/Eicher aaO § 75 SGB XII Rn. 34; Eicher aaO).
23
cc) Grundlage der Rechtsbeziehung zwischen dem Leistungserbringer und dem Sozialhilfeträger (öffentlich-rechtliches Sachleistungsverschaffungsverhältnis ) sind zum einen (öffentlich-rechtliche) Vereinbarungen nach § 93 Abs. 2 BSHG beziehungsweise § 75 Abs. 3 SGB XII, die auf örtlicher Ebene zwischen dem zuständigen Sozialhilfeträger und dem Leistungserbringer geschlossen werden, und zum anderen Rahmenverträge auf Landesebene (vgl. Jaritz/Eicher aaO § 75 SGB XII Rn. 36; Eicher aaO). Da der Sozialhilfeträger die Leistungen grundsätzlich nicht selbst erbringt, hat er durch Verträge mit den Leistungserbringern eine Sachleistung durch diese sicherzustellen. Dadurch wird dem Hilfeempfänger die Sozialleistung verschafft (BSGE 102, 1 Rn. 17). Zugleich modifizieren die Vereinbarungen das Grundverhältnis und beeinflussen ("überlagern") das Erfüllungsverhältnis (Jaritz/Eicher aaO § 75 SGB XII Rn. 34, 40).
24
b) Nach § 93 Abs. 2 BSHG beziehungsweise § 75 Abs. 3 SGB XII ist die "Übernahme" der dem Leistungserbringer zustehenden Vergütung untrennbarer Bestandteil der Sachleistungsverschaffungspflicht des Trägers der Sozialhilfe. Rechtlich geschieht dies - bei fortbestehender Verpflichtung des Hilfeempfängers aus dem im Erfüllungsverhältnis geschlossenen privatrechtlichen Vertrag - in Form eines Schuldbeitritts des Sozialhilfeträgers (kumulative Schuldübernahme ) durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung (BSGE 102, 1 Rn. 22 ff; BSG, Beschluss vom 18. März 2014 - B 8 SF 2/13 R, BeckRS 2014, 68095 Rn. 7; siehe auch Bayerisches LSG, Beschluss vom 26. November 2012 - L 18 SO 173/12 B, BeckRS 2013, 68424 = juris Rn. 15 ff). Der Schuldbeitritt hat dann zum einen einen unmittelbaren Zahlungsanspruch des Leistungserbringers ge- gen den Sozialhilfeträger, zum anderen einen Anspruch des Hilfeempfängers gegen den Sozialhilfeträger auf Zahlung an den Leistungserbringer zur Folge. Der Sozialhilfeträger tritt auf diese Weise als Gesamtschuldner im Sinne der §§ 421 ff BGB in Höhe der bewilligten Leistung, wie sie in dem gegenüber dem Hilfsbedürftigen ergehenden Kostenübernahmebescheid ausgewiesen ist, an die Seite des Sozialhilfeempfängers (BSGE aaO Rn. 25). Dadurch, dass der Sozialhilfeträger mit dem Kostenübernahmebescheid der Schuld des Hilfeempfängers beitritt und der Leistungserbringer auf Grund dieses Schuldbeitritts direkt einen Zahlungsanspruch gegen den Sozialhilfeträger hat, wandelt sich die zivilrechtliche Schuld aus dem im Erfüllungsverhältnis zwischen dem Hilfeempfänger und dem Leistungserbringer geschlossenen (Dienst-)Vertrag nicht in eine öffentlich-rechtliche um. Denn ein Schuldbeitritt teilt seinem Wesen nach die Rechtsnatur der Forderung des Gläubigers, zu der er erklärt wird (Senatsurteile vom 22. Juni 1978 - III ZR 109/76, BGHZ 72, 56, 58 ff und vom 6. November 2008 - III ZR 279/07, BGHZ 178, 243 Rn. 14; BGH, Urteil vom 16. Oktober 2008 - XI ZR 132/06, BGHZ 174, 39 Rn. 23; Senatsbeschlüsse vom 17. September 2008 - III ZB 19/08, WM 2008, 2153 Rn. 16 und III ZB 50/08, BeckRS 2008, 21300 Rn. 16). Der Sozialhilfeträger wird durch den Schuldbeitritt Gesamtschuldner einer zivilrechtlichen Forderung, deren Gläubiger der Leistungserbringer ist und die gegebenenfalls im Zivilrechtsweg geltend zu machen ist. Die Schuld, der beigetreten wird, kann rechtlich für den Beitretenden nicht zu einer öffentlich-rechtlichen mutieren, während sie bei dem bisherigen Alleinschuldner eine privatrechtliche bleibt (BSG, Beschluss vom 18. März 2014 aaO Rn. 8; Bayerisches LSG aaO Rn. 18).
25
Materiell-rechtlich gelten die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs daher auch insoweit, als der Sozialhilfeträger der aus dem Erfüllungsverhältnis resultierenden Vergütungspflicht des Hilfeempfängers beigetreten ist.
Dies gilt insbesondere für die Vorschriften des allgemeinen Leistungsstörungsrechts (§§ 280 ff BGB). Es liegen Einzelverpflichtungen vor, die bei Begründung der Gesamtschuld durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung inhaltsgleich sind und nach dem maßgeblichen Beitrittszeitpunkt nach allgemeinen Gesamtschuldgrundsätzen eine selbständige und durchaus unterschiedliche Entwicklung nehmen können, wenn nicht ein Fall der Wirkungserstreckung nach §§ 424 ff BGB vorliegt (MüKoBGB/Bydlinski, 6. Aufl., Vor § 424 Rn. 17; Palandt/Grüneberg , BGB, 74. Aufl., Überblick vor § 414 Rn. 7).
26
Bei der Beurteilung der zivilrechtlichen Verpflichtung des Sozialhilfeträgers muss allerdings stets in den Blick genommen werden, dass die zwischen dem Leistungserbringer und dem Sozialhilfeträger im Leistungsverschaffungsverhältnis bestehenden (Rahmen-)Vereinbarungen die zivilrechtlichen Pflichten in dem Sinne "sozialrechtlich überlagern" können, dass sie diese modifizieren (BSG, Beschluss vom 18. März 2014 aaO Rn. 9; Jaritz/Eicher aaO § 75 SGB XII Rn. 34, 51 ff).
27
c) Aus den dargestellten wechselseitigen Rechtsbeziehungen in dem sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis folgt für den vorliegenden Fall, dass der Beklagte mit den gegenüber den Pflegebedürftigen D. , E. und T. ergangenen Kostenübernahmebescheiden in dem dort ausgewiesenen Umfang der Zahlungsverpflichtung des Hilfeempfängers aus den mit der Klägerin abgeschlossenen Pflegeverträgen jeweils beigetreten ist. Dabei handelt es sich um eine zivilrechtliche Schuld, die durch den Beitritt des Beklagten nicht in eine öffentlich-rechtliche umgewandelt worden ist. Auf Grund dieses Beitritts hat die Klägerin unmittelbar einen den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts unterliegenden Zahlungsanspruch gegen den Beklagten als Gesamtschuldner erworben. Aus der zivilrechtlichen Natur des Anspruchs resultiert auch die An- wendbarkeit der §§ 280 ff BGB für den Fall, dass der Beklagte die übernommene Zahlungsverpflichtung nicht oder verspätet erfüllt.
28
d) Aus den im Leistungsverschaffungsverhältnis zwischen den Parteien bestehenden öffentlich-rechtlichen Verträgen ergibt sich nichts Abweichendes. § 8 der Vereinbarung vom 4. Oktober 1996 und § 17 Abs. 7 des Rahmenvertrags vom 15. November 2006 enthalten lediglich eine Bestimmung der Leistungszeit im Sinne von § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Danach sind beanstandungsfreie Rechnungen - wenn von der dem Schuldner günstigsten Regelung ausgegangen wird - spätestens innerhalb von drei Wochen nach Rechnungseingang zu bezahlen. Die in der Vereinbarung vom 4. Oktober 1996 gebrauchte Wendung "Die Bezahlung … soll innerhalb von drei Wochen nach Eingang erfolgen" stellt - wie der Gesamtzusammenhang der Vertragsklausel belegt - eine grundsätzlich verbindliche Bestimmung der Leistungszeit dar, von der nur bei konkreten Beanstandungen oder in sonstigen "begründeten Fällen" abgewichen werden darf. Im Übrigen haben die Vertragsparteien davon abgesehen, das "Verfahren bei Überschreitung der vereinbarten Fristen" näher zu regeln, so dass im Verzugsfall auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs zurückzugreifen ist (siehe auch Jaritz/Eicher aaO § 75 SGB XII Rn. 46.2).
29
Der Einwand der Revision, der Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Verzugsvorschriften stehe entgegen, dass der Sozialhilfeträger mit dem Schuldbeitritt die Handlungsebene des öffentlichen Rechts nicht habe verlassen wollen mit der Folge, dass er keine Verzugszinsen nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch schulde, verkennt die Rechtsbeziehungen, wie sie sich aus dem sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis ergeben. Danach kommt der Sozialhilfeträger seiner Sachleistungsverschaffungspflicht im Grund- und Leistungsverschaffungsverhältnis in den Handlungsformen der öffentlichen Verwaltung (Verwal- tungsakt, öffentlich-rechtlicher Vertrag) nach. Daraus resultiert jedoch der Beitritt zu einer im Erfüllungsverhältnis begründeten zivilrechtlichen Schuld. Dass sich der Sozialhilfeträger von den Folgen einer von ihm zu vertretenden Leistungsstörung (hier: verzögerte Zahlung) nicht "einseitig" freizeichnen kann, versteht sich von selbst.
30
Die von der Revision aufgeworfene Frage, ob und inwieweit aus dem Sozialrecht herrührende Anspruche möglicherweise zu verzinsen sind (zum Beispiel nach § 44 Abs. 1 SGB I), stellt sich im Streitfall nicht. Denn der Vergütungsanspruch der Klägerin hat - wie dargelegt - seine Grundlage in den zwischen ihr und den Pflegebedürftigen bestehenden (privatrechtlichen) Vertragsverhältnissen und nicht in sozialrechtlichen Vorschriften.
31
e) Da der Beklagte die ordnungsgemäß eingereichten Rechnungen der Klägerin vom 9. September 2012 sowie 4. und 6. November 2012 - ohne Angabe von Gründen - erst am 25. März 2013 bezahlt hat, schuldet er gemäß § 288 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 286 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 BGB Verzugszinsen. Gegen den von der Klägerin nach § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB errechneten Betrag von insgesamt 13,46 € erhebt die Revision keine Einwände.
32
2. Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision auch insoweit stand, als das Berufungsgericht den Beklagten unter dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzugs (§ 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB) zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 213,49 € (nebst Prozesszinsen nach § 291 BGB) verurteilt hat.
33
a) Entgegen der Meinung der Revision ist der Klägerin ein Verzugsschaden in Höhe der vorprozessual aufgewendeten Anwaltskosten entstanden. Rechtsverfolgungskosten sind gemäß § 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB als adäquat verursachte Verzugsfolge zu erstatten, wenn sie - nach Eintritt des Verzugs - aus Sicht des Forderungsgläubigers zur Wahrnehmung und Durchsetzung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteile vom 8. November 1994 - VI ZR 3/94, BGHZ 127, 348, 350 und vom 23. Oktober 2003 - IX ZR 249/02, NJW 2004, 444, 446; siehe auch Palandt/Grüneberg aaO § 286 Rn. 45). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Denn der Beklagte hat auf die Mahnungen der Klägerin nicht reagiert. Die Beauftragung von Rechtsanwältin W. mit der außergerichtlichen Geltendmachung der offenen Rechnungsbeträge erfolgte erst, nachdem die eigenen Bemühungen der Klägerin ersichtlich fruchtlos geblieben waren. Dabei ist ohne Bedeutung, ob es sich bei den geltend gemachten Forderungen um einfach gelagerte Fälle handelte. Zahlt der Schuldner auf die erste Mahnung des Gläubigers nicht, kann dieser die weitere Rechtsverfolgung auf Kosten des Schuldners einem Rechtsanwalt übertragen (BGH, Urteil vom 8. November 1994 aaO S. 353).
34
b) Die von der Klägerin geltend gemachte Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG ist entstanden.
35
Es kommt für das Entstehen der Gebühr darauf an, ob der Rechtsanwalt zunächst mit der außergerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche beauftragt und der Prozessauftrag allenfalls bedingt erteilt worden ist oder ob ein unbedingter Klageauftrag vorliegt (OLG Hamm, NJW-RR 2006, 242 f; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 20. Juli 2012 - 23 U 166/11, BeckRS 2013, 03573 = juris Rn. 55). Hat der Rechtsanwalt bereits von Anfang an einen unbedingten Klageauftrag erhalten, fallen auch die Tätigkeiten vor Erhebung der Klage allein unter die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG (BGH, Urteil vom 14. Dezember 2011 - IV ZR 34/11, NJW-RR 2012, 486 Rn. 21; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 21. Aufl., Vorb. 3 VV Rn. 14). Soweit die Revision im Streitfall einen unbedingten Klageauftrag annehmen will, übergeht sie den Hinweis von Rechtsanwältin W. in den - im Berufungsurteil in Bezug genommenen - Mahnschreiben , sie werde ihrer Mandantschaft für den Fall, dass "wider Erwarten" kein fristgemäßer Zahlungseingang zu verzeichnen sein sollte, "anraten, ihren Anspruch gerichtlich durchzusetzen". Daraus ergibt sich ohne weiteres, dass Rechtsanwältin W. zunächst nur mit der außergerichtlichen Geltendmachung der Forderungen beauftragt war und die Frage der Klageerhebung, auch wenn Klageentwürfe eventuell bereits gefertigt gewesen sein sollten, noch der Entscheidung des Auftraggebers vorbehalten war. Ein unbedingter Prozessauftrag war nach Sachlage auch noch nicht geboten, da der Versuch einer außergerichtlichen Regulierung mit anwaltlicher Hilfe - Einwendungen gegen die Rechnungen wurden von dem Beklagten nicht erhoben - Aussicht auf Erfolg versprach und somit Grund zu der Annahme bestand, eine gerichtliche Auseinandersetzung vermeiden zu können (vgl. OLG Frankfurt am Main aaO).
36
c) Zu Unrecht beruft sich die Revision darauf, dass die aus den Verträgen mit den Pflegebedürftigen D. , E. und T. resultierenden Vergütungsansprüche als eine einzige Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinn (§ 15 RVG) zu behandeln und daher nicht drei gesonderte Geschäftsgebühren nach Nr. 2300 VV RVG entstanden seien, sondern allenfalls eine Geschäftsgebühr aus der Summe der Rechnungsbeträge.
37
Unter einer "Angelegenheit" im gebührenrechtlichen Sinn ist das gesamte Geschäft zu verstehen, das der Rechtsanwalt für den Auftraggeber besorgen soll. Ihr Inhalt bestimmt den Rahmen, innerhalb dessen der Rechtsanwalt tätig wird. Um dieselbe Angelegenheit annehmen zu können, müssen drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein. Insbesondere muss - neben einem einheitlichen Auftrag und einem gleichen Tätigkeitsrahmen - zwischen den einzelnen Gegenständen ein innerer objektiver Zusammenhang bestehen, das heißt es muss sich um einen einheitlichen Lebensvorgang handeln (OLG Frankfurt am Main, NJW-RR 2005, 67, 68; Gerold/Schmidt/Mayer aaO § 15 RVG Rn. 5 ff; Schneider/Wolf/N. Schneider, RVG, 7. Aufl., § 15 Rn. 22 ff). Zumindest die letztgenannte Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Der Beauftragung von Rechtsanwältin W. lagen nicht nur drei getrennte Pflegeverträge , sondern auch drei unterschiedliche sozialhilferechtliche Verfahren zugrunde , die unabhängig voneinander beurteilt werden mussten. Hinsichtlich jedes Hilfeempfängers mussten die Rechtsbeziehungen innerhalb des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses gesondert überprüft werden. Dabei war auch festzustellen, ob die abgerechneten Leistungen den Vorgaben aus dem Grundund Sachleistungsverhältnis entsprachen. Es lagen somit mehrere Angelegenheiten im Sinne von § 15 RVG vor.
38
d) Der Einwand der Revision, bei den anwaltlichen Mahnschreiben vom 27. Februar 2013 habe es sich lediglich um "Schreiben einfacher Art" im Sinne von Nr. 2302 VV RVG in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung (jetzt Nr. 2301 VV RVG in der Fassung des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 23. Juli 2013, BGBl. I S. 2586) gehandelt, so dass nur eine Gebühr von 0,3 hätte angesetzt werden dürfen, trifft bereits im Ausgangspunkt nicht zu. Der niedrigere Gebührenrahmen kommt nur in Betracht, wenn der erteilte Auftrag von vornherein keinen über Nr. 2302 VV RVG aF beziehungsweise Nr. 2301 VV RVG nF hinausgehenden Inhalt hatte, sich also auf eine einfache Anfrage oder eine einfache Mahnung oder Zahlungsaufforderung beschränkte (Gerold/ Schmidt/Mayer aaO VV 2301 Rn. 2; Hartmann, Kostengesetze, 45. Aufl., VV RVG 2301 Rn. 2 f). Der Rechtsanwältin W. erteilte Auftrag war nicht auf ein Schreiben einfacher Art beschränkt, sondern bezog sich auf die vollständige außergerichtliche Geltendmachung der Forderungen der Klägerin und umfasste - wie dargelegt - die eigenständige Überprüfung dreier voneinander unabhängiger Sozialhilfeverfahren.
39
e) Die Revision vermag schließlich auch nicht mit der Rüge durchzudringen , das Berufungsgericht sei im Rahmen der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG zu Unrecht von einer Mittelgebühr in Höhe von 1,3 ausgegangen. Der getätigte Aufwand rechtfertige nur den Mindestgebührensatz von 0,5.
40
Die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG beträgt 0,5 bis 2,5. Nach der Anmerkung zu diesem Vergütungstatbestand kann eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Die Mindestgebühr von 0,5 kommt nur für denkbar einfachste außergerichtliche Anwaltstätigkeiten in Betracht (Gerold/Schmidt/Mayer aaO VV 2300 Rn. 27). Da Letzteres im Streitfall ersichtlich ausscheidet und die Tätigkeit von Rechtsanwältin W. auch nicht deutlich über den Normalfall hinausging, hat das Berufungsgericht zu Recht die Regelgebühr von 1,3 der Honorarberechnung zugrunde gelegt. Schlick Seiters Tombrink Remmert Reiter
Vorinstanzen:
AG Berlin-Köpenick, Entscheidung vom 26.03.2014 - 6 C 234/13 -
LG Berlin, Entscheidung vom 17.09.2014 - 49 S 21/14 -

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Jeder Senat wird in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig. § 12 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 bis 5 gilt entsprechend.

(2) In Senaten, die in Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2) entscheiden, wirken die für Angelegenheiten der Sozialversicherung berufenen ehrenamtlichen Richter mit.

(1) Jede Kammer des Sozialgerichts wird in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei ehrenamtlichen Richtern als Beisitzern tätig. Bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung und bei Gerichtsbescheiden wirken die ehrenamtlichen Richter nicht mit.

(2) In den Kammern für Angelegenheiten der Sozialversicherung, der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Streitigkeiten auf Grund des § 6a des Bundeskindergeldgesetzes und der Arbeitsförderung gehört je ein ehrenamtlicher Richter dem Kreis der Versicherten und der Arbeitgeber an. Sind für Angelegenheiten einzelner Zweige der Sozialversicherung eigene Kammern gebildet, so sollen die ehrenamtlichen Richter dieser Kammern an dem jeweiligen Versicherungszweig beteiligt sein.

(3) In den Kammern für Angelegenheiten des Vertragsarztrechts wirken je ein ehrenamtlicher Richter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Psychotherapeuten mit. In Angelegenheiten der Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Psychotherapeuten wirken als ehrenamtliche Richter nur Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Psychotherapeuten mit. Als Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Psychotherapeuten gelten auch bei diesen oder in medizinischen Versorgungszentren angestellte Ärzte, Zahnärzte und Psychotherapeuten, die Mitglied der Kassenärztlichen oder Kassenzahnärztlichen Vereinigung sind.

(4) In den Kammern für Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und des Schwerbehindertenrechts wirken je ein ehrenamtlicher Richter aus dem Kreis der mit dem sozialen Entschädigungsrecht oder dem Recht der Teilhabe behinderter Menschen vertrauten Personen und dem Kreis der Versorgungsberechtigten, der behinderten Menschen im Sinne des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und der Versicherten mit; dabei sollen Hinterbliebene von Versorgungsberechtigten in angemessener Zahl beteiligt werden.

(5) In den Kammern für Angelegenheiten der Sozialhilfe einschließlich der Angelegenheiten nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und des Asylbewerberleistungsgesetzes wirken ehrenamtliche Richter aus den Vorschlagslisten der Kreise und der kreisfreien Städte mit.

(1) Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach den §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats übertragen.

(2) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage oder der Berufung, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten.
In dringenden Fällen entscheidet der Vorsitzende auch über den Antrag nach § 86b Abs. 1 oder 2.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. November 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren im Zugunstenverfahren eine Halbwaisenrente nach ihrer verstorbenen Mutter.

2

Die am 1996 geborene Klägerin und der am 1997 geborene Kläger sind leibliche Kinder der im Februar 1977 in K. (vormals Jugoslawien, nunmehr Republik Serbien) geborenen und am 27.9.1999 tödlich verunglückten Versicherten. In deren Versicherungskonto bei der deutschen GRV sind drei Monate (20.2. bis 17.4.1995) mit Pflichtbeiträgen aus versicherungspflichtiger Beschäftigung sowie 36 Monate (1.10.1996 bis 30.9.1999) mit Pflichtbeiträgen für Kindererziehung, insgesamt somit 39 Monate erfasst. Die LVA Berlin, deren Rechtsnachfolge später die Beklagte antrat (im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet), lehnte im Oktober 1999 für die Kläger gestellte Anträge auf Halbwaisenrente im Hinblick auf die von der Versicherten nicht erfüllte allgemeine Wartezeit von fünf Jahren ab (Bescheide vom 21.10.1999).

3

Ein Überprüfungsantrag der Kläger vom 6.10.2009 blieb ohne Erfolg (Bescheide vom 3.11.2009, Widerspruchsbescheid vom 10.2.2010). Die Beklagte berief sich darauf, dass Kindererziehungszeiten (KEZ) nur bis zum Todestag der Versicherten berücksichtigt und deshalb Verlängerungszeiten aufgrund gleichzeitiger Erziehung mehrerer Kinder hier nicht anerkannt werden könnten, weil bei zeitgleicher Erfüllung mehrerer rentenrechtlicher Tatbestände für eine Wartezeit jeder Monat nur einmal zähle.

4

Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage haben die Kläger eine rentenrechtliche Ungleichbehandlung im Hinblick auf die von der Versicherten bereits erbrachte doppelte Erziehungsleistung gerügt; der Umstand, dass sie vorzeitig verstorben sei, könne diese Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen. Im Klageverfahren hat das SG Berlin zunächst in einem rechtlichen Hinweis an die Beklagte die Ansicht vertreten, es seien gemäß § 56 Abs 5 SGB VI weitere 24 Monate der gleichzeitigen Kindererziehung auf die Wartezeit anzurechnen. Später hat es die Rechtslage als nicht eindeutig bewertet, statt der ursprünglich beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid eine mündliche Verhandlung anberaumt und die Klage unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des LSG Rheinland-Pfalz (vom 19.4.1993 - L 2 I 74/92 - E-LSG J-019) abgewiesen (Urteil vom 12.1.2012).

5

Im Berufungsverfahren haben die Kläger ihren Vortrag vertieft. Da sie der Anregung, das Rechtsmittel zurückzunehmen, nicht nachgekommen sind, hat der Berichterstatter die Beteiligten "zur Beschleunigung des Verfahrens" um Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung sowie durch den Berichterstatter anstelle des Senats gebeten, die beide Seiten erteilt haben. Daraufhin hat das LSG die Berufung durch den Berichterstatter als unbegründet zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen (Urteil vom 16.11.2012).

6

In der Entscheidung des LSG ist ausgeführt, dass diese Verfahrensweise in Ausübung richterlichen Ermessens gewählt worden sei, weil die Streitsache weder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweise noch von grundsätzlicher Bedeutung sei und die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt hätten. In der Sache sei die Berufung unbegründet. Ein Anspruch auf Rücknahme der ablehnenden Bescheide vom 21.10.1999 bestehe nicht, da den beiden Klägern Halbwaisenrente zu Recht versagt worden sei. Die Versicherte habe die anspruchsbegründende Voraussetzung der allgemeinen Mindestversicherungszeit (Wartezeit) von fünf Jahren gemäß § 34 Abs 1 iVm § 50 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB VI nicht erfüllt. Zwar seien auf die allgemeine Wartezeit auch KEZ iS des § 56 SGB VI anzurechnen. Im Fall der Versicherten könnten aber nur KEZ für die im September 1996 geborene Klägerin für die Zeit von Oktober 1996 bis September 1999 Berücksichtigung finden. Einer Anrechnung von KEZ für den im September 1997 geborenen Kläger, den die Versicherte zeitgleich mit der Klägerin erzogen habe, für einen Zeitraum vor dem Tod der Versicherten am 27.9.1999 stehe der eindeutige Wortlaut der Regelung in § 56 Abs 5 S 2 SGB VI("verlängert") entgegen, der als Grenze jeder Auslegung zu beachten sei.

7

Mit ihrer vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision rügen die Kläger sinngemäß eine Verletzung von § 56 Abs 5 S 2 SGB VI sowie von Art 3 Abs 1 GG. Entgegen der Rechtsmeinung des LSG schließe der Wortlaut von § 56 Abs 5 S 2 SGB VI eine Anrechnung zusätzlicher KEZ auf die Wartezeit nicht aus, wenn im Fall der zeitgleichen Erziehung mehrerer Kinder die Versicherte vor Ablauf der Verlängerungszeit versterbe. Die genannte Vorschrift enthalte keine eindeutige Regelung dazu, in welcher Form sich die angeordnete Verlängerung der KEZ auf die Berechnung der Pflichtbeitragszeiten auswirke. Da KEZ nicht lediglich der Lückenschließung, sondern vornehmlich der Honorierung des Werts der Kindererziehung im Allgemeinen dienten, müssten die sachlichen Voraussetzungen für ihre Anrechnung nur in dem gemäß § 56 Abs 5 S 1 SGB VI maßgeblichen Zeitraum der Kindererziehung (36 Kalender-monate nach Ablauf des Monats der Geburt) vorliegen, während dies im Verlängerungszeitraum nicht mehr erforderlich sei. Bei konsequenter Verfolgung des Honorierungsgedankens könne der Tod der Versicherten die rentenrechtliche Anrechnung der von ihr bereits geleisteten Zeiten der Kindererziehung nicht hindern. Die Berücksichtigung im Wege einer Verlängerungszeit stelle lediglich eine von mehreren gesetzestechnischen Möglichkeiten einer Abgeltung von Mehrfacherziehung dar. Der Entscheidung des Gesetzgebers für diese Variante könne nicht entnommen werden, dass im Fall des vorzeitigen Todes der Versicherten eine fiktive Verlängerung der KEZ über den Tod hinaus zur Honorierung der bereits erbrachten Erziehungsleistung ausgeschlossen sein solle. Hingegen wäre der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, wenn nach bereits erbrachter mehrfacher Erziehungsleistung nur solche Versicherte, die die Verlängerungszeit überlebten, mit zusätzlichen KEZ honoriert würden.

8

Die Kläger beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. November 2012 und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. Januar 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Klägern unter Rücknahme der Bescheide vom 21. Oktober 1999 Halbwaisenrente nach der am 27. September 1999 verstorbenen Versicherten M. T. zu gewähren.

9

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie nimmt auf die aus ihrer Sicht weiterhin zutreffende Begründung im Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 19.4.1993 Bezug. Ergänzend trägt sie vor, dass die von den Klägern befürwortete Lösung gegen die Anordnung in § 75 Abs 1 SGB VI verstoße. Nach dieser Vorschrift dürften für Zeiträume nach Beginn einer zu berechnenden Rente Entgeltpunkte nur für Zurechnungszeiten und für Zuschläge an Entgeltpunkten aus Beiträgen nach Beginn einer Rente wegen Alters ermittelt werden. Für Hinterbliebenenrenten bedeute dies, dass Entgeltpunkte nur für solche Versicherungszeiten berücksichtigt werden könnten, die bis zum Todesmonat des Versicherten zurückgelegt worden seien. Die Regelung bringe ein tragendes Grundprinzip der GRV zur Geltung, nach dem ein bereits eingetretener Versicherungs- bzw Leistungsfall nachträglich nicht mehr versichert werden könne. Würde hingegen der Rechtsmeinung der Kläger gefolgt, stelle sich die Frage, ob die Hinterbliebenenrente schon vor oder erst nach dem Zeitpunkt der Erfüllung der Wartezeit beginne und ob sie bis zum Ablauf des Verlängerungszeitraums jeden Monat neu berechnet werden müsse.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Kläger hat im Sinne einer Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG Erfolg. An einer den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung in der Sache ist der Senat gehindert. Denn das Verfahren vor dem LSG leidet an einem auch ohne entsprechende Rüge der Beteiligten von Amts wegen zu beachtenden Mangel, der zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zwingt (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).

12

1. Das Berufungsgericht war bei seiner Entscheidung nicht vorschriftsmäßig besetzt. Über die Berufung der Kläger entschied allein der Berichterstatter anstelle des LSG-Senats, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen.

13

a) Nach § 33 Abs 1 S 1 SGG(idF des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24.11.2011, BGBl I 2302) muss ein Senat des LSG, wenn er - wie hier geschehen - durch Urteil entscheidet (§ 33 Abs 1 S 2 iVm § 12 Abs 1 S 2 SGG),grundsätzlich in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig werden. Hiervon abweichend gestatten es die Regelungen in § 155 Abs 3 und 4 SGG dem Vorsitzenden oder - sofern bestellt - dem Berichterstatter ausnahmsweise, im Einverständnis der Beteiligten auch sonst anstelle des Senats zu entscheiden (sog "konsentierter Einzelrichter"). Für eine solche Verfahrensweise ist das Vorliegen des Einverständnisses aller Beteiligten allein aber noch nicht ausreichend. Vielmehr ist bei verfassungskonformer Auslegung dieser Regelungen zur Entscheidungskompetenz mit Rücksicht auf die Garantie des gesetzlichen Richters (Art 101 Abs 1 S 2 GG) zusätzlich erforderlich, dass der Vorsitzende oder Berichterstatter, dem entsprechende Einwilligungserklärungen der Beteiligten vorliegen, im Rahmen des ihm eröffneten Ermessens pflichtgemäß darüber befindet, ob er von der besonderen Verfahrensweise einer Entscheidung nur durch einen Berufsrichter Gebrauch macht oder ob es aus sachlichen Gründen bei einer Entscheidung durch den gesamten Senat und unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter verbleiben muss (BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 20 ff - mwN).

14

Die hiernach gebotene Ermessensausübung muss sich am Zweck (auch) der Regelung in § 155 Abs 3 und 4 SGG orientieren, zu einer Straffung des Verfahrens und einer Entlastung des LSG beizutragen, ohne den Anspruch der Beteiligten auf einen angemessenen Rechtsschutz zu vernachlässigen(vgl die Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege, BT-Drucks 12/1217 S 53 - Zu Nr 9 <§ 155 SGG>). Außerdem ist bei der Abwägung zu berücksichtigen, dass die Sozialgerichte grundsätzlich als Kollegialgerichte ausgestaltet sind und den Entscheidungen eines Kollegiums eine höhere Richtigkeitsgewähr beigemessen wird. Deshalb sollen nur solche Verfahren von einem Einzelrichter entschieden werden, die keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweisen (BSG aaO - unter Hinweis auf BVerfG Beschluss vom 5.5.1998 - 1 BvL 23/97 - NJW 1999, 274 f, Juris RdNr 19 f; ebenso BSG Urteil vom 18.5.2010 - B 7 AL 43/08 R - Juris RdNr 10). Mithin kommt eine Entscheidung durch den Vorsitzenden oder Berichterstatter bei Rechtssachen von grundsätzlicher Bedeutung (iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) oder im Fall einer Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) regelmäßig nicht in Betracht (BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 22; s auch BSG SozR 4-1500 § 155 Nr 1 RdNr 46; BSG BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4, RdNr 7).

15

Eine Entscheidung durch den konsentierten Einzelrichter ist danach in aller Regel nicht nur für den Fall ausgeschlossen, dass dieser einer zu entscheidenden Rechtsfrage selbst grundsätzliche Bedeutung beimisst und deshalb die Revision zulässt (vgl BSG Urteil vom 18.5.2010, aaO RdNr 11: "subjektiv"). Ein Ermessensfehlgebrauch des Vorsitzenden oder Berichterstatters liegt vielmehr auch vor, wenn er als Einzelrichter über eine Sache befindet, die objektiv betrachtet besondere rechtliche Schwierigkeiten aufweist, weil sie nach den zu § 160 Abs 2 Nr 1 SGG entwickelten Kriterien eine bislang oberstgerichtlich noch nicht hinreichend geklärte entscheidungserhebliche Rechtsfrage aufwirft. Dementsprechend hat der 11. Senat des BSG in einem Fall, bei dem der konsentierte Einzelrichter keine Veranlassung für eine Zulassung der Revision gesehen hatte, dessen Entscheidungsbefugnis nicht schon im Hinblick auf diesen Umstand, sondern letztlich nur wegen des Vorliegens eines anerkannten Ausnahmetatbestands als gegeben erachtet (vgl BSG Urteil vom 2.5.2012 - B 11 AL 18/11 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 24 RdNr 14 f sowie - in SozR nicht abgedruckt - RdNr 5).

16

b) Nach diesen Maßstäben erweist sich in dem hier zu beurteilenden Fall die Entscheidung durch den Berichterstatter als ermessensfehlerhaft. Die im Berufungsverfahren entscheidungserhebliche Rechtsfrage, ob bei gleichzeitiger Erziehung mehrerer Kinder durch einen Elternteil dann, wenn dieser vor Ablauf des in § 56 Abs 5 S 2 SGB VI normierten Verlängerungszeitraums verstirbt, KEZ für das weitere Kind für Zeiträume nach dem Tod des Elternteils bei der Ermittlung der Wartezeit für einen Anspruch auf Waisenrente zu berücksichtigen sind oder ob dem die genannte Regelung entgegensteht, ist entgegen der Rechtsmeinung des LSG bei objektiver Betrachtung von grundsätzlicher Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG. Die Frage ist bislang in der Rechtsprechung des BSG nicht geklärt; aus diesem Grund hat der erkennende Senat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger die Revision zugelassen. Auch das Urteil des LSG vermochte keine oberstgerichtlichen Entscheidungen anzuführen, die seine Antwort auf die Rechtsfrage stützen oder hierfür Anhaltspunkte bieten könnten. Der konsentierte Einzelrichter des LSG hätte überdies aufgrund weiterer Umstände erkennen können, dass es nahe lag, hier von dem Verfahren nach § 155 Abs 4 SGG für in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einfach gelagerte Sachverhalte abzusehen. Denn aus den Akten ist ersichtlich, dass in erster Instanz der Berufsrichter des SG seine ursprünglich gegenüber den Beteiligten verlautbarte Rechtsmeinung zu der genannten Rechtsfrage revidiert und seine zunächst bestehende Absicht, den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid (§ 105 SGG) zu entscheiden, "wegen der insoweit nicht eindeutigen Rechtslage" (Richterbrief vom 27.10.2011) wieder aufgegeben hatte. Demgegenüber hat der Berichterstatter im Berufungsverfahren trotz der genannten Umstände allein das Interesse an einer "Beschleunigung des Verfahrens" (Richterbrief vom 10.9.2012) erwogen und damit den oben aufgezeigten Zwecken der gesetzlichen Regelung in § 155 Abs 3 und 4 SGG nur teilweise Rechnung getragen.

17

Es liegt auch keiner der Gründe vor, für die in der Rechtsprechung des BSG anerkannt ist, dass trotz der grundsätzlichen Bedeutung einer Sache eine Entscheidung durch den konsentierten Einzelrichter ausnahmsweise verfahrensfehlerfrei sein kann. Hierzu zählt insbesondere die Konstellation, dass der LSG-Senat in voller Besetzung bereits einen vergleichbaren Rechtsstreit unter Zulassung der Revision entschieden hat und nachfolgend weitere Parallelverfahren anstehen; dasselbe wird angenommen, wenn sich das LSG-Urteil auf bereits beim BSG anhängige Parallelfälle bezieht oder die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Einzelrichterentscheidung in Kenntnis der von ihm beabsichtigten Zulassung der Revision erklärt haben (s hierzu BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 11; BSG SozR 4-4300 § 53 Nr 4 RdNr 14; BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 24 RdNr 14; BSG Urteil vom 18.5.2010 - B 7 AL 43/08 R - Juris RdNr 12; BSG BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4, RdNr 8). Solche oder ähnlich gewichtige Umstände, die plausibel machen, dass der Berichterstatter trotz objektiv bestehender grundsätzlicher Bedeutung der Sache seine Entscheidung nicht "am Senat vorbei" getroffen hat, sondern in Übereinstimmung mit ihm beschleunigt einer letztverbindlichen Klärung durch die hierfür zuständigen Richter des BSG zuführen wollte, sind in dem hier zu beurteilenden Fall nicht erkennbar.

18

c) Damit hat das LSG nicht in der für die vorliegende Sache von grundsätzlicher Bedeutung vorgeschriebenen Besetzung des gesamten Senats aus Berufsrichtern und ehrenamtlichen Richtern (§ 33 Abs 1 S 1 SGG) entschieden. Dieser grundlegende, den Anspruch auf Entscheidung durch den gesetzlichen Richter (Art 101 Abs 1 S 2 GG) missachtende Verfahrensmangel ist im Revisionsverfahren als absoluter Revisionsgrund (§ 202 S 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO)auch ohne Rüge der Beteiligten von Amts wegen zu berücksichtigen (BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 11, 13; BSG Urteil vom 18.5.2010 - B 7 AL 43/08 R - Juris RdNr 8); er führt regelmäßig zur Zurückverweisung an den eigentlich zuständigen Spruchkörper (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 9).

19

2. Eine abschließende Entscheidung der Sache ist dem erkennenden Senat nicht möglich. Eine solche kommt auch bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrunds in Betracht, wenn auf der Grundlage eines in tatsächlicher Hinsicht geklärten und nicht umstrittenen Sachverhalts in rechtlicher Hinsicht nach den konkreten Gegebenheiten des Falles nur in einer ganz bestimmten Weise entschieden werden kann, weil unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine andere Entscheidung denkbar ist (vgl § 170 Abs 1 S 2 SGG; s hierzu BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 12 ff - unter Bezugnahme auf BSGE 75, 74, 77 = SozR 3-2500 § 33 Nr 12 S 44 f). Hier ist jedoch bereits der Sachverhalt noch nicht hinreichend geklärt. Insbesondere bedarf es noch Feststellungen des LSG dazu, ob - was hier nicht fern liegt - die im Alter von 22 Jahren verstorbene Versicherte möglicherweise in den sechs Jahren vor ihrem Tod (vor ihrem Zuzug nach Deutschland) eine Ausbildung absolviert hat, die gemäß § 53 Abs 2 S 1 SGB VI dazu führt, dass die allgemeine Wartezeit auch ohne eine Mehrfachanrechnung von KEZ erfüllt ist.

20

Auch wenn einiges dafür spricht, im Ergebnis der Rechtsmeinung des LSG zu folgen, dass die Regelung in § 56 Abs 5 S 2 SGB VI nach ihrer Entstehungsgeschichte(vgl zu den ab 1.1.1986 geltenden Vorgängerregelungen in § 1227a Abs 1 S 2 RVO bzw § 2a Abs 1 S 2 AVG idF des Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeiten-Gesetzes vom 11.7.1985, BGBl I 1450, den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks 10/3519 S 14 - Zu Nummer 12 <§ 1227a>; zur Übernahme des bislang geltenden Rechts in § 56 Abs 5 SGB VI s die Begründung des Gesetzentwurfs eines RRG 1992, BT-Drucks 11/4124 S 166) und ihrem systematisch-strukturellen Zusammenhang mit anderen Bestimmungen des SGB VI (zur Wartezeit als "Mindestversicherungszeit" s § 34 Abs 1 SGB VI) im Fall der gleichzeitigen Erziehung mehrerer Kinder die mehrfache Anrechnung eines bestimmten Zeitraums der Kindererziehung auf die Dauer der allgemeinen Wartezeit nicht gestattet und dies auch im Lichte von Art 3 Abs 1 GG nicht zu beanstanden ist, kann auf dieser Grundlage noch keine abschließende Entscheidung darüber getroffen werden, ob das LSG die ablehnenden Bescheide der Beklagten zutreffend als rechtmäßig angesehen hat. Denn das LSG hat sich in seinem Urteil - anders als die Beklagte im Bescheid vom 3.11.2009 - nicht damit befasst, ob im Fall der Versicherten die allgemeine Wartezeit möglicherweise vorzeitig erfüllt ist.

21

Nach § 53 Abs 2 S 1 SGB VI ist die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung voll erwerbsgemindert geworden oder gestorben sind und in den letzten zwei Jahren vorher mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben. Die zuletzt genannte versicherungsrechtliche Voraussetzung einer vorzeitigen Wartezeiterfüllung ist nach den vom LSG getroffenen Feststellungen bei der Mutter der Kläger (Versicherte) gegeben. Denn die in den 36 Kalendermonaten vor ihrem Tod - Oktober 1996 bis September 1999 - zu ihren Gunsten jedenfalls zu berücksichtigenden KEZ für die Erziehung der Klägerin gelten gemäß § 53 Abs 3 Nr 2 iVm § 3 S 1 Nr 1 SGB VI als Zeiten mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit. Mithin kommt es für eine vorzeitige Erfüllung der Wartezeit entscheidend darauf an, ob die Versicherte vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung verstorben ist. Hierzu aber fehlen jegliche tatsächliche Feststellungen des Berufungsgerichts, welche den Senat in die Lage versetzen könnten, auch hierüber abschließend zu befinden. Dies zwingt zu einer Zurückverweisung des Rechtsstreits zur weiteren Sachaufklärung an das LSG.

22

3. Das LSG wird bei seiner erneuten Entscheidung zu beachten haben, dass auch bei Berücksichtigung einer Mitteilung des Vaters der Kläger vom 3.11.2009 an die Beklagte (Bl 19 der Verwaltungsakte: Er habe weder Kenntnis von Ausbildungszeiten der Versicherten noch entsprechende Unterlagen; Erkenntnisse hierüber seien auch von deren Eltern nicht mehr zu erlangen, da diese bei dem damaligen Unfall ebenfalls verstorben seien) noch nicht alle in Betracht kommenden Möglichkeiten der Sachaufklärung ausgeschöpft sind. Insbesondere ist denkbar, bei entsprechender Mitwirkung der Kläger (§ 103 S 1 Teils 2 SGG) möglicherweise vorhandene weitere Verwandte ihrer Mutter zu einer von dieser absolvierten Ausbildung zu befragen oder die örtlichen (Schul-)Behörden um Auskunft zu ersuchen.

23

Sollte eine vorzeitige Erfüllung der Wartezeit nicht nachzuweisen sein, wird das LSG außerdem zu prüfen haben, ob die Versicherte in ihrer ursprünglichen Heimat möglicherweise Versicherungszeiten zurückgelegt hat, die aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen bei der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit in der deutschen GRV zu berücksichtigen sind (vgl Art 25 Abs 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über Soziale Sicherheit vom 12.10.1968, BGBl II 1969, 1438, idF des Änderungsabkommens vom 30.9.1974 - BGBl II 1975, 390; zur Frage der Weitergeltung nach dem Zerfall Jugoslawiens vgl zuletzt BFH Urteil vom 7.3.2013 - BFHE 240, 361 RdNr 18 - mwN).

24

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden. Wird sowohl ein Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet mündliche Verhandlung statt.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Jeder Senat wird in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig. § 12 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 bis 5 gilt entsprechend.

(2) In Senaten, die in Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2) entscheiden, wirken die für Angelegenheiten der Sozialversicherung berufenen ehrenamtlichen Richter mit.

(1) Jede Kammer des Sozialgerichts wird in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei ehrenamtlichen Richtern als Beisitzern tätig. Bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung und bei Gerichtsbescheiden wirken die ehrenamtlichen Richter nicht mit.

(2) In den Kammern für Angelegenheiten der Sozialversicherung, der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Streitigkeiten auf Grund des § 6a des Bundeskindergeldgesetzes und der Arbeitsförderung gehört je ein ehrenamtlicher Richter dem Kreis der Versicherten und der Arbeitgeber an. Sind für Angelegenheiten einzelner Zweige der Sozialversicherung eigene Kammern gebildet, so sollen die ehrenamtlichen Richter dieser Kammern an dem jeweiligen Versicherungszweig beteiligt sein.

(3) In den Kammern für Angelegenheiten des Vertragsarztrechts wirken je ein ehrenamtlicher Richter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Psychotherapeuten mit. In Angelegenheiten der Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Psychotherapeuten wirken als ehrenamtliche Richter nur Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Psychotherapeuten mit. Als Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Psychotherapeuten gelten auch bei diesen oder in medizinischen Versorgungszentren angestellte Ärzte, Zahnärzte und Psychotherapeuten, die Mitglied der Kassenärztlichen oder Kassenzahnärztlichen Vereinigung sind.

(4) In den Kammern für Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und des Schwerbehindertenrechts wirken je ein ehrenamtlicher Richter aus dem Kreis der mit dem sozialen Entschädigungsrecht oder dem Recht der Teilhabe behinderter Menschen vertrauten Personen und dem Kreis der Versorgungsberechtigten, der behinderten Menschen im Sinne des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und der Versicherten mit; dabei sollen Hinterbliebene von Versorgungsberechtigten in angemessener Zahl beteiligt werden.

(5) In den Kammern für Angelegenheiten der Sozialhilfe einschließlich der Angelegenheiten nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und des Asylbewerberleistungsgesetzes wirken ehrenamtliche Richter aus den Vorschlagslisten der Kreise und der kreisfreien Städte mit.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

Das Oberverwaltungsgericht kann über die Berufung durch Beschluß entscheiden, wenn es sie einstimmig für begründet oder einstimmig für unbegründet hält und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. § 125 Abs. 2 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

Tenor

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 24. Juni 2014 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten einer in Ungarn durchgeführten Versorgung mit Zahnersatz.

2

Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Kläger ließ sich von der Beklagten über die Anfertigung von Zahnersatz für Ober- und Unterkiefer im Ausland (Ungarn) beraten. Er legte einen Heil- und Kostenplan des Zahnarztes S. vom 27.3.2009 vor. Die Beklagte erklärte sich mit der Zahnbehandlung im Ausland einverstanden. Sie wies darauf hin, dass die tatsächlich entstandenen Kosten, maximal jedoch die deutschen befundorientierten Festzuschüsse nach §§ 55 ff SGB V erstattungsfähig seien. Des Weiteren seien Abschläge für Praxisgebühr, Verwaltungskosten und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfung (10 vH, mindestens 3 und maximal 50 Euro) in Abzug zu bringen. Der Kläger ließ sich in Ungarn behandeln und legte vier Rechnungen über insgesamt 5305 Euro vor (12.5.2009 ; 16.6.2009 ; 22.7.2009 <11 Keramikkronen, ein Wurzelstift, 1955 Euro>; 2.9.2009 <12 Keramikkronen, Zahnsteinentfernung, 2070 Euro>). Die Beklagte erstattete unter Berücksichtigung von Abschlägen 1906,87 Euro (Bescheid vom 28.7.2008; Rechnung vom 12.5.2009; Abschlag 48,13 Euro), 74,50 Euro (Bescheid vom 28.7.2008; Rechnung vom 16.6.2009; Abschlag 1,87 Euro) und 2003,61 Euro (Bescheid vom 10.9.2009; Rechnung vom 2.9.2009; Abschlag 50 Euro). Eine Erstattung von Kosten für die Versorgung mit Implantaten (Rechnung vom 12.5.2009) lehnte sie ab (Bescheid vom 28.7.2009). Die Widersprüche des Klägers wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheide vom 17.11.2009). Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben und einen "Fehlbetrag" von 2355,69 Euro als "Bezuschussung" neben weiteren 1520 Euro Kosten für seine "Rechtswahrnehmung" geltend gemacht. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat er auf Anraten des Gerichts Kosten in Höhe von 1140 Euro "hinsichtlich befundbezogener Festzuschüsse" geltend gemacht. Das SG hat die Klage abgewiesen, weil der Leistungsanspruch nach § 55 Abs 1 S 1 SGB V keine Implantate erfasse(Urteil vom 12.6.2012). Das LSG hat die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss nach § 153 Abs 4 SGG aus den Gründen der angegriffenen Entscheidung zurückgewiesen(Beschluss vom 24.6.2014).

3

Der Kläger rügt mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Beschluss Verfahrensfehler und macht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.

4

II. Die zulässige Beschwerde des Klägers ist begründet. Das LSG-Urteil beruht auf einem Verfahrensfehler (Revisionszulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG), den der Kläger entsprechend den Anforderungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG hinreichend bezeichnet.

5

1. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

6

Der vom Kläger gerügte Verfahrensmangel einer fehlerhaften Anwendung des § 153 Abs 4 SGG liegt vor. Eine Verletzung des § 153 Abs 4 S 1 SGG führt zur unvorschriftsmäßigen Besetzung des Berufungsgerichts nur mit den Berufsrichtern und damit zum Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes gemäß § 202 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO, bei dem eine Entscheidung stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen ist(BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 5 RdNr 10; BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 13; BSG Urteil vom 8.11.2001 - B 11 AL 37/01 R - Juris RdNr 15; ebenso zu § 158 S 2: BSG SozR 4-1500 § 158 Nr 2; BSG SozR 4-1750 § 547 Nr 1; BSG SozR 4-6020 Art 6 Nr 1).

7

Nach § 153 Abs 4 S 1 SGG kann das LSG, außer in den Fällen, in denen das SG durch Gerichtsbescheid entschieden hat, die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Entscheidung des Berufungsgerichts, bei Vorliegen der im Gesetz genannten Voraussetzungen ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen ("kann"). Das Gebot fairen und effektiven Rechtsschutzes sowie das Recht auf eine mündliche Verhandlung schränken die Entscheidung eines LSG nach § 153 Abs 4 SGG ein, über die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Diese Entscheidung kann vom Revisionsgericht deshalb darauf geprüft werden, ob das Berufungsgericht von seinem Ermessen erkennbar fehlerhaften Gebrauch gemacht hat, etwa wenn der Beurteilung sachfremde Erwägungen oder eine grobe Fehleinschätzung zugrunde liegen (BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 7; BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 1 S 4; BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 13 S 38). Im vorliegenden Fall beruht die Entscheidung des LSG, nach § 153 Abs 4 SGG zu verfahren, erkennbar auf einer solchen Fehleinschätzung.

8

Die mündliche Verhandlung, aufgrund der die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit regelmäßig entscheiden (§ 124 Abs 1 SGG), ist gleichsam das "Kernstück" des gerichtlichen Verfahrens und verfolgt den Zweck, dem Anspruch der Beteiligten auf rechtliches Gehör zu genügen und mit ihnen den Streitstoff erschöpfend zu erörtern. Nur wenn die Sach- und Rechtslage eine mündliche Erörterung mit den Beteiligten überflüssig erscheinen lässt und das Gericht nur noch darüber zu befinden hat, wie das Gesamtergebnis des Verfahrens gemäß § 128 SGG zu würdigen und rechtlich zu beurteilen ist, ist das Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs 2 SGG sinnvoll(BSGE 44, 292 = SozR 1500 § 124 Nr 2). Nicht erforderlich ist eine mündliche Verhandlung also nur dann, wenn der Sachverhalt umfassend ermittelt worden ist, sodass Tatsachenfragen in einer mündlichen Verhandlung nicht mehr geklärt werden müssen, oder wenn etwa im Berufungsverfahren lediglich der erstinstanzliche Vortrag wiederholt wird. Diese Funktion und Bedeutung der mündlichen Verhandlung muss das Berufungsgericht auch bei seiner Entscheidung berücksichtigen, ob es im vereinfachten Verfahren gemäß § 153 Abs 4 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden will. Demgemäß sind für diese Ermessensentscheidung - auch im Hinblick auf das in Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention jedermann gewährleistete Recht auf gerichtliches Gehör - die Schwierigkeit des Falles und die Bedeutung von Tatsachenfragen relevant (vgl BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 1 S 4; BSG Beschluss vom 30.7.2009 - B 13 R 187/09 B - Juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 11.2.2015 - B 13 R 300/14 B - Juris RdNr 12; BSG Beschluss vom 7.5.2014 - B 12 KR 30/12 B - Juris RdNr 9; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 153 RdNr 15 ff mwN). Zu beachten ist auch der Anspruch der Beteiligten auf effektiven Rechtsschutz (Art 19 Abs 4 GG), nach dem die Gestaltung des Verfahrens in einem angemessenen Verhältnis zu dem auf Sachverhaltsaufklärung und Verwirklichung des materiellen Rechts gerichteten Verfahrensziel stehen muss (vgl BVerfGE 88, 118, 124, 126 ff; BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 13 S 38 f; BSG SozR 4-1500 § 72 Nr 2 RdNr 12; BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 14 RdNr 10; BSG Urteil vom 25.3.2003 - B 7 AL 76/02 R - Juris RdNr 8). Ist bei Abwägung aller danach zu berücksichtigenden Umstände die Wahl des vereinfachten Verfahrens ohne mündliche Verhandlung unter keinen Umständen zu rechtfertigen, liegt eine grobe Fehleinschätzung im obigen Sinne vor (BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 13 S 38 f).

9

So ist der Fall hier zu beurteilen. Ausweislich der Klageschrift und auch des Antrags in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG hat der nicht anwaltlich vertretene Kläger als Erstattungsbetrag für die Auslandsbehandlung (§ 13 Abs 4 SGB V) einen befundbezogenen Festzuschuss entsprechend dem Heil- und Kostenplan seines Zahnarztes in angeblicher Höhe von 6231,07 Euro abzüglich erstatteter 3984,53 Euro geltend gemacht und dabei darauf hingewiesen, dass er nach den Angaben der Beklagten berechtigt gewesen sei, jede höherwertigere Behandlung in Anspruch zu nehmen, der Umfang der Erstattung allerdings auf die Höhe des Festzuschusses beschränkt sei. Er hat auch darauf hingewiesen, dass der Abschlag für die Wirtschaftlichkeitsprüfung "ZWEI mal" vorgenommen worden sei und zwei Widerspruchsbescheide vom 17.11.2009 existierten. Das SG hat in Verkennung dieses Begehrens versäumt, auf einen sachdienlichen Antrag hinzuwirken. Der Antrag soll bestimmt gefasst und eindeutig sein, der prozessualen und materiellen Rechtslage Rechnung tragen und dem Gericht eine umfassende Entscheidung ermöglichen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 112 RdNr 8). Die vom SG "empfohlene" Antragsbeschränkung entsprach weder dem Begehren des Klägers noch der prozessualen und materiellen Rechtslage. Der auf die Höhe des befundbezogenen Festzuschusses gerichtete Anspruch auf Erstattung der Kosten für die zahnärztliche (Gesamt-)Behandlung verbietet die isolierte Beurteilung einer Teilrechnung. Die im Zusammenhang der Behandlung ergangenen Bescheide und Rechnungen sind insoweit als Einheit zu sehen. Allein wegen der Antragsbeschränkung brauchte sich das SG - aus seiner rechtlichen Sicht - ausschließlich mit der Frage auseinandersetzen, ob ein Anspruch auf "Erstattung" der Kosten für die Versorgung mit Implantaten besteht. Dabei hat das SG es allerdings auch versäumt, im Rahmen des § 13 Abs 4 S 1 SGB V die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erstattung des Festzuschusses durch die Beklagte nach § 55 Abs 5 SGB V bei anderweitiger Versorgung zu prüfen, obwohl der Kläger bereits im Verwaltungsverfahren hierauf hingewiesen hat.

10

Der Umgang des SG mit dem vom Kläger mit seiner Klage verfolgten Ziel der Erstattung eines befundbezogenen Festzuschusses entsprechend dem Heil- und Kostenplan seines Zahnarztes verstieß gegen das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art 19 Abs 4 GG, das Rechtsstaatsprinzip und das Recht auf ein faires Verfahren (Art 19 Abs 4 und Art 2 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 GG). Das SG musste klären, was der Kläger mit der Klage erreichen will (BSGE 68, 190, 191 = SozR 3-2500 § 95 Nr 1 S 1 f) und durfte das umfassende Rechtsschutzbegehren des Klägers nur dann durch den von ihm vorgeschlagenen Antrag beschränken, wenn der Wille des nicht vertretenen Klägers zur Begrenzung des Streitgegenstands bzw zur teilweisen Klagerücknahme klar und eindeutig zum Ausdruck gekommen wäre. Hieran fehlt es. Der Grundsatz, dass im Zweifel von einem umfassenden Rechtsschutzbegehren des Klägers ausgegangen werden muss, ist Ausfluss des verfassungsrechtlichen Auftrags der Gerichte zur Gewährung effektiven und möglichst lückenlosen Rechtsschutzes gegen Akte der öffentlichen Gewalt (Art 19 Abs 4 GG, BVerfGE 107, 395 = SozR 4-1100 Art 103 Nr 1). Die Auslegung von Anträgen richtet sich danach, was als Leistung möglich ist, wenn jeder verständige Antragsteller mutmaßlich seinen Antrag bei entsprechender Beratung angepasst hätte und keine Gründe zur Annahme eines abweichenden Verhaltens vorliegen; im Zweifel ist davon auszugehen, dass der Kläger alles zugesprochen haben möchte, was ihm aufgrund des Sachverhalts zusteht (BSGE 74, 77, 79 = SozR 3-4100 § 104 Nr 11 S 47; BSG SozR 4-2600 § 43 Nr 3 RdNr 22; BSG SozR 4-1500 § 92 Nr 2 RdNr 16; BSG SozR 4-1500 § 92 Nr 2 = SozR 4-2500 § 85 Nr 14). Dies hat das SG nicht beachtet.

11

Die sachwidrige und gegen das Gebot effektiven Rechtsschutzes verstoßende Behandlung des Klagebegehrens durch das SG versperrte dem LSG die Möglichkeit, gegen den ausdrücklich erklärten Willen des Klägers nach freiem Ermessen gemäß § 153 Abs 4 SGG durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Das LSG hätte zur Korrektur des Verfahrensfehlers des SG vielmehr in einer mündlichen Verhandlung - soweit dies vom Kläger nicht bereits deutlich genug zum Ausdruck gebracht gewesen sein sollte - das wahre Klagebegehren erforschen und dem Kläger die Möglichkeit einräumen müssen, seinen Antrag nunmehr unter Einbeziehung der weiteren Bescheide vom 28.7.2009 sowie des Bescheids vom 2.9.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.11.2009 richtigzustellen und die Höhe des von ihm begehrten Erstattungsbetrags zu korrigieren (vgl auch BSG Beschluss vom 18.11.2008 - B 2 U 44/08 B - Juris RdNr 6).

12

2. Nach § 160a Abs 5 SGG kann das BSG in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverweisen, wenn die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen, was - wie ausgeführt - hier der Fall ist. Der Senat macht von dieser Möglichkeit Gebrauch. Zwar hat die Frage grundsätzliche Bedeutung, ob ein Abschlag für eine fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfung gerechtfertigt ist, obwohl eine solche mit der Vorlage des Heil- und Kostenplans erfolgt. Eine Zurückverweisung scheidet aus Gründen der Prozessökonomie und des effektiven Rechtsschutzes bei grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache aber nur dann aus, wenn die aufgeworfenen Rechtsfragen in dem zu entscheidenden Fall klärungsfähig sind. Dies kann der Senat aber mangels tatsächlicher Feststellungen des LSG zum vorgelegten Heil- und Kostenplan, der danach geplanten tatsächlichen Versorgung und der zu bewilligenden Festzuschüsse sowie der in Ungarn konkret erfolgten Versorgung mit Zahnersatz nicht beurteilen (zur Bedeutung des Heil- und Kostenplans bei einer Versorgung mit Zahnersatz im EU-Ausland vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 21 RdNr 12 ff).

13

3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt dem LSG vorbehalten.

Das Oberverwaltungsgericht kann über die Berufung durch Beschluß entscheiden, wenn es sie einstimmig für begründet oder einstimmig für unbegründet hält und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. § 125 Abs. 2 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden. Wird sowohl ein Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet mündliche Verhandlung statt.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden. Wird sowohl ein Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet mündliche Verhandlung statt.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

Das Oberverwaltungsgericht kann über die Berufung durch Beschluß entscheiden, wenn es sie einstimmig für begründet oder einstimmig für unbegründet hält und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. § 125 Abs. 2 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

Das Oberverwaltungsgericht kann über die Berufung durch Beschluß entscheiden, wenn es sie einstimmig für begründet oder einstimmig für unbegründet hält und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. § 125 Abs. 2 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Jeder Senat wird in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig. § 12 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 bis 5 gilt entsprechend.

(2) In Senaten, die in Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2) entscheiden, wirken die für Angelegenheiten der Sozialversicherung berufenen ehrenamtlichen Richter mit.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;
5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. November 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren im Zugunstenverfahren eine Halbwaisenrente nach ihrer verstorbenen Mutter.

2

Die am 1996 geborene Klägerin und der am 1997 geborene Kläger sind leibliche Kinder der im Februar 1977 in K. (vormals Jugoslawien, nunmehr Republik Serbien) geborenen und am 27.9.1999 tödlich verunglückten Versicherten. In deren Versicherungskonto bei der deutschen GRV sind drei Monate (20.2. bis 17.4.1995) mit Pflichtbeiträgen aus versicherungspflichtiger Beschäftigung sowie 36 Monate (1.10.1996 bis 30.9.1999) mit Pflichtbeiträgen für Kindererziehung, insgesamt somit 39 Monate erfasst. Die LVA Berlin, deren Rechtsnachfolge später die Beklagte antrat (im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet), lehnte im Oktober 1999 für die Kläger gestellte Anträge auf Halbwaisenrente im Hinblick auf die von der Versicherten nicht erfüllte allgemeine Wartezeit von fünf Jahren ab (Bescheide vom 21.10.1999).

3

Ein Überprüfungsantrag der Kläger vom 6.10.2009 blieb ohne Erfolg (Bescheide vom 3.11.2009, Widerspruchsbescheid vom 10.2.2010). Die Beklagte berief sich darauf, dass Kindererziehungszeiten (KEZ) nur bis zum Todestag der Versicherten berücksichtigt und deshalb Verlängerungszeiten aufgrund gleichzeitiger Erziehung mehrerer Kinder hier nicht anerkannt werden könnten, weil bei zeitgleicher Erfüllung mehrerer rentenrechtlicher Tatbestände für eine Wartezeit jeder Monat nur einmal zähle.

4

Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage haben die Kläger eine rentenrechtliche Ungleichbehandlung im Hinblick auf die von der Versicherten bereits erbrachte doppelte Erziehungsleistung gerügt; der Umstand, dass sie vorzeitig verstorben sei, könne diese Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen. Im Klageverfahren hat das SG Berlin zunächst in einem rechtlichen Hinweis an die Beklagte die Ansicht vertreten, es seien gemäß § 56 Abs 5 SGB VI weitere 24 Monate der gleichzeitigen Kindererziehung auf die Wartezeit anzurechnen. Später hat es die Rechtslage als nicht eindeutig bewertet, statt der ursprünglich beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid eine mündliche Verhandlung anberaumt und die Klage unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des LSG Rheinland-Pfalz (vom 19.4.1993 - L 2 I 74/92 - E-LSG J-019) abgewiesen (Urteil vom 12.1.2012).

5

Im Berufungsverfahren haben die Kläger ihren Vortrag vertieft. Da sie der Anregung, das Rechtsmittel zurückzunehmen, nicht nachgekommen sind, hat der Berichterstatter die Beteiligten "zur Beschleunigung des Verfahrens" um Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung sowie durch den Berichterstatter anstelle des Senats gebeten, die beide Seiten erteilt haben. Daraufhin hat das LSG die Berufung durch den Berichterstatter als unbegründet zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen (Urteil vom 16.11.2012).

6

In der Entscheidung des LSG ist ausgeführt, dass diese Verfahrensweise in Ausübung richterlichen Ermessens gewählt worden sei, weil die Streitsache weder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweise noch von grundsätzlicher Bedeutung sei und die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt hätten. In der Sache sei die Berufung unbegründet. Ein Anspruch auf Rücknahme der ablehnenden Bescheide vom 21.10.1999 bestehe nicht, da den beiden Klägern Halbwaisenrente zu Recht versagt worden sei. Die Versicherte habe die anspruchsbegründende Voraussetzung der allgemeinen Mindestversicherungszeit (Wartezeit) von fünf Jahren gemäß § 34 Abs 1 iVm § 50 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB VI nicht erfüllt. Zwar seien auf die allgemeine Wartezeit auch KEZ iS des § 56 SGB VI anzurechnen. Im Fall der Versicherten könnten aber nur KEZ für die im September 1996 geborene Klägerin für die Zeit von Oktober 1996 bis September 1999 Berücksichtigung finden. Einer Anrechnung von KEZ für den im September 1997 geborenen Kläger, den die Versicherte zeitgleich mit der Klägerin erzogen habe, für einen Zeitraum vor dem Tod der Versicherten am 27.9.1999 stehe der eindeutige Wortlaut der Regelung in § 56 Abs 5 S 2 SGB VI("verlängert") entgegen, der als Grenze jeder Auslegung zu beachten sei.

7

Mit ihrer vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision rügen die Kläger sinngemäß eine Verletzung von § 56 Abs 5 S 2 SGB VI sowie von Art 3 Abs 1 GG. Entgegen der Rechtsmeinung des LSG schließe der Wortlaut von § 56 Abs 5 S 2 SGB VI eine Anrechnung zusätzlicher KEZ auf die Wartezeit nicht aus, wenn im Fall der zeitgleichen Erziehung mehrerer Kinder die Versicherte vor Ablauf der Verlängerungszeit versterbe. Die genannte Vorschrift enthalte keine eindeutige Regelung dazu, in welcher Form sich die angeordnete Verlängerung der KEZ auf die Berechnung der Pflichtbeitragszeiten auswirke. Da KEZ nicht lediglich der Lückenschließung, sondern vornehmlich der Honorierung des Werts der Kindererziehung im Allgemeinen dienten, müssten die sachlichen Voraussetzungen für ihre Anrechnung nur in dem gemäß § 56 Abs 5 S 1 SGB VI maßgeblichen Zeitraum der Kindererziehung (36 Kalender-monate nach Ablauf des Monats der Geburt) vorliegen, während dies im Verlängerungszeitraum nicht mehr erforderlich sei. Bei konsequenter Verfolgung des Honorierungsgedankens könne der Tod der Versicherten die rentenrechtliche Anrechnung der von ihr bereits geleisteten Zeiten der Kindererziehung nicht hindern. Die Berücksichtigung im Wege einer Verlängerungszeit stelle lediglich eine von mehreren gesetzestechnischen Möglichkeiten einer Abgeltung von Mehrfacherziehung dar. Der Entscheidung des Gesetzgebers für diese Variante könne nicht entnommen werden, dass im Fall des vorzeitigen Todes der Versicherten eine fiktive Verlängerung der KEZ über den Tod hinaus zur Honorierung der bereits erbrachten Erziehungsleistung ausgeschlossen sein solle. Hingegen wäre der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, wenn nach bereits erbrachter mehrfacher Erziehungsleistung nur solche Versicherte, die die Verlängerungszeit überlebten, mit zusätzlichen KEZ honoriert würden.

8

Die Kläger beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. November 2012 und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. Januar 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Klägern unter Rücknahme der Bescheide vom 21. Oktober 1999 Halbwaisenrente nach der am 27. September 1999 verstorbenen Versicherten M. T. zu gewähren.

9

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie nimmt auf die aus ihrer Sicht weiterhin zutreffende Begründung im Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 19.4.1993 Bezug. Ergänzend trägt sie vor, dass die von den Klägern befürwortete Lösung gegen die Anordnung in § 75 Abs 1 SGB VI verstoße. Nach dieser Vorschrift dürften für Zeiträume nach Beginn einer zu berechnenden Rente Entgeltpunkte nur für Zurechnungszeiten und für Zuschläge an Entgeltpunkten aus Beiträgen nach Beginn einer Rente wegen Alters ermittelt werden. Für Hinterbliebenenrenten bedeute dies, dass Entgeltpunkte nur für solche Versicherungszeiten berücksichtigt werden könnten, die bis zum Todesmonat des Versicherten zurückgelegt worden seien. Die Regelung bringe ein tragendes Grundprinzip der GRV zur Geltung, nach dem ein bereits eingetretener Versicherungs- bzw Leistungsfall nachträglich nicht mehr versichert werden könne. Würde hingegen der Rechtsmeinung der Kläger gefolgt, stelle sich die Frage, ob die Hinterbliebenenrente schon vor oder erst nach dem Zeitpunkt der Erfüllung der Wartezeit beginne und ob sie bis zum Ablauf des Verlängerungszeitraums jeden Monat neu berechnet werden müsse.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Kläger hat im Sinne einer Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG Erfolg. An einer den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung in der Sache ist der Senat gehindert. Denn das Verfahren vor dem LSG leidet an einem auch ohne entsprechende Rüge der Beteiligten von Amts wegen zu beachtenden Mangel, der zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zwingt (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).

12

1. Das Berufungsgericht war bei seiner Entscheidung nicht vorschriftsmäßig besetzt. Über die Berufung der Kläger entschied allein der Berichterstatter anstelle des LSG-Senats, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen.

13

a) Nach § 33 Abs 1 S 1 SGG(idF des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24.11.2011, BGBl I 2302) muss ein Senat des LSG, wenn er - wie hier geschehen - durch Urteil entscheidet (§ 33 Abs 1 S 2 iVm § 12 Abs 1 S 2 SGG),grundsätzlich in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig werden. Hiervon abweichend gestatten es die Regelungen in § 155 Abs 3 und 4 SGG dem Vorsitzenden oder - sofern bestellt - dem Berichterstatter ausnahmsweise, im Einverständnis der Beteiligten auch sonst anstelle des Senats zu entscheiden (sog "konsentierter Einzelrichter"). Für eine solche Verfahrensweise ist das Vorliegen des Einverständnisses aller Beteiligten allein aber noch nicht ausreichend. Vielmehr ist bei verfassungskonformer Auslegung dieser Regelungen zur Entscheidungskompetenz mit Rücksicht auf die Garantie des gesetzlichen Richters (Art 101 Abs 1 S 2 GG) zusätzlich erforderlich, dass der Vorsitzende oder Berichterstatter, dem entsprechende Einwilligungserklärungen der Beteiligten vorliegen, im Rahmen des ihm eröffneten Ermessens pflichtgemäß darüber befindet, ob er von der besonderen Verfahrensweise einer Entscheidung nur durch einen Berufsrichter Gebrauch macht oder ob es aus sachlichen Gründen bei einer Entscheidung durch den gesamten Senat und unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter verbleiben muss (BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 20 ff - mwN).

14

Die hiernach gebotene Ermessensausübung muss sich am Zweck (auch) der Regelung in § 155 Abs 3 und 4 SGG orientieren, zu einer Straffung des Verfahrens und einer Entlastung des LSG beizutragen, ohne den Anspruch der Beteiligten auf einen angemessenen Rechtsschutz zu vernachlässigen(vgl die Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege, BT-Drucks 12/1217 S 53 - Zu Nr 9 <§ 155 SGG>). Außerdem ist bei der Abwägung zu berücksichtigen, dass die Sozialgerichte grundsätzlich als Kollegialgerichte ausgestaltet sind und den Entscheidungen eines Kollegiums eine höhere Richtigkeitsgewähr beigemessen wird. Deshalb sollen nur solche Verfahren von einem Einzelrichter entschieden werden, die keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweisen (BSG aaO - unter Hinweis auf BVerfG Beschluss vom 5.5.1998 - 1 BvL 23/97 - NJW 1999, 274 f, Juris RdNr 19 f; ebenso BSG Urteil vom 18.5.2010 - B 7 AL 43/08 R - Juris RdNr 10). Mithin kommt eine Entscheidung durch den Vorsitzenden oder Berichterstatter bei Rechtssachen von grundsätzlicher Bedeutung (iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) oder im Fall einer Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) regelmäßig nicht in Betracht (BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 22; s auch BSG SozR 4-1500 § 155 Nr 1 RdNr 46; BSG BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4, RdNr 7).

15

Eine Entscheidung durch den konsentierten Einzelrichter ist danach in aller Regel nicht nur für den Fall ausgeschlossen, dass dieser einer zu entscheidenden Rechtsfrage selbst grundsätzliche Bedeutung beimisst und deshalb die Revision zulässt (vgl BSG Urteil vom 18.5.2010, aaO RdNr 11: "subjektiv"). Ein Ermessensfehlgebrauch des Vorsitzenden oder Berichterstatters liegt vielmehr auch vor, wenn er als Einzelrichter über eine Sache befindet, die objektiv betrachtet besondere rechtliche Schwierigkeiten aufweist, weil sie nach den zu § 160 Abs 2 Nr 1 SGG entwickelten Kriterien eine bislang oberstgerichtlich noch nicht hinreichend geklärte entscheidungserhebliche Rechtsfrage aufwirft. Dementsprechend hat der 11. Senat des BSG in einem Fall, bei dem der konsentierte Einzelrichter keine Veranlassung für eine Zulassung der Revision gesehen hatte, dessen Entscheidungsbefugnis nicht schon im Hinblick auf diesen Umstand, sondern letztlich nur wegen des Vorliegens eines anerkannten Ausnahmetatbestands als gegeben erachtet (vgl BSG Urteil vom 2.5.2012 - B 11 AL 18/11 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 24 RdNr 14 f sowie - in SozR nicht abgedruckt - RdNr 5).

16

b) Nach diesen Maßstäben erweist sich in dem hier zu beurteilenden Fall die Entscheidung durch den Berichterstatter als ermessensfehlerhaft. Die im Berufungsverfahren entscheidungserhebliche Rechtsfrage, ob bei gleichzeitiger Erziehung mehrerer Kinder durch einen Elternteil dann, wenn dieser vor Ablauf des in § 56 Abs 5 S 2 SGB VI normierten Verlängerungszeitraums verstirbt, KEZ für das weitere Kind für Zeiträume nach dem Tod des Elternteils bei der Ermittlung der Wartezeit für einen Anspruch auf Waisenrente zu berücksichtigen sind oder ob dem die genannte Regelung entgegensteht, ist entgegen der Rechtsmeinung des LSG bei objektiver Betrachtung von grundsätzlicher Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG. Die Frage ist bislang in der Rechtsprechung des BSG nicht geklärt; aus diesem Grund hat der erkennende Senat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger die Revision zugelassen. Auch das Urteil des LSG vermochte keine oberstgerichtlichen Entscheidungen anzuführen, die seine Antwort auf die Rechtsfrage stützen oder hierfür Anhaltspunkte bieten könnten. Der konsentierte Einzelrichter des LSG hätte überdies aufgrund weiterer Umstände erkennen können, dass es nahe lag, hier von dem Verfahren nach § 155 Abs 4 SGG für in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einfach gelagerte Sachverhalte abzusehen. Denn aus den Akten ist ersichtlich, dass in erster Instanz der Berufsrichter des SG seine ursprünglich gegenüber den Beteiligten verlautbarte Rechtsmeinung zu der genannten Rechtsfrage revidiert und seine zunächst bestehende Absicht, den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid (§ 105 SGG) zu entscheiden, "wegen der insoweit nicht eindeutigen Rechtslage" (Richterbrief vom 27.10.2011) wieder aufgegeben hatte. Demgegenüber hat der Berichterstatter im Berufungsverfahren trotz der genannten Umstände allein das Interesse an einer "Beschleunigung des Verfahrens" (Richterbrief vom 10.9.2012) erwogen und damit den oben aufgezeigten Zwecken der gesetzlichen Regelung in § 155 Abs 3 und 4 SGG nur teilweise Rechnung getragen.

17

Es liegt auch keiner der Gründe vor, für die in der Rechtsprechung des BSG anerkannt ist, dass trotz der grundsätzlichen Bedeutung einer Sache eine Entscheidung durch den konsentierten Einzelrichter ausnahmsweise verfahrensfehlerfrei sein kann. Hierzu zählt insbesondere die Konstellation, dass der LSG-Senat in voller Besetzung bereits einen vergleichbaren Rechtsstreit unter Zulassung der Revision entschieden hat und nachfolgend weitere Parallelverfahren anstehen; dasselbe wird angenommen, wenn sich das LSG-Urteil auf bereits beim BSG anhängige Parallelfälle bezieht oder die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Einzelrichterentscheidung in Kenntnis der von ihm beabsichtigten Zulassung der Revision erklärt haben (s hierzu BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 11; BSG SozR 4-4300 § 53 Nr 4 RdNr 14; BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 24 RdNr 14; BSG Urteil vom 18.5.2010 - B 7 AL 43/08 R - Juris RdNr 12; BSG BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4, RdNr 8). Solche oder ähnlich gewichtige Umstände, die plausibel machen, dass der Berichterstatter trotz objektiv bestehender grundsätzlicher Bedeutung der Sache seine Entscheidung nicht "am Senat vorbei" getroffen hat, sondern in Übereinstimmung mit ihm beschleunigt einer letztverbindlichen Klärung durch die hierfür zuständigen Richter des BSG zuführen wollte, sind in dem hier zu beurteilenden Fall nicht erkennbar.

18

c) Damit hat das LSG nicht in der für die vorliegende Sache von grundsätzlicher Bedeutung vorgeschriebenen Besetzung des gesamten Senats aus Berufsrichtern und ehrenamtlichen Richtern (§ 33 Abs 1 S 1 SGG) entschieden. Dieser grundlegende, den Anspruch auf Entscheidung durch den gesetzlichen Richter (Art 101 Abs 1 S 2 GG) missachtende Verfahrensmangel ist im Revisionsverfahren als absoluter Revisionsgrund (§ 202 S 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO)auch ohne Rüge der Beteiligten von Amts wegen zu berücksichtigen (BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 11, 13; BSG Urteil vom 18.5.2010 - B 7 AL 43/08 R - Juris RdNr 8); er führt regelmäßig zur Zurückverweisung an den eigentlich zuständigen Spruchkörper (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 9).

19

2. Eine abschließende Entscheidung der Sache ist dem erkennenden Senat nicht möglich. Eine solche kommt auch bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrunds in Betracht, wenn auf der Grundlage eines in tatsächlicher Hinsicht geklärten und nicht umstrittenen Sachverhalts in rechtlicher Hinsicht nach den konkreten Gegebenheiten des Falles nur in einer ganz bestimmten Weise entschieden werden kann, weil unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine andere Entscheidung denkbar ist (vgl § 170 Abs 1 S 2 SGG; s hierzu BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 12 ff - unter Bezugnahme auf BSGE 75, 74, 77 = SozR 3-2500 § 33 Nr 12 S 44 f). Hier ist jedoch bereits der Sachverhalt noch nicht hinreichend geklärt. Insbesondere bedarf es noch Feststellungen des LSG dazu, ob - was hier nicht fern liegt - die im Alter von 22 Jahren verstorbene Versicherte möglicherweise in den sechs Jahren vor ihrem Tod (vor ihrem Zuzug nach Deutschland) eine Ausbildung absolviert hat, die gemäß § 53 Abs 2 S 1 SGB VI dazu führt, dass die allgemeine Wartezeit auch ohne eine Mehrfachanrechnung von KEZ erfüllt ist.

20

Auch wenn einiges dafür spricht, im Ergebnis der Rechtsmeinung des LSG zu folgen, dass die Regelung in § 56 Abs 5 S 2 SGB VI nach ihrer Entstehungsgeschichte(vgl zu den ab 1.1.1986 geltenden Vorgängerregelungen in § 1227a Abs 1 S 2 RVO bzw § 2a Abs 1 S 2 AVG idF des Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeiten-Gesetzes vom 11.7.1985, BGBl I 1450, den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks 10/3519 S 14 - Zu Nummer 12 <§ 1227a>; zur Übernahme des bislang geltenden Rechts in § 56 Abs 5 SGB VI s die Begründung des Gesetzentwurfs eines RRG 1992, BT-Drucks 11/4124 S 166) und ihrem systematisch-strukturellen Zusammenhang mit anderen Bestimmungen des SGB VI (zur Wartezeit als "Mindestversicherungszeit" s § 34 Abs 1 SGB VI) im Fall der gleichzeitigen Erziehung mehrerer Kinder die mehrfache Anrechnung eines bestimmten Zeitraums der Kindererziehung auf die Dauer der allgemeinen Wartezeit nicht gestattet und dies auch im Lichte von Art 3 Abs 1 GG nicht zu beanstanden ist, kann auf dieser Grundlage noch keine abschließende Entscheidung darüber getroffen werden, ob das LSG die ablehnenden Bescheide der Beklagten zutreffend als rechtmäßig angesehen hat. Denn das LSG hat sich in seinem Urteil - anders als die Beklagte im Bescheid vom 3.11.2009 - nicht damit befasst, ob im Fall der Versicherten die allgemeine Wartezeit möglicherweise vorzeitig erfüllt ist.

21

Nach § 53 Abs 2 S 1 SGB VI ist die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung voll erwerbsgemindert geworden oder gestorben sind und in den letzten zwei Jahren vorher mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben. Die zuletzt genannte versicherungsrechtliche Voraussetzung einer vorzeitigen Wartezeiterfüllung ist nach den vom LSG getroffenen Feststellungen bei der Mutter der Kläger (Versicherte) gegeben. Denn die in den 36 Kalendermonaten vor ihrem Tod - Oktober 1996 bis September 1999 - zu ihren Gunsten jedenfalls zu berücksichtigenden KEZ für die Erziehung der Klägerin gelten gemäß § 53 Abs 3 Nr 2 iVm § 3 S 1 Nr 1 SGB VI als Zeiten mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit. Mithin kommt es für eine vorzeitige Erfüllung der Wartezeit entscheidend darauf an, ob die Versicherte vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung verstorben ist. Hierzu aber fehlen jegliche tatsächliche Feststellungen des Berufungsgerichts, welche den Senat in die Lage versetzen könnten, auch hierüber abschließend zu befinden. Dies zwingt zu einer Zurückverweisung des Rechtsstreits zur weiteren Sachaufklärung an das LSG.

22

3. Das LSG wird bei seiner erneuten Entscheidung zu beachten haben, dass auch bei Berücksichtigung einer Mitteilung des Vaters der Kläger vom 3.11.2009 an die Beklagte (Bl 19 der Verwaltungsakte: Er habe weder Kenntnis von Ausbildungszeiten der Versicherten noch entsprechende Unterlagen; Erkenntnisse hierüber seien auch von deren Eltern nicht mehr zu erlangen, da diese bei dem damaligen Unfall ebenfalls verstorben seien) noch nicht alle in Betracht kommenden Möglichkeiten der Sachaufklärung ausgeschöpft sind. Insbesondere ist denkbar, bei entsprechender Mitwirkung der Kläger (§ 103 S 1 Teils 2 SGG) möglicherweise vorhandene weitere Verwandte ihrer Mutter zu einer von dieser absolvierten Ausbildung zu befragen oder die örtlichen (Schul-)Behörden um Auskunft zu ersuchen.

23

Sollte eine vorzeitige Erfüllung der Wartezeit nicht nachzuweisen sein, wird das LSG außerdem zu prüfen haben, ob die Versicherte in ihrer ursprünglichen Heimat möglicherweise Versicherungszeiten zurückgelegt hat, die aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen bei der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit in der deutschen GRV zu berücksichtigen sind (vgl Art 25 Abs 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über Soziale Sicherheit vom 12.10.1968, BGBl II 1969, 1438, idF des Änderungsabkommens vom 30.9.1974 - BGBl II 1975, 390; zur Frage der Weitergeltung nach dem Zerfall Jugoslawiens vgl zuletzt BFH Urteil vom 7.3.2013 - BFHE 240, 361 RdNr 18 - mwN).

24

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 29. September 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die klagende Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) und die beklagte Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesversicherungsamt (BVA), streiten um die Rechtmäßigkeit einer Aufsichtsverfügung, mit der das BVA einen durch Schiedsspruch festgesetzten Honorarvertrag als rechtswidrig beanstandet hat.

2

Nachdem die Klägerin und die beigeladenen Krankenkassen (KKn) sich nicht auf einen Honorarvertrag für das Jahr 2009 hatten einigen können, setzte das zu 1. beigeladene Landesschiedsamt den Vertragsinhalt fest (Beschluss vom 30.10.2008, gerichtet an die zu 2.- 5., 7. und 8. beigeladenen KKn). Der zu 8. beigeladene vdek legte diesen Schiedsspruch am 17.4.2009 seiner Aufsichtsbehörde, dem BVA, vor. Das BVA beanstandete am 16.6.2009 zwei Punkte des Schiedsspruchs, nämlich die Gewährung von Zuschlagspunktwerten für ambulante und belegärztliche Operationen ( Schiedsspruch Abschnitt I Nr 9.1.8) und die Übertragung der Entscheidungen über Rückstellungen an die KÄV (Anlage 2 Nr 2). Diesen Bescheid richtete es an den zu 7. beigeladenen Rentenversicherungsträger Knappschaft-Bahn-See sowie an den zu 8. beigeladenen vdek, an diesen auch als Bevollmächtigten für die zu 9. bis 14. beigeladenen Ersatzkassen.

3

Die Klägerin hat das LSG angerufen mit dem Begehren, den Beanstandungsbescheid des BVA aufzuheben. Im Verlaufe des Gerichtsverfahrens hat das BVA seine Aufsichtsverfügung insoweit zurückgenommen, als es darin die Übertragung der Entscheidungen über Rückstellungen an die KÄV (Schiedsspruch Anlage 2 Nr 2) beanstandet hatte (Sitzungsniederschrift des LSG- L 4 KA 14/09 KL - vom 9.6.2010 S 3).

4

Das LSG hat den Beanstandungsbescheid aufgehoben, soweit er noch Gegenstand des Verfahrens geblieben ist (dh hinsichtlich der Gewährung von Zuschlagspunktwerten für ambulante und belegärztliche Operationen Urteil vom 29.9.2010): Die klagende KÄV sei zur Anfechtung des Beanstandungsbescheides berechtigt, weil dieser ihr verwehre, ihrer Aufgabe des Abschlusses von Honorarverträgen nachzukommen; dies gelte ungeachtet dessen, dass der Bescheid nicht von der für sie zuständigen, sondern von einer bundesrechtlichen Aufsichtsbehörde erlassen und nicht an die KÄV gerichtet worden sei. Bei Klagen gegen Aufsichtsverfügungen in Selbstverwaltungsangelegenheiten sei kein Vorverfahren erforderlich. Die Aufsichtsverfügung sei in formeller Hinsicht rechtswidrig. Die Zuständigkeit zur Beanstandung des Schiedsspruchs eines Landesschiedsamtes liege allein bei den Landesaufsichtsbehörden. Zwar dürfe das BVA als Bundesbehörde auch solche auf Landesebene abgeschlossenen Verträge prüfen, die unter Beteiligung bundesunmittelbarer Ersatzkassen vereinbart worden seien. Dieses Recht bestehe jedoch dann nicht, wenn die Vertragspartner keine Vereinbarung zustande gebracht hätten und der Schiedsspruch eines Landesschiedsamtes ergehe, somit allein eine Landesbehörde tätig werde. In einem solchen Fall sei allein die Landesaufsichtsbehörde für eine Beanstandung zuständig. Die Landesschiedsämter hätten ihre Entscheidungen nur den für sie zuständigen (Landes-)Aufsichtsbehörden vorzulegen. Nicht überzeugend sei das obiter dictum des BSG im Urteil vom 17.11.1999 (SozR 3-2500 § 71 Nr 1), wonach auch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) die Entscheidungen von Landesschiedsämtern in Vertragsangelegenheiten, an denen auch bundesunmittelbare Ersatzkassen beteiligt seien, beanstanden könne. Dies beachte nicht, dass § 89 Abs 5 Satz 4 SGB V anders gefasst sei als § 71 Abs 4 Satz 1 SGB V und bezüglich der Aufsicht über die Landesschiedsämter die speziellere Regelung darstelle. Eine Auslegung, wie die Beklagte sie vertrete und das BSG sie im obiter dictum vertreten habe, wäre auch unvereinbar mit der Kompetenzordnung des GG.

5

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte, das Urteil des LSG sei mit den Regelungen der § 71 Abs 4 Satz 2, § 89 Abs 5 Satz 5 SGB V unvereinbar und weiche vom Urteil des BSG vom 17.11.1999 (SozR 3-2500 § 71 Nr 1) ab. Durch Schiedsspruch festgesetzte Vereinbarungen unterlägen der zweigleisigen Rechtsaufsicht in gleicher Weise wie einvernehmlich geschlossene Vereinbarungen. Auch das BSG habe eine Korrektur dieser wenig sachgerechten Rechtslage durch die Gerichte im Wege der "Einschränkung der Aufsichtskompetenz des BMG … angesichts des eindeutigen Wortlauts" der Regelungen für ausgeschlossen erachtet. Die Zweigleisigkeit sei die Konsequenz aus dem Umstand, dass Honorarverträge auf Seiten der KKn gemeinsam von landes- und bundesunmittelbaren KKn geschlossen würden. Dies sei entgegen der Auffassung des LSG auch vereinbar mit der Kompetenzordnung des GG. Würden nur die Aufsichtsbehörden des Landes als zuständig angesehen, so unterlägen die bundesunmittelbaren KKn nur noch einem gleichsam kupierten Aufsichts- und Beanstandungsrecht. Die Auffassung des LSG hätte im Übrigen zur Folge, dass die Vertragspartner durch "Nicht-Einigung" und Eintritt in ein Schiedsamtsverfahren erreichen könnten, dass die Beklagte ihre Aufsichtszuständigkeit verlöre.

6

Auch der zu 8. beigeladene vdek und die von ihm mitvertretenen, zu 9. bis 14. beigeladenen, bundesunmittelbaren Ersatzkassen sind der Ansicht, dem BVA könne die Zuständigkeit zum Erlass eines Beanstandungsbescheides gegenüber den bundesunmittelbaren Ersatzkassen nicht abgesprochen werden. Diese Zuständigkeit, die beim Zustandekommen einer freien Vereinbarung zwischen der KÄV und den KKn unbestritten sei, gelte ebenso bei der ersatzweisen Festsetzung der Vereinbarung durch das Schiedsamt. Sie werde nicht durch die Zuständigkeit der Landesaufsichtsbehörde für das Landesschiedsamt verdrängt. Die Zweigleisigkeit des Aufsichtsverfahrens sei vom Gesetzgeber gewollt und auch mit dem GG vereinbar.

7

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 29. September 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.

9

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie und ebenso das zu 1. beigeladene Landesschiedsamt verteidigen die Auffassung des LSG, dass § 89 Abs 5 Satz 4 SGB V eine speziellere Regelung für die Aufsicht über die Landesschiedsämter treffe und die Bestimmung des § 71 Abs 4 Satz 1 SGB V verdränge. Die Zweigleisigkeit des Aufsichtsverfahrens gelte nur bei frei ausgehandelten Vergütungsvereinbarungen der Vertragspartner, nicht aber bei der Festlegung des Vertragsinhalts durch ein Schiedsamt. Nur dies entspreche auch der Kompetenzordnung gemäß Art 83 ff GG. Im Übrigen habe die Landesaufsichtsbehörde den Schiedsspruch nicht beanstandet, der damit Gültigkeit habe. Der Beanstandungsbescheid des BVA sei auch deshalb nicht von § 89 Abs 5 Satz 5 SGB V gedeckt, weil der Bescheid sich nicht gegen die Entscheidung des Landesschiedsamtes richte, sondern nur gegen die zu 8. bis 14. beigeladenen Ersatzkassen mit dem Gebot, dass diese den Vertrag nicht vollziehen dürften. Das BVA hätte diese auch anweisen können, ihrerseits Klage gegen den Schiedsspruch zu erheben, was aber nicht geschehen sei.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG begründet. Das angefochtene Urteil des LSG steht mit Bundesrecht nicht in Einklang.

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Der Senat hat die Sache allerdings nicht schon deshalb an das LSG zurückverweisen müssen, weil diesem ein Verfahrensmangel zur Last fällt. Zwar hat das LSG unter Mitwirkung eines ehrenamtlichen Richters entschieden, der als Mitglied des Landesschiedsamtes an dem angefochtenen Schiedsspruch mitgewirkt hatte (§ 60 Abs 2 SGG), und ein solcher Verfahrensmangel stellt einen absoluten Revisionsgrund dar (§ 202 SGG iVm § 547 Nr 2 ZPO). Dieser Verfahrensmangel ist aber nur auf Rüge eines Beteiligten hin - nicht von Amts wegen - zu beachten (vgl BSGE 57, 15, 17 = SozR 1500 § 31 Nr 3 S 6; BSGE 58, 104, 105 = SozR 1500 § 162 Nr 22 S 20; BSGE 70, 246, 250 f = SozR 3-2500 § 106 Nr 10 S 48; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 14 S 82; vgl auch BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 11 ff, 14 mit Rügepflicht im Fall konkreter personeller Falschbesetzung; Amtsprüfung nur bei Fehlern der Anzahl und/oder im Status der mitwirkenden Richter). Die fehlerhafte Besetzung der Richterbank des LSG ist indessen von keinem der Beteiligten gerügt worden.

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Der Senat hat das vorinstanzliche Urteil vielmehr deshalb aufgehoben und die Sache an das LSG zurückverwiesen, weil entgegen dessen Auffassung die Zuständigkeit des BVA für den Beanstandungsbescheid gegeben war (unten B.) und die noch fehlende inhaltliche Überprüfung des Beanstandungsbescheides tunlichst zunächst vom Berufungsgericht vorzunehmen ist (vgl § 170 Abs 2 Satz 2 SGG - unten C.).

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A. Das LSG hat zu Recht seine gerichtliche Zuständigkeit für die von der KÄV erhobene Klage bejaht. Landessozialgerichte entscheiden im ersten Rechtszug über Klagen gegen Beanstandungen von Entscheidungen der Landesschiedsämter (§ 29 Abs 2 Nr 1 SGG, in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008, BGBl I 444) und ebenso über Aufsichtsangelegenheiten gegenüber Trägern der Sozialversicherung (§ 29 Abs 2 Nr 2 SGG). Angesichts dieser umfassenden Zuständigkeit des LSG bedarf es an dieser Stelle keiner Entscheidung, ob der Beanstandungsbescheid so zu verstehen ist, dass das BVA den Schiedsspruch des Landesschiedsamtes beanstandet hatte - wie der Tenor des Bescheides nahe legt -, oder ob dieser Bescheid dahin zu deuten ist, dass - wie insbesondere der Beigeladene zu 1. geltend macht - das BVA nur die seiner Aufsicht unterliegenden KKn angewiesen habe, den Vertrag nicht zu vollziehen (dazu Näheres unten RdNr 19).

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Das LSG hat die Klägerin ferner zu Recht als klagebefugt angesehen. Sie kann geltend machen, der angefochtene Beanstandungsbescheid greife in ihren Aufgabenbereich, mit den KKn Honorarverträge abzuschließen, ein. Diese gesetzlich der KÄV zugewiesene Kompetenz wird durch alle Bescheide von Aufsichtsbehörden betroffen, die sich gegen von ihr mitabgeschlossene Honorarverträge richten (§ 71 Abs 4 Satz 1 iVm Satz 2 SGB V), und ebenso durch die Beanstandung von Schiedssprüchen, die solche Vereinbarungen ersetzt haben (§ 89 Abs 5 Satz 4 iVm Satz 5 SGB V). Die Klagebefugnis besteht nicht nur dann, wenn der Beanstandungsbescheid gegen den klagenden Vertragspartner selbst gerichtet ist, sondern auch dann, wenn er nur an andere mit ihm verbundene Vertragspartner adressiert ist; durch ihn werden alle an dem Vertrag beteiligten Vertragspartner in dem ihnen zugewiesenen Aufgabenbereich betroffen (vgl BSG SozR 3-2500 § 71 Nr 1 S 3 ff, 5 f, 8; ebenso LSG Berlin-Brandenburg vom 10.2.2010 - L 7 KA 15/09 KL - Juris RdNr 31).

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Das LSG hat die Klage auch zutreffend als Aufsichtsklage in entsprechender Anwendung des § 54 Abs 3 SGG für statthaft erachtet. Diese Bestimmung gilt entsprechend, wenn eine KÄV den Bescheid einer staatlichen Behörde anficht, der ihr gegenüber wie eine Aufsichtsmaßnahme wirkt (BSG SozR 3-2500 § 71 Nr 1 S 2). Aus dieser Gleichstellung mit einer Aufsichtsklage folgt, dass die vorliegende Klage statthaft ist, ohne dass es der Durchführung eines Vorverfahrens bedarf (so ausdrücklich § 78 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGG zu Klagen von Versicherungsträgern gegen Aufsichtsverfügungen; ebenso allgemein zu Klagen gegen Aufsichtsverfügungen in Selbstverwaltungsangelegenheiten: Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 78 RdNr 7).

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B. Der inhaltlichen Beurteilung durch das LSG, der angefochtene Beanstandungsbescheid sei in formeller Hinsicht wegen Unzuständigkeit des BVA bzw der beklagten Bundesrepublik Deutschland rechtswidrig, ist indessen nicht zu folgen.

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1. Das BVA hat als Aufsichtsbehörde für die bundesunmittelbaren Ersatzkassen gemäß § 71 Abs 4 Satz 2 SGB V iVm § 90 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB IV die Zuständigkeit und die Berechtigung, den Abschluss von Honorarverträgen im Falle eines Rechtsverstoßes zu beanstanden. Seine Zuständigkeit besteht nicht nur dann, wenn ein Honorarvertrag zwischen der KÄV und den Primär- und Ersatzkassen "frei vereinbart" wird; dies ergibt sich - unbestritten - aus § 71 Abs 4 SGB V, wonach die "für die Vertragsparteien zuständigen Aufsichtsbehörden" das Recht zur Beanstandung haben. Die Beanstandungszuständigkeit des BVA besteht - entgegen der Auffassung des LSG - vielmehr auch dann, wenn keine sog freie Vereinbarung zustande kommt, sondern das Landesschiedsamt gemäß § 89 Abs 1 Satz 1 SGB V den Inhalt des Honorarvertrages festlegt. Dies ergibt sich aus § 89 Abs 5 Satz 5 SGB V; die abweichende Auslegung des LSG trifft nicht zu.

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Gegenstand der Beanstandung gemäß § 89 Abs 5 Satz 5 SGB V ist die Entscheidung des Schiedsamtes selbst. Die vom Beigeladenen zu 1. im Verfahren vertretene Ansicht, das BVA könne - und müsse möglicherweise - sich darauf beschränken, die Verbindlichkeit der Entscheidung des Schiedsamtes für die seiner Aufsicht unterliegenden KKn zu beseitigen, geht fehl. Diese Interpretation ist schon mit dem Wortlaut des § 89 Abs 5 Satz 5 SGB V schwerlich vereinbar, wonach die Aufsichtsbehörden "die Entscheidungen" der Schiedsämter beanstanden. Zudem ergäben sich aus solcher Auslegung kaum lösbare Konsequenzen: Falls das BVA eine Entscheidung des Landesschiedsamtes nicht beanstanden dürfte - wie das LSG annimmt -, könnte es die Bindung der seiner Aufsicht unterliegenden KKn an den Schiedsspruch nicht in Frage stellen; denn ohne fristgerechte Beanstandung wird der Schiedsspruch für alle beteiligten KKn bindend. Die Vorstellung, die Aufsichtsbehörde könne die ihr unterliegenden KKn von der Bindung an einen ansonsten bestandskräftigen Schiedsspruch suspendieren, findet im Gesetz keine Stütze.

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Die Zuständigkeit und Berechtigung des BVA zur Beanstandung folgt aus § 89 Abs 5 Satz 4 und 5 SGB V, wonach "die Entscheidungen der Schiedsämter über die Vergütung der Leistungen nach § 57 Abs 1 und 2, §§ 83, 85 und 87a SGB V … den zuständigen Aufsichtsbehörden vorzulegen" sind und "die Aufsichtsbehörden … die Entscheidungen bei einem Rechtsverstoß … beanstanden" können. Diese Regelung ist vorliegend einschlägig; der vom BVA beanstandete Schiedsspruch betrifft unter anderem Vergütungen für Leistungen nach § 83 SGB V, nämlich die Gewährung von Zuschlagspunktwerten für ambulante und belegärztliche Operationen. Die für die Vorlagepflicht und für die Beanstandung "zuständigen Aufsichtsbehörden" im Sinne des § 89 Abs 5 Satz 4 und 5 SGB V sind diejenigen Aufsichtsbehörden, die jeweils für die Vertragspartner zuständig sind. Dies sind im Verhältnis zur KÄV und zu den Primärkassen die dafür gesetzlich bestimmten Verwaltungsbehörden der Länder (§ 78 Abs 1 SGB V, § 90 Abs 2 SGB IV) und, soweit der durch den Schiedsspruch gestaltete Honorarvertrag auch bundesunmittelbare Ersatzkassen betrifft, im Verhältnis zu diesen das BVA (§ 90 Abs 1 Satz 1 SGB IV; - im Ergebnis ebenso LSG Berlin-Brandenburg vom 10.2.2010 - L 7 KA 15/09 KL - Juris RdNr 34).

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Die gegenteilige Auffassung des LSG, dass zuständige Aufsichtsbehörde im Sinne des § 89 Abs 5 Satz 4 und 5 SGB V eine Verwaltungsbehörde des Landes sein müsse, weil die Schiedsämter Landesbehörden sind, trifft nicht zu. Zwar ist in § 89 Abs5 Satz 1 SGB V bestimmt, dass die Aufsicht über die gemäß § 89 Abs 2 SGB V gebildeten Schiedsämter durch Landesbehörden geführt wird. Dies betrifft aber nur organisatorische Maßnahmen und das verfahrensmäßige Vorgehen der Schiedsämter. Das gilt indessen nicht für die Aufsicht über die von ihnen in Schiedssprüchen getroffenen inhaltlichen vertragsersetzenden Regelungen. Für aufsichtsrechtliche Überprüfungen und Beanstandungen, die die Entscheidungen der Schiedsämter zum Gegenstand haben, gelten die Regelungen des § 89 Abs 5Satz 4 und 5 SGB V. Hiernach sind "die Entscheidungen der Schiedsämter" über die Vergütung der Leistungen nach § 57 Abs 1 und 2, §§ 83, 85 und 87a SGB V "den zuständigen Aufsichtsbehörden vorzulegen", die "die Entscheidungen" beanstanden können. Somit besteht für die aufsichtsrechtliche Überprüfung der von den Schiedsämtern getroffenen "Entscheidungen" eine besondere - von § 89 Abs 5 Satz 1 SGB V getrennte - Regelung, die nicht auf die in Satz 1 erwähnten "für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder" verweist, sondern - neutraler und allgemeiner - nur von "zuständigen Aufsichtsbehörden" spricht. Bei Schiedsämtern bestehen also verschiedene Aufsichtsverhältnisse; zum einen gibt es eine Aufsicht über "die Schiedsämter" (Satz 1 aaO), dh über ihre organisatorischen Maßnahmen und ihr verfahrensmäßiges Vorgehen, und zum anderen besteht eine Aufsicht über "die Entscheidungen" der Schiedsämter (Satz 4 und 5 aaO). Diese Unterschiede finden ihre Bestätigung in der Entstehungsgeschichte der Bestimmungen. Die Sätze 4 und 5 wurden erst zum 1.1.1993 angefügt; dabei zielte der Gesetzgeber darauf ab, dass - über die "Geschäftsführung der Schiedsämter" hinaus (so § 89 Abs 5 Satz 1 SGB V in der bis zum 31.12.1992 geltenden Fassung) - "auch die Entscheidungen der Schiedsämter zu Vergütungsregelungen in der vertragsärztlichen Versorgung … der Rechtsaufsicht unterliegen" sollten (BT-Drucks 12/3608 S 90 "Zu Buchstabe e"); für die Aufsicht über die Spruchpraxis der Schiedsämter wählte der Gesetzgeber die allgemein gehaltene Wendung "zuständige Aufsichtsbehörden" (Satz 4) bzw "die Aufsichtsbehörden" (Satz 5) (zur Differenzierung zwischen der Aufsicht über die Geschäftsführung - Satz 1 aF - und über die Vergütungsentscheidungen - Satz 4 und 5 - s zB Auktor in Kruse/Hänlein, SGB V, 3. Aufl 2009, § 89 RdNr 12+14; ebenso Krauskopf in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, Stand September 2008, § 89 SGB V, RdNr 27; - aA Schnapp, Gesamtverträge und Schiedsverfahren mit Ersatzkassenbeteiligung, NZS 2003, 1, 3).

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Diese neutrale bzw allgemeine Fassung in § 89 Abs 5 Satz 4 und 5 SGB V berücksichtigt, dass die den Aufsichtsbehörden vorzulegenden und ggf zu beanstandenden "Entscheidungen" unterschiedliche Rechtssubjekte und verschiedene Materien betreffen können. Gegenüber Entscheidungen bzw Regelungen, die von bundesunmittelbaren Institutionen getroffen werden bzw an denen diese mitwirken, wäre eine Aufsichtszuständigkeit von Landesbehörden verfehlt, während bei landesunmittelbaren Institutionen und den von diesen getroffenen landesrechtlichen Regelungen eine Zuständigkeit landesrechtlicher Aufsichtsbehörden nahe liegt; in Mischfällen - wenn zB bundesrechtliche Institutionen an der Schaffung landesrechtlicher Regelungen beteiligt sind - kann grundsätzlich sowohl eine Zuständigkeit von Bundes- wie von Landesbehörden in Betracht kommen. Anhand der konkreten Konstellation ist zu ermitteln, welche die "zuständigen Aufsichtsbehörden" iS des § 89 Abs 5 Satz 4 und 5 SGB V sind.

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Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich, dass das BVA nicht nur dann zu Beanstandungen gegenüber den bundesunmittelbaren Ersatzkassen zuständig ist, wenn ein Honorarvertrag zwischen der KÄV und den Primär- und Ersatzkassen "frei vereinbart" wird (§ 71 Abs 4 SGB V: "für die Vertragsparteien zuständige Aufsichtsbehörden"), vielmehr - entgegen der Auffassung des LSG - auch dann, wenn keine sog freie Vereinbarung zustande kommt, sondern das Landesschiedsamt den Inhalt des Honorarvertrages für die Vertragspartner festlegt (§ 89 Abs 5 Satz 4 und 5 SGB V: "zuständige Aufsichtsbehörden").

24

2. Die dargestellte Rechtsauffassung hat bereits dem Senatsurteil vom 17.11.1999 (B 6 KA 10/99 R - SozR 3-2500 § 71 Nr 1) zugrunde gelegen. Darin ist ausgeführt, das Landesschiedsamt müsse "seine Entscheidung über den Inhalt der Vergütungsvereinbarung den zuständigen Aufsichtsbehörden - hier also auch dem BMG - vorlegen (§ 89 Abs 5 Satz 4 SGB V), die sie - ebenso wie frei ausgehandelte Verträge nach § 71 Abs 2 (heute: Abs 4) Satz 2 SGB V - beanstanden können(§ 89 Abs 5 Satz 5 SGB V)."

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Mit dieser Formulierung hat der Senat klargestellt, dass "zuständige Aufsichtsbehörden" gemäß § 89 Abs 5 Satz 4 und 5 SGB V für die Überprüfung und ggf Beanstandung von Schiedssprüchen dieselben sind wie diejenigen, die gemäß § 71 Abs 4 Satz 1 SGB V "für die Vertragsparteien zuständig" sind. Damit hat er die "Zweigleisigkeit des Aufsichtsverfahrens bei Vergütungsvereinbarungen" anerkannt.

26

Dies hat er allerdings zugleich bedauernd als "wenig sachgerecht" bezeichnet (Zitate aus BSG aaO S 4). Er hat ausgeführt, dass die Zweigleisigkeit angesichts des eindeutigen Wortlauts der Regelungen von der Rechtsprechung hingenommen werden müsse; Abweichungen davon stellten eine unzulässige Rechtsfortbildung dar (BSG aaO S 5). Der Gesetzgeber habe es trotz der Regionalisierung des Vertragssystems (vgl BSG aaO S 4) bei der Formierung der Ersatzkassen als bundesunmittelbare KKn belassen. Er habe der Verortung der Vertragsverhandlungen auf Landesebene lediglich insofern Rechnung getragen, als die Ersatzkassen für alle Verträge auf Landesebene, soweit sie nicht gemeinsam und einheitlich abzuschließen sind, jeweils einen Bevollmächtigten mit Abschlussbefugnis zu benennen haben (§ 212 Abs 5 Satz 4 SGB V, vgl dazu BSG aaO S 4). Mit dieser nur sehr eingeschränkten Modifizierung habe der Gesetzgeber klargestellt, organisatorisch die Bundesunmittelbarkeit der Ersatzkassen beibehalten zu wollen, womit die Aufsichtszuständigkeit gegenüber den bundesunmittelbaren Ersatzkassen bei den Bundesbehörden verblieben ist.

27

3. An der dargestellten Auslegung des § 89 Abs 5 Satz 4 und 5 SGB V hält der Senat fest, nachdem der Gesetzgeber die ihr zugrunde liegenden Bestimmungen über die KKn-Aufsicht - mittlerweise seit mehr als zehn Jahren - unverändert gelassen hat. Für die Auslegung sprechen über die oben dargelegten Gründe hinaus - de lege lata - noch weitere Gesichtspunkte.

28

a) Die Berechtigung des BVA, die Entscheidung eines Landesschiedsamtes zu beanstanden, vermeidet Wertungswidersprüche und Manipulationen an der aufsichtsrechtlichen Zuständigkeit. Wenn das BVA nur frei ausgehandelte Verträge beanstanden dürfte, an denen bundesunmittelbare Ersatzkassen beteiligt sind, aber nicht zuständig wäre, wenn eine inhaltlich identische Vereinbarung durch das Schiedsamt festgesetzt wird, erscheint das fragwürdig. Die Folge, dass die Vertragspartner durch "Nicht-Einigung" und Eintritt in ein Schiedsamtsverfahren erreichen könnten, dass das BVA seine Aufsichts- und Beanstandungsbefugnis verliert, wäre wenig plausibel.

29

b) Die Ansicht, dass Schiedssprüche allein von den Landesaufsichtsbehörden beanstandet werden dürften, würde auch schwerlich zu der Rechtsprechung passen, dass das Schiedsamt selbst die gegen seinen Schiedsspruch ergehende aufsichtsrechtliche Beanstandung nicht anfechten kann (BSGE 86, 126, 130-133 = SozR 3-2500 § 85 Nr 37 S 291-294; BSGE 95, 86 = SozR 4-2500 § 85 Nr 21, RdNr 15). Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass durch den Schiedsspruch und dessen Beanstandung nur die Vertragspartner in eigenen Rechten betroffen werden und nicht das Schiedsamt, das lediglich die Stellung eines Interessenmittlers im Verhältnis zwischen der KÄV und den KKn hat (vgl hierzu BSGE 86, 126, 131 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 37 S 292). Dies legt die Folgerung nahe, dass eine aufsichtsrechtliche Zuständigkeit auch nur bei den für die Vertragspartner zuständigen Aufsichtsbehörden - und nicht bei der für das Schiedsamt zuständigen Aufsichtsbehörde - liegen kann. Hieraus ergibt sich weiter, dass bei vertraglicher Beteiligung bundesunmittelbarer Ersatzkassen eine Aufsichts- und Beanstandungszuständigkeit auch des BVA akzeptiert werden muss.

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c) Nichts anderes ergibt sich daraus, dass das Landesschiedsamt als Behörde und sein Schiedsspruch als anfechtbarer Verwaltungsakt zu qualifizieren sind (stRspr, zuletzt BSGE 105, 243 = SozR 4-2500 § 116b Nr 2, RdNr 24; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 56 RdNr 11; zuvor zB BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr 3, RdNr 10 mwN; BSG SozR 4-2500 § 83 Nr 3 RdNr 17; - zur Behördeneigenschaft s auch § 70 Nr 4 SGG; grundlegend Düring, Das Schiedswesen in der gesetzlichen Krankenversicherung, 1992, S 53 ff). Dies hat der Senat aus der verfahrensrechtlichen Konzeption des § 89 SGB V abgeleitet, der unter anderem Fragen der aufschiebenden Wirkung einer Klage der KÄV und/oder einer KK gegen einen Schiedsspruch regelt(s zB Abs 1 Satz 6, Abs 1a Satz 4). Daraus kann keine eigene materielle Betroffenheit des Schiedsamtes - mit der Folge einer Beanstandungsbefugnis allein der für dieses zuständigen Aufsichtsbehörde - entnommen werden.

31

4. Die vom LSG angenommene ausschließliche Zuständigkeit der Landesaufsichtsbehörden kann auch nicht mit der Erwägung gerechtfertigt werden, mit der hier vertretenen Auffassung würden für die Beanstandung vertragsersetzender Entscheidungen der Landesschiedsämter Aufsichtsbehörden als zuständig angesehen, die keine Durchgriffsmöglichkeit in Form der Aufhebung des Schiedsspruchs hätten: Eine Beanstandung mache nur Sinn, wenn die Aufsichtsbehörde die beanstandete Maßnahme nötigenfalls auch aufheben könne, was aber im Verhältnis des BVA zum Schiedsamt nicht der Fall sei (Schnapp, Gesamtverträge und Schiedsverfahren mit Ersatzkassenbeteiligung, NZS 2003, 1, 2-4).

32

Dieser Einwand trifft insofern zu, als der Gesetzgeber in der Tat auf halbem Weg stehen geblieben ist: Das BVA kann eine Beanstandung aussprechen, es kann aber nicht den beanstandeten Rechtsakt aufheben. Es hat weder eine Rechtsmacht gegenüber dem Schiedsamt, aufgrund derer es den Schiedsspruch aufheben könnte; noch gibt es eine generelle Bestimmung dahingehend, dass eine aufsichtsrechtliche Beanstandung die Geltung der beanstandeten Maßnahme einstweilen suspendiere. Dieses Defizit hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 17.11.1999 (SozR 3-2500 § 71 Nr 1 S 7/8) mit dem Hinweis angesprochen, dass bis zum 31.12.1995, als § 89 Abs 5 Satz 7 SGB V noch in Kraft war(Art 33 § 9 GSG), die Beanstandung die Geltung des vom Schiedsamt festgesetzten Vertrages verhinderte (damaliger Satz 7: "Beanstandete Entscheidungen gelten nicht."). Damit hat das BSG zugleich klargestellt, dass seit der Aufhebung dieser Bestimmung die Beanstandung des BVA keine suspendierende Wirkung mehr entfalten kann. Der Gesetzgeber hat dieses Defizit bisher nicht behoben.

33

Diese Zusammenhänge zeigen, dass das Beanstandungsrecht des BVA gegenüber Schiedssprüchen nur unvollkommen ausgestaltet ist. Das geltend gemachte Vollzugsdefizit ist aber praktisch wohl kaum relevant; es rechtfertigt nicht den Ausschluss des BVA von der Kontrolle solcher Entscheidungen der Landesschiedsämter, die sowohl landes- als auch bundesunmittelbare Ersatzkassen erfassen. Für die praktische Verwaltungshandhabung reicht es aus, dass das BVA, wie in § 89 Abs 5 Satz 5 SGB V vorgesehen, "die Entscheidung" des Schiedsamtes beanstandet, indem es seine Beanstandung allen am Schiedsspruch Beteiligten zur Kenntnis bringt, die ihrerseits ggf dagegen Klage erheben können.

34

5. Das Ergebnis, dass zur Beanstandung eines Schiedsspruchs die für die Vertragspartner zuständigen Aufsichtsbehörden einschließlich des für die bundesunmittelbaren Ersatzkassen zuständigen BVA befugt sind, unterliegt auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die vom LSG geltend gemachte Unvereinbarkeit mit der Kompetenzordnung der Art 83 ff GG besteht nicht.

35

Art 30 iVm Art 83 ff GG gehen zwar vom Grundsatz aus, dass Bundesgesetze durch Landesbehörden auszuführen sind. Gemäß Art 83 Halbsatz 2 GG sind aber Ausnahmen von diesem Grundsatz zugelassen, und im GG sind auch zahlreiche Ausnahmen normiert (s Art 84 Abs 2 ff GG und Art 85 ff GG; vgl dazu BVerfGE 63, 1, 33 ff, 39 f, und zB Hermes in Dreier, GG, 2. Aufl 2008, Art 83 RdNr 16, 18, 34, 36 ff; Sachs in Sachs, GG, 6. Aufl 2011, Art 87 RdNr 52). Insbesondere ergibt sich aus Art 87 Abs 2 GG, dass eine differenzierte Struktur der Krankenkassenlandschaft mit einem Nebeneinander von landes- und bundesunmittelbaren KKn mit dem GG vereinbar ist. Ausdrücklich wird klargestellt, dass Sozialversicherungsträger als landes- und auch als bundesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechtes geführt werden können. Dies impliziert Beanstandungsbefugnisse auch von Bundesaufsichtsbehörden. Diese können daher nicht als unvereinbar mit dem GG angesehen werden (so auch zB Hermes, aaO, Art 87 RdNr 56 ff, 59). In diesem Sinne hat das BVerfG ausgeführt, dass Art 87 Abs 2 GG eine "bundeseigene Verwaltung im weiteren Sinne" akzeptiere und dass hierin eine anderweitige Bestimmung iS des Art 83 GG liege (BVerfGE 63, 1, 36; aA Schnapp, Gesamtverträge und Schiedsverfahren mit Ersatzkassenbeteiligung, NZS 2003, 1, 4 f, und ders in Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, 2. Aufl 2006, § 24 RdNr 57) .

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C. Nach alledem hat das LSG zu Unrecht angenommen, der angefochtene Beanstandungsbescheid sei in formeller Hinsicht wegen Unzuständigkeit der Beklagten - dh des BVA - rechtswidrig. Eine eigene Entscheidung in der Sache erachtet der erkennende Senat nicht für tunlich (vgl § 170 Abs 2 Satz 2 SGG; s ebenso BSG SozR 3-2500 § 71 Nr 1 S 9). Vielmehr wird, da das LSG - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - die Beanstandung des BVA nicht in der Sache geprüft hat, der Rechtsstreit an dieses Gericht zurückverwiesen.

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Da der vom BVA beanstandete Schiedsspruch des zu 1. beigeladenen Landesschiedsamtes bereits Gegenstand des beim Senat anhängigen Verfahrens B 6 KA 21/11 R ist, in dem über Klagen der KÄV und zahlreicher KKn gegen den hier streitbefangenen Schiedsspruch zu entscheiden ist, ist es sachgerecht, das wieder eröffnete Berufungsverfahren zunächst ruhen zu lassen, bis der Senat das Revisionsverfahren B 6 KA 21/11 R abgeschlossen hat. Hierzu haben die Beteiligten vor dem Senat übereinstimmend ihre Bereitschaft erklärt.

38

Dem LSG bleibt die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens überlassen.