Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 10. Apr. 2017 - L 11 AS 61/17 B ER

10.04.2017

Tenor

I.

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 16.01.2017 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe

I.

Streitig ist die Vollziehung von Erstattungsbescheiden.

Der Antragsteller (ASt) bezog vom Antragsgegner (Ag) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Bescheiden vom 10.05.2013 (jeweils nach Bewilligungsabschnitten getrennt) in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 21.05.2014 nahm der Ag die Leistungsbewilligung für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 31.05.2005 teilweise und für die Zeit vom 01.06.2005 bis 31.05.2012 ganz zurück. Darüber hinaus forderte er das geleistete Alg II iHv 1.368,10 EUR für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.05.2005, iHv jeweils 3.390 EUR für die Zeit vom 01.06.2005 bis 30.11.2005, 01.12.2005 bis 31.05.2006 und 01.06.2006 bis 30.11.2006, iHv 3.318,86 EUR für die Zeit vom 01.12.2006 bis 31.05.2007, iHv 3.730 EUR für die Zeit vom 01.06.2007 bis 30.11.2007, iHv 3.732 EUR für die Zeit vom 01.12.2007 bis 31.05.2008, iHv 3.726,29 EUR für die Zeit vom 01.06.2008 bis 30.11.2008, iHv 3.906 EUR für die Zeit vom 01.12.2008 bis 31.05.2009, iHv 3.946 EUR für die Zeit vom 01.06.2009 bis 30.11.2009, iHv jeweils 3.954 EUR für die Zeit vom 01.12.2009 bis 31.05.2010 und 01.06.2010 bis 30.11.2010, iHv 3.979 EUR für die Zeit vom 01.12.2010 bis 31.05.2011, iHv 3.970,26 EUR für die Zeit vom 01.06.2011 bis 30.11.2011 und iHv 3.263,70 EUR für die Zeit vom 01.12.2011 bis 31.05.2012 zurück. Dagegen hatte der ASt Klage (zuletzt verbunden unter dem Az S 8 AS 692/14) vor dem Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Am 27.04.2016 haben die Beteiligten einen Vergleich geschlossen, wonach „unter Abänderung der Bescheide vom 10.05.13, in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 21.05.14, ( …) die Aufhebung der Bewilligung um die Rückzahlungsverpflichtung erst ab 01.06.2007 ausgesprochen“ wurde (Ziffer I. des Vergleichs).

Mit Schreiben vom 13.12.2016 wandte sich die Bundesagentur für Arbeit mit einer Zahlungserinnerung an den ASt. Die am 01.07.2013 fällige Forderung des Ag iHv 38.311,25 EUR sei noch nicht beglichen. Die Zahlung werde bis spätestens zum 28.12.2016 erwartet. Man sei vom Ag mit der Wahrnehmung des Forderungseinzuges beauftragt. Dem Schreiben war eine Forderungsaufstellung für Leistungen, die Zeit vom 01.06.2007 bis 31.05.2012 und eine Mahngebühr über 150 EUR, eine Mahnung vom 12.07.2016 betreffend, beigefügt.

Der ASt hat beim SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, mit der dem Ag die Vollziehung der Erstattungsbescheide vom 10.05.2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 21.05.2014 sowie in Gestalt des Vergleichs vom 27.04.2016 bis zur Bekanntgabe eines Umsetzungsbescheides untersagt werden solle. Die Klage gegen den Erstattungsbescheid habe aufschiebende Wirkung gehabt. Selbst wenn diese durch den Abschluss des Vergleichs beendet worden sei, bedürfe es zur Fälligkeit der Forderungen eines Umsetzungsbescheides, da die ursprüngliche Forderung iHv 52.018,21 EUR reduziert worden sei. Andernfalls sei die Höhe der Forderungen nicht nachvollziehbar. Ein Umsetzungsbescheid liege nicht vor. Die Aufforderung zur Zahlung von 38.311,25 EUR innerhalb von lediglich zwei Wochen sei im Hinblick auf das niedrige Einkommen des ASt nicht verhältnismäßig. Eine Abänderung der ursprünglichen Bescheide bedürfe erst noch der Bekanntgabe nach § 37 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Die Mahngebühr von 150 EUR sei durch die Bundesagentur für Arbeit festgesetzt worden, was eine Ungereimtheit darstelle. Der Ag müsse auch bei Inanspruchnahme des Inkassoservice der Bundesagentur für Arbeit in jeder Verfahrenslage selbständig auf Änderungen oder Fehler reagieren, die die Rechtmäßigkeit ihrer Zahlungsaufforderungen betreffen und diese gegebenenfalls aufheben. Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 16.01.2017 abgelehnt. Die Zwangsvollstreckung sei nicht zu beanstanden, da die Voraussetzungen einer Einstellung nicht vorlägen. Der Ag habe die Bundesagentur für Arbeit mit der Wahrnehmung des Forderungseinzuges beauftragt. Vollstreckt würde nicht aus dem Vergleich sondern aus den nicht aufgehobenen Erstattungsbescheiden, die Bewilligungsabschnitte ab 01.06.2007 betreffend. Diese seien durch den Vergleich bestandskräftig geworden. Bescheide für die Zeit bis 31.05.2007 würden nicht vollstreckt. Eines Umsetzungsbescheides habe es von daher nicht bedurft. Aus der Zahlungsaufforderung und den entsprechenden Bescheiden würden sich die entsprechenden Beträge auch entnehmen bzw abgleichen lassen. Auch hinsichtlich der Festsetzung der Mahngebühr sei der einstweilige Rechtsschutz unbegründet. Diese stelle zwar einen Verwaltungsakt dar, der dem Ag zuzurechnen sei, es fehle aber schon an einem Widerspruch, dessen aufschiebende Wirkung hergestellt werden könnte.

Dagegen hat der ASt Beschwerde beim Bayer. Landessozialgericht eingelegt und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Beschwerdeverfahren beantragt. Der Ag habe am 10.05.2013 nicht die in der Vollzugsmitteilung genannten zweiundzwanzig sondern lediglich fünfzehn Bescheide erlassen. Da in dem Vergleich vom 27.04.2016 vereinbart worden sei, dass Bescheide aufgehoben werden sollten, hätte sich demnach die Anzahl der Bescheide vielmehr reduzieren müssen. Es fehle an einer Fälligkeit zum 01.07.2013, da er die Bescheide stets angefochten und die dagegen eingelegten Rechtsbehelfe und Rechtsmittel Suspensiveffekt gehabt hätten. Auch soweit der Ag die Bundesagentur für Arbeit mit dem Forderungseinzug beauftragt habe, müsse er in jeder Verfahrenslage selbständig auf Änderungen und Fehler reagieren, die die Rechtmäßigkeit der Zahlungsaufforderungen betreffen, und diese gegebenenfalls aufheben.

Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die Akten des Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG), aber nicht begründet. Das SG hat zu Recht den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Gegenstand des Rechtsstreites ist - nach rechtsschutzzielorientierter Auslegung - ein Antrag des ASt auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit der der Ag verpflichtet werden soll, die Zwangsvollstreckung aus den Erstattungsbescheiden vom 10.05.2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 21.05.2014 im Umfange, wie sie in der Zahlungserinnerung vom 13.12.2016 aufgeführt sind, einzustellen. Mit dem Vortrag, es bedürfe vor der Vollstreckung eines Umsetzungsbescheides in Bezug auf den Vergleich vom 27.04.2016, wird letztlich das Fehlen eines zu vollstreckenden, vollziehbaren Verwaltungsaktes behauptet, der nach § 251 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) iVm§ 40 Abs. 8 Halbs 1 SGB II sowie§ 5 Abs. 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG) Vollstreckungsvoraussetzung ist und dessen Fehlen nach§ 257 Abs. 1 Nr. 1 AO zur Einstellung der Vollstreckung führen würde.

Der Antrag konnte sich auch zutreffenderweise gegen den Ag richten. Dass der Ag dabei den Forderungseinzug auf die Bundesagentur für Arbeit übertragen hat, ändert an dessen Zuständigkeit nichts. Nach § 3 Abs. 4 VwVG obliegt es der ersuchenden Behörde in jeder Verfahrenslage auf Änderungen oder Fehler zu reagieren, die die Rechtmäßigkeit ihrer Vollstreckungsanordnungen berühren; ihr kommt eine Garantenstellung für die Statthaftigkeit der Vollstreckung zu (vgl BSG, Urteil vom 25.06.2015 - B 14 AS 38/14 R - BSGE 119, 170).

Ebenso wenig wie bei einer Vollstreckungsankündigung handelt es sich bei der Zahlungserinnerung vom 13.12.2016 um einen Verwaltungsakt. Das Begehren des ASt kann damit im Rahmen einer Hauptsache grundsätzlich nicht mit einer Anfechtungsklage geltend gemacht werden, so dass vorliegend nicht § 86b Abs. 1 SGG sondern§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG die maßgebliche Rechtsgrundlage für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes darstellt. Hiernach ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn der ASt ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG, Beschluss vom 25.10.1998 - 2 BvR 745/88 - BVerfGE 79, 69 (74); Beschluss vom 19.10.1977 - 2 BvR 42/76 - BVerfGE 46, 166 (179); Beschluss vom 22.11.2002 - 2 BvR 745/88 - NJW 2003, 1236).

Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den der Antragsteller sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs. 2,§ 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in Meyer-Ladewig/Kel-ler/Leitherer, SGG, 11. Aufl, § 86b Rn 41).

Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbezie-hung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage in dem vom BVerfG vor-gegebenen Umfang (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 - Breith 2005, 803) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind hierbei die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu.

Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen und deshalb eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in den Grundrechten, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, droht, ist eine Versagung der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nur dann möglich, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.09.2016 - 1 BvR 1335/13). Für eine Entscheidung aufgrund einer sorgfältigen und hinreichend substantiierten Folgenabwägung ist nur dann Raum, wenn eine - nach vorstehenden Maßstäben durchzuführende - Rechtmäßigkeitsprüfung auch unter Berücksichtigung der Kürze der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren regelmäßig zur Verfügung stehenden Zeit nicht verwirklicht werden kann, was vom zur Entscheidung berufenen Gericht erkennbar darzulegen ist (vgl zum Ganzen auch: BVerfG, Beschluss vom 14.09.2016 - 1 BvR 1335/13; Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 - Breith 2005, 803; weniger eindeutig: BVerfG, Beschluss vom 06.08.2014 - 1 BvR 1453/12).

Danach fehlt es für den Erlass einer einstweiligen Anordnung an einem Anordnungsanspruch. Die Voraussetzungen für eine Einstellung der Zwangsvollstreckung liegen nicht vor. Nach § 257 Abs. 1 AO iVm§ 40 Abs. 8 Halbs 1 SGB II sowie§ 5 Abs. 1 VwVG ist eine Vollstreckung einzustellen, sobald ua die Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen des§ 251 Abs. 1 AO weggefallen sind, also die Vollziehung ausgesetzt oder durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gehemmt ist (Nr. 1), der Verwaltungsakt, aus dem vollstreckt wird, aufgehoben wird (Nr. 2) oder der Anspruch auf die Leistung erloschen ist (Nr. 3).

Wie sich der Zahlungserinnerung vom 13.12.2016 entnehmen lässt, erfolgt vorliegend die Vollstreckung aus den Erstattungsbescheiden vom 10.05.2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 21.05.2014, soweit sie die Bewilligungszeiträume vom 01.06.2007 bis 31.05.2012 betreffen. Damit wird Alg II iHv 3.730 EUR für die Zeit vom 01.06.2007 bis 30.11.2007, iHv 3.732 EUR für die Zeit vom 01.12.2007 bis 31.05.2008, iHv 3.726,29 EUR für die Zeit vom 01.06.2008 bis 30.11.2008, iHv 3.906 EUR für die Zeit vom 01.12.2008 bis 31.05.2009, iHv 3.946 EUR für die Zeit vom 01.06.2009 bis 30.11.2009, iHv jeweils 3.954 EUR für die Zeit vom 01.12.2009 bis 31.05.2010 und 01.06.2010 bis 30.11.2010, iHv 3.979 EUR für die Zeit vom 01.12.2010 bis 31.05.2011, iHv 3.970,26 EUR für die Zeit vom 01.06.2011 bis 30.11.2011 und iHv 3.263,70 EUR für die Zeit vom 01.12.2011 bis 31.05.2012 zurückgefordert. Die genannten Bewilligungsabschnitte gehen ausdrücklich aus der Zahlungserinnerung vom 13.12.2016 hervor. Hier werden nicht 22 Bescheide genannt, vielmehr handelt es sich um die zehn Bescheide, die jeweils einen der Bewilligungsabschnitte betreffen, der sich durch den Vergleich nicht erledigt hatte. Im Rahmen der Aufstellung wird dabei lediglich nochmals zwischen den jeweiligen Regelleistungen und den Leistungen für Unterkunft und Heizung sowie Sozialgeld und „Geld-/Sachleistungen § 23 Abs. 1 SGB II“ differenziert, was offensichtlich den unterschiedlichen Trägern der Leistungen geschuldet ist. Soweit mit weiteren Erstattungsbescheiden vom 10.05.2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 21.05.2014 Alg II iHv 1.368,10 EUR für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.05.2005, iHv jeweils 3.390 EUR für die Zeit vom 01.06.2005 bis 30.11.2005, 01.12.2005 bis 31.05.2006 und 01.06.2006 bis 30.11.2006 und iHv 3.318,86 EUR für die Zeit vom 01.12.2006 bis 31.05.2007 zurückgefordert worden ist, erfolgt keine Vollstreckung.

Die oben genannten Erstattungsbescheide vom 10.05.2013 bezüglich der Bewilligungszeiträume vom 01.06.2007 bis 31.05.2012 sind auch bestandskräftig und vollziehbar. Sofern sie zunächst vom ASt angefochten waren, sind die entsprechenden Klagen mit Abschluss des Vergleichs zurückgenommen bzw erledigt erklärt worden. Der Vergleich vom 27.04.2016 war dahingehend formuliert, dass „unter Abänderung der Bescheide vom 10.05.13, in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 21.05.14, ( …) die Aufhebung der Bewilligung um die Rückzahlungsverpflichtung erst ab 01.06.2007 ausgesprochen“ werde (Ziffer I. des Vergleichs). Darin verpflichtet sich der Ag dem Wortlaut nach nicht dazu, einen Änderungsbescheid zu den ursprünglichen Erstattungsbescheiden zu erlassen. Der Wortlaut ist vielmehr auslegungsbedürftig. Da die Erstattungsbescheide jeweils einen einzelnen Bewilligungszeitraum betroffen haben und die Zeit mit dem Bewilligungsabschnitt ab 01.06.2007 (bis 30.11.2007) Gegenstand eines eigenen Erstattungsbescheid gewesen ist, kann der Vergleich nur so verstanden werden, dass der Ag seine Erstattungsforderungen in den Bescheiden vom 20.05.2013, die die Bewilligungsabschnitte bis zum 31.05.2007 zum Gegenstand haben, nicht mehr weiterverfolgt. Mit der Beendigung der Klageverfahren durch den Vergleich sind im Gegenzug die übrigen Erstattungsbescheide bestandskräftig und vollziehbar geworden. Da damit vollstreckungsfähige und vollziehbare Bescheide bereits vorlagen - diese wurden durch den gerichtlichen Vergleich nicht aufgehoben - bedurfte es auch keines Umsetzungsbescheides. Ob tatsächlich bereits am 01.07.2013 eine Fälligkeit bestanden haben soll, ist unerheblich. Jedenfalls nach Abschluss des Vergleiches ist die Erstattungsforderung fällig.

Da die Erstattungsbescheide, die Bewilligungsbescheide ab 01.06.2007 betreffend, nicht aufgehoben worden sind und ein Erlöschen der Erstattungsansprüche weder vorgetragen noch ersichtlich ist, liegen auch die übrigen Tatbestandsalternativen, bei denen eine Einstellung der Vollstreckung in Betracht käme, nicht vor (§ 251 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AO). Schließlich ist nicht vorgebracht worden, die Vollstreckung sei im vorliegenden Einzelfall unbillig, so dass auch eine vorläufige Einstellung nach § 258 AO ausscheidet. Sofern der ASt auf seine unzureichenden wirtschaftlichen Verhältnisse verweist, wäre es seine Sache, ob er sich um eine Stundung, Ratenzahlung oder einen Erlass bemüht. Dass entsprechendes bereits beantragt wurde, ist nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich.

Soweit der ASt in seinen Ausführungen auch auf eine Mahngebühr eingeht, ist dies nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz bezog sich eindeutig auf die „Untersagung einer Vollziehung der Erstattungsbescheide“. Die Festsetzung einer Mahngebühr stellt einen Verwaltungsakt dar, der im Rahmen einer Hauptsache mit Widerspruch bzw Anfechtungsklage anzugreifen wäre (vgl BSG, Urteil vom 02.11.2012 - B 4 AS 97/11 R; Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 54/10 R - BSGE 108, 229). Damit kommt insofern kein Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG in Betracht. Im Übrigen dürfte es sich um einen von der Bundesagentur für Arbeit erlassenen Verwaltungsakt handeln - so weist auch der ASt in seinem Schriftsatz vom 12.01.2017 an das SG darauf hin, dass die Mahngebühr von der Bundesagentur für Arbeit festgesetzt worden sei -, so dass der Ag hier nicht der richtige Antragsgegner wäre.

Nach alledem war die Beschwerde des ASt gegen den Beschluss des SG zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der analogen Anwendung des § 193 SGG.

Aus den oben dargelegten Gründen ist die für die Bewilligung von PKH erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht der Beschwerde gemäß § 73a SGG iVm§ 114 Zivilprozessordnung (ZPO) nicht gegeben. Der Antrag auf PKH war somit abzulehnen Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).

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(1) Die Vollstreckung ist einzustellen oder zu beschränken, sobald1.die Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen des § 251 Abs. 1 weggefallen sind,2.der Verwaltungsakt, aus dem vollstreckt wird, aufgehoben wird,3.der Anspruch auf die Leistung erloschen ist,

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(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten können elektronische Verwaltungsakte bekannt gegeben werden, indem sie dem Beteiligten zum Abruf über öffentlich zugängliche Netze bereitgestellt werden. Die Einwilligung kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Ein zum Abruf bereitgestellter Verwaltungsakt gilt am dritten Tag nach Absendung der elektronischen Benachrichtigung über die Bereitstellung des Verwaltungsaktes an die abrufberechtigte Person als bekannt gegeben. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang der Benachrichtigung nachzuweisen. Kann die Behörde den von der abrufberechtigten Person bestrittenen Zugang der Benachrichtigung nicht nachweisen, gilt der Verwaltungsakt an dem Tag als bekannt gegeben, an dem die abrufberechtigte Person den Verwaltungsakt abgerufen hat. Das Gleiche gilt, wenn die abrufberechtigte Person unwiderlegbar vorträgt, die Benachrichtigung nicht innerhalb von drei Tagen nach der Absendung erhalten zu haben. Die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.

(2b) In Angelegenheiten nach dem Abschnitt 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes gilt abweichend von Absatz 2a für die Bekanntgabe von elektronischen Verwaltungsakten § 9 des Onlinezugangsgesetzes.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil in der jeweils vorgeschriebenen Weise entweder ortsüblich oder in der sonst für amtliche Veröffentlichungen vorgeschriebenen Art bekannt gemacht wird. In der Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.

(1) Verwaltungsakte können vollstreckt werden, soweit nicht ihre Vollziehung ausgesetzt oder die Vollziehung durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gehemmt ist (§ 361; § 69 der Finanzgerichtsordnung). Einfuhr- und Ausfuhrabgabenbescheide können außerdem nur vollstreckt werden, soweit die Verpflichtung des Zollschuldners zur Abgabenentrichtung nicht ausgesetzt ist (Artikel 108 Absatz 3 des Zollkodex der Union).

(2) Unberührt bleiben die Vorschriften der Insolvenzordnung sowie § 79 Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes. Die Finanzbehörde ist berechtigt, in den Fällen des § 201 Abs. 2, §§ 257 und 308 Abs. 1 der Insolvenzordnung sowie des § 71 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes gegen den Schuldner im Verwaltungswege zu vollstrecken.

(3) Macht die Finanzbehörde im Insolvenzverfahren einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis als Insolvenzforderung geltend, so stellt sie erforderlichenfalls die Insolvenzforderung durch schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt fest.

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2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Die Vollstreckung ist einzustellen oder zu beschränken, sobald

1.
die Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen des § 251 Abs. 1 weggefallen sind,
2.
der Verwaltungsakt, aus dem vollstreckt wird, aufgehoben wird,
3.
der Anspruch auf die Leistung erloschen ist,
4.
die Leistung gestundet worden ist.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 sind bereits getroffene Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben. Ist der Verwaltungsakt durch eine gerichtliche Entscheidung aufgehoben worden, so gilt dies nur, soweit die Entscheidung unanfechtbar geworden ist und nicht auf Grund der Entscheidung ein neuer Verwaltungsakt zu erlassen ist. Im Übrigen bleiben die Vollstreckungsmaßnahmen bestehen, soweit nicht ihre Aufhebung ausdrücklich angeordnet worden ist.

(1) Die Vollstreckung wird gegen den Vollstreckungsschuldner durch Vollstreckungsanordnung eingeleitet; eines vollstreckbaren Titels bedarf es nicht.

(2) Voraussetzungen für die Einleitung der Vollstreckung sind:

a)
der Leistungsbescheid, durch den der Schuldner zur Leistung aufgefordert worden ist;
b)
die Fälligkeit der Leistung;
c)
der Ablauf einer Frist von einer Woche seit Bekanntgabe des Leistungsbescheides oder, wenn die Leistung erst danach fällig wird, der Ablauf einer Frist von einer Woche nach Eintritt der Fälligkeit.

(3) Vor Anordnung der Vollstreckung soll der Schuldner ferner mit einer Zahlungsfrist von einer weiteren Woche besonders gemahnt werden.

(4) Die Vollstreckungsanordnung wird von der Behörde erlassen, die den Anspruch geltend machen darf.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 30. April 2014 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Erstattung von Kosten der außergerichtlichen Vertretung wegen der Vollstreckung von Erstattungsbescheiden nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

2

Die Klägerin steht im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Im Anschluss an die Teilaufhebung von Leistungen und Festsetzung entsprechender Erstattungsbeträge durch Bescheide des beklagten Jobcenters vom 24.8.2011 über einen Gesamtbetrag von 104 Euro (Rückforderungen für den Zeitraum Februar bis August 2011) sowie vom 24.7.2012 über einen Betrag von 453,47 Euro (Rückforderung für Juni 2012) teilte ihr die Vollstreckungsstelle des Hauptzollamts Lörrach (im Folgenden: Hauptzollamt) durch zwei als Vollstreckungsankündigung bezeichnete Schreiben vom 18.2.2013 mit, dass sie für das Forderungsmanagement der Regionaldirektion Hessen (im Folgenden: Regionaldirektion) der Bundesagentur für Arbeit (BA) Vollstreckungen durchzuführen habe. Als Grund der Vollstreckung waren angeführt ein Bescheid des Beklagten vom 24.8.2011 über 427,80 Euro wegen Mehrbedarf bei Behinderung für den Zeitraum vom 1.2. bis 31.8.2011, Arbeitslosengeld II (Alg II) für den Zeitraum vom 1. bis 30.6.2012 sowie Kosten der Unterkunft für den Zeitraum vom 1.2. bis 31.8.2011, fällig am 12.9.2011, 10.8.2012 sowie 12.9.2011, sowie ein Bescheid vom 24.7.2012 mit einem Rückforderungsbetrag von 79,47 Euro und einer Mahngebühr von 2,55 Euro wegen Kosten der Unterkunft für den Zeitraum vom 1. bis 30.6.2012, fällig am 10.8.2012. Die mit zusätzlichen Kosten verbundene Vollstreckung (zB in bewegliche Sachen, Arbeitseinkommen, Bankguthaben) könne die Klägerin vermeiden, wenn sie die aufgeführten Beträge innerhalb von einer Woche nach Erhalt der Schreiben auf ein Konto des Hauptzollamts überweise.

3

Gegen die zwei Vollstreckungsankündigungen erhob die Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, am 23.2.2013 Widerspruch zum Beklagten und beantragte ausdrücklich nach § 257 Abs 1 Nr 1 bzw Nr 3 Abgabenordnung (AO) die Einstellung der Vollstreckung. Die mit Bescheid vom 24.8.2011 begründete Erstattungsforderung sei durch gerichtlichen Vergleich vom 7.8.2012 auf 51 Euro ermäßigt (Sozialgericht Mannheim, S 7 AS 200/12) und der Restbetrag zwischenzeitlich bezahlt worden. Gegen den Bescheid vom 24.7.2012 sei Klage mit aufschiebender Wirkung anhängig (SG Mannheim, S 7 AS 3744/12). Auf den Hinweis des Hauptzollamts, ungeachtet der auch ihm gegenüber vorgetragenen Einwendungen an den angekündigten Vollstreckungen festzuhalten (Schreiben vom 25.2.2013), beantragte die Klägerin am 14.3.2013 beim SG die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche, den sie im weiteren Verlauf für erledigt erklärte (SG Mannheim, S 5 AS 923/13 ER).

4

Im Gefolge der auf die Widersprüche eingeleiteten Prüfung veranlasste der Beklagte am 28.2.2013 die Einstellung der Vollstreckungen. Die Widersprüche selbst verwarf er dagegen als unzulässig und entschied, dass gegebenenfalls entstandene notwendige Aufwendungen nicht zu erstatten seien. Zwar sei der gerichtliche Vergleich vom 7.8.2012 zu den Bescheiden vom 24.8.2011 erst am 28.2.2013 verwaltungsmäßig vollzogen worden. Ebenfalls sei der Vollstreckungsauftrag zum Rückforderungsbescheid vom 24.7.2012 auf die dagegen erhobene Klage erst zwischenzeitlich ruhendgestellt worden. Die Widersprüche seien aber unzulässig, da Vollstreckungsankündigungen keine Verwaltungsakte seien, sondern lediglich informellen Charakter hätten. Gemäß § 63 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) seien daher Kosten nicht zu erstatten(Widerspruchsbescheid vom 19.4.2013). Im Übrigen hätte es der Widersprüche nicht bedurft, weil für eine Überprüfung eine telefonische Nachfrage des Bevollmächtigten bei ihm - dem Beklagten - ausreichend gewesen wäre, was andere Verfahrensbevollmächtigte im Sinne einer guten Zusammenarbeit zur Reduzierung von Verfahren üblicherweise praktizierten (Schriftsatz vom 20.3.2013 zu SG Mannheim S 5 AS 923/13 ER).

5

Die Klagen mit dem Ziel, den Beklagten dem Grunde nach zur Erstattung der zweckentsprechenden Aufwendungen in den Vorverfahren zu verurteilen, sind ohne Erfolg geblieben (Gerichtsbescheid des SG vom 15.10.2013; Urteil des Landessozialgerichts vom 30.4.2014): Eine Vollstreckungsankündigung sei kein Verwaltungsakt, denn als Zahlungsaufforderung fehle es an einer Regelung im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X. Rechtsschutz sei im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 86b Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu erlangen.

6

Mit ihrer vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 31 Satz 1 und § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X. Die Vollstreckungsankündigung dokumentiere für den Betroffenen, dass die Vollstreckung durch Vollstreckungsanordnung eingeleitet worden sei. Diese Einleitung stelle einen Verwaltungsakt dar. Im Übrigen könnten Kosten nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ungeachtet des Verfahrensausgangs aus Gründen der Klageveranlassung zuzusprechen sein.

7

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 30. April 2014, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 15. Oktober 2013 und die Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 19. April 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung gegen die Vollstreckungsankündigungen des Hauptzollamts Lörrach vom 18. Februar 2013 notwendigen Aufwendungen zu erstatten.

8

Der Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Im Ergebnis zutreffend haben die Vorinstanzen entschieden, dass die geltend gemachten Kostenerstattungsansprüche nicht bestehen. Gegen die Ankündigung der Vollstreckung durch das Hauptzollamt aus dem Bescheid eines Jobcenters ist der Widerspruch nicht gegeben (dazu 3.) und der Erfolg des in dem Widerspruch verkörperten Antrags auf Einstellung der Vollstreckung begründet keine Ansprüche nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X(dazu 4.); insoweit sind Bezieher von Grundsicherungsleistungen auf die Inanspruchnahme von Beratungs- oder Prozesskostenhilfe verwiesen, wenn sie zur Abwendung einer unstatthaften Vollstreckung anwaltliche Unterstützung benötigen.

10

1. Gegenstand des Verfahrens ist die Kostengrundentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 19.4.2013, durch die der Beklagte Ansprüche zum einen unmittelbar nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X ausgeschlossen und dem Sinnzusammenhang nach weiter entschieden hat, dass wegen der mit den Widersprüchen inzident betriebenen Verfahren auf Einstellung der Vollstreckung nach § 257 Abs 1 AO(dazu unten 4. a) Kostenerstattungsansprüche auch sonst nicht bestehen. Dagegen wendet sich die Klägerin zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 iVm § 56 SGG), diese ist zulässig gerichtet auf ein Grundurteil, ohne dass es dazu eines weiteren Vorverfahrens im Hinblick auf die im Widerspruchsbescheid durch Verwaltungsakt (vgl Becker in Hauck/Noftz, SGB X, Stand Einzelkommentierung 12/2010, K § 63 RdNr 16a; Roos in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 63 RdNr 33)getroffene Kostenentscheidung bedurft hätte (stRspr; vgl zuletzt nur BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 68/12 R - SozR 4-1300 § 63 Nr 20 RdNr 12; Becker in Hauck/Noftz, SGB X, Stand Einzelkommentierung 12/2010, K § 63 RdNr 25; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 78 RdNr 8; Roos in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 63 RdNr 37). Zuständig hierfür, ohne dass der Senat dies im Rechtsmittelverfahren noch zu prüfen hätte (vgl § 17a Abs 5 Gerichtsverfassungsgesetz), sein können nur die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, denn nur diese sind - unabhängig von ihrem Inhalt - berufen, über Widerspruchsbescheide von Jobcentern nach dem SGB II zu entscheiden (vgl ebenso für das Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 8 SO 23/13 R - SozR 4-3500 § 75 Nr 6 RdNr 10).

11

2. Einer Sachentscheidung entgegenstehende prozessuale Hindernisse bestehen nicht. Insbesondere stand der angegriffenen Berufungsentscheidung nicht die Wertgrenze des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG entgegen, nachdem die Klägerin bei einer für sie günstigen Entscheidung eine Erstattungsforderung in Höhe von 847,28 Euro geltend zu machen beabsichtigte. Dass der Beklagte dagegen, sollte die Klägerin dem Grunde nach durchdringen, einen Gebührenansatz nur in Höhe von 559,30 Euro für angemessen hielt, ist demgegenüber nicht ausschlaggebend, weil im Rahmen der Entscheidung über die Zulässigkeit der Berufung nicht abschließend über die Berechtigung der von dem Bevollmächtigten ins Auge gefassten Gebührenforderung zu befinden war und jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich oder auch nur geltend gemacht sind, dass ein Anspruch in dieser Höhe nach keiner Betrachtungsweise bestehen kann.

12

3. In der Sache bestehen Kostenerstattungsansprüche zunächst nicht, soweit die Klägerin Widerspruch zum Beklagten gegen die Vollstreckungsankündigungen des Hauptzollamts erhoben hat. Als Rechtsgrundlage dafür kommt nur § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X in Betracht. Danach hat, soweit der Widerspruch erfolgreich ist, der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Daran fehlt es, weil weder gegen die Ankündigung einer bevorstehenden Vollstreckung durch das Hauptzollamt noch gegen die dem vorangehende Beauftragung mit der Vollstreckung der Widerspruch zum Beklagten gegeben und daher die Einstellung der Vollstreckung durch ihn nicht iS von § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X auf (statthaften) Widerspruch hin erfolgt ist.

13

a) Rechtsgrundlage der angekündigten Vollstreckungen sind gemäß § 40 Abs 6 Halbs 1 SGB II(hier idF des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011, BGBl I 453) die §§ 1 bis 4 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG) sowie die in § 5 VwVG im Einzelnen aufgeführten Vorschriften der AO. Danach wird für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach dem SGB II auf das VwVG (§ 40 Abs 6 Halbs 1 SGB II) und im Übrigen auf § 66 SGB X verwiesen(§ 40 Abs 6 Halbs 2 SGB II). Mithin richtet sich die Vollstreckung aus den hier maßgeblichen Bescheiden, da der Beklagte kein zugelassener kommunaler Träger iS von § 6a SGB II ist(vgl die Anlage zu § 1 der Verordnung zur Zulassung von kommunalen Trägern als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, hier idF der Verordnung vom 1.12.2010, BGBl I 1758), nach dem die Vollstreckung von Geldforderungen betreffenden 1. Abschnitt des VwVG mit dessen §§ 1 bis 4 sowie der Verweisung auf die AO in § 5 Abs 1 VwVG, insbesondere in ihrem 6. Teil mit den §§ 249 ff (zur Frage, ob im Bereich des SGB II überhaupt andere Ansprüche zu vollstrecken sind vgl Eicher/Greiser in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 40 RdNr 193).

14

b) Sachlich zuständig für die Durchführung der Vollstreckungen im Außenverhältnis zur Klägerin war demzufolge gemäß § 40 Abs 6 Halbs 1 SGB II iVm § 4 lit b VwVG sowie § 249 Abs 1 Satz 3 AO und § 1 Nr 4 Finanzverwaltungsgesetz (FVG) das Hauptzollamt. Hiernach bedienen sich die Träger der Grundsicherung für die Vollstreckung von Geldforderungen der Vollstreckungsbehörden der Bundesfinanzverwaltung, soweit sich die Vollstreckung nach dem VwVG (des Bundes) richtet - wie hier gemäß § 40 Abs 6 Halbs 1 SGB II - und solange eine Bestimmung nach § 4 lit a VwVG nicht getroffen worden ist(§ 4 lit b VwVG), wonach Vollstreckungsbehörden auch sein können die von einer obersten Bundesbehörde im Einvernehmen mit dem Bundesminister des Innern bestimmten Behörden des betreffenden Verwaltungszweigs, woran es hier fehlt. Diese Aufgabe ist im Aufbau der Bundesfinanzbehörden (§ 1 FVG) den Hauptzollämtern zugewiesen (§ 249 Abs 1 Satz 3 AO).

15

c) Soweit sich die Klägerin mit ihren an das Jobcenter gerichteten "Widersprüchen" gegen die sonach zuständigkeitshalber zu Recht vom Hauptzollamt herausgegebenen Vollstreckungsankündigungen gewandt hat, vermag das Kostenerstattungsansprüche nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X im Verhältnis zum beklagten Jobcenter schon deshalb nicht zu begründen, weil dessen Träger in Bezug auf das Hauptzollamt nicht die Rechtsträger iS von § 63 Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGB X sind, dessen Behörde die Vollstreckungsankündigungen verfasst hat. Davon abgesehen kommt der Vollstreckungsankündigung auch sonst Verwaltungsaktqualität nicht zu, wie die Vor-instanzen im Ergebnis zutreffend erkannt haben. Ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zufolge, der sich der erkennende Senat anschließt, hat die Vollstreckungsankündigung vielmehr lediglich den Sinn, den Schuldner noch einmal auf die Situation hinzuweisen und ihm letztmalig die Gelegenheit zu geben, zur Abwendung der Vollstreckung freiwillig die Rückstände zu begleichen; Regelungswirkung kommt dem nicht bei (vgl BFH Beschluss vom 13.2.1997 - VII S 35/96 - BFH/NV 1997, 462; BFH Beschluss vom 14.6.1988 - VII B 15/88 - BFH/NV 1989, 75; BFH Beschluss vom 21.8.2000 - VII B 46/00 - BFH/NV 2001, 149; BFH Beschluss vom 30.8.2010 - VII B 48/10 - BFH/NV 2010, 2235; ebenso etwa Werth in Klein, AO, 12. Aufl 2014, § 254 RdNr 4).

16

d) Auch auf Seiten des Beklagten sind im Vorfeld der Vollstreckungsankündigungen, insbesondere im Zuge der Beauftragung des Hauptzollamts mit der Durchführung der Vollstreckungen, keine Entscheidungen getroffen worden, die als Verwaltungsakte zu qualifizieren wären und gegen die bei sachdienlichem Verständnis des mit den Widersprüchen verfolgten Begehrens ein Widerspruch als statthaft gerichtet anzusehen sein könnte. Zwar übernimmt die Finanzverwaltung die Vollstreckung ausschließlich auf Initiative des Vollstreckungsgläubigers, nämlich durch die von diesem zu verantwortende Vollstreckungsanordnung nach § 3 Abs 1 Halbs 1 VwVG. Danach wird die Vollstreckung gegen den Vollstreckungsschuldner durch Vollstreckungsanordnung eingeleitet (§ 3 Abs 1 Halbs 1 VwVG), die von der Behörde "erlassen" wird, die den Anspruch geltend machen darf (§ 3 Abs 4 VwVG). Darin liegt indessen ungeachtet der Wendungen "Anordnung" und "erlassen" keine rechtsverbindliche Regelung mit Außenwirkung zulasten des Vollstreckungsschuldners. Vielmehr handelt es sich in dem durch die Zugehörigkeit zu verschiedenen Rechtsträgern bestimmten Verhältnis der beteiligten Behörden um Willenserklärungen zwischen Jobcenter und Hauptzollamt (vgl Beermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/Finanzgerichtsordnung , Stand der Einzelkommentierung September 2013, § 250 AO RdNr 27: zwischenbehördliche Willenserklärung), durch die das Hauptzollamt im Wege der Amtshilfe (vgl zum VwVG Sadler, VwVG/Verwaltungszustellungsgesetz , 9. Aufl 2014, § 3 VwVG RdNr 2; zu § 250 AO: Werth in Klein, AO, 12. Aufl 2014, § 250 RdNr 1 ff; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand der Einzelkommentierung Juni 2012, § 250 AO RdNr 6 ff) um Vornahme von Vollstreckungshandlungen "ersucht" (so ausdrücklich § 250 AO)wird. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), dem sich der erkennende Senat anschließt, hat deshalb bereits entschieden, dass der Einleitung der Vollstreckung durch Erklärung der ersuchenden Behörde Regelungswirkung im Verhältnis zum Vollstreckungsschuldner nicht zukommt (BVerwG Urteil vom 18.11.1960 - VII C 184.57 - DVBl 1961, 134; ebenso Sadler, VwVG/VwZG, 9. Aufl 2014, § 3 VwVG RdNr 2; iE ähnlich Troidl in Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG/VwZG, 10. Aufl 2014, § 3 VwVG RdNr 9: Auftrag ohne Verwaltungsakteigenschaft; ebenso zum Ersuchen nach § 250 Abs 1 Satz 1 AO: Beermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Stand der Einzelkommentierung September 2013, § 250 AO RdNr 27; Werth in Klein, AO, 12. Aufl 2014, § 250 RdNr 5).

17

4. Soweit der Beklagte das Vorgehen der Klägerin gegen die angekündigten Vollstreckungen zutreffend als Antrag auf deren Einstellung gewertet und diese (auch) zuständigkeitshalber zu Recht veranlasst hat (dazu a bis d), bestehen Ansprüche nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X nicht, weil der Anwendungsbereich der Vorschrift auf das förmliche Widerspruchsverfahren beschränkt ist(dazu e); die - anders als der Beklagte meint - bei verständiger Würdigung nicht unberechtigte Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe ist insoweit bei Bedürftigkeit nur über die Inanspruchnahme von Beratungshilfe für das Verfahren dem Jobcenter gegenüber oder von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein gerichtliches Rechtsschutzersuchen zu gewährleisten (dazu f).

18

a) Zutreffend hat der Beklagte das mit den Widersprüchen der Sache nach verfolgte Begehren der Klägerin als Antrag auf Einstellung der angekündigten Vollstreckungen verstanden und darauf zu Recht geprüft, ob die Vollstreckungen so wie angekündigt (noch oder überhaupt) statthaft waren. Rechtliche Grundlage dafür ist § 257 Abs 1 AO iVm § 40 Abs 6 Halbs 1 SGB II sowie § 5 Abs 1 VwVG. Hiernach ist eine Vollstreckung einzustellen, sobald ua die Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen des § 251 Abs 1 AO weggefallen sind, also die Vollziehung ausgesetzt oder durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gehemmt ist(Nr 1), der Verwaltungsakt, aus dem vollstreckt wird, aufgehoben wird (Nr 2) oder der Anspruch auf die Leistung erloschen ist (Nr 3).

19

b) Hierfür war die Zuständigkeit des Beklagten selbst dann gegeben, wenn mit der Rechtsprechung des BFH davon auszugehen ist, dass für Einstellungsentscheidungen nach § 257 Abs 1 AO - anders als es in der Mitteilung des Hauptzollamts an die Klägerin über seine Unzuständigkeit zur Prüfung der sachlichen Einwände gegen die angekündigten Vollstreckungen zum Ausdruck gekommen ist - zumindest auch, wenn nicht sogar primär die Zuständigkeit des Hauptzollamts als ersuchter und damit mit der Durchführung der Vollstreckung beauftragter Behörde bestanden hat(vgl nur BFH Beschluss vom 4.7.1986 - VII B 151/85 - BFHE 147, 5; BFH Beschluss vom 30.9.2002 - VII S 16/02 (PKH) - juris, RdNr 7; ebenso Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand der Einzelkommentierung Juni 2012, § 250 AO RdNr 17; Werth in Klein, AO, 12. Aufl 2014, § 250 RdNr 8). Dabei kann offenbleiben, ob schon steuerverfahrensrechtlich auch die Zuständigkeit der ersuchenden Vollstreckungsbehörde gegeben ist (so wohl Beermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Stand der Einzelkommentierung September 2013, § 250 AO RdNr 27: auch die ersuchte Vollstreckungsbehörde) oder ob sich dies auf die ersuchte Vollstreckungsbehörde beschränkt (so Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand der Einzelkommentierung Juni 2012, § 250 AO RdNr 17; Werth in Klein, AO, 12. Aufl 2014, § 250 RdNr 8). Denn jedenfalls im Anwendungsbereich des VwVG verpflichtet die Stellung als Anordnungsbehörde nach § 3 Abs 4 VwVG auch die ersuchende Behörde - hier das beklagte Jobcenter -, in jeder Verfahrenslage auf Änderungen oder Fehler zu reagieren, die die Rechtmäßigkeit ihrer Vollstreckungsanordnungen berühren.

20

Das folgt aus dem Zweck der von der Anordnungsbehörde zu erlassenden Vollstreckungsanordnung, vor Einleitung der Vollstreckung förmlich - wenn auch nicht durch Verwaltungsakt - nach Maßgabe des Katalogs in § 3 Abs 2 VwVG deren Statthaftigkeit zu bekräftigen(so schon BVerwG Urteil vom 18.11.1960 - VII C 184.57 - DVBl 1961, 134: größtmögliche Sicherheit gegen unzulässige und unberechtigte Vollstreckungsmaßnahmen; ähnlich Troidl in Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG/VwZG, 10. Aufl 2014, § 3 VwVG RdNr 9: Anordnungsbehörde übernimmt durch Vollstreckungsanordnung die Verantwortung für das Vorliegen der Vollstreckungsvoraussetzungen; Sadler, VwVG/VwZG, 9. Aufl 2014, § 3 VwVG RdNr 3). Damit ist der Anordnungsbehörde eine Garantenstellung für die Statthaftigkeit der Vollstreckung zugewiesen, die mit Erlass des Vollstreckungsauftrags nicht wegfällt; nach § 250 Abs 1 Satz 2 AO iVm § 40 Abs 6 Halbs 1 SGB II iVm § 5 Abs 1 VwVG bleibt vielmehr die ersuchende Vollstreckungsbehörde für die Vollstreckbarkeit des Anspruchs auch dann verantwortlich, wenn die Zuständigkeit zur Ausführung der Vollstreckung nach § 250 Abs 1 Satz 1 AO auf die ersuchte Behörde übergegangen ist. Das begründet die Verpflichtung der Anordnungsbehörde, in jedem Stadium der Vollstreckung neben der ersuchten Vollstreckungsbehörde selbstständig auf Änderungen der Statthaftigkeit der Vollstreckung zu reagieren und ggf deren Einstellung zu veranlassen (ebenso zur AO Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand der Einzelkommentierung Juni 2012, § 250 AO RdNr 17 unter Verweis auf BFH Beschluss vom 4.7.1986 - VII B 151/85 - BFHE 147, 5: Vollstreckungsschuldner kann fehlende Vollstreckbarkeit in jedem Stadium des Verfahrens gegenüber ersuchender und ersuchter Behörde rügen).

21

c) Zuständig im Außenverhältnis zur Klägerin zur Entgegennahme des im aufgezeigten Verständnis als an die Anordnungsbehörde gerichtet anzusehenden Antrags auf Einstellung der Vollstreckung nach § 257 Abs 1 AO war das beklagte Jobcenter auch dann, wenn es den Forderungseinzug vorliegend der Regionaldirektion der BA übertragen haben sollte, wofür die Angaben in den Vollstreckungsankündigungen sprechen könnten, dass die Vollstreckungen für die Regionaldirektion der BA vorgenommen werden sollten. Denn selbst wenn danach im Verhältnis zwischen Jobcenter und BA wirksam die Zuständigkeit der Regionaldirektion als Anordnungsbehörde iS von § 3 Abs 4 VwVG begründet worden und diese damit auch für die Überprüfung der Vollstreckungsanordnung zuständig geworden sein sollte(vgl zur früheren Rechtslage BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 54/10 R - BSGE 108, 229 = SozR 4-4200 § 44b Nr 3; zu aktuellen Fragen vgl nur Knapp in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 44b RdNr 104 f; Weißenberger, SGb 2013, 14, 16), vermochte die Klägerin die Vollstreckungseinstellungsanträge nach dem Rechtsgedanken des § 16 Abs 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) und erst recht ohne Kenntnis einer Übertragung wirksam beim Beklagten selbst anzubringen, zumal die Auseinandersetzung um die den Vollstreckungsankündigungen zu Grunde liegenden Erstattungsbescheide ausschließlich mit ihm geführt worden ist.

22

d) Das so verstandene Begehren auf Einstellung der Vollstreckung war auch in der Sache begründet. Dabei kann offenbleiben, ob die Vollstreckungen so wie angekündigt je hätten betrieben werden dürfen, nachdem weder der in den Vollstreckungsankündigungen aufgeführte Bescheid vom 24.8.2011 noch der vom 24.7.2012 mit dem Inhalt ergangen ist, wie er vom Hauptzollamt bezeichnet worden ist. Denn jedenfalls soweit die Vollstreckung nach Auffassung des Beklagten zum einen auf den Bescheid vom 24.8.2011 mit einer Erstattungsforderung in Höhe von insgesamt 104 Euro gestützt sein sollte, war diese durch den gerichtlichen Vergleich vom 7.8.2012 auf 51 Euro ermäßigt (SG Mannheim zu S 7 AS 200/12) und dieser Restbetrag zwischenzeitlich bezahlt worden, der zu vollstreckende Verwaltungsakt also zum Teil iS von § 257 Abs 1 Nr 2 AO aufgehoben und die Forderung zum Teil iS von § 257 Abs 1 Nr 3 AO erloschen. Und in Bezug auf den Bescheid vom 24.7.2012 über den Erstattungsbetrag von 453,47 Euro kam der Klage dagegen (vgl SG Mannheim zu S 7 AS 3744/12) gemäß § 86a Abs 1 Satz 1 SGG aufschiebende Wirkung mit der Folge zu, dass die Vollstreckbarkeitsvoraussetzung des § 251 Abs 1 Satz 1 AO weggefallen und damit der Einstellungsgrund des § 257 Abs 1 Nr 1 AO verwirklicht worden ist, nachdem Erstattungsbescheide von der Ausnahmeregelung nach § 39 Nr 1 SGB II nicht erfasst sind(vgl BT-Drucks 16/10810 S 50; ebenso Greiser in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 39 RdNr 17; Aubel in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 39 RdNr 12; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand der Einzelkommentierung Februar 2012, K § 39 RdNr 68).

23

e) Ungeachtet dessen bestehen die streitbefangenen Kostenerstattungsansprüche nicht. Erstattungsfähig nach § 63 Abs 1 Satz 1 iVm Abs 2 SGB X ist, wie bereits der Normtext und die systematische Stellung im Gesetz - nämlich im Fünften Abschnitt (Rechtsbehelfsverfahren) des Ersten Kapitels (Verwaltungsverfahren) des SGB X - deutlich machen, ausschließlich die anwaltliche Vergütung, die für das isolierte Vorverfahren anfällt. Die Möglichkeit der Kostenerstattung nach § 63 SGB X korrespondiert insoweit mit der Kostenregelung für ein ggf nachfolgendes gerichtliches Verfahren in § 193 Abs 2 SGG, wonach die notwendigen Aufwendungen eines für die sozialgerichtliche Klage gemäß § 78 SGG zwingend vorgeschriebenen Vorverfahrens zu den zu erstattenden Kosten gehören(grundlegend dazu bereits BSG Beschluss vom 24.8.1976 - 12/1 RA 105/75 - SozR 1500 § 193 Nr 3). War der Widerspruchsführer schon mit seinem Widerspruch erfolgreich und erübrigt sich eine Anrufung des Gerichts, besteht deshalb die Möglichkeit der Kostenerstattung nach § 63 SGB X(BSG Urteil vom 25.2.2010 - B 11 AL 24/08 R - BSGE 106, 21 = SozR 4-1300 § 63 Nr 12, RdNr 15). Die Aufwendungen für eine weitergehende Vertretung durch einen Rechtsanwalt, die nicht Vorverfahrenskosten sind, können dagegen auf Grundlage von § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X nicht erstattet werden(vgl BSG Urteil vom 12.12.1990 - 9a/9 RVs 13/89 - SozR 3-1300 § 63 Nr 1; BSG Urteil vom 20.4.1983 - 5a RKn 1/82 - BSGE 55, 92, 93 = SozR 1300 § 63 Nr 1; BSG Urteil vom 25.11.1999 - B 13 RJ 23/99 R - SozR 3-1300 § 63 Nr 14; zuletzt BSG Urteil vom 14.2.2013 - B 14 AS 62/12 R - SozR 4-1300 § 63 Nr 19; Becker in Hauck/Noftz, SGB X, Stand 12/2010, K § 63 RdNr 10; Roos in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 63 RdNr 6). Die Gerichte können § 63 SGB X nicht allein deshalb, weil es wünschenswert erscheinen mag, durch Rechtsfortbildung auf andere Verfahrensabschnitte als das Widerspruchsverfahren erstrecken. Eine planwidrige Regelungslücke, die eine analoge Anwendung des § 63 SGB X auf andere (ggf vorgelagerte) Verwaltungsverfahrensabschnitte rechtfertigen könnte, fehlt(ausführlich BSG Beschluss vom 24.8.1976 - 12/1 RA 105/75 - SozR 1500 § 193 Nr 3 S 3 ff und BSG Urteil vom 12.12.1990 - 9a/9 RVs 13/89 - SozR 3-1300 § 63 Nr 1).

24

f) Eine planwidrige Regelungslücke in diesem Sinne hat auch nicht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zu den Grundsätzen der Rechtswahrnehmungsgleichheit (grundlegend Beschluss vom 14.10.2008 - 1 BvR 2310/06 - BVerfGE 122, 39) bewirkt. Danach verlangt der allgemeine Gleichheitssatz nach Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaats- und dem Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 1, 3 GG), dass der Gesetzgeber auch im außergerichtlichen Bereich die erforderlichen Vorkehrungen trifft, damit der Rechtsuchende mit der Wahrnehmung und Durchsetzung seiner Rechte nicht von vornherein an mangelnden Einkünften oder ungenügendem Vermögen scheitert (BVerfG Beschluss vom 14.10.2008 - 1 BvR 2310/06 - BVerfGE 122, 39, 50). Das ist hier auch nicht schon deshalb unbeachtlich, weil die Klägerin, wie der Beklagte im Verfahren meinte, "im Sinne einer guten Zusammenarbeit" telefonisch eine Überprüfung der Sachlage hätte anregen können; damit verkennt er die Bedeutung der Vollstreckungsandrohung und ihre faktische Zwangswirkung ("Die … mit zusätzlichen Kosten verbundene Vollstreckung vermeiden, wenn Sie innerhalb von einer Woche … den Gesamtbetrag … einzahlen …"), zumal für Bezieher existenzsichernder Leistungen.

25

Jedoch besteht eine Rechtsschutzlücke für Bezieher existenzsichernder Leistungen zunächst deshalb nicht, weil nach dem Beratungshilfegesetz (im Folgenden: BerHG) Beratungshilfe einschließlich einer erforderlichen außergerichtlichen Vertretung unter anderem durch Rechtsanwälte beansprucht werden kann, wenn der Rechtsuchende die erforderlichen Mittel nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht aufbringen kann, andere Möglichkeiten zumutbar nicht zur Verfügung stehen und die Inanspruchnahme nicht mutwillig erscheint (§ 3 Abs 1 Satz 1 iVm § 2 Abs 1, § 1 Abs 1 BerHG); zu einer entsprechenden Vertretung sind Rechtsanwälte auch verpflichtet, wenn nicht ein wichtiger Grund zur Ablehnung besteht (§ 49a Abs 1 Bundesrechtsanwaltsordnung). Weiterhin ist Raum dafür, gegen unberechtigte Vollstreckungsankündigungen unmittelbar (vorläufigen) gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen (vgl zur prozessualen Lage im finanzgerichtlichen Verfahren § 69 Abs 4 Satz 2 Nr 2 FGO und dazu etwa BFH Beschluss vom 22.11.2000 - V S 15/00 - BFH/NV 2001, 620) und hierzu PKH nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung zu beantragen. Jedenfalls für die betroffenen Leistungsbezieher sind damit ausreichende Wege zur Wahrnehmung ihrer Rechte eröffnet. Ob die niedrigen anwaltlichen Gebührensätze im beratungshilferechtlichen Verfahren (zu den Einzelheiten vgl Dürbeck in Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 7. Aufl 2014, S 400 ff) auch bei einer durch behördliche Fehler veranlassten Vertretung angemessen erscheinen, und ob eine bei dieser Rechtslage uU nicht auszuschließende vermehrte Inanspruchnahme von gerichtlichem (Eil-)Rechtsschutz gegenüber fehlerhaften Vollstreckungsankündigungen mit dem vom Gesetzgeber verfolgten Ziel der Entlastung der Gerichte in Einklang steht, hat der Senat dabei nicht zu berücksichtigen.

26

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden.

(2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

(1) Die Vollstreckung ist einzustellen oder zu beschränken, sobald

1.
die Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen des § 251 Abs. 1 weggefallen sind,
2.
der Verwaltungsakt, aus dem vollstreckt wird, aufgehoben wird,
3.
der Anspruch auf die Leistung erloschen ist,
4.
die Leistung gestundet worden ist.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 sind bereits getroffene Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben. Ist der Verwaltungsakt durch eine gerichtliche Entscheidung aufgehoben worden, so gilt dies nur, soweit die Entscheidung unanfechtbar geworden ist und nicht auf Grund der Entscheidung ein neuer Verwaltungsakt zu erlassen ist. Im Übrigen bleiben die Vollstreckungsmaßnahmen bestehen, soweit nicht ihre Aufhebung ausdrücklich angeordnet worden ist.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Das Verwaltungszwangsverfahren und der Vollstreckungsschutz richten sich im Falle des § 4 nach den Vorschriften der Abgabenordnung (§§ 77, 249 bis 258, 260, 262 bis 267, 281 bis 317, 318 Abs. 1 bis 4, §§ 319 bis 327).

(2) Wird die Vollstreckung im Wege der Amtshilfe von Organen der Länder vorgenommen, so ist sie nach landesrechtlichen Bestimmungen durchzuführen.

(1) Verwaltungsakte können vollstreckt werden, soweit nicht ihre Vollziehung ausgesetzt oder die Vollziehung durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gehemmt ist (§ 361; § 69 der Finanzgerichtsordnung). Einfuhr- und Ausfuhrabgabenbescheide können außerdem nur vollstreckt werden, soweit die Verpflichtung des Zollschuldners zur Abgabenentrichtung nicht ausgesetzt ist (Artikel 108 Absatz 3 des Zollkodex der Union).

(2) Unberührt bleiben die Vorschriften der Insolvenzordnung sowie § 79 Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes. Die Finanzbehörde ist berechtigt, in den Fällen des § 201 Abs. 2, §§ 257 und 308 Abs. 1 der Insolvenzordnung sowie des § 71 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes gegen den Schuldner im Verwaltungswege zu vollstrecken.

(3) Macht die Finanzbehörde im Insolvenzverfahren einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis als Insolvenzforderung geltend, so stellt sie erforderlichenfalls die Insolvenzforderung durch schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt fest.

Soweit im Einzelfall die Vollstreckung unbillig ist, kann die Vollstreckungsbehörde sie einstweilen einstellen oder beschränken oder eine Vollstreckungsmaßnahme aufheben.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. Mai 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten für das Revisionsverfahren zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig sind die Erstattung der Kosten eines Widerspruchsverfahrens sowie die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts.

2

Die Klägerin steht seit 2005 im laufenden Bezug von Leistungen nach dem SGB II durch die Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung München GmbH - ARGE - (nunmehr Jobcenter Landeshauptstadt München). Im Mai 2008 wurde für die Klägerin vom AG München eine Betreuerin bestellt. Der Aufgabenkreis umfasst ua die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung für den Bereich der Vermögenssorge einschließlich Schuldenregulierung, Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern.

3

Bereits mit Bescheid vom 17.4.2007 machte die Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung München GmbH gegenüber der Klägerin eine Erstattungsforderung wegen überzahlter Leistungen in Höhe von 351,87 Euro geltend. Dem hiergegen erhobenen Widerspruch half die Arbeitsgemeinschaft mit Bescheid vom 9.7.2008 ab.

4

Mit Schreiben vom 20.5.2007, tituliert als "Mahnung", forderte die Beklagte die Klägerin zur Zahlung des von der ARGE geltend gemachten Erstattungsbetrages auf und machte in diesem Schreiben zusätzlich Mahngebühren in Höhe von 2,05 Euro geltend. Hiergegen legte die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, dass der gegen den Bescheid vom 17.4.2007 erhobene Widerspruch aufschiebende Wirkung habe und die Forderung daher nicht fällig sei.

5

Nachdem die Beklagte am 13.7.2007 die Forderung gegen die Klägerin "mit Widerspruch eingelegt" kennzeichnete, wurde die Mahngebühr storniert. Mit Bescheid vom 13.11.2007 verwarf die Beklagte den Widerspruch als unzulässig und lehnte die Erstattung der im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen ab.

6

Auf die Klage änderte das SG den Widerspruchsbescheid vom 13.11.2007 im Tenor unter Ziffer 2 dahingehend ab, dass die Beklagte die notwendigen Kosten des Widerspruchsverfahrens zu erstatten habe und die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig erklärt werde (Gerichtsbescheid vom 5.11.2009). Die hiergegen vom SG zugelassene und von der Beklagten eingelegte Berufung wies das LSG zurück (Urteil vom 12.5.2010). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Das SG habe die Beklagte zu Recht verurteilt, die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu erstatten und die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts für erforderlich erklärt. Dies folge aus § 63 SGB X. Das Schreiben der Beklagten vom 20.5.2007 enthalte insoweit einen Verwaltungsakt, als gegenüber der Klägerin Mahngebühren festgesetzt worden seien. Es handele sich aufgrund gesetzlicher Grundlage um ein hoheitliches Handeln mit Außenwirkung zur Regelung eines Einzelfalls. Die Regelung bestehe darin, dass der Adressat unmittelbar verpflichtet werde, die Mahngebühr zu zahlen. Der Rechtsgrund für das Entstehen der Mahngebühr werde erst durch die Mahnung selbst begründet, daher teile die Mahngebühr, als von der Mahnung unabhängig, nicht den Rechtscharakter der Mahnung. Der auf Aufhebung gerichtete Widerspruch der Klägerin sei daher zulässig und begründet. Die der Mahngebühr zugrundeliegende Forderung sei nicht fällig gewesen und die Beklagte habe die Mahngebühr aufgehoben. Angesichts dessen komme es auch nicht darauf an, ob die Beklagte überhaupt in eigenem Namen Mahngebühren erheben könne. Die Beklagte habe die Mahngebühr aufgehoben, sodass der Widerspruch erfolgreich gewesen sei und die Beklagte die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten habe. Eine ursächliche Verknüpfung zwischen der Widerspruchserhebung und der begünstigenden Entscheidung der Beklagten bestehe insoweit, als die Beklagte die Mahngebühr nach Bestätigung der Widerspruchseinlegung durch die ARGE und entsprechender Kennzeichnung der Forderung aufgehoben habe. Auch sei die Hinzuziehung des Rechtsanwalts notwendig gewesen. Der Klägerin sei aufgrund ihrer individuellen Fähigkeiten nicht zuzumuten gewesen, das Verfahren alleine zu betreiben. Dies habe sich durch die Ausführungen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung - die Klägerin sei Analphabetin und stehe zwischenzeitlich sogar unter Betreuung - zur Überzeugung des Senats verfestigt.

7

Die Beklagte rügt - nach Zulassung der Revision durch den Senat mit Beschluss vom 6.4.2011 (B 4 AS 160/10 B) - nur noch die Verletzung materiellen Rechts - des § 63 Abs 2 SGB X. Zwar habe das BSG mit Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 54/10 R - inzwischen entschieden, dass es sich bei der Festsetzung von Mahngebühren um einen Verwaltungsakt handele, der mit Widerspruch und Anfechtungsklage angefochten werden könne. Die Rechtsauffassung des LSG zu diesem Punkt sei daher nicht zu beanstanden. Unabhängig von der Frage, ob der Widerspruch vorliegend "erfolgreich" iS des § 63 Abs 1 S 1 SGB X gewesen sei, sei jedenfalls die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts nicht "notwendig" iS des § 63 Abs 2 SGB X gewesen. Der Klägerin sei zuzumuten gewesen, das Verfahren selbst zu führen. So habe sie noch vor Widerspruchserhebung durch ihren Prozessbevollmächtigten bei der Beklagten telefonisch eine Ratenzahlungsvereinbarung, die auch die Mahngebühr beinhaltet habe, geschlossen. Dies zeige, dass sie durchaus auch ohne anwaltliche Beratung imstande gewesen sei, ihre Rechte eigenständig wahrzunehmen. Zudem impliziere bereits das Verhältnis der Höhe der Mahngebühr an sich als auch im Verhältnis zur Hauptforderung, dass bei objektiver Betrachtung ein vernünftiger Bürger sich keines Rechtsanwalts bedient hätte.

8

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. Mai 2010 sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 5. November 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Eine Verletzung des § 63 SGB X durch das LSG sei nicht ersichtlich. Ein rechtswidriger Verwaltungsakt müsse nicht hingenommen werden. Auch die Geringfügigkeit der Mahngebühr rechtfertige nicht, von einem Kostenübernahmeerfordernis abzusehen. Allenfalls sei denkbar, im Rahmen der Entscheidung bezüglich der Höhe der geltend gemachten Anwaltsgebühr Abstriche zu machen, nicht jedoch dem Grunde nach.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet.

12

Das LSG hat zu Recht entschieden, dass die Beklagte der Klägerin die für den Widerspruch mit Schreiben vom 18.6.2007 entstandenen notwendigen Aufwendungen zu erstatten hat.

13

1. Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensfehler liegen nicht vor. An der Prozessfähigkeit der Klägerin bestehen keine durchgreifenden Zweifel. Jedenfalls wäre ein etwaiger Mangel in der Prozessführung durch ausdrückliche Genehmigung der Betreuerin geheilt.

14

2. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist ausschließlich die Entscheidung über die Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen im Widerspruchsbescheid vom 13.11.2007 für das Vorverfahren gegen die Festsetzung der Mahngebühren mit Schreiben vom 20.5.2007. Die Klägerin hat ihr Begehren ausdrücklich hierauf beschränkt. Sie verfolgt ihr Begehren zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG).

15

3. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, dass die Klägerin gegen die Beklagte Anspruch auf Aufwendungsersatz gemäß § 63 Abs 1 S 1 SGB X hat.

16

Nach § 63 Abs 1 S 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist.

17

Der Anwendungsbereich des § 63 Abs 1 S 1 SGB X ist eröffnet, weil die Verwerfung des Widerspruchs als unzulässig durch die Beklagte zu Unrecht erfolgte. Vielmehr handelt es sich bei der in der Mahnung enthaltenen Festsetzung von Mahngebühren um einen Verwaltungsakt gemäß § 31 SGB X, der mit Widerspruch und Anfechtungsklage angefochten werden kann. Der erkennende Senat schließt sich insoweit der Auffassung des 14. Senats des BSG, die Festsetzung von Mahngebühren enthalte eine für den betroffenen Schuldner verbindliche Einzelfallregelung, ausdrücklich an (s zur Verwaltungsaktqualität der Festsetzung von Mahngebühren und zur Unzulässigkeit der Übertragung der Aufgabe "Forderungseinzug" auf die BA: BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 54/10 R - BSGE 108, 229 = SozR 4-4200 § 44b Nr 3). Es kann deshalb unentschieden bleiben, ob die Rechtsprechung des BSG, dass die Geltendmachung einer Forderung selbst durch Mahnung kein Verwaltungsakt sei (vgl BSG Beschluss vom 5.8.1997 - 11 BAr 95/97 - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 7.6.1999 - B 7 AL 264/98 B - juris RdNr 8) auch Fallgestaltungen erfasst, bei denen die Mahnung durch eine unzuständige Behörde erfolgt (hierzu BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 54/10 R - BSGE 108, 229 = SozR 4-4200 § 44b Nr 3, jeweils RdNr 18 ff).

18

Der Widerspruch der Klägerin gegen das Schreiben der Beklagten vom 20.5.2008 war auch erfolgreich. Erfolg iS des § 63 Abs 1 S 1 SGB X hat nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der Widerspruch dann, wenn die Behörde ihm stattgibt(vgl zuletzt BSG Urteil vom 19.6.2012 - B 4 AS 142/11 R sowie BSG Urteile vom 21.7.1992 - 4 RA 20/91 - SozR 3-1300 § 63 Nr 3, S 13; vom 17.10.2006 - B 5 RJ 66/04 R - SozR 4-1300 § 63 Nr 5 RdNr 14; vom 20.10.2010 - B 13 R 15/10 R - SozR 4-1500 § 193 Nr 6 RdNr 30; vom 2.5.2012 - B 11 AL 23/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Dabei ist der Erfolg oder Misserfolg eines eingelegten Widerspruchs am tatsächlichen (äußeren) Verfahrensgang der §§ 78 ff SGG zu messen. Die Beklagte hat ihm dadurch stattgegeben, dass sie die Mahngebühr storniert hat und dies gegenüber der Klägerin verlautbart hat. Unerheblich ist insoweit, aus welchen Gründen der Widerspruch in der Sache Erfolg hatte.

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4. Die Beklagte kann sich insoweit auch nicht darauf berufen, dass ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte hinsichtlich der Gebühren und Auslagen des bevollmächtigten Rechtsanwalts mit Rücksicht auf die geringe Höhe der Mahngebühr ausscheide. Insoweit ist mit den Tatsacheninstanzen zu erkennen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts notwendig iS des § 63 Abs 2 SGB X gewesen ist. Nach dieser Vorschrift sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig ist. Es ist insoweit auf die Sicht eines verständigen Beteiligten im Zeitpunkt der Beauftragung abzustellen (vgl nur Roos in von Wulffen, 7. Aufl 2010, § 63 RdNr 26; Feddern in jurisPK-SGB X § 63 RdNr 33 f).

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Ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts notwendig ist, kann nicht allein anhand des im Widerspruchsverfahren geltend gemachten Betrages beurteilt werden. Insoweit kann sinngemäß zur weiteren Ausfüllung des Merkmals auf die Grundsätze zurückgegriffen werden, die das BVerfG zum Merkmal der Erforderlichkeit von Prozesskostenhilfe entwickelt hat (BVerfG vom 24.3.2011 - 1 BvR 2493/10 - NZS 2011, 775; BVerfG vom 24.3.2011 - 1 BvR 1737/10 - NJW 2011, 2039). Entscheidender Maßstab ist hiernach nicht das Verhältnis von Streitwert und Kostenrisiko, sondern die Wahrung des Grundsatzes der Waffengleichheit. Da dem Widerspruchsführer rechtskundige und prozesserfahrene Vertreter einer Behörde gegenüberstehen, kann die Notwendigkeit einer Zuziehung nur ausnahmsweise verneint werden. Denn es ist davon auszugehen, dass die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Wahrnehmung der eigenen Interessen regelmäßig erfolgt, wenn im Kenntnisstand und Fähigkeiten der Prozessparteien ein deutliches Ungleichgewicht besteht.

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Die vorstehenden Grundsätze werden durch das Urteil des 14. Senats des BSG vom 12.7.2012 - B 14 AS 35/12 R - zur Veröffentlichung vorgesehen - nicht infrage gestellt. Zwar ist mit dieser Entscheidung das Rechtsschutzbedürfnis für ein Klagebegehren in der Hauptsache verneint worden, das aus Sicht des Klägers denkbar allein auf die Verletzung der Rundungsregelung des § 41 Abs 2 SGB II gestützt werden konnte. Gleichwohl hat der 14. Senat jedoch ausgeführt, dass die Höhe der geltend gemachten Forderung nicht "schlechterdings und für sich allein betrachtet zum Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses" führe. Vielmehr fehle es am Rechtschutzbedürfnis nur dann, wenn besondere Umstände vorlägen, die das subjektive oder objektive Interesse an der Durchführung des Rechtsstreits entfallen ließen. Derartige besondere Umstände hat der 14. Senat bei einem isolierten Streit über die Anwendung der Rundungsregelung angenommen, die nicht aus Gründen der Existenzsicherung sondern zur Vereinfachung verwaltungsinterner Abläufe geschaffen worden sei. Eine Abkehr vom "Grundsatz der Waffengleichheit" kann aus dieser Entscheidung folglich nicht hergeleitet werden.

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Die hier vorliegenden Gesamtumstände rechtfertigen die Annahme einer Ausnahme nicht. Ein derartiger - hier jedoch nicht vorliegender - Ausnahmefall kann in Fällen der vorliegenden Art zB erwogen werden, wenn es um die Klärung tatsächlicher Fragen geht oder aus dem angegriffenen Bescheid ersichtlich ist, dass die Entscheidung auf einem Missverständnis beruht, das vom Widersprechenden leicht aufzuklären ist. Die Klägerin konnte der Mahnung insbesondere nicht entnehmen, dass die Geltendmachung der Forderung einschließlich der Mahngebühren auf der Vorstellung beruhte, dass kein Widerspruch gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid eingelegt worden war.

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Der zu beurteilende Sachverhalt ist im Übrigen dadurch gekennzeichnet, dass sich die Klägerin der Geltendmachung des gesamten Rückforderungsbetrages zuzüglich der fraglichen Mahngebühren durch eine unzuständige Behörde ausgesetzt sah. In einer derartigen Situation lag die Einschaltung eines Rechtsanwalts für einen verständigen Betroffenen jedenfalls nahe.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.