Sozialgericht Nürnberg Beschluss, 16. Jan. 2017 - S 16 AS 1483/16 ER

16.01.2017

Tenor

I. Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Untersagung der Vollziehung der Erstattungsbescheide vom 10.05.2013 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 21.05.2014 sowie in Gestalt des Vergleichs vom 27.04.2016 bis zur Bekanntgabe eines Umsetzungsbescheides.

Der Antragsgegner forderte wie folgt vom Antragsteller Leistungen zurück:

– Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 10.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 (Az.: 710G W 327/13) über den Leistungszeitraum vom 01.01.2005 bis 31.05.2005: (monatlich und nach Art der Leistung aufgeschlüsselt); Gesamtsumme: 1.368,10 €.

– Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 10.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 (Az.: 710G W 268/14) über den Leistungszeitraum vom 01.06.2005 bis 30.11.2005: (monatlich und nach Art der Leistung aufgeschlüsselt); Gesamtsumme: 3.390,00 €.

– Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 10.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 (Az.: 710G W 269/14) über den Leistungszeitraum vom 01.12.2005 bis 31.05.2006: (monatlich und nach Art der Leistung aufgeschlüsselt); Gesamtsumme: 3.390,00 €.

– Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 10.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 (Az.: 710G W 270/14) über den Leistungszeitraum vom 01.06.2006 bis 30.11.2006: (monatlich und nach Art der Leistung aufgeschlüsselt); Gesamtsumme: 3.390,00 €.

– Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 10.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 (Az.: 710G W 271/14) über den Leistungszeitraum vom 01.12.2006 bis 31.05.2007: (monatlich und nach Art der Leistung aufgeschlüsselt); Gesamtsumme: 3.318,86 €.

– Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 10.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 (Az.: 710G W 272/14) über den Leistungszeitraum vom 01.06.2007 bis 30.11.2007: (monatlich und nach Art der Leistung aufgeschlüsselt); Gesamtsumme: 3.730,00 €.

– Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 10.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 (Az.: 710G W 273/14) über den Leistungszeitraum vom 01.12.2007 bis 31.05.2008: (monatlich und nach Art der Leistung aufgeschlüsselt); Gesamtsumme: 3.732,00 €.

– Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 10.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 (Az.: 710G W 274/14) über den Leistungszeitraum vom 01.06.2008 bis 30.11.2008: (monatlich und nach Art der Leistung aufgeschlüsselt); Gesamtsumme: 3.726,29 €.

– Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 10.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 (Az.: 710G W 275/14) über den Leistungszeitraum vom 01.12.2008 bis 31.05.2009: (monatlich und nach Art der Leistung aufgeschlüsselt); Gesamtsumme: 3.906,00 €.

– Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 10.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 (Az.: 710G W 276/14) über den Leistungszeitraum vom 01.06.2009 bis 30.11.2009: (monatlich und nach Art der Leistung aufgeschlüsselt); Gesamtsumme: 3.946,00 €.

– Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 10.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 (Az.: 710G W 279/14) über den Leistungszeitraum vom 01.12.2009 bis 31.05.2010: (monatlich und nach Art der Leistung aufgeschlüsselt); Gesamtsumme: 3.954,00 €.

– Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 10.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 (Az.: 710G W 280/14) über den Leistungszeitraum vom 01.06.2010 bis 30.11.2010: (monatlich und nach Art der Leistung aufgeschlüsselt); Gesamtsumme: 3.954,00 €.

– Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 10.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 (Az.: 710G W 281/14) über den Leistungszeitraum vom 01.12.2010 bis 31.05.2011: (monatlich und nach Art der Leistung aufgeschlüsselt); Gesamtsumme: 3.979,00 €.

– Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 10.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 (Az.: 710G W 282/14) über den Leistungszeitraum vom 01.06.2011 bis 30.11.2011: (monatlich und nach Art der Leistung aufgeschlüsselt); Gesamtsumme: 3.970,26 €.

– Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 10.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 (Az.: 710G W 283/14) über den Leistungszeitraum vom 01.12.2011 bis 31.05.2012: (monatlich und nach Art der Leistung aufgeschlüsselt); Gesamtsumme: 3.263,70 €.

Im Verfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg, S 8 AS 692/14 schlossen die Beteiligten folgenden Vergleich (wörtlich) in der mündlichen Verhandlung am 27.04.2016:

I.

Unter Abänderung der Bescheide vom 10.05.2013, in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 21.05.2014, wird die Aufhebung der Bewilligung um die Rückzahlungsverpflichtung erst ab 01.06.2007 ausgesprochen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Beteiligten erklären den Rechtsstreit in vollem Umfang für erledigt.

Der Antragsgegner führt aus, dass bereits mit Schreiben vom 12.07.2016 die Agentur für Arbeit dem Antragsteller mitgeteilt habe, dass die am 01.07.2013 fällige Forderung des Jobcenters in Höhe von 38.311,25 € noch nicht vollständig eingegangen sei. Die Zahlung werde bis spätestens 26.07.2016 erwartet. Durch die Mahnung seien Gebühren gemäß § 19 Absatz 2 Verwaltungsvollstreckungsgesetz in Höhe von 150,00 € entstanden. Eine detaillierte Aufstellung sei dem Schreiben beigefügt. Eine Rechtsbehelfsbelehrung:hinsichtlich der Festsetzung der Mahngebühr sei ausgesprochen worden.

Die beiliegende Forderungsaufstellung habe folgende Eintragungen enthalten:

Forderung Bescheid Fälligkeit Restbetrag Arbeitslosengeld II

01.06.2007-30.11.2007 Aufhebungs- und Erstattungsbescheid 10.05.2013 Jobcenter C-Stadt, Stadt 01.07.2013 2.080,00 € KdU - Unterkunft/Heizung

01.06.2007 - 31.10.2007 Aufhebungs- und Erstattungsbescheid 10.05.2013 Jobcenter C-Stadt, Stadt 01.07.2013 1.375,00 € Sozialgeld

01.11.2007 - 30.11.2007 Aufhebungs- und Erstattungsbescheid 10.05.2013 Jobcenter C-Stadt, Stadt 01.07.2013 275,00 € Arbeitslosengeld II

01.12.2007 - 31.05.2008 Aufhebungs- und Erstattungsbescheid 10.05.2013 Jobcenter C-Stadt, Stadt 01.07.2013 1,735,00 € KdU - Unterkunft/Heizung

01.12.2007 - 31.05.2008 Aufhebungs- und Erstattungsbescheid 10.05.2013 Jobcenter C-Stadt, Stadt 01.07.2013 1.997,00 € Arbeitslosengeld II

01.06.2008 - 30.11.2008 Aufhebungs- und Erstattungsbescheid 10.05.2013 Jobcenter C-Stadt, Stadt 01.07.2013 2.102,00 € KdU - Unterkunft/Heizung

01.06.2008 - 30.11.2008 Aufhebungs- und Erstattungsbescheid 10.05.2013 Jobcenter C-Stadt, Stadt 01.07.2013 1.524,29 € Alg II -Geld-/Sachleistungen § 23 Abs. 1 SGB II

01.11.2008 - 30.11.2008 Aufhebungs- und Erstattungsbescheid 10.05.2013 Jobcenter C-Stadt, Stadt 01.07.2013 100,00 € Arbeitslosengeld II

01.12.2008 - 31.05.2009 Aufhebungs- und Erstattungsbescheid 10.05.2013 Jobcenter C-Stadt, Stadt 01.07.2013 2.106,00 € KdU - Unterkunft/Heizung

01.12.2008 - 31.05.2009 Aufhebungs- und Erstattungsbescheid 10.05.2013 Jobcenter C-Stadt, Stadt 01.07.2013 1.800,00 € Arbeitslosengeld II

01.06.2009 - 30.11.2009 Aufhebungs- und Erstattungsbescheid 10.05.2013 Jobcenter C-Stadt, Stadt 01.07.2013 2.146,00 € KdU - Unterkunft/Heizung

01.06.2009 - 30.11.2009 Aufhebungs- und Erstattungsbescheid 10.05.2013 Jobcenter C-Stadt, Stadt 01.07.2013 1.800,00 € Arbeitslosengeld II

01.12.2009 - 31.05.2010 Aufhebungs- und Erstattungsbescheid 10.05.2013 Jobcenter C-Stadt, Stadt 01.07.2013 2.154,00 € KdU - Unterkunft/Heizung

01.12.2009 - 31.05.2010 Aufhebungs- und Erstattungsbescheid 10.05.2013 Jobcenter C-Stadt, Stadt 01.07.2013 1.800,00 € Arbeitslosengeld II

01.06.2010 - 30.11.2010 Aufhebungs- und Erstattungsbescheid 10.05.2013 Jobcenter C-Stadt, Stadt 01.07.2013 2.154,00 € KdU - Unterkunft/Heizung

01.06.2010 - 30.11.2010 Aufhebungs- und Erstattungsbescheid 10.05.2013 Jobcenter C-Stadt, Stadt 01.07.2013 1.800,00 € Arbeitslosengeld II

01.12.2010 - 31.05.2011 Aufhebungs- und Erstattungsbescheid 10.05.2013 Jobcenter C-Stadt, Stadt 01.07.2013 2.179,00 € KdU - Unterkunft/Heizung

01.12.2010 - 31.05.2011 Aufhebungs- und Erstattungsbescheid 10.05.2013 Jobcenter C-Stadt, Stadt 01.07.2013 1.800,00 € Arbeitslosengeld II

01.06.2011 - 30.11.2011 Aufhebungs- und Erstattungsbescheid 10.05.2013 Jobcenter C-Stadt, Stadt 01.07.2013 2.074,80 € KdU - Unterkunft/Heizung

01.06.2011 - 30.11.2011 Aufhebungs- und Erstattungsbescheid 10.05.2013 Jobcenter C-Stadt, Stadt 01.07.2013 1.895,46 € Arbeitslosengeld II

01.12.2011 - 31.05.2012 Aufhebungs- und Erstattungsbescheid 10.05.2013 Jobcenter C-Stadt, Stadt 01.07.2013 1.593,75 € KdU - Unterkunft/Heizung

01.12.2011 - 31.05.2012 Aufhebungs- und Erstattungsbescheid 10.05.2013 Jobcenter C-Stadt, Stadt 01.07.2013 1.669,95 € Mahngebühr Mahnung 12.07.2016 Jobcenter C-Stadt, Stadt 150,00 € Gesamtsumme 38.311,25 € Mit Zahlungserinnerung vom 13.12.2016 teilte die Agentur für Arbeit dem Antragsteller mit, dass die am 01.07.2013 fällige Forderung des Jobcenters in Höhe von 38.311,25 € noch nicht beglichen sei. Nähere Angaben seien der beigefügten Forderungsaufstellung (s.o.) zu entnehmen. Die Zahlung werde bis spätestens 28.12.2016 erwartet.

Am 28.12.2016, mit Schriftsatz vom selben Tag, stellte der Antragstellerbevollmächtigte Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Nürnberg. Gegen die Rücknahme- und Erstattungsbescheide habe der Antragsteller vor dem Sozialgericht Nürnberg Klage erhoben. Die Beteiligten hätten einen Vergleich in dem Verfahren geschlossen. Bis zum heutigen Tage habe der Antragsgegner jedoch keinen Umsetzungsbescheid bekannt gegeben. Trotzdem sei die Agentur für Arbeit vom Antragsgegner mit der Vollziehung beauftragt worden. Diese habe einen weiteren Bescheid vom 13.12.2016 erteilt und habe den vermögenlosen Antragsteller zur Zahlung einer nicht näher spezifizierten Betrages in Höhe von 38.311,25 € aufgefordert und habe eine Mahngebühr in Höhe von 150,00 € festgesetzt. Die Klage gegen den Erstattungsbescheid habe aufschiebende Wirkung gehabt. Selbst wenn die aufschiebende Wirkung durch den Abschluss des Vergleichs beendet worden sein sollte, hätte es zur Fälligkeit der Forderungen vor Erteilung einer Mahnung zunächst eines Umsetzungsbescheides durch den Antragsgegner bedurft, da die Forderung von ursprünglich 53.018,21 € durch den Vergleich erheblich reduziert worden sei. Da der Vergleich jedoch keine betragsmäßige sondern lediglich eine zeitliche Verpflichtung enthalte, habe es eines Umsetzungsbescheides bedurft. Die Höhe der Forderungen sei andernfalls nicht nachvollziehbar. Die Zahlungsaufforderung vom 13.12.2016 sei der erste Posteingang nach Abschluss des Vergleichs gewesen. Da der Antragsteller auf Grund seiner Inhaftierung sowie seines niedrigen Einkommens ohnedies nicht zur Zahlung von nennenswerten Raten imstande sein dürfte und dem Antragsgegner dies bekannt sei, erscheine die Aufforderungen zur Zahlung des Betrages von 38.311,25 € innerhalb von lediglich zwei Wochen unverhältnismäßig.

Der Antragsteller beantragt wörtlich:

Der Antragsgegnerin wird im Wege einer einstweiligen Anordnung untersagt die Erstattungsbescheide vom 10.05.2013 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 21.05.2014 sowie in Gestalt des Vergleichs vom 27.04.2016 bis zur Bekanntgabe eines Umsetzungsbescheides zu vollziehen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abzuweisen.

Der Antrag sei unbegründet, da weder ein Anordnungsanspruch, noch ein Anordnungsgrund vorliege. Der Antragsteller habe im Bewilligungszeitraum vom 01.01.2005 bis 31.05.2012 vom Jobcenter C-Stadt Stadt Leistungen nach dem SGB II zu Unrecht bezogen. Polizeiliche Ermittlungen hätten ergeben, dass der Antragsteller gewerbsmäßig als selbstständiger Schrotthändler tätig gewesen sei, ohne dies dem Antragsgegner mitzuteilen. Die Leistungsbescheide seien daher mit Rücknahme- und Erstattungsbescheiden vom 10.05.2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 21.05.2014 zurückgefordert worden. Der Antragsteller sei daraufhin zu einer mehrjährigen Haftstrafe wegen Betruges verurteilt worden. Im sozialgerichtlichen Verfahren S 8 AS 692/14 sei (oben angeführter) Vergleich geschlossen worden. In Umsetzung dieses Vergleichs sei die Erstattungsforderung auf den Gesamtbetrag in Höhe von 38.311,25 € reduziert worden. Dies entspreche den jeweiligen Erstattungsbescheiden für den Zeitraum vom 01.06.2007 bis zum 31.05.2012. Dies sei dem Forderungseinzug zur Vollstreckung übergeben worden. Eines gesonderten Ausführungsbescheides habe es nicht bedurft.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakten des Antragsgegners (Band VI und VII) Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist unbegründet. Die Zwangsvollstreckung in Höhe von 38.311,25 € ist nicht zu beanstanden. Dies gilt sowohl für die Summe in Höhe von 38.161,25 € auf Grundlage der Rückforderungs- und Erstattungsbescheide vom 10.05.2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 21.05.2014 über den Zeitraum 01.06.2007 bis 31.05.2012 (hierzu 1.), als auch hinsichtlich der Mahngebühr in Höhe von 150,00 € (hierzu 2.).

1. Die (vorläufige) Einstellung der Zwangsvollstreckung wird nicht angeordnet. Es besteht kein Anordnungsanspruch.

Passivlegitimiert für den Antrag ist (zumindest auch) das Jobcenter C-Stadt Stadt. Jedenfalls im Anwendungsbereich des VwVG obliegt es der ersuchenden Behörde in jeder Verfahrenslage auf Änderungen oder Fehler zu reagieren, die die Rechtmäßigkeit der Vollstreckungsanordnung berühren (Bundessozialgericht, Urteil vom 25.06.2015, Az.: B 14 AS 38/14 R - zitiert nach juris). Dies ergibt sich (nunmehr) auch aus § 44b Absatz 4 Sätze 1 und 2 i.V.m. §§ 88 bis 92 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) (vgl. zur Rechtslage vor Einführung des § 44b Absatz 4 Satz 2 SGB II: Bundessozialgericht, Urteil vom 26.05.2011, B 14 AS 54/10 R, Rn. 20 ff. - zitiert nach juris).

Statthaft ist die Regelungsanordnung gemäß § 86b Absatz 2 Satz 2 SGG (vgl. D., Beschluss vom 29.04.2014, Az.: L 7 AS 260/14 B ER, Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28.01.2008, Az.: L 11 AL 165/07 ER - jeweils zitiert nach juris). Es handelt es sich bei der Zahlungserinnerung der Agentur für Arbeit vom 13.12.2016 betreffend der Erinnerung zur Zahlung der Summen aus den Rückforderungs- und Erstattungsbescheiden vom 10.05.2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 21.05.2014 über den Zeitraum 01.06.2007 bis 31.05.2012 um keinen eigenständigen Bescheid. Weder formal, noch inhaltlich erfolgt hier eine Regelung. Es handelt sich lediglich um eine Forderungsaufstellung und Zahlungserinnerung.

§ 86b Absatz 1 SGG bestimmt: Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

  • 1.in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,

  • 2.in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,

  • 3.in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.

Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

§ 86b Absatz 2 Satz 1 SGG bestimmt: Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Absatz 2 Satz 2 SGG).

Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den der Antragsteller sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der Antragsteller glaubhaft zu machen (vgl. D., Beschluss vom 21.11.2016, Az.: L 11 AS 671/16 ER - zitiert nach juris). Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Umfang (Bundesverfassungsgericht vom 12.05.2005 - Breithaupt 2005, 803) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragsteller zu entscheiden (D., Beschluss vom 21.11.2016, Az.: L 11 AS 671/16 ER - zitiert nach juris).

Im vorliegenden Fall ist ein Anordnungsanspruch nicht feststellbar.

Eine Einstellung der Zwangsvollstreckung erfolgt nach Maßgabe des § 40 Absatz 6 Halbsatz 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) i.V.m. § 5 Absatz 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG) i.V.m. § 257 Absatz 1 Abgabenordnung (AO).

Hiernach ist die Vollstreckung einzustellen oder zu beschränken, sobald

  • 1.die Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen des § 251 Abs. 1 weggefallen sind,

  • 2.der Verwaltungsakt, aus dem vollstreckt wird, aufgehoben wird,

  • 3.der Anspruch auf die Leistung erloschen ist,

  • 4.die Leistung gestundet worden ist.

Nach § 251 Absatz 1 Satz 1 AO können Verwaltungsakte vollstreckt werden, soweit nicht ihre Vollziehung ausgesetzt oder die Vollziehung durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gehemmt ist (§ 361; § 69 der Finanzgerichtsordnung).

Die Voraussetzungen für die Einstellung der Zwangsvollstreckung liegen nicht vor. Es bestehen keine Anhaltspunkte gegen die grundsätzliche Übertragung des Forderungseinzuges durch den Antragsgegner auf die Agentur für Arbeit gemäß § 44c Absatz 2 Satz 2 Nr. 4 SGB II i.V.m. § 44b Absatz 4 SGB II. Die Agentur für Arbeit handelte auch ausdrücklich im Namen des Antragsgegners („Das für diese Forderung zuständige Jobcenter hat die Bundesagentur für Arbeit mit der Wahrnehmung des Forderungseinzuges beauftragt - § 44c Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 i.V.m. § 44b Abs. 4 SGB II“).

Auch im Übrigen ist die Zwangsvollstreckung nicht zu beanstanden. Die Zwangsvollstreckung erfolgt nicht aus dem gerichtlichen Vergleich in der mündlichen Verhandlung am 27.04.2016 im Verfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg, S 8 AS 692/14 (§ 199 Absatz 1 Nr. 3 SGG i.V.m. § 200 SGG i.V.m. dem VwVG), sondern aus den bestandskräftig gewordenen Rücknahme- und Erstattungsbescheiden vom:

– 10.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 (Az.: 710G W 272/14) über den Leistungszeitraum vom 01.06.2007 bis 30.11.2007; Gesamtsumme: 3.730,00 €.

– 10.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 (Az.: 710G W 273/14) über den Leistungszeitraum vom 01.12.2007 bis 31.05.2008; Gesamtsumme: 3.732,00 €.

– 10.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 (Az.: 710G W 274/14) über den Leistungszeitraum vom 01.06.2008 bis 30.11.2008; Gesamtsumme: 3.726,29 €.

– 10.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 (Az.: 710G W 275/14) über den Leistungszeitraum vom 01.12.2008 bis 31.05.2009; Gesamtsumme: 3.906,00 €.

– 10.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 (Az.: 710G W 276/14) über den Leistungszeitraum vom 01.06.2009 bis 30.11.2009; Gesamtsumme: 3.946,00 €.

– 10.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 (Az.: 710G W 279/14) über den Leistungszeitraum vom 01.12.2009 bis 31.05.2010; Gesamtsumme: 3.954,00 €.

– 10.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 (Az.: 710G W 280/14) über den Leistungszeitraum vom 01.06.2010 bis 30.11.2010; Gesamtsumme: 3.954,00 €.

– 10.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 (Az.: 710G W 281/14) über den Leistungszeitraum vom 01.12.2010 bis 31.05.2011; Gesamtsumme: 3.979,00 €.

– 10.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 (Az.: 710G W 282/14) über den Leistungszeitraum vom 01.06.2011 bis 30.11.2011; Gesamtsumme: 3.970,26 €.

– 10.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 (Az.: 710G W 283/14) über den Leistungszeitraum vom 01.12.2011 bis 31.05.2012; Gesamtsumme: 3.263,70 €.

Die Bescheide wurde bestandskräftig durch den Vergleich vom 27.04.2016 im Verfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg, S 8 AS 692/14. Eines Ausführungsbescheides bedurfte es hierzu nicht. Dass mit dem Vergleich keine Summe berechnet wurde und dieser für den Antragsgegner zu Lasten des Antragstellers keinen vollstreckbaren Inhalt hat, kann dahinstehen. Auch kann dahinstehen, inwiefern der Antragsteller aus dem Vergleich dahingehend einen (vollstreckbaren) Anspruch hat, dass der Antragsgegner verpflichtet ist, die Bescheide, die die Rückforderung und Erstattung für den Zeitraum 01.01.2005 bis 31.05.2007 noch formell zurückzunehmen. Im Einzelnen:

– Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 10.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 (Az.: 710G W 327/13) über den Leistungszeitraum vom 01.01.2005 bis 31.05.2005; Gesamtsumme: 1.368,10 €.

– Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 10.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 (Az.: 710G W 268/14) über den Leistungszeitraum vom 01.06.2005 bis 30.11.2005; Gesamtsumme: 3.390,00 €.

– Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 10.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 (Az.: 710G W 269/14) über den Leistungszeitraum vom 01.12.2005 bis 31.05.2006; Gesamtsumme: 3.390,00 €.

– Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 10.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 (Az.: 710G W 270/14) über den Leistungszeitraum vom 01.06.2006 bis 30.11.2006; Gesamtsumme: 3.390,00 €.

– Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 10.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 (Az.: 710G W 271/14) über den Leistungszeitraum vom 01.12.2006 bis 31.05.2007; Gesamtsumme: 3.318,86 €.

Jedenfalls werden keine Bescheide für den Zeitraum bis 31.05.2007 vollstreckt. Der Vergleich bezieht sich ersichtlich auf den Zeitraum bis 31.05.2007 bzw. ab 01.06.2007, mithin auf einen kompletten Bewilligungsabschnitt. Zwar wäre es auch möglich gewesen, anstelle einer „Abänderung“ der Bescheide vom 10.05.2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 21.05.2014, die konkreten zurückzunehmenden Bescheide (bis zum Ende des Bewilligungsabschnitts am 31.05.2007) zu benennen und (nach Kostenregelung) im Übrigen den Rechtsstreit für erledigt zu erklären. Dass dies jedoch nicht geschehen ist, hat keine Auswirkungen, da ersichtlich an einem Bewilligungsendzeitpunkt (31.05.2007/01.06.2007) eine Zäsur getroffen wurde und daher auch kein Bescheid für sich nochmals teilkorrigiert hätte werden müssen.

Es ist auch ersichtlich, welche Forderungen mit dem Schreiben der Agentur für Arbeit vom 13.12.2016 auf Grundlage welcher Bescheide angefordert werden. Die Forderungshöhe von 38.311,25 € ist angegeben. Näheren Angaben zu den Bescheiden und einzelnen Bewilligungsabschnitten sind aus der beigefügten Forderungsaufstellung ersichtlich. Es ist auch möglich, die einzeln aufgeführten Beträge mit den beschriebenen Rücknahme- und Erstattungsbescheide abzugleichen. Im Rahmen der Addition der einzelnen Monatsbeträge ergibt sich exakt die ausgewiesene Summe in Höhe von 38.311,25 € (einschließlich der ebenfalls aufgeführten Mahngebühr in Höhe von 150,00 €).

Die Rücknahme- und Erstattungsbescheide vom 10.05.2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 21.05.2014 betreffend die Bewilligungsabschnitte vom 01.06.2007 bis 31.05.2012 sind auch nicht aufgehoben worden. Weder durch den Vergleich, noch durch etwaige Ausführungsbescheide hinsichtlich der Bewilligungszeiträume vom 01.01.2005 bis 31.05.2007 ist dies erfolgt. Der Anspruch auf die Leistung ist auch nicht (etwa durch Zahlung) erloschen. Eine Stundung liegt nicht vor.

Auch im Rahmen einer Folgenabwägung ergibt sich kein abweichendes Ergebnis. Insbesondere erfolgte auch bereits eine inhaltliche Prüfung des Falles mit einem Vergleichsschluss durch die Beteiligten, dessen Vollstreckung nunmehr erfolgt.

2. Der Antrag ist auch unbegründet, soweit er sich gegen die Erhebung der Mahngebühr in Höhe von 150,00 € wendet. Zwar kann auch hinsichtlich der Festsetzung einer Mahngebühr, die einen Verwaltungsakt darstellt (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 26.05.2011, Az.: B 14 AS 54/10 R), gegen den Antragsgegner vorgegangen werden (vgl. § 44b Absatz 4 Satz 2 i.V.m. §§ 88 bis 92 SGB X - vgl. Landessozialgericht B-Stadt-Brandenburg, Urteil vom 24.03.2010, L 2 U 312/06), da diesem die Verantwortung für die Aufgabenübertragung verbleibt und die Verwaltungsakte im Namen der beauftragenden Behörde ergehen, vgl. § 89 Absatz 1 AGB X, § 90 SGB X. Eine Anordnung oder Feststellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs scheitert jedoch bereits daran, dass ein solcher weder vorgetragen wird, noch anderweitig ersichtlich ist. Es kann daher dahinstehen, ob die Zahlungsaufforderung vom 12.07.2016 dem Antragsteller zugegangen ist oder die Zahlungserinnerung vom 13.12.2016, wie die Antragstellerseite vorträgt, der erste Postverkehr nach Abschluss des Vergleiches vom 27.04.2016 ist.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog. Dem Antragsteller sind keine Kosten zu erstatten.

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Sozialgericht Nürnberg Beschluss, 16. Jan. 2017 - S 16 AS 1483/16 ER zitiert 18 §§.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag 1. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,2. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungskla

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(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für

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(1) Zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende bilden die Träger im Gebiet jedes kommunalen Trägers nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 eine gemeinsame Einrichtung. Die gemeinsame Einrichtung nimmt die Aufgaben der Träger nach

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 23 Besonderheiten beim Bürgergeld für nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte


Beim Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 2 gelten ergänzend folgende Maßgaben:1.Als Regelbedarf wird bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 6, vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahre

Abgabenordnung - AO 1977 | § 251 Vollstreckbare Verwaltungsakte


(1) Verwaltungsakte können vollstreckt werden, soweit nicht ihre Vollziehung ausgesetzt oder die Vollziehung durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gehemmt ist (§ 361; § 69 der Finanzgerichtsordnung). Einfuhr- und Ausfuhrabgabenbescheide können außerdem

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(1) Vollstreckt wird 1. aus gerichtlichen Entscheidungen, soweit nach den Vorschriften dieses Gesetzes kein Aufschub eintritt,2. aus einstweiligen Anordnungen,3. aus Anerkenntnissen und gerichtlichen Vergleichen,4. aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen,5

Abgabenordnung - AO 1977 | § 257 Einstellung und Beschränkung der Vollstreckung


(1) Die Vollstreckung ist einzustellen oder zu beschränken, sobald1.die Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen des § 251 Abs. 1 weggefallen sind,2.der Verwaltungsakt, aus dem vollstreckt wird, aufgehoben wird,3.der Anspruch auf die Leistung erloschen ist,

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(1) Die gemeinsame Einrichtung hat eine Trägerversammlung. In der Trägerversammlung sind Vertreterinnen und Vertreter der Agentur für Arbeit und des kommunalen Trägers je zur Hälfte vertreten. In der Regel entsenden die Träger je drei Vertreterinnen

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 88 Auftrag


(1) Ein Leistungsträger (Auftraggeber) kann ihm obliegende Aufgaben durch einen anderen Leistungsträger oder seinen Verband (Beauftragter) mit dessen Zustimmung wahrnehmen lassen, wenn dies 1. wegen des sachlichen Zusammenhangs der Aufgaben vom Auftr

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 90 Anträge und Widerspruch beim Auftrag


Der Beteiligte kann auch beim Beauftragten Anträge stellen. Erhebt der Beteiligte gegen eine Entscheidung des Beauftragten Widerspruch und hilft der Beauftragte diesem nicht ab, erlässt den Widerspruchsbescheid die für den Auftraggeber zuständige Wid

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 200


(1) Soll zugunsten einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft des öffentlichen Rechts oder einer bundesunmittelbaren Anstalt des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so richtet sich die Vollstreckung nach dem Verwaltungsvollst

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Sozialgericht Nürnberg Beschluss, 16. Jan. 2017 - S 16 AS 1483/16 ER zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Bundessozialgericht Urteil, 25. Juni 2015 - B 14 AS 38/14 R

bei uns veröffentlicht am 25.06.2015

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 30. April 2014 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 26. Mai 2011 - B 14 AS 54/10 R

bei uns veröffentlicht am 26.05.2011

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 25. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

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Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 30. April 2014 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Erstattung von Kosten der außergerichtlichen Vertretung wegen der Vollstreckung von Erstattungsbescheiden nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

2

Die Klägerin steht im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Im Anschluss an die Teilaufhebung von Leistungen und Festsetzung entsprechender Erstattungsbeträge durch Bescheide des beklagten Jobcenters vom 24.8.2011 über einen Gesamtbetrag von 104 Euro (Rückforderungen für den Zeitraum Februar bis August 2011) sowie vom 24.7.2012 über einen Betrag von 453,47 Euro (Rückforderung für Juni 2012) teilte ihr die Vollstreckungsstelle des Hauptzollamts Lörrach (im Folgenden: Hauptzollamt) durch zwei als Vollstreckungsankündigung bezeichnete Schreiben vom 18.2.2013 mit, dass sie für das Forderungsmanagement der Regionaldirektion Hessen (im Folgenden: Regionaldirektion) der Bundesagentur für Arbeit (BA) Vollstreckungen durchzuführen habe. Als Grund der Vollstreckung waren angeführt ein Bescheid des Beklagten vom 24.8.2011 über 427,80 Euro wegen Mehrbedarf bei Behinderung für den Zeitraum vom 1.2. bis 31.8.2011, Arbeitslosengeld II (Alg II) für den Zeitraum vom 1. bis 30.6.2012 sowie Kosten der Unterkunft für den Zeitraum vom 1.2. bis 31.8.2011, fällig am 12.9.2011, 10.8.2012 sowie 12.9.2011, sowie ein Bescheid vom 24.7.2012 mit einem Rückforderungsbetrag von 79,47 Euro und einer Mahngebühr von 2,55 Euro wegen Kosten der Unterkunft für den Zeitraum vom 1. bis 30.6.2012, fällig am 10.8.2012. Die mit zusätzlichen Kosten verbundene Vollstreckung (zB in bewegliche Sachen, Arbeitseinkommen, Bankguthaben) könne die Klägerin vermeiden, wenn sie die aufgeführten Beträge innerhalb von einer Woche nach Erhalt der Schreiben auf ein Konto des Hauptzollamts überweise.

3

Gegen die zwei Vollstreckungsankündigungen erhob die Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, am 23.2.2013 Widerspruch zum Beklagten und beantragte ausdrücklich nach § 257 Abs 1 Nr 1 bzw Nr 3 Abgabenordnung (AO) die Einstellung der Vollstreckung. Die mit Bescheid vom 24.8.2011 begründete Erstattungsforderung sei durch gerichtlichen Vergleich vom 7.8.2012 auf 51 Euro ermäßigt (Sozialgericht Mannheim, S 7 AS 200/12) und der Restbetrag zwischenzeitlich bezahlt worden. Gegen den Bescheid vom 24.7.2012 sei Klage mit aufschiebender Wirkung anhängig (SG Mannheim, S 7 AS 3744/12). Auf den Hinweis des Hauptzollamts, ungeachtet der auch ihm gegenüber vorgetragenen Einwendungen an den angekündigten Vollstreckungen festzuhalten (Schreiben vom 25.2.2013), beantragte die Klägerin am 14.3.2013 beim SG die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche, den sie im weiteren Verlauf für erledigt erklärte (SG Mannheim, S 5 AS 923/13 ER).

4

Im Gefolge der auf die Widersprüche eingeleiteten Prüfung veranlasste der Beklagte am 28.2.2013 die Einstellung der Vollstreckungen. Die Widersprüche selbst verwarf er dagegen als unzulässig und entschied, dass gegebenenfalls entstandene notwendige Aufwendungen nicht zu erstatten seien. Zwar sei der gerichtliche Vergleich vom 7.8.2012 zu den Bescheiden vom 24.8.2011 erst am 28.2.2013 verwaltungsmäßig vollzogen worden. Ebenfalls sei der Vollstreckungsauftrag zum Rückforderungsbescheid vom 24.7.2012 auf die dagegen erhobene Klage erst zwischenzeitlich ruhendgestellt worden. Die Widersprüche seien aber unzulässig, da Vollstreckungsankündigungen keine Verwaltungsakte seien, sondern lediglich informellen Charakter hätten. Gemäß § 63 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) seien daher Kosten nicht zu erstatten(Widerspruchsbescheid vom 19.4.2013). Im Übrigen hätte es der Widersprüche nicht bedurft, weil für eine Überprüfung eine telefonische Nachfrage des Bevollmächtigten bei ihm - dem Beklagten - ausreichend gewesen wäre, was andere Verfahrensbevollmächtigte im Sinne einer guten Zusammenarbeit zur Reduzierung von Verfahren üblicherweise praktizierten (Schriftsatz vom 20.3.2013 zu SG Mannheim S 5 AS 923/13 ER).

5

Die Klagen mit dem Ziel, den Beklagten dem Grunde nach zur Erstattung der zweckentsprechenden Aufwendungen in den Vorverfahren zu verurteilen, sind ohne Erfolg geblieben (Gerichtsbescheid des SG vom 15.10.2013; Urteil des Landessozialgerichts vom 30.4.2014): Eine Vollstreckungsankündigung sei kein Verwaltungsakt, denn als Zahlungsaufforderung fehle es an einer Regelung im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X. Rechtsschutz sei im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 86b Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu erlangen.

6

Mit ihrer vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 31 Satz 1 und § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X. Die Vollstreckungsankündigung dokumentiere für den Betroffenen, dass die Vollstreckung durch Vollstreckungsanordnung eingeleitet worden sei. Diese Einleitung stelle einen Verwaltungsakt dar. Im Übrigen könnten Kosten nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ungeachtet des Verfahrensausgangs aus Gründen der Klageveranlassung zuzusprechen sein.

7

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 30. April 2014, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 15. Oktober 2013 und die Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 19. April 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung gegen die Vollstreckungsankündigungen des Hauptzollamts Lörrach vom 18. Februar 2013 notwendigen Aufwendungen zu erstatten.

8

Der Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Im Ergebnis zutreffend haben die Vorinstanzen entschieden, dass die geltend gemachten Kostenerstattungsansprüche nicht bestehen. Gegen die Ankündigung der Vollstreckung durch das Hauptzollamt aus dem Bescheid eines Jobcenters ist der Widerspruch nicht gegeben (dazu 3.) und der Erfolg des in dem Widerspruch verkörperten Antrags auf Einstellung der Vollstreckung begründet keine Ansprüche nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X(dazu 4.); insoweit sind Bezieher von Grundsicherungsleistungen auf die Inanspruchnahme von Beratungs- oder Prozesskostenhilfe verwiesen, wenn sie zur Abwendung einer unstatthaften Vollstreckung anwaltliche Unterstützung benötigen.

10

1. Gegenstand des Verfahrens ist die Kostengrundentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 19.4.2013, durch die der Beklagte Ansprüche zum einen unmittelbar nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X ausgeschlossen und dem Sinnzusammenhang nach weiter entschieden hat, dass wegen der mit den Widersprüchen inzident betriebenen Verfahren auf Einstellung der Vollstreckung nach § 257 Abs 1 AO(dazu unten 4. a) Kostenerstattungsansprüche auch sonst nicht bestehen. Dagegen wendet sich die Klägerin zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 iVm § 56 SGG), diese ist zulässig gerichtet auf ein Grundurteil, ohne dass es dazu eines weiteren Vorverfahrens im Hinblick auf die im Widerspruchsbescheid durch Verwaltungsakt (vgl Becker in Hauck/Noftz, SGB X, Stand Einzelkommentierung 12/2010, K § 63 RdNr 16a; Roos in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 63 RdNr 33)getroffene Kostenentscheidung bedurft hätte (stRspr; vgl zuletzt nur BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 68/12 R - SozR 4-1300 § 63 Nr 20 RdNr 12; Becker in Hauck/Noftz, SGB X, Stand Einzelkommentierung 12/2010, K § 63 RdNr 25; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 78 RdNr 8; Roos in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 63 RdNr 37). Zuständig hierfür, ohne dass der Senat dies im Rechtsmittelverfahren noch zu prüfen hätte (vgl § 17a Abs 5 Gerichtsverfassungsgesetz), sein können nur die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, denn nur diese sind - unabhängig von ihrem Inhalt - berufen, über Widerspruchsbescheide von Jobcentern nach dem SGB II zu entscheiden (vgl ebenso für das Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 8 SO 23/13 R - SozR 4-3500 § 75 Nr 6 RdNr 10).

11

2. Einer Sachentscheidung entgegenstehende prozessuale Hindernisse bestehen nicht. Insbesondere stand der angegriffenen Berufungsentscheidung nicht die Wertgrenze des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG entgegen, nachdem die Klägerin bei einer für sie günstigen Entscheidung eine Erstattungsforderung in Höhe von 847,28 Euro geltend zu machen beabsichtigte. Dass der Beklagte dagegen, sollte die Klägerin dem Grunde nach durchdringen, einen Gebührenansatz nur in Höhe von 559,30 Euro für angemessen hielt, ist demgegenüber nicht ausschlaggebend, weil im Rahmen der Entscheidung über die Zulässigkeit der Berufung nicht abschließend über die Berechtigung der von dem Bevollmächtigten ins Auge gefassten Gebührenforderung zu befinden war und jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich oder auch nur geltend gemacht sind, dass ein Anspruch in dieser Höhe nach keiner Betrachtungsweise bestehen kann.

12

3. In der Sache bestehen Kostenerstattungsansprüche zunächst nicht, soweit die Klägerin Widerspruch zum Beklagten gegen die Vollstreckungsankündigungen des Hauptzollamts erhoben hat. Als Rechtsgrundlage dafür kommt nur § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X in Betracht. Danach hat, soweit der Widerspruch erfolgreich ist, der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Daran fehlt es, weil weder gegen die Ankündigung einer bevorstehenden Vollstreckung durch das Hauptzollamt noch gegen die dem vorangehende Beauftragung mit der Vollstreckung der Widerspruch zum Beklagten gegeben und daher die Einstellung der Vollstreckung durch ihn nicht iS von § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X auf (statthaften) Widerspruch hin erfolgt ist.

13

a) Rechtsgrundlage der angekündigten Vollstreckungen sind gemäß § 40 Abs 6 Halbs 1 SGB II(hier idF des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011, BGBl I 453) die §§ 1 bis 4 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG) sowie die in § 5 VwVG im Einzelnen aufgeführten Vorschriften der AO. Danach wird für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach dem SGB II auf das VwVG (§ 40 Abs 6 Halbs 1 SGB II) und im Übrigen auf § 66 SGB X verwiesen(§ 40 Abs 6 Halbs 2 SGB II). Mithin richtet sich die Vollstreckung aus den hier maßgeblichen Bescheiden, da der Beklagte kein zugelassener kommunaler Träger iS von § 6a SGB II ist(vgl die Anlage zu § 1 der Verordnung zur Zulassung von kommunalen Trägern als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, hier idF der Verordnung vom 1.12.2010, BGBl I 1758), nach dem die Vollstreckung von Geldforderungen betreffenden 1. Abschnitt des VwVG mit dessen §§ 1 bis 4 sowie der Verweisung auf die AO in § 5 Abs 1 VwVG, insbesondere in ihrem 6. Teil mit den §§ 249 ff (zur Frage, ob im Bereich des SGB II überhaupt andere Ansprüche zu vollstrecken sind vgl Eicher/Greiser in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 40 RdNr 193).

14

b) Sachlich zuständig für die Durchführung der Vollstreckungen im Außenverhältnis zur Klägerin war demzufolge gemäß § 40 Abs 6 Halbs 1 SGB II iVm § 4 lit b VwVG sowie § 249 Abs 1 Satz 3 AO und § 1 Nr 4 Finanzverwaltungsgesetz (FVG) das Hauptzollamt. Hiernach bedienen sich die Träger der Grundsicherung für die Vollstreckung von Geldforderungen der Vollstreckungsbehörden der Bundesfinanzverwaltung, soweit sich die Vollstreckung nach dem VwVG (des Bundes) richtet - wie hier gemäß § 40 Abs 6 Halbs 1 SGB II - und solange eine Bestimmung nach § 4 lit a VwVG nicht getroffen worden ist(§ 4 lit b VwVG), wonach Vollstreckungsbehörden auch sein können die von einer obersten Bundesbehörde im Einvernehmen mit dem Bundesminister des Innern bestimmten Behörden des betreffenden Verwaltungszweigs, woran es hier fehlt. Diese Aufgabe ist im Aufbau der Bundesfinanzbehörden (§ 1 FVG) den Hauptzollämtern zugewiesen (§ 249 Abs 1 Satz 3 AO).

15

c) Soweit sich die Klägerin mit ihren an das Jobcenter gerichteten "Widersprüchen" gegen die sonach zuständigkeitshalber zu Recht vom Hauptzollamt herausgegebenen Vollstreckungsankündigungen gewandt hat, vermag das Kostenerstattungsansprüche nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X im Verhältnis zum beklagten Jobcenter schon deshalb nicht zu begründen, weil dessen Träger in Bezug auf das Hauptzollamt nicht die Rechtsträger iS von § 63 Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGB X sind, dessen Behörde die Vollstreckungsankündigungen verfasst hat. Davon abgesehen kommt der Vollstreckungsankündigung auch sonst Verwaltungsaktqualität nicht zu, wie die Vor-instanzen im Ergebnis zutreffend erkannt haben. Ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zufolge, der sich der erkennende Senat anschließt, hat die Vollstreckungsankündigung vielmehr lediglich den Sinn, den Schuldner noch einmal auf die Situation hinzuweisen und ihm letztmalig die Gelegenheit zu geben, zur Abwendung der Vollstreckung freiwillig die Rückstände zu begleichen; Regelungswirkung kommt dem nicht bei (vgl BFH Beschluss vom 13.2.1997 - VII S 35/96 - BFH/NV 1997, 462; BFH Beschluss vom 14.6.1988 - VII B 15/88 - BFH/NV 1989, 75; BFH Beschluss vom 21.8.2000 - VII B 46/00 - BFH/NV 2001, 149; BFH Beschluss vom 30.8.2010 - VII B 48/10 - BFH/NV 2010, 2235; ebenso etwa Werth in Klein, AO, 12. Aufl 2014, § 254 RdNr 4).

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d) Auch auf Seiten des Beklagten sind im Vorfeld der Vollstreckungsankündigungen, insbesondere im Zuge der Beauftragung des Hauptzollamts mit der Durchführung der Vollstreckungen, keine Entscheidungen getroffen worden, die als Verwaltungsakte zu qualifizieren wären und gegen die bei sachdienlichem Verständnis des mit den Widersprüchen verfolgten Begehrens ein Widerspruch als statthaft gerichtet anzusehen sein könnte. Zwar übernimmt die Finanzverwaltung die Vollstreckung ausschließlich auf Initiative des Vollstreckungsgläubigers, nämlich durch die von diesem zu verantwortende Vollstreckungsanordnung nach § 3 Abs 1 Halbs 1 VwVG. Danach wird die Vollstreckung gegen den Vollstreckungsschuldner durch Vollstreckungsanordnung eingeleitet (§ 3 Abs 1 Halbs 1 VwVG), die von der Behörde "erlassen" wird, die den Anspruch geltend machen darf (§ 3 Abs 4 VwVG). Darin liegt indessen ungeachtet der Wendungen "Anordnung" und "erlassen" keine rechtsverbindliche Regelung mit Außenwirkung zulasten des Vollstreckungsschuldners. Vielmehr handelt es sich in dem durch die Zugehörigkeit zu verschiedenen Rechtsträgern bestimmten Verhältnis der beteiligten Behörden um Willenserklärungen zwischen Jobcenter und Hauptzollamt (vgl Beermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/Finanzgerichtsordnung , Stand der Einzelkommentierung September 2013, § 250 AO RdNr 27: zwischenbehördliche Willenserklärung), durch die das Hauptzollamt im Wege der Amtshilfe (vgl zum VwVG Sadler, VwVG/Verwaltungszustellungsgesetz , 9. Aufl 2014, § 3 VwVG RdNr 2; zu § 250 AO: Werth in Klein, AO, 12. Aufl 2014, § 250 RdNr 1 ff; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand der Einzelkommentierung Juni 2012, § 250 AO RdNr 6 ff) um Vornahme von Vollstreckungshandlungen "ersucht" (so ausdrücklich § 250 AO)wird. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), dem sich der erkennende Senat anschließt, hat deshalb bereits entschieden, dass der Einleitung der Vollstreckung durch Erklärung der ersuchenden Behörde Regelungswirkung im Verhältnis zum Vollstreckungsschuldner nicht zukommt (BVerwG Urteil vom 18.11.1960 - VII C 184.57 - DVBl 1961, 134; ebenso Sadler, VwVG/VwZG, 9. Aufl 2014, § 3 VwVG RdNr 2; iE ähnlich Troidl in Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG/VwZG, 10. Aufl 2014, § 3 VwVG RdNr 9: Auftrag ohne Verwaltungsakteigenschaft; ebenso zum Ersuchen nach § 250 Abs 1 Satz 1 AO: Beermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Stand der Einzelkommentierung September 2013, § 250 AO RdNr 27; Werth in Klein, AO, 12. Aufl 2014, § 250 RdNr 5).

17

4. Soweit der Beklagte das Vorgehen der Klägerin gegen die angekündigten Vollstreckungen zutreffend als Antrag auf deren Einstellung gewertet und diese (auch) zuständigkeitshalber zu Recht veranlasst hat (dazu a bis d), bestehen Ansprüche nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X nicht, weil der Anwendungsbereich der Vorschrift auf das förmliche Widerspruchsverfahren beschränkt ist(dazu e); die - anders als der Beklagte meint - bei verständiger Würdigung nicht unberechtigte Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe ist insoweit bei Bedürftigkeit nur über die Inanspruchnahme von Beratungshilfe für das Verfahren dem Jobcenter gegenüber oder von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein gerichtliches Rechtsschutzersuchen zu gewährleisten (dazu f).

18

a) Zutreffend hat der Beklagte das mit den Widersprüchen der Sache nach verfolgte Begehren der Klägerin als Antrag auf Einstellung der angekündigten Vollstreckungen verstanden und darauf zu Recht geprüft, ob die Vollstreckungen so wie angekündigt (noch oder überhaupt) statthaft waren. Rechtliche Grundlage dafür ist § 257 Abs 1 AO iVm § 40 Abs 6 Halbs 1 SGB II sowie § 5 Abs 1 VwVG. Hiernach ist eine Vollstreckung einzustellen, sobald ua die Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen des § 251 Abs 1 AO weggefallen sind, also die Vollziehung ausgesetzt oder durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gehemmt ist(Nr 1), der Verwaltungsakt, aus dem vollstreckt wird, aufgehoben wird (Nr 2) oder der Anspruch auf die Leistung erloschen ist (Nr 3).

19

b) Hierfür war die Zuständigkeit des Beklagten selbst dann gegeben, wenn mit der Rechtsprechung des BFH davon auszugehen ist, dass für Einstellungsentscheidungen nach § 257 Abs 1 AO - anders als es in der Mitteilung des Hauptzollamts an die Klägerin über seine Unzuständigkeit zur Prüfung der sachlichen Einwände gegen die angekündigten Vollstreckungen zum Ausdruck gekommen ist - zumindest auch, wenn nicht sogar primär die Zuständigkeit des Hauptzollamts als ersuchter und damit mit der Durchführung der Vollstreckung beauftragter Behörde bestanden hat(vgl nur BFH Beschluss vom 4.7.1986 - VII B 151/85 - BFHE 147, 5; BFH Beschluss vom 30.9.2002 - VII S 16/02 (PKH) - juris, RdNr 7; ebenso Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand der Einzelkommentierung Juni 2012, § 250 AO RdNr 17; Werth in Klein, AO, 12. Aufl 2014, § 250 RdNr 8). Dabei kann offenbleiben, ob schon steuerverfahrensrechtlich auch die Zuständigkeit der ersuchenden Vollstreckungsbehörde gegeben ist (so wohl Beermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Stand der Einzelkommentierung September 2013, § 250 AO RdNr 27: auch die ersuchte Vollstreckungsbehörde) oder ob sich dies auf die ersuchte Vollstreckungsbehörde beschränkt (so Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand der Einzelkommentierung Juni 2012, § 250 AO RdNr 17; Werth in Klein, AO, 12. Aufl 2014, § 250 RdNr 8). Denn jedenfalls im Anwendungsbereich des VwVG verpflichtet die Stellung als Anordnungsbehörde nach § 3 Abs 4 VwVG auch die ersuchende Behörde - hier das beklagte Jobcenter -, in jeder Verfahrenslage auf Änderungen oder Fehler zu reagieren, die die Rechtmäßigkeit ihrer Vollstreckungsanordnungen berühren.

20

Das folgt aus dem Zweck der von der Anordnungsbehörde zu erlassenden Vollstreckungsanordnung, vor Einleitung der Vollstreckung förmlich - wenn auch nicht durch Verwaltungsakt - nach Maßgabe des Katalogs in § 3 Abs 2 VwVG deren Statthaftigkeit zu bekräftigen(so schon BVerwG Urteil vom 18.11.1960 - VII C 184.57 - DVBl 1961, 134: größtmögliche Sicherheit gegen unzulässige und unberechtigte Vollstreckungsmaßnahmen; ähnlich Troidl in Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG/VwZG, 10. Aufl 2014, § 3 VwVG RdNr 9: Anordnungsbehörde übernimmt durch Vollstreckungsanordnung die Verantwortung für das Vorliegen der Vollstreckungsvoraussetzungen; Sadler, VwVG/VwZG, 9. Aufl 2014, § 3 VwVG RdNr 3). Damit ist der Anordnungsbehörde eine Garantenstellung für die Statthaftigkeit der Vollstreckung zugewiesen, die mit Erlass des Vollstreckungsauftrags nicht wegfällt; nach § 250 Abs 1 Satz 2 AO iVm § 40 Abs 6 Halbs 1 SGB II iVm § 5 Abs 1 VwVG bleibt vielmehr die ersuchende Vollstreckungsbehörde für die Vollstreckbarkeit des Anspruchs auch dann verantwortlich, wenn die Zuständigkeit zur Ausführung der Vollstreckung nach § 250 Abs 1 Satz 1 AO auf die ersuchte Behörde übergegangen ist. Das begründet die Verpflichtung der Anordnungsbehörde, in jedem Stadium der Vollstreckung neben der ersuchten Vollstreckungsbehörde selbstständig auf Änderungen der Statthaftigkeit der Vollstreckung zu reagieren und ggf deren Einstellung zu veranlassen (ebenso zur AO Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand der Einzelkommentierung Juni 2012, § 250 AO RdNr 17 unter Verweis auf BFH Beschluss vom 4.7.1986 - VII B 151/85 - BFHE 147, 5: Vollstreckungsschuldner kann fehlende Vollstreckbarkeit in jedem Stadium des Verfahrens gegenüber ersuchender und ersuchter Behörde rügen).

21

c) Zuständig im Außenverhältnis zur Klägerin zur Entgegennahme des im aufgezeigten Verständnis als an die Anordnungsbehörde gerichtet anzusehenden Antrags auf Einstellung der Vollstreckung nach § 257 Abs 1 AO war das beklagte Jobcenter auch dann, wenn es den Forderungseinzug vorliegend der Regionaldirektion der BA übertragen haben sollte, wofür die Angaben in den Vollstreckungsankündigungen sprechen könnten, dass die Vollstreckungen für die Regionaldirektion der BA vorgenommen werden sollten. Denn selbst wenn danach im Verhältnis zwischen Jobcenter und BA wirksam die Zuständigkeit der Regionaldirektion als Anordnungsbehörde iS von § 3 Abs 4 VwVG begründet worden und diese damit auch für die Überprüfung der Vollstreckungsanordnung zuständig geworden sein sollte(vgl zur früheren Rechtslage BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 54/10 R - BSGE 108, 229 = SozR 4-4200 § 44b Nr 3; zu aktuellen Fragen vgl nur Knapp in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 44b RdNr 104 f; Weißenberger, SGb 2013, 14, 16), vermochte die Klägerin die Vollstreckungseinstellungsanträge nach dem Rechtsgedanken des § 16 Abs 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) und erst recht ohne Kenntnis einer Übertragung wirksam beim Beklagten selbst anzubringen, zumal die Auseinandersetzung um die den Vollstreckungsankündigungen zu Grunde liegenden Erstattungsbescheide ausschließlich mit ihm geführt worden ist.

22

d) Das so verstandene Begehren auf Einstellung der Vollstreckung war auch in der Sache begründet. Dabei kann offenbleiben, ob die Vollstreckungen so wie angekündigt je hätten betrieben werden dürfen, nachdem weder der in den Vollstreckungsankündigungen aufgeführte Bescheid vom 24.8.2011 noch der vom 24.7.2012 mit dem Inhalt ergangen ist, wie er vom Hauptzollamt bezeichnet worden ist. Denn jedenfalls soweit die Vollstreckung nach Auffassung des Beklagten zum einen auf den Bescheid vom 24.8.2011 mit einer Erstattungsforderung in Höhe von insgesamt 104 Euro gestützt sein sollte, war diese durch den gerichtlichen Vergleich vom 7.8.2012 auf 51 Euro ermäßigt (SG Mannheim zu S 7 AS 200/12) und dieser Restbetrag zwischenzeitlich bezahlt worden, der zu vollstreckende Verwaltungsakt also zum Teil iS von § 257 Abs 1 Nr 2 AO aufgehoben und die Forderung zum Teil iS von § 257 Abs 1 Nr 3 AO erloschen. Und in Bezug auf den Bescheid vom 24.7.2012 über den Erstattungsbetrag von 453,47 Euro kam der Klage dagegen (vgl SG Mannheim zu S 7 AS 3744/12) gemäß § 86a Abs 1 Satz 1 SGG aufschiebende Wirkung mit der Folge zu, dass die Vollstreckbarkeitsvoraussetzung des § 251 Abs 1 Satz 1 AO weggefallen und damit der Einstellungsgrund des § 257 Abs 1 Nr 1 AO verwirklicht worden ist, nachdem Erstattungsbescheide von der Ausnahmeregelung nach § 39 Nr 1 SGB II nicht erfasst sind(vgl BT-Drucks 16/10810 S 50; ebenso Greiser in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 39 RdNr 17; Aubel in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 39 RdNr 12; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand der Einzelkommentierung Februar 2012, K § 39 RdNr 68).

23

e) Ungeachtet dessen bestehen die streitbefangenen Kostenerstattungsansprüche nicht. Erstattungsfähig nach § 63 Abs 1 Satz 1 iVm Abs 2 SGB X ist, wie bereits der Normtext und die systematische Stellung im Gesetz - nämlich im Fünften Abschnitt (Rechtsbehelfsverfahren) des Ersten Kapitels (Verwaltungsverfahren) des SGB X - deutlich machen, ausschließlich die anwaltliche Vergütung, die für das isolierte Vorverfahren anfällt. Die Möglichkeit der Kostenerstattung nach § 63 SGB X korrespondiert insoweit mit der Kostenregelung für ein ggf nachfolgendes gerichtliches Verfahren in § 193 Abs 2 SGG, wonach die notwendigen Aufwendungen eines für die sozialgerichtliche Klage gemäß § 78 SGG zwingend vorgeschriebenen Vorverfahrens zu den zu erstattenden Kosten gehören(grundlegend dazu bereits BSG Beschluss vom 24.8.1976 - 12/1 RA 105/75 - SozR 1500 § 193 Nr 3). War der Widerspruchsführer schon mit seinem Widerspruch erfolgreich und erübrigt sich eine Anrufung des Gerichts, besteht deshalb die Möglichkeit der Kostenerstattung nach § 63 SGB X(BSG Urteil vom 25.2.2010 - B 11 AL 24/08 R - BSGE 106, 21 = SozR 4-1300 § 63 Nr 12, RdNr 15). Die Aufwendungen für eine weitergehende Vertretung durch einen Rechtsanwalt, die nicht Vorverfahrenskosten sind, können dagegen auf Grundlage von § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X nicht erstattet werden(vgl BSG Urteil vom 12.12.1990 - 9a/9 RVs 13/89 - SozR 3-1300 § 63 Nr 1; BSG Urteil vom 20.4.1983 - 5a RKn 1/82 - BSGE 55, 92, 93 = SozR 1300 § 63 Nr 1; BSG Urteil vom 25.11.1999 - B 13 RJ 23/99 R - SozR 3-1300 § 63 Nr 14; zuletzt BSG Urteil vom 14.2.2013 - B 14 AS 62/12 R - SozR 4-1300 § 63 Nr 19; Becker in Hauck/Noftz, SGB X, Stand 12/2010, K § 63 RdNr 10; Roos in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 63 RdNr 6). Die Gerichte können § 63 SGB X nicht allein deshalb, weil es wünschenswert erscheinen mag, durch Rechtsfortbildung auf andere Verfahrensabschnitte als das Widerspruchsverfahren erstrecken. Eine planwidrige Regelungslücke, die eine analoge Anwendung des § 63 SGB X auf andere (ggf vorgelagerte) Verwaltungsverfahrensabschnitte rechtfertigen könnte, fehlt(ausführlich BSG Beschluss vom 24.8.1976 - 12/1 RA 105/75 - SozR 1500 § 193 Nr 3 S 3 ff und BSG Urteil vom 12.12.1990 - 9a/9 RVs 13/89 - SozR 3-1300 § 63 Nr 1).

24

f) Eine planwidrige Regelungslücke in diesem Sinne hat auch nicht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zu den Grundsätzen der Rechtswahrnehmungsgleichheit (grundlegend Beschluss vom 14.10.2008 - 1 BvR 2310/06 - BVerfGE 122, 39) bewirkt. Danach verlangt der allgemeine Gleichheitssatz nach Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaats- und dem Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 1, 3 GG), dass der Gesetzgeber auch im außergerichtlichen Bereich die erforderlichen Vorkehrungen trifft, damit der Rechtsuchende mit der Wahrnehmung und Durchsetzung seiner Rechte nicht von vornherein an mangelnden Einkünften oder ungenügendem Vermögen scheitert (BVerfG Beschluss vom 14.10.2008 - 1 BvR 2310/06 - BVerfGE 122, 39, 50). Das ist hier auch nicht schon deshalb unbeachtlich, weil die Klägerin, wie der Beklagte im Verfahren meinte, "im Sinne einer guten Zusammenarbeit" telefonisch eine Überprüfung der Sachlage hätte anregen können; damit verkennt er die Bedeutung der Vollstreckungsandrohung und ihre faktische Zwangswirkung ("Die … mit zusätzlichen Kosten verbundene Vollstreckung vermeiden, wenn Sie innerhalb von einer Woche … den Gesamtbetrag … einzahlen …"), zumal für Bezieher existenzsichernder Leistungen.

25

Jedoch besteht eine Rechtsschutzlücke für Bezieher existenzsichernder Leistungen zunächst deshalb nicht, weil nach dem Beratungshilfegesetz (im Folgenden: BerHG) Beratungshilfe einschließlich einer erforderlichen außergerichtlichen Vertretung unter anderem durch Rechtsanwälte beansprucht werden kann, wenn der Rechtsuchende die erforderlichen Mittel nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht aufbringen kann, andere Möglichkeiten zumutbar nicht zur Verfügung stehen und die Inanspruchnahme nicht mutwillig erscheint (§ 3 Abs 1 Satz 1 iVm § 2 Abs 1, § 1 Abs 1 BerHG); zu einer entsprechenden Vertretung sind Rechtsanwälte auch verpflichtet, wenn nicht ein wichtiger Grund zur Ablehnung besteht (§ 49a Abs 1 Bundesrechtsanwaltsordnung). Weiterhin ist Raum dafür, gegen unberechtigte Vollstreckungsankündigungen unmittelbar (vorläufigen) gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen (vgl zur prozessualen Lage im finanzgerichtlichen Verfahren § 69 Abs 4 Satz 2 Nr 2 FGO und dazu etwa BFH Beschluss vom 22.11.2000 - V S 15/00 - BFH/NV 2001, 620) und hierzu PKH nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung zu beantragen. Jedenfalls für die betroffenen Leistungsbezieher sind damit ausreichende Wege zur Wahrnehmung ihrer Rechte eröffnet. Ob die niedrigen anwaltlichen Gebührensätze im beratungshilferechtlichen Verfahren (zu den Einzelheiten vgl Dürbeck in Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 7. Aufl 2014, S 400 ff) auch bei einer durch behördliche Fehler veranlassten Vertretung angemessen erscheinen, und ob eine bei dieser Rechtslage uU nicht auszuschließende vermehrte Inanspruchnahme von gerichtlichem (Eil-)Rechtsschutz gegenüber fehlerhaften Vollstreckungsankündigungen mit dem vom Gesetzgeber verfolgten Ziel der Entlastung der Gerichte in Einklang steht, hat der Senat dabei nicht zu berücksichtigen.

26

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende bilden die Träger im Gebiet jedes kommunalen Trägers nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 eine gemeinsame Einrichtung. Die gemeinsame Einrichtung nimmt die Aufgaben der Träger nach diesem Buch wahr; die Trägerschaft nach § 6 sowie nach den §§ 6a und 6b bleibt unberührt. Die gemeinsame Einrichtung ist befugt, Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen. Die Aufgaben werden von Beamtinnen und Beamten sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wahrgenommen, denen entsprechende Tätigkeiten zugewiesen worden sind.

(2) Die Träger bestimmen den Standort sowie die nähere Ausgestaltung und Organisation der gemeinsamen Einrichtung durch Vereinbarung. Die Ausgestaltung und Organisation der gemeinsamen Einrichtung sollen die Besonderheiten der beteiligten Träger, des regionalen Arbeitsmarktes und der regionalen Wirtschaftsstruktur berücksichtigen. Die Träger können die Zusammenlegung mehrerer gemeinsamer Einrichtungen zu einer gemeinsamen Einrichtung vereinbaren.

(3) Den Trägern obliegt die Verantwortung für die rechtmäßige und zweckmäßige Erbringung ihrer Leistungen. Sie haben in ihrem Aufgabenbereich nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 gegenüber der gemeinsamen Einrichtung ein Weisungsrecht; dies gilt nicht im Zuständigkeitsbereich der Trägerversammlung nach § 44c. Die Träger sind berechtigt, von der gemeinsamen Einrichtung die Erteilung von Auskunft und Rechenschaftslegung über die Leistungserbringung zu fordern, die Wahrnehmung der Aufgaben in der gemeinsamen Einrichtung zu prüfen und die gemeinsame Einrichtung an ihre Auffassung zu binden. Vor Ausübung ihres Weisungsrechts in Angelegenheiten grundsätzlicher Bedeutung befassen die Träger den Kooperationsausschuss nach § 18b. Der Kooperationsausschuss kann innerhalb von zwei Wochen nach Anrufung eine Empfehlung abgeben.

(4) Die gemeinsame Einrichtung kann einzelne Aufgaben auch durch die Träger wahrnehmen lassen. Im Übrigen gelten die §§ 88 bis 92 des Zehnten Buches für die gemeinsamen Einrichtungen im Aufgabenbereich dieses Buches entsprechend.

(5) Die Bundesagentur stellt der gemeinsamen Einrichtung Angebote an Dienstleistungen zur Verfügung.

(6) Die Träger teilen der gemeinsamen Einrichtung alle Tatsachen und Feststellungen mit, von denen sie Kenntnis erhalten und die für die Leistungen erforderlich sind.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 25. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Revisionsverfahren.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich im Rahmen der Aufhebung und Rückforderung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) gegen die Erhebung von Mahngebühren durch die beklagte Bundesagentur für Arbeit (BA).

2

Die Arbeitsgemeinschaft Leipzig (ARGE) hob gegenüber dem Kläger mit einem Bescheid vom 2.8.2007 die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum von September 2005 bis Januar 2007 auf und forderte von ihm einen Betrag in Höhe von 5886,25 Euro zurück (3266,30 Euro Regelleistung und 2619,95 Euro Leistungen für Unterkunft und Heizung). Gegen diesen Bescheid legte der Kläger keinen Widerspruch ein. Die ARGE übergab sodann den Vorgang der Regionaldirektion Sachsen der beklagten BA zur Einziehung der Forderung. Diese betreibt auf der Grundlage einer "Verwaltungsvereinbarung zur Erbringung von Dienstleistungen 2007" vom 2./3.1.2007 verschiedene Aufgaben, die in einem Dienstleistungskatalog aufgelistet sind. Darunter fällt auch der Einzug von Forderungen für die ARGE.

3

Mit Schreiben vom 3.8.2007 forderte die Beklagte den Kläger zur Zahlung des Erstattungsbetrags auf. Mit einem weiteren, mit "Mahnung" überschriebenem Schriftstück vom 14.10.2007 wies die Beklagte den Kläger auf seine noch bestehenden Zahlungsverpflichtungen in Höhe von 5915,95 Euro hin. In dieser Summe enthalten war eine Position in Höhe von 29,70 Euro, die bezeichnet wurde: "Forderung: Mahngebühren/Bescheid: 14.10.07 RD Sachsen".

4

Den hiergegen erhobenen Widerspruch verwarf die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8.1.2008 als unzulässig mit der Begründung, bei der Mahnung habe es sich nicht um einen Verwaltungsakt gehandelt, da sie keine Rechtswirkung nach außen entfalte. Vielmehr werde nur noch über die bestehende Forderung sowie über weitere Zahlungsmodalitäten unterrichtet.

5

Auf die hiergegen erhobene Klage, mit der sich der Kläger ausschließlich gegen die Erhebung der Mahngebühren wandte, hat das Sozialgericht Leipzig die Festsetzung der Mahngebühren aufgehoben (Urteil vom 26.5.2009). Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Zur Begründung hat das Sächsische Landessozialgericht (LSG) in seinem Urteil vom 25.2.2010 ausgeführt, die Klage sei als Anfechtungsklage statthaft, weil es sich bei der Festsetzung von Mahngebühren durch die Beklagte um einen Verwaltungsakt gehandelt habe. Auch wenn die Mahnung selbst lediglich als unselbstständige Vorbereitungshandlung zur Vollstreckung zu qualifizieren sei, stelle die Festsetzung von Mahngebühren in bestimmter Höhe auf gesetzlicher Grundlage ein hoheitliches Handeln mit Außenwirkung zur Regelung eines Einzelfalls dar. Allerdings sei die Beklagte gegenüber dem Kläger zur Festsetzung von Mahngebühren nicht befugt gewesen, da Inhaberin der Erstattungsforderung allein die ARGE sei. Aus der Übertragung von Aufgaben an die ARGE im Rahmen des § 44b Abs 3 SGB II folge, dass die Beklagte als Trägerin der Grundsicherung bei der Vollstreckung von Forderungen der ARGE kein eigenes Geschäft mehr wahrnehme. Dies gelte insbesondere für solche Forderungen, die auf den kommunalen Unterkunftsleistungen beruhten. In diesem Zusammenhang könne dahinstehen, ob die 2007 getroffene Verwaltungsvereinbarung zwischen der ARGE und der Beklagten eine nach §§ 88 ff Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zulässige Übertragung von Aufgaben darstelle, denn zum einen habe es die Beklagte versäumt, das Tätigwerden im fremden Auftrag hinreichend deutlich zu machen, zum anderen hätte die Beklagte gemäß § 90 Satz 2 SGB X den Widerspruch der ARGE vorlegen müssen und habe nicht selbst über ihn entscheiden dürfen.

6

Die Beklagte hat die vom LSG in seinem Urteil zugelassene Revision eingelegt und rügt eine Verletzung der §§ 31 Satz 1, 89 Abs 1 und 90 Satz 2 SGB X. Sie vertritt die Auffassung, die Erhebung von Mahngebühren stelle keinen Verwaltungsakt dar. Insbesondere habe sie die Mahngebühr nicht in einem formalisierten Verfahren festgesetzt, sondern zusammen mit der Mahnung sei die anfallende Mahngebühr, deren Höhe sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebe, eingefordert worden. Auch die äußere Form der Mahnung spreche nicht für das Vorliegen eines so genannten "Formverwaltungsakts". Darüber hinaus sei sie auf der Grundlage der mit der ARGE gemäß § 88 SGB X abgeschlossenen Verwaltungsvereinbarung auch zur Erhebung der Mahngebühren berechtigt gewesen. Auch könne die Rechtswidrigkeit zumindest des Widerspruchsbescheids nicht aus § 90 Satz 2 SGB X hergeleitet werden, wonach die Widerspruchsstelle des Auftraggebers den Widerspruchsbescheid "erlässt", denn diese Regelung sei als Sollvorschrift auszulegen, wie sich aus den zugrunde liegenden Gesetzesmaterialien ergebe.

7

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 25. Februar 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 26. Mai 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält das Urteil des LSG im Hinblick auf die Verwaltungsaktqualität der Erhebung der Mahngebühren für zutreffend, weist aber ergänzend darauf hin, dass er die zwischen der Beklagten und der ARGE getroffene Verwaltungsvereinbarung für rechtswidrig halte.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet.

11

Der Senat konnte in der Sache entscheiden, denn es bestehen keine von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensfehler (dazu unter 1.). Die als Verwaltungsakt zu qualifizierende Festsetzung von Mahngebühren konnte mit der hier zulässigen Anfechtungsklage angegriffen werden (dazu unter 2.). Bei der Entscheidung in der Sache hat die Vorinstanz entgegen der Ansicht der Revision kein Bundesrecht verletzt. Es kann offen bleiben, ob Mahngebühren durch eine ARGE auf der Grundlage des Verwaltungsvollstreckungsrechts des Bundes oder des der Länder erhoben werden dürfen (dazu unter 3.a), denn jedenfalls war die beklagte BA gegenüber dem Kläger zur Erhebung von Mahngebühren nicht befugt (dazu unter 3.b).

12

1. Es liegt hier kein eine Sachentscheidung hindernder Verfahrensfehler darin, dass die ARGE dem Verfahren nicht beigeladen wurde. Ein Fall einer von Amts wegen im Revisionsverfahren zu berücksichtigenden notwendigen Beiladung gemäß § 75 Abs 2 Alt 1 Sozialgerichtsgesetz( vgl zuletzt nur BSG Urteil vom 2.2.2010 - B 8 SO 17/08 R - juris) ist vorliegend nicht gegeben, weil die gerichtliche Entscheidung gegenüber der Beklagten und gegenüber der ARGE nicht nur einheitlich ergehen kann. Eine einheitliche Entscheidung ist aus Rechtsgründen notwendig, wenn die gerichtliche Entscheidung im Abweisungs- oder im Stattgabefall unmittelbar und zwangsläufig Rechte des Beizuladenden gestaltet, bestätigt oder feststellt, verändert oder aufhebt (vgl BSG Urteil vom 9.2.1994 - 11 RAr 49/93 - juris; BSG SozR 1500 § 75 Nr 71; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 5. Aufl 2008, Kap VI, RdNr 11a). Hieran fehlt es vorliegend, weil die ARGE allenfalls ein wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens hat, ohne dass ihre Rechte durch die Entscheidung zwangsläufig und unmittelbar festgestellt oder verändert werden.

13

2. Zutreffend ist der Kläger gegen die Festsetzung der Mahngebühren mit der Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) vorgegangen, deren besondere Voraussetzungen hier ebenfalls gegeben sind.

14

Bei der in der Mahnung vom 14.10.2007 enthaltenen Festsetzung von Mahngebühren handelt es sich um einen Verwaltungsakt gemäß § 31 Satz 1 SGB X, der mit Widerspruch und Anfechtungsklage angefochten werden kann. Die Festsetzung von Mahngebühren enthält eine für den betroffenen Schuldner verbindliche Einzelfallregelung (vgl Engelhardt/App, Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz/Verwaltungszustellungsgesetz , 9. Aufl 2011, § 19 VwVG RdNr 7 und § 3 VwVG RdNr 8). Etwas anderes ergibt sich nicht aus der bisherigen Revisionsrechtsprechung, denn das Bundessozialgericht (BSG) hat bislang lediglich entschieden, dass die Mahnung selbst kein Verwaltungsakt sei, ohne dass die Erhebung einer Gebühr für diese Mahnung Gegenstand der Verfahren gewesen wäre (vgl BSG Beschluss vom 5.8.1997 - 11 BAr 95/97 - juris RdNr 6; Beschluss vom 7.6.1999 - B 7 AL 264/98 B - juris RdNr 7; dem folgend Bundesfinanzhof Beschluss vom 30.9.2002 - VII S 16/02 - juris RdNr 8). Auch der 12. Senat des BSG ist bereits im Rahmen einer Beitragsstreitigkeit von der Verwaltungsaktqualität einer Mahngebührenfestsetzung nach § 19 Abs 2 VwVG ausgegangen(BSG Urteil vom 23.11.1992 - 12 RK 23/90 - SozR 3-7910 § 59 Nr 1 S 4). Demgegenüber greift das Argument der Beklagten, sie "fordere" nur, was sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebe und regele nichts, nicht durch. Die Verpflichtung zur Zahlung der Gebühr ergibt sich nämlich nicht unmittelbar aus dem Gesetz, sondern setzt voraus, dass sie - wie es etwa in § 19 Abs 2 Satz 1 VwVG heißt - "erhoben" wird. Nach der entsprechenden landesrechtlichen Regelung, auf die sich die Beklagte alternativ beruft, ist sogar nur ein entsprechender Gebührenrahmen festgelegt (der im Übrigen bei 25 Euro endet). Auf die Frage, ob es sich aufgrund der Verwendung des Wortes "Bescheid" im Mahnschreiben um einen so genannten formellen Verwaltungsakt handelte, gegen den bereits deshalb die Anfechtungsklage statthaft ist (vgl hierzu nur BSG Urteil vom 5.9.2006 - B 4 R 75/06 R - juris), kommt es hier nicht mehr an.

15

Auch sonst steht der Zulässigkeit der Anfechtungsklage nichts entgegen, insbesondere fehlt es nicht an den speziell für die Anfechtungsklage geltenden Sachurteilsvoraussetzungen. Soweit zwischen den Beteiligten bislang streitig war, ob die Beklagte zum Erlass des Widerspruchsbescheids befugt war (§ 90 Satz 2 SGB X), berührt dies das für die Anfechtungsklage nach § 78 Abs 1 Satz 1 SGG erforderliche Vorverfahren als Sachurteilsvoraussetzung nicht(BSGE 24, 134, 137 = SozR Nr 7 zu § 85 SGG).

16

3. Das LSG hat der Anfechtungsklage auch zu Recht stattgegeben, denn der Bescheid der Beklagten über die Erhebung einer Mahngebühr ist rechtswidrig.

17

Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob Rechtsgrundlage für die mit dem Bescheid vom 14.10.2007 erhobenen Mahngebühren § 19 Abs 2 VwVG iVm § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II und § 66 Abs 1 Satz 1 SGB X ist oder § 4 Abs 2 Sächsisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz (SächsVwVG) iVm §§ 1, 6 Sächsisches Verwaltungskostengesetz (SächsVwKG) und Nr 1 Tarifstelle 8.1 der Anlage 1 zu § 1 des Siebten Sächsischen Kostenverzeichnisses vom 24.5.2006 (SächsGVBl 189) iVm § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II und § 66 Abs 3 Satz 1 SGB X. Für die Verwaltungsvollstreckung und damit auch für die der Vollstreckung vorgelagerten Mahnung besteht jedenfalls keine Kostenfreiheit nach § 64 Abs 1 Satz 1 SGB X(Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 66 RdNr 23; speziell zur Mahngebühr Augstein/App, KKZ 2002, 7). Die Frage nach der Anwendung von Bundes- oder Landesrecht bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung, weil der Verwaltungsakt vom 14.10.2007 ohnehin (formell) rechtswidrig ist. Die Beklagte war nämlich nach beiden Rechtsgrundlagen zur Erhebung von Mahngebühren nicht befugt, weil ihr die sachliche Zuständigkeit fehlte (dazu unter a). Dieser Mangel, an dem der Verwaltungsakt zur Erhebung der Mahngebühren leidet, führt zu dessen Aufhebung (dazu unter b).

18

a) Nach dem Vollstreckungsrecht des Bundes war für die Erhebung der Mahngebühren sachlich zuständig die ARGE als Behörde, die den zu vollstreckenden Leistungsbescheid erlassen hat (vgl § 3 Abs 3, 4 iVm § 19 Abs 2 VwVG). Wie sich aus den - den Senat insoweit nach § 162 SGG bindenden - Feststellungen des LSG ergibt, gilt Gleiches nach den entsprechenden Regelungen des sächsischen Verwaltungsvollstreckungsrechts(vgl § 13 Abs 2 iVm § 4 Abs 1 Satz 2 SächsVwVG sowie §§ 1, 6 SächsVwKG). Die Besonderheiten der Organisationsstruktur der SGB II-Leistungsverwaltung führen nicht dazu, dass neben der ARGE auch die Beklagte für die Erhebung von Mahngebühren zuständig geblieben ist (aa). Etwas anderes folgt auch nicht aus der abgeschlossenen Verwaltungsvereinbarung (bb). Ebenso wenig kann die sachliche Zuständigkeit der Beklagten aus der entsprechenden Anwendung des § 88 SGB X hergeleitet werden(cc).

19

aa) Die Beklagte ist nicht befugt, einzelne Aufgabenbereiche im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ohne entsprechende gesetzliche Grundlage in eigener Zuständigkeit auszuüben. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei der Beklagten um einen der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende handelt. Nach § 6 Abs 1 Satz 1 SGB II sind Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende grundsätzlich die BA und die kreisfreien Städte und Kreise(vgl auch § 12 Satz 1, § 19a Abs 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch). Trotz ihrer Trägereigenschaft war es der beklagten BA verwehrt, gegenüber dem Kläger in eigener Zuständigkeit tätig zu werden. Das Verhältnis zwischen der Beklagten und der ARGE bestimmte sich allein nach § 44b Abs 3 Satz 1 SGB II aF, wonach die ARGE "die Aufgaben" der Agentur für Arbeit als Leistungsträger nach dem SGB II wahrnahm. Dabei sollte die ARGE die gesamten operativen Aufgaben einer einheitlichen Leistungsverwaltung wahrnehmen (BVerfGE 119, 331, 368 mwN). Die Übertragung einzelner Aufgaben durch die Träger kollidiert mit dem Grundsatz der einheitlichen Wahrnehmung der Aufgaben nach dem SGB II (§ 44b Abs 1 Satz 1 SGB II; vgl Luthe, SGb 2011, 131, 138) und bedarf deshalb einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung. Eine Art "Selbsteintrittsrecht" der Grundsicherungsträger sieht das Gesetz dagegen nicht vor. Die Vorinstanzen haben zu Recht darauf hingewiesen, dass ein solches Selbsteintrittsrecht nie ein Tätigwerden im Leistungsbereich des jeweils anderen Trägers rechtfertigen könnte. Ein einheitlicher Forderungseinzug erfordert aber regelmäßig ein solches Tätigwerden in einem anderen Leistungsbereich. Letztlich geht auch die Beklagte (zu Recht) davon aus, sie sei als Leistungsträgerin nicht bereits originär zuständig gewesen, denn in diesem Fall hätte es nicht der Vereinbarung eines Auftragsverhältnisses zwischen der ARGE und ihr bedurft, um im Rahmen des Forderungseinzugs tätig zu werden.

20

bb) Die sachliche Zuständigkeit der Beklagten lässt sich aber auch nicht aus § 1 der hier geschlossenen Verwaltungsvereinbarung zur Erbringung von Dienstleistungen 2007 vom 2./3.1.2007 iVm dem dort in Bezug genommenen Dienstleistungskatalog, der auch die Dienstleistung "Forderungseinzug" beinhaltet, iVm §§ 88 bis 90 SGB X herleiten. Dass die Übertragung von Aufgaben auf andere Leistungsträger oder auf Dritte einer gesetzlichen Grundlage bedarf, folgt aus der grundsätzlich fehlenden Disponibilität der Zuständigkeitsregelungen für den Fall, dass hierdurch die Rechtssphäre des Bürgers berührt wird (vgl Steinbach in Hauck/Noftz, Stand 2007, § 88 SGB X RdNr 1 mwN),was hier der Fall ist.

21

Nach § 88 Abs 1 Satz 1 SGB X, der im Rahmen der Vorschriften über die Zusammenarbeit der Leistungsträger untereinander das Auftragsverhältnis regelt, kann ein Leistungsträger (Auftraggeber) ihm obliegende Aufgaben durch einen anderen Leistungsträger oder seinen Verband (Beauftragter) mit dessen Zustimmung wahrnehmen lassen, wenn dies wegen des sachlichen Zusammenhangs der Aufgaben vom Auftraggeber und Beauftragten zur Durchführung der Aufgaben und im wohlverstandenen Interesse der Betroffenen zweckmäßig ist.

22

Die Anwendung des § 88 SGB X scheitert aber bereits daran, dass diese Norm nach ihrem Wortlaut auf die Beauftragung der Beklagten durch die ARGE keine Anwendung findet, denn das Gesetz erlaubt es nur einem Leistungsträger iS von § 12 SGB I, als Auftraggeber einen Auftragsvertrag zu schließen(vgl Seewald in Kasseler Kommentar, Stand April 2011, § 88 SGB X RdNr 19). Die Arbeitsgemeinschaften nach § 44b SGB II aF waren aber selbst nicht Leistungsträger(BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 20). Sie wurden vielmehr von den Trägern gemäß § 44b Abs 1 Satz 1 SGB II aF zur einheitlichen Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dem SGB II durch Vertrag errichtet. Gemäß § 44b Abs 3 SGB II aF nahm die ARGE die Aufgaben der Agentur für Arbeit als Leistungsträger nach dem SGB II wahr. Die kommunalen Träger sollten der ARGE die Wahrnehmung ihrer Aufgaben übertragen. Wegen der fehlenden Leistungsträgereigenschaft der ARGE war es ihr verwehrt, auf der Grundlage des § 88 Abs 1 SGB X ihre Aufgaben durch die Beklagte wahrnehmen zu lassen.

23

cc) Auch eine entsprechende Anwendung des § 88 SGB X auf den vorliegenden Fall einer Rückübertragung von Aufgaben von einer nach § 44b SGB II aF errichteten ARGE als (Misch-) Behörde auf einen ihrer beiden Leistungsträger scheidet aus. Dagegen spricht bereits die auch verfassungsrechtlich geforderte klare Zuordnung von Verwaltungszuständigkeit (vgl hierzu BVerfGE 119, 331, 366), die eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage erfordert wie sie inzwischen mit § 44b Abs 4 SGB II idF des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3.8.2010 (BGBl I 1112) iVm § 44c Abs 2 Satz 2 Nr 4 SGB II und § 44b Abs 5 SGB II auch geschaffen worden ist. Zum anderen besteht bei der "Redelegation" von der ARGE zu einem ihrer Träger die besondere Problematik der Teilidentität der Beteiligten, die einem Vertrag als mehrseitigem Rechtsgeschäft grundsätzlich fremd ist (vgl zur Rechtsnatur der Beauftragung nach § 88 SGB X als koordinationsrechtlichem Vertrag BSGE 69, 238, 240 = SozR 3-1200 § 52 Nr 2). Auch um Interessenskollisionen vorzubeugen, bedarf es daher einer verfahrensmäßigen Absicherung einer solchen Aufgabenwahrnehmung. Gegen die Möglichkeit der Arbeitsgemeinschaften, ihre Leistungsträger gemäß § 88 SGB X mit einzelnen Aufgaben zu beauftragen, spricht zuletzt auch, dass § 44b SGB II aF zwar durchaus von einer (entsprechenden) Anwendung der Auftragsregelungen nach §§ 88 ff SGB X ausging, dies aber allein im umgekehrten Verhältnis. Nach § 94 Abs 4 SGB X gelten § 88 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 SGB X für ARGE'en, die nach § 94 Abs 1a Satz 1 SGB X iVm § 44b SGB II aF von den Leistungsträgern nach dem SGB II gegründet werden, entsprechend. Dabei ordnete § 44b Abs 3 Satz 2 Halbs 2 SGB II aF ausdrücklich an, dass § 88 Abs 2 Satz 2 SGB X, wonach ein wesentlicher Teil des gesamten Aufgabenbereichs beim Auftraggeber verbleiben muss, nicht galt.

24

Für die Zulässigkeit einer vertraglichen Aufgabenübertragung im hier maßgeblichen Zeitraum kann auch die zwischenzeitlich in § 44b Abs 4 SGB II ergangene Neuregelung nicht fruchtbar gemacht werden. Zwar heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP, § 44b Abs 4 SGB II "stellt klar", dass die gemeinsame Einrichtung einzelne ihrer Aufgaben von den Trägern wahrnehmen lassen könne(BT-Drucks 17/1555, 24; wortgleich der Gesetzentwurf der Bundesregierung, vgl BR-Drucks 226/10, 37 f). Es ist aber nicht zu erkennen, worauf sich die Annahme, es handele sich lediglich um eine Klarstellung, gründet. Die Gesetzesbegründung macht im selben Zusammenhang zudem deutlich, dass erst durch die Neuregelung "die Möglichkeit eröffnet werden" sollte, einzelne Aufgaben rechtsgeschäftlich auf die Leistungsträger zu übertragen (BT-Drucks, aaO).

25

b) Die fehlende sachliche Zuständigkeit der Beklagten zur Erhebung der Mahngebühren führt zur Aufhebung des Verwaltungsakts vom 14.10.2007. Da der Kläger allein einen Anfechtungsantrag gestellt hat, bedarf es an dieser Stelle keiner Entscheidung, ob der Verwaltungsakt gemäß § 40 SGB X an einem so schwerwiegenden Fehler leidet, dass er nichtig ist(BSGE 17, 139, 142; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 55 RdNr 14a; vgl zur Frage der Nichtigkeit im Falle einer sachlichen Unzuständigkeit auch BSG SozR 3-5520 § 44 Nr 1 S 6 f mwN). Auf die Unterscheidung zwischen Nichtigkeit und bloßer Aufhebbarkeit des Verwaltungsakts kommt es vorliegend auch deshalb nicht an, weil die Aufhebbarkeit des (formell) rechtswidrigen Bescheids nicht aus Rechtsgründen ausgeschlossen ist. Der Mangel der sachlichen Zuständigkeit gehört weder zu den Fehlern, die nach § 41 SGB X unbeachtlich sind, noch zu den Fehlern, deretwegen nach § 42 Satz 2 SGB X die Aufhebung des Verwaltungsakts nicht verlangt werden kann(BSG SozR 3-3300 § 20 Nr 5 S 22). Insofern ist allein festzustellen, dass der Anfechtungsantrag des Klägers jedenfalls begründet ist.

26

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Die Vollstreckung ist einzustellen oder zu beschränken, sobald

1.
die Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen des § 251 Abs. 1 weggefallen sind,
2.
der Verwaltungsakt, aus dem vollstreckt wird, aufgehoben wird,
3.
der Anspruch auf die Leistung erloschen ist,
4.
die Leistung gestundet worden ist.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 sind bereits getroffene Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben. Ist der Verwaltungsakt durch eine gerichtliche Entscheidung aufgehoben worden, so gilt dies nur, soweit die Entscheidung unanfechtbar geworden ist und nicht auf Grund der Entscheidung ein neuer Verwaltungsakt zu erlassen ist. Im Übrigen bleiben die Vollstreckungsmaßnahmen bestehen, soweit nicht ihre Aufhebung ausdrücklich angeordnet worden ist.

(1) Verwaltungsakte können vollstreckt werden, soweit nicht ihre Vollziehung ausgesetzt oder die Vollziehung durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gehemmt ist (§ 361; § 69 der Finanzgerichtsordnung). Einfuhr- und Ausfuhrabgabenbescheide können außerdem nur vollstreckt werden, soweit die Verpflichtung des Zollschuldners zur Abgabenentrichtung nicht ausgesetzt ist (Artikel 108 Absatz 3 des Zollkodex der Union).

(2) Unberührt bleiben die Vorschriften der Insolvenzordnung sowie § 79 Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes. Die Finanzbehörde ist berechtigt, in den Fällen des § 201 Abs. 2, §§ 257 und 308 Abs. 1 der Insolvenzordnung sowie des § 71 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes gegen den Schuldner im Verwaltungswege zu vollstrecken.

(3) Macht die Finanzbehörde im Insolvenzverfahren einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis als Insolvenzforderung geltend, so stellt sie erforderlichenfalls die Insolvenzforderung durch schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt fest.

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

(1) Die gemeinsame Einrichtung hat eine Trägerversammlung. In der Trägerversammlung sind Vertreterinnen und Vertreter der Agentur für Arbeit und des kommunalen Trägers je zur Hälfte vertreten. In der Regel entsenden die Träger je drei Vertreterinnen oder Vertreter. Jede Vertreterin und jeder Vertreter hat eine Stimme. Die Vertreterinnen und Vertreter wählen eine Vorsitzende oder einen Vorsitzenden für eine Amtszeit von bis zu fünf Jahren. Kann in der Trägerversammlung keine Einigung über die Person der oder des Vorsitzenden erzielt werden, wird die oder der Vorsitzende von den Vertreterinnen und Vertretern der Agentur für Arbeit und des kommunalen Trägers abwechselnd jeweils für zwei Jahre bestimmt; die erstmalige Bestimmung erfolgt durch die Vertreterinnen und Vertreter der Agentur für Arbeit. Die Trägerversammlung entscheidet durch Beschluss mit Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme der oder des Vorsitzenden; dies gilt nicht für Entscheidungen nach Absatz 2 Satz 2 Nummer 1, 4 und 8. Die Beschlüsse sind von der oder dem Vorsitzenden schriftlich oder elektronisch niederzulegen. Die Trägerversammlung gibt sich eine Geschäftsordnung.

(2) Die Trägerversammlung entscheidet über organisatorische, personalwirtschaftliche, personalrechtliche und personalvertretungsrechtliche Angelegenheiten der gemeinsamen Einrichtung. Dies sind insbesondere

1.
die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführerin oder des Geschäftsführers,
2.
der Verwaltungsablauf und die Organisation,
3.
die Änderung des Standorts der gemeinsamen Einrichtung,
4.
die Entscheidungen nach § 6 Absatz 1 Satz 2 und § 44b Absatz 4, ob einzelne Aufgaben durch die Träger oder durch Dritte wahrgenommen werden,
5.
die Regelung der Ordnung in der Dienststelle und des Verhaltens der Beschäftigten,
6.
die Arbeitsplatzgestaltung,
7.
die Genehmigung von Dienstvereinbarungen mit der Personalvertretung,
8.
die Aufstellung des Stellenplans und der Richtlinien zur Stellenbewirtschaftung,
9.
die grundsätzlichen Regelungen der innerdienstlichen, sozialen und persönlichen Angelegenheiten der Beschäftigten.

(3) Die Trägerversammlung nimmt in Streitfragen zwischen Personalvertretung und Geschäftsführerin oder Geschäftsführer die Aufgaben einer übergeordneten Dienststelle und obersten Dienstbehörde nach den §§ 71 bis 75, 77 und 82 des Bundespersonalvertretungsgesetzes wahr.

(4) Die Trägerversammlung berät zu gemeinsamen Betreuungsschlüsseln. Sie hat dabei die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel zu berücksichtigen. Bei der Personalbedarfsermittlung sind im Regelfall folgende Anteilsverhältnisse zwischen eingesetztem Personal und Leistungsberechtigten nach diesem Buch zu berücksichtigen:

1.
1:75 bei der Gewährung der Leistungen zur Eingliederung in Arbeit von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres,
2.
1:150 bei der Gewährung der Leistungen zur Eingliederung in Arbeit von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben.

(5) Die Trägerversammlung stellt einheitliche Grundsätze der Qualifizierungsplanung und Personalentwicklung auf, die insbesondere der individuellen Entwicklung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dienen und ihnen unter Beachtung ihrer persönlichen Interessen und Fähigkeiten die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderliche Qualifikation vermitteln sollen. Die Trägerversammlung stimmt die Grundsätze der Personalentwicklung mit den Personalentwicklungskonzepten der Träger ab. Die Geschäftsführerin oder der Geschäftsführer berichtet der Trägerversammlung regelmäßig über den Stand der Umsetzung.

(6) In der Trägerversammlung wird das örtliche Arbeitsmarkt- und Integrationsprogramm der Grundsicherung für Arbeitsuchende unter Beachtung von Zielvorgaben der Träger abgestimmt.

(1) Zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende bilden die Träger im Gebiet jedes kommunalen Trägers nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 eine gemeinsame Einrichtung. Die gemeinsame Einrichtung nimmt die Aufgaben der Träger nach diesem Buch wahr; die Trägerschaft nach § 6 sowie nach den §§ 6a und 6b bleibt unberührt. Die gemeinsame Einrichtung ist befugt, Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen. Die Aufgaben werden von Beamtinnen und Beamten sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wahrgenommen, denen entsprechende Tätigkeiten zugewiesen worden sind.

(2) Die Träger bestimmen den Standort sowie die nähere Ausgestaltung und Organisation der gemeinsamen Einrichtung durch Vereinbarung. Die Ausgestaltung und Organisation der gemeinsamen Einrichtung sollen die Besonderheiten der beteiligten Träger, des regionalen Arbeitsmarktes und der regionalen Wirtschaftsstruktur berücksichtigen. Die Träger können die Zusammenlegung mehrerer gemeinsamer Einrichtungen zu einer gemeinsamen Einrichtung vereinbaren.

(3) Den Trägern obliegt die Verantwortung für die rechtmäßige und zweckmäßige Erbringung ihrer Leistungen. Sie haben in ihrem Aufgabenbereich nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 gegenüber der gemeinsamen Einrichtung ein Weisungsrecht; dies gilt nicht im Zuständigkeitsbereich der Trägerversammlung nach § 44c. Die Träger sind berechtigt, von der gemeinsamen Einrichtung die Erteilung von Auskunft und Rechenschaftslegung über die Leistungserbringung zu fordern, die Wahrnehmung der Aufgaben in der gemeinsamen Einrichtung zu prüfen und die gemeinsame Einrichtung an ihre Auffassung zu binden. Vor Ausübung ihres Weisungsrechts in Angelegenheiten grundsätzlicher Bedeutung befassen die Träger den Kooperationsausschuss nach § 18b. Der Kooperationsausschuss kann innerhalb von zwei Wochen nach Anrufung eine Empfehlung abgeben.

(4) Die gemeinsame Einrichtung kann einzelne Aufgaben auch durch die Träger wahrnehmen lassen. Im Übrigen gelten die §§ 88 bis 92 des Zehnten Buches für die gemeinsamen Einrichtungen im Aufgabenbereich dieses Buches entsprechend.

(5) Die Bundesagentur stellt der gemeinsamen Einrichtung Angebote an Dienstleistungen zur Verfügung.

(6) Die Träger teilen der gemeinsamen Einrichtung alle Tatsachen und Feststellungen mit, von denen sie Kenntnis erhalten und die für die Leistungen erforderlich sind.

(1) Vollstreckt wird

1.
aus gerichtlichen Entscheidungen, soweit nach den Vorschriften dieses Gesetzes kein Aufschub eintritt,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Anerkenntnissen und gerichtlichen Vergleichen,
4.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen,
5.
aus Vollstreckungsbescheiden.

(2) Hat ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung, so kann der Vorsitzende des Gerichts, das über das Rechtsmittel zu entscheiden hat, die Vollstreckung durch einstweilige Anordnung aussetzen. Er kann die Aussetzung und Vollstreckung von einer Sicherheitsleistung abhängig machen; die §§ 108, 109, 113 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Die Anordnung ist unanfechtbar; sie kann jederzeit aufgehoben werden.

(3) Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend, wenn ein Urteil nach § 131 Abs. 4 bestimmt hat, daß eine Wahl oder eine Ergänzung der Selbstverwaltungsorgane zu wiederholen ist. Die einstweilige Anordnung ergeht dahin, daß die Wiederholungswahl oder die Ergänzung der Selbstverwaltungsorgane für die Dauer des Rechtsmittelverfahrens unterbleibt.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

(1) Soll zugunsten einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft des öffentlichen Rechts oder einer bundesunmittelbaren Anstalt des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so richtet sich die Vollstreckung nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz.

(2) Bei der Vollstreckung zugunsten einer Behörde, die nicht Bundesbehörde ist, sowie zugunsten einer nicht bundesunmittelbaren Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts gelten die Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes entsprechend. In diesem Fall bestimmt das Land die Vollstreckungsbehörde.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 25. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Revisionsverfahren.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich im Rahmen der Aufhebung und Rückforderung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) gegen die Erhebung von Mahngebühren durch die beklagte Bundesagentur für Arbeit (BA).

2

Die Arbeitsgemeinschaft Leipzig (ARGE) hob gegenüber dem Kläger mit einem Bescheid vom 2.8.2007 die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum von September 2005 bis Januar 2007 auf und forderte von ihm einen Betrag in Höhe von 5886,25 Euro zurück (3266,30 Euro Regelleistung und 2619,95 Euro Leistungen für Unterkunft und Heizung). Gegen diesen Bescheid legte der Kläger keinen Widerspruch ein. Die ARGE übergab sodann den Vorgang der Regionaldirektion Sachsen der beklagten BA zur Einziehung der Forderung. Diese betreibt auf der Grundlage einer "Verwaltungsvereinbarung zur Erbringung von Dienstleistungen 2007" vom 2./3.1.2007 verschiedene Aufgaben, die in einem Dienstleistungskatalog aufgelistet sind. Darunter fällt auch der Einzug von Forderungen für die ARGE.

3

Mit Schreiben vom 3.8.2007 forderte die Beklagte den Kläger zur Zahlung des Erstattungsbetrags auf. Mit einem weiteren, mit "Mahnung" überschriebenem Schriftstück vom 14.10.2007 wies die Beklagte den Kläger auf seine noch bestehenden Zahlungsverpflichtungen in Höhe von 5915,95 Euro hin. In dieser Summe enthalten war eine Position in Höhe von 29,70 Euro, die bezeichnet wurde: "Forderung: Mahngebühren/Bescheid: 14.10.07 RD Sachsen".

4

Den hiergegen erhobenen Widerspruch verwarf die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8.1.2008 als unzulässig mit der Begründung, bei der Mahnung habe es sich nicht um einen Verwaltungsakt gehandelt, da sie keine Rechtswirkung nach außen entfalte. Vielmehr werde nur noch über die bestehende Forderung sowie über weitere Zahlungsmodalitäten unterrichtet.

5

Auf die hiergegen erhobene Klage, mit der sich der Kläger ausschließlich gegen die Erhebung der Mahngebühren wandte, hat das Sozialgericht Leipzig die Festsetzung der Mahngebühren aufgehoben (Urteil vom 26.5.2009). Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Zur Begründung hat das Sächsische Landessozialgericht (LSG) in seinem Urteil vom 25.2.2010 ausgeführt, die Klage sei als Anfechtungsklage statthaft, weil es sich bei der Festsetzung von Mahngebühren durch die Beklagte um einen Verwaltungsakt gehandelt habe. Auch wenn die Mahnung selbst lediglich als unselbstständige Vorbereitungshandlung zur Vollstreckung zu qualifizieren sei, stelle die Festsetzung von Mahngebühren in bestimmter Höhe auf gesetzlicher Grundlage ein hoheitliches Handeln mit Außenwirkung zur Regelung eines Einzelfalls dar. Allerdings sei die Beklagte gegenüber dem Kläger zur Festsetzung von Mahngebühren nicht befugt gewesen, da Inhaberin der Erstattungsforderung allein die ARGE sei. Aus der Übertragung von Aufgaben an die ARGE im Rahmen des § 44b Abs 3 SGB II folge, dass die Beklagte als Trägerin der Grundsicherung bei der Vollstreckung von Forderungen der ARGE kein eigenes Geschäft mehr wahrnehme. Dies gelte insbesondere für solche Forderungen, die auf den kommunalen Unterkunftsleistungen beruhten. In diesem Zusammenhang könne dahinstehen, ob die 2007 getroffene Verwaltungsvereinbarung zwischen der ARGE und der Beklagten eine nach §§ 88 ff Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zulässige Übertragung von Aufgaben darstelle, denn zum einen habe es die Beklagte versäumt, das Tätigwerden im fremden Auftrag hinreichend deutlich zu machen, zum anderen hätte die Beklagte gemäß § 90 Satz 2 SGB X den Widerspruch der ARGE vorlegen müssen und habe nicht selbst über ihn entscheiden dürfen.

6

Die Beklagte hat die vom LSG in seinem Urteil zugelassene Revision eingelegt und rügt eine Verletzung der §§ 31 Satz 1, 89 Abs 1 und 90 Satz 2 SGB X. Sie vertritt die Auffassung, die Erhebung von Mahngebühren stelle keinen Verwaltungsakt dar. Insbesondere habe sie die Mahngebühr nicht in einem formalisierten Verfahren festgesetzt, sondern zusammen mit der Mahnung sei die anfallende Mahngebühr, deren Höhe sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebe, eingefordert worden. Auch die äußere Form der Mahnung spreche nicht für das Vorliegen eines so genannten "Formverwaltungsakts". Darüber hinaus sei sie auf der Grundlage der mit der ARGE gemäß § 88 SGB X abgeschlossenen Verwaltungsvereinbarung auch zur Erhebung der Mahngebühren berechtigt gewesen. Auch könne die Rechtswidrigkeit zumindest des Widerspruchsbescheids nicht aus § 90 Satz 2 SGB X hergeleitet werden, wonach die Widerspruchsstelle des Auftraggebers den Widerspruchsbescheid "erlässt", denn diese Regelung sei als Sollvorschrift auszulegen, wie sich aus den zugrunde liegenden Gesetzesmaterialien ergebe.

7

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 25. Februar 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 26. Mai 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält das Urteil des LSG im Hinblick auf die Verwaltungsaktqualität der Erhebung der Mahngebühren für zutreffend, weist aber ergänzend darauf hin, dass er die zwischen der Beklagten und der ARGE getroffene Verwaltungsvereinbarung für rechtswidrig halte.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet.

11

Der Senat konnte in der Sache entscheiden, denn es bestehen keine von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensfehler (dazu unter 1.). Die als Verwaltungsakt zu qualifizierende Festsetzung von Mahngebühren konnte mit der hier zulässigen Anfechtungsklage angegriffen werden (dazu unter 2.). Bei der Entscheidung in der Sache hat die Vorinstanz entgegen der Ansicht der Revision kein Bundesrecht verletzt. Es kann offen bleiben, ob Mahngebühren durch eine ARGE auf der Grundlage des Verwaltungsvollstreckungsrechts des Bundes oder des der Länder erhoben werden dürfen (dazu unter 3.a), denn jedenfalls war die beklagte BA gegenüber dem Kläger zur Erhebung von Mahngebühren nicht befugt (dazu unter 3.b).

12

1. Es liegt hier kein eine Sachentscheidung hindernder Verfahrensfehler darin, dass die ARGE dem Verfahren nicht beigeladen wurde. Ein Fall einer von Amts wegen im Revisionsverfahren zu berücksichtigenden notwendigen Beiladung gemäß § 75 Abs 2 Alt 1 Sozialgerichtsgesetz( vgl zuletzt nur BSG Urteil vom 2.2.2010 - B 8 SO 17/08 R - juris) ist vorliegend nicht gegeben, weil die gerichtliche Entscheidung gegenüber der Beklagten und gegenüber der ARGE nicht nur einheitlich ergehen kann. Eine einheitliche Entscheidung ist aus Rechtsgründen notwendig, wenn die gerichtliche Entscheidung im Abweisungs- oder im Stattgabefall unmittelbar und zwangsläufig Rechte des Beizuladenden gestaltet, bestätigt oder feststellt, verändert oder aufhebt (vgl BSG Urteil vom 9.2.1994 - 11 RAr 49/93 - juris; BSG SozR 1500 § 75 Nr 71; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 5. Aufl 2008, Kap VI, RdNr 11a). Hieran fehlt es vorliegend, weil die ARGE allenfalls ein wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens hat, ohne dass ihre Rechte durch die Entscheidung zwangsläufig und unmittelbar festgestellt oder verändert werden.

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2. Zutreffend ist der Kläger gegen die Festsetzung der Mahngebühren mit der Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) vorgegangen, deren besondere Voraussetzungen hier ebenfalls gegeben sind.

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Bei der in der Mahnung vom 14.10.2007 enthaltenen Festsetzung von Mahngebühren handelt es sich um einen Verwaltungsakt gemäß § 31 Satz 1 SGB X, der mit Widerspruch und Anfechtungsklage angefochten werden kann. Die Festsetzung von Mahngebühren enthält eine für den betroffenen Schuldner verbindliche Einzelfallregelung (vgl Engelhardt/App, Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz/Verwaltungszustellungsgesetz , 9. Aufl 2011, § 19 VwVG RdNr 7 und § 3 VwVG RdNr 8). Etwas anderes ergibt sich nicht aus der bisherigen Revisionsrechtsprechung, denn das Bundessozialgericht (BSG) hat bislang lediglich entschieden, dass die Mahnung selbst kein Verwaltungsakt sei, ohne dass die Erhebung einer Gebühr für diese Mahnung Gegenstand der Verfahren gewesen wäre (vgl BSG Beschluss vom 5.8.1997 - 11 BAr 95/97 - juris RdNr 6; Beschluss vom 7.6.1999 - B 7 AL 264/98 B - juris RdNr 7; dem folgend Bundesfinanzhof Beschluss vom 30.9.2002 - VII S 16/02 - juris RdNr 8). Auch der 12. Senat des BSG ist bereits im Rahmen einer Beitragsstreitigkeit von der Verwaltungsaktqualität einer Mahngebührenfestsetzung nach § 19 Abs 2 VwVG ausgegangen(BSG Urteil vom 23.11.1992 - 12 RK 23/90 - SozR 3-7910 § 59 Nr 1 S 4). Demgegenüber greift das Argument der Beklagten, sie "fordere" nur, was sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebe und regele nichts, nicht durch. Die Verpflichtung zur Zahlung der Gebühr ergibt sich nämlich nicht unmittelbar aus dem Gesetz, sondern setzt voraus, dass sie - wie es etwa in § 19 Abs 2 Satz 1 VwVG heißt - "erhoben" wird. Nach der entsprechenden landesrechtlichen Regelung, auf die sich die Beklagte alternativ beruft, ist sogar nur ein entsprechender Gebührenrahmen festgelegt (der im Übrigen bei 25 Euro endet). Auf die Frage, ob es sich aufgrund der Verwendung des Wortes "Bescheid" im Mahnschreiben um einen so genannten formellen Verwaltungsakt handelte, gegen den bereits deshalb die Anfechtungsklage statthaft ist (vgl hierzu nur BSG Urteil vom 5.9.2006 - B 4 R 75/06 R - juris), kommt es hier nicht mehr an.

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Auch sonst steht der Zulässigkeit der Anfechtungsklage nichts entgegen, insbesondere fehlt es nicht an den speziell für die Anfechtungsklage geltenden Sachurteilsvoraussetzungen. Soweit zwischen den Beteiligten bislang streitig war, ob die Beklagte zum Erlass des Widerspruchsbescheids befugt war (§ 90 Satz 2 SGB X), berührt dies das für die Anfechtungsklage nach § 78 Abs 1 Satz 1 SGG erforderliche Vorverfahren als Sachurteilsvoraussetzung nicht(BSGE 24, 134, 137 = SozR Nr 7 zu § 85 SGG).

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3. Das LSG hat der Anfechtungsklage auch zu Recht stattgegeben, denn der Bescheid der Beklagten über die Erhebung einer Mahngebühr ist rechtswidrig.

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Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob Rechtsgrundlage für die mit dem Bescheid vom 14.10.2007 erhobenen Mahngebühren § 19 Abs 2 VwVG iVm § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II und § 66 Abs 1 Satz 1 SGB X ist oder § 4 Abs 2 Sächsisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz (SächsVwVG) iVm §§ 1, 6 Sächsisches Verwaltungskostengesetz (SächsVwKG) und Nr 1 Tarifstelle 8.1 der Anlage 1 zu § 1 des Siebten Sächsischen Kostenverzeichnisses vom 24.5.2006 (SächsGVBl 189) iVm § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II und § 66 Abs 3 Satz 1 SGB X. Für die Verwaltungsvollstreckung und damit auch für die der Vollstreckung vorgelagerten Mahnung besteht jedenfalls keine Kostenfreiheit nach § 64 Abs 1 Satz 1 SGB X(Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 66 RdNr 23; speziell zur Mahngebühr Augstein/App, KKZ 2002, 7). Die Frage nach der Anwendung von Bundes- oder Landesrecht bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung, weil der Verwaltungsakt vom 14.10.2007 ohnehin (formell) rechtswidrig ist. Die Beklagte war nämlich nach beiden Rechtsgrundlagen zur Erhebung von Mahngebühren nicht befugt, weil ihr die sachliche Zuständigkeit fehlte (dazu unter a). Dieser Mangel, an dem der Verwaltungsakt zur Erhebung der Mahngebühren leidet, führt zu dessen Aufhebung (dazu unter b).

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a) Nach dem Vollstreckungsrecht des Bundes war für die Erhebung der Mahngebühren sachlich zuständig die ARGE als Behörde, die den zu vollstreckenden Leistungsbescheid erlassen hat (vgl § 3 Abs 3, 4 iVm § 19 Abs 2 VwVG). Wie sich aus den - den Senat insoweit nach § 162 SGG bindenden - Feststellungen des LSG ergibt, gilt Gleiches nach den entsprechenden Regelungen des sächsischen Verwaltungsvollstreckungsrechts(vgl § 13 Abs 2 iVm § 4 Abs 1 Satz 2 SächsVwVG sowie §§ 1, 6 SächsVwKG). Die Besonderheiten der Organisationsstruktur der SGB II-Leistungsverwaltung führen nicht dazu, dass neben der ARGE auch die Beklagte für die Erhebung von Mahngebühren zuständig geblieben ist (aa). Etwas anderes folgt auch nicht aus der abgeschlossenen Verwaltungsvereinbarung (bb). Ebenso wenig kann die sachliche Zuständigkeit der Beklagten aus der entsprechenden Anwendung des § 88 SGB X hergeleitet werden(cc).

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aa) Die Beklagte ist nicht befugt, einzelne Aufgabenbereiche im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ohne entsprechende gesetzliche Grundlage in eigener Zuständigkeit auszuüben. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei der Beklagten um einen der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende handelt. Nach § 6 Abs 1 Satz 1 SGB II sind Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende grundsätzlich die BA und die kreisfreien Städte und Kreise(vgl auch § 12 Satz 1, § 19a Abs 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch). Trotz ihrer Trägereigenschaft war es der beklagten BA verwehrt, gegenüber dem Kläger in eigener Zuständigkeit tätig zu werden. Das Verhältnis zwischen der Beklagten und der ARGE bestimmte sich allein nach § 44b Abs 3 Satz 1 SGB II aF, wonach die ARGE "die Aufgaben" der Agentur für Arbeit als Leistungsträger nach dem SGB II wahrnahm. Dabei sollte die ARGE die gesamten operativen Aufgaben einer einheitlichen Leistungsverwaltung wahrnehmen (BVerfGE 119, 331, 368 mwN). Die Übertragung einzelner Aufgaben durch die Träger kollidiert mit dem Grundsatz der einheitlichen Wahrnehmung der Aufgaben nach dem SGB II (§ 44b Abs 1 Satz 1 SGB II; vgl Luthe, SGb 2011, 131, 138) und bedarf deshalb einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung. Eine Art "Selbsteintrittsrecht" der Grundsicherungsträger sieht das Gesetz dagegen nicht vor. Die Vorinstanzen haben zu Recht darauf hingewiesen, dass ein solches Selbsteintrittsrecht nie ein Tätigwerden im Leistungsbereich des jeweils anderen Trägers rechtfertigen könnte. Ein einheitlicher Forderungseinzug erfordert aber regelmäßig ein solches Tätigwerden in einem anderen Leistungsbereich. Letztlich geht auch die Beklagte (zu Recht) davon aus, sie sei als Leistungsträgerin nicht bereits originär zuständig gewesen, denn in diesem Fall hätte es nicht der Vereinbarung eines Auftragsverhältnisses zwischen der ARGE und ihr bedurft, um im Rahmen des Forderungseinzugs tätig zu werden.

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bb) Die sachliche Zuständigkeit der Beklagten lässt sich aber auch nicht aus § 1 der hier geschlossenen Verwaltungsvereinbarung zur Erbringung von Dienstleistungen 2007 vom 2./3.1.2007 iVm dem dort in Bezug genommenen Dienstleistungskatalog, der auch die Dienstleistung "Forderungseinzug" beinhaltet, iVm §§ 88 bis 90 SGB X herleiten. Dass die Übertragung von Aufgaben auf andere Leistungsträger oder auf Dritte einer gesetzlichen Grundlage bedarf, folgt aus der grundsätzlich fehlenden Disponibilität der Zuständigkeitsregelungen für den Fall, dass hierdurch die Rechtssphäre des Bürgers berührt wird (vgl Steinbach in Hauck/Noftz, Stand 2007, § 88 SGB X RdNr 1 mwN),was hier der Fall ist.

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Nach § 88 Abs 1 Satz 1 SGB X, der im Rahmen der Vorschriften über die Zusammenarbeit der Leistungsträger untereinander das Auftragsverhältnis regelt, kann ein Leistungsträger (Auftraggeber) ihm obliegende Aufgaben durch einen anderen Leistungsträger oder seinen Verband (Beauftragter) mit dessen Zustimmung wahrnehmen lassen, wenn dies wegen des sachlichen Zusammenhangs der Aufgaben vom Auftraggeber und Beauftragten zur Durchführung der Aufgaben und im wohlverstandenen Interesse der Betroffenen zweckmäßig ist.

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Die Anwendung des § 88 SGB X scheitert aber bereits daran, dass diese Norm nach ihrem Wortlaut auf die Beauftragung der Beklagten durch die ARGE keine Anwendung findet, denn das Gesetz erlaubt es nur einem Leistungsträger iS von § 12 SGB I, als Auftraggeber einen Auftragsvertrag zu schließen(vgl Seewald in Kasseler Kommentar, Stand April 2011, § 88 SGB X RdNr 19). Die Arbeitsgemeinschaften nach § 44b SGB II aF waren aber selbst nicht Leistungsträger(BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 20). Sie wurden vielmehr von den Trägern gemäß § 44b Abs 1 Satz 1 SGB II aF zur einheitlichen Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dem SGB II durch Vertrag errichtet. Gemäß § 44b Abs 3 SGB II aF nahm die ARGE die Aufgaben der Agentur für Arbeit als Leistungsträger nach dem SGB II wahr. Die kommunalen Träger sollten der ARGE die Wahrnehmung ihrer Aufgaben übertragen. Wegen der fehlenden Leistungsträgereigenschaft der ARGE war es ihr verwehrt, auf der Grundlage des § 88 Abs 1 SGB X ihre Aufgaben durch die Beklagte wahrnehmen zu lassen.

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cc) Auch eine entsprechende Anwendung des § 88 SGB X auf den vorliegenden Fall einer Rückübertragung von Aufgaben von einer nach § 44b SGB II aF errichteten ARGE als (Misch-) Behörde auf einen ihrer beiden Leistungsträger scheidet aus. Dagegen spricht bereits die auch verfassungsrechtlich geforderte klare Zuordnung von Verwaltungszuständigkeit (vgl hierzu BVerfGE 119, 331, 366), die eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage erfordert wie sie inzwischen mit § 44b Abs 4 SGB II idF des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3.8.2010 (BGBl I 1112) iVm § 44c Abs 2 Satz 2 Nr 4 SGB II und § 44b Abs 5 SGB II auch geschaffen worden ist. Zum anderen besteht bei der "Redelegation" von der ARGE zu einem ihrer Träger die besondere Problematik der Teilidentität der Beteiligten, die einem Vertrag als mehrseitigem Rechtsgeschäft grundsätzlich fremd ist (vgl zur Rechtsnatur der Beauftragung nach § 88 SGB X als koordinationsrechtlichem Vertrag BSGE 69, 238, 240 = SozR 3-1200 § 52 Nr 2). Auch um Interessenskollisionen vorzubeugen, bedarf es daher einer verfahrensmäßigen Absicherung einer solchen Aufgabenwahrnehmung. Gegen die Möglichkeit der Arbeitsgemeinschaften, ihre Leistungsträger gemäß § 88 SGB X mit einzelnen Aufgaben zu beauftragen, spricht zuletzt auch, dass § 44b SGB II aF zwar durchaus von einer (entsprechenden) Anwendung der Auftragsregelungen nach §§ 88 ff SGB X ausging, dies aber allein im umgekehrten Verhältnis. Nach § 94 Abs 4 SGB X gelten § 88 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 SGB X für ARGE'en, die nach § 94 Abs 1a Satz 1 SGB X iVm § 44b SGB II aF von den Leistungsträgern nach dem SGB II gegründet werden, entsprechend. Dabei ordnete § 44b Abs 3 Satz 2 Halbs 2 SGB II aF ausdrücklich an, dass § 88 Abs 2 Satz 2 SGB X, wonach ein wesentlicher Teil des gesamten Aufgabenbereichs beim Auftraggeber verbleiben muss, nicht galt.

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Für die Zulässigkeit einer vertraglichen Aufgabenübertragung im hier maßgeblichen Zeitraum kann auch die zwischenzeitlich in § 44b Abs 4 SGB II ergangene Neuregelung nicht fruchtbar gemacht werden. Zwar heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP, § 44b Abs 4 SGB II "stellt klar", dass die gemeinsame Einrichtung einzelne ihrer Aufgaben von den Trägern wahrnehmen lassen könne(BT-Drucks 17/1555, 24; wortgleich der Gesetzentwurf der Bundesregierung, vgl BR-Drucks 226/10, 37 f). Es ist aber nicht zu erkennen, worauf sich die Annahme, es handele sich lediglich um eine Klarstellung, gründet. Die Gesetzesbegründung macht im selben Zusammenhang zudem deutlich, dass erst durch die Neuregelung "die Möglichkeit eröffnet werden" sollte, einzelne Aufgaben rechtsgeschäftlich auf die Leistungsträger zu übertragen (BT-Drucks, aaO).

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b) Die fehlende sachliche Zuständigkeit der Beklagten zur Erhebung der Mahngebühren führt zur Aufhebung des Verwaltungsakts vom 14.10.2007. Da der Kläger allein einen Anfechtungsantrag gestellt hat, bedarf es an dieser Stelle keiner Entscheidung, ob der Verwaltungsakt gemäß § 40 SGB X an einem so schwerwiegenden Fehler leidet, dass er nichtig ist(BSGE 17, 139, 142; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 55 RdNr 14a; vgl zur Frage der Nichtigkeit im Falle einer sachlichen Unzuständigkeit auch BSG SozR 3-5520 § 44 Nr 1 S 6 f mwN). Auf die Unterscheidung zwischen Nichtigkeit und bloßer Aufhebbarkeit des Verwaltungsakts kommt es vorliegend auch deshalb nicht an, weil die Aufhebbarkeit des (formell) rechtswidrigen Bescheids nicht aus Rechtsgründen ausgeschlossen ist. Der Mangel der sachlichen Zuständigkeit gehört weder zu den Fehlern, die nach § 41 SGB X unbeachtlich sind, noch zu den Fehlern, deretwegen nach § 42 Satz 2 SGB X die Aufhebung des Verwaltungsakts nicht verlangt werden kann(BSG SozR 3-3300 § 20 Nr 5 S 22). Insofern ist allein festzustellen, dass der Anfechtungsantrag des Klägers jedenfalls begründet ist.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Beteiligte kann auch beim Beauftragten Anträge stellen. Erhebt der Beteiligte gegen eine Entscheidung des Beauftragten Widerspruch und hilft der Beauftragte diesem nicht ab, erlässt den Widerspruchsbescheid die für den Auftraggeber zuständige Widerspruchsstelle.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.