Arbeitsgericht Paderborn Urteil, 03. Nov. 2016 - 2 Ca 357/16
Tenor
Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 09.03.2016 weder fristlos noch fristgerecht beendet wurde.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Niederlassungsleiter in Q zu beschäftigen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Der Streitwert wird auf 20.515,97 € festgesetzt.
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen und hilfsweise fristgerechten Kündigung. Widerklagend macht die Beklagte Schadensersatzansprüche gegen den Kläger geltend.
3Der 1969 geborene, verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist seit dem Jahr 1999 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt der schriftliche Arbeitsvertrag sowie der Zusatzvertrag vom 30.06.2006 zugrunde (Bl. 68 – 73 d. A.).
4Die Beklagte ist ein Wach- und Sicherheitsunternehmen mit Sitz in L. Der Kläger war zuletzt als Niederlassungsleiter der Niederlassung der Beklagten in Q eingesetzt. Neben dem Kläger war Frau Q1 ebenfalls Niederlassungsleiterin der Niederlassung Q. Frau Q1 war gegenüber dem Kläger nicht zur Kündigung berechtigt. Vielmehr waren Frau Q1 und der Kläger als gleichrangige Niederlassungsleiter der Niederlassung Q eingesetzt, wobei jeder Niederlassungsleiter für die Aufträge in seinem Zuständigkeitsbereich allein zuständig war. Während seiner Tätigkeit als Niederlassungsleiter unterzeichnete der Kläger Arbeitsverträge und Kündigungsschreiben, wobei den Kündigungsschreiben eine Vollmacht der Geschäftsführung in L beigefügt wurde.
5Das Bruttomonatseinkommen des Klägers betrug zuletzt 3.100,00 € zuzüglich einer monatlichen Pauschale in Höhe von 150,00 €.
6Der Niederlassung in Q sind ca. 250 Mitarbeiter zugeordnet.
7In der Niederlassung Q ist ein Betriebsrat gebildet. Dessen Vorsitzende C B ist die Ehefrau des Klägers. Die Ehefrau des Klägers ist auf Basis eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses ebenfalls bei der Beklagten beschäftigt.
8Mit dem Zustimmungsersetzungsverfahren Az: 2 BV 12/16 verfolgt die Beklagte den Ausschluss der Ehefrau des Klägers aus dem Betriebsrat sowie die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur Kündigung der Ehefrau des Klägers durch das Arbeitsgericht.
9In der Niederlassung der Beklagten in Q ebenfalls beschäftigt sind die Söhne des Klägers, E W und E1 B.
10Mit Schreiben vom 09.03.2016 (Bl. 6 d.A.), welches dem Kläger am 14.03.2016 zuging, kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis fristlos und hilfsweise fristgerecht. Die Kündigung ist mit dem Zusatz „ppa. U M“ unterzeichnet. Gegen die Kündigung hat der Kläger mit einem am 17.03.2016 bei dem Arbeitsgericht Paderborn eingegangenen Schriftsatz Kündigungsschutzklage erhoben und einen Weiterbeschäftigungsanspruch geltend gemacht. Mit einem am 30.10.2016 bei dem Arbeitsgericht Paderborn eingegangenen Schriftsatz hat die Beklagte Widerklage erhoben und den Kläger auf Zahlung von 7.515,97 € in Anspruch genommen.
11Der Kläger bestreitet das Vorliegen von Kündigungsgründen und die Einhaltung der Frist gemäß § 626 Abs. 2 BGB. Darüber hinaus bestreitet er die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats und vertritt die Auffassung, die Anhörung des Betriebsrats vor Ausspruch der Kündigung sei auch im Hinblick auf die Position des Klägers erforderlich gewesen. Schließlich bestreitet der Kläger die Kündigungsbefugnis des Unterzeichners der Kündigung M.
12Der Kläger beantragt,
13- 1.14
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die außerordentliche Kündigung vom 09.03.2016, zugestellt unter dem 14.03.2016, aufgelöst worden ist und auch nicht hilfsweise fristgerecht aufgelöst worden ist,
- 2.16
die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter als Niederlassungsleiter in Q zu beschäftigen.
Die Beklagte beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Widerklagend beantragt sie,
20den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 7.515,97 € zu zahlen.
21Der Kläger beantragt,
22die Widerklage abzuweisen.
23Die Beklagte ist der Auffassung, es liege ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger vor. Der Kläger habe sich selbst und seinen Familienangehörigen unberechtigte Vorteile bei der Beklagten verschafft. So habe er seiner Ehefrau durch Wahlmanipulation die Position der Betriebsratsvorsitzenden verschafft. Es habe keine ordnungsgemäße Betriebsratswahl stattgefunden. So habe es keine Mitarbeiterversammlung gegeben, die den Wahlvorstand gewählt habe. Vielmehr habe die Ehefrau des Klägers mit einigen anderen einfach den Wahlvorstand gebildet. Den Mitarbeitern der Niederlassung sei im Zusammenhang mit der Wahl mitgeteilt worden, sie sollten „die Frau von B1 wählen“. Auch habe der Kläger durch die Erhöhung der Mitarbeiterzahl in der Niederlassung die Voraussetzungen für die Freistellung seiner Ehefrau geschaffen. Der Kläger habe nach den Angaben seiner Frau bzw. seinen eigenen Erwägungen Dienstpläne erstellt und diese ohne Prüfung zur Auszahlung an die Lohnbuchhaltung weiter geleitet. Insbesondere habe sich nach Ausspruch der Kündigung herausgestellt, dass Stundenzettel der Ehefrau des Klägers in der Niederlassung überhaupt nicht vorlagen. Auch habe der Kläger unrichtige Angaben zum Ort der Betriebsratstätigkeit seiner Frau getätigt, indem er als Ort der Betriebsratstätigkeit die Niederlassung angegeben habe. Damit habe er seine Vertrauensstellung ausgenutzt. Die Überprüfung der Betriebsratstätigkeit der Ehefrau des Klägers habe einen gemeinschaftlichen Arbeitszeitbetrug der Eheleute B offenbart, wobei dieser zumindest für die Monate Januar und Februar 2016 vorliege, wobei der Kläger vom 30.12.2015 bis 22.01.2016 arbeitsunfähig erkrankt war. Grundlage der Abrechnung für die Familienangehörigen des Klägers seien dessen Eintragungen in das System PADIS gewesen. Darüber hinaus habe der Kläger seiner Ehefrau Führungsaufgaben übertragen, die dieser als Aushilfe überhaupt nicht zugestanden. So habe die Ehefrau des Klägers Arbeitnehmer in der JVA praktisch selbst einstellen und selbständig einsetzen dürfen. Auch habe er seine Ehefrau mit Einsatzleiteraufgaben betreut und die in der JVA beschäftigten Mitarbeiter bevorzugt, so beispielsweise bei Stadioneinsätzen beim Fußballverein SC Q. Dies habe zu erheblichem Unmut bei den übrigen Mitarbeitern geführt. Zudem habe der Kläger seine Ehefrau das ihm zur Verfügung gestellte Dienstfahrzeug während ihrer Elternzeit auf Firmenkosten privat nutzen lassen. Der Kläger habe insbesondere kein Fahrtenbuch geführt.
24Neben seiner Ehefrau habe der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit auch seine Söhne bevorzugt. So habe er seinen jüngsten Sohn E1 trotz Fehlens jeglicher Qualifikationen für den SC Q eingestellt. Der Kläger habe seinen Sohn zur Unterrichtung nach § 34 a GewO geschickt und anschließend direkt als Schichtleiter eingesetzt, obgleich es an einer entsprechenden Sachkenntnis seines Sohnes fehlte. Hierdurch habe er seinem Sohn einen um 12 % höheren Lohn verschafft. Als die Niederlassungsleiterin Frau Q1 dies beanstandet habe, habe der Kläger mitgeteilt, er wolle für seinen Sohn den bestmöglichen Lohn.
25Der ältere Sohn des Klägers, E W, habe im Rahmen seiner Ausbildung eine Prüfung nicht abgelegt und sei vom Kläger wegen des besseren Verdienstes als Revierfahrer eingesetzt worden. Hierbei habe die Zeit von 6 bis 8 Uhr als Bereitschaft gezählt, wobei der Kläger seinem Sohn gestattet habe, diese Zeit zu Hause im Bett zu verbringen, obgleich die Entlohnung bis 8 Uhr erfolgte. Bei Anrufen in der Bereitschaftszeit seines Sohnes habe der Kläger einfach einen anderen Revierfahrer beauftragt. An Tagen, an denen der Kläger selbst Urlaub hatte oder sonst verhindert war, sei sein Sohn der Arbeit unentschuldigt ferngeblieben, wobei der Kläger in den Dienstplan seines Sohnes „Urlaub“ eingetragen habe. Dementsprechend verhalte es sich bei den auf Bl. 238 d. A. aufgeführten Eintragungen des Klägers. So habe der Kläger bereits am 23.12.2015 eine Arbeitsunfähigkeit seines Sohnes bis zum 29.12.2015 eingetragen, obwohl zu diesem Zeitpunkt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung noch gar nicht vorgelegen habe. Auch habe der ältere Sohn des Klägers gegenüber der weiteren Niederlassungsleiterin Frau Q1 abwertende Verhaltensweisen an den Tag gelegt, die der Kläger ohne Reaktion beobachtet habe. In den letzten Monaten vor der Kündigung habe sich der Kläger bei Frau Q1 über den angeblich zu geringen Verdienst für ihn und seine Frau beschwert. Der Kläger habe seine Arbeitsleistung eingeschränkt, indem er oft lediglich herum gesessen und keinerlei Interesse an der Neuakquise von Aufträgen gezeigt habe. Der Kläger habe viele Aufträge bis auf den Auftrag für den SC Q abgesagt. Bei diesem Auftrag habe es sich faktisch um den einzigen großen Auftrag des Klägers gehandelt. Hierneben habe der Kläger den Revierdienst und weitere Veranstaltungen mit einem Stundenvolumen von insgesamt 4.500 Stunden pro Monat betreut. Im Gegensatz dazu habe Frau Q1 Aufträge mit einem Stundenvolumen von 20.000 Stunden pro Monat betreut. Nachdem der Prokurist M den Kläger anwies, er sollte den Auftrag Sicherheit OWL in C nicht mehr weiterführen, da dieser nicht kostendeckend sei, habe der Kläger ihn entgegen dieser Anweisung dennoch im Jahr 2016 weiter geführt. Auch habe der Kläger Mitarbeiter eines befreundeten Subunternehmers trotz bestehendem Stadionverbot für die Beklagte beim SC Q arbeiten lassen, wobei es aufgrund des Erscheinungsbildes einiger dieser Mitarbeiter zu Irritationen bei der Polizei gekommen sei. Der Kläger habe mehrfach geäußert, die Beklagte würde ihm mit der Kündigung einen Gefallen tun; er würde dann eine dicke Abfindung kassieren und die Niederlassung „plattmachen“. Zudem habe der Kläger vor anderen Mitarbeitern über die Führungskräfte am Unternehmenssitz der Beklagten als den „Idioten in L“ gesprochen. Bei dem Kunden LWL Museum E2 habe er die von der Niederlassungsleiterin Q1 für den Museumsadvent geplanten Mitarbeiter vorher abgezogen, damit sie in C bei einem Fußballspiel einen befreundeten Subunternehmer unterstützten. Hierdurch seien die Mitarbeiter zu spät in E2 erschienen, woraufhin es Probleme mit dem Kunden gegeben habe. Auch habe der Kläger ein gezieltes Mobbing von Sicherheitsmitarbeitern, die eigene Interessen äußerten oder Aufgaben ablehnten, durch Bestrafungsmaßnahmen in Form ungünstiger Dienstplanänderungen für die Betroffenen betrieben. Der Kläger habe zudem Revierfahrer daran gehindert, an Fußballspieltagen ihre vertraglichen Pflichten zur Kontrolle von Revierobjekten zu erbringen und für Alarminterventionszeiten zur Verfügung zu stehen. Außerdem habe der Kläger Mitarbeiter so eingeteilt, dass Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz vorgelegen hätten. So sei dies bei psychisch noch ungefestigten Auszubildenden der Fall gewesen, die gezwungen worden seien, den Auf- und Abbau am Fußballstadion durchzuführen. Auch der Mitarbeiter Herr Q2 hätte nach einer vom Kläger vorgenommenen Einteilung 15,5 Stunden an einem Tag arbeiten müssen. Hingegen seien etliche Mitarbeiter bei der Beklagten geführt worden, deren Einsatzzeit „Null“ betragen habe. Auch habe der Kläger Mitarbeiter aufgefordert, Frau Q1 doch zu verklagen. Vor dem Hintergrund der Schwere des Fehlverhaltens des Klägers und des zerstörten Vertrauensverhältnisses sei eine Abmahnung entbehrlich. Insbesondere habe der Kläger bereits am 24.02.2016 selbst erklärt, dass er schon an diesem Tag mit einer Kündigung der Beklagten gerechnet habe. Die Frist gemäß § 626 Abs. 2 BGB sei gewahrt. Die weitere Niederlassungsleiterin Q1 sei stets davon ausgegangen, dass das Verhalten des Familienclans B von der Beklagten akzeptiert würde. Darüber hinaus habe sie selbst in einem gefühlten Abhängigkeitsverhältnis zum Kläger gestanden. Das Ausmaß der Vorfälle in der Niederlassung Q sei dem kündigungsberechtigten Prokuristen M erst nach Durchführung einer in Auftrag gegebenen Untersuchung bewusst geworden, wobei der Auftrag zur Untersuchung am 24.02.2016 und der Abschluss der Ermittlungen am 02.03.2016 erfolgt sei.
26Die Anhörung des Betriebsrats vor der Kündigung des Klägers sei nicht erforderlich gewesen, da es sich bei dem Kläger als Niederlassungsleiter um einen leitenden Angestellten handele. Der Kläger sei in seinem Zuständigkeitsbereich zur selbständigen Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern im Bereich der Niederlassung Q berechtigt gewesen. Er habe Arbeitsverträge und Kündigungen selbst unterzeichnet und Arbeitgeberfunktionen wahrgenommen. Gleiches gelte für Frau Q1 in ihrem Zuständigkeitsbereich. Lediglich um Unklarheiten zu vermeiden habe der Kläger beim Ausspruch von Kündigungen eine entsprechende Vollmacht aus L beigefügt. Er habe jedoch über den Abschluss von Arbeitsverträgen und den Ausspruch von Kündigungen in seinem Bereich frei entscheiden können und habe sich diese nicht vorab in L genehmigen oder bestätigen lassen müssen. Insbesondere habe der Justiziar am Unternehmenssitz F lediglich eine beratende Funktion vor Ausspruch von Kündigungen gehabt. Er habe dem Kläger jedoch keine Anweisungen erteilen dürfen, ob er eine Kündigung ausspreche oder nicht. Außerdem habe er selbst über keine Kündigungsberechtigung verfügt. Letztlich habe der Kläger seinen Zuständigkeitsbereich ohne Rücksprache mit der Zentrale in L verwaltet. Eine Rücksprache mit dem Prokuristen M sei nur bei Abschluss des Vertrages mit dem SC Q sowie der Fa. T erfolgt. Rücksprachen seien insoweit lediglich bei „Millionenaufträgen“ notwendig gewesen. Letztlich sei der Kläger in seinem Bereich für seine Aufträge, seine Arbeitnehmer und seine Einsätze allein zuständig gewesen. Insoweit habe eine klare Aufgabenverteilung zwischen dem Kläger und der weiteren Niederlassungsleiterin Q1 bestanden. Obgleich der Betriebsrat nicht anzuhören gewesen sei, sei ihm dennoch der bis zu dieser Erkenntnis geschriebene Teil der Anhörung gegeben worden. Der Kläger könne die Kündigung schließlich nicht nach § 174 BGB zurückweisen, da es sich bei Herrn M um einen Prokuristen der Beklagten handele, was dem Kläger auch bekannt sei.
27Der Kläger sei der Beklagten zudem zur Zahlung von 7.515,97 € verpflichtet, da er der Beklagten einen Schaden zugefügt habe, indem bei der Durchführung des Auftrages SC Q eine Vielzahl von Schlüsseln zu diesem Objekt von ihm bzw. den Mitarbeitern verloren wurden. Der Kläger sei für die Durchführung dieses Auftrags verantwortlich gewesen und hätte den Verlust der Schlüssel durch geeignete Maßnahmen vermeiden müssen. Der Kläger hätte eine genaue Arbeitsanweisung zum Umgang mit Schlüsseln formulieren müssen und deren Befolgung genau kontrollieren müssen. Hierzu gebe es bei der Beklagten eine interne Qualitätsmanagementrichtlinie, die den richtigen Umgang mit Schlüsseln beschreibe. Solche Maßnahmen habe der Kläger nicht getroffen und damit grob fahrlässig gehandelt. Durch das grob fahrlässige Verhalten des Klägers sei der Beklagten der mit der Widerklage geltend gemachte Schaden entstanden.
28Der Kläger bestreitet die Kündigungsvorwürfe und weist darauf hin, er habe nicht alleine über die Auszahlung von Beträgen entscheiden dürfen, sondern nur gemeinsam mit Frau Q1 und Herrn E3. Diese hätten die Eintragungen in den Dienstplänen und die Stunden vor Weitergabe an die Lohnbuchhaltung geprüft. Insbesondere habe seine Ehefrau sämtliche der angegebenen Stunden gearbeitet, wobei sie Betriebsratstätigkeiten von zu Hause aus durchgeführt habe. Der Kläger habe auch keine Falschangaben über die von seiner Ehefrau durchgeführten Betriebsratstätigkeiten getätigt, da es sich bei der angegebenen Adresse um die postalische Anschrift des Betriebsrats in der Niederlassung handele, die eingegeben werden müsse. Die Ehefrau des Klägers habe nie Privatfahrten mit dem Dienstfahrzeug des Klägers durchgeführt. Sie habe lediglich – wie andere Mitarbeiter auch – das Fahrzeug dienstlich genutzt, wobei stets ein Fahrtenbuch geführt und die Kilometerstände notiert und nach L gemeldet worden seien. Der Kläger habe seine Söhne nicht bevorzugt. Der jüngste Sohn E1 sei als Ordner bei der Beklagten tätig gewesen, wofür keine besondere Qualifikation erforderlich sei. Die Unterrichtung nach § 34 a GewO sei wegen einer Tätigkeit seines Sohnes in der Flüchtlingsunterkunft erfolgt. Der Sohn des Klägers sei zunächst monatelang als Wachmann tätig gewesen, bevor er zum Schichtleiter wurde. Darüber hinaus habe sein Sohn gute Arbeitsleistungen erbracht. Sein älterer Sohn E W sei als Revierfahrer eingesetzt gewesen, weil er eine dreijährige Ausbildung bei der Beklagten absolvierte und auch in dieser Zeit in erster Linie Revierfahrten durchführte. Es sei nicht generell von 06:00 bis 08:00 Uhr morgens Bereitschaft gewesen. Vielmehr habe im Revier 2 die Arbeitszeit um 06:30 Uhr geendet und sein Sohn E sei zu 80 % im Revier 2 gefahren. Soweit die Beklagte auf Krankheitszeiten seines Sohnes abhebe, so sei sein Sohn vom 15. bis zum 31.12.2015 wegen eines Schwächeanfalls arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Der Kläger habe mit hohem persönlichen Einsatz für die Beklagte gearbeitet. So habe sich der Kläger insbesondere bei Großveranstaltungen in erheblichem zeitlichem Umfang für die Beklagte eingesetzt, was Frau Q1 in dieser Form nicht gemacht habe. Hintergrund der Kündigung sei letztlich, dass die Beklagte den in der Niederlassung Q gebildeten Betriebsrat aus dem Unternehmen drängen wolle, weil sie die Übernahme einer weiteren Firma in Q plane und die Schließung der Niederlassung Q beabsichtige. Aus dem in Bezug auf die Ehefrau des Klägers geführten Beschlussverfahren Az: 2 BV 12/16 ergebe sich die Nichtwahrung der Frist nach § 626 Abs. 2 BGB. Die Kündigung sei auch wegen der nicht erfolgten Anhörung des Betriebsrats unwirksam. Der Kläger habe Mitarbeiter nicht selbständig einstellen und entlassen können. Vor Abschluss eines Arbeitsvertrages habe er stets die Unterlagen des einzustellenden Mitarbeiters nach L schicken müssen und den Arbeitsvertrag erst schließen dürfen, wenn er das „OK“ aus L und die Personalnummer für den neuen Mitarbeiter erhalten habe. Auch habe er bei Mitarbeitern, die länger als sechs Monate bei der Beklagten beschäftigt waren, nicht selbst über den Ausspruch einer Kündigung entscheiden dürfen. Vielmehr habe er vorab dem Justiziar in L F den Sachverhalt schildern müssen. Herr F habe anschließend entschieden habe, ob eine Kündigung ausgesprochen werde oder nicht. Auch habe der Kläger bei Neukunden und dauerhaften Aufträgen die Preise zuvor mit L abstimmen müssen. Der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden, da ihm lediglich mitgeteilt worden sei, dass der Kläger Stunden für seine Frau, in denen diese nicht im Büro war, unzutreffend im System eingegeben haben soll.
29Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die von den Parteien zu Protokoll abgegebenen Erklärungen verwiesen.
30E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
31I. Es bedurfte nicht der Gewährung einer Schriftsatzfrist für den Kläger auf den Schriftsatz der Beklagten vom 26.10.2016, welcher erst am 31.10.2016 beim Arbeitsgericht und dem Klägervertreter eingegangen ist. Denn auch unter Berücksichtigung des in dem Schriftsatz enthaltenen Sachvortrags war der Klage stattzugeben und die Widerklage abzuweisen.
32II. Dem Kündigungsschutzantrag zu 1. war stattzugeben, da die Kündigung vom 09.03.2016 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis der Parteien weder fristlos noch fristgerecht beendet.
331. Die Kündigung vom 09.03.2016 ist nicht als fristlose Kündigung gemäß § 626 BGB wirksam.
34a) Der Kläger hat gegen die ihm am 14.03.2016 zugegangene Kündigung innerhalb der dreiwöchigen Frist gemäß §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 4 Satz 1 ArbGG Kündigungsschutzklage erhoben.
35b) Die Kündigung ist gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam, da die Beklagte nicht dargelegt hat, dass und in welchem Umfang sie den bei ihr gebildeten Betriebsrat vor der Kündigung des Klägers ordnungsgemäß angehört hat.
36aa) Die gegenüber einem Arbeitnehmer ausgesprochene Kündigung ist unwirksam, wenn der Arbeitgeber gekündigt hat, ohne den Betriebsrat überhaupt zu beteiligen, aber auch dann, wenn der Arbeitgeber seiner Unterrichtungspflicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG nicht richtig, insbesondere nicht ausführlich genug nachkommt. Dafür, dass das Anhörungsverfahren nach § 102 Abs. 1 BetrVG eingehalten wurde, trägt im Prozess der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast, wobei der Arbeitnehmer wiederum im Detail schlüssige Darlegungen des Arbeitgebers substantiiert zu bestreiten hat (vgl. Erfurter Kommentar – Kania, 16. Aufl., § 102, Rn. 30).
37Dass der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden ist, hat die Beklagte nicht dargetan. Zwar tragen beide Parteien vor, dass der Betriebsrat jedenfalls zu einem Teil der Vorwürfe angehört worden sein soll. Die auf einen Teil der Vorwürfe bezogene und auch im Übrigen ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats hat die Beklagte jedoch nicht dargetan. Insbesondere hat die Beklagte weder konkret vorgetragen, auf welchen Teil der Vorwürfe sich die mitgeteilten Angaben bezogen haben sollen, welche Angaben gegenüber dem Betriebsrat darüber hinaus getätigt worden sein sollen und wann dies erfolgt sein soll.
38bb) Nach dem Vorbringen der Beklagten und den Erörterungen im Kammertermin steht auch nicht fest, dass der Kläger als leitender Angestellter im Sinne von § 5 Abs. 3, 4 BetrVG anzusehen ist.
39Handelt es sich bei dem Arbeitnehmer um einen leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 BetrVG, ist dem Betriebsrat die Kündigung lediglich gemäß § 105 BetrVG mitzuteilen. Eine Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG hat nicht zu erfolgen. Behauptet der Arbeitgeber, dass der Betriebsrat vor einer von ihm ausgesprochenen Kündigung nicht gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG angehört werden musste, weil es sich um die Kündigung eines leitenden Angestellten handelte, hat der Arbeitgeber dies darzulegen und im Streitfall zu beweisen (vgl. LAG Köln vom 28.06.2013 – 4 Sa 230/12 – juris).
40(1) Nach der Legaldefinition in § 5 Abs. 3 Satz 2 BetrVG ist leitender Angestellter, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist, Generalvollmacht oder eine im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutende Prokura hat oder regelmäßig sonstige, für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder Betriebs bedeutsame Aufgaben wahrnimmt, deren Erfüllung besondere Erfahren und Kenntnisse voraussetzen und die Entscheidungen dabei im Wesentlichen frei von Weisung getroffen werden oder vom leitenden Angestellten maßgeblich beeinflusst werden.
41(a) Nach den Darlegungen der Beklagten steht für die Kammer nicht fest, dass der Kläger die in § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG geforderte Einstellungs- und Entlassungsbefugnis inne hatte. Die Berechtigung zur selbständigen Einstellung und Entlassung muss nicht nur im Außen-, sondern auch im Innenverhältnis zum Arbeitgeber gegeben sein. Der Angestellte muss dem Arbeitgeber gegenüber im Wesentlichen frei von Weisungen über Einstellung und Entlassung entscheiden können. Er darf weder an die Entscheidung des Arbeitgebers, noch an die über- oder gleichgeordneter Stellen gebunden sein. Die Befugnis muss sich auf einen erheblichen Teil der Arbeitnehmerschaft, etwa auf eine Arbeitnehmergruppe wie Arbeiter oder Angestellte beziehen. Handelt es sich um eine vergleichsweise geringe Zahl, muss die Befugnis sich jedenfalls auf eine abgeschlossene Gruppe von Arbeitnehmern erstrecken, deren Tätigkeit ein für das Unternehmen bedeutsames Aufgabengebiet zugrunde legt. Die Berechtigung des Leiters einer kleinen Filiale, Hilfskräfte einzustellen oder zu entlassen, genügt daher nicht (vgl. Erfurter Kommentar – Koch, a.a.O., § 5 BetrVG, Rn. 20).
42Nach den Erörterungen im Kammertermin geht die Kammer zwar davon aus, dass der Kläger zur selbständigen Einstellung von Arbeitnehmern befugt war. Dieser selbständigen Einstellungsbefugnis steht nicht entgegen, wenn der Kläger neu einzustellenden Mitarbeiter – gegebenenfalls vor Abschluss des Arbeitsvertrages – in L melden musste, um vorab eine Überprüfung der Zuverlässigkeit durch das Ordnungsamt und die Vergabe einer Personalnummer zu erreichen. Die im Wach- und Sicherheitsbereich vorgeschriebene behördliche Zuverlässigkeitsprüfung steht einer selbständigen Einstellungsbefugnis des Klägers nicht entgegen. Selbst wenn es also eine Weisung gegeben haben sollte, dass der Kläger neue Mitarbeiter erst nach Durchführung der Zuverlässigkeitsprüfung und der Erteilung einer Personalnummer einstellen durfte, konnte er dennoch frei von Weisungen über die Einstellung der Mitarbeiter entscheiden.
43Es kann auch zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass der Kläger über die Entlassung von Mitarbeitern auch nach einer Beschäftigungsdauer von sechs Monaten im Wesentlichen frei von Weisungen entscheiden konnte. Zugunsten der Beklagten kann zudem angenommen werden, dass der Kläger vor Ausspruch einer solchen Kündigung lediglich die Möglichkeit hatte, sich von dem Justiziar F in L beraten zu lassen, jedoch allein über den Ausspruch der Kündigung entscheiden konnte, ohne vorab eine Genehmigung der Ler Rechtsabteilung einholen zu müssen.
44Denn nach dem Vorbringen der Beklagten steht nicht fest, dass sich die von der Beklagten behauptete Einstellungs- und Entlassungsbefugnis des Klägers auf einen erheblichen Teil der Arbeitnehmerschaft bezog. Nach dem Vorbringen der Beklagten war die Einstellungs- und Entlassungsbefugnis in der Niederlassung Q dergestalt organisiert, dass die Niederlassungsleiterin Frau Q1 in ihrem und der Kläger in seinem Zuständigkeitsbereich zur selbständigen Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern der Niederlassung Q befugt war. Damit waren beide Niederlassungsleiter nicht uneingeschränkt für alle Mitarbeiter im Bereich der Niederlassung Q zuständig, sondern nur im Bereich der von ihnen jeweils bearbeiteten Aufträge. Es kann jedoch nicht festgestellt werden, ob sich die Befugnis des Klägers auf einen erheblichen Teil der Arbeitnehmerschaft bezog. Dies erscheint insbesondere vor dem Hintergrund zweifelhaft, dass die Beklagte dem Kläger vorwirft, er betreue mit dem SC Q, dem Revierdienst und einigen weiteren Veranstaltungen lediglich ein Volumen von 4.500 Stunden pro Monat im Gegensatz zu Frau Q1, die eine Stundenvolumen von 20.000 Stunden monatlich verwalte. Da das Stundenvolumen mit der Zahl der eingesetzten Mitarbeiter in Beziehung stehen dürfte, ist nicht ersichtlich, ob es sich überhaupt um einen erheblichen Teil von Mitarbeitern der Niederlassung Q handelte.
45(b) Da der Kläger weder Generalvollmacht noch Prokura hat, ergibt sich nicht aus § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BetrVG, dass er leitender Angestellter ist.
46(c) Es ist ebenfalls nicht ersichtlich oder von der Beklagten dargelegt, dass der Kläger regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder des Betriebs von Bedeutung sind, deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzen und der Kläger dabei entweder die Entscheidungen entweder frei von Weisung traf oder sie maßgeblich beeinflusste. Hierzu hat die Beklagte vorgetragen, dass der Kläger seinen Bereich größtenteils ohne Rücksprache mit der Beklagten verwaltete und eine Rücksprache mit dem Prokuristen M nur bei Millionenaufträgen wie dem Vertrag mit dem SC Q oder T erforderlich war. Dies spricht dagegen, dass der Kläger die in der Norm geforderten unternehmerischen Leitungsaufgaben im Wesentlichen weisungsfrei traf oder sie maßgeblich beeinflusste. Vielmehr war die Entscheidung über besonders wichtige Aufträge der Zentrale in L vorbehalten.
47(2) Auch aus der Zweifelsregelung in § 5 Abs. 4 BetrVG ergibt sich nicht, dass der Kläger leitender Angestellter ist. Dass der Kläger aus Anlass der letzten Betriebsratswahl, der Wahl des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist (§ 5 Abs. 4 Nr. 1 BetrVG), ist nicht ersichtlich. Ebenso ist nicht erkennbar, dass der Kläger im Sinne von § 5 Abs. 4 Nr. 2 BetrVG einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind. Vielmehr befindet sich der Kläger auf der gleichen Leitungsebene wie Frau Q1, bei der ebenfalls zweifelhaft ist, ob sie als leitende Angestellte anzusehen ist. Dass der Kläger ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen der Beklagten üblich ist, ist ebenfalls nicht vorgetragen (§ 5 Abs. 4 Nr. 3 BetrVG). Ebenso erhält der Kläger kein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt im Sinne von § 5 Abs. 4 Nr. 4 BetrVG, welches das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV überschreitet. Das Bezugsgehalt betrug im Jahr 2015 102.060,- € pro Jahr (vgl. Erfurter Kommentar – Koch, a.a.O., Rn. 27). Das von dem Kläger bei der Beklagten bezogene Jahresgehalt liegt erheblich unter diesem Wert.
48(3) Da nach alledem nicht feststeht, dass es sich bei dem Kläger um einen leitenden Angestellten im Sinne von § 5 Abs. 3, 4 BetrVG handelte, musste der Betriebsrat vor der Kündigung des Klägers gemäß § 102 BetrVG gehört werden. Da die Beklagte die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats nicht dargelegt hat, ergibt sich die Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung aus § 102 Abs. 1 BetrVG.
49c) Selbst wenn man jedoch die Erforderlichkeit der Anhörung des Betriebsrats gemäß § 102 BetrVG verneinte, fehlt es an einem wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
50aa) Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Hierbei ist zunächst zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalles an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund abzugeben. Sodann wird untersucht, ob bei Berücksichtigung dieser Umstände und der Interessenabwägung die konkrete Kündigung gerechtfertigt ist (vgl. Erfurter Kommentar – Müller-Glöge, a.a.O., § 626 BGB, Rn. 15).
51Im Kündigungsschutzprozess obliegt dem kündigenden Arbeitgeber die volle Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Kündigungsgrundes. Den Arbeitgeber trifft die Darlegungs– und Beweislast auch für diejenigen Tatsachen, die einen vom Gekündigten behaupteten Rechtfertigungsgrund ausschließen, wobei den Arbeitnehmer gegebenenfalls schon auf der Tatbestandsebene des wichtigen Grundes eine sekundäre Darlegungslast treffen kann (vgl. BAG vom 17.03.2016 – 2 AZR 110/15 – juris).
52bb) Die gegenüber dem Kläger erhobenen Vorwürfe erweisen sich zum großen Teil als nicht ausreichend substantiiert, so dass die Beklagte die fristlose Kündigung nicht mit Erfolg hierauf zu stützen vermag.
53(1) Soweit die Beklagte dem Kläger vorwirft, seiner Ehefrau durch Wahlmanipulation die Position der Betriebsratsvorsitzenden verschafft und durch Erhöhung der Mitarbeiterzahl die Voraussetzungen für ihre Freistellung herbeigeführt zu haben, handelt es sich lediglich um pauschale Vorwürfe ohne konkreten Tatsachenvortrag. Wenn die Beklagte in diesem Zusammenhang ausführt, die Betriebsratswahl sei im Hinblick auf die Konstituierung des Wahlvorstands nicht ordnungsgemäß erfolgt, ist nicht ersichtlich, inwiefern der Kläger dafür verantwortlich sein soll.
54(2) Gleiches gilt für den Vortrag der Beklagten, der Kläger habe nach den Angaben seiner Ehefrau oder eigenen Erwägungen Dienstpläne erstellt, diese ohne Prüfung an die Lohnbuchhaltung zur Auszahlung weitergeleitet und in diesem Zusammenhang Falschangaben zum Ort der Betriebsratstätigkeit seiner Frau gemacht. Dieses pauschale, zeitlich und inhaltlich nicht näher konkretisierte Vorbringen ist zur Rechtfertigung der hier streitgegenständlichen Kündigung nicht geeignet. Insbesondere genügt die Beklagte ihrer Vortragslast nicht durch die Bezugnahme auf das Vorbringen in dem Verfahren Az: 2 BV 12/16 und die Beifügung umfangreicher Anlagen. Die pauschale Bezugnahme auf das gesamte Vorbringen in einem anderen Rechtsstreit ersetzt kein schriftsätzliches Vorbringen. Ebenso hat die substantiierte Darlegung der Kündigungsvorwürfe entsprechend § 130 Nr. 3 und Nr. 4 ZPO schriftsätzlich zu erfolgen. Beigefügte Anlagen können den schriftsätzlichen Vortrag lediglich erläutern oder belegen, verpflichten das Gericht jedoch nicht, sich den unstreitigen oder streitigen Sachvortrag aus den Anlagen selbst zusammenzusuchen (vgl. BAG vom 16.05.2012 – 5 AZR 347/11 – NZA 2012, 939; LAG Hamm vom 10.08.2004 – 6 Sa 1182/04 – juris).
55Dies gilt auch für den Vortrag der Beklagten, die Überprüfung der Betriebsratstätigkeit der Ehefrau des Klägers habe einen gemeinschaftlichen Arbeitszeitbetrug des Klägers mit seiner Ehefrau zumindest für die Monate Januar und Februar 2016 offenbart. Auch insoweit fehlt es an schriftsätzlichem Vorbringen, um welche Tage es hier im Einzelnen geht, welche Eintragungen der Kläger selbst vorgenommen haben soll und inwieweit die Eintragungen mit Kenntnis des Klägers von der Unrichtigkeit der Angaben der Ehefrau erfolgten. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass der Kläger nach eigenem Vorbringen der Beklagten in der Zeit vom 30.12.2015 bis 22.01.2016 arbeitsunfähig erkrankt war.
56(3) Ebenfalls unsubstantiiert sind die allgemein gehaltenen Vorwürfe der Beklagten, der Kläger habe seiner Ehefrau Führungsaufgaben übertragen, die ihr als Aushilfe nicht zugestanden hätten und die bei seiner Ehefrau eingesetzten Mitarbeiter der JVA seien bevorzugt worden.
57(4) Gleiches gilt für den Vorwurf der Beklagten, der Kläger habe seine Frau sein Dienstfahrzeug während ihrer Elternzeit auf Firmenkosten privat nutzen lassen. Auch insoweit fehlt es an näherem Vorbringen dazu, wann dies genau der Fall gewesen sein soll. Soweit die Beklagte dem Kläger darüber hinaus vorgeworfen hat, kein Fahrtenbuch geführt zu haben, so ist dieser Vorwurf für sich gesehen nicht geeignet, ohne vorherige Abmahnung eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen.
58(5) Auch das Vorbringen der Beklagten zur Bevorzugung der eigenen Söhne durch den Kläger ist nicht geeignet, einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses darzustellen. Dies gilt für den pauschalen Vorwurf, der Kläger habe seinen jüngsten Sohn E1 ohne jegliche Qualifikation für den Auftrag SC Q eingestellt und ihn nach der Unterrichtung nach § 34 a Gewerbeordnung trotz fehlender Sachkenntnis sofort als Schichtleiter eingesetzt, um seinen Sohn einen höheren Lohn zahlen zu können.
59(6) Gleiches gilt für den Vortrag der Beklagten in Bezug auf den älteren Sohn E W. Soweit die Beklagte dem Kläger vorwirft, er habe seinem Sohn gestattet, die Zeit der Bereitschaft von 6 Uhr bis 8 Uhr zuhause im Bett zu verbringen, so hat die Beklagte auf das Bestreiten des Klägers nicht konkretisiert, um welche Tage es hierbei konkret geht und für welches Revier der Sohn des Klägers an diesen Tagen eingeteilt war.
60Ebenfalls nicht ausreichend ist der nicht weiter konkretisierte Vorwurf, an Tagen, an denen der Kläger selbst Urlaub hatte oder sonst verhindert war, sei sein Sohn der Arbeit unentschuldigt ferngeblieben und der Kläger habe in den Dienstplan des Sohnes „Urlaub“ eingetragen. Wenn dem älteren Sohn Urlaub gewährt wurde, LAG schon kein unentschuldigtes Fehlen vor. Es ist auch nicht ersichtlich, dass dem Sohn mehr Urlaub gewährt wurde, als ihm zustand. Auch ist nicht erkennbar, dass es zu Störungen im Betrieb der Beklagten hierdurch kam.
61Der Vorwurf, der Kläger habe die abwertende Art seines Sohnes E W gegenüber der Niederlassungsleiterin Q1 beobachtet und hierauf nicht reagiert, ist unsubstantiiert und nicht geeignet, die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen.
62Auch der Vortrag der Beklagten zur Arbeitsunfähigkeit des Sohnes E im Monat Dezember 2015 ist nicht geeignet, die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. In diesem Zusammenhang hat die Beklagte dem Kläger vorgeworfen, er habe bereits am 23.12.2015 eine Arbeitsunfähigkeit seines Sohnes bis zum 29.12.2015 eingetragen, obgleich zu diesem Zeitpunkt eine dementsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung noch gar nicht vorgelegen habe. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, so steht allein hiernach nicht fest, dass der Kläger eine von seinem Sohn vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit deckte. Allein der Umstand, dass zum Zeitpunkt des 23.12.2015 eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung noch nicht vorlag, belegt nicht, dass der Sohn des Klägers tatsächlich nicht arbeitsunfähig erkrankt war. Vorstellbar ist ebenso, dass der Kläger aufgrund des Krankheitsbildes bzw. der Angaben seines Sohnes schon zu diesem Zeitpunkt davon ausging, dass dieser längerfristig erkrankt sein werde. Hinzu kommt, dass für den hier maßgeblichen Zeitraum eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorliegt. Einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommt ein hoher Beweiswert zu. Sie hat die Vermutung der inhaltlichen Richtigkeit für sich. Erhebt der Arbeitgeber trotz vorgelegter ärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung den Vorwurf, die Arbeitsunfähigkeit sei nur vorgetäuscht, hat er ausreichende Tatsachen darzulegen und zu beweisen, die zu ernsthaften Zweifeln an einer Arbeitsunfähigkeit Anlass geben und den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeit erschüttern (vgl. LAG Hamm vom 13.03.2015 – 1 Sa 1534/14 – juris). Bis auf den Zeitpunkt der Eintragung der Arbeitsunfähigkeit durch den Kläger sind keine Tatsachen dafür ersichtlich, dass der Sohn des Klägers die Arbeitsunfähigkeit nur vortäuschte, dem Kläger dies positiv bekannt war und er dennoch die entsprechenden Eintragungen vornahm. Der von der Beklagten getätigte Vortrag ist insbesondere nicht ausreichend, um den hohen Beweiswert der vorliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern.
63(7) Soweit die Beklagte dem Kläger vorgeworfen habe, er habe wegen des angeblich zu geringen Verdienstes seine Arbeitsleistung eingeschränkt, häufig nur herumgesessen und viele Aufträge abgesagt, so ist dieses Vorbringen zu pauschal, um eine fristlose Kündigung – etwa im Hinblick auf eine (beharrliche) Arbeitsverweigerung – zu rechtfertigen.
64Dass der Kläger seine Arbeitsleistungen bewusst zurückhielt, ergibt sich insbesondere nicht allein aus dem Vortrag der Beklagten, der Kläger habe lediglich ein Volumen von 4.500 Stunden pro Monat betreut, wohingegen Frau Q1 ein Auftragsvolumen von 20.000 Stunden pro Monat bearbeitete. Gleiches gilt für die behauptete Missachtung der zeitlich nicht näher konkretisierten Anweisung des Prokuristen M, der Kläger solle den Auftrag Sicherheit OWL in C nicht mehr durchführen. Ebenso nicht ausreichend konkretisiert ist der Vorwurf der Beklagten, der Kläger habe die Mitarbeiter eines befreundeten Subunternehmers trotz Stadionverbots für die Beklagte beim SC Q arbeiten lassen. Auch insoweit ist nicht ersichtlich, um welche Mitarbeiter es gegangen sein soll und inwieweit der Kläger Kenntnis von den gegen sie verhängten Stadionverboten hatte. Zur Rechtfertigung einer fristlosen Kündigung ist dies nicht ausreichend.
65(8) Der Vorwurf der Beklagten, der Kläger habe mehrfach Äußerungen getätigt wie er würde die Niederlassung „plattmachen“ und die Führungskräfte seien „Idioten in L“ ist weder nach Zeitpunkt noch in Bezug auf den bzw. die jeweiligen Gesprächspartner konkretisiert, so dass sie nicht zur Rechtfertigung der streitgegenständlichen Kündigung geeignet sind. Gleiches gilt für die auf Blatt 16/17 des Schriftsatzes der Beklagten vom 22.06.2016 (Bl. 63/64 d. A.) mit Spiegelstrichen pauschal aufgeführten Vorwürfe. Auch diese sind nicht hinreichend konkretisiert, um einen Kündigungsgrund darstellen zu können.
66Soweit die Beklagte einen dieser Vorwürfe in ihrem letzten Schriftsatz in Bezug auf den Einsatz im LWL Museum E2 konkretisiert hat, so ist auch dieser Vorwurf ohne vorherige Abmahnung nicht zur sofortigen fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses geeignet. Wenn in diesem Zusammenhang und auch darüber hinaus die Beklagte dem Kläger vorhält, die von ihm vorgenommene Einteilung der Mitarbeiter führe zu Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz, so sind die Vorwürfe größtenteils allgemein gehalten. Es ist nicht näher dargelegt, an welchen Tagen konkret bei welchen Mitarbeitern Verstöße infolge der Dienstplaneinteilungen des Klägers vorlagen. Selbst wenn es in Einzelfällen, wie beispielsweise bei Herrn Q2, zu Verstößen gekommen sein sollte, so ist dies nicht ohne weiteres geeignet, die Kündigung des Arbeitsverhältnisses ohne vorherige Abmahnung zu rechtfertigen.
67Da somit die Beklagte Gründe zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht ausreichend dargelegt hat, ergibt sich die Unwirksamkeit der Kündigung auch aus dem Fehlen eines wichtigen Grundes gemäß § 626 Abs. 1 BGB.
68d) Darüber hinaus hat die Beklagte nicht die Einhaltung der Zweiwochenfrist gemäß § 626 Abs. 2 BGB dargelegt und unter Beweis gestellt. Auf das Bestreiten des Klägers hat die Beklagte für ihr Vorbringen, der Prokurist M habe erst nach Abschluss der Ermittlungen am 02.03.2016 von den Kündigungsgründen Kenntnis erlangt, keinen Beweis angetreten.
69Offen bleiben kann, ob der Einhaltung der Zweiwochenfrist gemäß § 626 Abs. 2 BGB außerdem entgegensteht, dass die Niederlassungsleiterin Q1 unstreitig schon seit längerem von dem Verhalten des Klägers Kenntnis hatte. Die Kenntnis eines Dritten muss sich der Arbeitgeber jedenfalls dann zurechnen lassen, wenn dessen Stellung im Betrieb nach den Umständen erwarten lässt, er werde den Kündigungsberechtigten über den Kündigungssachverhalt unterrichten, insbesondere wenn diese Person eine herausgehobene Position und Funktion im Betrieb oder in der Verwaltung hat und zur Klärung des Kündigungssachverhalts in der Lage ist (vgl. hierzu Erfurter Kommentar – Müller-Glöge, a.a.O., Rdnr. 206).
70e) Die Kündigung vom 09.03.2016 ist somit als fristlose Kündigung unwirksam.
712. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass die streitgegenständliche Kündigung vom 09.03.2016 auch als fristgemäße Kündigung unwirksam ist.
72a) Das Kündigungsschutzgesetz findet Anwendung. Der Kläger ist länger als sechs Monate bei der Beklagten beschäftigt, § 1 Abs. 1 KSchG. Des Weiteren sind die Voraussetzungen nach § 23 Abs. 1 KSchG erfüllt. Zudem hat der Kläger die dreiwöchige Klageerhebungsfrist gemäß § 4 Satz 1 KSchG gewahrt.
73b) Wie bereits ausgeführt, ergibt sich die Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigung aus § 102 Abs. 1 BetrVG, da die Beklagte zum einen nicht hinreichend dargelegt hat, dass es sich bei dem Kläger um einen leitenden Angestellten gemäß § 5 Abs. 3, 4 BetrVG handelte und zum anderen eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG nicht dargetan hat.
74c) Darüber hinaus ist die streitgegenständliche Kündigung nicht als verhaltensbedingte Kündigung gemäß § 1 KSchG sozial gerechtfertigt. Auch insoweit hat die Beklagte den ganz überwiegenden Teil der Kündigungsvorwürfe schon nicht substantiiert dargelegt. Im Übrigen handelt es sich nicht um Gründe, die geeignet sind, ohne vorherige Abmahnung die fristgemäße Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger sozial zu rechtfertigen.
753. Somit war dem Kündigungsschutzantrag zu 1) voll umfänglich stattzugeben.
76III. Dem Klageantrag zu 2) war ebenfalls stattzugeben. Da sowohl die fristlose als auch die fristgemäße Kündigung unwirksam ist, hat der Kläger einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Kündigungsschutzverfahren (vgl. BAG GS vom 27.03.1985 – GS 1/84 – NZA 1985, 702). Dementsprechend war der Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers klarzustellen. Überwiegende schutzwerte Interessen, die einer vorläufigen Weiterbeschäftigung des Klägers entgegenstehen, hat die Beklagte nicht dargetan.
77IV. Die mit Schriftsatz vom 26.10.2016 von der Beklagten erhobene Widerklage war abzuweisen, da sie bereits unschlüssig ist. Insoweit bedurfte es nicht der Gewährung einer Schriftsatzfrist für den Kläger.
781. Nach § 619 a BGB liegt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Arbeitnehmer vorwerfbar seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt hat und nach § 280 Abs. 1 BGB dem Arbeitgeber zum Schadensersatz verpflichtet ist, bei der Beklagten. Dies gilt sowohl für die Pflichtverletzung als auch für das Vertretenmüssen des Arbeitnehmers. Die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie der Umfang des Ersatzes nach § 254 Abs. 1 BGB sind beide davon abhängig, inwieweit der Schaden vorwiegend vom Schädiger oder vom Geschädigten verursacht worden ist (vgl. BAG vom 21.05.2015 – 8 AZR 116/14, 8 AZR 867/13 – NZA 2015, 1517).
79Im Bereich der Arbeitnehmerhaftung führt die Haftungsprivilegierung des Arbeitnehmers bei betrieblich veranlasster Tätigkeit dazu, dass der Arbeitnehmer in der Regel nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit haftet, während bei mittlerer Fahrlässigkeit lediglich eine quotale Haftung in Betracht kommen kann. Hierbei hat der Arbeitgeber die objektiven Voraussetzungen der Pflichtverletzung nach allgemeinen Grundsätzen darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen, wozu auch das Maß des Verschuldens des Arbeitnehmers gehört (vgl. Erfurter Kommentar – Preis, a.a.O., § 619 a BGB, Rdnr. 21).
802. Aus dem schriftsätzlichen Vorbringen der Beklagten zur Widerklage ergibt sich schon nicht, um wie viele Schlüssel es ging, an welche Mitarbeiter der Kläger die Schlüssel weitergab und welche konkreten Maßnahmen er hätte treffen müssen, um den Verlust von Schlüsseln zu verhindern. Selbst wenn sich der Kläger die Übergabe jedes Schlüssels von den entsprechenden Mitarbeitern hätte quittieren lassen, könnte er hierdurch nicht ausschließen, dass einzelne Mitarbeiter den Schlüssel verlieren. Welche Arbeitsanweisungen der Kläger nach Vorstellung der Beklagten hätte formulieren müssen, hat die Beklagte nicht konkretisiert. Welche speziellen Verhaltensmaßregeln die interne Qualitätsmanagementrichtlinie vorschreibt und inwieweit der Kläger sie missachtet hat, hat die Beklagte ebenfalls nicht aufgezeigt. Allein aus dem Vorbringen der Beklagten, der Kläger habe grob fahrlässig gehandelt, da er keine geeigneten Maßnahmen gegen den Verlust der Schlüssel getroffen habe, ergibt sich nicht, welche an sich gebotenen oder vorgeschriebenen Maßnahmen der Kläger unterlassen haben soll. Von daher kann aus diesem allgemein gehaltenen Vorwurf auch nicht auf den für eine Haftung des Klägers erforderlichen Grad der Fahrlässigkeit geschlossen werden. Ebenso ist nicht ersichtlich, dass speziell das Verhalten des Klägers, nämlich das Unterlassen „geeigneter Maßnahmen“ für den Verlust der Schlüssel und damit für den Schaden kausal war.
81Da die Beklagte somit die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch gegen den Kläger unter Berücksichtigung der Grundsätze der eingeschränkten Arbeitnehmerhaftung nicht dargelegt hat, ist die Widerklage unschlüssig und daher abzuweisen.
82V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG, § 91 Abs. 1 ZPO. Als unterliegende Partei hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
83Der Streitwert war gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen. Er wurde für den Kündigungsschutzantrag mit einem Vierteljahreseinkommen des Klägers gemäß § 42 Abs. 4 GKG bewertet. Für den Weiterbeschäftigungsantrag war ein weiteres Bruttomonatseinkommen des Klägers zugrunde zu legen. Die Widerklage wurde mit dem von der Beklagten geltend gemachten Zahlungsbetrag bewertet.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Arbeitsgericht Paderborn Urteil, 03. Nov. 2016 - 2 Ca 357/16
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Urteil einreichenArbeitsgericht Paderborn Urteil, 03. Nov. 2016 - 2 Ca 357/16 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
(1) Die Arbeitsgerichte leisten den Gerichten für Arbeitssachen Rechtshilfe. Ist die Amtshandlung außerhalb des Sitzes eines Arbeitsgerichts vorzunehmen, so leistet das Amtsgericht Rechtshilfe.
(2) Die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes über Rechtshilfe und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz über verfahrensübergreifende Mitteilungen von Amts wegen finden entsprechende Anwendung.
(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.
(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn
- 1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat, - 2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt, - 3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann, - 4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder - 5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.
(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.
(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn
- 1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder - 2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder - 3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.
(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.
(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.
(1) Arbeitnehmer (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt werden. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten, die in der Hauptsache für den Betrieb arbeiten. Als Arbeitnehmer gelten ferner Beamte (Beamtinnen und Beamte), Soldaten (Soldatinnen und Soldaten) sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind.
(2) Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes gelten nicht
- 1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist; - 2.
die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder die Mitglieder einer anderen Personengesamtheit, soweit sie durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit oder zur Geschäftsführung berufen sind, in deren Betrieben; - 3.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist; - 4.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung, sittlichen Besserung oder Erziehung beschäftigt werden; - 5.
der Ehegatte, der Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte ersten Grades, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben.
(3) Dieses Gesetz findet, soweit in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, keine Anwendung auf leitende Angestellte. Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb
- 1.
zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder - 2.
Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder - 3.
regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.
(4) Leitender Angestellter nach Absatz 3 Nr. 3 ist im Zweifel, wer
- 1.
aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist oder - 2.
einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder - 3.
ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, oder, - 4.
falls auch bei der Anwendung der Nummer 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet.
Eine beabsichtigte Einstellung oder personelle Veränderung eines in § 5 Abs. 3 genannten leitenden Angestellten ist dem Betriebsrat rechtzeitig mitzuteilen.
(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.
(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn
- 1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat, - 2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt, - 3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann, - 4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder - 5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.
(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.
(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn
- 1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder - 2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder - 3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.
(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.
(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.
(1) Arbeitnehmer (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt werden. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten, die in der Hauptsache für den Betrieb arbeiten. Als Arbeitnehmer gelten ferner Beamte (Beamtinnen und Beamte), Soldaten (Soldatinnen und Soldaten) sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind.
(2) Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes gelten nicht
- 1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist; - 2.
die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder die Mitglieder einer anderen Personengesamtheit, soweit sie durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit oder zur Geschäftsführung berufen sind, in deren Betrieben; - 3.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist; - 4.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung, sittlichen Besserung oder Erziehung beschäftigt werden; - 5.
der Ehegatte, der Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte ersten Grades, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben.
(3) Dieses Gesetz findet, soweit in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, keine Anwendung auf leitende Angestellte. Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb
- 1.
zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder - 2.
Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder - 3.
regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.
(4) Leitender Angestellter nach Absatz 3 Nr. 3 ist im Zweifel, wer
- 1.
aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist oder - 2.
einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder - 3.
ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, oder, - 4.
falls auch bei der Anwendung der Nummer 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet.
(1) Bezugsgröße im Sinne der Vorschriften für die Sozialversicherung ist, soweit in den besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes bestimmt ist, das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr, aufgerundet auf den nächsthöheren, durch 420 teilbaren Betrag.
(2) Die Bezugsgröße für das Beitrittsgebiet (Bezugsgröße [Ost]) verändert sich zum 1. Januar eines jeden Kalenderjahres auf den Wert, der sich ergibt, wenn der für das vorvergangene Kalenderjahr geltende Wert der Anlage 1 zum Sechsten Buch durch den für das Kalenderjahr der Veränderung bestimmten Wert der Anlage 10 zum Sechsten Buch geteilt wird, aufgerundet auf den nächsthöheren, durch 420 teilbaren Betrag. Für die Zeit ab 1. Januar 2025 ist eine Bezugsgröße (Ost) nicht mehr zu bestimmen.
(3) Beitrittsgebiet ist das in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet.
(1) Arbeitnehmer (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt werden. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten, die in der Hauptsache für den Betrieb arbeiten. Als Arbeitnehmer gelten ferner Beamte (Beamtinnen und Beamte), Soldaten (Soldatinnen und Soldaten) sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind.
(2) Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes gelten nicht
- 1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist; - 2.
die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder die Mitglieder einer anderen Personengesamtheit, soweit sie durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit oder zur Geschäftsführung berufen sind, in deren Betrieben; - 3.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist; - 4.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung, sittlichen Besserung oder Erziehung beschäftigt werden; - 5.
der Ehegatte, der Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte ersten Grades, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben.
(3) Dieses Gesetz findet, soweit in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, keine Anwendung auf leitende Angestellte. Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb
- 1.
zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder - 2.
Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder - 3.
regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.
(4) Leitender Angestellter nach Absatz 3 Nr. 3 ist im Zweifel, wer
- 1.
aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist oder - 2.
einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder - 3.
ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, oder, - 4.
falls auch bei der Anwendung der Nummer 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet.
(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.
(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn
- 1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat, - 2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt, - 3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann, - 4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder - 5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.
(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.
(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn
- 1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder - 2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder - 3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.
(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.
(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
Tenor
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Die Revision der Klägerin gegen das Teil-Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 26. November 2014 - 3 Sa 239/10 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Klägerin erklärten außerordentlichen Kündigung und wechselseitige Zahlungsansprüche.
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-
Die Klägerin ist die deutsche Tochtergesellschaft einer Aktiengesellschaft türkischen Rechts, von der sie Teppiche und Auslegware bezieht. Der Beklagte war bei der Klägerin als Vertriebsleiter Europa beschäftigt. Der Arbeitsvertrag vom 3. August 2004 lautet:
-
„…
§ 7 Sonstige Leistungen, Entschädigung und Abfindung
a) Die Gesellschaft erstattet … [dem Beklagten] die Aufwendungen, die ihm in der Ausübung seiner Aufgaben entstehen, einschließlich Reise- und Bewirtungskosten, im Rahmen der jeweils steuerlich zulässigen Höchstgrenzen. [Der Beklagte] muss seine Auslagen belegen, soweit üblicherweise Belege erteilt werden. Im übrigen reichen Eigenbelege aus (…).
b) [Der Beklagte] hat einen Anspruch auf die Gestellung eines Pkw der gehobenen Mittelklasse. Er darf den Pkw auch privat nutzen. …“
- 3
-
In einem unter dem 6. Juli 2009 abgeschlossenen Abwicklungsvertrag vereinbarten die Parteien nach vorangegangener Kündigung der Klägerin ua. eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Juli 2009 und die Zahlung einer Abfindung iHv. 740.000,00 Euro. Die Rückgabe des Firmenfahrzeuges an die Klägerin sollte unverzüglich nach Erhalt der gesamten Abfindung erfolgen. Einen Teilbetrag der im Abwicklungsvertrag vereinbarten Abfindung iHv. 290.000,00 Euro erhielt der Beklagte bereits am 8. Juli 2009.
- 4
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Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 14. Juli 2009, dem Beklagten am 16. Juli 2009 zugegangen, erneut und ohne Einhaltung einer Frist. Dieser erstattete am 16. Juli 2009 Strafanzeige gegen zwei Mitarbeiter der türkischen Muttergesellschaft wegen Bedrohung und Nötigung. Das ihm überlassene Firmenfahrzeug gab der Beklagte der Klägerin am 18. März 2010 zurück.
- 5
-
Die Klägerin hat die außerordentliche Kündigung vom 14. Juli 2009 für wirksam gehalten. Der Beklagte habe in großem Umfang einen Spesenbetrug begangen, in rechtsmissbräuchlicher Weise den Abwicklungsvertrag abgeschlossen und eine unberechtigte Strafanzeige gegen Vertreter der Muttergesellschaft der Klägerin gestellt. Der Beklagte habe Ausgaben im fünfstelligen Bereich zulasten des Firmenkontos getätigt, ohne diese zu belegen. Die ihm überlassene Firmenkreditkarte sei im August 2008 iHv. 1.000,00 Euro für den Erwerb privater Bekleidung eingesetzt worden. Im Juli 2006 habe der Beklagte eine Zahlung iHv. 22.000,00 Euro an die in Aserbaidschan ansässige A und im August 2008 eine weitere Zahlung über 28.592,00 Euro an die schweizer Gesellschaft I AG veranlasst. Für beide Geschäftsvorfälle könne nach den vorhandenen Unterlagen keine Gegenleistung festgestellt werden. Die außerordentliche Kündigung vom 14. Juli 2009 sei jedenfalls als Verdachtskündigung wirksam. Der Zahlungsantrag umfasse die Rückzahlung der gezahlten Teilabfindung iHv. 290.000,00 Euro, der an die A sowie I AG geleisteten Zahlungen sowie eine Nutzungsausfallentschädigung iHv. 5.309,70 Euro für die verspätete Rückgabe des Firmenfahrzeuges.
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Die Klägerin hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt,
-
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 345.901,70 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 290.000,00 Euro seit dem 15. Juli 2009 und aus 55.901,70 Euro seit dem 27. Oktober 2009 zu zahlen.
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Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und - soweit im vorliegenden Verfahren von Bedeutung - im Wege der Widerklage beantragt,
-
1.
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die außerordentliche Kündigung vom 14. Juli 2009 aufgelöst worden ist;
2.
die Klägerin zu verurteilen, an den Beklagten eine Abfindung in Höhe von 740.000,00 Euro brutto abzüglich bereits gezahlter 290.000,00 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2009 zu zahlen.
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Die Klägerin hat die Abweisung der Widerklage beantragt.
- 9
-
Der Beklagte hat behauptet, er habe sämtliche Ausgaben gegenüber der Assistentin der Geschäftsführung abgerechnet. Nicht belegte Ausgaben seien nicht von ihm veranlasst worden. Er habe im August 2008 einen Einkaufsgutschein iHv. 1.000,00 Euro erworben, den er im Rahmen der „Kundenpflege“ den Geschäftsführern eines in Belgien ansässigen Kunden überlassen habe. Die Zahlung an die A sei als Gegenleistung für die Erstellung einer Marktanalyse erfolgt, die I AG habe eine Werbebroschüre gefertigt. Er habe die Strafanzeige erst nach Zugang der Kündigung vom 14. Juli 2009 erstattet. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten in Zusammenhang mit dem Abschluss des Abwicklungsvertrags liege nicht vor.
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Das Arbeitsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - die Klage abgewiesen und der Widerklage entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin insoweit zurückgewiesen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hat der Senat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Dieses hat nach einer teilweise im Wege der Rechtshilfe erfolgten Beweisaufnahme die Berufung der Klägerin erneut zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
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A. Die Revision ist nicht wegen Vorliegens eines absoluten Revisionsgrundes nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 547 Nr. 3 ZPO im Sinne einer Aufhebung und Zurückverweisung begründet. Die Voraussetzungen des § 547 Nr. 3 ZPO liegen nicht vor. Das Landesarbeitsgericht hat das gegen den ehrenamtlichen Richter S gerichtete Ablehnungsgesuch als unbegründet zurückgewiesen. Die Rechtmäßigkeit dieser dem Teilurteil des Berufungsgerichts vorausgehenden (Zwischen-)Entscheidung ist nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens.
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Nach § 557 Abs. 2 ZPO iVm. § 72 Abs. 5 ArbGG unterliegen der Beurteilung des Revisionsgerichts nicht die dem Endurteil vorausgegangenen unanfechtbaren Entscheidungen. Zu diesen gehört eine nach § 49 Abs. 3 iVm. § 64 Abs. 7 ArbGG unanfechtbare Entscheidung über ein im Berufungsverfahren angebrachtes Ablehnungsgesuch. Eine inzidente Überprüfung der Entscheidung des Berufungsgerichts über ein Ablehnungsgesuch im Rahmen einer Revision gegen die unter Mitwirkung der erfolglos abgelehnten Richter getroffene Hauptentscheidung ist danach ausgeschlossen (BGH 30. November 2006 - III ZR 93/06 - Rn. 4; zum Verfahren nach § 92 ArbGG: BAG 20. Januar 2009 - 1 ABR 78/07 - Rn. 20). Ob hiervon eine Ausnahme zu machen ist, wenn die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs auf einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör oder auf willkürlichen oder manipulativen Erwägungen beruht, kann dahinstehen. Die Klägerin hat in der Revisionsbegründung keine darauf bezogenen Tatsachen vorgetragen.
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B. Das Landesarbeitsgericht hat die auf Zahlung von 345.901,70 Euro gerichtete Klage zu Recht als unbegründet angesehen. Ein Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung der dem Beklagten vorfristig gewährten Teilabfindung (290.000,00 Euro), der von ihm veranlassten Zahlungen an die A (22.000,00 Euro) und die I AG (28.592,00 Euro) sowie auf eine Nutzungsausfallentschädigung für den Pkw (5.309,70 Euro) besteht nicht.
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I. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nach der im Abwicklungsvertrag vom 6. Juli 2009 getroffenen Vereinbarung mit Ablauf des 31. Juli 2009 geendet. Das Landesarbeitsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die außerordentliche Kündigung der Klägerin vom 14. Juli 2009 für unwirksam gehalten und eine Rückzahlungsverpflichtung des Beklagten in Bezug auf den zu diesem Zeitpunkt bereits ausgezahlten Abfindungsteilbetrag von 290.000,00 Euro verneint.
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1. Die - rechtzeitig angegriffene - außerordentliche Kündigung vom 14. Juli 2009 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mit ihrem Zugang beendet. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass - soweit sie von der Klägerin auf tatsächlich begangene Pflichtverletzungen des Beklagten gestützt wird - zu diesem Zeitpunkt kein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB vorgelegen hat.
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a) Nach der genannten Vorschrift kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (BAG 16. Juli 2015 - 2 AZR 85/15 - Rn. 21).
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b) Die Prüfung der Voraussetzungen des wichtigen Grundes ist in erster Linie Sache der Tatsacheninstanzen. Dennoch geht es um Rechtsanwendung, nicht um bloße Tatsachenfeststellung. Die Würdigung des Berufungsgerichts wird in der Revisionsinstanz darauf hin überprüft, ob es anzuwendende Rechtsbegriffe in ihrer allgemeinen Bedeutung verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob es alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt hat (BAG 16. Juli 2015 - 2 AZR 85/15 - Rn. 22).
- 19
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c) Einer solchen eingeschränkten Überprüfung hält die angefochtene Entscheidung stand. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Landesarbeitsgericht die Grundsätze über die Darlegungslast des kündigenden Teils nicht verkannt.
- 20
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aa) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, die von der Klägerin behaupteten Abrechnungsbetrugshandlungen des Beklagten in Bezug auf die ihm zu erstattenden Aufwendungen seien als wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB „an sich“ geeignet, den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung zu rechtfertigen. Gleiches gilt für die gegenüber Mitarbeitern der Muttergesellschaft der Klägerin - aus ihrer Sicht nicht in Wahrnehmung berechtigter Interessen - erstattete Strafanzeige und das behauptete kollusive Zusammenwirken des Beklagten mit dem vormaligen Geschäftsführer der Klägerin bei Abschluss des Abwicklungsvertrags.
- 21
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bb) Das Berufungsgericht hat die tatbestandlichen Voraussetzungen des wichtigen Grundes im Ergebnis rechtsfehlerfrei verneint.
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(1) Seine Würdigung, der Beklagte habe aufgrund der entsprechenden mehrjährigen Handhabung davon ausgehen dürfen, eine konkrete Belegabrechnung werde trotz der gegenteiligen arbeitsvertraglichen Vereinbarung von der Klägerin nicht mehr verlangt, hält sich im Rahmen seines tatrichterlichen Beurteilungsspielraums und lässt einen revisiblen Rechtsfehler nicht erkennen. An einer darauf bezogenen zulässigen Verfahrensrüge der Klägerin fehlt es gleichermaßen.
- 23
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(2) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin habe ihren Vorwurf, der Beklagte habe am 21. August 2008 die ihm dienstlich zur Verfügung gestellte Kreditkarte für den Erwerb privater Bekleidung genutzt, nicht bewiesen, ist ebenso frei von Rechtsfehlern. Die von der Revision erhobenen Verfahrensrügen in Bezug auf die Verletzung von Verfahrensrecht bei der Beweisaufnahme durch den ersuchten Richter sowie der Nichtberücksichtigung ihres Vorbringens sind jedenfalls unbegründet.
- 24
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(a) Die Klägerin hat die von ihr behauptete Verletzung des Öffentlichkeitsgebots (§ 169 GVG) bei der Beweisaufnahme durch das ersuchte belgische Gericht nicht ausreichend dargelegt.
- 25
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(aa) Die Durchführung einer Beweisaufnahme durch den ersuchten Richter richtet sich im Bereich der Europäischen Union (Ausnahme: Dänemark) nach der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (- EG-BewVO - ABl. L 174 vom 27. Juni 2001 S. 1). Für ihre Durchführung gelten aufgrund der Verweisung in § 363 Abs. 3 Satz 2 ZPO die §§ 1072, 1073 ZPO. Entspricht die von einer ausländischen Behörde vorgenommene Beweisaufnahme den für das Prozessgericht geltenden Gesetzen, kann daraus, dass sie nach den ausländischen Gesetzen mangelhaft ist, kein Einwand entnommen werden (§ 369 ZPO).
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(bb) Die Klägerin stützt den behaupteten Verstoß gegen das Öffentlichkeitsgebot auf den Umstand, dass die ihren Prozessbevollmächtigten begleitende Rechtspraktikantin den Sitzungssaal auf Anweisung des ersuchten Richters während der Beweisaufnahme nicht betreten durfte. Die Revision legt aber nicht dar, dass die Rechtspraktikantin nach den Normen der EG-BewVO im konkreten Fall an der Beweisaufnahme teilnehmen durfte. Ob ihr Prozessbevollmächtigter darüber hinaus verpflichtet gewesen wäre, die aus ihrer Sicht unzutreffende Verfahrensweise des belgischen Gerichts gegenüber diesem zu beanstanden, kann daher dahinstehen. Daneben läge auch nach nationalem Verfahrensrecht kein Verstoß gegen das Öffentlichkeitsgebot vor. Die Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter wird von § 169 Satz 1 GVG nicht erfasst(Zöller/Lückemann ZPO 30. Aufl. § 169 GVG Rn. 9).
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(b) Soweit die Revision beanstandet, die Klägerin habe vor dem belgischen Gericht keine Fragen an die Zeugen stellen dürfen, ist ihre Verfahrensrüge unzulässig. Sie hat nicht dargetan, dass die Handhabung des ersuchten Richters gegen das nach Art. 10 Abs. 2 EG-BewVO für die Erledigung des Ersuchens anwendbare belgische Verfahrensrecht verstößt. Zudem hat sie keine zulässigen Fragen formuliert, die sie an die Zeugen gerichtet hätte oder konkrete erläuterungsbedürftige Punkte aufgezeigt.
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(c) Soweit die Revision rügt, das Landesarbeitsgericht habe in der Übergabe des Geschenkgutscheins an die Geschäftspartner der Klägerin zu Unrecht keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat nach § 299 Abs. 2 StGB gesehen, genügt ihr Vorbringen in der Revisionsbegründung nicht den Anforderungen des § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO. Die Klägerin legt nicht dar, aus welchen Gründen die tatrichterliche Würdigung des Landesarbeitsgerichts gegen § 286 ZPO verstößt. Dazu genügt der pauschale Hinweis auf ihr Vorbringen im Schriftsatz vom 5. Juli 2011 allein nicht. Es wird in der Revisionsbegründung nicht ausgeführt, dass der dort gehaltene Vortrag unstreitig geblieben ist. Ebenso wird nicht erkennbar, auf welche Weise sich die Klägerin den von ihr stets bestrittenen Vortrag des Beklagten über die Verwendung der 1.000,00 Euro zumindest hilfsweise zu Eigen gemacht haben will.
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(3) Im Ergebnis zutreffend hat das Landesarbeitsgericht auch die vom Beklagten verantworteten Zahlungen an die A iHv. 22.000,00 Euro und an die I AG von 28.592,00 Euro nicht als Grund für die außerordentliche Kündigung vom 14. Juli 2009 angesehen.
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(a) Die Klägerin hat sich zur Rechtfertigung ihrer außerordentlichen Kündigung darauf berufen, der Beklagte habe Zahlungen an die A und die I AG veranlasst, ohne dass diesen eine Gegenleistung für die Klägerin zugrunde gelegen habe. Der Beklagte hat dies bestritten und vorgetragen, die A habe eine Marktanalyse für die Klägerin durchgeführt und die I AG eine Produktpräsentation für eine Geschäftspartnerin erstellt, die dieser im Rahmen der geschäftlichen Beziehungen zur Verfügung gestellt worden sei.
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(b) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin habe die von ihr aufgestellte Behauptung, den von der A und der I AG ausgestellten Rechnungen habe keine Gegenleistung gegenüber gestanden, nicht bewiesen, ist frei von revisiblen Rechtsfehlern. Das Berufungsgericht hat insbesondere die Grundsätze über die sekundäre Behauptungslast nicht verkannt oder zulasten der Klägerin fehlerhaft angewandt.
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(aa) Im Kündigungsschutzprozess obliegt dem kündigenden Arbeitgeber die volle Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Kündigungsgrundes. Den Arbeitgeber trifft die Darlegungs- und Beweislast auch für diejenigen Tatsachen, die einen vom Gekündigten behaupteten Rechtfertigungsgrund ausschließen. Allerdings kann den Arbeitnehmer schon auf der Tatbestandsebene des wichtigen Grundes eine sekundäre Darlegungslast treffen. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber als primär darlegungsbelastete Partei außerhalb des fraglichen Geschehensablaufs steht, während der Arbeitnehmer aufgrund seiner Sachnähe die wesentlichen Tatsachen kennt. In einer solchen Situation kann der Arbeitnehmer gehalten sein, dem Arbeitgeber durch nähere Angaben weiteren Sachvortrag zu ermöglichen. Kommt er in einer solchen Prozesslage seiner sekundären Darlegungslast nicht nach, gilt das tatsächliche Vorbringen des Arbeitgebers - soweit es nicht völlig „aus der Luft gegriffen“ ist - iSv. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden. Dabei dürfen an die sekundäre Behauptungslast des Arbeitnehmers keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Sie dient lediglich dazu, es dem kündigenden Arbeitgeber als primär darlegungs- und beweispflichtiger Partei zu ermöglichen, weitere Nachforschungen anzustellen und sodann substanziiert zum Kündigungsgrund vorzutragen und ggf. Beweis anzutreten (BAG 16. Juli 2015 - 2 AZR 85/15 - Rn. 41).
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(bb) Danach hatte zunächst die Klägerin die dem Beklagten vorgeworfenen Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit den Zahlungen an die A und die I AG darzulegen. Es scheint schon fraglich, ob das Landesarbeitsgericht überhaupt zugunsten der Klägerin die Grundsätze über die sekundäre Darlegungspflicht des Beklagten heranziehen durfte. Die Klägerin hat sich nach der Ablösung ihres vormaligen Geschäftsführers B zur Rechtfertigung der Kündigung auf den Hinweis beschränkt, Unterlagen über die Dienstleistungen der vorgenannten Firmen seien bei ihr nicht vorhanden und Herr B habe auf Nachfrage mitgeteilt, er habe keine Kenntnis von den fraglichen Geschäftsvorfällen. Allein das Nichtvorhandensein von Belegen über geschäftliche Beziehungen zur A und I AG zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung belegt nicht, dass es diese nicht gegeben hat. Die Zahlungen an die vorgenannten Firmen waren Gegenstand des Geschäftsbetriebs der Klägerin. Diese konnte nach ihr vorliegenden Unterlagen bei den mit der Buchführung betrauten Personen sowie den rechnungsausstellenden Firmen weitere Nachforschungen anstellen. Dies kann indes dahinstehen. Aufgrund des vom Beklagten gehaltenen Vortrags über die Auftragsvergabe und -abwicklung war die Klägerin zu weiteren Nachforschungen in der Lage. Eines weitergehenden Vortrags des Beklagten bedurfte es jedenfalls im Entscheidungszeitpunkt des Berufungsgerichts nicht mehr. Der frühere Geschäftsführer der Klägerin hat im Rahmen seiner Aussage angegeben, die Geschäftsvorfälle mit der A und der I AG seien ihm erinnerlich. Dem ist die Klägerin nicht gegenbeweislich entgegengetreten. Da sich die vertraglichen Beziehungen zu den vorgenannten Firmen nicht außerhalb des Geschäftsbetriebs der Klägerin vollzogen haben, oblag dieser wieder die volle Darlegungs- und Beweislast für die fehlende Gegenleistung.
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(cc) Die Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts lässt einen revisiblen Rechtsfehler nicht erkennen. Die von der Revision erhobenen Verfahrensrügen sind jedenfalls unbegründet.
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(aaa) Dies gilt zunächst für die von der Revision angebrachte Rüge, das Landesarbeitsgericht habe dem im Schriftsatz vom 20. Juni 2011 enthaltenen Beweisantritt auf Vernehmung des Zeugen Y nicht entsprochen. Die in das Wissen dieses Zeugen gestellten Tatsachen waren nach dem Entscheidungsweg des Landesarbeitsgerichts nicht beweisbedürftig. Dieses hat die Aussage des früheren Geschäftsführers B, deren Glaubhaftigkeit der Zeuge Y mit seiner Aussage infrage stellten sollte, als unergiebig angesehen.
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(bbb) Das Landesarbeitsgericht musste auch nicht den von der Klägerin benannten Zeuge Am vernehmen, um der Klägerin die Möglichkeit zu geben, „auch nur ansatzweise den eigenen Vortrag substanziieren zu können“. Eine mit diesem Ziel durchgeführte Beweisaufnahme wäre auf die Erhebung eines unzulässigen Ausforschungsbeweises hinausgelaufen. Die Revision zeigt keine greifbaren Anhaltspunkte auf, auf deren Grundlage die Klägerin zumindest hätte vermuten dürfen, dass der Zeuge Auskunft über Tatsachen geben kann, die für die geschäftlichen Beziehungen der Klägerin zur Firma A im Jahr 2006 von Bedeutung sind.
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(ccc) Die weiteren gerügten Verfahrensmängel hat der Senat geprüft und sie nicht als durchgreifend erachtet (§ 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 564 Satz 1 ZPO).
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2. Die außerordentliche Kündigung vom 14. Juli 2009 ist auch mangels eines wichtigen Grundes iSd. § 626 Abs. 1 BGB unwirksam, soweit sie von der Klägerin auf den Verdacht von schwerwiegenden Pflichtverletzungen des Beklagten gestützt wird.
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a) Eine Verdachtskündigung kann gerechtfertigt sein, wenn starke, auf objektive Tatsachen gründende Verdachtsmomente vorliegen, die geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und wenn der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Der Verdacht muss auf konkrete - vom Kündigenden darzulegende und ggf. zu beweisende - Tatsachen gestützt sein. Er muss ferner dringend sein. Es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass er zutrifft. Die Umstände, die ihn begründen, dürfen nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ebenso gut durch ein Geschehen zu erklären sein, das eine Kündigung nicht zu rechtfertigen vermöchte. Bloße, auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützte Verdächtigungen reichen nicht aus (BAG 18. Juni 2015 - 2 AZR 256/14 - Rn. 21).
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b) Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigung mangels Vorliegens eines dringenden Tatverdachts für unwirksam gehalten. Die von der Klägerin vorgetragenen Umstände seien zu pauschal, um einen solchen zu begründen oder würden von ihr auf nicht beweisbare Vermutungen gestützt. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts lässt unter Berücksichtigung des eingeschränkten Prüfungsmaßstabs keinen revisiblen Rechtsfehler erkennen. Auch die Klägerin zeigt in der Revisionsbegründung einen solchen nicht auf. Vielmehr weist der Beklagte in seiner Revisionserwiderung zu Recht darauf hin, dass auch das Verhalten der Klägerin, die sich nach Abschluss des Abwicklungsvertrags unstreitig „auf die Suche nach Kündigungsgründen gemacht“ hat, die Annahme rechtfertigen könnte, sie habe absichtlich Zahlungsvorgänge mit ausländischen Gesellschaften ausgewählt, um dem Beklagten eine darauf bezogene Rechtfertigung zu erschweren. Dies schließt gleichermaßen die Dringlichkeit eines gegenüber dem Beklagten bestehenden Tatverdachts aus.
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3. Die außerordentliche Kündigung der Klägerin ist auch nicht wegen der am 16. Juli 2009 vom Beklagten erstatteten Strafanzeige und der Umstände, die zum Abschluss des Abwicklungsvertrags geführt haben, gerechtfertigt. Die darauf bezogene tatrichterliche Würdigung lässt einen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts nicht erkennen. Gegenteiliges macht auch die Klägerin in der Revisionsbegründung nicht mehr geltend.
- 42
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II. Das Landesarbeitsgericht hat nach den vorstehenden Ausführungen eine Verpflichtung des Beklagten zur Rückgewähr der von der Klägerin an die A (22.000,00 Euro) und die I AG (28.592,00 Euro) gezahlten Beträge sowie einen Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung iHv. 5.309,70 Euro zutreffend verneint. Darauf bezogene Rügen hat die Revision nicht erhoben.
- 43
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C. Die Revision der Klägerin ist auch in Bezug auf die vom Beklagten mit der Widerklage verfolgten Ansprüche unbegründet. Dies betrifft zunächst seinen auf Feststellung der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vom 14. Juli 2009 gerichteten Feststellungsantrag. Dieser erweist sich ebenso als begründet wie der Antrag zu 2., der auf die Zahlung der restlichen, im Abwicklungsvertrag vom 6. Juli 2009 vereinbarten Abfindungssumme gerichtet ist.
- 44
-
D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
-
Koch
Niemann
Berger
Torsten Falke
Sieg
Die vorbereitenden Schriftsätze sollen enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien und ihrer gesetzlichen Vertreter nach Namen, Stand oder Gewerbe, Wohnort und Parteistellung; die Bezeichnung des Gerichts und des Streitgegenstandes; die Zahl der Anlagen; - 1a.
die für eine Übermittlung elektronischer Dokumente erforderlichen Angaben, sofern eine solche möglich ist; - 2.
die Anträge, welche die Partei in der Gerichtssitzung zu stellen beabsichtigt; - 3.
die Angabe der zur Begründung der Anträge dienenden tatsächlichen Verhältnisse; - 4.
die Erklärung über die tatsächlichen Behauptungen des Gegners; - 5.
die Bezeichnung der Beweismittel, deren sich die Partei zum Nachweis oder zur Widerlegung tatsächlicher Behauptungen bedienen will, sowie die Erklärung über die von dem Gegner bezeichneten Beweismittel; - 6.
die Unterschrift der Person, die den Schriftsatz verantwortet, bei Übermittlung durch einen Telefaxdienst (Telekopie) die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie.
Tenor
-
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 14. Oktober 2010 - 6 Sa 343/10 - aufgehoben.
-
2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten - soweit für die Revision von Interesse - über die Vergütung von Überstunden.
-
Der Kläger war vom 14. April 2008 bis zum 13. April 2009 bei der Beklagten aufgrund eines auf diesen Zeitraum befristeten Arbeitsvertrags als Kraftfahrer in der Lebendtierabteilung beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthält ua. folgende Regelungen:
-
„Arbeitsvertrag
(außertariflich)
…
§ 2 Tätigkeit
1.
Der Arbeitnehmer wird als Kraftfahrer eingestellt und ist mit allen einschlägigen Arbeiten nach näherer Anweisung der Geschäftsleitung bzw. der Vorgesetzten beschäftigt. Er ist verpflichtet, auch andere zumutbare Tätigkeiten zu verrichten. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich zudem, während seiner Tätigkeit auf ihn zukommende Aufgaben gewissenhaft nach bestem Vermögen zu erfüllen, in jeder Hinsicht die Interessen der Firma zu wahren und seine ganze Arbeitskraft ausschließlich dem Unternehmen zu widmen.
§ 3 Vergütung
Die monatliche Vergütung des Arbeitnehmers errechnet sich wie folgt:
außertarifliches Grundgehalt/Monat (brutto):
1.100,00 €
Euro in Worten.
Eintausendeinhundert
Weiterhin erhalten Sie eine
freiwillige Leistungs - und Sorgfaltsprämie/Tag (brutto):
10,00 €
wenn und soweit unfall- und schadensfrei gefahren wird und Ordnung, Sauberkeit und Fahrzeugpflege voll gewahrt werden und fehlerfreie Fahrweise, geringen Dieselverbrauch und korrektes Auftreten beim Kunden stattfindet und festgestellt wird bei Nichteinhaltung der Voraussetzungen wird die Leistungsprämie widerrufen, siehe dazu auch den Sorgfaltskatalog.
freiwillige Treueprämie/Tag (brutto):
10,00 €
für jeden gefahrenen Tag über 6 Stunden Fahr-/Lenkzeit
freiwilliger Sonntagszuschlag/Tag (brutto):***
10,00 €
(steuer- u. sv-frei)
für jeden gefahrenen Sonntag über 6 Stunden Fahr-/Lenkzeit
freiwilliger Feiertagszuschlag/Tag (brutto):***
20,00 €
(steuer- u. sv-frei)
für jeden gefahrenen Feiertag über 6 Stunden Fahr-/Lenkzeit
freiwilliger Nachtzuschlag/Tag (brutto):***
10,00 €**
(steuer- u. sv-frei)
für Nachtfahrten (in der Zeit von 22:00 - 4:00 Uhr)
**
Prämie gilt bei Besetzung der Fahrzeuge mit nur einem/ einer Fahrer/-in. Bei mehr Fahrern/Fahrerinnen wird die Prämie anteilig gezahlt.
***
wird solange steuer- und sozialversicherungsfrei gezahlt, wie es der Gesetzgeber zulässt
Bei Zusammentreffen mehrerer Zuschläge gilt der jeweils höhere Zuschlag. Die Abrechnung der Spesen erfolgt nach gesetzlichen Regelungen.
Die Vertragspartner sind sich darüber einig, dass eventuelle Mehrarbeit mit dem Gehalt pauschal abgegolten ist.
1.
Der Arbeitnehmer erhält die freiwillige Leistungsprämie i. H. v. 10,00 € je gefahrenen Tag für den sorgfältigen und gewissenhaften Umgang mit den ihr anvertrauten Fahrzeugen nebst den Transportbehältnissen, sowie für den ordnungsgemäßen Umgang mit den zu beförderten Tieren. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, bei Unfällen, Verlusten und Beschädigungen unverzüglich unter Angabe sämtlicher Einzelheiten der Firma zu melden und hierüber spätestens einen Tag später schriftliche Meldung zu machen. Versäumt der Arbeitnehmer diese Meldung sowohl in mündlicher, als auch in schriftlicher Form, muss der Arbeitnehmer mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen rechnen, die aus einer verspäteten Meldung erwachsen können. Es gilt der jeweilige Sorgfaltskatalog. Ist der Fahrantritt ein Sonntag, wird dies dem Montag zugeordnet.
…
§ 4 Arbeitszeit
1.
Der Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit richtet sich nach der betrieblichen Ordnung. Im Falle betrieblicher Notwendigkeit erklärt sich der Arbeitnehmer mit einer geänderten Einteilung der Arbeitszeit einverstanden (z. B. Havarie).
2.
In Fällen dringenden betrieblichen Bedarfs ist der Arbeitnehmer verpflichtet, vorübergehend Mehrarbeit (Überstunden) zu leisten.
3.
Bei Gehaltsempfängern sind die Überstunden, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit durch Zahlung des Gehaltes pauschal abgegolten.
…“
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Mit der am 23. September 2009 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger zuletzt Vergütung von 978,5 Überstunden mit einem aus dem Grundgehalt abgeleiteten Stundensatz von 6,35 Euro brutto geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, die pauschale Abgeltung von Überstunden sei unwirksam. Mangels einer Regelung zum Umfang der Arbeitspflicht sei auf die betriebliche Arbeitszeit im Unternehmen der Beklagten abzustellen, die 40 Stunden pro Woche betrage. Der Kläger hat unter Vorlage und Berufung auf von ihm gefertigter Listen vorgebracht, an welchem Tag er zu welcher Uhrzeit seine Arbeit im Betrieb begonnen habe, wann er vom Betrieb allein oder mit anderen Fahrern zu welchen Orten oder Mästern gefahren, er wieder in den Betrieb zurückgekehrt sei und das Fahrzeug an den Schlachthof übergeben habe. Er hat behauptet, nach einer internen Anweisung seien die Kraftfahrer der Beklagten verpflichtet, 30 bis 60 Minuten vor der geplanten Abfahrt im Betrieb zu erscheinen und die notwendigen Arbeitsvorbereitungen (technische Überprüfung, Behebung von Mängeln, Betanken etc.) vorzunehmen. Beim jeweiligen Mäster müsse dessen Personal bei der Beladung des LKW unterstützt werden. Sämtliche Fahrten seien von der Beklagten angeordnet gewesen, und zwar im Wesentlichen von der Disponentin Frau H, bei deren Verhinderung von Herrn W.
-
Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6.213,50 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter zeitlicher Staffelung zu zahlen.
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Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die Vergütung von Überstunden sei mit dem vereinbarten Gehalt abgegolten. Zudem habe der Kläger einen eventuellen Vergütungsanspruch verwirkt. Die Arbeitszeit des Klägers habe sich gemäß § 4 Arbeitsvertrag nach der betrieblichen Ordnung - also bei Vollzeit 40 Wochenstunden/173,33 Monatsstunden - und, weil es sich beim Kläger um einen Fahrer bzw. Beifahrer von LKW mit mehr als 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht gehandelt habe, nach den gesetzlichen Bestimmungen für Fahrpersonal in § 21a ArbZG gerichtet. Danach sei eine Arbeitszeit von 48 Wochenstunden zulässig und die Beifahrerzeit nicht vergütungspflichtig. Überstunden habe sie weder angeordnet noch gebilligt.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist begründet.
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I. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts nicht zurückgewiesen werden. Das Landesarbeitsgericht hat nicht beachtet, dass § 21a Abs. 3 ArbZG die Vergütung von Beifahrerzeiten nicht ausschließt, und zudem die Substantiierungslast des Arbeitnehmers im Überstundenprozess überspannt.
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1. Der Kläger hat auch während der als Beifahrer verbrachten Zeit gearbeitet und die von ihm geschuldete Tätigkeit als Kraftfahrer erbracht. Er musste sich aufgrund der Arbeitseinteilung der Beklagten an seinem Arbeitsplatz, dem LKW, aufhalten und konnte nicht frei über die Nutzung seiner Zeit bestimmen. Nach § 21a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 ArbZG ist zwar für Arbeitnehmer, die sich beim Fahren abwechseln, die während der Fahrt neben dem Fahrer oder in einer Schlafkabine verbrachte Zeit abweichend von § 2 Abs. 1 ArbZG keine Arbeitszeit. Die Vorschrift enthält jedoch keine Modifizierung dessen, was unter Arbeit zu verstehen ist, und schließt eine Vergütung für die Arbeit als Beifahrer nicht aus (BAG 20. April 2011 - 5 AZR 200/10 - Rn. 19 ff., AP BGB § 307 Nr. 51 = EzA BGB 2002 § 611 Mehrarbeit Nr. 3). Der Kläger kann daher auch für Beifahrertätigkeit die in § 3 Arbeitsvertrag vereinbarte Vergütung beanspruchen. Eine gesonderte Vergütungsregelung für die als Beifahrer verbrachte Zeit haben die Parteien nicht getroffen. Der Kläger war deshalb nicht gehalten, bei der Darlegung von Überstunden zwischen Zeiten, in denen er den LKW selbst gefahren hat, und solchen, in denen er als Beifahrer auf dem LKW mitgefahren ist, zu differenzieren.
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2. Die Darlegung der Leistung von Überstunden ist nicht aus den vom Landesarbeitsgericht angenommenen Gründen unschlüssig.
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Das Landesarbeitsgericht moniert, dem Vortrag des Klägers sei nicht zu entnehmen, wann er Pausen gemacht habe. Die Nichtangabe von Pausenzeiten impliziert zunächst aber nur die Behauptung, der Arbeitnehmer habe solche nicht gemacht. Bei Zweifeln hätte das Landesarbeitsgericht nach § 139 Abs. 1 Satz 1 ZPO nachfragen müssen, ob der Sachvortrag des Klägers dahingehend zu verstehen sei, er habe keine Pausen gemacht. Hätte der Kläger dies bejaht, wäre sein Vorbringen unter Berücksichtigung einer etwaigen Einlassung der Beklagten hierzu nach § 286 Abs. 1 ZPO zu würdigen gewesen. Hätte der Kläger die Frage verneint, wäre das Landesarbeitsgericht nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO verpflichtet gewesen, auf eine Ergänzung des Sachvortrags hinzuwirken. Dasselbe gilt für den Vorwurf, dem Sachvortrag des Klägers sei nicht zu entnehmen, warum nach Abschluss der Fahrten regelmäßig exakt 30 Minuten bis zur Übergabe des Fahrzeugs an den Schlachthof berücksichtigt seien.
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II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig.
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1. Ein Anspruch des Klägers auf Überstundenvergütung ist nicht nach § 3 iVm. § 4 Ziff. 3 Arbeitsvertrag ausgeschlossen.
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a) Auf die genannten Regelungen des Arbeitsvertrags sind jedenfalls § 305c Abs. 2, §§ 306 und 307 bis 309 BGB anzuwenden(§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB). Die Beklagte hat den Arbeitsvertrag vorformuliert, dem Kläger in dieser Form angeboten und damit im Rechtssinne gestellt. Ob es sich dabei um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen handelte (§ 305 Abs. 1 BGB), bedarf keiner weiteren Aufklärung, denn der Arbeitsvertrag ist ein Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB(vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 20 ff., AP BGB § 310 Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 310 Nr. 10). Auf den Inhalt der vorformulierten Klausel zur Vergütung von Überstunden konnte der Kläger unstreitig keinen Einfluss nehmen.
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b) Die in § 3 iVm. § 4 Ziff. 3 Arbeitsvertrag geregelte Pauschalabgeltung von Überstunden ist mangels hinreichender Transparenz unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
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Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine die pauschale Vergütung von Überstunden regelnde Klausel nur dann klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was ggf. „auf ihn zukommt“ und welche Leistungen er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss (vgl. dazu im Einzelnen zuletzt BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 14 mwN, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10; 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 - Rn. 15 f.).
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Nach diesen Grundsätzen ist § 3 iVm. § 4 Ziff. 3 Arbeitsvertrag nicht klar und verständlich. Der Umfang der davon erfassten Überstunden ist im Arbeitsvertrag ebenso wenig bestimmt, wie die Voraussetzungen, unter denen Überstunden zu leisten sind, also ein „Fall dringenden betrieblichen Bedarfs“ (§ 4 Ziff. 2 Arbeitsvertrag) vorliegen soll. Insbesondere lässt sich weder der Klausel selbst noch den arbeitsvertraglichen Bestimmungen im Übrigen eine Begrenzung auf die nach § 21a Abs. 4 ArbZG zulässige Höchstarbeitszeit eines als Fahrer oder Beifahrer bei Straßenverkehrstätigkeiten iSv. § 21a Abs. 1 ArbZG eingesetzten Arbeitnehmers entnehmen. Die Verwendung des Begriffs „Mehrarbeit“ in § 3 und als Synonym für Überstunden in § 4 Ziff. 2 Arbeitsvertrag deuten im Gegenteil darauf hin, dass auch eine Überschreitung der gesetzlichen Arbeitszeit von der Klausel erfasst sein soll, zumal die Beklagte den Kläger nach § 2 Ziff. 1 Arbeitsvertrag verpflichten wollte, seine „ganze Arbeitskraft“ der Beklagten zu widmen.
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c) Ist im Arbeitsvertrag die Vergütung von Überstunden weder positiv noch negativ geregelt, kommt als Anspruchsgrundlage dafür nur § 612 Abs. 1 BGB in Betracht. Danach gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Die danach erforderliche - objektive - Vergütungserwartung (vgl. dazu BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 20, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10; 21. September 2011 - 5 AZR 629/10 - Rn. 31, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 11, jeweils mwN) ist gegeben. Der Kläger schuldet weder Dienste höherer Art, noch erhält er eine deutlich herausgehobene Vergütung. Die ihm nach § 3 Arbeitsvertrag zustehende Vergütung liegt auch unter Berücksichtigung der nach dem Willen der Beklagten freiwillig sein sollenden Leistungs-, Sorgfalts- und Treueprämien sowie den Zuschlägen für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit ganz erheblich unter der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung(zu deren Bedeutung vgl. BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 - Rn. 21).
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2. Ein Anspruch des Klägers auf Überstundenvergütung ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht verwirkt.
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Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung. Sie setzt voraus, dass der Gläubiger sein Recht längere Zeit nicht geltend gemacht hat und dabei unter Umständen untätig geblieben ist, die den Eindruck erwecken konnten, er wolle auch künftig sein Recht nicht mehr geltend machen. Zudem muss der Verpflichtete sich darauf einstellen dürfen, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (BAG 23. August 2011 - 3 AZR 575/09 - Rn. 57, EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 20; vgl. auch 22. April 2009 - 5 AZR 292/08 - Rn. 28, AP BGB § 611 Wegezeit Nr. 11).
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Ob eine Verwirkung des Anspruchs auf Überstundenvergütung vor Eintritt der gesetzlichen Verjährung schon deshalb ausscheidet, weil sich der Arbeitgeber, der dem Arbeitnehmer einen Formulararbeitsvertrag anbietet, durch vertragliche Ausschlussfristen (zu den Anforderungen an deren Wirksamkeit vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - BAGE 115, 19; 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - BAGE 116, 66) davor schützen kann, länger als drei Monate nach Fälligkeit des Anspruchs mit einer Geltendmachung konfrontiert zu werden, bedarf keiner Entscheidung. Denn unbeschadet der Frage, ob im Streitfall überhaupt das Zeitmoment erfüllt ist, kann sich jedenfalls ein Arbeitgeber, der - wie die Beklagte - dem Arbeitnehmer eine unwirksame Klausel zur Pauschalabgeltung von Überstunden stellt, nicht schutzwürdig darauf einrichten, der Arbeitnehmer werde die Unwirksamkeit der Klausel schon nicht erkennen und Überstundenvergütung nicht geltend machen (vgl. BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 - Rn. 24).
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III. Ob und ggf. in welchem Umfang die Klage begründet ist, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Im erneuten Berufungsverfahren wird das Landesarbeitsgericht Folgendes zu beachten haben:
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1. Der mit „Arbeitszeit“ überschriebene § 4 Arbeitsvertrag enthält zwar keine ausdrückliche Vereinbarung über eine bestimmte wöchentliche oder monatliche Arbeitszeit. Über den Verweis auf die „betriebliche Ordnung“ lässt sich aber mittelbar eine Normalarbeitszeit erschließen, deren Dauer zwischen den Parteien unstreitig ist.
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Der Kläger hat vorgetragen, die betriebliche Arbeitszeit bei der Beklagten betrage 40 Wochenstunden. Dem ist die Beklagte nicht nur nicht entgegengetreten, sondern hat selbst vorgebracht, die Arbeitszeit des Klägers richte sich gemäß § 4 Arbeitsvertrag nach der betrieblichen Ordnung und das seien bei Vollzeit 40 Wochenstunden/173,33 Stunden im Monat. Weiter hat die Beklagte gemeint, weil es sich bei dem Kläger um einen Fahrer bzw. Beifahrer von LKW mit mehr als 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht handele, gölten auch die gesetzlichen Bestimmungen für Fahrpersonal. Das trifft zu, führt aber nicht zu einer Erhöhung der vom Kläger geschuldeten Normalarbeitszeit. § 21a Abs. 4 ArbZG regelt nur die Arbeitszeit eines Kraftfahrers, die arbeitsschutzrechtlich nicht überschritten werden darf. Die Vorschrift ersetzt nicht eine vertragliche Vereinbarung über die Arbeitszeit und tritt bei deren Fehlen nicht an deren Stelle. Einen - als vertragliche Vereinbarung auslegbaren - Hinweis auf das Arbeitszeitgesetz, insbesondere dessen § 21a Abs. 4, enthält § 4 Arbeitsvertrag nicht.
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2. Für die Darlegung und den Beweis der Leistung von Überstunden gelten die Grundsätze wie für die Behauptung des Arbeitnehmers, die geschuldete (Normal-)Arbeit verrichtet zu haben.
- 26
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a) Ausgehend von den Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts in Verbindung mit § 614 BGB gilt im Arbeitsverhältnis der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“. Verlangt der Arbeitnehmer gem. § 611 BGB Arbeitsvergütung für Arbeitsleistungen, hat er deshalb darzulegen und - im Bestreitensfall - zu beweisen, dass er Arbeit verrichtet oder einer der Tatbestände vorgelegen hat, der eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regelt(zB § 1 BUrlG, §§ 615, 616 Satz 1 BGB, § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 EntgeltFG, § 37 Abs. 2 BetrVG). Da die konkret zu leistende Arbeit in der Regel vom Arbeitgeber durch Weisungen zu bestimmen ist (§ 106 GewO), genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, indem er vorträgt, er habe sich zur rechten Zeit am rechten Ort bereitgehalten, um Arbeitsanweisungen des Arbeitgebers zu befolgen. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen einer gestuften Darlegungslast substantiiert erwidern. Deshalb hat der Arbeitgeber im Einzelnen vorzutragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und ob der Arbeitnehmer den Weisungen nachgekommen ist. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gelten die vom Arbeitnehmer vorgetragenen Arbeitsstunden als zugestanden (vgl. zum Ganzen BAG 18. April 2012 - 5 AZR 248/11 - Rn. 14).
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b) Nichts anderes gilt für die Behauptung des Arbeitnehmers, er habe die geschuldete Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet. Verlangt der Arbeitnehmer aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung, tarifvertraglicher Verpflichtung des Arbeitgebers oder § 612 Abs. 1 BGB Arbeitsvergütung für Überstunden, hat er darzulegen und - im Bestreitensfall - zu beweisen, dass er Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet hat. Dabei genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, indem er vorträgt, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten hat. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen einer gestuften Darlegungslast substantiiert erwidern und im Einzelnen vortragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und an welchen Tagen der Arbeitnehmer von wann bis wann diesen Weisungen - nicht - nachgekommen ist.
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Diese Grundsätze dürfen aber nicht gleichsam schematisch angewendet werden, sondern bedürfen stets der Berücksichtigung der im jeweiligen Streitfall zu verrichtenden Tätigkeit und der konkreten betrieblichen Abläufe. So kann ein Kraftfahrer wie der Kläger, dem vom Arbeitgeber bestimmte Touren zugewiesen werden, seiner Darlegungslast bereits dadurch genügen, dass er vorträgt, an welchen Tagen er welche Tour wann begonnen und wann beendet hat. Im Rahmen der gestuften Darlegungslast ist es dann Sache des Arbeitgebers, unter Auswertung der Aufzeichnungen nach § 21a Abs. 7 Satz 1 ArbZG substantiiert darzulegen, an welchen Tagen der Arbeitnehmer aus welchen Gründen in geringerem zeitlichen Umfang als von ihm behauptet gearbeitet haben muss.
- 29
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c) Ihrer Darlegungslast genügen weder Arbeitnehmer noch Arbeitgeber durch die bloße Bezugnahme auf den Schriftsätzen als Anlagen beigefügte Stundenaufstellungen oder sonstige Aufzeichnungen. Anlagen können lediglich zur Erläuterung des schriftsätzlichen Vortrags dienen, diesen aber nicht ersetzen (BGH 2. Juli 2007 - II ZR 111/05 - Rn. 25 mwN, NJW 2008, 69; vgl. auch BVerfG 30. Juni 1994 - 1 BvR 2112/93 - zu III 2 a der Gründe, NJW 1994, 2683). Die Darlegung der Leistung von Überstunden durch den Arbeitnehmer bzw. die substantiierte Erwiderung hierauf durch den Arbeitgeber hat vielmehr entsprechend § 130 Nr. 3 und Nr. 4 ZPO schriftsätzlich zu erfolgen. Beigefügte Anlagen können den schriftsätzlichen Vortrag lediglich erläutern oder belegen, verpflichten das Gericht aber nicht, sich die unstreitigen oder streitigen Arbeitszeiten aus den Anlagen selbst zusammenzusuchen.
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Nachdem das Landesarbeitsgericht die Art und Weise des Vorbringens der Parteien nicht beanstandet hat, muss ihnen im erneuten Berufungsverfahren Gelegenheit gegeben werden, ihrer jeweiligen Darlegungslast zur Leistung bzw. Nichtleistung von Überstunden schriftsätzlich nachzukommen.
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3. Soweit die Beklagte bislang die Anordnung von Überstunden - pauschal - bestritten hat, ist das unbehelflich. Wenn ein Kraftfahrer für eine angewiesene Tour eine bestimmte Zeit benötigt und sie nur unter Leistung von Überstunden ausführen kann, waren die Überstunden - unabhängig von einer ausdrücklichen Anordnung - jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig (vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 319/04 - zu II 1 a der Gründe mwN, AP TVG § 1 Tarifverträge: Gebäudereinigung Nr. 17 = EzA BGB 2002 § 611 Mehrarbeit Nr. 1). Etwas anderes gilt nur, wenn der Arbeitgeber darlegen kann, dass die von ihm dem Arbeitnehmer zugewiesene Tour unter Beachtung der Rechtsordnung, insbesondere der für die Beschäftigung von Arbeitnehmern als Fahrer oder Beifahrer bei Straßenverkehrstätigkeiten geltenden (Sozial-)Vorschriften und des Straßenverkehrsrechts, innerhalb der Normalarbeitszeit gefahren werden kann. Erst dann obliegt es wiederum dem Arbeitnehmer, besondere Umstände darzutun, die zur Überschreitung der Normalarbeitszeit geführt haben.
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IV. Ob die Lohnabzüge wegen vermeintlich mangelnder Wagenpflege tatsächlich gerechtfertigt waren, ist wegen der beschränkten Revisionszulassung nicht mehr Gegenstand des erneuten Berufungsverfahrens.
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Müller-Glöge
Laux
Biebl
S. Röth-Ehrmann
Christen
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 24.09.2014 – 3 Ca 739/14 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine fristlose Kündigung der Beklagten vom 25.04.2015.
3Die Klägerin war bei der Beklagten als Gesundheits- und Altenpflegerin zu einem Bruttomonatsverdienst von 1.696,24 € beschäftigt. Mit Schreiben ohne Datum kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis zum 15.05.2014. Die Beklagte bestätigte diese Eigenkündigung mit Schreiben vom 15.04.2014 und teilte der Klägerin mit, unter Berücksichtigung offener Urlaubsansprüche und vorhandener Mehrarbeitsstunden müsse sie nicht mehr zur Arbeit erscheinen.
4Die Klägerin legte für die Zeit vom 17.03.2014 bis zum 21.03.2014 und vom 02.04.2014 bis zum 17.04.2014 Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor, ausgestellt von der Fachärztin für Allgemeinmedizinerin Dr. N.
5Während des zweiten Arbeitsunfähigkeitszeitraums befand sich die Klägerin für etwa eine Woche auf der Insel Sylt. Dort verbrachte sie die Zeit in einem Haus, in dem ihr Freund Renovierungsarbeiten verrichtete. Die Klägerin stellte auf der ihr zugehörigen Seite des Internet-Anbieters „Facebook“ am Ende ihres Aufenthalts folgenden Satz ein: „(…) Wunderbaren urlaub auf sylt mit meinem liebsten verbracht…morgen geht’s leider schon wieder nach hause (…)“. Die Beklagte nahm den Eintrag zu Kenntnis und forderte die gesetzliche Krankenkasse der Klägerin auf, die Klägerin zur vertrauensärztlichen Untersuchung einzubestellen. Zu einem Untersuchungstermin kam es aus Gründen, die zwischen den Parteien streitig sind, nicht mehr.
6Die Klägerin hat behauptet, sie sei psychisch erkrankt gewesen und habe unter einer Belastungsreaktion gelitten. Sie habe ihre Ärztin darüber in Kenntnis gesetzt, die Insel Sylt aufsuchen zu wollen. Der Aufenthalt sei angesichts ihres Erkrankungsbildes von der Ärztin empfohlen worden.
7Die Klägerin hat beantragt,
8festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 25.04.2014 sein Ende gefunden hat, sondern erst mit Ablauf des 15.05.2014.
9Die Beklagte hat beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Sie hat bestritten, dass die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei und behauptet, wäre sie erkrankt gewesen, so hätte sie sich angesichts des Urlaubs auf Sylt genesungswidrig verhalten. Die Klägerin habe die Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht. Eine Fachärztin für Allgemeinmedizin sei nicht in der Lage, eine psychische Erkrankung festzustellen. Die Klägerin sei in der Lage gewesen, einen Urlaub auf Sylt zuzubringen. Die Eintragungen der Klägerin auf deren Facebook-Seite hätten eine frohgelaunte, glückliche und gesunde Frau gezeigt. Die Klägerin habe sich der vertrauensärztlichen Untersuchung nicht unterzogen. Die Beweiskraft der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei - so die von der Beklagten vertretene Auffassung - angesichts dieser Tatsachen jedenfalls erschüttert.
12Mit Urteil vom 24.09.2014 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben, im Wesentlichen mit folgender Begründung: Die Beklagte könne das Arbeitsverhältnis nicht aus wichtigem Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB beenden. Ihr sei es nicht gelungen, den hohen Beweiswert des vorgelegten ärztlichen Attestes zu erschüttern. Er erschließe sich nicht, warum ein Allgemeinmediziner nicht in der Lage sein solle, eine Belastungsreaktion festzustellen. Der Aufenthalt auf Sylt spreche nicht dagegen, dass eine Erkrankung vorliege. Die Beklagte habe nicht zu Aktivitäten der Klägerin während des Urlaubs auf Sylt vorgetragen, die mit der attestierten Belastungsreaktion nicht in Übereinstimmung zu bringen wären. Die Beklagte habe den in der Kammerverhandlung vorgebrachten Einwand der Klägerin nicht bestritten, dass die Krankenkasse der Klägerin auf deren Nachfrage mitgeteilt habe, sie müsse zur vertrauensärztlichen Untersuchung nicht mehr erscheinen, da der dafür vorgesehene Termin für einen Zeitpunkt nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses anberaumt worden sei. Der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung werde daher auch nicht dadurch erschüttert, dass die Klägerin sich nicht mehr zur Untersuchung vorgestellt habe. Letztlich stünde der Rechtswirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung aber auch im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung entgegen, dass die Klägerin von der Beklagten mit Schreiben vom 15.04.2015 ohnehin bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses freigestellt worden sei. Ein überwiegendes Interesse der Beklagten an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei nicht zu erkennen.
13Gegen das am 07.10.2014 zugestellte Urteil richtet sich die am 05.11.2014 eingelegte und am 07.01.2015 innerhalb der bis dahin verlängerten Frist begründete Berufung der Beklagten, die sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres Sachvortrags erster Instanz ergänzend wie folgt begründet:
14Der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei erschüttert. Sie habe bestritten, dass die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei und die Ärztin empfohlen habe, den Urlaub auf Sylt anzutreten. Dem hätte das Gericht durch Erhebung der angebotenen Beweise nachgehen müssen. Das Gericht habe aus eigener Sachkunde nicht darüber befinden können, dass der Urlaub auf Sylt genesungskonform gewesen sei. Entweder wäre eine etwaige Belastungsreaktion der Klägerin so gering gewesen, dass sie nicht arbeitsunfähig gewesen sei, oder aber die Klägerin hätte sich bei angenommener Erkrankung genesungswidrig verhalten. Falsch sei es, nehme das Gericht an, sie habe nicht bestritten, dass die Klägerin den Termin zur vertrauensärztlichen Untersuchung deshalb nicht wahrgenommen habe, weil er bereits außerhalb des Bestandes des Arbeitsverhältnisses gelegen habe. Der Vortrag der Klägerin dazu sei nicht schlüssig. Unberücksichtigt gelassen habe das Arbeitsgericht auch, dass die Klägerin sich nicht in eine fachärztliche Behandlung begeben habe. Das Gericht übersehe ferner, dass sie, die Beklagte, auch bei angenommener Freistellung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Interesse daran habe, sich von der Klägerin zu trennen.
15Die Beklagte beantragt,
16das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 24.09.2014 - 3 Ca 739/14 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
17Die Klägerin beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen,
19legte zweitinstanzlich die mit dem Diagnosekürzel 43 F. G versehene Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit vom 02.04.2014 bis zum 17.04.2014 vor und führte dazu aus, hinter diesem Kürzel verberge sich das Krankheitsbild „Reaktion auf eine schwere psychische Belastung“. Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und weist in rechtlicher Hinsicht darauf hin, dass eine Erschütterung des Beweiswertes der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht zu erkennen sei, weshalb auch eine Beweisaufnahme nicht durchzuführen sei.
20Wegen des weiteren Sach- und Rechtsvortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die von den Parteien zu Protokoll abgegebenen Erklärungen ergänzend Bezug genommen.
21Entscheidungsgründe
22I. Die Berufung der Beklagten ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1, Abs. 2 lit. c) ArbGG) und nach den §§ 519 ZPO, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG am 05.11.2014 gegen das am 07.10.2014 zugestellte Urteil form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der nach § 66 Abs. 1 S. 1, S. 5 ArbGG verlängerten Frist am 07.01.2015 begründet worden. Sie ist damit zulässig.
23II. Die Berufung ist nicht begründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 25.04.2014 aufgelöst worden ist, sondern bis zum 15.05.2014 - dem durch die Eigenkündigung der Klägerin ausgelösten Ende des Vertragsverhältnisses - fortbestanden hat.
24Auf die Gründe des arbeitsgerichtlichen Urteils wird Bezug genommen, § 69 Abs. 2 ArbGG. Die Berufung gibt Anlass zu folgenden, ergänzenden Ausführungen:
25Der Beklagten stand kein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB zur Seite, das Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund kündigen, ohne eine Kündigungsfrist einhalten zu müssen, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder dessen Beendigung nicht zugemutet werden kann.
26Zu Recht hat das Arbeitsgericht eine zweitstufige Prüfung durchgeführt und festgestellt, dass bereits auf der ersten Prüfungsstufe keine Tatsachen vorliegen, die eine solche Kündigung rechtfertigen könnten. Auch für die Berufungskammer war nicht erkennbar, dass die Klägerin eine Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht oder sich genesungswidrig verhalten haben könnte.
27- 28
1. Täuscht ein Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeit vor, ist dies auf der ersten Stufe zur Prüfung der Rechtswirksamkeit einer darauf gestützten außerordentlichen Kündigung für sich gesehen geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Der täuschende Arbeitnehmer verwirklicht regelmäßig den Straftatbestand des Betrugs oder versucht dies zumindest, weil er den Arbeitgeber über das Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit täuscht oder täuschen will, um diesen zu veranlassen, ihm Entgeltfortzahlung zu gewähren, auf die er keinen Anspruch hat (BAG 23.06.2009 - 2 AZR 532/08 - juris; BAG 17.06.2003 - 2 AZR 123/02 - juris; 07.12.1995 - 2 AZR 849/94 - juris; LAG Hamm 16.11.2011 - 10 Sa 884/11 - juris; LAG Rheinland-Pfalz 08.10.2013 - 6 Sa 188/13 - juris; 11.07.2013 - 10 Sa 100/13 - juris; 12.02.2010 - 9 Sa 275/09 - juris).
a) Dabei obliegt es dem Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess, den Beweis für den erhobenen Kündigungsvorwurf zu führen (BAG 26.08.1993 - 2 AZR 154/93 - juris; Hessisches Landesarbeitsgericht 20.03.2012 - 19 Sa 1020/11 - juris; LAG Rheinland-Pfalz 08.10.2013 - 6 Sa 188/13 - juris; 12.02.2010 - 9 Sa 275/09 - juris). Einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommt ein hoher Beweiswert zu (BAG 21.03.1993 - 2 AZR 543/95 - juris; 11.08.1976 - 5 AZR 422/75 - juris). Sie hat die Vermutung der inhaltlichen Richtigkeit für sich (BAG 21.03.1993 - 2 AZR 543/95 - juris; 15.07.1992 - 5 AZR 312/91 - juris). Erhebt der Arbeitgeber trotz vorgelegter ärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung den Vorwurf, die Arbeitsunfähigkeit sei nur vorgetäuscht, muss er einerseits vortragen, dass der Arbeitnehmer ihn vorsätzlich über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit getäuscht hat (LAG Hamm 18.12.2003 - 8 Sa 1401/03 - juris; LAG Mecklenburg-Vorpommern 05.08.2004 - 1 Sa 19/04 - juris) und darüber hinaus ausreichende Tatsachen darlegen und beweisen, die zu ernsthaften Zweifeln an einer Arbeitsunfähigkeit Anlass geben und den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeit erschüttern (BAG 21.03.1993 - 2 AZR 543/95 - juris). Ist ihm dies gelungen, so ist es unter Berücksichtigung der im Kündigungsschutzprozess greifenden abgestuften Darlegungs- und Beweislast Aufgabe des Arbeitnehmers darzulegen, welche Erkrankungen zur Arbeitsunfähigkeit geführt haben, welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen diese mit sich gebracht haben und welche Verhaltensweisen ihm ärztlicherseits auferlegt worden sind. Bei ausreichender Substantiiertung ist es sodann Sache des Arbeitgebers, den konkreten Sachvortrag des Arbeitnehmers, dem es obliegt, die ihn behandelnden Ärzte von der ärztlichen Schweigepflicht zu entbinden, zu widerlegen (vgl. BAG 07.12.1995 - 2 AZR 849/94 - juris; 26.08.1993 - 2 AZR 154/93 - juris; LAG Hamm 09.04.2008 - 18 Sa 1938/07 - juris; Hessisches Landesarbeitsgericht 20.03.2012 - 19 Sa 1020/11- juris; LAG Rheinland-Pfalz 08.10.2013 - 6 Sa 188/13 - juris; 12.02.2010 - 9 Sa 275/09 - juris).
30b) Der Beklagten ist es nicht gelungen, ausreichende Tatsachen vorzutragen, die den Beweiswert der vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für den Zeitraum vom 02.04.2014 bis zum 17.04.2014 erschüttern und damit ausreichende Zweifel an der Vermutung auslösen, dass die Bescheinigung inhaltlich zutrifft.
31aa) Dabei geht die Kammer in tatsächlicher Hinsicht davon aus, dass der attestierten Arbeitsunfähigkeit für den Zeitraum vom 02.04.2014 bis zum 17.04.2014 eine ärztliche Diagnose mit der Kurzbezeichnung 43 F. G zugrundeliegt, hinter der sich eine „Reaktion auf eine schwere psychische Belastung“ verbirgt. Die Klägerin hat im Laufe des Berufungsverfahrens eine für die Vorlage bei der gesetzlichen Krankenkasse bestimmte und von ihrer Ärztin ausgefüllte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit dem Diagnosekürze 43 F. G eingebracht, die mit der an die Arbeitgeberin übergebenen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung korrespondiert. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hat die Klägerin ausgeführt, hinter dem Diagnosekürzel verberge sich das Krankheitsbild „Reaktion auf eine schwere psychische Belastung“. Die Beklagte, die erstinstanzlich nicht nur bestritten hat, dass die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt war, sondern auch, dass die Attestierung der Arbeitsunfähigkeit wegen einer Belastungsreaktion erfolgt sei, hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht nicht bestritten, dass die zuvor schriftsätzlich vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von der die Klägerin behandelnden Ärztin mit dem Diagnosekürzel des näher bezeichneten Inhalts versehen worden ist. Da die Tatsache, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wegen der Diagnose 43 F.G ausgestellt worden ist, von der Beklagten nicht mehr ausdrücklich bestritten worden ist, gilt sie als zugestanden, § 138 Abs. 3 ZPO.
32bb) Die von der Beklagten vorgetragenen Hilfs-Tatsachen sind nicht geeignet, den hohen Beweiswert eine ärztlich attestierte Arbeitsunfähigkeit wegen einer Reaktion auf eine schwere psychische Belastung und die damit einhergehende Vermutung der inhaltlichen Richtigkeit zu erschüttern.
33(1) Dies gilt zunächst für die Tatsache, dass sich die Klägerin während des attestierten Arbeitsunfähigkeitszeitraums für etwa eine Woche auf Sylt aufgehalten und dies in einem Facebook-Eintrag als „Urlaub“ bezeichnet hat. Das Arbeitsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass eine Arbeitsunfähigkeit nicht bedeutet, der Arbeitnehmer müsse sich ausschließlich zu Hause, möglicherweise auch zu Bett aufhalten. Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht nach § 3 Abs. 1 EntgeltfortzahlungsG, wenn ein Arbeitnehmer infolge Erkrankung an seiner Arbeitsleistung verhindert ist. Damit muss ein Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankung und Arbeitsverhinderung bestehen. Dieser Ursachenzusammenhang kann vielfältiger Art sein und auch, aber nicht notwendig, dazu führen, dass der Arbeitnehmer nicht in der Lage ist, sein häusliches Umfeld zu verlassen. Liegt der attestierten Arbeitsunfähigkeit eine „Reaktion auf eine schwere psychische Belastung“ zugrunde und soll dies den nötigen Ursachenzusammenhang zwischen Krankheit und Arbeitsunfähigkeit begründen, ist nichts dafür ersichtlich, dass ein einwöchiger Aufenthalt auf einer Nordseeinsel damit nicht in Übereinstimmung zu bringen ist. Um dies festzustellen, bedarf es keines ärztlichen Sachverstands. Es ist nicht die – therapeutische - Frage zu beantworten, ob ein einwöchiger Aufenthalt auf Sylt – sei es nun Urlaub oder nicht – den Heilungsprozess fördert. Das Gericht muss nach den zuvor dargestellten Rechtsgrundsätzen alleine entscheiden, ob das Verhalten der Klägerin zu ernsthaften Zweifeln an einer Arbeitsunfähigkeit Anlass gibt, weil die Aktivitäten der Klägerin sich mit dem Inhalt der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht in Übereinstimmung bringen lassen. Dieser Inhalt besteht darin, dass die Klägerin aufgrund einer Reaktion auf eine schwere psychische Belastung nicht in der Lage war, ihrer Arbeit bei der Beklagten nachzukommen. Auch das Berufungsgericht kann an einem einwöchigen Aufenthalt auf einer Nordseeinsel, den die Klägerin gemeinsam mit ihrem Freund verbracht hat, nichts erkennen, was geeignet wäre, die vermutete Richtigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ernsthaft in Zweifel zu stellen.
34(2) Weil es auf ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ankommt, ist es für den Ausgang des Rechtsstreits ohne Bedeutung, ob der Aufenthalt auf Sylt dem Heilungsprozess nicht nur nicht geschadet, sondern ihn sogar gefördert hat und von der die Klägerin behandelnden Ärztin empfohlen worden ist, was von der Klägerin behauptet und von der Beklagten bestritten worden ist.
35(3) Auch der Eintrag über einen einwöchigen Urlaub auf Sylt auf der Facebook-Seite sowie die dort eingestellten Fotos, die nach den Behauptungen der Beklagten eine frohgelaunte, glückliche und gesunde Frau zeigen, sind keine Tatsachen, die zu ernsthaften Zweifeln an der attestierten Arbeitsunfähigkeit Anlass geben. Fotoanlagen geben lediglich eine Momentaufnahme wieder. Das gilt auch für einen Eintrag über ein im Moment des Eintragens empfundenes Wohlbefinden. Bei einer attestierten Belastungsreaktion sprechen solche Eintragungen aber vor allem dafür, dass sich der erkrankte Arbeitnehmer auf dem Weg der Besserung befindet und im Übrigen für die – nicht streitentscheidende – Behauptung der Klägerin, der Aufenthalt auf Sylt sei mit ihrer Ärztin besprochen und von dieser aus Gründen eines positiven Heilungsverlaufs empfohlen worden.
36(4) Ernsthafte Zweifel ergeben sich nicht daraus, dass die Ärztin, die die Klägerin behandelt und die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausgestellt hat, eine Fachärztin für Allgemeinmedizin ist und keine für psychische oder psychiatrische Erkrankungen einschlägige Facharztausbildung aufzuweisen hat. Für das Berufungsgericht ist unter keinem Gesichtspunkt erkennbar, warum eine Fachärztin für Allgemeinmedizin keine Reaktion auf eine schwere psychische Belastung diagnostizieren können sollte. Daran ändert auch die zweitinstanzliche Annahme der Beklagten nichts, die Klägerin habe verabsäumt, sich bei einem Facharzt vorzustellen.
37(5) Die Klägerin hat sich nicht einer vertrauensärztlichen Untersuchung unterzogen, zu der sie von ihrer gesetzlichen Krankenkasse auf Veranlassung der Beklagten einbestellt worden ist. Zwar mag dies dem Grunde nach geeignet sein, Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit zu bieten. Hier vermochte das Gericht dem jedoch keine Bedeutung beizumessen. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ausgeführt, die Krankenkasse der Klägerin aufgefordert zu haben, die Klägerin zu einer vertrauensärztlichen Untersuchung einzubestellen, nachdem sie die Facebook-Eintragungen der Klägerin zur Kenntnis genommen hat. Eine vertrauensärztliche Untersuchung kommt dann in Betracht, wenn Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit beseitigt werden sollen. Da hier weder durch die Facebook-Eintragungen noch durch den Aufenthalt der Klägerin auf Sylt Zweifel an der attestierten Arbeitsunfähigkeit der Klägerin begründet sind, können solche Zweifel auch nicht dadurch begründet werden, dass die Klägerin zu einer vertrauensärztliche Untersuchung nicht einfindet, die der Aufklärung der – nicht vorhandenen – Zweifel dienen soll. Außerdem hat die Klägerin behauptet, ihr sei von der Krankenkasse ein Termin zur Durchführung der Untersuchung angeboten worden, der nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses gelegen hätte, weshalb die Krankenkasse vom Untersuchungstermin wieder Abstand genommen. Wenn auch die Beklagte diese Behauptung der Klägerin bestritten haben mag und als nicht schlüssig bezeichnet hat, fehlt es gleichwohl an eigenem Sachvortrag der Beklagten zu den zeitlichen Umständen und näheren Vorgaben der Krankenkasse zum Untersuchungstermin. Es ist aber nach den oben näher dargelegten Grundsätzen zunächst Aufgabe der Beklagten, die Tatsachen konkret darzulegen und unter Beweis zu stellen, die Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit aufwerfen. Es oblag mithin der Beklagten, zur Anberaumung des Untersuchungstermins nach Ort, Zeit und näheren Umständen konkret vorzutragen.
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2. Die Beklagte kann sich auch nicht darauf stützen, die Klägerin habe den Heilungserfolg durch ein grob genesungswidriges Verhalten gefährdet. Zwar kann auch dies eine außerordentliche Kündigung im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB auf der ersten Prüfungsstufe an sich rechtfertigen (BAG 02.03.2006 - 2 AZR 53/05 - juris; 26.08.1993 - 2 AZR 154/93 - juris; LAG Hamm 15.02.2013 - 13 Sa 9/13 - juris; 13.12.2006 - 10 TaBV 72/06 - juris; LAG Köln 09.10.1998 - 11 Sa 400/98 - juris). Denn ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer ist angehalten, alles zu unternehmen, um zu gesunden, und alles zu unterlassen, was diesem Prozess entgegenwirken könnte (BAG 02.03.2006 - 2 AZR 53/05 - juris; 26.08.1993 - 2 AZR 154/93 juris; LAG Hamm 16.09.2005 - 10 Sa 2425/04 - juris; LAG Nürnberg 27.11.2013 - 8 Sa 89/13) - juris). Da das Verhalten der Klägerin, einen einwöchigen Aufenthalt auf Sylt zu absolvieren, nicht geeignet ist, ernsthafte Zweifel am Beweiswert der vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hervorzurufen, gibt es erst Recht keinen Anlass anzunehmen, ein einwöchiger Aufenthalt auf einer Nordseeinsel gefährde den Prozess der Heilung einer Erkrankung wegen einer Reaktion auf eine schwere psychische Belastung. Das Gegenteil dürfte der Fall sein.
3. Da bereits auf der ersten Stufe der Prüfung einer außerordentlichen Kündigung keine Tatsachen ersichtlich sind, die einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung rechtfertigen könnten, kommt es nicht mehr darauf an, ob die ausgesprochene außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 25.04.2014 auch unter Abwägung der wechselseitigen Interessen auf der zweiten Prüfungsstufe unverhältnismäßig wäre, wie es das Arbeitsgericht unter Hinweis auf die erfolgte Freistellung der Klägerin nach deren Eigenkündigung angenommen hat.
41III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 66 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1, 92 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben. Keine der entscheidungserheblichen Rechtsfragen hat grundsätzliche Bedeutung. Die Rechtsfragen berühren auch nicht wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen der Allgemeinheit oder eines größeren Teils der Allgemeinheit. Ferner lagen keine Gründe vor, die die Zulassung wegen einer Abweichung von der Rechtsprechung eines der in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG angesprochenen Gerichte rechtfertigen würde.
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
- 1.
in Betrieben des privaten Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat, - 2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.
(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.
(1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden. In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.
(2) Die Vorschriften des Dritten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten Rechts sowie für Betriebe, die von einer öffentlichen Verwaltung geführt werden, soweit sie wirtschaftliche Zwecke verfolgen.
Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.
(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.
(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn
- 1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat, - 2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt, - 3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann, - 4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder - 5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.
(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.
(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn
- 1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder - 2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder - 3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.
(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.
(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.
(1) Arbeitnehmer (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt werden. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten, die in der Hauptsache für den Betrieb arbeiten. Als Arbeitnehmer gelten ferner Beamte (Beamtinnen und Beamte), Soldaten (Soldatinnen und Soldaten) sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind.
(2) Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes gelten nicht
- 1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist; - 2.
die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder die Mitglieder einer anderen Personengesamtheit, soweit sie durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit oder zur Geschäftsführung berufen sind, in deren Betrieben; - 3.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist; - 4.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung, sittlichen Besserung oder Erziehung beschäftigt werden; - 5.
der Ehegatte, der Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte ersten Grades, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben.
(3) Dieses Gesetz findet, soweit in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, keine Anwendung auf leitende Angestellte. Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb
- 1.
zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder - 2.
Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder - 3.
regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.
(4) Leitender Angestellter nach Absatz 3 Nr. 3 ist im Zweifel, wer
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aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist oder - 2.
einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder - 3.
ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, oder, - 4.
falls auch bei der Anwendung der Nummer 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet.
(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.
(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn
- 1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat, - 2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt, - 3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann, - 4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder - 5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.
(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.
(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn
- 1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder - 2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder - 3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.
(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.
(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
- 1.
in Betrieben des privaten Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat, - 2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.
(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.
(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.
(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.
(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.
(1) Bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, einer Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die anstelle einer gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden kann, bei Ansprüchen von Arbeitnehmern auf wiederkehrende Leistungen sowie in Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen dem Grunde oder der Höhe nach geltend gemacht oder abgewehrt werden, ist der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen maßgebend, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Ist im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit die Höhe des Jahresbetrags nicht nach dem Antrag des Klägers bestimmt oder nach diesem Antrag mit vertretbarem Aufwand bestimmbar, ist der Streitwert nach § 52 Absatz 1 und 2 zu bestimmen.
(2) Für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend; eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet. Bei Rechtsstreitigkeiten über Eingruppierungen ist der Wert des dreijährigen Unterschiedsbetrags zur begehrten Vergütung maßgebend, sofern nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist.
(3) Die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge werden dem Streitwert hinzugerechnet; dies gilt nicht in Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen. Der Einreichung der Klage steht die Einreichung eines Antrags auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe gleich, wenn die Klage alsbald nach Mitteilung der Entscheidung über den Antrag oder über eine alsbald eingelegte Beschwerde eingereicht wird.