Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 13. März 2015 - 1 Sa 1534/14

ECLI:ECLI:DE:LAGHAM:2015:0313.1SA1534.14.00
bei uns veröffentlicht am13.03.2015

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 24.09.2014 – 3 Ca 739/14 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund


(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unte

Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 69 Urteil


(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

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(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.


Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - 6 Ca 898/12 - vom 21. März 2013 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Wesentlichen um die Wirksamkeit einer von der Beklagten mit der Begründung vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung und um Vergütungsansprüche der Klägerin.

2

Die Klägerin wurde ab 22. August 2012 unter Vereinbarung einer dreimonatigen Probezeit mit zweiwöchiger Kündigungsfrist zu einer monatlichen Bruttovergütung von 1.600,00 Euro von der Beklagten als Versicherungskauffrau beschäftigt. Am Abend des 26. September 2012 führten die Klägerin und der Geschäftsführer der Beklagten ein inhaltlich streitiges Gespräch über die Arbeitsleistung der Klägerin. Nach dem Telefonat rief die Klägerin ihre Kollegin S. an. Die Einzelheiten des Telefonates sind zwischen den Parteien streitig, insbesondere die Behauptung der Klägerin, sie habe der Zeugin gesagt, sie sei wegen des heftigen Verlaufs des Gesprächs krank und werde deshalb am Folgetag einen Arzt aufsuchen und nicht zur Arbeit kommen. Ebenso ist zwischen den Parteien streitig, was die Zeugin S. dem Geschäftsführer der Beklagten bzw. dessen Ehefrau am Folgetag wegen des Nichterscheinens der Klägerin mitgeteilt hat. Die Zeugin hat der Klägerin auf deren Bitte hin ihre Lesebrille und einige private Fotografien aus dem Büro mitgebracht.

3

Mit Schreiben vom 28. September 2012 teilte die Beklagte der Klägerin unter Übersendung einer auf 1.448,61 Euro brutto und 1.085,70 Euro netto endenden Lohnabrechnung für September 2012 mit, sie nehme Bezug auf die von der Klägerin ausgesprochene Kündigung vom 26. September 2012 und bestätige die Aufhebung des Arbeitsvertrages im beiderseitigem Einvernehmen zum 27. September 2012. Eine ihr überlassene ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Klägerin vom 27. September 2012 für die Zeit vom 27. September 2012 bis 05. Oktober 2012 reichte die Beklagte mit Schreiben vom 01. Oktober 2012 unter Verweis auf das beendete Arbeitsverhältnis zurück. Mit Schreiben vom 02. Oktober 2012 teilte die Klägerin der Beklagten mit, sie habe zu keinem Zeitpunkt eine Kündigung ausgesprochen, sei zur Zeit krank geschrieben und werde nach vollständiger Genesung ihre Arbeitsstelle wieder antreten. Daraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 10. Oktober 2012 vorsorglich fristlos, hilfsweise in der Probezeit ordentlich zum 25. Oktober 2012.

4

Die Klägerin, die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bis einschließlich 25.Oktober 2012 vorgelegt hat, hat gegen die ihr am 11. Oktober 2012 zugegangene außerordentliche Kündigung am 31. Oktober 2012 beim Arbeitsgericht Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - Kündigungsschutzklage erhoben und zugleich die Septembervergütung geltend gemacht. Im Verlauf des Rechtsstreits hat sie die Klage um Entgeltfortzahlungsansprüche bis 25. Oktober 2012 nebst Abrechnungserteilung und einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung erweitert.

5

Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen,
der Geschäftsführer der Beklagten habe vor dem Gespräch vom 26. September 2012 zunächst die Zeugin S. vorzeitig nach Hause geschickt und sämtliche Fenster seines Büros geschlossen. Er habe sie in dem Gespräch aufs heftigste verbal attackiert, wobei sie nähere Einzelheiten nicht vortrage, weil es für das Gespräch ohnehin keine Zeugen gebe und der Verlauf für die Bewertung des Rechtsstreits unerheblich sei. Sie habe jedenfalls nach dem Gespräch erhebliche gesundheitliche Einschränkungen verspürt und heftige Magenbeschwerden und verschiedene andere psychosomatisch ausgelöste Beschwerden gehabt. Sie habe am Abend nach dem Gespräch der Zeugin S. vom Verlauf des Gesprächs berichtet und darauf hingewiesen, dass sie krank sei und deshalb am nächsten Tag und aller Voraussicht nach auch in den darauffolgenden Tagen wegen Arbeitsunfähigkeit nicht zur Arbeit erscheinen werde; keineswegs sei die Rede davon gewesen, dass sie überhaupt nicht mehr kommen werde. Sie habe die Zeugin gebeten, ihre dringend benötigte Lesebrille und einige private Fotografien aus dem Büro mitzubringen, bei denen sie befürchtet habe, der Geschäftsführer werde sie - wie in der Vergangenheit schon öfter geschehen - beschädigen oder beseitigen. Was die Zeugin S. am nächsten Tag dem Arbeitgeber berichtet habe, könne sie aus eigener Anschauung nicht sagen, ihr habe sie jedenfalls gesagt, ausschließlich darauf verwiesen zu haben, dass die Klägerin krank sei und deswegen am nächsten Tag und voraussichtlich in den Folgetagen nicht zur Arbeit erscheinen zu können. Nach einem von der Zeugin S. ausgehenden Telefonat in der Mittagspause habe die Zeugin der Beklagten weitergegeben, dass die Klägerin zunächst bis voraussichtlich 05. Oktober 2012 krank geschrieben sei. Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe ihre gesundheitlichen Beschwerden - wie auch schon andere Mitarbeiter der Beklagten in vergleichbarer Lage - wegen der maßlosen und respektlosen Behandlung durch den Geschäftsführer der Beklagten am 26. September 2012 erlitten. Dass sie tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei, könne Dr. med. B. bestätigen, bei dem sie sich schon längere Zeit in ärztlicher Behandlung wegen der gesundheitlichen Entwicklung befunden habe. Die Klägerin trägt vor, ihr stünden Vergütungsansprüche bis zum Ablauf der Probezeit vor und es sei ein Urlaubanspruch von 2 Tagen mit 152,38 Euro brutto abzugelten. Die Beklagte schulde ihr aus im Einzelnen in den Schriftsätzen vom 19. Februar 2013 und 20. März 2013 dargelegten Gründen (Bl. 65 d. A. und Bl. 91 f. d. A.) einen Überziehungszinssatz von 17 Prozent.

6

Die Klägerin hat zuletzt - nach Teilklagerücknahme hinsichtlich des für September 2012 gezahlten Nettobetrages und eines weitergehenden Urlaubsabgeltungsanspruchs - beantragt,

7

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 10. Oktober 2012 nicht fristlos beendet wurde, sondern bis zum 25. Oktober 2012 fortbestand,

8

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.600,00 Euro brutto abzüglich gezahlter 1.085,70 Euro zu zahlen und diesen Betrag mit 17% zu verzinsen ab dem 01. Oktober 2012,

9

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.295,24 Euro brutto zu zahlen und diesen Betrag mit 17 % zu verzinsen ab dem 26. Oktober 2012,

10

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 152,38 Euro brutto zu zahlen und diesen Betrag mit 17 % zu verzinsen ab dem 26. Oktober 2012,

11

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin eine Abrechnung über das Arbeitsentgelt für den Monat Oktober 2012 zu erteilen.

12

Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage insgesamt abzuweisen.

14

Sie hat erstinstanzlich vorgetragen,
die fristlose Kündigung sei berechtigt, weil die Klägerin eine vermeintliche Arbeitsunfähigkeit lediglich vorgetäuscht habe, nachdem sie ihr Fernbleiben tags zuvor bereits angekündigt habe. Die Vergütungsansprüche stünden der Klägerin daher nicht zu, zumal ein Anspruch auf erhöhten Zinssatz unsubstantiiert dargelegt sei. Der Geschäftsführer der Beklagten habe die Klägerin im Personalgespräch vom 26. September 2012 nicht aufs heftigste attackiert, sondern sie lediglich darauf hingewiesen, dass ihre Leistungen im erst kurze Zeit andauernden Arbeitsverhältnis weit hinter den Erwartungen lägen und angeregt, die Klägerin möge überdenken, ob sie das Arbeitsverhältnis fortsetzen wolle. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass das Gespräch zu den geschilderten Beschwerden der Klägerin geführt habe und dass diese gegenüber der Zeugin S. ihr Nichtkommen am Folgetag damit begründet habe, dass sie krank sei und einen Arzt aufsuchen werde. Die Zeugin habe am 27. September 2012 lediglich der Ehefrau des Geschäftsführers, der Zeugin W., mitgeteilt, dass die Klägerin sie am Vorabend angerufen und ihr mitgeteilt habe, sie komme nicht mehr und sie solle ihr private Unterlagen und Gegenstände aus dem Büro mitbringen. Am 27. September 2012 habe die Klägerin ein von der Zeugin zu vermittelndes Telefonat mit dem Geschäftsführer verweigert. Die von ihr erstmals am 30. September 2012 vorgelegten Atteste seien Gefälligkeitsatteste und ihre tatsächliche Erkrankung werde mit Nichtwissen bestritten.

15

Das Arbeitsgericht Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - hat aufgrund Beschlusses vom 21. März 2013 Beweis erhoben zu den Behauptungen der Parteien im Hinblick auf den Hergang des Telefonates vom 26. September, respektive die Information der Zeugin S. an die Ehefrau des Geschäftsführers der Beklagten am 27. September 2012 durch Vernehmung der Zeuginnen S. und W.. Wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift (Bl. 86 bis 89 d. A.) Bezug genommen.

16

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 21. März 2013 (Bl. 119 bis 129 d. A.), auf dessen Tatbestand zur näheren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes ergänzend Bezug genommen wird, überwiegend stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Kündigungsschutzklage sei begründet, da der Beklagten nicht der Nachweis einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit gelungen sei. Die Zeugin S. habe bestätigt, dass die Klägerin ihr im sehr emotionalen Telefonat vom 26. September 2012 erklärt habe, der Geschäftsführer der Beklagten, vor dem sie viel Angst gehabt habe, habe mit ihr geschimpft, sie sei dumm und dass sie fertig mit den Nerven sei, zum Arzt gehe und nicht arbeiten kommen könne. Vor diesem Hintergrund erscheine es der Kammer - zumal der Geschäftsführer der Beklagten im Rahmen der Vernehmung der Zeugin an einer Stelle laut und in erkennbar aggressiver Manier interveniert habe - ohne weiteres nachvollziehbar, dass die Klägerin sich zu diesem Zeitpunkt in einer nervlichen Verfassung befunden habe, die aus ärztlicher Sicht Krankheitswert gehabt und zur Arbeitsunfähigkeit geführt habe. Dieser Eindruck habe sich auch nicht durch die Vernehmung der Zeugin W. zerstreuen lassen. Letztlich könne es dahinstehen, ob die Zeugin S. am Morgen des Folgetages von einer Arbeitsunfähigkeit der Klägerin nichts habe verlauten lassen, wenn diese zumindest am Vorabend eine entsprechende Erklärung abgegeben habe. Die Klägerin habe bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses infolge ordentlicher Probezeitkündigung den geltend gemachten Anspruch auf die der Höhe nach nicht angegriffene Fortzahlung der Vergütung, einen Urlaubsabgeltungsanspruch und Anspruch auf Überlassung einer Abrechnung. Der Antrag der Klägerin auf Zinszahlung hinsichtlich der Zinsen über den gesetzlichen Zinssatz hinaus sei mangels Substantiiertheit abzuweisen. Die Kosten seien wegen erfolgter Teilklagerücknahme durch die Klägerin zu quotieren. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 124 ff. d. A. Bezug genommen.

17

Die Beklagte hat gegen das ihr am 26. März 2013 zugestellte Urteil mit am 26. April 2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis 26. Juni 2013 mit am gleichen Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 26. Juni 2013 begründet.

18

Die Beklagte macht mit ihrer Berufungsbegründungsschrift (Bl. 174 ff. d. A.) und mit Schriftsatz vom 29. Mai 2013 (Bl. 156 d. A.), auf die ergänzend Bezug genommen wird, im Wesentlichen geltend, das Arbeitsgericht habe die im Verlauf der Vernehmung erkennbar eingeschränkte und angepasste Aussage der Zeugin S. nicht hinreichend gewürdigt. Bereits aus deren Aussage, sie habe der Klägerin deren Brille und das Foto ihrer Tochter mitbringen sollen, ergebe sich hinreichend, dass die Klägerin überhaupt nicht mehr beabsichtigt habe, die Arbeit bei der Beklagten wieder aufzunehmen. Das habe Zeugin auch indirekt bestätigt, indem sie ausgesagt habe, die Klägerin habe gesagt, sie sei fix und fertig und könne nicht mehr kommen, wobei von Vorläufigkeit bezeichnenderweise keine Rede gewesen sei. Wenn es tatsächlich zutreffe, dass die Klägerin der Zeugin S. telefonisch schon am 26. September 2012 mitgeteilt habe, sie sei krank und beabsichtige, zum Arzt zu gehen, stelle sich die Frage, warum die Zeugin dies der Beklagten nicht genau so mitgeteilt habe. Tatsächlich sei dies laut Aussage der Zeugin W. aber nicht der Fall gewesen. Die Gründe für die von der Zeugin zur Erklärung angegebene Angst vor dem Geschäftsführer habe die Zeugin nicht näher dargelegt. Dass der Geschäftsführer während der Beweisaufnahme an einer Stelle ob der Unrichtigkeit der Aussage der Zeugin S. seinem Unmut Ausdruck verliehen habe, sei angesichts der Tatsache, dass es sich auch für ihn um einen emotionalen Moment gehandelt habe, nur zu gut nachvollziehbar, zumal er erstmals in der Güteverhandlung vom Klägervertreter erfahren habe, dass die Zeugin S. ihr Beschäftigungsverhältnis beendet habe. Die Beklagte vertritt die Auffassung, es ergäben sich hinreichende Anhaltspunkte dafür, die Glaubhaftigkeit der Aussage und die Glaubwürdigkeit der Zeugin in Frage zu stellen und die ausgesprochene fristlose Kündigung für berechtigt zu erachten.

19

Die Beklagte beantragt,

20

in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 21. März 2013 - 6 Ca 898/12 - die Klage abzuweisen.

21

Die Klägerin beantragt,

22

die Berufung zurückzuweisen.

23

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe der Berufungserwiderung vom 13. August 2013 (Bl. 202 ff. d. A), auf die ergänzend Bezug genommen wird, und trägt im Wesentlichen vor,
der einzige Umstand, den die Beklagte für die angeblich unzutreffende Beweiswürdigung ins Feld führe, seien angebliche Differenzen zwischen der Aussage der Zeugin S. und der Aussage der Zeugin W.. Bereits das Arbeitsgericht habe aber in den Urteilsgründen völlig zutreffend festgestellt, dass der Inhalt des Gespräches zwischen der Zeugin S. und der Zeugin W. am 27. September 2012 nicht entscheidungserheblich sei. Letztendlich habe aber auch die Zeugin W. bekundet, dass die Zeugin S., wenn auch zu einem etwas späteren Zeitpunkt - von einem Arztbesuch berichtet habe.

24

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes des zweitinstanzlichen Verfahrens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschrift vom 08. Oktober 2013 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

25

Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht erfolgreich. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht überwiegend stattgegeben.

I.

26

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 2 Buchstabe b und c ArbGG), wurde nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 26. März 2013 mit am 26. April 2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 519 ZPO) und nach Fristverlängerung mit Schriftsatz vom 26. Juni 2013, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2 und 5, § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 520 ZPO).

II.

27

Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 10. Oktober 2012 nicht mit sofortiger Wirkung sein Ende gefunden hat, da ein außerordentlicher Kündigungsgrund nach § 626 Abs. 1 BGB nicht gegeben ist. Der Beklagten ist der Nachweis nicht gelungen, dass die Klägerin ihre Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht hat (1). Weil das Arbeitsverhältnis daher erst aufgrund der von der Beklagten hilfsweise ausgesprochenen Probezeitkündigung mit dem 25. Oktober 2013 beendet wurde, stehen der Klägerin die geltend gemachten Zahlungs- und Abrechnungsansprüche zu (2).

28

1. Die gemäß §§ 4 Satz 1, 5, 7, 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG, 256 Abs. 1 ZPO zulässige Kündigungsschutzklage ist auch in der Sache erfolgreich. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 10. Oktober 2012 hat das Arbeitsverhältnis nicht fristlos beendet, da ein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB nicht vorlag.

29

1.1. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Es kann einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB zur fristlosen Kündigung darstellen, wenn der Arbeitnehmer unter Vorlage eines ärztlichen Attestes der Arbeit fern bleibt und sich Entgeltfortzahlung gewähren lässt, obwohl es sich in Wahrheit nur um eine vorgetäuschte Krankheit handelt(BAG 28. August 1993 - 2 AZR 154/93 - Rn. 32; vgl. BAG 23.Juni 2009 - 2 AZR 532/08 - Rn. 25; vgl. BAG 17.Juni 2003 - 2 AZR 123/02 - Rn. 16; LAG Rheinland-Pfalz 11. Juli 2013 - 10 Sa 100/13 -, Rn. 30; LAG Rheinland-Pfalz 12. Februar 2010 - 9 Sa 275/09 - Rn. 23; LAG Hamm 16. November 2011 - 10 Sa 884/11 - Rn. 76; jeweils zitiert nach juris). Hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast gilt hierbei Folgendes: Legt der Arbeitnehmer ein ärztliches Attest vor, so begründet dies in der Regel den Beweis für die Tatsache der zur Arbeitsunfähigkeit führenden Erkrankung. Ist es dem Arbeitgeber allerdings gelungen, den Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern bzw. zu entkräften, ist es nunmehr wiederum Sache des Arbeitnehmers, angesichts der Umstände, die gegen eine Arbeitsunfähigkeit sprechen, weiter zu substantiieren, welche Krankheiten vorgelegen haben, welche gesundheitlichen Einschränkungen bestanden haben, welche Verhaltensmaßregeln der Arzt gegeben hat, welche Medikamente z. B. bewirkt haben, dass der Arbeitnehmer zwar immer noch nicht die geschuldete Arbeit bei seinem Arbeitgeber verrichten konnte, aber zu leichten anderweitigen Tätigkeiten in der Lage war. Wenn der Arbeitnehmer dieser Substantiierungspflicht nachgekommen ist und ggf. die behandelnden Ärzte von ihrer Schweigepflicht entbunden hat, muss der Arbeitgeber aufgrund der ihm obliegenden Beweislast den konkreten Sachvortrag des Arbeitnehmers widerlegen. Es ist auch zu prüfen, ob die Umstände, die den Beweiswert des ärztlichen Attestes erschüttern, nicht als so gravierend anzusehen sind, dass sie ein starkes Indiz für die Behauptung des Arbeitgebers darstellen, die Krankheit sei nur vorgetäuscht gewesen, so dass der Arbeitnehmer dieses Indiz entkräften muss (vgl. insgesamt LAG Rheinland-Pfalz 12. Februar 2010 - 9 Sa 275/09 -, Rn. 24, aaO).

30

1.2. Ausgehend von diesen Grundsätzen teilt die Berufungskammer im Ergebnis die Einschätzung des Arbeitsgerichts, dass der Beweiswert der von der Klägerin vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht erschüttert ist. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Klägerin ihre Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht hat.

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a) Die Klägerin hat für den Zeitraum vom 27. September bis 25. Oktober 2012 ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ihres behandelnden Arztes vorgelegt, denen zunächst ein hoher Beweiswert für ihre Richtigkeit zukommt. Demgegenüber hat die Beklagte behauptet, die Klägerin habe eine Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht, und unter Verweis darauf, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erstmals am 30. September 2012 überreicht worden sei, vorgetragen, die Zeugin S. habe am Morgen des 27. September 2012 gegenüber der Zeugin W. ohne jeden Hinweis auf eine Erkrankung nach dem Telefonat mit der Klägerin am Vorabend ausgerichtet, die Klägerin komme nicht mehr und sie solle deren persönliche Sachen aus dem Büro mitbringen.

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b) Selbst wenn man annehmen wollte, dass der Vortrag der Beklagten zu den Mitteilungen der Zeugin S. am 27. September 2012 an die Zeugin W. bei unterstellter Richtigkeit für sich genommen geeignet wäre, den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zu erschüttern, hat die Klägerin ausreichende Umstände zu ihrer Entlastung im Rahmen der ihr obliegenden Darlegungslast nach den dargestellten Grundsätzen schlüssig vorgetragen. Sie hat sich zur Begründung ihrer Arbeitsunfähigkeit darauf berufen, sie habe nach dem Personalgespräch am Abend des 26. September 2012 aufgrund der - aus ihrer Sicht heftig - seitens des Geschäftsführers der Beklagten geäußerten Kritik an ihrer Arbeitsweise körperliche Beeinträchtigungen in Form von Magen- und weiterer psychosomatischer Beschwerden davon getragen. Weiter hat sie vorgetragen, bereits am Abend nach dem Personalgespräch der Zeugin S. vom Gesprächsverlauf und ihren Beschwerden erzählt, ihr mitgeteilt zu haben, dass sie deshalb nicht zur Arbeit kommen könne, einen Arzt aufsuchen werde und sie gebeten zu haben, ihre benötigte Lesebrille und aus Furcht vor einer Beschädigung durch den Geschäftsführer auch persönliche Fotografien vom Arbeitsplatz mitzubringen.

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Bei Zutreffen der von der Klägerin geschilderten Umstände kann von einer Erschütterung des Beweiswertes der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen auch dann nicht ausgegangen werden, wenn die Behauptungen der Beklagten zu den Angaben der Zeugin S. gegenüber der Zeugin W. am 27. September 2012 feststünden. Die Zeugin S. war nicht verpflichtet, die Unterhaltung mit der Klägerin vom Vorabend in vollem Umfang an die Zeugin W., die die Ehefrau des Geschäftsführers der Beklagten ist, weiterzureichen. Selbst wenn die Zeugin ohne Hinweis auf eine Vorläufigkeit angegeben hätte, die Klägerin „komme nicht mehr“ dürfte dies den subjektiv geprägten Angaben der nach eigener Schilderung offensichtlich vom Personalgespräch mitgenommenen Klägerin gegenüber der Kollegin am Vorabend entsprechen. Den tatsächlichen Eintritt einer Erkrankung wegen psychischer Belastung am Arbeitsplatz würde eine derartige Mitteilung jedenfalls genauso wenig in Frage stellen, wie die Tatsache, dass das Ende des Arbeitsunfähigkeitszeitraums identisch ist mit dem Bestand des Arbeitsverhältnisses. Auch die Bitte, die Zeugin S. möge ihr persönliche Dinge aus dem Büro mitbringen, lässt sich durch den Vortrag der Klägerin erklären und widerspricht mit dieser Begründung einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit nicht, auch wenn die Mitnahme privater Gegenstände aus dem Büro ohne Erkrankung in der Regel gegen eine Absicht sprechen mag, an den Arbeitsplatz zurückkehren zu wollen.

34

c) Nachdem die Klägerin ihrer Substantiierungspflicht zu sie entlastenden Umständen nachgekommen war, war es daher Aufgabe der die Beweislast tragenden Beklagten, die von der Klägerin behaupteten Umstände zum Telefonat mit der Zeugin S. am 26. September 2012 zu widerlegen. Die Beklagte hat erstinstanzlich mit Nichtwissen bestritten, dass die Klägerin ihr Fehlen am nächsten Tag gegenüber der Zeugin mit einer Erkrankung begründet und angekündigt habe, sie werde einen Arzt aufsuchen (Schriftsatz vom 09. Januar 2013, Seite 2 = Bl. 45 d. A). Durch bloßes Bestreiten mit Nichtwissen konnte die Beklagte den ihr obliegenden Beweis, dass die von der Klägerin behaupteten Umstände nicht zutreffen, jedoch nicht antreten, ebenso wenig den erforderlichen Beweis führen.

35

d) Die Beklage ist aber auch dann beweisfällig geblieben, wenn man ihren unter Zeugenbeweis gestellten Vortrag, die Zeugin S. habe sie nicht über eine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin informiert, entsprechend der Mitteilung des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer am 08. Oktober 2013 zu ihren Gunsten dahingehend versteht, dass die Klägerin auch gegenüber der Zeugin S. im Telefonat am Abend nach dem Personalgespräch nicht von Arbeitsunfähigkeit gesprochen habe. Das Arbeitsgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte nicht nachgewiesen hat, dass die gegenteiligen Behauptungen der Klägerin zum Telefonat vom 26. September 2012 unzutreffend sind.

36

(1) Die zum Telefonat vom 26. September 2012 vernommene Zeugin S. hat im Rahmen ihrer Vernehmung durch das Arbeitsgericht im Einzelnen detailreich und glaubhaft bekundet, dass die Klägerin sie am Abend nach dem Personalgespräch angerufen und im Rahmen eines sehr emotionalen Gesprächs geschildert habe, dass der Geschäftsführer der Beklagten ihr gesagt habe, sie sei dumm, dass sie fix und fertig mit den Nerven sei, zum Arzt gehe, nicht mehr arbeiten kommen könne und am Wochenende den Krankenschein vorbeibringe. Die Zeugin hat auch den Vortrag der Klägerin bestätigt, dass sie darum gebeten habe, die Zeugin möge ihr das Foto ihrer Tochter vom Schreibtisch mitbringen, bevor der Geschäftsführer es beschädige oder wegwerfe, und ihre Brille, weil sie diese brauche. Anhaltspunkte für eine fehlende Glaubwürdigkeit der Zeugin waren nicht ersichtlich. Allein die Tatsache, dass die Zeugin ihr Arbeitsverhältnis bei der Beklagten gekündigt hat, führt hierzu nicht, zumal sie diesen Umstand im Rahmen ihrer Befragung offen angegeben hat. Wenn die Zeugin auf nochmalige Nachfrage zu ihrer Aussage zum Gespräch mit der Zeugin W. am 27. September 2012 bekundet hat, nicht mehr zu wissen, was sie konkret hinsichtlich der Ankündigung der Klägerin wegen ihres Arztbesuchs gesagt habe, liegt hierin entgegen der von der Beklagten im Berufungsverfahren vertretenen Ansicht eine Einschränkung ihrer - ohnehin nicht das eigentliche Beweisthema betreffenden - ursprünglichen Aussage, die ihre Glaubwürdigkeit in Frage stellen könnte, nicht, da der Kern der Aussage unangetastet blieb. Dass die Zeugin den Inhalt ihrer Aussage entscheidend variiert hätte, ist nicht ersichtlich. Ob und aus welchen Gründen die Zeugin S. selbst Angst vor dem Geschäftsführer der Beklagten hatte, der auch nach den Angaben in der Berufungsbegründungsschrift während der erstinstanzlichen Beweisaufnahme aus dahingestellten Gründen emotional so betroffen war, dass er seinen Unmut über die Aussage der Zeugin äußerte, konnte dahinstehen.

37

(2) Die von der Beklagten weiter im Berufungsverfahren vorgebrachten Einwendungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Dies gilt zum einen für die Beanstandung der Beklagten, die Zeugin habe nicht ausgesagt, dass die Klägerin angegeben habe, „vorläufig“ nicht mehr zur Arbeit kommen zu wollen. Dass die Klägerin durch das unstreitig jedenfalls mit Kritik an ihrer Arbeitsweise verbundene Gespräch vom 26. September 2012 psychisch beeinträchtigt war, lässt sich der Aussage der Zeugin auch dann entnehmen, wenn die nach Angaben der Zeugin emotional betroffene Klägerin nicht ausdrücklich betont hat oder betonen konnte, dass sie lediglich vorerst wegen ihrer Erkrankung nicht mehr zur Arbeit erscheinen könne. Die von der Beklagten zum Nachweis fehlender Arbeitsunfähigkeit weiter angeführte Tatsache, dass die Zeugin gebeten wurde, persönliche Dinge der Klägerin aus dem Büro mitzubringen, ist ohne weiteres erklärlich durch die von der Zeugin geschilderten Umstände, die Klägerin habe vor einer Beschädigung des Fotos während ihrer Abwesenheit Angst gehabt und ihre Brille benötigt. Alle diese Angaben stellen den Bestand einer Arbeitsunfähigkeit aus den bereits unter 1.2.b) dargelegten Gründen nicht in Frage.

38

2. Da ein außerordentlicher Kündigungsgrund iSd. § 626 Abs. 1 BGB nicht vorgelegen hat, wurde das Arbeitsverhältnis erst durch die von der Beklagten hilfsweise zum 25. Oktober 2012 ausgesprochene ordentliche Kündigung im Rahmen der Probezeit beendet. Das Arbeitsgericht geht zutreffend davon aus, dass vor diesem Hintergrund die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung und Abrechnungserteilung gerechtfertigt sind.

39

2.1. Der Klägerin steht für den Monat September 2012 nach § 611 BGB iVm. dem Arbeitsvertrag und §§ 3 ff. EntgeltfortzahlungsG ein Anspruch auf Arbeitsvergütung und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall in Höhe von 1.600,00 Euro brutto abzüglich bereits von der Beklagten gezahlter 1.085,70 Euro netto zu und für den Monat Oktober 2012 ein Betrag an Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach §§ 3 ff. EntgeltfortzahlungsG in Höhe von 1.295,24 Euro brutto. Weiter kann sie für zwei Tage Urlaubabgeltung gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG in Höhe von 152,38 Euro brutto beanspruchen. Die Höhe der vom Arbeitsgericht ausgeurteilten Beträge hat die Beklagte rechnerisch nicht in Abrede gestellt. Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich für alle Ansprüche aus den vom Arbeitsgericht zutreffend dargestellten Gründen in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz unter dem Gesichtspunkt des Verzuges aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB.

40

2.2. Der Klägerin steht für Oktober 2012 ein Anspruch auf Erteilung einer Abrechnung bei Zahlung nach § 108 Abs. 1 GewO zu, was jedenfalls der Fall ist, soweit im Rahmen der Vollstreckung der ausgeurteilte Betrag für Oktober 2012 von der Beklagten gezahlt worden ist.

B.

41

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

42

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben.


Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 5. Dezember 2012, Az. 3 Ca 1271/12, abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung der Beklagten vom 10.07.2012.

2

Der 1953 geborene Kläger ist seit 26.04.1995 im Kurbetrieb der Beklagten als Masseur beschäftigt. Die Parteien führen ihr Arbeitsverhältnis seit 01.01.2011 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell weiter. Die Arbeitsphase endet am 30.09.2013, die sich daran anschließende Freistellungsphase am 30.06.2016. Die Altersteilzeitvergütung des Klägers beträgt € 1.936,89 brutto monatlich. Die Beklagte beschäftigt ca. 30 Arbeitnehmer; es besteht ein Betriebsrat.

3

Der Kläger leidet seit 1996 unter chronischem Bluthochdruck. Wegen eines Karzinoms wurde ihm die linke Niere entfernt. Er befindet sich wegen dieser Krankheiten in Dauerbehandlung iSd. § 62 SGB V und muss dauerhaft folgende Medikamente einnehmen: Nebilet 5 mg, Clonidin 0,15 mg, Diltiazem 90 mg, Allupurinol 300 mg, Molsidomin 8 mg, Euthyrox 100 mg, Jodid 100, Furosemid 40 mg. Im November 2009 wurde der Kläger wegen seiner arteriellen Hypertonie stationär behandelt, eine befriedigende Einstellung des Blutdrucks gelang nicht.

4

Am 20.06.2012 suchte der Kläger die Praxis seines Hausarztes auf. Er wurde für die Zeit vom 20.06. bis einschließlich 29.06.2012 von der Allgemeinärztin Dr. med. E. B. arbeitsunfähig krankgeschrieben. Ihre Diagnose lautete: "Belastungsdyspnoe sowie Verdacht auf koronare Herzerkrankung.“ Der Kläger litt nach seinen Angaben unter zunehmendem Herzrasen, Atemnot und einer starken Zunahme von Wasser in den Beinen. Allein das Gehen habe ihm erhebliche Probleme bereitet, er sei erschöpft gewesen und habe sich ständig ausruhen und erholen müssen. Sein Pulsschlag habe nach normalem Treppensteigen ca. 120/min. betragen. Erfreulicherweise habe sich sein Gesundheitszustand durch die Einnahme des Medikaments Molsidomin in einer erhöhten Dosierung (2 x 4, statt 2 x 2 mg tgl.) wesentlich gebessert. Er habe sich daher zum Ende der Krankschreibung in der Lage gefühlt, leichte körperliche Arbeiten zu verrichten.

5

Bei der Beklagten ging aus den Reihen der Belegschaft der Hinweis ein, dass der Kläger während der Krankschreibung im Wohnhaus seiner Tochter Renovierungsarbeiten durchführe. Deshalb beauftragte die Beklagte am 25.06.2012 eine Detektei mit der Observierung des Klägers. Der Kläger wurde drei Tage vom 26. bis 28.06.2012 von Detektiven beschattet.

6

Am Samstag, dem 30.06.2012, nahm der Kläger seine Tätigkeit als Masseur im Betrieb der Beklagten wieder auf. Die Detektei legte der Beklagten am 03.07.2012 ihren Bericht (vgl. wegen des Inhalts im Einzelnen: Bl. 44-60 d.A.) vor. Am 03.07.2012 konfrontierte der kaufmännische Leiter der Beklagten den Kläger mit den Beobachtungen der Detektei und hörte ihn zu den Verdachtsmomenten an, die er in einem Aktenvermerk stichwortartig wie folgt zusammenfasste:

7

„…    

Besuch Bauhaus am 26.06.12 → Herr C. stimmt zu

Schleifarbeiten mit Schleifmaschine und Atemschutzmaske am 26.06.12 → keine Rückmeldung

Fenster geputzt und „abgerubbelt“ → Zustimmung

Arbeiten mit Akkuschrauber oder -bohrer → keine Rückmeldung

Diverse Fahrten zwischen seinem Haus und der Baustelle im Zeitraum 26.06. - 28.06.12 → Zustimmung

Diverse Putzarbeiten, Säuberung von Arbeitsmaterial, Tragen von Kartonagen und einer Holzpalette → Zustimmung

Schrank ausgeladen aus Pkw am 28.06.12 → Zustimmung“

8

Mit Schreiben vom 05.07.2012 hörte die Beklagte unter Beifügung des Berichts der Detektei den Betriebsrat zu einer beabsichtigten fristlosen Kündigung an. Die Betriebsratsvorsitzende teilte der Beklagten mit Schreiben vom 06.07.2012 mit, der Betriebsrat habe in seiner Sitzung den Beschluss gefasst, sich zur Kündigungsabsicht nicht zu äußern.

9

Daraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 10.07.2012, das dem Kläger am selben Tag zugegangen ist, fristlos, rein vorsorglich zum nächstzulässigen Termin. Gegen diese Kündigung hat der Kläger am 30.07.2012 Kündigungsschutzklage erhoben und die Ansicht vertreten, ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung liege nicht vor. Er habe nur Hilfstätigkeiten bei der Renovierung im Haus seiner Tochter verrichtet, nachdem er sich erheblich besser gefühlt habe. Er habe sorgfältig jedes Maß an Anstrengung vermieden. Er bestritt, dass er eine Holzplatte in der Größe von 2,5 x 0,5 m getragen habe. Er habe nicht mit „Hammer und Meißel“ gearbeitet, sondern Fliesenkanten mit Hammer und Schraubenzieher geglättet. Er habe auch keinen Schrank getragen, sondern mit einer zweiten Person den Korpus eines Schuhschranks ohne Türen. Er habe mit Pausen und nach selbstbestimmtem Rhythmus gearbeitet.

10

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

11

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung vom 10.07.2012, zugegangen am 10.07.2012, nicht aufgelöst worden ist,
fürsorglich für den Fall, dass gemäß Antrag Ziffer 1 entschieden wird:
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung nicht aufgelöst worden ist,
die Beklagte zu verurteilen, ihn vorläufig zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen.

12

Die Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 05.12.2012 Bezug genommen.

15

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und - zusammengefasst - ausgeführt, die fristlose Kündigung der Beklagten sei unwirksam. Ihr Verdacht, der Kläger sei nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen bzw. er habe sich genesungwidrig verhalten, sei nicht begründet. Es sei durchaus möglich, dass sich der Kläger aufgrund der geänderten Medikamentation im Verlauf der ärztlich festgestellten Arbeitsunfähigkeitszeit wieder besser gefühlt habe, so dass er in der Lage gewesen sei, Tätigkeiten im Haus seiner Tochter zu verrichten. Hierdurch habe sich die Dauer der ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit nicht verlängert. Die Änderung der Medikamentation (2 x 4, statt 2 x 2 mg Molsidomin) spreche eindeutig dafür, dass der Kläger am 20.06.2012 begründet arbeitsunfähig krankgeschrieben worden sei. Es fehlten Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger seiner behandelnden Ärztin eine Erkrankung vorgeschwindelt bzw. sich während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit trotz eingetretener Besserung genesungswidrig verhalten habe. Im Übrigen habe die Beklagte den Kläger "ins offene Messer" laufen lassen, weil ihr bereits in der Vergangenheit Hinweise zugetragen worden seien, dass der Kläger während ärztlich festgestellter Arbeitsunfähigkeitszeiten anderen Tätigkeiten nachgegangen sei. Darüber hinaus hätte die Beklagte als milderes Mittel die Entgeltfortzahlung verweigern können. Die vorsorglich erklärte ordentliche Kündigung sei unwirksam, weil die Beklagte den Betriebsrat ausschließlich zu einer fristlosen Kündigung angehört habe. Die Beklagte sei verpflichtet, den Kläger weiterzubeschäftigen. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 7 bis 12 des erstinstanzlichen Urteils vom 05.12.2012 Bezug genommen.

16

Gegen das Urteil, das ihr am 08.02.2013 zugestellt worden ist, hat die Beklagte Berufung eingelegt. Die Berufungsschrift ist am 01.03.2013, die Begründungsschrift innerhalb der bis zum 08.05.2013 verlängerten Frist am 08.05.2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

17

Die Beklagte trägt vor, es habe bereits in der Vergangenheit unspezifizierte Gerüchte gegeben, dass der Kläger während der Krankschreibung andere Tätigkeiten verrichtet habe. Für die Krankschreibung ab 20.06.2012 habe sie konkrete Hinweise erhalten, dass der Kläger Bauarbeiten im Haus seiner Tochter durchführe. Dem sei sie durch die Beauftragung des Detektivs nachgegangen. Sie habe den Kläger entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts nicht „ins Messer laufen“ lassen. Der Kläger habe mit nur kleinen Unterbrechungen am 26. und 27.06.2012 jeweils über 8,5 Stunden und am 28.06.2012 über 9 Stunden im Haus seiner Tochter Bauarbeiten verrichtet. Es bestehe - auch wenn der Kläger nicht ständig unmittelbar habe beobachtet werden können - der dringende Verdacht, dass er durchgängig Renovierungsarbeiten im Haus durchgeführt habe. Der Kläger verteidige sich mit der Behauptung, er habe sich in der Lage gefühlt, „leichte“ körperliche Arbeiten zu verrichten. Er bestreite lediglich, eine Holzplatte in der Größe von 2,5 x 0,5 m getragen zu haben. Er räume die beobachteten Arbeiten mit „Hammer und Meißel“ mit der Einschränkung ein, er habe Fliesenkanten mit „Hammer und Schraubenzieher“ geglättet. Das Tragen eines Schrankes räume er ebenfalls insoweit ein, als dass es sich um den „Korpus eines Schuhschrankes ohne Türen“ gehandelt habe. Bei den festgestellten Tätigkeiten handele es sich offensichtlich nicht um „leichte“, sondern um „schwere“ oder „mittelschwere“ Bautätigkeiten. Sie seien keinesfalls leichter als die Tätigkeiten, die der Kläger an seinem Arbeitsplatz zu verrichten habe. Der Kläger habe seine Arbeitsfähigkeit - offenbar aufgrund der geänderten Medikamentation - wiedererlangt. Er hätte ihr seine Arbeitskraft anbieten müssen, weil er in der Lage gewesen sei, seine Tätigkeit als Masseur auszuüben. Dazu gehörten nicht nur Massagen im Rahmen von Anwendungsterminen, sondern auch Lymphdrainagen (sitzende Tätigkeit, weniger anstrengend) und Wassergymnastik (Einzel- und Gruppengymnastik). Ihre Auslastungsquote bei Masseuren sei im Vergleich zu anderen Einrichtungen eher unterdurchschnittlich und liege bei ca. 60 %. Außerdem würden Masseure, die aus dem Krankenstand zurückkommen bei der Vergabe der Anwendungstermine nur „vorsichtig“ eingeplant.

18

Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,

19

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 05.12.2012, Az. 3 Ca 1271/12, abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

20

Der Kläger beantragt,

21

die Berufung zurückzuweisen.

22

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe seines Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 02.07.2012, auf den Bezug genommen wird, als zutreffend. Aufgrund der geänderten Medikamentation (2 x 4, statt 2 x 2 mg Molsidomin tgl.) sei eine merkliche Verbesserung seines Gesundheitszustandes eingetreten, so dass er körperlich in der Lage gewesen sei, Tätigkeiten im Haus seiner Tochter nachzukommen. Dadurch sei die Dauer der ärztlich festgestellten Arbeitsunfähigkeit nicht verlängert worden. Ein Arbeitnehmer sei weder tatsächlich noch rechtlich verpflichtet, dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft vor Ablauf des Enddatums der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung anzubieten, wenn er sich gesund und arbeitsfähig fühle. Die subjektive Wertung des betroffenen Arbeitnehmers sei nicht ausschlaggebend (Erfurter Kommentar § 3 EFZG Rn. 9 unter Hinweis auf BAG 26.07.1989 - AP LohnFG § 1 Nr. 86). Er habe vom 26. bis 28.06.2012 nicht über 8 Stunden täglich gearbeitet, vielmehr habe er immer wieder und sehr häufig kürzere und längere Pausen eingelegt, um sich nur in dem Maße körperlich zu belasten, wie er es im Hinblick auf seine gesundheitliche Situation für vertretbar gehalten habe. Dies sei möglich gewesen, weil die Renovierungsarbeiten von Familienmitgliedern ohne zeitliche Vorgaben durchgeführt worden seien, so dass er öfter längere Pausen habe einlegen können. Der 80-jährige Großvater seines Schwiegersohnes habe die schweren Arbeiten, insb. das Heben und Tragen schwerer Lasten, übernommen; auch die Großmutter habe sich nützlich gemacht. Dieses „Trio“ habe offenkundig nicht im Akkord gearbeitet.

23

Entgegen der Darstellung der Beklagten sei die Tätigkeit als Masseur als Schwerarbeit einzustufen. Beim Massieren herrsche eine Raumtemperatur von in der Regel 26°C, die Gymnastik werde häufig bei ca. 35°C durchgeführt, die Einzelgymnastik im Wasser bei 32°C. Wegen der Arsenbelastung, der Temperatur und der Sole dürfe im Wasser nur eine Stunde pro Tag gearbeitet werden. Seit Jahren sei die Vollmassage zur Norm geworden, zur Rückenmassage kämen in der Regel 12 Patienten nacheinander. Lymphdrainagen könnten zwar im Sitzen durchgeführt werden, fielen ihm wegen Prostataproblemen jedoch schwer. Es sei keineswegs so, dass die Beklagte ihre Mitarbeiter nach Arbeitsunfähigkeitszeiten nur reduziert einsetze. Um eine volle Einsatzplanung zu erreichen, werde vielmehr schon drei Tage vor Ablauf der Arbeitsunfähigkeit nachgefragt, ob mit einem Wiedereinsatz zu rechnen sei.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

25

Die nach § 64 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und in ausreichender Weise begründet worden. Sie ist somit zulässig.

II.

26

Die Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 10.07.2012 mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden. Das Urteil des Arbeitsgerichts war deshalb abzuändern und die Klage abzuweisen.

27

1. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten ist gemäß § 626 BGB rechtswirksam. Gegen den Kläger besteht der dringende Verdacht, dass er zumindest ab 26.06.2012 nicht mehr arbeitsunfähig erkrankt war und sich von der Beklagten Entgeltfortzahlung erschlichen hat.

28

a) Die körperlich anstrengenden Tätigkeiten des Klägers auf der Baustelle im Haus seiner Tochter während der ärztlich attestierten Arbeitsunfähigkeit rechtfertigen die außerordentliche Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB an sich.

29

aa) Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Auch der Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung kann einen wichtigen Grund bilden. Ein solcher Verdacht stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Tat begangen, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar. Eine Verdachtskündigung kann gerechtfertigt sein, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Der Verdacht muss auf konkrete - vom Kündigenden darzulegende und ggf. zu beweisende - Tatsachen gestützt sein. Der Verdacht muss ferner dringend sein. Es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass er zutrifft. Die Umstände, die ihn begründen, dürfen nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ebenso gut durch ein Geschehen zu erklären sein, das eine außerordentliche Kündigung nicht zu rechtfertigen vermöchte. Bloße, auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützte Verdächtigungen reichen dementsprechend zur Rechtfertigung eines dringenden Tatverdachts nicht aus (st. Rspr. vgl. BAG 25.10.2012 - 2 AZR 700/11 - Rn. 13-14 mwN, NZA 2013, 371).

30

bb) Die Berufungskammer geht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BAG (26.08.1993 - 2 AZR 154/93 - AP BGB § 626 Nr. 112) und des LAG Rheinland-Pfalz (12.02.2010 - 9 Sa 275/09 - Juris) davon aus, dass es einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB zur fristlosen Kündigung darstellen kann, wenn der Arbeitnehmer unter Vorlage eines ärztlichen Attestes der Arbeit fern bleibt und sich Entgeltfortzahlung gewähren lässt, obwohl es sich in Wahrheit nur um eine vorgetäuschte Krankheit handelt. Auch der dringende Verdacht, der Arbeitnehmer habe sich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit unlauteren Mitteln erschlichen, kann einen wichtigen Grund zur Kündigung darstellen (BAG 26.08.1993 - 2 AZR 154/93 - aaO).

31

Hinzu kommt, dass sich ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer so verhalten muss, dass er bald wieder gesund wird und an seinen Arbeitsplatz zurückkehren kann. Er hat alles zu unterlassen, was seine Genesung verzögern könnte. Der erkrankte Arbeitnehmer hat insoweit auf die schützenswerten Interessen des Arbeitgebers, die sich ua. aus der Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung ergeben, Rücksicht zu nehmen. Eine schwerwiegende Verletzung dieser Rücksichtnahmepflicht kann nach der Rechtsprechung des BAG eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund an sich rechtfertigen. Deshalb kann ein pflichtwidriges Verhalten vorliegen, wenn ein Arbeitnehmer bei bescheinigter Arbeitsunfähigkeit den Heilungserfolg durch gesundheitswidriges Verhalten gefährdet. Damit verstößt er nicht nur gegen eine Leistungspflicht, sondern zerstört insbesondere auch das Vertrauen des Arbeitgebers in seine Redlichkeit. Dies ist nicht nur dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer während der Krankheit nebenher bei einem anderen Arbeitgeber arbeitet, sondern kann auch gegeben sein, wenn er Freizeitaktivitäten nachgeht, die mit der Arbeitsunfähigkeit nur schwer in Einklang zu bringen sind (BAG 02.03.2006 - 2 AZR 53/05 - Rn. 23, 24 mwN, AP BGB § 626 Krankheit Nr. 14).

32

cc) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Berufungskammer der Auffassung, dass die Beklagte den Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die dem Kläger für die Zeit vom 20.06. bis zum 29.06.2012 mit der Diagnose „Belastungsdyspnoe sowie Verdacht auf koronare Herzerkrankung“ ausgestellt worden ist, erschüttert hat. Das basiert auf der Tatsache, dass der Kläger zumindest an drei Tagen vom 26.06. bis 28.06.2012 auf der Baustelle im Wohnhaus seiner Tochter körperlich anstrengend gearbeitet hat. Seine Aktivitäten beim Innenausbau lassen sich mit der festgestellten Arbeitsunfähigkeit nicht in Einklang bringen. Es besteht der dringende Verdacht, dass der Kläger nicht infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert war und demzufolge auch in der Lage gewesen wäre, seiner vertraglichen Tätigkeit als Masseur nachzukommen.

33

Es besteht auch der dringende Verdacht, dass der Kläger bereits vor Beginn der Beobachtung durch die Detektei (ab 26.06.2012) auf der Baustelle seiner Tochter gearbeitet hat, weil die Beklagte - unstreitig - aus den Reihen der Belegschaft den Hinweis erhalten hatte, dass der Kläger dort im Krankschreibungszeitraum arbeite. Deshalb hat sie am 25.06.2012 die Detektei mit der Observierung beauftragt.

34

Die beauftragten Detektive haben den Kläger am 26.06.2012 in der Zeit von 10:07 Uhr (Ankunft am Haus der Tochter) bis 18:34 Uhr (Abfahrt vom Haus der Tochter) durchgängig, d.h. über 8,5 Stunden auf der Baustelle beobachtet. Am 27.06.2012 traf der Kläger kurz nach 09:11 Uhr am Haus der Tochter ein. Er verließ das Haus um 11:27 Uhr, kehrte von 11:58 Uhr bis 12:25 Uhr kurz zurück, um sich nachmittags von 12:40 Uhr bis 18:52 Uhr erneut auf der Baustelle aufzuhalten. Am 28.06.2012 war er von 09:50 Uhr bis 12:06 Uhr und von 12:33 Uhr bis 19:20 Uhr auf der Baustelle seiner Tochter anwesend. Seine Anwesenheitszeiten auf der Baustelle betrugen abermals 8,5 bzw. 9 Stunden.

35

Auch wenn die Detektive den Kläger von ihrem Standort außerhalb des Hauses unmittelbar nur beobachten konnten, wenn er durch die Fenster oder die geöffnete Haustür zu sehen war oder wenn er sich vor dem Haus aufhielt, besteht für die Berufungskammer der hinreichende und dringende Verdacht, dass er auch in der Zeit, in der er nicht unmittelbar zu sehen war, durchgängig Renovierungsarbeiten durchgeführt hat. Der Kläger trug Arbeitshandschuhe und verschmutzte Kleidung. Für seine Behauptung, er habe immer wieder und sehr häufig kürzere und längere Pausen eingelegt, besteht nicht der geringste Anhaltspunkt. Der Kläger hat die Baustelle an den drei Tagen jeweils nur für eine kurze Mittagspause verlassen.

36

Bei den handwerklichen Tätigkeiten, die der Kläger nach dem Bericht der Detektei auf der Baustelle seiner Tochter verrichtet hat, handelt es sich keinesfalls um „leichte“ körperliche Arbeiten, wie er glauben machen will. Der Kläger räumt ein, dass er mit „Hammer und Schraubenzieher“ Fliesenkanten geglättet hat. Er hat einen Schrank gehoben und getragen, wobei er die Gewichtsbelastung dadurch abschwächt, dass es sich nur um den Korpus eines Schuhschranks ohne Türen gehandelt habe. Der Kläger verrichtete mit einer Schleifmaschine Schleifarbeiten. Bei dieser Arbeit setzte er eine Atemschutzmaske auf. Er arbeitete mit einem Akkuschrauber oder -bohrer auf einer Leiter. Er arbeitete sowohl Überkopf als auch in gebückter Haltung. Er verrichtete außerdem diverse Reinigungsarbeiten, putzte die Fenster, säuberte das Arbeitsmaterial und entsorgte Baustellenabfälle.

37

Die Fähigkeit, diese mittelschweren bis schweren Baustellentätigkeiten auszuüben, lässt sich nicht mit dem vom Kläger geschilderten Krankheitsbild in Einklang bringen, wonach er unter Herzrasen und Atemnot gelitten haben will. Bereits das Gehen habe ihm erhebliche Probleme bereitet, er sei erschöpft gewesen und habe sich ständig ausruhen und erholen müssen. Sein Pulsschlag habe nach normalem Treppensteigen ca. 120/min. betragen.

38

Wenn sich sein - nach dem Vorbringen des Klägers - anfangs recht dramatischer Gesundheitszustand wesentlich gebessert haben sollte, wie der Kläger behauptet, war er jedenfalls verpflichtet, seine Arbeit bei der Beklagten wieder aufzunehmen, anstatt auf der Baustelle seiner Tochter Renovierungsarbeiten durchzuführen. Jedenfalls war der Kläger verpflichtet, den Heilungserfolg nicht dadurch zu gefährden, dass er sich mit Bauarbeiten körperlich belastet. Der arbeitsunfähig krankgeschriebene Arbeitnehmer ist zu einem seine Heilung fördernden Verhalten verpflichtet, dh. er hat sich so zu verhalten, dass er möglichst bald wieder gesund wird. Die körperlichen Arbeiten beim Innenausbau sind ihrer Natur nach geeignet, die Wiedergenesung zu verzögern.

39

Die Berufungskammer verkennt nicht, dass Masseure mittelschwere körperliche Arbeiten zu verrichten haben, dass sie in überheizten Behandlungsräumen oder Schwimmbädern mit hoher Luftfeuchtigkeit und Wassertemperatur arbeiten müssen und auch Atemwegsbelastungen durch Badezusätze (Sole oder andere Stoffe) ausgesetzt sind. Wenn der Kläger aber körperlich in der Lage war, insb. Schleifarbeiten mit einer Atemschutzmaske zu verrichten oder einen Schrank zu heben und zu tragen, dann hätte er der Beklagten seine Arbeitskraft anbieten müssen, anstatt im Krankschreibungszeitraum auf der Baustelle seiner Tochter schwere körperliche Arbeiten im Innenausbau zu verrichten.

40

b) Die fristlose Kündigung vom 10.07.2012 ist bei Beachtung aller Umstände des vorliegenden Falls und nach Abwägung der widerstreitenden Interessen gerechtfertigt. Der Beklagten war es unzumutbar, den Kläger bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist von sechs Monaten weiterzubeschäftigen.

41

aa) Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Zu berücksichtigen sind regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung - etwa im Hinblick auf das Maß eines durch sie bewirkten Vertrauensverlusts und ihre wirtschaftlichen Folgen, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Als mildere Reaktionen sind insbesondere Abmahnung und ordentliche Kündigung anzusehen. Sie sind dann alternative Gestaltungsmittel, wenn schon sie geeignet sind, den mit der außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck - die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen - zu erreichen (BAG 25.10.2012 - 2 AZR 495/11 – Rn. 15 mwN, NZA 2013, 319).

42

bb) Nach diesen Grundsätzen, denen die Berufungskammer folgt, ist die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 10.07.2012 gerechtfertigt. Die Interessenabwägung fällt gegen den Kläger aus.

43

Zugunsten des Klägers spricht zwar seine 17-Jährige Betriebszugehörigkeit seit April 1995, die als störungsfrei unterstellt wird. Zugunsten des Klägers spricht auch sein Lebensalter von 59 Jahren im Zeitpunkt der Kündigung. Dem Kläger wird es aufgrund seines Alters voraussichtlich schwer fallen, eine andere adäquate Beschäftigung in seinem Beruf als Masseur zu finden. Die betrieblichen Interessen der Beklagten an der sofortigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses überwiegen auch angesichts des Umstandes, dass die Freistellungsphase der Altersteilzeit am 01.10.2013 beginnen sollte, denn das Verhalten des Klägers stellt einen massiven Eingriff in das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien dar. Der Kläger hat nicht nur einmal kurz am Bau seiner Tochter geholfen, sondern an drei Tagen hintereinander jeweils über 8,5 Stunden Renovierungsarbeiten verrichtet. Auch im Interesse der anderen Arbeitnehmer des Betriebs, die die Arbeit des krankgeschriebenen Klägers miterledigen müssen, kann ein solches Verhalten nicht hingenommen werden.

44

cc) Vor Ausspruch der Kündigung bedurfte es keiner Abmahnung. Zwar ist eine Abmahnung bei einem steuerbaren Verhalten grundsätzlich erforderlich. Bei schweren Pflichtverletzungen gilt dies aber nur, wenn der Arbeitnehmer mit vertretbaren Gründen annehmen konnte, sein Verhalten sei nicht vertragswidrig oder werde vom Arbeitgeber zumindest nicht als erhebliches, den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdendes Verhalten angesehen (BAG 25.10.2012 - 2 AZR 495/11 - Rn. 16, aaO).

45

Im vorliegenden Fall war für den Kläger erkennbar, dass es die Beklagte nicht hinnimmt, wenn er unter Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Arbeit fernbleibt, während er im Haus seiner Tochter Renovierungsarbeiten durchführt. Kein Arbeitgeber, der erfährt, dass ein bei ihm beschäftigter, arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer während der Arbeitsunfähigkeit mindestens drei volle Arbeitstage auf einer Baustelle arbeitet, wird dies dulden, solange er zur Entgeltfortzahlung verpflichtet ist.

46

c) Die Kündigung vom 10.07.2012 ist nicht nach § 626 Abs. 2 BGB unwirksam. Die Beklagte hat die gesetzliche Zwei-Wochen-Frist zur Erklärung der Kündigung gewahrt.

47

Die Beklagte hat im Verlauf der ab 20.06.2012 attestierten Arbeitsunfähigkeit des Klägers aus den Reihen der Belegschaft den Hinweis erhalten, dass der Kläger im Haus seiner Tochter Renovierungsarbeiten durchführt. Sie hat am 25.06.2012 eine Detektei mit der Überwachung des Klägers beauftragt, um den Sachverhalt aufzuklären. Der Detektivbericht lag der Beklagten am 03.07.2012 vor. Noch am selben Tag hörte sie den Kläger zu den Verdachtsmomenten an. Die Kündigungserklärung erfolgte binnen zweier Wochen nach dem 03.07.2012. Die Kündigung vom 10.07.2012 ist dem Kläger noch am selben Tag zugegangen.

48

2. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten ist nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Die Beklagte hat den Betriebsrat am 05.07.2012 angehört und ihm die Gründe für die Kündigung mitgeteilt.

49

Im Rahmen von § 102 Abs. 1 BetrVG gilt eine abgestufte Darlegungslast. Zunächst hat der Arbeitgeber auf einen entsprechenden Einwand des Arbeitnehmers hin im Einzelnen und nachvollziehbar darzulegen, dass der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden ist. Sodann obliegt es dem Arbeitnehmer vorzutragen, in welchen Punkten er die Betriebsratsanhörung für fehlerhaft hält (BAG 22.11.2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 31 mwN, NZA 2013, 730).

50

Danach ist die Betriebsratsanhörung im Streitfall wirksam erfolgt. Die Beklagte hat unter Vorlage des Anhörungsschreibens vom 05.07.2012 schlüssig vorgetragen, den zuständigen Betriebsrat zur beabsichtigten fristlosen Kündigung angehört zu haben. Es wäre Aufgabe des Klägers gewesen, nach § 138 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO im Einzelnen darzulegen, inwieweit die Betriebsratsanhörung gleichwohl unvollständig und damit fehlerhaft gewesen sein soll. Hieran fehlt es, so dass der Vortrag der Beklagten gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt. Ein materieller Rechtsfehler ist angesichts der Schlüssigkeit des Vorbringens der Beklagten nicht zu erkennen (zum Erfordernis einer solchen Schlüssigkeitsprüfung vgl. BAG 24.05.2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 48 ff., NZA 2013, 137).

51

3. Die hilfsweise erhobene Klage gegen die vorsorgliche ordentliche Kündigung der Beklagten fällt nicht zur Entscheidung an.

52

4. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiterzubeschäftigen, nachdem durch die vorliegende Entscheidung festgestellt worden ist, dass die fristlose Kündigung der Beklagten vom 10.07.2012 rechtswirksam ist.

III.

53

Als unterlegene Partei hat der Kläger gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz zu tragen.

54

Die Entscheidung über die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Die Frage, ob der Arbeitnehmer verpflichtet ist, dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft vor dem Enddatum der ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung anzubieten, wenn sich sein Gesundheitszustand wesentlich verbessert, hat grundsätzliche Bedeutung.


Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - 6 Ca 898/12 - vom 21. März 2013 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Wesentlichen um die Wirksamkeit einer von der Beklagten mit der Begründung vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung und um Vergütungsansprüche der Klägerin.

2

Die Klägerin wurde ab 22. August 2012 unter Vereinbarung einer dreimonatigen Probezeit mit zweiwöchiger Kündigungsfrist zu einer monatlichen Bruttovergütung von 1.600,00 Euro von der Beklagten als Versicherungskauffrau beschäftigt. Am Abend des 26. September 2012 führten die Klägerin und der Geschäftsführer der Beklagten ein inhaltlich streitiges Gespräch über die Arbeitsleistung der Klägerin. Nach dem Telefonat rief die Klägerin ihre Kollegin S. an. Die Einzelheiten des Telefonates sind zwischen den Parteien streitig, insbesondere die Behauptung der Klägerin, sie habe der Zeugin gesagt, sie sei wegen des heftigen Verlaufs des Gesprächs krank und werde deshalb am Folgetag einen Arzt aufsuchen und nicht zur Arbeit kommen. Ebenso ist zwischen den Parteien streitig, was die Zeugin S. dem Geschäftsführer der Beklagten bzw. dessen Ehefrau am Folgetag wegen des Nichterscheinens der Klägerin mitgeteilt hat. Die Zeugin hat der Klägerin auf deren Bitte hin ihre Lesebrille und einige private Fotografien aus dem Büro mitgebracht.

3

Mit Schreiben vom 28. September 2012 teilte die Beklagte der Klägerin unter Übersendung einer auf 1.448,61 Euro brutto und 1.085,70 Euro netto endenden Lohnabrechnung für September 2012 mit, sie nehme Bezug auf die von der Klägerin ausgesprochene Kündigung vom 26. September 2012 und bestätige die Aufhebung des Arbeitsvertrages im beiderseitigem Einvernehmen zum 27. September 2012. Eine ihr überlassene ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Klägerin vom 27. September 2012 für die Zeit vom 27. September 2012 bis 05. Oktober 2012 reichte die Beklagte mit Schreiben vom 01. Oktober 2012 unter Verweis auf das beendete Arbeitsverhältnis zurück. Mit Schreiben vom 02. Oktober 2012 teilte die Klägerin der Beklagten mit, sie habe zu keinem Zeitpunkt eine Kündigung ausgesprochen, sei zur Zeit krank geschrieben und werde nach vollständiger Genesung ihre Arbeitsstelle wieder antreten. Daraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 10. Oktober 2012 vorsorglich fristlos, hilfsweise in der Probezeit ordentlich zum 25. Oktober 2012.

4

Die Klägerin, die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bis einschließlich 25.Oktober 2012 vorgelegt hat, hat gegen die ihr am 11. Oktober 2012 zugegangene außerordentliche Kündigung am 31. Oktober 2012 beim Arbeitsgericht Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - Kündigungsschutzklage erhoben und zugleich die Septembervergütung geltend gemacht. Im Verlauf des Rechtsstreits hat sie die Klage um Entgeltfortzahlungsansprüche bis 25. Oktober 2012 nebst Abrechnungserteilung und einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung erweitert.

5

Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen,
der Geschäftsführer der Beklagten habe vor dem Gespräch vom 26. September 2012 zunächst die Zeugin S. vorzeitig nach Hause geschickt und sämtliche Fenster seines Büros geschlossen. Er habe sie in dem Gespräch aufs heftigste verbal attackiert, wobei sie nähere Einzelheiten nicht vortrage, weil es für das Gespräch ohnehin keine Zeugen gebe und der Verlauf für die Bewertung des Rechtsstreits unerheblich sei. Sie habe jedenfalls nach dem Gespräch erhebliche gesundheitliche Einschränkungen verspürt und heftige Magenbeschwerden und verschiedene andere psychosomatisch ausgelöste Beschwerden gehabt. Sie habe am Abend nach dem Gespräch der Zeugin S. vom Verlauf des Gesprächs berichtet und darauf hingewiesen, dass sie krank sei und deshalb am nächsten Tag und aller Voraussicht nach auch in den darauffolgenden Tagen wegen Arbeitsunfähigkeit nicht zur Arbeit erscheinen werde; keineswegs sei die Rede davon gewesen, dass sie überhaupt nicht mehr kommen werde. Sie habe die Zeugin gebeten, ihre dringend benötigte Lesebrille und einige private Fotografien aus dem Büro mitzubringen, bei denen sie befürchtet habe, der Geschäftsführer werde sie - wie in der Vergangenheit schon öfter geschehen - beschädigen oder beseitigen. Was die Zeugin S. am nächsten Tag dem Arbeitgeber berichtet habe, könne sie aus eigener Anschauung nicht sagen, ihr habe sie jedenfalls gesagt, ausschließlich darauf verwiesen zu haben, dass die Klägerin krank sei und deswegen am nächsten Tag und voraussichtlich in den Folgetagen nicht zur Arbeit erscheinen zu können. Nach einem von der Zeugin S. ausgehenden Telefonat in der Mittagspause habe die Zeugin der Beklagten weitergegeben, dass die Klägerin zunächst bis voraussichtlich 05. Oktober 2012 krank geschrieben sei. Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe ihre gesundheitlichen Beschwerden - wie auch schon andere Mitarbeiter der Beklagten in vergleichbarer Lage - wegen der maßlosen und respektlosen Behandlung durch den Geschäftsführer der Beklagten am 26. September 2012 erlitten. Dass sie tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei, könne Dr. med. B. bestätigen, bei dem sie sich schon längere Zeit in ärztlicher Behandlung wegen der gesundheitlichen Entwicklung befunden habe. Die Klägerin trägt vor, ihr stünden Vergütungsansprüche bis zum Ablauf der Probezeit vor und es sei ein Urlaubanspruch von 2 Tagen mit 152,38 Euro brutto abzugelten. Die Beklagte schulde ihr aus im Einzelnen in den Schriftsätzen vom 19. Februar 2013 und 20. März 2013 dargelegten Gründen (Bl. 65 d. A. und Bl. 91 f. d. A.) einen Überziehungszinssatz von 17 Prozent.

6

Die Klägerin hat zuletzt - nach Teilklagerücknahme hinsichtlich des für September 2012 gezahlten Nettobetrages und eines weitergehenden Urlaubsabgeltungsanspruchs - beantragt,

7

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 10. Oktober 2012 nicht fristlos beendet wurde, sondern bis zum 25. Oktober 2012 fortbestand,

8

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.600,00 Euro brutto abzüglich gezahlter 1.085,70 Euro zu zahlen und diesen Betrag mit 17% zu verzinsen ab dem 01. Oktober 2012,

9

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.295,24 Euro brutto zu zahlen und diesen Betrag mit 17 % zu verzinsen ab dem 26. Oktober 2012,

10

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 152,38 Euro brutto zu zahlen und diesen Betrag mit 17 % zu verzinsen ab dem 26. Oktober 2012,

11

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin eine Abrechnung über das Arbeitsentgelt für den Monat Oktober 2012 zu erteilen.

12

Die Beklagte hat beantragt,

13

die Klage insgesamt abzuweisen.

14

Sie hat erstinstanzlich vorgetragen,
die fristlose Kündigung sei berechtigt, weil die Klägerin eine vermeintliche Arbeitsunfähigkeit lediglich vorgetäuscht habe, nachdem sie ihr Fernbleiben tags zuvor bereits angekündigt habe. Die Vergütungsansprüche stünden der Klägerin daher nicht zu, zumal ein Anspruch auf erhöhten Zinssatz unsubstantiiert dargelegt sei. Der Geschäftsführer der Beklagten habe die Klägerin im Personalgespräch vom 26. September 2012 nicht aufs heftigste attackiert, sondern sie lediglich darauf hingewiesen, dass ihre Leistungen im erst kurze Zeit andauernden Arbeitsverhältnis weit hinter den Erwartungen lägen und angeregt, die Klägerin möge überdenken, ob sie das Arbeitsverhältnis fortsetzen wolle. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass das Gespräch zu den geschilderten Beschwerden der Klägerin geführt habe und dass diese gegenüber der Zeugin S. ihr Nichtkommen am Folgetag damit begründet habe, dass sie krank sei und einen Arzt aufsuchen werde. Die Zeugin habe am 27. September 2012 lediglich der Ehefrau des Geschäftsführers, der Zeugin W., mitgeteilt, dass die Klägerin sie am Vorabend angerufen und ihr mitgeteilt habe, sie komme nicht mehr und sie solle ihr private Unterlagen und Gegenstände aus dem Büro mitbringen. Am 27. September 2012 habe die Klägerin ein von der Zeugin zu vermittelndes Telefonat mit dem Geschäftsführer verweigert. Die von ihr erstmals am 30. September 2012 vorgelegten Atteste seien Gefälligkeitsatteste und ihre tatsächliche Erkrankung werde mit Nichtwissen bestritten.

15

Das Arbeitsgericht Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - hat aufgrund Beschlusses vom 21. März 2013 Beweis erhoben zu den Behauptungen der Parteien im Hinblick auf den Hergang des Telefonates vom 26. September, respektive die Information der Zeugin S. an die Ehefrau des Geschäftsführers der Beklagten am 27. September 2012 durch Vernehmung der Zeuginnen S. und W.. Wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift (Bl. 86 bis 89 d. A.) Bezug genommen.

16

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 21. März 2013 (Bl. 119 bis 129 d. A.), auf dessen Tatbestand zur näheren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes ergänzend Bezug genommen wird, überwiegend stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Kündigungsschutzklage sei begründet, da der Beklagten nicht der Nachweis einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit gelungen sei. Die Zeugin S. habe bestätigt, dass die Klägerin ihr im sehr emotionalen Telefonat vom 26. September 2012 erklärt habe, der Geschäftsführer der Beklagten, vor dem sie viel Angst gehabt habe, habe mit ihr geschimpft, sie sei dumm und dass sie fertig mit den Nerven sei, zum Arzt gehe und nicht arbeiten kommen könne. Vor diesem Hintergrund erscheine es der Kammer - zumal der Geschäftsführer der Beklagten im Rahmen der Vernehmung der Zeugin an einer Stelle laut und in erkennbar aggressiver Manier interveniert habe - ohne weiteres nachvollziehbar, dass die Klägerin sich zu diesem Zeitpunkt in einer nervlichen Verfassung befunden habe, die aus ärztlicher Sicht Krankheitswert gehabt und zur Arbeitsunfähigkeit geführt habe. Dieser Eindruck habe sich auch nicht durch die Vernehmung der Zeugin W. zerstreuen lassen. Letztlich könne es dahinstehen, ob die Zeugin S. am Morgen des Folgetages von einer Arbeitsunfähigkeit der Klägerin nichts habe verlauten lassen, wenn diese zumindest am Vorabend eine entsprechende Erklärung abgegeben habe. Die Klägerin habe bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses infolge ordentlicher Probezeitkündigung den geltend gemachten Anspruch auf die der Höhe nach nicht angegriffene Fortzahlung der Vergütung, einen Urlaubsabgeltungsanspruch und Anspruch auf Überlassung einer Abrechnung. Der Antrag der Klägerin auf Zinszahlung hinsichtlich der Zinsen über den gesetzlichen Zinssatz hinaus sei mangels Substantiiertheit abzuweisen. Die Kosten seien wegen erfolgter Teilklagerücknahme durch die Klägerin zu quotieren. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 124 ff. d. A. Bezug genommen.

17

Die Beklagte hat gegen das ihr am 26. März 2013 zugestellte Urteil mit am 26. April 2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis 26. Juni 2013 mit am gleichen Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 26. Juni 2013 begründet.

18

Die Beklagte macht mit ihrer Berufungsbegründungsschrift (Bl. 174 ff. d. A.) und mit Schriftsatz vom 29. Mai 2013 (Bl. 156 d. A.), auf die ergänzend Bezug genommen wird, im Wesentlichen geltend, das Arbeitsgericht habe die im Verlauf der Vernehmung erkennbar eingeschränkte und angepasste Aussage der Zeugin S. nicht hinreichend gewürdigt. Bereits aus deren Aussage, sie habe der Klägerin deren Brille und das Foto ihrer Tochter mitbringen sollen, ergebe sich hinreichend, dass die Klägerin überhaupt nicht mehr beabsichtigt habe, die Arbeit bei der Beklagten wieder aufzunehmen. Das habe Zeugin auch indirekt bestätigt, indem sie ausgesagt habe, die Klägerin habe gesagt, sie sei fix und fertig und könne nicht mehr kommen, wobei von Vorläufigkeit bezeichnenderweise keine Rede gewesen sei. Wenn es tatsächlich zutreffe, dass die Klägerin der Zeugin S. telefonisch schon am 26. September 2012 mitgeteilt habe, sie sei krank und beabsichtige, zum Arzt zu gehen, stelle sich die Frage, warum die Zeugin dies der Beklagten nicht genau so mitgeteilt habe. Tatsächlich sei dies laut Aussage der Zeugin W. aber nicht der Fall gewesen. Die Gründe für die von der Zeugin zur Erklärung angegebene Angst vor dem Geschäftsführer habe die Zeugin nicht näher dargelegt. Dass der Geschäftsführer während der Beweisaufnahme an einer Stelle ob der Unrichtigkeit der Aussage der Zeugin S. seinem Unmut Ausdruck verliehen habe, sei angesichts der Tatsache, dass es sich auch für ihn um einen emotionalen Moment gehandelt habe, nur zu gut nachvollziehbar, zumal er erstmals in der Güteverhandlung vom Klägervertreter erfahren habe, dass die Zeugin S. ihr Beschäftigungsverhältnis beendet habe. Die Beklagte vertritt die Auffassung, es ergäben sich hinreichende Anhaltspunkte dafür, die Glaubhaftigkeit der Aussage und die Glaubwürdigkeit der Zeugin in Frage zu stellen und die ausgesprochene fristlose Kündigung für berechtigt zu erachten.

19

Die Beklagte beantragt,

20

in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 21. März 2013 - 6 Ca 898/12 - die Klage abzuweisen.

21

Die Klägerin beantragt,

22

die Berufung zurückzuweisen.

23

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe der Berufungserwiderung vom 13. August 2013 (Bl. 202 ff. d. A), auf die ergänzend Bezug genommen wird, und trägt im Wesentlichen vor,
der einzige Umstand, den die Beklagte für die angeblich unzutreffende Beweiswürdigung ins Feld führe, seien angebliche Differenzen zwischen der Aussage der Zeugin S. und der Aussage der Zeugin W.. Bereits das Arbeitsgericht habe aber in den Urteilsgründen völlig zutreffend festgestellt, dass der Inhalt des Gespräches zwischen der Zeugin S. und der Zeugin W. am 27. September 2012 nicht entscheidungserheblich sei. Letztendlich habe aber auch die Zeugin W. bekundet, dass die Zeugin S., wenn auch zu einem etwas späteren Zeitpunkt - von einem Arztbesuch berichtet habe.

24

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes des zweitinstanzlichen Verfahrens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschrift vom 08. Oktober 2013 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

25

Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht erfolgreich. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht überwiegend stattgegeben.

I.

26

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 2 Buchstabe b und c ArbGG), wurde nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 26. März 2013 mit am 26. April 2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 519 ZPO) und nach Fristverlängerung mit Schriftsatz vom 26. Juni 2013, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2 und 5, § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 520 ZPO).

II.

27

Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 10. Oktober 2012 nicht mit sofortiger Wirkung sein Ende gefunden hat, da ein außerordentlicher Kündigungsgrund nach § 626 Abs. 1 BGB nicht gegeben ist. Der Beklagten ist der Nachweis nicht gelungen, dass die Klägerin ihre Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht hat (1). Weil das Arbeitsverhältnis daher erst aufgrund der von der Beklagten hilfsweise ausgesprochenen Probezeitkündigung mit dem 25. Oktober 2013 beendet wurde, stehen der Klägerin die geltend gemachten Zahlungs- und Abrechnungsansprüche zu (2).

28

1. Die gemäß §§ 4 Satz 1, 5, 7, 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG, 256 Abs. 1 ZPO zulässige Kündigungsschutzklage ist auch in der Sache erfolgreich. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 10. Oktober 2012 hat das Arbeitsverhältnis nicht fristlos beendet, da ein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB nicht vorlag.

29

1.1. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Es kann einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB zur fristlosen Kündigung darstellen, wenn der Arbeitnehmer unter Vorlage eines ärztlichen Attestes der Arbeit fern bleibt und sich Entgeltfortzahlung gewähren lässt, obwohl es sich in Wahrheit nur um eine vorgetäuschte Krankheit handelt(BAG 28. August 1993 - 2 AZR 154/93 - Rn. 32; vgl. BAG 23.Juni 2009 - 2 AZR 532/08 - Rn. 25; vgl. BAG 17.Juni 2003 - 2 AZR 123/02 - Rn. 16; LAG Rheinland-Pfalz 11. Juli 2013 - 10 Sa 100/13 -, Rn. 30; LAG Rheinland-Pfalz 12. Februar 2010 - 9 Sa 275/09 - Rn. 23; LAG Hamm 16. November 2011 - 10 Sa 884/11 - Rn. 76; jeweils zitiert nach juris). Hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast gilt hierbei Folgendes: Legt der Arbeitnehmer ein ärztliches Attest vor, so begründet dies in der Regel den Beweis für die Tatsache der zur Arbeitsunfähigkeit führenden Erkrankung. Ist es dem Arbeitgeber allerdings gelungen, den Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern bzw. zu entkräften, ist es nunmehr wiederum Sache des Arbeitnehmers, angesichts der Umstände, die gegen eine Arbeitsunfähigkeit sprechen, weiter zu substantiieren, welche Krankheiten vorgelegen haben, welche gesundheitlichen Einschränkungen bestanden haben, welche Verhaltensmaßregeln der Arzt gegeben hat, welche Medikamente z. B. bewirkt haben, dass der Arbeitnehmer zwar immer noch nicht die geschuldete Arbeit bei seinem Arbeitgeber verrichten konnte, aber zu leichten anderweitigen Tätigkeiten in der Lage war. Wenn der Arbeitnehmer dieser Substantiierungspflicht nachgekommen ist und ggf. die behandelnden Ärzte von ihrer Schweigepflicht entbunden hat, muss der Arbeitgeber aufgrund der ihm obliegenden Beweislast den konkreten Sachvortrag des Arbeitnehmers widerlegen. Es ist auch zu prüfen, ob die Umstände, die den Beweiswert des ärztlichen Attestes erschüttern, nicht als so gravierend anzusehen sind, dass sie ein starkes Indiz für die Behauptung des Arbeitgebers darstellen, die Krankheit sei nur vorgetäuscht gewesen, so dass der Arbeitnehmer dieses Indiz entkräften muss (vgl. insgesamt LAG Rheinland-Pfalz 12. Februar 2010 - 9 Sa 275/09 -, Rn. 24, aaO).

30

1.2. Ausgehend von diesen Grundsätzen teilt die Berufungskammer im Ergebnis die Einschätzung des Arbeitsgerichts, dass der Beweiswert der von der Klägerin vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht erschüttert ist. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Klägerin ihre Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht hat.

31

a) Die Klägerin hat für den Zeitraum vom 27. September bis 25. Oktober 2012 ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ihres behandelnden Arztes vorgelegt, denen zunächst ein hoher Beweiswert für ihre Richtigkeit zukommt. Demgegenüber hat die Beklagte behauptet, die Klägerin habe eine Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht, und unter Verweis darauf, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erstmals am 30. September 2012 überreicht worden sei, vorgetragen, die Zeugin S. habe am Morgen des 27. September 2012 gegenüber der Zeugin W. ohne jeden Hinweis auf eine Erkrankung nach dem Telefonat mit der Klägerin am Vorabend ausgerichtet, die Klägerin komme nicht mehr und sie solle deren persönliche Sachen aus dem Büro mitbringen.

32

b) Selbst wenn man annehmen wollte, dass der Vortrag der Beklagten zu den Mitteilungen der Zeugin S. am 27. September 2012 an die Zeugin W. bei unterstellter Richtigkeit für sich genommen geeignet wäre, den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zu erschüttern, hat die Klägerin ausreichende Umstände zu ihrer Entlastung im Rahmen der ihr obliegenden Darlegungslast nach den dargestellten Grundsätzen schlüssig vorgetragen. Sie hat sich zur Begründung ihrer Arbeitsunfähigkeit darauf berufen, sie habe nach dem Personalgespräch am Abend des 26. September 2012 aufgrund der - aus ihrer Sicht heftig - seitens des Geschäftsführers der Beklagten geäußerten Kritik an ihrer Arbeitsweise körperliche Beeinträchtigungen in Form von Magen- und weiterer psychosomatischer Beschwerden davon getragen. Weiter hat sie vorgetragen, bereits am Abend nach dem Personalgespräch der Zeugin S. vom Gesprächsverlauf und ihren Beschwerden erzählt, ihr mitgeteilt zu haben, dass sie deshalb nicht zur Arbeit kommen könne, einen Arzt aufsuchen werde und sie gebeten zu haben, ihre benötigte Lesebrille und aus Furcht vor einer Beschädigung durch den Geschäftsführer auch persönliche Fotografien vom Arbeitsplatz mitzubringen.

33

Bei Zutreffen der von der Klägerin geschilderten Umstände kann von einer Erschütterung des Beweiswertes der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen auch dann nicht ausgegangen werden, wenn die Behauptungen der Beklagten zu den Angaben der Zeugin S. gegenüber der Zeugin W. am 27. September 2012 feststünden. Die Zeugin S. war nicht verpflichtet, die Unterhaltung mit der Klägerin vom Vorabend in vollem Umfang an die Zeugin W., die die Ehefrau des Geschäftsführers der Beklagten ist, weiterzureichen. Selbst wenn die Zeugin ohne Hinweis auf eine Vorläufigkeit angegeben hätte, die Klägerin „komme nicht mehr“ dürfte dies den subjektiv geprägten Angaben der nach eigener Schilderung offensichtlich vom Personalgespräch mitgenommenen Klägerin gegenüber der Kollegin am Vorabend entsprechen. Den tatsächlichen Eintritt einer Erkrankung wegen psychischer Belastung am Arbeitsplatz würde eine derartige Mitteilung jedenfalls genauso wenig in Frage stellen, wie die Tatsache, dass das Ende des Arbeitsunfähigkeitszeitraums identisch ist mit dem Bestand des Arbeitsverhältnisses. Auch die Bitte, die Zeugin S. möge ihr persönliche Dinge aus dem Büro mitbringen, lässt sich durch den Vortrag der Klägerin erklären und widerspricht mit dieser Begründung einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit nicht, auch wenn die Mitnahme privater Gegenstände aus dem Büro ohne Erkrankung in der Regel gegen eine Absicht sprechen mag, an den Arbeitsplatz zurückkehren zu wollen.

34

c) Nachdem die Klägerin ihrer Substantiierungspflicht zu sie entlastenden Umständen nachgekommen war, war es daher Aufgabe der die Beweislast tragenden Beklagten, die von der Klägerin behaupteten Umstände zum Telefonat mit der Zeugin S. am 26. September 2012 zu widerlegen. Die Beklagte hat erstinstanzlich mit Nichtwissen bestritten, dass die Klägerin ihr Fehlen am nächsten Tag gegenüber der Zeugin mit einer Erkrankung begründet und angekündigt habe, sie werde einen Arzt aufsuchen (Schriftsatz vom 09. Januar 2013, Seite 2 = Bl. 45 d. A). Durch bloßes Bestreiten mit Nichtwissen konnte die Beklagte den ihr obliegenden Beweis, dass die von der Klägerin behaupteten Umstände nicht zutreffen, jedoch nicht antreten, ebenso wenig den erforderlichen Beweis führen.

35

d) Die Beklage ist aber auch dann beweisfällig geblieben, wenn man ihren unter Zeugenbeweis gestellten Vortrag, die Zeugin S. habe sie nicht über eine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin informiert, entsprechend der Mitteilung des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer am 08. Oktober 2013 zu ihren Gunsten dahingehend versteht, dass die Klägerin auch gegenüber der Zeugin S. im Telefonat am Abend nach dem Personalgespräch nicht von Arbeitsunfähigkeit gesprochen habe. Das Arbeitsgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte nicht nachgewiesen hat, dass die gegenteiligen Behauptungen der Klägerin zum Telefonat vom 26. September 2012 unzutreffend sind.

36

(1) Die zum Telefonat vom 26. September 2012 vernommene Zeugin S. hat im Rahmen ihrer Vernehmung durch das Arbeitsgericht im Einzelnen detailreich und glaubhaft bekundet, dass die Klägerin sie am Abend nach dem Personalgespräch angerufen und im Rahmen eines sehr emotionalen Gesprächs geschildert habe, dass der Geschäftsführer der Beklagten ihr gesagt habe, sie sei dumm, dass sie fix und fertig mit den Nerven sei, zum Arzt gehe, nicht mehr arbeiten kommen könne und am Wochenende den Krankenschein vorbeibringe. Die Zeugin hat auch den Vortrag der Klägerin bestätigt, dass sie darum gebeten habe, die Zeugin möge ihr das Foto ihrer Tochter vom Schreibtisch mitbringen, bevor der Geschäftsführer es beschädige oder wegwerfe, und ihre Brille, weil sie diese brauche. Anhaltspunkte für eine fehlende Glaubwürdigkeit der Zeugin waren nicht ersichtlich. Allein die Tatsache, dass die Zeugin ihr Arbeitsverhältnis bei der Beklagten gekündigt hat, führt hierzu nicht, zumal sie diesen Umstand im Rahmen ihrer Befragung offen angegeben hat. Wenn die Zeugin auf nochmalige Nachfrage zu ihrer Aussage zum Gespräch mit der Zeugin W. am 27. September 2012 bekundet hat, nicht mehr zu wissen, was sie konkret hinsichtlich der Ankündigung der Klägerin wegen ihres Arztbesuchs gesagt habe, liegt hierin entgegen der von der Beklagten im Berufungsverfahren vertretenen Ansicht eine Einschränkung ihrer - ohnehin nicht das eigentliche Beweisthema betreffenden - ursprünglichen Aussage, die ihre Glaubwürdigkeit in Frage stellen könnte, nicht, da der Kern der Aussage unangetastet blieb. Dass die Zeugin den Inhalt ihrer Aussage entscheidend variiert hätte, ist nicht ersichtlich. Ob und aus welchen Gründen die Zeugin S. selbst Angst vor dem Geschäftsführer der Beklagten hatte, der auch nach den Angaben in der Berufungsbegründungsschrift während der erstinstanzlichen Beweisaufnahme aus dahingestellten Gründen emotional so betroffen war, dass er seinen Unmut über die Aussage der Zeugin äußerte, konnte dahinstehen.

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(2) Die von der Beklagten weiter im Berufungsverfahren vorgebrachten Einwendungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Dies gilt zum einen für die Beanstandung der Beklagten, die Zeugin habe nicht ausgesagt, dass die Klägerin angegeben habe, „vorläufig“ nicht mehr zur Arbeit kommen zu wollen. Dass die Klägerin durch das unstreitig jedenfalls mit Kritik an ihrer Arbeitsweise verbundene Gespräch vom 26. September 2012 psychisch beeinträchtigt war, lässt sich der Aussage der Zeugin auch dann entnehmen, wenn die nach Angaben der Zeugin emotional betroffene Klägerin nicht ausdrücklich betont hat oder betonen konnte, dass sie lediglich vorerst wegen ihrer Erkrankung nicht mehr zur Arbeit erscheinen könne. Die von der Beklagten zum Nachweis fehlender Arbeitsunfähigkeit weiter angeführte Tatsache, dass die Zeugin gebeten wurde, persönliche Dinge der Klägerin aus dem Büro mitzubringen, ist ohne weiteres erklärlich durch die von der Zeugin geschilderten Umstände, die Klägerin habe vor einer Beschädigung des Fotos während ihrer Abwesenheit Angst gehabt und ihre Brille benötigt. Alle diese Angaben stellen den Bestand einer Arbeitsunfähigkeit aus den bereits unter 1.2.b) dargelegten Gründen nicht in Frage.

38

2. Da ein außerordentlicher Kündigungsgrund iSd. § 626 Abs. 1 BGB nicht vorgelegen hat, wurde das Arbeitsverhältnis erst durch die von der Beklagten hilfsweise zum 25. Oktober 2012 ausgesprochene ordentliche Kündigung im Rahmen der Probezeit beendet. Das Arbeitsgericht geht zutreffend davon aus, dass vor diesem Hintergrund die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung und Abrechnungserteilung gerechtfertigt sind.

39

2.1. Der Klägerin steht für den Monat September 2012 nach § 611 BGB iVm. dem Arbeitsvertrag und §§ 3 ff. EntgeltfortzahlungsG ein Anspruch auf Arbeitsvergütung und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall in Höhe von 1.600,00 Euro brutto abzüglich bereits von der Beklagten gezahlter 1.085,70 Euro netto zu und für den Monat Oktober 2012 ein Betrag an Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach §§ 3 ff. EntgeltfortzahlungsG in Höhe von 1.295,24 Euro brutto. Weiter kann sie für zwei Tage Urlaubabgeltung gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG in Höhe von 152,38 Euro brutto beanspruchen. Die Höhe der vom Arbeitsgericht ausgeurteilten Beträge hat die Beklagte rechnerisch nicht in Abrede gestellt. Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich für alle Ansprüche aus den vom Arbeitsgericht zutreffend dargestellten Gründen in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz unter dem Gesichtspunkt des Verzuges aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB.

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2.2. Der Klägerin steht für Oktober 2012 ein Anspruch auf Erteilung einer Abrechnung bei Zahlung nach § 108 Abs. 1 GewO zu, was jedenfalls der Fall ist, soweit im Rahmen der Vollstreckung der ausgeurteilte Betrag für Oktober 2012 von der Beklagten gezahlt worden ist.

B.

41

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

42

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.